Andreas Gadatsch IT-Offshore realisieren
Aus dem Bereich IT erfolgreich nutzen
Netzarchitektur – Entscheidungshilfe für Ihre Investition Von Thomas Spitz Kommunikationssysteme mit Strategie Von Peter Fidrich Optimiertes IT-Management mit ITIL Von Frank Victor und Holger Günther Chefsache Open Source Von Theo Saleck Unternehmens-IT für Banken Von Andreas Krupinski Chefsache IT-Kosten Von Theo Saleck Handbuch Unternehmenssicherheit Von Klaus-Rainer Müller Von der Unternehmensarchitektur zur IT-Governance Von Klaus D. Niemann IT-Controlling realisieren Von Andreas Gadatsch Outsourcing realisieren Von Marcus Hodel, Alexander Berger und Peter Risi IT-Systeme in der Medizin Von Hartmut Bärwolff, Frank Victor und Volker Hüsken Die Praxis des Knowledge Managements Von Andreas Heck Best-Practice mit SAP® Von Andreas Gadatsch und Reinhard Mayr Process Modeling with ARIS Von Heinrich Seidlmeier ARIS in IT-Projekten Von Jürgen Grief Profikurs Microsoft Navision 4.0 Von Paul M.Diffenderfer und Samir El-Assal jr. Microsoft Navision 4.0 Von Paul M.Diffenderfer und Samir El-Assal jr. Geschäftsprozesse realisieren Von Herbert Fischer, Albert Fleischmann und Stefan Obermeier Controlling von Softwareprojekten Von Katrin Gruner, Christian Jost und Frank Spiegel
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Bilanzanalyse mit MS ACCESS Von Jörg Hartung Masterkurs Kostenstellenrechnung mit SAP® Von Franz Klenger und Ellen Falk-Kalms Unternehmensführung mit SAP BI® Von Heinz-Dieter Knöll, Christoph SchulzSacharow und Michael Zimpel Controlling für Industrieunternehmen Von Jürgen Bauer und Egbert Hayessen CAD mit CATIA® V5 Von Michael Trzesniowski Dispositionsparameter in der Produktionsplanung mit SAP Von Jörg Dittrich, Peter Mertens, Michael Hau und Andreas Hufgard CRM-Systeme mit EAI Von Matthias Meyer Marketing-Kommunikation im Internet Von Dirk Frosch-Wilke und Christian Raith B2B-Erfolg durch eMarkets und eProcurement Von Michael Nenninger und Oliver Lawrenz SAP APO® in der Praxis Von Matthias Bothe und Volker Nissen E-Mail-Marketing Von Lutz Labs Website Marketing Von Sven Roddewig Marketingkampagnen effizient managen Von Thomas Dold, Bernd Hoffmann und Jörg Neumann Grundlagen des Software-Marketing Von Björn Wolle IT-Projekte lenken – mit System Von Bogdan Lent Controlling von Projekten Von Rudolf Fiedler SAP R/3® – Praxishandbuch Projektmanagement Von Holger Gubbels IT-Offshore realisieren Von Andreas Gadatsch
Andreas Gadatsch
IT-Offshore realisieren Grundlagen und zentrale Begriffe, Entscheidungsprozess und Projektmanagement von IT-Offshore- und Nearshore-Projekten Mit 52 Abbildungen
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1. Auflage Oktober 2006 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Günter Schulz / Andrea Broßler Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Konzeption und Layout des Umschlags: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Umschlagbild: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Druck- und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Printed in Germany ISBN-10 3-8348-0263-8 ISBN-13 978-3-8348-0263-7
Vorwort IT-Offshore ist ein Trendthema. Zahlreiche Unternehmen versprechen sich von IT-Offshore-Projekten hohe Kostenreduktionen. Viele Projekte können diesen Anspruch jedoch nicht erfüllen und scheitern. Die Ursachen sind vielfältig und Patentrezepte nicht realistisch. Das Buch bettet das Instrument „IT-Offshore“ zur betriebswirtschaftlichen Orientierung zunächst in ein praxisorientiertes ITControlling-Konzept ein. Anschließend erfolgt eine Einführung in die begriffliche Systematik und den vielfältigen Ausgestaltungsformen in der Praxis. Anschließend werden der Entscheidungsprozess im Unternehmen und praxiserprobte Vorgehensmodelle für die Durchführung von IT-Offshore- und IT-Nearshoreprojekten behandelt. Dieses Buch ist in erster Linie für Praktiker gedacht, kann aber auch als Begleitmaterial für entsprechende Vorlesungen an Fachhochschulen und Universitäten eingesetzt werden. IT-Offshore ist ein praxisgetriebenes Thema. Der Autor hat aus diesem Grund versucht, möglichst viele Praxisbeispiele in das Werk zu integrieren. Anregungen zur Weiterentwicklung des Buches sind Autor und Verlag stets willkommen. Wenn Sie einen Vorschlag zur Verbesserung des Werkes machen oder ein Praxisbeispiel beisteuern möchten, senden Sie bitte eine E-Mail an [email protected]. Der Autor wird sich umgehend bei Ihnen melden.
Niederkassel, im September 2006 Andreas Gadatsch
V
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung..................................................................................................... 1 1.1 IT-Controlling..................................................................................................... 1 1.1.1 Begriffliche Grundlagen und Ziele ........................................................... 1 1.1.2 Gestaltungsmöglichkeiten ......................................................................... 3 1.1.3 Werkzeuge.................................................................................................. 7 1.2 IT-Offshore: Mehr als nur ein Trend?............................................................. 11 1.2.1 Herausforderungen für das IT-Management .......................................... 11 1.2.2 Beispiel für ein gescheitertes Projekt ..................................................... 13
2
Grundlagen und zentrale Begriffe .............................................................. 15 2.1 IT-Sourcing....................................................................................................... 15 2.1.1 IT-Sourcing-Begriffe................................................................................. 15 2.1.2 Anbieterspezifische Begriffe.................................................................... 18 2.1.3 Anwenderspezifische Begriffe................................................................. 19 2.2 IT-Outsourcing................................................................................................. 20 2.2.1 Grundformen des IT-Outsourcings......................................................... 20 2.2.2 Begriffliche Alternativen .......................................................................... 22 2.2.3 Outsourcing in der Praxis (Umfrageergebnisse).................................... 23 2.2.4 Outsourcing-Varianten............................................................................. 30 2.2.5 IT-Outsourcing-Markt .............................................................................. 33 2.2.6 IT-Outsourcing im Mittelstand ................................................................ 34 2.2.7 Zusammenarbeit mit Outsourcing-Dienstleistern .................................. 35 2.2.8 Ausgewählte Aspekte der Vertragsgestaltung ........................................ 37 2.2.9 Fallstudie zum IT-Outsourcing................................................................ 40
3
IT-Offshore-Strukturen................................................................................ 47 3.1 IT-Offshore-Varianten...................................................................................... 47 3.1.1 Onsite........................................................................................................ 47 3.1.2 Onsite-Offshore........................................................................................ 47 3.1.3 Onsite-Onshore-Offshore ........................................................................ 48 3.1.4 Reines Offshore........................................................................................ 48 3.1.5 Nearshore ................................................................................................. 48 3.1.6 Captive Center.......................................................................................... 49 VII
Inhaltverzeichnis Wirkungen auf den Arbeitsmarkt ................................................................... 50 3.2 3.2.1 Ausgewählte Untersuchungen und Analysen ........................................ 50 3.2.2 Wirtschaftspolitische Bedeutung............................................................. 52 3.3 Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore ................................................................. 53 3.3.1 Hoher Kostendruck als Hauptmotiv ....................................................... 53 3.3.2 Chancen.................................................................................................... 54 3.3.3 Risiken ...................................................................................................... 58 3.3.4 Modellrechnung (Nutzwertanalyse)........................................................ 61 3.4 Ausgewählte Offshore-Zielländer ................................................................... 64 3.4.1 Überblick .................................................................................................. 64 3.4.2 Bulgarien .................................................................................................. 65 3.4.3 China......................................................................................................... 68 3.4.4 Indien........................................................................................................ 68 3.4.5 Irland (Republik Irland)........................................................................... 71 3.4.6 Nordirland ................................................................................................ 71 3.4.7 Rumänien.................................................................................................. 72 3.4.8 Russland und Ukraine ............................................................................. 72 3.4.9 Tschechien................................................................................................ 72 3.5 IT-Dienstleister................................................................................................. 73 3.5.1 Ziele aus Sicht europäischer IT-Dienstleister ......................................... 73 3.5.2 Vertragstypen ........................................................................................... 74 3.5.3 Ausgewählte indische Dienstleister ........................................................ 75 4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess .......................................................... 79 4.1 Auslagerungsfähige Prozesse .......................................................................... 79 4.1.1 Überblick .................................................................................................. 79 4.1.2 Auslagerung von Softwareentwicklungsprozessen................................ 80 4.2 Entscheidungsprozess...................................................................................... 81 4.2.1 Überblick .................................................................................................. 81 4.2.2 Stufe 1: Make or Buy (Insourcing vs. Outsourcing) .............................. 83 4.2.3 Stufe 2: Internes oder externes Outsourcing.......................................... 85 4.2.4 Stufe 3: Nearshore versus Offshore-Outsourcing................................... 87 4.2.5 Regionale Auswahl .................................................................................. 90 4.3
5
Praxisbeispiel: Nearshore-Workbench ........................................................... 90
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten ....................................... 93 5.1
Einsatz von Standard-Phasenmodellen? ......................................................... 93
5.2
Grundformen der Projektgestaltung ............................................................... 94
VIII
Inhaltsverzeichnis 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4
In Sequence.............................................................................................. 94 Workbench............................................................................................... 94 Facilitator Offshore & On Site (Brückenkopf) ....................................... 95 Captive Offshore ...................................................................................... 96
5.3 Anbieter- und Anwenderspezifische Konzepte ............................................. 99 5.3.1 Dual Shore Delivery Model (ZENSAR) ................................................... 99 5.3.2 7-Phasen-Plan (Triaton)......................................................................... 103 5.3.3 5-Schritt-Modell (Boston Consulting Group) ....................................... 104 5.3.4 6-Phasen-Modell (Zentrum für Logistik und Unternehmensplanung) 106 5.4 Erfolgsfaktoren............................................................................................... 106 5.4.1 Überblick ................................................................................................ 106 5.4.2 Strategie .................................................................................................. 108 5.4.3 Unternehmensgröße .............................................................................. 108 5.4.4 Projektgröße und Vertragslaufzeit ........................................................ 108 5.4.5 Geschäftsprozesse.................................................................................. 109 5.4.6 Kulturelle Aspekte.................................................................................. 109 5.4.7 Mitarbeiter und Managementsystem..................................................... 110 5.4.8 Spezialsoftware ...................................................................................... 110 5.4.9 Vertragswerk .......................................................................................... 111 5.5 Life-Cycle-Modell ........................................................................................... 111 5.5.1 IT-Offshore als Spezialfall des Prozessmanagements.......................... 111 5.5.2 Life-Cycle-Modell für IT-Offshore-Projekte .......................................... 112 6
Ausblick...................................................................................................... 115
Über den Autor ............................................................................................................. 117 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................. 119 Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 121 Sachwortverzeichnis...................................................................................................... 129
IX
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Geschäftsprozesse in der IT (IT-Prozessmodell)..................................... 4 Abbildung 2: Merkmale des IT-Controlling-Konzeptes ................................................. 7 Abbildung 3: Strategische IT-Controlling-Werkzeuge ................................................... 8 Abbildung 4: Operative IT-Controlling-Werkzeuge....................................................... 9 Abbildung 5: IT-Sourcing-Map (von Jouanne-Diedrich, 2004) ................................... 16 Abbildung 6: IT-Outsourcing-Grundformen (Gadatsch/Mayer,2006)......................... 21 Abbildung 7: Bezugszeitraum der IT-Strategien .......................................................... 25 Abbildung 8: Einordnung der IT-Controller................................................................. 27 Abbildung 9: Verantwortung für das IT-Budget .......................................................... 28 Abbildung 10: Outsourcing-Bereiche............................................................................. 29 Abbildung 11: Outsourcinganteile - Verteilung ............................................................ 30 Abbildung 12: Varianten des IT-Outsourcing (in Anlehnung an Bacher, M.R. 2002, S. 55) ......................................................................................................................... 31 Abbildung 13: Outsourcing-Kontrakte im Überblick (Computerwoche, o. V. 2006a) 33 Abbildung 14: Outsourcing-Vertragsstruktur (T-Systems, 2002). ................................. 38 Abbildung 15: Aufgabenteilung im Outsourcingmodell............................................... 45 Abbildung 16: Varianten der Offshore-Software-Entwicklung..................................... 49 Abbildung 17: Wie hoch schätzen Sie die Beschäftigungsauswirkungen von Offshoring bei einem typischen Kunden ihres Unternehmens ein? (Deutsche Bank Research, 2005, S. 13) ................................................................................ 51 Abbildung 18: Umfrage von Mummert Consulting zu den Erwartungen an Outsourcing, Mehrfachnennungen möglich (Reinking/Bereszweski, 2004) .... 55 Abbildung 19: Einsparpotenziale in Rechnungswesenprozessen (Dressler 2005)...... 56 Abbildung 20: Entscheidungskriterien für das IT-Management (vgl. Vogel, 2005, S. 15) ......................................................................................................................... 58 Abbildung 21: Online-Umfrage von Mummert Consulting: Befürchtungen bei einem Offshore-Outsourcing, Mehrfachnennungen möglich (Reinking/Bereszewski, 2004) ..................................................................................................................... 59 Abbildung 22: Kalkulation von Offshore-Projekten (vgl. Cramer-Schliefke, 2004, Folie 6 (Darstellung modifiziert)................................................................................... 61 XI
Abbildungsverzeichnis Abbildung 23: Kriterien zur IT-Outsourcing-Kapitalwertberechnung ......................... 62 Abbildung 24: Nutzwertanalyse zum IT-Offshore-Outsourcing aus Nachfragersicht . 63 Abbildung 25: Offshore nach Regionen (Vogel, 2005, S. 16) ...................................... 64 Abbildung 26: Offshore-Bewertung 2004 (Pützstück (2004) auf der Grundlage von Kearny (2004) ....................................................................................................... 65 Abbildung 27: Durchschnittliche Jahresinflation in Osteuropa (Quelle: Economist Intellience Unit, EUROSTAT, zitiert nach BASSCOM, 2006) ............................. 66 Abbildung 28: Weltweite Rangfolge der Outsourcing-Länder (Quelle: A.T. Kearney Global Services Location Index 2005, zitiert nach BASSCOM, 2006) ............... 67 Abbildung 29: Bevölkerungsentwicklung Indien (Handelsblatt, 12.04.2006, S. 13)... 69 Abbildung 30: Entwicklung der Beschäftigten in Softwarehäusern und ITServiceunternehmen (o. V. 2006f) ...................................................................... 70 Abbildung 31: Umfrage unter 22 Unternehmen bezüglich Offshore/Nearshoreerfahrungen (Amberg/Wiener, 2004, S. 26) ..................................... 73 Abbildung 32: Eignung von IT&TK-Prozessen für Offshoring (Deutsche Bank Research, 2005) .................................................................................................... 80 Abbildung 33: IT-Offshore-Entscheidungsprozess........................................................ 82 Abbildung 34: Outsourcing-Standardstrategien (Gadatsch/Mayer 2006)..................... 84 Abbildung 35: Entscheidungskriterien für Offshore (Booz Allen Hamilton, vgl. Stimmer/Fritsch, 2004, S. 7)................................................................................. 85 Abbildung 36: Internes oder externes Outsourcing...................................................... 87 Abbildung 37: Nearshoring-Länder und ihre Auftraggeber (Mertens et al., 2005, S. 5) ............................................................................................................................... 88 Abbildung 38: Noshore, Nearshore, Offshore – Standardstrategien für Softwareentwicklung............................................................................................ 89 Abbildung 39: Standortkriterien für Offshore-Outsourcing nach Ländern (Sure, 2005, s. 273).................................................................................................................... 90 Abbildung 40: Phasenmodell für Outsourcing-Projekte (Rusch, 2006, S. 15)............. 93 Abbildung 41: In Sequence ............................................................................................ 94 Abbildung 42: Workbench ............................................................................................. 95 Abbildung 43: Brückenkopf ........................................................................................... 96 Abbildung 44: Prozessüberblick Zahlungsverkehr der Commerzbank ....................... 98 Abbildung 45: Phasenmodell Dual Shore Delivery Model (Winkler, 2006).............. 100 Abbildung 46: Schematische Darstellung im Projektplan (Winkler, 2006)................ 101 XII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 47: Projektorganisation und Berichtswesen (Winkler, 2006)................... 102 Abbildung 48: Fortschrittskontrolle (Winkler 2006).................................................... 103 Abbildung 49: Phasenmodell BPO-Projekte Boston-Consulting-Group (Nettesheim et al., 2003) ............................................................................................................. 105 Abbildung 50: Vorgehen bei Outsourcing-Projekten (Bensch, 2005, S. 120 f.)........ 106 Abbildung 51: Prozessmanagement (vgl. Gadatsch, 2005, S. 2 ff.) ........................... 112 Abbildung 52: Life-Cycle-Modell für IT-Offshore-Projekte......................................... 113
XIII
1
Einführung Die vollständige oder teilweise Auslagerung bzw. externe Erbringung von IT-Leistungen gelten als Trend im IT-Management, dem sich kaum ein Unternehmen entziehen kann. Das erste Kapitel zeigt auf, wie sich die beiden Ansätze als sinnvolle Bausteine in ein sinnvolles IT-Controlling-Konzept (vgl. hierzu ausführlich Gadatsch/Mayer 2006 oder Gadatsch 2005) einbauen lassen. Hierbei sind neben Kostengesichtspunkten gleichgewichtige Aspekte der Qualitätsverbesserung der Erbringung von IT-Leistungen zu berücksichtigen.
1.1 1.1.1 Kostenorientierung
IT-Controlling Begriffliche Grundlagen und Ziele Durch den gestiegenen Kostendruck wird IT-Controlling vielfach mit Kostenreduktion in der IT verwechselt. Oft werden im gleichen Atemzug auch die Begriffe IT-Outsourcing oder IT-Offshore genannt, weil sie sehr stark mit Kostensenkung in der IT assoziiert werden. Ursache für diese Situation ist die stärkere Durchdringung der Geschäftsprozesse mit Informations- und Kommunikationstechnologien und der hierdurch zwangsläufig angestiegene ITKostenanteil. Mangelnde Transparenz dieses Kostenblocks führt bei der Unternehmensleitung oft zu dem Eindruck, dass die ITKosten reduziert werden müssen. Stellvertretend für diese kostenorientierte Einstellung kann das Aufgabenfeld der Abteilung „DV-Controlling“ eines deutschen Versicherungsunternehmens dienen: x
Ermittlung des EDV-Budgets im Rahmen der Jahresplanung,
x
Mitzeichnung der Genehmigung von DV-Projekten in monetärer Hinsicht, 1
1
Einführung x
Monatlicher Soll/Ist-Vergleich und Prognose der DV-Kosten,
x
Verursachungsgerechte Zuordnung der DV-Kosten (Kostenrechnung und Leistungsverrechnung),
x
Plan-Ist-Vergleiche der IT-Projektbudgets,
x
Kontrolle der Projektplanung und des Projektfortschrittes in DV-Projekten sowie Aufzeigen von Überlastsituationen.
Der IT-Controller wird in diesem „DV-Controlling-Konzept“ zum Kostenkontrolleur und Kostensenker degradiert. Die Demotivation und fehlende Akzeptanz des IT-Controllers im Unternehmen sind die unausweichliche Folge. Leistungsorientierung
Eine leistungsorientierte Sichtweise erkennt, dass der IT-Einsatz mit Leistungssteigerung und Effizienzverbesserung vernetzt ist. Zunehmend wird erkannt, dass die IT nicht eine „Handwerkerabteilung“, sondern ein Kernelement zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens darstellt. Die IT wird wie z.B. bei der Volkswagen AG als „Gestalter der Geschäftsprozesse“ im Unternehmen betrachtet (vgl. Mühleck, 2006). Sie sieht ihre Ziele und Aufgaben u.a. darin, Prozesse, Organisationsstrukturen und Systeme zu optimieren, Standards zu setzen und Synergien für das Unternehmen auszunutzen und auch zusätzliches Geschäft zu generieren. Der IT-Controller unterstützt den IT-Einsatz und die Ziele des CIOs im Unternehmen im Rahmen eines IT-ControllingKonzeptes (vgl. Gadatsch/Mayer, 2006). Stellvertretend für diese leistungs- und serviceorientierte Sichtweise kann die Definition für IT-Controlling eines deutschen Dienstleistungsunternehmens gelten: „IT-Controlling ist ein System der Unternehmensführung, das die Planung, Überwachung und Steuerung aller IT-Aktivitäten unterstützt und insbesondere die notwendige Transparenz herbeiführt“.
IT-ControllingKonzept
Der IT-Controller plant, koordiniert und steuert die Informationstechnologie und ihre Aufgaben für die Optimierung der Geschäftsorganisation (Geschäftsprozesse und Aufbauorganisation).
Typische Fragen Einen praxisnahen Katalog typischer Fragestellungen, auf die das IT-Controlling geeignete Antworten für das Management liefert, haben Müller et. al. (2005, S. 101-102) zusammengestellt: x 2
Welche Chancen eröffnen innovative IT-Systeme zur Steigerung der Wettbewerbsposition?
1.1
1.1.2
IT-Controlling
x
Wie können die Risiken der zunehmenden Abhängigkeit von der IT beherrscht werden?
x
Wie können die vielfältigen IT-Anwendungen priorisiert werden?
x
Wie können die IT-Projekte in einem ganzheitlichen Programm-Management optimal aufeinander abgestimmt werden?
x
Wie kann der Beitrag der IT zur Optimierung der Geschäftsprozesse beurteilt werden?
x
Wie kann ex ante die Wirtschaftlichkeit der IT-Anwendungen beurteilt werden?
x
Wie kann die Effizienz der Infrastruktur und der Leistungserbringung der IT beurteilt werden?
x
Wie kann die Qualität der Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern gemessen werden?
x
Wie kann der Leistungsaustausch zwischen IT- und Fachabteilung effizient bewertet und gesteuert werden?
x
Wie kann die Gesamtleistung der IT in einem ganzheitlichen System gemessen werden?
Gestaltungsmöglichkeiten Betrachtet man Geschäftsprozesse in der IT, d. h. die ProzessSchritte Strategische Planung, Entwicklung und Betrieb von Software, dann lassen sich die in Abbildung 1 aufgeführten Aufgaben des Informationsmanagements als Wirkungsnetz darstellen.
3
1
Einführung
Monitoring
Monitoring
Monitoring
Umsetzung Umsetzung Umsetzung IT-Strategie IT-Strategie IT-Strategie Konzeption Konzeption Konzeption IT-Strategie IT-Strategie IT-Strategie en as ITITITh P Strategie Entwicklung Betrieb IT-Prozess •Entwicklung •Entwicklungund und Wartung Wartungvon von Individualsoftware Individualsoftware •Einführung •Einführungund und Implementierung Implementierungvon von Standard-AnwendungsStandard-Anwendungssoftware software
•IT-Strategie •IT-Strategie •IT-Bebauungsplan •IT-Bebauungsplan •Hardware, •Hardware,Software Software und undSecurity-Standards Security-Standards
•Aufbau •Aufbauund undBetrieb Betriebder der IT-Infrastruktur IT-Infrastruktur(RZ, (RZ, Netzwerke, zentrale Netzwerke, zentrale Server Serveru.a.) u.a.) •Service •Serviceund undBenutzerBenutzersupport support
Operatives IT-Controlling Strategisches IT-Controlling
Ausgewählte Aufgaben IT-Management
Einflussbereich IT-Controllerdienst
Abbildung 1: Geschäftsprozesse in der IT (IT-Prozessmodell) Im Rahmen des Prozess-Schrittes IT-Strategie wird zunächst eine umfassende IT-Strategie konzipiert, welche die Umsetzung und Überwachung von IT-orientierten Maßnahmen zur Erreichung der strategischen Unternehmensziele übernimmt. Die wesentlichen Inhalte der IT-Strategie umfassen:
4
x
Formulierung eines zukünftigen Sollzustandes (Wohin wollen wir?),
x
Aufzeigen des Handlungsbedarfs (Was müssen wir tun? Wo sind die Schwachstellen?),
x
Ermittlung von Handlungsoptionen (Was haben wir für Alternativen?),
x
Setzen von Zielen und Definieren von Maßnahmen (Was soll konkret gemacht werden? Bis wann sollen die Ziele erreicht werden?),
x
Festlegung der Verantwortung (Wer führt die Maßnahmen durch?),
1.1 x
IT-Bebauungsplan
Praxisfall: Unternehmensakquisition
IT-Controlling
Bestimmung von Messgrößen für das Ziel-Monitoring (Wann haben wir die Ziele erreicht?).
Als ein Kernelement der IT-Strategie gilt die Entwicklung eines IT-Bebauungsplanes. Er ist auch unter einer Reihe anderer Begriffe bekannt: Unternehmensbebauungsplan, Bebauungsplan, IS-Plan bzw. Informationssystemplan, IT-Masterplan oder Rahmenarchitekturplan. Der IT-Bebauungsplan beantwortet folgende Fragen: x
Welche Informationssysteme haben wir derzeit im Einsatz?
x
Wer hat die Verantwortung für diese Informationssysteme?
x
Wann wurde ein Informationssystem eingeführt und welchen aktuellen Releasestand benutzen wir?
x
Wann wird das nächste Release produktiv und wann wird es abgelöst?
x
Über welche Verbindungsstellen (Schnittstellen) werden die verschiedenen Informationssysteme im Unternehmen verknüpft?
x
Welche Informationen werden an den Verbindungsstellen ausgetauscht?
x
Welches Informationssystem ist das „führende“ System, z. B. für Kundendaten oder Produktdaten?
x
Durch welche Abteilung mit welchem Informationssystem werden unternehmensweite Daten (z. B. Kundendaten) erfasst und geändert?
x
Wohin werden die Änderungen weitergeleitet?
x
Wo (welche Organisationseinheiten) und wofür (welche Geschäftsprozesse) setzen wir im Konzern bzw. im Unternehmen Standardsoftware des Herstellers XYZ ein?
x
Wo und wofür lässt sich Standardsoftware weiterhin einsetzen?
Auf die Verwendungsmöglichkeiten von IT-Bebauungsplänen insbesondere bei Unternehmensakquisitionen weist Herold (2003) hin. Bei Unternehmenszusammenschlüssen wird regelmäßig durch Zusammenlegung der Informationssysteme auch nach
5
1
Einführung Synergiepotenzialen gesucht. Der Abgleich der Bebauungspläne, soweit vorhanden, erleichtert diese Aufgabe erheblich. Daneben sind eine Reihe von Hardwarestandards (z. B. Standard-PCs), Softwarestandards (z. B. Bürosoftware für Textverarbeitung und Mail) und Sicherheitsstandards (z. B. Verschlüsselungs- und Virenschutzprogramme) festzulegen und zu verabschieden. IT-ProzessSchritte
Der Prozess-Schritt IT-Entwicklung unterstützt die Entwicklung und Wartung von Individualsoftware sowie die Einführung und Implementierung von Standard-Anwendungssoftware, wie etwa SAP® R/3®. Nach der Einführung der Individual- oder Standardsoftware folgt der Prozess-Schritt IT-Betrieb. Hier stehen zum einen die Planung und der Aufbau der IT-Infrastruktur, also dem Rechenzentrum, Unternehmensnetz, zentralen Servern für die Datenhaltung u.a. an. Weiterhin ist die im Einsatz befindliche Software zu betreiben und für einen regelmäßigen Service und Benutzersupport (Hotline etc.) zu sorgen. Alle genannten Aufgaben durchlaufen die Phasen Konzeption, Umsetzung und Monitoring. In allen Phasen ist das ITControlling, oder besser formuliert der „IT-Controllerdienst“ im Sinne eines Dienstleisters gefordert. Der Übergang zwischen dem strategischen und operativen Controlling-Konzept ist vernetzt und fließend.
Strategisches ITControlling = Steigerung der Effektivität (Wirksamkeit)
6
Das strategische IT-Controlling (vgl. Abbildung 2) orientiert sich ohne Zeithorizont am Gesamtunternehmen. Es dient der Steigerung der Effektivität des Unternehmens. Die Kernfrage des Strategischen IT-Controlling lautet: Welche Aufgaben müssen wir für die Zukunft lösen? („to do the right things“). Die IT (als Wettbewerbsfaktor) unterstützt die Erreichung der Unternehmensziele als strategischer Baustein im Werkzeugkasten.
