Florian Haase / Katrin Brändel Investmentsteuerrecht
Florian Haase Katrin Brändel
Investmentsteuerrecht Einführung
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Florian Haase / Katrin Brändel Investmentsteuerrecht
Florian Haase Katrin Brändel
Investmentsteuerrecht Einführung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Andreas Funk Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2716-3
Vorwort Das Investmentsteuerrecht ist eine komplexe und hochregulierte Materie, deren Bedeutung in der Praxis immer weiter zunimmt. Der Zugang zu dieser Materie wird durch mehrere Faktoren erschwert. Erstens bedient sich das Investmentsteuergesetz einer eigenen, von den allgemeinen Ertragsteuergesetzen abweichenden Systematik und Terminologie, zweitens kommt der Rechtsanwender zumindest ohne aufsichtsrechtliche Grundkenntnisse (dies bezieht sich auf das Investmentgesetz) nicht aus und drittens sind nicht nur BMF-Schreiben, sondern auch die Merkblätter und Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu beachten. Der Gesetzgeber hatte es sich seinerzeit mit dem Investmentmodernisierungsgesetz (Gesetz vom 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2676), das dem Investmentsteuergesetz und den Investmentgesetz zugrunde liegt, zum Ziel gesetzt, die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit sowie die Attraktivität des Investmentstandortes Deutschland zu erhöhen und die Ausweichbestrebungen deutscher Investmentfonds in das europäische Ausland einzudämmen. Die Zielsetzung scheint erreicht worden zu sein. Seit dieser Zeit bietet das Investmentsteuergesetz erstmals eine einheitliche gesetzliche Grundlage für die Besteuerung von in- und ausländischen Investmentfonds und von deren Anlegern. Das vorliegende Praxishandbuch bietet vor diesem Hintergrund eine Einführung in das Investmentsteuerrecht. Dargestellt werden die Grundsätze des Investmentsteuergesetzes unter besonderer Berücksichtigung der Besteuerung des Anlegers. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Erläuterung der Systematik und der Terminologie gelegt. Beispiele und Praxishinweise runden die Darstellung ab. Das Buch ist auf dem Rechtsstand vom Januar 2011. Hamburg, im Januar 2011 Dr. Florian Haase
Dr. Katrin Brändel
5
Inhaltsübersicht Vorwort
5
Abkürzungsverzeichnis
12
Literaturverzeichnis
14
Bearbeiterverzeichnis
17
Kapitel 1: Einleitung
19
A. Überblick I. Vorbemerkungen 1. Kurzcharakterisierung 2. Wirtschaftliche Bedeutung von Investmentfonds 3. Geschlossene Fonds/Private Placements a) Allgemeines b) Rechtliche Unterschiede c) Steuerliche Unterschiede d) Terminologische, aber rechtlich fundierte Abgrenzung 4. Notwendigkeit und Zielsetzung einer gesetzlichen Regelung 5. Historie II. Zivilrechtliche Grundkonzeption eines Investmentfonds 1. Überblick 2. Beteiligte a) Anleger b) Kapitalanlagegesellschaft c) Sondervermögen d) Depotbank III. Steuerliche Grundkonzeption eines Investmentfonds 1. Überblick 2. Besteuerung der Beteiligten a) Kapitalanlagegesellschaft b) Sondervermögen c) Anleger 3. Voraussetzungen für die Transparenz 4. Vergleich mit der Direktanlage
19 19 19 23 24 24 25 25 27 29 30 31 31 32 32 33 35 37 38 38 40 40 41 42 43 43
B. Verhältnis zum InvG
44
C. Grundprinzipien des InvStG
45
D. Verhältnis zu anderen Normen
47
E. Besteuerung im Überblick
47
7
Inhaltsübersicht Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG A. Inländisches Investmentvermögen I. Investmentfonds 1. Sondervermögen a) Allgemeines b) Richtlinienkonforme Fonds c) Immobilien-Sondervermögen d) Gemischte-Sondervermögen e) Altersvorsorge-Sondervermögen f) Infrastruktur-Sondervermögen g) Sonstige Sondervermögen h) Mitarbeiter-Sondervermögen i) Spezial-Sondervermögen 2. Investmentaktiengesellschaft II. Kapitalanlagegesellschaft III. Depotbank
53 54 54 55 57 59 60 60 61 62 62 63 64 67 71
B. Ausländisches Investmentvermögen I. Gemeinschaftliche Kapitalanlage II. Grundsatz der Risikomischung III. Anlage in Vermögensgegenstände nach § 2 Abs. 4 InvG IV. Anlagegrenzen V. Recht eines anderen Staates unterstehen VI. Rückgaberecht VII. Vergleichbare Investmentaufsicht VIII.Sonderfälle 1. Private Equity Fonds 2. CDOs 3. Zertifikate IX. Öffentlicher Vertrieb ausländischer Investmentanteile in Deutschland
73 76 76 78 79 80 80 81 82 82 83 83
Kapitel 3: Besteuerung der Fondseingangsseite A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene I. Ertragsarten auf der Fondseingangsseite II. Einkünfte aus Kapitalvermögen 1. Ertragsermittlung nach Regeln für Überschusseinkünfte 2. Zufluss-/Abfluss-Prinzip und Modifikationen 3. Einheitliche und gesonderte Feststellung III. Werbungskostenabzug 1. Allgemeines 2. Werbungskosten im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang 8
52
83 87 87 87 88 88 89 91 91 91 92
Inhaltsübersicht 3. Werbungskosten im mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang a) Stufe 1: Zuordnung zu steuerfreien Erträgen nach DBA b) Stufe 2: Pauschales Abzugsverbot c) Stufe 3: Zuordnung zu Dividendenerträgen IV. Verlustverrechnung V. Zinsschranke 1. Grundregeln a) § 4h EStG b) § 8a KStG 2. Vorliegen eines Betriebs a) Fondsebene b) KAG-Ebene c) Anlegerebene 3. Ermittlung der relevanten Zinsen
93 93 94 95 96 98 98 98 100 102 102 104 104 105
B. Quellensteuern I. Inländische Quellensteuern 1. Inländisches Investmentvermögen a) Kapitalertragsteuerabzug nach allgemeinen Regeln b) Erstattung an das inländische Investmentvermögen 2. Ausländisches Investmentvermögen a) Kapitalertragsteuerabzug/Steuererstattung/Steuerabzug b) Abkommensrecht II. Ausländische Quellensteuern 1. Inländisches Investmentvermögen a) Quellensteuerabzug nach ausländischem Recht aa) Allgemeines bb) Abkommensrecht b) Steueranrechnung oder Steuerabzug 2. Ausländisches Investmentvermögen
106 107 107 107 108 109 109 110 110 110 110 110 111 112 113
Kapitel 4: Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene) A. Laufende Besteuerung I. Transparenzstatus des Fonds als Grundlage II. Besteuerung transparenter Fonds 1. Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge 2. Besteuerung nach den Regelungen des InvStG, EStG und KStG im Einzelnen a) Verhältnis zu anderen Vorschriften b) Einkünftequalifikation aa) Einkünftequalifikation nach nationalem Steuerrecht bb) Einkünftequalifikation nach Abkommensrecht
115 115 115 120 121 124 124 124 124 127 9
Inhaltsübersicht c) Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen d) Besteuerung der Einkünfte aus Betriebsvermögen e) Zuflusszeitpunkt (Zeitliche Zurechnung der Erträge) 3. Hinweise zur Gewerbesteuer 4. Besteuerung ausländischer Einkünfte nach § 4 InvStG a) Allgemeines b) Freistellung III. Besteuerung intransparenter Fonds IV. Besteuerung semitransparenter Fonds V. Quellensteuern (Kapitalertragsteuer) VI. Ermittlung der Zinserträge für die Zinsschrankenregelung B. Aperiodische Besteuerung I. Erwerb der Anteile an dem Sondervermögen II. Halten der Anteile an dem Sondervermögen III. Verkauf der Anteile an dem Sondervermögen IV. Zwischengewinn Kapitel 5: Sonderfragen
10
128 131 134 136 139 139 140 144 147 148 154 155 155 156 156 159 161
A. Der sog. Aktien- bzw. Immobiliengewinn I. Überblick II. Zwecksetzung III. Steuerliche Behandlung 1. Regelungsinhalt 2. Anwendungsvoraussetzungen 3. Jüngere Rechtsprechung
161 161 162 162 162 163 164
B. Ertragsausgleich
166
C. Dachfonds I. Begriff/Zielsetzung II. Investmentrechtliche Vorgaben III. Steuerliche Aspekte 1. Transparenzprinzip 2. Transparente Zielfonds a) Ertragsarten b) Verschiedenes 3. Intransparente Zielfonds
168 168 169 170 170 171 171 172 173
D. Verschmelzungen von Investmentvermögen I. Überblick II. Verschmelzung inländischer Investmentvermögen 1. Aufsichtsrechtliche Vorfragen 2. Steuerliche Behandlung a) Steuerfolgen beim Anleger
173 173 175 175 176 177
Inhaltsübersicht b) Steuerfolgen auf Fondsebene aa) Ebene des übertragenden Sondervermögens bb) Ebene des übernehmenden Sondervermögens 3. Besonderheiten a) Aktiengewinn b) Ertragsausgleich c) Zwischengewinn III. Verschmelzung ausländischer Investmentvermögen
177 177 178 179 179 180 181 181
E. Zinsinformationsverordnung
183
F. Exkurs: Auslandinvestment-Gesetz I. Registrierte Investmentvermögen II. Nicht-registrierte Investmentvermögen III. Sonstige Investmentvermögen
184 184 184 184
Stichwortverzeichnis
185
11
Abkürzungsverzeichnis AO-StB
Abgabenordnung-Steuerberater (Zeitschrift)
BaFin BB BBEV BGBl. BR-Drs. BStBl.
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebsberater (Zeitschrift) Berater Brief Erben und Vermögen (Zeitschrift) Bundesgesetzblatt Bundesrat Drucksache Bundessteuerblatt
DBA Ders. DS DStR DStZ
Doppelbesteuerungsabkommen derselbe Drucksache Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift)
EG ErbStB EStG EURLUmsG EU EWR DStR
Europäische Gemeinschaft Erbschaftsteuer-Steuerberater (Zeitschrift) Einkommensteuergesetz Richtlinien Umsetzungsgesetz Europäische Union Europäischer Wirtschaftsraum Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
FR
Finanzrundschau
ggf. GmbH-StB
gegebenenfalls GmbH-Steuerberater (Zeitschrift)
i.d.R. i.S.d. ISIN InvG InvStG IStR IWB
in der Regel im Sinne des/der International Securities Identification Number Investmentgesetz Investmentsteuergesetz Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift)
JStG
Jahressteuergesetz
KAG
Kapitalanlagegesellschaft
12
Abkürzungsverzeichnis KWG
Kreditwesengesetz
NWB
Neue Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift)
OECD-MA
Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
PiStB
Praxis Internationale Steuerberatung (Zeitschrift)
Rdn.
Randnummer
S. sog.
Seite / Seiten sogenannte(s,r)
u.E. UR
unseres Erachtens Umsatzsteuerrundschau (Zeitschrift)
13
Literaturverzeichnis Ammelung/Lindauer, Besteuerung von Dachfonds - Einführungsschreiben des BMF zum InvStG hat Zweifelsfragen offen gelassen, NWB Fach 3, 14025-14032 (21/2006). Bacmeister/Gladbach, Erfahrungen rund um die Bescheinigung von Investmentfonds, IStR 2007, 169 ff. Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, 1. Auflage, München 2010. Bickert/Schick, Besteuerung des negativen Aktiengewinns – Inkonsistenz oder Umsetzung des Transparenzprinzips?, BB 2006, 1999 ff. Blümich, Ertragsteuerliche Nebengesetze Kommentar, Loseblatt (Stand: Mai 2009). Bödecker, C., Hinzurechnung steuerfreier Dividenden, NWB 2010, 2777 ff. Brinkhaus/Scherer, Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, Kommentar zum Auslandsinvestment-Gesetz: KAGG AuslInvestmG, München 2003. Brucker, Das InvStG – Terminologie und Steuerbefreiungen, Die Steuerwarte 2007, 128 ff. Buck-Heeb, P., Kapitalmarktrecht, 3. Auflage, Heidelberg 2009. Ebner, Steuerliche Behandlung von Dach-Investmentvermögen nach neuem InvStG, BB 2005, 290 ff. Ebner/Helios, Kritische Kommentierung ausgewählter Aspekte des aktuellen BMF-Schreibens zum InvStG vom 18.8.2009 (BStBl. 2009, 931) unter Berücksichtigung des JStG 2010, BB 2010, 1565 ff. Egner/Kohl, Exchange Traded Funds im Betriebsvermögen, BBEV 2007, 125 ff. Elser/Gütle-Kunz, Anwendung des InvStG bei Beteiligung an ausländischen Fonds unter Berücksichtigung des neuen Investmentsteuererlasses, BB 2010, 414 ff. Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 22.06.2010, DS 17/2249. Feyerabend/Vollmer, Investmentfondsbesteuerung und Abgeltungsteuer, BB 2008, 1088 ff. Fock, Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital im Umsatzsteuerrecht, UR 2006, 558 ff. Fock, Das neue Recht der Investmentaktiengesellschaft, BB 2006, 2371 ff. Grabbe/Lübbehüsen, Investmentsteuerrecht: Einführung der Abgeltungsteuer und andere aktuelle Änderungen, DStR 2008, 950 ff. Haase, Zweifelsfragen im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 2 InvStG, DStR 2009, 957 ff. Haase, § 4 Abs. 1 InvStG und ausländische Einkünfte, IStR 2010, 170 ff. 14
Literaturverzeichnis Haase, Kommentar zum InvStG, 1. Auflage, Stuttgart 2010. Helios/Link, Zweifelsfragen der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge aus Finanzinnovationen und offenen Fonds, DStR 2008, 386 ff. Jacob/Geese/Ebner, Handbuch für die Besteuerung von Fondsvermögen, 3. Auflage, Neuwied 2007. Kayser/Bujotzek, Steuerliche Behandlung offener Immobilienfonds und ihrer Anleger, FR 2006, 49 ff. Kayser/Steinmüller, Besteuerung von Investmentfonds ab 2004, FR 2004, 137 ff. Klein, Besteuerung ausländischer Investmentfonds, PiStB 2006, 291 ff. Maier/Wengenroth, Einführungsschreiben zum InvStG, ErbStB 2009, 350 ff. Lenz/Quast/Wellisch, Besonderheiten bei der Besteuerung und Bilanzierung inländischer und ausländischer Investmentvermögen, BB 2008, 490 ff. Link/Reuter/Schmies, Zum Begriff des ausländischen Investmentanteils nach dem BMFSchreiben v. 18.8.2009, FR 2010, 369 ff. Panzer, Inhalt und Reichweite des Grundsatzes der Risikomischung im Hinblick auf die investmentrechtliche Qualifizierung ausländischer Immobilienvermögen, IStR 2005, 426 ff. Pätsch/Fischer/Krause, Anmerkungen zum Ertragsausgleich nach dem neuen BMF-Schreiben zum Investmentsteuergesetz, DStR 2009, 2646 ff. Patzner/Pätsch/Goga, Steuerliche Chancen und Herausforderungen der neuen EU-Fondsrichtlinie, IStR 2010, 709 ff. Sorgenfrei, Steuerlicher Transparenzgrundsatz und DBA-Berechtigung deutscher offener Fonds, IStR 1994, 465 ff. Schmies/Helios, Ausländische Investmentanteile i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG, BB 2009, 1100 ff. Schnitger/Schachinger, Das Transparenzprinzip im Investmentsteuergesetz und seine Bedeutung für das Zusammenwirken mit den Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 ff. AStG, BB 2007, 801 ff. Schönbach/Gnutzmann, Deutsche Ertragsteuer – Risiken für ausländische Investmentfonds?, BB-Spezial 2010 Nr. 1, 30 ff. Schreiben betreffend Investmentsteuergesetz (InvStG), Zweifels- und Auslegungsfragen; Aktualisierung des BMF-Schreibens vom 2. Juni 2005 (BStBl. I S. 728) vom 18.08.2009, BStBl. I S. 931 (BMF-Schreiben InvStG). Steinmüller, Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Streubesitzdividenden aus einem Investmentvermögen, DStR 2009, 1564 ff.
15
Literaturverzeichnis Schulz/Petersen, Passive Ausgleichsposten aufgrund der Beteiligung an offenen Immobilienfonds – Auswirkungen aktueller Rechtsprechung, DStR 2008, 335 ff. Vogel/Lehner, Kommentar zum Doppelbesteuerungsabkommen, 5. Auflage, München 2008.
16
Bearbeiterverzeichnis Haase
1 A – B; 3; 5
Brändel 1 C – E; 2; 4
17
1
Kapitel 1: Einleitung A.
Überblick
I.
Vorbemerkungen
1.
Kurzcharakterisierung
1 A.
Das deutsche InvStG1 ist (ebenso wie das InvG als sein zivil- bzw. aufsichtsrechtliches Ge- 1 genstück) im Wesentlichen auf in- und ausländische sog. offene Investmentfonds sowie in- und ausländische Investmentanteile2 anwendbar. Sie allein sowie die daran geknüpften Besteuerungskonsequenzen für den Fonds und seine Anleger sind der Gegenstand dieses Einführungsbuches.3 Dies gilt unabhängig davon, ob der Fonds ein in- oder ausländischer Fonds ist oder ob der 2 Anleger im In- oder Ausland ansässig ist. Irgendein Anknüpfungspunkt zum Inland muss aber steuerlich gegeben sein, damit das InvStG eingreift. Dieser Anknüpfungspunkt kann über den Sitz des Fonds, die steuerliche Ansässigkeit des Anlegers oder die Belegenheit der dem Fondsinvestment zugrundeliegenden sog. Assets hergestellt werden. > Beispiel
Das deutsche InvStG ist daher im Grundsatz anwendbar, wenn ein inländischer Anleger über einen inländischen Fonds in inländische Vermögensgegenstände investiert, wenn ein inländischer Anleger über einen inländischen Fonds in ausländische Vermögensgegenstände investiert, wenn ein inländischer Anleger über einen ausländischen Fonds in inländische Vermögensgegenstände investiert, wenn ein inländischer Anleger über einen ausländischen Fonds in ausländische Vermögensgegenstände investiert, wenn ein ausländischer Anleger über einen inländischen Fonds in inländische Vermögensgegenstände investiert, wenn ein ausländischer Anleger über einen inländischen Fonds in ausländische Vermögensgegenstände investiert oder u.U. anwendbar, wenn ein ausländischer Anleger über einen ausländischen Fonds in inländische Vermögensgegenstände investiert. Es ist hingegen nicht anwendbar, wenn ein ausländischer Fonds mit ausländischen Anlegern in im Ausland belegene Vermögensgegenstände investiert. 1
2 3
Zur Besteuerung von Investmentfonds in der Europäischen Union vgl. Tomi Viitala, Taxation of Investment Funds in the European Union, IBFD Doctoral Series, Amsterdam 2005, passim; Taxation of Investment Funds 2009, Tax Planning International Special Report, BNA International Inc., London/Washington, D.C., U.S.A, 2009. Zum Begriff der ausländischen Investmentanteile in der Auslegung durch das Anwendungsschreiben zum InvStG vgl. Link/Reuter/Schmies, FR 2010, 369 ff. Tiefergehende Erläuterungen zum InvStG, zur steuerlichen Behandlung von offenen Fonds und ihren Anlegern sowie den notwendigen Bezügen zum InvG erschließen sich ergänzend über die einschlägige Kommentarliteratur, vgl. dazu exemplarisch Haase, Kommentar zum InvStG, 1. Auflage, Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2010 oder Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, 1. Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2010. 19
F. Haase, K. Brändel, Investmentsteuerrecht, DOI 10.1007/978-3-8349-6689-6_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
1
Kapitel 1:
Einleitung
Es gilt somit: Für die Anwendung des InvStG muss stets ein steuerlicher Anknüpfungspunkt zum Inland gegeben sein. Dieser Anknüpfungspunkt kann im Sitz des Fonds, der steuerlichen Ansässigkeit des Anlegers oder der Belegenheit der dem Fondsinvestment zugrundeliegenden Assets bestehen.
1
3 Im wirtschaftlichen Ergebnis verbirgt sich hinter einem offenen Investmentfonds eine Art
anonymisierte Kapitalsammelstelle, die einer Vielzahl von institutionellen Investoren oder Privatanlegern (derer meist Hunderte, Tausende oder gar Hunderttausende) zur Geldanlage dient.4 Das solchermaßen gebündelte Geld wird in einem sog. Sondervermögen professionell verwaltet und gesondert oder gemischt in verschiedenen Anlagebereichen i.S.d. §§ 46 ff. InvG (sog. Assetklassen; typischerweise z.B. Immobilien5, Aktien, Renten (Anleihen) und andere Geldmarktpapiere, Währungen, Gold und andere Rohstoffe6, etc.) eingesetzt. Letztlich sind offene Fonds damit ein (teilweise sehr kompliziertes) rechtliches Konstrukt des Kapitalmarktes, das dem Anleger zur (teils kurzfristigen) Renditeerzielung bzw. nur temporären Anlage liquider Mittel dient und mit dem er daneben häufig bestimmte andere Sekundärzwecke (z.B. Altersvorsorge, langfristige und solide Vermögensbildung) verfolgt. ! Praxishinweis
Die Fondsbezeichnungen sind in der Praxis ebenso vielfältig wie die zugrunde liegenden Anlageklassen. Doch wann darf z.B. ein Aktienfonds als Aktienfonds bezeichnet und auch als solcher vertrieben werden? Art. 2 der BaFinRichtlinie zur Festlegung von Fondskategorien7 gemäß § 4 Abs. 2 InvG vom 14.12.2004 bestimmt, dass es zur Verwendung einer Fondskategorie (z.B. Aktienfonds, Equity Fonds, Rentenfonds, Bond Fonds etc.) oder einer ihrer begrifflichen Bestandteile (z.B. Renten, Bonds, Aktien etc.) bei der Namensgebung oder im Vertrieb vorausgesetzt wird, dass nach den Vertragsbedingungen oder der Satzung des Fonds mindestens 51% des Wertes des Investmentvermögens im die Fondskategorie bezeichnenden, d.h. namensgebenden Vermögensgegenstand, angelegt sein müssen (z.B. Aktienfonds: mindestens 51 Prozent Aktien; Rentenfonds: mindestens 51 Prozent (fest-) verzinsliche Wertpapiere etc.). 4 Anleger, die einander meist nicht kennen, investieren ihr Geld in Fonds und erhalten im
Gegenzug Anteilsscheine an einem Sondervermögen. Die Anteilsscheine von Investmentfonds, die dem Anleger den jeweiligen, häufig schwankenden Wert seiner Beteiligung anzeigen, können jedenfalls bei Exchange-traded Funds (ETF)8 börsentäglich9 gehandelt
4 5 6 7 8 9
20
Die wirtschaftlichen Grundlagen des Fondsgeschäfts erläutern mittlerweile (auch für den Laien) zahlreiche Bücher, vgl. nur Raab, Grundlagen des Investmentfondsgeschäfts, 1. Auflage, Frankfurt School Verlag, 2010; Dembowski, Profi-Handbuch Investmentfonds, 5. Auflage, Walhalla Verlag, 2010. Zur steuerlichen Behandlung von offenen Immobilienfonds vgl. Kayser/Bujotzek, FR 2006, 49 ff. Beachte: Edelmetalle und Zertifikate über Edelmetalle dürfen von einer Kapitalanlagegesellschaft für ein Sondervermögen nicht erworben werden, vgl. § 46 Satz 2 InvG. Hier werden in der Praxis meist Hilfskonstrukte aufgesetzt, um wirtschaftlich das gleiche Ergebnis zu erreichen. Im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/SharedDocs/Aufsichtsrecht/DE/ Richtlinien/rl__041212__fondskategorien.html. Zu Besonderheiten der Besteuerung dieser Fonds vgl. Egner/Kohl, BBEV 2007, 125 ff. Damit einher geht für inländische Fonds in der Regel eine börsentägliche Rechnung und Veröffentlichung gemäß § 36 Abs. 6 InvG in einer hinreichend verbreiteten Tageszeitung oder in elektronischen Medien, vgl. Kayser/Steinmüller, FR 2004, 143 ff. sowie Bacmeister in Haase, InvStG, § 5 Rdn. 317.
A.
1
Überblick
werden, mit anderen Worten: Es gibt einen (ständig wachsenden) Markt für Anteile an offenen Fonds. Ein Vorteil von offenen Fonds besteht damit für den Anleger in dem (nahezu) jederzeitigen Zugriff auf sein Geld und damit letztlich auf Liquidität. ! Praxishinweis
An der Börse gehandelte Indexfonds (ETF) bilden die Wertentwicklung eines Index 1:1 ab. In einem ETF auf den Deutschen Aktienindex (DAX) beispielsweise finden sich genau die Werte wieder, die im DAX enthalten sind. Steigt der DAX, steigt auch der Wert des ETF-Anteils und umgekehrt. Mangels eines aktiven Fondsmanagements sind ETF für den Anleger deutlich gebührengünstiger als aktiv gemanagte Fonds. Dieser Gebührenvorteil wiegt umso schwerer, als es nur wenigen aktiven Fonds überhaupt gelingt, den Index zu übertreffen. Herkömmliche ETFs werden wie normale Investmentfonds besteuert. Bei sog. swap-basierten ETF auf einen Performance-Index ist das anders, denn hier werden mittels sog. „Swaps“ Dividenden in Kursgewinne umgewandelt. Swaps sind spezielle Tauschgeschäfte unter Banken, die zu den Derivaten zählen. Somit blieben bei Swap-ETF im Gegensatz zu herkömmlichen ETF die Dividenden bei Kauf bis Ende 2008 und Verkauf nach Ablauf der Spekulationsfrist von der Abgeltungsteuer endgültig verschont. Werden Swap-ETF erst ab dem 1.1.2009 gekauft, gibt es keine Spekulationsfrist mehr. Dann fällt bei Verkauf 25% Abgeltungsteuer auf den gesamten Kursgewinn und auch auf die darin enthaltenen Dividenden an. Damit ist dann zumindest noch ein Steuerstundungseffekt verbunden, denn bei „normalen“ ETF sind die Dividenden jährlich steuerpflichtig. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es sich bei dem auf offene Fonds anwendbaren 5 InvG um eine hochregulierte Materie handelt, die einen Missbrauch durch die für das Management des Sondervermögens eingesetzten Personen im Vergleich zu anderen risikoorientierten Anlageformen zumindest unwahrscheinlicher werden lässt. Bis auf allgemeine Bewegungen des Marktes, der jede Kapitalanlage per se ausgesetzt ist, ist daher mit Investmentfonds i.d.R. kein aus ihrem Wesen resultierendes erhöhtes Verlustrisiko verbunden. Investmentfonds sind eine anerkannte Form der Geldanlage, die aus dem heutigen Wirt- 6 schaftsleben nicht mehr wegzudenken ist. Sie bilden zusammen mit den Geschäfts- und Zentralbanken, den Sparkassen und Versicherungen einen inzwischen wesentlichen Teil des volkswirtschaftlichen Finanzsektors. Ihre rechtliche Konstruktion (Stichworte: Dachfonds, Zertifikate10, etc.) und auch die Art der Gebührenstrukturen haben zwar mitunter eine Komplexität erreicht, die insbesondere dem Privatanleger nur schwer vermittelbar sind. Dies sollte jedoch kein Anlass sein, an den unbestrittenen Vorteilen dieser Art von Kapi- 7 talanlage Zweifel zu hegen, sofern Anleger an die zugrundeliegende Investmentidee glauben und sich auch von der Qualität des Managements überzeugen konnten. Auch steuerlich sind Investmentfonds für den Privatanleger durchaus attraktiv. > Beispiel
Ein Privatanleger vermietet eine Immobilie. Die Erträge aus der Immobilie versteuert er mit seinem individuellen Steuersatz, d.h. in der Spitze mit 45% (Einkommen- plus Reichensteuer) plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Beteiligt sich der Privatanleger hingegen an einem offenen Immobilienfonds, werden die Mieterträge lediglich mit der Abgeltungsteuer (plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) belegt. 10 Zur Besteuerung von Garantie- und Zertifikatefonds vgl. Herrmann, BB 2009, 188 ff.; speziell zu Garantiefonds vgl. Fock, DStZ 2006, 503 ff. 21
1
1
Kapitel 1:
Einleitung
8 Gleichwohl hat die jüngste Finanzkrise gezeigt, dass sich Investmentfonds als alleinige
1
Spekulationsstrategie nicht eignen. Die Schwankungen des Kapitalmarktes sind zu unberechenbar, und gerade die Volatilität von Wertpapieren ist auch von Experten kaum verlässlich vorherzusagen. Da hilft es nur bedingt, dass offene Fonds bei der Geldanlage den sog. Grundsatz der Risikomischung11 und bestimmte weitere sog. Anlageprinzipien zu beachten haben. 9 Das Anlagerisiko soll reduziert werden, indem das Sondervermögen zwingend in verschie-
dene Assetklassen zu investieren hat. Jedoch auch die Regelungen, die sicherstellen, dass bezüglich des Sondervermögens der Vermögenserhalt selbst im Fall der Insolvenz der Kapitalanlagegesellschaft gewährleistet sein soll, führen bei einem totalen Kursabsturz zwangsläufig dazu, dass der Anleger möglicherweise seiner gesamten Vermögensanlage verlustig geht. Trotzdem sind die Anlegerschutzvorschriften bei offenen Fonds eindeutig weiter ausgeprägt als bei konkurrierenden Formen der Kapitalanlage. 10 Offene Investmentfonds sind für den Anleger i.d.R. flexibel einsetzbar. Dies betrifft nicht
nur die langfristigen Ziele des Investments (z.B. Altersvorsorge, Ausbildungsfinanzierung für Kinder, etc.), sondern auch die Art der Zielerreichung (etwa über fondsgebundene Lebensversicherungen, Investmentsparpläne, etc.). ! Praxishinweis
Durch den regelmäßigen Erwerb für sich betrachtet relativ geringer Anteile an Investmentfonds über mehrere Jahre beispielsweise lassen sich für den Privatanleger zwei Effekte bei der Kapitalanlage besonders vorteilhaft miteinander kombinieren: Der Zinseszinseffekt und der Cost-Average-Effekt. Beide führen dazu, dass das Investmentsparen im Wege eines monatlichen Sparplans i.d.R. der Einmalanlage in einen oder mehrere Investmentfonds überlegen ist. 11 Der Kauf von Anteilen an Investmentfonds ist heute nahezu Standardbestandteil jeder
langfristigen Anlagestrategie, ganz gleich, welche Ziele damit verfolgt werden. Die Geldanlage in Investmentfonds erwirtschaftet langfristig gesehen meist höhere Renditechancen als die meisten anderen Anlageformen. Das besondere Steuerregime des InvStG bietet hier insoweit Anreize, als mit der Anlage in Investmentfonds gegenüber einer Direktanlage im Grundsatz kein steuerlicher Nachteil verbunden ist. Es gilt somit: Investmentfonds sind heutzutage eine wichtige Säule der liberalen, marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsverfassung. Sie ermöglichen eine betragsmäßig und hinsichtlich der Zielbranchen bzw. Anlageklassen äußerst flexible Geldanlage für eine Vielzahl von Menschen und setzen zugleich Standards in Sachen Transparenz und Sicherheit.
11 Dazu Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 26 sowie Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 88. 22
A.
2.
1
Überblick
Wirtschaftliche Bedeutung von Investmentfonds
1
Die wirtschaftliche Bedeutung offener Fonds ist – ausgehend vom US-amerikanischen bzw. 12 britischen Finanzsektor – auch in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren rasant vorangeschritten und längst, auch im Vergleich zu anderen Branchen, durchaus signifikant. Man schätzt, dass die Bruttowertschöpfung der gesamten Kredit- und Versicherungswirtschaft bereits über den Werten der deutschen Automobilindustrie liegt. Unmittelbar und mittelbar arbeiten ca. 500.000 Menschen im Bereich des Vertriebs von Fonds- und Finanzprodukten. Hinzu kommen Berater jeglicher Couleur, deren Zahl ebenfalls beträchtlich sein dürfte. Rund 60% aller deutschen Haushalte besitzen laut einer aktuellen, am 5.10.2010 veröffent- 13 lichten Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Investmentfonds12. Am deutschen Markt wird Schätzungen zufolge gegenwärtig ein Fondsvermögen von insgesamt ca. 1,2 Billionen Euro verwaltet. Dennoch gibt es auch im Bereich der Investmentfonds Marktbereinigungen. Experten gehen derzeit davon aus, dass bis Mitte 2011 rund 900 der 6000 Publikumsfonds für Privatanleger vom deutschen Markt verschwunden sein werden. ! Praxishinweis
Wer als Anleger eine Fondszusammenschließung vermeiden möchte, sollte sich vor der Anlage nach dem Volumen des jeweiligen Fonds erkundigen. Schon ein Volumen unter 50 Mio. Euro ist verhältnismäßig klein, und unterhalb von 25 Mio. Euro ist es sehr fraglich, ob die Wirtschaftlichkeitsgrenze beim Fondsinitiator erreicht wird. Einem solch kleinen Fonds wird tendenziell seitens des Managements weniger Aufmerksamkeit zuteil als einem größeren Fonds, oder er wird über kurz oder lang mit einem anderen Fonds verschmolzen. Fonds, die eine attraktive Größe haben, werden tendenziell nicht zusammengelegt, geschlossen oder vernachlässigt. Den offenen Fonds kommt damit heutzutage unbestritten eine wichtige ökonomische 14 Brückenfunktion zu. Einerseits verschaffen Sie neben den institutionellen Investoren wie Banken, Versicherungen, etc. selbst Kleinsparern und privaten Haushalten, die weder das Know-how noch die erforderlichen Geldmittel haben, um ein sinnvoll diversifiziertes Investmentportfolio aufzubauen, den Zugang zu den Kapitalmärkten, die ihnen sonst verschlossen blieben. Andererseits werden auch und gerade über den Streubesitz erhebliche Geldmittel in den Wirtschaftskreislauf verbracht und dort von der freien Wirtschaft und selbst der öffentlichen Hand für eine Vielzahl von Zwecken eingesetzt. Neben der Befriedigung der Kapitalnachfrage darf nicht übersehen werden, dass den of- 15 fenen Fonds sowie den Kapitalanlagegesellschaften eine wichtige Informationsfunktion bezüglich des aktuellen Marktgeschehens zukommt. Informationen jeder Art über die Kapitalmärkte und den Finanzsektor insgesamt werden zusammengetragen, gesichtet, aufbereitet und den Anlegern sowie der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
12 Weitere Informationen sind im Internat abrufbar unter: http://www.zew.de/de/forschung/projekte. php3?action=detail &nr=1004. 23
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Kapitel 1:
Einleitung
Aufgrund des Wissensvorsprungs insbesondere der institutionellen Anleger und einiger „Profis“ im Privatbereich führt dies zwar noch nicht zu einer Chancengleichheit, jedoch immerhin zu einer Chancenannäherung. 16 Der Gesetzgeber hat die Flexibilität und die Chancen offener Fonds früh erkannt und sei-
nerseits Anreize geschaffen, Investmentfonds als Instrument privater Vermögensbildung zu nutzen. Die Vermögensbildungsgesetze aus den 1960ger Jahren legen hiervon Zeugnis ab (Stichwort: vermögenswirksame Leistungen und Aktienfonds-Sparpläne). Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die sog. Riester-Rente. Auch Fondssparpläne genießen seit dem Jahr 2002 eine staatliche Förderung. Es gilt somit: Investmentfonds kommt heute eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Bedeutung zu. Daneben erfüllen sie wichtige Informationsfunktionen hinsichtlich des Kapitalmarktes.
3.
Geschlossene Fonds/Private Placements
a)
Allgemeines
17 Offene Fonds sind rechtlich und terminologisch in erster Linie von sog. geschlossenen
Fonds und von Investorengemeinschaften (sog. private placements) abzugrenzen, welche nicht Gegenstand dieses Einführungsbuches sind.13 ! Praxishinweis
Private placements und geschlossene Fonds wiederum grenzt man i.d.R. nach der Zahl der angesprochenen Anleger ab. Investorengemeinschaften sind nach § 8f Abs. 2 Nr. 3 des VerkaufsprospektG von der sog. Prospektpflicht ausgenommen. Nach der genannten Vorschrift ist kein Prospekt zwingend für Angebote, bei denen von derselben Vermögensanlage nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden oder bei denen der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile insgesamt 100.000 Euro nicht übersteigt oder bei denen der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200.000 Euro je Anleger beträgt. 18 Geschlossene Fonds haben mit offenen Fonds lediglich gemein, dass sich die Assetklassen,
in die der Fonds investiert, häufig decken. Mit Ausnahme von Aktien investieren geschlossene Fonds regelmäßig ebenso wie offene Fonds beispielsweise in Immobilien, Gold etc., wobei im Bereich der Immobilienfonds sicherlich die größten Gemeinsamkeiten zu konstatieren sind.
13 Im Gegensatz zu offenen Fonds gibt es für geschlossene Fonds und deren zivil- und steuerrechtliche Behandlung bereits einige Grundlagenbücher, vgl. dazu exemplarisch Lüdicke/Arndt (Hrsg.), Geschlossene Fonds, 5. Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2009; Löwer, Geschlossene Fonds, DFI, Hamburg, 2006; Bartlsperger u.a., Geschlossene Immobilienfonds, 5. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2007; Voigtmann, Geschlossene Fonds, 1. Auflage, Finanzbuch Verlag, 2009 (sehr einfach erläutert). 24
A.
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Überblick
Zudem sind auch geschlossene Fonds und Investorengemeinschaften Instrumente des Ka- 19 pitalmarktes, bei denen sich eine Vielzahl von Anlegern (meist zwischen zehn und einigen Hundert) zu einem gemeinsamen Zweck zusammenfindet. In den letzten Jahren ist zudem zu beobachten, dass geschlossene Fonds nicht mehr ausschließlich zugunsten der Anleger (und der Emittenten) renditeorientiert aufgelegt, sondern zunehmend von dritter Seite zielgerichtet als Mittel der Finanzierung einer unternehmerischen Investition eingesetzt werden. Es gilt somit: Offene Fonds sind von geschlossenen Fonds und Investorengemeinschaften abzugrenzen. Sie sind rechtlich unterschiedlich aufgebaut und unterscheiden sich meist in der Zahl ihrer Anleger. Die Anlagegegenstände hingegen, in die investiert wird, sind jedoch im Grundsatz vergleichbar.
b)
Rechtliche Unterschiede
Die rechtliche Struktur von geschlossenen Fonds und Investorengemeinschaften unter- 20 scheidet sich fundamental von dem Aufbau eines offenen Fonds. Geschlossene Fonds und Investorengemeinschaften sind meist als GmbH & Co. KG strukturiert, wobei die Anleger dem Fonds als Kommanditisten beitreten. Die Anleger zahlen also ihre Kommanditeinlage und erhalten im Gegenzug Anteile an der jeweiligen Kommanditgesellschaft. Die Anleger sind in die Geschäftsführung des Fonds nicht involviert und nehmen an den 21 wesentlichen Anlageentscheidungen nicht teil. Die Geschäftsführung des Fonds obliegt i.d.R. einer Komplementär-GmbH, deren Anteile meist von dem Emissionshaus oder einer dem Emissionshaus nahe stehenden Person gehalten werden. Daneben wird manchmal – um eine gewerbliche Prägung auszuschließen, dazu sogleich – eine weitere GmbH zur geschäftsführenden Kommanditistin bestellt, die häufig ebenfalls im Lager des Emissionshauses steht. Je nach Assetklasse und Ausgestaltung des Fonds runden Trust- und Treuhandgestaltungen, Management- und Serviceverträge und mehrstöckige Strukturen das Bild ab. Es gilt somit: Geschlossene Fonds sind i.d.R. als GmbH & Co. KG strukturiert, während offene Fonds zivilrechtlich Sondervermögen sind, die von einer KAG verwaltet werden.
c)
Steuerliche Unterschiede
Die Bestellung einer geschäftsführenden Kommanditistin wird immer dann vorgenom- 22 men, wenn steuerlich eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vermieden werden soll. Entsprechend begegnen uns geschlossene Fonds am Markt in den zwei möglichen Erscheinungsformen einer KG, nämlich als vermögensverwaltende oder als gewerbliche bzw. gewerblich geprägte Kommanditgesellschaften. Bei Immobilienfonds ist die vermögensverwaltende Personengesellschaft wegen § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG meist Mittel der Wahl, um nach 10 Jahren einen nicht steuerbaren Exit zu ermögli25
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Kapitel 1:
Einleitung
chen. Bei Mobilienfonds hat der Gesetzgeber ab dem 1.1.2009 dafür gesorgt, dass sich die maßgebliche Haltefrist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ebenfalls auf 10 Jahre erhöht, sofern aus den Wirtschaftsgütern (hier den dem Fonds zugrunde liegenden Assets) Einnahmen erzielt werden. 23 Steuerlich betrachtet gibt es für geschlossene Fonds einige Besonderheiten, die entweder
den zugrunde liegenden Assets oder den zuweilen entgegengesetzten Interessen des Emissionshauses und der Anleger geschuldet sind. Gesetzgeber und Finanzverwaltung haben in den vergangenen Jahren in vielfältiger Weise den Besonderheiten der Branche der geschlossenen Fonds Rechnung getragen. Als Beispiele aus der Gesetzgebung sei die Einführung von § 15b EStG und aus der Finanzverwaltung die Bekanntgabe des sog. 5. Bauherrenerlasses14 genannt. 24 Im Übrigen aber sind auf geschlossene Fonds und die Besteuerung ihrer Anleger die ge-
wöhnlichen deutschen Steuergesetze unter Einschluss etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) anwendbar. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um die Besteuerung von Personengesellschaften und ihrer Anleger. Anders als bei offenen Fonds existiert im deutschen Steuerrecht nämlich kein besonderes Besteuerungsregime speziell für geschlossene Fonds oder Investorengemeinschaften. Es gilt somit: Geschlossene Fonds begegnen uns am Markt als vermögensverwaltende oder gewerbliche bzw. gewerblich geprägte Personengesellschaften. Die Unterscheidung hat vor allem für die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen und für die DBA-Anwendung Bedeutung. 25 Aus diesem Grund ist die Frage der Anwendbarkeit des InvStG auch auf einen geschlos-
senen Fonds für die gesamte Branche von zentraler Bedeutung. Die Frage wird in jüngerer Zeit vermehrt diskutiert. Hierzu wird man, ohne dass der Gesetzgeber bereits explizit tätig geworden wäre, sagen müssen, dass auch geschlossene Fonds unter das InvStG fallen können, sofern nur dessen Anwendungsbereich eröffnet ist. 26 Zwar wird es meist entweder am Grundsatz der Risikomischung (§ 1 Satz 2 InvG) oder an
den Anforderungen des § 2 Abs. 1 InvG scheitern (eine deutsche Personengesellschaft kann rechtlich kein Sondervermögen und auch per definitionem keine Kapitalanlagegesellschaft oder – eine in Deutschland seltene – Investmentaktiengesellschaft15 sein), und auch in der Literatur besteht die einhellige Meinung, dass das InvStG auf Personengesellschaften nicht
14 BMF v. 20.10.2003, Az.: IV C 3 – S 2253 a – 48/03, BStBl. I 2003, 546 ff.; vgl. vorgängig (1. Bauherrenerlass) BMF vom 31.08.1972, Az.: F / IV B 4 – S 2253 – 133/72, BStBl. I 1972, 486 ff.; (2. Bauherrenerlass) Koordinierte OFD-Verfügungen vom 2.10.1978, BB 1978, 1448 ff.; (3. Bauherrenerlass) BMF vom 13.08.1981, Az.: IV B 1 – S 2253 a – 03/81, BStBl. I 1981, 604 ff.; (4. Bauherrenerlass) BMF vom 31.08.1990 , Az.: V B 3 -S 2253 a – 49/90, BStBl. I 1990, 366 ff.; instruktiv dazu Loritz in Wagner/Loritz, Konzeptionshandbuch der steuerorientierten Kapitalanlagen, 2. Auflage, Verlag C.F. Müller, Heidelberg, 1997, Rdn. 1742 ff. 15 Zum Recht der Investmentaktiengesellschaft vgl. Fock, BB 2006, 2371 ff. 26
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Überblick
anwendbar ist.16 Jedoch besteht z.B. nach Auffassung der BaFin u.E. richtigerweise kein Zweifel, dass Beteiligungen an geschlossenen Fonds zu den Unternehmensbeteiligungen i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 9 und 11 InvG rechnen.17 Steuerlich wendet das BMF das InvStG bislang, soweit ersichtlich, nicht auf geschlossene 27 Fonds an.18 Es ist aber nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber alsbald tätig wird, was für die Initiatoren und Anleger geschlossener Fonds erhebliche Nachteile hätte.19 Die weitere Entwicklung in diesem Bereich bleibt daher abzuwarten. Es gilt somit: Das InvStG ist (bislang) auf geschlossene Fonds nicht anwendbar.
d)
Terminologische, aber rechtlich fundierte Abgrenzung
Neben der grundsätzlichen rechtlichen Ausgestaltung bestehen terminologische Unter- 28 schiede zwischen offenen und geschlossenen Fonds, die indes auch rechtlich fundiert sind. Fonds bezeichnet man herkömmlich als geschlossen, wenn den Anlegern nicht das Recht zusteht, ihre Anteile an die Fondsgesellschaft zurückzugeben. Eine Kündigung der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft bleibt zwar rechtlich möglich, ist aber meist durch den Gesellschaftsvertrag für eine festgelegte Dauer von Jahren ausgeschlossen. Ein zulässiger Verkauf der Kommanditbeteiligung wiederum scheitert in der Praxis meist daran, dass kein Zweitmarkt für Anteile an geschlossenen Fonds existiert. ! Praxishinweis
Der Anleger sollte sich rechtzeitig informieren, ob und in welcher Form ein vorzeitiger Ausstieg aus der Kapitalanlage möglich ist. Zuweilen bieten Initiatoren auch sog. Zweitmarktfonds an. Zweitmarktfonds erwerben gebrauchte Anteile geschlossener Fonds aller Art über den sog. Zweitmarkt, allerdings oftmals weit unter Wert. Gelegentlich ist zu lesen, dass Fonds dann als geschlossene Fonds zu bezeichnen sind, wenn 29 nach der Einwerbung des angestrebten Eigenkapitals keine weiteren Anleger mehr beitreten können. Der Fonds „wird dann geschlossen“. Zwar ist es richtig, dass nach der Aufbringung des angestrebten Investitionsvolumens keine Anleger mehr aufgenommen werden, namensgebend für den geschlossenen Fonds jedoch ist diese Tatsache nicht. Die Nichtaufnahme weiterer Anleger beruht lediglich auf einem Entschluss der Initiatorin oder auf der Zweckerreichung, nicht aber auf rechtlichen Zwängen. 16 Statt vieler Berger/Lübbehüsen, FR 2006, 126 ff. sowie Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 31; dies jedoch einschränkend in Rdn. 75 für ausländische geschlossene Fonds, die in ihrem Herkunftsland einer Investmentaufsicht unterliegen. 17 Vgl. den Fragenkatalog der BaFin vom 21.1.2010 zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum Rundschreiben 14/2008 (WA), Geschäftszeichen WA 41-Wp 2136-2008/0001, im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/SharedDocs/Veroeffentlichungen/ DE/Service/Auslegungsentscheidungen/Wertpapieraufsicht/ae__100121__invg.html. 18 Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 18.8.2009, Az.: IV C 1 – S 1980-1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., jedoch wird hieraus auch deutlich, dass eine Bereichsausnahme für bestimmte Rechtsformen (z.B. Personengesellschaften) nicht mehr besteht; so auch Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 203. 19 Vgl. nur die Veröffentlichungspflichten nach § 5 InvStG, die in der Praxis eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen und die zudem zu hohen laufenden Kosten führen. 27
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Einleitung
Es gilt somit: Fonds bezeichnet man dann als offene Fonds, wenn die Anleger hinsichtlich ihrer Anteilsscheine ein jederzeitiges Rückgaberecht haben.
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30 Für offene Fonds hingegen ist das Recht der jederzeitigen Anteilsrückgabe durch den An-
leger ein Hauptcharakteristikum. Es findet sich an einigen Stellen im InvG, besonders prominent beispielsweise bei der Definition der ausländischen Investmentanteile in § 2 Abs. 9 InvG. Auch die spezielle Besteuerungsregel des § 8 InvStG (sog. Aktien- bzw. Immobiliengewinn) für die Rückgabe oder Veräußerung von Anteilen an Investmentfonds zeigt, dass die Rückgabe von Fondsanteilen eine hohe praktische Bedeutung hat. Der grundsätzlich mögliche Handel über die in- oder ausländische Börse (amtlicher Markt oder Freiverkehr) ermöglicht dies ohne weiteres. ! Praxishinweis
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 und 4 InvG darf die KAG für Rechnung des Sondervermögens Wertpapiere, die an Börsen und organisierten Märkten außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen oder einbezogen sind oder deren Zulassung oder Einbeziehung beantragt wurde, nur dann erwerben, wenn diese Börsen oder organisierten Märkte diesbezüglich von der BaFin zugelassen sind.20 31 Daneben ist es üblich, Fonds nach den Assetklassen zu benennen, in die sie investieren.
Man spricht daher z.B. von Aktienfonds, Dachfonds (investieren in andere Fonds, sog. fund-of-funds), Rentenfonds, Geldmarktfonds, Windenergie-Fonds, Solarfonds, Immobilienfonds, etc., ohne dass damit indes eine rechtliche Unterscheidung verbunden wäre. Immobilienfonds beispielsweise können sowohl „offen“ als auch „geschlossen“ sein, so dass die Bezeichnung allein über die rechtliche Kategorisierung keine Auskunft gibt. Zuweilen finden sich auch Fondsbezeichnungen darunter, deren Existenz die breite Öffentlichkeit nicht einmal vermuten würde, wie etwa Wald- oder Weinfonds bzw. sogar Fonds, die in gebrauchte englische Stromzähler investieren. 32 Nahezu ohne Aussagekraft sind Bezeichnungen, die allein über die geografische Streuung
der Vermögensgegenstände in Regionen, Länder oder Kontinente Auskunft geben. Man spricht beispielsweise von „Indien-Fonds“, „Brasilien-Fonds“, etc., jedoch ermöglicht auch diese Bezeichnung keine Abgrenzung zwischen offenen und geschlossenen Fonds. Auch die herkömmliche Bezeichnung „Publikumsfonds“21 findet sich bei beiden Spielarten von Fonds gleichermaßen. 33 Dennoch gibt es auch Bezeichnungen und damit auch rechtlich besonders strukturierte
Fonds, die sich nur bei offenen, nicht aber bei geschlossenen Fonds finden. Als Beispiele seien sog. Spezialfonds (z.B. Immobilien-Spezialfonds22 – richtiger: Immobilien-Sondervermögen – nach den §§ 66 ff. InvG) oder die vielgescholtenen (Stichwort „Heuschrecke“) 20 Eine Gesamtliste der von der BaFin zugelassenen Börsen und der anderen organisierten Märkte gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 und 4 InvG ist im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Service/Auslegungsentscheidungen/Wertpapieraufsicht/ae__080208__boersenInvG.html. 21 Definition in § 2 Abs. 3 Satz 2 InvG. 22 Zur Steuerplanung mit Immobilienfonds im Inbound-Fall vgl. Kroschewski/Reiche, IStR 2006, 730 ff. 28
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Überblick
sog. Hedge-Fonds (Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach den §§ 114 ff. InvG) genannt. Allerdings dürfen Anteile an sog. Single-Hedgefonds aus Gründen des Anlegerschutzes nicht öffentlich vertrieben werden. Dies ist im Grundsatz nur bei sog. DachHedgefonds möglich, also bei Investmentfonds, die ihrerseits Geldmittel wieder in Anteile von verschiedenen Single-Hedgefonds anlegen. Es gilt somit: Die Bezeichnungsvielfalt bei offenen Fonds ist verwirrend. Nicht immer wird mit den zuweilen plakativen Bezeichnungen zugleich auch eine rechtliche Aussage getroffen. Es lohnt sich daher, einen genauen Blick auf das zugrunde liegende Konstrukt zu werfen. Hinsichtlich der Zulässigkeit von Fondsbezeichnungen und die daran zu stellenden Anforderungen wird auf Art. 2 der BaFin-Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien23 gemäß § 4 Abs. 2 InvG vom 14.12.2004 verwiesen.
4.
Notwendigkeit und Zielsetzung einer gesetzlichen Regelung
Das deutsche Investmentsteuerrecht ist eine hochregulierte Materie mit Bezügen zum Steu- 34 errecht, Gesellschaftsrecht, Aufsichtsrecht, Wertpapierrecht und Gemeinschaftsrecht.24 Insbesondere die investmentrechtlichen Aspekte sind sehr komplex, und der Gesetzgeber ist bei Novellierungen der Gesetze stets gezwungen, den Anlegerschutz einerseits und die Wettbewerbsfähigkeit des Investmentstandorts Deutschland andererseits in Einklang zu bringen. Man wird jedoch für das InvStG konstatieren müssen, dass die Überarbeitungsgeschwindigkeit des Gesetzgebers noch nicht jene Taktung erreicht hat, die man in anderen Teildisziplinen des Steuerrechts beobachten kann. Änderungen des InvStG sind dennoch, gerade in jüngerer Zeit, nicht selten vorgekommen, und Neuregelungen sind seit 2007 regelmäßig Teil der sog. Jahressteuergesetze.25 Grund hierfür ist, dass das Investmentsteuerrecht weder eine neue Besteuerungs- oder Ein- 35 kunftsart neu eingeführt noch sonst in systemverändernder Weise in die aus den Ertragsteuergesetzen bekannte Einkommensbesteuerung eingegriffen hätte. Vielmehr legt sich das InvStG als spezieller Besteuerungsrahmen über die bestehenden Einkommensteuergesetze, die weiterhin Anwendung finden, wenn und soweit das InvStG keine ausdrücklichen Abweichungen hiervon vorsieht.26 Diese bewusste, u.E. auch richtige systematische Entscheidung des Gesetzgebers hat allerdings den Preis, dass die in den einzelnen Steuergesetzen mittlerweile teilweise mehrmals im Jahr vollzogenen Änderungen jeweils im InvStG
23 Im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/SharedDocs/Aufsichtsrecht/DE/ Richtlinien/rl__041212__fondskategorien.html. 24 Nachweise bei Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 2. 25 Die jüngsten Änderungen durch das JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, sind in diesem Buch bereits verarbeitet. Zu den jüngsten Entwicklungen vgl. Ebner/Helios, BB 2010, 1565 ff. 26 BFH v. 7.04.1992, VIII R 79/88, BStBl. II 1992, 786 ff.; Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 48 ff. 29
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Kapitel 1:
Einleitung
nachvollzogen werden müssen. Hieraus können jedoch Probleme bei der Gesetzesanwendung entstehen, wie die Einführung der Abgeltungsteuer27 für ab dem 1.1.2009 zufließende Kapitalerträge im Privatvermögen und ihr umstrittenes Verhältnis zum InvStG belegt.28 36 Der Gesetzgeber hatte es sich mit dem Investmentmodernisierungsgesetz,29 das dem InvG
und InvStG zugrunde liegt, laut Gesetzesbegründung30 zum (in der Praxis nicht immer erreichten) Ziel gesetzt, die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit sowie die Attraktivität des Investmentstandortes Deutschland zu erhöhen und die Ausweichbestrebungen deutscher Investmentfonds in das europäische Ausland einzudämmen. 37 Die Zwecksetzung des InvStG lässt sich mithin vor dem Hintergrund der vorstehend nur
skizzierten Probleme zusammenfassend wie folgt charakterisieren: (1) Schaffung eines einheitlichen, verständlichen und bei der Gesetzesanwendung einfach zu handhabenden Regelungsrahmens für steuerliche Bestimmungen bezüglich der Fonds und bezüglich privater oder betrieblicher Anleger, (2) einheitliche Kodifizierung der Regeln für in- und ausländische Investmentfonds und (3) die – im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage – jedenfalls im Grundsatz durchgehaltene Gleichbehandlung in- und ausländischer Fonds.31 Es gilt somit: Das InvStG ist heute die einheitliche Rechtsgrundlage für die steuerliche Behandlung von offenen in- und ausländischen Fonds und ihren Anlegern. ! Praxishinweis
Für die Besteuerungspraxis sind neben dem Anwendungsschreiben zum InvStG32, weiteren BMF-Schreiben33 und Erlassen auch die Rundschreiben der BaFin34 zu beachten.35
5.
Historie
38 Vor Inkrafttreten des InvStG richtete sich speziell die Besteuerung der Erträge aus Antei-
len an ausländischen Investmentfonds nach dem AuslInvestmG36 (vgl. dazu den Exkurs im letzten Kapitel). Ausländische Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1 AuslInvestmG wurden für
27 28 29 30 31 32 33 34 35
36 30
Zu den durch die Abgeltungsteuer hervorgerufenen Systembrüchen vgl. Luckner, BBEV 2007, 280 ff. Dazu Helios/Link, DStR 2008, 386 ff.; Feyerabend/Vollmer DB 2008, 1088 ff. Gesetz vom 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2676. BT-Drs. 15/1553. Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 4. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 – S 1980 – 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff.; dazu kritisch Ebner/ Helios, BB 2010, 1565 ff. sowie Maier/Wengenroth, ErbStB 2009, 350 ff. Z.B. BMF-Schreiben vom 4.12.2007, Az.: IV B 8 – S – 1980 – 1/0, DStR 2008, 255 ff. zu den Folgen einer verspäteten Veröffentlichung der Besteuerungsgrundlagen im elektronischen Bundesanzeiger. Im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/DE/Unternehmen/Fonds/Investmentfonds/investmentfonds__node.html?__nnn=true. Als Beispiel aus jüngerer Zeit sei das für die Praxis wichtige Rundschreiben 14/2008 (WA) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG vom 22.12.2008 (Geschäftszeichen WA 41–Wp 2136–2008/0001) genannt, im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/ SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Service/Rundschreiben/2008/rs__1408__wa.html. Gesetz vom 28.07.1969, BGBl. I 1969, 435 ff.
A.
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Überblick
die Besteuerung in drei Gruppen, nämlich in sog. weiße, graue und schwarze Fonds37, eingeteilt. Die Zuordnung der Fonds zu den einzelnen Gruppen war sodann entscheidend für die Ermittlung der steuerlichen Erträge.38 Diese Systematik ist durch das InvStG terminologisch und sachlich überholt. Weitere Regelungen zur Besteuerung der Anleger von inländischen Investmentfonds sowie 39 Bestimmungen zur Besteuerung der Investmentfonds selbst waren im KAGG39 verankert. Daneben war für die rechtliche Behandlung der Kapitalanlagegesellschaften das KWG zu beachten. Nunmehr bietet das InvStG erstmals eine einheitliche gesetzliche Grundlage für die Be- 40 steuerung von in- und ausländischen Investmentfonds und von deren Anlegern. Mit dem Investmentmodernisierungsgesetz sind die steuerrechtlichen Vorschriften des KAAG und des AuslInvestmG erstmals in einem einheitlichen Gesetz zusammengeführt worden.40 Die Neuregelung ging einher im Zusammenhang mit Bestrebungen auf europäischer Ebene, das Aufsichtsrecht den Erfordernissen des fortschreitenden Gemeinschaftsrechts anzupassen.41 Es gilt somit: InvG und InvStG haben im Wege des Investmentmodernisierungsgesetzes im Jahr 2003 das KAGG und das AuslInvestmG abgelöst.
II.
Zivilrechtliche Grundkonzeption eines Investmentfonds
1.
Überblick
Ein offener Investmentfonds ist zivilrechtlich regelmäßig wie folgt aufgebaut: Anleger sind 41 als Investoren an einem Sondervermögen beteiligt. Das Sondervermögen, das von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltet wird, wird durch eine Depotbank organisatorisch getrennt vom sonstigen Vermögen der KAG gehalten. Die nachstehende Abbildung verdeutlicht das Spannungsfeld, in dem sich der Anleger als der wirtschaftlich Berechtigte des Fonds befindet.
37 Zum auf schwarze Fonds bezogenen BFH-Urteil v. 18.11.2008 (Az.: VIII R 24/07) vgl. Bödecker/Binger in IWB 2009/12 Fach 3a, Gruppe 1, 1121. 38 Zuletzt Gesetz vom 9.9.1998, BGBl. I 1998, 2726 ff.; zum Ganzen Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 17. 39 Dazu Zeller in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, Einleitung KAGG Rdn. 6 ff. 40 Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 14. 41 Vgl. dazu die Änderungsrichtlinien 2001/107/EG und 2001/108/EG vom 21.01.2002 zur EU-Investmentrichtlinie 85/611/EWG (Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, sog. OGAW-Richtlinie) vom 20.12.1985 sowie die dazu ergangenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. 31
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Kapitel 1:
Einleitung
Abbildung 1: Investmentdreieck
1
2.
Beteiligte
a)
Anleger
42 Anleger eines in- oder ausländischen Investmentfonds können aus deutscher Sicht zivil-
rechtlich im Grundsatz in- oder ausländische natürliche oder juristische Personen, Personenvereinigungen oder sonstige Vermögensmassen sein, sofern das InvG bzw. das InvStG keine Abweichungen vorsieht. Gelegentlich, z.B. bei Spezialfonds, ist die Anlegereigenschaft im deutschen Recht (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 InvG) nämlich richtigerweise aus Gründen des Anlegerschutzes eingeschränkt, so dass im Ergebnis nur institutionelle Investoren42 (das Gesetz „definiert“ sie als „nicht natürliche Personen“) als Anleger in Frage kommen. Im Ausland, v.a. in den hochentwickelten Fondsstandorten wie Luxemburg, den Niederlanden und Frankreich, existieren meist vergleichbare Regeln. ! Praxishinweis
Für sehr vermögende Privatpersonen verbleibt jedoch im Grundsatz die Möglichkeit der Gründung eines sog. Vorschaltvehikels, um dennoch an einem Spezialfonds partizipieren zu können. An Spezialfonds ist ohnehin meist nur ein institutioneller Investor oder eine kleinere Investorengruppe beteiligt. 43 Die Anleger sind unabhängig davon, wie die Vertragsbeziehungen zwischen ihnen und
der KAG bezüglich des Sondervermögens ausgestaltet sind, stets die wirtschaftlich Berechtigten. Die Erträge des Sondervermögens stehen wirtschaftlich und steuerlich allein ihnen zu. Als Begründung hierfür mag man entweder die allgemeine Zurechnungsnorm des § 39 AO oder das nicht explizit kodifizierte Transparenzprinzip bzw. § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 InvStG heranziehen, wonach das inländische Sondervermögen als Körperschaftsteuersubjekt von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit ist.43 42 Beispiele: Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Unterstützungskassen, berufsständische und kirchliche Versorgungswerke, Unternehmen (insbesondere bei der Anlage von Pensionsgeldern), Stiftungen, Verbände sowie kirchliche und andere karitative Einrichtungen. 43 Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 76. 32
A.
