Nicola Pointner In den Fängen der Ökonomie?
Nicola Pointner
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Nicola Pointner In den Fängen der Ökonomie?
Nicola Pointner
In den Fängen der Ökonomie? Ein kritischer Blick auf die Berichterstattung über Medienunternehmen in der deutschen Tagespresse
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Zugl. Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Katrin Emmerich | Sabine Schöller VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Rosch-Buch, Scheßlitz Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17198-2
Vorwort
Die cross-medialen Besitzverhältnisse im deutschen Medienmarkt haben ein hohes Niveau an Verflechtung erreicht. Schon Ende der 80er Jahre wurden Befürchtungen laut, dass die Beteiligung von Zeitungs- und Zeitschriftenverleger am Rundfunk eine unabhängige Berichterstattung der Printmedien über Medien, Medienwirtschaft und Medienpolitik gefährden könnte. Die Vermutung, die Deregulierung des deutschen Rundfunkmarktes führe quasi automatisch zu einer interessengebundenen Medienberichterstattung über Medien, hielt sich bis heute hartnäckig. Kein Wunder: Wenn Medien sich selbst thematisieren, dann wird fast immer davon ausgegangen, dass sie das nicht mit der gleichen Unabhängigkeit und Objektivitätssorgfalt tun, wie bei allen anderen, nicht selbstreferenziellen Themen. Empirische Befunde dazu sind in Deutschland allerdings eher rar. Vor diesem Hintergrund hat Nicola Pointner erstmals auf breiter Basis und im Langzeitvergleich empirische Daten zur medialen Thematisierung von Medienunternehmen erhoben. Auch sie geht davon aus, dass ökonomische Eigeninteressen von Medienunternehmen deren Berichterstattung über den Medienmarkt inhaltlich beeinflussen können und es hier eventuell zu einem bedenklichen Spannungsverhältnis zwischen Eigeninteressen und dem Gebot zur unabhängigen Berichterstattung kommt. Auch sie hält dies, wenn es denn empirisch belegt werden würde, für bedenklich, weil sie dem Medienjournalismus wie jedem anderen inhaltlich-thematischen Gegenstandsbereich des Journalismus auch eine Bedeutung für das Funktionieren moderner Demokratien zuschreibt. Im Rahmen einer komplexen Inhaltsanalyse geht Nicola Pointner deshalb der Frage nach, ob sich ökonomische Verlagsinteressen in der Berichterstattung deutscher Tageszeitungen über Medienunternehmen niederschlagen und wie sich die Berichterstattung über Medienunternehmen zwischen 1992 und 2006 unter dem Gesichtspunkt sich verändernder ökonomischer Einflüsse und des Konkurrenzaspektes im Markt darstellt. Dabei geht es ausschließlich um Medienberichterstattung in ihrer Form als Wirtschafts- und Unternehmensberichterstattung; andere Formen der Medienberichterstattung wie z.B. TV-Kritiken usw. bleiben hier bewusst unberücksichtigt.
6
Vorwort
Die Autorin geht in ihrer Untersuchung zwei Einflussaspekten nach: (1) dem eventuellen Einfluss der jeweiligen konjunkturellen Lage speziell im Medienmarkt und (2) den ökonomischen Eigeninteressen der berichtenden Medien(unternehmen). Im theoretischen Teil ihrer Arbeit beleuchtet Nicola Pointner sehr genau den Zusammenhang zwischen Ökonomisierungsentwicklungen und -auswirkungen einerseits und organisationalen Strukturaspekten speziell von Medienunternehmen andererseits. Sie zeigt auf, wie die (durchaus besonderen) inneren Organisations- und Entscheidungsstrukturen von Redaktion und Verlag die ‚innere Pressefreiheit’ determinieren können und so ökonomische Eigeninteressen bei der Berichterstattung auch leichter ins Spiel kommen (können). Damit belegt sie den grundsätzlichen Charakter einer (unerwünschten) potenziellen Interdependenz zwischen ökonomischem Denken von Medien und ihrem publizistischem Schaffen. Der innovative Gehalt der Studie von Nicola Pointner besteht in dem erstmals vorgenommenen Versuch, das tatsächliche Konkurrenzverhältnis zwischen den verschiedenen Medienbereichen und speziell zwischen den Unternehmen innerhalb des Zeitungssektors in die Datenanalyse und -interpretation mit einzubeziehen. Hierzu entwirft sie ein eigenes Modell, mit dem sie das zu den jeweiligen Zeitpunkten bestehende tatsächliche Distanz-Verhältnis abbildet, das zwischen dem berichtenden Medium und dem Medium, über das berichtet wird, jeweils konkret besteht. Der Komplexitätsgrad der Analyse, der durch die Integration dieses Distanz-Modells ohne Frage über das Übliche steigt, hat sich bezahlt gemacht. Nur so war Nicola Pointner überhaupt in der Lage, anders als Vorgängerstudien wirklich detaillierte Unterschiede und hoch interessante Besonderheiten in der Berichterstattung von Medien über Medien aufzudecken. So kann sie auf überzeugende Weise belegen, dass bei der publizistischen Darstellung von Medienunternehmen in Medien ökonomische, durch das jeweilige nahe oder weite Konkurrenzverhältnis bestimmte Aspekte die konkrete Thematisierung determinieren. Mit der Arbeit von Nicola Pointner konnte zum ersten Mal nachgewiesen werden, dass sowohl Form als auch inhaltliche Gestaltung von Medienberichterstattung über Medienunternehmen durch ökonomische Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Die vorliegende Untersuchung ist weitaus detaillierter als alle bisherigen Vorgängerstudien zur Quantität und Qualität von Medienberichterstattung über Medienunternehmen – nicht nur, weil sie dem spezifischen Erkenntnisinteresse mit einer Längsschnittuntersuchung nachgeht und so auch Entwicklungen und Veränderungen aufzeigen kann. Diese Arbeit wird sicherlich zu einem Referenzwerk für weitere Forschung auf diesem Gebiet. Romy Fröhlich München, 19. Oktober 2009
Dank
Anlass dieser Studie ist meine Dissertation an der Ludwig-MaximiliansUniversität München am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Romy Fröhlich am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung. Dieses Projekt hätte ich nicht ohne die Unterstützung lieber und mir sehr wichtiger Menschen abschließen können, denen ich dafür von Herzen danken möchte. Voranstellen möchte ich Frau Prof. Dr. Romy Fröhlich, die mir als Betreuerin meiner Dissertation mit Anregungen, Verbesserungsvorschlägen und tiefgehend reflektierenden Diskussionen sehr geholfen hat. Die klaren und offenen Feedbacks wusste ich sehr zu schätzen. Außerdem hat sie mir großen Freiraum gelassen, meine Gedanken und Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Vielen Dank für das in mich gesetzte Vertrauen! Ebenso gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Wolfram Peiser, der die Zweitkorrektur meiner Arbeit, ohne zu zögern, übernommen hat. Ganz bewusst möchte ich auch meiner Familie danken: Meinem Vater, der mir die Promotion durch seine finanzielle Unterstützung ermöglicht und mir mit stundenlanger Kopierarbeit geholfen hat. Dank auch an meinen Bruder Timo, der mich ermutigt hat, den „Promotionsweg“ überhaupt zu beschreiten. Ein Dankeschön auch an meinen Freund Michael, der in den drei sehr arbeitsintensiven Jahren viel Geduld und großes Verständnis für mich aufgebracht hat. Widmen möchte ich dieses Buch meiner Mutter. Ihr gilt mein besonders herzlicher Dank. Sie war es, die mir stets starken Halt gegeben und mich in allen Arbeits- und Lebenslagen mit ihrer ganzen Kraft und Liebe begleitet und unterstützt hat.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis …………………………………………………...…… 15 Tabellenverzeichnis ………..…………………………...……………………. 16 Einleitung ……………….……………………………………………………. 17 Kapitel 1: Theorie 1
Die Ökonomisierung der Medienbranche ................................................ 27 1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das? ................................. 27 1.2 Chancen und Risiken der Ökonomisierung der Medien ................. 28 1.2.1 Wirtschaftswissenschaftliche Betrachtungsweise ................. 29 1.2.2 Kommunikationswissenschaftliche Betrachtungsweise ........ 31 1.2.3 Politökonomische Betrachtungsweise ................................... 32 1.3 Die ökonomischen Rahmenentwicklungen als Bedingung und Folge der Ökonomisierung .................................................... 34 1.3.1 Technisierung als Voraussetzung für eine zunehmende Ökonomisierung ................................................................... 35 1.3.2 Ökonomisierung als Ergebnis staatlicher Regulierungspolitik ................................................................ 36 1.3.3 Medienkonzentration als Folge der Ökonomisierung ........... 36 1.3.4 Globalisierung und Internationalisierung als Bedingung und Folge der Ökonomisierung ............................................ 39
2
Die Medienbranche im Wandel ................................................................ 41 2.1 Der Rundfunkmarkt ........................................................................ 43 2.1.1 Konsolidierungsphase von 1992 bis 1994 ............................ 45 2.1.2 Wachstums- und Orientierungsphase von 1995 bis 1997 ...... 46 2.1.3 Medienboom von 1998 bis 2000 ........................................... 47 2.1.4 Medienkrise von 2001 bis 2003 ............................................. 48 2.1.5 Konsolidierungsphase von 2004 bis 2006 ............................. 49
10
1 Die Ökonomisierung der Medienbranche Inhalt 2.2
Der Printmedienmarkt .................................................................... 49 2.2.1 Konsolidierungsphase von 1992 bis 1994 ............................. 51 2.2.2 Wachstums- und Orientierungsphase von 1995 bis 1997 ...... 52 2.2.3 Medienboom von 1998 bis 2000 ........................................... 53 2.2.4 Medienkrise von 2001 bis 2003 ............................................ 54 2.2.5 Konsolidierungsphase von 2004 bis 2006 ............................. 56
3
Medienberichterstattung über Medienunternehmen ................................. 59 3.1 Definitorische Einordnung .............................................................. 59 3.1.1 ´Medien` und ´Medienunternehmen` .................................... 60 3.1.2 ´Medienberichterstattung über Medienunternehmen` ........... 61 3.1.3 Medienberichterstattung unter ökonom. Gesichtspunkten .... 62 3.2 Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen .... 64 3.2.1 Berichterstattung über Medienunternehmen als Medienkritik .......................................................................... 65 3.2.2 Berichterstattung über Medienunternehmen als Wirtschaftsund Unternehmensberichterstattung ..................................... 66 3.3 Besonderheiten der Berichterstattung über Medienunternehmen ... 69 3.3.1 Probleme der Ressortzuteilung .............................................. 69 3.3.2 Themenfelder und Themenselektion ..................................... 71 3.3.3 Die Bedeutung der Qualitätskriterien Glaubwürdigkeit, Objektivität, Verständlichkeit und Sachlichkeit .................... 73 3.3.4 Recherchequellen .................................................................. 76 3.3.5 Darstellungsformen ............................................................... 78 3.3.6 visuelle Gestaltungsmittel ..................................................... 80 3.3.7 Personalisierung .................................................................... 82 3.3.8 Wertungen ............................................................................. 83 3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung ..................... 85 3.4.1 Das weite Distanzverhältnis .................................................. 86 3.4.2 Das enge Distanzverhältnis ................................................... 87 3.4.3 Relevanz des Distanz-Modells .............................................. 89
4
Ökonomie und Organisation der Medien ................................................. 93 4.1 Organisationsformen und Entscheidungsstrukturen ....................... 95 4.1.1 Das Verhältnis von Verlag und Redaktion ............................ 96 4.1.2 Organisatorische Einflussfaktoren ........................................ 97 4.1.3 Möglichkeiten der Zusammenarbeit ...................................... 99 4.1.3.1 Zusammenarbeit von Redaktion und Verlag ............ 99 4.1.3.2 Unternehmens- und medienübergreifende Kooperationsformen ............................................... 101
Inhalt 1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das? 4.2
11
Ökonomische Interessen und das Problem der ´inneren Pressefreiheit`................................................................................ 102
5
Ökonomisches Handeln und publizistischer Anspruch .......................... 105 5.1 Funktionen des Medienjournalismus ............................................ 106 5.1.1 Information und Aufklärung ............................................... 106 5.1.2 Kritik- und Kontrollfunktion ............................................... 108 5.1.3 Orientierungshilfe und Serviceleistung ............................... 110 5.1.4 Identitätsbestimmung und –bestätigung .............................. 110 5.2 Funktionen des Medienjournalismus versus ökonom. Interessen.. 112
6
Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen . 117 6.1 Der ´blinde Fleck` in der Medienberichterstattung ....................... 118 6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage ....... 120 6.2.1 Nestbeschmutzung und Konkurrenzbeschimpfung ............. 121 6.2.2 Positive Selbstdarstellung als Vermarktungsstrategie ......... 123 6.2.3 Synergetische Berichterstattung .......................................... 128 6.3 Medienberichterstattung aus Loyalitätshaltung ............................ 130
7
Herleitung der Forschungsfragen ........................................................... 133
Kapitel 2: Methode 1
Begründung der Methodenwahl ............................................................. 149
2
Untersuchungsmaterial ........................................................................... 151
3
Untersuchungszeitraum .......................................................................... 157
4
Kategorienbeschreibung ......................................................................... 159 4.1 Erhebung der Thematisierungshäufigkeit ..................................... 162 4.2 Erhebung der Aufmerksamkeitsgenerierung ................................ 163 4.3 Erhebung der ökonomischen Rahmenfaktoren ............................. 165 4.4 Erhebung der Selektion der Beiträge ............................................ 168 4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Berichterstattung ..................................................................... 171 4.5.1 Komplexität der Darstellung ............................................... 171 4.5.2 Transparenz bei der Darstellung .......................................... 173
Inhalt 1 Die Ökonomisierung der Medienbranche
12 4.6 4.7
Erhebung der Faktizität ................................................................. 176 Erhebung der Charakterisierung von Medienunternehmen ...................................................................... 177 4.7.1 Charakterisierung durch den Journalisten ........................... 178 4.7.2 Charakterisierung durch den Aussageträger ........................ 179 4.7.3 Charakterisierung durch das sekundäre Berichterstattungsobjekt ...................................................... 180 4.7.4 Personalisierung als Charakterisierung ............................... 181 4.8 Erhebung der Wertungen .............................................................. 183 5
Überprüfung des Messinstruments ......................................................... 187
Kapitel 3: Empirie 1
Thematisierungshäufigkeiten ................................................................. 191 1.1 Häufigkeitsverteilungen ................................................................ 191 1.1.1 Häufigkeitsverteilung in den wirtschaftlichen Phasen ........ 191 1.1.2 Häufigkeitsverteilung der medialen Ebenen ....................... 196 1.1.3 Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen ................. 199 1.2 Das Berichterstattungsobjekt ........................................................ 204 1.3 Themenwahl ................................................................................. 207 1.4 Zwischenfazit: Thematisierungshäufigkeiten ............................... 215
2
Generierung von Aufmerksamkeit ......................................................... 219 2.1 Aufmerksamkeitsgenerierung durch die Größe des Beitrages ...... 219 2.1.1 Umfang des Artikels ........................................................... 220 2.1.2 Umfang der Überschrift ...................................................... 223 2.1.3 Illustrationen und Grafiken ................................................. 225 2.2 Ressortverteilung der Artikel ........................................................ 226 2.3 Aufmerksamkeitsgrad: Medienprodukte ...................................... 231 2.4 Zwischenfazit: Aufmerksamkeitsgrad .......................................... 232
3
Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung ........................ 235 3.1 Häufigkeitsverteilung der Elemente ............................................. 235 3.2 Komplexität der Elemente und externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimensionen ........................................... 239 3.2.1 Komplexität der Elemente ................................................... 239 3.2.2 Externe, interne, betriebswirtschaftliche Dimension ........... 240
1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das? Inhalt
4
13
3.3 Funktionszuweisung der Elemente ............................................... 244 3.4 Zwischenfazit: Ökonomische Rahmenfaktoren ............................ 246 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen 249 4.1 Ereignis als Anlass ........................................................................ 249 4.2 Aktualität ...................................................................................... 253 4.3 Nachrichtenfaktoren ..................................................................... 255 4.3.1 Überraschung ...................................................................... 256 4.3.2 wirtschaftliche Bedrohung .................................................. 257 4.3.3 Positivismus und Negativismus .......................................... 258 4.4 Zwischenfazit: Selektionskriterien ................................................ 260
5
Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung .......... 263 5.1 Komplexität der Darstellung ........................................................ 263 5.1.1 Darstellung der Zeitebenen ................................................. 264 5.1.2 Verständlichkeit des Artikels und Grad der Aufklärung über Zusatzinformationen ................................................... 266 5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen .......... 269 5.2.1 Angabe der Recherchequelle ............................................... 270 5.2.2 Wirtschaftliche Zuordnung des Berichterstattungsobjekts... 275 5.2.3 Konkretisierung der Unternehmensdarstellung durch Zahlenangaben .................................................................... 277 5.2.4 Gründe für ´Erfolg` und ´Schaden` ...................................... 280 5.3 Zwischenfazit: Komplexität, Verständlichkeit, Transparenz ........ 286
6
Faktizität der Berichterstattung über Medienunternehmen .................... 291 6.1 Gewählte Darstellungsformen ...................................................... 291 6.2 Der Faktizitätsgrad ........................................................................ 294 6.3 Zwischenfazit: Faktizität .............................................................. 296
7
Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen .................... 299 7.1 Charakterisierung durch den Journalisten ..................................... 299 7.1.1 Thematisierung von Handlungsformen ............................... 299 7.1.2 Thematisierung von Stärken und/oder Schwächen ............. 302 7.1.3 Charakterisierung der Medienunternehmen durch Eigenschaften ...................................................................... 305 7.2 Charakterisierung durch einen Aussageträger .............................. 309 7.2.1 Vorkommen von Aussageträgern ........................................ 309 7.2.2 Medialer Bezug der Aussageträger zum Berichterstattungsobjekt ...................................................... 313 7.2.3 Eigenschaften im Fließtext und/oder Zitat (Aussageform) .. 315
14
1 Die Ökonomisierung der Medienbranche Inhalt 7.3
7.4
7.5
Charakterisierung durch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt 317 7.3.1 Vorkommen eines sekundären Berichterstattungsobjekts ... 317 7.3.2 Medialer Bezug zwischen den Berichterstattungsobjekten .. 318 7.3.3 Das Verhältnis zwischen primärem und sekundärem Berichterstattungsobjekt ...................................................... 321 Personalisierung als Charakterisierung ......................................... 324 7.4.1 Personalisierung durch die Darstellung eines Unternehmensrepräsentanten .............................................. 325 7.4.2 Referenz der Eigenschaften auf das Unternehmen oder seine Handlungen ................................................................ 326 7.4.3 Inhalt der Illustrationen ....................................................... 328 Zwischenfazit: Charakterisierung ................................................. 330
8
Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen ............ 335 8.1 Wertungstendenz der Elemente .................................................... 336 8.2 WertenderVergleich zwischen den Berichterstattungsobjekten .... 341 8.3 Wertung über Eigenschaften ......................................................... 345 8.4 Wertungen im Fließtext, in der Überschrift und in Zitaten ........... 348 8.5 Zwischenfazit: Wertung ................................................................ 355
9
Gesamtfazit ............................................................................................. 359
Schlussbemerkung und Ausblick ..………………………………………… 369 Literaturverzeichnis ……………………………………………………. …. 375
Abbildungsverzeichnis 1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das?