1.1
Bezugsbereich
Zielformulierung
IT-Controlling
Zielsteuerung
Zielerfüllung
(ohne Zeithorizont)
Strategisches IT-ControllingKonzept
•Konzern •Unternehmen •Geschäftsfelder
•Ausrichtung der IT an Unter- •Strategischer Werkzeugnehmenszielen kasten •IT als Wettbewerbsfaktor
•Unternehmenswert •Wettbewerbsfähigkeit •Existenzsicherung
•Geschäftsprozesse •Kostenstellenleiter •Anwendungssysteme
•Unterstützung der GeschäftsProzesse durch effizienten IT-Einsatz
•Gewinn •Liquidität •Rentabilität
(mit Zeithorizont)
Operatives IT-ControllingKonzept
•Operativer Werkzeugkasten
Abbildung 2: Merkmale des IT-Controlling-Konzeptes Die richtige Werkzeugauswahl lässt sich langfristig am Unternehmenswert und der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens messen. Operatives ITControlling = Steigerung der Effizienz (Wirkkraft)
Der operative IT-Controlling-Werkzeugkasten steigert die Effizienz der vom strategischen IT-Controlling vorgegebenen Maßnahmen. Die Kernfrage lautet: Wie lassen sich die Maßnahmen optimal durchführen („to do the things right“)? Das operative ITControlling-Konzept (vgl. Abbildung 2) arbeitet innerhalb eines definierten Zeithorizontes und betrachtet ausgewählte Geschäftsprozesse, Informationssysteme oder einzelne Kostenstellen und dient der konkreten Prozessunterstützung. Der Einsatz des operativen IT-Controlling-Werkzeugkastens wird am Gewinn, der Liquidität und der Rentabilität des Unternehmens bzw. von IT-Projekten gemessen. Damit wird deutlich, dass sich die IT voll hinter die Geschäftsziele des Unternehmens stellen muss.
1.1.3
Werkzeuge Dem IT-Controller stehen mehrere Werkzeuge zur Verfügung. Sie werden in der Praxis leider oft nicht ausreichend genutzt. Strategische IT-Controlling-Werkzeuge dokumentiert Abbildung 7
1
Einführung 3. Sie unterstützten das IT-Management bei der Formulierung, Umsetzung und laufenden Überwachung (Monitoring) der ITStrategie des Unternehmens. Die IT-Strategie arbeitet mit ITStandards (z. B. Betriebssystemen, Office-Produkten), die vom IT-Management erarbeitet und für IT-Verantwortungsträger verbindlich vorgegeben werden. Der IT-Controllerdienst kann das IT-Management wirkungsvoll unterstützen, wenn nur mit standardkonformen Maßnahmen gesteuert wird. IT-Strategie
Unterstützung IT-Management bei Formulierung und Umsetzung der IT-Strategie.
IT-Standardisierung & Konsolidierung Unterstützung IT-Management bei Festlegung und Durchsetzung von Programmplänen und ITStandards (Einsatz von Standardsoftware, IT-Arbeitsplatzmanagement, TCO).
IT-Balanced Scorecard
•Bereitstellung und Analyse strategischer Kennzahlen •Monitoring der IT-Strategie
IT-Portfoliomanagement •Bewertung, Auswahl und Steuerung von Neu- oder Wartungsprojekten •Bewertung von IT-SicherheitsProjekten
Abbildung 3: Strategische IT-Controlling-Werkzeuge Die Überwachung eingeleiteter Maßnahmen unterstützt die Balanced Scorecard-Methode, die für den IT-Bereich zunehmend eingesetzt wird. Die Mitwirkung im IT-Portfolioausschuss für strategisch wichtige IT-Projekte ist anzustreben. Dort werden langfristig wirkende Entscheidungen vorbereitet, verabschiedet und, im Rahmen des IT-Portfolio-Mangements, IT-Projekte priorisiert. Operative Werkzeuge
8
Den operativen IT-Controlling-Werkzeugkasten dokumentiert Abbildung 4.
1.1
IT-Kosten- und Leistungsrechnung •Kostenarten-, Kostenstellen-, und Kostenträgerrechnung, Deckungsbeitragsrechnung •Investitionsrechnung / Wirtschaftlichkeitsanalysen / Projektkalkulationen •Abweichungsanalysen / Soll-Ist-Vergleiche
IT-Projektmanagement •Mitwirkung in IT-Projektteams (Projektcontroller) •Planungstechniken (Netzplantechnik) •Formale Projektgenehmigungsverfahren •Pflichtenheft/Beschaffungsanträge •Reviews/Audits, Projektbenchmarking
GeschäftspartnerManagement •Vertragsmanagement •IT-Beratermanagement und -Benchmarking •Service Level Agreements (SLA) •Target Costing
IT-Controlling
IT-Berichtswesen und Kennzahlen •IT-Berichtswesen •IT-Kennzahlen •IT-Projektstatusreports
IT-Prozessmanagement
•IT-Prozessmodellierung •Prozesskostenrechnung •Prozessbenchmarking •IT-Bereitstellungsprozess
•IT-Asset-Management •IT-Outsourcing •IT-Offshoring •ITIL
Abbildung 4: Operative IT-Controlling-Werkzeuge IT-Kosten- und Leistungsrechnung
Hier steht die klassische Kosten- und Leistungsrechnung, angepasst an die Belange der IT, zur Verfügung. Nur eine funktionierende IT-Kostenrechnung liefert detaillierte Analysen.
Geschäftspartnermanagement
Bei IT-Projekten ist es üblich, externe Dienstleister einzubinden. Ein funktionierender IT-Controllerdienst vernetzt ein umfassendes Vertrags- und Beratermanagement für ein zeitnahes Benchmarking der eingebundenen Geschäftspartner. ServiceLevel-Agreements sichern einen hohen Leistungsgrad der Geschäftspartner und erlauben es dem IT-Controllerdienst, bei Vertragsverletzungen rechtzeitig einzugreifen. Hierzu gehört auch ein Vertragscontrolling zur Sicherstellung der inhaltlichen, terminlichen, organisatorischen und finanziellen Ziele, die mit den IT-Verträgen verbunden sind (vgl. Klotz/Dorn, 2005, S. 98, Tab. 1). Auf der technischen Seite wird das Vertragscontrolling durch den Einsatz spezieller Vertragsmanagementtools ergänzt, um die Vielzahl der IT-Verträge (insbesondere Kauf-, Leasing, Miet-, Beratungsverträge) zu verwalten. Zahlreiche IT-Verträge werden nach Abschluss nicht systematisch überwacht. Als Folge hieraus werden Kündigungsfristen übersehen oder Gebühren für nicht mehr vorhandene Geräte bezahlt.
IT-Berichtswesen
Das IT-Berichtswesen basiert auf den Daten des Rechnungswesens und speziellen Berichten. Darin liefern Kennzahlen und 9
1
Einführung Projektstatusreports dem IT-Controller ein umfassendes Bild über geplante, laufende und abgeschlossene IT-Projekte. IT-Projektmanagement
Die aktive Mitarbeit des IT-Controllers in IT-Projektteams erlaubt es, frühzeitig IT-Projekte beeinflussen zu können. Die Genehmigung von IT-Projekten wird durch ein formalisiertes Genehmigungsverfahren des IT-Controllerdienstes standardisiert. Es verhindert den Start riskanter und unwirtschaftlicher Projekte. Regelmäßige Reviews kontrollieren laufende Projekte, um frühzeitig Schwachstellen und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Das innerbetriebliche Projektbenchmarking garantiert einen Wettbewerb zwischen den IT-Projekten. Plan-Ist-Vergleiche und Kennzahlenanalysen lassen sich dann leichter durchführen.
IT-Prozessmanagement
In vielen Unternehmen werden Geschäftsprozesse modelliert, um eine Dokumentation und Basis für laufende Prozessverbesserungen zu erhalten. Kernprozesse des Unternehmens wie Vertriebsabwicklung, Fertigung usw. werden bevorzugt. Auch IT-Prozesse wie die Entwicklung von Individualsoftware, die Einführung von Standardsoftware usw. sind einzubeziehen. Die Prozesskostenrechnung liefert für typische Verwaltungsprozesse wie z. B. im Vertrieb Kostenanalysen von Geschäftsprozessen. Die Kosten für den IT-Bereitstellungsprozess, also die Beschaffung, Installation, Betrieb und Entsorgung von IT-Arbeitsplätzen sind in das Prozessmanagement einzubeziehen. Sie benötigen oft große Anteile des gesamten IT-Budgets. Das IT-Assetmanagement übernimmt die Inventarisierung und Verwaltung der IT-Ressourcen im Unternehmen. Der IT-Controllerdienst kann auf die Bestands- und Analysedaten der AssetSoftware zugreifen, eine Optimierung der IT-Bestände (z. B. Arbeitsplatzsysteme, Laptops, Drucker, Organizer) steuern.
Outsourcing und Offshore
10
IT-Outsourcing von IT-Leistungen wird seit Jahren zur Vereinfachung der IT-Prozesse und deren Reduktion praktiziert. Zunehmend wird die Verlagerung von IT-Leistungen in Niedriglohnländer (IT-Offshore in weiter entfernte Länder bzw. ITNearshore in näher gelegene Regionen) diskutiert und praktiziert.
1.2
1.2
IT-Offshore: Mehr als nur ein Trend?
IT-Offshore: Mehr als nur ein Trend? 1.2.1
Drei Herausforderungen
Herausforderungen für das IT-Management Die Unternehmensberatung Gartner geht davon aus, dass sich die IT-Abteilungen in 2006/2007 noch mehr um das Unternehmenswachstum kümmern müssen. Die drei großen Herausforderungen für IT-Manager sind nach den Ergebnissen einer von der Gartner Group durchgeführten Befragung von 1400 Chief Information Officer in 30 Ländern (vgl. o. V. 2006b): x x x
Informationswertschöpfung erhöhen, Geschäftskompetenz in der IT aufbauen, Mehr Nähe zum „Kunden“ entwickeln.
Offshore-Outsourcing (Offshoring), die Verlagerung von ITDienstleistungen in Niedriglohnländer, ist in diesem Zusammenhang zum Trendthema geworden, das vielfach als Werkzeug zur Kostenreduktion und Leistungssteigerung betrachtet wird. Allerdings haben sich in der Vergangenheit viele europäische Unternehmen noch nicht intensiv mit Offshoring beschäftigt, weil viele der indischen Anbieter, die den Markt auf der Anbieterseite dominieren, sich zunächst auf die englischsprachigen Länder konzentriert haben (vgl. Stimmer/Fritsch, 2004, S. 7.).
Mussthema für jeden CIO
Kein Chief Information Officer (CIO) kann es sich leisten, sich nicht mit dieser Thematik ernsthaft zu beschäftigen, da Unternehmensleitungen auf Klärung der Nutzenpotenziale drängen. Unabhängig von der Branche oder Unternehmensgröße wird daher in zahlreichen Unternehmen in konkreten Projekten untersucht, ob und in welchem Umfang IT-Leistungen aus Drittländern mit niedrigerem Lohnniveau dauerhaft bezogen werden können.
Offshore ist Teil der IT-Strategie
Die Studie einer Unternehmensberatung prognostiziert, dass Offshore-Outsourcing zum Bestandteil der IT-Strategie zahlreicher großer Unternehmen wird (vgl. Deloitte & Touche, 2003). Doch auch für mittelständische Unternehmen wird Offshoring ein wettbewerbsrelevanter Aspekt, wenn auch zum Teil mit staatlicher Unterstützung. Mertens weist beispielsweise darauf hin, dass 11
1
Einführung die staatliche „Software-Offensive-Bayern“ bereits im Jahr 2002 eine Veröffentlichung erstellt hat, die mittelständischen Unternehmen in Form eines „Leitfadens“ detailliert erläutert, wie Arbeitsplätze mit staatlicher Unterstützung ins Ausland verlagert werden können (vgl. hierzu ausführlich Mertens, 2004, S. 255).
Alter Wein in neuen Schläuchen
IT-Offshore ist nicht neu. Bereits in der Zeit um 1960-1970 wurden zunehmend Arbeiten in das Ausland verlagert. Länder wie China sind hierdurch zu weltweit wichtigen Produktionsstandorten geworden. Mit der zunehmenden Digitalisierung konnte auch die Erstellung von Dienstleistungen verlagert werden. Dokumente konnten digital übertragen, modifiziert und weiterverarbeitet werden. Zudem wurde durch die elektronische Kommunikation per Internet und E-Mail die Koordination zeitgleich arbeitender Arbeitsgruppen erleichtert.
Globalisierung
Die zunehmende Globalisierung hat dazu beigetragen, die Qualitäts- und Bildungsstandards zu vereinheitlichen. Dies hat dazu geführt, dass weltweit über Kulturgrenzen hinweg, Arbeitsgruppen zusammen arbeiten können. In der Zeit des „IT-Hypes“, also in etwa den Jahren 1996-2001 wurde auf Grund des damaligen Fachkräftemangels und der zahlreichen Projekte (Umstellung der IT-Systeme auf den Jahrtausendwechsel, Euro-Umstellung, Aufkommen des E-Commerce) bereits von diesem Instrument Gebrauch gemacht. Der Fachkräftemangel dieser Zeit ist heute nicht mehr wirksam. Vielmehr wird Offshoring als Instrument zur Kostenreduktion betrachtet. Im Vordergrund der Diskussion um „IT-Offshore“ steht daher meist die simple Gleichung „IT-Offshore = IT-Kostenreduktion“. Diese Relation repräsentiert gleichzeitig die Erwartungshaltung des Managements: Kosteneinsparungen, möglichst im zweistelligen Prozentbereich bei gleicher oder sogar noch stark verbesserter Qualität der Leistungserbringung. Ob diese Formel in der Praxis aufgeht, hängt – wie so oft in empirischen Fragen - von sehr vielen Faktoren ab. Eine Verallgemeinerung führt fast zwangsläufig zu Fehlentscheidungen. Bedauerlicherweise fehlen derzeit empirische Studien über die Ursachen und Mechanismen von Offshoring in der deutschen IT-
12
1.2
IT-Offshore: Mehr als nur ein Trend?
Industrie. Die überwiegende Zahl der Publikationen stammt aus Unternehmensberatungen, die primär betriebswirtschaftlich und marktorientiert argumentieren und die volkswirtschaftlichen Aspekte weniger stark fokussieren (vgl. z.B. auch Ruiz Ben / Claus, 2005, S. 35).
1.2.2
Beispiel für ein gescheitertes Projekt In der IT-Fachliteratur werden meist nur erfolgreich verlaufene IT-Offshore-Projekte geschildert. Hierdurch entsteht leicht der Eindruck „IT-Offshore“ ist für jedes Unternehmen geeignet und machbar, die Risiken sind überschaubar und leicht „zu managen“. Typisch für ein gescheitertes IT-Offshore-Projekt ist das folgende Beispielszenario. Es schildert realitätsnah mögliche Probleme in der Praxis:
IT-OFFSHORE-SZENARIO Die Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens beauftragt den IT-Leiter damit, die IT-Kosten nachhaltig zu senken. Dieser sieht eine Lösung im Outsourcing großer Teile der IT-Abteilung, da viele seiner IT-Leiter-Kollegen von ähnlichen Projekten berichten.
Vor den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit wird dieser Schritt mit Argumenten wie „Konzentration auf Kernkompetenzen“ und „Reduktion von Fixkosten„ und „Flexibilisierung der Leistungsinanspruchnahme“ begründet. Der IT-Leiter holt die Angebote von ca. 10 -15 erfahrenen Anbietern ein. Schließlich wird ein sehr günstiger Anbieter aus Indien mit der Durchführung des Projektes beauftragt.
Schon bald reisen Delegationen mit einer Vielzahl von Personen (5-15 Teilnehmer) an, um zahlreiche Details zu besprechen. Endlose Diskussionen, Zusammenfassungen von Meetings und wiederholende Formulierungen sind schon bald die Regel.
Nach einiger Zeit beginnen konkrete Projektvorbereitungen. Der Auftraggeber stellt zu seinem Bedauern bald fest, dass für ihn selbstverständliche Anforderungen – da nicht im Vertrag spezifiziert - nicht von
13
1
Einführung Outsourcing-Anbieter eingehalten werden. Nachverhandlungen und endlose Präzisierungen des Vertragswerkes sind erforderlich.
Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse der eingesetzten Mitarbeiter des Outsourcingunternehmens fehlen meist vollständig. Die Sprachkenntnisse der eingesetzten Mitarbeiter sind oft nicht für eine fachlich geprägte Diskussion ausreichend vorhanden. Spezifische Kenntnisse über die Geschäftsprozesse des Kunden sind nicht vorhanden. Die Anfangsphasen des Projektes gleichen aus Sicht des IT-Leiters mehr einem Ausbildungsgang für den Auftragnehmer, als einer professionellen Projektausführung.
Eine Entlastung des Unternehmens ist in dieser Phase noch nicht spürbar.
Nach einiger Zeit erfolgt ein Transfer zentraler IT-Bereiche, z.B. Anwendungsentwicklung und Benutzersupport. Im Tagesgeschäft auftretende grundsätzliche Probleme schlagen ohne Vorwarnzeit bzw. Ankündigungen sofort beim Auftraggeber durch.
Rückfragen beim Outsourcer in Indien endeten vielfach in verrauschten Telefonleitungen.
Typisch für die Situation in vielen deutschen Unternehmen sind die Aussagen des CIOs des Göttinger Technologieunternehmens Dieter Geile im CIO-Magazin zu Beginn des Jahres 2005: „Drei indische SAP-Programmierer sollten gemeinsam mit deutschen Kollegen … die firmeneigene SAP-Landschaft umbauen. Das Resümee ist ernüchternd: „Obwohl es ausgebildete Programmierer sein sollten, mussten wir immense Anstrengungen aufbringen, um sie auf unser Niveau zu heben“ ... . Besonders negativ sei der völlig fehlende betriebswirtschaftliche Hintergrund aufgefallen.“ (vgl. Vogel, 2005, S. 12).
14
2 2.1
Grundlagen und zentrale Begriffe IT-Sourcing
2.1.1
IT-Sourcing-Begriffe Anfang 2005 wurde ein Begriff geprägt, der bald als Kandidat für das Unwort des Jahres 2005 gehandelt wurde „Smartsourcing“ (vgl. Hackmann, 2005). Erfunden wurde er vom Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Vor dem Hintergrund des größten Gewinns seit dem Jahr 2000 und der angekündigten Verlagerung von 6400 Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer kann „Smartsourcing“ sicherlich als Angriff auf bisherige Werte des deutschen Managements betrachtet werden. Weitere Vorgänge dieser Art dürften die Diskussion um die bislang schon negativ besetzten Begriffe „Outsourcing“ bzw. „Offshoring“ weiter verschärfen. Die in der Praxis diskutierte begriffliche Vielfalt ist komplex. Von Jouanne-Diedrich hat eine IT-Sourcing-Map veröffentlicht, in der die zahlreichen Sichten der IT-Beschaffung systematisiert werden (vgl. Abbildung 5, von Jouanne-Diedrich, 2004). Es ist auf Grund der Dynamik des Gegenstandes zu erwarten, dass die durch die „IT-Sourcing-Map“ beschriebenen Begriffe noch weiter differenziert und durch zusätzliche Wortschöpfungen erweitert werden.
15
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
Grad externer Leistungsbezug
Finanzielle Abhängigkeit Standort
Totales Outsourcing
Internes/Captive Outsourcing Offshore Sourcing Nearshore Sourcing
Selektives/Smart Sourcing, Outtasking
Externes Outsourcing
Onshore/Domestic Sourcing
Totales Insourcing
IT-Sourcing Infrastruktur Outsourcing Application Outsourcing Business Process Outsourcing
Co-Sourcing
Single-Sourcing Insourcing
Transitional Outsourcing
Multi-Sourcing Outsourcing
Grad Geschäftsorientierung
Anzahl Leistungsersteller
Value-added Outsourcing
Backsourcing
Strategische Aspekte
Zeitliche Ordnung
Abbildung 5: IT-Sourcing-Map (von Jouanne-Diedrich, 2004)
IT-Sourcing ist der weitgehend wertfreie Begriff der ITBeschaffung. Er wird oft als Obergriff genutzt. Outsourcing gilt neben Offshoring als sehr weit verbreiteter Begriff, der jedoch bereits nicht mehr als wertfrei gilt. Hierunter wird allgemein die Fremdbeschaffung von IT-Leistungen verstanden, die bisher selbst erbracht wurden. Externes Outsourcing erfolgt über unternehmensexterne IT-Dienstleister. Internes Outsourcing ist aus wirtschaftlicher Sicht unechtes Outsourcing, bei dem konzerninterne Dienstleister genutzt werden. Rechtlich betrachtet existieren jedoch echte Kunden-LieferantenVerhältnisse. Als Beispiel kann die Tätigkeit der T-Systems für die T-Com angesehen werden. Beide Unternehmen gehörten zum Konzern Deutsche Telekom. Internes Outsourcing wird auch als Captive Outsourcing bezeichnet. Insourcing beschreibt die interne Leistungserstellung. Oft wird der Begriff Insourcing auch als Folge einer Rücknahme der Outsourcing-Entscheidung verwendet. Backsourcing ist der Prozess, der die Rücknahme steuert.
16
2.1
IT-Sourcing
Selektives Sourcing versus totales Outsourcing sind Begriffe, die den Umfang der ausgelagerten Aufgaben beschreiben. Totales Outsourcing im Sinne eines 100 %-Umfangs ist in der Praxis selten anzutreffen. Selektives Outsourcing kann daher oft mit Outsourcing gleichgesetzt werden. Alternative Begriffe mit gleichem Inhalt sind Smart Sourcing, Right Sourcing und Outtasking. Single-Sourcing beschreibt Outsourcing mit einem einzigen Leistungsanbieter. Dieser kann die Leistung selbst erbringen oder seinerseits Leistungen weiter extern vergeben. Beim MultiSourcing steht sich das auslagernde Unternehmen mehreren Dienstleistern und Lieferanten direkt gegenüber. Multi-Sourcing wird als Best-of-breed Sourcing bezeichnet, weil das Unternehmen den für die jeweilige IT-Leistung (Rechenzentrum, PCService, Anwendungberatung) besten Lieferanten auswählt. Offshore Sourcing ist die Erbringung von IT-Leistungen im weiter entfernten Ausland. Nearshoring erfolgt in geografisch näher gelegenen Ländern. Onshore-Sourcing erfolgt durch externe Unternehmen am Ort des Leistungsnehmers. Das Value-added Outsourcing ist eine kooperative Form des Outsourcings, bei dem mehrere Unternehmen eine Partnerschaft (z.B. als Joint Venture) eingehen und die Gewinne / Verluste untereinander aufteilen. Die Partnerschaft wird durch individuelle Kompetenzen der beteiligten Unternehmen geprägt (z.B. ein Unternehmen übernimmt den RZ-Betrieb, ein weiteres die Einführung und Betreuung der Anwendungen). Transitional Outsourcing wird eingesetzt, um sich veralteter Techniken zu entledigen. Unternehmen lagern „Alte Technik“ an Outsourcing-Anbieter aus und führen mit dem eigenen Personal „Neue Technik“ ein. Infrastruktur-Outsourcing ist der ursprüngliche klassische Fall des Outsourcings. Unternehmen lagern technische Komponenten (Rechenzentrum, Netzwerk, PC-Geräte) aus.
17
2
Grundlagen und zentrale Begriffe Beim Application Outsourcing werden Standardsysteme (z. B. SAP, Oracle, Exchange, Lotus Notes) von einem externen Anbieter betrieben. Der Kunde nutzt die bereitgestellten Systeme. Alternative Begriffe sind Net-Sourcing oder E-Sourcing. Business Process Outsourcing (BPO) umfasst die Verlagerung von Geschäftsprozessen auf externe Unternehmen einschließlich der hierfür notwendigen Technik.
2.1.2
Anbieterspezifische Begriffe Neben den allgemein verwendeten Sourcing-Begriffen haben einige IT-Dienstleister versucht, das Negativ-Image des Outsourcing-Begriffes zu überwinden und eigene Begriffe entwickelt (vgl. Hackmann, 2005). Die Wortschöpfungen liefern inhaltlich keine neuen Werte, betonen jedoch den einen oder anderen Aspekt des Outsourcings stärker. Der Begriff Anyshoring wurde von der Beratungsfirma Bearingpoint geprägt. Er entspricht einem Best-of-breed Ansatz, d.h. sämtliche IT-Leistungen werden vom jeweils günstigsten bzw. besten Anbieter bezogen. Der Begriff Co-Sourcing stammt vom Outsourcing-Anbieter EDS. Hierunter ist vor allem die geschäftsorientierte Abrechnung von Leistungen zu verstehen (z. B. transaktionsorientierte Abrechnung). Er betont auch die partnerschaftliche Komponente des Outsourcings. Ebenfalls von EDS stammt der Begriff Bestshoring, der die gleiche Aussage wie Anyshoring impliziert: Beschaffung beim jeweils besten Anbieter. Rightshoring ist ein Begriff der Firma Capgemini, der sich inhaltlich ebenfalls nicht von den bereits erwähnten Begriffen Anyshoring und Bestshoring unterscheidet. Er beschreibt die klassische betriebswirtschaftliche Einkaufsstrategie, dort zu beschaffen, wo es unter Abwägung aller Gesichtspunkte am günstigsten ist. Der Ansatz berücksichtigt jedoch den Einfluss der geographischen Verteilung der Leistungserbringung auf deren Akzeptanz. Insbesondere aber wird beim Rightshoring-Ansatz
18
2.1
IT-Sourcing
zwischen Front-Office-Aktivitäten mit direktem Kundenkontakt und Back-Office-Aktivitäten für die Leistungserbringung ohne Kundenkontakt unterschieden (vgl. z.B. Siber/Guth, 2006, S. 21). Das Frontofficepersonal agiert in Kundenähe bzw. direkt beim Kunden vor Ort. Assisted Transformation ist ein Ansatz der Boston Consulting Group (vgl. Dreischmeier, 2006). Bei diesem Vorschlag wird versucht, die Vorteile unterschiedlicher Konzepte zu vereinen. Das auslagernde Unternehmen holt sich auf Zeit (z.B. 18-24 Monate) externe Experten ins Haus, die das Unternehmen beim Outsourcing-Prozess neutral begleiten. Für den Transformationsprozess werden gemischte Teams eingesetzt, bestehend aus Mitarbeitern des Unternehmens und des Beratungshauses. Das Besondere an diesem Konzept ist u.a. die Honorierung des „Outsourcing-Beraters“. Erst wenn der Transformationsprozess abgeschlossen ist und das auslagernde Unternehmen selbständig, ohne externe Hilfe arbeiten kann, wird ein signifikanter Betrag des Honorars gezahlt. Teilweise werden die mit Hilfe einer Balanced-Scorecard gesteuerten Ziele für beide Personengruppen gleich festgelegt, um sicher zu stellen, dass identische Zielen erreicht werden.
2.1.3
Anwenderspezifische Begriffe Die Begriffsprägungen zum IT-Sourcing werden überwiegend von Beratern, Anbietern, Wissenschaftlern und Publizisten geprägt. Die Beteiligung von Nachfragern nach OutsourcingLeistungen (Anwender) an der Schöpfung neuer Begriffe ist eher die Ausnahme. Bislang wurde nur der Begriff Smartsourcing im Zusammenhang mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen der Deutschen Bank in Niedriglohnländer bekannt.
19
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
2.2
IT-Outsourcing 2.2.1
Grundformen des IT-Outsourcings Der Begriff Outsourcing stammt nach einhelliger Literaturmeinung aus dem angelsächsischen Sprachraum und wurde als Kunstwort aus den Worten „Outside“ und „Ressource“ bzw. „Outside Resource Using“ gebildet. Outsourcing durch Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten des Unternehmens auf Zulieferer nutzt unternehmensexterne Ressourcen. Outsourcing verlagert funktional oder organisatorisch abgegrenzte Unternehmensteile auf Fremdfirmen. Typische Beispiele aus der Informationstechnik sind Ausgliederungen des zentralen Rechenzentrums, der Anwendungsentwicklung oder von Hotlines. Inzwischen haben sich über mehrere Jahre hinweg OutsourcingVarianten in- und außerhalb der Informationstechnik entwickelt. Die einfachste Form des Outsourcings in der Informationstechnik erfolgt beim Einsatz von Standardsoftware. Diese Form wird seit Jahren praktiziert, ohne noch als Outsourcing zu gelten. Nach der Art des ausgelagerten Know-hows lassen sich drei Grundformen unterscheiden, die in der Praxis in mehreren Varianten anzutreffen sind: Klassisches Plattform-Outsourcing, Application Service Providing (ASP) und Business Process Outsourcing (BPO), vgl. dazu Abbildung 6.