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Überblick
Es gilt somit: Die Anleger offener Fonds werden in natürliche und nicht natürliche Personen eingeteilt. Spezialfonds dürfen nur von nicht natürlichen Personen gezeichnet werden.
b)
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Kapitalanlagegesellschaft
Kapitalanlagegesellschaften44 (§ 2 Abs. 6 InvG) sind Unternehmen, deren Geschäftsbereich 44 darauf gerichtet ist, bei ihnen investiertes Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Grundsatz der Risikosmischung beispielsweise in Wertpapier, Beteiligungs- oder Grundstücks-Sondervermögen gesondert vom gesellschaftseigenen Vermögen anzulegen und über die sich daraus ergebenden Rechte der Anteilsscheininhaber Anteilsscheine auszustellen. Neben ihrer Kerntätigkeit, der Verwaltung von Investment-Sondervermögen, ist den Gesellschaften die Erbringung sogenannter Nebendienstleistungen wie etwa die Finanzportfolio-Verwaltung, die Anlageberatung oder der Vertrieb von Anteile an anderen, nicht von der Gesellschaft verwalteten InvestmentSondervermögen gestattet. Die Kapitalanlagegesellschaft wird entweder als Aktiengesellschaft, zumeist aber in der 45 Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführt. Jedenfalls muss es sich um eine inländische Gesellschaft mit Sitz und Hauptverwaltung in Deutschland handeln, § 6 Abs. 1 InvG.45 In beiden Fällen (AG oder GmbH) ist ein Aufsichtsrat einzurichten, dem mindestens ein von den Gesellschaftern und den verbundenen Unternehmen und Geschäftspartnern der Kapitalanlagegesellschaft unabhängiges Mitglied angehört. Ausnahmen hiervon sind nur für solche Gesellschaften zulässig, die ausschließlich Spezial-Sondervermögen oder Spezial-Investmentaktiengesellschaften verwalten. ! Praxishinweis
Vor Inkrafttreten des InvStG waren Investmentaktiengesellschaften gegenüber den Investmentvermögen steuerlich benachteiligt. Auch wenn der Nachteil inzwischen weggefallen ist, so wirkt die Vergangenheit noch nach. Investmentaktiengesellschaften sind in Deutschland im Grunde praktisch kaum anzutreffen. KAG nehmen damit wichtige Funktionen wahr. Sie tragen für den spezifischen Anleger- 46 schutz und zugleich den überindividuellen Schutz der gesamten Anlegerschaft (jeweils Ausschnitte des Funktionsschutzes des Kapitalmarkes) Sorge. Dies geschieht in erster Linie, indem die KAG das ihr anvertraute Sondervermögen von ihrem Allgemeinvermögen getrennt zu halten hat (§ 30 Abs. 1 Satz 1 InvG). Ein Gleiches gilt für die Trennung mehrerer Sondervermögen. Eine Vermögensmischung wäre von der regelmäßigen Verwaltungs-
44 Dazu Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 50. 45 Eine Gesamtliste der in Deutschland zugelassenen KAG und Investmentaktiengesellschaften ist im Internet abrufbar unter: http://www.bafin.de/cln_152/nn_724240/DE/Unternehmen/Fonds/Investmentfonds/investmentfonds__node.html?__nnn=true. 33
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Kapitel 1:
Einleitung
und Verfügungsbefugnis nicht mehr gedeckt. Das Sondervermögen haftet nicht für Verbindlichkeiten der KAG (§ 31 Abs. 2 InvG), ist gegen Zwangsvollstreckung geschützt (§ 38 Abs. 5 InvG) und gehört nicht zur Insolvenzmasse der KAG (§ 38 Abs. 3 S. 2 InvG). 47 Was die rechtliche Zuordnung des Sondervermögens zur KAG anbelangt, so stellt das Ge-
setz zwei Durchführungswege zur Verfügung, die im Grundsatz von dem Fondsinitiator bei Auflegung des Fonds frei gewählt werden können. Sie werden mit den Schlagworten „Miteigentumslösung“ und „Treuhandlösung“ treffend charakterisiert46. Bei der Miteigentumslösung (§ 30 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InvG) befindet sich das Sondervermögen zivilrechtlich im (Mit-)Eigentum der Anteilsscheininhaber, die KAG besitzt aber eine Verfügungsbefugnis. Bei der Treuhandlösung (§ 30 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 InvG) steht das Sondervermögen zwar formal der KAG zu (diese ist zivilrechtlich Eigentümerin), wirtschaftlich aber ist das Sondervermögen wie Eigentum der Anteilinhaber zu behandeln. Für Immobilien-Sondervermögen ist die Treuhandlösung gemäß § 75 InvG zwingend vorgeschrieben. ! Praxishinweis
Die Wahl zwischen Miteigentums- und Treuhandlösung hat nicht nur zivilrechtliche, sondern auch steuerrechtliche Folgen. Stellt man sich beispielsweise einen inländischen offenen Fonds vor, der direkt in ausländische Immobilien investiert, so stellt sich ungeachtet der Anwendung des InvStG aus deutscher Sicht auch im Ausland die Frage, wer im Rahmen der ausländischen beschränkten Steuerpflicht das Steuersubjekt für die ausländischen Immobilienerträge ist. Regelmäßig führen die ausländischen Rechtsordnungen dabei eine Art Rechtstypenvergleich durch bzw. machen es von der zivilrechtlichen Ausgestaltung des inländischen Fonds abhängig, ob die KAG oder aufgrund der grundsätzlichen Transparenz des Fonds die inländischen Anleger als beschränkt Steuerpflichtige gelten. Ist der inländische Fonds als Treuhandlösung konzipiert, betrachtet das Ausland meist die KAG als beschränkt Steuerpflichtigen mit der Folge, dass im Ausland für die Immobilienerträge der Körperschaftsteuersatz zur Anwendung kommt. Ist der Fonds hingegen als Miteigentumslösung angelegt, werden die Anleger selbst im Ausland beschränkt steuerpflichtig mit der Folge, dass dort der progressive Einkommensteuersatz für natürliche Personen anzuwenden ist. Da dieser, freilich in Abhängigkeit von der Höhe der Erträge, meist höher sein wird als der Körperschaftsteuersatz, greifen die meisten inländischen Fonds in der Praxis auf die Treuhandlösung zurück. 48 Die Trennung des Sondervermögens vom sonstigen Vermögen der KAG hat nicht nur haf-
tungs-, sondern auch insolvenzrechtliche Folgen. Den Anteilsscheininhabern steht gemäß § 47 InsO ein Aussonderungsrecht zu. Die KAG verliert mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder durch Gerichtsbeschluss (Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, § 26 InsO) ihr bisheriges Verwaltungsrecht (§ 38 Abs. 3 S. 1 InvG). Bei der Treuhandlösung geht sodann das gesamte Sondervermögen, bei der Miteigentumslösung das Verfügungsrecht auf die Depotbank über (§ 39 Abs. 1 InvG). Die Depotbank ist infolgedessen auch für die Geltendmachung der Aussonderungsansprüche zugunsten der Anteilsscheininhaber zuständig (§ 39 Abs. 2 InvG). 49 Der KAG kommt innerhalb des Fonds die zentrale Bedeutung zu, wirtschaftlich berechtigt
aus dem Investmentvermögen sind jedoch nur die Anleger. Die von einer KAG ausgegebenen Anteile an Investmentvermögen werden entsprechend in Anteilsscheinen (Investm46 Dazu Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 45. 34
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Überblick
entzertifikate) verbrieft. Diese können auf den Inhaber oder auf Namen lauten und über einen oder mehrere Anteile desselben Sondervermögens ausgestellt werden. Sie sind von der KAG und der Depotbank zu unterzeichnen, wobei mechanische Vervielfältigung zugelassen ist, vgl. §§ 33 ff. InvG. Die Anteilsscheine werden durch Zahlung des Ausgabepreises und nach den Vertrags- 50 bedingungen der KAG erworben. Der Ausgabepreis muss dem Wert des Anteils am Sondervermögen zuzüglich eines vertraglich festgesetzten Ausgabeaufschlages (sog. Agio) entsprechen und ist an die Depotbank zu entrichten. Entsprechend wird der Rücknahmepreis gebildet aus dem Wert des Anteils am Sondervermögen abzüglich eines vertraglich festgesetzten Abschlags. Der Wert des Anteils ergibt sich aus der Teilung des Wertes des Sondervermögens, der börsentäglich zu ermitteln ist, durch die Zahl der in den Verkehr gebrachten Anteile. ! Praxishinweis
Der Ausgabeaufschlag wird üblicherweise als Prozentsatz auf der Basis des Rücknahmepreises angegeben. Die Höhe des Ausgabeaufschlags ist unterschiedlich und wird von der Kapitalanlagegesellschaft festgesetzt. Er dient unter anderem der Deckung der Vertriebskosten und variiert erfahrungsgemäß zwischen null und sieben Prozent. Es wird jedoch auch eine Vielzahl von ausgabeaufschlagfreien Fonds angeboten. Bei diesen Fonds mit dem Zusatz „net“ wird kein Ausgabeaufschlag berechnet. Im Gegenzug wird als Äquivalent meist eine etwas höhere Verwaltungsvergütung erhoben, die mit den ordentlichen Fondserträgen automatisch verrechnet werden und sich deshalb über den geringeren steuerpflichtigen Ertrag steuermindernd auswirken. Es gilt somit: Die KAG verwaltet das Sondervermögen und hat dieses getrennt von ihrem sonstigen Vermögen zu halten. Als Durchführungswege stehen die Miteigentums- und die Treuhandlösung zur Wahl.
c)
Sondervermögen
Eine für das deutsche InvStG verbindliche Definition des Sondervermögens findet sich in 51 § 2 Abs. 2 InvG.47 Sondervermögen sind danach inländische Investmentvermögen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft für Rechnung der Anleger nach Maßgabe dieses Gesetzes und den Vertragsbedingungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Kapitalanlagegesellschaft zu den Anlegern bestimmt, verwaltet werden, und bei denen die Anleger das Recht zur Rückgabe der Anteile haben. Diese Definition nimmt offensichtlich Bezug auf die Definition eines Investmentvermö- 52 gens, welche in § 1 Satz 2 InvG als Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, die nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenständen im Sinne des § 2 Abs. 4 InvG angelegt sind, definiert sind. Auf diese Definition wird später an anderer Stelle eingegangen. Für Zwecke eines Überblicks mag hier der Hinweis genügen, dass es im deut47 Zu den Voraussetzungen von Investmentfonds bzw. Sondervermögen ausführlich Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 40 ff. 35
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Kapitel 1:
Einleitung
schen Recht Sondervermögen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts gibt, dass der Begriff bis in das 19. Jahrhundert zurückreicht und ursprünglich aus dem Stiftungswesen stammt. 53 Im allgemeinen rechtlichen Sprachgebrauch versteht man unter einem Sondervermögen
eine Vermögensmasse einer Person, die von dem übrigen Vermögen dieser Person dadurch getrennt ist, dass sie durch besondere gesetzliche Regelungen (etwa hinsichtlich der Verwaltung und Haftung) rechtlich anders behandelt wird als das übrige Vermögen der Person und dabei einer besonderen, überindividuellen Zweckbindung unterliegt. Im deutschen Recht existiert ein Numerus clausus der Sondervermögen; diese werden meist zur Erreichung rechtspolitischer Zwecke eingesetzt. Bezogen auf das Investmentrecht mag man den Publikums- und Spezial-Sondervermögen beispielsweise eine sozial-, finanzierungs- und kapitalmarktpolitische Funktion zuschreiben. 54 Wie eingangs beschrieben, lassen sich Sondervermögen in verschiedene Richtungen klas-
sifizieren. Sie sind dann meist auch namensgebend für den Fonds. So lassen sich Sondervermögen nach den Anlegergruppen (im Wesentlichen mit der Trennung natürliche und nicht natürliche Personen), nach der Organisationsverfassung (offene und geschlossene Fonds), nach dem Anlageziel (Bezugnahme auf die zugrunde liegende Assetklasse) oder nach der Anlagetechnik (thesaurierende oder ausschüttende Fonds) einteilen. Weitere Unterscheidungsmerkmale sind denkbar, aber i.d.R. nicht gebräuchlich. Wichtig ist indes noch die Unterscheidung in sog. richtlinienkonforme und nicht-richtlinienkonforme Sondervermögen (betreffend die OGAW-Richtlinie48). 55 Das InvG unterscheidet hiernach im Wesentlichen die folgenden Arten von Sonderver-
mögen49: (1) Spezial-Sondervermögen (§§ 91-95 InvG, die nur institutionellen Anlegern vorbehalten sind), (2) richtlinienkonforme Sondervermögen (§§ 46-65 InvG; verstanden als „Modelltypus“ gemäß der OGAW-Richtlinie; wichtige Fondsarten: Aktien-, Renten-, Geldmarkt-, Dachfonds), (3) sog. nicht-richtlinienkonforme Sondervermögen, wie z.B. Immobilien-Sondervermögen (§§ 66-82 InvG), gemischte Sondervermögen (§§ 83-95 InvG), Altersvorsorge-Sondervermögen (§§ 87-90 InvG), Infrastruktur-Sondervermögen (§§ 90a90f InvG), sonstige Sondervermögen (§§ 90g-90k InvG), Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen (§§ 90l-90r InvG) und Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Single- und Dach-Hedgefonds nach den §§ 112-120 InvG). 56 Insgesamt betrachtet bieten das Rechtsinstitut des Sondervermögens im Allgemeinen und
das Sondervermögen des InvG im Besonderen einen hinreichenden Schutz der Anleger. Die Abschirmung des Sondervermögens durch besondere Bestimmungen des InvG hinsichtlich Verwaltung und Haftung ist nicht nur geeignet, das Vertrauen potenzieller Anle-
48 Richtlinie 85/611/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ (OGAW-RL); dazu Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 40. 49 Für einen kurzen Überblick zum Regelungsinhalt des InvG vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 8 ff. 36
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Überblick
ger zu gewinnen, sondern stellt auch eine in der Praxis tragfähige und am Markt vollständig akzeptierte Lösung dar, die zur Auswahl stehenden Varianten „Miteigentum“ und „Treuhand“ praktikabel umzusetzen. Es gilt somit: Unter einem Sondervermögen versteht man eine Vermögensmasse einer Person, die von dem übrigen Vermögen dieser Person dadurch getrennt ist, dass sie durch besondere gesetzliche Regelungen rechtlich anders behandelt wird als das übrige Vermögen der Person und dabei einer besonderen, überindividuellen Zweckbindung unterliegt.
d)
Depotbank
In Deutschland sind ca. 60 Depotbanken50 (§ 2 Abs. 7 InvG) tätig, die sich auf Dienstlei- 57 stungen für offene Fonds spezialisiert haben.51 Eine Kapitalanlagegesellschaft darf von ihr aufgelegtes Sondervermögen nicht selbst verwahren, sondern muss ein anderes Kreditinstitut als sog. Depotbank beauftragen. Diese institutionelle Trennung dient dem Schutz der Anleger und beugt Missbrauch vor. Die Depotbank verwahrt die Gegenstände des Fondsvermögens getrennt vom Vermögen 58 der Investmentgesellschaft auf Sperrkonten oder in Sperrdepots (§ 20 Abs. 1 Satz 1 InvG). Außerdem übernimmt die Depotbank die Ertragsausschüttungen, die Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen, die Ermittlung der Ausgabe und Rücknahmepreise für die Anteilsscheine und wickelt das Fondsvermögen bei Auflösung eines Fonds ab. ! Praxishinweis
Der Rücknahmepreis oder Anteilspreis ist der aktuelle Kurswert, zu dem die KAG den Fondsanteil zurückkauft. Er wird börsentäglich von der jeweiligen Depotbank berechnet und ergibt sich aus der Summe sämtlicher Vermögenswerte des Fondsvermögens, geteilt durch die Anzahl der Anteilscheine im Umlauf. Der Ausgabepreis ist der aktuelle Kurswert des Fonds zuzüglich des Ausgabeaufschlages. Zusätzlich zu den Kursen der im Fonds vertretenen Wertpapiere, fließen auch die zeitanteiligen Dividenden- und Zinserträge sowie Zinsansprüche des Fonds in eine Fondspreisberechnung ein. Da Fondsanteile in der Regel nicht an der Börse gehandelt werden, entsteht der Rücknahmepreis nicht durch Angebot und Nachfrage, sondern wird an jedem Börsentag neu berechnet. Eine Depotbank muss ein unter staatlicher Aufsicht stehendes, in Deutschland zugelassenes 59 Kreditinstitut sein, das über ein haftendes Eigenkapital von mindestens 5 Millionen Euro verfügt. Für ihre Tätigkeit erhält die Depotbank ein Entgelt, das meist aus einer Depotgebühr für die Verwahrung des Fondsvermögens sowie einer Depotbankgebühr für ihre Durchführungs- und Kontrollaufgaben besteht. Das Entgelt wird aus dem Fondsvermögen gezahlt und damit von den Anlegern getragen.
50 Dazu Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 50. 51 Eine Gesamtliste der in Deutschland zugelassenen Depotbanken ist im Internet abrufbar unter: http://www. bafin.de/cln_152/nn_724240/DE/Unternehmen/Fonds/Investmentfonds/investmentfonds__node.html?__ nnn=true. 37
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Kapitel 1:
Einleitung
Es gilt somit: Die Depotbank verwahrt das von der KAG aufgelegte Sondervermögen. Außerdem übernimmt die Depotbank die Ertragsausschüttungen, die Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen und die Ermittlung der Ausgabe und Rücknahmepreise für die Anteilsscheine.
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III.
Steuerliche Grundkonzeption eines Investmentfonds
1.
Überblick
60 Die Besteuerung von Investmentfonds vollzieht sich auf drei Ebenen52: Erstens auf der Ebe-
ne der Quelle des Investments, zweitens auf der Ebene der KAG bzw. auf der Ebene des von der Kapitalanlagegesellschaft getrennten Sondervermögens und drittens beim Anleger.53 Die Darstellung der Besteuerung der Inhaber von Investmentanteilen ist das zentrale Anliegen dieses Buches. 61 Die vorgenannte 2. Ebene ist auch steuerlich noch einmal in die Besteuerung der KAG und
die Besteuerung des Investmentvermögens zu unterteilen, weil die institutionelle und haftungsrechtliche Trennung auch steuerlich nachvollzogen werden muss. > Beispiel
Als Beispiel für eine Besteuerung auf der 1. Ebene mögen in- oder ausländische Quellensteuern genannt werden. Nehmen wir an, ein inländischer Fonds investiert in ausländische zinstragende Wertpapiere. Hier wird der Schuldner der Zinsen ggf. nach dem ausländischen Recht gehalten sein, eine Quellensteuer auf die Bruttozinszahlung einzubehalten, so dass der Fonds die Zinsen nur netto vereinnahmen kann. 62 Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Zusammenhänge.
52 Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 72. 53 Instruktiv zu den bei Investmentfonds zugrunde liegenden steuerlichen Prinzipien Altfelder, FR 2000, 199 ff. 38
A.
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Überblick
Abbildung 2: „Ebenen“ des Investmentfonds
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Terminologisch unterscheidet man herkömmlich hinsichtlich der relevanten Ertragsströme 63 die sog. Fondseingangsseite und die sog. Fondsausgangsseite.54 Bezogen auf die vorstehenden Ausführungen betrifft die Fondseingangsseite daher die Besteuerung an der Quelle des Investments, während die Fondsausgangsseite die Besteuerung beim Anleger erfasst. Hierzu das folgende Schaubild: Abbildung 3: Fondseingangs-/Fondsausgangsseite
54 Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 90. 39
1
Kapitel 1:
Einleitung
Es gilt somit: Für die Besteuerung muss strikt zwischen den Ebenen der KAG, des Sondervermögens und der Anleger getrennt werden. Zudem können Quellensteuern im Zusammenhang mit der Investition in unterschiedliche Anlageklassen anfallen (z.B. Quellensteuern auf Zinsen und Dividenden).
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2.
Besteuerung der Beteiligten
a)
Kapitalanlagegesellschaft
64 Da die KAG zwingend als GmbH oder AG ausgestaltet sein muss, § 6 Abs. 1 Satz 1 InvG,
handelt es sich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG um ein gewöhnliches Körperschaftsteuersubjekt. Die KAG unterliegt daher den Besteuerungsgrundsätzen für Kapitalgesellschaften.55 Aufgrund der doppelten Inlandsverknüpfung (Sitz und Hauptverwaltung der KAG müssen im Inland belegen sein, § 6 Abs. 1 Satz 2 InvG) ist die KAG auch zwingend Steuersubjekt für Zwecke der Gewerbesteuer, weil es sich um eine inländischen Gewerbebetrieb handelt, § 2 GewStG. 65 Erträge aus dem Fonds allerdings, d.h. Erträge aus dem Investment in die jeweiligen Anla-
geklassen, generiert die KAG regelmäßig nicht. Sie kann und wird in der Praxis aber eine Gebühr für die Verwaltung des Fonds abrechnen. Im Gegensatz zum Ausgabeaufschlag wird die Verwaltungsvergütung regelmäßig direkt aus dem Fondsvermögen entnommen. Sie wird börsentäglich abgegrenzt und bereits in dem veröffentlichten Fondspreis berücksichtigt. ! Praxishinweis
Außerdem besteht für die KAG die Möglichkeit, zusätzlich eine erfolgsabhängige Vergütung (Performance-Fee) zu erheben. Sie stellt eine leistungsabhängige Vergütung für ein erfolgreiches Fondsmanagement bzw. eine „Mehr-Leistung“ dar. Hierbei gibt es verschiedene Arten. Die bekanntesten Varianten sind die „High-Watermark-Methode“, bei der ein definierter Höchststand des Anteilpreises (Rücknahmepreises) überschritten werden muss, sowie die „Hurdle-Rate-Methode“, bei der eine festgelegte Wertentwicklung, wie z.B. die Wertentwicklung eines Vergleichsindex, übertroffen werden muss, um eine erfolgsabhängige Vergütung zu beziehen. Der relevante Zeitraum kann sowohl das Kalenderjahr als auch das Geschäftsjahr des Fonds sein. Die Details der Berechnung einer erfolgsabhängigen Vergütung werden immer im Verkaufsprospekt des jeweiligen Fonds beschrieben. Die genannten Vergütungen unterliegen auf KAG-Ebene vollständig der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Es gilt somit: Die KAG wird wie eine gewöhnliche Kapitalgesellschaft besteuert. Ihre Erträge, z.B. aus der Fondsverwaltung, unterliegen der Körperschaft- und Gewerbesteuer.
55 Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 72. 40
A.
b)
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Überblick
Sondervermögen 1
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 InvStG gilt das inländische Sondervermögen als Körper- 66 schaftsteuersubjekt (Zweckvermögen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG), das von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit ist.56 Die Steuerbefreiung gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 3 InvStG zudem für die Investmentaktiengesellschaft. Auf der Ebene des Fonds fallen daher keine Ertragsteuern an. In § 11 InvStG ist somit das sog. Transparenzprinzip57 verwirklicht. Auf Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge wird lediglich eine Quellensteuer (hier die Kapitalertragsteuer i.S.d. § 43 EStG) erhoben. Wie auch sonst im Einkommensteuerrecht, handelt es sich hierbei allerdings systematisch lediglich um eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer der Anleger. Diese Grundsätze gelten zwar kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur für inländi- 67 sche Sondervermögen und inländische Investmentaktiengesellschaften, im Ausland gelten jedoch i.d.R. vergleichbare Regeln. Sondervermögen unterliegen auch dort meist keiner Besteuerung.58 > Beispiel
Beteiligen sich im Inland ansässige Anleger an einem italienischen Sondervermögen (sog. fondo speculativo), so entspricht dieses rechtlich einem deutschen Sondervermögen, d.h. es wird von einer KAG, einer sog. societa gestione di risparma, verwaltet. Das Sondervermögen ist sodann von der italienischen Körperschaftsteuer und der italienischen Wertschöpfungssteuer (IRAP) befreit. Das im InvStG verwirklichte Transparenzprinzip hat im Grundsatz zwei Dimensionen: Er- 68 stens soll der Anleger steuerlich wie bei einer Direktanlage behandelt werden, und zweitens soll durch die Zwischenschaltung des Fonds steuerlich keine Besser- oder Schlechterstellung des Anlegers erfolgen.59 Die Anleger werden aber nicht generell wie im Fall einer Direktanlage besteuert, sondern nur insoweit, wie das InvStG dies anordnet. Das Transparenzprinzip ist damit kein übergeordnetes Prinzip innerhalb der Fondsbesteuerung, sondern gilt nur, soweit gesetzlich vorgegeben.60 > Beispiel
Anschaulich zeigt sich die der Direktanlage angenäherte Besteuerung beispielsweise bei nach einem DBA steuerfrei gestellten Einkünften. Die Vorschriften der DBA und die anerkannten Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Freistellungs- und Anrechnungsmethode) finden, mit wenigen Ausnahmen, in gleicher Weise bei einem Fondsanleger Anwendung (vgl. § 4 InvStG). Es ist daher z.B. einerlei, ob ein inländischer Investor eine ausländische Immobilie unmittelbar erwirbt und vermietet oder ob er sich an einem inländischen oder ausländischen offenen Immobilienfonds beteiligt. In beiden Fällen greift im Ergebnis die Art. 6 Abs. 1 OECD-MA entsprechende 56 57 58 59 60
Dazu Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 11 Rdn. 498 ff. Dazu Schnitger/Schachinger, BB 2007, 801 ff. Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 77. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 75 ff., 82 ff. BFH v. 7.04.1992, VIII R 79/88, BStBl. II 1992, 786 ff.; Patzner in Feyerabend, Besteuerung privater Kapitalanlagen, S. 122. 41
1
Kapitel 1:
Einleitung
Bestimmung des jeweiligen DBA Platz, so dass die Vermietungserträge aufgrund der Steuerfreistellung durch das Abkommen beim Anleger nicht der inländischen Besteuerung unterliegen.
1
Es gilt somit: Die Umsetzung des Transparenzprinzips führt dazu, dass die Erträge aus dem Fondsvermögen im Fonds selbst nicht der Besteuerung unterworfen werden („Steuerfreiheit auf der Eingangsseite“ aufgrund einer Nichtveranlagungsbescheinigung des Fonds). Die Besteuerung der somit unbelasteten Erträge erfolgt erst dann, wenn diese an den Anteilsinhaber weitergeleitet, also ausgezahlt bzw. thesauriert werden („Zuflussprinzip“ und „Besteuerung auf der Ausgangsseite“).
c)
Anleger
69 Der Anleger versteuert die Erträge aus dem Fonds unabhängig von Ausschüttung oder The-
saurierung. Grund hierfür ist, dass auch bei einer Direktanlage eine Thesaurierung nicht möglich wäre. Entsprechend unterscheidet das InvStG terminologisch zwischen sog. ausgeschütteten (Ausschüttung) und sog. ausschüttungsgleichen Erträgen (Thesaurierung). ! Praxishinweis
Ausschüttende Fonds schütten die Erträge des Fonds, z.B. Dividenden und Zinsen oder auch realisierte Kursgewinne und realisierte Bezugsrechtserlöse, in der Regel jährlich an die Anleger aus. Der Anteilspreis des Investmentfonds vermindert sich am Tag der Ausschüttung rechnerisch um den Ausschüttungsbetrag. Je nach depotführender Stelle und Vereinbarung, wird der Ausschüttungsbetrag für den Anleger automatisch in neue Fondsanteile angelegt. Bei thesaurierenden Fonds fließen die Erträge wieder zurück ins Fondsvermögen und werden zum Erwerb weiterer Vermögenswerte genutzt. Der Anteilspreis verändert sich dadurch nicht. Ob ein Fonds ausschüttet oder thesauriert, hängt von der Anlagepolitik ab und wird in den Fonds-Vertragsbedingungen bzw. im offiziellen Verkaufsprospekt jedes Fonds festgehalten. 70 Ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge führen beim Anleger qua gesetzlicher
Fiktion in § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, es sei denn, es findet eine nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG statt.61 > Beispiel
Diese Regelungstechnik sei exemplarisch wie folgt erläutert: Vermietet ein Steuerpflichtiger in seinem Privatvermögen, sei es direkt oder über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, eine Immobilie, erzielt der Steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Beteiligt sich hingegen der nämliche Steuerpflichtige an einem offenen Immobilienfonds und rechnet die nämliche Immobilie zu dessen Immobilien-Sondervermögen, dann erzielt der Steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG. Für diesen Fall enthält das InvStG eine eindeutige besondere Bestimmung (im Beispiel § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG), die das allgemeine Ertragsteuerrecht überlagert.
61 Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 27. 42
A.
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Überblick
Die fiktiven Dividendeneinkünfte werden grundsätzlich mit der Abgeltungsteuer belegt 71 (§ 32d EStG). Das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) oder die Privilegierung des § 8b KStG finden nur Anwendung, wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist. So ist es etwa in § 2 Abs. 2 InvStG geschehen, soweit in den Fondserträgen solche i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG enthalten sind. Es gilt somit: Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge führen beim Anleger zu fiktiven Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das Transparenzprinzip wird jedoch nur insoweit angewandt, als das InvStG dies ausdrücklich vorsieht.
3.
Voraussetzungen für die Transparenz
Die vorgenannten Grundsätze der Transparenz sind nur anwendbar, wenn das Invest- 72 mentvermögen seinen in § 5 InvStG benannten Berichts- und Veröffentlichungspflichten nachkommt.62 Ist dies der Fall, spricht man von einem sog. transparenten Fonds. Erfüllt der Fonds die Berichtspflichten nur teilweise, spricht man von einem semi-transparenten Fonds mit der Folge, dass der Anleger bestimmter steuerlicher Vergünstigungen verlustig geht. Erfüllt der Fonds die Berichtspflichten gar nicht oder nur unzureichend, spricht man von einem intransparenten Fonds. Im letztgenannten Fall greift die Strafbesteuerung nach § 6 InvStG ein. ! Praxishinweis
Insbesondere bei ausländischen Fonds sollte der Anleger darauf achten, dass diese von deutschen Finanzbehörden nicht als intransparente Fonds eingestuft werden, die ihre für die Anwendung des InvStG steuerlich relevanten Daten nicht ordnungsgemäß ermitteln. Aus diesem Grunde werden intransparente Fonds mit einer sog. Strafbesteuerung versehen. Besitzer intransparenter Fonds müssen jährlich entweder 6% des Anlagebetrages oder 70% der jährlichen Kurssteigerung zzgl. Ausschüttungen fiktiv versteuern, und zwar unabhängig davon, ob die Kursgewinne realisiert wurden. Es gilt somit: Das Transparenzprinzip, d.h. die Besteuerung beim Anleger wie im Fall einer Direktanlage, findet nur Anwendung, wenn der Fonds seinen Pflichten nach § 5 InvStG nachkommt.
4.
Vergleich mit der Direktanlage
Aus Anlegersicht stellt sich naturgemäß die Frage, ob eine Anlage z.B. in Immobilien über 73 einen Fonds steuerlich günstiger ist als eine Direktanlage. Trotz der grundsätzlichen Umsetzung des Transparenzprinzips (s.o.) lässt sich diese Frage nicht in dem Sinne beantworten, dass die Besteuerungskonsequenzen in beiden Fällen identisch sind. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an.
62 Ausführlich Kotzbacher in Haase, InvStG, § 5 Rdn. 208 ff. 43
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Kapitel 1:
Einleitung
74 Das InvStG sieht durchaus Unterschiede gegenüber den allgemeinen ertragsteuerlichen
Regeln vor, die sich stichpunktartig wie folgt zusammenfassen lassen können: (1) Einkünftequalifikation bei Privatanlegern, (2) Unterschiede bei der Verlustnutzung, (3) abweichender Zufluss- / Abflusszeitpunkt, (4) Unterschiede hinsichtlich des Werbungskostenabzugs und (5) Abkommensberechtigung.
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Diese Unterschiede lassen sich im Rahmen von Fondsgestaltungen nutzbar machen, um zu einem steuerlich günstigeren Ergebnis für die Anleger zu gelangen. > Beispiel
Bestimmte Gewinne werden z.B. aufgrund des sog. Fondsprivilegs im Fall der Thesaurierung erst bei Veräußerung oder Rückgabe des Fondsanteils besteuert, was langfristige Steuerstundungseffekte bzw. einen Barwertvorteil ermöglicht. Hieraus ergibt sich zudem ein Liquiditätsvorteil auf Ebene des Investmentvermögens. Verlustvorträge auf Fondsebene können ferner beispielsweise im Folgejahr unbeschränkt verrechnet werden, während das allgemeine Ertragsteuerrecht eine sog. Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) vorsieht. 75 Umgekehrt können sich die Regeln des InvStG auch nachteilig gegenüber der Direktan-
lage auswirken. Die Unterschiede gelten manchmal aber nur für bestimmte Gruppen von Anlegern. > Beispiel
Für betriebliche Anleger (z.B. Körperschaften oder natürliche Personen, die ihre Beteiligung im Betriebsvermögen halten) gelten höhere Werbungskostenabzüge (Betriebsausgaben) als bei der Fondsanlage (nicht direkt zugeordnete Kosten gelten mit pauschal 10% als nicht abzugsfähig; aber maximal AfA-Satz für Privatimmobilien). Es gilt somit: Ein steuerlicher Vergleich zwischen der Fondsanlage und der Direktanlage hat immer den Einzelfall zu betrachten. Insbesondere spielt die Anlegergruppe eine wesentliche Rolle.
B.
B.
Verhältnis zum InvG
76 Das am 1.1.2004 in Kraft getretene InvG enthält den für Investmentvermögen aus Gründen
des Anlegerschutzes und der Finanzmarktaufsicht notwendigen, vorwiegend aufsichtsrechtlichen Regelungsrahmen. Das Gesetz widmet sich in 6 Kapiteln zunächst allgemeinen Bestimmungen und Definitionen, dann den Sondervermögen im Allgemeinen, den Investmentaktiengesellschaften im Besonderen, den Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken, den für den Vertrieb maßgebenden Vorschriften sowie den Übergangs- und Schlussbestimmungen. Das Gesetz stellt somit Vorschriften zur Stärkung der Aufsicht durch die BaFin, Erleichterungen der Bedingungen für die Anbieter von Investmentfonds und Verbesserungen des Anlegerschutzes bereit.63
63 Vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 11. 44
1
C. Grundprinzipien des InvStG Das InvG basiert in weiten Teilen auf der sog. OGAW-Richtlinie64, was bei der Auslegung 77 des Gesetzes zu berücksichtigen ist.65 Erklärtes Ziel des InvG war jedenfalls die Erhöhung der Leistungsfähigkeit und der Attraktivität des Investmentstandortes Deutschland. Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission zudem am 29.4.2009 einen Richtlinienvorschlag zur Regulierung von „Alternative Investment Fund Managers“ (AIFM-Richtlinie) vorgelegt. Ziel der Richtlinie ist im Kern der Schutz von Anlegern vor systemischen Risiken, die insbesondere durch einen aktiven Handel mit Anlagen, riskante Techniken wie Leerverkäufe oder den systematischen Einsatz hoher Summen an Fremdkapital zur Hebelung von Renditen hervorgerufen werden können. Mit der Richtlinie wird insbesondere die behördliche Zulassung der Verwalter geregelt und die Kontrolle der Fondsverwaltung verschärft. Steuerliche Regelungen sind in der Richtlinie nicht enthalten.66 Eine (rechtliche) Konkurrenz zwischen InvG und InvStG gibt es nicht. Die Gesetze haben 78 völlig unterschiedliche Zielsetzungen, denn der Gesetzgeber hat sich ganz bewusst für die Trennung von Aufsichts- und Steuerrecht in zwei verschiedenen Gesetzen entschieden. Dennoch bestehen Interdependenzen. Das InvStG bedient sich, vor allem in seinem Anwendungsbereich (§ 1 InvStG), in der Hauptsache investmentrechtlicher Terminologie, z.B. bei den Begriffen Investmentvermögen und Investmentanteile.67 Soweit das InvStG daher ausdrücklich oder implizit auf das InvG Bezug nimmt, sind die investmentrechtlichen Definitionen auch für das Investmentsteuerrecht von Bedeutung. Es gilt somit: Das InvG regelt das Aufsichtsrecht, das InvStG regelt das Steuerrecht. Die investmentrechtlichen Begriffe sind jedoch auch für das Steuerrecht bindend, wenn und soweit das InvStG ausdrücklich oder implizit auf das InvG Bezug nimmt.
C.
Grundprinzipien des InvStG
C.
Die Idee des Investmentsteuergesetzes ist es, die Anlage über ein Investmentvermögen der 79 Direktanlage gleichzustellen und sie nach denselben steuerlichen Grundsätzen zu behandeln. Es soll also für den Anleger keinen „steuerlichen“ Unterschied machen, ob er beispielsweise eine Immobilie über einen Fonds erwirbt, verwaltet und später verkauft oder dies auf direktem Wege erfolgt, weil die Besteuerung der damit verbundenen Erträge im Grundsatz identisch erfolgt. Die Umsetzung dieser Idee soll das sog. Transparenzprinzip ermöglichen, indem durch 80 den Fonds –ähnlich wie bei einer Personengesellschaft- auf die dahinterstehenden Anleger hindurch geschaut wird und nicht das Sondervermögen, sondern die Erträge auf Ebene der Anleger besteuert werden. Der Fonds selbst fungiert dadurch steuerlich lediglich als „Ertragsermittlungssubjekt“ und nicht als Besteuerungssubjekt. 64 Richtlinie 85/611/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren. 65 Ausführlich Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 22 ff. 66 Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 106. 67 Zur besonderen Terminologie des Investmentsteuerrechts Brucker, Die Steuerwarte 2007, 129 ff. 45
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Kapitel 1:
Einleitung
Es gilt somit: Das wichtigste Grundprinzip des Investmentsteuergesetzes ist das Transparenzprinzip.
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81 Die Umsetzung des Transparenzprinzips ist wiederum eng mit den formalrechtlichen An-
forderungen an den Fonds selbst verbunden, weil es eine Veröffentlichung der wesentlichen Besteuerungsgrundlage im elektronischen Bundesanzeiger voraussetzt. Die damit verbundenen Bekanntmachungen ermöglichen eine Kategorisierung des Fonds als transparent, semitransparent und intransparent. Dabei beschreibt diese Einordnung zugleich, ob und inwieweit das Transparenzprinzip letztlich umgesetzt werden kann. 82 Ergeben sich durch die fehlende Bekanntmachung Einschränkungen des Transparenzprin-
zips, so haben ausschließlich die Anleger die damit verbundenen negativen Konsequenzen zu tragen. Aus Sicht des Anlegers unterscheiden sich in Folge dessen die steuerlichen Folgen der Varianten Direktanlage und Anlage über einen Fonds. Dies gilt besonders, weil die Gewährung der Steuerbegünstigungen und Steuerbefreiungen an die vorschriftsgemäße Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen gebunden ist. 83 Gleichzeitig führt die Kopplung der Durchsetzung des Transparenzprinzips an die formal-
rechtlichen Bekanntmachungspflichten dazu, dass die Investmentfonds ein Interesse an der erfolgreichen Zertifizierung ihrer Besteuerungsgrundlagen haben. Sie gibt jedoch auch Anlass zur Kritik, weil der Anleger selbst i.d.R. wenig Einfluss auf die Erfüllung der ReportingPflichten des Fonds nehmen kann, aber seine Besteuerung von der Erfüllung steuerlicher Pflichten Dritter abhängig ist. 84 Die Grenze findet die Umsetzung des Transparenzprinzips dort, wo seine Anwendung
nicht ausdrücklich im Investmentsteuergesetz geregelt ist. Eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende vollständige Umsetzung des Prinzips im Wege der Auslegung ist nicht möglich.68 85 Weiteres Kennzeichen des Investmentsteuergesetzes ist die konsequente Trennung zwi-
schen der Ebene des Fonds und der Ebene der Anleger. Mit Ausnahme des § 1 InvStG, der für beide Ebenen gilt, gelten die §§ 2, 4, 5, 6, 8, 9 und 10 InvStG für die Besteuerung der Anleger und die §§ 3, 7, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17 und 17a InvStG für den Fonds. Die weiteren Ebenen eines Investmentfonds betreffen die Regelungen des Investmentsteuergesetzes kaum. So ist die Besteuerung der Kapitalanlagegesellschaft nicht dort geregelt, weil sie als „normale“ Kapitalgesellschaft der Besteuerung und damit den Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes unterliegt. Dies gilt auch für die Depotbank. Sie sind jedoch von den Regelungen des § 7 Abs. 3, 4, 5 und 6 InvStG zum Kapitalertragsteuerabzug betroffen. 86 Gleichfalls mit dem Transparenzprinzip verbunden ist die strikte Trennung zwischen der
Fondseingangs- und der Fondsausgangsseite. Dabei umfasst Erstere die Erträge, welche von dem Fonds erzielt werden, und Letztere die Anlegerebene, auf welcher die Besteuerung dieser Erträge stattfindet.
68 Vgl. Urteil des BFH v. 07.04.1992, BStBl. II 1992, 786 zitiert in Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 80. 46
E.
D.
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Besteuerung im Überblick
Verhältnis zu anderen Normen
D.
Das Investmentsteuergesetz regelt einheitlich die steuerrechtlichen Folgen der Anlage in 87 inländische und ausländische Investmentvermögen. Es gilt in diesem Zusammenhang als lex specialis, welches grundsätzlich Anwendungsvorrang vor den allgemeinen Regelungen der anderen Steuergesetze genießt. Enthält es selbst keine Sonderregelungen, so finden die allgemeinen Regelungen als leges generales Anwendung. Dabei enthält das Investmentsteuergesetz zahlreiche Verweise auf die Einzelsteuergesetze, 88 wodurch es diese Regelungen für entsprechend anwendbar erklärt. Dies gilt beispielsweise für die Regelungen zur Einkünftequalifikation, für die Begünstigungsregelungen des § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG sowie für die Kapitalertragsteuer. Auch auf die Anwendbarkeit der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen verweist das Investmentsteuergesetz, gleichwohl es dieser nicht bedurft hätte. Andererseits enthält das Investmentgesetz keine detaillierten Regelungen zu bestimmten 89 Einzelfragen und verweist auch nicht auf bestimmte Regelungen des Einkommen-, Körperschaft- oder Gewerbesteuergesetzes, sondern setzt deren Anwendung implizit voraus. So finden beispielsweise die Regelungen zur Abgeltungsteuer auch ohne Verweis auf § 32d EStG für die Besteuerung privater Anleger Anwendung. Es gilt somit: Das Investmentsteuergesetz regelt die Grundlagen der Besteuerung der Erträge aus Investmentanteilen selbst. So legt es fest, welche Erträge der Anleger wann erzielt, wie diese steuerlich zu qualifizieren sind, welche davon steuerpflichtig sind und wie das Besteuerungsverfahren zu verlaufen hat, und bedient sich erst anschließend der allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen.
E.
Besteuerung im Überblick
E.
Die Besteuerung erfolgt nach den unter Punkt C genannten Prinzipien. Sie stellt auf die 90 Verwirklichung des Transparenzprinzips ab, soweit die dafür notwendigen Besteuerungsgrundlagen durch den Fonds bekanntgemacht sind, und basiert dabei auf der Trennung zwischen dem Fonds und den Anlegern.69 Der Fonds selbst dient wie eine Personengesellschaft im Einkommensteuerrecht als „Er- 91 tragsermittlungssubjekt“. § 3 InvStG regelt dafür, wie die Erträge auf Fondseingangsseite zu ermitteln sind. § 5 InvStG enthält die formalen Bekanntmachungspflichten, welchen der Fonds unterliegt. Sie umfassen insbesondere die Angaben zu den vorgenommenen Ausschüttungen, welche Erträge darin aus welchen Quellen enthalten sind, sowie Angaben zu den ausschüttungsgleichen Erträgen.
69 Rechtsvergleichende Darstellungen zur Besteuerung von Investmentfonds bei Niccolò Pallesi, Int. Law Rev. Colomb. Derecho Int. Bogotá (Colombia), No. 9, 2007, 87 ff.; 47
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Kapitel 1:
Einleitung
92 Erfüllt der Fonds die Anforderungen des § 5 InvStG vollumfänglich, so ist er als transpa-
1
renter Fonds zu charakterisieren. Für die Besteuerung der erzielten Erträge ist er irrelevant, allerdings gilt dies auch dann, wenn er nicht als transparent zu kategorisieren ist. Das inländische Sondervermögen wird nach § 11 Abs. 1 InvStG als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG betrachtet und als solches von der Besteuerung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Gleichzeitig wird nach § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG von einem Kapitalertragsteuerabzug auf Fondseingangsseite Abstand genommen oder diese erstattet. Jedoch erfolgt nur bei einem transparenten Fonds die Besteuerung annähernd wie im Falle einer Direktanlage, es sei denn, Ausnahmeregeln greifen ein. 93 Die Besteuerung der Anleger transparenter Fonds regeln die §§ 2 und 4 InvStG. Danach
erzielt ein privater Anleger, also derjenige, der seine Anteile nicht im Betriebsvermögen hält, Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also kraft Gesetzes „fiktive“ Dividenden. Sie unterliegen aber nicht automatisch dem Kapitalertragsteuerabzug. Diesen regelt § 7 InvStG separat. Zu den Dividenden gehören die ausgeschütteten Erträge sowie die Erträge, welche der Fonds nicht ausschüttet, also thesauriert, wenn diese in dem Katalog der ausschüttungsgleichen Erträge des § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG enthalten sind. Die darin nicht enthaltenen Erträge, wie beispielsweise Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften, sind im Falle ihrer Thesaurierung nicht steuerbar. Für sie besteht damit eine Thesaurierungsbegünstigung in der Form, dass sie erst bei Ausschüttung der Besteuerung unterliegen. 94 Einige dieser „fiktiven“ Dividenden sind nach den Regelungen des § 2 Abs. 3 oder des § 4
Abs. 1 InvStG steuerfrei. Dies sind in Umsetzung des Transparenzprinzips diejenigen, die, wie im Falle einer Direktanlage auch, entweder nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes oder eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei wären, d.h. z.B. Veräußerungsgewinne aus Grundstücken, bei denen kein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, oder steuerfreie ausländische Vermietungseinkünfte. Dies gilt unabhängig von der gesetzlichen Fiktion, dass eigentlich Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen. Diese Qualifikation greift lediglich bei der Besteuerung der Erträge durch, weil für diese die Abgeltungsteuer Anwendung findet. Da diese auf die Vermietungseinkünfte im Falle einer Direktanlage nicht zur Anwendung kommen würde, unterscheidet sich die Anlage über den Fonds insoweit von dieser. Dies kann sowohl Vorteile als auch Nachteile für den Anleger haben. 95 Betriebliche Anleger erzielen grundsätzlich Betriebseinnahmen. Ob es sich dabei ebenfalls
um „fiktive“ Dividenden handelt, ist nicht abschließend geklärt. Die Frage wird vorliegend bejaht, ist aber letztlich für die Besteuerung irrelevant. Denn diese basiert auf einem RegelAusnahmeverhältnis, nach dem die Anwendung der § 3 Nr. 40 EStG und des § 8b KStG grundsätzlich ausgeschlossen wird, wenn nicht eine Ausnahme vorliegt, weil die Erträge auf der Fondseingangsseite tatsächlich von diesen Regelungen begünstigte Erträge wie Dividenden beinhalten. Steuerfrei sind die Erträge natürlich dann, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen dies vorsieht. Als Betriebseinnahmen unterliegen die steuerpflichtigen Erträge der Gewerbesteuer, wenn sie im Rahmen eines Gewerbebetriebs erzielt werden. Die deutsche Finanzverwaltung will die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 lit. a und Nr. 7 GewStG 48
E.
1
Besteuerung im Überblick
auch für die Dividenden und ähnliche Bezüge, die auf Fondseingangsseite erzielt werden, nicht anwenden. Diese Auffassung ist kritisch zu sehen. Fraglich ist jedoch, wie die für die Beurteilung einer Schachtelbeteiligung maßgebliche Beteiligungshöhe zu ermitteln ist. Das Transparenzprinzip spricht für ein „Durchrechnen“. Darüber hinaus dürfen betriebliche Anleger, die bilanzieren, einen Ausgleichsposten für die besteuerten ausschüttungsgleichen Erträge bilden, damit sie diese im Falle ihrer Ausschüttung oder bei Verkauf oder Rückgabe der Anteile nicht nochmal versteuern müssen. Nicht bilanzierende Anleger können einen Merkposten bilden. Bei betrieblichen Anlegern gilt grundsätzlich das Realisationsprinzip und bei privaten An- 96 legern das Zuflussprinzip. Bei Ersten soll die Besteuerung der Erträge im Wege der Veranlagung erfolgen, weswe- 97 gen die auszahlende Stelle unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Durchführung des Steuerabzugs verzichten bzw. die inländische Investmentgesellschaft die Kapitalertragsteuer erstatten darf. Bei Letzteren erfolgt die Besteuerung nach Möglichkeit durch abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer, weswegen die ausländischen Steuern bei ihnen bereits im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs zu berücksichtigen sind, während dies bei Ersteren nur im Rahmen der Veranlagung erfolgt. Private Anleger können bei Verkauf der Anteile einen Zwischengewinn erzielen, der vom 98 Verkäufer ebenfalls als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern ist. Beim Käufer stellt dieser i.d.R. negative Einnahmen dar. Betriebliche Anleger erzielen ggf. Aktien- und Immobiliengewinne, welche im Rahmen 99 der Veräußerung der Anteile besondere Bedeutung erlangen. Die Besteuerung intransparenter Fonds ist von der Strafbesteuerung i.S.d. § 6 InvStG 100 gekennzeichnet. Der Fonds selbst bleibt weiterhin für die Besteuerung der Erträge nach § 11 Abs. 1 InvStG unberücksichtigt. Allerdings findet jetzt auf Ebene der Anleger eine pauschale Besteuerung statt. Sie umfasst neben den Ausschüttungen und dem Zwischengewinn 70% eines Mehrbetrags, der sich aus der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis ergibt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn dieser anteilige Mehrbetrag erhöht um die tatsächlichen Ausschüttungen mindestens 6% des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises beträgt. Anderenfalls entspricht der Mehrbetrag diesem Mindestwert abzüglich der Ausschüttungen. Sind keine Rücknahmepreise festgesetzt, finden alternativ die Börsen- oder Marktpreise der Anteile Anwendung. Durch diesen Mehrbetrag sollen -wie bei der Besteuerung eines transparenten Fonds- die thesaurierten Erträge erfasst werden. Betriebliche Anleger dürfen für den Mehrbetrag einen Ausgleichsposten bzw. Merkposten bilden. Darüber hinaus werden diese Erträge ebenso wie oben ausgeführt besteuert. Allerdings können die genannten Steuerbegünstigungen nicht in Anspruch genommen werden, weil der Fonds seine Berichtspflichten nicht erfüllt hat, wodurch es für die Besteuerung der Erträge auf Ebene der Anleger nicht bekannt ist, welche Erträge der Fonds auf der Fondseingangsseite erzielt hat.
49
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Kapitel 1:
Einleitung
101 Die Besteuerung semitransparenter Fonds kommt zur Anwendung, wenn der Fonds fast
1
alle der Berichtspflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 InvStG mit Ausnahme derer erfüllt hat, die für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschriften notwendig wären. Daher führt dies nach § 5 Abs. 1 Satz 2 InvStG dazu, dass die Anleger, insoweit die Daten nicht öffentlich bekanntgegeben wurden, die Steuerbefreiungen nicht in Anspruch nehmen können. Dadurch wären beispielsweise Veräußerungsgewinne aus Grundstücken steuerpflichtig, obwohl sie im Falle der Direktanlage eines Privatinvestors zu keinem privaten Veräußerungsgeschäft führen würden. Zu einer Pauschalbesteuerung kommt es bei semitransparenten Fonds nicht. 102 Die Ermittlung der laufenden Erträge und damit der Besteuerungsgrundlagen findet auf
Ebene des Fonds statt. Die gesetzliche Regelung dafür enthält § 3 InvStG. Dieser schreibt in Absatz 1 vor, dass die Ertragsermittlung auf der Fondseingangsseite grundsätzlich nach dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erfolgen hat, wobei § 3 Abs. 2 InvStG Modifizierungen des Zuflussprinzip i.S.d. § 11 EStG vorsieht. So gelten beispielsweise Dividenden bereits am Tag des Dividendenabschlags als zugeflossen. Für die Verteilung der Werbungskosten sieht § 3 Abs. 3 InvStG eine Sonderregelung vor. Sie betrifft die Werbungskosten des Fonds70, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Einnahmen stehen. Für ihre steuerliche Berücksichtigung enthält die Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG ein dreistufiges Verfahren: Q
Auf der ersten Stufe sind die mittelbaren Werbungskosten anteilig den nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Einkünften nach der sog. DBA Quote zuzurechnen. Diese ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen dem durchschnittlichen Vermögen, das Quelle des Vermögens ist, zu dem gesamten Vermögen,
Q
auf zweiter Stufe sind von den verbleibenden Werbungskosten 10% als nicht abzugsfähig zu qualifizieren,
Q
und auf dritter Stufe ist ein Anteil der Werbungskosten den Dividenden nach der sog. Aktienquote zuzurechnen. Diese Quote ergibt sich aus dem Verhältnis des Vermögens, das Quelle der Dividenden ist, zu dem um das bereits auf der ersten Stufe berücksichtigte „DBA-Vermögen geminderte“ Gesamtvermögen.
Q
Die verbleibenden mittelbaren Werbungskosten sind den laufenden Erträgen zuzuordnen, so dass sie beispielsweise nicht den Veräußerungsgewinnen zugerechnet werden müssen.71
103 Nach einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG dürfen die Werbungskosten, die
in unmittelbarem Zusammenhang mit Einnahmen stehen, diese mindern. Dabei gehören zu den Werbungskosten die Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung, wenn diese die Beträge i.S.d. § 7 EStG nicht übersteigen. Eine Nachholung dieses Werbungskostenabzugs ist auf Ebene des Anlegers nicht möglich.
70 § 3 InvStG regelt nicht die steuerliche Behandlung der Werbungskosten der Anleger. 71 Vgl. Wenzel in Blümich, § 3 Rdn. 14 ff. 50
E.
1
Besteuerung im Überblick
§ 3 Abs. 4 InvStG enthält eine Verlustverrechnungsbeschränkung der Gestalt, dass eine 104 Verrechnung der Verluste nur mit positiven Erträgen derselben Art und darüber hinaus nur ein Verlustvortrag möglich ist. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung liegen Erträge derselben Art vor, wenn die steuerlichen Konsequenzen für die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge identisch sind. Sie unterscheidet –ungeachtet der Einführung der Abgeltungsteuer und des Verlustverrechnungsverbotes des § 20 Abs. 6 EStGnicht zwischen privaten und betrieblichen Anlegern.72 Eine Berücksichtigung der Verluste auf Anlegerebene ist nicht möglich. Insoweit kommt es zu einer Abschirmwirkung. Der inländische Fonds gilt, auch wenn das Sondervermögen in die Rechtsform einer Ka- 105 pitalgesellschaft gekleidet ist (Investmentaktiengesellschaft), nach § 11 Abs. 1 InvStG als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Als solches ist es von der Besteuerung mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit. Die steuerlichen Folgen der Veräußerung der Anteile sind in § 8 InvStG geregelt. Werden 106 die Anteile im Betriebsvermögen gehalten, so finden auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung – soweit die Voraussetzungen vorliegen – die § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG Anwendung, ansonsten § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32d Abs. 1 EStG. Bei betrieblichen Anlegern sind dabei der sog. Aktiengewinn sowie der sog. Immobiliengewinn gesondert zu berücksichtigen.
72 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 – S 1980 – 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 69 f. 51
1
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG 2
1 Das Investmentsteuergesetz findet gem. § 1 Abs. 1 InvStG auf inländisches Investmentver-
mögen und Investmentanteile sowie auf ausländisches Investmentvermögen und Investmentanteile Anwendung. 2 Für die Begriffsbestimmungen verweist das Investmentsteuergesetz in § 1 Abs. 2 InvStG auf
die Regelungen des § 1 Satz 2 und § 2 InvG. Durch den unmittelbaren Bezug des Investmentsteuerrechts auf das Investmentrecht kommt es zu einem Gleichlauf zwischen beiden Gesetzen.1 3 Auf andere Gesellschaften wie die GmbH oder eine AG sowie auf geschlossene Fonds in der
Rechtsform einer GmbH & Co KG, an welchen sich die Anleger direkt beteiligen und die Gesellschaft die Investitionen tätig, findet das Investmentsteuergesetz keine Anwendung. Sie unterliegen den allgemeinen Regelungen der Besteuerung des Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuergesetzes. Dies gilt auch für die REIT-AG.2 Es gilt somit: Das Investmentsteuergesetz findet i.d.R. dann Anwendung, wenn die Regelungen des Investmentgesetzes anwendbar sind. Dabei verweist es für bestimmte Definitionen auf dessen Bestimmungen. 4 § 1 Satz 2 InvG definiert ein Investmentvermögen als ein Vermögen zur gemeinschaftli-
chen Kapitalanlage, welches nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände i.S.d. § 2 Abs. 4 InvG angelegt wird. Materielle Voraussetzung für die Anwendung des Investmentsteuergesetzes ist demnach der Erwerb von Gegenständen, die abschließend in § 2 Abs. 4 InvG genannt sind. 5 Zu diesen sog. qualifizierten Vermögensgegenständen (sog. eligible assets) gehören: Q
Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Derivate, Bankguthaben, Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten (Immobilien), Beteiligungen an Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen (Immobilien-Gesellschaften), Anteile an Investmentvermögen nach Maßgabe der §§ 50, 66, 83, 90g und 112 InvG sowie an entsprechenden ausländischen Investmentvermögen,
1 2
Vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 2. Bei diesen Fondsgesellschaften ergeben sich keine Unterschiede zur Besteuerung von Personen- oder Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern. So findet bei einer Kapitalgesellschaft keine Anwendung des Transparenzprinzips statt, nach welchem keine Besteuerung auf Ebene des Fonds, sondern ausschließlich auf Ebene der Anleger stattfindet. Indessen ist die Kapitalgesellschaft steuerpflichtig und bei Weiterausschüttung haben die Anleger die Dividenden zu besteuern. Bei Personengesellschaften werden die dahinter stehenden Gesellschafter besteuert. Sie werden als transparent behandelt, unterstehen jedoch nicht dem Transparenzprinzip des Investmentsteuergesetzes. Für Besteuerung der REIT-AG und ihrer Anleger ist das spezielle Reit-Gesetz anzuwenden.
52 F. Haase, K. Brändel, Investmentsteuerrecht, DOI 10.1007/978-3-8349-6689-6_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
A.
2
Inländisches Investmentvermögen
Q
für Investmentvermögen i.S.d § 90a InvG sowie für vergleichbare ausländische Investmentvermögen Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften, wenn der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden kann,
Q
für inländische Investmentvermögen i.S.d. § 90g InvG sowie für vergleichbare ausländische Investmentvermögen als weitere Vermögensgegenstände Edelmetalle, unverbriefte Darlehensforderungen und Unternehmensbeteiligungen, wenn der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden kann,
Q
für inländische Investmentvermögen i.S.d. § 90l InvG als weitere Vermögensgegenstände unverbriefte Darlehensforderungen gegen Unternehmen, die ihren Arbeitnehmern einen Vorteil i.S.d. § 3 Nr. 39 EStG zum Erwerb von Anteilen an diesen Investmentvermögen gewähren, und Beteiligungen einschließlich stiller Beteiligungen i.S.d. § 230 HGB an diesen Unternehmen, wenn der Verkehrswert der Beteiligungen ermittelt werden kann, für inländische Investmentvermögen i.S.d. § 112 InvG,
Q
für vergleichbare ausländische Investmentvermögen und für Investmentaktiengesellschaften stille Beteiligungen i.S.d. § 230 HGB an einem Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Geltungsbereich des Gesetzes, wenn deren Verkehrswert ermittelt werden kann,
Q
für inländische Investmentvermögen i.S.d. § 112 InvG sowie für ausländische Investmentvermögen, die hinsichtlich der Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen nach § 112 Abs. 1 InvG vergleichbar sind, als weitere Vermögensgegenstände Edelmetalle und Unternehmensbeteiligungen, wenn deren Verkehrswert ermittelt werden kann.
A.
Inländisches Investmentvermögen
2
A.
Inländische Investmentvermögen sind gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 InvStG Investmentfonds i.S.d. 6 § 2 Abs. 1 InvG, d.h. Investmentvermögen des Vertragstyps Sondervermögen, sowie Investmentaktiengesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 5 InvG. Als inländisch gilt ein Investmentvermögen regelmäßig dann, wenn die Kapitalanlagege- 7 sellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat.3 ! Praxishinweis
Obwohl es sich bei der Genehmigung der BaFin nicht um einen steuerlichen Grundlagenbescheid handelt, wird man sich in der Praxis für die Beurteilung der Frage, ob ein inländisches Investmentvermögen vorliegt, an dieser Genehmigung orientieren.
3
Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 40. 53
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG
I.
Investmentfonds
8 § 2 Abs. 1 InvG definiert Investmentfonds als von einer Kapitalanlagegesellschaft nach den
2
Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. EG Nr. L 375 S. 3), zuletzt geändert durch Artikel 9 der Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2005 (ABl. EU Nr. L 79 S. 9), verwaltetes Q
Publikums-Sondervermögen oder
Q
sonstiges Publikums- oder Spezial-Sondervermögen.
9 Die Ebenen eines Investmentfonds umfassen damit neben den Anlegern die Kapitalanla-
gegesellschaft sowie regelmäßig eine Depotbank. Während die Kapitalanlagegesellschaft das Sondervermögen verwaltet und die Vertragsbedingungen mit den Anlegern verhandelt, verwahrt die Depotbank das Sondervermögen. Es gilt somit: Anleger, Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank bilden das sog. Investmentdreieck.4 10 Dabei wird der Begriff des Investmentvermögens als Sammelbegriff für alle inländischen
Sondervermögen verwendet, die von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltet werden.5
1.
Sondervermögen
11 Die zentrale Rechtsfigur des Investmentgesetzes ist das Sondervermögen.6 12 § 2 Abs. 2 InvG definiert das Sondervermögen ganz allgemein als inländisches Investment-
vermögen, welches von einer Kapitalanlagegesellschaft7 für Rechnung der Anleger nach Maßgabe dieses Gesetzes und den Vertragsbedingungen verwaltet wird, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Kapitalanlagegesellschaft zu den Anlegern bestimmt, und bei denen der Anleger ein Recht zur Rückgabe der Anteile hat.8 13 Zivilrechtlich ist das Sondervermögen nicht rechtsfähig, steuerrechtlich hingegen schon.
Dies ist für seine mögliche steuerliche Erfassung notwendig. Es gilt dafür als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, welches von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit ist.9 4 5 6 7 8 9 54
Vgl. Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 30 InvG, Rdn. 18. Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, § 1 Rdn. 32. Damit können als solche auch ausländische Fonds gelten, wenn die Kapitalanlagegesellschaft ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Ungeklärt ist jedoch die Frage, ob das Sondervermögen gleichfalls nach § 11 Abs. 1 InvStG zu behandeln ist. Vgl. Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 30 InvG, Rdn. 5. Vgl. dazu Kap. 2.A.I.3. Für die Darstellung der einzelnen Merkmale des Rückgaberechtes, des Grundsatzes der Risikomischung, der gemeinschaftlichen Kapitalanlage vergleiche die Darstellungen zum ausländischen Investmentvermögen unter 2.B. Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 42.
A.
2
Inländisches Investmentvermögen
Sind die Anleger aufgrund von schriftlichen Vereinbarungen ausschließlich nicht natür- 14 liche, sondern juristische Personen, so liegt gem. § 2 Abs. 3 InvG ein sog. Spezialfonds. Anderenfalls handelt es sich um einen sog. Publikumsfonds.10 Eine detaillierte gesetzliche Regelung des Sondervermögens enthält das zweite Kapitel des 15 Investmentgesetzes (§§ 30 bis 95 InvG). Neben den allgemeinen Regelungen zu den Sondervermögen enthält dieses separate Aussagen für richtlinienkonforme, Immobilien, gemischte, Altersvorsorge, sonstige, Mitarbeiter und Spezial-Sondervermögen.
a)
Allgemeines
Die zum Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände können sich entweder im 16 Miteigentum der Anleger oder im Eigentum der Kapitalanlagegesellschaft selbst befinden, sog. Treuhandlösung. Sollte die KAG auch über eigenes Vermögen verfügen oder mehrere Sondervermögen bilden, so hat sie diese strikt voneinander zu trennen. Dabei haftet das Sondervermögen nicht für die Verbindlichkeiten der Kapitalanlagegesellschaft. Auch darf das Sondervermögen nicht verpfändet oder sonst belastet, zur Sicherung übereignet oder abgetreten werden. Die Kapitalanlagegesellschaft darf ihre Ansprüche auf Vergütung und Ersatz ihrer Ausgaben nur aus dem Sondervermögen befriedigen, weil die Anleger ihr gegenüber nicht persönlich haften. Die Anteile an dem Sondervermögen werden gem. § 33 InvG in Anteilsscheinen verbrieft, 17 die entweder auf den Namen oder auf den Inhaber lauten und von der Depotbank sowie der Kapitalanlagegesellschaft zu unterzeichnen sind. Diese Wertpapiere11 verkörpern die Rechte des Anlegers an dem Sondervermögen. Er kann durch sie jedoch keine Gesellschafterrechte bei der Kapitalanlagegesellschaft ausüben. Es gilt somit: Die Anleger erhalten entweder Inhaber- oder Namensanteilsscheine an dem Fonds.
Dabei können die Fonds unterschiedliche Anteilsklassen enthalten. Sie können sich nach 18 § 34 Abs. 1 InvG insbesondere hinsichtlich der Ertragsverwendung, des Ausgabeaufschlages, des Rücknahmeabschlages und der Währung des Anteilswertes unterscheiden. Anteile einer Klasse gewähren dieselben Rechte. Im Gegensatz dazu sind Teilfonds eigenständige Sondervermögen, die sich hinsichtlich ihrer Anlagepolitik und eines anderen Ausstattungsmerkmals unterscheiden. Sie können gem. § 34 Abs. 2 InvG zusammengefasst werden, sog. Umbrella-Konstruktion. Der Wert des jeweiligen Anteils entspricht gem. § 36 InvG dem Wert des Sondervermö- 19 gens dividiert durch alle in den Verkehr gelangten Anteile. Dabei ergibt sich der Wert des Sondervermögens auf Grundlage der jeweiligen Kurswerte bzw. der unter aktuellen Markt10 Fonds können nach ihren Anlegern (Publikums- oder Spezialfonds), nach ihrem Anlegerkreis (offene und geschlossene), nach ihren Anlagewerten (Aktien-, Renten etc.) und nach dem Investmentsteuergesetz (nicht konforme und richtlinienkonforme Fonds) unterschieden werden. 11 Da sie keiner herkömmlichen Wertpapierart zugeordnet werden können, werden sie als Wertpapiere sui generis betrachtet (so Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 33 InvG, Rdn. 9). 55
2
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG gegebenheiten angemessenen Preise der zu ihm gehörenden Vermögensgegenstände abzüglich der aufgenommenen Kredite und Verbindlichkeiten. Die Angabe des Ausgabe- und Rückgabepreises hat grundsätzlich bei jeder Ausgabe oder Rückgabe von Anteilen zu erfolgen, mindestens jedoch zweimal im Monat. 20 Jeder Anleger kann, so wie es die Definition des Sondervermögens des § 2 Abs. 5 InvG
vorsieht, eine Rücknahme seines Anteils an dem Sondervermögen nach § 37 InvG verlangen.12 Die dafür maßgeblichen Einzelheiten sind in den Vertragsbedingungen festzulegen. Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Kapitalanlagegesellschaft eine Rücknahme aussetzen, wenn dies vertraglich vorgesehen ist. Allerdings darf sie während dieser Zeit auch keine Anteile ausgeben. 21 Dem Publikum hat die Kapitalanlagegesellschaft i.d.R. einen vereinfachten und einen aus-
führlichen Verkaufsprospekt mit den Vertragsbedingungen zugänglich zu machen, damit sich die potentiellen Anleger über die ihnen angebotene Anlagen sowie die damit verbundenen Risiken informieren und ein „begründetes Urteil“ bilden können. 22 Der vereinfachte Prospekt enthält hingegen nach § 42 Abs. 2 InvG eine Kurzdarstellung
des Sondervermögens, Anlageinformationen, wirtschaftliche Informationen, Hinweise zum Erwerb und Veräußerung der Anteile sowie zusätzliche Informationen wie beispielsweise zur zuständigen Aufsichtsbehörde und zum Ausgabedatum des Verkaufsprospekts. Darüber hinaus weist der Prospekt daraufhin, dass der ausführliche Prospekt einschließlich der Vertragsbedingungen sowie die Jahres- und Halbjahresberichte jederzeit kostenlos angefordert werden können. Nach § 121 InvG ist der vereinfachte Prospekt dem am Erwerb eines Anteils interessierten Anleger in der geltenden Fassung kostenlos und unaufgefordert vor dem Kauf anzubieten. Ein Gleiches gilt für den letzten veröffentlichten Jahres- und Halbjahresbericht. 23 Für bestimmte, in § 42 Abs. 1 Satz 1 HS 2 InvG genannte Sondervermögen, wie Immobi-
lien-Sondervermögen, darf aus Gründen des Anlegerschutzes kein vereinfachter Prospekt erstellt werden. Die Kapitalanlagegesellschaft muss in diesen Fällen ausschließlich einen ausführlichen Prospekt erstellen.13 24 Nach Erstellung des vereinfachten Prospektes ist i.d.R. der ausführliche Prospekt zu erstel-
len. Dieser muss nach § 42 Abs. 1 Satz 3 InvG neben einer eindeutigen und leicht verständlichen Erläuterung des Risikoprofils Angaben über die Bezeichnung und Zeitpunkt der Auflegung des Sondervermögens, Angaben über Laufzeit, Kurzangaben über die bedeutsamen Steuervorschriften, Ende des Geschäftsjahres, Häufigkeit der Ausschüttungen, Name des Abschlussprüfers, Berechnungen der Ausgabe- und Rückgabepreise u.a. enthalten. 25 Für beide Prospekte gilt eine Aktualisierungspflicht. Demnach sind die Angaben von we-
sentlicher Bedeutung stetig an die Änderungen anzupassen. Beide Prospekte hat die Kapitalanlagegesellschaft unverzüglich nach ihrer Verwendung an die Bundesanstalt (BaFin) einzureichen. Dies gilt auch im Falle ihrer Änderung. 12 Dieses Rechts steht dem Anleger als Ausgleich dafür zu, dass er keinerlei Einfluss auf die Verwaltung des Sondervermögens ausüben kann (vgl. Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 37 InvG, Rdn. 2). 13 Vgl. Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 42 InvG, Rdn. 9. 56
A.