15
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33:
Das wirtschaftliche Distanz-Modell....................................... 91 Übersicht der Analyseebenen............................................... 161 Häufigkeitsverteilung der Phasen......................................... 192 Häufigkeitsverteilung der medialen Ebenen nach Phasen.... 197 Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen .................. 200 Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen nach Phasen .................................................................................. 202 Häufigkeitsverteilung der Berichterstattungsobjekte ........... 205 Häufigkeitsverteilung der Themen....................................... 208 Umfang des Artikels nach Jahren (MW).............................. 220 Umfang des Artikels nach Beobachtungsform (MW).......... 222 Ressortzuweisung nach Beobachtungsformen ..................... 229 Häufigkeitsverteilung der Elemente..................................... 236 Externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimension nach Phasen (MW)............................................................... 240 Externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimension nach Beobachtungs-formen (MW)....................................... 243 Funktionszuweisung der Elemente nach Phasen .................. 245 Funktionszuweisung der Elemente nach Beobachtungsformen............................................................ 246 Ereignis als Anlass nach Beobachtungsformen.................... 252 Aktualität nach Phasen (MW) .............................................. 254 Zeitebenen nach Beobachtungsformen (MW)...................... 265 Verständlichkeit und Grad der Aufklärung nach Phasen .... 267 Verständlichkeit und Aufklärung nach Beobachtungsformen (MW)................................................. 269 Recherchequelle nach Phasen .............................................. 271 Recherchequelle nach Beobachtungsformen........................ 274 Zahlenangaben nach Phasen................................................. 278 Zahlengaben nach Beobachtungsformen.............................. 279 Gründe für ´Erfolg` nach Beobachtungsformen................... 284 Gründe für ´Schaden` nach Beobachtungsformen ............... 285 Darstellungsform nach Phasen (MW) .................................. 293 Faktizitätsgrad nach Beobachtungsformen (MW)................ 295 Handlungsform nach Beobachtungsformen ......................... 301 Stärken und/oder Schwächen nach Phasen (MW)................ 303 Stärken und/oder Schwächen nach Beobachtungsformen.... 305 Vorkommen der Eigenschaften nach Beobachtungsformen. 308
16 Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41: Abbildung 42: Abbildung 43: Abbildung 44: Abbildung 45: Abbildung 46: Abbildung 47: Abbildung 48: Abbildung 49: Abbildung 50:
1 Die ÖkonomisierungTabellenverzeichnis der Medienbranche Anzahl der Aussageträger nach Phasen................................ 311 Anzahl der Aussageträger nach Beobachtungsformen......... 312 Beziehung des Berichterstattungsobjekts zum Aussageträger....................................................................... 313 Aussageform der Eigenschaften nach Beobachtungsformen (MW)................................................. 316 Mediale Beziehung der Berichterstattungsobjekte nach Phasen .................................................................................. 319 Verhältnis primäres - sekundäres Berichterstattungsobjekt nach Phasen.......................................................................... 321 Zuordnung der Eigenschaften nach Phasen.......................... 327 Tendenz der Elemente nach Phasen (MW) .......................... 336 Tendenz der Elemente nach Beobachtungsformen .............. 339 Wertender Vergleich primäres - sekundäres Berichterstattungsobjekt nach Phasen (MW) ....................... 343 Wertender Vergleich primäres – sekundäres Berichterstattungsobjekt nach Beobachtungsformen ........... 344 Wertungstendenz der Eigenschaften nach Phasen (MW)..... 346 Wertungsrichtung der Eigenschaften nach Beobachtungsformen (MW)................................................. 347 Allgemeine Wertungstendenz nach Phasen (MW)............... 349 Allgemeine Wertungstendenz nach medialen Ebenen und Phasen .................................................................................. 350 Allgemeine Wertungstendenz nach Beobachtungsformen... 352 Allgemeine Wertungstendenz nach Beobachtungsformen und Phasen (MW) ................................................................ 353
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7:
Themenhäufigkeit nach Beobachtungsformen.......................... 210 Themenhäufigkeit nach Phase .................................................. 212 Gründe für ´Erfolg` nach Phasen .............................................. 281 Gründe für ´Schaden` nach Phasen ........................................... 282 Verhältnis der Berichterstattungsobjekte nach Beobachtungsformen ................................................................ 323 Illustrationen (Inhalt) nach Phasen............................................ 329 Tendenz der Elemente nach Beobachtungsformen (MW) ........ 340
Einleitung
„Die Verbindung von Ökonomie und Medien ist eine doppelte. Einerseits sind Medien Subjekte: Motoren und Stimulatoren für die Wirtschaft. Andererseits sind sie Objekte: selbst wirtschaftliche Güter. Medienwirtschaft ist Wirtschaft durch Medien und Wirtschaft mit Medien.“ (Prof. Dr. Norbert Schneider, Direktor der Landesanstalt für Medien Düsseldorf)
Medien und Ökonomie sind auf unterschiedlichen Ebenen miteinander verflochten und voneinander abhängig. Medien sind Kulturgut und gleichzeitig Wirtschaftsgut (vgl. Mc Quail, 1986, S. 634). Grundsätzlich sind Medien als Wirtschaftsunternehmen strukturiert. Sie sind als Subjekt über die Formen von Kommunikation und Information eine wichtige Basis für wirtschaftliche Prozesse. So bilden sie beispielsweise den medial-technologischen Rahmen für Banken, Börsen und Handel oder schaffen Aufmerksamkeitszentren, die von der Industrie als Werbeplattform für ihre Produkte benutzt werden können und somit deren Konsum ankurbeln. Die Medien fördern und stimulieren aber nicht nur wirtschaftliche Prozesse, sie sind selbst auch Objekte der wirtschaftlichen Entwicklung und stellen einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. In diesem Sinne orientieren sie sich an den wirtschaftlichen Maximen von Effizienz und Profit. Auf der anderen Seite prägen die Medien als Kulturgut die Wahrnehmung von Wirklichkeit über vermittelte Werte, Einstellungen, Gefühle, Welt- und Vorbilder, indem sie entsprechend ihrer gesellschaftlichen Funktion Informationen übermitteln. Sie stellen Öffentlichkeit her und bieten auf diese Weise Hilfe zur gesellschaftlichen Orientierung und Integration. Darauf basiert auch ihre besondere Bedeutung für Individuum und Gesellschaft. Von daher sind die Produkte der Medien nicht nur rein wirtschaftlich als Ware zu sehen. Die Informationen, die über die Medien kommuniziert werden, beziehen sich dabei nicht nur auf die ´Außenwelt` der Medien, sondern auch zunehmend auf die Medien selbst. Die Ursache dafür liegt auch in dem gestiegenen Interesse an den Medien selbst aufgrund ihrer zunehmenden gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Bedeutung. Zudem macht es gerade die Komplexität der Medienwelt und der durch sie vermittelten Inhalte notwendig, dem Rezipienten auch die entsprechende Kompetenz im Umgang mit Medien zu verschaffen. Dazu ist ein Blick auf die Medien notwendig. Und dieser erfolgt wieder über die
18
Einleitung 1 Die Ökonomisierung der Medienbranche
Medieselbst. Somit liegt es ganz im Sinne ihrer gesellschaftlichen Funktion, wenn Medien auch über Medien informieren. Lange Zeit fand Medienreflexion aber lediglich am Rande als Querschnittthema statt. Eine regelmäßige Selbstthematisierung erfolgte erst durch die feste Etablierung von Medienressorts. Trotz zunehmender Professionalisierung wird den Medienjournalisten jedoch eine gewisse Betriebsblindheit nachgesagt oder, wie Emil Dovivat (1990) es formulierte, eine „Scheu der Publizistik vor der Publizistik“ (S. 30). Da sich der Medienjournalist im eigenen Medienbereich bewegt, den er beobachten, analysieren, kommentieren und kritisieren soll, befindet er sich als unabhängiger Journalist, als Kollege und Arbeitnehmer in einem ständigen Rollenkonflikt. Deshalb verstellen ihm oft Eitelkeiten, Geltungsdrang oder gewisse Rücksichtnahmen den Blick auf die Strukturen und Inhalte der Medien. Es entstehen gewisse Tabuzonen in der Berichterstattung über Medien, der sogenannte ´blinde Fleck` der Medienberichterstattung. Insofern werden interne Missstände im Medienbereich meist erst dann aufgedeckt, wenn es gar nicht mehr anders geht. Das Schaffen von Transparenz ist aber eine wichtige Aufgabe des Medienjournalisten, denn alles, was wir über Medien wissen, wird fast ausschließlich über Medien vermittelt. Eklatant wird dieser Konflikt, wenn die Themen der selbstreferentiellen Berichterstattung die wirtschaftlichen Interessen der Medienunternehmen tangieren. Schließlich sind diese auch Wirtschaftsbetriebe, die nach profitorientierten, wirtschaftlichen Kriterien agieren. Von daher ist für sie alles von Bedeutung, was ihren wirtschaftlichen Erfolg beeinflussen kann. Die Problematik kann sich noch zuspitzen, wenn der Journalist nicht nur allgemeine wirtschaftliche Medienthemen aufgreift, sondern Medienunternehmen selbst in den Fokus der Berichterstattung stellt. Gerade hier erweist sich die Schnittstelle von Ökonomie und Medien als hoch brisantes Thema, da zwei konträre Interessen aufeinander treffen: Einmal die unternehmerische Sicht, die sich nach Profit- und Gewinnstreben ausrichtet und auf eine gute Positionierung im wirtschaftlichen Marktgefüge bedacht ist. Auf der anderen Seite die gesellschaftliche Forderung, dass die Medien nach journalistischen Qualitätsansprüchen ihren Funktionen der Information, Aufklärung, Kritik und Kontrolle nachkommen. Dies führt nicht nur zu dem oben erwähnten Zwiespalt der Medien als Kultur- und Wirtschaftsgut. Der Journalist selbst steckt aufgrund seines Abhängigkeitsverhältnisses als Arbeitnehmer in einem Interessenskonflikt. Einerseits ist er Journalist mit Autonomieanspruch, andererseits abhängiger Arbeitnehmer in einem Medienbetrieb. In dieser Eigenschaft möchte er aus Loyalitätsgründen den wirtschaftlichen Interessen seines Arbeitgebers sicher nicht schaden. Berichten Journalisten nun über Medienwirtschaft, so können sie Meinungen bilden bzw. beeinflussen. Veröffentlichung heißt auch Einflussnahme auf wirtschaftliche Denkweisen, Entscheidungen und Diskussionen. Wird über den
Einleitung 1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das?
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wirtschaftlichen Status eines Unternehmens berichtet, so werden ökonomische Fakten und Daten öffentlich preisgegeben. Geschieht das, so hat dies Einfluss auf wirtschaftliche Folgeprozesse, da Veröffentlichungen sich auch auf Aktienkurse, weitere ökonomische Entscheidungen, das Leser- und Zuschauerverhalten, aber auch auf das Image des betreffenden Medienunternehmens auswirken können. Ob über ein Unternehmen gut oder schlecht berichtet wird, hat Einfluss auf seine Außenwirkung und damit auf seine Akzeptanz bei Rezipienten und Werbekunden. Eine gute Außendarstellung erhöht den Marktwert eines Medienunternehmens, was zu höheren Umsätzen führt. Höhere finanzielle Ressourcen wiederum fördern z.B. über den Ausbau von Redaktionen auch die publizistische Qualität. Umgekehrt bewirkt ein schlechtes Image eventuell Umsatzeinbußen und in der Folge aufgrund von Sparmaßnahmen Beschränkungen auf publizistischem Gebiet. Die Wirtschaftsberichterstattung über Medienunternehmen entwickelt sich somit zu einer ökonomisch-publizistischen Spirale, auf der sich Journalisten aufgrund der Selbstthematisierung und damit der eigenen Betroffenheit auf einem schmalen Grad bewegen. Verschiedene Rahmenentwicklungen verstärkten in den letzten beiden Jahrzehnten noch das ökonomische Denken in den Chefetagen. So führten strukturelle Veränderungen in der Medienbranche, wie beispielsweise der Eintritt privater Anbieter auf dem Rundfunkmarkt, innovative Technologien und die wachsende Konkurrenz durch andere Informations- und Kommunikationsquellen, wie dem Internet, zu einer zunehmenden Ökonomisierung aller Medienbereiche. Es ging immer mehr um betriebswirtschaftliche Prinzipien, um auf dem hart umkämpften Markt bestehen zu können. Fusionen, Kooperationen und die steigende Internationalisierung verstärkten die Konzentration und auch die Abhängigkeiten. Durch diese Abhängigkeiten und strukturellen Herausforderungen nahm das ökonomische, profitorientierte Denken in den Verlagen immer mehr zu. Die Medien müssen sich permanent veränderten wirtschaftlichen und politischen Bedingungen sowie gewandelten Nutzerpräferenzen anpassen, um wirtschaftlich als Unternehmen bestehen zu können. Ihre Position wird aber dann problematisch, wenn sie für eigene unternehmerische Zielsetzungen auch ihre publizistische Macht einsetzen. Bei der Produktion von Inhalten unterstehen Medien grundsätzlich dem publizistischen Anspruch, objektiv und sachlich zu informieren. Durch eine unabhängige redaktionelle Selbstkritik können Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufgebaut werden, was sich langfristig auch wieder wirtschaftlich auszahlen kann. Dennoch wird es in den Chefetagen der Verlage nicht gern gesehen, wenn die eigene Medienbranche oder im Speziellen das eigene Unternehmen zum Thema gemacht werden. Werden Probleme offengelegt, wird dem Medienjournalisten oft vorgeworfen, ´Nestbeschmutzung` oder ´Konkurrenzbeschimpfung` zu betreiben. Daher wird z.B. über Kollegen oft eher zurückhaltend oder wohl-
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wollend berichtet. Auch Fengler (2002) und Malik (2004) berichten in ihren Studien von einer gewissen Retention bei der Berichterstattung über Unternehmen innerhalb des gleichen Medienbereichs, da der Medienjournalist hier in einem besonderen Dilemma steckt. Einerseits muss er seinem journalistischen Auftrag gerecht werden, andererseits ist er eingebunden in wirtschaftliche Zwänge, da Arbeitgeberinteressen von ihm Loyalität gegenüber dem eigenen Haus und eine gewisse Distanz gegenüber konkurrierenden Medienunternehmen fordern. Dies kann beispielsweise über informelle und formale Verhaltenserwartungen an Journalisten herangetragen werden oder über konkrete Weisungen der Verlagsebene. Da in diesem Fall Interessenvertreter und Medium identisch sind, besteht durchaus die Möglichkeit, dass ökonomische Eigeninteressen der Verlage die Inhalte beeinflussen können. (Kemner, Scherer & Weinacht, S. 65) So kann beispielsweise das eigene Unternehmen als sakrosankte Zone gesehen werden oder das eigene Medium dazu benutzt werden, indirekt ´Selbstbeweihräucherung` zu betreiben, wovon Ruß-Mohl spricht. In diesem Fall wären aberMedienjournalisten nichts anderes als PR-Gehilfen der Kommunikationsindustrie. Im Gegensatz dazu sieht Ruß-Mohl aber bei der Beobachtung der Konkurrenz die Gefahr, dass diese entweder ´totgeschwiegen` oder ´verunglimpft` wird. Jedoch gibt es noch differenziertere Möglichkeiten, um publizistisch auf den Wettbewerb Einfluss zu nehmen. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, über synergetische Berichterstattung indirekt Werbung für wirtschaftlich verflochtene Medienunternehmen und deren Produkte zu machen oder gezielt PR-orientiert deren Image aufzuwerten. Dies wäre brisant, da aufgrund der zahlreichen, unübersichtlichen Verflechtungen in der Medienlandschaft Beteiligungen oder Kooperationen für den Rezipienten nicht immer leicht zu identifizieren sind. Da es für Medienunternehmen darum geht, sich im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Rezipienten von den Mitkonkurrenten abzusetzen, könnte außerdem der Konkurrenzaspekt bei der Darstellung von Medienunternehmen eine entscheidende Rolle spielen, denn über das vorgestellte Image wird Einfluss auf die Rezeption und das Kaufverhalten der Leser genommen. Gerade die wirtschaftliche Distanz zwischen der berichtenden Zeitung und dem thematisierten Medienunternehmen entscheidet darüber, wie intensiv sich dieses Konkurrenzverhältnis gestaltet, speziell wenn es um die Marktpositionierung geht. Der Wettbewerbsdruck könnte über die Verlagsebene zu einem mehr oder weniger starken Druck auf die Redaktionen führen, so dass sich ökonomische Überlegungen der Verlagsführung auf die Publizistik niederschlagen könnten. Die Ökonomisierung der Medien ist daher ein Problem, das den Kern der Medienentwicklung berührt, denn eine verstärkte Ausrichtung an ökonomischen Maximen könnte dazu führen, dass die Berichterstattung ein verzerrtes Bild liefert. Wäre dies der Fall, so würde es zu einem gravierenden Bedeutungsverlust von Qualität und Glaubwür-
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digkeit des Medienjournalismus führen. Befindet sich nun – wie befürchtet – die Berichterstattung über Medienunternehmen tatsächlich in den Fängen der Ökonomie? Dieser Frage soll in vorliegender Arbeit theoretisch und empirisch nachgegangen werden. Die Berichterstattung über Medienunternehmen wird daraufhin untersucht, ob und wie sich ökonomische Verlagsinteressen in der Berichterstattung über Medienunternehmen niederschlagen. Zum einen wird hinterfragt, inwieweit die allgemeine konjunkturelle Lage auf dem Medienmarkt Einfluss auf die Berichterstattung hat. Zum anderen wird der Aspekt ´ökonomischer Eigeninteressen` untersucht, der Einfluss auf die publizistische Gestaltung der Berichterstattung über Medienunternehmen haben könnte. Von Interesse ist dabei der Konkurrenzaspekt zwischen den verschiedenen Medienbereichen und speziell innerhalb des eigenen Mediensektors. Die Arbeit gliedert sich in drei Kapitel: Theorie, Methode und Empirie. Im Theorieteil werden wiederum drei Themenbereiche behandelt. Der erste widmet sich schwerpunktmäßig der zunehmenden Ökonomisierung der Medien. Der folgende Themenkomplex geht einen Schritt weiter und behandelt die selbstreferentielle Medienberichterstattung im Rahmen der zuvor dargestellten ökonomischen Einflüsse. Schließlich beschäftigt sich der dritte Bereich mit dem zentralen Problem, wenn Ökonomie und publizistischer Anspruch aufeinanderprallen. Im Folgenden soll ein genauerer Einblick in den Inhalt der Theoriekapitel gegeben werden. In Subkapitel 1 versuche ich mich dem Phänomen ´Ökonomisierung` zum komplexeren Verständnis aus verschiedenen wissenschaftlichen Betrachtungsweisen zu nähern und dessen Bedeutung für die Medienbranche innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte darzulegen. Ökonomisierung soll dabei als umfassender Prozess verstanden werden, der u.a. das Denken und Handeln der Medienschaffenden beeinflusst. Diese Ökonomisierung wurde ausgelöst, forciert und begleitet von technologischen, medienpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenentwicklungen, die Einfluss nahmen auf strukturelle und wirtschaftliche Veränderungen am Medienmarkt. Von daher können sie auch Inhalte für die Medienberichterstattung bilden, die für diese Studie von Interesse sind. Daneben prägen sie die wirtschaftliche Situation von Medienunternehmen, da durch sie verschiedene konjunkturelle Entwicklungen teilweise erst ausgelöst oder determinierend verstärkt wurden. Subkapitel 2 soll daher aufzeigen, wie sich innerhalb dieser Rahmenbedingungen die wirtschaftliche Marktlage ab den Neunziger Jahren auf dem Print- und dem Rundfunkbereich konkret entwickelt hat. Dabei kristallisierten sich verschiedene wirtschaftliche Entwicklungsphasen heraus, die ich für die empirische Auswertung kategorisierte und dahingehend nutzte, den Einfluss der
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jeweiligen konjunkturellen Marktlage auf die Berichterstattung nachzuweisen und zu interpretieren. Da in dieser Arbeit speziell die Medienberichterstattung über Medienunternehmen fokussiert wird, soll sie in Subkapitel 3 in den weiten Begriff ´Medienjournalismus` eingeordnet werden. Außerdem wird auf die Besonderheiten der Berichterstattung über Medienunternehmen eingegangen, bei der es sich zum einen um Wirtschafts- bzw. Unternehmensberichterstattung, zum anderen um medienkritische Inhalte handelt. Zur Sprache kommen Formen und Kennzeichen der Wirtschafts- und Unternehmensberichterstattung und deren Ausprägungen bei der Thematisierung von Medienunternehmen. Sie sollen bei der Auswertung der Befunde als Vergleichsergebnisse herangezogen werden. Bei der Darstellung der Unternehmen spielt die Wettbewerbssituation auf dem Medienmarkt eine bedeutende Rolle, da sie das Image und damit die Marktposition der thematisierten Unternehmen prägt. Deshalb wird im Weiteren den verschiedenen Konkurrenzverhältnissen nachgegangen, die zwischen dem berichtenden Medium und den thematisierten Unternehmen entstehen können. Diese Verhältnisse basieren auf der jeweiligen wirtschaftlichen Distanz zwischen Thematisierendem und Thematisiertem. Daraus entwickelte ich ein Distanz-Modell der wirtschaftlichen Konkurrenzbeziehungen. Dabei unterschied ich zwischen einem weiten und einem engen Distanzverhältnis. Ersteres betrifft die Konkurrenz zwischen den klassischen Medienbereichen ´Zeitung`, ´Zeitschrift` und ´Rundfunk`. Das enge Distanzverhältnis bezieht sich dagegen auf das Konkurrenzverhältnis von Unternehmen innerhalb desselben Mediensektors. Mithilfe dieses Modells kann einer unterschiedlichen Darstellung der verschiedenen Mediensektoren bzw. des eigenen Unternehmens und anderer Konkurrenzzeitungen aufgrund eines möglichen Einflusses ökonomischer Eigeninteressen des Verlags nachgegangen werden. Dieser Einfluss wirtschaftlicher Verlagsinteressen kann nur auf organisationaler Ebene erfolgen. Auf dieser Ebene begegnen sich ökonomische und publizistische Interessen. Daher werden in Subkapitel 4 ´Ökonomie und Organisation der Medien` die Auswirkungen der Ökonomisierung auf die Strukturen der Medienorganisation dargelegt. Anhand der organisatorischen Entscheidungsstrukturen und Verflechtungen zwischen Redaktion und Verlag werden der mögliche Einfluss unternehmerischer und publizistischer Eigeninteressen der Medieneigentümer sowie das Problem der ´inneren Pressefreiheit` erörtert. In Zusammenhang mit der Produktion von Inhalten müssen Überlegungen zur Diskrepanz zwischen ökonomischem Handeln und publizistischem Anspruch angestellt werden. Die Fokussierung der Medienberichterstattung auf den wirtschaftlichen Aspekt macht in Subkapitel 5 daher eine genaue Funktionsbestimmung des Medienjournalismus notwendig, speziell im Hinblick auf seine Bedeutung für die Gesellschaft und auch für das Unternehmen. Innerhalb des großen
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Bereichs der Selbstthematisierung wird in Subkapitel 6 der Einfluss ökonomischer Eigeninteressen erörtert, der heikle Formen der Berichterstattung evozieren kann. Der Journalist steht dabei zwischen der gesellschaftlich geforderten Funktionserfüllung und der Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der gesamten Medienbranche. Dieser Zwiespalt, der sich innerhalb des Themenkreises Ökonomie und Medien und speziell bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen ergibt, soll in diesem Subkapitel aufgeführt und diskutiert werden. Die dort dargestellten Fehlformen des Medienjournalismus dienen als theoretische Grundlage für die Interpretation eventueller Unterschiede und Auffälligkeiten bei den Ergebnissen im empirischen Teil. Die theoretischen Ausführungen schließen mit der Konkretisierung des Erkenntnisinteresses und den Forschungsfragen. Kapitel 2 beschäftigt sich mit der angewandten Methode der Inhaltsanalyse, der Bestimmung des Untersuchungsmaterials und der Begründung des Untersuchungszeitraums. Daran wiederum schließt eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Kategorien des Codebuchs an. In Kapitel 3 werden die Forschungsfragen beantwortet, indem die Befunde der verschiedenen Kategorien ausgewertet und interpretiert werden. Dabei wird die Berichterstattung über Medienunternehmen in formaler, inhaltlicher und wertender Hinsicht auf den möglichen Einfluss der Konjunkturlage und von ökonomischen Verlagsinteressen hin untersucht. Um äußeren ökonomischen Einflüssen auf die Berichterstattung nachzugehen, teilte ich den Untersuchungszeitraum in verschiedene ökonomische Phasen ein, die ich anhand der konkreten wirtschaftlichen Entwicklung identifiziert hatte. Eine Determinierung aufgrund der Verlagsökonomie wiederum versuchte ich mit dem Konkurrenzaspekt über das von mir entwickelte Distanz-Modell nachzuweisen. Dieses Modell ermöglicht zudem eine vielleicht existierende synergetische Berichterstattung aufzudecken und eventuellen Konkurrenz- oder Solidaritätsaspekten nachzuspüren. Im Gesamtfazit werden die vorliegenden Ergebnisse in einem groben Überblick dargestellt und eindeutige Tendenzen diskutiert. Neben einem Einfluss der konjunkturellen Bedingungen werden dabei festgestellte systematische Differenzen, die auf einen zunehmenden Verlagseinfluss hindeuten, unter verschiedenen Aspekten kritisch betrachtet. Aber auch möglichen Professionalisierungstendenzen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen wird nachgegangen. Der anschließende Ausblick soll die Erkenntnisse in einen weiteren forschungs- und praxisrelevanten Zusammenhang stellen und die Gefahren einer Instrumentalisierung durch die Verlagsökonomie aufzeigen.