20
2.2
Ausgelagertes Ausgelagertes Know-How Know-How
Geschäftsprozesse
Outsourcing-Formen Outsourcing-Formen und undAnwendungsbeispiele Anwendungsbeispiele
Business Process Outsourcing (BPO)
Kernprozesse
Procurement
Querschnittsprozesse
Anwendungssoftware
IT-Outsourcing
Logistik
Buchhaltung
Vertrieb
Human Ressources
Application Service Providing (ASP)
SAP R/3
CAD / CAE
Web-Site
Office
(klassisches) Plattform-Outsourcing Technische Plattformen
RZ-Betrieb
Network-Services
PC-Services
Abbildung 6: IT-Outsourcing-Grundformen (Gadatsch/Mayer, 2006)
Klassisches Plattform-Outsourcing Beim klassischen Plattform-Outsourcing wird der gesamte operative Aufgabenumfang des Rechenzentrumsbetriebes von einem Outsourcing-Anbieter übernommen einschließlich der Netzleistungen. Eine andere Form des Plattform-Outsourcings gliedert die PC-Beschaffung und den PC-Benutzerservice aus. Application Service Providing (ASP) Beim Application Service Providing (ASP) werden im outsourcenden Unternehmen lediglich Endgeräte für die Mitarbeiter benötigt. Server, Betriebs- und Anwendungssoftware stellt der Service-Provider zur Verfügung. Die Verbindung zum ServiceProvider läuft meist über das Internet. Business Process Outsourcing (BPO) Unter dem Kürzel BPO (Business Process Outsourcing) wird ein weitergehender Lösungsansatz diskutiert, der ganze Geschäfts21
2
Grundlagen und zentrale Begriffe prozesse umfasst. Die IT ist meist Hauptbestandteil des Vertrages. Zusätzlich erbringt der Dienstleister weitere Leistungen. Allerdings hat sich noch kein Begriffssystem etabliert, so dass sehr unterschiedliche Definitionen üblich sind (vgl. Riedl, 2003, S. 4). Beispiel:
2.2.2
Das IT-Unternehmen Hewlett Packard wickelt seit November 2006 die komplette Lohnbuchhaltung, den Meldeverkehr zu den Sozialversicherungsträgern und die Aufbereitung der Daten für die Buchhaltung des Erzbistums Köln ab (vgl. o. V. 2006d).
Begriffliche Alternativen In der Praxis werden häufig von Beratungsunternehmen und Dienstleistern neue Begriffsschöpfungen diskutiert. Begriffe wie „Selektives Outsourcing“, „Partielles Outsourcing“, „Outtasking“ oder „Smartes Outsourcing“ sind Varianten des IT-Outsourcings, die nicht die Auslagerung der gesamten IT, sondern nur einzelner Aufgaben zum Inhalt haben.
Shared Service Center
22
Insbesondere der Begriff „Shared Service Center“ wird in der letzten Zeit besonders stark in der Fachpresse herausgestellt (vgl. z.B. das Schwerpunktthema in der IT-Wochenzeitung Computerwoche, Heft 6, 2006, S. 32 ff.). Unter dem Terminus wird die konzerninterne Bündelung von Leistungen wie Personalwesen, Training, Immobilien, Fuhrpark Informationstechnik u.a. in eigenen Tochtergesellschaften verstanden, ohne dass die unternehmerische Verantwortung aufgegeben wird. Oft werden unter dem Dach eines Shared-Service-Unternehmens sehr unterschiedliche Aufgaben eines Konzerns gebündelt, die von mehreren Geschäftseinheiten benötigt werden. Das Beispiel der BBS (Bayer Business Services) zeigt, dass dies sehr unterschiedliche Aufgaben sein können, denn die Bayer-Tochter betreibt sehr vielfältige Services, wie Restaurants und Rechenzentren (vgl. Niebuer/Funke, 2006, s. 33). Allerdings werden Shared-ServiceCenter meist nur für nicht geschäftskritische Unterstützungsaufgaben eingesetzt. Lixenfeld (2006, S. 10) berichtet in diesem Zusammenhang beispielsweise vom Fahrzeugbauer MAN, der für
2.2
IT-Outsourcing
sämtliche Standarddienstleistungen ein Shared-Service-Center gegründet hat. Leistungen, die dagegen der Produktionssteuerung und Produktentwicklung dienen, werden weiterhin von internen Konzernabteilungen betreut. Ein Shared Service Center entspricht in der Terminologie der bereits vorgestellten Sourcing-Map dem Internen Outsourcing bzw. Captive Outsourcing. Ein Shared Service Center soll zu marktfähigen Preisen und Leistungen wie ein externes Unternehmen agieren. Im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Betrieb von Informationssysteme durch Shared Service Center sind Datenschutzaspekte zu beachten, die je nachdem wie die Verantwortung über die Nutzung der Daten ausgelegt wird, sehr unterschiedliche Folgen haben können. Fritzemeyer (2006) weist beispielsweise darauf hin, dass ein Shared Service Center beauftragt werden kann, die Daten zu verarbeiten (z.B. im Rahmen einer IT-gestützten Personalabrechnung). Hierbei kann eine reine „Auftragsdatenverarbeitung“ vorliegen oder eine viel weiter gefasste „Funktionsübertragung“ mit weitreichenden Folgen. Für eine Funktionsübertragung ist ein datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestand erforderlich (vgl. Fritzemeyer, 2006, S. 35).
2.2.3
Outsourcing in der Praxis (Umfrageergebnisse) Um das Defizit an empirischen Aussagen zu verringern, hat der Verfasser gemeinsam mit der Fachgruppe „5.7 IT-Controlling“ der Gesellschaft für Informatik e. V. eine bundesweite Untersuchung zum Stand des IT-Controllings in Deutschland durchgeführt. Ziel war es, die Nutzung von Werkzeugen des IT-Controllings zu analysieren und Empfehlungen für die Praxis abzuleiten. Die ausführlich kommentierten Ergebnisse der Studie können in Gadatsch/Juszczak/Kütz (2005) nachgelesen werden. Hier werden die für das Management von IT-Outsourcing- bzw. ITOffshoreprojekten wichtigen Ergebnisse vorgestellt.
Ablauf der Erhebung
An der Umfrage haben sich 40 Unternehmen beteiligt. Die Rücklaufquote betrug ca. 10 %. Die Unternehmen stammen überwie23
2
Grundlagen und zentrale Begriffe gend aus dienstleistungsorientierten Branchen. Im Mittel beschäftigten die antwortenden Unternehmen etwa 9.400 Mitarbeiter. Der Umsatz betrug im Mittel etwa 23 Mrd. Euro. Die Fragen wurden überwiegend von leitenden Mitarbeitern des ITBereiches bzw. (IT-) Controllern beantwortet. Der Fragenkatalog war sehr breit gefächert und umfasste das gesamte methodische Spektrum sowie organisatorische Aspekte des IT-Controllings. Die Aufzählung der wesentlichen Schlagworte in Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Inhalte. x
Aufwand für IT-Controlling
x
Benchmarking als Daueraufgabe
x
Branche/Umsatz/Mitarbeiter
x
CIO-Einordnung (Vorstand/GF/darunter)
x
Einsatz der Balanced Scorecard
x
Erstellung IT-Strategie
x
Höhe des IT-Budgets
x
IT als Profit Center
x
IT-Anlagevermögen
x
IT-Controller als Berufsbild
x
IT-Kennzahlen
x
IT-Kosten und Wartungsaufwand
x
IT-Leistungsverrechnung
x
IT-Produktkatalog
x
Land/Region
x
Methoden der Entscheidungsunterstützung
x
Multiprojektcontrolling
x
Outsourcing/Anteil ausgelagerter IT-Leistungen
x
Position des Antwortenden
x
Projektpriorisierung
x
Rechtsform
x
Verantwortung IT-Budget
x
Werkzeugeinsatz
x
Zeitanteile im IT-Controlling
Tabelle 1: Übersicht über den Fragenkatalog 24
2.2
IT-Outsourcing
IT-Strategie Relevanz: Die Ausgangsbasis für jedes IT-Outsourcing- bzw. ITOffshore-Vorhaben ist die Ableitung einer IT-Strategie aus der Geschäftsstrategie. Im Rahmen der IT-Strategie sind Aussagen zur Verlagerung von IT-Aktivitäten möglich. Ergebnisse: Die Erstellung einer IT-Strategie gehört bei drei Viertel der Unternehmen zur Standardaufgabe, meist mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren (vgl. Abbildung 7). Der vergleichsweise lange Planungszeitraum überrascht etwas, da in den vergangenen Monaten in der IT-Fachpresse oft von kurzlebigen IT-Strategien die Rede war.
45% 39%
40% 35% 30%
25%
25% 18%
20% 14%
15% 10% 5%
4%
0% 1 Jahr
2 Jahre
3 Jahre
4 Jahre
5 Jahre
Abbildung 7: Bezugszeitraum der IT-Strategien
Die Inhalte der IT-Strategie sind sehr breit gefächert. Neben technischen Aspekten wie „Virenschutz“ oder „WebShop“ dominierten organisatorische Aufgaben wie z. B. Standardisierung oder Outsourcing.
25
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
Organisatorische Einbindung des IT-Controllings Relevanz: Outsourcing-Entscheidungen müssen ganzheitlich, d.h. aus fachlicher und technischer Sicht sowie langfristig im Sinne einer Investitionsentscheidung getroffen werden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, vor entsprechenden Projekten ein ITControlling im Unternehmen einzurichten, dass auch Einfluss auf die Verwendung des IT-Budgets hat. Ergebnisse: Erfreulicherweise haben sich Personen mit der Berufsbezeichnung „IT-Controller/in“ in der Praxis etabliert und werden deutlich sichtbar in die Unternehmenshierarchie eingeordnet. Die Position eines IT-Controllers existiert in 52 % der befragten Unternehmen. Das deutet auf ein gewachsenes Problembewusstsein und das Bemühen um Transparenz hin. Da IT-Controller häufig (45 %) dem CIO unterstellt sind (vgl. Abbildung 8), haben sie großen Einfluss auf die Verwendung des IT-Budgets.
26
2.2
IT-Outsourcing
50,0% 45% 45,0% 40,0% 35,0% 30,0%
27,80% 22,20%
25,0% 20,0% 15,0% 10,0% 5,60% 5,0% 0,0% Vorstand/GF
CIO
Leiter Controlling
Sonstige
Abbildung 8: Einordnung der IT-Controller
In 65 % der Unternehmen ist das IT-Budget beim CIO angesiedelt (vgl. Abbildung 9). Fachabteilungen haben eher selten direkte Verantwortung für die IT-Budgets. Diese Situation spricht dafür, dass die integrative Bedeutung des CIOs über Bereichsgrenzen hinweg von den Fachabteilungen akzeptiert wird, denn zahlreiche Informationssysteme betreffen ganze Prozessketten und damit mehrere Abteilungen.
27
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
2,5%
keine Angabe
7,5%
Sonstige
Fachbereich
2,5%
CIO
65,0%
Vorstand/GF
22,5%
0%
20%
40%
60%
80%
Abbildung 9: Verantwortung für das IT-Budget
Ausgelagerte Bereiche in der IT Relevanz: Für viele Unternehmen stellt sich nicht die Frage, ob Outsourcing-Maßnahmen durchgeführt werden, sondern in welchen Bereichen dies realisiert wird. Ergebnisse: IT-Outsourcing ist zur Normalität geworden, insb. in den klassischen Bereichen entwickelt. 64,1 % der befragten Unternehmen gaben an, IT-Leistungen ausgelagert zu haben. Sehr häufig werden klassische Bereiche wie Rechenzentrum, Softwareentwicklung und Anwendungsbetreuung als betroffene Bereiche angegeben (vgl. Abbildung 10).
28
2.2
IT-Outsourcing
So
ns tig
es
35,0%
du
ng sb e
tre
uu
ng
27,5%
SW -E n
tw
An
ick lu
ng
we n
32,5%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
R
ec h
en
ze n
tru m
32,5%
Abbildung 10: Outsourcing-Bereiche Das partielle Outsourcing spiegelt sich in der Gruppe „Sonstige“ wider, die mit 35 % den Spitzenreiter der Angaben darstellt. Hierunter verbergen sich insbesondere Aufgaben wie Dezentrale Arbeitsplätze, Hardware/Infrastruktur, Webhosting, Netzwerk / WAN, Second Level Support, User Help Desk. Offenbar erfolgt Outsourcing von den IT-Verantwortlichen in hohem Maße gezielt und selektiv. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Zusatzfrage nach dem Outsourcing-Anteil.
IT-Outsourcing-Anteile Relevanz: Outsourcing gehört zum Standardwerkzeug im ITManagement. Wichtig ist jedoch z. B. im Hinblick auf mögliche Nachteile wie Abhängigkeit, welchen Anteil an der IT-Leistung im Outsourcing erzielt wird. Ergebnisse: Outsourcing hat sich zum Standard insb. in den klassischen Bereichen entwickelt. Der durchschnittliche Outsourcinggrad liegt bei 31,5 %. In zehn Prozent der Fälle liegt der Outsourcinganteil bei über 95 % (vgl. Abbildung 11).
29
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
Anteil Unternehmen in % 100,00% 90,00% Anteil% 80,00%
kumuliert%
70,00% 60,00% 50,00% 40,00% 30,00% 20,00%
27,8%
31,5% Mittelwert 22,2% 11,2%
10,00%
16,7% 11,2% 5,6%
5,6%
0,00% bis 5% bis 10% bis 20% bis 50% bis 75% bis 95% 100%
Outsourcinganteil in% Abbildung 11: Outsourcinganteile - Verteilung
2.2.4
Outsourcing-Varianten IT-Outsourcing tritt in der Praxis in zahlreichen Varianten in Erscheinung. Üblich sind Klassifizierungen nach dem Ort der Leistungserbringung, der Anzahl der beteiligten Partner sowie der Zugehörigkeit des Leistungserbringers zum Unternehmen bzw. zum Konzern (vgl. Abbildung 12).
30
2.2
IT-Outsourcing
Outsourcing - Varianten Single
Dual
Anzahl Partner Single = ein Partner Dual = zwei Partner (1x Onsite) Multiple mehrere Partner (1x Onsite)
Multiple Intern Onsite
Onshore
Nearshore
Offshore
Ort der Leistungserbringung Onsite = Leistungserbringung am Ort der Nachfrage Onshore = Leistungserbringung im Land der Nachfrage Nearshore = Leistungserbringung im Nachbarland Offshore = Leistungserbringung in einem weiter entfernten Land
Extern
Zugehörigkeit zum Unternehmen/Konzern Intern = Eigenes Unternehmen Extern = Fremdes Unternehmen
Abbildung 12: Varianten des IT-Outsourcing (in Anlehnung an Bacher, M.R. 2002, S. 55)
Varianten
Die häufigsten Varianten des IT-Outsourcings sind das Offshoring bzw. das Nearshoring. Hierunter ist in beiden Fällen die Vergabe der Aufträge in Niedriglohnländer zu verstehen (vgl. z. B. Ruiz Ben/Claus, 2005, S. 35). Neben dem Kostenvorteil durch ein niedrigeres Lohnniveau kommen noch Nebeneffekte, wie z.B. längere Arbeitszeiten, einfachere administrative Gegebenheiten sowie steuerliche Subventionen zu.
Klassifizierung nach dem Ort der Leistungserbringung Von Nearshore wird gesprochen, wenn die Leistungserbringung in Niedriglohnländern mit gleichem Kulturkreis, Zeitregion, Sprache etc. erfolgt. Hierunter fallen primär die direkten Nachbarländer. Dies sind aus deutscher Sicht Länder in Osteuropa oder im weitesten Sinne noch Irland und Portugal. Onshore bedeutet eine Leistungserbringung im Land des Auftragnehmers, also aus deutscher Sicht in Deutschland. Hierbei 31
2
Grundlagen und zentrale Begriffe kann es sein, dass die IT-Spezialisten des Leistungserbringers aus dem Ausland stammen und lediglich zur Erzielung einer größeren Kundennähe im Auftraggeberland arbeiten. Offshore beschreibt die Auftragsvergabe in weiter entfernte Länder. Hierunter fallen insbesondere Länder anderer Kulturkreise, Zeitzonen und Sprachen. Aus deutscher Sicht sind dies Länder in Asien, wie z. B. Indien oder auch zunehmend China. Noshore schließlich bezeichnet IT-Prozesse, die nach einem fundiertem Entscheidungsprozess im eigenen Unternehmen oder Konzern bzw. im eigenen Land ausgeführt werden. Noshore kann als bewusste Negativentscheidung gegen die Auslagerung betrachtet werden. Sind im Folgenden alle Varianten gemeint, wird umfassend von X-Shore gesprochen.
Klassifizierung nach der Anzahl der ausführenden Partner x-Shoring-Projekte bzw. andere Varianten können durch einen einzigen Partner (Single), durch zwei Partner (Dual) oder durch mehrere Partner (Multiple) bewältigt werden. Im Fall Dual bzw. Multiple arbeitet mindestens ein Partner Onshore, also im Land des Auftraggebers, meist um die Kundennähe zu verbessern und um kulturelle Distanzen zu vermeiden bzw. zu überbrücken. Die eigentliche Leistungserbringung erfolgt dann Offshore bzw. Nearshore.
Klassifizierung nach der Zugehörigkeit zum Unternehmen In manchen Fällen kommt es vor, dass große Unternehmen eigene IT-Töchter betreiben, die als Outsourcing-Auftragnehmer in Betracht kommen. In diesem Fall handelt es sich um kein reines Outsourcing, da nach der Konsolidierung die Umsätze neutralisiert werden. 32
2.2
IT-Outsourcing
Gelegentlich tauchen in der Praxis auch weitere Begriffe auf, meist aus einer Marketingsicht heraus geprägt. So spricht die Firma Infosys Technologies Ltd., ein indisches OffshoringUnternehmen mit über 35.000 Mitarbeiter von „Modular Global Sourcing“ (vgl. SAPINFO 2005, S. 94). Damit soll an die Automobilbranche angeknüpft werden, welche in den vergangenen Jahrzehnten die Beschaffung zunehmend globalisiert hat.
2.2.5
IT-Outsourcing-Markt Der Markt für IT-Outsourcing-Kontrakte ist sehr innovativ und derzeit noch von großen Projekten geprägt. Die Übersicht in Abbildung 13 zeigt den Umfang und Gegenstand großer Outsourcing-Kontrakte mit IT-Relevanz. Sie lassen sich meist in die o. g. Grundformen des IT-Outsourcings einordnen. Interessant sind die Laufzeiten, die sich meist zwischen 5 und 10 Jahren bewegen.
Auftraggeber
Auftragnehmer
BAE-Systems
CSC
Gap
IBM
MBDA
CSC
Winterthur Group
Swisscom Solutions AG
Züricher Verkehrsbetriebe
Volumen
Laufzeit
Gegenstand
Ca. 1,9 Mrd. $
5 Jahre
IT-Outsourcing
1,1 Mrd. $
10 Jahre
Server-, Mainframe- und Netzmanagement
100 Mio $
2 Jahre
Vertragsverlängerung (Infrastruktur- und ApplicationManagement-Services)
100 Mio CHF
5 Jahre
Daten- und Sprachdienste
ACS Solutions Switzerland
81 Mio $
3 Jahre
Ticket-Verkaufssystem
AOK
BT
30 Mio €
5 Jahre
Sprachdienste und Serviceportal
Schachermeyer
CSC Austria
2 Mio €
k. A.
United Airlines
EDS
k. A.
10 Jahre
Desktop-, Helpdesk- und IV-Verwaltung
Winkhaus Gruppe
BTC
k. A.
5 Jahre
SAP-Betrieb
Berliner Volksbank
Computacenter
k. A.
3 Jahre
WAN-Betrieb
WAZ-Gruppe
T-Systems
k. A.
4 Jahre
Vertragsverlängerung (Netzbetrieb)
Transportation Security Administraion (TSA)
Unisys
k. A.
3 Jahre
Vertragsverlängerung (IT- und TK-Dienste)
TDS HR
Xerox Global Services
k. A.
k. A.
Druckdienstleistungen
Gelsenwasser AG
rku.it
k. A.
k. A.
RZ-Betrieb, PC-Support, Server- und Netzmanagement
SAP-Implementierung und Systemintegration
Abbildung 13: Outsourcing-Kontrakte im Überblick (Computerwoche, o. V. 2006a)
33
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
Offshore-Aktivitäten sind nicht nur auf Sekundär- bzw. Querschnittsprozesse wie die Informationstechnik beschränkt. In letzter Zeit werden z. B. auch Vorschläge für andere Prozessfelder, wie z.B. Controlling-Services (vgl, Dressler, 2005) diskutiert, die weit in die Kernaufgaben eines Unternehmens hineinreichen. Damit bekommt die Diskussion um Chancen und Risiken des Offshoring eine unternehmensstrategische Bedeutung verliehen, deren Tragweite noch gar nicht abgeschätzt werden kann.
2.2.6
IT-Outsourcing im Mittelstand Bislang galt, dass IT-Outsourcing eher von großen und mittleren Unternehmen vorangetrieben wurde. Bei kleineren Unternehmen waren, trotz der geringen IT-Ressourcen, die Vorbehalte gegen Verlagerungen groß. Im Zuge der Anfang 2006 optimistischeren Wirtschaftslage und steigenden Anforderungen an die Informationstechnik lagern erstmals verstärkt kleinere Unternehmen IT-Leistungen aus, da ihre kleinen IT-Abteilungen den Anforderungen offensichtlich nicht mehr gewachsen sind. Allerdings fehlt den großen ITDienstleistern zum Teil trotz der umfangreichen Investitionen in entsprechende Mittelstandsorganisationen noch das tiefe Verständnis für die speziellen Anforderungen des Mittelstands, bei dem eine stärkere Umsetzungskompetenz nachgefragt wird (vgl. Hackmann, 2006b, S. 34). Viele Berater können nur bzw. überwiegend Erfahrungen in Großunternehmen vorweisen. Ein großes Problem besteht darin, dass den mittelständischen Unternehmen zu viele Ansprechpartner von Seiten der ITDienstleister gegenübergestellt werden. Einer IT-Abteilung von 34 Personen stehen über 10 spezialisierte Ansprechpartner eines großen IT-Outsourcingpartners gegenüber, der an dieser Stelle nicht genannt werden möchte. Am Rande wird noch über die intensive Verwendung von Anglizismen im IT-Outsourcing-Markt geklagt, dementsprechend lau-
34
2.2
IT-Outsourcing
fen „Kundengespräche holprig und nicht auf Augenhöhe“ (vgl. Hackmann, 2006b, S. 34).
2.2.7
Zusammenarbeit mit Outsourcing-Dienstleistern
Outsourcing von ITAbteilungen
Seit Jahren ist zu beobachten, dass Unternehmen ihre ITAbteilungen auslagern, um Kosten zu sparen und die Leistungstransparenz zu erhöhen. Gelegentlich wird auch als Ziel der Einstieg ins Drittgeschäft genannt, um ungenutzte Ressourcen auszulasten oder die Geschäftsbasis zu erweitern. Nur wenigen IT-Gesellschaften gelingt es, sich dauerhaft im externen Markt zu etablieren, häufig bleibt der im Drittmarkt erwirtschaftete Umsatzanteil hinter den Erwartungen zurück. Die Voraussetzungen für dauerhafte Markterfolge sind im strategischen Umfeld zu finden. Die Geschäftsstrategie muss den Willen zum Drittgeschäft mit operationalen Zielen untermauern, z. B. einen angestrebten Anteil des externen Umsatzes in drei Jahren von 50 % vorgeben. Damit verbunden sind massive Investitionen in Marketing und Vertrieb, um die Präsenz am Markt zu steigern. Der Erfolg hängt letztlich von der Anzahl marktfähiger Produkte ab. Die Konzentration auf die Betreuung und Individualentwicklung von Software für das Mutterhaus reicht in der Regel nicht aus.
Mischformen in der Praxis
In der Praxis tauchen zahlreiche Mischformen auf. Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob der Outsourcing-Anbieter ein Drittunternehmen oder ein Konzernunternehmen darstellt. Sehr häufig wird in den Unternehmen das „Ausgliederungs-Outsourcing“ praktiziert. Dabei kann z. B. das Rechenzentrum aus dem Unternehmen herausgetrennt und in eine juristische Person überführt werden. Hierbei wird dann unterschieden, ob das gegründete Outsourcing-Unternehmen intern oder auch extern am Markt operieren kann.
KonzernOutsourcing
Beim Konzern-Outsourcing ist darauf zu achten, ob auf die Geschäftspolitik des Outsourcing-Anbieters Einfluss ausgeübt werden kann. Die Vorteile bleiben dann weitgehend erhalten. Wichtig ist beispielsweise, dass die von der Konzerntochter erstellte Software von den Konzernunternehmen als Standardsoftware aktiviert und abgeschrieben werden kann.
Anbieter Voraussetzungen für Outsourcing
Aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten des Outsourcings ist es vor der Unterzeichnung eines Outsourcing-Vertrages mit langfristiger vertraglicher Bindung notwendig, das Outsourcing in die Informatikstrategie des Unternehmens zu integrieren. Wichtig ist, 35
2
Grundlagen und zentrale Begriffe die aktuellen und zukünftigen Informatikaufgaben transparent zu gestalten. Dies ist notwendig für die Aufgabenabgrenzung zum Outsourcer und die Vertragsgestaltung. Auch bei Übertragung der IT-Dienstleistungen an ein Outsourcing-Unternehmen ist anzunehmen, dass die Unternehmen von IT-relevanten Fragestellungen im Rahmen der Unternehmensführung nicht frei sind. Globale strategische Rahmenentscheidungen sind im eigenen Hause vorzubereiten, wenn das Personal dafür qualifiziert ist. Vor der Auslagerung sind Fragen zu klären, welche die spätere Aufgabenabgrenzung betreffen.
BEISPIELE FÜR FRAGEN Wie erfolgt die Projektkoordination und Projektleitung von gemeinsamen Entwicklungsprojekten? Welche Befugnisse haben Projektmitarbeiter in den gemeinsamen Entwicklungsteams? Wie entstehen Definitionen für neue IT-Anforderungen, ihre Entwicklung und endgültige Formulierung? In welcher Form erfolgt der Tätigkeitsnachweis? Wie erfolgt die Abnahme und Dokumentation der erbrachten Leistungen des IT-Dienstleisters?
Die Auslagerung fällt leichter, wenn die Unternehmens-IT sich abgrenzen lässt, z. B. als eigenes Profit Center arbeitet. Es empfiehlt sich, den gesamten Entscheidungsprozess mit dem Betriebsrat vorab vertraulich festzulegen. Geplante OutsourcingVorhaben führen oft zu Unruhen in der Belegschaft oder zu Abwanderungen von qualifiziertem Personal. Oft werden Outsourcing-Entscheidungen „gefühlsmäßig“ getroffen. Bei IT-Outsourcing fehlt oft eine wirkungsvolle Analyse und Kritik durch die Kontrollorgane eines Unternehmens. Daher ist es wichtig, die Outsourcing-Entscheidung ökonomisch zu begründen und eine dokumentierte Datenbasis für Kostenvergleiche zu liefern. Betriebskosten für die bestehende IT-Infrastruktur, Personalkosten und die leistungsabhängigen Kosten (Energie, Betriebsunterbrechungs-Versicherung u.a.) sind zu ermitteln. Vor einer Outsourcing-Entscheidung sind folgende Grundszenarien zu bewerten:
36
2.2
Alternativen prüfen
2.2.8
IT-Outsourcing
x
Der Abgleich der aktuellen IT-Architektur mit dem Angebot des IT-Outsourcers.
x
Der Vergleich der Angebote unterschiedlicher IT-Outsourcer.
x
Der Vergleich der aktuellen IT-Architektur mit einer alternativen Architektur (z. B. Standardsoftware).
Wichtig ist nicht nur der Abgleich mit der aktuellen ITArchitektur, z. B. einer Mainframe-Lösung gegen ein Outsourcing-Angebot, sondern auch die Bewertung von Alternativangeboten. Zu prüfen ist, ob eine Umstellung der eigenen großrechnerbasierten IT-Architektur auf Client/Server-Lösungen auf der Basis von Standardanwendungssoftware (z. B. SAP® R/3®) die wirtschaftlichere Alternative darstellt. Zusätzlich sind die Nutzenbestandteile der Alternativen für die Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Die Angebote der Outsourcing-Anbieter sind oft schwer vergleichbar, da keine einheitlichen Standards existieren.