2
Inländisches Investmentvermögen
Es gilt somit: Die Kapitalanlagegesellschaft ist i.d.R. zur Erstellung eines vereinfachten und ausführlichen Verkaufsprospektes gesetzlich verpflichtet. Die Mindestanforderungen enthält die Vorschrift des § 41 InvG. Die BaFin ist nicht zur Genehmigung dieser Prospekte verpflichtet bzw. berechtigt. Sie bekommt diese lediglich –in der jeweils aktuellen Fassung- vorgelegt.
2
Diese Regelungen zur Prospekterstellung und Veröffentlichung dienen dem Kapitalanle- 26 gerschutz. § 127 InvG sieht für die Fälle, in denen der Verkaufsprospekt Angaben enthält, welche für die Beurteilung der Anteile von wesentlicher Bedeutung sind, eine Haftung der Kapitalanlagegesellschaft oder derjenigen Person vor, welche die Anteile im eigenen Namen verkauft hat. Sollte ein Anleger die Anteile auf Grundlage der falschen oder unrichtigen Angaben in dem ausführlichen oder vereinfachten Prospekt gekauft haben, so kann er Schadensersatz verlangen. Dieser Vorschrift kommt besondere Bedeutung zu, weil die Prospekte nicht durch die BaFin genehmigungspflichtig sind.14 Hingegen sind die Vertragsbedingungen i.S.d. § 43 InvG durch die BaFin genehmigungs- 27 pflichtig. Auch sie sind vor Ausgabe der Anteile schriftlich festzulegen. Sie müssen mindestens die in Abs. 3 festgeschriebenen Angaben, wie die Grundsätze zur Auswahl der Vermögensgegenstände, die Rücknahmemodalitäten der Anteile, die Ausschüttung oder Wiederanlage der Erträge, enthalten. Die Kapitalanlagegesellschaft hat für jedes Sondervermögen für den Schluss eines jeden 28 Geschäftsjahres einen Jahresbericht nach Maßgabe des § 44 Satz 2 und 3 InvG zu erstatten, welcher es den Anlegern gestattet, sich ein Bild über die Tätigkeiten und Ergebnisse des Sondervermögens zu machen. Auch die Aufstellung eines Halbjahresberichtes ist für sie verbindlich. Alle Berichte sind durch einen von der Kapitalanlagegesellschaft bestellten Prüfer zu prüfen, welcher seinen Bericht der BaFin vorlegt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übernimmt seit ihrer Gründung 29 2002 die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach. Als selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts, welche der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen unterliegen, die sich aus Gebühren und Umlagen der beaufsichtigten Institute und Unternehmen finanziert, ist sie unabhängig vom Bundesetat. Ihre Tätigkeit dient dem öffentlichen Interesse und untersteht dem Ziel, ein funktionsfähiges, stabiles und integeres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten.15
b)
Richtlinienkonforme Fonds
Im Falle eines richtlinienkonformen Fonds darf die Kapitalanlagegesellschaft ausschließ- 30 lich in die in den §§ 46 bis 52 InvG genannten Vermögensgegenstände investieren. Dazu gehören Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Bankguthaben, Investmentanteile, Derivate sowie sonstige Anlageinstrumente unter den genannten Bedingungen, nicht aber Edelme14 Vgl. Buck-Heeb, § 127 Rdn. 657. 15 Vgl. für weitere Informationen, vgl. www.bafin.de. 57
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG talle und Zertifikate über Edelmetalle. In diesem Zusammenhang darf sie auch nur kurzfristige Kredite zu marktüblichen Bedingungen bis maximal 10% des Sondervermögens aufnehmen.
2
31 Die in der Praxis wichtigsten Fondsarten16 sind Aktien-, Renten-, Geldmarkt- und Dach-
fonds.17 32 Die Bezeichnung eines Fonds setzt nach Auffassung der BaFin grundsätzlich voraus, dass
mindestens 51% des Werts des Investmentvermögens in den namensgebenden Vermögensgegenstand investiert werden und dies in der Satzung oder den Vertragsbedingungen festgelegt ist. Ausnahmen gelten für die sog. Index-, Geldmarkt- und Derivatefonds.18 33 Aktienfonds investieren vornehmlich in Aktien, wobei sich der einzelne Fonds i.d.R. auf
bestimmte geographische Märkte oder Branchen spezialisiert. Durch diese Anlageform kann der Anleger auch auf Märkten oder in Unternehmen investieren, welche ihm i.d.R. als einzelnem Anleger nur schwer zugänglich wären. Die im Vergleich zu anderen Fonds hohen Renditeerwartungen gehen aber naturgemäß mit einem größeren Risiko einher. 34 Gegenstand von Rentenfonds sind überwiegend verzinsliche Wertpapiere, wie z.B. Staats-
anleihen, Bundesschatzbriefe, Hypotheken-Pfandbriefe sowie Wandel- und Unternehmensanleihen. Sie erzielen ihre Erträge vornehmlich aus Zinseinnahmen. Rentenfonds sind besonders für Anleger mit mittelfristigem Anlagehorizont und Renditechancen geeignet. Aus seiner Sicht sind sie i.d.R. weniger risikoreich als Aktienfonds, unterliegen dabei allerdings größeren Schwankungen als Geldmarkt- oder Immobilienfonds. 35 Geldmarktfonds beinhalten vorwiegend Bankguthaben und Geldmarktinstrumente und
sind damit insbesondere für Anleger geeignet, welche einerseits Renditen erzielen, aber andererseits ihre kurzfristige Liquidität sichern möchten. Sie müssen ihr Vermögen zu mindestens 85% in die genannten Vermögensgegenstände anlegen. 36 Für die mittel- bis langfristige Anlage eignen sich i.d.R. Dachfonds. Durch sie erfolgt eine
doppelte Risikostreuung, weil sie selbst in mehrere, andere Sondervermögen investieren. I.d.R. sind daher die Renditechancen, aber auch die Risikogefahren geringer, als wenn die Anleger direkt in den jeweiligen Fonds investieren würden. Nach der Satzung oder den Vertragsbedingungen muss das Sondervermögen vornehmlich in sog. Zielfonds angelegt sein. 37 Derivatefonds dürfen ausschließlich in Derivate investieren. Richtlinienkonform sind die
Fonds nur dann, wenn sie die Regelungen des § 51 InvG erfüllen, mithin in bestimmte Derivatearten anlegen. Zu diesen Derivaten gehören jene Arten, welche von Vermögensgegenständen wie Wertpapiere, Geldmarktinstrumente oder beispielsweise Investmentanteile i.S.d. § 50 InvG abgeleitet sind, in welche das Sondervermögen nach den §§ 46 ff. InvG sein Geld anlegen darf. 16 Fonds können nach ihren Anlegern (Publikums- oder Spezialfonds), nach ihrem Anlegerkreis (offene und geschlossene), nach ihren Anlagewerten (Aktien-, Renten etc.) und nach dem Investmentsteuergesetz (nicht konforme und richtlinienkonforme Fonds) unterschieden werden. 17 Die nachfolgenden Definitionen basieren auf den Darstellungen des Bundesverband Investment und Asset Management e.V. Siehe dazu www.bvi.de/investmentfonds/fondsarten.html. 18 Vgl. dazu die Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Abs. 2 Investmentgesetz (InvG) vom 14.12.2004. 58
A.
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Inländisches Investmentvermögen
Die Bezeichnung als Indexfonds setzt voraus, dass die Vertragsbedingung und die Satzung 38 sicherstellen, dass die in dem Investmentvermögen gehaltenen Aktien oder Derivate einen bestimmten, von der BaFin anerkannten Wertpapierindex zu mindestens 95% nachbilden. Richtlinienkonform kann dieser nur dann sein, wenn in bestimmte Wertpapiere und Derivate investiert wird. Der Name des Fonds soll den entsprechenden Wertpapierindex enthalten. Der Begriff des richtlinienkonformen Fonds geht auf die Umsetzung der sog. OGAW- 39 Richtlinie19 zurück. Danach ist es allen Fonds möglich, welche die darin enthaltenen Voraussetzungen erfüllen, den sog. Europäischen Pass20 zu nutzen. Dieser erlaubt es ihnen, die ihnen in Deutschand von der BaFin für Finanzdienstleistungsaufsicht erteilte Betriebserlaubnis als Grundlage für eine Betätigung auf dem gesamten EU oder EWR-Raum zu nutzen. Deswegen ist es einem richtlinienkonformen Fonds möglich, seine Anteile aufgrund eines einmal in seinem Herkunftsland gebilligten Prospekts21 auch in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums öffentlich anzubieten oder zum Handel an einem organisierten Handel zuzulassen. Voraussetzung dafür ist, dass die zuständige Aufsichtsbehörde in dem anderen Staat von seinem Vorhaben ordnungsgemäß unterrichtet wird. Dies geschieht durch Übermittlung einer Bescheinigung, dass die BaFin den Prospekt gebilligt hat, sowie einer Kopie des Prospektes an die Aufsichtsbehörde des jeweiligen Aufnahmestaates. Die sog. Notifizierung ist von der BaFin durchzuführen. I.d.R. ist der Bescheinigung eine Übersetzung der wesentlichen Inhalte des Prospektes durch den Anbieter oder den Zulassungsantragsteller beizufügen. Die Anzeigepflicht ist gesetzlich in § 128 InvG geregelt. Die mit dem grenzüberschreitenden Vertrieb verbundenen Pflichten, wie die Beachtung der geltenden Vorschriften des anderen Staates, beinhaltet § 129 InvG.
c)
Immobilien-Sondervermögen
Sollte das Geld des Sondervermögens laut den Vertragsbedingungen in Immobilien in- 40 vestiert werden, so gelten gem. § 66 InvG für das sog. Immobilien-Sondervermögen die Regelungen zum richtlinienkonformen Fonds entsprechend, soweit die §§ 67 bis 82 InvG keine davon abweichenden Bestimmungen vorsehen. So enthält dieser Abschnitt beispielsweise eine Aufzählung der Gegenstände, welche die Ka- 41 pitalanlagegesellschaft erwerben darf, einen Grundsatz der Risikomischung, demnach der Wert einer Immobilie zur Zeit ihres Kaufs nicht mehr als 15% des Sondervermögens betra-
19 EG-Richtlinie zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, zuletzt geändert durch Richtlinie 2005/1/EG vom 9.3. 2005 (ABl. L 79 S.9), (OGAW-Richtlinie, 85/611/EWG, Kommissionsentwurf zu ihrer Überarbeitung vom 16.7.2008, KOM/2008/458). 20 Der Europäische Pass geht auf die sog. EU-Prospektrichtlinie (Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG) zurück. 21 Siehe dazu 2.A.1.a. 59
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG gen darf, sowie besondere Liquiditäts- und Risikomanagementvorschriften. Zudem dürfen die Vertragsbedingungen vorsehen, dass die Rücknahme von Anteilen an dem ImmobilienSondervermögen nur einmal im Monat möglich ist.
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42 Der Verkaufsprospekt muss gem. § 80d InvG weitere Angaben in Form eines drucktech-
nisch hervorgehobenen Hinweises, wonach die Anteilsrücknahme nur einmal im Monat möglich ist, wenn zum Zeitpunkt der Rückgabe der Anteile die Summe der Werte der zurückgegebenen Anteile den in den Vertragsbedingungen bestimmten Betrag überschreitet, sowie alle Voraussetzungen und Bedingungen zur Kündigung und Auszahlung von Anteilen aus dem Sondervermögen Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile enthalten.
d)
Gemischte-Sondervermögen
43 Ein gemischtes Sondervermögen i.S.d. § 83 InvG liegt vor, wenn die Kapitalanlagegesell-
schaft für Rechnung des Sondervermögens nur die in den §§ 47 bis 52 InvG genannten Vermögensgegenstände, Anteile an Publikums- Sondervermögen u.a. i.S.d. §§ 66-82 oder §§ 83-86 InvG sowie die in § 84 Abs. 1 Nr. 3 InvG genannten Aktien von Investmentaktiengesellschaften erwirbt. Dabei dürfen bestimmte Anteile i.d.S. nicht mehr als 10% des Vermögens des Sondervermögens ausmachen, vgl. § 85 InvG.
e)
Altersvorsorge-Sondervermögen
44 Altersvorsorge-Sondervermögen zielen auf ein langfristiges Vorsorgesparen ab. Für sie
gelten die Vorschriften zu den richtlinienkonformen Sondervermögen ebenfalls, soweit die §§ 87 – 90 InvG keine abweichenden Regelungen vorsehen. 45 Grundsätzlich gilt, dass Altersvorsorge-Sondervermögen ihre Erträge nicht ausschütten
dürfen und ihre Laufzeit nicht für eine bestimmte Dauer beschränkt werden darf. Darüber hinaus kann die Kapitalanlagegesellschaft für das Sondervermögen nur Wertpapiere, Anteile an Immobilien-Sonder-vermögen i.S.d. §§ 66-82 InvG sowie Vermögensgegenstände i.S.d. § 88 Abs. 5 InvG erwerben. Dabei bestehen bestimmte Anlagegrenzen. Maximal 30% des Wertes des Sondervermögens dürfen Anteile an Sondervermögen i.S.d. §§ 66-82 InvG sowie maximal 75% Aktien sein, wobei deren Summe mindestens 51% des Wertes des Sondervermögens ausmachen muss. 46 § 88 Abs. 5 InvG beschränkt die weiteren Vermögensgegenstände ihrer Art nach grund-
sätzlich auf Bankguthaben, Einlagezertifikate von Kreditinstituten, die im Zeitpunkt ihres Erwerbes maximal eine Restlaufzeit von 397 Tagen haben, und Geldmarktinstrumente i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvG, wie zum Beispiel von Europäischen Gemeinschaften oder dem Bund, der Höhe nach auf maximal 49%. Davon abweichend besteht jedoch die Möglichkeit, in den Vertragsbedingungen den Erwerb anderer Vermögensgegenstände, wie Anteile an einem oder mehreren Sondervermögen sowie an nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegten Vermögen, welches von eines ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben
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A.
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Inländisches Investmentvermögen
wurde und einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterliegt, zu bestimmen. Darüber hinaus dürfen nur 30% des Werts des Sondervermögens einem Währungsrisiko unterliegen. Die Kapitalanlagegesellschaft darf einem sog. Altersvorsorge-Sparer nur Verträge mit ei- 47 ner Restlaufzeit von mindestens 18 Jahren oder einer Restlaufzeit bis mindestens zur Vollendung seines 60. Lebensjahres anbieten. Zudem muss sich der Erwerber des Anteils im Rahmen eines sog. Altersvorsorge-Sparplans verpflichten, in regelmäßigem Abstand Geld zum Bezug weiterer Anteile bei der Kapitalanlagegesellschaft einzulegen. Diesen Sparplan kann der Anleger unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen. Mit den Vertragsbedingungen hat die Kapitalanlagegesellschaft dem Anleger zugleich einen Vertrag anzubieten, in welchem sie sich für Rechnung des Sondervermögens verpflichtet, nach Beendigung dem Altersvorsorge-Sparer nach Rückgabe seiner Anteile einen regelmäßigen bestimmten Geldbetrag auszubezahlen.
f)
Infrastruktur-Sondervermögen
Im Rahmen eines Infrastruktur-Sondervermögens (§§ 90a-90f InvG) darf die Kapitalan- 48 lagegesellschaft neben bestimmten Immobilien, Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Bankguthaben und bestimmten Investmentanteilen i.S.d. § 50 InvG auch Beteiligungen an sog. ÖPP-Projektgesellschaften erwerben. Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) sind gem. § 2 Abs. 14 InvG Gesellschaften, die 49 ausschließlich zur Errichtung oder Sanierung sowie zum Betrieb und Bewirtschaftung von Anlagen oder Bauwerken gegründet werden und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. Im Allgemeinen versteht man unter derartigen Partnerschaften eine langfristig vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und der Privatwirtschaft. Der Erwerb dieser Beteiligungen ist gem. § 90b Abs. 2 InvG jedoch nur in der Betreiberphase, d.h. nach Abschluss der Errichtung oder Sanierung der Anlagen, möglich. Ihr Anteil am Wert des Sondervermögens darf 80% nicht übersteigen, wobei der Wert ei- 50 nes einzelnen Anteils weniger als 10% ausmachen darf. Gleichzeitig dürfen nur Immobilien erworben werden, wenn diese der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. Ihr Wert darf maximal 30% des Sondervermögens betragen, wobei mindestens 60% des Sondervermögens aus Anteilen an ÖPP-Projektgesellschaft und den genannten Immobilen, zu denen auch Nießbrauchrechte an diesen Grundstücken gehören, bestehen müssen. Weitere Anlagegrenzen nennt § 90b Abs. 6 bis 8 InvG für Wertpapiere i.S.d. § 47 Abs. 1 Nr. 1, 5, 6 InvG, welche maximal 20%, sowie für Vermögensgegenstände i.S.d. § 90b Abs. 1 Nr. 4 bis 6 InvG, die wie u.a. Geldmarktinstrumente und Bankguthaben mindestens 10% des Sondervermögens ausmachen dürfen. Die Anlagegrenzen hat das Sondervermögen allerdings erst nach 4 Jahren, auf erfolgreichen Antrag bei der BaFin nach 5 Jahren, seit dem Zeitpunkt seiner Auflegung zu erfüllen.
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG 51 Abweichend von den allgemeinen Regelungen müssen die Vertragsbedingungen vorse-
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hen, dass eine Rücknahme der Anteile nur einmal halbjährlich oder jährlich erfolgt. Dem Anleger ist zudem nur ein ausführlicher Verkaufsprospekt zugänglich zu machen, der die in § 90e Abs. 2 InvG enthaltenen zusätzlichen Angaben enthalten muss. Zu diesen gehört beispielsweise die Beschreibung der wesentlichen Merkmale der ÖPP-Projektgesellschaften.
g)
Sonstige Sondervermögen
52 Sonstige Sondervermögen (§§ 90g-90k InvG) verfügen über die Möglichkeit, nicht nur
in Vermögensgegenstände i.S.d. § 47 bis 52 InvG, in welche die sog. richtlinienkonforme Fonds ihr Geld anlegen, sondern auch in Anteile an anderen Sondervermögen, Beteiligungen an Unternehmen, Edelmetalle sowie in unverbriefte Darlehensforderungen zu investieren. 53 Dabei legt ihnen das Investmentgesetz kaum Anlagengrenzen auf. Nur bei der Anlage in
Anteile an Single-Hedgefonds, Unternehmensbeteiligungen, Edelmetalle und unverbriefte Darlehensforderungen sind gewisse Begrenzungen zu beachten. 54 Auch Sonstige Sondervermögen haben ihrem Publikum ausschließlich einen ausführli-
chen Prospekt vorzulegen, welcher die in § 90j Abs. 2 InvG aufgeführten Angaben enthalten muss. Dies sind Angaben darüber, ob und in welchem Umfang in Unternehmen, welche nicht an der Börse notiert sind, Edelmetalle oder unverbriefte Darlehensforderungen investiert wird, sowie beispielsweise darüber, in welchem Umfang Kredite von dem Fonds aufgenommen werden dürfen und welche Risiken damit verbunden sind. Zudem hat die Kapitalanlagegesellschaft für die Verwaltung des Sonstigen Sondervermögens ein geeignetes Risikomanagement anzuwenden.
h)
Mitarbeiter-Sondervermögen
55 Mitarbeiter-Sondervermögen (§§ 90i-90r InvG) sind Fonds, deren Wert sich nach Ablauf
von drei Jahren nach Auflegung des Sondervermögens zu mindestens 60% entweder direkt aus Beteiligungen an sog. teilnehmenden Unternehmen, unverbrieften Darlehensforderungen gegen diese oder aus bestimmten Wertpapieren i.S.d. § 47 InvG zusammensetzt, welche von ihnen ausgegeben werden. 56 Teilnehmen können nur diejenigen Unternehmen, welche ihren Arbeitnehmern freiwillig
Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 39 EStG, also Vorteile in Form von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen anbieten, welche bis zu einem Betrag von 360 Euro p.a. steuerfrei sind. 57 Der Fonds kann also nicht weltweit, sondern vornehmlich in kleine mittelständische
Unternehmen investieren. Seine Laufzeit darf nicht begrenzt sein. Den Anlegern ist ausschließlich ein ausführlicher Prospekt vorzulegen, der zusätzlich die in § 90p Abs. 2 InvG gelisteten Angaben enthalten muss. Zu diesen gehören u.a. Hinweise, nach welchen Grundsätzen und in welchem Umfang die zulässigen Vermögensgegenstände erworben werden 62
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Inländisches Investmentvermögen
dürfen, sowie ausdrückliche und drucktechnisch hervorgehobene Hinweise darauf, dass es auf Grund der Anlagepolitik zu einer Risikokonzentration kommen kann, welche ggf. das Risiko erhöht.
i)
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Spezial-Sondervermögen
Für Spezial-Sondervermögen (§§ 91-95 InvG) gelten nach § 91 Abs. 2 InvG alle bisher 58 dargestellten Vorschriften mit Ausnahme derer zu dem Altersvorsorge und dem Mitarbeiter-Sondervermögen entsprechend, soweit die Regelung des § 91 Abs. 3 und 4 InvG keine davon abweichende Regelung vorsieht. Diese Fonds dürfen grundsätzlich in alle nach dem Investmentgesetz zulässigen Vermö- 59 gensgegenstände investieren und diese beliebig kombinieren. Sie unterliegen dabei keinen Anlagegrenzen. Eine Ausnahme gilt nur für sog. Hedgefonds, welche ebenfalls als SpezialSondervermögen i.S.d. § 91 InvG betrachtet werden. Als sog. Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken sind sie im vierten Kapitel des Investmentgesetzes geregelt (§§ 112-120 InvG). In beiden Fällen hat die Kapitalanlagegesellschaft mit den Anlegern zu vereinbaren, dass 60 diese ihre Anteile nur mit ihrer Zustimmung übertragen dürfen. Liegt kein Hedgefonds vor, so bedürfen die vertraglichen Gestaltungen nicht der Genehmigung der BaFin. Zudem finden die Vorschriften des § 42 InvG zum Verkaufsprospekt, die des § 121 InvG zur Anlegerinformationen sowie die des § 122 InvG zu den Veröffentlichungspflichten gem. 93 Abs. 3 InvG keine Anwendung auf Spezial-Sondervermögen. Diese Liberalisierung erfolgte, weil die Anteile an dem Spezial-Sondervermögen nur von institutionellen Anlegern gehalten werden dürfen. Dies gilt nicht für Single- und Dach-Hedgefonds. Sie können entweder als Publikums- oder als Spezialvermögen aufgelegt werden. Eine Sonderform des Spezial-Sondervermögens sind die sog. Hedgefonds, welche Son- 61 dervermögen mit zusätzlichen Risiken sind. Sie beachten zwar prinzipiell den Grundsatz der Risikomischung, unterliegen aber im Rahmen ihrer weiteren Anlagestrategie keinen Auswahlbeschränkungen i.S.d. §§ 2 Abs. 4 Nr. 1 bis 4, 7, 10 und 11 InvG. Zudem enthalten ihre Vertragsbedingungen gem. § 112 Abs. 2 InvG entweder eine sog. Leverage oder eine Leerverkaufs-Bedingung. Erstere liegt vor, wenn in dem Vertrag eine Steigerung des Investitionsgrades des Sondervermögens über eine im Grundsatz unbeschränkte Aufnahme von Krediten für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger oder über den Einsatz von Derivaten möglich ist, und Letztere, wenn der Verkauf von Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger möglich ist, die im Zeitpunkt des Verkaufs noch nicht zum Sondervermögen gehört haben. Zudem dürfen Hedgefonds maximal 30% des Werts des Sondervermögens in nicht am Kapitalmarkt notierte Unternehmen investieren. Derartige Hedgefonds (sog. Single-Hedgefonds) dürfen nicht öffentlich vertrieben werden. Im Gegensatz zu den Single-Hedgefonds dürfen die sog. Dach-Hedgefonds öffentlich 62 vertrieben werden. Als solche werden nach § 113 InvG Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken definiert, welche in Anteile an Zielfonds anlegen. Als Zielfonds gelten die Single63
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG Hedgefonds, Investmentaktiengesellschaften i.S.d. 96 InvG, deren Satzung mit der i.S.d. § 112 Abs. 2 InvG vergleichbar ist, sowie ausländische Investmentvermögen, die einem Single-Hedgefonds ähnlich sind. Sie dürfen keine Leverage mit Ausnahme der Kreditaufnahme nach § 53 InvG, d.h. i.H.v. 10% des Werts des Sondervermögens, oder Leerverkäufe vornehmen. Dabei darf der Dach-Hedgefonds maximal 20% seines Wertes in einen SingleHedgefonds sowie maximal 49% in Bankguthaben, Geldmarktinstrumente und in Anteile an Investmentvermögen i.S.d. § 50 InvG investieren. Die einen Dach-Hedgefonds verwaltende Kapitalanlagegesellschaft hat abweichend von der Regelung des § 93 Abs. 3 InvG einen vollständigen Verkaufsprospekt zu erstellen und diesen um die in § 117 Abs. 1 InvG genannten Angaben zu ergänzen. In dem Prospekt ist u.a. ein Warnhinweis abzudrucken, der darauf aufmerksam macht, dass der Anleger bereit und in der Lage sein muss, den Verlust des eingesetzten Kapitals bis hin zum Totalverlust hinzunehmen. Zudem haben sie die Regelungen zu den Vertragsbedingungen i.S.d. § 43 InvG zu berücksichtigen. Dies gilt im Grundsatz auch für den Single-Hedgefonds. 63 Darüber hinaus schränkt § 116 InvG das Rückgaberecht des Anlegers deutlich ein. So
steht es den Hedgefonds frei, in ihren Vertragsbestimmungen zu bestimmen, dass die Anteilspreisermittlung und Rücknahme der Anteile nur zu bestimmten Rücknahmeterminen, jedoch mindestens viermal im Jahr erfolgt. Der Anleger hat die Rückgabe der Anteile bei einem Single-Hedgefonds 40 Tage und bei einem Dach-Hedgefonds 100 Tage im Voraus unwiderruflich zu erklären. Auf diese eingeschränkten Rückgabemöglichkeiten ist in dem Verkaufsprospekt hinzuweisen.
2.
Investmentaktiengesellschaft
64 Investmentaktiengesellschaften sind gem. § 2 Abs. 5 InvG Unternehmen, die nach ihrer
Satzung auf die Anlage und Verwaltung ihrer Mittel nach dem Grundsatz der Risikomischung zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage in bestimmte Vermögensgegenstände beschränkt sind, und bei denen die Anleger das Recht zur Rückgabe ihrer Anteile haben. Sind an dieser ausschließlich juristische Personen beteiligt, so liegt eine Spezial-Investmentgesellschaft vor. 65 Sie dürfen in alle Vermögensgegenstände i.S.d. § 2 Abs. 4 InvG mit Ausnahme von Immo-
bilien, Immobilien-Gesellschaften und Infrastruktur-Sondervermögen sowie ÖPP-Projektgesellschaften investieren. 66 Dabei ist die Tätigkeit eines Investmentaktiengesellschaft auf die Portfolioverwaltung be-
schränkt, welche das Investmentgesetz reguliert. 67 Ihre detaillierte gesetzliche Regelung erfolgt im dritten Kapitel des Investmentgesetzes
(§§ 96-111a InvG).
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Inländisches Investmentvermögen
Die Investmentaktiengesellschaft ist neben der Anlageform der Sondervermögen ohne ei- 68 gene Rechtspersönlichkeit eine zweite Rechtsform für die Investmentanlage. Durch sie werden die Anleger mittelbar direkt an dem Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft beteiligt, welche ausschließlich in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet werden darf. Die Aktien einer solchen Investmentaktiengesellschaft bestehen grundsätzlich aus Unter- 69 nehmens- und Anlageaktien, es sei denn, es handelt sich um eine Spezial-Investmentaktiengesellschaft, welche auf die Begebung von Letzteren verzichten kann. Die Aktien dürfen nicht auf einen bestimmten Nennbetrag lauten, sondern müssen als Stückaktien ausgegeben werden. Die Unternehmensaktionäre, welche entweder bei Gründung der Gesellschaft die Unternehmensaktien gegen Einlage oder nach Gründung sie im Zuge der Übernahme aller Rechte und Pflichten übernehmen, erhalten Namensaktien und sind der BaFin zu melden. Anlageaktien hingegen können erst nach Gründung ausgegeben werden und berechtigen den Inhaber nicht zur Teilnahme an der Hauptversammlung und gewähren auch keine Stimmrechte, es sei denn, die Satzung sieht dies vor. Die Investmentaktiengesellschaft kann eine Kapitalanlagegesellschaft mit der Verwaltung 70 des Sondervermögens beauftragen, welche für sie die Ausführung allgemeiner Verwaltungsaufgaben sowie die Anlage und Verwaltung der Mittel übernimmt. Eine gesetzliche Verpflichtung besteht jedoch für die Investmentaktiengesellschaft nicht. Sie kann auch als selbstverwaltete Gesellschaft agieren. Das Anfangskapital22 der Gesellschaft muss nach § 96 Abs. 5 InvG mindestens 300.000 71 Euro betragen. Nach Ablauf von sechs Monaten nach ihrer Eintragung ins Handelsregister muss das Gesellschaftsvermögen jedoch mindestens 1,25 Mio. Euro erreichen. Daneben besteht die Möglichkeit, eine Investment-Aktiengesellschaft mit variablem Grundkapital nach §§ 104-106 InvG zu errichten.23 Danach ist der Vorstand ermächtigt, das Gesellschaftskapital wiederholt durch die Ausgabe neuer Anlageaktien gegen Einlagen zu erhöhen. Im Zuge der Kapitalerhöhung steht den Unternehmens- und den Anlageaktionären, soweit sie über ein Stimmrecht verfügen, ein Bezugsrecht zu. Darüber hinaus ist die Gesellschaft berechtigt, jederzeit ihre Aktien auszugeben und zurückzunehmen, solange die in der Satzung festgelegten Grenzen des Mindest- und Höchstkapitals dies gestatten. Die Gesellschafter können als Aktionäre verlangen, dass ihnen gegen Rückgabe ihrer Akti- 72 en ihr Anteil am Gesellschaftsvermögen ausgezahlt wird. Eine Verpflichtung zur Rücknahme besteht für die Gesellschaft jedoch nur dann, wenn sich das Gesellschaftsvermögen im Zuge der Rücknahme nicht auf weniger als 1,25 Mio. Euro verringert. Mit der Rücknahme gilt das Gesellschaftskapital als herabgesetzt.
22 Anfangskapital i.S.d. InvG sind das eingezahlte Grund- oder Stammkapital ohne das Kapital aus der Ausgabe von Vorzugsaktien sowie die Rücklagen i.S.d. § 10 Ab s. 3a KWG, vgl. § 2 Abs. 23 InvG. 23 Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital vgl. Fock, UR 2006, 558 ff. 65
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG 73 Zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs bedarf auch die Investmentaktiengesellschaft der
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schriftlichen Erlaubnis der BaFin, welche diese mit Nebenbestimmungen versehen darf. Eine Erlaubnis darf sie nur dann erteilen, wenn die Investmentaktiengesellschaft über das geforderte Anfangskapital von 300.000 Euro verfügt, sie ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Inland hat, die Geschäftsleiter der Investmentaktiengesellschaft zuverlässig sind und die zur Leitung der Investmentaktiengesellschaft erforderliche fachliche Eignung haben, sie auch in Bezug auf die Art des Unternehmensgegenstandes der Investmentaktiengesellschaft, die Satzung den Anforderungen dieses Gesetzes entspricht, die Investmentaktiengesellschaft eine Depotbank nach § 20 Abs. 1 InvG beauftragt hat und diese im Falle einer fremdverwalteten Investmentaktiengesellschaft eine Kapitalanlagegesellschaft benannt hat. Die BaFin hat über den Antrag innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden. Eine Ablehnung hat sie zu begründen. Der Antrag einer selbstverwaltenden Investmentaktiengesellschaft ist u.a. dann zu versagen, wenn sie ihrem Antrag auf Zulassung keinen tragfähigen Geschäftsplan beigefügt hat, aus welchem sich u.a. der organisatorische Aufbau und die internen Kontrollverfahren ergeben, oder die BaFin aus bestimmten Gründen ihre Aufsichtsfunktion nicht ordnungsgemäß wahrnehmen kann. 74 Macht die Investmentaktiengesellschaft nicht innerhalb eines Jahres von ihrer Erlaubnis
Gebrauch, übt sie den Geschäftsbetrieb seit mindestens sechs Monaten nicht aus oder verzichtet sie auf die Erlaubnis, erlischt diese. Eine Aufhebung der Erlaubnis durch die BaFin erfolgt beispielsweise, wenn die Gesellschaft diese durch rechtswidrige Mittel erworben hat oder die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr vorliegen. 75 Die Firma der Gesellschaft muss die Bezeichnung „Investmentaktiengesellschaft“ oder eine
allgemein verständliche Abkürzung enthalten. 76 § 99 InvG erklärt zahlreiche Vorschriften des Aktiengesetzes und des Investmentgesetzes
für entsprechend anwendbar. Mit Ausnahme der Regelungen zum Immobilien-Sondervermögen, Altersvorsorge-Sondervermögen und Mitarbeitervorsorge-Sondervermögen gelten die zum Sondervermögen dargestellten Vorschriften ebenfalls. Sollte die Aktiengesellschaft als Single-Hedgefonds agieren, so ist ihr ein öffentlicher Vertrieb ihrer Anteile ebenso untersagt. 77 Die Aktiengesellschaft hat einen Vorstand, der aus mindestens zwei Personen besteht und
unabhängig von der Depotbank seine Aufgaben wahrnimmt, sowie einen Aufsichtsrat einzurichten. Den Mitgliedern von beiden ist es untersagt, Vermögensgegenstände an die Investmentgesellschaft zu verkaufen oder selbige von ihr zu erwerben. Dies gilt nicht für die Aktien der Gesellschaft. 78 Für den Jahresabschluss und Lagebericht der Investmentaktiengesellschaft finden die Re-
gelungen des Handelsgesetzbuches Anwendung. Ihre gesetzlichen Vertreter haben sie innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres aufzustellen. Sie sind von dem Aufsichtsrat zu prüfen. Anschließend ist dieser von einem bestellten Abschlussprüfer zu prüfen. Innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres hat eine Offenlegung
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Inländisches Investmentvermögen
zu erfolgen. Nach der Feststellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes sowie nach Erstellung des Halbjahresberichtes hat die Investmentaktiengesellschaft diese unverzüglich an die BaFin zu leiten.
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Es gilt somit: Durch die Einführung der Investmentaktiengesellschaft steht dem Anleger neben dem Sondervermögen eine zweite Anlageform zur Verfügung. Es ist zwischen der Investmentaktiengesellschaft mit fixem und veränderlichem Kapital zu unterscheiden. ! Praxishinweis
Die Anlage über eine Investmentkapitalgesellschaft führt im Vergleich zur Anlage über ein Sondervermögen zu keinen steuerlichen Konsequenzen. Die Investmentkapitalgesellschaft ist die erste Kapitalgesellschaft deutschen Rechts, die nach dem Transparenzprinzip besteuert wird.24
II.
Kapitalanlagegesellschaft
Hauptzweck der Kapitalanlagegesellschaft ist gem. § 2 Abs. 6 InvG die Verwaltung von 79 inländischen Investmentvermögen i.S.d. § 1 Satz 1 Nr. 1 InvG oder die Verwaltung von inländischen Investmentvermögen i.S.d. § 1 Satz 1 Nr. 1 InvG und der individuellen Vermögensverwaltung. Es gilt somit: Kapitalanlagegesellschaften verwalten das Sondervermögen. Für die Aufnahme ihrer Tätigkeiten bedürfen sie der Erlaubnis der BaFin, welche die Erfüllung zahlreicher Voraussetzungen verlangt. Darüber hinaus unterliegen sie zahlreichen Verhaltensund Organisationspflichten.
Eine detaillierte Regelung zur Kapitalanlagegesellschaft enthält der zweite Abschnitt des 80 ersten Kapitels des Investmentgesetzes (§§ 6 -19l InvG). Danach dürfen sie neben der Verwaltung auch Dienstleistungen oder Nebendienstleistungen i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 InvG erbringen. Zu diesen Dienstleistungen gehören
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(Nr. 1) die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten i.S.d. § 1 Abs. 11 des Kreditwesengesetzes angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum einschließlich der Portfolioverwaltung fremder Investmentvermögen (individuelle Vermögensverwaltung),
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(Nr. 2) die Verwaltung einzelner in Immobilien angelegter Vermögen für andere sowie die Anlageberatung, sofern die Kapitalanlagegesellschaft befugt ist, Immobilien-Sondervermögen zu verwalten,
24 Vgl. Fischer/Steck in Berger/Steck/Lübbehüsen, Vor § 96 bis 111a InvG Rdn. 2. 67
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG Q
(Nr. 3) soweit die Erlaubnis die Dienstleistung nach Nr. 1 umfasst, die Anlageberatung, soweit die Erlaubnis die Dienstleistung nach Nr. 1 umfasst, die Verwahrung und Verwaltung von Anteilen, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder von einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben worden sind, für andere,
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(Nr. 4) den Vertrieb von Anteilen, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes ausgegeben worden sind oder die nach den §§ 130 bis 140 InvG öffentlich vertrieben werden dürfen,
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(Nr. 5) den Abschluss von Altersvorsorgeverträgen gemäß § 1 Abs. 1 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes sowie von Verträgen zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG,
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(Nr. 6) die Abgabe einer Zusage gegenüber dem Anleger, dass bei Rücknahme von Anteilen, bei Beendigung der Verwaltung von Anteilen i.S.d. Nr. 1 und der Beendigung der Verwahrung und Verwaltung von Anteilen im Sinne der Nr. 4 mindestens ein bestimmter oder bestimmbarer Betrag an den Anleger gezahlt wird (Mindestzahlungszusage),
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(Nr. 7) sonstige mit den in diesem Absatz genannten Dienstleistungen und Nebendienstleistungen unmittelbar verbundene Tätigkeiten.
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82 In der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag der Kapitalanlagegesellschaft ist zu bestim-
men, dass sie selbst außer den Geschäften, welche zur Anlage ihres eigenen Vermögens notwendig erscheinen, nur die in Absatz 2 genannten Geschäfte und Tätigkeiten betreiben wird. 83 Darüber hinaus darf sich die Gesellschaft an anderen Unternehmen beteiligten, wenn
deren Geschäftszweck gesetzlich oder satzungsmäßig im Wesentlichen auf Geschäfte ausgerichtet ist, welche die Kapitalanlagegesellschaft selbst ausführen darf, wenn ihre Haftung aus der Beteiligung durch die Rechtsform des anderen Unternehmens beschränkt ist. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass die Kapitalanlagegesellschaft durch die Beteiligung an anderen Unternehmen keinen Tätigkeiten nachgehen kann, welche ihr selbst verboten sind. 84 Die Gesellschaft selbst darf nur in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der Ge-
sellschaft mit beschränkter Haftung betrieben werden. Darüber hinaus müssen diese ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung im Geltungsbereich dieses Gesetzes, d.h. innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, haben, vgl. § 6 Abs. 1 InvG. In beiden Fällen ist ein Aufsichtsrat einzurichten. 85 Die Aufnahme des Geschäftsbetriebs bedarf der schriftlichen Erlaubnis der BaFin. Sie
kann diese mit Nebenbestimmungen verbinden. Darüber hinaus hat die Kapitalanlagegesellschaft jede Satzungsänderung unverzüglich der BaFin mitzuteilen. Dies gilt auch, wenn sie plant, eine Niederlassung innerhalb der EU oder des EWR zu errichten, vgl. § 12 InvG. Für die Erlaubniserteilung hat die Kapitalanlagegesellschaft einen Erlaubnisantrag zu stellen. Dieser muss nach § 7a InvG zahlreiche Unterlagen bzw. Angaben wie beispielsweise einen geeigneten Nachweis der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel nach § 11 InvG, die Angabe der Geschäftsleiter, Angaben zur Beurteilung deren Zuverlässigkeit sowie einen tragfähigen Geschäftsplan enthalten. Die BaFin hat dem Antragstellenden innerhalb 68
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Inländisches Investmentvermögen
von sechs Monaten nach Einreichung des vollständigen Antrags mitzuteilen, ob diesem eine Erlaubnis erteilt wird. Sollte die Kapitalanlagegesellschaft Tochter- oder Schwesterunternehmung einer anderen Kapitalanlagegesellschaft oder beispielsweise einer entsprechenden ausländischen Gesellschaft sein, welche in einem anderen Staat innerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ihren Sitz hat, oder durch dieselben natürlichen oder juristischen Personen kontrolliert werden, welche in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Kapitalanlagegesellschaft oder beispielsweise eine entsprechende ausländische Gesellschaft kontrollieren, so hat die BaFin gem. § 8 InvG vor Erteilung der Erlaubnis zunächst die zuständige Stelle des Herkunftsstaates anzuhören. Gibt die BaFin dem Antrag statt, so hat sie die Erlaubniserteilung im elektronischen Bun- 86 desanzeiger bekannt zu machen. Andernfalls erteilt sie eine Ablehnung, welche einer Begründung bedarf. Die für eine Ablehnung kausalen Gründe sind in § 7b InvG aufgelistet. Zu diesen gehören 87 beispielsweise die fehlende Zurverfügungstellung des Anfangskapitals und des zusätzlichen Eigenkapitals nach § 11 InvG, das Fehlen zweier Geschäftsleiter, Indizien, aus welchen sich ergibt, dass die Geschäftsleiter nicht zuverlässig sind, oder der fehlende Sitz im Inland. Nach § 11 InvG muss die Gesellschaft mit einem Anfangskapital von mindestens 300.000 88 Euro ausgestattet sein sowie in den Fällen, in denen sie ein Sondervermögen von mehr als 1,25 Milliarden Euro verwaltet, über zusätzliche Eigenmittel25 von wenigstens 0,02% des 1,25 Milliarden übersteigenden Betrages verfügen. Insgesamt darf die gesetzliche geforderte Summe des Anfangskapitals 10 Millionen Euro nicht übersteigen. Die zusätzlichen Eigenmittel i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 InvG braucht die Kapitalanlagegesellschaft nur zu 50% aufbringen, wenn sie über eine von einem Kreditinstitut oder einem Versicherungsunternehmen gestellte Garantie über die Summe verfügt. Die genauen Voraussetzungen regelt ebenfalls § 11 Abs. 1 InvG. Im Falle einer Erlaubnis des Geschäftsbetriebs der Kapitalanlagegesellschaft unterliegt des- 89 sen Durchführung den allgemeinen Verhaltensregeln des § 9 InvG. Diesen zufolge hat die Gesellschaft das inländische Investmentvermögen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger zu verwalten. Dabei handelt sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Depotbank. Sie ist verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger und der Integrität des Marktes zu handeln, ihre Tätigkeit mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im besten Interesse der von ihr verwalteten Sondervermögen und der Integrität des Marktes auszuüben, sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen und, wenn diese sich nicht vermeiden lassen, dafür zu sorgen, dass unvermeidbare Konflikte unter der gebotenen Wahrung der Interessen der Anleger gelöst werden, über die für eine ordnungsgemäße Geschäftstätigkeit erforderlichen Mittel und Verfahren zu verfügen und diese wirksam einzusetzen. 25 § 2 Abs. 24 InvG definiert Eigenmittel für die Anwendung des InvG als haftendes Eigenkapital und Drittmittel i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 1 KWG. 69
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG 90 Darüber hinaus unterliegt sie den Organisationspflichten des § 9a InvG. Eine ordnungs-
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gemäße Geschäftsorganisation umfasst dabei insbesondere ein angemessenes Risikomanagement, geeignete Regeln für die persönlichen Geschäfte der Mitarbeiter, angemessene Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für den Einsatz elektronischer Datenverarbeitungen sowie beispielsweise interne Kontrollverfahren. 91 Zudem finden auf die Werbung der Gesellschaft gem. § 19a InvG die Regelung des § 23
Kreditwesensgesetz Anwendung. Danach können bestimmte Werbungsarten untersagt werden, um Missverständnisse zu verhindern. 92 Für den Jahresabschluss, Lagebericht und die Prüfungspflicht gelten die §§ 340a bis 340o
HGB gem. § 19d InvG entsprechend. Nach § 23 Kreditwesensgesetz hat die Kapitalanlagegesellschaft den Jahresabschluss innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres anzufertigen und diesen bzw. später den geprüften sowie den Lagebericht der Bundesaufsicht vorzulegen. Darüber hinaus hat sie die Anzeigepflichten des § 19c InvG zu beachten. 93 Unabhängig von den Regelungen zu ihrem Anfangskapital muss die Kapitalanlagegesell-
schaft nach § 11 Abs. 3 InvG zu jeder Zeit Eigenmittel aufweisen, welche mindestens zu einem Viertel den Kosten entsprechen, welche die Gesellschaft im vorherigen Jahr in ihrem Jahresabschluss für Verwaltung, Abschreibungen sowie Wertberichtigungen auf immaterielle Anlagegüter und Sachanlagen im Rahmen ihrer Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen hat. 94 § 16 InvG gewährt der Kapitalanlagegesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen die
Auslagerung bestimmter Aufgaben, welche für die Durchführung ihrer Geschäfte wesentlich sind. Dafür hat sie Maßnahmen zu ergreifen, welche es ihr gewährleisten, dass sie das sog. Auslagerungsunternehmen wirksam überwachen kann und über bestimmte Weisungsbefugnisse sowie Kündigungsrechte verfügt. Ein Verschulden des Auslagerungsunternehmens hat die Kapitalgesellschaft wie eigenes Verschulden zu vertreten. Zudem hat sie die von diesem übernommenen Tätigkeiten in dem Verkaufsprospekt i.S.d. § 42 InvG aufzulisten sowie nach Ablauf des Geschäftsjahres unverzüglich und gesammelt der BaFin anzuzeigen. 95 Die der Kapitalanlagegesellschaft erteilte Erlaubnis erlischt nach § 17 InvG, wenn sie ent-
weder von dieser innerhalb eines Jahres nach Erteilung keinen Gebrauch macht, sie ausdrücklich auf sie verzichtet oder sie den Geschäftsbetrieb, auf welchen sich die Erlaubnis bezieht, seit mindestens sechs Monaten nicht mehr ausübt. Eine Aufhebung der Erlaubnis ist grundsätzlich nach den Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie dann möglich, wenn sie durch falsche Erklärungen der Kapitalanlagegesellschaft oder durch sonstige rechtswidrige Weise erwirkt wurde, die Eigenmittel der Gesellschaft unter die erforderliche Grenze sinken und dieser Mangel innerhalb der von der BaFin gesetzten Frist nicht geheilt wurde, der BaFin Tatsachen bekannt werden, welche eine Versagung der Erlaubnis nach § 7b Nr. 2 bis 8 InvG erfordern, oder die Kapitalanlagegesellschaft nachhaltig gegen die Bestimmungen des Investmentgesetzes verstößt. In diesen Fällen kann die BaFin nach § 17a InvG auch die Abberufung der verantwortlichen Geschäftsleiter verlangen und ihnen 70
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Inländisches Investmentvermögen
die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen. Sie kann die Organbefugnisse der abberufenen Geschäftsleiter solange auf einen geeigneten Sonderbeauftragen übertragen, bis die Kapitalanlagegesellschaft über neue Geschäftsleiter verfügt, welche den Anforderungen des § 7b Nr. 3 InvG genügen. Im Falle der Aufhebung oder des Erlöschens der Erlaubnis kann die BaFin nach § 38 Kreditwesengesetz verlangen, dass die Gesellschaft abgewickelt wird. Ihre Entscheidung hat sie dem Registergericht mitzuteilen, welches diese, die dann wie ein Auflösungsbeschluss wirkt, in das Handelsregister einträgt. Sollte eine Gesellschaft ohne Erlaubnis tätig werden, so kann die BaFin nach § 17c InvG die 96 sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und unverzügliche Abwicklung der Geschäfte gegenüber der Gesellschaft und ihren Organen anordnen. § 37 Kreditwesengesetz findet entsprechend Anwendung. Verwaltungsgesellschaften i.S.d. Richtlinie 85/611/EWG, die ihren Sitz in einem anderen 97 Staat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, dürfen auch ohne Erlaubnis der BaFin im Inland Tätigkeiten i.S.d. § 7 Abs. 2 InvG erbringen. Einzige Voraussetzung dafür ist, dass sie von den zuständigen Stellen in ihrem Herkunftsstaat für die Durchführung dieser Tätigkeiten zugelassen worden sind. Die BaFin hat diese Gesellschaften, wenn sie die Errichtung einer Zweigniederlassung im Inland beabsichtigen, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der übermittelten Unterlagen auf die notwendigen Meldungen gegenüber der BaFin und die in § 13 Abs. 4 Satz 1 InvG für sie geltenden Vorschriften hinzuweisen. Sollten die Auslandsgesellschaften lediglich die Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen planen, so hat die BaFin sie auf die geltenden Vorschriften hinzuweisen, auf welche § 13 Abs. 4 Satz 3 InvG verweist. Haben die Gesellschaften ihren Sitz in einem Drittstaat, so findet § 14 InvG Anwendung. Eine entsprechende Rechtsverordnung ist bislang noch nicht ergangen.26
III.
Depotbank
Die Depotbanken werden nach § 2 Abs. 7 InvG als Unternehmen definiert, welche die Ver- 98 wahrung und Überwachung von Investmentvermögen ausführen. Da Kapitalanlagegesellschaften nach dem Gesetz das Sondervermögen nicht selbst verwahren dürfen, ist der Einsatz unabhängiger Depotbanken notwendig. Sie verwahren beispielsweise die Wertpapiere. Zwischen dem Anleger und der Depotbank selbst bestehen dabei keine Rechtsbeziehungen.27
26 Vgl. Blankenheim in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 14 InvG, Rdn. 3. 27 Vgl. Köndgen in Berger/Steck/Lübbehüsen, Vor § 20 InvG, Rdn. 1. 71
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG Es gilt somit: Der Einsatz einer Depotbank ermöglicht die getrennte Verwaltung und Verwahrung des Investmentvermögens.28 Dabei dient sie als Kontrollinstanz der Kapitalanlagegesellschaft.29 Zwischen dem Anleger und der Depotbank bestehen jedoch keine Rechtsbeziehungen. Allerdings ist die Depotbank gesetzlich verpflichtet, in dessen Interesse zu handeln.
2
! Praxishinweis
In der Regel bestehen zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank enge wirtschaftliche Beziehungen, die regelmäßig konzernrechtlich begründet sind. Insoweit handelt es sich bei der Depotbank nur bedingt um eine unabhängige Institution. In diesem Zusammenhang führt u.a. die Weisungsbefolgungspflicht der Depotbank zu schwierigen Rechtsfragen.30 99 Einzelheiten bezüglich der Depotbank regelt der dritte Abschnitt des ersten Kapitels des
Investmentgesetzes (§§ 20 – 29 InvG). 100 Depotbanken müssen gem. § 20 Abs. 1 InvG ihren Sitz im Inland haben und nach § 1 Abs.
1 Satz 2 Nr. 1 und 5 KWG zum Einlagen-Depotgeschäft zugelassen sein. Sie müssen über ein haftendes Eigenkapital von mindestens 5 Mio. Euro verfügen, wenn sie keine Wertpapiersammelbank i.S.d. § 1 Abs. 3 Depotgesetzes sind. 101 Sie werden von der Kapitalanlagegesellschaft mit der Verwahrung und den sonstigen Auf-
gaben i.S.d. §§ 24 bis 29 InvG beauftragt. Dabei bedarf die Auswahl sowie jeder Wechsel der Depotbank der Genehmigung der BaFin, welche ihre Erlaubnis mit Nebenbestimmungen versehen kann. Die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten ist durch einen geeigneten Abschlussprüfer einmal im Jahr zu prüfen. Spätestens zwei Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs hat die Depotbank dafür einen geeigneten Prüfer zu bestellen. I.S.d. Gesetzes ist insbesondere ein Wirtschaftsprüfer mit mehrjähriger Berufserfahrung geeignet. Dieser hat seinen Prüfungsbericht der BaFin vorzulegen. 102 Damit der Grundsatz der Unabhängigkeit sichergestellt werden kann, ist die Depotbank
verpflichtet, die Weisungen der Kapitalanlagegesellschaft auszuführen, wenn diese nicht gegen das Gesetz oder die Vertragsbedingungen verstoßen, jedoch diese unabhängig von der Kapitalanlagegesellschaft ausschließlich im Interesse des Anlegers auszuführen. Gleichzeitig dürfen die Geschäftsleiter, Prokuristen und die zum gesamten Geschäftsbetrieb Bevollmächtigten der Depotbank nicht gleichzeitigt bei der Kapitalanlagegesellschaft und umgekehrt Angestellte sein. 103 Wesentliche Aufgaben der Depotbank sind nach § 24 InvG die Verwahrung der zum In-
vestmentvermögen gehörenden Wertpapiere und Einlagezertifikate in einem gesperrten Depot sowie der Guthaben in einem Sperrkonto und die laufende Überwachung des Bestandes der Immobilien, der Anteile an Immobiliengesellschaften und weiteren nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen. 28 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 231. 29 Vgl. Köndgen in Berger/Steck/Lübbehüsen, Vor § 20 InvG Rdn. 9. 30 Vgl. Köndgen in Berger/Steck/Lübbehüsen, Vor § 20 InvG Rdn. 1. 72
B.
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Ausländisches Investmentvermögen
Darüber hinaus ist sie für die Zahlung und Lieferung zuständig, welche mit dem An- und 104 Verkauf der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens sowie den daraus resultierenden Erträgen einhergehen. Auf Anweisung der Kapitalanlagegesellschaft führt sie zudem die Ausschüttung der Gewinnanteile an die Anleger durch. Für bestimmte Geschäfte, welche abschließend in § 26 InvG aufgelistet sind, bedarf die 105 Kapitalanlagegesellschaft der Zustimmung der Depotbank. Dafür hat sie zu überprüfen, ob die dort genannten Anforderungen vorliegen und sodann die Zustimmung zu erteilen. Die Kontrollfunktion der Depotbank umfassen gem. § 27 InvG u.a. die Ausgabe und 106 Rücknahme von Anteilen und die Ermittlung des Wertes der Anteile entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes und den Vertragsbedingungen. Gleichzeitigt ist sie berechtigt und verpflichtet, in eigenem Namen Ansprüche des Anlegers geltend zu machen. Zu diesen gehören gem. § 28 InvG beispielsweise Ansprüche der Anleger wegen Verletzung der Vorschriften dieses Gesetzes oder der Vertragsbedingungen gegen die Kapitalanlagegesellschaft. Als Vergütung erhält die Depotbank gem. § 29 InvG von der Kapitalanlagegesellschaft 107 ausschließlich die für die Verwaltung des Sondervermögens zustehende Vergütung sowie einen Ersatz ihrer Aufwendungen aus den zu einem Sondervermögen gehörenden Konten ausgezahlt. Eine Entnahme dieser Vergütung bedarf der vorherigen Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft.
B.
Ausländisches Investmentvermögen
B.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 InvStG findet dieses Gesetz auch auf ausländisches Investmentver- 108 mögen und ausländische Investmentanteile i.S.d. § 2 Abs. 8 und 9 InvG Anwendung.31 Besondere Probleme sind in der Praxis mit ausländischen Investmentvermögen verbunden, 109 weil es dem Gesetzesgeber nicht gelungen ist, durch eindeutige Gesetzesregelungen darzustellen, welches ausländische Investmentvermögen dem Anwendungsbereich des InvStG unterliegt.32 § 2 Abs. 8 InvG definiert es ganz allgemein als Investmentvermögen i.S.d. § 1 Satz 2 InvG, 110 welches dem Recht eines anderen Staates untersteht. Danach liegt ein solches vor, wenn Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände i.S.d. 2 Abs. 4 InvG angelegt sind. Ausländische Investmentanteile i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG sind demnach Anteile an solchen 111 ausländischen Investmentvermögen, die von einem Unternehmen mit Sitz im Ausland ausgegeben werden, der sog. ausländischen Investmentgesellschaft, bei denen der Anleger entweder verlangen kann, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil an dem auslän31 Zu den Zweifelsfragen im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 2 InvStG vgl. Haase, DStR 2009, 957 ff. 32 Grund für die Verwendung eines derartig offenen Begriffs könnte nach Ansicht von Köndgen sein, dass der Gesetzgeber möglichst viele ausländische Fonds unter die Vertriebskontrolle des Investmentgesetzes subsumieren möchte. Denn die ausländischen Investmentanteile unterliegen im Inland keiner Produktkontrolle. Vgl. dazu Köndgen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvG, Rdn. 48. 73
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG dischen Investmentvermögen ausgezahlt wird, oder bei denen der Anleger kein Recht zur Rückgabe der Anteile hat, aber die ausländische Investmentgesellschaft in ihrem Sitzstaat einer Aufsicht über Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage unterstellt ist.33 Sie liegen jedoch nur dann vor, wenn zwischen dem Anleger und dem ausländischen Vermögen direkte Rechtsbeziehungen bestehen. Gleichwohl sie nicht mitgliedschaftsrechtlicher Natur sein müssen, reicht ein von einem Dritten ausgegebenes Zertifikat nicht aus.34 Es gilt somit: Voraussetzung für die Anwendung des Investmentsteuergesetzes ist, dass sowohl ein ausländisches Investmentvermögen als auch ausländische Investmentanteile vorliegen. Dies gilt deshalb, weil nur der Anleger der Besteuerung im Inland mit seinen Erträgen aus den ausländischen Investmentanteilen unterliegen kann.35 112 Durch die Gestaltung des Rückgaberechtes des Anlegers und die Auswahl des Sitzstaates
der ausländischen Investmentgesellschaft kann die Anwendbarkeit des InvG und damit des InvStG beeinflusst werden. Dies hat Konsequenzen für die Besteuerung der Investmentgesellschaft und ihrer Anleger.36 ! Praxishinweis
Durch diese Gestaltungsmöglichkeit kann gezielt die Anwendung des Investmentsteuergesetzes beeinflusst werden. Denn dadurch entscheidet sich, ob das im Investmentsteuergesetz verankerte Transparenzprinzip zur Anwendung kommt oder nicht. Unterliegt das Investment nicht dem Anwendungsbereich, so finden die allgemeinen Regelungen zur Ertragsbesteuerung Anwendung. 113 Darüber hinaus steht ihnen im Gegensatz zu inländischen Fondsvermögen kein „fakti-
sches“ Wahlrecht zu, weil ihre Einordnung nicht von einer bestimmten Rechtsform, einer Erlaubnis oder Anträgen o.ä. abhängig ist, sondern allein von ihrer Einordnung aus deutscher Rechtssicht als ausländisches Investmentvermögen. Dies kann weitreichende Konsequenzen haben, weil sie in Abhängigkeit von der Einordnung als ausländische Investmentvermögen die Ermittlungs- und Veröffentlichungspflichten des § 5 InvStG erfüllen müssen und ihren Anlegern bei Nichterfüllung eine Strafbesteuerung nach § 6 InvG droht.37 ! Praxishinweis
In diesen Fällen kann die Besteuerung unter Anwendung des Investmentsteuergesetzes zu erheblichen Nachteilen führen, weil beispielsweise die Steuerbefreiungstatbestände, welche bei einer Direktanlage in Anspruch genommen werden könnten, aufgrund der fehlenden Veröffentlichungen nicht genutzt werden können. 114 Von diesen ausländischen Investmentanteilen zu unterscheiden sind die sog. EG-Invest-
mentanteile i.S.d. § 2 Abs. 10 InvG. Bei denen handelt es sich um Anteile, welche an einem dem Recht eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates der EWR unterstehenden 33 Zu ausländischen Investmentanteilen i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG vgl. Schmies/Helios, BB 2009, 1100. 34 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 9. 35 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 77. § 11 Abs. 1 InvStG befreit nur inländische Investmentvermögen von der Besteuerung. 36 Vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 6. 37 Vgl. Jacob/Geese/Ebner S. 22. 74
B.
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Ausländisches Investmentvermögen
Investmentvermögens bestehen, von einer Investmentgesellschaft mit Sitz in einem dieser Staaten ausgegeben werden und die Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG38 erfüllen. Für den Vertrieb der sog. richtlinienkonformen Sondervermögen gelten die Vorschriften der §§ 130-134 InvG, während für den der ausländischen Investmentanteile die §§ 135-140 InvG greifen. Für sie gelten die allgemeinen Regelungen des Investmentgesetzes nicht.39 Es gelten damit im Grundsatz für die Anerkennung der ausländischen Investmentvermö- 115 gen bzw. Investmentanteilen die gleichen Voraussetzungen wie für die des inländischen Investmentvermögens. Problematisch ist jedoch die Beurteilung der Voraussetzungen, d.h. ob die Anleger ihr Geld 116 zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage anlegen, über ein Rückgaberecht verfügen, eine vergleichbare Investmentaufsicht im Ausland besteht und der Grundsatz der Risikomischung eingehalten wird. Sie werden nachfolgend erläutert.40 Im Ergebnis werden viele ausländische Fonds nicht unter das InvStG fallen,41 so dass für 117 ihre Besteuerung nicht das InvStG als lex specialis zur Anwendung kommt. Auch hinsichtlich der ausländischen Fondsanlagen ist zwischen Publikums- und Spezial- 118 fonds zu unterscheiden. Sollte der Fonds in seinem Herkunftsland als Spezialfonds bezeichnet werden, so ist das für die Beurteilung aus deutscher Sicht unerheblich. Den Status eines Spezialfonds genießt aus deutscher Sicht nur derjenige, an dem keine Privatpersonen direkt beteiligt sind.42 Voraussetzung für die Einordnung als Spezialfonds ist eine schriftliche Vereinbarung, nach welcher auch nur nicht natürliche Personen beteiligt sein dürfen. > Beispiel
Ohne eine solche schriftliche Vereinbarung wäre beispielsweise ein luxemburgischer Fonds nach dem dort geltenden SIF-Gesetz als Publikumsfonds zu charakterisieren, weil nach luxemburgischem Recht auch natürliche Personen als Anleger in Betracht kommen.43
38 Bei dieser Richtlinie handelt es sich um die sog. OGAW-Richtlinie. Danach muss das Sondervermögen durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedsstaates nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie anerkannt sein. 39 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 232. 40 Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf dem Rundschreiben 14/2008 (WA 41-Wp2136-20008/0001) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 InvG, welches von der BaFin herausgegeben wurde. Es beinhaltet deren Verwaltungsauffassung, welcher die deutsche Finanzverwaltung folgt (vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Rdn. 5). Sofern weitere Quellen verwendet werden, erfolgt eine separate Zitierung. 41 Vgl. Elser/Gütle-Kunz, S. 414. 42 Vgl. dazu den von der BaFin herausgegebenen Fragenkatalog zum Anwendungsbereich des § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 21.01.2010, Frage 4. Dieses Schreiben wird nachfolgend lediglich als Fragenkatalog bezeichnet. 43 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 119. 75
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG
I.
Gemeinschaftliche Kapitalanlage
119 Die Kapitalanlage erfolgt über ein eigenständiges Vermögen, dessen Zweck hauptsächlich
2
die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinsame Rechnung der Investoren ist. Dabei hat es bei der Anlage den Grundsatz der Risikomischung zu beachten und ausschließlich in sog. qualifizierte Vermögensgegenstände i.S.d. § 2 Abs. 4 InvG zu investieren. 120 Gemeinschaftlich erfolgt eine Kapitalanlage dann, wenn mindestens zwei Anleger an ihr
in der Form beteiligt sind, dass sie von den damit verbundenen Chancen profitieren und die Risiken teilen. Nach Auffassung der BaFin genügt es jedoch, wenn das Vermögen nur einen Anleger hat, die Vertragsbedingungen des Sondervermögens jedoch weitere Anleger zulassen (sog. Ein-Investor Fonds).44 121 Auf die Rechtsform der Vermögensmasse kommt es nicht an. Diesbezüglich bestehen kei-
nerlei Begrenzungen.45
II.
Grundsatz der Risikomischung
122 Der Grundsatz der Risikomischung ist erfüllt, wenn der objektive Geschäftszweck eine ent-
sprechende Ausgestaltung des Vermögens vorsieht. Davon ist nach Auffassung der BaFin regelmäßig dann auszugehen, wenn das Vermögen zu diesem Zweck in mindestens drei unterschiedliche Vermögensgegenstände mit unterschiedlichen Anlagerisiken investiert wird.46 Eine zufällige Herbeiführung reicht dafür nicht. Vielmehr muss das Halten der qualifizierten Vermögensgegenstände dem Anlagezweck selbst dienen. 123 Der objektive Geschäftszweck ergibt sich aus den Vertragsbedingungen, der Satzung oder
vergleichbaren Bestimmungen.47 124 Es ist ausreichend, wenn das Vermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung ange-
legt werden soll. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des InvG bzw. die genannten Bedingungen ist jedoch anzunehmen, wenn das spätere tatsächliche Anlageverhalten dem nicht entspricht. In diesen Fällen kommt eine Untersagung des öffentlichen Vertriebs nach § 140 Abs. 3 Nr. 4 InvG in Betracht.48 125 Entscheidendes Merkmal ist danach das unterschiedliche Anlagerisiko. Denn auf die Art
der Vermögensgegenstände selbst kommt es nach Auffassung der BaFin nicht an. Damit verbunden ist natürlich die Frage, wann Vermögensgegenstände unterschiedliche Anlagerisiken haben. Dazu nimmt das Schreiben keine Stellung.
44 Fragenkatalog, Frage 12. 45 Vgl. Elser/Gütle-Kunz, S. 415. Die bislang bestehenden Begrenzungen für Personengesellschaften und börsennotierte Grundstückskapitalgesellschaften hat die Finanzverwaltung mit dem BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. aufgegeben. 46 Zu Inhalt und Reichweite des Grundsatzes der Risikomischung im Hinblick auf die investmentrechtliche Qualifizierung ausländischer Immobilienvermögen, vgl. Panzer, IStR 2005, 426 ff. 47 Fragenkatalog, Frage 6. 48 Fragenkatalog, Frage 6. 76
B.