KAPITEL 1: Theorie
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Besonders in den letzten zwanzig Jahren befanden sich Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland mitten in einem gravierenden Veränderungsprozess. Die Strukturen der Industriegesellschaft lösten sich zunehmend auf und wurden Schritt für Schritt ersetzt durch die neuen Rahmenbedingungen der Wissens- und Informationsgesellschaft. Innerhalb dieses Strukturwandels nimmt der Prozess der Ökonomisierung einen zentralen Stellenwert ein. Der Medienbereich blieb davon nicht ausgeschlossen. Vor allem die voranschreitende Ökonomisierung und die Technisierung der Medien und des Mediensystems zwangen den Journalismus bzw. die Medienorganisationen dazu, die journalistischen Leistungen, aber auch ihre Organisationsweise und die Medieninhalte neuen Bedingungen anzupassen. (vgl. Wyss, 2002, S. 14-16; Wehmeier, 1998, S. 368; Kiefer, 2001, S. 19-21, Meier & Jarren, 2002, S. 212) Da Medienbetriebe – abgesehen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk – privatwirtschaftlich organisiert sind, sind von Anfang an publizistische und journalistische Leistungen auf das Engste mit ökonomischem Handeln verbunden. Medienunternehmen operieren auch zunächst einmal auf dem ökonomischen Markt nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wirtschaftliches Handeln gehört somit zu den Grundlagen des Funktionierens von Medienunternehmen. Allein von daher betreffen die allgemeinen Ökonomisierungstendenzen auch die Medien. Die Eigenrationalität des Markthandelns und -denkens prägt wiederum die journalistischen Zielsetzungen und bildet den Rahmen für das journalistische Handeln. Die Bestimmung der journalistischen Leistungen über individuelle Angebots- und Nachfragebeziehungen auf den Märkten steht dabei der politischen und gesellschaftlichen Funktionszuweisung der Medien gegenüber. Da es in dieser Arbeit darum geht, ob die Ökonomisierung Einfluss auf die redaktionelle Ebene und damit auf die publizistische Gestaltung hat, sollte zunächst geklärt werden, was unter einer Ökonomisierung des Medienbereichs zu verstehen ist. 1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das? Betrachtet man die Ökonomie des Mediensystems, so fehlt es bislang an einer eindeutigen und allgemein gültigen begrifflichen Festlegung für dieses Phäno-
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men. In der publizistikwissenschaftlichen Literatur finden sich zahlreiche Umschreibungen, aber es herrscht bis jetzt noch kein Konsens über eine verbindliche Definition. Begriffe, Sichtweisen und Definitionen variieren je nach theoretischem Ausgangspunkt, nach dem Verständnis von öffentlicher Kommunikation und nach den vielfältigen Ursachen und Folgen von Ökonomisierungs- bzw. Kommerzialisierungsprozessen. So werden auch die Begriffe ´Ökonomisierung` und ´Kommerzialisierung` oft synonym verwendet, was eine exakte Abgrenzung erschwert. (Kiefer, 2005, S. 20; Meier & Jarren, 2002, S. 202; Karmasin, Knoche & Winter, 2001, S. 184-214; Siegert, 2001b, S. 169; Heinrich, 1994b, S. 171a). Für diese Studie erscheint es plausibel den Begriff der ´Ökonomisierung` zu verwenden und zwar aus folgenden Gründen. ´Ökonomisierung` ist als ein übergreifender Prozess zu verstehen, bei dem zunehmend die wirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Regeln auch für Medienorganisationen gelten und bei dem mediales Handeln weitgehend von ökonomischen Kalkülen geprägt wird. Auch von der organisatorischen Ebene der Medien, speziell der Unternehmensebene her, spricht vieles für den Begriff der ´Ökonomisierung`. Denn wie Heinrich (2001) schon sagt: „Auf der Ebene der Unternehmung manifestiert sich die Ökonomisierung am deutlichsten. Hier wird die Ökonomisierung geplant, organisiert und umgesetzt“ (S. 162). Medienorganisationen und die Gesellschaft sind zudem rekursiv miteinander verknüpft. Denn die Unternehmensstrategien der Medienunternehmen beeinflussen das Marktgeschehen und umgekehrt reagieren die Medienorganisationen auf strukturelle oder konjunkturelle Änderungen auf dem Markt. (Altmeppen, 2006, S. 254-255) Da es in dieser Studie gerade um den Einfluss ökonomischer Zielsetzungen auf Unternehmensebene geht, erscheint der Begriff ´Ökonomisierung` für vorliegende Studie passender als der der ´Kommerzialisierung`. ´Kommerzialisierung` umfasst eher die Veränderung publizistischer Zielsetzungen, beispielsweise durch die verstärkte Ausrichtung am Publikumsgeschmack und die verstärkte ´Zusammenarbeit` mit der Werbewirtschaft (Heinrich, 1994, S. 171), um den größtmöglichen Profit zu erzielen. Dies ist jedoch nicht Inhalt dieser Studie, wodurch der Begriff der ´Ökonomisierung` zu präferieren ist. 1.2 Chancen und Risiken der Ökonomisierung der Medien Das Phänomen ´Ökonomisierung` im Medienbereich ist sehr vielschichtig zu sehen, denn es hat zunehmenden Einfluss auf die institutionellen Ordnungen und das Handeln der Medienakteure. Um die Ursachen und Folgen dieses Prozesses zu verstehen, soll im Folgenden zunächst aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven der Begriff ´Ökonomisierung der Medien` erläutert und anhand
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dieser theoretischen Erklärungsansätze ihr jeweiliger Einfluss auf die Medien geklärt werden. Auch wird gezeigt, auf welchen Ebenen die Ökonomisierung mit ihren Chancen und Risiken stattfindet. Im Anschluss daran werden die tatsächlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgezeigt, die Voraussetzung, Zeichen oder Folge dieser Entwicklung waren. Ihre Darstellung ist deswegen von solcher Bedeutung, da diese Rahmenfaktoren im Rahmen einer Berichterstattung über Medienunternehmen auch ´Inhalte` darstellen können. Dabei können verschiedene Thematisierungs- und Begründungsstrukturen dieser Faktoren auftauchen. 1.2.1 Wirtschaftswissenschaftliche Betrachtungsweise Der Begriff ´Ökonomisierung` stammt ursprünglich aus der Wirtschaftswissenschaft. Er bezeichnet aus dieser Sicht ganz allgemein wirtschaftliches Handeln, das auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist. Diese Definition schließt auch Werte, Gegenstände und Lebensbereiche ein, die nicht zum Kernbereich der Wirtschaft gehören. In dieser Bedeutung kann Ökonomisierung auf andere Bereiche übertragen werden, also auch auf den Medienbereich. Wie andere Unternehmen organisiert sich das Mediensystem zunehmend nach den ökonomischen Regeln von Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Profitmaximierung. Es herrscht hier ebenfalls der ökonomische Wettbewerb. Max Weber spricht in diesem Zusammenhang vom „geschäftlichen Charakter“ der erwerbswirtschaftlich organisierten Medien (Kiefer, 2005, S. 24). Auch Kiefer (2001) sieht darin nur ein die Geschäftsinteressen wahrnehmendes Handeln, „also selbstverständliche Kaufmannspflicht, wenn man nicht in Konkurs gehen will“ (S. 21). Alle Definitionen der wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive betonen die Ausrichtung der Medienunternehmen nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Zudem wird auch innerhalb des Marktes die wachsende ökonomische Bedeutung der Medien als Wirtschaftsfaktor gesehen. Als Wirtschaftsunternehmen sind die Medienunternehmen in ein System von ökonomischen Beziehungen eingebettet. Einerseits sind sie Nachfrager von Produkten und Dienstleistungen aus anderen medialen und nichtmedialen Bereichen, z.B. Nachfrager von Zeitungspapier oder von Dienstleistungen der Nachrichtenagenturen. Andererseits sind sie Voraussetzung der wirtschaftlichen Existenz anderer Wirtschaftsbereiche und nachgelagerter Märkte. Journalistische Produkte sind aus dieser Sicht Waren, über deren Markt1 bedingungen Angebot und Nachfrage entscheiden. (Weischenberg, Altmeppen 1
Um Güter im ökonomischen Sinn zu sein, müssen Medien drei Bedingungen erfüllen. Sie dienen der Bedürfnisbefriedigung, treffen auf eine Nachfrage und es handelt sich um „knappe“ Güter, da sie, soweit sie auf Märkten angeboten werden, einen Preis erzielen. (Kiefer, 2005, S. 144)
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& Löffelholz, 1994, S. 107) Sie werden nach Markt- und Wettbewerbsprinzipien bereitgestellt und dienen hauptsächlich der Erzielung von privatem Gewinn. Die Produktion dieser Waren wird durch eine mehrfach gebrochene Preiskalkulation finanziert, die eindeutig durch Werbeeinnahmen dominiert wird. Bei Zeitungsunternehmen geschieht dies durch eine Mischkalkulation von Anzeigen- und Vertriebspreisen, bei privat-kommerziellen Rundfunkanbietern ausschließlich über Werbung, während die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Einnahmen aus Gebühren und Werbung erzielen. Daneben gibt es noch abonnentenfinanzierte Unternehmen wie zum Beispiel ´Premiere`. Der ökonomische Wettbewerb, das Streben nach Gewinn, nach Steigerung von Marktanteilen und Umsätzen dominiert somit das medienunternehmerische Handeln. (Kiefer, 2005, S. 17-18 und S. 38; Meier & Jarren, 2002, S. 201) Die Bewertung der Marktergebnisse erfolgt nach dieser Sichtweise hauptsächlich nach dem individuellen ökonomischen Nutzen. Da es hierbei vor allem auf Auflagensteigerung und Rezipientenbindung ankommt, sind mit der Ökonomisierung auch Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Marktforschung eng verbunden. Diese Bereiche handeln funktional hauptsächlich nach ökonomischen Kriterien, wodurch sie die Ökonomisierung der Medienunternehmen weiter vorantreiben. (Altmeppen, 2001b, S. 97-98; Meier & Jarren, 2002, S. 202-203) Jedoch gibt es bei der wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtungsweise auch weiter gefasste Definitionen der ´Ökonomisierung`. Diese beziehen die Außenbereiche, also gewisse wirtschaftliche Rahmenentwicklungen mit ein, wie z.B. Medienkonzentration, Globalisierung und Digitalisierung. So sieht Altmeppen (2001b) in der Ökonomisierung einen „Prozess dynamischer wirtschaftlicher Faktoren (wie Neuorganisation, Auflösung und Rekombination von Unternehmen und Märkten), mit dem in und zwischen den Medienteilmärkten >…@ neue Formen medienwirtschaftlicher Kooperation, Verflechtungen und Unternehmenskonzentration entstanden sind und entstehen“ (S. 96). Ökonomisierung bewirkt in diesem Sinne somit auch strukturelle Veränderungen im Medienbereich. Durch die neuen und intensiveren Formen der Medienkonzentration geraten in den Medienmärkten zudem ökonomische Operationen verstärkt in den Mittelpunkt. Karmasin, Knoche & Winter (2001) sehen noch weiter gefasst die Ökonomisierung als globales Phänomen, das von außen in die traditionelle Medienwirtschaft hereingebracht worden ist. Für sie ist Ökonomisierung eine Folge von Digitalisierung und Konvergenz. (Auf diese verschiedenen Einflussfaktoren wird unter 1.3 noch genauer eingegangen.) Gleichgültig welche wirtschaftswissenschaftliche Definition man heranzieht, es kann festgehalten werden, dass die zunehmende Ökonomisierung für die Medien einen Umbruch ihrer inneren Strukturen und Organisationen durch die Betonung betriebswirtschaftlicher Kri-
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terien bedeutet. Andererseits beinhaltet sie aber auch die Chance, dass die Medien ihren Einfluss auf nationaler und internationaler Ebene ausweiten können. 1.2.2 Kommunikationswissenschaftliche Betrachtungsweise Während in der Wirtschaftswissenschaft profitorientiertes Denken und Handeln durchaus akzeptiert wird, wird in der Kommunikationswissenschaft diese einseitige Orientierung am Gewinn bei Medienunternehmen nicht so gern gesehen. Zwar sind bis auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle Medien überwiegend als private Wirtschaftsunternehmen organisiert und damit an wirtschaftlichen Kriterien orientiert, sie dürfen aber aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive nicht ausschließlich als privates Geschäft gesehen werden. Sie sind aus dieser Perspektive vor allem eine gesellschaftliche Institution, die meritorische Leistungen für andere Institutionen wie Politik, Kultur und Gesellschaft erbringt bzw. erbringen sollte. Die Leistungen, die von den Medien erwartet werden, sind im Wesentlichen Information, Aufklärung und demokratische Kontrolle. In der Kommunikationswissenschaft wird nun befürchtet, dass immer mehr das Sachziel der Medien, nämlich ihre erwartete gesellschaftliche Funktionalität, dem Formalziel der Medienunternehmung, nämlich Gewinne zu erwirtschaften, untergeordnet wird. (Meier & Jarren, 2002, S. 201; Kiefer, 2005, S. 25 und S. 38; Weischenberg, 1994, S. 109-111) Durch die zunehmende Subordination publizistischer Zielsetzungen unter ökonomische Kriterien verstärken sich auch die strukturellen Spannungen, wenn beispielsweise publizistische Forderungen nach Vielfalt und Meinungspluralität auf ökonomische Konzentrationsbewegungen und Verdrängungswettbewerb treffen. Ökonomische Kriterien wie Rationalität, Eigennutzorientierung und wirtschaftlicher Wettbewerb überlagern dabei die publizistischen Ordnungskriterien. Auch Heinrich (2001) konstatiert neben einer zunehmenden Berücksichtigung von Rezipientenpräferenzen den Ersatz der publizistischen Ziele von Aufklärung, Kritik und Kontrolle durch marktorientierte Ziele (S. 160). Während Saxer (1998b) lediglich eine Verstärkung ökonomischer Einflüsse unter dem Druck der Werbewirtschaft sieht, spricht Altmeppen (1996) sogar von einer Art Allgegenwart und Dominanz der Wirtschaft im Mediensektor (S. 257). Die zunehmende Bedeutung und Abhängigkeit von der Werbung, der wachsende Konkurrenzdruck der Medien und die Dominanz betriebswirtschaftlicher Strategien und Handlungsmuster können natürlich sehr viel mehr als früher auch Auswirkungen auf die redaktionelle Arbeit haben. Zu befürchten ist, dass die journalistische Arbeit immer mehr von betriebswirtschaftlichen Kriterien von Wachstum und Gewinnmaximierung mitbestimmt wird. (vgl. auch Meier & Jarren, 2002; Weischenberg, Altmeppen & Löffelholz, 1994) Dies
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bringt jedoch die Unabhängigkeit des Journalismus in Gefahr. Umgekehrt darf auch nicht vergessen werden, dass die gesellschaftliche Aufgabe nicht erfüllt werden kann, wenn die marktwirtschaftlich-ökonomische Basis nicht gegeben ist. Der Marktwert eines Medienunternehmens bestimmt seine finanziellen Ressourcen. Ein gutes ´Finanzpolster` wiederum prägt die organisatorische und personelle Ausstattung der Redaktionen, die wiederum Auswirkungen auf die journalistische Qualität hat. Deren Umsetzung entscheidet dann einerseits über die gesamtgesellschaftliche Wirkung und andererseits über die positive Beurteilung des Medienproduktes und damit über dessen Marktwert (vgl. Rau, 2004, S. 33). Journalistische Qualität, die Ökonomie der Medienorganisation und meritorische Aspekte bilden insofern eine Art ökonomisch-publizistische Spirale, da ökonomische und publizistische Zielsetzungen ineinandergreifen und sich gegenseitig bedingen. 1.2.3 Politökonomische Betrachtungsweise Auch die politische Ökonomie geht davon aus, dass bei der Medienproduktion immer mehr erwerbswirtschaftliche Kriterien eine zentrale Rolle spielen. Sie betrachtet die Ökonomisierung der Medien kritisch aus zwei Perspektiven. Zum einen ist dies der Aspekt der gesellschaftlichen Verantwortung der Medien und deren Einfluss auf die Demokratie. Zum anderen ist es der Einfluss von außen durch die Politik, der den Ökonomisierungsprozess der Medien mit all seinen Konsequenzen noch fördert. Die Politökonomie der Kommunikation analysiert, wie ein Mediensystem mit seinen Inhalten auf die bestehenden Gesellschaftsstrukturen einwirkt und wie es die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den mächtigen gesellschaftlichen Akteuren beeinflusst. Dabei geht man auch von Abhängigkeiten zwischen Eigentums- und Produktionsverhältnissen aus (Meier & Jarren, 2002, S. 204), d.h. auch von einer möglichen Einflussnahme des Medieneigners auf die publizistische Ausgestaltung. Aus der demokratiepolitischen Perspektive heraus wird jedoch gefordert, dass die Medien möglichst unabhängig von Staat, Wirtschaft und organisierten Interessen handeln und sich selbst regulieren. Um ihre gesellschaftliche Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit wahrzunehmen, sollen sie eigentumsmäßig und inhaltlich vielfältig und pluralistisch sein, eine Vielzahl von Informationsquellen zur Verfügung stellen und die Heterogenität der Gesellschaft widerspiegeln. Die zu verzeichnende Ökonomisierung, besonders die Markt- und Machtkonzentration in der Medienindustrie, deren Abhängigkeit von anderen Schlüsselindustrien und das wachsende Profitstreben der Kapitaleigner durch Privatisierung, wird dabei auch für die zunehmende Entdemokratisierung der Gesell-
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schaft verantwortlich gemacht (Giddens, 2001, S. 99). Denn die Konzentrationsprozesse, die sich aus Gründen der Kapitalverwertung und Rentabilität ständig fortsetzen, verringern den publizistischen Wettbewerb und die Medienvielfalt und gefährden in diesem Sinne die Demokratie. Ein weiterer Einfluss ökonomischer Faktoren wird von der Politökonomie in der staatlichen Ordnungspolitik gesehen, die sich stark unter marktwirtschaftlichen Prämissen vollzieht. Medienpolitische Entscheidungen wie die Deregulierung und Privatisierung im Rundfunkbereich sowie die allmähliche Veränderung des Medienrechts begünstigen nämlich die Ökonomisierungsprozesse in der Medienlandschaft. Bedingt durch die Gewerbefreiheit, die Marktwirtschaft und die Abhängigkeit von der Werbeindustrie bei der Finanzierung besteht zudem die Gefahr, dass führende Medienunternehmen ihre wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Interessen fallweise auch publizistisch durchsetzen können – beispielsweise durch einen entsprechenden Konzern-, Marketing- oder Gefälligkeitsjournalismus. (Meier & Jarren, 2002, S. 205) Die politische Ökonomie befürchtet daher durch die zunehmende Ökonomisierung der Medien eine weitere Einflussnahme auf die publizistische Gestaltung. Durchaus kritisch zu betrachten ist auch, dass den Medien durch die Entscheidungen der Medienpolitik indirekt neue Aufgaben zugeteilt werden. Die Zulassung privatwirtschaftlicher Veranstalter im Rundfunkbereich sollte beispielsweise aus rein wirtschaftspolitischer Sicht vornehmlich Arbeitsplätze schaffen, das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft erhöhen. Damit wird den Medien nicht nur die traditionelle Aufgabe der Meinungsbildung und gesellschaftlichen Integration zugeschrieben, sie werden vielmehr politisch bewusst auch in den Dienst der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft gestellt. Medien werden somit als Teilbereich des Wirtschaftssystems gesehen und stellen für die Wirtschaft einen Sektor dar, der Expansion und Wachstum verspricht. Die Gefahr besteht darin, dass selbst medienpolitische Entscheidungen durch wirtschaftspolitische Zielsetzungen überlagert werden. Saxer (1980) spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer zunehmenden „Überfremdung der Medienpolitik“ (S. 543). In der Essenz ergeben diese drei Perspektiven folgendes Bild hinsichtlich der Chancen und Risiken der Ökonomisierung für den Journalismus. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise konnte verdeutlichen, warum die zunehmende Ausrichtung nach ökonomischen Zielsetzungen für die Unternehmen von so großer Bedeutung ist. Sie sichert nicht nur die Existenz der Medienunternehmen, sondern beinhaltet außerdem die Chance im zunehmenden globalen Wettbewerb zu bestehen. Die Medien haben sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt, der viele Arbeitsplätze bietet und weitere internationale Ausweitung verspricht, was auch gesamtgesellschaftlich von großer Bedeutung ist. Von daher
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unterstützt auch die Politik die zunehmende Ökonomisierung im Medienbereich durch Liberalisierungs- und Deregulierungmaßnahmen. Während die Ökonomisierung des Medienbereichs aus unternehmerischer Sicht also durchaus Chancen birgt, betont vor allem die Kommunikationswissenschaft die gleichzeitig darin steckenden Risiken. Sie sieht in einer allzu einseitigen Ausrichtung nach ökonomischen Maßstäben einen Widerspruch zum gesellschaftlichen Auftrag der Medien. So besteht im Falle einer Dominanz ökonomischer Zielsetzungen die Gefahr von Abhängigkeiten, die sich eventuell auch auf publizistischer Ebene durch gezielte Einflussnahme auswirken könnten. Diese Problematik ist brisant und steht deswegen im Mittelpunkt vorliegender Studie. 1.3 Die ökonomischen Rahmenentwicklungen als Bedingung und Folge der Ökonomisierung 1.3 Die ökonomischen Rahmenentwicklungen Der zunehmende Prozess der Ökonomisierung ist eingebunden in verschiedene Rahmenentwicklungen, die ihn initiierten, forcierten oder ihm folgten. Das sind auf der Ebene des Marktes beispielsweise das wachsende Profitstreben in den Medienunternehmen (Shareholder Value), der ökonomische Wettbewerb und vielfältige Konzentrationsprozesse. Auf der Ebene der Politik begünstigen vor allem die mittel- und langfristigen Folgen der Deregulierung und Liberalisierung einiger Medienteilmärkte die Ökonomisierungsprozesse. Daneben verbindet Kiefer noch die Internationalisierung und Globalisierung mit dem Begriff Ökonomisierung (vgl. Kiefer, 2001, S. 19, Kiefer, 2005, S. 23). Dazu kommen die wachsende Abhängigkeit der Medienunternehmen von den Interessen der werbetreibenden Wirtschaft und eine dynamische technologische Entwicklung. Diese verschiedenen Trends signalisieren die wachsende Ökonomisierung der gesamten Mediensysteme im Sinne ihrer Unterstellung unter Kriterien wirtschaftlicher Rentabilität und veränderter politischer Gestaltungsziele. Sie führten zu strukturellen Veränderungen im Mediensystem, die die Medienunternehmen wiederum mit organisatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontierte. Da die Entwicklungen einen derart starken Einfluss auf die Medien hatten, ist davon auszugehen, dass sie auch im Zusammenhang mit Medienökonomie in den Medien thematisiert werden. Wenn es um die Berichterstattung über Medienunternehmen geht, ist von Interesse, ob über diese äußeren Einflüsse informiert wird oder ob sie als Argumentation oder Erklärung für die Veränderungen im medienwirtschaftlichen Bereich herangezogen werden. Im Folgenden gehe ich daher auf diese verschiedenen Entwicklungen im Ökonomisierungsprozess und ihre Auswirkungen auf das Mediensystem ein. Es werden die Zwänge und Chan-
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cen verschiedener ökonomischer Rahmenfaktoren dargestellt, die speziell in den letzten zwei Jahrzehnten einen starken Einfluss auf die Medien hatten. 1.3.1 Technisierung als Voraussetzung für eine zunehmende Ökonomisierung Anfang der 90er Jahre wurden die Medienunternehmen erstmals massiv mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien wie Internet oder Multimedia konfrontiert, die den Informationssektor revolutionierten (vgl. Marr, Wyss, Blum, & Bonfadelli, 2001; Wyss, 1997). Vor allem die Digitalisierung stellte die Medienbranche vor grundlegende Veränderungen, die erstmals Produkte und Dienstleistungen, Prozesse und ganze Wertschöpfungsketten tangierten. Vor allem Zulassung und Sendemöglichkeit des privatwirtschaftlichen Fernsehens fußten auf diesen neuen technischen Entwicklungen. Denn bis in die Neunziger Jahre wurde die Verbreitung der publizistischen Produkte zunächst noch durch die Reichweite der Sendezentralen und durch die begrenzte Anzahl der zur Verfügung stehenden Sendefrequenzen beschränkt. Erst der technische Fortschritt führte zu einem Wachstumsschub auf dem nationalen und internationalen Medienmarkt. Vielfältige Konvergenzprozesse traten auf zwischen den „klassischen“ Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, Fernsehen, Video, Tonträger) und anderen Branchen wie der Informationstechnologie, der Telekommunikation und der Unterhaltungselektronik. Diese Konvergenz initiierte eine hohe Innovationsdynamik in den genannten Branchen und damit neue Märkte und immer leistungsfähigere Angebote, vor allem im Bereich der neuen elektronischen Medien. (Hacker, 1999, S. 157; Dohmen, 1998, S. 51) Jedoch wurde dadurch auch der Wettbewerb härter, weil die neuen Technologien neuen Informationsanbietern, auch branchenfremden, den Zugang zur öffentlichen Kommunikation ermöglichten. Herkömmliche Medienunternehmen gerieten durch diese neuen Konkurrenten auf dem Informationsmarkt immer mehr unter Druck. Das größere Angebotsspektrum zielte auf ein weiteres Wachstum der Medienmärkte bis hin zu fortschreitender Medienkonzentration, um national und auch international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Organisation und der Fluss von Massenkommunikation internationalisierten sich immer stärker, da die Digitalisierung sowie die Kabel- und Satellitentechnologie es ermöglichten, die Berichterstattung über Ereignisse in der ganzen Welt auszuweiten und zu beschleunigen. (Hacker, 1999, S. 111; Blumler, 2002, S. 174; Wyss, 2002, S. 18; Dohmen, 1998, S. 60-61) Doch ohne entsprechende politische Regelungen wäre dies nicht denkbar gewesen.