Ausgewählte Aspekte der Vertragsgestaltung Beim IT-Outsourcing erhält die Vertragsgestaltung wegen der langfristigen Bindungsdauer eine besondere Bedeutung. Derzeit sind im IT-Outsourcing Vertragslaufzeiten von drei bis fünf Jahren üblich. Grundsätzlich ist der IT-Outsourcing-Prozess im Rahmen der Einzelrechts- oder der Gesamtrechtsnachfolge möglich. Bei der Einzelrechtsnachfolge handelt es sich um zivilrechtliche Kaufverträge. Sämtliche Vermögensgegenstände wie Rechnerausstattung, Nutzungsrechte oder Softwarelizenzen müssen einzeln übertragen werden. Der Eintritt in Softwarelizenzverträge erfordert meist die Zustimmung des Lizenzgebers, also des Softwareherstellers. Bei der Gesamtrechtsnachfolge wird der gesamte Betriebsteil (z. B. das vollständige Rechenzentrum) nach dem Umwandlungsrecht übertragen. Neben zahlreichen betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten sind bei der Auswahl des Übertragungsweges noch steuerliche Aspekte zu prüfen. Eine umfangreiche Checkliste zum Outsourcing ist in Hodel et al. (2004) dokumentiert, die insbesondere auch auf die Problematik der Vertragsgestaltung eingeht. Außerdem sind die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen zu beachten, die sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergeben.
37
2
Grundlagen und zentrale Begriffe Bei großen Outsourcing-Vorhaben enthält das Vertragswerk einen Rahmenvertrag, ergänzt durch Einzelverträge (vgl. dazu Abbildung 14 nach T-Systems, 2002).
Rahmenvertrag Einzelvertrag 1
Rahmenvertrag regelt für alle Einzelverträge relevante Aspekte
Betriebsübertragungsvertrag
Einzelvertrag 2
Einzelvertrag 3 Einzelvertrag ...
Einzelverträge beschreiben Art und Umfang einzelner Leistungen, die vom Outsourcingnehmer zu erbringen sind
Geschäftsbesorgungsverträge
Regelt Inhalte der Übertragung der Betriebsteile (z. B. Forderungsübergang, Arbeitsverträge)
Regelt spezifische Einzelinhalte der zu übernehmenden Aufgaben (z.B. RZ-Betrieb)
Abbildung 14: Outsourcing-Vertragsstruktur (T-Systems, 2002). Rahmen vertrag
Inhalte eines Rahmenvertrages können sein: x
Vertragsgegenstand und Geltungsbereich,
x
Laufzeit und Kündigung,
x
Zusammenarbeit,
x
Vergütung,
x
Datenschutz und -sicherheit,
x
Haftung und Höhere Gewalt,
x
Vertragsänderungen,
x
Rückübertragungsregelung bei späterem Insourcing.
Besondere Bedeutung erlangen die Rückübertragungsregelungen, wenn nach dem Ablauf der Vertragslaufzeit oder bei Vertragskündigungen Teile der ausgelagerten Prozesse wieder ins Unternehmen zurückkehren. Wenn das Know-how nicht mehr im Unternehmen existiert, empfiehlt es sich, die Mitwirkungspflicht des Outsourcers frühzeitig vertraglich zu fixieren. Einzelverträge
38
Einzelverträge beschreiben Art und Umfang einzelner Leistungen, die vom Outsourcing-Nehmer zu erbringen sind:
2.2
IT-Outsourcing
x
Vertragsgegenstand und Geltungsbereich,
x
Laufzeit / Kündigung / Verlängerungsoptionen,
x
Leistungsbeschreibung,
x
obligatorische und optionale Leistungen,
x
Mitwirkungspflichten des Auftraggebers,
x
Service Levels und Vergütung.
Betriebsübertra- Der Betriebsübertragungsvertrag regelt Inhalte der Übertragung der Betriebsteile (z. B. Forderungsübergang, Arbeitsverträge): gungsvertrag
Geschäftsbesorgungsverträge
x
Vertragsgegenstand,
x
Stichtag des Übergangs,
x
Überleitung von Arbeitsverträgen,
x
Übernahme von Forderungen, Verbindlichkeiten und sonstigen Verpflichtungen (z. B. Steuern),
x
Regelungen zum Gefahrenübergang,
x
Kaufpreis und Abwicklungsmodalitäten.
Geschäftsbesorgungsverträge regeln spezifische Einzelinhalte der zu übernehmenden Aufgaben (z. B. RZ-Betrieb): x
Vertragsgegenstand und Geltungsbereich,
x
Haftung,
x
Laufzeit / Kündigung / Verlängerung,
x
Vergütung.
x
Mögliche Inhalte der Besorgung:
x
x
Finanz- und Rechnungswesen,
x
Einkauf und Beschaffung,
x
Personalabrechnung,
x
Datenschutz/Datensicherheit.
Infrastruktur (ggf. auch als separater Mietvertrag): x
Gebäude, Parkplätze,
x
Räume und deren Ausstattung. 39
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
2.2.9
Fallstudie zum IT-Outsourcing Ausgangssituation
Unternehmensprofil
Gegenstand der Fallstudie ist ein Industriekonzern mit einem Jahresumsatz von etwa 2.500 Mio EUR/Jahr mit mehreren rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften. Der Umsatz variiert durch witterungsabhängige Produktnutzung: x
Eine hohe Nachfrage im Neu- und Ersatzgeschäft vor und während der Wintermonate,
x
den Rückgang der Nachfrage und Beschäftigung in allen Sektoren während der wärmeren Perioden, da nur eine eingeschränkte Lagerbevorratung möglich ist,
x
der konstante Mindestumsatz innerhalb eines Jahres schwankt zwischen 35 und 40 Prozent des Jahresspitzenumsatzes.
Der Konzern ist an zahlreichen Standorten weltweit vertreten, die bis auf wenige Vertretungen in das Unternehmensnetzwerk integriert sind. Produktionsstandorte befinden sich in Deutschland (10), in Europa (5) und den USA (2). Insgesamt werden an 60 Standorten Vertriebsniederlassungen und einige kleinere Vertretungen (z. B. in China, Australien) gesteuert. Budgetierung
Das IT-Budget ist ein %-Satz vom Umsatz, der jährlich festgelegt wird. Abweichungen der Ist-Kosten toleriert der Vorstand.
Handlungsbedarf Kapazitätsplanung
Die IT-Kapazitäten lassen sich an die schwankende Nachfrage nicht anpassen. Zu geringe Kapazitäten in der Hauptsaison stehen nicht ausgelasteten Kapazitäten in der Nebensaison gegenüber. Die unzureichenden Antwortzeiten in der Hauptsaison führen zu regelmäßig wiederkehrenden Beschwerden der Anwender.
ITLeistungsverrechnung
Minderanforderungen an IT-Leistungen durch kostenbewusstes Verhalten der Anwender werden nicht belohnt, da durch konstante IT-Kosten (x % vom Umsatz) bei sinkendem Verbrauch der Verrechnungssatz steigt bzw. umgekehrt sinkt. Hieraus ergeben sich Argumentationsprobleme für das IT-Management. Als Konsequenz aus dem Abrechnungsverfahren werden die ITBudgets sowie die Ist-Verrechnungen von den Anwendern weit-
40
2.2
IT-Outsourcing
gehend ignoriert. Ein IT-Anwender, der relativ hohe Kosten verursacht, bezeichnet den IT-Kostenverrechnungsatz deshalb als „Spielgeld“. IT-Investitonsstau
Der Konzern setzt eine mittlerweile in die Jahre gekommene ERP-Software ein (SAP® R/2®), deren Migration auf das Nachfolgeprodukt (SAP® R/3®) nicht mehr lange herauszuzögern ist. Gründe hierfür sind insbesondere der ständige Personalmangel im Rechenzentrum und die fehlende Funktionalität der Anwendungssoftware. Der im Rahmen einer Feasibility-Study vorgesehene Releasewechsel ist als Sukzessivansatz zu führen. Ein Big-Bang wird als zu gefährlich für die Betriebsbereitschaft des Unternehmens eingestuft und verworfen. Daher ist von einer vorübergehenden hohen Mehrbelastung der IT-Ressourcen auszugehen. Ein Anbau oder ein Neubau des Rechenzentrums ist unausweichlich.
IT-Entwicklungsstau
In der Anwendungsentwicklung sind die Personalressourcen weitgehend erschöpft. Das Personal wird überwiegend (>80 %) mit Wartungsarbeiten des ERP-Systems und weiterer Individualsoftware beschäftigt. Die wenigen Neuentwicklungen betreffen vor allem Webanwendungen. Die Zahl der angefangenen Projekte steigt. Viele Projekte werden nicht termingerecht fertig, so dass zahlreiche Mitarbeiter in mehreren Projekten arbeiten. Für viele Aufgaben werden externe Mitarbeiter eingesetzt, so dass in vielen Fällen IT-Know-how verloren geht bzw. bereits verloren gegangen ist. Fachabteilungen haben – teils aus Resignation – Eigenentwicklungen mit Hilfe von Excel-Makros und weiteren PC-Tools für produktive, teilweise lebenswichtige Applikationen, erstellt. Die IT-Abteilung ist über diese Eigenentwicklungen unzureichend informiert. An Neuentwicklungsprojekte oder die Einführung von SAP® R/3® ist mit den vorhandenen Ressourcen nicht zu denken.
Bildungsstau und Arbeitsüberlastung
Der Kostendruck hat zu einem nachhaltigen Rückgang von Schulungsmaßnahmen geführt, sowohl in der IT-Abteilung als auch bei den Mitarbeitern in den Fachbereichen. Anwenderfehler, die auf mangelnde Schulung zurückzuführen sind, häufen sich. Notwendige Wartungsarbeiten, die auf Fehlbedienungen zurückzuführen sind, binden weitere Kapazitäten in der IT-Abteilung.
41
2
Grundlagen und zentrale Begriffe Der hohe Wartungsanteil und die fehlende Weiterbildung haben zu hoher Unzufriedenheit bei den IT-Mitarbeitern und auch bei IT-Schlüsselmitarbeitern in den Fachabteilungen geführt. Einzelne Personen werden überproportional beansprucht. Insbesondere Periodenabschlüsse und andere Spitzenzeiten führen zu Nacht- und Wochenendarbeit vieler Mitarbeiter. Die Zahl der Kündigungen wichtiger Personen steigt ständig an. Lücken schließen externe Berater zu höheren Kosten. Mehrere wichtige Schlüsselmitarbeiter mit R/2®-Know-how möchten gerne in die „neue R/3®-Welt“ wechseln, um neue Chancen und Perspektiven zu erhalten.
Aufgabenstellung Entwerfen Sie eine Strategie zur Lösung der geschilderten Probleme des Unternehmens.
Lösungsvorschlag Leitgedanken
42
Ein neu eingestellter CIO erhält die Aufgabe, die UnternehmensIT zu restrukturieren. Er übernimmt die Verantwortung für die effiziente Unterstützung der Geschäftsprozesse mit der Informations- und Kommunikationstechnik. Nach der Ist-Analyse entscheidet er, ab wann die IT erfolgreich für das Unternehmen arbeiten kann. Individualinteressen einzelner Bereiche, Führungskräfte oder Personengruppen haben sich diesem Ziel unterzuordnen. Die Unternehmens-IT setzt folgende Ziele: x
Sie vereinfacht und beschleunigt die Geschäftsprozesse des Unternehmens in geeigneter Form.
x
Führungskräfte erhalten für Ihre Tätigkeit die notwendigen Informationen zur richtigen Zeit (Frühwarninformationen vorher, Analysen der Vergangenheit zeitnah) und am richtigen Ort (im Büro, zu Hause, unterwegs, in Meetings).
x
Endanwender werden schriftlich über Qualität und Kosten der IT befragt.
x
Die IT wird mit Drittanbietern (Benchmark) verglichen, ob sie kostengünstig arbeitet und marktfähige Leistungen erbringt.
2.2
Ziele
Lösungsansatz: IT-Outsourcing
IT-Outsourcing
x
Sie nutzt standardisierte kostengünstige Komponenten (z. B. Standardsoftware) und passt die IT-Lösungen flexibel an sich verändernde Anforderungen des Unternehmens an.
x
Die IT leistet einen quantifizierbaren Beitrag zur Wertsteigung des Gesamtunternehmens.
x
Die IT bietet qualifizierten Mitarbeitern ein interessantes Tätigkeitsfeld mit Entwicklungschancen.
Die Ziele sind durch IT-relevante Kennzahlen messbar zu dokumentieren: x
Benutzerzufriedenheit,
x
die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und Berufsbild,
x
IT-Kosten und -Rentabilitätsvergleiche zu den besten Wettbewerbern und zum Branchendurchschnitt sind regelmäßig zu diskutieren,
x
die Höhe der Fluktuation im IT-Bereich ist sorgfältig zu beobachten,
x
die Anteile qualifizierter Spontan- und Direktbewerbungen sind auszuwerten,
x
der Anteil Neuentwicklungen und Wartung,
x
der Anteil Standardkomponenten und Eigenentwicklung.
Der CIO überzeugt den Vorstand davon, dass die skizzierten Probleme des Unternehmens sich durch ein vollständiges Outsourcing aller IT-Aktivitäten lösen lassen. Voraussetzung ist, dass sich fast alle IT-Aktivitäten auslagern lassen. Lediglich seine Funktion und einige unterstützende Mitarbeiter verbleiben im Unternehmen. Er entwirft ein Anforderungsprofil für einen ITDienstleister mit folgenden Hauptanforderungen: x
Solide finanzielle Basis des Anbieters, z. B. als Konzerntochter,
x
Referenzkunden mit guten Erfahrungen in vergleichbarer Größenordnung,
43
2
Grundlagen und zentrale Begriffe
Aufgabenteilung im OutsourcingModell
44
x
Kapazitätsausgleichendes Outsourcingmodell, das sich an den Kapazitätsschwankungen des Auftraggebers orientiert,
x
Attraktiver Arbeitgeber für das (zu übernehmende) IT-Personal, um Probleme beim Personaltransfer zu minimieren, verbunden mit der Option der vollständigen Übernahme des vorhandenen IT-Personals,
x
Erfahrung und nachweisbare Kompetenz für die vom Unternehmen benötigten IT-Dienstleistungen (z. B. Einführung und Betrieb von SAP® R/3®-Software),
x
Flexible Vertragsgestaltungen für einen evtl. Wechsel der Plattformen, Technologien und Kapazitäten während der Vertragslaufzeit,
x
Rückführungsoption für den Fall strategischer Neuorientierungen, falls das eigene Unternehmen in vorhandene Konzernstrukturen des Übernahmeunternehmens eingebunden wird,
x
Transparente Vertragsgestaltung, die auch für Nicht-Juristen verständlich ist, auf der Grundlage eines partnerschaftlichen Vertragsverhältnisses, orientiert am Prinzip der gegenseitigen Nutzenstiftung,
x
Übernahme von IT-Leistungen auch am Standort des Auftraggebers, wie Ist-Analysen vorhandener Geschäftsprozesse im Rahmen der SAP®-R/3®-Einführung, Installation einer Kern-Entwicklungsmannschaft beim Auftraggeber für Störfälle,
x
Transparentes Abrechnungsverfahren mit Kostengliederung auf Benutzerebene.
Auf der Basis des Anforderungskataloges wird ein Anbieter ausgewählt. Die durch Großrechner geprägte IT-Infrastruktur des Unternehmens wird unter Nutzung der SAP®-R/3®-Software in ein Client/Server-basiertes Architekturmodell migriert. Der ITDienstleister führt das Migrationsprojekt „R/2® nach R/3®“ mit eigenen und vom Auftraggeber übernommenen Ressourcen durch. Der IT-Dienstleister betreibt nach der Migration mehrere SAP®-R/3®-Server, die durch eine Firewall von der Außenwelt abgeschirmt sind. Das SAP®-R/2®-System wird abgeschaltet. Die Aufgabenteilung zwischen dem IT-Dienstleister und dem Auf-
2.2
IT-Outsourcing
traggeber ist grob umrissen wie folgt geregelt (vgl. Abbildung 15): IT-Dienstleister
Auftraggeber
IT-Strategie x Beratung des Auftraggebers
IT-Strategie x Strategische Planung der ITInfrastruktur x Initiierung von IT-Projekten x Auswahl von Standardsoftware
RZ-Services x Betrieb von SAP® R/3® x Betrieb der Datenbanksysteme, des Netzwerkes und der Mail- und Internetserver
RZ-Services x Keine
IT-Benutzerservice x Beschaffung und Wartung von IT-Arbeitsplätzen x Technische Anwenderberatung Anwendungssoftware x Entwicklung von Individualsoftware x Customizing von Standardsoftware x Entwicklung von Schnittstellen und Add Ons x Technische Dokumentation x Wartung (Releasewechsel, Fehlerbeseitigung, Weiterentwicklung)
x IT-Benutzerservice x fachliche Anwenderberatung
Anwendungssoftware x Projektleitung und -durchführung x Endanwenderdokumentation x Endanwenderschulung
Abbildung 15: Aufgabenteilung im Outsourcingmodell
45
3 3.1
IT-Offshore-Strukturen IT-Offshore-Varianten In der Praxis haben sich zahlreiche IT-Offshore-Varianten ausgeprägt. Typische Organisationsformen der Offshore-Softwareentwicklung sind: Onsite, Onsite-Offshore, Onsite-OnshoreOffshore, Nearshore, Reines Offshore, Captive Center (vgl. Kolisch/Veghes-Ruff, 2005, S. 919ff.).
3.1.1
Onsite Bei der Onsite-Software-Entwicklung werden die Mitarbeiter des Offshore-Unternehmens direkt am Standort, meist in den Geschäftsräumen des Auftraggebers, tätig. In diesem Fall handelt es sich um klassisches „Body-Leasing“, wenn nur einzelne Mitarbeiter bereitgestellt werden oder Fremdbeschaffung von ITDienstleistungen wenn z.B. ein vollständiges Projektteam bereitgestellt wird. Der Unterschied zur „normalen“ Fremdbeschaffung liegt eher in der Art des Auftragnehmens, der aus einem „Offshore-Land“ stammt.
3.1.2
Onsite-Offshore Bei der Onsite-Offshore Software-Entwicklung arbeiten Mitarbeiter des Offshore-Anbieters zum Teil vor Ort beim Kunden im Auftraggeberland. Sie führen insbesondere die fachliche Analyse des Problems durch und erstellen mit dem Kunden die Sollkonzeption. Idealerweise handelt es sich um Mitarbeiter, die aus dem gleichen Kulturkreis wie der Kunde stammen oder entsprechende Erfahrungen vorweisen können. Hierdurch werden die Kommunikationswege beim Kunden verkürzt und Missverständnisse können schnell beseitigt werden.
47
3
IT-Offshore-Strukturen Am Offshore-Standort werden die reinen Entwicklungstätigkeiten (Programmierung, Test, Dokumentation) durchgeführt. Allerdings sinkt der potentielle Kostenvorteil mit dem Grad der Vor-Ort-Aktivitäten im Auftraggeberland. Ein typischer Anwendungsfall des Onsite-Offshore-Modells ist in Winkler (2004) dokumentiert. Der in diesem Beitrag beschriebene Offshoring-Anbieter bietet unter dem Namen „Dual-Shore“ ein vergleichbares Lösungsmodell an.
3.1.3
Onsite-Onshore-Offshore Das Konzept der Onsite-Onshore-Offshore-Software-Entwicklung entspricht weitgehend dem der Onsite-Software-Entwicklung. Bei der Onsite-Onshore-Offshore-Software-Entwicklung werden zusätzliche technische Arbeiten an den Standort des Kunden verlagert. Hierfür bieten sich z.B. Tests und Abnahmen der entwickelten Software an, die gemeinsam im Dialog mit dem Auftraggeber durchgeführt werden.
3.1.4
Reines Offshore Das klassische Modell “Reine Offshore-Software-Entwicklung” sieht vor, dass sämtliche Arbeiten beim Offshore-Anbieter durchgeführt werden. Wegen der großen geografischen Distanz, den damit verbundenen Kommunikationsproblemen und den größeren kulturellen Unterschieden besteht bei diesem Modell die größte Gefahr des Scheiterns.
3.1.5
Nearshore Unter Nearshore-Software-Entwicklung wird die Durchführung der Projekte in Ländern verstanden, die zum gleichen Kulturkreis zählen und relativ schnell zu erreichen sind. Inhaltlich entspricht das Konzept dem „reinen Offshore-Modell“, d.h. sämtliche Arbeiten werden beim Offshore- bzw. in diesem Fall beim NearshoreAnbieter durchgeführt.
48
3.1
IT-Offshore-Varianten
Die Abbildung 12 dokumentiert schematisch die beschriebenen Varianten. Kategorie Kategorie
Auftraggeber Auftraggeber
Onsite
FachKonzept
OnsiteOffshore
FachKonzept
OnsiteOnshoreOffshore
FachKonzept
ITKonzept
ITKonzept
SW-Entwicklung
SW-Entwicklung
Test/ Abnahme
Test/ Abnahme
Reines Offshore/ Nearshore
Offshore-Dienstleister Offshore-Dienstleister
Betrieb
ITKonzept
SW-Entwicklung
Test/ Abnahme
Betrieb
ITKonzept
SW-Entwicklung
Test/ Abnahme
Betrieb
Betrieb
FachKonzept
Abbildung 16: Varianten der Offshore-Software-Entwicklung
3.1.6
Captive Center Das Captive Center ist ein Offshore-Entwicklungszentrum des Auftraggebers (!) am Offshore Standort. Diese Variante wird oft von großen Firmen praktiziert um die Vorteile des Offshore (insb. niedrige Lohnkosten) zu nutzen, ohne deren Nachteile (insb. Know-how-Wegfall) in Kauf zu nehmen. Im Grunde genommen handelt es sich lediglich um eine Verlagerung der Softwareentwicklung in ein Niedriglohnland. Ein Sonderfall dieses Modells ist der Abschluss eines Vertrages zwischen dem Auftraggeber und einem Offshore-Anbieter am Offshore-Standort, der Leistungen im vergleichbaren Umfang zusichert. Dies kann z.B. die Bereitstellung geeigneter Personalressourcen (z.B. Entwickler) oder sonstiger Ressourcen (Hardware, Softwarelizenzen) sein.
49
3
IT-Offshore-Strukturen
3.2
Wirkungen auf den Arbeitsmarkt 3.2.1
Ausgewählte Untersuchungen und Analysen Nicht nur aus Deutschland werden IT-Arbeitsplätze verlagert. Auch die USA und Großbritannien verlagern viele Arbeitsplätze in der IT-Industrie in Niedriglohnländer, vorzugsweise wegen der fehlenden Sprachbarriere nach Irland, Indien, Israel und Kanada (Ruiz Ben/Claus, 2004, S. 37). Die Messung des Umfangs von IT-Offshore-Dienstleistungen ist schwierig, da nur wenige Daten direkt aus offiziellen Statistiken entnommen werden können. Die USA gelten im Allgemeinen als bedeutendster Nachfrage, Indien als größter Anbieter von ITOffshore-Dienstleistungen (Deutsche Bank Research, 2006, S. 58). Im Jahr 2004 kam eine Studie von Forrester Research zu dem Ergebnis, dass in der BRD bis 2015 rund 1,1 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen (vgl. Boes/Schwemmle, 2004, S. 115). Allweyer et al. (2004) kamen in der Studie von Deutsche Bank Research dagegen zu dem Ergebnis, dass wesentlich weniger Arbeitsplätze verloren gehen. Als Grund werden steigende Produktivität der deutschen Wirtschaft und Exporte in OffshoreRegionen angeführt. Aus Sicht des Arbeitsmarktes gehen jüngere Untersuchungen ebenfalls von moderaten Auswirkungen aus. Die Deutsche Bank und BITKOM erwarten nach den Ergebnissen ihrer neuesten Offshoring-Studie nur einen geringen Abbau von Arbeitsplätzen im Inland. Fast ein Drittel der befragten Unternehmen erwartet sogar einen Personalaufbau von 5 % oder mehr im Inland (vgl. Abbildung 17).
50
PKO=
táêâìåÖÉå=~ìÑ=ÇÉå=^êÄÉáíëã~êâí=
= =
9,30% 9,30%
weiß= nicht
=
11,70%
Rückgang >10%
3,70%
=
= bis Rückgang >5 10%
21,60% 6,80%
=
17,30%
Rückgang= <5%
Veränderung geplant für die nächsten 5 Jahre Veränderung seit Offshoreentscheidung
23,50%
= 17,30%
= unverändert
40,70%
= 6,80% 5,60%
Anstieg =<=5%
=
16,00%
Anstieg <5%
10,50%
= =
0,00%
10,00%
20,00%
30,00%
40,00%
50,00%
= ^ÄÄáäÇìåÖ=NTW=táÉ=ÜçÅÜ=ëÅÜ®íòÉå=páÉ=ÇáÉ=_ÉëÅÜ®ÑíáÖìåÖë~ìëïáêJ âìåÖÉå=îçå=lÑÑëÜçêáåÖ=ÄÉá=ÉáåÉã=íóéáëÅÜÉå=hìåJ ÇÉå=áÜêÉë=råíÉêåÉÜãÉåë=Éáå\=EaÉìíëÅÜÉ=_~åâ=oÉJ ëÉ~êÅÜI=OMMRI=pK=NPF= = ^ääÉêÇáåÖë=ÖáÄí=Éë=~ìÅÜ=å~ãÜ~ÑíÉ=^ìíçêÉå=ÄòïK=píìÇáÉåI=ÇáÉ=îçå= ÇÉìíäáÅÜ= Ü∏ÜÉêÉå= _Éä~ëíìåÖÉå= ÑΩê= ÇÉå= ^êÄÉáíëã~êâí= ~ìëÖÉÜÉåK= pÉÜê= âêáíáëÅÜ= ìêíÉáäí= Ç~ë= _Éê~íìåÖëÜ~ìë= cçêêÉëíÉê= oÉëÉ~êÅÜ= EîÖäK= cêáÉÇêáÅÜI= OMMRÄFK= _áë= OMNR= ëçääÉå= áå= aÉìíëÅÜä~åÇ= Éíï~= NQMKMMM= ^êÄÉáíëéä®íòÉ= ïÉÖÑ~ääÉåK= aáÉ= pÅÜ®íòìåÖÉå= ÑΩê= tÉëíÉìêçé~= ïÉêJ ÇÉå= ãáí= = NIO= jáääáçåÉå= ^êÄÉáíëéä®íòÉå= ÄÉòáÑÑÉêíI= ÇáÉ= Äáë= OMNR= áå= lÑÑëÜçêÉJi®åÇÉê=~Äï~åÇÉêå=ïÉêÇÉåK=fã=sÉêÖäÉáÅÜ=ãáí=pÅÜ®íòìåJ ÖÉå= ÑΩê= ÇáÉ= rp^= Ñ~ääÉå= ÇáÉëÉ= ^åÖ~ÄÉå= åçÅÜ= êÉä~íáî= ÄÉëÅÜÉáÇÉå= ~ìëK= bíï~= PIP= jáääáçåÉå= ^êÄÉáíëéä®íòÉ= ëçääÉå= Ççêí= áã= ÖäÉáÅÜÉå= wÉáíê~ìã=ïÉÖÑ~ääÉåK=aáÉ=dêΩåÇÉ=ÑΩê=ÇáÉ=ÇÉìíëÅÜÉ=wìêΩÅâÜ~äíìåÖ= ïÉêÇÉå=ïáÉ=ÑçäÖí=ÄÉòáÑÑÉêíW== =
•
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=
3
IT-Offshore-Strukturen x x x
3.2.2
traditionell hohe Bindung des Personals an das Unternehmen, hoher Einfluss der Gewerkschaften, strenge gesetzliche Vorgaben.