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Ausländisches Investmentvermögen
Offen bleibt, ob für die damit verbundende Beurteilung die im InvG enthaltenen allge- 126 meinen Mindestanlagegrenzen einbezogenen werden sollten. Dagegen spricht, dass sie für ausländische Investmentvermögen grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen, weswegen sich eine Übertragung der Anforderungen für inländische Investmentvermögen verbietet. Sie könnten jedoch als Anhaltspunkte dienen. Aus diesem Blickpunkt kommt Wenzel zu dem Ergebnis, dass ein Sondervermögen, welches 97% seines Vermögens in eine einzelne Unternehmung und die restlichen Prozente zu gleichen Teilen in je ein anderes investiert, wohl nicht den Grundsatz der Risikomischung erfüllt.49 Gleiches gilt nach Auffassung von Bauderer und Coenenberg, wenn der ausländische Aktienfonds zu 50% in Aktien einer deutschen Bank, zu 48% in Aktien einer Großunternehmung und zu jeweils 1% in Aktien anderer Großunternehmen investiert, weil das Risiko der Wertentwicklung des Fonds im wesentlichen von nur zwei Vermögensgegenständen abhängig ist und keine Risikostreuung vorliegt.50 Diese Argumentation berücksichtigt das von der BaFin eingeführte „negative Abgren- 127 zungskriterium“. Nach diesem ist der Grundsatz der Risikomischung nicht erfüllt, wenn die Anlage in einen Vermögensgegenstand oder ein Anlagerisiko 50 bis 60% des Werts des Sondervermögens ausmacht. Dabei sind für diese Berechnung die Anteile der Vermögensgegenstände, welche demselben Risiko unterliegen, zu addieren.51 Der Verzicht auf die Einführung konkreter Anlage- und Bestandsgrenzen wurde eben- 128 so wie eine bestimmte Rechtsform aus Gründen des Schutzes des Anlegers bewusst nicht eingeführt.52 Es gilt somit: Der Grundsatz der Risikomischung bedeutet im Allgemeinen die Mischung von Gewinnchancen und Gewinnrisiken. Seine Beurteilung enthält ein quantitatives und ein qualitatives Element.53 Das quantitative Element verkörpert die Anzahl der Vermögensgegenstände, in welches ein Sondervermögen investiert, und das qualitative, in welche unterschiedlichen Anlagerisiken investiert wird.
Nach § 2 Abs. 8 Satz 2 InvG gilt der Grundsatz der Risikomischung auch dann als gewahrt, 129 wenn das Investmentvermögen in einem nicht nur unerheblichen Umfang Anteile eines oder mehrerer anderer Vermögen hält, die selbst den Grundsatz der Risikomischung mittel- oder unmittelbar erfüllen. Diese Auffassung der mittelbaren Risikomischung ist insoweit problematisch, weil die 130 BaFin nicht auf die Eigenschaft des Vermögens, an welchem sich das Sondervermögen beteiligt, sondern allein auf den Grundsatz der Risikomischung abstellt. Denn bei den erworbenen Anteilen muss es sich nicht um Investmentvermögen i.S.d. § 1 Satz 2 InvG handeln.
49 Vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 15. 50 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 91. 51 Vgl. Elser/Gütle-Kunz S. 416 unter Verweis auf das sog. Goldschreiben der BaFin v. 28.7.200 –WA 41Wp2136-2008/001 an den BVI. 52 Vgl. Jacob/Geese/Ebner S. 22. 53 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 89. 77
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Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG 131 Danach kann ein ausländisches Investmentvermögen, welches als solches nicht nach § 2
2
Abs. 8 Satz 1 InvG anerkennt werden würde, durch die Beteiligung an einem anderen ausländischem Investmentvermögen, welches ebenfalls nicht anerkannt werden würde, eine Anerkennung im Inland erlangen,54 wenn es der gemeinschaftlichen Kapitalanlage dient. 132 Die deutsche Finanzverwaltung wird allerdings nur dann durch die Gesellschaften i.d.S.
durchschauen, wenn es sich bei der einzelnen Kapital- oder Personengesellschaft entweder um eine Immobilien-Gesellschaft, eine ÖPP-Projektgesellschaft oder um eine Investmentgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2 InvG handelt.55 Damit findet auf die befürchtete Konstruktion das Investmentsteuergesetz keine Anwendung. Die BaFin hat diese Auffassung in ihren Fragenkatalog v. 21.01.2010 aufgenommen und sich ihr dadurch angeschlossen. Eine „Durchschau“ i.S.d. § 2 Abs. 8 Satz 2 InvG kommt daher nur noch unter den genannten Bedingungen in Betracht.56 Sie erfolgt insbesondere dann nicht, wenn die Beteiligung an dem beherrschten Unternehmen lediglich als Unternehmensbeteiligung einzustufen ist. > Beispiel
Eine ausländische Investmentgesellschaft hält als einzigen Vermögensgegenstand eine Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft. Dass diese in eine Vielzahl von Vermögensgegenständen investiert, ist für die Beurteilung der ausländischen Investmentgesellschaft irrelevant. Eine mittelbare Risikomischung ist vorliegend nicht gegeben, weil keine Durchschau durch die Kapitalgesellschaft erfolgen kann.57 ! Praxishinweis
Durch Zwischenschaltung einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft, deren Gesellschaftszweck nicht auf Risikomischung ausgelegt ist und welche die genannten Kriterien nicht erfüllt, kann die Anwendung des Investmentsteuergesetzes verhindert werden.
III.
Anlage in Vermögensgegenstände nach § 2 Abs. 4 InvG
133 Eine Anerkennung als ausländisches Investmentvermögen kommt nur dann in Betracht,
wenn das Sondervermögen seine Mittel tatsächlich oder nach dessen objektivem Geschäftszweck unmittelbar zu mehr als 90% in qualifizierte Vermögensgegenstände i.S.d. § 2 Abs. 4 InvG anlegt oder es auf eine solche Anlage ausgerichtet ist. Zu diesen gehören insbesondere Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Derivate, Bankguthaben sowie Immobilien, Unternehmensbeteiligungen und Edelmetalle. 134 Für diese Betrachtung gelten als Unternehmensbeteiligungen i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 9 und
11 InvG Anteile an Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, deren objektiver Geschäftszweck hauptsächlich auf die Anlage und Verwaltung ihrer Mittel nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände beschränkt ist, welche nicht zu den in 54 55 56 57 78
Vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 26. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Rdn. 8. Fragenkatalog, Frage 7. Vgl. Elser/Gütle-Kunz S. 416.
B.
2
Ausländisches Investmentvermögen
§ 2 Abs. 4 InvG genannten gehören müssen, und bei denen der Anleger kein Rückgaberecht hat (geschlossene Fonds). Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Anteile nicht als Anteile an Immobilien-Gesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 6 InvG, als Anteile an ausländischen Investmentvermögen i.S.d. 2 Abs. 4 Nr. 7 bis 11 InvG oder als Anteile an geschlossenen Fonds i.S.d. § 47 Abs. 1 Nr. 1 InvG anzusehen sind. Damit gesteht die BaFin ausländischen Investmentvermögen eine sog. Schmutzgrenze von 135 10% zu, wodurch ihnen eine Anlage in andere Vermögensgegenstände wie Schiffe, Briefmarken oder Kunstgegenstände möglich ist.58
IV.
Anlagegrenzen
Grundsätzlich sind für die Einordnung ausländischer Investmentfonds keine bestimmten 136 Anlagegrenzen maßgeblich. Davon abweichend sieht die Verwaltungsauffassung der BaFin Ausnahmen vor. In ihrem Rundschreiben 14/2008 verweist sie in Abhängigkeit der vorliegenden Fondsart auf die gesetzlichen Regelungen, welche grundsätzlich nur für inländische Investmentvermögen Anwendung finden. So gelten für Publikumsfonds, die keine Hedgefonds sind, bestimmte Anlagegrenzen für 137 ihre Investitionen in Derivate i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 3 InvG, Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 8 InvG, Edelmetalle, unverbriefte Darlehensforderungen und Unternehmensbeteiligungen i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 9 InvG. Deren Anerkennung als ausländisches Investmentvermögen kommt nur in Betracht, wenn für diese den § 90b Abs. 5, § 90h Abs. 4 Satz 1 und § 90h Abs. 5 Satz 1 InvG vergleichbare Anlagegrenzen gelten. Dabei bezieht sich der Verweis des § 90h Abs. 4 Satz 1 InvG nach Auffassung der BaFin nur auf die 20%-Grenze für Unternehmensbeteiligungen und nicht auf die Vermögensgegenstände i.S.d. § 52 InvG.59 Für die Erfüllung dieser Anforderungen genügt es, wenn die Anlagengrenzen in einer Ne- 138 benabrede, sog. Side-Letter, festgelegt oder vereinbart sind.60 Somit müssen Unternehmen, die Unternehmensbeteiligungen erwerben und als ausländi- 139 sche Investmentvermögen anerkannt werden wollen, eine derartige schriftliche Vereinbarung vorsehen, in welcher festgelegt ist, dass sie maximal 20% ihres jeweiligen Wertes in Unternehmensbeteiligungen, maximal 30% in Derivate, Edelmetalle und unverbriefte Darlehensforderungen sowie mindestens 60% in Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften
58 Vgl. Elser/Gütle-Kunz S. 417. Köndgen bezeichnet diese Vorgehensweise der BaFin als „relativ freie Rechtsfindung“. Er weist insbesondere darauf hin, dass der Anlagenkatalog des § 2 Abs. 4 InvG auf inländische Investmentvermögen ausgerichtet ist, und diese Vorgehensweise dazu führt, dass zahlreiche ausländische Fonds deswegen nicht dem Investmentgesetz unterstehen. Vgl. dazu Köndgen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvG, Rdn. 49 f. 59 Vgl. Fragenkatalog, Frage 1. 60 Vgl. Fragenkatalog, Frage 11. 79
2
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG anlegen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ihre Anlagestrategie nicht auf den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen gerichtet ist. In diesen Fällen ist wie bei Hedgefonds eine solche schriftliche Vereinbarung nicht erforderlich.61
2
140 Handelt es sich bei dem ausländischen Vermögen um keinen Publikumsfonds oder um
einen Hedgefonds, kann das Vermögen nur dann als ausländisches Investmentvermögen qualifiziert werden, wenn für dieses Vermögen in Bezug auf Unternehmensbeteiligungen mit § 91 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 90h Abs. 4 Satz 1 oder § 112 Abs. 1 Satz 3 InvG vergleichbare Anlagegrenzen gelten. Für die Anerkennung müssen diese in den Vertragsbedingungen, der Satzung oder vergleichbaren Bestimmungen festgehalten werden. Sie betragen in Bezug auf Unternehmensbeteiligungen für Spezialfonds 20% und für Hedgefonds 30%.62 141 Diese Grenzen greifen jedoch nur dann, wenn die Anlagestrategie nicht auf den Erwerb von
Unternehmensbeteiligungen ausgerichtet ist und sich dies aus den Vertragsbedingungen, der Satzung oder vergleichbaren Bestimmungen ergibt.63
V.
Recht eines anderen Staates unterstehen
142 Richtet sich die rechtliche Ausgestaltung des Vermögens und der Vertragsbedingungen, der
Satzung, der Anlagebedingungen oder vergleichbaren Bestimmungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Anleger zu dem Vermögen bestimmt, nach dem Recht eines anderen Staates (oder eines seiner Gliedstaaten) als der Bundesrepublik Deutschland, so untersteht ein Investmentvermögen dem Recht eines anderen Staates.
VI.
Rückgaberecht
143 Damit aus deutscher Sicht Anteile an einer ausländischen Investmentgesellschaft vorliegen
können, muss die Investmentgesellschaft einer bestimmten staatlichen Aufsicht unterliegen64 oder der Anleger ein Recht auf Rückgabe seiner Anteile haben. 144 Das Rückgaberecht ist dann gegeben, wenn der Anleger mindestens einmal in einem Zwei-
jahreszeitraum über die Möglichkeit verfügt, seinen Anteil an dem Sondervermögen gegen Auszahlung seines Anteils am Vermögen zurückzugeben. Dies gilt auch dann, wenn die Rückgabe nur zu bestimmten Rücknahmeterminen erfolgen kann. 145 Die Verpflichtung zum Rückkauf der Anteile durch eine Rückkaufgesellschaft ist der Rück-
nahme gleichgestellt, wenn der Rückkauf zum Inventarwert erfolgt und die dafür notwendigen finanziellen Mittel zur Erfüllung des Rücknahmeverlangens sichergestellt sind. Dafür muss das Errichtungsstatut des Vermögens vorsehen, dass das Vermögen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung, d.h. zur Befriedigung der Anleger, notfalls liquidiert wird.
61 62 63 64 80
Vgl. Vgl. Elser/Gütle-Kunz S. 417. Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 117. Vgl. Fragenkatalog, Frage 5. Siehe dazu Punkt 6.
B.
2
Ausländisches Investmentvermögen
Für die Beurteilung dieser Voraussetzung ist nicht auf das Recht des Einzelnen, sondern auf 146 das für die Mehrzahl der Anteile maßgebliche Recht abzustellen. Kann der Anleger ausschließlich die Rückgabe seiner Anteile zu bestimmten Terminen be- 147 gehren, dieses jedoch nicht durchsetzen, liegt kein Rückgaberecht vor, weil das Sondervermögen bzw. die Rückkaufgesellschaft freies Ermessen über die Rücknahme und Rückzahlung hat.65 Es liegt also nur dann ein Rückgaberecht in dem geforderten Sinne vor, wenn der Anleger dieses auch einklagen kann. Sog. „lock“ Perioden, in denen der Anleger für einen bestimmten Zeitraum nach Ausgabe 148 seiner Anteile die Rücknahme seiner Anteile nicht verlangen kann, bleiben für die Beurteilung unberücksichtigt, wenn nach ihrem Ablauf der Anteilseigner seine Anteile mindestens einmal in zwei Jahren zurückgeben kann. Dies gilt auch dann, wenn diese Phase länger als zwei Jahre dauert. Selbiges gilt für Rückgabefristen, welche vorsehen, dass der Anleger sein Geld erst nach 149 Anlauf einer bestimmten Zeit nach Rückgabe seiner Anteile erhält. Der Zeitpunkt muss jedoch bestimmbar sein. Das Merkmal der Auszahlung ist nur dann erfüllt, wenn eine geballte, vollständige Aus- 150 zahlung des Betrages erfolgt. Unschädlich ist ein Abschlag von bis zu 15% des Inventarwerts beispielsweise für Transaktionskosten oder Rücknahmeabschläge. Ebenfalls für die Betrachtung unschädlich sind Begrenzungen des Rückgaberechts auf bestimmte Auszahlungshöchstbeträge, wenn diese dem Schutz des Anlegers dienen. Der Auszahlung gleichstellt ist eine Sachauskehrung.
VII.
Vergleichbare Investmentaufsicht
Nach § 2 Abs. 9 InvG ist es für die Anerkennung als ausländisches Investmentvermögen 151 nicht notwendig, dass der Anleger ein Recht auf Rückgabe seiner Anteile hat, wenn die ausländische Investmentgesellschaft in ihrem Sitzstaat einer Aufsicht über Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage untersteht. Zweck einer solchen Aufsicht ist insbesondere der Schutz der Investmentanleger durch eine 152 staatliche Aufsicht. In der Bundesrepublik Deutschland übernimmt diese Aufgabe die BaFin für Finanzdienstleistungsaufsicht. Danach liegt eine Investmentaufsicht i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG nicht vor, wenn das aufsichts- 153 rechtliche Handeln lediglich die Integrität und Funktionsfähigkeit des Marktes sichern oder der Überprüfung steuerlicher Voraussetzungen dienen soll. Dies gilt vor allem dann, wenn ausländisches Vermögen nur einer Registrierungspflicht im Sitzstaat unterliegt. Dahingehend liegt eine solche vor, wenn beispielsweise vor der Auflegung des Sonderver- 154 mögens die Bonität der Investmentgesellschaft, die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der leitenden Personen sowie nach der Auflegung die Beachtung der Vorgaben aus dem Ge65 Vgl. Fragenkatalog, Frage 13. 81
2
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG setz oder den Vertragsbedingungen, der Satzung, den Anlagebedingungen oder vergleichbaren Bestimmungen zur Strukturierung des Portfolios (z.B. Anlagegrenzen) kontrolliert werden.
2
155 Für die Beurteilung der ausländischen Investmentvermögen, bei welchen der Anleger über
keine Rückgabemöglichkeit seiner Anteile verfügt, ist jeweils anhand der gesetzlich vorgesehenen Art und des Umfangs der Beaufsichtigung dieser ausländischen Vermögen zu entscheiden, ob eine Investmentaufsicht besteht oder nicht. Auch wenn ausländisches Vermögen ein- und derselben Behörde unterstellt sein sollte, bedeutet dies nicht, dass deren jeweilige Beurteilung zu demselben Ergebnis führt. Deswegen ist stets eine separate Prüfung vorzunehmen. > Beispiel
Die Aufsicht über eine SICAR durch die CSSF stellt eine Investmentaufsicht i.d.S. dar. Bei diesem Vermögen ist jedoch ggf. das Merkmal der Risikomischung nicht erfüllt, so dass es sich bei diesen i.d.R. nicht um ausländisches Investmentvermögen i.S.d. § 2 Abs. 8 InvG handeln wird.66
VIII. Sonderfälle 1.
Private Equity Fonds
156 Sollte das Vermögen eines Fonds in beachtlichem Umfang auf die Anlage der Mittel in Un-
ternehmensbeteiligungen oder anderen Vermögensgegenstände wie Aktien gerichtet sein, deren Werte durch eine aktive unternehmerische Tätigkeit gesteigert werden sollen, so liegt kein Investmentvermögen i.S.d. § 1 Satz 2 InvG vor. 157 Anhaltspunkte für eine aktive unternehmerische Tätigkeit können der beabsichtigte oder
tatsächliche Erwerb von Mehrheitsbeteiligungen oder Sperrminoritäten sein, der Eintritt in den unternehmerischen Entscheidungs- und Verantwortungsbereich durch die Übernahme von Organfunktionen über die Ausübung von Aktionärsrechten in der Hauptversammlung hinaus, das Zusammenwirken mit Dritten in einer Weise, die geeignet ist, die Ausrichtung des Unternehmens dauerhaft oder erheblich zu beeinflussen, die Unterstützung der aktiven unternehmerischen Tätigkeit eines oder mehrerer Private Equity-Fonds durch einen Private Equity-Fonds oder die Durchführung einer eingehenden Prüfung von dem allgemeinen Markt nicht zugänglichen Daten der Zielunternehmen vor Erwerb einer Unternehmensbeteiligung (Due Diligence). 158 Ein beachtlicher Umfang liegt zumindest dann vor, wenn das Vermögen zu mehr als 30% in
die oben genannten Vermögensgegenstände angelegt wird.67 159 Diese Ausführungen gelten nicht für ausländische Investmentvermögen i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr.
8 InvG. 66 Vgl. Fragenkatalog, Frage 14. 67 Vgl. Fragenkatalog, Frage 16. 82
B.
2.
2
Ausländisches Investmentvermögen
CDOs
Collaterised Debt Obligations (CDOs) sind Schuldtitel, die von einer Zweckgesellschaft zur 160 Finanzierung ihres Portfolios unterteilt in Tranchen ausgegeben werden. Die jeweiligen Schuldtitel unterscheiden sich u. a. in der Höhe der Verzinsung, dem Vorrang bei der Verteilung der laufenden Erträge und Liquidationserlöse oder den Gläubigerrechten. Orientiert an der Zusammensetzung des Portfolios sind für diese Schuldtitel eine Viel- 161 zahl von Bezeichnungen üblich. So wird bei der Verbriefung von Konsumentenkrediten der Begriff „Consumer ABS“, von grundpfandrechtlich gesicherten gewerblichen Krediten „Commercial Mortgage-Backed Securities (CMBS)“, von Schuldverschreibungen „Collaterised Bond Obligations (CBO)“, von Darlehensforderungen „Collaterised Loan Obligations (CLO)“ oder von Schuldverschreibungen „Collaterised Debt Obligations (CDO)“ verwendet. Da Hauptzweck der CDOs regelmäßig nicht die Anlage und Verwaltung ihrer Mittel, son- 162 dern hauptsächlich andere Zwecke wie die Liquiditätsgewinnung für den Originator sind, handelt es sich i.d.R. bei CDOs nicht um ausländische Investmentanteile i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG.68
3.
Zertifikate
Zertifikate gelten nicht als ausländische Investmentanteile, wenn der Wertpapieremittent 163 nicht dazu verpflichtet ist, den Emissionserlös in qualifizierte Vermögensgegenstände zu investieren und der Anleger lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den jeweiligen Wertpapieremittenten auf eine Leistung hat, welche sich nach der Entwicklung des jeweiligen Bezugsobjektes bemisst.
IX.
Öffentlicher Vertrieb ausländischer Investmentanteile in Deutschland
Liegt ein ausländischer Investmentanteil i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG vor, so ist der Anwen- 164 dungsbereich des Investmentgesetzes eröffnet. Beabsichtigt die ausländische Investmentgesellschaft Anteile öffentlich zu vertreiben, so hat sie dies gem. § 139 InvG der BaFin anzuzeigen. Die Erlaubnis dazu hat sie jedoch erst dann, wenn seit dem vollständigen Eingang ihrer Anzeige drei Monate vergangen sind und die BaFin in dieser Zeit keine Untersagungsverfügung erlassen hat. Die Vertriebsanzeige hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Die ihr beizufügenden Un- 165 terlagen sind in § 139 Abs. 2 InvG aufgezählt. Zu ihnen gehört u.a. eine Verpflichtungserklärung, in welcher sich die ausländische Investmentgesellschaft verpflichtet, die BaFin 68 Vgl. Fragenkatalog, Frage 15. 83
2
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG über ihre weitere Entwicklung zu unterrichten. Fremdsprachige Unterlagen können zwar eingereicht werden, ihnen ist jedoch eine deutsche Übersetzung beizufügen. Ebenfalls einzureichen ist der ausführliche Verkaufsprospekt.
2
Es gilt somit: Der öffentliche Vertrieb ist frühestens drei Monate nach Anzeige der Absicht bei der BaFin möglich. Diese wird jedoch keine ausdrückliche Erlaubnis erteilen. Im Grundsatz geht damit das Investmentgesetz von einer Erlaubnis unter Widerruf aus.69 166 Ein öffentlicher Vertrieb der Anteile i.S.d. § 2 Abs. 11 InvG ist nur gegeben, wenn der
Vertrieb der Anteile im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise erfolgt. Kein öffentlicher Vertrieb liegt in den in Satz 2 genannten Fällen vor, wenn beispielsweise die Investmentanteile ausschließlich an Institute i.S.d. § 1 Abs. 1b KWG, private und öffentlich rechtliche Versicherungsunternehmen oder Kapitalanlagegesellschaften vertrieben werden. 167 Ein öffentlicher Vertrieb von Anteilen an ausländischen Investmentvermögen, welche
den in § 112 Abs. 1 InvG genannten Vermögen vergleichbar sind (Single-Hedgefonds), ist nicht möglich.70 168 Sollte ein öffentlicher Vertrieb anderer Anteile beabsichtigt werden, so sind die §§ 135 ff.
InvG zu berücksichtigen. Sie finden allerdings keine Anwendung auf sog. EG-Investmentanteile.71 Für ihren Vertrieb gelten die Regelungen der §§ 130 ff. InvG. 169 Die Voraussetzungen unter denen ein öffentlicher Vertrieb möglich ist, nennt § 136 InvG.
Zu ihnen gehören u.a., Q
dass die ausländische Investmentgesellschaft und die Verwaltungsgesellschaft im Staat ihres Sitzes einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Investmentanleger unterliegen und
Q
die zuständigen Aufsichtsstellen des Sitzstaates zu einer nach den Erfahrungen der BaFin befriedigenden Zusammenarbeit entsprechend § 19 InvG mit der BaFin bereit sind,
Q
die ausländische Investmentgesellschaft der BaFin ein inländisches Kreditinstitut oder eine zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes als Repräsentanten benennt,
Q
die Gegenstände des Vermögens von einer Depotbank verwahrt werden, oder,
Q
soweit es sich um Immobilien handelt, deren Bestand von einer Depotbank überwacht wird, welche die Anleger in einer den Vorschriften der §§ 20-29 InvG vergleichbaren Weise sichert, ein oder mehrere inländische Kreditinstitute oder inländische Zweigniederlassungen von Kreditinstituten mit Sitz im Ausland als Zahlstellen benannt werden, über welche von den Anlegern geleistete oder für sie bestimmte Zahlungen geleitet werden können und
69 Vgl. Erhard in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 139 InvG, Rdn. 1. 70 Vgl. A.2. 71 Vgl. zur Definition das unter B Dargestellte. 84
B.
2
Ausländisches Investmentvermögen
Q
die Vertragsbedingungen oder die Satzung der Investmentgesellschaft vorsehen, dass dem Erwerber unverzüglich nach Eingang des Kaufpreises bei der Depotbank Anteile in entsprechender Höhe übertragen werden,
Q
die Anleger die Auszahlung des auf den Anteil entfallenden Vermögensteils verlangen können. Es gilt somit: Voraussetzung für den öffentlichen Vertrieb sind die wirksame Aufsicht und eine befriedigende Zusammenarbeit, eine Repräsentantenbestellung, eine Depotbank, Zahlstelle und bestimmte Anforderungen an den Mindestinhalt der Vertragsbedingungen bzw. der Satzung. Zusätzliche Anforderungen sehen die weiteren Absätze des § 146 InvG für bestimmte ausländische Sondervermögen vor.
So sieht Absatz 2 weitere Voraussetzungen für ausländische Investmentvermögen vor, 170 welche einem Infrastruktur-Sondervermögen vergleichbar sind, sowie Absatz 2a für das einem sonstigen Sondervermögen, Absatz 3 für das einer Investmentaktiengesellschaft und Absatz 4 für das einem Dach-Hedgefonds vergleichbare Vermögen. Der ausführliche Verkaufsprospekt muss gem. § 137 InvG grundsätzlich alle Angaben 171 enthalten, welche für seine Beurteilung zum Zeitpunkt der Antragstellung von wesentlicher Bedeutung sind. Zu diesen Angaben zählen u.a. solche über den Namen oder die Firma, die Rechtsform, den Sitz und das Eigenkapital (Grund- oder Stammkapital abzüglich der ausstehenden Einlagen zuzüglich der Rücklagen) der ausländischen Investmentgesellschaft, des Unternehmens, das über die Anlage des eingelegten Geldes bestimmt (Verwaltungsgesellschaft), des Unternehmens, das den Vertrieb der Investmentanteile übernommen hat (Vertriebsgesellschaft), und die Depotbank, über Name oder Firma, Sitz und Anschrift des Repräsentanten und der Zahlstellen, über Art, Höhe und Berechnung sämtlicher Kosten, die dem Anleger in Rechnung gestellt werden, sowie sämtliche aus dem Vermögen an Dritte zu zahlenden Vergütungen und zu ersetzenden Aufwendungen und über die Voraussetzungen und Bedingungen, zu denen die Anleger die Auszahlung des auf den Anteil entfallenden Vermögensteils verlangen können sowie über die hierfür zuständigen Stellen. Entsprechende Anwendung finden die Vorgaben des § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 InvG, wonach 172 alle Anlageziele des Sondervermögens einschließlich der finanziellen Ziele und der Anlagepolitik zu beschreiben sind, und die des § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 15, 16 Halbsatz 1 und 2 und Nr. 28 InvG, wonach die Regeln zur Vermögensbewertung, die Berechnung des Ausgabe- und Rücknahmepreises der Anteile und das Datum des Verkaufsprospektes anzugeben sind. Weitere Angaben für bestimmte Sondervermögen sieht § 137 Abs. 4 InvG vor. Zudem muss der Prospekt einen ausführlichen Hinweis darüber enthalten, dass der Fonds 173 keiner staatlichen Aufsicht durch die BaFin unterliegt. Ferner muss der Prospekt als Anhang einen aktuellen Jahresbericht enthalten. Ein vereinfachter Verkaufsprospekt kann gem. § 137 Abs. 2 InvG nicht verwendet werden. 174
85
2
2
Kapitel 2: Anwendungsbereich des InvStG 175 Davon abweichend haben ausländische Investmentaktiengesellschaften keinen Verkaufs-
prospekt, sondern einen Prospekt i.S.d. Wertpapierprospektgesetzes zu veröffentlichen. Dieses Gesetz sowie die EG-Verordnung Nr. 809/200472 regeln die Einzelheiten.
2
176 In ihrem Schreiben vom 21.01.2010 stellt die BaFin klar, dass sie zur Erteilung einer ver-
bindlichen Auskunft nur dann bereit ist, wenn es um die Frage der Zulassung zum öffentlichen Vertrieb des ausländischen Investmentvermögens geht. Damit besteht für einen Steuerpflichtigen, der ausschließlich an der Einordnung eines Vermögens aus deutscher Sicht interessiert ist, diese Möglichkeit nicht. 73
72 Bei dieser Richtlinie handelt es sich um die sog. Prospekt-Richtlinie betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung (ABl. L 149 vom 30.4.2004), Amtsblatt Nr. L 215 vom 16/06/2004 S. 0003 – 0103. 73 Vgl. Fragenkatalog, Frage 17. 86
3
Kapitel 3: Besteuerung der Fondseingangsseite A.
Einkünfteermittlung auf Fondsebene
A.
3
I.
Ertragsarten auf der Fondseingangsseite
Die Trennung zwischen der steuerlichen Behandlung der Fondseingangsseite und der Fondsausgangsseite ist ein prägender Grundsatz des Investmentsteuerrechts. Sie ist strikt durchzuhalten und gilt ohne Ausnahme. Ein Gleiches gilt für die sog. Ertragsarten (gemeint sind: Einkunftsarten), die ein Investmentvermögen erzielen kann.
1
Trotz der Fiktion des § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG, wonach die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen beim Anleger zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen, kann ein Investmentvermögen auf der Fondseingangsseite im Grundsatz sämtliche Einkunftsarten i.S.d. § 2 EStG verwirklichen.1
2
Freilich gibt es Ausnahmen, die im Wesen des Investmentsteuerrechts begründet liegen. So ist es nicht denkbar, dass ein Investmentvermögen beispielsweise Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.d. §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 19 EStG erzielt. Ein Gleiches gilt für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft werden nur selten vorliegen.2
3
Die wesentlichen Einkunftsarten, die Investmentfonds erzielen, sind in der Praxis Einkünfte aus Kapitalvermögen (§§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 20 EStG), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§§ 2 Abs. 1 Nr. 6, 21 EStG) sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 15 EStG).
4
Ungeachtet der vorstehenden Grundsätze gibt es zwischen den Einkunftsarten der Fondseingangs- und der Fondsausgangsseite einen systematischen Zusammenhang. Dieser hat auch unmittelbaren Einfluss auf die Besteuerung beim Anleger. In § 2 InvStG wird der Zusammenhang besonders anschaulich, denn dort wird die Besteuerung beim Anleger an einigen Stellen davon abhängig gemacht, welche Einkunftsarten auf der Fondseingangsseite den Ausschüttungen bzw. ausschüttungsgleichen Erträgen zugrunde liegen. Auch § 4 Abs. 1 InvStG arbeitet nach dem gleichen Prinzip.
5
> Beispiel
Nach § 2 Abs. 3 InvStG sind die ausgeschütteten Erträge auf Investmentanteile insoweit steuerfrei, als sie Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten enthalten, es sei denn, dass es sich um Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 EStG handelt. 1 2
Dazu Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 167 ff. Hier wird sich zeigen, ob sich die Assetklassen der offenen Fonds in der Zukunft den Assetklassen der geschlossenen Fonds ein weiter annähern. Bei den geschlossenen Fonds sind am Markt bereits sog. Waldfonds oder Farming Fonds anzutreffen. 87
F. Haase, K. Brändel, Investmentsteuerrecht, DOI 10.1007/978-3-8349-6689-6_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
Ein weiteres Beispiel ist § 2 Abs. 2 Satz 1 InvStG: Nur soweit ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche inländische und ausländische Erträge solche im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 EStG enthalten, sind § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG anzuwenden. 6
3
Der Grund für die teilweise Abhängigkeit der Besteuerung des Anlegers von den zugrunde liegenden Erträgen auf der Fondseingangsseite ist wiederum im Transparenzprinzip zu sehen. Wenn z.B. Veräußerungen von Grundstücken außerhalb der 10-Jahres-Grenze des § 23 EStG nicht steuerbar sind, dann muss dies auch bei über einen Fonds bezogenen Erträgen gelten. Nur so wird die Gleichbehandlung mit einem Direktanleger auch steuerlich nachvollzogen. Es gilt somit: Auf der Fondseingangsseite kann ein Investmentvermögen im Grundsatz sämtliche Einkunftsarten i.S.d. § 2 EStG verwirklichen. Bei einigen Einkunftsarten hat die Einordnung der zugrunde liegenden Erträge unmittelbar Auswirkung auf die Besteuerung beim Anleger.
II.
Einkünfte aus Kapitalvermögen
1.
Ertragsermittlung nach Regeln für Überschusseinkünfte
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG gehören die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn beim Anleger zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Anlegers, Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG oder Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 5 EStG sind. Diese Fiktion der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge betrifft indes die Fondsausgangsseite (Anlegerebene).3 7
Hinsichtlich der Ermittlung der den Einkünften aus Kapitalvermögen zugrunde liegenden Erträge des Investmentvermögens (Fondseingangsseite) bestimmt § 3 Abs. 1 InvStG, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG sinngemäß anzuwenden ist. Damit ist die Generalnorm des Einkommensteuergesetzes zur Gewinnermittlung bei den sog. Überschusseinkünften zur Anwendung berufen. Die Erträge des Investmentvermögens werden deshalb nach den Regeln für die Überschusseinkünfte bei natürlichen Personen (Einnahmen./.Werbungskosten) ermittelt. Dies gilt unabhängig davon, welche Einkunftsart das Investmentvermögen nach den Kategorien des § 2 EStG an sich erzielen würde. Dass bei einzelnen Anlegern die Anteile an dem Investmentvermögen zum Betriebsvermögen gehören, führt nicht zur Anwendung der für diese Investoren geltenden Regeln über die steuerliche Gewinnermittlung auf Ebene des Investmentvermögens. Insbesondere wird kein Betriebsvermögensvergleich durchgeführt. 3 88
Dazu Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 11.
3
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene Aus der Vorgabe zur Ermittlung der Erträge des Investmentvermögens lässt sich nicht ableiten, dass dieses in keinem Fall Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen kann. Unberührt bleibt, dass die Beteiligung von Investmentvermögen an gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaften zu gewerblichen Einkünften des Investmentvermögens führt. In allen anderen Fällen (z.B. bei der Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze beim Grundstückshandel oder umfangreichem Wertpapierhandel) sind auf der Ebene des Investmentvermögens die Erträge durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten zu ermitteln. Der Gewinn aus der Beteiligung an einer gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft ist als Einnahme zu behandeln.4
8
3
> Beispiel
Ein Investmentvermögen beteiligt sich an einer Kapitalgesellschaft und an einer gewerblichen Personengesellschaft. Ungeachtet der Tatsache, dass die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft auch die aus der Kapitalgesellschaft ankommenden Dividenden infiziert und daher einheitlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, werden die Erträge auf der Ebene des Investmentvermögens nach Einnahme-Überschuss-Grundsätzen durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten ermittelt. Es gilt somit: Die Erträge des Investmentvermögens werden nach den Regeln für die Überschusseinkünfte bei natürlichen Personen (Einnahmen./.Werbungskosten) ermittelt. Dies gilt unabhängig davon, welche Einkunftsart das Investmentvermögen nach den Kategorien des § 2 EStG an sich erzielen würde und welche Art von Anleger an dem Investmentvermögen beteiligt ist.
2.
Zufluss-/Abfluss-Prinzip und Modifikationen
Aus der Anwendung der Regeln für die Überschusseinkünfte bei natürlichen Personen (Einnahmen./.Werbungskosten) folgt automatisch die Anwendung des § 11 EStG (Zufluss-/Abfluss-Prinzip). Für das Investmentsteuerrecht sieht § 3 Abs. 2 InvStG insoweit einige Modifikationen vor.
9
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 InvStG gelten Dividenden bereits am Tag des Dividendenabschlags als zugeflossen.5 Dies ist der erste Tag, an dem die Aktien ex-Dividende gehandelt werden. Beim Investmentvermögen stehen die Bildung des Dividendenanspruchs und der Bewertungskurs der Aktien in einem untrennbaren Verhältnis. Der Anspruch auf Dividenden ist daher erstmals zu dem Bewertungstag des Fonds einzustellen, an dem die Aktien erstmals mit dem Kurs ex-Dividende bewertet werden. Maßgebend ist dabei der Tag, für den der Fonds bewertet wird (Bewertungstag), und nicht der Tag, an dem die Fondsbewertung durchgeführt wird.
10
4 5
BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 46. Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 111 ff. 89
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
> Beispiel
Die AG XY schüttet per ex-Tag 14.10.04 die Dividende aus. Der Kursabschlag erfolgt ebenfalls am 14.10.04. Die KAG führt am 14.10.04 die Bewertung für den Bewertungstag 13.10.04 mit den Kursen per 13.10.04 durch. Der Dividendenanspruch ist in die Bewertung noch nicht einzubeziehen, da der Kurs per 13.10.04 die Dividenden noch enthält. Bewertet die KAG den Fonds am 14.10.04 oder am 15.10.04 für den Bewertungstag 14.10.04 mit den Kursen per 14.10.04, wird der Dividendenanspruch eingestellt und die Aktie mit dem Kurs ex-Dividende bewertet.6
3 11
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 InvStG sind dem Investmentvermögen zu zahlende Zinsen und Mieten periodengerecht abzugrenzen. Dies gilt auch für angewachsene Ansprüche aus einem Emissions-Agio oder -Disagio mit Ausnahme des Feinabstimmungsabschlags nach § 1 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe b Satz 2 InvStG einer sonstigen Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.7
12
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 InvStG gelten periodengerecht abgegrenzte Werbungskosten ferner als abgeflossen, soweit der tatsächliche Abfluss im folgenden Geschäftsjahr erfolgt.8 Ist dies nicht der Fall, sind die erklärten und festgestellten Besteuerungsgrundlagen für das Geschäftsjahr, in dem die abgegrenzten Werbungskosten zu Unrecht abgezogen worden sind, zu korrigieren. Bei Spezial-Sondervermögen, Spezial-Investmentaktiengesellschaften und ausländischen Spezial-Investmentvermögen erfolgt die Korrektur für das Fehlerjahr. Durch die zeitliche Vorziehung der Einnahmen bzw. Werbungskosten vor Zufluss bzw. Abfluss soll sich die materielle Behandlung insgesamt nicht ändern. > Beispiel
Werbungskosten i.H.v. 10.000 US-Dollar werden bereits zutreffend im Jahr 01 erfasst, sie fließen aber erst im Jahr 02 ab. Im Zeitpunkt der Erfassung des Jahres 01 besteht folgendes Währungskursverhältnis: 1 USD = 1 €; im Zeitpunkt des Abflusses ist 1 USD nur noch 0,80 € wert. Zwar werden in im Jahr 01 die 10.000 € als Werbungskosten berücksichtigt, der Kursverfall der Fremdwährung im Jahr 02 führt aber zu einer Kürzung der Werbungskosten i. H. v. 2.000 € im Jahre 02. 13
Die Zufluss-Fiktion für Erträge gilt auch für den Werbungskostenabzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängender ausländischer Quellensteuer durch das Investmentvermögen mit Ausnahme der Spezial-Sondervermögen, der Spezial-Investmentaktiengesellschaft und ausländischer Spezial-Investmentvermögen nach § 4 Abs. 4 InvStG.9 Es gilt somit: § 3 Abs. 2 InvStG modifiziert das Zufluss-/Abfluss-Prinzip des § 11 EStG und passt es auf die besonderen Bedürfnisse des Investmentsteuerrechts an.
6 7 8 9 90
Beispiel aus Rdn. 49 des BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 119 ff. Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 172 ff. Rdn. 53 des BMF-Schreibens v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff.
3
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene ! Praxishinweis
Das Zuflussprinzip des § 11 EStG gilt sodann auch auf Anlegerebene. Das Zuflussprinzip besagt, dass Einkünfte bzw. Erträge in dem Kalenderjahr versteuert werden müssen, in welchem sie dem Anleger zugeflossen sind. Zufluss bedeutet, dass der Anleger über den ausgeschütteten Betrag verfügen kann. Bei effektiver Zahlung oder bei Gutschrift durch das depotführende Kreditinstitut des Anlegers im Fall ausschüttender Fonds ist demzufolge im Regelfall das Jahr maßgebend, in dem die Ausschüttung stattgefunden hat. Für thesaurierende Fonds gilt das Jahr der Thesaurierung der Erträge. Erträge werden üblicherweise acht bis zwölf Wochen nach Geschäftsjahresende ausgeschüttet, während Thesaurierungen am Geschäftsjahresende des Investmentfonds erfolgen.
3.
3
Einheitliche und gesonderte Feststellung
Die Investmentgesellschaft hat für jede Ausschüttung sowie für die ausschüttungsgleichen Erträge zum Fonds-Geschäftsjahresende jeweils eine Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen abzugeben.10 Diese Erklärung steht einer gesonderten Feststellung gleich (vgl. zum Verfahren § 13 InvStG). Die Feststellungserklärung ist entweder bei der Ausschüttung oder bei Thesaurierung innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres abzugeben. Bei unterjährigen Ausschüttungen ist eine sofortige Abgabe der Feststellungserklärung nicht erforderlich. Vielmehr können Teilfeststellungserklärungen gesammelt nach Ablauf des Jahres mit dem Jahresbericht, der Berufsträgerbescheinigung und den Ausschüttungsbeschlüssen eingereicht werden. Die Anmeldung der Kapitalertragsteuer nach § 7 Abs. 3 und Abs. 4 InvStG bleibt davon unberührt.
14
! Praxishinweis
Erwähnenswert ist, dass bei nachträglicher Änderung der gesonderten Feststellungen durch das Finanzamt die Unterschiedsbeträge in der Feststellungserklärung für das Fonds-Geschäftsjahr berücksichtigt werden sollen, in dem die geänderte Feststellung unanfechtbar, d.h. bestandskräftig geworden ist. Die Vereinfachung im Verfahren wird damit um den Preis der Verschiebung der Steuerlast von den ursprünglichen Anlegern auf diejenigen, die im Jahr der Unanfechtbarkeit am Fonds beteiligt sind, erzielt.
III.
Werbungskostenabzug
1.
Allgemeines
Das grundgesetzlich verbürgte Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebietet grundsätzlich die steuerliche Berücksichtigung von Betriebsausgaben und Werbungskosten (sog. objektives Nettoprinzip). Nichts anderes gilt für das Investmentsteuerrecht.
10 Zum Verfahrensrecht des Investmentsteuerrechts vgl. Carlé, AO-StB 2007, 44 ff. 91
15
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
> Beispiel
Typische Werbungskosten bei Fondsanlagen sind zum Beispiel: Depotgebühren; Rechts- und Steuerberatungskosten; Kosten für Fachzeitschriften und Fahrtkosten, die mit der Fondsanlage im Zusammenhang stehen. Der Ausgabeaufschlag, der beim Kauf des Fonds anfällt, gehört ebenso wie etwaige Provisionen oder Maklergebühren (z.B. bei Wertpapierfonds) nicht zu den Werbungskosten, sondern zu den Anschaffungskosten. Die jährlichen Verwaltungskosten sind ebenfalls keine Werbungskosten des Anlegers.
3 16
Für die Überschusseinkünfte ist § 9 EStG die maßgebende Norm, was den Werbungskostenabzug anbelangt. Nach ihrem Abs. 1 Satz 1 sind Werbungskosten sämtliche Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.
17
§ 3 Abs. 3 InvStG schließt sich diesem Grundsatz an, trifft jedoch einige ergänzende bzw. modifizierende Regeln für den Werbungskostenabzug auf der Ebene des Investmentvermögens. Aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG lässt sich folgern, dass das InvStG zwischen Werbungskosten, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen des Investmentvermögens stehen, und solchen Werbungskosten unterscheidet, bei denen dieser Zusammenhang nur ein mittelbarer ist. Hierzu nachstehend im Einzelnen. ! Praxishinweis
Der Anhang 2 des Anwendungsschreibens zum InvStG11 enthält ein Beispiel für die Aufteilung der nicht unmittelbar zuzuordnenden Werbungskosten bei einem Aktienfonds. Bei Dachfonds wird gemäß Rdn. 66 des Anwendungsschreibens aus Vereinfachungsgründen eine bestimmte Strukturierung des Vermögens der Zielfonds unterstellt.
2. 18
Werbungskosten im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang
Werbungskosten, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen des Investmentvermögens stehen, sind nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln abzugsfähig.12 Ergänzend bestimmt § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG, dass zu den Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung gehören, soweit diese die nach § 7 EStG zulässigen Beträge nicht übersteigen, mit anderen Worten: Bei der Ermittlung der Erträge auf Ebene des Investmentvermögens muss (!) dieses Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung als Werbungskosten abziehen. Achtung: Nur diejenigen Abschreibungsregeln des § 7 EStG sind anzuwenden, die sich nicht auf Betriebsvermögen beziehen!
11 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. 12 Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 204 ff. 92
3
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene ! Praxishinweis
Vor der Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG sind die direkt zuzuordnenden Werbungskosten, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit bestimmten Einnahmen stehen, zu ermitteln und diesen Einnahmen zuzuordnen. Bei ihrem Abzug von diesen Einnahmen ist nach § 3 Abs. 1 InvStG auch § 3c Abs. 1 EStG anzuwenden. Zu diesen direkt zuzuordnenden Werbungskosten gehören auch die ausländischen Quellensteuern, wenn sich das Investmentvermögen nach § 4 Abs. 4 InvStG zum Abzug als Werbungskosten bereits auf der Ebene des Investmentvermögens entschließt.
3
Es gilt somit: Bei Werbungskosten des Investmentvermögens ist zwischen mit den Einnahmen im unmittelbaren bzw. mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Werbungskosten strikt zu unterscheiden. Die unmittelbaren Werbungskosten sind nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln abzugsfähig, für die mittelbaren Werbungskosten gilt § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG.
3.
Werbungskosten im mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang
Für sämtliche anderen Werbungskosten, d.h. jene Werbungskosten, die lediglich in einem mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen des Investmentvermögens stehen, trifft § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG eine detaillierte Sonderregelung. Diese Sonderregelung sieht im Grundsatz ein dreistufiges Ermittlungsschema für die mittelbaren Werbungskosten vor.13
19
! Praxishinweis
Der Ausschluss des Ansatzes der tatsächlich angefallenen Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 EStG gilt aufgrund des sachlichen Vorrangs des § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG nicht, weil die Einkünfte bereits auf der Fondsebene ermittelt werden. § 20 Abs. 9 EStG gilt insoweit nur für die originär dem einzelnen Anleger entstandenen Werbungskosten wie z.B. Kosten für eine individuelle Anlage- oder Steuerberatung. Bei Fondsbeteiligungen im Privatvermögen kommt daher dem § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG aufgrund des § 20 Abs. 9 EStG im Bereich der Abgeltungsteuer keine große Bedeutung zu.
a)
Stufe 1: Zuordnung zu steuerfreien Erträgen nach DBA
Soweit Werbungskosten eines Investmentvermögens mit ausländischen Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und der Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines DBA kein Besteuerungsrecht für diese ausländischen Einkünfte zusteht (§ 4 Abs. 1 InvStG), sind nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InvStG die Werbungskosten im Verhältnis des durchschnittlichen Vermögens des vorangegangenen Geschäftsjahres, das Quelle dieser Einnahmen ist, zu dem durchschnittlichen Gesamtvermögen des vorangegangenen Geschäftsjahres den ausländischen Einnahmen zuzuordnen. 13 Dazu ausführlich Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 254 ff. 93
20
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
! Praxishinweis
Als Aufteilungsmaßstab ist also auf den durchschnittlichen Anteil des Vermögens, das Quelle solcher Einnahmen ist (sog. Quellvermögen), zum durchschnittlichen Gesamtvermögen des Investmentvermögens während des vorangegangenen Geschäftsjahres des Investmentvermögens abzustellen. Gesamtvermögen ist das Nettovermögen des Investmentvermögens, wenn die Vertragsbedingungen vorsehen, dass die Verwaltungsvergütung nach dem Nettovermögen berechnet wird (Regelfall). Anderenfalls ist es das Bruttovermögen. Das Quellvermögen ist auf dieser Stufe ebenfalls ein Nettovermögen, wenn die Vertragsbedingungen vorsehen, dass die Verwaltungsvergütung nach dem Nettovermögen berechnet wird (Regelfall); ansonsten ist es das Bruttovermögen.
3 21
Von den ausländischen Wirtschaftsgütern sind die ihnen direkt zuzuordnenden Schulden abzuziehen. Die danach den steuerbefreiten Erträgen zuzuordnenden allgemeinen Kosten sind nicht abzugsfähig. Sie sind aber bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 InvStG steuersatzmindernd zu berücksichtigen14. > Beispiel
Das Paradebeispiel für die Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InvStG sind Werbungskosten bei nach einem DBA im Inland steuerfrei gestellten ausländischen Mieterträgen. Die Regelung kommt daher in der Hauptsache bei Immobilienfonds zur Anwendung.
b) 22
Stufe 2: Pauschales Abzugsverbot
§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 InvStG bestimmt sodann, dass von den nach der Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InvStG verbleibenden abzugsfähigen Werbungskosten 10% als nichtabzugsfähige Werbungskosten gelten. Die Ermittlung der nicht abzugsfähigen Werbungskosten i.H.v. 10 % sind in der steuerlichen Ertragsrechnung des Investmentvermögens zu dokumentieren.15 ! Praxishinweis
Eine solche Fiktion hat für die Verwaltung den Charme der Verwaltungsvereinfachung. Sofern Anleger im Einzelfall durch ihre Anwendung benachteiligt werden, ließe sich an Rechtsmittel auf Grundlage des Verfassungsrechts denken. In vergleichbaren Fällen (etwa bei § 8b Abs. 5 KStG) hatten Klageverfahren jedoch keinen Erfolg. Der Gesetzgeber darf sich im Grundsatz der Fiktionstechnik bedienen.
14 Dies gilt freilich nur, soweit der Progressionsvorbehalt noch anwendbar ist, vgl. den durch das JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, eingefügten § 4 Abs. 1 Satz 2 InvStG. Damit wurde das Investmentsteuerrecht der Regelung in § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG nachgebildet. 15 Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 278. 94
3
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene
c)
Stufe 3: Zuordnung zu Dividendenerträgen
Auf der dritten Stufe (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 InvStG) wird den Dividendenerträgen ein bestimmter Anteil an den allgemeinen Kosten zugeordnet. Ausgangsgröße ist dabei der nach Anwendung der Stufen 1 und 2 verbleibende Rest der allgemeinen Kosten. Mangels sicherer direkter Zuordnung von Verbindlichkeiten zu dem Aktivvermögen, das Quelle der Dividendenerträge ist, ist das durchschnittliche Quellvermögen für die Dividenden anders als in der Stufe 1 zu ermitteln, weil üblicherweise Finanzierungsaufwendungen bei Immobilien direkt zugeordnet werden können, während dies bei Finanzierungsaufwendungen für Wertpapiere nicht der Fall ist.
23
Für die Anteilsrechnung ist das nach Abzug des Quellvermögens der Stufe 1 vom (Netto-) Gesamtvermögen verbleibende (Netto-)Restvermögen den Dividenden in dem Umfang zuzuordnen, der dem Anteil der „Aktien“ an dem Aktivvermögen dieses (Netto-)Restvermögens entspricht. Die Finanzverwaltung lässt es in Rdn. 61 des Anwendungsschreibens zum InvStG16 ausdrücklich zu, wenn eine Aufteilung der nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 InvStG verbleibenden Werbungskosten auch bei Privatanlegern entsprechend § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 InvStG zur Anwendung kommt.
24
3
> Beispiel:
Beispiel für die Anteilsrechnung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 InvStG: Das Vermögen des Fonds soll sich zusammensetzen aus inländischen Immobilien (100), ausländischen Immobilien (DBA-Freistellung: 50), inländischen Grundstückskapitalgesellschaften (10) und Bankguthaben (20), was zu einem Gesamtvermögen von 180 führt. Das Verhältnis, nach dem Werbungskosten den ausländischen Mieteinnahmen zuzuordnen sind, beträgt 50/180. Das Verhältnis, nach dem Werbungskosten den Dividenden aus den Grundstückskapitalgesellschaften nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nummer 3 InvStG zuzuordnen sind, beträgt 10/(180 - 50).17 Der den Dividendeneinnahmen entsprechende Anteil an den allgemeinen Kosten ist bei natürlichen Personen mit Anteilen im Betriebsvermögen nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 InvStG i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60% als Werbungskosten abzugsfähig. Bei Körperschaften, für die § 8b Abs. 1 KStG anzuwenden ist, ist der den Dividenden entsprechende Anteil an den allgemeinen Kosten nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 InvStG i. V. m. § 3c Abs. 1 EStG entsprechend gar nicht abzugsfähig.18 Es gilt somit: Für die in einem mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen des Investmentvermögens stehenden Werbungskosten sieht § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG ein dreistufiges Ermittlungsschema vor. Hiernach erfolgt zunächst eine Zuordnung der Werbungskosten zu den nach einem DBA steuerfreien ausländischen Erträgen, sodann werden 10% der verbleibenden Werbungskosten pauschal als nicht abzugsfähig angesetzt. Auf der letzten Stufe erfolgt eine Zuordnung zu den Dividendenerträgen (wegen der Anwendung von § 3c EStG). 16 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. 17 Beispiel aus Rdn. 62 des BMF-Schreibens v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. 18 Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 289. 95
25
3 26
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
Die Umsetzung des Werbungskostenabzugs auf Fondsebene wird durch das folgende zusammenfassende Beispiel erläutert. > Beispiel Werbungskostenabzug Fondsebene
Fonds
3
Pauschal n. abzf.
Anteil
Werbungskosten gesamt 1.Schritt ./. Direktzuordnung Immobilien Zinsen Dividenden Quellensteuer (Abzug statt Anrechnung) =Allgemeine Kosten 2. Schritt
Allgemeine Kosten ./.Werbungskosten zu DBA Erträgen stfr. abzugsfähige allgemeine Kosten davon 10% nicht abzf. Verbleibender Abzug
3. Schritt
Verteilung nach Vermögen
3.000.000
3.000.000
-1.500.000 -200.000 -100.000 -50.000 1.150.000
-1.500.000 -200.000 -100.000 -50.000
1.150.000 -200.000 950.000 -95.000
15%
Mieterträge Zinserträge 50%
5%
-200.000 -100.000 -50.000
-200.000 -95.000
855.00 855.000
Werbungskosten gesamt
IV.
Dividende
-1.500.000
-200.000 -95.000
DBA stfr. n. abzf. 30%
0
-95.000
-200.000
-183.214
-610.714
-61.071
-333.214
-2.110.714
-261.071
Verlustverrechnung
27
Das grundgesetzlich verbürgte Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebietet ferner grundsätzlich die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten. Die Berücksichtigung muss indes nicht im Verlustentstehungsjahr erfolgen (z.B. mangels positiver verrechenbarer Einkünfte über eine Steuererstattung), sondern dies kann auch in zurückliegenden oder zukünftigen Veranlagungszeiträumen geschehen, wie es im allgemeinen Ertragsteuerrecht etwa in § 10d EStG (Verlustvor- und Rücktrag) vorgesehen ist. Im Investmentsteuerrecht gelten insoweit nur einige Besonderheiten.
28
Da die Ermittlung der Erträge nach § 3 Abs. 1 InvStG auf der Ebene des Investmentvermögens vorgenommen wird, bedarf es auch auf dieser Ebene besonderer Regeln zur Verlustverrechnung. § 3 Abs. 4 Satz 1 InvStG bestimmt daher insoweit, dass negative Erträge des Investmentvermögens bis zur Höhe der positiven Erträge gleicher Art mit diesen zu verrechnen sind. Bei den negativen und positiven Erträgen handelt es sich naturgemäß um Erträge der Fondseingangsseite. Soweit Verluste hiernach nicht ausgeglichen werden können, findet nach § 3 Abs. 4 Satz 2 InvStG ein Vortrag statt.19 Eine Verrechnung von Fondsverlusten mit anderen Einkünften eines Anlegers scheidet aus. Die Verluste werden auf der Fondsebene eingefroren und stehen nur dort zur Verrechnung zur Verfügung.
19 Vgl. auch Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 332 f. 96
3
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene ! Praxishinweis
Hiervon unabhängig verläuft die Verlustverrechnung auf der Anlegerebene. Das depotführende Kreditinstitut vermerkt etwa etwaige Zwischengewinne und private Veräußerungsverluste nach neuem Recht (ab 1.1.2009), die der Anleger seit Jahresbeginn bei dem Erwerb von Anteilen an Investmentfonds bezahlt bzw. hingenommen hat, im Verlustverrechnungstopf des Anlegers. In dieser Höhe sind später anfallende abschlagpflichtige Kapitaleinkünfte von der Abschlagsteuer mit dem Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls der Kirchensteuer befreit. Bezahlte und im Verlustverrechnungstopf vermerkte Zwischengewinne werden in den Wertpapierkaufabrechnungen und etwaige entstandene Veräußerungsverluste nach neuem Recht in den Verkaufsabrechnungen ausgewiesen. Eigenverwahrte Anteile werden im Verlustverrechnungstopf nicht berücksichtigt, so dass keine derartigen Befreiungen möglich sind.
3
Ob negative und positive Erträge gleicher Art vorliegen, bestimmt sich nach u.E. zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung danach, ob für die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge die steuerlichen Folgen gleich sind.20 Die Gleichartigkeit ist daher gegeben, wenn im Falle des Vortrags ausschüttungsgleiche Erträge vorliegen bzw. nicht vorliegen und die gleichen materiellen Auswirkungen beim Anleger einschließlich des Steuerabzugs nach § 7 und § 15 Abs. 1 Satz 7 InvStG eintreten. § 10d Absatz 2 EStG und die Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 22 Nr. 3 und § 23 Abs. 3 EStG sind nach der den Anleger begünstigenden Verwaltungsauffassung jedoch nicht anzuwenden.21
29
Die Gleichartigkeit lässt sich als Merkposten anhand der folgenden vier Stichpunkte prüfen: (1) Steuerbarkeit der den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge zugrunde liegenden Erträge auf der Fondseingangsseite, (2) Steuerpflicht der den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge zugrunde liegenden Erträge auf der Fondseingangsseite, (3) Besteuerungszeitpunkt und (4) Anwendung des Kapitalertragsteuerabzugs. Nach diesen Kriterien werden sog. Verlustverrechnungstöpfe gebildet, die den relevanten Ertragsarten nachgebildet sind.
30
> Beispiel
Es können z.B. Zinserträge mit Verlusten aus inländischen Grundstücken bei An- und Verkauf innerhalb der 10-Jahresfrist ausgeglichen werden. Dividendenerträge bei Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften bedürfen im Hinblick auf den gesonderten Steuerabzug nach § 7 Abs. 3 InvStG aber z.B. eines eigenen Verrechnungskreises. ! Praxishinweis
Der Anhang 3 zum Anwendungserlass22 zum Investmentsteuergesetz enthält Übersichten über die Verlustverrechnungsmöglichkeiten unterschiedlicher Ertragsarten beim privaten bzw. betrieblichen Anleger bei Publikums- und Spezial-Investmentvermögen sowie Regeln für die Überführung bestehender Verlustvorträge in die neuen Kategorien. Hieraus ergeben sich 10 Verlustverrechnungstöpfe für Publikums- Sondervermögen sowie 2 weitere Verrechnungstöpfe für inländische Spezial-Sondervermögen.
20 Dazu Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 327. 21 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 69. 22 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. 97
3 31
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
Nicht im Entstehungsjahr ausgeglichene Verluste sind – unbeschadet der Möglichkeit, auf diese Verluste einen Ertragsausgleich zu rechnen – zwingend und in absoluten Zahlen vorzutragen und in den folgenden Geschäftsjahren nach denselben Grundsätzen auszugleichen. Die Investmentgesellschaft nimmt die Ermittlung grundsätzlich für natürliche Personen mit Anteilen im Privatvermögen, natürliche Personen mit Anteilen im Betriebsvermögen und Kapitalgesellschaften, bei denen § 8b Abs. 1 KStG gilt, vor. Bei PublikumsInvestmentvermögen gelten für private und betriebliche Anleger dieselben Kategorien. Bei Spezialsondervermögen, Spezial-Investmentaktiengesellschaften und ausländischen Spezial-Investmentvermögen sind Zusammenfassungen von Kategorien möglich.23 Es gilt somit: Die den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen zugrunde liegenden Erträge der Fondseingangsseite werden für Zwecke der Verlustverrechnung in Verlustverrechnungstöpfe aufgeteilt. Ausschließlich auf der Ebene des Investmentvermögens findet sodann die Verlustverrechnung statt, eine Verrechnung der über einen Fonds bezogenen Verluste mit sonstigen Einkünften des Anlegers kommt nicht in Betracht. Soweit ein Verlustausgleich nicht möglich ist, ist zwingend der Verlustvortrag auf der Ebene des Investmentvermögens vorzunehmen.
V.
Zinsschranke
1.
Grundregeln
a)
§ 4h EStG
32
Die sog. Zinsschranke ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 25.5.2007 (Tag des Beschlusses des Deutschen Bundestags über das Unternehmensteuerreformgesetz 200824) beginnen und nicht vor dem 1.1.2008 enden (§ 52 Abs. 12d EStG, § 34 Abs. 6a Satz 3 KStG). Es handelt sich bei der Zinsschranke um ein (steuerpolitisch motiviertes) Instrument der Unternehmensbesteuerung und regelt im Wesentlichen die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs von Zinsaufwendungen bei gewerblichen Unternehmen.
33
Die Zinsschranke ist für das Einkommensteuerrecht in § 4h EStG und für das Körperschaftsteuerrecht in § 8a KStG25 geregelt. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerbestimmung, der sog. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (geregelt in § 8a KStG a.F.), werden von der Zinsschranke nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern auch natürliche Personen und Per-
23 Vgl. Anhang 3 zum BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. Zu Besonderheiten bei Dachfonds vgl. Steinmüller in Haase, InvStG, § 3 Rdn. 338. 24 Gesetz v. 14.8.2007, BGBl. I S. 1912, BStBl. I S. 630. 25 Insoweit ersetzt die Zinsschranke den alten Tatbestand zur sog. Gesellschafterfremdfinanzierung durch im Ergebnis ähnliche, in der rechtlichen Umsetzung aber unterschiedliche Tatbestandsmerkmale. 98
3
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene sonengesellschaften, mithin sämtliche Betriebe erfasst, und zwar unabhängig vom Betriebsinhaber. § 4h EStG ist insoweit eine Gewinnermittlungsvorschrift und beschränkt den Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen dieses Betriebs.26 ! Praxishinweis
Die Frage der Anwendung der Zinsschranke auch auf Investmentvermögen stellt sich in der Praxis insbesondere bei Spezial-Investmentvermögen. Insbesondere im Immobilienbereich erwerben diese die Immobilien nicht selten fremdfinanziert. Zinserträge wiederum erzielen Investmentvermögen, die in zinstragende Wertpapiere investieren, wie es z.B. typischerweise bei Geldmarkt- und Rentenfonds der Fall ist. Der Grundregelungsgehalt der Bestimmungen zur Zinsschranke ist der folgende (§ 4h Abs. 1 EStG): Die Zinsaufwendungen eines Betriebs sind als Betriebsausgabe i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG abziehbar bis zur Höhe des im Unternehmen angefallenen Zinsertrages desselben Jahres. Der darüber hinausgehende Nettozinsaufwand kann aber nur bis zur Höhe von 30% des steuerpflichtigen Gewinns vor Zinsertrag, Zinsaufwand und Abschreibungen (sog. EBITDA = Earnings before interest, taxes, depreciation and amortisation) abgesetzt werden.
3
34
Es gilt somit: Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 hat der Gesetzgeber den Zinsausgabenabzug für Betriebe jeder Art auf 30% des EBITDA beschränkt. Die Einführung der Zinsschranke wurde vom Gesetzgeber damit begründet, dass diese zur Sicherung des inländischen Steuersubstrats beitragen soll, indem einerseits Anreize zu einer Gewinnverlagerung ins Inland geschaffen und andererseits eine Verlagerung von Zinsaufwand nach Deutschland verhindert werden soll.
§ 4h Abs. 1 EStG formuliert genauer zur Bestimmung des steuerlichen EBITDA wie folgt: Die Zinsaufwendungen eines Betriebs sind in Höhe des Zinsertrags abziehbar, darüber hinaus ist der Abzug auf 30% des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2a Satz 2 und § 7 EStG abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns bzw. des maßgeblichen Einkommens begrenzt. ! Praxishinweis
Dem Begriff und der Berechnung des EBITDA kommt damit eine zentrale Stellung im Unternehmensteuerrecht zu. Das EBITDA ermittelt sich in der Praxis wie folgt: EBITDA = Jahresüberschuss +/- außerordentliches Ergebnis + Steueraufwand - Steuererträge +/- Finanzergebnis + Abschreibungen auf das Anlagevermögen - Zuschreibungen auf das Anlagevermögen.27 Das EBITDA ist durch das Herausrechnen zahlreicher Positionen aus der Gewinn-undVerlust-Rechnung nur beschränkt aussagefähig. Häufig wird es von börsennotierten Unternehmen, die Verluste erwirtschaften, im Rahmen der Berichterstattung genutzt. Es muss zudem gesehen werden, dass Veränderungen von Rückstellungen nicht verrechnet werden, was die Aussagekraft weiter in Frage stellt.
26 BMF-Schreiben v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff., Rdn. 2. 27 Kürzere Darstellung in Rdn. 40 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. für das Einkommensteuerrecht sowie in Rdn. 41 für Körperschaften. 99
35
3
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
36
Zinsaufwand, der die genannte Grenze überschreitet, ist im Veranlagungszeitraum seiner Entstehung nicht abzugsfähig und wird dem Gewinn außerbilanziell wieder hinzugerechnet. Der nicht abzugsfähige Zinsaufwand wird durch das sog. Betriebsstättenfinanzamt gesondert festgestellt und als sog. Zinsvortrag (interest carry-forward) in künftige Veranlagungszeiträume vorgetragen.
37
Bei Personenunternehmen ist maßgeblicher Gewinn der nach den Vorschriften des EStG mit Ausnahme von § 4h Abs. 1 EStG ermittelte steuerpflichtige Gewinn (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG). Hält ein Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft seine Beteiligung im Betriebsvermögen (sog. Zebragesellschaft), kommt die Zinsschranke nach u.E. zutreffender Verwaltungsauffassung auf der Ebene des Gesellschafters zur Anwendung.28 Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine originär vermögensverwaltende Personengesellschaft oder eine sog. gewerblich entprägte Personengesellschaft nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Es gilt somit: Nicht verrechnungsfähiger Zinsaufwand ist vortragsfähig. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften kommt die Zinsschranke auf Gesellschafterebene zur Anwendung.
38
Die Regeln über die Zinsschranke kommen jedoch nicht zur Anwendung, wenn eine der drei sog. Escape-Klauseln einschlägig ist. Dabei handelt es sich um alternative (nicht: kumulative) Sondertatbestände in § 4h Abs. 2 EStG, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen den Zinsabzug im Ergebnis unbeschränkt zulassen.