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1.3.2 Ökonomisierung als Ergebnis staatlicher Regulierungspolitik Politische Eingriffe in den Mediensektor sind vor allem zum Schutz der Unabhängigkeit und des gesellschaftlichen Auftrags der Medien notwendig. Staatliche Regulierungsmaßnahmen (z.B. Kartellrechtsbestimmungen) haben beispielsweise das Ziel, die Existenz einer Vielzahl an Medienunternehmen zu garantieren, was weitgehend auch eine Vielfalt der Inhalte impliziert. Zunehmend richtet sich aber auch die Medienpolitik an wirtschaftlichen Erfordernissen aus. Was nun als Ökonomisierung der Medien- und Kommunikationsbereiche bezeichnet wird, ist medienpolitisch gesehen hauptsächlich die Privatisierung im Rundfunkbereich. Sie ist das Ergebnis des Abbaus staatlicher Medienregulierung und Kontrolle zugunsten von mehr Marktorientierung und Wettbewerb. Das Dritte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichtes (1981) beendete das staatliche Rundfunkmonopol. Die Eigentumsstrukturen im Rundfunk verschoben sich zugunsten vermehrt privatwirtschaftlich geführter Unternehmen, die sich nur aus Werbeeinnahmen und nicht wie die öffentlich-rechtlichen Sender auch durch Teilnehmergebühren der Rundfunknutzer finanzieren sollten. Dadurch sollte auch die Chance einer größeren Meinungsvielfalt gegeben werden. Durch die Deregulierung des Rundfunks drängten nun immer mehr Anbieter auf den Markt, wodurch der Wettbewerbsdruck zunahm. Die Medienunternehmen reagierten mit einer verstärkten Unternehmenskonzentration und Oligopolbildung, um ihre Position durch Größenvorteile in den konvergierenden Märkten zu verbessern. Auch Printunternehmen versuchten ihre Stellung am Markt durch intermediale Verflechtungen zu stärken. Die Politik reagierte auf die Gefahr von Meinungsmonopolen wiederum mit der Regulierung des Marktes in Form einer medienspezifischen Konzentrationskontrolle durch Kartellrechtsbestimmungen. Die staatliche Rolle beschränkte sich aber hauptsächlich auf eine Rahmenregulierung, mit der eher eine Stärkung der wirtschaftlichen Position der Medien und nicht die ihrer publizistischen Funktion beabsichtigt war (Meier & Jarren, 2002, S. 212; Grisold, 2004, S. 97-116; Kiefer, 2005, S. 23-24; Wacker, 2007, S. 27-31). Somit besteht auch bei der Medienpolitik die Gefahr, dass ökonomische Interessen die gesellschaftliche Aufgabe der Medien dominieren. 1.3.3 Medienkonzentration als Folge der Ökonomisierung Der intensive Verdrängungswettbewerb in der Medienbranche führte teilweise zu monopolistischen oder oligopolistischen Wettbewerbsstrukturen. Durch Konzentration soll die Leistungs- und Überlebensfähigkeit der Unternehmen gesichert werden. Im Sinne einer produktiven Effizienz kann es daher unter ökono-
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mischen Gesichtspunkten z.B. zu Kostenspareffekten bei der Distribution von Medienprodukten kommen, denn zusätzliche Produkte in ein bestehendes Vertriebsnetz aufzunehmen ist immer kostengünstiger als der Aufbau eines völlig neuen Vertriebsapparats. Zum anderen gibt es systematische Finanzierungsvorteile. Größere Unternehmen können einerseits intern einen besseren Risikoausgleich vornehmen, andererseits können sie leichter branchennotwendige Innovationen aus Eigenmitteln vorfinanzieren, was langfristig gesehen auch kostengünstiger ist. (Seufert, 1999, S. 120; Hacker, 1999, S. 156-157) Große Unternehmen und Zusammenschlüsse erweisen sich daher in der ökonomischen Realität als profitabler. Das Resultat der zunehmenden Ökonomisierung des Mediensystems sind daher mächtige Medienmärkte und die Marktmacht großer Medienunternehmen. Vor allem die Deregulierung im Mediensektor löste Fusionen, Unternehmensübernahmen und strategische Allianzen im großen Stil aus. Die Medienteilmärkte prosperierten zu immer größeren Sektoren und trugen auf diese Weise zum Wachstum der gesamten Medienbranche bei. (Altmeppen, 2001b, S. 97; Grisold, 2004, S. 106-107) So herrscht heute ein hoher Grad an horizontaler, vertikaler und diagonaler Marktkonzentration.2 Zunehmende Bedeutung ist gerade der diagonalen oder konglomeraten Konzentration beizumessen. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem Cross-Ownerships zwischen Rundfunk und Presse. Es handelt sich hier vor allem um multimediale Integrationsbestrebungen der großen Verlagshäuser bzw. Medienkonzerne, die am privaten Rundfunk zum Teil mehrfach mit nennenswerten Anteilen vertreten sind (Bender, 1997, S. 56-57). Durch gleichzeitige Beteiligungen an Rundfunk- und Printunternehmen kann sich der Einfluss eines Unternehmens auf die Meinungsbildung noch verstärken. Die strategische Koordination auf mehreren Medienmärkten ist vor allem auch betriebswirtschaftlich besonders effizient. Vorteile ergeben sich dadurch, dass Ressourcen unterschiedlicher Medien genutzt werden können, ohne dass hierdurch höhere Kosten anfallen. So können z.B. redaktionelle Leistungen, die für die Produktion von Rundfunkprogrammen erbracht werden, auch für die Produktion programmbegleitender Printmedien genutzt werden, da Print und Rundfunk nicht in unmittelbarer publizistischer Konkurrenz stehen. (Kops, 2000, S. 38) Die Ökonomisierungstendenzen gehen sogar noch weiter. Viele Unternehmen bilden um ihre Kernprodukte einen Ring von Nebenprodukten, der den Markt in immer kleinere Segmente aufteilt (Produktdiversifikation). Zum 2 Die horizontale Konzentration bezieht sich auf die Marktanteile innerhalb der Wertschöpfungsstufe eines einzigen Gutes, die vertikale Konzentration auf die Marktanteile mehrerer, einander nachgelagerter Wertschöpfungsstufen eines einzigen Gutes. Die diagonale (Angebots-)Konzentration, auch als intermediale Konzentration oder Cross-Ownership bezeichnet, beinhaltet die Marktanteile von Unternehmen, die sich auf einer (oder auch auf unterschiedlichen) Wertschöpfungsstufe(n) unterschiedlicher Medien betätigen. (Kops, 2000, S. 33)
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einen versuchen Verlage oder Sender dadurch ihre Inhalte mehrfach zu verwerten, zum anderen können sie die Möglichkeit der Cross-Promotion für die unterschiedlichen Produkte des Konzerns nutzen. Die Zeitung rezensiert das Buch, das Buch macht Werbung für den Film, dieser wirbt für den Tonträger mit der Titelmusik und kurbelt zugleich die Mehrfachverwertung im Fernsehen an (Kübler, 2000, S. 10). Dazu kommen Online-Aktivitäten von Medienunternehmen, da inzwischen die Stamm-Märkte der Verlage wie z.B. der Stellen- oder Kfz-Markt durch Online-Foren angegriffen werden (Schreiber, 1999, S. 237). Diese Ausweitung auf andere Medienbereiche können sich natürlich nur große Unternehmen leisten, was wiederum die Konzentrationstendenzen fördert. Aufgrund der Besonderheit der Medien als sinnstiftende, meinungsbildende und kontrollierende Instanz gehen die gesellschaftlichen Folgen der Medienkonzentration aber weit über die ökonomischen Tatbestände der Wettbewerbsmodulation hinaus. Ein Problem ist, dass die konvergierende Medienbranche und wirtschaftliche Verflechtungen der Medienkonzerne immer weniger nach außen transparent sind, wodurch das Risikopotential für die Publizistik zunimmt. Neben der Verminderung des Wettbewerbs im wirtschaftlichen Bereich durch die horizontale und vertikale Konzentration besteht im publizistischen Bereich nämlich die Gefahr einer Angebotsausdünnung und inhaltlichen Homogenisierung und damit eines Vielfaltrückgangs. Wenn dies der Fall ist, kann es zu einem zunehmenden Einfluss auf die Meinungsbildung kommen. Im Bereich der Medienberichterstattung bedeutet dies – gerade bei Cross-Ownerships – die Gefahr von Konzernjournalismus und einer verstärkten Vermischung von Berichterstattung und Werbung, z.B. durch konzerninterne Quersubventionierung und CrossPromotion. Public Relations und Journalismus gehen dann ineinander über. Ebenso könnten sich für die redaktionelle Berichterstattung die Tabuzonen erweitern oder auch partikuläre Interessen thematisiert und durchgesetzt werden. Wie die Ausführungen zeigen, ist diese Thematik mehr als brisant. Während die Chancen einer zunehmenden Konzentration sich mehr im wirtschaftlichen Bereich auswirken, zeigen sich die Gefahren wieder eher im publizistischen. Ob es Anzeichen einer tendenziellen synergetischen Berichterstattung gibt, wenn Medien Medienunternehmen thematisieren, soll daher die empirische Untersuchung aufdecken. Falls sich Anzeichen dafür zeigen sollten, wäre dies ein Indiz dafür, dass Objektivität und Transparenz der journalistischen Darstellung unter ökonomischen Interessen leiden.
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1.3.4 Globalisierung und Internationalisierung als Bedingung und Folge der Ökonomisierung Verstärkt wird die horizontale, diagonale und vertikale Konzentration noch durch die Internationalisierung der Produkte und die Globalisierung3 der Märkte (Hacker, 1999, S. 156; Blumler, 2002, S. 174; Meckel & Scholl, 2002, S. 212), denn derart multimedial verflochtene Unternehmen handeln immer mehr auch transund multinational. Somit zielt die Ökonomisierung der Medienkommunikation auch auf eine Entgrenzung nationaler Medien(absatz)märkte, um die Refinanzierungsmöglichkeiten der Medienprodukte zu verbessern. Die Internationalisierung der Produkte bezieht sich dabei vor allem auf Konzepte für die internationale Vermarktbarkeit von Medienprodukten, die sich hauptsächlich beim Rundfunk in Form des Handels mit Programmrechten abspielt. (Kiefer, 2005, S. 26-28; Seufert, 1999, S. 119; Bender, 1997, S. 55). Globalisierung wiederum bedeutet für die Medien eine Ausweitung der Absatzmärkte über die nationalen Grenzen hinweg. Auf der Unternehmensebene ist dabei neben der Zunahme internationaler Aktivitäten der Konzerne auch die steigende Zahl von Kooperationsvereinbarungen und Joint Ventures zwischen Unternehmen aus verschiedenen Ländern und schließlich die internationalen Kapitalbeteiligungen an nationalen Gesellschaften gemeint. Die Internationalisierung auf der Distributionsebene betrifft gemeinsame, zum Teil auch länderübergreifende Produktions- und Absatznetzwerke. In erster Linie streben Großunternehmen durch einen Medienverbund z.B. durch die Auslastung von Druckereien oder Kooperationen im Vertrieb und in der Werbung Synergieeffekte auf lokalen, nationalen und internationalen Märkten an. (Kiefer, 2005, S.26-27; S. 38; Seufert, 1999, S. 119) Die Folge des internationalen Engagements von Medienunternehmen ist, dass es durch diese vielfältigen Verflechtungen und Abhängigkeiten zu einem generellen und spezifischen Abbau von journalistischen Kernaufgaben zugunsten von integrierenden Marketingstrategien und –aktivitäten kommen kann. Dabei besteht die Gefahr, dass bezüglich publizistischer Zielsetzungen vermehrt redaktionelle Autonomieund publizistische Qualitätsverluste auftreten. Die Ökonomisierung über die verschiedenen Rahmenfaktoren bietet für die Medien somit einerseits die Chance zur Expansion, auch in transnationaler Hinsicht, birgt aber andererseits auch die 3 Die Begriffe ´Internationalisierung` und ´Globalisierung` sind dabei nicht ganz klar gegeneinander abgrenzbar. Während sich ´Internationalisierung` vor allem auf den internationalen Güteraustausch bezieht, meint ´Globalisierung` den Prozess einer verstärkten weltwirtschaftlichen Integration, die vor allem durch zunehmende internationale Faktormobilität, insbesondere Kapital, aber auch Arbeit und Wissen, gekennzeichnet ist. Das Ergebnis sind „weltumspannende Produktions- und Absatznetze, die hierarchisch organisierte nationale Produktionsstrukturen immer mehr verdrängen“ (Kiefer, 2005, S.26).
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Gefahr von immer größeren Abhängigkeiten - von den Rezipienten, den Anzeigenkunden, der Werbeindustrie, aber auch von Auflagenquoten, Leserinteressen und nicht zuletzt von der Managementebene der Verlage bzw. Sender selbst. Diese Abhängigkeiten führen wiederum dazu, dass aufgrund von Rücksichtnahmen oder spezifischen Interessen der publizistische Qualitätsanspruch leiden kann. Inwieweit die aufgeführten Rahmenbedingungen das Wettbewerbsumfeld und die Entwicklung des Medienmarktes prägten, soll im Folgenden betrachtet werden.
2 Die Medienbranche im Wandel
Durch die oben genannten Rahmenfaktoren haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten die ökonomischen Orientierungsprozesse noch erheblich verstärkt. Dies äußert sich sowohl im einzelbetrieblichen Verhalten der Unternehmen innerhalb ihrer Teilmärkte, als auch dadurch, dass der Markt selbst wirtschaftliche Konkurrenten zusammenführt: So erfolgen aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen strategische Allianzen und ökonomische Verflechtungen von Unternehmen, die ansonsten mit journalistischen Produkten konkurrieren. Doch nicht allein das Denken und Handeln der Managementebene der Medienunternehmen wurde durch die Ökonomisierungstendenzen geprägt, die Rahmenentwicklungen führten auch zu weitreichenden strukturellen Veränderungen innerhalb der Medienbranche. Einschneidend waren vor allem die mittel- und langfristigen Folgen der Dualisierung der Rundfunkstruktur und die Öffnung des ostdeutschen Medienmarktes. Im Zuge von intra- und intermedialen Konzentrationsbewegungen entstanden Medienkonzerne mit extensiver Marktmacht. Die ehemals deutlich erkennbaren ökonomischen Grenzen zwischen Printunternehmen und elektronischen Medienunternehmen wurden zugunsten vielfacher interdependenter Beteiligungen aufgehoben. Triebkräfte dafür waren vor allem die Globalisierung der Märkte und die Intensivierung des Wettbewerbs, steigende Innovations- und Wachstumsdynamik sowie der gesellschaftliche Wertewandel. Technologische Entwicklungen und veränderte Nutzerpräferenzen begünstigten in den vergangenen Jahren zusätzlich die Etablierung des Mediums ´Online`, wodurch neue Konzentrationspotenziale auf den konvergierenden Medien- und Kommunikationsmärkten entstanden. Dazu kam, dass zunehmend auch europäische und transnationale Unternehmen auf den deutschen Medienmarkt drängten. Neben diesen konvergierenden Einflussbereichen der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung spielt die ökonomische Abhängigkeit der verschiedenen Medienbereiche vom Anzeigen- und Werbemarkt eine entscheidende Rolle. Neben den privaten Rundfunkanbietern trat hier vor allem das Internet als Konkurrent zu Lasten der Printmedien auf. Diese strukturellen Veränderungen und die allgemeine Konjunkturlage hatten nun Auswirkungen auf die konjunkturelle Entwicklung des Medienmarktes, der wiederum die wirtschaftlichen Realitäten der Medienunternehmen prägte. Das Handeln der Unternehmen ist dabei entsprechend ihrer zunehmenden ökonomischen Verpflichtungen intentional und strategisch
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2 Die Medienbranche im Wandel
bezogen auf meist ökonomisch orientierte Ziele hin gerichtet. Der mehr oder minder starke Druck durch rezessive oder boomende Wirtschaftsphasen kann somit eventuell über die Managementebene auch an die Redaktionen weitergegeben werden und Einfluss auf die Publizistik haben. Vor diesem Hintergrund betrachtete ich die Entwicklungen auf dem Medienmarkt genauer. Gerade die letzten zwei Jahrzehnte waren vom geschilderten Strukturwandel besonders betroffen. In den Achtziger Jahren erfuhr zunächst der Rundfunkbereich durch die Deregulierung entscheidende Umwälzungen, was auch zu einem erhöhten Interesse für Rundfunkthemen in der Publizistik führte. Neugründungen, Allianzen oder Programmprofile der Sender, etc. standen vermehrt im Interesse der Berichterstattung. Ende des Jahrzehnts verlagerte sich der Fokus der Medienberichterstattung dagegen mehr auf den Printbereich, was vor allem an den Folgen der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Öffnung des ostdeutschen Printmarktes für westdeutsche Anbieter lag. Anfang der Neunziger Jahre glichen sich diese zeitweiligen Themenpräferenzen aus und es zeigte sich ab da eine weitgehend ähnliche konjunkturelle Entwicklung des Print- und des Rundfunkmarktes. Innerhalb dieser Zeitraums kam es zudem für alle Medienbereiche zu starken konjunkturellen Schwankungen. Hier finden sich sowohl wirtschaftlich florierende als auch rezessive Phasen. Solche verschiedenen ökonomischen Phasen bilden eine gute Vergleichsplattform, um nachzuweisen, ob ökonomische Bedingungen nicht nur auf die konkrete konjunkturelle Lage von Medienunternehmen Einfluss haben, sondern ob sich Einflüsse auch in der Berichterstattung über diese bemerkbar machen. Aus diesem Grund teilte ich die Entwicklung der konjunkturellen Lage der Medien in verschiedene wirtschaftliche Phasen ein, die ich in der empirischen Auswertung zur Befundgenerierung, differenzierung und -interpretation nutzen konnte. So lässt sich in den frühen Neunziger Jahre eine Art ´Konsolidierungsphase` identifizieren, da nach den gravierenden strukturellen Veränderungen durch medienpolitische Ereignisse wie die Deregulierung und die Aufteilung des ostdeutschen Printmarktes nach der Wiedervereinigung die Medien gefordert waren, sich allmählich neu zu orientieren und zu konsolidieren. In den folgenden Jahren verzeichnete die gesamte Medienbranche kontinuierliche Umsatzsteigerungen, so dass hier von einer ´Wachstumsphase` gesprochen werden kann. Diese gipfelte schließlich in der außergewöhnlichen ´Boomphase` gegen Ende des Jahrtausends. Der Einbruch des Werbemarktes im Folgejahr, der durch die starke Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung innerhalb der werbetreibenden Branchen bedingt war, löste eine tiefgreifende ´Medienkrise` aus, die bis 2003 andauerte. Daran schloss sich wiederum eine ´Konsolidierungsphase` an, in der versucht wurde, durch zusätzliche Erlöse auf dem Vertriebsmarkt eine Verbesserung der Ertragslage zu erzielen. Wie sich nun konkret in den verschiedenen Medienbereichen sowohl
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die konjunkturellen Schwankungen als auch die strukturellen Veränderungen auswirkten, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Dabei werden der Rundfunk- und der Printbereich jeweils separat betrachtet. Bei der Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung im Rundfunkbereich liegt dabei der Fokus auf dem Fernsehmarkt und nicht auf dem Hörfunkmarkt. Letzterer ist von der allgemeinen Konjunkturlage und den Werbeeinnahmen nicht so stark abhängig wie der Fernsehsektor. Der Grund dafür liegt in der Fragmentierung der deutschen Hörfunklandschaft und der daraus resultierenden lokalen bis regionalen Ausrichtung der Sender. Zudem spielt der Hörfunk in der untersuchten Berichterstattung über Medienunternehmen nur eine marginale Rolle, so dass eine genauere Darstellung für vorliegende Untersuchung auch nicht nötig ist. Während im Rundfunkbereich die Ökonomisierung vor allem erst durch die Deregulierung und Liberalisierung Einzug hielt, war der Printmedienbereich von jeher ausschließlich privatwirtschaftlich organisiert und damit auch mehr den Gesetzen der Ökonomie unterstellt. Im Anschluss wird daher die Entwicklung im Printbereich dargelegt, wobei hier der Schwerpunkt auf den Zeitungs- und nicht auf den Zeitschriftensektor gelegt wird. Letzterer ist durch die unterschiedliche Zielgruppenorientierung erheblich fragmentiert. Daher ist keine einheitliche und homogene Entwicklung identifizierbar. Aus diesem Grund gehe ich auf den Höfunk nur überblicksmäßig ein. 2.1 Der Rundfunkmarkt Zunächst sollen im Überblick die Ökonomisierungstendenzen im Rundfunkbereich dargestellt werden. Die strukturellen Veränderungen zeigten sich hier besonders gravierend, da bis Anfang der Achtziger Jahre drei Jahrzehnte lang die Dualität des Mediensystems lediglich aus privatwirtschaftlich organisierten Printmedien einerseits und dem öffentlich-rechtlich organisierten Rundfunk andererseits bestanden hatte. Mit dem Dritten (1981), Vierten (1986) und Fünften Rundfunkurteil (1987) wurde die Privatisierung auch auf den Rundfunkbereich ausgedehnt. (Wehmeier, 1998, S. 143; vgl. auch Röper, 1997, S. 91; Rau, 2004, S. 35). Dies bedeutete auch eine verschärfte Wahrnehmbarkeit der Ökonomisierungstendenzen und ihrer Folgen. Denn seither ist fast der gesamte Medienmarkt ökonomischen Marktregeln des marktwirtschaftlichen Systems unterworfen mit ordnungspolitischer Deregulation, mit vielschichtigen Wettbewerbsstrukturen, mit einem wachsenden werbefinanzierten Programm und einer zunehmenden intermedialen Konzentration. Möglich wurde diese Entwicklung – wie bereits unter Punkt 1.3.1 beschrieben – vor allem durch den technischen Fortschritt, der zu einem Wachstumsschub auf dem nationalen und internationa-
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len Medienmarkt führte. Auf der Grundlage dieser technischen Infrastruktur traten im Laufe der folgenden Jahre immer mehr private Anbieter mit Rundfunkund Fernsehprogrammen in Konkurrenz zu den öffentlich-rechtlichen Anstalten. Mit den neuen Anbietern erhielt der Rundfunkmarkt eine Dynamik von Privateigentum und Profitmaximierung wie man dies bisher nur vom Printmediensektor kannte. Auch die Tagespresse versuchte, an der Entwicklung des Programmangebotes im Rundfunkbereich aktiv über wirtschaftliche Beteiligungen mitzuwirken. So waren Verlagsunternehmen bereits 1990 an rund 80 Prozent aller privaten Radiostationen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger beteiligt. (Sälzer, 1990, S. 56-62) Aber auch an den öffentlich-rechtlichen Anbietern ging diese zunehmende Ökonomisierung nicht spurlos vorüber, obwohl sie aufgrund ihrer Finanzierung über Gebühreneinnahmen und aufgrund des verfassungsrechtlich vorgegebenen „Grundversorgungsauftrags“ nicht nach rein profitorientierten Gesichtspunkten organisiert sind und auch keine direkte Konkurrenz zu fürchten haben. Prinzipiell sind sie von den ökonomischen Entwicklungen auf dem Medienmarkt weitgehend unabhängig. Dennoch hatte sich durch das Auftauchen privater Anbieter die Situation der öffentlich-rechtlichen Sender verändert. So verloren sie Zuschauermarktanteile, die an die kommerziellen Programme gingen. Durch die partikulare Umschichtung der Werbung auf die privaten Anbieter erlitten sie zudem Verluste an Werbeeinnahmen und gleichzeitig stiegen die Kosten für Programmbeschaffung und -produktion. (Dirkers, 1995, S. 84-86) Ein Wirtschaften im konkurrenzfreien Raum war nun auch für die öffentlich-rechtlichen Sender nicht mehr möglich. Auch sie mussten sich an ökonomischen Zielsetzungen orientieren. Ihre Strategie im Kampf um die Zuschauer war die Expansion und Diversifikation ihrer Programme. So baute beispielsweise die ARD vor allem die Dritten Programme aus und engagierte sich zusammen mit dem ZDF im deutschfranzösischen Kultursender ARTE. (Rott, 2003, S. 110; Dirkers, 1995, S. 85) Dabei ging es ihnen jedoch nicht um Gewinnsteigerungen, sondern vornehmlich um die Legitimation ihrer Gebührenfinanzierung. Die Achtziger Jahre brachten somit sowohl dem privaten als auch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk große strukturelle Herausforderungen. Die Öffentlich-Rechtlichen standen dabei im Spannungsfeld zwischen einem zunehmenden Wettbewerbs- und Gewinndenken und ihrer Verantwortung gegenüber der demokratischen Gesellschaft. Der privatrechtlich organisierte Fernsehbereich dagegen war hauptsächlich auf Maximierung der Einschaltquoten und der Werbeerträge durch vornehmlich massenattraktive Programme ausgerichtet. Aufgrund ihrer überwiegenden Finanzierung über Werbeeinnahmen sind die ´Privaten` dabei natürlich den Schwankungen im Wirtschafts- und Werbebereich besonders unterworfen. Um auf der Kostenseite günstigere Strukturen zu schaffen und im Wettbewerb bestehen zu können, kam es daher sehr bald zu vielfältigen Konzentrationsbewegungen. Das waren zum