Wirtschaftspolitische Bedeutung Das Thema IT-Offshore hat mittlerweile eine sehr hohe wirtschaftspolitische Bedeutung erlangt. Wurden in früheren Jahren überwiegend niedrig qualifizierte Arbeitsplätze in das Ausland verlagert, bedeutet IT-Offshore erstmalig den Verlust hochwertiger Wertschöpfung und die dauerhafte Verlagerung hoch- und höchstqualifizierter Tätigkeiten (z.B. Softwareingenieure) in andere Länder. Zunehmend verbreitet sich in Untersuchungen die Erkenntnis, dass das Phänomen „IT-Offshoring“ nicht nur auf ITArbeitsplätze (z. B. Softwareentwickler) beschränkt bleibt, sondern sich alle Beschäftigten in „Hochlohnländern“ auf Veränderungen einstellen müssen (vgl. Boes/Kämpf, 2006, S. 277). Die hierbei konzipierten Geschäftsmodelle sind durchaus kreativ. Mertens beschreibt z. B. das interessante Szenario der method park Software AG, die ursprünglich aus der Universität ErlangenNürnberg ausgegründet wurde. Ein in Deutschland ausgebildeter Diplom-Informatiker konnte durch ein „Joint Venture“ mit einem indischen Unternehmen, angeregt durch einen Indienbesuch des bayrischen Ministerpräsidenten Stoiber, eine günstige Mischkalkulation aus deutschen und indischen Personalkosten generieren (vgl. Mertens, 2004, S. 255). Die hohe Relevanz des Themas schlägt sich auch in den einschlägigen Fachzeitschriften nieder. So trägt das Editorial des Heftes 1 / 2005 der Zeitschrift „Informatik Spektrum“, d.h. der Mitgliederzeitschrift der Gesellschaft für Informatik e. V. den Titel „Wer gewinnt durch Offshoring?“ und bearbeitet die Problematik mit mehreren Beiträgen im Heft (Bode, 2005, S. 1). Diskutiert werden vor allem Fragen der Auswirkungen von Offshoring auf die Wirtschaft und den IT-Arbeitsmarkt.
52
3.3
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore
Die Volkswirte Clement und Natrop kommen zu dem Schluss, dass aufgrund der positiven Effekte auf den Arbeitsmarkt der Prozess zunehmender Offshoring-Aktivitäten nicht durch protektionistische Maßnahmen gestoppt werden sollte (vgl. Clement/Natrop, 2004, S. 527). Die zunehmende Globalisierung erfordert diesen Vorgang. Ohne die mit Offshoring verbundenen Arbeitsplatzverlagerungen wären noch größere Arbeitsplatzverluste zu befürchten. Der Informatiker Endres kommt in seinem Beitrag „Sind Outsourcing und Offshoring die neuen Heilmittel bei InformatikProblemen?“ ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Abschottung der Märkte kein sinnvolles Mittel ist. Er hält „… patriotische Werbekampagnen (im Sinne von „Wir kaufen nur hessische oder bayrische Software!“) …“ nicht für geeignet (Endres, 2004, S. 549). Zumindest aber wird Offshoring unabhängig von allgemeinen volkswirtschaftlichen Überlegungen eine senkende Wirkung auf das Gehaltsniveau für IT-Arbeitskräfte in Deutschland haben. Die Spitzengehälter für IT-Profis der späten 1990er Jahre sind nicht mehr erreichbar (vgl. Knop, 2004).
3.3
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore 3.3.1
Hoher Kostendruck als Hauptmotiv Wie ernst die Kostenthematik für auslagernde Unternehmen ist, kann sehr deutlich am Beispiel des deutschen Mobilfunkunternehmens T-Mobile analysiert werden. Der Kostendruck im Telekommunikationsmarkt wirkt sich auch auf den bisher boomenden Mobilfunkmarkt aus. In einer ersten Outsourcing-Phase der T-Mobile wurden zahlreiche spezialisierte IT-Arbeitsplätze an ortsansässige, meist im direkten Umfeld der Bonner Zentrale angesiedelten, Unternehmen vergeben. Im März 2005 wurden öffentlich Informationen bekannt, nachdem etwa 700 dieser bereits ausgelagerten Arbeitsplätze „nach Russland ausgelagert“ werden, um die anfallenden Kosten auf 25 % des aktuellen Betrages zu reduzieren (vgl. Elbern, 2005, S. 21). Diese Maßnahme 53
3
IT-Offshore-Strukturen ist Bestandteil eines Kostensenkungsprogramms (safe for growth/Sparen für Wachstum), mit der das Unternehmen bis Ende 2006 eine Milliarde Euro einsparen möchte. Das Beispiel T-Mobile zeigt sehr deutlich, dass der Kostenfaktor eine besonders wichtige Betrachtung erfordert, denn das Unternehmen gehört aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu den erfolgreichen Firmen.
3.3.2
Chancen Die Erwartungen der auslagernden Unternehmen an OffshoreProjekte sind sehr vielschichtig, obwohl in der Öffentlichkeit meist nur der vermeintliche oder tatsächliche Kostenvorteil durch das geringere Lohnniveau in den Auslagerungsländern diskutiert wird. In der Praxis werden aus Sicht der auslagernden Unternehmen vier wesentliche Gründe für den Trend zum Offshore angegeben (vgl. Amberg 2005): 1. 2.
3. 4. 5.
Kostenreduktion: Nutzung des Lohngefälles zwischen Europa und Niedriglohnländern wie Indien, China u.a. Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes bzw. der eingesetzten Mitarbeiterzahl: Ausgleich von Marktschwankungen Qualitätsverbesserung: Nutzung des Know-hows spezialisierter Anbieter Reduzierung der time-to-market, d.h. Beschleunigung des Produktentwicklungsprozesses Weitere Kriterien (geringere Anforderungen an Datensicherheit, geringere behördliche Auflagen und Vorschriften)
Die genannten Erwartungen an Offshore- bzw. OutsourcingMaßnahmen werden von zahlreichen Studien und Umfragen belegt, vgl. z.B. die Ergebnisse der Online-Umfrage der Firma Mummert Consulting unter 460 Fach- und Führungskräften verschiedener Branchen (vgl. Abbildung 18).
54
3.3
Andere
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore
3
Neue Produkte/Services anbieten
14,5
Modernisierung IT
19,7
Senkung Kapitalkosten
22,7
Risikoverlagerung auf Outsourcing-Anbieter
27,1
Kostentransparenz erlangen/erhöhen
39,4 40,1
Best Practice erzielen Service verbessern
40,9
Prozesse verbessern
46,5
Flexibilität erhöhen
48
Kostensenkung
54,3 0
10
20
30
40
50
60
Abbildung 18: Umfrage von Mummert Consulting zu den Erwartungen an Outsourcing, Mehrfachnennungen möglich (Reinking/Bereszweski, 2004)
1. Kostenreduktion In Deutschland machen die Lohnkosten noch einen erheblichen Anteil an den Softwareerstellungskosten aus. In den zahlreich veröffentlichten Untersuchungen werden unterschiedliche Anteile genannt. Als typisch gilt z. B. die Angabe von 42 % Lohnkosten und 17 % Softwarekosten (Lizenzen, Wartungsgebühren an Hersteller) der Meta Group (vgl. Meta Group Deutschland, 2004, S. 53). Die Unternehmen versprechen sind durch Offshore insbesondere Einsparungen im Bereich der Personalkosten, denn eine Verlagerung der Aktivitäten in externe inländische Unternehmen erscheint wegen der gleichen Lohnkostenhöhe und Produktivität weniger sinnvoll (vgl. Endres, 2004, S. 548). Die erhofften und teilweise realisierten Einspareffekte des Offshore-Outsourcing sind sehr hoch, allerdings werden auch große Anteile hiervon durch den erhöhten Koordinations- und Steuerungsaufwand aufgezehrt. Eine Studie von CFO-Research geht von 10 % bis 30 % Einsparpotenzialen in der pharmazeutischen Industrie aus (vgl. Oehler, 2006a). Noch höhere Einsparpotenzia55
3
IT-Offshore-Strukturen le werden von Dressler (2005) für stark standardisierbare transaktionsorientierte Prozesse, wie z.B. Buchhaltung vermutet (vgl. Abbildung 19. Materialbuchhaltung
80%
Anlagenbuchhaltung
80% 80%
Hauptbuchhaltung 75%
Externes Berichtswesen
90%
Debitorenbuchhaltung
95%
Kreditorenbuchhaltung 5%
Kosten-, Erlös- und Varianzanalysen Management Reporting
20%
Preisanalysen
20%
Budgetierung
10%
Planning/Forecasting
10%
Steuern
Buchhalterische Aufgaben
Strategische Aufgaben
15%
Internal Audit Treasury
5%
Strategische Planung
5% 0%
Controllingaufgaben
10%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Abbildung 19: Einsparpotenziale in Rechnungswesenprozessen (Dressler 2005)
2. Flexibilisierung Für die Entwicklung und den Betrieb von Software wird spezielles Personal benötigt. Das Personal muss sich permanent weiterbilden und steht daher nicht uneingeschränkt für produktive Einsätze bereit. Unternehmen versprechen sich von OffshoreProjekten einen flexiblen Zugriff auf ausreichend qualifiziertes Personal ohne Kapazitätsbeschränkungen. Insbesondere der Offshore-Standort Indien mit seiner hohen Anzahl von Arbeitskräften untermauert diese Zielsetzung in den Augen der auslagernden Unternehmen.
3. Qualitätsverbesserung Die auslagernden Unternehmen erhoffen sich durch das Offshore, dass die spezialisierten Anbieter die zu erbringenden Leistungen auf einem höheren Qualitätsniveau anbieten können. Hier56
3.3
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore
durch wären die Unternehmen dann in der Lage, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
4. Verkürzungen der time-to-market Offshore-Projekte können die Dauer der Entwicklungstätigkeit und damit auch die time-to-market, also die Zeit von der Produktidee bis zur Vermarktung, verkürzen. Da die OffshoreAnbieter über eine hohe Anzahl von Arbeitskräften verfügen, kann versucht werden, durch Verteilung der Entwicklungstätigkeiten auf mehrere Personen die Durchlaufzeit zu verkürzen. Die Ausnutzung verschiedener Zeitzonen kann dazu genutzt werden, Arbeitsprozesse deutlich zu beschleunigen. Beispiel:
Übergabe von Arbeitsaufträgen um 17.00 Uhr in Europa an ein Offshore-Unternehmen, für das zu dieser Zeit der nächste Arbeitstag beginnt. Die Übernahme der fertigen Arbeitsergebnisse erfolgt am nächsten Morgen in Europa durch den Auftraggeber.
Allerdings steigt hierdurch der Aufwand für Koordination und Projektmanagement drastisch an und kann die Nutzeffekte deutlich reduzieren oder im schlimmsten Fall vollständig aufzehren.
5. Weitere Aspekte Eine Untersuchung der Meta Group (vgl. Vogel, 2005, S. 15) hat gezeigt, dass auch Aspekte der Datensicherheit, Räumliche Distanz, Behördliche Vorschriften, Erfahrung im Umgang mit Offshoreanbietern von hoher Bedeutung für das Management sind.
57
3
IT-Offshore-Strukturen
Was den IT-Managern wichtig ist
Unterschiedliche Zertifizierungs-Level zw. Anbieter und Anwender Behördliche (grenzüberschreitende) Vorschriften Nicht relevant Räumliche Distanzschwierigkeiten bei Haftungsfragen
Teilweise relevant Neutral Nachteil
Geringe Erfahrung im Umgang mit OffshoreAnbietern
sehr starker Nachteil
Datensicherheit Anteil in % 0
5
10
15
20
25
30
35
40
Abbildung 20: Entscheidungskriterien für das IT-Management (vgl. Vogel, 2005, S. 15)
3.3.3
Risiken Den auslagernden Unternehmen sind die Risiken der Verlagerung durchaus bewusst. Eine Onlineumfrage der Mummert Consulting unter 460 Fach- und Führungskräften zeigt, dass die Problematik der zunehmenden Abhängigkeit vom OutsourcingDienstleister und der Verlust an Know-how und Kontrolle durchaus ernst genommen wird (vgl. Abbildung 21).
58
3.3
Verlust der Wettbewerbsvorteile
12,5
Höhere Kosten
12,5
Mangelnde Abdeckung/Prozesse/Services
12,5
Datenschutz
12,5
Einschränkung der Flexibilität
12,5
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore
37,5
Kontrollverlust
62,5
Know-how Verlust
75
Abhängigkeit 0
10
20
30
40
50
60
70
80
Abbildung 21: Online-Umfrage von Mummert Consulting: Befürchtungen bei einem Offshore-Outsourcing, Mehrfachnennungen möglich (Reinking/Bereszewski, 2004)
1. Abhängigkeit Insbesondere die drohende Abhängigkeit hält noch viele Unternehmen von Offshoreprojekten ab. Sind die Prozesse erst einmal ausgelagert, das eigene Personal zum Dienstleister transferiert oder freigesetzt, fehlt im auslagernden Unternehmen das Knowhow die Qualität der Leistungserbringung des Dienstleisters zu managen.
2. Störungen der Lieferkette Noch weitgehend unerforscht sind die negativen Wirkungen der Komplexität durch die unterbrochene Lieferkette. „Outsourcing stört die Lieferkette“ meldete das IT-Magazin CIO am 14.04.2006 (CIO 2006h) treffend. Die Zeitschrift bezieht sich in ihrer Meldung auf eine Untersuchung des Beratungsunternehmens McKinsey. Dieses hatte herausgefunden, dass die wachsende Zahl von Outsourcing-Projekten den Fluss kritischer Informationen unterbricht. Der Zugang zu kritischen Unternehmensdaten (Qualität 59
3
IT-Offshore-Strukturen der Erzeugnisse, Lagervorräte und Produktionsleistung) wird durch die Auslagerung von Teilprozessschritten einer Lieferkette immer schwieriger, zuweilen auch fast unmöglich, wenn Dienstleister den Zugang zu Detailinformationen verweigern. Diese Situation wirkt sich gleichermaßen auf die Auskunftsfähigkeit in Richtung öffentlicher Stellen aus, um Auskunftspflichten der Steuerbehörden oder nach dem Sarbanes-Oxley-Act nachzukommen.
3. Umstellungskosten Die Umstellungskosten der internen Geschäftsprozesse werden von vielen Unternehmen unterschätzt, obwohl das Thema oft diskutiert wird. Beim ersten Offshore-Projekt muss mit hohen Investitionskosten gerechnet werden, die bei isolierter Betrachtung zu einem negativen internen Zinsfuss führen. Ein wesentlicher Aspekt sind die langen Vertragsverhandlungen, die bereits vor dem Projektstart zu hohen Kosten führen. Zu den Verhandlungen reisen oft mehrköpfige Delegationen von bis zu 15 Personen aus Indien an (vgl. Vogel, 2005, S. 15), deren Teilnehmer sich aktiv in die Vertragsverhandlungen einbinden möchten. Bei Offshore-Projekten stehen nach Erfahrungen aus der Praxis hohen Anbahnungskosten niedrigere Wartungs- und Betriebskosten gegenüber (vgl. Cramer-Schliefke, 2004 und Abbildung 22). Die erhöhten Kosten betreffen vor allem den Management-Aufwand zur Pflege der Geschäftsbeziehungen mit dem Offshore-Partner sowie dem Projektmanagementaufwand zur Koordination der operativen Arbeitsgruppen bzw. Projektteams. Aus den vorgenannten Gründen gehen zahlreiche OffshorePraktiker davon aus, dass IT-Offshore-Projekte erst ab einer Größenordnung von etwa 300 Mitarbeitern (Gesamtbelegschaft des Unternehmens) wirtschaftlich sinnvoll sind. Bei kleineren Unternehmen ist der Aufwand für die Vorbereitung und Steuerung des Offshoreprojektes zu groß (vgl. o. V., 2006c, S. 194)
60
3.3
EinsparPotenzial
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore
Einmalige Kosten der Initialisierung
Durchschnittliche Kosten der Initialisierung Kosten für das Management (Steuerung der Beziehungen zum Offshore-Partner) Kosten für die Koordination von Onshore- und OffshoreAktivitäten (Koordination der Projektgruppen/-Teams)
Kosten für Offshore-Partner
OnshoreKosten
OffshoreKosten
Abbildung 22: Kalkulation von Offshore-Projekten (vgl. CramerSchliefke, 2004, Folie 6 (Darstellung modifiziert).
3.3.4
Modellrechnung (Nutzwertanalyse) IT-Outsourcing-Entscheidungen sind als Investitionsentscheidungen sorgfältig vorzubereiten. Häufig bedient man sich einer detaillierten Wirtschaftlichkeitsanalyse und einer ergänzenden Nutzwertanalyse, um die entscheidungsrelevanten Daten aufzubereiten. Die wichtigsten Kriterien für die Erstellung einer Wirtschaftlichkeitsanalyse mit Hilfe der Kapitalwertmethode sind in Abbildung 23 aufgeführt. Wichtige Hauptkriterien der Nutzwertanalyse sind: x x x x x x
Beitrag zur Unternehmens-Strategie, Finanzieller Beitrag zum Unternehmens-Erfolg, Personelle Auswirkungen, Flexibilität der eingesetzten Informationstechnik, Rechtliche und vertragliche Auswirkungen, Auswirkungen auf operativen Geschäftsbetrieb.
61
3
IT-Offshore-Strukturen A) Investitionen Kosten des Vorprojektes (Entscheidungsvorbereitung) Personalkosten (IT- und Fachabteilung) Beratung (incl. Rechtsberatung) Sonstige Kosten Kosten des Transferprojektes Personalkosten (IT- und Fachabteilung) Beratung (incl. Rechtsberatung) Sonstige Kosten Wirkung der Eigentumsübertragung Netto-Verkaufserlöse (Hardware, Grundstücke, Gebäude etc.) Sonstige Netto-Verkaufserlöse Abfindungen Personal Wegfall der bisherigen Personalkosten (RZ etc.) B) Laufende Betriebskosten Fixe und variable Outsourcing-Gebühren Sonstige Betriebskosten C) Wirkungen des Offshore-Outsourcing-Vorhabens Direkte Wirkungen im Rechenzentrum Personalkostenreduzierung Leitungs- und Betriebspersonal Wegfall Raumkosten (Miete, Versicherung, Pacht) Wegfall Sonstige Kosten Indirekte Kostenreduktionen (in anderen Bereichen) Geringere Störungen von operativen Prozessen Schnellerer Wiederanlauf nach Störungen Schnellere Inbetriebnahme neuer Releases Erlöse aus Pönalen (SLA-Überschreitungen) Abbildung 23: Kriterien zur IT-Outsourcing-Kapitalwertberechnung
62
3.3
Wirtschaftlichkeit von IT-Offshore
Abbildung 24 zeigt ein Zahlenbeispiel für die Entscheidungsalternativen 100 % Insourcing (kein Offshoring), 100 % OffshoreOutsourcing und selektives Offshoring, bei dem nur ausgewählte Teile der Unternehmens-IT ausgelagert werden. Die Nutzwertanalyse geht von einer besonders hohen Gewichtung der beiden ersten Kriterien (Strategie und Finanzen) mit jeweils 40 % aus, während die übrigen Kriterien nur mit geringer Wirkung einbezogen werden.
Modellrechnung einer Nutzwertanalyse für IT-Offhore-Projekte (Nachfragersicht) Entscheidungsalternativen Gewichtung
Entscheidungskriterien Beitrag zur Unternehmens-Strategie Konzentration auf eigenes Kerngeschäft Abhängigkeit Qualität der Leistungserbringung (Know how) Bedarfsabhängige Leistungsinanspruchnahme Entscheidungsumkehr (möglich?)
Gruppe 0,40
0,20 0,20 0,20 0,20 0,20
0,50 0,20 0,10 0,10 0,10
0,80 0,16 0,64 0,64 0,16 2,40
8 8 6 6 8
0,64 0,64 0,48 0,48 0,64 2,88
2 8 2 2 2
0,40 0,64 0,08 0,08 0,08 1,28
8 4 10 8 6
1,60 0,32 0,40 0,32 0,24 2,88
6 6 8 6 4
1,20 0,48 0,32 0,24 0,16 2,40
10 2 0
0,25 0,03 0,00 0,28
8 8 10
0,20 0,12 0,10 0,42
8 6 6
0,20 0,09 0,06 0,35
4 8
0,16 0,08 0,24
8 2
0,32 0,02 0,34
6 4
0,24 0,04 0,28
10 10
0,35 0,15 0,50
2 8
0,07 0,12 0,19
6 8
0,21 0,12 0,33
10 10
0,25 0,25 0,50 4,60
6 6
0,15 0,15 0,30 6,11
4 6
0,10 0,15 0,25 6,14
1,00
0,50 0,30 0,20 1,00 0,05
0,80 0,20 1,00
Summe:
Rechtliche und vertragliche Auswirkungen Bindung an Alternative / Vertragslaufzeit Datenschutz und Datensicherheit
10 2 8 8 2
0,05
Summe:
Flexibilität der eingesetzten Informationstechnik Nutzung aktueller Technologien Externe Zwänge (z.B. gemeinsame Mandanten)
0,00 0,80 0,32 0,16 0,80 2,08
0,40
Summe:
Personelle Auswirkungen Flexibler Personaleinsatz Personalqualifikation Realisierung Personaltransfer (IT-Personal)
Selektives Offshoring gewichteter Nutzwert
Teilnutzen
0 10 4 2 10
1,00
Summe:
Finanzieller Beitrag zum Unternehmens-Erfolg Wirtschaftlichkeit (Kapitalwert) Wahrscheinlichkeit des Kapitalwertes Kosten- und Leistungstransparenz Flexibilität der Kostenstruktur (var./fixe Kosten) Indirekte Kosten ("Hey Joe"-Effekte)
100% Insourcing 100% Offshoring gewichteter gewichteter Kriterium Teilnutzen Nutzwert Teilnutzen Nutzwert
0,05
0,70 0,30 1,00
Summe:
Auswirkungen auf operativen Geschäftsbetrieb Schnittellen (organisatorisch, technisch) Kontrollmöglichkeiten (Personal, Daten) Summe:
0,05
0,50 0,50 1,00
1,00
Gesamt-Summe:
Legende: Teilnutzen: [0, …, 10] (nicht erfüllt … voll erfüllt)
Abbildung 24: Nutzwertanalyse zum IT-Offshore-Outsourcing aus Nachfragersicht
63
3
IT-Offshore-Strukturen
3.4
Ausgewählte Offshore-Zielländer 3.4.1
Überblick Offshore-Zielländer sind insbesondere in Asien sowie Osteuropa zu identifizieren. Daneben werden auch Länder wie Kanada, Irland und Israel genannt. Die Abbildung 25 listet die Jahresumsätze und Anzahl der Beschäftigten in den wichtigsten OffshoreZielländern auf.
Land
Beschäftigte
Jahresumsatz Mrd€
Indien
212000
6,05
Irland
60000
3,07
China
42000
1,34
Kanada
30000
1,68
Israel
15000
0,721
Zentral- und Osteuropa
9000
0,214
Russland
8000
0,229
Philippinen
5000
0,136
Mexiko, Malaysia, Lateinamerika
4000
0,107
Abbildung 25: Offshore nach Regionen (Vogel, 2005, S. 16)
Eine Untersuchung des Beratungshauses Cap Gemini hat ergeben, dass insbesondere die neuen EU-Länder Polen, Ungarn und Tschechien sehr gute Rahmenbedingungen für IT-OffshoreAktivitäten bieten (vgl. Friedrich, 2005a). Obwohl diese Länder nicht die attraktiven Lohnkostenniveaus der asiatischen „Konkurrenten“ bieten können, werden ihnen gute Chancen zugerechnet. Insbesondere werden Ländern wie Ungarn oder Polen günstige rechtliche Rahmenbedingungen (Steuerrecht, Arbeitsrecht, Datenschutz) zugeordnet. Osteuropäische Staaten gewinnen seit der Osterweiterung der Europäischen Union (EU) an Attraktivität, da ihre Vorteile räumliche Nähe bei gleichzeitig niedrigen Lohnkosten von hoher Bedeutung sind. Die Auflistung in Abbildung 26 zeigt eine Analyse des Beratungshauses A. T. Kearney. 64
3.4
Ausgewählte Offshore-Zielländer
Rangposition Land
Wert
Rangposition Land
Wert
1. Indien
7,12
10. Polen
5,33
2. China
5,61
11. Ungarn
5,29
3. Malaysia
5,59
12. Neuseeland
5,21
4. Tschechische Republik
5,58
13. Thailand
5,20
5. Singapur
5,46
14. Mexiko
5,12
6. Philippinen
5,45
15. Argentinien
5,07
7. Brasilien
5,44
16. Costa-Rica
5,06
8. Kanada
5,42
17. Südafrika
4,98
9. Chile
5,37
18. Australien
4,82
Abbildung 26: Offshore-Bewertung 2004 (Pützstück (2004) auf der Grundlage von Kearny (2004)
3.4.2
Bulgarien Bulgarien gehört mit knapp 8 Millionen Einwohnern zu den kleineren Offshore-Ländern. Dies reduziert das Potenzial an geeigneten Arbeitskräften in der IT-Branche. Bulgarien kann etwa 20.000 Personen (2004) vorweisen, was 14 % der IT-Spezialisten in Osteuropa ausmacht (vgl. BASSCOM, 2006). Allerdings sprechen das hohe Bildungsniveau, die niedrige Inflation und der feste Wechselkurs positiv für Bulgarien, zumal für 2007 der EUBeitritt geplant ist. Die Absolventenquote (Anzahl graduierter Hochschulabsolventen in Bezug auf die Einwohnerzahl) liegt in Bulgarien mit 4,1 % jedoch niedriger, als im europäischen Durchschnitt (5,1 %) (Deutsche Bank Research, 2006, S. 8). Für 2010 ist der Wechsel auf den EURO vorgesehen. Deutsch und Französisch sind weit verbreitete Sprachen, was aus deutscher Sicht vorteilhaft ist.
65
3
IT-Offshore-Strukturen
11,0%
8,0%
4,5% 3,0%
Die Slow akei
Bulgarien
Rum änien
Serbien
Abbildung 27: Durchschnittliche Jahresinflation in Osteuropa (Quelle: Economist Intellience Unit, EUROSTAT, zitiert nach BASSCOM, 2006)
Trotz der geringen Kapazitäten belegt Bulgarien den 2. Platz in Zentral- und Osteuropa und den 15. Platz in der Welt unter 40 „outsourcing destinations“ (vgl. Abbildung 28).
66
3.4
Ausgewählte Offshore-Zielländer
Rumänien
24
Polen
18
Slowakei
16
Bulgarien
15 11
USA Tschechien
7 1
Indien 0
5
10
15
20
25
30
Abbildung 28: Weltweite Rangfolge der Outsourcing-Länder (Quelle: A.T. Kearney Global Services Location Index 2005, zitiert nach BASSCOM, 2006)
SAP-Labs, Sofia Als Indiz für das hohe qualitative Potenzial des Landes spricht, dass die SAP AG in 2000 in Sofia ein innovatives Entwicklungslabor eingerichtet hat, das mittlerweile mehrere hundert Software-Ingenieure beschäftigt. Das SAP-Labor arbeitet an der Entwicklung von Komponenten für den „SAP NetWeaver“, eine zentrale Basistechnologie, die für fast alle SAP-Produkte benötigt wird (vgl. SAP 2006). Weitere Investionen wurden von der SAP AG an anderen Standorten in erheblicher Höhe angedeutet (vgl. o. V. 2006j). BASSCOM Um den weiteren Erfolg zu unterstützen, hat die bulgarische Softwareindustrie den Verband BASSCOM (www.basscom.org) als zentralen Ansprechpartner benannt. Die Ziele der über 30 Mitglieder von BASSCOM sind u.a. (vgl. BASSCOM, 2006): x Einführung und Verbreitung neuester Softwaretechnologien, Projektmanagementtools und Qualitätsstandards, x Innovationsförderung und Förderung von F&E, 67
3
IT-Offshore-Strukturen x x x x
3.4.3
Förderung der IT-Ausbildung, Internationalisierung der bulgarischen Softwareindustrie und Kooperationsförderung, IT-Awareness: Verbreitung von IKT-Technologien in Bulgarien, Förderung der Deutsch-Bulgarischen Kooperation in der Softwareindustrie.
China China wird nach Indien als wachsender IT-Offshore-Standort genannt. Vorteilhaft ist das duale Steuersystem des Landes, das insbesondere ausländische Investoren begünstigt. Die enormen Investitionen haben zu einem Boom im Bildungsbereich geführt. Die Zahl der Hochschulabsolventen steigt ständig an. Die chinesische Regierung bemüht sich zudem, Chinesen mit Auslandserfahrung und geeigneten Kenntnissen in das Land zurückzuholen. Die kulturelle Distanz zu europäischen Ländern erschwert die Kommunikation, allerdings bemühen sich bereits einige europäische Länder, die chinesische Hochsprache Mandarin in die Ausbildungsprogramme zu integrieren.