39
Die Zinsschranke findet nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. a-c EStG keine Anwendung, wenn (1) der Saldo aus Zinsaufwendungen und Zinserträgen (sog. Nettozinsaufwand) negativ ist und er 3 Mio. € nicht übersteigt (Freigrenze), (2) der Betrieb nicht Teil eines Konzerns ist29 oder (3) der Betrieb Teil eines Konzerns ist und seine Eigen-/Fremdkapital-Quote nicht schlechter ist als die des Konzerns. Der Eigenkapitalvergleich ist hierbei im Grundsatz nach den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS (International Financial Reporting Standards) zu führen. Es gilt somit: Für die Zinsschranke des § 4h EStG gelten drei Escape-Klauseln, bei deren Anwendung die Zinsschranke im Ergebnis nicht eingreift. Die in der mittelständischen Praxis wichtigste Escape-Klausel ist die Freigrenze von 3 Mio. €.
b) 40
§ 8a KStG
Die auf Körperschaften anwendbare Norm des § 8a KStG setzt im Grundsatz auf dem einkommensteuerlichen Tatbestand des § 4h EStG auf, jedoch mit dem Unterschied, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns hier das maßgebliche Einkommen als Referenzgröße herangezogen wird, vgl. § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG. Ähnlich wie in § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG 28 Rdn. 43 des BMF-Schreibens v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. 29 Siehe dazu § 4h Abs. 3 Sätze 5 und 6 EStG. 100
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene
3
wird insoweit auf das nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelte steuerliche Einkommen (Legaldefinition in § 2 Abs. 4 EStG30) Bezug genommen. Die Zinsschranke ist damit im Grundsatz auf sämtliche Körperschaften i.S.d. §§ 1, 2 KStG anwendbar, sofern nicht Ausnahmen eingreifen. § 8a KStG hält sodann in den Abs. 2 und 3 ergänzende Bestimmungen bereit, die die Gesellschafter-Fremdfinanzierung im weitesten Sinne betreffen. Diese Bestimmungen sehen Ausnahmen von der Anwendung der Escape-Klauseln des § 4h Abs. 2 EStG vor.
41
§ 8a Abs. 2 KStG bestimmt in diesem Zusammenhang, dass § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. b EStG nur anzuwenden ist, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als 25% am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10% der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 EStG betragen und die Körperschaft dies nachweist.
42
§ 8a Abs. 3 KStG bestimmt ergänzend, dass § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c EStG nur anzuwenden ist, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als 25% am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10% der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 EStG betragen und die Körperschaft dies nachweist. Dies gilt jedoch nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c EStG ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.
43
Es gilt somit: Die Zinsschranke ist nach § 8a KStG mit Modifikationen auch auf Körperschaften anwendbar. Die Vorschrift sieht ferner Ausnahmen von der Anwendung der Escape-Klauseln vor, die im Wesentlichen auf die Fälle der Gesellschafter-Fremdfinanzierung zielen.
30 Im Körperschaftsteuerrecht anwendbar wegen des Generalverweises in § 8 Abs. 1 KStG. 101
3
3
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
2.
Vorliegen eines Betriebs
a)
Fondsebene
44
Zwingende Anwendungsvoraussetzung für die Zinsschranke ist das Vorliegen eines sog. Betriebs. Der Begriff wird in den §§ 4h, 8a KStG mehrfach verwendet, jedoch nicht definiert.
45
In den Einzelsteuergesetzen finden sich gleich mehrere Betriebsbegriffe, sofern man „Betrieb“ mit „Gewerbebetrieb“ gleichsetzt, vgl. etwa § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG oder § 15 Abs. 2 EStG. Nur der Begriff der „Betriebsstätte“ (permanent establishment) ist in § 12 AO bzw. für den internationalen Kontext in Art. 5 OECD-Musterabkommen31 definiert und damit in sämtlichen Steuerarten gleichermaßen gültig. Darüber hinaus sucht man eine Definition des Betriebsbegriffs vergebens.
46
Die Finanzverwaltung trifft in den Rdn. 2-9 ihres Anwendungsschreibens zur Zinsschranke32 zum Betriebsbegriff die folgenden zentralen Aussagen, die auch für die Anwendung der Zinsschranke auf Investmentvermögen Bedeutung haben: (1) Voraussetzung für einen Betrieb i.S.d. Zinsschranke sind Einkünfte des Betriebs aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit. Dies ist u.E. entsprechend i.S.d. §§ 13, 15 und 18 EStG zu verstehen. (2) Die Zinsschranke ist auch anzuwenden, wenn der Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt wird. Dies gilt nach § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG auch bei Körperschaften. (3) Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften haben grundsätzlich nur einen Betrieb i.S.d. Zinsschranke. (4) Betriebsstätten begründen keine eigenständigen Betriebe.
47
Dies vorausgeschickt, wird man u.E. zur Anwendung der Zinsschranke auf Investmentvermögen prima facie die folgenden Aussagen treffen müssen: Investmentvermögen haben ihre Erträge unter der Anwendung des InvStG nach § 3 Abs. 1 InvStG als Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu ermitteln. Nach Auffassung der Finanzverwaltung in Rdn. 4 des Anwendungsschreibens zur Zinsschranke33 würde dies die Anwendung der Zinsschranke nicht hindern. Auch die Anordnung des § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG, wonach das inländische Investmentvermögen als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und damit als Körperschaft anzusehen ist, hindert die Anwendung der Zinsschranke nicht.
48
Es fehlt jedoch an der Voraussetzung, dass das Investmentvermögen Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit bezieht, wie es in Rdn. 2 des Anwendungsschreibens zur Zinsschranke34 vorausgesetzt wird. Dies folgt u.E. im Ergebnis jedoch nicht aus § 3 Abs. 1 InvStG, weil jedenfalls die Finanzverwaltung die Zinsschranke auch dann anwenden will, wenn der Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch den Überschuss 31 Dazu ausführlich Haase in ders., AStG/DBA, Art. 5 OECD-MA, 1. Auflage, C.F. Müller Verlag, Heidelberg, 2009. 32 BMF-Schreiben v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. 33 BMF-Schreiben v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. 34 BMF-Schreiben v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. 102
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene
3
der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt wird. Zumindest für Körperschaften bestimmt § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG auch explizit, dass die Zinsschranke auch dann eingreift, wenn Kapitalgesellschaften ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ermitteln. Das Zusammenspiel der Aussagen in §§ 3 Abs. 1, 11 Abs. 1 InvStG, § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG und den Rdn. 2-9 des Anwendungsschreibens zur Zinsschranke35 muss u.E. vor diesem Hintergrund als systematisch unklar bezeichnet werden. Das BMF-Schreiben bezieht sich in Rdn. 4 auf § 4 Abs. 3 EStG und damit auf betriebliche Anleger mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, während § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG unzweifelhaft nur auf Überschusseinkünfte abstellt. Diese sind aber wiederum von der Regelung des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG sowie von § 3 Abs. 1 InvStG erfasst (andererseits bezieht sich die Regelung des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG auf Kapitalgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG – steuerliche Legaldefinition einer Kapitalgesellschaft, erfasst sind AG, GmbH, KGaA und Europäische Gesellschaften – und nicht auf Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG). Wiederum andererseits ist fraglich, ob aus § 3 Abs. 1 InvStG zwingend geschlossen werden kann, dass das Investmentvermögen keine gewerblichen Einkünfte erzielt, denn dort geht es lediglich um die Einkünfteermittlung.
49
Man wird daher u.E. unterscheiden müssen: Inländische Investmentvermögen unterliegen nicht der Zinsschranke, weil aufgrund der persönlichen Steuerbefreiung des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 InvStG kein steuerpflichtiger Betrieb i.S.d. Zinsschranke vorliegt, denn ein nichtsteuerpflichtiger Betrieb kann per se keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielen. Bevor über das Vorliegen von Einkunftsarten i.S.d. § 2 EStG zu befinden ist, ist auf systematisch vorrangiger Ebene über die persönliche Steuerpflicht des Steuersubjekts zu entscheiden, und wenn eine solche nicht gegeben ist, scheidet auch die Erzielung von Einkünften im Allgemeinen und damit auch die Erzielung von Gewinneinkünften im Besonderen aus.
50
Ausländische Investmentvermögen hingegen sind von der Regel des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 InvStG ausdrücklich nicht erfasst. Für sie muss u.E. gelten, dass sie wegen § 3 Abs. 1 InvStG keine gewerblichen Einkünfte erzielen und daher die Bedingung aus der Rdn. 2 des Anwendungsschreibens zur Zinsschranke36 nicht gegeben ist. § 3 Abs. 1 InvStG führt im Ergebnis dazu, dass keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen können. Für gewerbliche Einkünfte ist im deutschen Ertragsteuerrecht die Bilanzierung (d.h. der Betriebsvermögensvergleich) zwingend als Art der Gewinnermittlung vorgesehen, wenn nicht ausdrücklich hiervon Ausnahmen zugelassen werden, wie z.B. in § 4 Abs. 3 EStG. In allen anderen Fällen gehen die Art der Gewinnermittlung und die Einkunftsarten i.S.d. § 2 EStG Hand in Hand. § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG scheidet ferner aus, weil dieser nur auf Kapitalgesellschaften, nicht aber auf Zweckvermögen (bzw. vergleichbare ausländische Gebilde) anwendbar ist.
51
35 BMF-Schreiben v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. 36 BMF-Schreiben v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff. 103
3
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
Es gilt somit: In- und ausländische Investmentvermögen fallen nicht in den Anwendungsbereich der Zinsschranke, weil sie entweder nicht persönlich steuerpflichtig sind oder weil sie keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG erzielen.
b)
3 52
KAG-Ebene
Die Ebene der Kapitalanlagegesellschaft ist von der Ebene des von ihr verwalteten Sondervermögens rechtlich und steuerlich strikt zu trennen. Dies gilt auch für Zwecke der Zinsschranke. Die KAG, die wegen § 6 Abs. 1 InvG zwingend als inländische AG oder GmbH zu firmieren hat, ist ohne weiteres ein Steuersubjekt i.S.d. Zinsschrankenregelung (§ 8a KStG). Allerdings ist zu beachten, dass etwaige Zinserträge des Investmentvermögens steuerlich nicht der KAG, sondern allein den Anlegern zuzurechnen sind. Sofern die KAG neben der Verwaltung des Sondervermögens ein eigenes operatives Geschäft betreibt und hieraus Zinserträge bzw. hierfür Zinsaufwendungen anfallen, ist die gesetzliche Zinsausgabenbeschränkung ohne Besonderheiten anzuwenden. Es gilt somit: Eine KAG unterfällt im Grundsatz der Zinsschrankenregelung. Allerdings greifen die §§ 4h, 8a KStG nur für Zinserträge bzw. Zinsaufwendungen ein, die von der KAG im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erzielt bzw. verausgabt worden sind. Zinserträge und Zinsaufwendungen des von ihr verwalteten Sondervermögens bleiben außer Betracht.
c)
Anlegerebene
53
Die Zinsschrankenregelung ist nach u.E. zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung auf der Ebene des jeweiligen Anlegers anzuwenden, sofern der Anleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, d.h. es muss sich bei dem jeweiligen Anleger um einen betrieblichen Anleger handeln.37 Auch § 2 Abs. 2a InvStG spricht für diese Sichtweise.
54
Die Anwendung der Zinsschranke auf Anlegerebene ist u.E. auch folgerichtig, wenn es der Gesetzgeber mit dem Transparenzprinzip bzw. der Gleichstellung des Fondsanlegers mit einem Direktanleger ernst nehmen möchte. § 2 Abs. 2a InvStG ist in diesem Sinne als begünstigende Norm anzusehen, weil dadurch das Abzugspotenzial für Zinsaufwendungen erhöht wird.38 Es gilt somit: Die Zinsschranke ist bezüglich der über einen Fonds bezogenen Zinsen auf der Ebene des Fondsanlegers anzuwenden, sofern es sich um einen betrieblichen Anleger handelt.
37 Rdn. 17 des BMF-Schreibens v. 4.7.2008, Az.: IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 ff.; ebenso BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 36a und b. 38 Dazu ausführlich Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 144 ff. 104
A. Einkünfteermittlung auf Fondsebene
3.
3
Ermittlung der relevanten Zinsen
Nach § 2 Abs. 2a InvStG sind ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge des Investmentvermögens, die aus Zinserträgen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG stammen, beim Anleger im Rahmen des § 4h Abs. 1 EStG als Zinserträge zu berücksichtigen. Man spricht insoweit von sog. durchgeleiteten Zinsen, d.h. Zinsen, die über ein Investmentvermögen bezogen werden und die entweder in den Ausschüttungen oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthalten sind.
55
§ 4h Abs. 3 Satz 3 EStG bestimmt zu den relevanten Zinserträge schlicht Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben. Der Sache nach handelt es sich hauptsächlich um Erträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Grundtypus der Erträge aus Kapitalforderungen), jedoch sind auch die spezielleren Normen des § 20 EStG erfasst. Kapitalerträge jeder Art meint daher beispielsweise auch Erträge aus partiarischen Darlehen, typisch stillen Beteiligungen, fremdkapitalähnlichen Genussrechten, Finanzinnovationen sowie u.E. auch Veräußerungsgewinne, die aufgrund der Anlagestruktur wirtschaftlich wie Zinsen betrachtet werden müssen.
56
Es ist zu beachten, dass die Investmentgesellschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c ll) InvStG den Anlegern die für die Zinsschranke relevanten Zinsen bekannt machen kann. Hierbei handelt es sich um eine Pflichtangabe, wenn das Sondervermögen als transparenter Fonds eingestuft werden soll, so dass die Veröffentlichung für die Anwendung der §§ 2, 4 InvStG unmittelbar Relevanz hat.
57
Es ist ferner zu beachten, dass sich § 2 Abs. 2a InvStG auf Zinserträge und nicht auf Zinseinnahmen bezieht. Die Erträge müssen daher zunächst nach der allgemeinen Regel des § 3 InvStG ermittelt werden, d.h. insbesondere Werbungskosten sind abzusetzen. Sie gelten mit der Ausschüttung oder im Thesaurierungsfall mit dem Ende des jeweiligen FondsGeschäftsjahres als zugeflossen.39
58
! Praxishinweis
Die Anwendung des § 3 InvStG auch für Zwecke der Zinsschranke hat im Fall einer Fremdfinanzierung unmittelbar Auswirkungen auf den Vergleich zwischen Direktanlage und Fondsanlage. Während bei der Direktanlage im Rahmen des § 4h EStG die Bruttozinserträge maßgebend sind, sind für den Fondsanleger aufgrund des vorherigen Abzugs der allgemeinen Kosten die Nettozinserträge relevant. ! Praxishinweis
Sofern Dachfonds in Zielfonds investieren, fließen die in den Ausschüttungen oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Zinserträge auf der Ebene des Dachfonds grundsätzlich nicht in die für die Zinsschranke relevanten Zinsen ein, es sei denn, der Zielfonds weist diese Zinsen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c ll) InvStG in seinen Besteuerungsgrundlagen aus (Pflicht für die Transparenz).
39 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 36a und b. 105
3
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
Es gilt somit: Sog. durchgeleitete Zinserträge sind auf Anlegerebene im Rahmen der Zinsschranke zu berücksichtigen. Der Zinsertrag ist nach der allgemeinen Bestimmung des § 3 InvStG zu ermitteln. Die Investmentgesellschaft kann den Zinsertrag nach § 5 InvStG bekannt machen.
3
C.
B.
Quellensteuern
59
Quellensteuern auf der Fondseingangsseite können in den folgenden Konstellationen relevant werden: (1) Ein inländisches Investmentvermögen erzielt Erträge, die im Inland der Kapitalertragsteuer unterliegen. (2) Ein inländisches Investmentvermögen erzielt Erträge, die im Ausland einer Quellensteuer unterliegen. (3) Ein ausländisches Investmentvermögen erzielt Erträge, die im Inland der Kapitalertragsteuer unterliegen. (4) Ein ausländisches Investmentvermögen erzielt Erträge, die im Ausland einer Quellensteuer unterliegen.
60
Diese Konstellationen werden nachstehend, zunächst geordnet nach in- und ausländischer Quellensteuer und sodann geordnet nach der Belegenheit des Investmentvermögens, einer näheren Betrachtung unterzogen. Unterstellt wird freilich jeweils die grundsätzliche Anwendbarkeit des Investmentsteuergesetzes, d.h. jedenfalls in den genannten Szenarien (3) und (4) muss der Anknüpfungspunkt zum Inland durch die Ansässigkeit eines Anlegers begründet werden. Nicht betrachtet wird jeweils der Fall, dass ein in- oder ausländisches Investmentvermögen auf Ausschüttungen oder ausschüttungsgleiche Erträge Quellensteuern einbehält. Eine solche Quellensteuer würde auf der sog. Fondsausgangsseite erhoben und daher im nächsten Kapitel behandelt.
61
In Bezug auf ausländische Quellensteuern stellt sich unweigerlich die Frage nach der Anwendung der Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Diese Methoden können aus deutscher Sicht im Grundsatz nur unilateral (d.h. auf Basis des nationalen deutschen Steuerrechts) oder bilateral (d.h. auf Basis von Doppelbesteuerungsabkommen oder anderen völkerrechtlichen Verträgen) zur Anwendung gelangen. Aus dem deutschen nationalen Steuerrecht kennen wir als Methoden nur die Steueranrechnungs- und die Steuerabzugsmethode40, während in den DBA nur die Anrechnungs- sowie die Freistellungsmethode verwendet wird.41
62
§ 4 InvStG erklärt die vorgenannten Methoden, ggf. mit Modifikationen oder unter besonderen Voraussetzungen, auch im Investmentsteuerrecht für anwendbar. Sofern dort nichts Abweichendes geregelt ist, ist § 4 InvStG ausschließlich auf der Ebene des Anlegers anzuwenden ist, denn der Anleger ist aufgrund des Transparenzprinzips das relevante Steuersubjekt. Dies gilt unabhängig davon, dass die Erträge des Investmentvermögens auf dessen Ebene nach den Regeln des § 3 InvStG zu ermitteln sind und dass die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 5 InvStG nach § 13 InvStG gegenüber der Investmentgesellschaft gesondert festzustellen sind. Mit Ausnahme des § 4 Abs. 4 InvStG sind daher die Methoden 40 Seltene Ausnahme: § 34c Abs. 5 EStG (Pauschalierung und Erlass). 41 Vgl. dazu instruktiv Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 2. Auflage, C.F. Müller Verlag, Heidelberg, 2009, Rdn. 291 f. 106
C.
Quellensteuern
3
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf der Fondseingangsseite unanwendbar.42 Aus diesem Grund werden die im Investmentsteuerrecht geltenden Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung daher auch auf der Fondsausgangsseite (nächstes Kapitel) und damit im Zusammenhang mit der Besteuerung des Anlegers dargestellt. ! Praxishinweis
3
Zu beachten ist, dass in sämtlichen Konstellationen die Berücksichtigung ausländischer Quellensteuern im Wege der Anrechnung oder des Steuerabzugs nur in Betracht kommt, wenn die zugrunde liegenden Einkünfte nicht nach § 4 Abs. 1 InvStG steuerfrei gestellt sind. Sollte bei steuerfrei gestellten ausländischen Einkünften ausnahmsweise einmal ausländische Quellensteuer einbehalten werden (dies dürfte allerdings selten praktisch werden), kommt eine Steueranrechnung oder ein Steuerabzug wegen § 3c EStG insoweit nicht in Betracht. Eine Doppelbesteuerung wird dann allein über die Steuerfreistellung vermieden.
I.
Inländische Quellensteuern
Inländische Quellensteuern können im hier betrachteten Zusammenhang im Regelfall nur solche i.S.d. §§ 43 ff. EStG sein. Es handelt sich daher allein um die Kapitalertragsteuer. Die anderen allgemeinen Abzugsteuertatbestände des deutschen Ertragsteuerrechts, wie etwa § 38 EStG (Lohnsteuer), § 48 EStG (Steuerabzug bei Bauleistungen) oder § 50a EStG (Sondertatbestand für die beschränkte Steuerpflicht) sind bei Investmentfonds allenfalls in seltenen Ausnahmefällen denkbar und werden daher vorliegend nicht weiter betrachtet.
1.
Inländisches Investmentvermögen
a)
Kapitalertragsteuerabzug nach allgemeinen Regeln
63
Wenn ein inländisches Investmentvermögen aus der Anlage des eingeworbenen Kapitals originär Kapitalerträge i.S.d. § 20 EStG erzielt, dann hat der Vergütungsschuldner bzw. die auszahlende Stelle Kapitalertragsteuer nach den allgemeinen Regeln einzubehalten.
64
Auf den Vergütungsschuldner bzw. die auszahlende Stelle, etwa eine Kapitalgesellschaft oder eine Bank bzw. ein anderes Finanzdienstleistungsinstitut, sind daher in vollem Umfang die §§ 43 ff. EStG anzuwenden. Insbesondere auf originäre Dividenden- bzw. Zinserträge ist daher nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 7 EStG Kapitalertragsteuer43 i.H.v. 25% einzubehalten, sofern nicht nach den allgemeinen Regeln hiervon Abstand genommen werden kann.44 Im Fall eines inländischen Investmentvermögens als Vergütungsgläubiger ist dies meist der Fall (vgl. § 44a Abs. 4 EStG), sofern das Investmentvermögen eine Nichtveranlagungsbescheinigung beibringen kann.
65
42 Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 7. 43 Die Steuereinbehaltungsverpflichtung gilt auch für den Solidaritätszuschlag (als Annex bzw. Zuschlag). 44 Vgl. auch die sinngemäße Anwendung der allgemeinen Regeln über § 11 Abs. 2 Satz 3 InvStG. 107
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
! Praxishinweis
Anleger, bei denen eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht zu erwarten ist, können durch eine sog. NVBescheinigung (Nichtveranlagungsbescheinigung) den Steuerabzug verhindern. Diese wird durch das Finanzamt des Wohnsitzes ausgestellt. Da die Erteilung einer NV-Bescheinigung an enge Voraussetzungen geknüpft ist, sollte zuvor fachkundiger Rat eingeholt werden. Eigenverwahrte Anteile (d.h. nicht im Depot verwahrte Anteile), bei denen kein inländisches Kreditinstitut zur Depotführung eingeschaltet ist, können nicht durch NV-Bescheinigungen von Abschlagsteuern befreit werden.
3 66
Kommt der Vergütungsschuldner bzw. die auszahlende Stelle der Verpflichtung zum Steuereinbehalt nicht nach, tritt eine Haftung nach den allgemeinen Regeln ein. Aufgrund der Tatsache, dass ein inländisches Investmentvermögen der Vergütungsschuldner ist, gelten keine Besonderheiten.
b) 67
Erstattung an das inländische Investmentvermögen
Auf der Ebene des die Erträge empfangenden inländischen Investmentvermögens gilt: Die von Kapitalerträgen zulasten dieses inländischen Investmentvermögens einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer wird dem Investmentvermögen unter Einschaltung der Depotbank erstattet, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 InvStG.45 Dies gilt nach dem HS 2 der Vorschrift auch für den als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer einbehaltenen und abgeführten Solidaritätszuschlag. ! Praxishinweis
Nach § 11 Abs. 3 InvStG ist es ausdrücklich zulässig, beim inländischen Investmentvermögen eine Außenprüfung im Sinne der §§ 194 ff. AO zur Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Investmentvermögens durchzuführen. Die Praxis der vergangenen Jahre zeigt (insbesondere bei Immobilien-Sondervermögen), dass die Finanzverwaltung von dieser Ermächtigung zunehmend Gebrauch macht. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FVG wirkt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ferner an der Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen für ausländische Investmentanteile mit.46 Die Überprüfung erfolgt auf Antrag einer Landesfinanzbehörde oder im Wege von Stichproben. 68
Für die Erstattung ist bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG die Depotbank unter entsprechender Anwendung des § 44b Abs. 6 EStG und bei den übrigen Kapitalerträgen das Finanzamt zuständig, an das die Kapitalertragsteuer abgeführt worden ist. Im letztgenannten Fall wird die Erstattung jedoch direkt an die Depotbank vorgenommen, § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG. Im Ergebnis gilt damit der Grundsatz: Inländische Kapitalerträge werden vom inländischen Investmentvermögen brutto vereinnahmt.
45 Dazu Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 11 Rdn. 76 ff. 46 Den Veröffentlichungen des BZSt hinsichtlich der Erträge aus ausländischen Investmentfonds kommt keine Bindungswirkung zu (vgl. das BFH-Urteil v. 7.4.1992, BStBl. II 1992, 786 ff.). Es handelt sich lediglich um eine Hilfe des BZSt bei der Aufklärung und Feststellung von Auslandssachverhalten. 108
C.
Quellensteuern
3
Es gilt somit: Zulasten eines inländischen Investmentvermögens wird Kapitalertragsteuer nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln erhoben. Die abgezogene Steuer wird dem inländischen Investmentvermögen sodann von der Depotbank bzw. vom Finanzamt erstattet.
2.
Ausländisches Investmentvermögen
a)
Kapitalertragsteuerabzug/Steuererstattung/Steuerabzug
3
Die vorstehend dargestellten Regeln über den Einbehalt der Kapitalertragsteuer bzw. die Abstandnahme hiervon (vgl. etwa § 44a EStG) greifen in gleicher Weise Platz, wenn es sich bei dem empfangenden Investmentvermögen um ein ausländisches Investmentvermögen handelt. Insofern gelten keine Besonderheiten.
69
! Praxishinweis
Anleger können Kapitaleinkünfte von bis zu jährlich € 801 (steuerlich zusammen veranlagte Ehegatten € 1.602) bei ihrem inländischen depotführenden Kreditinstitut freistellen lassen (Freistellungsauftrag) und steuerfrei vereinnahmen. Bei inländischen thesaurierenden Fonds, deren Anteilpreis sich durch diese Einbehalte mindert, erfolgt eine Vergütung durch das inländische depotführende Kreditinstitut. Diese kann auch in zusätzlichen Fondsanteilen wiederangelegt werden. Der Anleger kann auch mehreren Kreditinstituten gleichzeitig Freistellungsaufträge erteilen, darf dabei aber die Gesamtsumme von jährlich € 801 bzw. € 1.602 nicht überschreiten. Für eigenverwahrte Anteile, bei denen kein inländisches Kreditinstitut zur Depotführung eingeschaltet ist, können keine Freistellungsaufträge erteilt werden. § 11 InvStG und damit auch dessen Abs. 2 indes greift nur bei inländischen Investmentvermögen ein. Das ausländische Investmentvermögen hat damit jedenfalls nach § 11 InvStG nicht die Möglichkeit, sich die etwaig einbehaltene Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen. Ausländische Investmentvermögen vereinnahmen daher inländische Kapitalerträge i.d.R. netto.
70
Auf die §§ 4 Abs. 2 Satz 7 und Abs. 4 InvStG wird hingewiesen. Hiernach können Investmentvermögen mit Ausnahme der Spezial-Sondervermögen, der Spezial-Investmentaktiengesellschaften und der ausländischen Spezial-Investmentvermögen für ihre Fondsanleger anrechenbare oder abziehbare ausländische Steuern einschließlich der als ausländische Steuer fingierten inländischen Kapitalertragsteuer bereits bei der Ermittlung der Erträge auf der Ebene des Investmentvermögens als Werbungskosten abziehen. Eine Steueranrechnung bzw. ein Steuerabzug auf der Anlegerebene scheiden in diesem Fall aus (Sperrwirkung des Steuerabzugs).47
71
47 Dazu Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 238 ff. 109
3
Kapitel 3:
b)
Besteuerung der Fondseingangsseite
Abkommensrecht
72
Insbesondere bei originären Zins- oder Dividendenerträgen auf der Fondseingangsseite stellt sich die Frage einer Quellensteuerreduzierung nach dem jeweils anwendbaren DBA, denn für diese Erträge sehen die Abkommen regelmäßig nur ein beschränktes Quellensteuerrecht vor. Dabei handelt es sich in der hier betrachteten Konstellation um das DBA zwischen Deutschland als dem Belegenheitsstaat der Einkunftsquelle und dem Ansässigkeitsstaat des Investmentvermögens bzw. des Anlegers, das die zulässige deutsche Quellensteuer meist unterhalb der 25%-Grenze ansiedeln wird.
73
In- und ausländische Investmentfonds werden aus deutschem Blickwinkel nach wohl h.M. nicht als sog. abkommensberechtigte Personen (vgl. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA) angesehen.48 Die praktischen Auswirkungen dieser Ansicht sind begrenzt: Entweder sehen die Abkommen Sonderregeln vor, wie etwa Art. 25b Abs. 4 DBA Frankreich, wobei die DBA die Frage der Ansässigkeit zuweilen auch in Abhängigkeit von einer reziproken Behandlung zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat beantworten (z.B. im Fall von Luxemburg). Gelegentlich werden Investmenterträge auch explizit in den Dividendenbegriff des jeweiligen DBA aufgenommen.49 Ist dies nicht der Fall, ist nach ganz h.M. aber jedenfalls dem hinter dem Investmentfonds stehenden Anleger die Abkommensberechtigung zuzusprechen, so dass dem Fondsanleger gegenüber der Direktanlage auch insoweit kein Nachteil entsteht.
3
Es gilt somit: Nach wohl h.M. in Deutschland sind Investmentvermögen keine abkommensberechtigten Personen. Die Abkommensberechtigung ist daher, ebenso wie die jeweiligen steuerlichen Vergünstigungen nach dem anwendbaren DBA, auf der Anlegerebene zu prüfen.
74
II.
Ausländische Quellensteuern
1.
Inländisches Investmentvermögen
a)
Quellensteuerabzug nach ausländischem Recht
aa)
Allgemeines
Bezieht ein inländisches Investmentvermögen Kapitalerträge oder sonstige Erträge aus dem Ausland, richtet es sich allein nach dem jeweils anwendbaren ausländischen Recht, ob auf die Erträge zulasten des inländischen Investmentvermögens eine Quellensteuer einzubehalten ist. 48 Dazu Zinkeisen/Walter, IStR 2007, 583 ff.; Jacob/Geese/Ebner, Handbuch für die Besteuerung von Fondsvermögen, 2007, S. 45; umfassend Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 60 ff.; ebenso Kroschewski in Haase, AStG/DBA, Art. 4 OECD-MA Rdn. 40. 49 Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 66. 110
C.
Quellensteuern
Ob dem inländischen Investmentvermögen nach dem jeweils anwendbaren ausländischen Recht im Ausland ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der einbehaltenen Steuer zusteht, richtet sich ebenfalls nach dem nämlichen ausländischen Recht.
3 75
! Praxishinweis
Italien beispielsweise erhebt auf in das Ausland gezahlte Dividenden nach nationalem Recht einen ermäßigten Quellensteuersatz von 1,375% anstelle der regulären 27%, sofern der wirtschaftlich Berechtigte eine Gesellschaft ist, die in einem EU/EWR-Staat der Körperschaftsteuerpflicht unterliegt. Hier ist allein Italien dazu berufen, zu beurteilen, ob die Ermäßigung trotz des § 11 Abs. 1 InvStG gewährt wird (derzeit str.). bb)
3
Abkommensrecht
Insbesondere bei originären Zins- oder Dividendenerträgen auf der Fondseingangsseite stellt sich die Frage einer Quellensteuerreduzierung nach dem jeweils anwendbaren DBA, denn für diese Erträge sehen die Abkommen regelmäßig nur ein beschränktes Quellensteuerrecht vor. Dabei handelt es sich in der hier betrachteten Konstellation um das DBA zwischen dem Belegenheitsstaat der Einkunftsquelle (z.B. der Sitzstaat der auszahlenden Kapitalgesellschaft oder Bank) und Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat des Investmentvermögens bzw. des Anlegers.
76
Investmentfonds werden international jedoch zumeist als transparente Rechtsgebilde angesehen, d.h. nicht ihnen unmittelbar, sondern den dahinter stehenden Anlegern stehen die Vergünstigungen aus einem DBA zu, sofern die jeweiligen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. In der hier betrachteten Konstellation würde der ausländische Quellenstaat daher dem inländischen Investmentvermögen nur dann die Abkommensvergünstigungen gewähren, wenn er das inländische Investmentvermögen aus seinem Blickwinkel als sog. abkommensberechtigte Person (vgl. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA) ansieht. Das wird meist nicht der Fall sein.
77
> Beispiel
Die Frage der Abkommensberechtigung hat unmittelbare Auswirkung auch auf die Frage, ob ein inländischer Anleger über einen in- oder ausländischen Fonds im Ausland investieren soll. Nehmen wir an, ein inländischer Anleger (natürliche Person) möchte über einen Immobilienfonds in französische Immobilien investieren, wobei ihm ein deutscher und ein französischer Fonds zur Wahl stehen. Wählt er einen deutschen Fonds, findet eine Besteuerung der Immobilienerträge wegen § 4 Abs. 1 InvStG ausschließlich in Frankreich statt. Aus französischer Sicht hängt die Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht davon ab, ob der deutsche Fonds oder der inländische Anleger das Steuersubjekt darstellt. Im Falle des Anlegers wird dieser in Frankreich mit dem progressiven Steuersatz besteuert, während für den Fonds bei einer Einordnung als Kapitalgesellschaft und einer entsprechenden Abkommensberechtigung der französische Körperschaftsteuersatz von 33% (ab 2,5 Mio. Ertrag: € 34,43%) eingreift.50
50 Frankreich geht im Fall der deutschen Treuhandlösung allerdings sogar so weit, den Körperschaftsteuersatz auf die deutsche KAG anzuwenden. Für Frankreich ist die Problematik der Abkommensberechtigung des Fonds daher ein wenig entschärft. 111
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
! Praxishinweis
Selbst wenn dem inländischen Investmentvermögen bzw. dem inländischen Anleger im Ausland aufgrund eines eingreifenden DBA ein Erstattungsanspruch hinsichtlich einbehaltener Quellensteuer zustehen sollte, so wird der aufgrund der Beteiligung am Investmentvermögen errechnete Anspruch des Einzelnen i.d.R. zu gering ausfallen, als dass sich die Einleitung eines Erstattungsverfahrens aufwands- und kostenmäßig lohnte.
3
Es gilt somit: Auch international werden Investmentvermögen meist nicht als abkommensberechtigte Personen angesehen. Sämtliche der klassischen Fondsstandorte wie Luxemburg, Belgien und Frankreich beurteilen dies so. Die Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung greifen daher allenfalls auf Anlegerebene Platz.
b)
Steueranrechnung oder Steuerabzug
78
Die Steueranrechnungs- und die Steuerabzugsmethode können als (unilaterale) Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf der Ebene des Investmentvermögens nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 4 InvStG Anwendung finden.
79
Nach § 4 Abs. 4 InvStG können Investmentvermögen mit Ausnahme der Spezial-Sondervermögen, der Spezial-Investmentaktiengesellschaften und der ausländischen SpezialInvestmentvermögen51 für ihre Fondsanleger anrechenbare oder abziehbare ausländische Steuern einschließlich der nach § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG als ausländische Steuer fingierten inländischen Kapitalertragsteuer bereits bei der Ermittlung der Erträge auf der Ebene des Investmentvermögens als Werbungskosten abziehen.52 Die Regelung dient der Vereinfachung der Besteuerung.53
80
Die Möglichkeit zum Werbungskostenabzug wird eröffnet durch eine Ausübung des Wahlrechts auf der Ebene des Investmentvermögens. Bereits im Rahmen der Ermittlung der Erträge gemäß § 3 InvStG steht dem Investmentvermögen die Wahl offen, anrechenbare oder abziehbare ausländische Steuern als Werbungskosten (§ 9 EStG) abzuziehen. § 4 Abs. 4 InvStG ist damit strikt alternativ zu § 4 Abs. 2 InvStG zu sehen. Werden die ausländischen Steuerbeträge aufgrund einer Entscheidung des Investmentvermögens als Werbungskosten abgezogen, ist die Steuer beim Anleger weder durch Anrechnung noch durch Abzug zu berücksichtigen (sog. Sperrwirkung des Steuerabzugs). Umgekehrt lässt sich aus der Gesetzesformulierung schließen, dass § 4 Abs. 4 InvStG nur Anwendung finden kann, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 InvStG gegeben sind.
81
Die Wahlrechtsausübung ist streng einkunftsartenbezogen und bedarf keiner besonderen Form. Durch den Ansatz der ausländischen Steuern als Werbungskosten bei der Ertragsermittlung, die nach § 3 InvStG nach Einnahme-Überschuss-Grundsätzen sowie nach
51 Die Ausnahmen ergeben sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 InvStG und § 16 Satz 1 InvStG. Hier wird § 4 Abs. 4 InvStG ausdrücklich für unanwendbar erklärt. 52 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 83. 53 Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 238. 112
C.
Quellensteuern
3
dem Zufluss-Abflussprinzip (§ 11 EStG) erfolgt, ist das Wahlrecht konkludent, d.h. durch schlüssiges Verhalten ausgeübt.54 Auf die Sonderregel des § 3 Abs. 2 Satz 2 InvStG wird hingewiesen. ! Praxishinweis
§ 4 Abs. 4 InvStG wird u.E. nur noch selten praktisch werden. Angesichts der Abgeltungsteuer bei Investmentbeteiligungen im Privatvermögen wirkt sich der Werbungskostenabzug anders als nach bisheriger Rechtslage grundsätzlich zum Nachteil der Anleger aus, mag die Zielsetzung der Neuregelung auch durchaus eine Vereinfachung bei der Besteuerung des Anlegers gewesen sein.55
3
Es gilt somit: Der Werbungskostenabzug auf Fondsebene nach § 4 Abs. 4 InvStG ist nur unter denselben Voraussetzungen zulässig wie die Steueranrechnung bzw. der Steuerabzug nach § 4 Abs. 2 InvStG. Entscheidet sich das Investmentvermögen (freies Wahlrecht, ausgeübt durch konkludenten Werbungskostenansatz) für den Steuerabzug, greifen die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Anlegerebene nicht mehr ein (Sperrwirkung des Steuerabzugs).
2.
Ausländisches Investmentvermögen
Bezieht ein ausländisches Investmentvermögen Kapitalerträge oder sonstige Erträge aus dem Ausland (einerlei, ob es sich um einen Drittstaat oder den Sitzstaat des Investmentvermögens handelt), richtet es sich allein nach dem jeweils anwendbaren ausländischen Recht, ob auf die Erträge zulasten des ausländischen Investmentvermögens eine Quellensteuer einzubehalten ist.
82
Ob dem ausländischen Investmentvermögen nach dem jeweils anwendbaren ausländischen Recht im Ausland ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der einbehaltenen Steuer zusteht (etwa vergleichbar zu § 11 InvStG), richtet sich ebenfalls nach dem nämlichen ausländischen Recht.
83
In der hier betrachteten Konstellation erzielt der inländische Anleger sodann Ausschüttungen oder ausschüttungsgleiche Erträge aus dem ausländischen Investmentvermögen. Diese Erträge hat er nach den §§ 2 ff. InvStG im Inland zu versteuern.
84
Ob etwaige ausländische Quellensteuern nach § 4 InvStG auf die inländische Besteuerung angerechnet oder abgezogen werden können, ist dann in einem zweiten Schritt auf der Anlegerebene (Fondsausgangsseite) zu entscheiden. Die oben zu § 4 Abs. 4 InvStG getroffenen Aussagen gelten in der hier betrachteten Konstellation allerdings entsprechend, d.h. Steueranrechnung oder Steuerabzug auf der Anlegerebene kommen nur in Betracht, wenn das ausländische Investmentvermögen – soweit zulässig – nicht von seinem Wahlrecht nach § 4 Abs. 4 InvStG Gebrauch macht.
85
54 Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 241. 55 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/5377. 113
3
Kapitel 3:
Besteuerung der Fondseingangsseite
Es gilt somit: Bei über ein ausländisches Investmentvermögen bezogenen ausländischen Erträgen können die Steueranrechnung oder der Steuerabzug entweder auf der Fondsebene oder auf der Anlegerebene durchgeführt werden.
3
114
4
Kapitel 4: Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene) Die nachfolgende Darstellung konzentriert sich auf die laufende Besteuerung der Fondsausgangsseite auf Anlegerebene. Im Anschluss daran werden die aperiodischen Steuerfolgen auf Seiten der Anleger dargestellt, welche sich bei Erwerb und Verkauf sowie während des Haltens der Anteile einstellen können.
A.
Laufende Besteuerung
1
4 A.
Die steuerliche Behandlung des Fonds und seiner Anleger basiert auf dem Transparenzprinzip, welches im Grundsatz vorsieht, dass nicht der Fonds selbst, sondern der einzelne Anleger die Einkünfte des Fonds besteuert. Die Umsetzung dieses Prinzips verlangt bestimmte Voraussetzungen, deren Nichterfüllung zu einer teilweisen Versagung bzw. zu Einschränkungen des Transparenzprinzips führt.
2
Im Ergebnis ist zwischen der Besteuerung von transparenten, intransparenten und semitransparenten Fonds zu unterscheiden. Grundlage für die Unterscheidung ist die Beurteilung des Transparenzstatus des Fonds.
3
Im Anschluss an die Darstellung der jeweiligen Besteuerung wird auf die Sonderfragen eingegangen, die sich im Zusammenspiel mit Quellensteuern ergeben. Abschließend wird auf die Frage der Ermittlung der für die Anwendung der Zinsschranke maßgeblichen Zinserträge eingegangen.
4
I.
Transparenzstatus des Fonds als Grundlage
Liegen die Anwendungsvoraussetzungen des § 1 InvStG vor, so findet das Investmentsteuergesetz Anwendung. Es regelt die Besteuerung des Fonds auf Grundlage des Transparenzprinzips in der Gestalt, dass keine Besteuerung auf der Fondeingangs-, sondern auf der Fondsausgangsseite und damit auf Ebene des Anlegers stattfinden soll. Die Voraussetzungen für die Umsetzung des Transparenzprinzips enthält § 5 InvStG. Ein Verstoß gegen diese Norm führt zur teilweisen Versagung dieses Prinzips (intransparenter Fonds) und zur Strafbesteuerung, welche § 6 InvStG regelt, oder zur Aufhebung bestimmter Steuervorteile (semitransparenter Fonds).
5
In der Literatur werden diese Fonds auch als weiße Fonds, schwarze Fonds und als graue Fonds bezeichnet.1
6
1
Die Verwendung der Begriffe der grauen, schwarzen und weißen Fonds resultiert aus altem Recht. So unterschied das Auslandsinvestmentgesetz zwischen den genannten Fondsarten (vgl. Haase in ders., InvStG, Einleitung Rdn. 17). 115
F. Haase, K. Brändel, Investmentsteuerrecht, DOI 10.1007/978-3-8349-6689-6_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
4
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
7
§ 5 InvStG beinhaltet die Bekanntgabe- und Nachweispflichten einer Investmentgesellschaft. Sie sind notwendig für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auf Seiten der Investoren.2
8
Deswegen sieht § 5 Abs. 1 Satz 1 InvStG zunächst vor, dass die materiellen Regelungen der §§ 2 und 4 InvStG, welche die Besteuerung des Anlegers regeln, nur zur Anwendung kommen, wenn der Fonds bei jeder Ausschüttung bezogen auf einen Investmentanteil unter Angabe seiner Wertpapiererkennungsnummer (ISIN) folgende Angaben nach Nr. 1 der Vorschrift3 bekannt macht: Q
lit. a den Betrag der Ausschüttungen sowie Q
die in der Ausschüttung enthaltenen ausschüttungsgleichen Erträge der Vorjahre ,
Q
in der Ausschüttung enthaltenen Substanzbeträge,
Q
lit. b den Betrag der ausgeschütteten Erträge,
Q
lit. c die in den ausgeschütteten Erträgen enthaltenen
2 3 116
Q
Erträge i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 EStG, für welche eine Inanspruchnahme des Teileinkünfteverfahrens i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG oder des Beteiligungsprivilegs i.S.d. § 8b KStG möglich ist (Dividenden),
Q
Veräußerungsgewinne i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 2 InvStG, welche diese Voraussetzungen erfüllen,
Q
Zinserträge i.S.d. § 2 Abs. 2a InvStG, welche der betriebliche Anleger in die Ermittlung seines Zinssaldos einbeziehen kann,
Q
steuerfreie Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 3 InvStG a.F., wenn diese vor dem 31.12.2008 erworben wurden und keine Kapitalerträge i.S.d. § 20 EStG darstellen,
Q
steuerfreie Veräußerungsgewinne i.S.d. § 2 Abs. 3 InvStG wie Veräußerungsgewinne aus Grundstücken privater Anleger, welche die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäftes nicht erfüllen,
Q
Einkünfte i.S.d. § 4 Abs. 1 InvStG, die im Falle einer Direktanlage nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei auf Ebene der Anleger wären,
Q
die darin enthaltenen Einkünfte, welche nicht dem Progressionsvorbehalt i.S.d. § 32 Abs. 1b EStG unterliegen,
Q
die ausländischen Einkünfte, bei denen auf Ebene des Fonds kein Steuerabzug nach § 4 Abs. 4 InvStG vorgenommen wurde,
Q
darin enthaltene Einkünfte, für die bei betrieblichen Anlegern § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG zur Anwendung kommt,
Q
darin enthaltene Einkünfte, welche zur Anrechnung fiktiver Steuern berechtigen,
Zu den Erfahrungen rund um die Bescheinigungen von Investmentfonds vgl. Bacmeister/Gladbach, IStR 2007, 169 ff. Durch das JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, erfolgte eine Neugliederung der Beträge. Nach der Gesetzesbegründung werden dadurch die „Anforderungen an die Bekanntmachung praxisgerecht angepasst“.
4
A. Laufende Besteuerung Q
Q
Q
wiederum darin enthaltene Einkünfte, für welche § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG in Anspruch genommen werden kann.
lit. d die in den ausgeschütteten Beträgen zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigenden Teil der Ausschüttung Q
i.S.d. § 7 Abs. 1 und 2 InvStG,
Q
i.S.d. § 7 Abs. 3 InvStG sowie
Q
i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 5 InvStG, soweit in denen i.S.d. § 7 Abs. 1 und 2 InvStG enthalten.4
4
lit. f den Betrag der ausländischen Steuer, der auf die in den ausgeschütteten Erträgen enthaltenen ausländischen Einkünfte i.S.d. § 4 Abs. 2 InvStG entfällt und Q
der anrechenbaren Steuern i.S.d. § 34c Abs. 1 EStG oder § 32d Abs. 5 EStG, wenn kein Abzug auf Ebene des Fonds nach § 4 Abs. 4 InvStG erfolgte,
Q
der abzugsfähigen Steuern i.S.d. § 34c Abs. 3 EStG, wenn kein Abzug auf Ebene des Fonds nach § 4 Abs. 4 InvStG erfolgte,
Q
der fiktiven anrechenbaren Steuern
und der jeweils davon auf Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 2 InvStG, für welche § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG Anwendung findet, entfallende Teil. Q
lit. g den Betrag der Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
Q
lit. h die im Geschäftsjahr gezahlte Quellensteuer, vermindert um die erstattete Quellensteuer des Geschäftsjahres oder früherer Geschäftsjahre,
Q
lit. i den Betrag der nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 InvStG nicht abziehbaren Werbungskosten.
Die Veröffentlichung hat in deutscher Sprache zu erfolgen. Bei ausschüttungsgleichen Erträgen, d.h. bei Thesaurierung, hat die Bekanntgabe in deutscher Sprache bis spätestens 4 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres für jeden Investmentanteil zu erfolgen. Gegenüber dem Anleger kann dies durch Ausweis der Daten im Jahresbericht, durch Einstellen auf die Internetseite oder durch ein Rundschreiben geschehen.5
9
Es gilt somit: Grundsätzlich sind sowohl Ausschüttungen als auch Thesaurierungen öffentlich bekannt zu machen.
In beiden Fällen hat eine Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen und des Tages des Ausschüttungsbeschlusses zusammen mit dem Jahresbericht spätestens vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres im elektronischen Bundesanzeiger unter der Rubrik „Besteuerungsgrundlagen“ zu erfolgen. Damit diese Daten auch leicht gefunden werden können, wird zusätzlich die Wertpapierkennnummer, sog. ISIN, und der betreffende Zeitraum in
4 5
Auch diese Untergliederung geht auf das JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, zurück. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 85, 95. 117
10
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
die Bekanntmachung aufgenommen.6 Erfolgt grundsätzlich keine Veröffentlichung im Bundesanzeiger nach den Vorschriften des Investmentsteuergesetzes, so ist die Fundstelle bekannt zu machen. 11
Erfolgt die Ausschüttung des Geschäftsjahres erst als sog. Schlussausschüttung nach dessen Ablauf, so muss die Veröffentlichung spätestens vier Monate nach dem Tag des Beschlusses erfolgen. Erfolgt kein Beschluss, so gelten die Erträge als thesauriert.7
12
Die Angaben sind mit einer Bescheinigung zu versehen, welche bestätigt, dass die Angaben nach den Regelungen des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden. Nach dem JStG 20108 ist sie um eine Angabe zu ergänzen, ob in die Ermittlung der Angaben Werte aus einem Ertragsausgleich i.S.d. § 9 InvStG eingegangen sind. Sie darf nur von einem zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträger i.S.d. § 3 Steuerberatungsgesetz wie von Steuerberatern, einer staatlich anerkannten Wirtschaftsprüfungs- oder einer vergleichbaren Stelle ausgestellt werden, sog. Berufsträgerbescheinigung. Ein amtlich vorgeschriebenes Muster existiert für die Bescheinigung nicht. Die sinngemäße Anwendung des § 323 HGB verpflichtet die Berufsträger zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung sowie zur Verschwiegenheit. Agieren sie bei der Prüfung fahrlässig oder vorsätzlich und verletzten damit ihre Pflichten, so sind sie schadensersatzpflichtig.
13
Obwohl § 5 InvStG sowohl für inländische als auch für ausländische Investmentgesellschaften gilt und die zahlreichen Veröffentlichungspflichten zu erheblichen internen und externen Kosten führen, erschweren sie gerade ausländischen Fonds den Vertrieb von Investmentanteilen im Inland, weswegen Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem europäischen Recht bestehen.9 Dabei haben ausländische Investmentgesellschaften zusätzliche Pflichten zu erfüllen, um die Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG zu vermeiden.
14
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvStG haben sie die Summe der nach dem 31.12.1993 dem Inhaber des ausländischen Investmentanteils als zugeflossen geltenden Erträge zu ermitteln, wenn diese noch keinem Steuerabzug unterlagen, und gemeinsam mit dem Rücknahmepreis innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres im elektronischen Bundesanzeiger10 zu veröffentlichen. Eine Korrektur der im Bundesanzeiger veröffentlichten Werte ist dann nicht mehr möglich. Unzutreffende Werte sind in dem laufenden Geschäftsjahr zu verrechnen. Die ausländische Investmentgesellschaft ist zum Nachweis der Besteuerungsgrundlagen bei Vollausschüttung, Teil- oder Vollthesaurierung sowie der als ausgeschüttet geltenden, noch nicht dem Steuerabzug unterlegenen Erträge gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf dessen Anforderung hin verpflichtet. Auf dessen Verlangen hat sie Urkunden in ausländischer Sprache nach beglaubigter Übersetzung vorzulegen.
4
6
Diese Neuerung wurde im Zuge des JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, durch Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 1 InvStG eingeführt. 7 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 86. Die Viermonatsfrist beginnt mit Ablauf des Geschäftsjahres an zu laufen. 8 BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010. 9 Vgl. Lauermann in Blümich, § 5 Rdn. 5. 10 Sollten sie nicht zum öffentlichen Vertrieb im Inland zugelassen sein, so genügt eine Veröffentlichung auf ihrer Internetseite. 118
A. Laufende Besteuerung
4
Im Ergebnis erfolgt die Bekanntgabe sowohl an die Anleger als auch an die Öffentlichkeit. Auf Anlegerseite stellt die Veröffentlichung vornehmlich auf die Ermöglichung einer steuerentlastenden Wirkung ab, die sich durch Steuerfreiheit oder Begünstigung einzelner Erträge ergibt. So ist es für die Besteuerung auf Ebene des Anlegers notwendig zu wissen, welche Erträge er beispielsweise aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften erzielt, welche grundsätzlich nach § 8b Abs. 2 KStG oder teilweise nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei sind oder der Abgeltungsteuer unterliegen, oder aus der Veräußerung von Immobilien, die für Privatanleger steuerfrei sein können.
15
Für das Spezial-Sondervermögen (Hedgefonds) und die Spezial-Investmentaktiengesellschaften mit weniger als 100 Anleger oder Aktionären sind die Regelungen des § 5 Abs. 1 InvStG nach § 15 Abs. 1 InvStG nicht anzuwenden. Auf sie findet auch nicht die Regelung des § 6 InvStG Anwendung. Somit haben sie weder dem Anleger die Besteuerungsgrundlagen bekannt zu machen noch diese im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Vielmehr gelten die besonderen Vorschriften über das Feststellungsverfahren. Dabei unterscheidet sich dieses deutlich von den Verfahren, die für Publikums-Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften Anwendung finden. Es ähnelt mehr der Feststellung i.S.d. § 180 AO, weil eine Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das gesamte Spezial-Sondervermögen oder die Spezial-Investmentaktiengesellschaft und nicht der (teilweise steuerfreien) Einkünfte der einzelnen Anleger stattfindet. Die Feststellungserklärung ist bei dem zuständigen Finanzamt einzureichen und gilt einschließlich der Verteilung der Besteuerungsgrundlage auf die Anleger als Steuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung.11
16
4
Es gilt somit: Für inländische Spezial-Sondervermögen und bestimmte Spezial-Aktieninvestmentgesellschaften gelten die Bekanntmachungspflichten des § 5 Abs. 1 InvStG nicht. Ihren Anlegern droht damit keine Strafbesteuerung nach § 6 InvStG. Die für sie geltenden Besonderheiten sind in § 15 Abs. 1 InvStG geregelt. Nicht in § 15 InvStG geregelt sind die ausländischen Spezial-Sondervermögen, so dass diese wie die Publikums-Sondervermögen die Bekanntmachungspflichten des § 5 InvStG zu erfüllen haben.
Darüber hinaus enthält § 5 InvStG weitere Offenlegungspflichten, welche sich allerdings nicht auf die Besteuerung des Fonds selbst auswirken. Vielmehr sehen diese Regelungen eine Verpflichtung zur bewertungstäglichen Zwischengewinnermittlung und zur Veröffentlichung des Rücknahmepreises vor. Sollte die Investmentgesellschaft diese Pflicht nicht oder zu spät erfüllen, so hat der Anleger einen Ersatzwert zu besteuern. Dieser berechnet sich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 InvStG aus 6% des Rücknahme- oder Verkaufspreises anteilig für die Zeit des Kalenderjahres (max. 360 Tage), in der der Anleger die Anteile gehalten hat.
17
Diese Regelungen gelten nicht für Single-Hedgefonds und Dachhedgefonds sowie für vergleichbare ausländische Investmentvermögen. Dabei ist die Investmentgesellschaft an ihre Entscheidung gebunden, welche sie bei erstmaliger Ausgabe der Anteile getroffen hat. Hat sie sich damals für die Ermittlung des Zwischengewinns entschieden, so ist die Pflicht des § 5 Abs. 3 Satz 1 InvStG für sie verbindlich. Darüber hinaus hat sie bei der Veröffentlichung
18
11 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 248 ff. 119
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
anzugeben, ob bei der Ermittlung des Zwischengewinns nach § 9 Satz 2 InvStG verfahren wurde, d.h. ein Ertragsausgleich vorgenommen wurde. Erfüllt die Investmentgesellschaft diese Pflicht nicht oder zu spät, so können negative Kapitalerträge aus Zwischengewinnen nicht berücksichtigt werden, die während des laufenden Geschäftsjahres aus dem Erwerb von ausgegebenen Anteilen resultieren. Damit erfolgt eine Anpassung an die neu eingeführte Norm des § 2 Abs. 5 InvStG, welche die Kenntnis über die Durchführung eines Ertragsausgleichs voraussetzt. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungsauffassung (BMFSchreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 21a).
4 19
§ 5 Abs. 2 InvStG sieht eine entsprechende Verpflichtung für die Ermittlung des Aktiengewinns und Veröffentlichung des Rücknahmepreises sowie des bewertungstäglich ermittelten positiven oder negativen Prozentsatzes des Werts des Anteils vor. Die Nichterfüllung führt zur Versagung der Anwendung des § 8 Abs. 1 bis 4 InvStG. Darüber hinaus finden § 4 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 InvStG nur Anwendung, wenn die Investmentgesellschaft den entsprechenden Teil des Aktiengewinns bewertungstäglich veröffentlicht. Diese Regelung soll vor allem eine Steuergestaltungsmöglichkeit betrieblicher Anleger vermeiden, in dem die Steuerfreiheit nach § 8b KStG oder § 3 Nr. 40 EStG mit der Veröffentlichungspflicht verknüpft wird. Dadurch sollen die Möglichkeiten einer Steuerfreistellung der Dividenden einerseits und der steuerwirksamen Teilwertabschreibung bzw. Verlustes bei Anteilsverkauf bei Publikumsinvestmentvermögen anderseits verhindert werden.12
20
Erfüllt der Fonds die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 InvStG, so ist er volltransparent (transparenter Fonds), erfüllt er sie nicht oder nicht rechtzeitig, intransparent (intransparenter Fonds), erfüllt er hingegen nur die freiwilligen Angaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 InvStG und die des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c oder f InvStG nicht, so ist er halb- bzw. semitransparent (semitransparenter Fonds). Für die Besteuerung ist zwischen den drei Fondsarten zu unterscheiden.
II. 21
Besteuerung transparenter Fonds
Kommt die Investmentgesellschaft der Verpflichtung des § 5 Abs. 1 InvStG rechtzeitig nach, so droht keine Strafbesteuerung nach § 6 InvStG. Vielmehr kommt das Transparenzprinzip zum Tragen. Die Besteuerung der Anleger richtet sich nach den Vorschriften der §§ 2 und 4 InvStG. Die für deren Anwendung maßgeblichen Begriffsdefinitionen der Ausschüttungen und ausschüttungsgleichen Erträge enthält § 1 InvStG.
12 Vgl. Gesetzesentwurf des JStG 2010, S. 137 f. 120
A. Laufende Besteuerung
1.
4
Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge
§ 1 Abs. 3 Satz 1 InvStG definiert Ausschüttungen als die dem Anleger tatsächlich gezahlten oder gutgeschriebenen Beträge erhöht um die einbehaltene Kapitalertragsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Quellensteuern, obwohl der Wortlaut des Gesetzes nur die Kapitalertragsteuer erwähnt. Der Anwendungserlass zum InvStG verdeutlicht diese zutreffende Auffassung anhand des folgenden Beispiels:
22
4
> Beispiel
1 EUR ausländische Dividende fließen in einen deutschen Fonds. Im Quellenstaat der Dividende werden 0,15 EUR als ausländische Quellensteuer einbehalten. Die deutsche Zahlstelle behält auf diesen Ertrag die ermittelte deutsche Kapitalertragsteuer von 0,10 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag ein. Die Ausschüttung beträgt 1 EUR.13 Die von einem Investmentvermögen zur Ausschüttung verwendeten Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 und 2 EStG, Erträge aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sonstigen Erträgen und Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften sind die ausgeschütteten Erträge. Zu ihnen gehören auch die Erträge aus Stillhalter- und Termingeschäften, nicht aber Substanzausschüttungen. Letztgenannte liegen nur dann vor, wenn die Investmentgesellschaft nachweist, dass keinerlei ausschüttbare Erträge aus dem laufenden oder früheren Geschäftsjahr vorliegen und sie die Beträge aus der Substanzausschüttung nach § 5 Abs. 1 InvStG veröffentlicht, in die Feststellungserklärung aufnimmt und sie bei ausländischen Spezial-Sondervermögen wie sonstige Besteuerungsgrundlagen behandelt. Sie führen bei den Anlegern zur Minderung ihrer Anschaffungskosten, wobei betriebliche Anleger weiterhin alternativ einen passiven Ausgleichsposten bilden dürfen.14 Privaten Anlegern steht die Möglichkeit des § 8 Abs. 5 InvStG offen, wonach die Substanzbesteuerung erst im Rahmen der Rückgabe oder des Verkaufs zu einer Minderung des Ergebnisses führt.15 Kommt es aufgrund von Abschreibungen für Substanzverringerung oder wirtschaftlicher Abnutzung zu einem Liquiditätsüberhang, weil die Abschreibungen selbst zu keinem Mittelabfluss führen, so kann auch dieser ausgeschüttet werden. Die sog. negative Thesaurierung führt beim betrieblichen Anleger zur Bildung eines passiven Ausgleichspostens.16
23
Fasst die Investmentgesellschaft keinen Ausschüttungsbeschluss bis zum Ablauf von vier Monaten nach dem Geschäftsjahr, so gelten die Erträge als nicht ausgeschüttet (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 5 InvStG). Der Anleger erzielt ggf. ausschüttungsgleiche Erträge.
24
Ausschüttungsgleiche Erträge definiert § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG als die von einem Investmentvermögen nach Abzug der abziehbaren Werbungskosten nicht zur Ausschüttung verwendeten Erträge. Zu ihnen gehören nur die dort ausdrücklich genannten Erträge.
25
13 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 12. 14 Zu den Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung auf passive Ausgleichsposten aufgrund der Beteiligung an offenen Immobilienfonds vgl. Schulz/Petersen, DStR 2008, 335 ff. 15 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 16 und 16a. 16 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 16b. 121
4 26
Kapitel 4:
Basierend auf einem Regel-Ausnahme-Verhältnis gehören dazu alle Kapitalerträge mit Ausnahme Q
der Erträge aus Stillhalterprämien i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG,
Q
der Gewinne i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG,
Q
der Gewinne i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG und
Q
der Gewinne i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG, soweit sie nicht auf vereinnahmte Stückzinsen entfallen und wenn es sich um sonstige Kapitalforderungen handelt,
4
27
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Q
die eine Emissionsrendite wie z.B. Zerobonds haben,17
Q
bei denen das Entgelt für die Kapitalüberlassung ausschließlich nach einem festen oder variablen Bruchteil des Kapitals bemessen und die Rückzahlung des Kapitals in derselben Höhe zugesagt oder gewährt wird, in der es überlassen wurde. Zu ihnen gehören beispielsweise „normale“ Anleihen und unverbriefte Forderungen mit festem Kupon, Down-Rating Anleihen oder Floater.18 Ein Emissionsdisagio oder Emissionsdiskont zur Feinabstimmung des Zinses bleibt dabei unberücksichtigt,
Q
bei denen weder eine auch nur teilweise Rückzahlung des Kapitalvermögens noch ein gesondertes Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt wird und die Rückzahlung des Kapitals sich nach der Wertentwicklung einer einzelnen Aktie oder eines veröffentlichten Index für eine Mehrzahl von Aktien richtet und diese Wertentwicklung in gleichem Umfang nachgebildet wird (sog. Delta 1-Zertifikate),
Q
die solche i.S.d. Buchstaben b, d.h. „normale“ Anleihen, sind, bei denen der Inhaber neben der festen Verzinsung ein Recht auf Umtausch in Gesellschaftsanteile hat, oder bei denen der Inhaber zusätzlich bei Endfälligkeit, das Wahlrecht besitzt, vom Emittenten entweder die Kapitalrückzahlung oder die Lieferung einer vorher festgelegten Anzahl von Aktien eines Unternehmens zu verlangen, oder bei denen der Emittent zusätzlich das Recht besitzt, bei Fälligkeit dem Inhaber an Stelle der Rückzahlung des Nominalbetrags eine vorher festgelegte Anzahl von Aktien anzudienen (sog. Aktien-, Wandel- und Umtauschanleihen),
Q
die Gewinnobligationen oder Fremdkapital-Genussrechte i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind,
Q
bei denen die Anschaffungskosten teilweise auf abtrennbare Optionsscheine und eine separat handelbare Anleihe (Optionsanleihe) entfallen.
Im Grundsatz gelten damit alle Kapitalerträge als ausschüttungsgleiche Erträge. Nach dem dargestellten Gesetzestext gelten jedoch zwei Ausnahmen. Erstere umfasst im wesentlichen Erträge aus Stillhalterprämien, die Veräußerungsgewinne von Anteilen aus Kapitalgesellschaften, Fondsanteilen und aktienähnlichen Genussrechten sowie Gewinne aus Termingeschäften. Gewinne aus sog. Finanzinnovationen hingegen gehören zu den Erträgen. Die 17 Diese Erträge sind aber nicht vollständig steuerfrei, weil die nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 InvStG abgegrenzten Zinsen als ausgeschüttete Erträge gelten (vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 360). 18 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 361. 122
A. Laufende Besteuerung
4
zweite Ausnahme nimmt jedoch bestimmte Finanzinnovationen, soweit sie nicht auf Stückzinsen entfallen und in § 1 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 InvStG genannt sind, aus (sog. Negativkatalog, 6 unterschiedliche Typen von Kapitalforderungen).19 Somit gehören Veräußerungsgewinne auf Stückzinsen stets zu den ausschüttungsgleichen Erträgen.20 Ebenfalls zu den ausschüttungsgleichen Erträgen gehören nach § 1 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 InvStG die Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sonstige Erträge und Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 EStG. 21
28
4
Auch der sog. Ertragsausgleich gehört zu den ausschüttungsgleichen Erträgen, wenn dieser nicht für aufsichtsrechtliche Zwecke auf Ebene des Fonds ermittelt wird. Da ausländische Fonds den Ertragsausgleich regelmäßig nicht durchführen, erlangt er insbesondere für ausländische Fonds Bedeutung.22
29
Somit unterliegen beispielsweise Dividenden, Zinsen und Mieterträge auch im Falle ihrer Thesaurierung der Besteuerung. Sie erfahren dabei die gleiche Behandlung wie ausgeschüttete Erträge. So sind auch in den ausschüttungsgleichen Erträgen die nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 InvStG nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben i.H.v. 10% enthalten.
30
Die Ausschüttung ausschüttungsgleicher Beträge unterliegt jedoch nicht der nochmaligen Besteuerung, weil sie bereits als ausschüttungsgleiche Erträge erfasst wurden.23 Steuerbilanziell wird dies bei betrieblichen Anlegern durch die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens sichergestellt, der bei Ausschüttung oder bei Veräußerung bzw. Rückgabe der Anteile erfolgsneutral ausgebucht wird. Dadurch wird eine nochmalige Besteuerung vermieden.