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einen auf horizontaler Ebene Kooperationen und Fusionen mit anderen Anbietern und zum anderen auf vertikaler und diagonaler Ebene die Integration von Unternehmen aus allen Produktionsebenen in den Konzern. Als Ergebnis dieser fortschreitenden Konzentration ist der Markt heute von schwer durchschaubaren Verflechtungen und Eigentumsverhältnissen gekennzeichnet. Die Beteiligungsund Diversifikationsprozesse beschleunigten sich noch durch die Wiedervereinigung, die für die privatrechtlichen Sender eine unerwartete Markterweiterung bedeutete, die wiederum für den Werbemarkt interessant war. Bis heute ist der Privatfernsehmarkt durch ständige Neuformierungen der Anbieter gekennzeichnet. Hörfunksender waren dagegen in geringerem Maße von der allgemeinen Konjunktur und der Werbewirtschaft abhängig. Sie hatten meist nur regionale oder lokale Reichweiten, was sie für die Werbewirtschaft weniger interessant machte, weil nationale Werbekampagnen auf diese Weise nur schwer planbar waren. Die großen strukturellen Umbrüche in den Achtziger Jahren durch Privatisierung, Konzentrationsbewegungen, Öffnung des ostdeutschen Marktes, usw. hatten den Rundfunkbereich mit neuen Aufgaben und Herausforderungen konfrontiert. Sie bilden den Ausgangspunkt für die weitere konjunkturelle Entwicklung der Rundfunkunternehmen ab den Neunziger Jahren. Um die unterschiedlichen konjunkturellen Einflüsse auf die Medienbereiche zu verdeutlichen, wird oben erwähnter Einteilung in die verschiedenen wirtschaftlichen Phasen gefolgt. Diese bilden auch die Grundlage für die empirische Untersuchung konjunktureller Einflüsse. 2.1.1 Konsolidierungsphase von 1992 bis 1994 Während in den Anfangsjahren des Privatrundfunkmarktes die Privatsender wirtschaftlich zu kämpfen hatten, waren die Jahre 1990 bis 1992 als Folge der Wiedervereinigung von einer Sonderkonjunktur bei den Werbeeinnahmen bestimmt, der jedoch gleich wieder eine gewisse Konsolidierung folgte. Die Werbewirtschaft verzeichnete auch weiterhin kontinuierlich positive Wachstumsraten. Die Nettowerbeeinnahmen für das Fernsehen waren von 20 Millionen DM im Jahr 1985 stetig bis auf 5,63 Milliarden DM im Jahr 1994 gestiegen, wodurch sie sich in ca. zehn Jahren fast vervierfacht hatten (Keller, 1995, S. 50-51). Von den Zuwächsen profitierten allerdings fast ausschließlich die privaten Fernsehanbieter, während die öffentlich-rechtlichen Sender Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich im Hörfunkbereich. (Keller, 1995, S. 50-51; Atanassoff, Gietz & Kuk, 1994, S. 130) 1992 und 1993 stieg die Zahl der Fernsehsender in einer ersten Lizenzierungswelle erheblich an. Bis
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1994 gab es zehn deutschsprachige private TV-Programme, ebenso weitere 27 private Regional- und Lokalprogramme. (Seufert, 1994, S. 119; Dohmen 1998, S. 38-39) Nach einer Phase der Erweiterung und Diversifikation mit neuen Programmen und inhaltlichen Umgestaltungen, stabilisierte sich die Reichweite des Fernsehens bis 1995 auf hohem Niveau, während die des Hörfunks leicht zurückging. (Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 25) 2.1.2 Wachstums- und Orientierungsphase von 1995 bis 1997 Die Jahre 1995 bis 1997 waren gekennzeichnet von einem weiteren wirtschaftlichen Wachstum der Rundfunkunternehmen. Die Strukturen änderten sich und die Rundfunkunternehmen mussten neue Strategien entwickeln und sich neu orientieren. Durch die Zunahme des Werbevolumens hatte 1995 im TV-Bereich eine zweite Lizensierungswelle eingesetzt, die die Anzahl privater Rundfunkanbieter weiter erhöhte. Die wachsende Medienflut wurde von einer zunehmenden Unternehmenskonzentration begleitet, die durch den verschärften Konkurrenzdruck, das Zusammenwachsen der europäischen Märkte und die erwartete Konvergenz von klassischen Medien und Telekommunikation ausgelöst wurde (siehe 1.3.1). Die Verbreitung des privaten Lokalfunks4, der weitgehend von der Verlagswirtschaft dominiert wurde, und die Folgen der Wiedervereinigung führten zu hochkonzentrierten Medienmärkten, auf denen sich allerdings wieder die großen (Medien-) Konzerne durchsetzten, die schon in anderen Bereichen die Medienlandschaft beherrschten. Unter Punkt 1.3.3 wurden schon die Vor- und Nachteile einer derartigen medienübergreifenden Konzentration dargelegt. Der Fernsehmarkt geriet auf diese Weise immer mehr in die Hand einiger weniger Medienkonzerne. Vor allem der Bertelsmann-Konzern (u.a. mit Beteiligungen an ´RTL`, ´RTL2`, ´Premiere` und ´Vox`) und ein Verbund vom Springer-Verlag und dem Filmhändler Leo Kirch (mit Beteiligungen an ´Sat.1`, ´ProSieben`, ´Kabelkanal`, ´DSF`) beherrschten den Markt. Zur Verdeutlichung: 1995 hielten ´RTL` und ´Sat.1` zusammen in etwa den gleichen Marktanteil wie die beiden großen öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF (Quelle GfK). Aufgrund der rückläufigen allgemeinen Konjunkturlage stiegen die Werbeeinnahmen ab 1996 beim Fernsehen zwar nicht mehr ganz so rasant, die Tendenz ging jedoch weiter nach oben. (Keller, 1998, S. 23-27)
4 Beim Hörfunk erhöhte sich die Zahl der Sender zwischen 1992 und 1994 von 72 auf 218 (MediaFacts 1/96, 3/96).
2.1 Der Rundfunkmarkt
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2.1.3 Medienboom von 1998 bis 2000 Nach der Phase des Wachstums und der Konzentration im privaten Rundfunkmarkt bis Mitte der Neunziger Jahre verschärfte sich durch die Vielzahl an Sendern auch der Wettbewerb, sowohl auf dem Publikums- als auch auf dem Werbemarkt. Die dominierenden Medienunternehmen entwickelten neue Strategien, um auch in der Zukunft bestehen zu können. Durch eine Vielzahl von Fusionen oder Ankäufen Ende der Neunziger Jahre wollte man einerseits die Kosten senken und andererseits in benachbarte Branchen hineinwachsen (Cross-Media), um auf diese Weise die nötige Finanzstärke und eine marktfähige Produktpalette zu erlangen. Zudem wurden die Übertragungskapazitäten durch die neue Digitaltechnik erweitert, wodurch das Programmangebot weiter in Sparten- und Zielgruppenangebote ausdifferenziert werden konnte. (Zabel, 2004, S. 442) Doch nicht nur neue Technologien führten zu einer Ausweitung der Medien. Auch das Hoch der allgemeinen Konjunkturlage hatte positive Auswirkungen, denn die Wirtschaftsunternehmen konnten ihre Werbeetats beträchtlich aufstocken, wovon wiederum der gesamte Medienbereich profitierte. Dies war der Auslöser für den sogenannten Medienboom. Als Werbeträger verzeichnete vor allem das Fernsehen überdurchschnittliche Zuwachsraten. Der Anteil am Werbekuchen hatte sich vom Jahr 1990 bis zum Jahr 2000 fast verdoppelt und vereinigte so ein Fünftel aller Werbeaufwendungen auf sich. (Keller, 2000, S. 28-30; Keller, 2001, S. 26-28; Heffler, 2000, S. 234; Engländer, 2001, S. 293). Insgesamt erreichten die Rundfunkmedien eine wirtschaftliche Hochphase und gewannen stark an Einfluss. Mit der Gründung der ProSiebenSAT.1 Media AG5 im Jahr 2000 nahm die Konzentration auf dem deutschen Free-TV-Markt weiter zu. Zusammen mit der RTL-Group beherrschte sie weiter neben den öffentlichenrechtlichen Anbietern den deutschen Fernsehmarkt. Hintergrund für diese kartellähnliche Polarisierung war zum Teil die Sättigung des Werbemarktes. Ein weiteres Wachstum war nur über stärkere Fusionstendenzen zu realisieren (Dohmen, 1998, S. 75). Begünstigt wurde diese Medienkonzentration durch das seit 1997 angewandte Marktanteilsmodell6, das eine vollständige Neuregelung der Konzentrationskontrolle im privaten Rundfunk und damit Bestimmungen zum Cross-Ownership in der Medienbranche enthielt. Dies hat letztendlich mit dazu beigetragen, dass es zu vielen unübersichtlichen Mehrfachbeteiligungen 5 Im Oktober 2000 entstand die ProSiebenSat.1 Media AG durch Fusion von Sat.1 mit der ProSieben Media AG. 6 1997 wurde im 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RStV) das sogenannte Marktanteilsmodell festgelegt. Seither konnte sich ein Medienunternehmen an beliebig vielen TV-Programmanbietern beteiligen, solange deren kumulierter Zuschauermarktanteil nicht die 30%-Grenze überschritt (§ 26 II). (Dohmen 1998, S. 70-71; Röper, 1997, S. 101)
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und zu strategischen Allianzen von großen Unternehmen, auch aus dem übrigen Mediensektor, kam. Die jeweils größten Anteilseigner an den beiden Marktführern, nämlich der Axel Springer Verlag, die Kirch-Gruppe, CLT und Ufa/Bertelsmann waren auch an fast allen übrigen Kanälen entweder finanziell beteiligt oder kooperierten mit diesen bei der Werbeakquisition oder der Sendetechnik. (Johns, 1998, S. 23-24) 2.1.4 Medienkrise von 2001 bis 2003 Nachdem die Medien bis zum Jahr 2000 einen bisher noch nicht dagewesenen Boom erfuhren, wurde im Jahr 2001 der Fernseh- und Hörfunkmarkt mit dem Einbruch und einer auch weiterhin anhaltenden Krise des Werbemarktes konfrontiert. Die Gründe dafür lagen in der aktuellen Konjunkturschwäche und dem dramatischen Zusammenbruch der ´New Economy`. Dazu kam, dass sich die Werbetreibenden neuen Werbeformaten, vor allem im Internet, zuwandten. Durch ihre Abhängigkeit von der Werbefinanzierung waren vor allem die kommerziellen Fernsehsender von der Krise betroffen. Ihre Gesamteinnahmen gingen innerhalb von zwei Jahren um 16 Prozent zurück (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten, 2003, S. 245). Und obwohl sich die werbetreibende Wirtschaft 2003 allmählich erholte, sanken die Nettowerbeumsätze der TVSender zunächst weiter. (Kiefer, 2004, S. 562; Heffler, 2004, S. 247) Daneben litten die privaten Sender unter dem harten Verdrängungswettbewerb, da mittlerweile 30 Programme empfangen werden konnten, über Satellit sogar 54. Durch diese zunehmende Konkurrenz hatten sie bis 2004 große Verluste angehäuft. Nur die öffentlich-rechtlichen Sender waren von der Werbekrise weniger stark betroffen, da sie wegen ihrer gebührenfinanzierten Grundausstattung auf eine relativ stabile Einnahmebasis zurückgreifen konnten. (Darschin, 2004, S. 143) Beim Hörfunk waren in dieser Phase neben den 25 werbefinanzierten, bundesweit ausgestrahlten Fernsehprogrammen, auch 199 von den insgesamt 323 regionalen und lokalen Hörfunkprogrammen von der Werbekrise betroffen. (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten, 2003, S. 311) Bis 2002 wies die Radiowerbung ein Minus von 12,2 Prozent auf. (Keller, 2002, S. 56; Keller, 2003, S. 28) Somit musste fast der gesamte Rundfunkbereich starke Einbußen hinnehmen.
2.2 Der Printmedienmarkt
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2.1.5 Konsolidierungsphase von 2004 bis 2006 Erst im Jahr 2004 schien die Krise des Rundfunks überwunden. Nach Jahren des Rückgangs und der Verluste standen die Zeichen wieder auf Wachstum. 2006 erreichten die Einnahmen über TV-Werbung in etwa wieder das Niveau von 2001. (Keller, 2007, S. 27) Die Medienkrise hatte gezeigt, dass die Zeit für Veränderungen gekommen war. Neben konjunkturellen Problemen war die deutsche Rundfunklandschaft vor allem durch die Abhängigkeit vom Werbemarkt mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert. So setzten die meisten Medienkonzerne ab 2003 wieder mehr auf Konstanz und begrenzte Expansion. In dieser Konsolidierungsphase waren die Unternehmen gefordert, sich den strukturellen Veränderungen im Rundfunkmarkt anzupassen. Es mussten mittelfristig neben den Werbeeinnahmen neue Einnahmequellen erschlossen werden, wie zum Beispiel Nutzungsgebühren oder Merchandising. Damit geht die Entwicklung im Fernsehsektor hin zu mehr Pay-TV und direkteren und individuelleren Werbeformen. Die Palette der Merchandising-Produkte reicht dabei von T-Shirts, CDs, Fan-Magazinen bis hin zu Serviceprodukten wie Klingeltönen. Durch die Nutzbarkeit ´Neuer Medien` und der digitalen Technik ergeben sich für den Rundfunk zudem neue Verwertungsmöglichkeiten für ihre Programminhalte. Fast alle großen Medienkonzerne erweitern daher ihr Handlungsfeld auf die Bereiche ´Informationstechnologie` und ´Telekommunikation`, wodurch sie nun über eine voll integrierte Wertschöpfungskette verfügen. (Höhn, 2004, S. 65-66) 2.2 Der Printmedienmarkt Um die Entwicklungen dieser 15 Jahre im Printbereich zu verstehen und richtig einordnen zu können, ist es notwendig vorab kurz auf prägende Ereignisse der Achtziger Jahre einzugehen, deren Veränderungen die Grundlage für die weitere Entwicklung in diesem Bereich bildeten. In den Achtziger Jahren war der Printmedienmarkt ein prosperierender Mediensektor. Es stiegen stetig die Anzahl der Verlage, die Beschäftigtenzahl und die Umsätze. Entgegen aller Befürchtungen der Zeitungsverleger mussten die Printmedien durch die Dualisierung der Rundfunkstruktur keine großen Einbußen bei der verkauften Auflage hinnehmen (Altmeppen, 2001b, S.106; Weischenberg, Altmeppen & Löffelholz, 1994, S. 116). Sie wirkte sich jedoch zu Lasten des Anzeigengeschäfts der Zeitungen aus. Und da die Finanzierung der Printmedien zu einem Großteil durch Anzeigenund Werbeeinnahmen bestimmt wird, stellen Umverteilungen auf dem Werbemarkt eine Bedrohung dar. Um diese Einnahmenverluste aufzufangen, kam es in den 80er Jahren zu Marktveränderungen in Form von relativen Konzentrations-
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prozessen. Der bis dahin schon schleichend sich vollziehenden Verlagskonzentration folgte eine Konzentration der Zeitungstitel. Während die Zahl der Verlage sank, stiegen sowohl die Zahl der Ausgaben als auch die Auflagenhöhe, so dass immer mehr Tageszeitungsausgaben von immer weniger selbstständigen Verlagen herausgegeben wurden. Die Marktmacht der großen Zeitungsverlage wuchs ständig. Die Unternehmenskonzentration wurde noch verschärft durch die deutsche Wiedervereinigung, die die nächste einschneidende Veränderung auf dem Printmedienmarkt brachte. Die Vergabepraxis der Treuhandanstalt verhinderte jedoch, dass sich in den neuen Bundesländern eine lokale Presselandschaft nach westdeutschem Vorbild entwickeln konnte. Sie orientierte sich mehr an volksund betriebswirtschaftlichen Kriterien und vernachlässigte publizistische Faktoren wie die Sicherung der Vielfalt. Die 15 auflagenstarken SED-Bezirkszeitungen der ehemaligen DDR wurden daher an die Marktführer in Westdeutschland verkauft. Die Folgen waren Auflagenkonzentrationen, durch die die fünf großen westdeutschen Verlagsgruppen (´Springer`, ´Westdeutsche Allgemeine Zeitung`, ´Madsack`, ´Gruner & Jahr`, ´Burda`) ihre Marktmacht noch ausweiten konnten. (Rager & Weber, 1992, S. 364-366; Schaefer-Dieterle, 1994, S. 219; Weischenberg, Altmeppen & Löffelholz, 1994, S. 126-127; Röper, 1993a, S. 402; Altmeppen, 2001b, S. 105-110). Anfang 1991 erlebten die Zeitungen durch die Folgen der Wiedervereinigung und auch aufgrund der weltweiten politischen Ereignisse und dem damit verbundenen verstärkten Informationsbedürfnis noch einen kurzen Auflagenboom. Danach stagnierten die Umsätze oder wuchsen nur noch mäßig. Dazu kamen (inflationsbedingte) Kostensteigerungen und neue Kosten wie Altpapierentsorgung und höhere Kosten im Postzustelldienst. Doch trotz aller strukturellen Änderungen waren die Tageszeitungen auch weiterhin 7 das größte Werbemedium in Deutschland . Während die Publikumszeitschriften bereits Anfang der Neunziger Jahre Verluste im Anzeigengeschäft hinnehmen mussten, konnten die Tageszeitungen hier noch stabile Zuwachsraten verzeichnen. Der Medienwettbewerb wurde aber härter. Die Werbetreibenden tendierten immer mehr zu den privaten TV-Anbietern, der Lokalfunk drang langsam in die angestammten Märkte der regionalen Tageszeitungen vor und global war eine Forcierung von Direktmarketingaktivitäten, Sponsoring und verkaufsunterstützenden Maßnahmen festzustellen. (Kuk, 1992, S. 59 und S. 80-94) Um die Marktanteile zu halten, musste in das Produkt ´Zeitung` investiert werden, vor allem im Bereich ´Redaktion` und ´Technik`. Vor den Zeitungen lag also Anfang der Neunziger eine Phase, in der sie sich aufgrund der neuartigen Entwicklungen neu orientieren und konsolidieren mussten. 7 In die Tageszeitungen wird 1992 fast die gleiche Summe an Werbegeldern investiert wie in Fernsehen, Hörfunk, Publikumszeitschriften und Außenwerbung zusammen. (Kuk, 1992, S. 86)
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2.2.1 Konsolidierungsphase von 1992 bis 1994 Dementsprechend kam es Anfang der Neunziger Jahre zunächst zu einer Stabilisierung der Marktlage. Trotz eines Rückgangs im Anzeigengeschäft konnte der Umsatz durch Kosteneinsparungen leicht gesteigert werden (Keller, 1993, S. 6061). 1992 hatten die zehn führenden Verlagsgruppen in Deutschland einen Marktanteil von 55,6 Prozent und waren zu einem kapitalkräftigen Wirtschaftsfaktor geworden. Von der Unternehmensgröße her dominierten vor allem die Bertelsmann-Gruppe (mit ihrer Tochter ´Gruner & Jahr`) und der Axel-SpringerVerlag das Mediensystem. Diese Konzerne streuten ihre Aktivitäten auch am stärksten über alle Mediensegmente. Daneben existierten weitere Konzerne, deren Cross-Owner-Aktivitäten aber entweder nur regional oder auf weniger Medienteilmärkte beschränkt waren. Dazu gehörten zum Beispiel die Verlage ´Bauer` und ´Burda` im Zeitschriftensektor, sowie Regionalkonzerne im Tageszeitungsmarkt, wie beispielsweise die ´WAZ-Gruppe` in Essen und Thüringen. Die Printunternehmen wollten vor allem am wachsenden Erfolg des privaten Rundfunks teilnehmen. Im lokalen Bereich waren beispielsweise die Tageszeitungsverlage zu mehr als 80 Prozent Anteilseigner beim privat-kommerziellen Hörfunk. (Altmeppen,2001b, S. 99) Die großen Verlagsgruppen wie ´Springer` und ´Bertelsmann` dagegen kauften sich vor allem bei den landesweiten Hörfunksendern ein. (Weischenberg, Altmeppen & Löffelholz, 1994, S. 109; Röper & Pätzold, 1993c) Neben dem Ausbau von Senderbeteiligungen vermarkteten die Printunternehmen jedoch auch Ablegerprodukte erfolgreicher Printtitel im Fernsehen (´brand extension`). Ein Beispiel ist ´stern tv`, das Gruner & Jahr bereits 1990 bei RTL herausbrachte. Die Verleger wurden damit zu Contentproduzenten und -lieferanten für Fernsehsender. (Sjurts, 2002, S. 8) Die Wirtschaftsjahre 1993 und 1994 waren für die Zeitungsbranche stabil. Die Tageszeitung war nach wie vor der umsatzstärkste Werbeträger, obwohl ihr Marktanteil am Gesamtwerbeaufwand der deutschen Wirtschaft durch den Marktzutritt neuer Werbeträger rückläufig war. (Keller, 1995, S. 48; Atanassoff, Gietz & Kuk, Zeitungen 1994, S. 131 und S. 140-148; Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 25) Doch neben einem leichten Rückgang des Anzeigenumsatzes mussten sie auch weiterhin einen stetigen Auflagenrückgang verzeichnen. Dieser hing natürlich auch mit dem wachsenden Desinteresse jugendlicher Leser und der zunehmenden Konkurrenz des Internets zusammen. Die Zeitungen orientierten sich an diesen geänderten Nutzerpräferenzen, schafften spezielle Jugendseiten oder ganze Jugendsupplements, führten Layout Relaunches durch und – vor allem die überregionalen Tageszeitungen – verstärkten die Präsenz in den neuen elektronischen Medien. Dadurch sollte die Zeitung als modernes Informations- und Kommunikationszentrum dargestellt und somit bei jungen Lesern die Leser-
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Blatt-Bindung gefestigt werden. Diese Zeit der Konsolidierung wurde unterstützt durch das allgemeine hohe Wirtschaftswachstum, das sich positiv auf die Werbeausgaben der Wirtschaftsunternehmen auswirkte. Die Stagnation der Tageszeitungen schien somit 1994 überwunden. (Keller, 1995, S. 47; Sjurts, 1996, S. 2122; Keller, 2003, S. 33) Etwas anders verlief die Entwicklung der Publikumszeitschriften, die überwiegend stagnierende und rückläufige Tendenzen bei ihren Werbeeinnahmen aufwiesen. Gleichzeitig intensivierte sich bei den Zeitschriftenunternehmen Anfang der Neunziger Jahre die intermediale Diversifikation in horizontaler Richtung. So erwarben große westdeutsche Verlagshäuser Beteiligungen an ostdeutschen Zeitungen und Zeitschriften oder brachten neue Titel auf den Markt. Hauptsächlich durch die erfolgreiche Einführung neuer Zeitschriftentitel stiegen im Jahr 1994 die Werbeeinnahmen wieder. (Sjurts, 2002, S. 8; Keller, 1995, S. 50-51; Atanassoff, Gietz & Kuk, 1994, S. 127-131) Auch der Sektor der Publikumszeitschriften hatte sich somit bis Mitte der Neunziger Jahre konsolidiert. 2.2.2 Wachstums- und Orientierungsphase von 1995 bis 1997 1995 gab es im Zeitungssektor 135 Publizistische Einheiten, davon 128 Abonnementzeitungen, die sich nach dem Verbreitungstyp in fünf überregionale Tageszeitungen, 78 Regionalzeitungen und 50 Zeitungen mit lokaler Verbreitung aufteilten. (Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 24) Der schleichende Rückgang der Auflagen ging auf dem gesamten deutschen Zeitungsmarkt auch in den Folgejahren weiter. Durch höhere finanzielle Belastungen verschlechterte sich zwar die Ertragslage der Tageszeitungsverlage, dennoch konnten sie durch Preiserhöhungen, günstigere Papierkosten und durch einen konjunkturell bedingten Anzeigenzuwachs wieder Umsatzsteigerungen verzeichnen. (Keller, 1995, S. 38-39; Keller, 1997, S. 48-51) Bei den Vertriebs- wie auch bei den Anzeigenerlösen legten vor allem die überregionalen Zeitungen am deutlichsten zu und steigerten auch weiterhin ihre Auflage. (Keller, 1997, S. 20; Keller, 1998, S. 21-24 und S. 44) Die Publikumszeitschriften hatten auf dem Werbemarkt ebenfalls Einbußen, jedoch kehrte sich auch hier 1997 der negative Trend um. Trotz stagnierender Auflagen stiegen ihre Werbeeinnahmen wieder um 2,7 Prozent. (Keller, 1997, S. 26-31) Durch den allgemeinen Anstieg der Konjunkturlage zeichnete sich somit für den gesamten Printmedienbereich bis 1997 ein gewisser Aufschwung ab. Jedoch mussten sie sich an eine veränderte Kosten-Ertragslage anpassen, so dass diese Zeit auch von einer grundlegenden Orientierung und Positionierung geprägt war.