3.4.4
Indien Indien gilt in Deutschland als Synonym des IT-OffshoreStandortes. In Indien wird schätzungsweise 44 % des globalen IT-Offshorevolumens bei einem Gesamtvolumen von 44 Milliarden US$ abgewickelt (vgl. o. V. 2006e). Die Bevölkerungsentwicklung in Indien ist von einem enormen Wachstum gekennzeichnet. So hat sich die Bevölkerung zwischen 2001 und 2005 um fast 100 Mio. Menschen, mehr als die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, erhöht (vgl. Abbildung 29). 30 % der Bevölkerung sprechen Englisch.
68
3.4
1,2
Ausgewählte Offshore-Zielländer
1,1 1,03
1 0,85 0,8 0,6 0,4
Bevölkerungsentwicklung in Indien (in Mrd. Menschen)
0,24 0,2 0 1901
1951
2001
2005
Abbildung 29: Bevölkerungsentwicklung Indien (Handelsblatt, 12.04.2006, S. 13)
Die Untersuchung von Deutsche Bank Research und BITKOM hat ergeben, dass IT-Anbieter bei Offshoreprojekten zu 83 % in Indien Dienstleistungen erbringen. Weitere 8 % haben in Indien Projekte geplant (Deutsche Bank Research, 2005, S. 17). Nach einer Studie der TU München lagen in 2005 29 % der ITOffshoreaktivitäten in Osteuropa, 46 % in Indien und China (vgl. o. V. 2006f). Bereits die Hälfte der indischen Angestellten von Software- und IT-Serviceanbietern arbeiten für ausländische Firmen. Die Anzahl der Mitarbeiter steigt beständig (vgl. Abbildung 30)
69
3
IT-Offshore-Strukturen
Anzahl IT-Beschäftigte in Indien (in Tausend) 800 700
600
BPO Software und Services
500 400 300
200 100 0 2002
2003
2004
2005
Abbildung 30: Entwicklung der Beschäftigten in Softwarehäusern und IT-Serviceunternehmen (o. V. 2006f)
Allerdings gibt es erste Anzeichen dafür, dass Indien seine Vormachtstellung als wichtigster IT-Offshore-Standort verliert. Typisch hierfür ist die Aussage des Vorstandschefs der SAP AG, Henning Kagermann: „Indien wird langsam teuer“ (vgl. Griebnitz/ Klusmann, 2006, S. 4). Das weltweit führende Softwareunternehmen plant nur noch eine begrenzte Zahl an Mitarbeitern einzustellen und sich dann nach anderen Offshorestandorten umzusehen. Ein weiteres Indiz für den sinkenden Einfluss von Indien ist die nicht mit dem Boom mithaltende allgemeine Infrastruktur. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldete am 07.01.2006 (o. V. 2006g), dass ein Standardzimmer ohne Zuschlag in der indischen Computermetropole Bangalore bereits 400 Dollar (ohne Frühstück) kostet. Damit verbunden ist die permanente Überbuchung der Hotels, was die Unternehmen bereits zum Bau von eigenen Gästehäusern „motiviert“ hat. Die verkehrstechnische Infrastruk70
3.4
Ausgewählte Offshore-Zielländer
tur ist in einem miserablen Zustand (fehlende U-Bahn, unzureichendes Wasser/Abwassernetz u.a.m.). Noch schwerer wiegen Sicherheitsprobleme, die Polizei hat bereits eine Verstärkung des Schutzes für Bio- und IT-Unternehmen angekündigt.
3.4.5
Irland (Republik Irland) Irland gilt als Pionierstandort für Call-Center-Arbeitsplätze innerhalb Europas. Zahlreiche der führenden internationalen Unternehmen haben dort Niederlassungen eröffnet. Die Vorteile des Landes sind sehr niedrige Steuersätze, sehr gute IT- und sonstige Infrastruktur und die hohe kulturelle Nähe zu Europa und in die USA. Eine Untersuchung der Deutschen Bank Research (2006, S. 1) weist z. B. gegenüber dem klassischen ITOffshore-Land Indien einen komparativen Vorteil im Hinblick auf den Anteil der Exporte von EDV- und Informationsdienstleistungen am Gesamtexport aus (etwa 20 %). Die steigende Nachfrage hat allerdings schon zu Engpässen auf dem Arbeitsmarkt geführt, was teilweise durch ausländische Arbeitskräfte ausgeglichen wird.
3.4.6
Nordirland Nordirland ebenfalls eine günstige Kostenstruktur und hohe Ausbildungsstandards verbunden mit geringen kulturellen und sprachlichen Barrieren. Traditionell wird Nordirland von USamerikanischen Firmen als Nearshore-Standort in Betracht gezogen. Als Beispiel lässt sich das Unternehmen Northbrook Technologies anführen, das 2004 ein Supportcenter für die Softwareentwicklung des amerikanischen Marktes aufbaute und heute 1300 Mitarbeiter in Nordirland beschäftigt. Die SAP AG investiert ebenfalls in diesen Standort in ein gemeinsames Forschungszentrum mit der University of Ulster zur Erforschung von Anwendungsmöglichkeiten für GRID-Technologien (o. V. 2006e).
71
3
IT-Offshore-Strukturen
3.4.7
Rumänien Rumänien hat etwa 23 Millionen Einwohner, eine moderne Infrastruktur und ein hohes Bildungsniveau. Die Hauptstadt Bukarest zählt etwa 2,5 Millionen Einwohner. Französisch, Englisch und Deutsch sind weit verbreitete Sprachen. Universitäten gibt es in der Hauptstadt und weiteren Städten. Der 280 Mitglieder umfassende Verband der Elektronik- und ITIndustrie ARIES (association of electronics and software companies of Romania, http://www.aries.ro) verfolgt das Ziel, die Rumänische IT- und Elektronikindustrie zu fördern und den Offshore-Standort zu stärken (vgl. ARIES, 2006).
3.4.8
Russland und Ukraine Russland hat ebenso wie die Ukraine einen sehr guten Ruf in der Softwareentwicklung, was zum Beispiel auch durch weit verbreitete Zertifizierungen der Anbieter nach dem Capability Maturity Modell (CMM) dokumentiert wird. Allerdings besteht teilweise noch ein Nachholbedarf hinsichtlich der allgemeinen Infrastruktur (vgl. Krick/Voß, 2005, s. 40).
3.4.9
Tschechien Die Republik Tschechien wird zunehmend als NearshoreZielland genannt. In der Umfrage unter 22 Unternehmen von Amberg/Wiener (2004, S. 26) wird es im Hinblick auf Osteuropa am häufigsten als Zielland genannt und steht damit im Gesamtbild unmittelbar hinter Indien (vgl. Abbildung 31).
72
3.5
Polen
3
Philippinen
3
Ungarn
3
Ukraine
3
IT-Dienstleister
Anzahl Nennungen (N=22) 4
Russland Weißrussland
5
Slowakei
5
China
5 7
Tschechien
14
Indien 0
2
4
6
8
10
12
14
16
Abbildung 31: Umfrage unter 22 Unternehmen bezüglich Offshore-/Nearshoreerfahrungen (Amberg/Wiener, 2004, S. 26) Fremdsprachen sind in Tschechien relativ weit verbreitet. Neben Englisch und Deutsch sind in dem 10 Millionen-Einwohner-Land die Sprachen Italienisch, Französisch und Spanisch anzutreffen. Etwa 10 % der Bevölkerung wohnt in der Landeshauptstadt Prag.
3.5
IT-Dienstleister 3.5.1
Ziele aus Sicht europäischer IT-Dienstleister Eine Ende 2004 vom Beratungsunternehmen Berlicon (vgl. o. V. 2005a, S. 15) hat untersucht, ob Offshore-Angebote aus Sicht der etablierten IT-Dienstleister als Bedrohung empfunden werden. Befragt wurden 160 Anbieter mit mehr als 20 Mitarbeitern. Nicht wenige der befragten Unternehmen sehen sich einem starken Preisdruck gegenüber gestellt. Nur fünf Prozent rechnen mit 73
3
IT-Offshore-Strukturen steigenden Tagessätzen, 74 Prozent mit konstanten Sätzen und 21 Prozent befürchten sinkende Honorare. Obwohl angesichts der öffentlichen Diskussion zu erwarten ist, dass die IT-Dienstleister von einer Bedrohung ihrer Existenz ausgehen, sind nur weniger als 20 Prozent der Firmen der Meinung, dass Offshore eine für sie ernsthafte Konkurrenz darstellt. Ein Grund für diese vergleichsweise optimistische Einstellung kann darin liegen, dass viele der befragten Unternehmen Tätigkeitsfelder abdecken, bei denen Offshore-Anbieter keine nennenswerten Preisvorteile bieten können (z.B. Softwareintegration, Business Process Management).
3.5.2
Vertragstypen Üblicherweise sind bei Offshore-Projekten die Vertragstypen „Festpreis“ und „Time&Material“ anzutreffen. Bei dem häufiger zum Zuge kommenden Festpreisauftrag wird zu Beginn des Projektes eine Phase zur Bestimmung des voraussichtlichen Aufwands vorgeschaltet, die im Detail möglichst viele Kostentreiber bestimmt. Beim Vertragstyp „Time&Material“ werden die Auftraggeber nach einer im Vergleich zum Festpreisvertrag gröberen Analyse die entstandenen Aufwendungen belastet. Tendenziell dürften Auftraggeber eher zu Festpreisaufträgen tendieren, da Kostenziele meist im Vordergrund der Motivation für Offshore-Projekte stehen. Allerdings ist zu befürchten, dass nicht vertraglich vereinbarte Leistungen in solchen Fällen zu zusätzlichen Kosten für den Auftraggeber führen. Zentrale Inhalte der Vertragsgestaltung sind die folgenden Punkte:
74
x
Kooperations- / Werkvertrag,
x
Urheberrechte,
x
Quellrechte,
3.5
3.5.3
x
Nutzungsrechte,
x
Ausfuhrbestimmungen,
x
SLA’s.
IT-Dienstleister
Ausgewählte indische Dienstleister Vor allem indische IT-Dienstleister verstärken ihre Bemühungen um höhere Marktanteile in Europa, insbesondere in Deutschland, da dieser Markt als besonders lukrativ gilt (vgl. Glober, 2005). Zurzeit sind in Indien vier große IT-Dienstleister mit ähnlichen Geschäftsmodellen aktiv, die in Europa ihre Leistungen vermarkten (vgl. Rüdiger, 2006, S. 37 ff.: x x x x
Tata Consultancy Services (TCS), Wipro Technologies, Infosys, Satyam Computer Services.
Gemeinsam ist den Unternehmen, dass sie einen großen Teil ihres vergleichsweise jungen Personals in Indien beschäftigen. Der Bildungsgrad ist hoch, meist verfügen die Mitarbeiter über Universitätsabschlüsse und sprechen Englisch. Das intensive geschäftliche Wirken in Deutschland bringt es mit sich, dass auch zunehmend Deutschkenntnisse durch die Unternehmen vermittelt werden. Ein nach Aussage mehrerer Chief Information Officer aufkommendes Problem ist die steigende Fluktuation unter den indischen Mitarbeitern der Dienstleister. Dieses Problem versuchen große Anbieter mit Unteraufträgen zu lösen, bei denen Arbeitskräfte aus anderen Regionen bzw. Ländern eingebunden werden. Hierdurch steigen bei den indischen Offshoreanbietern die Koordinations- und Verwaltungskosten an, was den Preisvorteil des Landes schmälert.
75
3
IT-Offshore-Strukturen Tata Consultancy Services (TCS) TCS ist der größte IT-Offshoreanbieter in Indien (vgl. Rüdiger, 2006, S. 37) und Indiens ältestes Konglomerat (vgl. Handelsblatt, 2006, S. 8), das u.a. im Stahl-, Chemie, Energie-, Automobil- und Hotelbereich aktiv ist. Es ist nach eigenen Angaben in 34 Ländern auf 6 Kontinenten aktiv. Sieben der 10 Fortune Top Unternehmen gehören zum Kundenkreis (vgl. www.tcs.com) von TCS. Das Unternehmen beschäftigt 54.000 Mitarbeiter und erwartet für 2005 einen Umsatz von mehr als 3 Mrd. Dollar, nach 2,24 Mrd. Dollar ein Jahr zuvor (vgl. Rüdiger, 2006, S. 37).
Infosys Infosys gilt als eines der Vorzeigeunternehmen des „Neuen Indiens“, das 1999 noch 100 Mill. Dollar Jahresumsatz zu verzeichnen hatte (vgl. Handelsblatt, 2006, S. 8). Mittlerweile ist Infosys nach TCS der zweitgrößte Offshoreanbieter in Indien. Die Anzahl der Mitarbeiter liegt mit 46.500 Personen etwa auf gleichem Niveau. Der Umsatz liegt mit erwarteten 2, 5 Mrd. Dollar jedoch unter dem TCS-Niveau. Allerdings beträgt die Nettogewinnmarge stolze 27 % (vgl. Handelsblatt 2006, S. 8). In Deutschland bedient Infosys mit ca. 400 Mitarbeitern vor Ort 19 Kunden (vgl. Rüdiger, 2006, S. 37). Die Kunden sind überwiegend große Unternehmen. Für das Geschäftsjahr 2006/07 rechnet das Unternehmen mit einer Umsatzsteigerung von 29 bis 31 Prozent und einem Gewinnzuwachs per Aktie in Höhe von 26 bis 28 Prozent. Indiens zweitgrößter Software-Exporteur beschäftigt derzeit knapp 53 000 Mitarbeiter, rund 16 000 mehr als noch ein Jahr zuvor (2006i)..
Wipro Technologies Die Anzahl der bei Wipro tätigen Mitarbeiter liegt mit etwa 45.000 Personen auf gleicher Höhe mit den bereits genannten Wettbewerbern. Der Umsatz liegt 2005 bei etwa 1,8 Mrd. Dollar (vgl. Rüdiger, 2006, S. 38). Die Geschäftsfelder sind Consulting, IT-Services, IT-Product-Design und BPO (vgl. www.wipro.com). 76
3.5
IT-Dienstleister
Das Unternehmen betreibt mehrere Niederlassungen in Deutschland, z.B. in Frankfurt und ein Entwicklungszentrum in Kiel.
Satyam Satyam ist mit 23.000 Mitarbeitern und 1,1 Mrd. Umsatz in 2005 der kleinste der IT-Offshoreanbieter. Die deutsche Niederlassung in Wiesbaden beschäftigt 20 Mitarbeiter sowie 200 Kundenbetreuer, die vor Ort in Projekten in Deutschland tätig sind (vgl. Rüdiger, 2006, S. 38). Das Angebot umfasst klassische Outsourcing und BPO-Projekte und neuerdings auch höherwertige Dienstleistungsangebote im Sinne eines KPO (Knowledge Process Outsourcing). Unter diesen Begriff können die von Wipro angebotenen Analysen im Finanzsektor gefasst werden (vgl. Hackmann, 2006a, S. 40).
77
4 4.1
IT-Offshore - Entscheidungsprozess
Auslagerungsfähige Prozesse 4.1.1
Überblick Nicht nur IT-Dienstleistungen sind Gegenstand von Offshorevorhaben. Eine Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey zeigt, dass neben der IT zahlreiche weitere Aufgabenbereiche ins Ausland verlagert werden: Call-Center, Marktforschung, Finanzen, Human Ressources, Forschung und Entwicklung (vgl. Lasar, 2006, S. 37). Der jüngste Report von Deutsche Bank Research (2006, S. 12) berichtet von indischen Radiologen, die für amerikanische Krankenhäuser Röntgenbilder analysieren und interpretieren. Ein weiteres Beispiel für eine „unerwartete“ Offshoreleistung ist die ebenfalls dort erwähnte Rechtsberatung (Legal Process Outsourcing). Der IT-Sektor wurde von einer Untersuchung der BITKOM/Deutschen Bank näher betrachtet. Demnach sind vor allem Prozesse der Anwendungsentwicklung Gegenstand von Offshore-Projekten (vgl. Abbildung 32). Neben der Anwendungsentwicklung kommen vor allem die Bereiche Wartung, Datenerfassung und User Help Desk in Betracht.
79
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess
RZ-Betrieb
Web Hosting
Server Hosting
Applikation Hosting
Datenerfassung/Archivierung
User Help Desk
Appl. Management
Wartung
Anwendungsentwicklung
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
bisher geplant 2005 später geplant
Abbildung 32: Eignung von IT&TK-Prozessen für Offshoring (Deutsche Bank Research, 2005)
4.1.2
Auslagerung von Softwareentwicklungsprozessen Die hohen Potenziale der Auslagerung der Anwendungsentwicklung werden darin begründet, dass diese Tätigkeit sehr personalintensiv ist und Lohnkostenvorteile entsprechend hoch wirken. Zu unterscheiden sind nach Laabs (2004) verschiedene Formen der Verlagerung: x x
80
Reines Bodyleasing, Vergabe von vollständigen Teilprojekten und
4.2 x
Entscheidungsprozess
Vergabe von vollständigen Entwicklungs- oder Wartungsaufträgen einschließlich Projektmanagement.
Mertens et al. (2005, S. 28) nennen folgende Merkmale für Offshore- bzw. Nearshore-geeignete Softwareprojekte: x
Hoher Anteil der Arbeitskosten,
x
Eindeutig spezifizierte Anforderungen, wenig Spielräume,
x
Sich wiederholende Tätigkeiten,
x
Regelbasiert Entscheidungsfindung und Problemlösung,
x
Dokumentierte oder leicht erklärbare Aufgaben und Prozesswissen,
x
Leichte Aufteilung der Aufgaben, geringe Interaktivität zwischen Dienstleistungen,
x
Elektronisch über das Internet abzuwickeln,
x
Softwareprodukt mit lang erwarteter Nutzungszeit (Amortisation der Offshore-Einrichtungskosten),
x
Geringe bis mittlere Bedeutung für das Unternehmen,
x
Nicht interdisziplinär.
Weniger gut geeignet sind daher Projekte, die nicht aus der Distanz heraus abgewickelt werden können oder deren fachliche Aufgabenstellung nicht exakt formulierbar ist. Zudem sprechen Sicherheitsaspekte gegen eine Auslagerung, d.h. Kernprozesse eines Unternehmens sind weniger gut Offshore bzw. Nearshoregeeignet.
4.2
Entscheidungsprozess 4.2.1
Überblick IT-Outsourcing-Entscheidungen sind langfristig wirksame Investitionsentscheidungen und damit unternehmerische Aufgaben. Ein portfoliogestützter Entscheidungsprozess vollzieht sich in drei 81
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess Stufen, die den Grad der Auslagerung und die Entfernung der Realisierungspartner einbeziehen (vgl. Abbildung 33).
Offshore vs. Nearshore
Step 3
Internal vs. External Outsourcing
Step 2
(Shared Service Center vs. Service Provider)
Make or Buy Step 1
(Insourcing vs. Outsourcing)
Abbildung 33: IT-Offshore-Entscheidungsprozess
Stufe 1: Make or Buy In der ersten Stufe wird geklärt, ob Outsourcing – in welcher individuellen Ausprägung auch immer - berücksichtigt wird oder ob die Eigenentwicklung bzw. der Eigenbetrieb favorisiert wird. Die Entscheidungskriterien hierfür sind im Wesentlichen: x Individualität der Aufgabenstellung im Hinblick auf Unternehmensziele und Kernprozesse sowie die x Strategische Bedeutung der IT-Lösung im Hinblick auf Unternehmensziele und Kernprozesse.
Stufe 2: Internes oder externes Outsourcing In der zweiten Stufe wird geklärt, ob externe Partner (klassisches Outsourcing) zum Zuge kommen, oder ob eine interne Lösung gewählt wird (Shared Service Center). Eine interne Lösung über Shared Service Center bietet sich insbesondere an, wenn Prozesstypen mehrfach im Unternehmen in verschiedenen Geschäftsbereichen anfallen. Die hierfür in Frage kommenden Entscheidungskriterien sind:
82
4.2 x
x
Entscheidungsprozess
Strategische Bedeutung und Nähe des Prozesses zum Kerngeschäft (Kernprozess, Führungsprozess, Unterstützungsprozess und Einheitlichkeit der unternehmensinternen Anforderungen.
Stufe 3: Nearshore versus Offshore-Outsourcing In der letzten Stufe wird die Frage geklärt, ob weit entfernte Realisierungspartner (Offshore) oder Partner in näher gelegenen Regionen (Nearshore oder Inland) berücksichtigt werden. Die hierfür genutzten Entscheidungskriterien sind: x Interaktionsbedarf während der Software-Erstellung und Änderungshäufigkeit und x Unternehmensgröße im Hinblick auf Mitarbeiter, Arbeitsvolumen und Komplexität des Geschäftes.
4.2.2
Stufe 1: Make or Buy (Insourcing vs. Outsourcing) Buy-Strategie (Outsourcing): Bei geringer Bedeutung der ITLösungsansätze für die Unternehmensziele und Kernprozesse bietet sich eine klassische „Buy-Strategie“ an, also Outsourcing der IT-Entwicklung bzw. des IT-Betriebs. Typische Beispiele für das klassische Outsourcing sind Standardanwendungssoftware für die Buchhaltung, Lagerwirtschaft oder IT-Arbeitsplätze, der Betrieb eines kompletten Rechenzentrums oder die Administration von Servern. Make-Strategie: Beim Betrieb wenig standardisierter IT-Produkte und IT-Leistungen ist die strategische Bedeutung hoch, wenn wichtige Kernprozesse des Unternehmens betroffen sind und es sich um vorwiegend unternehmensindividuelle Aufgabenstellungen handelt. Typisch dafür sind die Entwicklung von Informationssystemen für die Produktentwicklung, den Vertrieb und Service oder spezifische Kundeninformationssysteme.
83
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess Die Anwendung der Buy-Strategie bei strategisch relevanten Aufgaben wird von vielen Unternehmen unterstützt, z.B. dem Telekommunikationsanbieter Vodafone. Stattdessen wird vom Head of Strategic Outsourcing vorgeschlagen, das für den Betrieb notwendige Know-how einzukaufen (vgl. Francome, 2006). Mix-Strategie: Sind unterschiedliche interne und externe Ressourcen zu koordinieren, wie z. B. beim Betrieb der kompletten SAP-Anwendungen im Verbund mit Eigenentwicklungen, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Die Schnittstellenproblematik fordert häufig gesonderte Entscheidungen (vgl. Abbildung 34). hoch
Strategische Bedeutung der IT-Lösung im Hinblick auf Unternehmensziele und Kernprozesse
gering
Make-Strategie Entwicklung und Betrieb wenig standardisierbarer IT-Produkte und IT-Leistungen z. B. Informationssystem für Produktentwicklung, Vertrieb und Service, Kundeninformationssystem Mix-Strategie Koordinierter Einsatz interner und externer Ressourcen z.B. Outsourcing von SAP-Anwendungen Eigenbetrieb von Buy-Strategie Individualanwendungen Outsourcing standardisierter IT-Produkte und IT-leistungen z.B. Standardsoftware für Buchhaltung oder Lagerwirtschaft, Benutzerservice IT-Arbeitsplätze, RZ-Betrieb, Serveradministration gering
Individualität der Aufgabenstellung
hoch
im Hinblick auf Unternehmensziele und Kernprozesse
Abbildung 34: Outsourcing-Standardstrategien (Gadatsch/Mayer 2006)
Das Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton hat ein ähnliches Portfolio mit einer Vier-Felder-Matrix entwickelt. Es berücksichtigt ebenfalls die strategische Bedeutung des auszulagernden Bereiches und den Interaktionsbedarf im laufenden Geschäft (vgl. Abbildung 35). Das Modell geht davon aus, dass die Hürden für Offshore höher sind, als beim klassischen Outsourcing, 84
4.2
Entscheidungsprozess
da die größere Entfernung zum Dienstleister und Sprach/Kulturunterschiede Prozesse mit hohem Interaktionsbedarf für Offshore ausschließen.
low Restrukture/ relocate
Offshore
Keep in-house
Outsource
Interaction requirement
high high
low
Strategic relevance Abbildung 35: Entscheidungskriterien für Offshore (Booz Allen Hamilton, vgl. Stimmer/Fritsch, 2004, S. 7)
4.2.3
Stufe 2: Internes oder externes Outsourcing In der zweiten Stufe des Entscheidungsprozesses steht fest, dass Prozesse ausgelagert werden sollen. Dies kann mit externen Partnern oder bei größeren Unternehmen über interne Lösungen, die nach gleichen Prinzipien wie externes Outsourcing strukturiert werden, gelöst werden. Die interne Lösung wird oft auch als Shared Service Center (SSC) bezeichnet. Hinter dem Konzept steht der Gedanke, mehrfach gleich genutzte Leistungen im Konzern / Unternehmen zu bündeln und unter marktgerechten Bedingungen (Leistungsqualität, Preise etc.) anzubieten.
85
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess Externe Provider verlangen meist eine Vertragsbindung von 5-10 Jahren, die für das auslagernde Unternehmen eine geringere Flexibilität mit sich bringt. Interne Dienstleister sind eher im eigenen Sinne zu beeinflussen. Eine Rückverlagerung bei strategischer Neuorientierung oder im Fall des Scheiterns ist leichter möglich. Die zur Klärung der Entscheidung relevanten Kriterien sind: x Wie hoch ist die strategische Bedeutung des Prozess bzw. wie nah ist er am Kerngeschäft des Unternehmens angesiedelt und x wie einheitlich sind die unternehmensinternen Anforderungen, d.h. wie heterogen fallen die Anforderungen der einzelnen Geschäftsbereiche aus? Je näher ein Prozess am Kerngeschäft des Unternehmens angelehnt ist, desto eher ist er ein Kandidat für das interne Outsourcing (SSC). Weniger kritische Prozesse können an externe Provider ausgelagert werden. Sind die Unternehmensbereiche hinsichtlich ihrer Anforderungen sehr heterogen, wird ein SSC-Ansatz keinen Mehrwert liefern können. Im Einzelfall kann ein bereichsspezifisches Outsourcing daher eine Lösung sein. Handelt es sich innerhalb des Konzerns bzw. Unternehmens um heterogene Prozesse mit hoher strategischer Bedeutung, sollte vom Outsourcing-Vorhaben Abstand genommen werden. Bereichsspezifische Lösungen sind zu präferieren.
86
4.2
Entscheidungsprozess
hoch
Strategische Bedeutung und Nähe des Prozesses zum Kerngeschäft
Internes Outsourcing
Bereichsspezifische Lösungen
(Shared Service Center)
(kein Outsourcing)
Externes Outsourcing (Service Provider)
Bereichsspezifisches externes Outsourcing
gering hoch
Einheitlichkeit der Unternehmensinternen Anforderungen
gering
Abbildung 36: Internes oder externes Outsourcing
4.2.4
Stufe 3: Nearshore versus Offshore-Outsourcing Zunehmend stellen sich Unternehmen jedoch nicht mehr die Frage, ob sie Teile ihres IT-Spektrums auslagern, sondern in welcher Form sie dieses Vorhaben durchführen. In diesen Fällen stellt sich das Problem einer Investition in klassische OffshoreStandorte wie Indien oder in Nearshore-Standorte wie Irland, Tschechien oder Russland. Die in Abbildung 37 dargestellte Zuordnung von Auftraggeberländern zu Nearshore-Zielländern wurde einer Untersuchung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg entnommen (vgl. Mertens et al. (2005, S. 5).