31
Alle nicht genannten Erträge bzw. diejenigen Erträge, für die eine Ausnahmeregelung besteht, sind im Falle ihrer Thesaurierung nicht steuerbar.24 Sie unterliegen der Besteuerung erst im Falle ihrer Ausschüttung oder bei Rückgabe der Anteile. Damit entsteht eine „Steuerpause“, die u.a. für Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften eine Thesaurierungsbegünstigung darstellt.25
32
19 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 350. Die 6 unterschiedlichen Typen sind bereits oben dargestellt. Sie entsprechen den in § 1 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 lit. a bis f InvStG genannten. 20 Zu weiteren Einzelheiten, vgl. Petersen, Ausschüttungsgleiche Erträge nach Investmentsteuergesetz, FR 2006, 1065 ff. 21 Für weitere Einzelheiten zum Ertragsausgleich vgl. Pätsch/Fischer/Krause, Anmerkungen zum Ertragsausgleich nach dem neuen BMF-Schreiben zum Investmentsteuergesetz, DStR 2009, 2646 ff. 22 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 369. 23 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. Rdn. 29. 24 Vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 57. 25 Vgl. Bauderer/Coenenberg in Haase, InvStG, § 1 Rdn. 352. 123
4
Kapitel 4:
2. 33
4
35
Besteuerung nach den Regelungen des InvStG, EStG und KStG im Einzelnen
Die steuerliche Behandlung der laufenden Erträge i.S.d. Investmentsteuergesetzes regelt § 2 InvStG. Neben der Einkünftequalifikation normiert diese für die Besteuerung der Anteilscheininhaber zentrale Regelung u.a. auch den Zeitpunkt, in welchem die ausschüttungsgleichen Erträge dem Anleger zuzurechnen sind. Dabei dient die Regelung maßgeblich der Umsetzung des Transparenzprinzips. Hingegen regelt diese Norm nicht die steuerliche Behandlung der Anteilscheinveräußerung und deren Rückgabe. Für diese sieht das Investmentsteuergesetz mit § 8 InvStG eine separate Norm vor.26
a) 34
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Verhältnis zu anderen Vorschriften
Das Investmentsteuergesetz geht als sog. lex specialis den allgemeinen Regelungen wie denen des Einkommen- und des Körperschaftsteuergesetzes vor. Dabei finden deren Regelungen jedoch immer dann Anwendung, wenn, wie in § 2 InvStG geschehen, in der Norm direkt auf einzelne Regelungen des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes verwiesen wird, oder wenn es selbst keine Sonderregelungen vorsieht. So finden beispielsweise die Regelungen über die Höhe der Steuersätze oder die Zuständigkeit der Finanzämter Anwendung, weil das Investmentsteuergesetz dazu keine speziellen Aussagen enthält. Damit greift die sog. lex generalis, weil sie nicht von der lex specialis verdrängt wird.
b)
Einkünftequalifikation
aa)
Einkünftequalifikation nach nationalem Steuerrecht
Grundsätzlich gehören die auf Investmentanteile ausgeschütteten und die ausschüttungsgleichen Erträge auf Ebene des Anteilscheininhaber zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG). Wie auch im Einkommensteuergesetz vorgesehen, gilt dies nicht, wenn es sich um einen sog. betrieblichen Anleger handelt. Nach dem Subsidiaritätsprinzip, welches bei Nichtanwendung des Investmentsteuergesetzes § 20 Abs. 8 EStG vorsieht, erzielt dieser gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG Betriebseinnahmen und damit grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG bzw. des § 8 Abs. 2 KStG, Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG.
26 Siehe dazu die Ausführungen zur aperiodischen Besteuerung unter 4.B. 124
A. Laufende Besteuerung
4
Hält der einzelne Anleger seine Beteiligung also im Privatvermögen, so erzielt er vorbehaltlich der noch darzustellenden weiteren Ausnahme Einkünfte aus Kapitalvermögen, hält er sie hingegen in seinem inländischen Betriebsvermögen (oder in seinem Sonderbetriebsvermögen)27, erzielt er Betriebseinnahmen. Die Zuordnung erfolgt zum Zeitpunkt der Zurechnung der Erträge, d.h. zum Zuflusszeitpunkt. 28
36
Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen dann nicht vor, wenn es sich gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG um
37
Q
Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a Buchstabe aa EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG oder
Q
Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 5 EStG
4
handelt. Damit unterliegen die Einkünfte, welche der Altersversorge des Anlegers dienen, den allgemeinen Regelungen der Besteuerung, wie sie im Einkommensteuergesetz manifestiert sind. Vorliegend gilt dies für die kapitalgedeckten Altersversorgungen wie die sog. RürupRente (1. Alternative) sowie beispielsweise die Erträge aus Pensionsfonds, Altersvorsorgeverträgen, Pensionskassen oder Direktversicherungen (2. Alternative).29 Damit unterstehen diese der nachgelagerten Besteuerung.
38
Da die Einkünftequalifikation auf Ebene der Anleger stattfindet, können die Erträge bei einzelnen Anteilsscheininhabern unterschiedlich besteuert werden. So erzielt der eine Anleger beispielsweise Einkünfte aus Kapitalvermögen, während ein anderer betrieblicher Anleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb realisiert. Eine Verknüpfung der Einkünftequalifikation aller Anleger, wie sie beispielsweise bei einer gewerblichen Infektion einer Personengesellschaft stattfindet, sieht das Investmentsteuergesetz nicht vor. Eine einheitliche Qualifikation findet lediglich auf Ebene des einzelnen Anlegers und zwar unabhängig von der Qualifikation auf Ebene des Investmentvermögens statt.30 Dieser Grundsatz gilt für jede einzelne Beteiligung des Investors an einem der verschiedenen Investmentvermögen.31
39
Handelt es sich nach dem bereits Dargestellten um Einkünfte aus Kapitalvermögen, so liegen Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor. Damit werden alle Erträge fiktiv als Dividenden qualifiziert und zwar unabhängig davon, ob es sich tatsächlich, hinsichtlich der zugrunde liegenden Erträge der Fondseingangsseite um Dividenden aus Anteilen an Kapitalgesellschaften handelt.
40
27 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 26. 28 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 26 sowie Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 30. 29 Vgl. Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 49. 30 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 29. 31 Vgl. dazu Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2, Rdn. 12. 125
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
> Beispiel
Auch das Investment in Immobilien führt bei Privatanlegern unter Anwendung des Investmentsteuergesetzes zu Einkünften aus Kapitalvermögen in Form von Dividenden. Würde es nicht angewendet, lägen vorbehaltlich des Subsidiaritätsprinzips des § 21 Abs. 3 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor. Dies gilt auch, wenn der Fonds Anteile an Kapitalgesellschaften veräußert. ! Praxishinweis
4
Durch diese Umqualifizierung kommt die Anwendung des § 17 EStG nicht in Betracht. Dies kann für den privaten Anleger insoweit nachteilig sein, weil eine auf der Anwendung des § 17 EStG basierende Inanspruchnahme des Teileinkünfteverfahrens nicht möglich ist. 41
Diese Umqualifikation der Erträge führt nicht zugleich dazu, dass Kapitalertragsteuer für alle Erträge einzubehalten und von der auszahlenden Stelle nach § 43a Abs. 1 und 2 EStG abzuführen wäre. Einzelheiten der Kapitalertragsteuer regelt § 7 InvStG.32
42
Auch auf die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger wirkt sich die Qualifizierung der Erträge aus. Sie erzielen unabhängig von dem eigentlichen Investment Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. b EStG. § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG33 durchbricht diesen Grundsatz für den Fall, dass auf der Fondseingangsseite eines inländischen Spezial-Sondervermögens34 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von inländischen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten oder Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt werden. Sie führen zu Einkünften i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f, Nr. 6 oder Nr. 8 EStG.
43
Obwohl der Gesetzestext an dieser Stelle Fragen aufwirft und auf eine abweichende Qualifikation der Erträge schließen lässt,35 gilt die Gleichstellung aller Erträge als Dividenden auch für die Erträge betrieblicher Anleger.36 Somit gelten die bereits dargestellten Grundsätze auch für sie. ! Praxishinweis
Beschränkt steuerpflichtige Anleger, deren Anteile zu ihrem inländischen Betriebsstättenvermögen gehören, erzielen somit Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG.
32 Siehe dazu unter Punkt 4.V. 33 Dieser beinhaltet eine von Lübbehüsen als „Supertransparenz mit treaty override“ bezeichnete Regelung (vgl. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvStG, Rdn. 48. 34 Vgl. dazu 2.A.1.i. 35 Der Gesetzestext sieht in § 2 Abs. 1 Satz1 EStG vor, dass diese Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen zählen, wenn sie Betriebseinnahmen sind. Dieser Klarstellung hätte es schon auf Grund des § 20 Abs. 8 EStG nicht bedurft. Anscheinend liest die Finanzverwaltung daraus, dass es sich weder um Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG noch um Kapitaleinkünfte handelt. 36 Hier wird die Auffassung vertreten, dass es sich um Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt, die aber zu den Betriebseinnahmen gehören. Für eine weitergehende Unterscheidung zwischen betrieblichen und privaten Anlegern besteht kein sachlicher Grund. Würde diese Qualifikation jedoch verneint, so würde die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG ins Leere laufen. Für die Besteuerung der Erträge ist dieser Meinungsstreit jedoch letztlich bedeutungslos. 126
A. Laufende Besteuerung Die allgemeinen Regelungen des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes sehen für bestimmte Fälle für die Besteuerung von Dividenden Begünstigungen wie das Teileinkünfteverfahren in § 3 Nr. 40 EStG oder das Beteiligungsprivileg in § 8b Abs. 1 und 5 KStG vor. Das Investmentsteuergesetz verhindert jedoch als lex specialis deren Anwendung, in dem es im Grundsatz in § 3 Abs. 1 Satz 1 HS 2 InvStG bestimmt, dass weder § 3 Nr. 40 EStG noch § 8b KStG Anwendung finden. Obwohl es sich bei den Erträgen per gesetzlicher Definition um Dividenden handelt, finden weder das Teileinkünfteverfahren noch das Beteiligungsprivileg für Anteile an Kapitalgesellschaften grundsätzlich Anwendung. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn § 2 Abs. 2 InvStG erfüllt ist.
4 44
4
Es gilt somit: Die Einkünftequalifikation findet auf Ebene der Gesellschafter statt. Die ausgeschütteten und die ausschüttungsgleichen Erträge werden im Regelfall als Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG qualifiziert. Sie gehören damit zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn für sie nicht das Subsidiaritätsprinzip greift. Somit gehören sie bei betrieblichen Anlegern zu deren Betriebseinnahmen.
bb)
Einkünftequalifikation nach Abkommensrecht
Handelt es sich bei den „fiktiven“ Dividenden um Erträge aus ausländischen Investmentvermögen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, ist mit deren Qualifikation die Anwendungsfrage des Art. 10 OECD-MA bzw. einer in dem entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen vergleichbaren Norm eröffnet. Die Anwendbarkeit der Regelung setzt grundsätzlich einen Gesellschaftsanteil des Zahlungsempfängers voraus, was durch die Verbriefung der Anteile nach § 33 InvG ggf. als erfüllt angesehen werden kann. Fraglich ist jedoch, ob die Investmentgesellschaft selbst die Anforderungen der „ausschüttenden Gesellschaft“ erfüllt. Denn wird sie, wie in Deutschland als steuerlich transparent betrachtet, so ist sie selbst in keinem der Vertragsstaaten ansässig, weil sie selbst nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Nach Auffassung von Reiche und Frotscher kann jedoch eine Ansässigkeit dann angenommen werden, wenn die Steuerbefreiung an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Eine Anwendung der dem Art. 10 OECD-MA vergleichbaren Regelung ist natürlich zweifelsfrei möglich, wenn das jeweilige Abkommen für die Besteuerung von Investmentvermögen entsprechende Sonderregelungen vorsieht.37
45
Hinsichtlich der Ausschüttungen ist der Anwendungsbereich des Art. 10 OECD-MA i.d.R. eröffnet,38 weil diese in den deutschen DBA überwiegend in die Dividendendefinition, wenn auch nur für die Zwecke der Besteuerung in Deutschland, einbezogen werden. Die Finanzverwaltung möchte diese Verteilungsnorm auch für den Fall der ausschüttungsgleichen Erträge anwenden.39
46
37 Vgl. dazu Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 7. 38 Vgl. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvStG, Rdn. 48. Sie zeigen auch die Vertreter der unterschiedlichen Auffassungen auf. 39 Vgl. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvStG, Rdn. 48, Tischbirek in Vogel/Lehner, Art. 10, Rdn. 230. Die Finanzverwaltung möchte diese Norm auch bei Thesaurierung von Aktienfonds anwenden. 127
4 47
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Damit stünde Deutschland als Ansässigkeitsstaat der im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Anleger i.d.R. als Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zu. Ob und inwieweit Deutschland dieses in Anspruch nimmt, ist von den weiteren Regelungen des Investmentsteuergesetzes (§ 4 InvStG) abhängig. ! Praxishinweis
Für die Frage, ob diese ausländischen Einkünfte im Inland besteuert werden, stellt § 4 Abs. 1 InvStG auf die Qualifikation der Erträge auf der Fondseingangsseite ab, während die Einkünftequalifikation des § 2 Abs. 1 InvStG auf Ebene des Anlegers greift.
4
> Beispiel
Erzielt ein privater Anleger ausländische Vermietungseinkünfte, so sind diese nach § 2 Abs. 1 InvStG als „fiktive“ Dividenden zu qualifizieren, welche Deutschland nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen besteuern darf. Gleichwohl werden diese Einkünfte von der inländischen Besteuerung nach § 4 Abs. 1 InvStG freigestellt, weil es sich auf Fondseingangsseite um Erträge aus unbeweglichem Vermögen handelt, welche nach einer Art. 6 OECD-MA nachgebildeten Verteilungsnorm grundsätzlich im Belegenheitsstaat besteuert werden dürfen. 48
Eine Ausnahme zur grundsätzlichen Qualifikation als „fiktive“ Dividenden enthält § 15 Abs. 2 InvStG für im Inland beschränkt steuerpflichtige Anleger von Spezial-Investmentvermögen. Die Erträge aus Vermietung und Verpachtung von inländischen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten und Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften mit inländischen Grundstücken und Grundstücksrechten gelten bei ihnen als unmittelbar bezogene Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f, Nr. 6 oder Nr. 8 EStG und damit grundsätzlich nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder betriebliche Einnahmen. Dabei gilt diese Qualifikation auch für die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen, so dass insbesondere für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen Art. 6 OECD-MA oder eine vergleichbare Norm zur Anwendung kommen kann, welche das Besteuerungsrecht im Regelfall dem Belegenheitsstaat des Grundstücks, in diesem Fall Deutschland, zuschreibt. Würden in diesem Fall die Einkünfte des Anlegers abkommensrechtlich unter den Anwendungsbereich des Art. 10 OECD-MA fallen, so handelt es sich bei dieser Norm um einen treaty override.40
c) 49
Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG werden alle Erträge, welche der Anleger entweder durch Ausschüttung oder bei Thesaurierung durch die Zurechnung ausschüttungsgleicher Erträge realisiert, als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert, wenn es sich nicht um eine betriebliche Beteiligung handelt oder die Anlage der Altersvorsorge i.S. einer kapitalgedeckten Versorgung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG oder i.S.d. § 22 Nr. 5 EStG dient. Obwohl es
40 So auch Lübbehausen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 15 InvStG, Rdn. 133. 128
A. Laufende Besteuerung
4
sich bei diesen Einkünften aus Kapitalvermögen per gesetzlicher Fiktion ausschließlich um Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt, finden das Teileinkünfteverfahren i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG oder das Beteiligungsprivileg des § 8b KStG im Grundsatz keine Anwendung. Dabei führt der Ausschluss dieser Regelung durch § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 InvStG auf Ebene des privaten Anlegers zu keinen Auswirkungen. Denn seit der Unternehmenssteuerreform 200841 findet das Teileinkünfteverfahren für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Dividenden) nur noch unter der Voraussetzung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Antrag Anwendung, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum unmittelbar oder mittelbar entweder zu mehr als 25% an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1% und für diese beruflich tätig ist. Dies ist vorliegend i.d.R. nicht möglich.42 Auch in allen anderen Fällen findet es keine Anwendung.
50
Vielmehr unterliegen diese Einkünfte im Regelfall der sog. Abgeltungsteuer43, welche sich als ein gesonderter Tarif darstellt, der ausschließlich für die Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Anwendung kommt. Sie beträgt unabhängig von der Höhe des Einkommens 25% zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer und soll im Idealfall durch Abzug der Kapitalertragsteuer an der Quelle mit abgeltender Wirkung erhoben werden.44
51
Sieht § 7 InvStG einen Kapitalertragsteuerabzug vor, unterliegen die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Beträge nach § 43a Abs. 1 und 2 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug i.H.v. 25% zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. unter Berücksichtigung der Kirchensteuer, welchen der Gläubiger der Erträge nach § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG vornimmt.
52
Eine abgeltende Wirkung entfaltet der Kapitalertragsteuerabzug dann nicht nach § 32d Abs. 4 EStG, wenn der Steuerpflichtige eine Veranlagung seiner Einkünfte beantragt. Ein solcher Antrag ist möglich, wenn entweder beispielsweise der sog. Sparer-Pauschbetrag i.S.d. § 20 Abs. 9 EStG oder ein Verlustvortrag noch zu berücksichtigen sind oder eine Veranlagung mit dem progressiven Steuersatz für ihn günstiger als eine Besteuerung mit dem linearen Steuersatz von 25% ist. Die für diese Beurteilung notwendige Günstigerprüfung hat das Finanzamt auf Antrag durchzuführen. Ist sie positiv, so werden die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem individuellen Steuersatz besteuert. Die darüber hinaus erhobene Kapitalertragsteuer wird in diesem Fall auf die tarifliche Einkommensteuer angerechnet und ggf. erstattet. Dies gilt auch dann, wenn der Pauschbetrag oder der Verlustausgleich erst im Wege der Veranlagung berücksichtigt werden.
53
Sollten die Einkünfte keinem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, so hat der Steuerpflichtige sie ebenfalls in seiner Einkommensteuererklärung zu erklären, § 32d Abs. 3 EStG.
54
41 Vgl. Unternehmenssteuerreformgesetz v. 14.08.2007, BGBl. I, 1912. 42 Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Sondervermögen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gekleidet ist und die weiteren Bedingungen vorliegen. In diesen Fällen würde das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 und § 20 Abs. 6 EStG keine Anwendung finden. (vgl. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvStG, Rdn. 113). 43 Zur Investmentfondsbesteuerung und Abgeltungsteuer vgl. Feyerabend/Vollmer, BB 2008, 1088 ff. 44 Zur Einführung der Abgeltungsteuer im Investmentsteuerrecht vgl. Grabbe/Lübbehüsen, DStR 2008, 950. 129
4
4 55
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Eine Anrechnung ausländischer Steuern ist nach § 32d Abs. 5 EStG grundsätzlich möglich.45 Im Idealfall werden diese bereits beim Kapitalertragsteuerabzug nach § 44 Abs. 3 EStG mit berücksichtigt, ansonsten bei der Veranlagung der Einkünfte. Es gilt somit: Die Erträge eines Privatanlegers unterliegen im Regelfall der Abgeltungsteuer. In Ausnahmefällen kommt der geringere progressive Steuersatz zur Anwendung. Eine Anwendung des Teileinkünfteverfahrens kommt i.d.R. nicht in Betracht.
4
56
Die gesetzliche Fiktion, welche beispielsweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf Fondseingangsseite als Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form von Dividenden qualifiziert, kann für den Steuerpflichtigen im Vergleich zur Direktanlage zu steuerlichen Vorteilen führen. Diese können einerseits aus der Inanspruchnahme des Sparer-Pauschbetrages und andererseits durch die Ausnutzung des linearen Steuersatzes resultieren. Nachteile sind insbesondere aus der mangelnden Berücksichtigung der Werbungskosten des Anlegers durch § 20 Abs. 9 EStG vorstellbar, welche zum Beispiel den Abzug von Finanzierungsaufwendungen als Werbungskosten nicht ermöglicht. Ein Steuersatznachteil ist durch die Veranlagungsoption im Falle einer positiven Günstigerprüfung nicht denkbar. > Beispiel
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind im Falle einer Direktanlage mit dem progressiven Steuersatz (max. 45%) zu versteuern. Unterschreiten sie den (ansonsten noch nicht verbrauchten) Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro, sind sie steuerfrei. 57
Nicht der Besteuerung unterliegen ausgeschüttete Erträge i.S.d. § 2 Abs. 3 InvStG. Diese Regelung sieht für die Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten eine Steuerbefreiung vor. Sie greift dann, wenn auf Ebene des Privatanlegers nicht die Voraussetzungen für ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen, mithin zwischen der Anschaffung und Veräußerung der Immobilie mehr als 10 Jahre vergangen sind. Durch diese Regelung wird wiederum das Transparenzprinzip umgesetzt und der private Anleger, welcher sein Geld über Fonds in Immobilien investiert, dem Direktanleger gleichgestellt. Da die Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne nur gilt, wenn keine Gewinneinkünfte vorliegen, können betriebliche Anleger die Regelung nicht in Anspruch nehmen. Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 InvStG stellt dies nochmals klar. Eine Befreiung ausschüttungsgleicher Erträge ist nicht notwendig, weil die Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im Falle einer Thesaurierung nicht steuerbar sind.
45 Mehr dazu unter 4.A.II.Nr. 4. 130
A. Laufende Besteuerung Sollten in den Erträgen des Anlegers Erträge des Investmentvermögens enthalten sein, welche bereits der Hinzurechnungsbesteuerung der §§ 7 ff. AStG46 unterlegen haben, so findet auf diese wie im Falle einer Direktanlage § 3 Nr. 41 lit. a EStG Anwendung. Durch den Verweis auf diese Regelung stellt § 2 Abs. 4 InvStG sicher, dass diese Erträge auf Ebene des Anlegers nicht nochmal der Besteuerung unterliegen.47
d)
4 58
Besteuerung der Einkünfte aus Betriebsvermögen
Gehört die Beteiligung des Anlegers zu seinem Betriebsvermögen, so führen die ausgeschütteten und die ausschüttungsgleichen Erträge bei ihm nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG zu Betriebseinnahmen. Ob es sich bei diesen ebenfalls um Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt, welche dem Subsidiaritätsprinzip folgend der jeweiligen Gewinneinkunftsart zuzurechnen sind, kann aus dem Gesetzestext selbst nicht eindeutig abgelesen werden. Die Finanzverwaltung geht anscheinend nicht davon aus,48 obwohl dies in Anbetracht der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 InvStG sachgerecht wäre, weil diese Norm ansonsten in Anbetracht der Gesetzesänderungen durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 ins Leere liefe.49
59
Die Besteuerung der Erträge erfolgt unabhängig von der Beurteilung dieser Frage. Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 InvStG schließt grundsätzlich die Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG sowie die des § 8b KStG für diese Erträge aus und erklärt sie nur unter der Bedingung des § 2 Abs. 2 InvStG für anwendbar. Auch wenn diese Vorgehensweise unnötig kompliziert erscheint, führt sie in Anbetracht des Transparenzprinzips zu einem sachgerechten Ergebnis. Denn nach § 2 Abs. 2 InvStG soll der Steuerpflichtige nur dann die Begünstigung des Teileinkünfteverfahrens und des Beteiligungsprivilegs erfahren, wenn er diese auch im Falle einer Direktanlage in Anspruch nehmen könnte.
60
Es gilt somit: Die Besteuerung basiert auf einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, nach welchem zunächst die Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG für die „fiktiven“ Dividenden ausgeschlossen und unter den Bedingungen des § 2 Abs. 2 InvStG wieder erlaubt wird.
46 Zu dem Transparenzprinzip und seinem Zusammenwirken mit den Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG vgl. Schnitger/Schachinger, BB 2007, 801 ff. 47 Zu Einzelheiten bezüglich des Verhältnisses zwischen der Hinzurechnungsbesteuerung und dem Investmentsteuergesetz vgl. Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 193 ff. 48 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 25. An dieser Stelle spricht sie von Einkünften aus Kapitalvermögen oder Betriebseinnahmen, was grundsätzlich nicht ausschließt, dass es sich bei diesen Einnahmen um fiktive Dividenden handelt. In der Textziffer 32 hingehen nimmt sie eine solche Unterscheidung nicht vor, so dass daraus abgeleitet werden könnte, dass es sich bei den Betriebseinnahmen um Dividenden handelt. Ungeachtet dessen werden die Betriebseinnahmen als fiktive Dividenden bezeichnet und zwar unabhängig davon, ob sie ein betrieblicher oder privater Anleger erzielt. 49 Eine Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG kommt bei Privatanlegern nicht mehr in Betracht. Wären die Betriebseinnahmen keine fiktiven Dividenden, so bestünde für das in § 2 Abs. 2 InvStG enthaltene RegelAusnahme-Prinzip keine Notwendigkeit mehr. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 32. 131
4
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
61
§ 2 Abs. 2 Satz 1 InvStG sieht nach seinem Wortlaut vor, dass die in den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Erträge i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sowie des Satzes 2 der Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG unterliegen. Danach können die Anleger also nur dann die entsprechenden Regelungen in Anspruch nehmen, wenn der Fonds selbst Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG wie inländische und/oder ausländische Dividenden, ihnen gleichgestellte Bezüge oder Entgelte oder besondere Vorteile i.S.d. § 20 Abs. 3 EStG vereinnahmt. Dies gilt auch dann, wenn der Fonds Bezüge i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a und Nr. 2 Satz 2 EStG aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen des Inhabers des Stammrechts, die dieser verwirklichen kann, ohne den Anteil an der Kapitalgesellschaft mit zu veräußern, oder bei Abtretung dieser Ansprüche erzielt.
62
§ 2 Abs. 2 Satz 2 InvStG erweitert den Anwendungsbereich. Danach ist Satz 1 der Norm entsprechend anzuwenden, wenn die ausgeschütteten in- und ausländischen Erträge des Anlegers solche i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 sowie Satz 2 EStG enthalten. Bei diesen handelt es sich insbesondere um die Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an Kapitalgesellschaften. Zutreffend erfasst diese Regelung ausschließlich ausgeschüttete Erträge. Dies ist sachgerecht, weil es für derartige Erträge im Falle ihrer Thesaurierung auf Ebene des Fonds keine gesetzliche Regelung gibt, welche sie als ausschüttungsgleiche Erträge qualifiziert. Im Falle ihrer Ausschüttung findet nach § 2 Abs. 2 Satz 2 InvStG dann Satz 1 Anwendung.
4
Es gilt somit: § 2 Abs. 2 Satz 1 InvStG zählt alle Einkünfte, für welche eine (teilweise) Steuerfreiheit gewährt werden kann, abschließend durch Verweis auf die Regelung des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG auf. Nach Satz 2 wird der Anwendungsbereich auf bestimmte Veräußerungsgewinne ausgeweitet. 63
Das Beteiligungsprivileg des § 8b KStG findet nur dann Anwendung, wenn Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes Körperschaftsteuersubjekt ist. Nach § 8b Abs. 1 KStG sind die Dividenden auf Ebene der Kapitalgesellschaft grundsätzlich steuerfrei. Etwas anderes gilt nur für die nach § 8b Abs. 5 KStG nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben i.H.v. 5% der Dividende. Im Gegenzug zu der pauschalen Festsetzung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben dürfen die tatsächlichen Betriebsausgaben, die mit den Anteilen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, abgezogen werden. § 3c Abs. 1 EStG steht dem nicht entgegen, vgl. § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG. Bei der Besteuerung sind die weiteren Absätze des § 8b KStG zu beachten. > Beispiel
So findet beispielsweise eine Freistellung statt, wenn die Anteile an dem Fonds mittelbar von einer Kapitalgesellschaft über eine Personengesellschaft gehalten werden, weil § 8b Abs. 6 KStG Anwendung findet.
132
A. Laufende Besteuerung
4
In allen anderen Fällen, wenn die Beteiligung an dem Fonds beispielsweise zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers, eines Selbständigen oder einer Personengesellschaft50 gehört, kommt das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG zur Anwendung. Danach sind 40% der Einnahmen steuerfrei, wobei der restliche Anteil von 60% der Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz unterliegt. Korrespondierend mit der anteiligen Besteuerung dürfen auch die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben nur zu 60% berücksichtigt werden. Nach § 3c Abs. 2 EStG gelten die anderen 40% als nicht abzugsfähig und dürfen daher den Gewinn nicht mindern.
64
Durch diese Einschränkung der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens und des Beteiligungsprivilegs kommt es gerade nicht dazu, dass andere Einkünfte außer den „echten“ Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (insb. Dividenden), welche der Fonds vereinnahmt, von den Begünstigungen profitieren, nur weil sie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG als Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als „fiktive“ Dividenden qualifiziert werden. Damit wird die Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners an die Art der erzielten Einkünfte auf Ebene des Fonds gekoppelt und das Transparenzprinzip verwirklicht.
65
4
> Beispiel
So unterliegen beispielsweise Zinsen oder Vermietungseinkünfte nicht diesen Regelungen, sondern sind in vollem Umfang entweder mit Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu versteuern. Das Gesagte und damit die (teilweise) Steuerbefreiung der Einkünfte gilt jedoch nur dann, wenn § 19 REITG nicht zur Anwendung kommt. Auch für die Beurteilung dieser Frage ist ausschließlich die Qualifikation der Einkünfte auf der Fondseingangsseite entscheidend.51
66
Eines Ausschlusses der Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG bedarf es, wenn sich der Anleger über einen Fonds an einer REIT-AG beteiligt, weil die Erträge eines solchen Investments wie bei einer Beteiligung an einem Investmentfonds auf Ebene der Anteilseigner und nicht auf Ebene der REIT-AG besteuert werden. Als Ausgleich für die Steuerbefreiung der REIT-AG wird ihren Anteilseignern jedoch keine (teilweise) Steuerfreistellung gewährt, wie die Anleger sie bei Beteiligung an einer Nicht-REIT-AG erhalten würden. Damit das Direktinvestment dem Investment über eine Investmentgesellschaft gleichgestellt wird, verbietet § 2 Abs. 2 Satz 1 InvStG im Falle der Anwendbarkeit des § 19 REITG die Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG.
67
Eine Steuerbefreiung der Erträge nach § 2 Abs. 3 InvStG kommt für betriebliche Anleger nicht in Betracht, weil das Grundstück oder die grundstücksgleichen Rechte auch im Falle einer Direktanlage nicht zum Privatvermögen des Anlegers gehören würden und für die aus ihrer Veräußerung realisierbaren Gewinne § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht anwendbar wäre. Etwas anderes gilt für die Steuerbefreiung, welche § 2 Abs. 4 InvStG vorsieht. Diese können auch betriebliche Anleger beanspruchen, wenn die Voraussetzungen vorlie-
68
50 Dies gilt natürlich nur für die Gesellschafter der Personengesellschaft, welche ihre Beteiligung im Betriebsvermögen halten und nicht in den Anwendungsbereich des § 8b KStG fallen. 51 Vgl. Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 90. 133
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
gen. Sollten die ausgeschütteten52 Erträge auf Ebene des Investmentvermögens bereits nach §§ 7 ff. AStG einer Hinzurechnungsbesteuerung unterlegen haben, so sind diese nach § 3 Nr. 41 lit. a EStG auf Ebene des Anlegers von der Besteuerung freizustellen.53 Es gilt somit: Die Besteuerung erfolgt entsprechend dem Transparenzprinzip. Sie unterscheidet sich (fast) nicht von derjenigen, welche im Falle einer Direktanlage zur Anwendung kommen würde. Das Teileinkünfteverfahren i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG oder das Beteiligungsprivileg des § 8b KStG finden also nur dann Anwendung, wenn der Fonds entsprechende Erträge realisiert.
4
e)
Zuflusszeitpunkt (Zeitliche Zurechnung der Erträge)
69
Für die Zurechnung der Erträge ist zwischen ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen unter Berücksichtigung der Belegenheit der Anteile im Privat- oder Betriebsvermögen zu unterscheiden. Dabei kommt es beispielsweise auch darauf an, ob der Empfänger bilanziert oder nicht.
70
Ausgeschüttete Erträge sind dem Anteilseigner nach den allgemeinen Regelungen zuzurechnen, weil das Investmentsteuergesetz keine davon abweichende Sonderregelung vorsieht. Hält der Anleger seine Anteile an dem Sondervermögen in seinem Privatvermögen, so gilt für ihn das Zuflussprinzip des § 11 EStG. Danach sind ihm die Erträge im Zeitpunkt ihres Zuflusses zuzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn ein betrieblicher Anleger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben ermittelt. Für alle anderen betrieblichen Anleger greift das Realisationsprinzip. Diesem zu Folge sind dem Investor die Erträge bereits zu dem Zeitpunkt zuzurechnen, zu dem der Anspruch auf die Ausschüttung der Erträge entsteht.54 Dies ist in der Regel der Zeitpunkt, in welchem der Fonds den Beschluss über die Ausschüttung fasst, vgl. § 12 InvStG.55 Es gilt somit: Für ausgeschüttete Erträge gelten die allgemeinen Grundsätze. Damit greifen das Realisations- oder das Zuflussprinzip. Für ausschüttungsgleiche Erträge sieht das InvStG Sonderregelungen vor.
71
Ausschüttungsgleiche Erträge sind dem Anleger nach § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG mit Ablauf des Geschäftsjahres zuzurechnen, in welchem sie von dem Fonds vereinnahmt worden sind. Dies gilt unabhängig davon, wer die Erträge auf Anlegerebene vereinnahmt. Diese Sonderregelung stellt dabei eine Ausnahme zur allgemeinen Regelung des § 11 EStG dar. Sie ist notwendig, weil der Fonds diese Erträge thesauriert und sie dem einzelnen Anleger
52 Die deutsche Finanzverwaltung möchte die Steuerbefreiung nur auf ausgeschüttete Erträge anwenden. Aus dem Gesetzeswortlaut selbst ergibt sich diese Einschränkung jedoch nicht zwangsläufig, gleichwohl § 3 Nr. 41 lit. a EStG ausschließlich Gewinnausschüttungen erfasst. Denn dem Einkommensteuergesetz ist eine Unterscheidung zwischen ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen fremd. 53 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 40. 54 Zur steuerbilanziellen Erfassung der Erträge aus Investmentfonds vgl. Petersen, DStR 2006, 1674 ff. 55 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 28. 134
A. Laufende Besteuerung
4
nicht tatsächlich zufließen. Dies gilt auch dann, wenn der Fonds selbst in ein anderes Sondervermögen, den sog. Zielfonds, investiert. In diesem Fall ist der Zufluss auf Ebene des Dachfonds für die Zurechnung maßgeblich.56 Für zertifizierte inländische und ausländische Altersvorsorgeverträge greift diese Fiktion nicht. Denn die daraus resultierenden Erträge sollen entsprechend den Prinzipien der nachgelagerten Besteuerung erst bei ihrer Auszahlung der Besteuerung unterliegen. Im Übrigen unterliegen sie auch dem persönlichen Steuersatz des Anlegers. Für sie gilt die Abgeltungsteuer nicht, weil sie nicht kraft gesetzlicher Fiktion als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren sind.
72
Durch die gesetzliche Fiktion eines Zuflusses kommt es zwingend zu Abweichungen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz, weil handelsbilanziell kein Zufluss erfolgt. Um eine nochmalige Besteuerung der Erträge bei tatsächlichem Zufluss oder bei der Veräußerung der Anteile zu vermeiden, haben betriebliche Anleger einen aktiven Ausgleichsposten zu bilden. Dieser ist spätestens bei Veräußerung der Anteile aufzulösen. Im Falle von nicht bilanzierenden Anteilseignern, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, ist eine nochmalige Erfassung der Erträge auf geeignete Weise zu verhindern. Welche das sind, lässt die Finanzverwaltung in ihrem Schreiben zu den Zweifels- und Auslegungsfragen zum InvStG jedoch offen.57 Gangbar wäre die Bildung eines Merkpostens.58
73
In der Regel wird es in der Praxis zu sog. Teilausschüttungen kommen. Solche liegen vor, wenn weder eine vollständige Ausschüttung noch eine vollumfängliche Thesaurierung vorgenommen wird, sondern einige Erträge ausgeschüttet und die restlichen thesauriert werden. Da eine Aufteilung in ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge zu aufwendig wäre, entschied sich der Gesetzgeber zu einer einheitlichen Behandlung der Zurechnung der Erträge. Es kommt damit zu keiner unterschiedlichen Zurechnung der verschiedenen Erträge.
74
Den einheitlichen Zuflusszeitpunkt der Teilausschüttungen regeln § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 InvStG. Dafür ist zu unterscheiden, ob die Teilausschüttung ausreicht, um die Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie bei Publikums-Investmentvermögen eine Kirchensteuer von 9% unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG für alle ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge einzubehalten.59 Reicht sie dafür aus, fließen die ausschüttungsgleichen Erträge dem Anleger gemeinsam mit den ausgeschütteten Erträgen zum Ausschüttungszeitpunkt zu. Sollte die Ausschüttung nicht für den Einbehalt der Kapitalertragsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer ausreichen, so werden die ausgeschütteten Erträge wie die ausschüttungsgleichen Erträge behandelt. Dafür fingiert § 2 Abs. 1 Satz 4 InvStG die Teilausschüttung als ausschüttungsgleiche Erträge, für welche wiederum die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz
75
56 57 58 59
Vgl. Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 116. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 29. Vgl. Reiche/Frotscher in Haase, InvStG, § 2 Rdn. 119. Die Finanzverwaltung geht damit in ihrem Schreiben zu den Zweifels- und Auslegungsfragen über den Gesetzestext hinaus. Denn dieser stellt ausschließlich auf den Einbehalt der Kapitalertragsteuer ab, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 4 InvStG. 135
4
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
2 InvStG greift.60 Die Beurteilung hat nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung „abstrakt“ aus Sicht des Investmentvermögens zu erfolgen, d.h. vor allem ohne Berücksichtigung etwaiger Sonderregelungen, welche beispielsweise auf Ebene des einzelnen Anlegers aufgrund von Freistellungsbescheinigungen zur Minderung der Kapitalertragsteuer führen können.61 Es gilt somit: Das Investmentsteuergesetz sieht nur einen Zurechnungszeitpunkt für den Anleger vor, da es für den Fall der Teilausschüttung bzw. Teilthesaurierung einen einheitlichen Zurechnungszeitpunkt gesetzlich vorschreibt.
4
! Praxishinweis
Reicht die Ausschüttung aus, um den genannten Steuerabzug einzubehalten, so fließen die Erträge den Steuerpflichtigen bereits mit Ausschüttung zu. Ansonsten gelten die ausgeschütteten und die ausschüttungsgleichen Erträge als zum Ende des Geschäftsjahres zugeflossen. Auswirkungen auf die Bekanntmachungspflichten des § 5 InvStG hat dies nicht. Die Ausschüttungen werden –soweit die Voraussetzungen vorliegen- nur für die Bestimmung ihres Zuflusszeitpunkts als ausschüttungsgleiche Erträge behandelt. Die Angaben nach § 5 Abs. 1 InvStG dürfen jedoch zusammen bekanntgemacht werden. Den damit verbundenen Kapitalertragsteuerabzug regelt § 7 Abs. 2 InvStG. 76
Von den Teilausschüttungen zu unterscheiden sind die sog. Zwischenausschüttungen. Sie umfassen alle Ausschüttungen, die während des noch nicht abgeschlossenen Geschäftsjahres stattfinden.
3.
Hinweise zur Gewerbesteuer
77
Gehören die Anteile an dem Fonds zu einem Betriebsvermögen, so unterliegen die Erträge grundsätzlich der Gewerbesteuer, wenn im Inland ein Gewerbebetrieb unterhalten wird. Damit unterliegen die Erträge, welche im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG oder aus selbstständiger Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG erzielt werden, nicht der Gewerbesteuer. Dies gilt auch für die Erträge aus allen Anteilen, die im Privatvermögen des Anlegers gehalten werden.
78
Auch für Zwecke der Gewerbesteuer kommen das Teileinkünfteverfahren und das Beteiligungsprivileg des § 8b KStG grundsätzlich zur Anwendung. Dabei legt § 2 Abs. 2 InvStG dessen Anwendungsbereich fest.
79
Für die Ermittlung des Gewerbeertrags sind ausgehend von dem unter Berücksichtigung der genannten Steuerbefreiungen nach den Regelungen des Einkommen- und/oder Körperschaftsteuergesetzes ermittelten steuerlichen Gewinn nach § 7 Satz 1 GewStG die in den §§ 8 und 9 GewStG enthaltenen Hinzurechnungen sowie Kürzungen zu berücksichtigen.
60 Die Fiktion des § 2 Abs. 1 Satz 4 InvStG wirkt sich auf § 7 Abs. 2 InvStG aus vgl. Lübbehüsen in Berger/Steck/ Lübbehüsen, § 2 InvStG, Rdn. 77, BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 146. 61 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 29. 136
A. Laufende Besteuerung
4
Damit ist auch für die gewerbesteuerliche Beurteilung der Erträge aus dem Investmentvermögen das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg maßgeblich. Dieses sieht vor, dass die (teilweise) Steuerbefreiung nach dem Einkommen- bzw. Körperschaftsteuergesetz für Dividenden und ihnen gleichgestellten Bezüge nur dann auf die Gewerbesteuer durchgreift, wenn der Anleger zu mindestens 15% an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
80
Liegen die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs vor, so kommt es bei betrieblichen Anlegern, die § 8b KStG nicht in Anspruch nehmen können, zu einer Kürzung des steuerpflichtigen Anteils der fiktiven Dividende nach § 9 Nr. 2 lit. a oder Nr. 7 GewStG, so dass die Erträge gar nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Ist Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes Körperschaftsteuersubjekt, so verbleibt es bei der Freistellung, so dass im Regelfall nur die 5% nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben der Gewerbesteuer unterliegen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Erträge durch ein Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind, weil diese Freistellung auch auf die Gewerbesteuer durchgreift.62
81
Liegen die Voraussetzungen hingegen nicht vor, so kommt es zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG der nach den Regelungen des Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetzes (teilweise) steuerfreien Erträge, so dass diese vollumfänglich der Gewerbesteuer unterliegen.63 Etwas anderes gilt wiederum, wenn die anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen für die ausländischen Dividenden eine Freistellung vorsehen.
82
Schwierigkeiten bereitet die Prüfung der Voraussetzungen des Schachtelprivilegs. Dies gilt schon deshalb, weil der Anleger selbst an dem Sondervermögen und nicht an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Für die Beurteilung der entscheidenden Beteiligungsgrenze von 15% kämen nach dem Transparenzprinzip nicht nur die Beteiligungshöhe des Anlegers an dem Fonds, sondern auch die Beteiligung des Fonds an der Aktiengesellschaft in Betracht, welche dem Anleger entweder vollumfänglich oder anteilig zugerechnet werden könnte.
83
Die deutsche Finanzverwaltung geht ohne weitere Begründung davon aus, dass die Erträge aus Investmentanteilen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG nicht erfüllen und somit stets eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG vorzunehmen ist.64
84
Der Bundesfinanzhof hat sich in seinem Urteil vom 03.03.201065 mit dem Thema der gewerbe-steuerlichen Hinzurechnung befasst und klarstellend festgestellt, dass die angesprochene Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschrift auch für Dividendenbezüge über Investmentvermögen maßgeblich sind. Aus seinen Äußerungen lässt sich ableiten, dass der BFH das Transparenzprinzip auch für das Schachtelprinzip anwenden möchte. Er lässt jedoch
85
62 63 64 65
Vgl. BFH v. 23.06.2010, I R 71/09, DStR 2010, 1665 ff. Zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Streubesitzdividenden vgl. Steinmüller, DStR 2009, 1564 ff. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 42. Vgl. BFH mit Urteil v. 03.03.2010, I R 109/08, DStR 2010, 1130 ff. 137
4
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
offen, wie die maßgebliche Beteiligung zu berechnen ist.66 Andere Auffassungen stellen auf das Trennungsprinzip ab.67 Danach wäre die Beteiligung des Anlegers an dem Fonds selbst für die Ermittlung der maßgeblichen Beteiligungshöhe entscheidend.68 ! Praxishinweis
Unter Berufung auf dieses Urteil sollten Anleger, die mindestens zu 15% an dem Sondervermögen beteiligt sind, welches Dividenden aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zu mindestens 15% erzielt, gegen eine Hinzurechnung der Dividende in jedem Fall Einspruch einlegen und den Steuerbescheid offen halten. Auch Anteilseigner, welche zu weniger als 15% beteiligt sind, sollten dies für die anteiligen Dividenden überlegen, welche aus den Schachtelbeteiligungen des Fonds resultieren, weil der BFH die Frage der Ermittlung der maßgeblichen Beteiligung offen gelassen hat.
4
86
Eine Freistellung der Dividenden, welche ein zu mindestens 15% am Fonds beteiligter Anleger aus einer Beteiligung an einer zu weniger als 15% bestehenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielt, ist u.E. unwahrscheinlich. Dem Transparenzprinzip folgend, soll der Anleger wie im Falle einer Direktanlage behandelt werden. Dies spricht dafür, die Beteiligung auf Ebene des einzelnen Anlegers durchzurechnen. > Beispiel
Beteiligt sich ein Anleger zu 15% an einem Fonds und dieser zu 100% an einer Kapitalgesellschaft, dürften die Voraussetzungen unter Berücksichtigung des Urteils erfüllt sein. Ist der Fonds jedoch zu weniger als 50% an der Gesellschaft beteiligt, würde eine Hindurchrechnung dazu führen, dass der Anleger keine Schachtelbeteiligung an der Gesellschaft hält. Würde eine Durchrechnung erfolgen, wäre er zu 7,5% beteiligt. Es gilt somit: Die Erträge unterliegen der Gewerbesteuer, wenn sie im Rahmen eines im Inland betrieben Gewerbebetriebs erzielt werden. Für darin enthaltenen Dividenden gewährt die deutsche Finanzverwaltung derzeit keine Kürzung nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG. Ein Einspruch sollte in Anbetracht des Urteils des BFH v. 03.03.2010 in Betracht gezogen werden. Unter welchen Bedingungen das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg erfüllt ist, ist derzeit noch unklar.
66 Vgl. Bödecker, S. 2780. 67 So stimmt Lübbehausen der in ihrem BMF-Schreiben enthaltenen Auffassung (BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 42) zu, wonach die Erträge aus Anteilen an inländischen Investmentvermögen die in § 9 Nr. 2 oder Nr. 7 GewStG genannten Voraussetzungen nicht erfüllen (vgl. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 2 InvStG, Rdn. 179). 68 Vgl. Bödecker, S. 2781. 138
A. Laufende Besteuerung
4.
Besteuerung ausländischer Einkünfte nach § 4 InvStG
a)
Allgemeines
4
§ 4 InvStG regelt alle Besonderheiten, die mit ausländischen Einkünften in Zusammenhang stehen, in vier69 Absätzen unabhängig davon, ob diese über ein inländisches oder ein ausländisches Investmentvermögen erzielt werden. Auch diese Regelung dient vornehmlich der Umsetzung des Transparenzprinzips. Ihr Ziel ist die Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch Freistellung der Einkünfte oder Anrechnung oder Abzug der ausländischen Steuern.
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Anwendung findet § 4 InvStG hauptsächlich auf Ebene des einzelnen Anlegers und zwar sowohl bei beschränkt als auch bei unbeschränkt Steuerpflichtigen. Eine der wenigen Ausnahmen ist beispielsweise der Steuerabzug nach Absatz 4, welcher nur auf Ebene des Fonds angewendet werden kann und zugleich die Steueranrechnung auf Ebene des Anlegers sperrt.70
88
Insgesamt sind fünf Anwendungsfälle denkbar, in denen eine Anwendung des § 4 InvStG möglich ist:
89
Q
Der unbeschränkt steuerpflichtige Anleger ist an einem inländischen Sondervermögen beteiligt, welches ausländische Einkünfte erzielt, oder
Q
er ist an einem ausländischen Sondervermögen beteiligt, welches aus Sicht des Sondervermögens inländische Einkünfte erzielt, oder
Q
er ist an einem ausländischen Sondervermögen beteiligt, welches ausländische Einkünfte aus einem dritten Staat erzielt, oder
Q
ein beschränkt Steuerpflichtiger ist an einem inländischen Sondervermögen beteiligt, welches Einkünfte aus dem Ansässigkeitsstaat des Anlegers realisiert, oder
Q
ein beschränkt Steuerpflichtiger ist an einem inländischen Sondervermögen beteiligt, welches ausländische Einkünfte aus Drittstaaten erzielt.
Nicht in den Anwendungsbereich fällt der Fall, dass der in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige an einem ausländischen Sondervermögen beteiligt ist, welches Einkünfte aus dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen erzielt.71
69 Der Entwurf des JStG 2010 sah einen Absatz 5 vor. Dieser Absatz sollte die Sachverhalte erfassen, in denen ein im Inland unbeschränkt steuerpflichtiger Anleger über einen ausländischen Fonds inländische Erträge erzielte. Die Beschlussfassung v. 28.10.2010, BT 679/10 v. 5.11.2010 enthält die zahlreichen damit verbundenen Änderungen des § 4 InvStG nicht mehr. Begründet wird diese Streichung mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland durch die Europäische Kommission. 70 Vgl. dazu 3.B.II.b. 71 Vgl. Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 13. Eigentlich müsste diese Aufzählung um einen Punkt erweitert werden. Da durch das JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, die Beteiligung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an einem ausländischen Fonds, welcher wiederum in Deutschland investiert, jedoch an dieser Stelle nicht als internationaler Sachverhalt i.S.d. § 4 InvStG angesehen wird, unterbleibt diese. 139
4
90
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Es gilt somit: Eine gesetzliche Gleichstellung der deutschen Anleger, die über ein ausländisches Investmentvermögen in inländische Vermögensgegenstände investieren, mit dem ausländischen Anleger erfolgte bislang nicht. 91
Dabei findet die Regelung des § 4 InvStG nur Anwendung, wenn der Fonds seinen Berichtspflichten nach § 5 InvStG nachkommt und als transparenter Fonds zu charakterisieren ist.
b)
4 92
Freistellung
§ 4 Abs. 1 InvStG sieht die Freistellung der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen ausländischen72 Einkünfte vor, wenn die Bundesrepublik Deutschland in dem mit dem Quellenstaat bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen auf ihr Besteuerungsrecht verzichtet hat.73 ! Praxishinweis
Sind Quellenstaat der Erträge und Sitzstaat des Investmentvermögens identisch, möchte die deutsche Finanzverwaltung die Freistellung nur dann gewähren, wenn das ausländische Investmentvermögen einer Besteuerung mit einem Steuersatz unterliegt, der mindestens so hoch ist, wie jener des § 23 KStG (derzeit 15%).74 Diese Auffassung der Finanzverwaltung entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage. § 4 Abs. 1 InvStG knüpft die Freistellung an die jeweilige Regelung des Abkommens und lässt keine Möglichkeit für einen switch-over zur Anrechnungsmethode. Die Auffassung ist daher ausdrücklich abzulehnen.75 93
Dabei bezieht sich die Frage, welche Erträge der Steuerpflichtige erzielt, stets auf die Fondseingangsseite und erfolgt unabhängig von der Einkünftequalifikation auf Ebene des Anlegers.76 Ihre Beantwortung ist nur unter Berücksichtigung des jeweiligen Abkommens und der einzelnen Einkünfte wie aus unbeweglichem Vermögen, aus Unternehmensgewinnen, aus Seeschifffahrt oder in Form von Dividenden möglich77, wobei nach wohl h.M.78 in Deutschland der einzelne Anleger abkommensberechtigt ist.79
72 Voraussetzung für die Inanspruchnahme von § 4 Abs. 1 Satz 1 InvStG ist, dass die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen. Was darunter zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Fraglich ist, ob damit tatsächlich ausländische i.S.d. § 34d EStG gemeint sind (vgl. Stock/Oberhofer in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 17). Es dürften darunter alle Einkünfte fallen, die nicht aus Deutschland stammen. 73 Zu § 4 Abs. 1 InvStG und ausländischen Einkünften vgl. auch Haase, IStR 2010, 170 ff. 74 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 75. 75 So auch Stock/Oberhofer in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 14. 76 Vgl. dazu die Darstellungen unter 4.A.II.b. Danach erzielt der Anleger Einkünfte i.S.d. Art. 10 OECD-MA, an welchen Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht. Ob und inwieweit Deutschland dieses wahrnimmt, hängt u.a. von der Regelung des § 4 InvStG ab. 77 Für eine detaillierte Aufzählung der möglichen Einkunftsarten sowie eine Untersuchung zur Verteilung der Besteuerungsrechte vgl. Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 49 ff. sowie Stock/Oberhofer in Berger/Steck/ Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 20 ff. 78 So auch Hammer in Blümich, § 4 Rdn. 2. 79 Zur Abkommensberechtigung von Investmentvermögen vgl. u.a. Sorgenfrei, Steuerlicher Transparenzgrundsatz und DBA-Berechtigung deutscher offener Fonds, IStR 1994, 465 ff. sowie Zinkeisen/Walter, IStR 2007, 583 ff. 140
A. Laufende Besteuerung
4
! Praxishinweis
Für die Anwendung des § 4 Abs. 1 InvStG wird der Anleger wie ein Direktanleger behandelt, so als ob er die von dem Investmentvermögen gehaltenen Wirtschaftsgüter direkt halten würde.80 Die Einkünftequalifikation des § 2 Abs. 1 InvStG wirkt sich daher nicht auf die Anwendung des § 4 Abs. 1 InvStG aus. Damit entfaltet § 4 Abs. 1 InvStG in den Fällen konstitutive Wirkung, in denen die Erträge abkommensrechtlich als Dividenden zu qualifizieren sind.81 Im Regelfall steht dem Belegenheitsstaat dabei u.a. das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen zu. 82 In Umsetzung des Transparenzprinzips ist für die Beurteilung, ob eine Schachtelbeteiligung vorliegt, die mittelbare Beteiligung der Anleger wie eine unmittelbare zu behandeln. Die maßgebliche Beteiligungshöhe ergibt sich durch das Durchrechnen der jeweiligen Beteiligungshöhe.83
94
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! Praxishinweis
Bei inländischen Investmentvermögen ist dabei das Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden, welches zwischen Deutschland und dem Quellenstaat (bzw. Belegenheits- oder Betriebsstättenstaat) besteht. Dies gilt im Grundsatz auch für Erträge aus ausländischen Investmentvermögen. Denn fallen der Sitzstaat des Investmentvermögens und der Quellenstaat der Erträge auseinander, so ist aufgrund der angestrebten Umsetzung des Transparenzgrundsatzes das mit dem Quellenstaat abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen maßgeblich.84 Dieser Auffassung folgt auch die deutsche Finanzverwaltung.85 Für die Ermittlung des Steuersatzes behält sich der deutsche Fiskus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 InvStG die Möglichkeit eines Progressionsvorbehalts offen,86 berücksichtigte bislang jedoch nicht, dass dieser innerhalb der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes nur noch eingeschränkt zur Anwendung kommt. Im Zuge des JStG 201087 erfolgte eine Anpassung an die Rechtsprechung des EuGH. § 4 Abs. 1 Satz 2 InvStG verweist nun direkt auf § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG, so dass i.d.R. nur noch sog. Drittstaatensachverhalte in die Ermittlung des besonderen Steuersatzes einzubeziehen sind. Auswirkungen kann der Progressionsvorbehalt nur bei betrieblichen Anlegern haben, die nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder eines anderen Körperschaftsteuersubjekts agieren. > Beispiel
Insbesondere freigestellte ausländische Erträge aus Immobilienfonds betrieblicher Anleger unterliegen dem Progressionsvorbehalt. Erzielt ein privater Anleger derartige Einkünfte, kommt der Progressionsvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 InvStG nicht zur Anwendung, weil er im Regelfall Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Durch die Anwendung der Abgeltungsteuer würde der Progressionsvorbehalt sich ohnehin nicht auswirken. 80 81 82 83 84 85 86
Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 75a. Vgl. Stock/Oberhofer in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 12. Vgl. Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 48, 100. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 75a. Vgl. Stock/Oberhofer in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 18. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 75. Da der Progressionsvorbehalt ausdrücklich in § 4 Abs. 1 Satz 2 InvStG enthalten ist, findet er unabhängig von den Regelungen des jeweiligen DBAs Anwendung. Die Regelung geht als lex specialis vor. Damit kann diese einen sog. treaty override darstellen, wenn das jeweilige Abkommen keinen Progressionsvorbehalt vorsieht. 87 BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010. 141
95
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Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
96
§ 4 Abs. 1 Satz 3 InvStG erklärt § 32b Abs. 1a EStG für anwendbar. Dadurch unterstehen auch die ausländischen steuerfreien Einkünfte der Organgesellschaften grundsätzlich dem Progressionsvorbehalt auf Ebene des Organträgers.
97
Die deutsche Finanzverwaltung möchte diese Freistellungsregelung nicht anwenden, wenn die ausländischen Einkünfte aus dem Sitzstaat des Investmentvermögens stammen und dort einer Besteuerung unterliegen, die weniger als 15% beträgt.88 Eine Rechtsgrundlage ist dafür nicht ersichtlich.
98
§ 4 Abs. 2 InvStG regelt die Anrechnungsmethode. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen89 kann die im Ausland festgesetzte, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer auf den Teil der inländischen Steuer angerechnet werden, welcher auf die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen ausländischen90 Erträge entfällt.
99
Eine Anrechnung der ausländischen Steuer auf die ausländischen Einkünfte ist im Inland gangbar, wenn sie nach § 34c EStG, § 26 Abs. 1 KStG oder nach dem Doppelbesteuerungsabkommen möglich erscheint. Die Einzelheiten regeln weitestgehend die allgemeinen Regelungen (§ 34c EStG, § 26 KStG), auf welche § 4 Abs. 2 Satz 4 sowie Satz 8 InvStG verweist. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen gilt die Regelung des § 32d Abs. 5 EStG unter Berücksichtigung des § 43a Abs. 3 Satz 1 EStG, wonach die auszahlende Stelle die ausländischen Steuern bereits berücksichtigen soll.
100
Für den Anrechnungshöchstbetrag ist auf die Beteiligung an dem jeweiligen Investmentvermögen und nicht auf den einzelnen ausländischen Staat abzustellen.91 Bemessungsgrundlage für die Anrechnung und damit für die des Anrechnungshöchstbetrages sind die steuerpflichtigen Erträge i.S.d. Investmentsteuerrechts, d.h. die Einnahmen abzüglich der Werbungskosten nach Verlustverrechnung. ! Praxishinweis
Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung hat daher die Begrenzung der anrechenbaren ausländischen Steuern bei Einkünfte aus Kapitalvermögen von Privatanlegern auf maximal 25% der steuerpflichtigen Erträge nach § 4 Abs. 2 Satz 8 InvStG i.V.m. § 32d Abs. 5 EStG bereits auf Ebene des Investmentvermögens zu erfolgen. Darüber hinaus soll diese Begrenzung auch Gegenstand der Bekanntmachung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. f InvStG sein.92
88 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 75. 89 Beschränkt Steuerpflichtigen steht diese Möglichkeit nicht offen. Dadurch wird der Inländerfall besser gestellt als der Ausländerfall, was einen unzulässigen Verstoß gegen die Gemeinschaftsrechte darstellt, vgl. dazu Stock/Oberhofer in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 46. 90 Auch hier bedeutet ausländisch aus einem ausländischen Staat stammend. 91 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 77a ff, sog. Gesamtheitsmethode. Es liegt also keine per-country-limitation, sondern eine all-country oder per-fundlimitation vor (vgl. Stock/Oberhofer in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 4 InvStG, Rdn. 65). 92 So die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung in ihrem BMF-Schreiben v. 01.11.2010, IV C 1, S 1980 – 1/09/10001 zur Anrechnung und zum Abzug ausländischer Steuern als Ergänzung zu dem BMF-Schreiben v. 18.08.2009, BStBl. I, 931. Dieses Schreiben enthält auch ergänzende Aussagen zur Verlustberücksichtigung. 142
A. Laufende Besteuerung
4
Auf eine Besonderheit ist in diesem Zusammenhang noch hinzuweisen: Enthalten die Ausschüttungen oder ausschüttungsgleichen Erträge auf ausländische Investmentanteile auch inländische Erträge, welche den deutschen Ertragsteuern unterlegen haben, so gelten sie für die Anrechnung als ausländische Einkünfte und die inländischen Ertragsteuern als ausländische Steuern. Nur durch diese Fiktion des § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG wird eine Berücksichtigung dieser Steuern auf Anlegerebene ermöglicht.93 Diese Fiktion gilt auch für die Anwendung des § 7 Abs. 1 InvStG.94
101
Auf Antrag ist auch ein Abzug der ausländischen Steuern nach § 34c Abs. 2 EStG möglich, es sei denn, der Anleger erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen, für welche ausschließlich die Anrechnungsmethode nach § 32d Abs. 5 EStG in Anspruch genommen werden kann. Die deutsche Finanzverwaltung gewährt jedoch auch in diesen Fällen einen Abzug, weil auf Ebene des Investmentvermögens sich der Werbungskostenabzug nach § 3 InvStG richtet und nicht durch die Regelung zum Sparer-Pauschbetrag verdrängt wird.95 Sie übersieht dabei jedoch die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 8 InvStG, welche für eine Berücksichtigung ausländischer Steuern für die Privatanleger ausschließlich § 32d EStG für anwendbar erklärt. Der Abzug wird damit nicht durch das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG, sondern durch den Ausschluss der Abzugsmethode selbst verhindert. In ihrem am 01. November veröffentlichten BMF-Schreiben hält sie an dieser Auffassung fest. Danach sei es aus Billigkeitsgründen nicht zu beanstanden, wenn auch bei Privatanlegern ein unbegrenzter Abzug erfolge.96
102
In § 4 Abs. 3 InvStG ist verankert, dass eine Anrechnung oder ein Abzug nur dann möglich ist, wenn die Einkünfte im Inland nicht steuerfrei auf Grund von § 2 Abs. 2 InvStG i.V.m. § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG oder § 2 Abs. 3 InvStG sind. Ausländische Steuern, welche auf Einkünfte entfallen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, dürfen analog zur Regelung des § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60% in Abzug gebracht werden. Anders als bei Anwendung der Regelung des § 34c Abs. 1 EStG stellt die Regelung des Investmentsteuergesetzes auf die ausländischen Steuern, welche auf im Inland steuerfreie Einkünfte entfallen, ab. Somit dürfte die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, wonach nur 60% der ausländischen Steuern auf Einkünfte, welche dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, wohl zutreffend sein. Gleichwohl i.R.d. § 34c Abs. 1 EStG eine vollumfängliche Berücksichtigung unter Beachtung des Anrechnungshöchstbetrages möglich ist.97
103
93 Der im Zuge des JStG 2010 erst angekündigte, aber dann nicht hinzugefügte Absatz 5 enthielt eine Regelung zur sog. erweiterten Anrechnung für Einkünfte i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG. Auf Antrag sollte auf diese nicht Absatz 3 angewendet und eine Anrechnung der auf diese als ausländische Einkünfte geltenden (auch fiktiven) Steuern des ausländischen Sitzstaates des Investmentvermögens auf die inländische Steuer vorgenommen werden. Darüber hinaus wäre für diese Erträge auch eine Anrechnung der inländischen Kapitalertragsteuer auf die inländische Einkommen- oder Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 EStG in Betracht gekommen. Dadurch würde die Kapitalanlage über ein ausländisches Investmentvermögen in deutsches Vermögen der über ein inländisches Sondervermögen gleichgestellt. 94 Durch diesen Verweis wird der Einbezug dieser Erträge aus ausschüttenden ausländischen Investmentvermögen in das Steuerabzugsverfahren gewährleistet (vgl. Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 205). 95 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 81. 96 Vgl. BMF-Schreiben v. 01.11.2010, IV C 1, S 1980 – 1/09/10001, Punkt 3 zur Anrechnung und zum Abzug ausländischer Steuern als Ergänzung zu dem BMF-Schreiben v. 18.08.2009, BStBl. I, 931. 97 Ebenso Haase in ders., InvStG, § 4 Rdn. 226. 143
4
4 104
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Nach § 4 Abs. 4 InvStG kann die Anrechnung oder der Abzug nach der Regelung des § 4 Abs. 2 InvStG auch auf Ebene des Fonds stattfinden, wodurch der Anspruch des Anlegers auf Berücksichtigung der ausländischen Steuern abgegolten wird. Die ausländischen Steuern stellen in diesen Fällen Werbungskosten dar, welche nach § 3 InvStG bei der Ermittlung der Erträge zu berücksichtigen sind. An dieser Stelle kommt es zielgerichtet auf die Vereinfachung der Besteuerung zu einem Durchbruch des Transparenzprinzips. Die Entscheidung für die Ausübung des Wahlrechts trifft allein der Fonds.98
III.
Besteuerung intransparenter Fonds
105
Ein intransparenter Fonds liegt vor, wenn ein Sondervermögen die Berichtspflichten des § 5 Abs. 1 InvStG überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt.99 Dadurch erscheint eine sachgerechte Umsetzung des Transparenzprinzips nicht möglich, weswegen der „schwarze Fonds“ einer Strafbesteuerung unterworfen wird.
106
Die Steuerfolgen bei fehlender Bekanntmachung regelt § 6 InvStG. Er gilt sowohl für inländische als auch für ausländische Investmentanteile, nicht aber für Spezial-Sondervermögen. Gleichwohl sind von dieser Regelung vornehmlich Beteiligungen an ausländischen Investmentvermögen betroffen, weswegen Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regelung mit den europäischen Grundfreiheiten bestehen.100
107
Für die Besteuerung der Anleger „schwarzer Fonds“ kommt in diesen Fällen eine Anwendung der §§ 2 und 4 InvStG grundsätzlich nicht in Betracht. Vielmehr findet eine Pauschalbesteuerung statt, die auf einer pauschalen Ermittlung der Einkünfte des einzelnen Anlegers basiert.101 Daneben erfasst die Besteuerung nach § 6 InvStG jedoch auch die tatsächlichen Ausschüttungen auf die Investmentanteile sowie den Zwischengewinn.
98 Wenn die anrechenbaren Steuern als Werbungskosten behandelt werden, dürfen sie auch die Einkünfte mindern, welche beim Anleger zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Folglich greift das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG nicht auf Ebene des Fonds. Denn die Abzugsmethode selbst kann u.E. keine Anwendung finden, weil § 4 Abs. 4 InvStG auch auf Abs. 2 und der wiederum auf § 32d Abs. 5 EStG verweist. Siehe dazu unter 3.B.II.b. 99 Zum Transparenzstatus eines Fonds, vgl. 4.A.I. Gleiches gilt, wenn beispielsweise eine Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen ohne Berufsträgerbescheinigung erfolgen würde. Fehlen hingegen andere Angaben wie Angaben zur Kapitalertragsteuer ausländischer Fonds oder zum KSt-Minderungsbetrag, dürfte dies nicht zum intransparenten Status führen. Eine Versagung wäre in diesen Fällen unverhältnismäßig. Vgl. dazu Wenzel in Blümich, § 6 Rdn. 17 f. 100 Vgl. u.a. Wenzel in Blümich, § 6 Rdn. 1. 101 Vgl. Gnutzmann/Welzel in Haase, InvStG, § 6 Rdn. 1. 144
A. Laufende Besteuerung
4
Obwohl die §§ 2 und 4 InvStG keine Anwendung finden, gelten die Ausschüttungen102 nach den allgemeinen Regelungen des § 2 Abs. 1 InvStG als Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die bei Privatanlegern zu Einkünften aus Kapitalvermögen und bei betrieblichen Anlegern zu Betriebseinnahmen führen, für welche eine Anwendung der § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG nicht in Betracht kommt.103
108
Diese Einkünftequalifikation und die Nichtanwendbarkeit der genannten steuerlichen Begünstigungsvorschriften gelten auch für den pauschal zu ermittelnden Mehrbetrag, der dem einzelnen Anleger nach § 6 Satz 1 InvStG zu 70% zuzurechnen ist. Seine Besteuerung dient der Erfassung der ausschüttungsgleichen Erträge, welche im Falle der Thesaurierung bei transparenten Fonds besteuert werden, jedoch bei intransparenten Investmentvermögen aufgrund fehlender Bekanntmachung der erforderlichen Daten im Falle einer Thesaurierung nicht besteuert werden können.