2.2 Der Printmedienmarkt
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2.2.3 Medienboom von 1998 bis 2000 Die Printmedien – allen voran die Tageszeitungen – konnten sich in den Jahren 1998 bis 2000 viel besser behaupten als in den Vorjahren. Die anziehende Konjunktur, die steigende Wettbewerbsintensität und der erhöhte Innovationsdruck der Unternehmen stimulierten Ende der Neunziger Jahre die Werbenachfrage. Nachdem die Trendwende schon 1997 eingeläutet worden war, legten die Anzeigenumfänge jetzt deutlich zu. Die Verlage profitierten von dem allgemein positiven Wirtschaftsklima und von den wachsenden Umsätzen am Werbemarkt, hauptsächlich vom boomenden Geschäft mit Stellen- und Finanzanzeigen. Der Anstieg des Werbe- und Anzeigenmarktes erreichte im Jahr 2000 mit der Internet- und Börseneuphorie seinen Höhepunkt. Die Printmedien galten als die Wachstumsbranche der Zukunft. (Keller, 2001, S. 25-28) Getrübt wurde die günstige Zeitungskonjunktur nur von den weiterhin leichten Auflagenrückgängen, die selbst noch im Boomjahr 2000 anhielten. (Keller, 2001, S. 48; Keller, 2000, S. 49) Eine Ausnahme bildeten die überregionalen Zeitungen, die in den alten Bundesländern ihre verkaufte Auflage erneut steigern konnten. Sie erzielten auch den höchsten Anstieg der Werbeeinnahmen in der Branche. (Keller, 2001, S. 21-24) Die Publikumszeitschriften, die seit Jahren durch die Einführung des Privatfernsehens Einbußen hinnehmen mussten, registrierten in diesen Jahren ebenfalls steigende Werbeeinnahmen. Im Jahr 2000 waren sie mit einem Plus von zwölf Prozent sogar absolute ´Wachstumsstars`. Damit verstärkte sich die positive Tendenz auch im Bereich der Publikumszeitschriften. Sie profitierten speziell vom Boom der Börse, des Internets und der so genannten „Dot.com"-Firmen. (Keller, 1999, S. 26-27; Keller, 2000, S. 27; Keller, 2001, S. 26) Dabei konzentrierte sich die wirtschaftliche wie auch die publizistische Macht auf wenige große Unternehmen. Die mit Abstand führenden deutschen Unternehmen waren in diesem Bereich die Verlage ´Bauer`, ´Springer`, ´Burda` und ´Gruner & Jahr`, die zusammen relativ beständig einen Anteil von knapp zwei Dritteln an der gewichteten Auflage halten. Die Printverlage investierten in neue Märkte, in Internetaktivitäten und Rundfunkbeteiligungen im Vertrauen darauf, dass der Boom anhält. (vgl. dazu Mast & Spachmann, 2003, S. 7) Wachsende Interdependenzen prägten das Mediengeschehen. Etablierte Medienunternehmen expandierten zunehmend in andere Medienteilmärkte oder dehnten ihre Geschäftsaktivitäten auch auf die OnlineMedien aus. Die Medien in Deutschland wurden somit in der Mehrzahl zu Multimedia-Unternehmen. (Sjurts, 2002, S. 2) An Rücklagen für schlechtere Zeiten wurde von den Unternehmen meist nicht gedacht, was ihnen schon 2001 zum Verhängnis werden sollte.
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2 Die Medienbranche im Wandel
2.2.4 Medienkrise von 2001 bis 2003 Mit dem Zusammenbruch der „New Economy“ fand der große Aufschwung ein jähes Ende. Die allgemeine konjunkturelle Lage verschlechterte sich, was drastische Einbrüche auf dem Werbemarkt nach sich zog. Da der Werbemarkt mit den Werbeträgern ´Zeitung`, ´Zeitschrift` und ´Rundfunk` eng verbunden ist, hatte die allgemeine Konjunkturlage auch Auswirkungen auf diese nachgelagerten Märkte. Bei den Zeitungen, die bei ihrer Finanzierung zu fast zwei Drittel von Werbung und Anzeigen abhängig waren, schrumpften 2001 die Gewinne in hohem Ausmaß. Nach dem absoluten Spitzenjahr 2000 traf die Krise die Branche gänzlich unvorbereitet. Niemals zuvor mussten die Zeitungsverlage solch hohe Verluste verkraften. Bis 2002 verloren sie ein Achtel ihres Umsatzes. Selbst die großen überregionalen Zeitungsverlage gerieten in die Verlustzone. So machte z.B. der ´Axel Springer Verlag` 2001 etwa 198 Millionen Euro Verlust, die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` (FAZ) ca. 27 Millionen Euro und die ´Süddeutsche Zeitung` (SZ) meldete ein Defizit von 10,4 Millionen Euro. Erst 2004 konnte im Zeitungssektor die Talfahrt der Anzeigen- und Vertriebsumsätze weitgehend gestoppt werden. Der Grund für die Krise lag aber nicht nur in der oben aufgezeigten Konjunkturkrise, die zu Kürzungen der Werbeausgaben geführt hatte. Gleichzeitig war dafür eine Strukturkrise verantwortlich, die vor allem auf den unter 1.3 genannten veränderten Rahmenbedingungen basierte. Zentrale Auslöser der Krise waren vor allem die Substitutionskonkurrenz des Internets im Bereich der Anzeigenmärkte und das veränderte Mediennutzungsverhalten insbesondere der jungen Bevölkerungsgruppen. Die Print-Nutzung stagnierte, während die Online-Rubrikenmärkte immer attraktiver wurden. Vor allem die Abwanderung der Auto-, Immobilien- und Stellenanzeigen in das Internet brachte den ohnehin angeschlagenen Zeitungen Verluste und schwächte ihre Marktposition. (Spachmann, 2005, S. 226; Glotz 2004, S. 194; Schenk & Wolf, 2004, S. 37; Kleiner & Nieland, 2005, S. 245). Dies zwang zur Neuorientierung im Wettbewerb und zur Erarbeitung neuer Geschäftsmodelle. Gleichzeitig verstärkte sich der bis dahin schleichende Rückgang der Zeitungsauflagen. Zu Schwierigkeiten auf der Erlösseite kamen gerade bei den überregionalen Zeitungen noch Kostenprobleme hinzu. Die in den erfolgreichen Jahren aufgebauten Kostenblöcke, insbesondere im Personalbereich, erwiesen sich ab 2002 als schwere Last. (Keller, 2003, S. 20-21 und S. 48) Zu welchen Anteilen konjunkturelle und/oder strukturelle Probleme für die Krise verantwortlich sind, lässt sich aber nicht so einfach beantworten, da die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens auch von den individuellen, internen und organisatorischen Gegebenheiten der Verlage und von der jeweiligen Marktposition abhängig ist.
2.2 Der Printmedienmarkt
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Auf die lang anhaltenden Einbrüche reagierten die Zeitungsverlage im Zuge umfassender Kostensenkungsmaßnahmen zunächst mit massiven Stellenstreichungen. Redaktionen wurden zusammengelegt oder sogar geschlossen. Es kam zudem zu einer qualitativen und quantitativen Reduktion der Leistungen. Viele Zeitungen hatten sich in den boomenden Zeiten aufwändige Prestigeprojekte geleistet, wie zusätzliche Regional- und Stadtausgaben oder Beilagen. In der Krise standen dann viele dieser Projekte zur Disposition. Die Verlage konzentrierten sich wieder stärker auf das Kerngeschäft. (Spachmann, 2005, S. 226; Friedrichsen & Kurad, 2004, S. 29) Um ihre Marktpositionen bei steigender Wettbewerbsintensität zu sichern, mussten sie jedoch außerhalb ihres Medienteilmarktes zusätzliche Erlösquellen erschließen. Dazu gehörten auch sogenannte Cross-Media-Strategien. Durch Diversifikation, also die Präsenz in verschiedenen Medienteilmärkten, sollte die Erlösabhängigkeit von einzelnen Medienmärkten und damit die Geschäftsrisiken verringert werden. Zudem sollten Synergieeffekte genutzt werden. Um profitabler zu werden, versuchten die Unternehmen Verlagskooperationen zu forcieren und Synergien und Outsourcing in verschiedenen Bereichen zu nutzen. Daneben kam es zu Schließungen von Tochtergesellschaften. Auch viele der Beteiligungen und Joint Ventures im E-BusinessBereich wurden nach einer kurzen Euphorie in der Boomphase unter dem wachsenden Kosten- und Effizienzdruck wieder weitgehend zurückgefahren, da sich die Erlöschancen im Online-Bereich als relativ gering erwiesen. (Sjurts, 2002, S. 2 und S. 10; Schenk & Wolf, 2004, S. 40) Die Verlage konnten jedoch ihre Position im zunehmenden Medienwettbewerb langfristig nur sichern, indem sie sich in allen Bereichen für die Zukunft rüsteten. Viele Zeitungshäuser entwickelten sich daher zu komplexen Medienunternehmen mit unterschiedlichen Informations- und Kommunikationskanälen. Da dies mit hohen Investitionen verbunden war, kam es in dieser Zeit zu einer weiteren Konzentration der Medienwirtschaft und zu einer zunehmenden Ökonomisierung der Medienproduktion (vgl. Trappel, Meier, Schrape & Wölk, 2002). Im Gegensatz zur Zeitungsbranche hatte sich der Zeitschriftenmarkt trotz der Werbekrise in der Gesamtbetrachtung zwischen 2001 bis 2003 positiver entwickelt. Es kam zwar auch in dieser Branche zu Schließungen ganzer Unternehmensbereiche und Titeleinstellungen. Doch obwohl auch die Zeitschriftenverlage in hohem Maße von der Entwicklung des Werbemarktes abhängen und in der Krisenzeit ca. 30 Prozent ihrer Werbeeinnahmen verloren, ist es ihnen in den schwierigen Jahren gelungen, den Zeitschriftenmarkt insgesamt stabil zu halten. (Fürstner, 2004, S. 10-12; Schenk & Wolf, 2004, S. 37; Keller, 2005, S. 34) Geschäftsstrategien und Zeitschriftentitel wurden kritisch auf ihre Rentabilität überprüft. Kosten wurden beispielsweise durch die Auslagerung bislang innerbetrieblicher Prozesse an externe Dienstleister (Outsourcing) eingespart. Die
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Zeitschriftenbranche begegnete der Krise des Werbemarktes und dem gestiegenen Wettbewerbsdruck aber vor allem mit der Entwicklung von innovativen Konzepten. Dies waren beispielsweise die Einführung von Sonderheften, der Ausbau von bestehenden Zeitschriftenmarken durch ergänzende Titel (´LineExtension`) und die Gründung neuer, eigenständiger Zeitschriftentitel. So wurden trotz der Werbekrise allein im Jahre 2003 ca. 230 neue Zeitschriftentitel auf den Markt gebracht. (Fürstner, 2004, S. 9-11) Auch neue Produktformen wie z.B. Merchandising fanden zunehmend Eingang im Zeitschriftensektor, also die Produktion, der Vertrieb und das Marketing von Ablegerprodukten, wie T-Shirts, Bücher oder CDs. Daneben versuchten die Unternehmen, bestimmte Inhalte und Werbung auch crossmedial in verschiedenen Medien, z.B. Print, TV und Internet, zeitgleich (Versioning) oder zeitversetzt (Windowing) zu nutzen. Die anhaltende Medienkrise hatte alle Printunternehmen gerade durch ihre Abhängigkeit vom Werbemarkt gravierend getroffen und mehr oder weniger in ihrer Existenz bedroht. Sie wurden dazu gedrängt, sich den neuen Entwicklungen anzupassen und strukturelle Veränderungen herbeizuführen. 2.2.5 Konsolidierungsphase von 2004 bis 2006 Die Printunternehmen waren daher gezwungen, neue, problemadäquate Strategien zu entwickeln, die nicht nur Personaleinsparungen und Produkteinstellungen beinhalteten. Daher folgte auch im Printmedienbereich nach der Medienkrise eine Phase der verstärkten Konsolidierung. Nach drei Jahren großer finanzieller Einbußen stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage der Printunternehmen ab 2004 langsam wieder. Die Umsätze der Zeitungsverlage stiegen erstmals seit Beginn der Krise wieder an, allerdings nur auf ein Niveau, das dem von 1994 entsprach. Die Werbeerlöse und auch die Vertriebserlöse verzeichneten ab Mitte 2004 bis 2006 einen stetigen Anstieg. Durch den Aufschwung der allgemeinen Konjunkturlage im Jahr 2006 stabilisierten sich gleichzeitig die Werbekonjunktur und damit auch die Lage der Werbeträger. Da die überregionalen Zeitungen die größte Abhängigkeit von Anzeigen- und Werbeeinnahmen gezeigt hatten, versuchten sie jetzt den Schwerpunkt ihrer Finanzierung allmählich weg von den Anzeigeneinnahmen zu verlagern. Bis zum Jahr 2000 galt noch weitgehend die alte Faustregel, wonach zwei Drittel der Umsätze im Zeitungsgeschäft mit Anzeigen und Werbung und ein Drittel mit dem Verkauf erzielt werden. 2006 waren es immerhin nur noch 58,5 Prozent, die über Anzeigen und Werbung finanziert wurden. (Keller, 2007, S. 21) Doch trotz des konjunkturellen Aufschwungs, bekam die Zeitungsbranche nicht den erhofften Schub. Die Problemfelder, denen die Medien ausgesetzt waren, blieben unverändert. So
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hatte die Branche auch weiterhin mit rückläufigen Auflagewerten zu kämpfen. Allein die überregionalen Zeitungen konnten ihre Auflage stabilisieren bzw. wieder leicht steigern. (Keller, 2005, S. 56-58; Keller, 2006, S. 45; Keller, 2007, 47-48) Auf dem Anzeigenmarkt, vor allem beim Automobil-, Immobilienund Stellenmarkt, machte sich die Konkurrenz des Mediums Internet immer stärker bemerkbar. Um sich für die kommenden Jahre vom volatilen Anzeigengeschäft unabhängiger zu machen, mussten die Verlage daher zusätzlich neue Geschäftsfelder erschließen. So engagierten sich die Unternehmen bei den Anzeigenblättern, sie beteiligten sich an Radio- und zum Teil auch an Fernsehsendern. Die Verlage versuchten also alle Verteilkanäle zu nutzen, wo sie ihre Stärken im Bereich Information und Kommunikation ausspielen konnten. Sie nutzten neue Erlösquellen wie Kultur-Ticketing oder Diversifikation und Markentransfer. Diese Zusatzleistungen sollten die Leser-Blatt-Bindung steigern und das Image der Zeitung als modernes Informations- und Kommunikationszentrum festigen. Zeitungsverlage experimentierten zudem mit neuen Formaten (Tabloid), wodurch vor allem neue Leserkreise erschlossen werden sollten. Durch diese oder ähnliche Konzepte sollten die Verluste durch den Rückgang im Anzeigengeschäft aufgefangen und auch für die Zukunft substituiert werden, da die Abwanderung ins Internet-Geschäft wahrscheinlich weitergeht. (Keller, 2004, S. 262-263) Die Zeitungen versuchten sich daher auf den neuen Trend einrichten, indem sie die Verbindung von Printmedium und Internet erneut forcierten. So wurden beispielsweise Teile des Vertriebs und des Anzeigenservices online abgewickelt. Nach Einschränkungen dieses Engagements während der Krise wurde nun wieder verstärkt in die Neuen Medien investiert. Fast alle großen Zeitungsverlage waren wieder zunehmend im Internet präsent. Während anfangs in erster Linie die klassischen Medienprodukte in 1:1-Übertragung angeboten wurden, kamen nun auch immer mehr internetspezifische Produktvarianten und Produkterweiterungen auf den Markt. (Sjurts, 2002, S. 10; Keller, 2007, S. 2025) Doch das Online-Geschäft brachte den Zeitungen aufgrund mangelnder Refinanzierungsmöglichkeiten kaum zusätzliche Erlöse ein. Das Kerngeschäft der Verlage blieb weiterhin die gedruckte Zeitung. Auch im Zeitschriftensektor zeichnete sich erst 2004 eine Verbesserung des Anzeigenaufkommens ab, obwohl sich der Werbemarkt bereits im Jahre 2003 langsam erholte hatte. Die verkaufte Auflage bei den Zeitschriften ging zwar ähnlich wie im Zeitungssektor leicht zurück, jedoch ist als Zeichen des Aufschwungs zu werten, dass bereits im Jahr 2003 230 neue Zeitschriftentitel auf den Markt gebracht wurden. Daneben wurden in den Folgejahren die oben (siehe 2.2.4) erwähnten Konzepte zu einem weiteren Kostenabbau und zu neuen Erlösstrategien weitergeführt. (Fürstner, 2004, S. 9-11)
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2 Die Medienbranche im Wandel
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die letzten 15 Jahre den Medien eine konjunkturelle Berg- und Talfahrt bescherten, die sich zwar in den verschiedenen Mediensektoren mit unterschiedlicher Stärke auswirkte, aber in etwa ähnliche Tendenzen aufwies. Der Print- wie auch der Rundfunkbereich wurden in den Achtziger Jahren durch die Liberalisierung und Deregulierung im Rundfunk mit drastischen Veränderungen konfrontiert. Die Wiedervereinigung brachte beiden Medienbereichen einen Reichweitenzuwachs, sowohl als publizistisches Medium als auch als Werbeträger. Die zunehmende Privatisierung und Ökonomisierung dokumentierte sich u.a. auch in einer zunehmenden Abhängigkeit der Medien vom Werbe- und Anzeigenmarkt, der die Hauptfinanzierungsquelle der privatrechtlich organisierten Medien bildet. Daher stehen gerade die Print- und Rundfunkunternehmen im Rezipientenmarkt untereinander in einem eher schwachen Wettbewerb, im Werbe- und Anzeigenmarkt dagegen in einem immer intensiveren. Nach den grundsätzlichen strukturellen Veränderungen der Achtziger Jahre, der den Wettbewerb um Reichweiten und damit um Werbekunden verschärft hatte, mussten sich die Medienunternehmen daher zunächst konsolidieren (´Konsolidierungsphase` von 1992 bis 1994). Veränderte Nutzergewohnheiten und Kostenstrukturen, allgemeine konjunkturelle Entwicklungen und der Bedeutungszugewinn des Internets zwangen die klassischen Medien zusätzlich zu einer Umorientierung. Dies führte zu allmählichem Wachstum in der Medienbranche (´Wachstums- und Orientierungsphase`) bis zum absoluten Erfolgsjahr 2000 (´Boomphase`). Der darauffolgende Einbruch des Werbemarktes und die zunehmende Bedeutung des Internets als ernstzunehmender Konkurrent im Werbesektor stürzte die Medienunternehmen in eine ernste Finanz- und Strukturkrise (´Krisenphase`), die sie erneut zu unumgänglichen Neuorientierungen drängte, um ihre Existenz langfristig zu sichern (´Konsolidierungsphase` von 2004 bis 2006). Die Jahre ab 2004 waren daher von einer weitgehenden Konsolidierung und Neuorientierung gekennzeichnet. Gerade die Abhängigkeit von der Werbeindustrie sowie der ständig zunehmende Auflagenrückgang im Printbereich hatten einschneidende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Kraft der betroffenen Unternehmen. Die ganze Entwicklung führte auch zu einem verschärften Wettbewerb um Aufmerksamkeit. Die Zeitungsverlage setzten daher zusätzlich auf die Schärfung ihres publizistischen Profils und auch auf die Kommunikation entsprechender Differenzierungsvorteile. Dabei wurden vor allem die Kriterien ´Glaubwürdigkeit` und ´hochwertige Qualität` der klassischen Zeitung herausgestellt.