87
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess Nearshoring-Ziel
Land der Auftraggeber
Kanada, Mexiko
USA
Polen, Tschechien, Ungarn, Irland; zunehmend auch die Ukraine, Weißrussland, Lettland und Rumänien
Westeuropa, insb. Deutschland
Irland
Großbritannien
China
Japan, Südkorea
Abbildung 37: Nearshoring-Länder und ihre Auftraggeber (Mertens et al., 2005, S. 5)
US-amerikanische Firmen tendieren eher zu Offshorestandorten, die im Vergleich zu Indien eher amerikanischen Gewohnheiten entsprechen, z.B. über ein vergleichbares Schulsystem verfügen. Europäische Firmen haben sich trotz der geringeren Lohnkostenvorteile auf den osteuropäischen Nearshore-Bereich und Irland konzentriert. Die Hauptgründe dafür sind räumliche Nähe und geringere kulturelle Unterschiede im Vergleich zu OffshoreLändern wie Indien. Ein wichtiger Aspekt, der für Irland als Offshorestandort spricht, ist die Fähigkeit Englisch als Muttersprache zu sprechen. In Projekten mit Nicht-Muttersprachlern und der Projektsprache Englisch treten oft Verständigungsprobleme auf, die zum Scheitern des Projektes beitragen können (vgl. hierzu das Fallbeispiel eines Russisch-Norwegischen Projektes in Imsland/Sahay, 2005). Kleinere Unternehmen taten sich in der Vergangenheit generell schwer, Outsourcing bzw. Offshore-Projekte anzugehen (vgl. z. B. Krick/Voß, 2005, S. 37). Offshore-Projekte erfordern einen hohen Vorlauf an Planung und Vorbereitung sowie dauerhaft einen hohen Koordinations- und Managementaufwand. Nearshore-Projekte sind dagegen auch für kleine Projektumfänge bzw. kleinere Unternehmen eine Möglichkeit, die Auslagerung von ITLeistungen durchzuführen. Diese Entwicklung lässt sich für den Bereich der Auslagerung von Softwareentwicklungstätigkeiten wie in Abbildung 38 darge88
4.2
Entscheidungsprozess
stellt, generalisieren. Große Unternehmen bevorzugen bei der externen Entwicklung von Applikationen mit hohem Interaktionsbedarf und häufigen Updates eher Nearshore-Regionen, da relativ schnell auf Entwickler zugegriffen werden kann und der Dialog direkter abläuft. Typische Beispiele sind IT-Entwicklungsprojekte im Bereich der Telekommunikationsbranche. Anwendungen mit eher langfristigem Charakter, z.B. Bank- oder Versicherungsanwendungen, bei denen längere Updatezyklen die Regel sind, können Nearshoreoder Offshore bearbeitet werden. Kleinere Unternehmen setzen generell eher auf Nearshore-Regionen, da sie typischerweise kleinere Projekte, oft im Unterauftrag, abwickeln und schnell auf die Anforderungen ihrer Kunden reagieren müssen. Applikationen mit hohem Interaktionsbedarf werden hier eher im eigenen Haus entwickelt. Nur Applikationen mit geringer Änderungshäufigkeit kommen für Nearshore-Entwicklungen in Frage.
hoch
Interaktionsbedarf während der Software-Erstellung und Änderungshäufigkeit
Noshore
Nearshore
(Eigenentwicklung)
(Externe Entwicklung)
Nearshore (Externe Entwicklung)
Offshore oder Nearshore (Externe Entwicklung)
gering gering
Unternehmensgröße
hoch
im Hinblick auf Mitarbeiter, Arbeitsvolumen und Komplexität
Abbildung 38: Noshore, Nearshore, Offshore – Standardstrategien für Softwareentwicklung
89
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess
4.2.5
Regionale Auswahl Die regionale Auswahl muss unternehmensindividuell erfolgen, da sich die Rahmenbedingungen permanent verändern. Die Abbildung 39 zeigt einige ausgewählte Offshore-Länder im Vergleich zu Russland und Irland als stellvertretende NearshoreLänder. Während Irland durch seine kulturelle Nähe und den zwangsläufig guten Englischkenntnissen hervorsticht, sind in Russland die Kostenvorteile auf gleichem Niveau, wie in typischen Offshore-Regionen.
Indien
Kriterien
Philippinen
China
Russland
Kanada
Irland
Steuerliche Vorteile Verfügbarkeit von relevantem Fachwissen Infrastruktur Ausbildungssystem Kostenvorteile Servicequalität Kultureller Fit
low
Zeitunterschied
medium
Englischkenntnisse
high
Abbildung 39: Standortkriterien für Offshore-Outsourcing nach Ländern (Sure, 2005, s. 273)
4.3
Praxisbeispiel: Nearshore-Workbench Das folgende Praxisbeispiel eines Unternehmens mit mehrjähriger „Nearshore-Erfahrung“ zeigt die hohen Potenziale der Nearshore-Standorte auf. Das Hauptargument des Unternehmens für Nearshore-Standorte ist die räumliche und kulturelle Nähe, höhere Flexibilität und größere Möglichkeit für den interaktiven Dialog mit den Entwicklern.
90
4.3
Praxisbeispiel: Nearshore-Workbench
Das Unternehmen ist in einem sehr dynamischen Markt mit schnellen Releasezyklen tätig. Es betreibt komplexe Internetapplikationen, die permanent zu aktualisieren sind. Es ist deshalb erforderlich, während der Entwicklungsarbeiten einen direkten Dialog mit den beteiligten Softwareentwicklern aufrecht zu erhalten. Für die teilweise Verlagerung der IT-Entwicklungsleistungen wurde das Workbench-Modell in einem Nearshore-Land gewählt. Derzeit hat das Unternehmen über den lokalen Dienstleister über 100 Entwickler am Nearshore-Standort beschäftigt, die ausschließlich für den Auftragnehmer tätig sind. Um eine möglichst hohe Personalqualität sicherzustellen, erfolgt die Personalauswahl einschließlich der Einstellungsgespräche direkt durch den Auftraggeber. Die Fluktuation des Personals ist relativ hoch. Die Entwickler sind im Durchschnitt nur zwei Jahre für den Dienstleister tätig, danach streben sie oft in feste Verträge. Die Englischkenntnisse der Mitarbeiter sind nicht so gut, wie erhofft, aber für die Projektarbeit brauchbar. Einige Mitarbeiter können Deutschkenntnisse vorweisen. Die Ausbildung der Mitarbeiter wird als gut, aber nicht exzellent bezeichnet. Wegen der stark ausgeschöpften personellen Kapazitäten bietet der Nearshore-Dienstleister teilweise Personal aus entfernten Regionen und angrenzenden Ländern an. Allerdings ist dieses Personal qualitativ nicht gleichwertig. Deshalb wird der gewählte NearshoreStandort auch nicht als Dauerlösung angesehen, zumal die Lohnkosten und Nebenkosten bereits deutlich ansteigen. Entwicklungsarbeiten Das Unternehmen hat nur die reine Entwicklungstätigkeit von nicht geschäftskritischen Internet-Applikationen einschließlich der Modultests ausgelagert. Der Integrationstest und IT-Betrieb erfolgt durch eigene Mitarbeiter. Wirtschaftlichkeit und Qualität Die Lohnkosten sind niedrig. Derzeit liegen die Entwicklerkosten nach Abzug von eigenen Overheadaufwendungen und dem internen Koordinationsaufwand bei etwa 1:3 bis 1:4. Allerdings ist die Qualität der erbrachten Leistungen auch deutlich geringer. 91
4
IT-Offshore - Entscheidungsprozess Das Unternehmen reduziert deshalb in einigen Bereichen das Nearshorevolumen, obwohl weitergehende Planungen vorgesehen waren. Geschäftskritische Kernprozesse werden auf keinen Fall außerhalb des Unternehmens bearbeitet. Erwartungen und Wirklichkeit Die hohen Erwartungen der Unternehmensleitung wurden durch Medienberichte und Veröffentlichungen der letzten Zeit noch verstärkt. Das Unternehmen hatte ursprünglich mit 70 % Einsparungen nach Abzug von Overhead- und Koordinationskosten gerechnet. Es liegt derzeit noch bei 50 % Einsparungen, was noch als ein guter Wert gilt. Wegen der steigenden Lohnkosten rechnet das Unternehmen mit deutlich geringeren Kostenvorteilen in den nächsten drei Jahren. Höhere Kosten verursacht beispielsweise der lange Parallelbetrieb, wenn bereits im Betrieb genutzte Applikationen von Deutschland in das Nearshore-Land verlagert werden. Der tatsächliche Zeitaufwand für den Parallelbetrieb liegt mit 3 Monaten doppelt so hoch, wie ursprünglich vorgesehen. Stimmung im Unternehmen Sehr große Probleme hat das Unternehmen mit der Akzeptanz der Nearshoreprojekte bei den eigenen Mitarbeitern, auch bei Führungskräften inner- und außerhalb des IT-Bereiches.
92
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
5.1
Einsatz von Standard-Phasenmodellen? Standard-Phasenmodelle für IT-Offshore-Projekte wurden bisher nicht veröffentlicht. Zahlreiche IT-Offshore-Anbieter setzen bei ihren Projekten daher traditionelle Konzepte der Softwareentwicklung wie z.B. das Wasserfallmodell ein, die sich jedoch wegen der besonderen Anforderungen als nicht tauglich erweisen. Sie gehen insbesondere von der Fiktion aus, dass der Kunde einmalig eine Spezifikation erstellt, die anschließend vom Offshoreanbieter umgesetzt wird. Typische IT-Outsourcing-Projekte werden wie in Abbildung 40 dargestellt durchgeführt. Derartige Modelle berücksichtigen jedoch nicht die Besonderheiten von IT-Offshore-Projekten.
Ausschreibung
• Leistungen • Prozesse • Personal • Kosten • Nutzwertanalyse • StärkenSchwächenAnalyse
Make or Buy Entscheidung
• Definition der KernKompetenzen • Selektion der Leistungen und Prozesse für ein Outsourcing
Ausschreibung
• Erstellung eines Sollprofils und Lastenheftes • Ausschreibung relevanter Dienstleister
Abgleich
• Bewertung • Auswahl • LOI
Vertrag
• Definition der Aufgaben und Verantwortlichkeiten • Vertragsentwicklung und Ratifizierung
Abbildung 40: Phasenmodell für Outsourcing-Projekte (Rusch, 2006, S. 15)
93
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
5.2
Grundformen der Projektgestaltung 5.2.1
In Sequence Beim Modell „In Sequence“ handelt es sich um die Übergabe eines einmal durchzuführenden Projektes an den Auftraggeber. Der Auftraggeber erstellt nach dem Vertragsabschluss eine Spezifikation der Anforderungen, die der Auftragnehmer umsetzt (sequentielle Abarbeitung). Während der Projektbearbeitung gibt es keine bzw. nur wenig Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (vgl. Trepper, 2004, S. 57 in Anlehnung an Sophist, 2004).
AG
AG
AN 1. Schritt Vertrag
Legende:
AN
2. Schritt: Spezifikation
3. Schritt Realisierung
On-Site
Offshore
AG Auftraggeber (Kunde, On-Site) AN Auftragnehmer (IT-Dienstleister, Offshore)
Abbildung 41: In Sequence
Der Ansatz eignet sich z.B. für Piloten und Evaluierungsvorhaben. Allerdings werden hohe Anforderungen an die Spezifikationsunterlagen gestellt.
5.2.2
Workbench Der Ansatz „Workbench“ stellt eine langfristige Auslagerung von kompletten Aufgabenbereichen dar. Der Auftragnehmer arbeitet auf Dauer im Sinne einer verlängerten Werkbank für den Auftraggeber, insbesondere an wiederkehrenden Aufgaben gleicher Art. Zu Beginn der Zusammenarbeit wird ein Kooperationsvertrag geschlossen, dem nach einer Phase des gemeinsamen Wissensaustauschs zahlreiche Einzelaufträgen folgen. Bei diesem Modell ist im Gegensatz zum vorangegangen Ansatz „in sequence“ eine sehr intensive Zusammenarbeit und permanente Koope-
94
5.2
Grundformen der Projektgestaltung
ration erforderlich. Der Koordinationsaufwand ist entsprechend hoch. Die Arbeiten der Einzelaufträge müssen klar voneinander abgegrenzt werden können (vgl. Trepper, 2004, S. 59 in Anlehnung an Sophist, 2004). Projekt 1 AG
AN
AG
1. Schritt (Rahmen-) Vertrag
Legende:
AN 2. Schritt Wissensaustausch
AN
AG 3. Schritt: Spezifikation
4. Schritt Realisierung
On-Site
Offshore
AG Auftraggeber (Kunde, On-Site) AN Auftragnehmer (IT-Dienstleister, Offshore)
AG n. Schritt: Spezifikation On-Site
Projekt n AN n+1. Schritt Realisierung Offshore
Abbildung 42: Workbench
5.2.3
Facilitator Offshore & On - Site (Brückenkopf) Eine Mischform geht von einem Brückenkopf des Auftragnehmers aus, der vor Ort beim Auftraggeber „On-Site“ tätig wird. Dies kann ein selbstständiger inländischer Dienstleister (Facilitator) sein oder ein Repräsentant des Dienstleisters. Der Brückenkopf wickelt vor Ort beim Kunden das gesamte Projekt ab und setzt – für den Kunden offen oder verdeckt – Dienstleister ein, die am Offshorestandort tätig werden. Die Brückenkopfmitarbeiter sind in der Regel Landsleute des Auftragnehmers oder beherrschen zumindest dessen Sprache. Der Kunde hat den Vorteil der höheren Rechtssicherheit und geringeren Sprach- und Kulturunterschiede.
95
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
Projekt 1 AG
FC
AG
1. Schritt Vertrag
Legende:
AG
FC 2. Schritt Wissensaustausch
FC
FC
AN
3. Schritt: Spezifikation
4. Schritt Realisierung
On-Site
Offshore AG
AG Auftraggeber (Kunde, On-Site) AN Auftragnehmer (IT-Dienstleister, Offshore) FC Facilitator (Brückenkopf)
FC
n. Schritt: Spezifikation On-Site
Projekt n FC
AN
n+1. Schritt Realisierung Offshore
Abbildung 43: Brückenkopf
5.2.4
Captive Offshore Bei Captive Offshore werden die IT-orientierten Aktivitäten in weiter entfernte Niedriglohnländer verlagert. Allerdings bleiben die ausgelagerten Aufgaben weiter in der Verantwortung des auslagernden Unternehmens. Dies kann z.B. durch Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft im Ausland erfolgen, die in den Konzern eingegliedert bleibt.
PRAXISBEISPIEL: COMMERZBANK
CAPTIVE
NEARSHORING
BEI
DER
Das nachfolgend beschriebene Beispiel der Commerzbank stellt eine typische Situation für eine Verlagerung IT-orientierter Geschäftsprozesse auf Basis des Captive-Offshore-Ansatzes dar (vgl. Annuscheit, 2006). Es zeigt, dass durch das Captive NearshoreModell einerseits Kostenvorteile genutzt werden können, andererseits die kulturelle Nähe der Nearshore-Länder (hier Polen und Tschechien) zum Vorteil beitragen. Die Commerzbank ist als Großbank überwiegend in Deutschland und angrenzenden Ländern tätig. Drei Viertel der Mitarbeiter sind 96
5.2
Grundformen der Projektgestaltung
in Deutschland tätig. Sie hat sich aus folgenden Gründen für ein Captive Nearshore Modell entschieden: x x x x x
Kulturelle Nähe, Nutzung der Lohn-Kostenvorteile, gute Ausbildung der Arbeitskräfte, Entwickelte Infrastruktur, Europäische Integration.
Zur Konkretisierung des Nearshoring-Projektes wurden folgende Grundsätze festgelegt: x
Zielländer und Standorte Als Zielländer wurden EU-Länder in Betracht gezogen, da durch die konvergierenden Rechtssysteme das Risiko schrittweise gemindert werden konnte. Eine vom Unternehmen angestrebte Zwei-Standort-Strategie verspricht einen gewissen Wettbewerb zwischen den NearshoreStandorten bei gleichzeitig überschaubarer Komplexität.
x
Lohnkostenvorteil Bei der Auswahl der Zielländer wurde davon ausgegangen, dass der Lohnkostenvorteil mindestens 50 % betragen muss, da von einer Konvergenz der Lohnniveaus in den EU-Ländern in den nächsten Jahren auszugehen ist.
x
Marktanteile Eine weitere Prämisse war die Vorgabe, dass vorhandene Standorte in Nearshore-Ländern genutzt werden sollen, um einen Brückenkopf für die Auslagerungsthematik zu schaffen. Durch diese Maßnahme sind reduzierte Startaufwendungen zu erwarten.
x
Prozessauswahl Bei der Auswahl der auszulagernden Leistungen / Prozesse sollten nur solche Aufgaben ausgewählt werden, die ohne einen Prozess-Bruch und ohne Des- und ReIntegrationskosten verlagert werden können. 97
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
Das Unternehmen wählte für die Auslagerung den Prozess-Schritt „Feldkorrektur“ aus, der als Teilprozess-Schritt des ProzessSchrittes „Nachbereitung“ bei der Belegdatenverarbeitung einen signifikant hohen personellen Aufwand verursacht. Die Prozessübersicht in Abbildung 44 zeigt die Einordnung in das Prozessnetz.
Belege weiterleiten
Eingang prüfen
Nachbereitung
Belegfelder separieren Deutschland
Disposition
Feldkorrektur Tschechien
Buchung
Belege aufbereiten
Belegfelder zusammensetzen Deutschland
Sonstige Schritte
Datenverarbeitung
Belege scannen/ erfassen/ erkennen
Clearing
50 Mitarbeiter in Prag ca. 27.000.000 Belege p.a. ca. 108.000 Felder / 105.000 Belege je Tag
Deutschland
Archivierung
Nachforschung/ Reklamation
Statistik
Abbildung 44: Prozessüberblick Zahlungsverkehr der Commerzbank Der ausgelagerte Prozess wird mit ca. 50 Mitarbeitern in Prag ausgeführt. Jährlich werden etwa 27 Mio. Belege der Feldüberprüfung in Prag elektronisch zugeführt. Hierbei werden nur die zu bearbeitenden Felder eines Beleges übertragen, damit die Mitarbeiter sich vollständig auf dessen Bearbeitung konzentrieren können. Je Tag werden durchschnittlich 108.000 Felder aus 105.000 Belegen verarbeitet. Aus dem geschilderten Projekt konnten eine Reihe von Vorteilen generiert werden, allerdings wurden auch Risiken identifiziert. Insgesamt gesehen, überwiegen derzeit die Nutzenaspekte mögliche Risiken. 98
5.3
x
Anbieter- und Anwenderspezifische Konzepte
Nutzen Die Lohnkosten sind derzeit (2006) noch 60 % günstiger, als in Deutschland. Deutschsprachiges Personal ist in ausreichendem Maße vorhanden. Das Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen wird vor allem von gut ausgebildeten Frauen sehr gut aufgenommen, da derartige Arbeitsplätze in Prag selten angeboten werden. Die Produktivität der Mitarbeiter ist hoch, sie kann – anders als in Deutschland – gemessen werden und dient als Basis für die Bezahlung. Durch den Captive-Ansatz bleibt die Prozesshoheit weiter im eigenen Hause bestehen.
x
Risiken Der Lohnkostenvorteil fällt in Zukunft wegen der Lohnkostenkonvergenz deutlich niedriger aus. Die Verteuerung der Raumkosten in Prag führt zu weiteren Kostenrisiken.
5.3
Anbieter- und Anwenderspezifische Konzepte 5.3.1
Dual Shore Delivery Model (ZENSAR) Zur Vermeidung der Probleme klassischer Vorgehensmodelle setzt der IT-Offshore-Anbieter Zensar Technologies GmbH das Dual Shore Delivery Model ein, das auf einem inkrementellen Ansatz beruht (vgl. hierzu ausführlich Winkler 2004 und 2006). Das Dual Shore Delivery Model kombiniert eine „vor-OrtBetreuung“ durch ein deutschsprachiges Team mit einem „Expertenteam“ am Offshore-Standort. Der deutsche Brückenkopf besteht aus Fach- und IT-Experten. Sie übernehmen die ständige Kommunikation mit dem Kunden (Onsite-Kommunikation). Aus sicht des Kunden handelt es sich um ein „verstecktes“ Offshore (vgl. Winkler 2006), da er im Normalfall keinen direkten Kontakt mit dem ausländischen Entwicklungspartner hat. Nach der Auftragsklärung werden kleine und überschaubare Arbeitspakete an die Offshore-Experten (z.B. in Indien) übergeben.
99
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten Phase
Aufgaben
Startphase
x Bildung des Onsite - Kernteams mit Branchen & Technologieknowhow
Knowledge Transfer
x x x x x x x x x x x x x x x x
Transition
Etablierung
x x x x x x x x x x x
Beginn der Onsite Aktivitäten Steering Committee Projekt Management - Reporting Studium vorhandener Dokumentation, Layouts Problemanalyse der existierenden Applikation Service Level Management Konfigurationsmanagement Change Management Release Management Problem Management Störfall Management Ressourcen Management Erstellung eines Projektplanes mit Zeitfenster Knowledge Transfer Messplan Bildung des Offshore Teams Onsite Projekt Management (Onsite- /Offshore Model) Kommunikationsplanung (Onsite / Offshore) Infrastruktur (Onsite / Offshore) System Administration / Hardware / Software Know How Transfer nach Offshore Schulungsmaßnahmen (Offshore Team) Engmaschige, aussagekräftige Vorgaben Automatisierte Tests mit Abdeckungsmessung Agiles Vorgehen zur max. Risikominimierung Intensive Kommunikation sehr kurze Rückkopplungszyklen Überwachung von Softwarequalität
Abbildung 45: Phasenmodell Dual Shore Delivery Model (Winkler, 2006)
Die Implementierung der Software erfolgt im Projektplan (vgl. Abbildung 46) in mehreren Schritten (Inkremente). Die Softwaremodule werden nicht sequentiell, sondern, soweit möglich,
100
5.3
Anbieter- und Anwenderspezifische Konzepte
parallel entwickelt. Der Projektplan wird regelmäßig aktualisiert, um die aktuelle Situation zu berücksichtigen.
Analyse Design
Funktionsumfang
Inkrement final Nutzung
…
Analyse
Implementierung
Design
Inkrement n+1 Analyse
Nutzung Design
Inkrement 1
Implementierung
Nutzung Implementierung
Zeit
Abbildung 46: Schematische Darstellung im Projektplan (Winkler, 2006)
Die Projektorganisation orientiert sich an den Erfordernissen der IT-Offshore-Projekte, d.h. gemeinsame Strategieentwicklung, straffe Steuerung und starke Arbeitsteilung auf der operativen Ebene (vgl. Abbildung 47). Der Lenkungsausschuss gibt die strategische Richtung und den Rahmen des Projektes vor. Der Projektleiter, unterstützt durch eine Stabsstelle für die Qualitätssicherung, steuert das Projekt und stellt die Ergebnisse sicher. Die Teilprojekte setzen den Projektplan um.
101
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
LenkungsLenkungsmeeting meeting /HQNXQJVDXVVFKXV
Projektstatus Projektstatus Report Report
3URMHNWOHLWXQJ
KoordinationsKoordinations meeting meeting 3URMHNWEXUR 4XDOLWDWVVLFKHUXQJ
7HLOSURMHNW 0LJUDWLRQ
P-Gr.
tatus SStatus Report Report
7HLOSURMHNW (QWZLFNOXQJ
P-Gr.
P-Gr.
SteuerungsSteuerungs meeting meeting
7HLOSURMHNW 7HVW
P-Gr.
P-Gr.
P-Gr.
Fortschritt chritt Forts Report Report
ArbeitsArbeitsmeeting meeting
Abbildung 47: Projektorganisation und Berichtswesen (Winkler, 2006) Eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherstellung des Projekterfolgs ist eine effiziente Fortschrittskontrolle. Hierzu wird eine Fortschrittsdatenbank eingesetzt, die dezentral genutzt wird. Sie enthält alle Arbeitsschritte und Meilensteine der Projekte und zeigt Abhängigkeiten auf. Auf Basis der Fortschrittsdatenbank lassen sich standardisierte Berichte für unterschiedliche Berichtsebenen erzeugen.
102
5.3
Anbieter- und Anwenderspezifische Konzepte
Abbildung 48: Fortschrittskontrolle (Winkler 2006)
5.3.2
7-Phasen-Plan (Triaton) Um den Besonderheiten von IT-Outsourcing-Projekten entgegenzukommen, hat der IT-Dienstleister Triaton ein 7-PhasenModell entwickelt, das grundsätzlich auch für ITOffshoreprojekte zum Einsatz kommen kann, wenngleich es auch auf einem sequentiellen Grundkonzept beruht. Das Modell bildet ein Projekt in 7 Phasen ab, wobei zwischen der Phase vor dem Vertragsabschluss (Pre-Sales-Phase) und der Durchführung (Post-Sales-Prozesse) unterschieden wird (vgl. Willenbrink, 2002, S. 108 ff.). Die sieben Phasen sind: 1. 2. 3.
Bestandsaufnahme, Angebot, Projektinitialisierung, 103
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten 4. 5. 6. 7.
Detailplanung, Realisierung, Projektabschluss und Nachbereitung.
Pre-Sales-Phasen: Im ersten Schritt (Bestandsaufnahme) werden die Anforderungen des Kunden identifiziert, näher beschrieben und systematisiert. Nach einer Chancen-Risiko-Analyse wird dem möglichen Kunden ein Angebot unterbreitet. Post-Sales-Prozesse: Kommt es zu einer Einigung, erfolgt im dritten Schritt die Projektinitialisierung, d.h. der Aufbau der Projektorganisation und der Festlegung von Verantwortlichkeiten. Der nächste Schritt dient der Detailplanung des Projektes. Danach wird das Projekt vom Vertrieb an das Projektmanagement übergeben. Nun beginnt mit dem fünften Schritt (Realisierung) nach einem Kick-OffMeeting das eigentliche Umsetzungsprojekt. Nach dem formellen Projektabschluss ist das Projekt beendet. Die Nachbereitung dient der Fakturierung und Analyse des Projektverlaufes.
5.3.3
5-Schritt-Modell (Boston Consulting Group) Das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group hat zur Bewältigung der Migrationsaufgabe „Business Process Outsourcing“ ein 5-Schrittmodell entwickelt (vgl. Abbildung 49), das auch für IT-Offshoreprojekte zum Einsatz kommen kann (vgl. ausführlich Nettesheim et al., 2003).
104
5.3
Anbieter- und Anwenderspezifische Konzepte
Projektmanagement
Kommunikation und Management der Stakeholderinteressen
Outsourcing Portfolio und Roadmap erstellen
Migrationsplanung und -management
Schritt 1: RFPProzess managen
Go/no-go für RFP
Schritt 2: Angebote prüfen und mögliche Anbieter auswählen
Proposals erhalten
Schritt 3: Due Diligence für Dienstleister durchführen
Shortlist Dienstleister
Schritt 4: Vertrag gestalten
Exklusive Verhandlungen
Schritt 5: Migration durchführen
Vertrag unterzeichnet
Migration komplett
Abbildung 49: Phasenmodell BPO-Projekte Boston-ConsultingGroup (Nettesheim et al., 2003)
Der Schwerpunkt des Modells liegt auf dem Management der vertraglichen Beziehungen, um zu berücksichtigen, dass die Unzufriedenheit in vielen Outsourcing-Projekten auf Mängel im Vertrags- und Projektmanagement zurückzuführen sind. Die ITOffshore-Entscheidung sollte nach dem Ansatz erst dann getroffen werden, wenn zuvor die eigene Organisation optimiert wurde und andere Möglichkeiten der Kostenreduktion ausgeschöpft wurden. Es wird daher empfohlen, zunächst unternehmensintern eine Standardisierung und Bündelung der relevanten Prozesse anzugehen. Dies wird besonders dann als sinnvoll angesehen, wenn diese Leistungen dezentral, an mehreren Standorten erbracht werden. Unter diesem Gesichtspunkt bieten sich SharedServices-Organisationen an, d. h. die unternehmensinterne Zusammenlegung mehrfach genutzter Querschnittsfunktionen, wie z.B. der Betrieb von Rechenzentren. Erst wenn diese Maßnahmen ausgeschöpft sind, sollte sich das Unternehmen an Outsourcing- bzw. Offshore-Maßnahmen heranwagen.
105
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
5.3.4
6-Phasen-Modell (Zentrum für Logistik und Unternehmensplanung) Bensch (2005, S. 120 f.) beschreibt ein 6-Phasen-Modell, das in der Automobilindustrie zum Einsatz kommt (vgl. Abbildung 50). Das Modell stellt insbesondere den Ausschreibungsprozess in den Vordergrund. Die eigentliche Umsetzung wird nicht behandelt.
Phase 1 Ausschreibungsvorbereitung
•
• • •
Entwicklung der • Ausschreibungs- • strategie Datenauswertung • Festlegung der Planungsgrundlagen• Entwicklung einer Vergütungsmethodik
Phase 2 Bietervorauswahl
Vorauswahl Festlegung des Teilnehmerkreises Voransprache der Dienstleister Geheimhaltungserklärung
Phase 3 Erstellung der Ausschreibungsunterlagen
• •
•
Prozessaufnahme/ -optimierung Erstellung/Versand Ausschreibungsunterlagen Berechnung des analytischen Benchmarks
•
•
Phase 4 Bieterbetreuung & Angebotsauswertung Bieterbetreuung • und Angebotsauswertung Vergleich Eigen-/Fremdleistung
Phase 5 Bieterverhandlungen
Verhandlungen und LOI (Letter of Intend)
Phase 6 Realisierung
• • • •
Spezifikation der Vergütungssystematik Vertragsabschluß Realisierung Entwicklung eines QM-Systems (KPI)
Abbildung 50: Vorgehen bei Outsourcing-Projekten (Bensch, 2005, S. 120 f.)