109
Für die Ermittlung des Mehrbetrages ist der Rücknahmepreis eines Investmentanteils oder dessen Börsen- oder Marktpreis maßgeblich, wenn der Rücknahmepreis nicht festgesetzt wird. Der Mehrbetrag berechnet sich aus der Differenz zwischen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis bzw. bekannten Börsen- oder Marktpreis.
110
4
> Beispiel:
Die Differenz zwischen dem Rücknahmepreis am 31.12. i.H.v. 250 und am 01.04. i.H.v. 200 beträgt 50 (Mehrbetrag). Somit beträgt der zu versteuernde Mehrbetrag 50*0,7=35. Zu einer Besteuerung von 70% des ermittelten Mehrbetrags kommt es gem. § 6 Satz 1 HS 2 InvStG nur dann, wenn dieser erhöht um die Ausschüttungen104 den Mindestbetrag überschreitet (Vergleichswert). Beträgt dieser hingegen weniger als 6% des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises oder Börsen- bzw. Marktpreises, so ist dem Anleger dieser Mindestbetrag abzüglich der Ausschüttungen als Mehrbetrag zuzurechnen. > Beispiel105
Angaben:
Rücknahmepreis zum 1.4. Rücknahmepreis zum 31.12. Ausschüttungen
= 99 = 100 =4
102 Für die Begriffe vgl. 4.A.II.1. 103 Gegen diese Auffassung der h.M. und der Finanzverwaltung stellen sich Büttner/Mücke in Berger/Steck/ Lübbehüsen, § 6 InvStG, Rdn. 24. Jedoch lassen sie eine Konsequenz daraus vermissen. Die Aussage, dass danach bei Privatanlegern intransparenter (Publikums)Investmentvermögen eine Besteuerung mangels klarer Regelung nicht möglich sei, erscheint zweifelhaft. 104 Für die Erfassung der Hinzurechnung der Ausschüttung ist es irrelevant, ob ein Anteilseignerwechsel stattgefunden hat, also wem diese zugeflossen sind. Alle Ausschüttungen auf die Investmentanteile sind zu berücksichtigen. Die Finanzverwaltung verdeutlicht diese Auffassung in dem nachfolgend aufgeführten Beispiel. In diesem erfolgten die Ausschüttungen i.H.v. 4 an zwei unterschiedliche Anteilseigner, weil sie einmal i.H.v. 2 vor und einmal i.H.v. 2 nach der Anteilsveräußerung stattfanden. 105 Dieses Beispiel ist dem BMF-Schreiben zu den Auslegungs- und Zweifelsfragen zum InvStG entnommen, BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 128. 145
111
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Berechnungen: Mehrbetrag (Besteuerung) = (100-99)*0,7 =0,7106 Vergleichswert =0,7+4 =4,7 Mindestbetrag =100*0,06 =6 Zurechnung =6-4 =2 Auswertung: Der Mindestbetrag findet Anwendung, weil er den Vergleichswert i.H.d. errechneten Mehrbetrags i.H.v. 70% der Differenz zuzüglich der Ausschüttungen überschreitet. Eine Zurechnung findet i.H.v. 2 statt, weil der Mindestbetrag i.H.v. 6 um die Ausschüttungen i.H.v. 4 zu mindern ist. Der Mehrbetrag beträgt damit 2.
4 112
Der auf diese Weise ermittelte Mehrbetrag gilt dem Anleger nach § 6 Satz 3 InvStG mit Ablauf des Kalenderjahres als zugeflossen. Damit haben nur Anleger den als ausgeschüttet geltenden Betrag zu versteuern, welche am Jahresende an dem Sondervermögen beteiligt sind. Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn der Fonds ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr hat und während eines Geschäftsjahres sich dessen Transparenzstatus ändert.107 Es gilt somit: Auch die Anleger eines intransparenten Fonds haben (ggf. neben den Ausschüttungen) Erträge dann zu versteuern, wenn der Fonds Thesaurierungen vornimmt. Die Konsequenzen der fehlenden oder verspäteten Bekanntmachungen haben allein die Anleger zu vertreten, weil sie nicht die Anwendung der § 2 und § 4 InvStG beanspruchen können und darüber hinaus auf ihrer Ebene eine Strafbesteuerung erfolgen kann. Eine Vermeidung dieser Strafbesteuerung kann der Anleger selbst nicht herbeiführen.
113
Betriebliche Anleger dürfen für den Mehrbetrag einen aktiven Ausgleichsposten bilden. Dieser ergibt sich aus der Multiplikation der Anteile an dem Investmentvermögen und dem errechneten Wert. Alle anderen betrieblichen Anleger, welche nicht bilanzieren, haben den Betrag bei Veräußerung der Investmentanteile zu berücksichtigen.108 Sie können beispielsweise einen Merkposten bilden. Bei Veräußerung oder Rückgabe der Anteile sind diese aufzulösen.
106 Durch diese Berechnung zeigt die Finanzverwaltung, dass für die Berechnung des Mehrbetrags nicht zwingend die gesetzlich im § 6 Satz 1 InvStG vorgeschriebene Reihenfolge einzuhalten ist. Denn die Differenz zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis würde minus 1 betragen. Fraglich ist, was passiert, wenn der Preis sinkt. Nach dem Gesetzeswortlauft würde die Differenz dann positiv sein. Materiell bedeutend ist diese Frage nicht, weil dann der Mindestwert zur Anwendung kommt. 107 Vgl. u.a. Wenzel in Blümich, § 6 Rdn. 24. Ob § 6 InvStG für das jeweilige Geschäftsjahr Anwendung findet, ist nach Wenzel davon abhängig, ob der Fonds in dem Geschäftsjahr, in welches der 31.12. fällt, als transparent oder als intransparent zu beurteilen ist. 108 Die Finanzverwaltung erlaubt die Bildung eines aktiven Abgrenzungspostens i.H.d. Mehrbetrages sowie des Auffüllungsbetrages bis zum Mindestbetrag (vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 130). Insoweit verwendet die Finanzverwaltung die Begrifflichkeiten uneinheitlich. In ihrem Beispiel benennt sie den dem Anleger zuzurechnenden Betrag selbst als Mehrbetrag, während sie hinsichtlich der Bildung des Ausgleichspostens von dem anteiligen Mehrbetrag und einem Auffüllungsbetrag bis zum Mindestbetrag spricht. Vorliegend wird ausschließlich der Begriff Mehrbetrag verwendet, weil der Mindestbetrag dem Anleger nicht zugerechnet wird. Er ist ebenso wie der Vergleichswert nur eine Hilfsgröße, die für dessen Berechnung notwendig erscheint. 146
A. Laufende Besteuerung Auch auf Ebene des intransparenten Fonds ist der Zwischengewinn zu berücksichtigen. Er ist nicht in die Ermittlung des Mindestbetrags einzubeziehen, obwohl der Gesetzestext des § 6 Satz 1 InvStG an dieser Stelle nicht eindeutig ist.109 Die steuerliche Würdigung des Zwischengewinns ist Gegenstand der Darstellung der aperiodischen Steuerfolgen unter Gliederungspunkt 4.B.
IV.
4 114
Besteuerung semitransparenter Fonds
4
Ein semitransparenter Fonds liegt vor, wenn das Sondervermögen nicht allen Verpflichtungen des § 5 Abs. 1 InvStG nachkommt, weil er nur zu den in Satz 1 Nr. 1 lit. c und/oder f InvStG genannten Sachverhalten keine Angaben macht. Ist er deswegen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 InvStG als semitransparenter, halbtransparenter bzw. als grauer Fonds zu charakterisieren, so findet für die Besteuerung seiner Anleger zwar § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG, nicht aber § 4 InvStG insoweit Anwendung.
115
Diese Einschränkung ist notwendig, weil die Angaben zu den in den ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Erträgen und/oder zu den ausländischen Steuern und den nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Erträgen fehlen. Ihr Fehlen verhindert eine sachgerechte Umsetzung des Transparenzprinzips, führt jedoch nicht zu einer Strafbesteuerung nach § 6 InvStG, sondern zur Versagung der steuerentlastenden Wirkung auf Ebene der Anleger.
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Für die Besteuerung der Anleger eines solchen „grauen Fonds“ bedeutet dies, dass eine (teilweise) Steuerfreistellung der in den ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Erträge i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG (z.B. Dividenden) sowie i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 und Satz 2 EStG (z.B. von Veräußerungsgewinnen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften) nicht möglich ist. Dieser Nachteil trifft aufgrund der Abgeltungsteuer ausschließlich betriebliche Anleger. Sie betrifft ebenfalls die Versagung der Anwendung des § 2 Abs. 2a InvStG. Dies ist auch sachgerecht, weil eine Berücksichtigung der Zinserträge im Rahmen der Zinsschrankenregelung auf Ebene des Anlegers nur möglich erscheint, wenn die Erträge auf Fondseingangsseite bekanntgemacht werden.
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Privatanleger können jedoch die Regelung des § 2 Abs. 3 InvStG nicht beanspruchen, wodurch die in den ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten in jedem Fall steuerpflichtig sind. Dies gilt auch dann, wenn sie bei transparenter Betrachtung nicht zu einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG führen würden.
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Von der Versagung der Anwendung der Regelung des § 4 InvStG sind sowohl betriebliche als auch private Anleger betroffen. Da sie nicht anwendbar ist, können die in den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen, nach einem Doppelbesteue-
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109 Vgl. Gnutzmann/Welzel in Haase, InvStG, § 6 Rdn. 129. 147
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Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
rungsabkommen steuerfreien Erträge nicht steuerfrei gestellt und die auf ausländische Erträge gezahlten Steuern weder auf die inländische Steuer angerechnet, noch (soweit möglich) von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden.110 120
Aus der Formulierung des § 5 Abs. 1 Satz 2 InvStG kann geschlussfolgert werden, dass nur diejenigen Erträge ausschließlich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG behandelt und ohne Berücksichtigung des § 4 InvStG besteuert werden, für welche die Angaben tatsächlich fehlen. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Erträge, für welche die Angaben vorhanden sind, so wie Erträge eines transparenten Fonds besteuert werden. Für diese Interpretation spricht auch die Aussage der Finanzverwaltung in ihrem Schreiben zu den Zweifels- und Anwendungsfragen des Investmentsteuergesetzes, wonach die jeweilige steuerentlastende Wirkung der entsprechenden Vorschriften gesondert in Anspruch genommen werden kann.111
121
Darüber hinaus gelten keinerlei Besonderheiten. Sind die Investmentanteile im Privatvermögen belegen, so erzielt der Anleger „fiktive“ Dividenden und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen, andernfalls Betriebseinnahmen. Ausnahmen gelten für Erträge aus Investmentanteilen, die der Altersvorsorge dienen. Die §§ 3 Nr. 40 EStG und 8b KStG finden bei Privatanlegern keine Anwendung.112
4
Es gilt somit: Anlegern eines semitransparenten Fonds droht keine Strafbesteuerung i.S.d. § 6 InvStG. Ihnen wird „lediglich“ die Anwendung der §§ 2 Abs. 2 und 3 sowie § 4 InvStG versagt, was spürbare steuerliche Folgen für sie haben kann, wenn sie bei Erfüllung der Bekanntgabepflichten durch den Fonds beispielsweise die Steuerbefreiungen in Anspruch nehmen könnten. Für die Besteuerung der Anleger gelten sowohl die Ausführungen zu den transparenten als auch zu den intransparenten Fonds. Sie finden Anwendung auf den jeweiligen Ertrag und nicht auf die gesamten Erträge aus einem Investmentvermögen. Auch die Anleger der semitransparenten Fonds können die negativen steuerlichen Folgen nicht verhindern, weil für diese ausschließlich die Handlungen des Fonds kausal sind.
V.
Quellensteuern (Kapitalertragsteuer)
122
Die für den Kapitalertragsteuerabzug zentrale Norm ist § 7 InvStG. Sie bestimmt dessen Bemessungsgrundlage für die Fälle der Ausschüttung und Thesaurierung der Erträge sowie die Rückgabe der Anteile und regelt zugleich, welche Stelle den Abzug vorzunehmen hat und ob eine Abstandnahme oder Erstattung der Kapitalertragsteuer möglich ist.
123
Die Höhe des Kapitalertragsteuerabzugs beträgt einheitlich 25% zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.
110 Eine detaillierte Aufstellung enthält auch das BMF-Schreiben zu den Zweifels- und Auslegungsfragen zum InvStG vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 94. 111 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 94. 112 Vgl. dazu die Darstellungen unter 4.A.II. 148
A. Laufende Besteuerung
4
Bei Vollausschüttung hat die auszahlende Stelle113 von den ausgeschütteten Erträgen grundsätzlich Kapitalertragsteuer einzubehalten. Die Bemessungsgrundlage besteht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvStG aus allen ausgeschütteten Erträgen i.S.d. § 2 Abs. 1 InvStG mit Ausnahme bestimmter Erträge.
124
Zu diesen Ausnahmen gehören zum einen
125
Q
die inländischen Kapitalerträge i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG wie Dividenden114 und
Q
die von inländischen Investmentgesellschaften ausgeschütteten Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von im Inland belegenen Grundstücken und den ausgeschütteten Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften mit im Inland belegenen Grundstücken,
4
weil für diese die inländische Investmentgesellschaft selbst den Steuerabzug vorzunehmen hat. § 7 Abs. 3 InvStG enthält eine entsprechende Verpflichtung, durch welche insbesondere die Steuererhebung bei beschränkt Steuerpflichtigen verbessert bzw. sichergestellt werden soll.115 Bei Thesaurierung inländischer Investmentvermögen gilt dies entsprechend. § 7 Abs. 4 InvStG enthält eine entsprechende Verpflichtung für die inländische Investmentgesellschaft für die ausschüttungsgleichen Erträge, die nicht in § 7 Abs. 3 InvStG genannt sind.116 § 7 Abs. 1 InvStG ist sinngemäß anzuwenden, so dass ein Steuerabzug beispielsweise für bestimmte, dort genannte steuerfreie Einkünfte unterbleibt. Eine Abstandnahme vom Steuerabzug ist der inländischen Investmentgesellschaft nicht möglich, weil eine Anwendung von § 44a EStG ausgeschlossen ist. Eine Ausnahme gilt nur für Spezialfonds.117 Eine Erstattung der Kapitalertragsteuer ist jedoch in den Fällen der §§ 7 Abs. 5 und 6 InvStG möglich.118 Für die Durchführung des Steuerabzugs wird die inländische Investmentgesellschaft nach 113 Es ist die Definition des § 44 Abs. 1 Satz 4 EStG maßgeblich. Danach gelten als auszahlende Stellen die inländischen Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie die inländischen Zweigstellen ausländischer Institute, wenn sie die Fondsanteile verwahren (vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 249, Patzner/Wiese in Haase, InvStG, § 7 Rdn. 1, Ramackers in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 7 InvStG, Rdn. 27). Als solche gilt auch die Kapitalanlagegesellschaft nach § 7 Abs. 8 Satz 2 InvStG, wenn sie von dem Recht der ihr erlaubten Verwahrung und Verwaltung der Investmentanteile Gebrauch macht. Diese teilweise Gleichstellung ist notwendig, weil die Kapitalanlagegesellschaft kein Kreditinstitut ist (vgl. Ramackers in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 7 InvStG, Rdn. 147). 114 Bei ausgeschütteten Dividenden von ausländischen Investmentvermögen kann dieser Fall nicht auftreten, weil diese kraft der Fiktion des § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG als ausländische Erträge gelten und sich die genannte Norm ausschließlich auf inländische Erträge bezieht. 115 Die Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvStG wurde erst im Zuge des JStG 2010, BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010, eingefügt. 116 Für die in § 7 Abs. 3 InvStG genannten gilt die Verpflichtung sowohl im Falle der Ausschüttung als auch der Thesaurierung, weil dieser die „ausgeschütteten und die ausschüttungsgleichen Erträge“ nennt. 117 Die Nichtanwendbarkeit bestimmt § 7 Abs. 4 Satz 2 InvStG, der für Spezial-Investmentvermögen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 InvStG jedoch keine Anwendung findet. 118 § 7 Abs. 4 InvStG setzt voraus, dass das Investmentvermögen von einem inländischen Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut verwahrt wird. Dieses kann bei Vorlage der notwendigen Unterlagen die Erstattung nach Maßgabe des § 44b Abs. 6 Satz 1, 2 und 4 EStG vornehmen. § 7 Abs. 6 InvStG findet bei Steuerausländern Anwendung. Dabei kann die Erstattung von der inländischen Investmentgesellschaft oder der inländischen Depotbank erfolgen. 149
126
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
§ 7 Abs. 8 Satz 1 InvStG einem inländischen Kreditinstitut gleichgestellt. Sie hat die Kapitalertragsteuer einen Monat nach ihrem Entstehen an das Finanzamt zu entrichten und eine Steueranmeldung nach einem amtlich vorgeschriebenem Datensatz auf elektronischem Wege zu übermitteln.119 Es gilt somit: Der Kapitalertragsteuerabzug wird entweder von der auszahlenden Stelle oder von der inländischen Investmentgesellschaft durchgeführt. Die Pflichten der inländischen Investmentgesellschaft enthält § 7 Abs. 3 und 4 InvStG für den Fall der Ausschüttung und Thesaurierung. Thesauriert eine ausländische Investmentgesellschaft Erträge, erfolgt kein Kapitalertragsteuerabzug, weil sie nicht vom deutschen Gesetzgeber dazu verpflichtet werden kann.
4
127
128
Zum anderen zählen zu den in § 7 Abs. 1 Nr. 1 InvStG genannten Ausnahmen bestimmte auf Ebene des Anlegers steuerfreie Einkünfte wie beispielsweise Q
die Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und Bezugsrechten auf Anteile aus Kapitalgesellschaften und aus Termingeschäften i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG120 sowie
Q
aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten i.S.d. § 2 Abs. 3 InvStG und
Q
steuerfreie Erträge i.S.d. § 4 Abs. 1 InvStG wie beispielsweise ausländische Mieteinkünfte.
Die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug der auszahlenden Stelle setzt eine Bekanntmachung der Mussangaben sowie der entsprechenden Besteuerungsgrundlagen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 lit. c Buchst. bb, gg, hh und ii InvStG voraus. Es gilt somit: Grundsätzlich unterbleibt nur für die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. b InvStG genannten ausgeschütteten Erträge i.S.d. § 2 Abs. 1 InvStG ein Kapitalertragsteuerabzug, wenn die Investmentgesellschaft die entsprechenden Angaben bekannt gemacht hat, weil diese Erträge nach § 2 Abs. 3 oder § 4 InvStG steuerfrei sind. Über diese Ausnahme hinaus kann der Steuerabzug nur im Zuge der Abstandnahme unterbleiben.
129
Ebenfalls dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen der Zwischengewinn und die Ausschüttungen i.S.d. § 6 InvStG eines intransparenten Fonds, und zwar unabhängig von ihrer Zusammensetzung. ! Praxishinweis
Hinsichtlich des Zwischengewinns ist bislang ungeklärt, ob auch bei einer Zwischengewinnpauschalierung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 InvStG Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist. Nach h.M. in der Literatur wird dies aus Gründen der Praktikabilität verneint, was zur Besteuerung im Wege der Veranlagung führt.121 Im Zuge der Strafbesteuerung des § 6 InvStG kommt es ferner nur zu einem Kapitalertragsteuerabzug bei den Ausschüttungen, nicht aber 119 Vgl. Gnutzmann/Welzel in Haase, InvStG, § 6 Rdn. 99 ff. 120 Dies gilt, wenn die Anteile oder das Termingeschäft vor dem 1. Januar 2009 angeschafft bzw. abgeschlossen worden sind. Diese Regelung wurde im Zuge der Unternehmenssteuerreform 2008 angepasst, da die dort aufgeführten Erträge für Privatanleger nicht mehr steuerfrei sind, sondern unabhängig von der Spekulationsfrist der Abgeltungsteuer unterliegen. 121 Vgl. Patzner/Wiese in Haase, InvStG, § 7 Rdn. 84. 150
A. Laufende Besteuerung
4
bei dem Mehrbetrag (bzw. der Differenz zum Mindestbetrag). Diese Beträge sind bei Beteiligungen an inländischen Investmentvermögen i.R.d. Veranlagung im Jahr des fingierten Zuflusses und bei der an ausländischen Investmentvermögen i.R.d. nachholenden Besteuerung122 zu versteuern.123 Bei Thesaurierung ausländischer Investmentvermögen hingegen greift die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 InvStG. Da der deutsche Fiskus den Auslandsfonds nicht zum Einbehalt deutscher Kapitalertragsteuern verpflichten kann, können von den thesaurierten Erträgen erst bei Rückgabe oder Veräußerung der Anteile Kapitalertragsteuern von der auszahlenden Stelle einbehalten werden. Bemessungsgrundlage sind die dem Anleger als nach dem 31.12.1993 zugeflossen geltenden, aber noch nicht dem Steuerabzug unterworfenen Erträge. Diese hat der Fonds grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvStG bekannt zu machen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so muss die auszahlende Stelle sie selbst ggf. im Wege der Schätzung ermitteln.124 Dahingehend unterliegen die ausgeschütteten Erträge bei Beteiligung an einem ausländischen Investmentvermögen dem Kapitalertragsteuerabzug.
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4
Es gilt somit: Für Erträge aus ausländischen Investmentanteilen kann nur bei Ausschüttung ein Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen werden. Bei Rückgabe oder Veräußerung der Anteile wird er für die thesaurierten Erträge nachgeholt (sog. nachholender Steuerabzug)125.
Bei Teilausschüttung ist nach § 7 Abs. 2 InvStG die Kapitalertragsteuer auf den Gesamtbetrag der ausschüttungsgleichen und der ausgeschütteten Erträge von dem ausgeschütteten Betrag einzubehalten. Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 4 InvStG zu betrachten, wonach der Fonds als vollthesaurierend gilt, wenn der ausgeschüttete Betrag nicht für den Einbehalt der gesamten Kapitalertragsteuer reicht. Je nachdem, ob der Betrag reicht, findet entweder § 7 Abs. 1 InvStG (Regelungen zur Ausschüttung) oder bei einer inländischen Investmentgesellschaft § 7 Abs. 4 InvStG (Regelung zur Thesaurierung) Anwendung.
122 Zu einer nachholenden Besteuerung kommt es im Zuge des Verkaufs oder der Rückgabe der Anteile nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG. 123 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 138. 124 Kommt die ausländische Investmentgesellschaft der Verpflichtung nach, kann sich die auszahlende Stelle an den Veröffentlichungen orientieren. Sie kann nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung auf die im WM-Datenservice hinterlegten Daten für das vorangegangene Fondsgeschäftsjahr zurückgreifen, wenn eine Veräußerung oder Rückgabe der Anteile vor Veröffentlichung der neuen Werte erfolgt. Sie hat dann grundsätzlich von den ausschüttungsgleichen Erträgen des letzten Jahres in gleicher Höhe auszugehen. Alternativ kann auch ein Schätzwert ermittelt werden. Er entspricht 6% des zum Ende des Geschäftsjahres festgesetzten Rücknahmepreises oder Börsen- bzw. Marktpreises. Kommt der Fonds der Verpflichtung zur Bekanntmachung nicht nach, kann nur dieser Wert angesetzt werden. Vgl. dazu BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 139. 125 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn.138. 151
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4 132
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer kann nach § 7 Abs. 7 InvStG nach den Regelungen des § 36 Abs. 2 EStG oder § 50d EStG126 auf die inländische Steuer angerechnet werden, wenn der Steuerpflichtige die geforderte Steuerbescheinigung i.S.d. § 45a Abs. 2 und 3 EStG vorlegen kann. Die auszahlende Stelle bzw. die inländische Investmentgesellschaft ist zu deren Ausstellung auf Verlangen des Steuerpflichtigen nach § 44a Abs. 2 EStG verpflichtet. ! Praxishinweis
4
Für Privatanleger soll die Kapitalertragsteuer abgeltende Wirkung entfalten. Dies folgt aus dem Verweis des § 7 Abs. 1 Satz 2 InvStG auf § 43 Abs. 5 EStG.127 Dementsprechend sind die Erträge, von denen kein Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen wurde, nach § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG in die Veranlagung der Anleger einzubeziehen. Für betriebliche Anleger stellt die Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG lediglich eine Vorauszahlung auf ihre Steuerschuld dar. 133
Für den Kapitalertragsteuerabzug der auszahlenden Stelle finden nach § 7 Abs. 1 Satz 2 InvStG128 die Regelungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 EStG entsprechend Anwendung. Danach erfolgt ein Abzug i.H.v. 25% durch die auszahlende Stelle. Gleichzeitig ist diese durch die sinngemäße Anwendung des § 43 Abs. 2 Satz 3 bis 8 EStG befugt, bei bestimmten ausgeschütteten Erträgen i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 3 bis 8 EStG, welche beispielsweise körperschaftsteuerpflichtigen Subjekten oder natürlichen Personen im Betriebsvermögen zufließen, vom Kapitalertragsteuerabzug abzusehen. Dies gilt beispielsweise für ausländische Dividenden oder Veräußerungsgewinne auf Aktien, die wie bisher im Rahmen der Veranlagung und nicht durch einen Quellensteuerabzug ohne Abgeltungswirkung besteuert werden sollen.129 Diese Erträge i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 5 InvStG sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1
126 Die Berücksichtigung niedrigerer Quellensteuersätze nach einem Doppelbesteuerungsabkommen für ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge, hat nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung das Bundeszentralamt für Steuern vorzunehmen. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 161. 127 Vgl. Ebner/Helios, S. 1566. 128 Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung finden auf Grund dieses Verweise Anwendung: § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG mit der Abstandnahme vom Einbehalt bei Personenidentität und Interbankenverkehr, § 43a Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem Einbehalt vom vollen Bruttobetrag sowie § 43a Abs. 3 EStG hinsichtlich der Abzugsfähigkeit nicht nur des gezahlten Zwischengewinns (nicht aber des Ersatzwertes), sondern auch hinsichtlich der Verlustverrechnung, § 44 EStG mit seinen Sondervorschriften zum Einbehalt und der Abführung der Kapitalertragsteuer und der Haftung der auszahlenden Stelle, § 44a EStG mit den Fällen der Abstandnahme vom Steuerabzug wegen eines Freistellungsauftrags (§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG), der NVBescheinigung für nicht steuerbefreite Personen (§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG), der NV-Bescheinigung für steuerbefreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 44a Abs. 4 EStG) und der Bescheinigung für Dauerüberzahler (§ 44a Abs. 5 EStG), § 44b Abs. 5 EStG mit dem Verfahren zur Korrektur der Kapitalertragsteuer-Anmeldung, § 45a EStG mit der Verpflichtung zur Abgabe von Kapitalertragsteuer-Anmeldungen und Ausstellung von Kapitalertragsteuer-Bescheinigungen, vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 142. Für eine detaillierte Darstellung zu diesen Regelungen vgl. Patzner/Wiese in Haase, InvStG, § 7 Rdn. 32 ff. 129 Mit diesem Wortlaut ausdrücklich in der Gesetzesbegründung zum JStG 2010 begründet, vgl. Begründung zu Artikel 6 (Änderung des Investmentsteuergesetzes), Nr. 4 zu Doppelbuchstabe bb. 152
A. Laufende Besteuerung
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Nr. 1 lit. d Buchst. cc InvStG von der Investmentgesellschaft bekannt zu machen. Bei Privatanlegern kann sie nur dann von einem Steuerabzug absehen, wenn diese der auszahlenden Stelle einen Freistellungsauftrag i.S.d. § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG erteilen.130 Es gilt somit: Eine Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug ist der auszahlenden Stelle (u.a.) für bestimmte betriebliche Erträge nach § 43 Abs. 2 Satz 3 EStG möglich. Zu diesen gehören beispielsweise ausländische Dividenden sowie bestimmte Veräußerungsgewinne i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG. Bei Privatanlegern ist Voraussetzung ein Freistellungsauftrag.
4
Des Weiteren finden für Einkünfte aus Kapitalvermögen § 32d Abs. 5 EStG und § 43a Abs. 3 Satz 1 EStG nach § 7 Abs. 1 Satz 3 InvStG sinngemäß Anwendung, weswegen die auszahlende Stelle die ausländischen Steuern bereits im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs zu berücksichtigen hat. Durch diese Regelungen soll eine unterjährige Anrechnung ausländischer Steuern ermöglicht werden, die zugleich unnötige Steuerveranlagungen vermeidet.131 Betrieblichen Anlegern steht nur die Möglichkeit der Anrechnung im Wege der Veranlagung (§ 34c EStG, § 26 KStG) offen, da für sie keine vergleichbare Regelung vorgesehen ist.
134
Es gilt somit: Eine Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug bei betrieblichen Anlegern ist nur der auszahlenden Stelle, nicht aber der inländischen Investmentgesellschaft möglich. Nimmt die inländische Investmentgesellschaft den Abzug vor, so besteht nur die Möglichkeit der Erstattung nach § 7 Abs. 5 und 6 InvStG.
Eine Erstattung der Kapitalertragsteuer ist nach § 7 Abs. 5 Satz 1 InvStG unter entsprechender Anwendung des § 44b Abs. 6 Satz 1, 2 und 4 EStG für die ausgeschütteten Erträge i.S.d. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvStG aus der Vermietung und Verpachtung von im Inland belegenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie den Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften inländischer Grundstücke und die Erträgen i.S.d. § 7 Abs. 4 InvStG möglich.132 Diese Erstattung hat im Regelfall die Depotbank vorzunehmen, wenn sie das Investmentvermögen verwahrt. Sie steht ihr nur bei betrieblichen Anlegern offen.
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Dies gilt für die ausschüttungsgleichen Erträge i.S.d. § 7 Abs. 4 InvStG nach § 7 Abs. 6 Satz 1 InvStG auch dann, wenn der Investmentanteil eines ausländischen Anlegers von einem inländischen Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG verwahrt wird.
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130 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 142. 131 Vgl. Patzner/Wiese in Haase, InvStG, § 7 Rdn. 89. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung beträgt die anrechenbare Steuer 25% der Summe der nach Verlustverrechnung verbleibenden ausländischen Einkünfte (vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 77a). 132 Hinsichtlich der Erträge aus Vermietung und Verpachtung ist die Erstattungsmöglichkeit nur systemgerecht, denn bei der Direktanlage ist nach § 43 EStG ein Kapitalertragsteuerabzug selbstverständlich nicht vorgesehen, weil § 21 EStG nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Die Einführung des Kapitalertragsteuerabzugs für Vermietungseinkünfte und Veräußerungsgewinne bei Grundvermögen im Fall der Fondsanlage, die durch das JStG 2010 erstmals eingeführt wurde, ist daher systemwidrig und sollte wieder aufgegeben werden. 153
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
137
Verwahrt diesen Anteil jedoch ein ausländisches Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut, so hat die inländische Investmentgesellschaft dem im Inland nicht ansässigen Anleger die Kapitalertragsteuer zu erstatten. Davor hat sie sich jedoch von dem ausländischen Institut versichern zu lassen, dass der Anleger im Inland nicht ansässig ist.
138
Für die Erträge i.S.d. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvStG gilt dies nur dann, wenn der Anleger eine innerhalb eines Mitgliedsstaates der EU oder des EWR gegründete oder ansässige, den inländischen Pensionskassen133 vergleichbare Gesellschaft ist, wobei ihre Ansässigkeit im EWR darüber hinaus ein Amtshilfeabkommen zwischen Deutschland und dem Staat, in dem sich ihre Geschäftsleitung und ihr Sitz befindet, verlangt.
4
Es gilt somit: Durch die genannten Anpassungen im Zuge des JStG 2010134 soll das bislang geltende, schwierige Erstattungsverfahren vereinfacht werden.
VI.
Ermittlung der Zinserträge für die Zinsschrankenregelung
139
Für die Anwendung der Zinsschrankenregelung des § 4h EStG ist vor allem die Höhe des Zinssaldos maßgeblich. Unterschreitet dieser die maßgebliche Freigrenze von derzeit 3 Mio. Euro, so findet die Zinsschranke auf Ebene des jeweiligen Betriebs keine Anwendung. Daher kann es für den einzelnen Steuerpflichtigen von enormer wirtschaftlicher Bedeutung sein, bei entsprechend hohen Zinsaufwendungen hinreichend Zinserträge zu realisieren, welche den Zinssaldo mindern.135
140
Ohne eine Sonderregelung im Investmentsteuergesetz würde die in § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG enthaltene Fiktion, welche alle Erträge des Anlegers den Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gleichstellt,136 auf Ebene des betrieblichen Anlegers eine Verwirklichung von Zinserträgen grundsätzlich verhindern, selbst wenn der Fonds Zinserträge vereinnahmt.
133 Der Gesetzestext verlangt, dass es sich um eine Gesellschaft handelt, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes gegründeten Gesellschaft i.S.d. Artikels 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung innerhalb eines dieser Staaten und der Körperschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG vergleichbar ist. 134 BR-Drs. 679/10 v. 26.11.2010. 135 Für weitere Ausführungen vgl. 3.V. 136 Die Qualifikation der Einkünfte als solche i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist aus § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG abgeleitet. An dieser Stelle ist der Gesetzestext nicht eindeutig. Würde man jedoch dieser Einordnung nicht folgen, so würde die Regel-Ausnahme des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 InvStG zum Teileinkünfteverfahren und zum Beteiligungsprivileg des § 8b KStG keinen Sinn machen. Die Finanzverwaltung verwirrt jedoch mit ihrer Aussage, dass der Anleger entweder Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder Gewinneinkünfte erzielt (vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 36a). Es ist nicht ersichtlich, was sie mit dieser Aussage bezweckt. Unabhängig von der Frage, ob der betriebliche Anleger nun Gewinneinkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG oder „besondere Beteiligungseinkünfte“ erzielt, gelten die vereinnahmten Zinserträge für Zwecke der Anwendung der Zinsschranke als Zinserträge des betrieblichen Anlegers. Dies ist in Anbetracht des Transparenzprinzips auch sachgerecht. 154
4
B. Aperiodische Besteuerung Um diese für den Steuerpflichtigen ungünstige Situation aufzulösen und die Anlage über ein Sondervermögen mit der Direktanlage gleichzusetzen, hat der Gesetzgeber § 2 Abs. 2a InvStG eingefügt. Danach sind bei dem Steuerpflichtigen die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge, welche aus Zinserträgen i.S.d. § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG stammen, beim Anleger für die Anwendung der Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG als Zinserträge zu berücksichtigen. Der Höhe nach gilt dies jedoch nur für die Erträge, d.h. für die Einnahmen vermindert um die direkt zuordenbaren und anteiligen Werbungskosten, und nicht für die Bruttoeinnahmen.137
141
Voraussetzung für diese Berücksichtigung ist jedoch, dass der Fonds die Erträge, welche er aus Kapitalforderungen jeder Art erzielt, entsprechend nach § 5 Abs. 1 Satz 1 InvStG veröffentlicht.
142
B.
Aperiodische Besteuerung
B.
Im nachfolgenden Abschnitt werden die aperiodischen Steuerfolgen dargestellt, welche aus der Beteiligung an einem Investmentvermögen folgen. Sie werden für die Phasen des Erwerbs, des Haltens und des Verkaufs der Anteile abgebildet.
I.
4
143
Erwerb der Anteile an dem Sondervermögen
Bei Erwerb der Beteiligung haben betriebliche Anleger die Anteile mit ihren Anschaffungskosten138 zu bilanzieren, wenn diese zu deren Betriebsvermögen gehören.139 Durch den Kauf der Anteile ist die Realisierung eines Zwischengewinns möglich.140 Die in der Kaufabrechnung enthaltenen Angaben zu dem Aktien- und Immobiliengewinn sind für weitere Berechnungen vorzumerken.141 ! Praxishinweis:
Das Transparenzprinzip, auf welchem das Investmentsteuergesetz basiert, wirkt sich nicht auf die Bilanzierung der Anteile aus. Diese werden wie Anteile an Kapitalgesellschaften und nicht wie solche an Personengesellschaften bilanziert, weil sie steuerlich als Wirtschaftsgut betrachtet werden.
137 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 36b. 138 Die Anschaffungskosten umfassen nach § 255 Abs. 1 HGB auch die Anschaffungsnebenkosten wie den Ausgabeaufschlag. 139 Es ist grundsätzlich sowohl eine Zuordnung zum Umlauf- wie auch zum Anlagevermögen möglich. Maßgeblich für diese ist, ob die Anteile dauernd dem Betrieb dienen sollen oder nur vorübergehend. 140 Eine Aktivierung des Zwischengewinns als eigenes Wirtschaftsgut kommt nicht in Betracht. 141 Für weitere Einzelheiten vgl. Punkt 5. 155
144
4
Kapitel 4:
II.
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Halten der Anteile an dem Sondervermögen
145
Unterliegen die Anteile während ihres Haltens einer Wertminderung, so kann für betriebliche Anleger eine Teilwertabschreibung in Betracht kommen. Eine steuerliche Berücksichtigung dieser Wertminderung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur möglich, wenn es sich um eine dauerhafte Wertminderung handelt. Dem Transparenzprinzip folgend ist für die Beurteilung dieser Frage auf die einzelnen Wirtschaftsgüter abzustellen, in welche der Fonds investiert.
146
Investiert der Fonds beispielsweise in börsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften, so liegt eine dauerhafte Wertminderung nach Auffassung der Finanzverwaltung bei dem Anlagevermögen dann vor, wenn der Kurswert zum aktuellen Bilanzstichtag um mehr als 40% unter die Anschaffungskosten gesunken ist oder um mehr als 25%, sofern dies auch an dem vorangegangenen Bilanzstichtag der Fall war. Werterhellende Tatsachen sind bis zur Aufstellung der Bilanz zu berücksichtigen.
147
Bei Anteilen, welche dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind, kommt eine Teilwertabschreibung auch dann in Betracht, wenn der niedrigere Kurswert bis zum Bilanzstichtag anhält.142 Der Höhe nach darf die Abschreibung maximal auf den höchsten Rücknahmepreis der Anteile in dem zu betrachtenden Zeitraum erfolgen.143 Ist Anleger eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes Körperschaftsteuersubjekt, so sind die Abschreibungen nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG dem Gewinn außerbilanziell hinzuzurechnen. Bei allen anderen betrieblichen Anlegern sind sie unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens zu 40% dem steuerlichen Gewinn wieder hinzuzurechnen. Das Wertaufholungsgebot ist zu beachten. Die aus einer möglichen Zuschreibung resultierenden Einnahmen unterliegen auf Ebene einer Körperschaft nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG zu 5% der Besteuerung und in allen anderen Fällen zu 60%. Wertobergrenze sind die historischen Anschaffungskosten. Wertminderungen derjenigen Wirtschaftsgüter, welche zu ausländischen Erträgen i.S.d. § 4 Abs. 1 InvStG führen, dürfen das Einkommen gem. § 8 Abs. 2 InvStG nicht mindern. Sie führen zur Entstehung eines negativen Aktiengewinns. Privatanlegern steht wegen § 20 Abs. 9 EStG kein Werbungskostenabzug zu.
4
III.
Verkauf der Anteile an dem Sondervermögen
148
Die steuerlichen Folgen bei Verkauf der Anteile sind im § 8 InvStG enthalten, welcher (u.a.) den sog. Aktiengewinn für betriebliche Anleger gesetzlich regelt. Seine Ermittlung und Besteuerung ist Gegenstand des Kapitels 5, worauf hier verwiesen wird.
149
Die Rücknahme bzw. der Verkauf der Anteile führt bei betrieblichen Anlegern zur Auflösung der gebildeten Abgrenzungsposten bzw. bei nicht bilanzierenden Anlegern zur Verrechnung der Erlöse mit den gebildeten Merkposten. 142 Vgl. dazu BMF-Schreiben v. 26.03.2009, BStBl. I, 514. 143 Vgl. Verfügung der OFD Rheinland v. 08.05.2009, S-1980-1001-St 2. 156
B. Aperiodische Besteuerung Die Besteuerung der Veräußerung des Anteils richtet sich nach den Regelungen des § 8 InvStG und den allgemeinen Regelungen der §§ 20 und 23 EStG.
4 150
Es gilt somit: § 8 InvStG gilt im Falle der Veräußerung oder Rückgabe der Anteile für alle Anleger, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dem Investmentvermögen um einen transparenten, intransparenten oder semitransparenten Fonds sowie um in- oder ausländisches Investmentvermögen handelt. In § 8 Abs. 1 bis 4 InvStG sind die steuerlichen Folgen für betriebliche Anleger, der sog. Aktiengewinn, in Abs. 5 die für private Anleger geregelt. Absatz 6 schreibt den Kapitalertragsteuerabzug für die Schlussbesteuerung nach Absatz 5 vor.
4
! Praxishinweis
Eine detaillierte Regelung der steuerlichen Folgen bei betrieblichen Anlegern enthält die Norm des § 8 InvStG somit nicht. Sie regelt ausschließlich den sog. Aktien- und Immobiliengewinn, so dass darüber hinaus die allgemeinen Regelungen Anwendung finden.144 Gleichwohl erfasst der Kapitalertragsteuerabzug nach § 8 Abs. 6 InvStG auch die Erträge betrieblicher Anleger.145 Der Privatanleger erzielt gem. § 8 Abs. 5 InvStG im Zuge der Veräußerung des Anteils Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG unabhängig davon, ob es sich um einen transparenten, semi- oder intransparenten Fonds handelt oder welche Rechtsform dieser hat. Diese sind um die Anschaffungskosten des Anlegers zu mindern. Darüber hinaus sind die bereits steuerwirksam gewordenen Ereignisse während der Besitzzeit des Anlegers zu berücksichtigen, wodurch sowohl eine Doppelbegünstigung als auch eine Doppelbelastung verhindert wird.
151
So ist der gezahlte Zwischengewinn beispielsweise von den Anschaffungskosten abzuziehen, weil dieser bereits anspruchsmindernd geltend gemacht wurde, und der erhaltene Zwischengewinn vom Veräußerungserlös zu kürzen, weil dieser bereits als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert wurde. Vom Veräußerungsgewinn selbst sind beispielsweise die bereits versteuerten ausschüttungsgleichen Erträge abzuziehen, wobei die darauf entfallenden Steuern hinzuzurechnen sind. Ebenfalls abzuziehen sind die bereits versteuerten Erträge i.S.d. § 6 InvStG mit Ausnahme der darin enthaltenen Ausschüttungen, d.h. nur die ausschüttungsgleichen Erträge, sowie die in dem Veräußerungsgewinn enthaltenen aufgedeckten stillen Reserven, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei wären.146
152
! Praxishinweis
Damit sind insbesondere die anteiligen Veräußerungsgewinne auf die in dem Investmentvermögen enthaltenen Immobilien (bzw. für die auf diese entfallenden stillen Reserven) nicht auf Ebene des Anlegers zu versteuern, weil sie 144 Bei diesen Einkünften handelt es sich dann um Betriebseinnahmen, für die die § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG keine Anwendung finden. Vgl. dazu Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 InvStG Rdn. 126 f. 145 Unter den in § 8 Abs. 6 Satz 3 InvStG genannten Bedingungen kann jedoch vom Kapitalertragsteuerabzug abgesehen werden. Die Voraussetzungen sind auch in dem BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 196d aufgeführt. So unterbleibt ein Steuerabzug beispielsweise für betriebliche Anleger in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 Satz 3 bis 8 EStG. 146 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 196a enthält eine vollständige Auflistung. 157
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
als laufende Gewinne aufgrund der Regelungen des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens nicht zu versteuern wären (unter Anwendung des § 4 Abs. 1 InvStG, sog. Immobiliengewinn). Die deutsche Finanzverwaltung wendet für die Ermittlung des Anteils den von der Investmentgesellschaft veröffentlichten Prozentsatz an.147 Diesen hat sie nach § 5 Abs. 2 InvStG für die Anwendung der § 8 Abs. 1 bis 4 InvStG zu veröffentlichen, d.h. für die Ermittlung des Immobiliengewinns auf Ebene der betrieblichen Anleger. 153
Das Vorgesagte gilt in den Fällen nicht, in denen die Anleger aus dem Investmentvermögen Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 (Riester) oder Nr. 5 (Rürup) EStG erzielen, die also der Altersvorsorge dienen.
154
Auf den Veräußerungsgewinn finden weder die Normen des § 3 Nr. 40 EStG oder die des § 8b KStG noch die des § 17 EStG Anwendung. Vielmehr unterliegen diese Gewinne aus der Veräußerung ebenso wie diejenigen, welche der Anleger durch die Rückgabe seines Anteils erzielt, der Abgeltungsteuer. Dieser Gewinn unterliegt grundsätzlich nach § 8 Abs. 6 InvStG dem Steuerabzug auf Ebene der auszahlenden Stelle.148 Werden die Anteile direkt der Kapitalanlagegesellschaft bzw. der Investmentaktiengesellschaft zurückgegeben, so hat diese nach § 8 Abs. 6 Satz 4 InvStG den Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen. Ist kein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut in den Verkauf involviert, so sind die Einkünfte in die Veranlagung einzubeziehen.
4
! Praxishinweis
Da es sich bei den Anteilen an den Investmentvermögen nicht um Aktien handelt, wendet die Finanzverwaltung den besonderen Verlustverrechnungskreis des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG nicht an.149 155
Die nachfolgende Übersicht zeigt die Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf.150
147 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 196a. 148 Eine Abstandnahme ist nur möglich, wenn der private Anleger einen Freistellungsauftrag oder eine Nichtverlagungsbescheinigung i.S.d. § 44a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG vorlegt. 149 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 196b. 150 Die Abbildung ist Büttner/Mücke in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 8 InvStG, Rdn. 201 entnommen. Das BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. enthält in der Anlage 6 ebenfalls ein Berechnungsschema. 158
B. Aperiodische Besteuerung 1. Schritt
4
Veräußerungs- oder Rückgabepreis (abzgl. der in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen
2. Schritt ./. Anschaffungskosten (inklusive Anschaffungsnebenkosten) 3. Schritt +
Zwischengewinn bei Erwerb (negative Einnahmen)
§ 8 V 2
4. Schritt ./. Zwischengewinn bei Verkauf/Rückgabe
§ 8 V 2
5. Schritt ./. Besitzzeitanteilige ausschüttungsgleiche Erträge
§ 8 V 3
4
6. Schritt ./. Während der Besitzzeit gem. § 6 InvStG versteuerten Erträge, soweit keine Ausschüttungen 7. Schritt +
Besitzzeitanteilige Ausschüttungen ausschüttungsgleicher Erträge
8. Schritt +
Aus dem Investmentvermögen gezahlte Kapitalertragsteuer und auslän- § 8 V 3 dische Steuer (ggf. gekürzt um einen Ermäßigungsanspruch)
9. Schritt +
Ausgeschüttete Alt-Veräußerungsgewinne
10. Schritt ./. Besitzzeitanteiliger DBA-Gewinn =
§ 8 V 4
§ 8 V 5 § 8 V 6
Bemessungsgrundlage
Der betriebliche Anleger erzielt Betriebseinnahmen. Für ihn gelten die Regelungen zum Aktien- und Immobiliengewinn, auf welche verwiesen wird.151
IV.
156
Zwischengewinn
Eine besondere Stellung im Rahmen der Besteuerung der Privatanleger152 bei Investition über eine Investmentgesellschaft nimmt der Zwischengewinn ein. § 1 Abs. 4 InvStG definiert diesen als das Entgelt, für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Q
Einnahmen des Investmentvermögens i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b sowie § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG, soweit sie zu den ausschüttungsgleichen Erträgen i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG gehören, sowie für die angewachsenen Ansprüche des Investmentvermögens auf derartige Einnahmen; die Ansprüche sind auf der Grundlage des § 20 Abs. 2 des EStG zu bewerten;
Q
Einnahmen aus Anteilen an anderen Investmentvermögen, soweit darin Erträge des anderen Investmentvermögens i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b sowie des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG, soweit sie zu den ausschüttungsgleichen Erträgen i.S.d Abs. 3 Satz 3 gehören, enthalten sind;
151 Vgl. hierzu unter Kapitel 5. 152 Ursprünglich wurde der Zwischengewinn eingeführt, damit Privatanleger die Zinsen und Zinssurrogate nicht durch die (steuerfreie) unterjährige Veräußerung der Anteile steuerfrei vereinnahmen können. Durch die Abschaffung der Spekulationsfrist und die grundsätzliche Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen durch den neu geregelten § 20 Abs. 2 EStG hätte diese Regelung aufgehoben werden können (vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 64). 159
157
4
158
4
Kapitel 4:
Besteuerung der Fondsausgangsseite (Anlegerebene)
Q
Zwischengewinne des Investmentvermögens;
Q
zum Zeitpunkt der Rückgabe oder Veräußerung des Investmentanteils veröffentlichte Zwischengewinne oder stattdessen anzusetzende Werte für Anteile an anderen Investmentvermögen, die das Investmentvermögen hält.
Der Zwischengewinn entsteht bei unterjährigem Verkauf oder Rückgabe der Anteile an dem Investmentvermögen. Seine Berücksichtigung zielt auf die Erfassung und die unterjährige Besteuerung von Zinserträgen und Zinssurrogaten ab, die auf Fondseingangsseite während eines Geschäftsjahres erzielt werden. Für den Privatanleger stellt der gezahlte Zwischengewinn bei unterjährigem Ankauf der Anteile negative Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, wenn der Fonds einen Ertragsausgleich durchführt.153 > Beispiel
Erwerb von Anteilen am 28.12., gezahlter Zwischengewinn pro Anteil i.H.v. 3,50, Ausschüttungsgleiche Erträge bei Thesaurierung am 31.12. pro Anteil i.H.v. 3,55, so betragen die Erträge bei Berücksichtigung des Zwischengewinns 0,05 pro Anteil. 154 159
Betriebliche Anleger aktivieren diesen Zwischengewinn als Anschaffungskosten. Der erhaltene Zwischengewinn gehört zum Veräußerungserlös.
160
Nach § 5 Abs. 3 InvStG hat die Investmentgesellschaft den Zwischengewinn bewertungstäglich zu ermitteln und zusammen mit dem Rücknahmepreis zu veröffentlichen.155 Kommt sie dieser Verpflichtung nicht nach, so gelten 6% des Entgelts für die Rückgabe oder die Veräußerung des Investmentanteils als Zwischengewinn. Die Strafbesteuerung greift zeitanteilig, weswegen der ermittelte Wert durch 360 Tage zu dividieren und anschließend mit der Zahl an Tagen, an welchen der Anleger tatsächlich an dem Fonds beteiligt war, zu multiplizieren ist. Diese Regelung zur Veröffentlichung und Strafbesteuerung findet keine Anwendung, wenn es sich um inländisches Spezial-Investmentvermögen i.S.d. § 112 oder § 113 InvG oder um den inländischen Single- oder Dach-Hedgefonds vergleichbare ausländische Investmentvermögen handelt.
161
Der Zwischengewinn gehört gem. § 2 Abs. 1 InvStG bei privaten Anlegern zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 5 InvStG gilt er als Einnahmen aus der Veräußerung und Rückgabe des Investmentanteils, weswegen er den Anlegern gemeinsam mit diesen zuzurechnen ist. Der Zwischengewinn unterliegt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvStG der Kapitalertragsteuer. Derzeit ungeklärt ist, ob dies auch für den pauschal ermittelten Zwischengewinn gilt.156
153 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 21a. 154 Vgl. BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 21a. 155 Ist der Zwischengewinn negativ, so hat sie einen Betrag von Null zu veröffentlichen, den tatsächlichen Betrag jedoch in einer Schattenrechnung fortzuführen (vgl. Wenzel in Blümich, § 1 Rdn. 68). 156 Vgl. dazu die Darstellungen unter 4.A.V. 160
5
Kapitel 5: Sonderfragen A.
Der sog. Aktien- bzw. Immobiliengewinn
I.
Überblick
A.
Der sog. Aktiengewinn, der in § 8 InvStG sowie in teilweise § 5 Abs. 2 InvStG geregelt ist, ist 1 eine außerbilanzielle Korrekturgröße für in der Hauptsache betriebliche Investoren mit unmittelbarer Wirkung auf die effektive Steuerbelastung. Der korrespondierende Immobiliengewinn hat seit der Abgeltungsteuer besondere Bedeutung erlangt, weil er seitdem erstmals auch für das Privatvermögen gilt, vgl. § 8 Abs. 5 Satz 6 InvStG.1 Unter dem Aktiengewinn2 werden im Allgemeinen die realisierten und nicht realisierten 2 Wertsteigerungen aus Anteilen, die zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen (etwas verkürzt als „Aktien“ bezeichnet), sowie daraus resultierende Erträge („Dividenden“) verstanden, soweit diese noch nicht dem Anleger zugerechnet worden sind.3 Es handelt sich um den Teil des Gewinns aus der Veräußerung oder der Rückgabe von 3 Investmentanteilen, der für den einkommensteuerpflichtigen betrieblichen Anleger (z.B. Gesellschafter von gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaften oder Einzelunternehmer) zu 40% und für den körperschaftsteuerpflichtigen betrieblichen Anleger (z.B. Kapitalgesellschaften) zu 95% steuerfrei ist. Der Rest des Gewinns ist entsprechend steuerpflichtig. Der Aktiengewinn umfasst im Wesentlichen noch nicht ausgeschüttete oder als zugeflossen geltende („ausschüttungsgleiche“) Dividenden sowie realisierte und nicht realisierte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Unter dem sog. Immobiliengewinn versteht man analog zum Aktiengewinn im Wesentli- 4 chen im Rücknahmepreis enthaltene, dem Anleger noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen aus Veräußerungsgewinnen aus ausländischen Immobilien bzw. aus Wertsteigerungen ausländischer Immobilien sowie laufende Miet- oder Pachterträge aus ausländischen Immobilien (jeweils unter Geltung eines DBA mit Freistellungsmethode4). Die DBA-Freistellung wird im Hinblick auf das besondere Besteuerungsregime des InvStG durch § 4 InvStG abgesichert. Es gilt somit: Der Aktien- bzw. Immobiliengewinn ist eine außerbilanzielle Korrekturgröße für im Grundsatz betriebliche Anleger, die in Aktien oder ausländische Immobilien investieren.
1 2 3 4
Vgl. Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 336. Zum negativen Aktiengewinn speziell Bickert/Schick, BB 2006, 1999 ff. Vgl. Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 2. Das ist der Regelfall bei ausländischen Immobilien, vgl. Art. 6 OECD-MA. 161
F. Haase, K. Brändel, Investmentsteuerrecht, DOI 10.1007/978-3-8349-6689-6_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
5
5
Kapitel 5:
II.
Sonderfragen
Zwecksetzung
5 Ohne die besonderen Regelungen über den Aktiengewinn würden bei Ausschüttung bzw.
Thesaurierung steuerbegünstigte Ertragsbestandteile bei Realisierung durch die Rückgabe der Anteilsscheine im Betriebsvermögen voll steuerpflichtig werden. Mit anderen Worten würde der betriebliche Anleger bei der Veräußerung der Fondsanteile Gewinne und Erträge aus Aktien voll versteuern und Verluste aus Aktien vollständig absetzen können. Dies soll unter anderem deshalb verhindert werden, um den betrieblichen Anleger gegenüber einer Direktanlage nicht zu benachteiligen.5
5
6 Entsprechend gilt für den Immobiliengewinn: Ohne die besonderen Regelungen hierzu
würde der betriebliche Anleger bei der Veräußerung der Fondsanteile Gewinne und Erträge aus nach einem DBA steuerfreien Erträgen aus ausländischen Immobilien vollständig versteuern, was einen erheblichen Nachteil gegenüber der Direktanlage bedeuten würde. Es gilt somit: Ohne die besonderen Regeln über den Aktien- bzw. Immobiliengewinn wäre eine Investition über einen Investmentfonds hinsichtlich der Anlage in Aktien oder DBA-steuerbefreite ausländische Immobilien nicht wettbewerbsfähig.
III.
Steuerliche Behandlung
1.
Regelungsinhalt
7 Nach § 8 Abs. 1 InvStG sind auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von
Investmentanteilen im Betriebsvermögen § 3 Nr. 40 EStG, § 8b KStG, § 4 Abs. 1 InvStG und § 19 REIT-Gesetz anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anleger noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf bereits realisierte oder noch nicht realisierte Gewinne aus der Beteiligung des Investmentvermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören (sog. positiver Aktiengewinn). 8 Korrespondierend bestimmt § 8 Abs. 2 InvStG, dass auf Vermögensminderungen inner-
halb des Investmentvermögens beim Anleger § 3c Abs. 2 EStG und § 8b KStG anzuwenden sind, soweit die Vermögensminderungen auf Beteiligungen des Investmentvermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Entsprechend dürfen Vermögensminderungen, die aus Wirtschaftsgütern herrühren, auf deren Erträge § 4 Abs. 1 InvStG anzuwenden ist, das Einkommen nicht mindern (sog. negativer Aktiengewinn)6. 5 6 162
Zutreffend Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 27. Ausführlich dazu Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 38 ff.; zur steuerlichen Behandlung des negativen Aktiengewinns vgl. ferner Schick/Bickert, BB 2006, 1999 ff.
A. Der sog. Aktien- bzw. Immobiliengewinn
5
Es gilt somit: Der Aktiengewinn kann positiv und negativ sein.
Vom Aktiengewinn erfasste, begünstigte Wertpapiere7 sind insbesondere GmbH-Anteile, 9 Stamm- und Vorzugsaktien, eigenkapitalähnliche Genussrechte, Aktiengewinne aus Beteiligungen an Zielfonds sowie daraus resultierende Erträge (Gewinnausschüttungen, realisierte und unrealisierte Kursgewinne und ausgeschüttete bzw. thesaurierte Erträge aus Beteiligungen an Zielfonds). Nicht erfasst und begünstigt sind hingegen fremdkapitalähnliche Genussrechte, Aktienindex-Zertifikate, Aktien- und Wandelanleihen sowie Aktienoptionen. Der Aktiengewinn gilt bei thesaurierenden Fonds fiktiv als am Geschäftsjahresende zu- 10 geflossen. Ertragsbestandteile, die in ausschüttungsgleichen Erträgen enthalten sind (z.B. Dividenden), sind aus dem Aktiengewinn wieder heraus zu rechnen. Bei ausschüttenden Investmentfonds erfolgt die Ergebniszurechnung am Ausschüttungsstichtag. Bei Spezialfonds gilt die Sonderregel, dass der Zufluss bereits am Tag des Ausschüttungsbeschlusses erfolgt. Auch hier ist der Aktiengewinn um die in der Ausschüttung enthaltenen Dividenden und Kursgewinne zu vermindern. Nur unrealisierte Kursgewinne sowie thesaurierte Veräußerungsgewinne werden nicht gekürzt. Es gilt somit: Der Aktiengewinn gilt je nach Fonds entweder am Geschäftsjahresende, am Ausschüttungsstichtag oder am Tag der Beschlussfassung über die Ausschüttung als zugeflossen.
Der Aktien- bzw. Immobiliengewinn wird allein auf Fondsebene ermittelt. Die Regeln über 11 den Werbungskostenabzug in § 3 Abs. 3 InvStG haben darauf keinen Einfluss.
2.
Anwendungsvoraussetzungen
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvStG ist § 8 Abs. 1 bis 4 InvStG ist nur anzuwenden, wenn die 12 Investmentgesellschaft bewertungstäglich den positiven oder negativen Prozentsatz des Wertes des Investmentanteils ermittelt, der auf die in den Einnahmen aus der Veräußerung enthaltenen Bestandteile i.S.d. § 8 InvStG entfällt (Aktiengewinn) und (bei Publikumsfonds) mit dem Rücknahmepreis veröffentlicht.8 Die Regelung betrifft nur betriebliche Anleger, für Privatanleger gilt allein die Vorschrift 13 des § 8 Abs. 5 InvStG. Neben den allgemeinen Berichts- und Veröffentlichungspflichten des § 5 Abs. 1 InvStG, denen sich die Investmentgesellschaft ohnehin unterwerfen muss, damit der Fonds als transparenter Fonds gilt, muss deshalb darüber hinaus der Aktiengewinn bewertungstäglich ermittelt und veröffentlicht werden, damit § 8 InvStG Anwendung findet. Für die Anwendung der begünstigenden Regelungen der §§ 3 Nr. 40 EStG, 8b KStG und § 4 Abs. 1 InvStG ist daher die Einstufung als transparenter Fonds alleine nicht ausreichend. 7 8
Zur Ermittlung des Aktiengewinns instruktiv Bacmeister in Haase, InvStG, § 5 Rdn. 175 ff. Ausführlich dazu Bacmeister in Haase, InvStG, § 5 Rdn. 153 ff. 163
5
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
14 Die Verpflichtung der Investmentgesellschaft (statt des Anlegers) zur Ermittlung des Akti-
engewinns ist unmittelbar nachvollziehbar, denn der Anleger selbst hat keinerlei Informationen oder Handhabe, sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen. 15 Der Aktiengewinn pro Investmentanteil darf sich durch den An- und Verkauf von Invest-
5
mentanteilen nicht ändern, § 5 Abs. 2 Satz 2 InvStG. Damit ist die Durchführung des Ertragsausgleichsverfahrens i.S.d. § 9 InvStG für die Aktiengewinnermittlung zwingend vorgeschrieben, während die Durchführung des allgemeinen Ertragsausgleichs weiterhin im alleinigen und freien Ermessen der Investmentgesellschaft steht. „Ertragsausgleich“ bedeutet insoweit, dass bei der Ausgabe bzw. Rücknahme von Fondsanteilen der Aktiengewinn pro Fondsanteil konstant gehalten wird. ! Praxishinweis
Der Fonds hat den Aktiengewinn als Prozentsatz auszuweisen. Der (besitzzeitanteilige)9 Aktiengewinn für den Anleger ergibt sich dann aus der Differenz zwischen dem am Tag des Kaufs bzw. Verkaufs auf den Kauf- bzw. Verkaufspreis angewendeten, jeweils vom Fonds ausgewiesenen Prozentsatz. 16 Die Investmentgesellschaft ist an ihre bei der erstmaligen Ausgabe der Anteile getroffene
Entscheidung, ob sie den Aktiengewinn ermittelt oder davon absieht, gebunden, § 5 Abs. 2 Satz 3 InvStG. Mithin handelt es sich bei der Entscheidung, ob der Aktiengewinn ermittelt wird, um ein Wahlrecht der Investmentgesellschaft, dessen Ausübung oder Nichtausübung unmittelbare steuerliche Konsequenzen für den Anleger zeitigt. Nur für Spezialfonds sieht § 15 Abs. 1 Satz 2 InvStG eine Pflicht zur Ermittlung des Aktiengewinns vor (allerdings ohne Veröffentlichungspflicht, dazu sogleich).10 17 § 4 Abs. 1 InvStG, d.h. die regelmäßig für ausländische Immobilienerträge vorgesehene
DBA-Freistellung, ist nach § 5 Abs. 2 Satz 4 InvStG nur anzuwenden, wenn die Investmentgesellschaft den entsprechenden Teil des Aktiengewinns bewertungstäglich veröffentlicht. Es gilt somit: Die begünstigenden Regeln über den Aktien- bzw. Immobiliengewinn sind nur anzuwenden, wenn der nämliche Aktien- bzw. Immobiliengewinn bewertungstäglich ermittelt und veröffentlicht wird (Wahlrecht der Investmentgesellschaft). Bei Spezialfonds muss der Aktien- bzw. Immobiliengewinn zwingend ermittelt werden.
3.
Jüngere Rechtsprechung
18 Bekanntlich war dem Gesetzgeber bei der Umstellung vom Anrechnungsverfahren zum
Halbeinkünfteverfahren seinerzeit der Fehler unterlaufen, dass § 8b KStG für Auslandsbeteiligungen bereits im Jahr 2001, für Inlandsbeteiligungen jedoch erst ab dem Veranlagungszeitraum 2002 anwendbar war. 9
Der alte Streit, ob der Aktiengewinn besitzzeitanteilig oder allein prozentual auszuweisen ist, war durch das EURLUmsG beigelegt worden, vgl. Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 25 f. 10 Es steht zu vermuten, dass die Verpflichtung in praxi auch kontrolliert und mit Zwangsgeldern durchgesetzt wird, vgl. Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 237. 164
A. Der sog. Aktien- bzw. Immobiliengewinn
5
Da unter Geltung des Anrechnungsverfahrens im Grundsatz eine steuerliche Verlustbe- 19 rücksichtigung aus ausländischen Aktien möglich war, bedeutete die zeitliche Verschiebung im Ergebnis eine Diskriminierung von unmittelbaren und mittelbaren Auslandsbeteiligungen.11 Entsprechend wertete der EuGH12 dies als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 63 AEUV13. Die Auswirkungen des Urteils sind aufgrund der Sonderregel in § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG indes i.d.R. begrenzt. Basierend hierauf entschied der BFH am 28.10.200914, dass die im Veranlagungszeitraum 20 2001 bestehende Beschränkung des Abzugsverbots auf negative Aktiengewinne, die auf Beteiligungen von Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhten, gegen Art. 63 AEUV verstieß. 15
Derzeit ist zudem beim BVerfG ein Normenkontrollverfahren über die Frage anhängig, 21 ob der durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz16 angefügte § 43 Abs. 18 KAGG a.F. insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG) verstieß, als darin die rückwirkende Anwendung des gleichzeitig angefügten § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen angeordnet worden war und dies zur Folge hatte, dass Teilwertabschreibungen auf Anteile an Aktienfonds den steuerlichen Gewinn auch des Veranlagungszeitraums 2002 nicht mehr mindern durften. Der Streitgegenstand ist mithin derselbe wie in dem entschiedenen BFH-Urteil, jedoch bezogen auf einen anderen Veranlagungszeitraum. Grund für das angestrengte Normenkontrollverfahren ist insbesondere, dass die Anwen- 22 dung des negativen Aktiengewinns rückwirkend auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen ausgedehnt worden war. Inwieweit diese rückwirkende Steuergesetzänderung, die von Seiten des Gesetzgebers lediglich als Klarstellung deklariert wurde, einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält, wird sich daher erst erweisen müssen. ! Praxishinweis:
Betroffenen Anlegern und ihren Beratern ist zu empfehlen, unter Berufung auf die jüngere EuGH-Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen Einspruch einzulegen. KAG sollten eine Anpassung des Aktiengewinns in Erwägung ziehen. Es gilt somit: Die Beschränkung des Abzugsverbots auf negative Aktiengewinne, die auf Beteiligungen von Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhten, ist für den Veranlagungszeitraum 2001 für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt worden.