3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
Trotz der finanziellen Schwankungen und strukturellen Veränderungen haben die Medien in den letzten Jahren immer mehr an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Parallel zur Vermehrung von Medienangeboten und inhalten stieg auch das öffentliche Interesse an den Medien selbst. Daher informieren Medien auch zunehmend über Medien, das heißt sie nehmen sich selbst zum Thema. Die Medienberichterstattung über Medien breitete sich zunehmend aus, sowohl organisatorisch und funktionell über seine Institutionalisierung, als auch von seinem Themenspektrum her. Will man nun dem Einfluss ökonomischer Faktoren auf die Berichterstattung nachgehen, scheint es sinnvoll, den Bereich zu untersuchen, der grundlegende ökonomische Eigeninteressen der Verlage berührt. Dies wäre unter wirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekten die Berichterstattung über die Medienunternehmen selbst. Die Interessenstrukturen werden dabei einerseits durch konjunkturelle Einflüsse von außen gesteuert und andererseits durch das verstärkt ökonomische Denken der Verlagsebene zur Existenzsicherung auf dem Medienmarkt. Da dieser Markt im Wesentlichen ein ´Markt der Aufmerksamkeit` ist, hängt von der publizistischen Darstellung des Medienunternehmens dessen Image und seine Akzeptanz bei den Rezipienten ab. Von daher ist es notwendig auf diese Form der Selbstthematisierung, ihre definitorische Einordnung, ihre Probleme, Formen und Kennzeichen näher einzugehen. 3.1 Definitorische Einordnung Wird die Medienökonomie, bzw. wie in vorliegender Studie speziell ein Medienunternehmen, als Thema der Berichterstattung aufgegriffen, stellt sich die Frage, ob bei der Wirtschaftsberichterstattung im Themenkreis ´Selbstthematisierung`, nämlich der Medienberichterstattung über Medien, Besonderheiten bei der Unternehmensdarstellung zu identifizieren sind. Um meinen Untersuchungsgegenstand theoretisch zu konturieren, ist es daher vonnöten, zunächst festzulegen, was Medienberichterstattung über Medien ist und was speziell unter
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
´Medienberichterstattung über Medienunternehmen` in dieser Arbeit zu verstehen ist. Dazu ist es notwendig einen funktionalen Medienbegriff zugrunde zu legen, der auch die Besonderheit eines Medienunternehmens erklärt. Darauf aufbauend soll schließlich die selbstreferentielle Berichterstattung über Medienunternehmen definitorisch eingeordnet werden. 3.1.1 ´Medien` und ´Medienunternehmen` In der Publizistikwissenschaft konnte man sich bisher noch nicht auf einen theoriefähigen Medienbegriff einigen. Er wird meist auf die technische Dimension beschränkt. Es ist aber zu wenig, die Medien nur als technisches Vermittlungssystem zu sehen, sie sind auch eine „soziokulturelle Institution“ (Schmid & Kubicek, 1994, S. 403). Denn Kommunikationstechniken werden erst durch ihre Vergesellschaftung zum ´publizistischen Medium`, und dies geschieht erst dann, „wenn sie über die Funktion eines technischen Vermittlungssystems hinaus in einen spezifischen institutionalisierten Handlungskontext eingebunden sind“ (Neverla & Walch, 1994, S. 29-30). Saxer (1998a) betont neben der institutionellen Bedeutung und dem Leistungsvermögen der Medien auch den Organisationsrahmen. Bei Kiefer (2003) findet sich eine Konkretisierung dieser Mediendefinition, die noch deutlicher das Leistungsvermögen der Medien im Sinne der dualen Auffassungen von technischer Distribution und gesellschaftlichem Auftrag präzisiert. Medien sind danach „komplexe institutionalisierte Produktions- und Rezeptionssysteme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem (technischem wie gesellschaftlichem) Leistungsvermögen“ (Kiefer, 2003, S. 182-183). Für eine umfassende Definition von ´Medien` müssen daher sowohl die technische und organisationale Ebene, als auch die funktionale Ebene (auf die unter 5.1, noch genauer eingegangen wird) berücksichtigt werden. (vgl. Grothe & Schulz, 1994, S. 63-78; Altmeppen, 2006, S. 138) Medien sind also zunächst als eine eigenständige gesellschaftliche Institution zu sehen, da sie Funktionen übernehmen und stabilisieren, die für die gesellschaftlichen Vollzüge notwendig sind. Sie definieren einen gemeinsamen Handlungsrahmen aus Normen und Regeln. In diesen normativen Räumen eingebettet ist die Produktion von Medien durch Organisationen bzw. Unternehmen8, seien 8 In der Regel werden in der Literatur die Begriffe ´Medienunternehmen` und ´Medienorganisation` mehr oder weniger synonym verwendet (vgl. Sjurts, 2004b; Schumann & Hess, 2000). In der Literatur sind die Begriffe ´Medienorganisation` und ´Medienunternehmen` nicht eindeutig geklärt und voneinander abgegrenzt. Es mag für diese Studie jedoch genügen, dass man ´Organisation` als einen umfassenden Begriff verstehen kann, der denjenigen der Medienunternehmen integriert (vgl. Altmeppen, 2006, S. 155).
3.1 Definitorische Einordnung
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es nun Wirtschaftsunternehmen oder öffentliche Unternehmen. Für Kiefer (2005) ist „der institutionalisierte Ort der Produktion in einer Marktwirtschaft die Unternehmung, die gleichzeitig aber auch ein wirtschaftlich-rechtlich organisiertes Gebilde ist mit dem Zweck, mittels ihrer produktiven Leistungen Gewinne zu erwirtschaften“ (S.116 und S. 129). Unternehmen sind nach dieser Ansicht also Organisationen mit erwerbswirtschaftlicher Zweckrichtung, da sie gleichzeitig den wirtschaftlichen Fortbestand der Medieninstitution sichern und sich nach den Richtlinien des Marktes orientieren müssen. Auf der Ebene der Unternehmung zeigt sich also bereits ein gewisser Zielkonflikt. Während das publizistische Ziel ist, in Erfüllung der gesellschaftlichen Funktion Medieninhalte mit höchster publizistischer Qualität herzustellen, fokussiert das ökonomische Ziel die Maximierung von Umsatz und Gewinn. Konflikte werden dabei im Wesentlichen durch ökonomische Überlegungen ausgelöst. In der Folge werden auf der Unternehmensebene Effizienz- und Rentabilitätskriterien noch deutlicher akzentuiert, um den Umsatz zu steigern, die Kosten zu straffen und den Gewinn zu erhöhen (Altmeppen, 2006, S. 145 -147 und S. 253). Einen wesentlichen Anteil hat dabei auch die Außendarstellung eines Unternehmens. Je nachdem wie ein Unternehmen der Öffentlichkeit dargestellt wird, wird sein Image geprägt und in gewisser Weise auch sein Marktwert festgelegt. da sie unmittelbare Auswirkungen auf das Kaufverhalten haben kann. Von daher muss geklärt werden, wie sich die Berichterstattung über Medien bzw. über Medienunternehmen gestaltet. 3.1.2 ´Medienberichterstattung über Medienunternehmen` Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter ´Medienberichterstattung` jede Form journalistischer Berichterstattung verstanden. Auch in der kommunikationswissenschaftlichen Fachliteratur findet sich keine einheitliche Definition, nicht einmal eine allgemeingültige begriffliche Festlegung. So werden synonym zu ´Medienberichterstattung` auch die Begriffe ´Medienjournalismus`, ´Medienberichterstattung über Medien` oder auch ´Medienmedienberichterstattung` gebraucht. Innerhalb des wissenschaftlichen Themenbereichs ´Selbstthematisierung` wird in einer weit gefassten Begriffsbestimmung – der auch in dieser Studie gefolgt werden soll - unter ´Medienberichterstattung` eine fachliche Spezialisierung der journalistischen Tätigkeit auf den Gegenstandsbereich ´Medien` verstanden, wenn also Medien sich selbst zum Thema nehmen (Kreitling, 1997, S. 124; Quast 1998, S. 225; Choi, 1999, S. 45; Fengler, 2002, S. 11; Malik, 2004, S. 180). Davon werden die beiden Dimensionen der ´Information über die Medien` und der ´Kritik an den Medien` umfasst. Dies ist zum einen die Beobachtung von Medien und Medienangeboten und zum anderen eine analytische und
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
kritische Thematisierung der Medien. Gerade letzteres ist aus ökonomischer Sicht von einiger Brisanz, da der Wettbewerb im Medienbereich sich hauptsächlich um Akzeptanz und Aufmerksamkeit der Rezipienten dreht. Somit kann jede Kritik an den Medien für sie auch wirtschaftliche Auswirkungen haben. Ob es sich nun beispielsweise um Programminformationen, Kritik an publizistischen Inhalten oder um werbende Darstellungen handelt, die unternehmerischen Interessen der Medienunternehmen werden immer berührt. Die oben aufgezeigte zunehmende Ökonomisierung des Medienbereichs (siehe 1.3) verstärkt noch diese ökonomischen Zielsetzungen der Medienunternehmen. Am intensivsten werden die wirtschaftlichen Eigeninteressen angesprochen, wenn medienökonomische Themen zur Sprache kommen. Diese beschäftigen sich mit den Strukturen und Hintergründen der Medienwirtschaft und der Medien(wirtschafts)politik, aber auch mit der wirtschaftlichen Grundlage der Medienproduktion und ihrer Produkte. Ein besonders heikles Thema ist dabei die Berichterstattung über die Medienunternehmen selbst. Hier werden die Unternehmen beschrieben und bewertet, ihr Marktverhalten analysiert, ihre Strukturen und Verflechtungen aufgezeigt und auch Medienmacht und Medienmanipulation hinterfragt. Aufgrund ihres selbstreferentiellen Bezugs ist gerade die Berichterstattung über Medienunternehmen besonders brisant. So wird über die Außendarstellung das Image eines Unternehmens geprägt, das in gewisser Weise die Nachfrage nach seinen Produkten steuert. Dadurch verstärkt sich natürlich das Interesse des Verlags oder Senders an der Unternehmensdarstellung, vor allem wenn über ein Unternehmen des eigenen Medienbereichs bzw. im Spezialfall sogar über das eigene Unternehmen berichtet wird. Wenn jedoch diese durchaus verständlichen wirtschaftlichen Eigeninteressen Einfluss auf die publizistische Darstellung nehmen, sind die Autonomie und auch die Qualität des Medienjournalismus bedroht. Denn eigentlich soll, wenn Medien thematisiert werden, nach den gleichen journalistischen Maßstäben berichtet werden, „die auch sonst das journalistische Tagesgeschäft bestimmen“ (Ruß-Mohl, 1999, S. 203-204). Dies ist jedoch aufgrund bestehender Wettbewerbsverhältnisse oder stark ökonomisch geprägten Zielsetzungen der Medienunternehmen nicht immer leicht. 3.1.3 Medienberichterstattung unter ökonomischen Gesichtspunkten Grundvoraussetzung für eine nach journalistischen Qualitätsmaßstäben ablaufenden Medienjournalismus ist ein gewisser Grad an Professionalität. Von Professionalität kann aber erst gesprochen werden, wenn das Themenfeld ´Medien` auch innerhalb der redaktionellen Organisation in einem integrativen Konzept von einer definierten Medienredaktion verwaltet wird und kontinuierlich auf
3.1 Definitorische Einordnung
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einer eigenen Medienseite oder in einem eigenen Medienteil erscheint. Eine kontinuierliche Medienberichterstattung mit fest etablierten Medienressorts ist jedoch nicht die Regel. Oft wird der Medienjournalismus nur als Querschnittsaufgabe betrachtet ohne fest definierte Zuständigkeiten. Dabei wird die Medienberichterstattung von Fall zu Fall in wechselnden Ressortkontexten miterledigt, überwiegend im Feuilleton, dem Wirtschafts- und auch dem Politikressort. Ein in diesem Sinne professioneller Medienjournalismus wird im Wesentlichen von den Printmedien und hier hauptsächlich von den überregionalen Tageszeitungen geleistet (Engels, 2005, S. 105, Lungmus, 2005, S. 64). Wie Krüger & Müller-Sachse (1998) feststellten, wird dem Themenbereich ´Medien` umso mehr redaktionelles Gewicht zugebilligt, je größer der jeweilige Zeitungsverlag ist und je mehr er selbst über Beteiligungen crossmedial im Mediensektor engagiert ist. (S. 19, S. 25-28 und S. 233). Es besteht folglich ein tendenzieller Zusammenhang zwischen der Einrichtung von Medienressorts und der Auflagengröße des Verlags. Die Etablierung einer konstanten Medienberichterstattung hängt dabei von den finanziellen Ressourcen des Verlags ab, die wiederum von der jeweiligen konjunkturellen Lage beeinflusst werden. Insofern wird die Etablierung und Professionalisierung der Medienberichterstattung von wirtschaftlichen Voraussetzungen beeinflusst. So konnten sich in der wirtschaftlichen Boomphase im Jahr 2000 zahlreiche Zeitungen eigene Medienredaktionen leisten. Im Gegenzug wurden die neuen Medienressorts während der Zeitungskrise aufgrund von Sparmaßnahmen oft geschlossen oder zumindest eingeschränkt. Diese Reduzierung der Medienredaktionen wertet Beuthner (2005a) zum Beispiel bereits als Rückzug des Medienjournalismus (S. 13). Beuthner macht also das Ausmaß einer professionellen Medienberichterstattung abhängig von der konjunkturellen Lage und der finanziellen Ausstattung bzw. von tatsächlichen Gegebenheiten wie dem Vorhandensein eines Medienressorts. Sparmaßnahmen in einer Krisensituation führen demnach zu einem Rückgang der Medienberichterstattung. Im Gegensatz dazu sieht Jarren (1988) den sich verschärfende Wettbewerb und die ausgeprägten unternehmerischen Eigeninteressen als entscheidende Motoren für eine Intensivierung der Berichterstattung über Medienthemen (S. 92). Verfolgt man diesen Gedankengang von Jarren nun weiter, dann müsste - im Gegensatz zu Beuthners Annahme - in der Krisensituation der Umfang der Medienberichterstattung deutlich zunehmen. Denn gerade in einer wirtschaftlichen Krise treten Verlagsinteressen am intensivsten zutage, da hier das Image des Unternehmens und die Stellung im Wettbewerb oft eine Existenzfrage sind. Über Glaubwürdigkeit und Offenheit könnte gerade in der Krise wieder Vertrauen aufgebaut werden. Verallgemeinernd kann man sogar aufgrund der fortschreitenden Ökonomisierung und der dadurch stark wirtschaftlich betonten Zielorientierung der Unternehmen zu der Annahme gelangen, dass sich nicht nur eine
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
Krisensituation, sondern allgemein konjunkturelle Bedingungen und wirtschaftliche Eigeninteressen in einer forcierten oder ´gebremsten` Medienberichterstattung niederschlagen könnten. Ökonomische Verlagsinteressen werden am deutlichsten angesprochen, wenn speziell die Medienunternehmen, ihre ökonomischen Handlungen, Entscheidungen, Strukturen oder ihre finanzielle Situation thematisiert werden, da jede Form der Darstellung wirtschaftliche Folgeprozesse auslösen kann. Von Interesse ist dabei, inwieweit das Ausmaß der Berichterstattung über Medienunternehmen von ökonomischen Faktoren beeinflusst wird. Dies kann nun von der Etablierung der Medienressorts abhängig sein, die von den finanziellen Ressourcen der Unternehmen und damit von der konjunkturellen Lage beeinflusst wird. Oder es könnten verstärkte wirtschaftliche Eigeninteressen und die jeweilige Wettbewerbssituation dahinterstehen. Vielleicht zeigen sich aber unabhängig von jeder wirtschaftlichen Entwicklung oder von Konkurrenzverhältnissen auch nur Professionalisierungstendenzen bei der Thematisierung und Darstellung von Medienunternehmen. In welcher Form nun Medien über Medienunternehmen berichten können und welche Besonderheiten sich dabei zeigen, soll im Folgenden aufgezeigt werden. 3.2 Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen Bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen unterscheidet man grob zwischen der Medienanalyse (Information) und der Medienbeurteilung (Kritik). Einerseits werden im Sinne der Orientierungsfunktion Programminformationsangebote als Serviceleistung für das Publikum bereitgestellt und Informationen über Medienprodukte und auch über die wirtschaftliche Seite der Medienunternehmen gegeben. Andererseits wird zur Erfüllung der Kontrollfunktion eine Plattform geschaffen, um beispielsweise Kritik an Medienangeboten, Medienentwicklungen oder Medienpersönlichkeiten und eine gegenseitige Beobachtung der jeweiligen Medienleistungen zu ermöglichen. In Bezug auf die Berichterstattung über Medienunternehmen sollen nun die beiden Formen, Medienbeurteilung und Medienanalyse, näher in Augenschein genommen werden. Dies betrifft zum einen die medienkritische Betrachtung der Unternehmen, ihrer Handlungen und ihrer Produkte. Zum anderen geht es um die Darstellung der wirtschaftlichen Seite eines Medienunternehmens als Wirtschafts- bzw. Unternehmensberichterstattung für eine fachlich kompetente Leserschaft und für wirtschaftlich interessierte Laien, die mit detaillierten Informationen versorgt werden sollen. Zusätzlich soll dafür sensibilisiert werden, ob und
3.2 Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
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inwiefern ökonomische Interessen hinter der Medienkritik oder der Unternehmensdarstellung stehen können. 3.2.1 Berichterstattung über Medienunternehmen als Medienkritik Der Medienjournalismus gilt allgemein als das wichtigste Instrument, um die Medien breitenwirksam zu kontrollieren. Krüger und Müller-Sachse (1999) halten Medienbeurteilung bzw. -kritik sogar für eine „unabdingbare Voraussetzung für den Bestand einer im weiten Sinne medienkritischen und medienpolitischen Öffentlichkeit“ (S. 115). Ein medienkritischer Ansatz solle daher weiter greifen „als eine partielle Kritik einzelner Medien oder Medienangebote“ (ebd. S. 132). Medienkritik reicht nun von der Produktkritik, die in den meisten Fällen Fernsehkritik ist, bis zu einer Medienkritik der Beobachtung und kritischen Kommentierung kontextrelevanter Tatbestände und Ereignisse, die die Regulierungen des Mediensektors und seine gesellschaftlichen Implikationen betreffen. Nur dann nämlich können die verschiedenen strukturellen Wirkungs- und Einflussmöglichkeiten der Medien erfasst und die intersystemischen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Medien im Mediensystem erkannt werden. (Prokop, 2005, S. 98; Gäbler, 2005, S. 124; Schmidt, 2005, S. 32-33) Durch die kritische Betrachtung der Medienprodukte, des unternehmerischen Handelns der Medien oder durch die Offenlegung von wirtschaftlichen Verflechtungen und Kooperationen soll der Rezipient Orientierung im ´Mediendschungel` erhalten und zu mehr Medienkompetenz gelangen. Doch kann Medienkritik auch für ökonomische Zwecke instrumentalisiert werden. Werden beispielsweise Sendeformate analysiert, erfolgt dies gegebenenfalls zielgerichtet aufgrund ökonomischer Interessen, da Kritik an einem Medienprodukt oft sogar mehr Aufmerksamkeit generiert als die reine Ankündigung. Aufmerksamkeit hat wiederum ökonomische Auswirkungen, da sie die Zuschauer- bzw. Auflagenzahlen steigen lässt und damit auch die Attraktivität des jeweiligen Medienunternehmens für Werbekunden. Es besteht dabei die Gefahr, dass die Berichterstattung nur reine Verlautbarung der von den Konzernen selektierten Informationen ist. Um dem zu entgehen, muss sie selbst zur Kritik der Medienökonomie werden. Denn gerade wenn die Medien unter dem Einfluss der zunehmenden Ökonomisierung intensiver als bisher nach wirtschaftlichen Aspekten agieren, ist es für die Rezipienten vor allem auch wegen der unübersichtlichen Verflechtungen innerhalb der Branche wichtig, darüber aufgeklärt zu werden, wie dies die Berichterstattung aufgrund von Abhängigkeiten oder Rücksichtnahmen beeinflusst. Die Medienberichterstattung beschäftigt sich dabei sowohl mit der Darstellung und Kritik der Ökonomie einzelner Unternehmen, aber auch mit der Darstellung spektakulärer In-
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solvenzfälle (z.B. der Konkurs des Kirchkonzerns) und ökonomischer Krisen, wie zum Beispiel der Zeitungskrise. Durch den erhöhten Orientierungsbedarf ist gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten eine kritische Beobachtung des Medienmarktes unverzichtbar. Allerdings wird innerhalb der Branche auch befürchtet, dass durch eine permanente Propagierung von finanziellen Schwierigkeiten im eigenen Medienbereich die Gefahr bestehe, dass das Image der Medien beschädigt würde. Wenn jedoch die Berichterstattung nur ziel- und zweckorientiert eingesetzt wird, um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das Image der Medienunternehmen, vor allem des eigenen Hauses, aufzupolieren, dann wird Medienkritik als indirekte Eigen-PR instrumentalisiert. Eine solche Determinierung der Berichterstattung konnte ich in meiner Studie über die Medienberichterstattung während der Zeitungskrise (vgl. Pointner, 2005) insoweit schon feststellen, als sich die Berichterstattung über das eigene Unternehmen in der Krisenzeit weitgehend in Form einer positiven Selbstdarstellung absetzte. Ob sich diese Zurückhaltung hinsichtlich einer kritischen Stellungnahme zugunsten mehr ökonomisch orientierter Zielsetzungen nur in der Krise zeigt oder ein generelles Problem der Medienberichterstattung über Medienunternehmen ist, soll diese Studie klären. Wäre dies der Fall, dann steht zu befürchten, dass das ökonomische Denken auch zunehmend die Medienkritik dominiert und sie ihre Funktion als Instanz der Reflexion und Kontrolle der gesellschaftlichen Kommunikation verlieren kann. Gefährlich ist dabei vor allem, dass der Normalleser kaum diesen ´Filz` aus Eigeninteressen, wirtschaftlichen Verflechtungen, bewusst gestreuter Information und journalistischer Aufklärungspflicht der Medienjournalisten erfassen kann. Der kritische Fokus könnte somit zugunsten ökonomischer Zielsetzungen verloren gehen. Die Berichterstattung über Medienunternehmen ist aber nicht ausschließlich als Medienkritik zu sehen, sie ist gleichzeitig Wirtschafts- bzw. Unternehmensberichterstattung, denn Medienunternehmen sind auch ´normale` Wirtschaftsunternehmen, die ihre Produkte auf dem Markt anbieten. Da es hier um den Sonderfall geht, dass der Journalist nicht als Beobachter von außen fungiert, sondern aus der Innensicht der Branche berichtet, ist diese Form der Wirtschaftsberichterstattung, die auch gleichzeitig Medienberichterstattung ist, besonderen Kriterien unterworfen, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. 3.2.2 Berichterstattung über Medienunternehmen als Wirtschafts- und Unternehmensberichterstattung ´Wirtschaft` ist ein klassisches Ressort im Journalismus. Zur Definition von Wirtschaftsjournalismus gibt es bisher kein übergreifendes theoretisches Kon-
3.2 Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