5.4
Erfolgsfaktoren 5.4.1
Überblick Im Rahmen einer umfangreichen Erhebung haben Amberg und Wiener (2004) die kritischen Erfolgsfaktoren für Offshore-Softwareentwicklungsprojekte untersucht. Hierbei wurde eine Liste mit 28 häufig genannten Erfolgsfaktoren erarbeitet:
106
x
Schaffen einer partnerschaftlichen Beziehung,
x
Sicherstellen eines kontinuierlichen Kommunikationsflusses
x
Erstellen einer detaillierten Projektspezifikation
x
Regelmäßiges Durchführen von persönlichen Treffen zwischen den Projektpartnern
x
Schaffen einer kulturellen Sensibilität
5.4
Erfolgsfaktoren
x
Gute Deutsch- bzw. Englischkenntnisse auf Anbieterseite
x
Auswahl einer geeigneten Softwarekomponente
x
Erstellen eines umfassenden Business Case
x
Frühzeitige und regelmäßige Kontrolle der Projektergebnisse
x
Geographische Nähe des Anbieters
x
Vereinbaren eines genauen Vertragswerks
x
Definition klarer Projektziele
x
Definition von Projektstandards
x
Effiziente interne Organisationsstruktur
x
Hohe Mitarbeiterqualität auf Anbieterseite
x
Sicherstellen eines beidseitigen Wissenstransfers
x
Standardisierte und dokumentierte Prozesse auf Anbieterseite
x
Angemessene politische und rechtliche Stabilität im Anbieterland
x
Internationale Unternehmenskultur
x
Standardisierte und dokumentierte Prozesse
x
Umfassende Branchenkenntnisse des Anbieters
x
Umfassende Erfahrung mit IT-Outsourcing-Projekten
x
Einrichten einer effizienten IT-Infrastruktur
x
Finanzielle Stabilität des Anbieters
x
Passende Unternehmensgröße des Anbieters
x
Angemessenes technisches Verständnis auf Kundenseite
x
Anhaltende Managementunterstützung
x
Einleiten eines frühzeitigen Change Management
x
Zusammenstellen eines geeigneten Projektteams
Eine Reihe dieser Erfolgsfaktoren gehören zum üblichen Umfang der Nennungen, die bei IT-Projekten generell genannt werden. Allerdings werden auch Offshorespezifische Aspekte, wie z.B. „Schaffen einer kulturellen Sensibilität“ genannt. Nachfolgend werden daher nur Erfolgsfaktoren mit hoher Affinität zum ITOffshore beschrieben.
107
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
5.4.2
Strategie Eine wesentliche Anforderung ist das Vorhandensein einer ITOutsourcing/Offshore-Strategie. Der Wunsch eines Unternehmens die IT-Kosten zu reduzieren, reicht nicht für einen dauerhaften Erfolg von IT-Offshore-Maßnahmen aus. Ein ITOutsourcing/Offshore-Projekt kann nicht mit einem ITEinkaufskontrakt verglichen werden, der nach Vertragsabschluss keine große Aufmerksamkeit mehr erfordert. Die Unterschrift unter einen Outsourcing/Offshore-Vertrag ist vielmehr der Beginn einer länger andauernden Partnerschaft mit positiven und negativen Facetten. Der Vertrag muss daher vom auslagernden Unternehmen angemessen gesteuert werden. Die Outsourcing-/Offshore-Strategie muss mit der Unternehmensstrategie abgeglichen werden und sie unterstützen bzw. ergänzen.
5.4.3
Unternehmensgröße Tendenziell ist Offshore eine Frage, die eher von größeren Unternehmen angegangen werden sollte. Der Grund liegt darin, dass das Risiko anfangs klein gehalten werden kann und nur im Erfolgsfall ein sukzessiver Ausbau des Offshore-Aufgabenumfangs angegangen werden muss. Deshalb empfehlen Praktiker erst ab einer Größenordnung von etwa 300 Belegschaftsmitgliedern IT-Offshore-Projekte durchzuführen (vgl. o. V., 2006c, S. 194).
5.4.4
Projektgröße und Vertragslaufzeit Kleinere Projekte mit wenigen Personen oder Projekte mit kurzen Vertragslaufzeiten haben nach den Erfahrungen der Praxis häufig eine negative Nutzenbilanz, da der Einarbeitungs- und Planungsaufwand in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Ausführungszeit der Prozesse steht.
108
5.4
Erfolgsfaktoren
Als kritische Größe werden vom Beratungsunternehmen A. T. Kearney eine Projektgröße von etwa 50 Mitarbeitern bzw. eine Vertragslaufzeit von etwa drei Jahren genannt. (vgl. Vogel, 2005, S. 15). Projekte unterhalb dieser Größen lohnen sich nach Angabe dieser Beratung nicht.
5.4.5
Geschäftsprozesse Die Qualität der Geschäftsprozesse ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Besonders gut sind standardisierte, klar abgrenzbare und gegenüber dem Istzustand verbesserte Prozesse für Offshore geeignet. Schwerfällige Prozesse laufen auch „offshore“ nicht wesentlich besser ab, allenfalls zu etwas günstigeren Konditionen.
5.4.6
Kulturelle Aspekte Kulturelle Aspekte können beim Offshore Vor- oder Nachteil sein. Üblicherweise werden kulturelle Unterschiede zwischen Auftragnehmer und –geber als wichtiger Erfolgsfaktor eingestuft. Meinungsverschiedenheiten bei Vertragsverhandlungen oder der späteren Prozessausführung können ein Offshore-Projekt sehr schnell in die „Verlustzone“ bringen. Oft sind nur banale Sprachbarrieren der Grund für Missverständnisse, manchmal auch tiefer gehende Kulturunterschiede und unterschiedliche Auffassungen über Termine und andere für West-Europäer fixe Objekte. Gelegentlich scheitern bereits die Vertragsverhandlungen zu einem Offshore-Projekt an mangelnden Englischkenntnissen der Vertragsführer (vgl. Vogel, 2005, S. 15).
109
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
5.4.7
Mitarbeiter und Managementsystem Zu Beginn eines Projektes sollte der Anteil der inländischen Mitarbeiter überwiegen, um die Kommunikationsqualität sicher zu stellen. Erst wenn die Prozesse im eingeschwungenen Zustand sind, kann daran gearbeitet werden, die Verantwortung auf die ausländischen Mitarbeiter zu übertragen. Offshore-Mitarbeiter sollten über mehrjährige Erfahrung verfügen. Nur ein auf Offshoreprojekte ausgerichtetes Managementsystem kann die Steuerung der Projektaktivitäten sicherstellen. Hierzu gehören eine klare Aufgabenstellung und ein passendes Rollenmodell (vgl. Laabs, 2004).
5.4.8
Spezialsoftware Es gibt am Markt für Standardsoftware einige wenige Softwarepakete, mit denen das Projektmanagement von IT-OffshoreProjekten unterstützt gesteuert werden kann. Ein Beispiel hierfür ist die Software „DuoShore“ der Firma Valtech (www.valtech.de). Die Software steuert Mailverkehr, Versionskontrolle, Dokumente u.a.m. Der Funktionsumfang umfasst folgende wesentliche Aspekte: x Aufsetzen der Testumgebung x Testplanung und Testdesign x Installationstest x Funktionstest x Konfigurations- und Kompatibilitätstest x Performanztest x Systemtest und Standard Compliance Test x Regressionstest x Testautomatisierung / Scripting
110
5.5
5.4.9
Life-Cycle-Modell
Vertragswerk Die Bedeutung der Wichtigkeit präziser Vertragsinhalte wird immer wieder von Praktikern betont. Ein Verweis auf Standardisierungsnormen wie z. B. CMMI5 reicht nicht aus. Vielmehr ist es wichtig, konkrete Vertragsinhalte auszuarbeiten. Die Deutsche Leasing (vgl. Winter, S., 2006) empfiehlt ihr eigenes Vorgehen als sinnvolle Maßnahme, um Aufgabeninhalte in IT-Offshoreprojekten zu validieren: Nach den Isterhebungen präsentiert der IT-Offshore-Dienstleister die Aufgabenstellung vor dem Auftraggeber so, wie er die Aufgabe verstanden hat. In dieser Phase können Unklarheiten und Unstimmigkeiten noch relativ folgenfrei korrigiert werden.
5.5
Life-Cycle-Modell 5.4.1
IT-Offshore als Spezialfall des Prozessmanagements IT-Offshore-Projekte sind lediglich Spezialfälle des Prozessmanagements, bei denen Teile der Prozesse nicht lokal ausgeführt werden. Sie können daher als besondere Ausprägungen von Prozessmanagement-Projekten aufgefasst werden. Aus diesem Grund wird zunächst der allgemeine Prozessmanagement-LifeCycle im Konzept des Prozessmanagements vorgestellt (vgl. Gadatsch, 2005, S. 62 ff.). Prozessmanagement (vgl. Abbildung 51) umfasst die Entwicklung der Unternehmensstrategie (strategische Ebene), das ProzessManagement (fachlich-konzeptionelle Ebene), das WorkflowManagement (operative Ebene) sowie die Anwendungssystemund die Organisationsgestaltung (vgl. Gadatsch, 2005, S. 2 ff.). Auf der strategischen Ebene werden die Geschäftsfelder eines Unternehmens betrachtet. Auf der darunter liegenden fachlichkonzeptionellen Ebene erfolgt die Ableitung der Prozesse im Rahmen des Prozess-Managements. Das Prozess-Management stellt hierbei die Verbindung zur Unternehmensplanung auf der strategischen Ebene dar, während das Workflow-Management aus der Perspektive der darunter liegenden Ebene der operativen Durchführung die Anwendungssystem- und Organisationsgestaltung einbindet. 111
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
strategische Ebene
Strategieentwicklung Strategieentwicklung Prozess-Management Prozess-Management •Prozessabgrenzung
•Prozessmodellierung
•Prozessführung
Workflow-Management Workflow-Management •Workflowmodellierung
•Workflowausführung
AnwendungsAnwendungssystemgestaltung systemgestaltung
•Prozessmonitoring
fachlichkonzeptionelle Ebene
operative Ebene
OrganisationsOrganisationsgestaltung gestaltung
Abbildung 51: Prozessmanagement (vgl. Gadatsch, 2005, S. 2 ff.)
Phasen- bzw. Life-Cycle-Modelle werden zur Strukturierung komplexer Entwicklungsvorhaben eingesetzt (z.B. im SoftwareEngineering) und auch im Rahmen der Prozessmodellierung vorgeschlagen.
5.5.2
Life-Cycle-Modell für IT-Offshore-Projekte In Abbildung 52 wird ein Life-Cycle-Modell für IT-OffshoreProjekte dargestellt. Er bewegt sich schwerpunktmäßig auf der fachlich-konzeptionellen Ebene des Prozessmanagements aus Abbildung 51, da die technische Umsetzung in Teilprojekte der Entwicklungstätigkeit verlagert wird.
112
5.5
Partnerauswahl & Vertragsgestaltung
Monitoring & Analyse
Marktanalyse und Ausschreibung
Geschäftspartnermanagement
Prozessrestrukturierung 3. Teilzyklus Offshore-Betrieb Ausführung und Überwachung der ausgelagerten Prozesse
Life-Cycle-Modell
OffshoringStrategie 1. Teilzyklus Strategische Konzeption Strategische Analyse von Kosten/Nutzen sowie Chancen/Risiken mit Partnerauswahl
SoftwareEntwicklung Anforderungs& Prozessanalyse
Geschäftsstrategieentwicklung
2. Teilzyklus Organisatorische Umsetzung Prozessanalyse und -restrukturierung und Offshore-Entwicklung
Abbildung 52: Life-Cycle-Modell für IT-Offshore-Projekte
1. Teilzyklus: Strategische Konzeption Der erste Teilzyklus liefert das strategische Konzept. Er leitet aus der Geschäftsstrategie die IT-Offshore-Strategie ab. Je nach Chancen und Risiken kann dies Rückwirkungen auf die Geschäftsstrategie haben. Insbesondere erfolgt in dieser Phase die Entscheidung für eine konkrete Offshore-Variante (vgl. S. 47 ff.). Wenn die Entscheidung für eine Variante getroffen wurde, erfolgt die konkrete Marktanalyse und Ausschreibung, anschließend die Partnerauswahl und Vertragsgestaltung. Im Rahmen der Vertragsgestaltung sind Service-Level-Agreements (SLAs) zu erarbeiten, welche für den späteren Erfolg von hoher Bedeutung sind. Je nach Fortgang und Ergebnissen der Vertragsverhandlungen kann eine Veränderung der Offshore-Strategie, ggf. auch der Geschäftsstrategie, erforderlich sein und ein erneutes Durchlaufen des ersten Teilzyklusses zur Folge haben. 113
5
Projektmanagement von IT-Offshore-Projekten
2. Teilzyklus: Organisatorische Umsetzung Der zweite Teilzyklus dient der Umsetzung der zuvor erarbeiteten Offshore-Strategie. Diese Aufgabe wird im Wesentlichen vom Offshorepartner in Zusammenarbeit mit dem auslagernden Unternehmen durchgeführt. Nach einer ausführlichen Anforderungsanalyse und Untersuchung der Geschäftsprozesse, ggf. einschließlich deren Modellierung erfolgt die OffshoreSoftwareentwicklung durch den Offshore-Partner. Die Restrukturierung der Prozesse verbleibt als wesentliche Aufgabe beim auslagernden Unternehmen. Jeder ausgelagerte Prozess einschließlich seiner Schnittstellen muss angepasst und neu dokumentiert werden. Dies kann u.U. auch mehrere Durchläufe des zweiten Teilzyklusses erfordern, wenn bei der Restrukturierung erneut Anforderungen bekannt werden oder sich nicht realisieren lassen.
3. Teilzyklus: Offshore-Betrieb Der letzte Zyklus beginnt nach Fertigstellung der offshore entwickelten Software und der angepassten Prozesse im Unternehmen. Wichtig für den Betrieb der offshore entwickelten und ggf. weiter gewarteten Software ist die Etablierung eines Geschäftspartnermanagements gefolgt von einem kennzahlengestützten Monitoring und deren Analyse. Die Überwachung kann konventionell oder mit Hilfe von Performance Measurement-Systemen erfolgen.
114
6
Ausblick An Prognosen für die zukünftige Entwicklung von Outsourcingbzw. Offshore-Projekten mangelt es derzeit nicht. Die international tätige Beratungsgruppe Boston Consulting Group (vgl. Dreischmeier, 2006) sieht in einem global, insbesondere in den USA und Asien wachsenden Markt folgende Entwicklungen: 1. 2. 3.
More complex „transformational“ deals Move to multi-vendor sourcing strategies, with decreasing average deal size IT-Outsourcing and Business Process Outsourcing are merging.
Auslagerungsprojekte werden demnach einen größeren Umfang als bisher annehmen. Die Ziele der Unternehmen verlagern sich weg von reinen Kostenreduktionsprogrammen hin zur Leistungssteigerung. Mehrere IT-Lieferanten werden gezielt für spezielle Fragestellungen eingebunden. Wie aktuelle Beispiele großer Unternehmen zeigen, kann diese Markteinschätzung jedoch nicht verallgemeinert werden. Gegen diesen Trend hat sich beispielsweise E-Plus für eine komplette Auslagerung der IT an einen einzigen Dienstleister entschieden (vgl. Roewenkamp, 2006, S. 18-19). Als Argument wird die nicht notwendige Vermittlung zwischen verschiedenen Anbietern bei Interessenskonflikten genannt, da die IT-Leistung aus einer Hand erbracht wird. Der dritte Aspekt, der Trend zur Auslagerung von kompletten Prozessen einschließlich der IT-Unterstützung bahnt sich allerdings derzeit erst an. Hierin steckt nach Meinung des Beratungshauses das größte Entwicklungspotenzial. Einen Schritt weiter geht die Fachzeitschrift Computerwoche, die sehr häufig und regelmäßig über Outsourcing- und Offsho115
6
Ausblick retrends berichtet. Demnach ist mit einer Evolution vom klassischen ITO (IT-Outsourcing), über das BPO (Business Process Outsourcing) hin zum höherwertigen KPO (Knowledge Process Outsourcing) zu rechnen (vgl. Hackmann, 2006a). Unter KPO ist die Verlagerung von Spezialistenaufgaben wie juristische Recherchen, Datenanalysen und weitere hochqualifizierte Tätigkeiten ohne intensiven Kundenkontakt in IT-Offshore-Länder zu verstehen. Da KPO-geeignete Tätigkeiten einen geringeren Standardisierungsgrad aufweisen, sind allerdings die Hürden aus Sicht der auslagernden Unternehmen höher. Bei KPO-Offshoreprojekten ist ein intensives partnerschaftliches Vertrauensverhältnis der Geschäftspartner unabdingbar, da Steuerungs- und Kontrollmechanismen der klassischen IT-Offshore-Projekte nicht gleichermaßen greifen.
116
Über den Autor Prof. Dr. rer. pol. Andreas Gadatsch o. Professor für BWL, insb. Wirtschaftsinformatik University of Applied Sciences (FH Bonn-Rhein-Sieg) Grantham-Allee 20 D-53757 Sankt Augustin (Jahrgang 1962), abgeschlossene Lehre zum Industriekaufmann, Erwerb der Fachhochschulreife, Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Controlling und Rechnungswesen bei Prof. Dr. Elmar Mayer an der Fachhochschule Köln, Abschluss als Diplom-Betriebswirt. Anschließend nebenberuflich Studium der Wirtschaftswissenschaften an der FernUniversität Hagen, Abschluss als Diplom-Kaufmann, Promotion als externer Doktorand zum Dr. rer. pol. am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik bei Prof. Dr. Hermann Gehring. Von 1986 bis 2000 in verschiedenen Unternehmen (Jean Walterscheid GmbH, Lohmar; Uni Cardan Informatik GmbH, Rösrath; Klöckner Humboldt Deutz AG, Köln und Deutsche Telekom AG, Bonn) als Berater, Projektleiter und IT-Manager tätig. Zuletzt als Leiter Arbeitsplatzsystem-Management und IT-Sicherheit im zentralen Informationsmanagement der Deutschen Telekom AG. Zum WS 2000/2001 Berufung als Professor für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisation und Datenverarbeitung an die FH Köln. Zum SS 2002 Wechsel auf die Professur für Betriebswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftsinformatik am Fachbereich Wirtschaft der FH Bonn-Rhein-Sieg in St. Augustin, primär für die Studiengänge Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik. Die anwendungsbezogene Lehre und Forschung umfasst die Einsatzmöglichkeiten betriebswirtschaftlicher Standardanwen-
117
Über den Autor dungssoftware, das Geschäftsprozess- und Workflow-Management und den Aufbau des Lehrgebietes IT-Controlling. Zahlreiche Beratungsprojekte, Vorträge, Seminare, Workshops und Konferenzleitungen für Unternehmen unterschiedlicher Branchen auf den vorgenannten Fachgebieten. Über 100 Publikationen, davon 10 Bücher, z. T. in mehreren Auflagen.
Kontakt: [email protected] Internet: www.wis.fh-brs.de/gadatsch
118
Abkürzungsverzeichnis BSC
Balanced Scorecard
CIO
Chief Information Officer
GF
Geschäftsführung
GL
Geschäftsleitung
IT
Informationstechnik / Informationstechnologie
ITO
IT-Offshore / IT-Outsourcing
KPO
Knowledge Outsourcing
PLZ
Postleitzahl
SSC
Shared Service Center
Process
Offshoring
/
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Sachwortverzeichnis Abnahme ............................................................................................36 Ackermann .........................................................................................15 Anwendungsbetreuung .......................................................................28 Anyshoring .........................................................................................18 Application Service Providing............................................................21 Arbeitsmarkt.......................................................................................50 Arbeitsplatzsystem-Management .....................................................132 ARIES ................................................................................................72 ASP ....................................................................................................21 Assisted Transformation.....................................................................19 Auftraggeberland................................................................................47 Backsourcing ......................................................................................16 Balanced Scorecard ..............................................................................8 Bangalore ...........................................................................................70 BASSCOM.........................................................................................67 Bayer Business Services.....................................................................22 BBS ....................................................................................................22 Bearingpoint .......................................................................................18 Bebauungsplan .....................................................................................5 Berlicon ..............................................................................................73 Best-of-breed Sourcing.......................................................................17 Bestshoring.........................................................................................18 Betriebsübertragungsvertrag...............................................................39 BITKOM ................................................................................50, 69, 79 Body-Leasing .....................................................................................47 Booz Allen Hamilton..........................................................................84 Boston Consulting Group .................................................................115 BPO ........................................................................................18, 20, 21 Bukarest..............................................................................................72 Business Process Outsourcing ................................................18, 20, 21 Call-Center .........................................................................................79 Cap Gemini ........................................................................................64 Capability Maturity Modell................................................................72 Capgemini ..........................................................................................18 Captive Center....................................................................................49 Captive Outsourcing.....................................................................16, 23 Captive-Offshore-Ansatz....................................................................96 Chief Information Officer...................................................................11 129
Sachwortverzeichnis China ..................................................................................................68 CIO .....................................................................................................11 CMM ..................................................................................................72 Consulting Group ...............................................................................19 Co-Sourcing .......................................................................................18 Deutsche Bank..................................................................15, 19, 50, 79 Deutsche Bank Research ..............................................................50, 69 Deutsche Telekom......................................................................16, 132 Deutschland ........................................................................................50 Dokumentation ...................................................................................36 Dual ....................................................................................................32 Dual Shore Delivery Model................................................................99 Dual-Shore .........................................................................................48 DV-Controlling ....................................................................................1 EDS ....................................................................................................18 EDV-Budgets .......................................................................................1 Einzelrechtsnachfolge.........................................................................37 Entwicklungsteams.............................................................................36 Erzbistums Köln .................................................................................22 E-Sourcing..........................................................................................18 Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg ...................................................132 Fachhochschule Köln .......................................................................132 FernUniversität Hagen......................................................................132 Festpreis .............................................................................................74 Forrester Research........................................................................50, 51 Frankfurter Allgemeine Zeitung.........................................................70 Fremdbeschaffung ........................................................................16, 47 Front-Office........................................................................................19 Gadatsch, Vita ..................................................................................132 Gesamtrechtsnachfolge.......................................................................37 Geschäftsbesorgungsverträge .............................................................39 Gesellschaft für Informatik e. V ...................................................23, 52 Großbritannien....................................................................................50 In Sequence ........................................................................................94 Indien............................................................................................50, 68 Informationssystem ..............................................................................5 Informationssystemplan .......................................................................5 Infosys ..........................................................................................75, 76 Infrastruktur-Outsourcing...................................................................17 Insourcing...........................................................................................16 Internes Outsourcing ..........................................................................23 Irland ............................................................................................50, 71 IS-Plan..................................................................................................5 130
Sachwortverzeichnis Israel ...................................................................................................50 IT-Architektur ....................................................................................37 IT-Assetmanagement..........................................................................10 IT-Bebauungsplan ................................................................................5 IT-Bereitstellungsprozess ...................................................................10 IT-Berichtswesen..................................................................................9 IT-Beschaffung...................................................................................16 IT-Betrieb .............................................................................................6 IT-Budget ...........................................................................................27 IT-Controllerdienst...............................................................................7 IT-Controlling ......................................................................................1 IT-Controlling-Konzept........................................................................1 IT-Controlling-Werkzeugkasten...........................................................8 IT-Dienstleister...................................................................................36 IT-Entwicklung ....................................................................................6 IT-Masterplan.......................................................................................5 IT-Nearshore ......................................................................................10 IT-Offshore .........................................................................................10 IT-Outsourcing ...................................................................................10 Fallstudie ........................................................................................40 Grundformen ..................................................................................20 Vertragsgestaltung..........................................................................37 IT-Projekt .............................................................................................9 IT-Projektteam....................................................................................10 IT-Prozessmodell..................................................................................3 IT-Sourcing ........................................................................................16 IT-Sourcing-Map..................................................................15, 16, 119 IT-Strategie.....................................................................................4, 25 Kanada................................................................................................50 Klöckner Humboldt Deutz ...............................................................132 KMU...................................................................................................51 Knowledge Process Outsourcing................................................77, 116 Kontrakte............................................................................................33 Kontrollorgane....................................................................................36 Konzern-Outsourcing .........................................................................35 KPO............................................................................................77, 116 Legal Process Outsourcing .................................................................79 Leistungserbringer..............................................................................30 Life-Cycle-Modelle ..........................................................................112 Lohnkosten .........................................................................................99 Lohnkostenvorteil...............................................................................99 MAN...................................................................................................22 Mertens...............................................................................................52 131
Sachwortverzeichnis Meta-Group ........................................................................................55 method park Software AG..................................................................52 Mittelstand..........................................................................................34 Mobilfunkmarkt..................................................................................53 Modular Global Sourcing ...................................................................33 Multiple ..............................................................................................32 Multi-Sourcing ...................................................................................17 Mummert Consulting ...................................................................54, 58 Nearshore ...........................................................................................31 Nearshore-Erfahrung ..........................................................................91 Nearshore-Software-Entwicklung ......................................................48 Nearshore-Workbench........................................................................91 Nearshoring ........................................................................................17 Net-Sourcing ......................................................................................18 Niedriglohnländer...................................................................11, 31, 50 Nordirland ..........................................................................................71 Northbrook Technologies...................................................................71 Noshore ..............................................................................................32 Offshore..............................................................................................32 Offshore Sourcing ..............................................................................17 Offshore-Outsourcing.........................................................................11 Onshore ..............................................................................................31 Onshore-Sourcing...............................................................................17 Onsite-Offshore ..................................................................................47 Onsite-Onshore-Offshore ...................................................................48 Onsite-Software-Entwicklung ............................................................47 Outsourcing ......................................................................20, 28, 35, 36 Gestaltungsoptionen .......................................................................35 Outsourcing-Entscheidungen .............................................................36 Outsourcinggrad .................................................................................29 Outsourcing-Nehmer ..........................................................................21 Outsourcing-Standardstrategien .........................................................63 Outtasking ....................................................................................17, 22 Partielles Outsourcing ........................................................................22 Patriotismus ........................................................................................53 Personalabrechnung............................................................................23 Phasenmodelle..................................................................................112 Plattform-Outsourcing..................................................................20, 21 Profit Center .......................................................................................36 Projektbenchmarking..........................................................................10 Projektkoordination ............................................................................36 Projektleitung .....................................................................................36 Projektmanagement ..........................................................................112 132
Sachwortverzeichnis Projektmitarbeiter ...............................................................................36 Rahmenarchitekturplan.........................................................................5 Rechenzentrum...................................................................................28 Rechtsberatung .............................................................................62, 79 Reines Offshore..................................................................................48 Release .................................................................................................5 Releasestand .........................................................................................5 Rightshoring .......................................................................................18 Right-Sourcing ...................................................................................17 Röntgenbilderanalyse .........................................................................79 Rumänien ...........................................................................................72 Russland .............................................................................................72 SAP AG..............................................................................................67 SAP NetWeaver .................................................................................67 Satyam..........................................................................................75, 77 Selektives Outsourcing.......................................................................22 Selektives Sourcing ............................................................................17 Service-Level-Agreement.....................................................................9 Service-Provider.................................................................................21 Shared Service Center ........................................................................22 Single-Sourcing ..................................................................................17 Smart Sourcing ...................................................................................17 Smartes Outsourcing ..........................................................................22 Smartsourcing...............................................................................15, 19 Softwareentwicklung..........................................................................28 SSC.....................................................................................................86 Standardsoftware ..................................................................................5 Tata.....................................................................................................75 TCS ....................................................................................................76 Time&Material...................................................................................74 time-to-market ....................................................................................57 T-Mobile.......................................................................................53, 54 totales Outsourcing.............................................................................17 Transitional Outsourcing ....................................................................17 Triaton ..............................................................................................103 Tschechien..........................................................................................72 T-Systems...........................................................................................38 TU München.......................................................................................69 Ukraine ...............................................................................................72 Uni Cardan Informatik .....................................................................132 Universität Erlangen-Nürnberg ..........................................................52 Unternehmensbebauungsplan...............................................................5 USA....................................................................................................50 133
Sachwortverzeichnis Value-added Outsourcing...................................................................17 Verbindungsstellen ...............................................................................5 Vertragsgestaltung bei Outsourcing ..............................................................................37 Volkswagen AG ...................................................................................2 Walterscheid.....................................................................................132 Werkzeugauswahl ................................................................................7 Wipro............................................................................................75, 76 Workbench .........................................................................................94 X-Shore ..............................................................................................32 x-Shoring............................................................................................32 Zielländer ...........................................................................................64
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