11 Vgl. hierzu und insbesondere zu § 40a KAGG a.F. sowie zur Historie des Aktiengewinns in diesem Zusammenhang Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 Rdn. 11 ff., 20 ff. 12 EuGH vom 22.1.2009, C-377/07 (Rechtssache STEKO Industriemontage GmbH). 13 Vormals Art. 57 EG. 14 BFH-Urteil vom 28.10.2009, Az.: I R 27/08, BFH/NV 2010, 545 ff. und dazu Mühlhaus, GmbH-StB 2010, 64 ff. 15 Az. beim BVerfG: 1 BvL 5/08 auf Vorlage des FG Münster vom 22.2.2008. 16 Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (BGBl. I 2003, 2840). 165
5
5
Kapitel 5: B.
B.
Sonderfragen
Ertragsausgleich
23 Das InvStG enthält in seinem § 9 eine Sonderbestimmung zum sog. Ertragsausgleich. Da-
5
nach stehen den in den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen einzelnen Beträgen im Sinne der §§ 2 und 4 InvStG sowie der anrechenbaren oder abziehbaren ausländischen17 Quellensteuer die hierauf entfallenden Teile des Ausgabepreises für ausgegebene Anteilscheine gleich. Die Durchführung eines Ertragsausgleichs bedeutet mithin, dass bei der Ausgabe bzw. Rücknahme von Fondsanteilen die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge und die anrechenbaren oder abziehbaren ausländischen Quellensteuern je Fondsanteil konstant gehalten werden.18 Ohne den Ertragsausgleich würde es bei Mittelzuflüssen zu einer zu geringen und bei Mittelabflüssen zu einer zu hohen Ausschüttung je Fondsanteil kommen.19 24 Der Ertragsausgleich hat zwar keine Auswirkung auf den Rücknahmepreis, jedoch bedarf es
dennoch der Regelung des § 9 InvStG, weil die allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen keinen Ertragsausgleich vorsehen. Die Sonderbestimmung zum Ertragsausgleich bewirkt damit im Ergebnis, dass die steuerliche Behandlung des Ertragsausgleichs im Einklang mit der investmentrechtlichen Rechnungslegung erfolgen kann. Die Grundlage für den Ertragsausgleich bildet insofern § 43 Abs. 4 Nr. 6 InvG. Gesetzlich geregelt ist ausschließlich der positive Ertragsausgleich, d.h. der im Falle der Ausgabe neuer Anteile zu berechnende Ertragsausgleich. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass bei der Rückgabe von Anteilen ein entsprechender negativer Ertragsausgleich zu berechnen ist.20 ! Praxishinweis
Der Ertragsausgleich gibt die Höhe des Ertragsvermögens eines Fondsanteiles an. Somit wird beim Kauf von Fondsanteilen durch einen Anleger der Ertragsausgleich dem Ertragsvermögen zugebucht. Der Rest aus Rechenwert minus Ertragsausgleich wird in das Barvermögen (Anlagevermögen) gebucht. Dabei wird zwischen ordentlichem und außerordentlichem Ertragsausgleich unterschieden. Der ordentliche Ertragsausgleich stellt jenen Betrag dar, den ein Anleger anstelle der anteilig bereits erwirtschafteten Zinsen, Zinsansprüche und Dividenden entrichtet. Der außerordentliche Ertragsausgleich entspricht dem Anteil der bereits realisierten Kursgewinne. 25 Ob und wie der Ertragsausgleich durchgeführt wird, steht im Ermessen der Investment-
gesellschaft. Bei inländischen Fonds ist der Ertragsausgleich der Regelfall. Bestimmte Vorschriften setzen indes die Anwendung eines Ertragsausgleichs voraus. So bestimmt etwa § 2 Abs. 5 InvStG, dass negative Kapitalerträge aus Zwischengewinnen beim Anleger nur berücksichtigt werden dürfen, wenn das Investmentvermögen einen Ertragsausgleich durchführt.21 § 9 Satz 2 InvStG n.F. stellt in diesem Zusammenhang korrespondierend klar, dass
17 Zum Ertragsausgleich bei ausländischen Investmentvermögen vgl. Höring, DStZ 2010, 84 ff.; zum Ertragsausgleich im Allgemeinen Schmitt, DStR 2010, 1610 ff. sowie Pätsch/Fischer/Krause, DStR 2009, 2646 ff. 18 Schönbach in Haase, InvStG, § 9 Rdn. 1. 19 Dazu instruktiv und mit Beispielen Heller, DStZ 2003, 261 ff. 20 Schönbach in Haase, InvStG, § 9 Rdn. 3. 21 So auch BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 21a. 166
B. Ertragsausgleich
5
der Ertragsausgleich auch bei der Ermittlung des Zwischengewinns zu berücksichtigen ist. Dies ist erforderlich, um auch in Bezug auf den Zwischengewinn Schwankungen in der Höhe der dem Anleger bei der Veräußerung zuzurechnenden Zinserträge zu vermeiden. Wird im Einzelfall das Ertragsausgleichsverfahren von dem Investmentvermögen ange- 26 wandt, regelt § 9 InvStG umfassend die steuerlichen Folgen. Die in den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Ertragsausgleichsbeträge sowie der auf die anrechenbare oder abziehbare ausländische Quellensteuer entfallende Ertragsausgleich teilen das steuerliche Schicksal der ihnen zugrunde liegenden Erträge.22 > Beispiel
Anleger A zeichnet am 1.1.01. einen Anteil an einem Fonds i.H.v. 50,- €. Bis zum 30.6.01 soll der Fonds annahmegemäß Zinsen i.H.v. 1,50 € erwirtschaftet haben. Der Anleger B zeichnet am 1.7.01 denselben Fonds zu 51,50 €. Es wird entsprechend ein Zwischengewinn23 von 1,50 € ausgewiesen und von der Investmentgesellschaft nach § 5 InvStG bekannt gemacht. Die 1,50 € werden in den Ertragsausgleich eingestellt. Am 2.7.01 soll der Fonds annahmegemäß thesaurieren. Als steuerlicher Ertrag wird 1,50 € je Fondsanteil ausgewiesen. Ohne den Ertragsausgleich wären jedoch nur 0,75 € (d.h. der tatsächliche Ertrag) je Fondsanteil auszuweisen. Ertragsausgleichsbeträge auf thesaurierte Erträge des Investmentvermögens sind nur in 27 dem gleichen Umfang wie gewöhnliche ausschüttungsgleiche Erträge nach § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG steuerbar. Steuerlich wird der Ertragsausgleich, soweit er z.B. auf vorgetragene Zinsen entfällt, daher so wie die vorgetragenen Zinsen behandelt, d.h. er wird als steuerpflichtig, aber bereits versteuert angesehen, so dass bei der Verwendung zur Ausschüttung dieses Ertragsausgleichs keine (weitere) Steuerpflicht auf Anlegerebene ausgelöst wird.24 Es gilt somit: Der Ertragsausgleich (§ 9 InvStG) ist notwendig, um das Verhältnis von Wertpapier- und Ertragsvermögen innerhalb des Fonds beim Handel von Anteilen zu stabilisieren.
22 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 198. 23 Zum Zusammenspiel von Zwischengewinn und Ertragsausgleich vgl. Schönbach/Welzel, IStR 2009, 675 ff. 24 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff., Rdn. 199. 167
5
5
Kapitel 5: C.
Sonderfragen
C.
Dachfonds
I.
Begriff/Zielsetzung
28 Sog. Dachfonds25 (fund-of-fund) investieren nicht in Immobilien, Aktien oder andere
5
Wertpapiere, sondern in andere Fonds (sog. Zielfonds). Dabei handelt es sich – abhängig von der jeweiligen Anlagestrategie – um unterschiedliche Zielfonds (z.B. Aktien-, Renten-, Geldmarkt-, Immobilienfonds usw.). Eine Legaldefinition des Begriffs „Dachfonds“ sehen InvG und InvStG nicht vor.26 29 Der Grundgedanke eines Dachfonds ist es, das Vermögen in verschiedenen anderen Fonds
anzulegen, um das Risiko durch eine Streuung in verschiedene Fonds zu minimieren. Statt selbst Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Optionsscheine für das eigene Fondsvermögen zu erwerben, beteiligt sich ein Dachfonds daher an bereits bestehenden Investmentfonds. Es ist aber möglich und in der Praxis auch üblich, dass sich ein Dachfonds neben seiner Beteiligung an einem Zielfonds auch um eigene Investments kümmert, die direkt in den möglichen Anlageklassen vorgenommen werden. ! Praxishinweis
Da jeder Fonds, auch der Dachfonds, den Anleger Gebühren kostet, fallen im Vergleich zu der Direktanlage in den Zielfonds unnötige Gebühren an. Außerdem ist ein Dachfonds weniger transparent als ein Einzelfonds. Ein Dachfondsmanager hat auch keinen direkten Einfluss auf die Anlagepolitik der gehaltenen Zielfonds. Immerhin dürfen beim Erwerb von Anteilen an Investmentfonds, die direkt oder indirekt von derselben KAG oder einer Gesellschaft verwaltet werden, mit der die KAG durch eine wesentliche unmittelbare oder mittelbare Beteiligung verbunden ist, die KAG oder die andere Gesellschaft für den Erwerb und die Rücknahme keine Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge berechnen, vgl. § 50 Abs. 2 InvG. Die Gebührenverdopplung beschränkt sich damit im Wesentlichen auf die sog. Weichkosten des Fonds (z.B. Depotgebühren). 30 Ein Dachfonds darf terminologisch und rechtlich nicht mit einem sog. Umbrella-Fonds
verwechselt werden, der selbst kein Sondervermögen darstellt. Vielmehr steht die Bezeichnung Umbrella-Fonds für eine bestimmte rechtliche Konstruktion, die aus mindestens zwei verschiedenen Unterfonds besteht. Nur die Unterfonds sind Investmentfonds im rechtlichen Sinne. ! Praxishinweis
Ein Umbrella-Fonds bietet für den Anleger den Vorteil, dass er innerhalb der verschiedenen Unterfonds jederzeit tauschen (sog. Switchen) kann, ohne erneut einen Ausgabeaufschlag zu bezahlen. Es fallen allerdings unterschiedlich hohe Tauschgebühren an.
25 Dazu ausführlich Ackert/Füchsl in Haase, InvStG, § 10 Rdn. 466 ff. 26 Zur steuerlichen Behandlung von Dachfonds vgl. Ammelung/Lindauer, NWB Fach 3, 14025-14032 (21/2006) sowie Ebner, BB 2005, 290 ff. 168
C. Dachfonds
5
Es gilt somit: Dachfonds sind selbstständige Sondervermögen, die in andere Sondervermögen investieren. Für den Anleger hat dies insbesondere den Vorteil der Risikostreuung.
II.
Investmentrechtliche Vorgaben
Auch wenn der Begriff des Dachfonds investmentrechtlich nicht legaldefiniert ist, gibt es 31 dennoch für Dachfonds Anlagehöchstgrenzen beim Erwerb von Anteilen an Investmentvermögen. Nach § 61 Satz 1 InvG darf die KAG in Anteilen an einem einzigen Investmentvermögen nach Maßgabe des § 50 Abs. 1 InvG nur bis zu 20 Prozent des Wertes des Sondervermögens anlegen. In Anteilen an Investmentvermögen nach Maßgabe des § 50 Abs. 1 Satz 2 InvG darf die KAG insgesamt nur bis zu 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens anlegen, § 61 Satz 2 InvG. § 50 Abs. 1 Sätze 1, 2 InvG bestimmen insoweit Folgendes: Die KAG kann für Rechnung 32 eines Sondervermögens Anteile an inländischen Sondervermögen i.S.d. §§ 46 bis 65 InvG, Anteile an Investmentaktiengesellschaften i.S.d. § 96 Abs. 3 InvG und EG-Investmentanteile27 erwerben. Anteile an anderen inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften so- 33 wie ausländische Investmentanteile, die keine EG-Investmentanteile sind, können nur erworben werden, sofern (1) diese nach Rechtsvorschriften zugelassen wurden, die sie einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterstellen und ausreichende Gewähr für eine befriedigende Zusammenarbeit zwischen den Behörden besteht, (2) das Schutzniveau des Anlegers dem Schutzniveau eines Anlegers in einem inländischen Sondervermögen i.S.d. §§ 46 bis 65 InvG gleichwertig ist und insbesondere die Vorschriften für die getrennte Verwahrung der Vermögensgegenstände, die Kreditaufnahme, die Kreditgewährung und Leerverkäufe von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten den Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG28 gleichwertig sind, (3) die Geschäftstätigkeit Gegenstand von Jahres- und Halbjahresberichten ist, die es erlauben, sich ein Urteil über das Vermögen und die Verbindlichkeiten, die Erträge und die Transaktionen im Berichtszeitraum zu bilden und (4) die Anteile dem Publikum ohne eine Begrenzung der Zahl der Anteile angeboten werden und die Anleger das Recht zur Rückgabe der Anteile haben. Anteile an inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften, EG-Invest- 34 mentanteile und ausländische Investmentanteile dürfen nach § 50 Abs. 1 Satz 3 InvG nur erworben werden, wenn nach den Vertragsbedingungen oder der Satzung der KAG, der Investmentaktiengesellschaft oder der ausländischen Investmentgesellschaft insgesamt 27 Vgl. dazu das Merkblatt (2008) der BaFin für Anzeigen von EG-Investmentanteilen zum öffentlichen Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland nach § 132 des InvG, im Internet abrufbar unter: http://www. bafin.de/cln_152/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Merkblaetter/mb__080107__anzeigeinvest,templat eId=raw,property=publicationFile.pdf/mb_080107_anzeigeinvest.pdf. 28 Vgl. auch die Änderungsrichtlinien 2001/107/EG und 2001/108/EG vom 21.01.2002 zur EU-Investmentrichtlinie 85/611/EWG (Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, sog. OGAW-Richtlinie) vom 20.12.1985 sowie die dazu ergangenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. 169
5
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
höchstens 10 Prozent des Wertes ihres Vermögens in Anteilen an anderen inländischen Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften oder ausländischen Investmentvermögen angelegt werden dürfen. 35 Nach Art. 2, Art. 3 Nr. 1 der BaFin-Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß
§ 4 Abs. 2 InvG vom 14.12.2004 gilt ferner die allgemeine Mindestanlagegrenze von 51%, m.a.W., der Dachfonds muss mindestens 51% seines Vermögens in andere Fonds investieren, um als Dachfonds bezeichnet oder als solcher vertrieben werden zu dürfen. Es gilt somit: Die §§ 46 ff. InvG bzw. die Rundschreiben der BaFin enthalten, gesondert nach Anlageklassen, Vorgaben für Mindest- und Höchstanlagen, die auch von Dachfonds zu beachten sind.
5
III.
Steuerliche Aspekte
1.
Transparenzprinzip
36 Das maßgebende Prinzip des Investmentsteuerrechts ist das Transparenzprinzip: Die Be-
steuerung erfolgt im Grundsatz erst auf Anlegerebene, und die steuerlichen Auswirkungen sollen sich gegenüber der Direktanlage nicht unterscheiden.29 37 Für Beteiligungen an Dachfonds gelten insofern keine Besonderheiten, man spricht vom
sog. doppelten Transparenzprinzip.30 „Doppelt“ deshalb, weil die Bekanntgabe- und Veröffentlichungspflichten des § 5 InvStG sowohl auf der Ebene der Zielfonds als auch auf der Ebene des Dachfonds erfüllt werden müssen, damit für den Anleger die §§ 2, 4 InvStG anwendbar sind. 38 Die Frage, ob die Anforderungen des § 5 InvStG erfüllt sind oder nicht, ist für jeden Ziel-
fonds gesondert auf dessen Ebene zu beantworten. Insbesondere findet keine Infektion anderer Fonds in der Weise statt, dass ein an sich transparenter Zielfonds aufgrund eines anderen, intransparenten Zielfonds selbst zu einem intransparenten Zielfonds würde. Auch hinsichtlich des Dachfonds selbst findet keine steuerliche Infektion statt. > Beispiel
Ein Dachfonds ist an den Zielfonds A und B beteiligt. Zielfonds A erfüllt die Anforderungen nach § 5 InvStG, Zielfonds B nicht. Die Erträge aus den Zielfonds werden im Dachfonds gebündelt und bei den Anlegern besteuert. Auf die Erträge aus dem Zielfonds A sind hierbei die begünstigenden Regeln der §§ 2, 4 InvStG anwendbar, auf die Erträge aus dem Zielfonds B hingegen nicht. Hinzu kommen muss allerdings in jedem Fall, dass auch der Dachfonds seinen Bekanntmachungspflichten nachkommt. 39 Die von einem Zielfonds nach § 5 InvStG bekannt gemachten Besteuerungsgrundlagen
können für die eigene Bekanntgabe des Dachfonds nach § 5 InvStG übernommen werden. 29 Zum Ganzen in Bezug auf Dachfonds vgl. Ebner, BB 2005, 295 ff. 30 Dazu ausführlich Ackert/Füchsl in Haase, InvStG Rdn. 466. 170
C. Dachfonds
5
! Praxishinweis
Für die Bekanntmachung der eigenen Besteuerungsgrundlagen31 greifen Dachfonds meist auf die im elektronischen Bundesanzeiger bekanntgemachten Besteuerungsgrundlagen der Zielfonds zurück. Dies kann bei abweichenden Geschäftsjahren durchaus zeitkritisch werden, wenn die Besteuerungsgrundlagen der Zielfonds bei Geschäftsjahresende des Dachfonds noch nicht veröffentlicht sind.32 Es gilt somit: Die Anforderungen des § 5 InvStG müssen für jeden Zielfonds gesondert geprüft werden. Eine Infektionswirkung entfaltet die Intransparenz eines Zielfonds dabei nicht. Zusätzlich muss der Dachfonds seinen eigenen Bekanntgabepflichten nachkommen, wobei die Ergebnisse aus den Zielfonds in der Praxis in den Dachfonds übernommen werden.
2.
Transparente Zielfonds
a)
Ertragsarten
5
Die Erträge aus den Zielfonds werden für steuerliche Zwecke lediglich durch den Dach- 40 fonds durchgeleitete, und zwar getrennt nach Ertragsarten. > Beispiel
Dividendenerträge eines (transparenten) Zielfonds fließen sowohl dem Dachfonds als auch dem Anleger als Dividendenerträge zu. Transparente Dachfonds haben regelmäßig die folgenden Ertragsarten aus den transpa- 41 renten Zielfonds zu berücksichtigen: ordentliche, ausgeschüttete und thesaurierte Erträge, ausgeschüttete Veräußerungsgewinne, Zwischen- und Aktiengewinne, eigene Zwischengewinne aus der Veräußerung von Anteilen an den Zielfonds, gezahlte Zwischengewinne aus dem Erwerb von Anteilen an Zielfonds und die Quellensteuern bezogen auf die Erträge aus den Zielfonds, soweit sie anrechenbar ist. Daneben ist es natürlich denkbar, dass der Dachfonds Erträge aus direkten Investments in 42 den verschiedenen Anlageklassen erzielt. Diese Erträge werden investmentsteuerlich nach den allgemeinen Regeln behandelt, d.h. es findet keine Vermischung der originären Erträge aus einem Dachfonds mit den Erträgen aus den Zielfonds statt. Entsprechend ist auch eine Verlustverrechnung zwischen den verschiedenen Ebenen (Dachfonds einerseits, Zielfonds andererseits) ausgeschlossen.
31 Zu praktischen Erfahrungen rund um die Bekanntmachung Bacmeister, IStR 2007, 169 ff. 32 Die Finanzverwaltung akzeptiert indes in Tz. 203 des BMF-Schreibens vom 18.8.2009, Az.: IV C 1 - S 19801/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. einen vorläufigen Rückgriff auf die Werte des Vorjahres, um der Strafbesteuerung des Zielfonds gemäß § 6 InvStG entgehen zu können. Die Vorjahreswerte sind dann bei Vorliegen der aktuellen Zahlen entsprechend zu korrigieren. 171
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
Es gilt somit: Die auf der Ebene des transparenten Zielfonds erzielten Erträge werden je nach Ertragsart bis hin zum Anleger durchgeleitet. Eine Vermischung der originären Erträge aus einem Dachfonds mit den Erträgen aus den Zielfonds findet nicht statt.
b)
Verschiedenes
43 Die vom Zielfonds im elektronischen Bundesanzeiger im Rahmen der Bekanntmachung
5
der Besteuerungsgrundlagen ausgewiesene Quellensteuer wird, soweit sie anrechenbar ist, vom Dachfonds i.d.R. zu übernehmen sein. Bei ausländischen Zielfonds kann dies zu Problemen führen, denn nach § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG gelten inländische Dividenden und die Kapitalertragsteuer für Zwecke der Anrechnung als ausländische Dividenden bzw. als ausländische Quellensteuer. Dies bedeutet indes eine Benachteiligung des inländischen Anlegers, weil die Kapitalertragsteuer i.S.d. § 43 EStG stets angerechnet oder jedenfalls erstattet werden kann, die ausländische Quellensteuer jedoch nicht. 44 Ausgeschüttete Gewinne der Zielfonds aus der Veräußerung z.B. von Aktien, Rentenpa-
pieren etc. gelten auf der Ebene des Dachfonds als außerordentliche Erträge. Soweit tatsächlich Anteile veräußert worden sind, die zu Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG führen, sind diese im Rahmen der Ermittlung des Aktiengewinns auf der Ebene des Dachfonds zu berücksichtigen. Bei einer Thesaurierung von Veräußerungsgewinnen auf der Ebene des Zielfonds hingegen findet (mit wenigen Ausnahmen bei einzelnen Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) nach wie vor das Fondsprivileg Anwendung, d.h. eine Erfassung auf der Ebene des Dachfonds kommt nicht in Betracht. ! Praxishinweis
Mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 wurden Dachfonds häufig verwendet, um der Besteuerung mit Abgeltungsteuer zu entgehen. Da keine steuerliche Durchschau auf die Anteile der Zielfonds stattfand und der Gesetzgeber für die Anwendung des § 32d EStG auf den Erwerb von Anteilen bis zum 31.12.2008 abstellte, war es möglich, die alte Rechtslage über den 1.1.2009 hinaus zu konservieren. Umschichtungen können innerhalb des Dachfonds abgeltungsteuerfrei vorgenommen werden. Erst bei Verkauf der Dachfonds-Anteile fällt Abgeltungsteuer auf den Wertzuwachs an. 45 Hinsichtlich des Zwischengewinns des Dachfonds gilt, dass unrealisierte Zwischengewin-
ne aus den Zielfonds beim Anleger im Fall einer Veräußerung der Anteile am Dachfonds realisiert und besteuert werden, § 1 Abs. 4 Nr. 4 InvStG. Im Übrigen gehen die Zinserträge aus den Zielfonds bei Ausschüttung und Thesaurierung in den Zwischengewinn des Dachfonds ein. Zudem wird bei der Veräußerung der Anteile an den Zielfonds durch den Dachfonds der Zwischengewinn des Dachfonds nach den allgemeinen Regeln ermittelt. ! Praxishinweis
Bei Fondsanteilen, die der Anleger im Depot verwahrt (sog. Depotverwahrung), sind die während der Besitzzeit, aber nach dem 31.12.1993, thesaurierten Erträge neben dem Zwischengewinn zugrunde zu legen. Den Erwerbszeitpunkt, die Dauer des Fondsbesitzes und die aufgelaufenen Erträge stellt das depotführende Kreditinstitut anhand der Kon172
5
D. Verschmelzungen von Investmentvermögen tounterlagen fest. In den Fällen eigenverwahrter Anteile (sog. Tafelgeschäft) und depotverwahrter, aber durch Übertragung (z.B. im Wege der Schenkung, Erbschaft oder anderweitiger Einlieferung) in das Depot des Anlegers gelangter Anteile werden neben dem Zwischengewinn alle nach dem 31.12.1993 thesaurierten Erträge herangezogen. Die tatsächliche Besitzzeit wird hier nicht berücksichtigt. Wird der Zwischengewinn trotz Pflicht zur Ermittlung und Bekanntmachung nicht ermittelt oder nicht bekannt gemacht, sind nach § 6 InvStG ersatzweise 6% des Rücknahmepreises p.a. anzusetzen. In einem ersten Schritt sind die 6% des Rücknahmepreises zu ermitteln. Dieser Wert ist durch 360 zu teilen und mit der Anzahl der Tage der tatsächlichen Dauer der Anlage (höchstens 360) zu multiplizieren.
3.
Intransparente Zielfonds
5
Bei Beteiligungen an intransparenten Zielfonds gilt für die Besteuerung des Dachfonds 46 ohne weitere Besonderheiten die Grundregel des § 6 InvStG. Daher hat der Dachfonds bezogen auf seine Anteilsscheine hinsichtlich des intransparenten Zielfonds (und nur hinsichtlich dieses intransparenten Zielfonds: keine Infektionswirkung, s.o.) dessen Erträge pauschal zu versteuern und den nach § 6 InvStG ermittelten Ertrag als vollständig steuerpflichtig auszuweisen. 70% des Wertzuwachses zwischen dem ersten und letzten im Kalenderjahr festgesetzten 47 Rücknahmepreis sowie die gesamten Ausschüttungen bzw. mindestens 6% des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises sind daher der Besteuerung zu unterwerfen. Im Fall einer Nichtveröffentlichung von Zwischengewinnen des Zielfonds ist ein Ersatzwert zu unterstellen, und zwar besitzzeitanteilig 6% des Veräußerungserlöses. Es gilt somit: Bei Beteiligungen an intransparenten Zielfonds gilt die Strafbesteuerung des § 6 InvStG auf der Ebene des Dachfonds.
D.
Verschmelzungen von Investmentvermögen
I.
Überblick
D.
Nach diversen spezialgesetzlichen Bestimmungen (z.B. § 13 KStG, § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG) ist 48 eine Versteuerung der in einem Wirtschaftsgut befindlichen stillen Reserven immer dann vorzunehmen, wenn (sei es durch Einzel-, sei es durch Gesamtrechtsnachfolge) aufgrund der Bewegung eines Wirtschaftsguts ein Rechtsträgerwechsel stattfindet, Vermögen die betriebliche Sphäre verlässt, die Steuerpflicht endet oder Wirtschaftsgüter anderweitig dem deutschen Besteuerungszugriff entzogen werden. Dies gilt jedoch nur, soweit ein Steuergesetz die Gewinnrealisierung zwingend vorschreibt. Anderenfalls verbleibt es bei dem
173
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
vom BFH33 zu Recht festgestellten Grundsatz: „Das Einkommensteuerrecht kennt keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass stille Reserven stets aufzudecken sind, wenn ein Wirtschaftsgut nicht mehr in die Gewinnermittlung einzubeziehen ist.“ 49 Da Investmentvermögen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG im Grundsatz als körperschaftsteu-
5
erpflichtige Rechtssubjekte angesehen werden, die lediglich qua gesetzlicher Anordnung in § 11 Abs. 1 Satz 1 InvStG von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind, muss der vorgenannte Grundsatz u.E. auch dann Platz greifen, wenn entweder die spezialgesetzliche Steuerbefreiung endet oder die im Sondervermögen befindlichen Wirtschaftsgüter von einem Rechtsträgerwechsel betroffen sind. Im Einzelnen sind hier noch viele Fragen ungelöst, wobei aber jedenfalls Einigkeit besteht, dass das Umwandlungssteuergesetz mangels Eröffnung seines Anwendungsbereichs34 nicht einschlägig ist. Überführt man beispielsweise ein Wirtschaftsgut aus einem inländischen Sondervermögen in ein ausländisches Sondervermögen, so kann eine etwaig Platz greifende Entstrickungsregelung wegen der Steuerbefreiung des inländischen Sondervermögens an sich keine Wirkung entfalten. 50 Dennoch verlangt die Praxis zu Recht nach ausdrücklichen Regeln betreffend die Ver-
schmelzung von Sondervermögen, denn naturgemäß muss eine Fülle von Spezialfragen einer Klärung zugeführt werden (z.B. betreffend die Behandlung des Aktiengewinns). Hauptantrieb bei der Zusammenlegung von Sondervermögen sind die effektivere Portfoliosteuerung und Kostenreduktionen, da sich ein größerer Masterfonds im Gegensatz zu einer Anzahl kleinerer Einzelfonds effizienter administrieren lässt. Zum anderen kann aber auch ein zu geringes Fondsvolumen oder eine neu ausgerichtete Anlagestrategie zur Fondsauflösung oder zur Verschmelzung mit einem anderen Fonds führen. ! Praxishinweis
Alternativ zur Verschmelzung kommt, insbesondere bei zu geringen Fondsvolumina, nur die Schließung eines Fonds in Betracht. In diesem Fall werden die vom Fonds gehaltenen Aktien oder Rentenpapiere (Anleihen) verkauft. Dies kann angesichts der dann gesunkenen Kurse durchaus mit Verlusten passieren. Der Anleger erhält dann meist weniger Kapital zurück, als er ursprünglich in den Fonds eingezahlt hat. 51 Vor diesem Hintergrund treffen § 14 InvStG für inländische und § 17a InvStG für aus-
ländische Investmentvermögen eine spezialgesetzliche Aussage zu den Voraussetzungen, unter denen eine steuerneutrale Verschmelzung von Investmentvermögen aus deutscher Sicht möglich ist. Entsprechende aufsichtsrechtliche Bestimmungen, die sich mit der Verschmelzung von Sondervermögen befassen, sind in den §§ 40, 100 Abs. 5 und 103 Satz 2 InvG enthalten. Es gilt somit: Es besteht ein praktisches Bedürfnis für steuerliche Sonderbestimmungen in Bezug auf die Verschmelzung von Investmentvermögen. Diese sind in den §§ 14, 17a InvStG enthalten. 33 BFH-Urteil vom 14.6.1988, Az.: VIII R 387/83, BStBl. II 1989, 187 ff. 34 Der aus § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 UmwG bekannte Numerus clausus der Umwandlungsarten gilt auch für das UmwStG. Die Verschmelzung von Sondervermögen ist dort nicht vorgesehen, vgl. auch Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 10. 174
D. Verschmelzungen von Investmentvermögen
5
Im Grundsatz ist es daher seit dem 1.1.2004 möglich, Investmentvermögen steuerneutral 52 miteinander zu verschmelzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es kommt weder zur Aufdeckung vorhandener stiller Reserven, noch zur Realisierung eventueller Verluste, und ein Zuschreibungspotenzial bei den hingegebenen Anteilen bleibt nach Handels- und Steuerrecht ggf. vollständig erhalten. Dies gilt aber nur für die Fusion inländischer bzw. ausländischer Investmentvermögen. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung von Fonds ist nach wie vor nicht steuerneutral 53 möglich. Die europäische Investmentfonds-Richtlinie UCITS IV35 sieht allerdings auch die Möglichkeit grenzüberschreitender Fondsfusionen vor, um die Bildung von größeren Asset-Pools zu ermöglichen. Die steuerlichen Details sind hier allerdings noch nicht abschließend geklärt. Eine Klärung wird aber bis zur Umsetzung der Richtlinie am 1.7.2011 erfolgen. Die nachfolgende Tabelle fasst die derzeit möglichen Verschmelzungen für in- und aus- 54 ländische Investmentvermögen bzw. Investmentaktiengesellschaften in aufsichtsrechtlicher und steuerrechtlicher Hinsicht zusammen. Sondervermögen Inland
SpezialSondervermögen Inland
InvAG Inland
SpezialInvAG Inland
Sondervermögen Ausland
SpezialSondervermögen Ausland
InvAG Ausland
SpezialInvAG Ausland
Zulässig nach InvG
(+) § 40 InvG
(+) § 40 InvG
(-) § 103 S. 2 InvG
(-) § 103 S. 2 InvG
Beurteilung nach ausländischem Recht
Beurteilung nach ausländischem Recht
Beurteilung nach ausländischem Recht
Beurteilung nach ausländischem Recht
Steuerneutrale Verschmelzung
(+) § 14 InvStG
(+) §§ 14, 15 InvStG
(+) § 100 Abs. 5 InvG
(-)
(+) § 17a InvStG
(+) 17a InvStG
(+) 17a InvStG
(-)
II.
Verschmelzung inländischer Investmentvermögen
1.
Aufsichtsrechtliche Vorfragen
Nach § 40 Satz 1 InvG ist die Übertragung aller Vermögensgegenstände eines inländi- 55 schen Sondervermögens in ein anderes inländisches Sondervermögen abweichend von § 23 Abs. 1 Satz 3 InvG36 zulässig, wenn (1) das übernehmende Sondervermögen von derselben KAG verwaltet wird, (2) die Anlagegrundsätze/-grenzen nach den Vertragsbedingungen für dieses Sondervermögen nicht wesentlich voneinander abweichen und (3) die an die KAG und Depotbank zu zahlenden Vergütungen sowie die Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge nicht wesentlich voneinander abweichen.37
35 Dazu ausführlich Patzner/Pätsch/Goga, IStR 2010, 709 ff. 36 Vgl. das grundsätzliche Sacheinlageverbot gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 InvG für Publikumssondervermögen. Diese Beschränkung findet gemäß § 95 Abs. 8 InvG keine Anwendung auf Spezial-Sondervermögen. 37 Siehe dazu Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 16. 175
5
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
56 Ferner ist Voraussetzung, dass (4) die Übertragung aller Vermögensgegenstände eines Son-
dervermögens zum Geschäftsjahresende des übertragenden Sondervermögens (Übertragungsstichtag) erfolgt, am Übertragungsstichtag die Werte des übernehmenden und des übertragenden Sondervermögens berechnet werden, das Umtauschverhältnis festgelegt wird, die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten übernommen werden und der gesamte Übernahmevorgang vom Abschlussprüfer geprüft wird und die BaFin die Übertragung der Vermögensgegenstände, bei der die Interessen der Anleger ausreichend gewahrt sein müssen, genehmigt hat. 57 Der Beschluss der Kapitalanlagegesellschaft zur Fusion ist grundsätzlich drei Monate vor
5
der Zusammenlegung bekannt zu machen. Entsprechendes gilt nach § 100 Abs. 5 InvG, wenn Teilgesellschaftsvermögen einer Investmentaktiengesellschaft fusioniert werden. 58 § 40 Sätze 7 und 8 InvG bestimmen, dass bei der Verschmelzung ausdrücklich kein Tausch
angenommen wird, sondern die ausgegebenen Anteile an die Stelle der Anteile an dem übertragenen Sondervermögen treten (sog. „Fußstapfentheorie“). Bereits daraus folgt (steuerlich, dazu sogleich), dass historische Anschaffungskosten und Buchwerte der hingegebenen Anteile als Anschaffungskosten und Buchwerte der erhaltenen Anteile fortgeführt werden müssen. Es gilt somit: § 40 InvG ist die aufsichtsrechtliche Grundlage für die Verschmelzung inländischer Sondervermögen. Die Vorschrift stellt im Wesentlichen formale Voraussetzungen auf.
2.
Steuerliche Behandlung
59 § 14 Abs. 1 InvStG bezieht sich ausdrücklich auf Investmentvermögen i.S.d. § 40 InvG.
Hieraus kann abgeleitet werden, dass es sich bei dem aufnehmenden und abgebenden Investmentvermögen um ein inländisches Investmentvermögen handeln muss. Zudem muss es sich um die Übertragung aller (!) Vermögensgegenstände des Investmentvermögens handeln. 60 Teilgesellschaftsvermögen und Investmentaktiengesellschaften sind nur erfasst, soweit
§ 14 Abs. 8 InvStG einschlägig ist.38 Insofern ist davon auszugehen, dass die Übertragung nur einzelner Wirtschaftsgüter eines Sondervermögens auf ein anderes Sondervermögen den allgemeinen steuerlichen Regelungen unterliegt.39 Zudem bestimmt § 14 Abs. 8 InvStG, dass die dort vorgesehenen (grundsätzlich steuerneutralen) Verschmelzungen für beteiligte Spezial-Sondervermögen (bzw. Teilfonds davon) oder Spezial-Investmentaktiengesellschaften (bzw. Teilgesellschaftsvermögen davon) nicht steuerneutral erfolgen können.
38 Dazu Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 12. 39 Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 InvG kann eine KAG mehrere Sondervermögen bilden. 176
D. Verschmelzungen von Investmentvermögen
a)
5
Steuerfolgen beim Anleger
Die in § 40 Sätze 7 und 8 InvG angelegte Fußstapfentheorie wird in § 14 Abs. 4 InvStG 61 für das Steuerrecht übernommen. Die Ausgabe der Anteile am übernehmenden Sondervermögen an die Anleger des übertragenden Sondervermögens gilt auch steuerlich nicht als Tausch (i.S.d. § 6 Abs. 6 EStG) oder Veräußerung. Die erworbenen Anteile an dem übernehmenden Sondervermögen treten vielmehr an die Stelle der Anteile an dem übertragenden Sondervermögen, was von der Finanzverwaltung in Rdn. 238 des Anwendungsschreibens zum InvStG40 bestätigt wird. Auf der Anlegerebene treten somit im Zuge einer Verschmelzung von Investmentvermögen keine Steuerfolgen ein. ! Praxishinweis
Auch im Übrigen treten durch die Verschmelzung für den Anleger keine aus den Anteilen resultierenden nachteiligen Steuerfolgen ein. Besonders anschaulich zeigte sich dies anlässlich der Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009, was im Zusammenhang mit Investmentfonds zur Gestaltungen einlud. Hatte ein Privatanleger die Anteile am untergehenden Fonds vor dem 1.1.2009 erworben, genossen auch die durch die Verschmelzung erworbenen Anteile am aufnehmenden Fonds Bestandschutz im Hinblick auf die Veräußerungsgewinnbesteuerung i.S.d. § 23 EStG. Eventuelle Gewinne aus einer späteren Veräußerung der Anteile waren somit steuerfrei, sofern die Anteile länger als ein Jahr gehalten wurden. Betrug der Zeitraum zwischen Kauf der Anteile des untergehenden Fonds und dem Verschmelzungsstichtag weniger als ein Jahr, lief die Spekulationsfrist nach dem Verschmelzungsstichtag weiter. Es gilt somit: Die Verschmelzung zweier inländischer Investmentvermögen ist für den Anleger hinsichtlich seiner Anteile mangels eines Realisationsakts steuerneutral.
b)
Steuerfolgen auf Fondsebene
aa)
Ebene des übertragenden Sondervermögens
Nach § 14 Abs. 2 InvStG hat das übertragende Sondervermögen die zu übertragenden 62 Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die Teil des Nettoinventars sind, mit den Anschaffungskosten abzüglich Absetzungen für Abnutzungen oder Substanzverringerung (fortgeführte Anschaffungskosten) zu seinem Geschäftsjahresende (Übertragungsstichtag) anzusetzen. Es entsteht insofern kein Übertragungsgewinn oder -verlust bei dem untergehenden Sondervermögen, die Verschmelzung bleibt daher auf der Ebene des Sondervermögens ohne steuerliche Auswirkung. Die Fortführung der Anschaffungskosten führt dabei im Ergebnis zu einer Beibehaltung 63 des Ausschüttungsvolumens. In diesem Zusammenhang fingiert § 14 Abs. 5 Satz 1 InvStG eine Ausschüttung der ausschüttungsgleichen Erträge (insbesondere z.B. Zinsen, Dividenden, Mieterträge, Veräußerungsgewinne aus Immobilien innerhalb der Zehn-Jahres-
40 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. 177
5
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
frist des § 23 EStG sowie sonstige Erträge) des übertragenden Sondervermögens an dessen Anteilsscheininhaber, es sei denn, die Erträge gehören gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG zu den Einkünften nach § 22 Nr. 1 oder Nr. 5 EStG.41 64 Die fiktive Ausschüttung enthält auch die Erträge, die das übertragende Sondervermögen
5
zur Ausschüttung in einem dem Ausschüttungsbeschluss nach § 12 InvStG entsprechenden Beschluss vorgesehen hat. Dieser Beschluss ist maßgebend für den Umfang der Steuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 oder 3 InvStG in diesem Falle. Zu den fingierten ausschüttungsgleichen Erträgen gehören ferner angewachsene (laufende) ausschüttungsgleiche Erträge, die nicht bereits gemäß dem modifizierten Zufluss-AbflussPrinzip des § 3 Abs. 2 InvStG als Erträge erfasst sind, vgl. § 14 Abs. 5 Satz 3 InvStG n.F. 65 Im Ergebnis schreibt § 14 Abs. 5 InvStG somit eine besondere steuerliche Zwangsausschüt-
tung der Erträge des letzten Geschäftsjahres des untergehenden Sondervermögens zum Ablauf des Übertragungsstichtages vor, soweit eine beschlossene (Vorab-)Ausschüttung nicht bereits vollzogen wurde. Hierauf ist ohne Abschläge nach § 7 Abs. 3 und 4 InvStG Kapitalertragsteuer einzubehalten. Für die Besteuerung des Anlegers ist daher nicht nur der oben bereits genannte § 14 Abs. 4 InvStG zu beachten, der lediglich die steuerlichen Folgen aus dem vollzogenen Anteilstausch erfasst und aus dem sich für den Anleger keine steuerlichen Konsequenzen ableiten. § 14 Abs. 1 Satz 1 InvStG hingegen führt für den Anleger im dort genannten Fall zu einer nicht vermeidbaren Besteuerung, die nicht auf den untergehenden bzw. erhaltenen Anteilen, sondern auf thesaurierten Erträgen beruht. 66 § 14 Abs. 5 Satz 3 InvStG überträgt die vorgenannten Grundsätze auch auf die nicht be-
reits zu versteuernden angewachsenen Erträge des übertragenden Sondervermögens. Hiervon werden insbesondere sog. Finanzinnovationen erfasst, da bei diesen die Erträge vom Investmentvermögen nicht nach der Emissionsrendite abgegrenzt, sondern nach der Marktrendite ermittelt werden und daher erst nach Realisierung als ausschüttungsgleicher Ertrag erfasst werden können.42 Es gilt somit: Es entsteht im Zuge der Verschmelzung kein Übertragungsgewinn oder -verlust bei dem untergehenden Sondervermögen, jedoch wird eine Ausschüttung der ausschüttungsgleichen Erträge des Sondervermögens an den Anleger fingiert.
bb)
Ebene des übernehmenden Sondervermögens
67 Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 InvStG hat das übernehmende Sondervermögen zum Übertra-
gungsstichtag die übernommenen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen. Das übernehmende Sondervermögen tritt dabei gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 InvStG in die steuerliche Rechtsstellung des übertragen-
41 Vgl. zum Ganzen Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 29 ff. 42 Auch Rdn. 240 des BMF-Schreibens vom 2.6.2005, Az.: IV – C 1 – S 1980 – 1 – 87/05, BStBl. I 2005, 728 ff. begrenzt die angewachsenen Erträge i.S.d. § 14 Abs. 5 Satz 3 InvStG ausschließlich auf Erträge aus Finanzinnovationen i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG im übertragenden Sondervermögen. 178
D. Verschmelzungen von Investmentvermögen
5
den Sondervermögens ein.43 Zum Übertragungsstichtag sind die Werte des übertragenden und des übernehmenden Sondervermögens zu berechnen, das Umtauschverhältnis nach den Nettoinventarwerten der Sondervermögen festzulegen, die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des übertragenden Sondervermögens zu übernehmen und der gesamte Übernahmevorgang vom Abschlussprüfer zu prüfen. Das übernehmende Sondervermögen setzt die nach steuerlichen Vorgaben ermittelten 68 (fortgeführten) Anschaffungskosten für die übertragenen Wirtschaftsgüter nach der Verschmelzung fort. Etwaige Haltefristen auf Ebene der Sondervermögen beginnen nicht neu. Auch die Absetzung für Abnutzung wird nach den gleichen Methoden und den gleichen Werten fortgeführt, die vor der Verschmelzung bei dem übertragenden Sondervermögen verwandt wurden. Es gilt somit: Das übernehmende Sondervermögen tritt in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Sondervermögens ein.
3.
Besonderheiten
a)
Aktiengewinn
Hinsichtlich des Aktiengewinns bzw. des Immobiliengewinns gelten bei Verschmelzun- 69 gen im Grundsatz keine Besonderheiten. § 14 Abs. 6 Satz 1 InvStG bestimmt, dass sich der Aktiengewinn je Investmentanteil durch die Übertragung nicht verändern darf, wenn beide Sondervermögen den Aktiengewinn nach § 5 Abs. 2 InvStG ermitteln. Ermittelt nur eines der beiden Sondervermögen den Aktiengewinn, ist auf die Investmentanteile des Sondervermögens, das bisher einen Aktiengewinn ermittelt und veröffentlicht hat, § 8 Abs. 4 InvStG anzuwenden, vgl. § 14 Abs. 6 Satz 2 InvStG. Mit Ablauf des Übertragungsstichtages ist der Aktiengewinn des übertragenden Sonder- 70 vermögens daher um die (fingierten) ausschüttungsgleichen Erträge zu kürzen, soweit Dividenden enthalten sind bzw. soweit im Falle eines noch nicht vollzogenen Ausschüttungsbeschlusses Aktienkursgewinne zur Ausschüttung vorgesehen sind. Im Falle eines Immobiliensondervermögens ist der Immobiliengewinn entsprechend um die als zugeflossen geltenden DBA-steuerfreien Erträge bzw. zur Ausschüttung beschlossenen, nach einem DBA steuerfreie Immobilienveräußerungsgewinne zu kürzen.44 Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Aktien- bzw. Immobiliengewinn des übertragenden Sondervermögens sich ab dem Übertragungszeitpunkt nicht mehr ändert.
43 Waren die ursprünglichen Anteile auf einen Teilwert unter den historischen Anschaffungskosten dieser Anteile abgeschrieben worden, ist später eine Zuschreibung auch bei den neuen Anteilen bis zur Höhe der historischen Anschaffungskosten der alten Anteile unter den Voraussetzungen einer Wertaufholung vorzunehmen. 44 Vgl. Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 71. 179
5
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
71 Betriebliche Anleger ermitteln ihren besitzzeitanteiligen Aktien- bzw. Immobilienge-
winn jedoch zweigeteilt. Die eine Komponente betrifft den Zeitraum bis zum Ende des letzten Geschäftsjahres des übertragenden Sondervermögens, die andere Komponente den Zeitraum ab der Beteiligung am übernehmenden Sondervermögen. Auf die Summe dieser Komponenten ist § 8 InvStG anzuwenden. Diese ist beispielsweise bei einer Veräußerung bzw. im Fall der Bewertung nach § 8 Abs. 1 bis 3 InvStG relevant.45 Es gilt somit: Durch die Verschmelzung darf sich der Aktiengewinn je Investmentanteil nicht verändern, wenn beide Sondervermögen den Aktiengewinn nach § 5 Abs. 2 InvStG ermitteln.
5
b)
Ertragsausgleich
72 Bestimmungen zum Ertragsausgleich (§ 9 InvStG) im Zusammenhang mit der Verschmel-
zung von Sondervermögen sucht man im InvG oder InvStG vergebens. Auch die Finanzverwaltung hat sich hierzu, soweit ersichtlich, bislang jedenfalls noch nicht explizit geäußert. ! Praxishinweis
Bei Durchführung eines Ertragsausgleichs könnten Steuernachteile dadurch entstehen, dass Ausgleichsbeträge, die durch die Ausgabe neuer Anteile entstehen, zur Umwandlung von Anschaffungskosten in steuerbares Ertragspotenzial führen. 73 Die Durchführung eines Ertragsausgleichs wäre jedoch allenfalls dann zu rechtfertigen,
wenn man die Verschmelzung i.S.d. § 14 InvStG als Anteilsveräußerung werten würde. Nur dann könnte sich bei dem übertragenden Sondervermögen ein negativer Ertragsausgleich ergeben, der sich zudem – vorausgesetzt, das Sondervermögen bezieht auch die außerordentlichen Konten in den Ertragsausgleich ein – steuerlich aufgrund der fingierten Endthesaurierung gemäß § 14 Abs. 5 InvStG im Wesentlichen auf die bereits versteuerten ausschüttungsgleichen Erträge der Vorjahre einschließlich des gerade abgelaufenen Geschäftsjahres sowie ggf. auf vorgetragene realisierte und unrealisierte Veräußerungsgewinne beziehen kann. 74 Ein solches Verständnis ist jedoch aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung in § 40 Sätze
7 und 8 InvG bzw. § 14 Abs. 4 InvStG kaum vermittelbar. Es entspricht daher der (wohl) h.M., dass im Zuge einer Verschmelzung ein Ertragsausgleichverfahren nicht durchzuführen ist.46 In Rdn. 240 des Anwendungsschreibens zum InvStG47 wird dies indirekt bestätigt, denn danach ist die spätere Ausschüttung der fingierten ausschüttungsgleichen Erträge des übertragenden Sondervermögens durch das aufnehmende Sondervermögen als Ausschüttung ausschüttungsgleicher Erträge der Vorjahre (gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a
45 Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 109. 46 Zum Ganzen Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 43 ff. 47 BMF-Schreiben v. 18.08.2009, Az.: IV C 1 - S 1980 - 1/08/10019, BStBl. I 2009, 931 ff. 180
D. Verschmelzungen von Investmentvermögen
5
InvStG) zu qualifizieren. Diese Vorgehensweise setzt jedoch zunächst einen vollständigen Fortbestand und Übergang des Kontos der ausschüttungsgleichen Erträge der Vorjahre im Zuge der Verschmelzung und damit gerade keinen Ertragsausgleich voraus.48 Es gilt somit: Ein Ertragsausgleich i.S.d. § 9 InvStG ist im Zuge einer Verschmelzung beim übertragenden Sondervermögen nach h.M. nicht durchzuführen.
c)
Zwischengewinn
Zwischengewinne sind die im Verkaufs- oder Rückgabepreis enthaltenen Entgelte für 75 vereinnahmte oder aufgelaufene Zinsen sowie Gewinne aus der Veräußerung von nicht in § 1 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 Buchstaben a bis f InvStG genannten Kapitalforderungen, die vom Fonds noch nicht ausgeschüttet oder thesauriert und infolgedessen beim Anleger noch nicht steuerpflichtig wurden, § 1 Abs. 4 InvStG. Der vom Investmentvermögen erwirtschaftete Zwischengewinn ist daher bei Rückgabe oder Verkauf der Anteile durch Steuerinländer einkommensteuerpflichtig. In Bezug auf Zwischengewinne gibt es im Grundsatz anlässlich einer Verschmelzung zweier 76 Investmentvermögen keine Besonderheiten zu beachten. Die Verschmelzung selbst führt mangels einer Einordnung als Anteilsverkauf (§ 14 Abs. 4 InvStG) nicht zum Ansatz eines Zwischengewinns.
III.
Verschmelzung ausländischer Investmentvermögen
Für den Anleger eines Investmentanteils an einem Investmentvermögen, das dem Recht 77 eines anderen EU-Mitgliedsstaates untersteht, ist gemäß § 17a Satz 1 InvStG für Übertragungen von Sondervermögen zwischen Rechtsträgern dieses Staates49 § 14 Abs. 4 bis 6 InvStG entsprechend anzuwenden, wenn (1) die dem § 40 InvG entsprechenden Vorschriften des Sitzstaates der Sondervermögen erfüllt sind und dies durch eine Bestätigung der für die Investmentaufsicht zuständigen Stelle nachgewiesen wird und (2) das übernehmende Sondervermögen die fortgeführten Anschaffungskosten des übertragenden Sondervermögens für die Ermittlung der Investmenterträge fortführt und hierzu eine Berufsträgerbescheinigung im Sinne des § 3 StBerG, eine Bescheinigung einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einer vergleichbaren Stelle vorlegt.50 Nach Satz 2 der Vorschrift sind auch Investmentvermögen mit Sitz in EWR-Staaten begün- 78 stigt, sofern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem anderen Staat auf Grund der Richtlinie51 77/799/EWG des Rates vom 19.12.1977 über die gegenseitige Amtshilfe 48 U.E. zutreffend Dörschmidt in Haase, InvStG, § 14 Rdn. 45. 49 Zu den grundsätzlich möglichen Verschmelzungen nach § 17a InvStG vgl. instruktiv Brinkmann in Haase, InvStG, § 17a Rdn. 64 f. 50 Zur Verschmelzung von Auslandsfonds vgl. Brinkmann/Kempf, BB 2009, 2067 ff. sowie Patzner/Bruns, IStR 2009, 668 ff. 51 ABl. EG Nr. L 336 S. 15, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/98/EWG des Rates vom 20.11.2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 129). 181
5
5
Kapitel 5:
Sonderfragen
zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer in der jeweils geltenden Fassung oder einer vergleichbaren zweioder mehrseitigen Vereinbarung52 Auskünfte erteilt werden, die erforderlich sind, um die Besteuerung durchzuführen. 79 Weil früher im InvStG nur die Verschmelzung von Investmentfonds des sog. Vertragstyps
5
(gemeint sind selbstständige Sondervermögen, die jedoch nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen) im In- und Ausland für deutsche Anleger ausdrücklich steuerneutral gestellt war, bedurfte es erst einer Gesetzesänderung53, damit die Verschmelzung von ausländischen Investmentfonds (bzw. von deren Teilfonds) unabhängig von der rechtlichen Struktur der Investmentfonds steuerneutral ermöglicht wird. Dies gilt für Verschmelzungen aller ausländischen Fonds, die nach dem 22.7.2009 durchgeführt werden, vgl. § 18 Abs. 18 InvStG. Lediglich Verschmelzungen ausländischer Spezial-Investmentvermögen (§ 16 InvStG) des sog. Gesellschaftstyps (gemeint sind Sondervermögen, bei denen das Sondervermögen nicht vom Anlagevermögen getrennt ist) sind nicht vom Anwendungsbereich des § 17a InvStG erfasst,54 vgl. den Verweis in § 17a Satz 6 HS 1 InvStG. > Beispiel
Die FCP (Fonds commun de placement) nach luxemburgischem oder französischem Recht ist aus deutscher Sicht ein Sondervermögen des Vertragstyps, weil die FCP nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt. Die wie eine Aktiengesellschaft organisierte Gesellschaft mit feststehendem Kapital (SICAF: Société d‘Investissement à Capital Fixe) oder mit variablem Kapital (SICAV: Société d‘Investissement à Capital Variable) nach luxemburgischem Recht hingegen wird aus deutscher Sicht als Investmentvermögen des Gesellschaftstyps eingeordnet. Hier erhält der Anleger durch die Ausgabe von Anteilsscheinen zugleich Mitgliedschaftsrechte an der Investmentgesellschaft, die ihrerseits kraft ihrer Rechtspersönlichkeit die Inhaberin des Anlagevermögens ist. ! Praxishinweis
Verschmelzungen ausländischer Fonds sind zwar weitgehend steuerneutral möglich, jedoch muss die Anlage hinsichtlich ausländischer Fonds mit Bedacht gewählt werden. Die AGB von Depotbanken sehen beispielsweise häufig vor, dass für den Fall, dass Kapitalerträge, für die an sich Kapitalertragsteuer nach § 7 InvStG zu erheben wäre, nicht oder teilweise nicht in Geld bestehen (so etwa bei ausländischen Verschmelzungen), oder der in Geld geleistete Teil nicht zur Deckung der Kapitalertragsteuer ausreicht, die Bank im notwendigen Umfang zur Deckung der Steuer Fondsanteile veräußern darf. 80 § 17a Satz 5 InvStG bestimmt in Anlehnung an § 14 Abs. 8 InvStG, dass die Sätze 1 bis
4 der Vorschrift entsprechend anzuwenden sind, wenn alle Vermögensgegenstände eines nach dem Investmentrecht des Sitzstaates abgegrenzten Teils eines Investmentvermögens (vergleichbar den nach dem deutschen InvG vorgesehenen Teilfonds oderTeilgesellschaftsvermögen) übertragen werden oder ein ausländischer Teilfonds oder ausländisches Teil52 Hierunter sind insbesondere Auskunftsklauseln nach DBA zu verstehen. Ein anderes Beispiel sind bilaterale Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen, wie z.B. das diesbezüglich zwischen Deutschland und Liechtenstein am 2.9.2009 unterzeichnete Abkommen. 53 Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 16.7.2009, BGBl. I 2009, S. 1959. 54 Zutreffend Brinkmann in Haase, InvStG, § 17a Rdn. 38. 182
E.
5
Zinsinformationsverordnung
gesellschaftsvermögen alle Vermögensgegenstände eines anderen Investmentvermögens oder eines solchen ausländischen Teilfonds oder ausländischen Teilgesellschaftsvermögens übernimmt. Es gilt somit: Nach dem 22.7.2009 vorgenommene Verschmelzungen ausländischer Investmentvermögen, Teilfonds oder Teilgesellschaftsvermögen sind im Grundsatz unter bestimmten Voraussetzungen nach § 17a InvStG steuerneutral möglich.
E.
Zinsinformationsverordnung
E.
Mit der sog. Zinsinformationsverordnung55 (ZIV) wurde die EU-Zinsrichtlinie 2003/48/ 81 EG (englische Bezeichnung: European Savings Tax Directive, kurz ESD) in deutsches Recht umgesetzt.56 Demzufolge fällt in folgenden Ländern eine Quellensteuer nach der Zinsinformationsverordnung an: Belgien, Luxemburg, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco, Andorra, Guernsey, Jersey, Isle of Man, Britische Jungferninseln, Turksund Caicosinseln, Niederländische Antillen, Aruba. Im Fall von Investmentfonds gilt diese Quellensteuer bei der Ausschüttung und dem Ver- 82 kauf von Fondsanteilen, nicht jedoch bei der Thesaurierung. Ähnlich dem ehemaligen deutschen Zinsabschlag besteuert sie ausschließlich Zinserträge, Dividenden werden also nicht erfasst. Von dem Abzug dieser Quellensteuer wird nur abgesehen, wenn der Kontoinhaber das betreffende Kreditinstitut zu Kontrollmitteilungen an die deutsche Finanzbehörde ermächtigt. Alternativ kann der Anleger dem ausländischen Kreditinstitut eine Erklärung bzw. Bescheinigung des deutschen Wohnsitzfinanzamts vorlegen, der zufolge er seine deutschen steuerlichen Pflichten erfüllt. Seit dem 1. Juli 2008 beträgt der Steuersatz 20 % (zuvor: 15 %). Der Satz soll am 1.7.2011 auf 35 % steigen. Quellensteuerbeträge, die nach der EU-Zinsrichtlinie im Ausland gezahlt wurden, können 83 im Rahmen der einkommensteuerlichen Veranlagung auf die inländische Steuerschuld angerechnet werden. Für die Anrechnung gilt § 4 Abs. 2 InvStG. Dies gilt sowohl nach dem bis Ende 2008 geltenden früheren als auch dem seit Anfang 2009 geltenden neuen Recht der Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 5 EStG). Über Zinseinnahmen, die Deutsche in den übrigen EU-Ländern sowie in einer Reihe weiterer Staaten beziehen, werden die deutschen Finanzbehörden informiert. Es gilt somit: Mit der Zinsrichtlinie soll die europaweite Besteuerung der Kapitalerträge natürlicher Personen sichergestellt werden, gerade wenn die Zinszahlungen grenzüberschreitend erfolgen. Die Richtlinie findet auch dann Anwendung, wenn Zinsen an bzw. von Investmentfonds gezahlt werden. Die materielle Besteuerung des Anlegers erfolgt jedoch allein nach dem InvStG. Dies gilt insbesondere für die Regeln über den Kapitalertragsteuerabzug sowie die Steueranrechnung. 55 Bekanntmachung vom 22.6.2005, BGBl. I 2005, 1695 ff. (Rechtsgrundlage: § 45e EStG). 56 Zur Zinsinformationsverordnung vgl. Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 2. Auflage, C.F. Müller Verlag, Heidelberg, 2009, Rdn. 861 ff. 183
5
5
Kapitel 5: F.
F.
Sonderfragen
Exkurs: Auslandinvestment-Gesetz
84 Vor Inkrafttreten des InvStG richtete sich die Besteuerung der Erträge aus Anteilen an aus-
ländischen Investmentfonds nach dem AuslInvestmG. Es ist letztmals auf das Geschäftsjahr des ausländischen Investmentvermögens anzuwenden, welches vor dem 01.01.2004 beginnt, sowie auf Erträge, die in diesem Geschäftsjahr zufließen. 85 Ausländische Investmentfonds im Sinne des § 1 Abs. 1 AuslInvestmG wurden für die Be-
steuerung in drei Gruppen eingeteilt. Die Zuordnung der Fonds zu den einzelnen Gruppen ist entscheidend für die Ermittlung der steuerlichen Erträge.
5
I.
Registrierte Investmentvermögen
86 Zu dieser Gruppe gehören alle Fonds, die den öffentlichen Vertrieb im Inland gemäß den
§§ 7, 15c AuslInvestmG angezeigt haben und denen dieser Vertrieb in Deutschland nicht untersagt wurde (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 lit. a AuslInvestmG). Ebenfalls zu dieser Gruppe gehören Fonds, deren Anteile an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen sind und die einen inländischen Vertreter gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern bestellt haben (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 lit. b AuslInvestmG). Die Ermittlung der Erträge aus Anteilen an diesen sog. weißen Fonds, erfolgt nach § 17 Abs. 1 AuslInvestmG, wenn die übrigen in § 17 Abs. 3 AuslInvestmG genannten Voraussetzungen erfüllt worden sind.
II.
Nicht-registrierte Investmentvermögen
87 Fonds, bei denen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 AuslInvestmG nicht vorliegen, die
aber gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern einen inländischen Vertreter bestellt haben (§ 18 Abs. 2 AuslInvestmG) werden als nichtregistrierte Investmentvermögen, sog. graue Fonds, bezeichnet. Die Erträge aus Anteilen an diesen Fonds werden nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG ermittelt.
III.
Sonstige Investmentvermögen
88 Die Erträge aus Fonds, die weder zur ersten Gruppe noch zur zweiten Gruppe gehören,
werden nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG ermittelt, sofern es sich - wie vorher bereits erwähnt - um ausländische Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 AuslInvestmG handelt (sog. schwarze Fonds). Es gilt somit: Ausländische Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1 AuslInvestmG wurden für die Besteuerung in drei Gruppen, nämlich in sog. weiße, graue und schwarze Fonds, eingeteilt. Die Zuordnung der Fonds zu den einzelnen Gruppen war sodann entscheidend für die Ermittlung der steuerlichen Erträge. Diese Systematik ist durch das InvStG terminologisch und sachlich überholt. Sie ist allerdings noch für Altfälle von Bedeutung. 184
Stichwortverzeichnis fette Zahlen = Paragraph andere Zahlen = Randnummer
A AAktiengewinn 1 30, 106; 4 19,147ff.; 5 1ff. Anleger 1 2,4,41ff.,69ff.,93ff.; 4 1ff. Assetklasse 1 3,18,31,54 AuslInvestmG 5 84ff. Ausschüttung 4 8,21ff. – Teilausschüttung 4 74f. – Zurechnung / Zufluss 4 69f. – Zwischenausschüttung 4 76 Ausschüttungsgleiche Erträge 4 9,21f. Auszahlende Stelle 4 124
B BaFin 1 37; 2 25-29, 39 DDepotbank 1 41,48ff.,57ff.,85 E Europäischer Pass 2 39 F Fonds Aktienfonds 1 31 – Aktienfonds 2 33; 5 21 – Dachfonds 1 6,31,55; 2 36; 3 58; 4 71; 5 28ff. – Exchange-traded Funds 1 4 – Geldmarktfonds 1 31; 2 35 – geschlossene Fonds 1 17-27 – grauer siehe weißer Fonds – Hedgefonds 1 33,55; 2 5863,140,167; 3 16,18,160 – Immobilienfonds (-Sondervermögen) 1 18,22,31,33, 47, 55 – Immobilienfonds (-Sondervermögen) 2 23, 40-42
– Immobilienfonds
(-Sondervermögen) 3 21,77 – Immobilienfonds
(-Sondervermögen) 4 95 intransparenter 1 100; 4 5,20,105ff. Mitarbeiterfonds 2 55ff. offene Fonds 1 29,31 Publikumsfonds 1 13,32; 2 8,14; 4 75 – Rentenfonds 1 3, 31 – Rentenfonds 2 34 – schwarzer siehe weißer Fonds – semitransparenter 1 101; 4 5,20,115ff. – Spezialfonds (SpezialInvestmentvermögen) 1 33, 42 – Spezialfonds (SpezialInvestmentvermögen) 2 14, 118 – Spezialfonds (SpezialInvestmentvermögen) 3 12f., 31,33,71,79 – Spezialfonds (SpezialInvestmentvermögen) 4 48,126,160 – Spezialfonds (SpezialInvestmentvermögen) 5 10,16 – Teilfonds 2 18; 5 60,79 – transparenter 1 92f.; 4 5,20,21ff. – weißer 1 38; 4 6; 5 88 Fondsausgangsseite 1 63,86; 4 1ff. Fondseingangsseite 1 63,91ff.; 3 1ff. – – – –
G Grundsatz der Risikomischung 1 52; 2 4,110,122ff.
185 F. Haase, K. Brändel, Investmentsteuerrecht, DOI 10.1007/978-3-8349-6689-6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Stichwortverzeichnis
I Immobiliengewinn 1 30,99,106; 2 149,161; 5 1 ff. Investmentanteile 1 1,6; 2 1 – ausländische 2 108ff., 162 ff. – ausländische 4 101 Investorengemeinschaft 1 17
K KAAG 1 40 Kapitalanlagegesellschaft (KAG) 1 39,41,44ff.,60ff. Kapitalertragsteuer 3 64f.,69f; 4 122ff.
MMiteigenumslösung 1 47ff. O OGAW-Richtlinie 1 77; 2 39 P Personengesellschaft 1 26 R Rückgaberecht 1 29,107; 2 138ff. S Sondervermögen 1 3f., 41, 43ff., 51ff., 66ff. 105; 2 11ff. – AltersvorsorgeSondervermögen 2 44 – siehe auch Fonds
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T Teilwertabschreibung 4 19, 145, 147; 5 21 Thesaurierung – Zurechnung / Zufluss 4 49f. Transparenzprinzip 1 68,79f. Treuhandlösung 1 47ff.
UUmbrella-Konstruktion 2 18; 5 30 V Verkaufsprospekt 2 21 – ausführlicher 2 24ff. – einfacher 2 22ff.
Z Zwischengewinn 1 98, 100; 3 6, 28; 4 17f., 107, 114, 129, 144, 152, 155, 157ff.; 5 25, 41 ,45, 47, 75f.