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zept und keinen verbindlichen Aufgabenkatalog. Hauptanliegen ist traditionell die Nachrichtenübermittlung aus dem gesamten Wirtschaftsbereich. Doch neben der reinen Informationsvermittlung geht es immer mehr um Orientierungsleistungen für den Rezipienten. Denn der Bürger wird auch im Hinblick auf wirtschaftliche Entwicklungen mit einer immer größeren Flut von Einzelinformationen und Detailwissen konfrontiert und findet sich dadurch in seinem wirtschaftlich sozialen Umfeld immer weniger zurecht. Entwicklungen am Markt sollen daher verständlich und transparent dargestellt werden, damit sie dem Rezipienten Orientierungshilfe bieten. Er soll in die Lage versetzt werden, gesamtwirtschaftliche Wirkungszusammenhänge zu erkennen und selbstbestimmt am Wirtschaftsleben teilzunehmen (Padberg & Döring, 2000; Zohlnhöfer, 1989, S. 29). Wirtschaftsjournalisten sollen daher durch Erläuterung wirtschaftlicher Tatbestände und Hintergründe, durch Konjunkturbeobachtung, durch kritische Analyse der Wirtschaftspolitik und des Handelns von Unternehmen zu einem breiteren Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge beitragen. Neben der Wirtschaftspolitik, Analysen und Anlagetipps nimmt dabei die Unternehmensberichterstattung einen breiten Raum ein. Sie beschreibt und bewertet Unternehmen, deren Führungspersönlichkeiten, Strukturen, Marktverhalten und Produkte. (Spachmann, 2005, S. 35; Sieber, 2006, S. 10) Die publizistische Behandlung von Medienunternehmen ist dabei ein Spezialfall der Unternehmens- und Branchenberichterstattung. Medien sind Teil eines Marktes, des Medienmarktes. Wenn sich nun Medien mit dem wirtschaftlichen Handeln des eigenen Medienunternehmens oder anderer Medienunternehmen auseinandersetzen, handelt es sich um Wirtschaftsjournalismus. Jedoch befasst sich dieser hier nicht von außen, gewissermaßen als externer Beobachter mit dem Marktgeschehen, sondern ist selbst Teil desselben. Das macht diese Sonderstellung in der Berichterstattung aus. Medien verfügen über zusätzliches Machtpotenzial, da sie durch die Veröffentlichung und die publizistische Gestaltung Einfluss nehmen können. Sie besitzen die Möglichkeit, ihren eigenen Interessen positive Publizität und gegenläufigen Interessen anderer negative Publizität zu verleihen. Selbstthematisierung im medialen Unternehmensbereich kann somit fast immer auch als Wettbewerbshandlung qualifiziert werden, denn in den Medien veröffentlichte Äußerungen über Entscheidungen und Handlungen der Medienunternehmen, über ihre Produkte und Dienstleistungen können das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Rezipienten beeinflussen. Eine kritische Wirtschaftsberichterstattung über Medienunternehmen kann zudem an die Öffentlichkeit bringen, was branchenintern zwar möglicherweise längst bekannt ist, durch die Veröffentlichung aber einen anderen Charakter erhält. Dass eine solche Veröffentlichung auch direkte ökonomische Folgen haben kann, vor allem, wenn es sich um börsennotierte Unternehmen handelt,
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
zeigt das Beispiel der Kirch-Insolvenz. Hier führte eine publizierte Bemerkung des Deutschen-Bank-Chefs Breuer letztendlich zu den Insolvenzen der Kirchgruppe.9 Ganz allgemein kann die Berichterstattung die Wahrnehmung der Rezipienten bezüglich eines Unternehmens oder seiner Produkte im Sinne eines positiven oder negativen Images besonders prägen. In der Forschung wird eine eher unkritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Medienunternehmen und redaktionelles Lob für Medienprodukte des eigenen Hauses befürchtet. Demgegenüber wären Medienkonkurrenten einer eher unfairen Berichterstattung ausgesetzt, wobei sie entweder diffamiert oder ignoriert werden. Geben die Journalisten dagegen nur noch das wieder, was die Unternehmen selbst für publikationswürdig erachten, geht der kritische Impetus in der Schaffung von Transparenz verloren. (Ruß-Mohl & Stuckmann, 1991, S. 199) Die steigende Medienkonzentration hat das Machtpotenzial der Medien noch verstärkt. Daher können auch bestehende intra- und intermediale Verflechtungen Einfluss auf die Themenselektion und die Form der Berichterstattung nehmen. Durch die Thematisierung von Medienunternehmen bzw. deren Produkte kann der in den meisten Verlagshäusern übliche ´Medienmix` nämlich gewinnbringend genutzt werden, so z.B. durch Querverweise zwischen dem Print- und dem Online-Medium des eigenen Hauses. Ähnliches gilt auch für die Thematisierung von Fernsehsendern, an denen Printmedien beteiligt sind. Die verschiedenen Medien können am jeweils anderen partizipieren und erzeugen quasi im medialen Verbund Aufmerksamkeit für ihre Produkte. Die Berichterstattung über die verschiedenen Sender entwickelt sich somit zu einem Mittel der Aufmerksamkeitserzeugung. Zudem findet man viele verschiedene Formen von indirekter Promotion. Die Grenzen zwischen der Berichterstattung über ökonomische Prozesse innerhalb des Medienunternehmens und über den Inhalt der Produkte von Medienunternehmen sind dabei fließend. So beinhaltet die Meldung „RTL startet eine neue Soap“ sowohl eine wirtschaftliche Entscheidung des Medienunternehmens, als auch Überlegungen über den Programminhalt. (Hallenberger & Nieland, 2005, S. 393; Hickethier, 2005, S. 82) Das wirtschaftliche Interesse der berichtenden Zeitung zeigt sich bei solchen Formen der wirtschaftlichen Berichterstattung dem Leser meist nur indirekt bzw. versteckt, da die Verflechtungen und Interessen nicht immer publik gemacht werden. In so einem Fall mangelnder Transparenz dominieren die ökonomischen Kriterien über die publizistischen. Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Medienunternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Produkte hinweisen, sind somit immer in Gefahr, die Grenze zur Schleichwerbung zu überschreiten. Insgesamt verstärkt der selbstreferentielle Impetus die Bedeutung 9
Breuer hatte im Fernsehen über die mangelnde Kreditwürdigkeit Leo Kirchs gesprochen, worauf alle anderen Banken seine Kredite kündigten. (Hickethier, 2005, S. 63-64)
3.3 Besonderheiten der Berichterstattung über Medienunternehmen
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ökonomischer Eigeninteressen und führt daher zu einigen spezifischen Ausprägungen bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen. 3.3 Besonderheiten der Berichterstattung über Medienunternehmen Es existieren keine systematisch erhobenen und theoretisch gestützten Studien, die sich mit der medienökonomischen Berichterstattung in Qualitätszeitungen beschäftigen. Die meisten Untersuchungen greifen nur spezielle Aspekte heraus. Von daher ist es sehr schwierig, eindeutige und verbindliche Standards für die Berichterstattung über Medienunternehmen festzumachen. Durch die Dualität der Themenbearbeitung – einerseits als Unternehmensberichterstattung und andererseits als selbstreferentielle Medienberichterstattung – ergibt sich zunächst schon das Problem, welchem Ressort diese Beiträge zugeordnet werden. Dazu gehört auch, welche Themen die Darstellung von Medienunternehmen umfasst und welche Kriterien für die Themenselektion in diesem Fall ausschlaggebend sind. Diesen Spezifika bei der Berichterstattung über Medienunternehmen soll daher zunächst nachgegangen werden. Und obwohl die Qualitätskriterien allgemein für den Journalismus gelten, lassen sich auch hier für die Berichterstattung über Medienunternehmen bestimmte Bedeutungsschwerpunkte festhalten, die unter 3.3.3 dargestellt werden sollen. Desweiteren sollen Besonderheiten bei der Gestaltung der Beiträge aufgeführt werden. Da es sich in diesem Spezialfall der ´Berichterstattung über Medienunternehmen` vor allem um Unternehmensberichterstattung handelt, können zudem Kriterien angenommen werden, die für die allgemeine Wirtschaftsberichterstattung gelten, im Besonderen aber auch auf die Thematisierung von Medienunternehmen übertragen werden können. Dazu werden die dargestellten Kennzeichen der Wirtschaftsberichterstattung im empirischen Teil operationalisiert und als Vergleichsbasis zur Untersuchung von Aufmerksamkeitsgenerierung, Transparenz, Verständlichkeit, Ausführlichkeit, Personalisierung und Wertung herangezogen. Diese Kriterien sollen dazu dienen, die Berichterstattung über Medienunternehmen mit all ihren Einflussfaktoren und Problemen im empirischen Teil richtig interpretieren und einordnen zu können. 3.3.1 Probleme der Ressortzuteilung Durch die verschiedenen Gewichtungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen einerseits als selbstreferenzielle Berichterstattung und andererseits als Unternehmensberichterstattung ist eine eindeutige Ressortzuteilung nicht zu
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
erwarten. Die mögliche Bandbreite der Medienberichterstattung, die Themenwahl und die Thematisierungsperspektiven werden natürlich davon eingeschränkt, je nachdem auf welches Ressort die Medienthemen schwerpunktmäßig verteilt werden. Gerade medienökonomische Themen können aufgrund ihres Inhalts oder aufgrund redaktioneller Konzepte oder Bedeutungszuweisungen von verschiedenen Ressorts aufgegriffen werden. Dies kann zum einen vor allem das Medienressort sein, wenn beispielsweise in Bezug auf das Medienunternehmen dessen gesellschaftliche Bedeutung oder Auswirkungen seiner Entscheidungen auf die Qualität der Produkte oder auf die Rezipienten herausgestellt werden sollen. Es geht hier beispielsweise um abstraktere Fragestellungen zu Programmformaten als Wirtschaftsgütern, zu Programmentwicklungen als Ausdruck gesellschaftlicher Zustände oder medienpolitisch relevanter Problemlagen. (Engels, 2005b, S. 112-113; Kleiner & Nieland, 2005, S. 244) Wenn es jedoch allein um die betriebswirtschaftliche Perspektive eines Medienunternehmens geht, steht die zielgruppenspezifische Informationsfunktion im Mittelpunkt, bei der Wirtschaftsakteuren und Investoren wirtschaftlich relevante Informationen und Analysen zur Verfügung gestellt werden. Hier ist zu vermuten, dass das Thema im Wirtschaftsressort verortet wird. Medienwirtschaftliche Themen finden sich aber gegebenenfalls auch im Nachrichten- oder Politikressort. Wenn sie in verschiedenen Ressorts auftauchen, so führt dies oft zu einer formalen Trennung verschiedener Aspekte des gleichen Themas. So wird beispielsweise eine Fusion im Medienbereich nicht aus allen möglichen Perspektiven betrachtet. Wird sie im Wirtschaftsressort behandelt, wird ausschließlich ihre wirtschaftliche Bedeutung einschließlich eventuell kartellrechtlicher Probleme thematisiert. Die publizistischen Auswirkungen auf Meinungsvielfalt und Meinungsmacht finden hier dagegen keine Beachtung. Gerade mehrschichtigen Medienthemen wird deshalb eine Einordnung in nur ein Ressort nicht immer gerecht. (Krüger & MüllerSachse, 1998, S. 26-27) Werden Medienthemen nun aufgrund ihres Themenschwerpunktes anderen Ressorts zugeordnet, dann wird die Auswahlentscheidung noch unter einen zusätzlichen Selektionsdruck gestellt. Medienthemen werden hier in der Regel nur dann aufgegriffen, wenn sie mit Nachrichtenwerten verknüpft sind, die höher rangieren, als die der übrigen Themenangebote des Ressorts, also z.B., wenn ein Medienthema mit einem hohen Konfliktpotential besetzt ist oder den Akteuren besondere Prominenz zugeschrieben wird. Es könnte allerdings auch sein, dass den medienökonomischen Themen aus taktischen Gründen ein bestimmtes Ressort zugeteilt wird, um ihnen eine bestimmte Bedeutung zuzuweisen. Erschwerend kommt noch die mangelnde Etablierung von Medienressorts hinzu (siehe 3.1.3) Verantwortlich dafür ist auch die Entwicklung auf dem Markt. Sie hat Auswirkungen auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen und damit auf die Etablierung und Ausstattung der Medienres-
3.3 Besonderheiten der Berichterstattung über Medienunternehmen
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sorts als Voraussetzung einer professionalisierten und etablierten Medienberichterstattung über Medienunternehmen. Ob die konjunkturelle Lage auch Auswirkungen auf die Ressortverortung von Medienthemen hat, wurde bisher noch nicht untersucht. Ein Ziel dieser Studie ist es daher, mögliche Zusammenhänge zwischen ökonomischen Verhältnissen und der Zuordnung von Artikeln über Medienunternehmen aufzudecken. Über die Ressortzuteilung kann den Beiträgen über Medienunternehmen nämlich unterschiedliche Bedeutung und Gewichtung gewährt werden. 3.3.2 Themenfelder und Themenselektion Durch seinen privilegierten Zugang zur Öffentlichkeit besitzt Journalismus kommunikative Macht. Journalistische Kommunikationsangebote können Einfluss nehmen auf die Sozialisation, das Wissen, die Erfahrungen und Kommunikationen jedes einzelnen Menschen in einer modernen Gesellschaft. Daher können auch Wirtschaftsunternehmen versuchen, ihre ökonomischen Interessen über Journalismus zu kommunizieren. Unter diesem Gesichtspunkt könnten auch Medienunternehmen ihre wirtschaftlichen Eigeninteressen vertreten und sich nach außen darstellen, indem sie sich selbst zum Thema nehmen. Von daher ist es zum umfassenderen Verständnis wichtig, welche Themenfelder die Medienberichterstattung über Medienunternehmen aufgreift. Über Wirtschaftsunternehmen berichten Zeitungen im Allgemeinen bei der Bilanzvorlage, einer Hauptversammlung oder anlässlich einer Messe. Weitere Anlässe wären beispielsweise Jubiläen, Neubauten oder Unternehmenserweiterungen. (Littger, 2002, S. 298; Mast, 2003, S. 83-85) Die Medienunternehmen bilden dabei keine Ausnahme. Die Investition in ein neues Produkt, Veränderungen im Kreis der Eigentümer, der Gang an die Börse, eine neue Geschäftsführung – das sind Informationen, die Leser in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer, Rezipienten der Medienprodukte, Zulieferer, Geldgeber oder schlicht als Neugierige interessieren. Auch Diskussionen zur Gebührendebatte oder über Änderungen des Kartellrechts können thematisiert werden. Angesichts der Komplexität des Themenspektrums in Bezug auf Medien und Wirtschaft muss der Journalist eine Auswahl der relevanten Thematiken vornehmen. Die Selektion entsteht in Zusammenhang mit redaktionellen Abstimmungsprozessen, die sowohl die Auswahl als auch die Bearbeitung von Themen für die Berichterstattung organisieren. Diese Koordinationen bestehen in der Absprache einzelner Selektions-, Recherche- und Darstellungsentscheidungen. Entsprechend ihrer Selektionskriterien treffen die Journalisten eine Auswahl von Sachverhalten, Ereignissen und Problemen. Neben sachbezogenen Relevanzkriterien werden bei der Themen-
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auswahl auch Selektionskriterien wie allgemeine Nachrichtenwerte oder die leichte Verfügbarkeit von Material berücksichtigt. (Beuthner & Weichert, 2005b, S. 55; Meier, 2001, S. 321, Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 18). Nach RußMohl und Vorkötter orientieren sich Journalisten bei der Auswahl ökonomischer Themen beispielsweise an Aufmerksamkeitsregeln wie ´Betroffenheit`, ´örtliche Nähe`, ´Prominenz` und ´Personalisierung`, ´Orientierungshilfe` und ´Service`. (Ruß-Mohl & Vorkötter, 1991, S. 107) Die Selektionsentscheidungen der Journalisten deuten darauf hin, was als wichtig und berichtenswert angesehen wird. Die theoretische Basis bei der Nachrichtenauswahl bieten allgemein das ´Final-` und das ´Kausalmodell` von Staab. Dem Kausalmodell zufolge haben Ereignisse oder Meldungen mit dem höchsten Nachrichtenwert die größten Chancen zur Publikation ausgewählt zu werden. Journalisten werden dabei „als weitgehend passive Informationsvermittler angesehen, die nicht zweckorientiert handeln, sondern ihre Berichterstattung an objektiven Kriterien orientieren“ (Staab 1990, S. 94) Nach dem Finalmodell dagegen sind die Auswahlentscheidungen „zielgerichtete Handlungen“ (Staab, 1990, S. 96). Danach gibt es die Möglichkeit, Nachrichtenwerte für einen bestimmten Zweck zu instrumentalisieren. Es wird dann über Ereignisse oder Themenaspekte nicht deshalb berichtet, weil sie eine ´natürliche` Relevanz besitzen, sondern, weil sie bestimmte Ziele und Zwecke unterstützen (S. 96-98). Kepplinger (1989) prägte dahingehend den Begriff der „instrumentellen Aktualisierung“ (S. 12). Konkret bedeutet dies in Bezug auf die Unternehmensberichterstattung im Medienbereich, dass Nachrichtenwerte instrumentalisiert werden könnten, um Medienunternehmen in unterschiedlicher Weise in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen. Dies würde dabei voraussetzen, dass der Journalist einen gewissen Zweck verfolgt, dem eigene Interessen zugrunde liegen. Im ökonomischen Interesse der Verlagsleitung könnte nun liegen, wie das Image des eigenen Unternehmens präsentiert wird. Auf die Rezeption dieses Images kann der Journalist wiederum Einfluss nehmen über die Themenauswahl und die Art der Darstellung der Informationen über das thematisierte Unternehmen. Insofern könnten verlagsinterne Eigeninteressen die Themenselektion beeinflussen. Allerdings muss angemerkt werden, dass diese auch ganz anderen Einflussfaktoren unterliegen kann. So kann die Veröffentlichung bestimmter Informationen über ökonomische Vorgänge auch ein marktbestimmtes ´Muss` sein. Beispielsweise sind Aktiengesellschaften verpflichtet, Informationen, deren Bekanntgabe den Aktienkurs erheblich beeinflussen kann, unverzüglich zu publizieren (§16 WPHG). Die Selektion wird also nicht immer unbedingt von der Pressestelle oder den Journalisten vorgenommen, sondern oft von der Managementebene, z.B. der Verlagsspitze, die verpflichtet ist, den wirtschaftlichen Regeln am Markt Folge zu leisten. Es wird im Bereich der Unternehmensberichterstattung also immer schwieriger, zu bestimmen, auf wen die
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Themenselektion zurückzuführen ist. Lässt sich jedoch eine zielgerichtete Themenselektion aufgrund von Eigeninteressen feststellen, wäre dies eine Gefahr für die Qualität des Journalismus. 3.3.3 Die Bedeutung der Qualitätskriterien Glaubwürdigkeit, Objektivität, Verständlichkeit und Sachlichkeit Für die Berichterstattung über Medienunternehmen spielen nicht nur in publizistischer, sondern auch in ökonomischer Hinsicht, die Qualitätskriterien ´Sachlichkeit`, ´Glaubwürdigkeit` und ´Objektivität` eine besondere Rolle. In beiden Fällen ist die Tageszeitung hinsichtlich Leser- und Anzeigenkundenbindung auf Glaubwürdigkeit angewiesen. Um diese Glaubwürdigkeit zu erreichen, muss besonderer Wert auf Sachlichkeit und Objektivität gelegt werden. Dies gilt im Speziellen auch für die wirtschaftliche Darstellung der Medienunternehmen, da hier die Glaubwürdigkeit des Unternehmens auch Auswirkungen auf seine Akzeptanz auf dem Rezipientenmarkt hat. Denn wie Keimer (2006) schon sagte, ist „die Glaubwürdigkeit der redaktionellen Inhalte für den Leser oder Nutzer das kostbarste Gut und hat direkten Einfluss auf Rezeption und Werbung. Wer diese Gratwanderung meistert, ist auf dem richtigen Weg – für publizistische Arbeit und wirtschaftlichen Erfolg.“(S. 33) Der Journalismus, speziell der Medienjournalismus, befindet sich also auf einem schmalen Grat. Er muss zwei ´Herren` dienen, seinem publizistischem Auftrag einerseits und den Ansprüchen des Arbeitgebers nach wirtschaftlichem Erfolg andererseits. Daher sollen die erwähnten Qualitätskriterien speziell für die Berichterstattung über Medienunternehmen näher betrachtet werden, um ein Grundverständnis für die Ansprüche an einen professionellen Medienjournalismus zu verstehen. Nur so kann später deutlich werden, warum der Einfluss ökonomischer Überlegungen auf die Berichterstattung so gefährlich sein kann. In der wissenschaftstheoretischen Diskussion bezeichnet man als Objektivität nur die intersubjektive Nachprüfbarkeit. Wendet man eine solche Vorstellung von Objektivität auf den Journalismus an, dann ist Objektivität ein Merkmal professioneller Recherche und Berichterstattung, die sachlich, überparteilich und nicht-manipulativ ´Nachricht` und ´Kommentar` zu trennen versucht. (Friedrichsen, 1992, S .38; Kunczik, 1988, S. 189) Die Norm der Trennung von Nachricht und Meinung zielt vor allem darauf ab, dass Informationen so präsentiert werden, dass Rezipienten die Chance haben, sich unvoreingenommen eine Meinung zu bilden. Objektive Berichterstattung sollte daher vorurteilsfrei, sachlich, unparteiisch, von Gefühlen frei und wirklichkeitstreu sein (Neuberger, 1996, S. 76; Friedrichsen, 1992, S. 38-39). Bentele und Hesse (1994) nennen eine Berichter-
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stattung dann objektiv, wenn „sie die zu berichtenden Sachverhalte so richtig, vollständig und präzise wie möglich darstellt“ (S. 309). Objektivität ist ein stark strapazierter Begriff, doch allen Definitionen ist die Forderung nach deskriptiver Qualität als journalistisches Professionalitätskriterium gemein, wobei die Wirklichkeit möglichst unverzerrt und allgemein verständlich beschrieben werden soll (Wyss, 2002, S. 119). Bentele (1982) konkretisiert dies und sieht das Kriterium ´Objektivität` dann gegeben, wenn bei der publizistischen Darstellung u.a. die Bezeichnung von Sachverhalten durch neutrale Ausdrücke, die Verwendung wörtlicher Zitate, die Angabe auch widersprüchlicher Stellungnahmen und eine Strukturierung in angemessener Reihenfolge (Gewichtung, Platzierung, etc.) gegeben ist (S. 135-136). Nach dieser Konzeption weisen objektive, journalistische Texte die Merkmale Maßstabsgerechtigkeit, Ausgewogenheit, Vielfalt, Richtigkeit, Vollständigkeit, Nachprüfbarkeit und Sachlichkeit auf (Kunczik, 1988, S. 189; Neuberger, 1996, S. 101; Friedrichsen, 1992, S. 40). Dies bedeutet eben auch, dass Fakten nicht verändert, unterdrückt oder aus Gefälligkeit wiedergegeben werden und dass jede Nachricht zumindest ein Minimum an Ausgewogenheit enthalten solle (Friedrichsen, 1992, S. 41). Ein möglicher Einfluss ökonomischer Zielsetzungen des Verlages wäre somit weitgehend ausgeschlossen. Gerade bei der Darstellung des eigenen Unternehmens bzw. anderer Unternehmen aus dem gleichen Medienbereich ist ein Höchstmaß an Objektivität zu fordern, um die Kriterien von Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu erfüllen. Andererseits lässt sich nicht ausschließen, dass ökonomische Überlegungen eventuell Eingang in die publizistische Ausgestaltung finden können, da die Gesetze der Marktbearbeitung mit den Instrumenten des Marketings auch für Tageszeitungen gelten. So wird beispielsweise die Darstellung des eigenen Unternehmens nach außen im Wesentlichen doch hauptsächlich für die werbetreibende Wirtschaft vorangetrieben, um die Wettbewerbsfähigkeit als Werbemedium und die Attraktivität für Anzeigenkunden zu dokumentieren (BDZV, 2002, S. 49). Die Gefahr eines solchen Vorgehens hat unzweifelhaft wiederum ökonomische Auswirkungen für die jeweiligen Unternehmen. Denn mangelnde Glaubwürdigkeit wird sich unweigerlich in einem veränderten Kaufverhalten der Rezipienten zeigen. Das beste Mittel zur Stärkung der Glaubwürdigkeit ist Transparenz. Zentrale Voraussetzung für eine gelingende Kommunikation zwischen Medium und Rezipient ist daher die Verständlichkeit von Texten und Bildern bzw. Grafiken. Das Qualitätskriterium ´Verständlichkeit` bzw. ´Verständlich-Machen` impliziert die journalistische Mitteilungsabsicht, so dass auch der Sinnzusammenhang einzelner Aussagen nachvollzogen werden kann. Es geht zum einen um sprachliche Verstehbarkeit, bezieht aber auch die Kompetenz mit ein, die Information in ihrer ganzen Tragweite einzuordnen und damit ´verständlich` zu machen. (Wallisch, 1995, S. 102-103; Fabris, 2001, S. 34-36) Dies gilt im Besonderen für den
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für den Laien an sich schon schwer verständlichen Bereich der Wirtschaft und hier im Besonderen um den der Medienwirtschaft, die sich nicht nur in medienpolitischen und -wirtschaftlichen Entwicklungen dokumentiert, sondern auch in Entscheidungen und Handlungen der Medienunternehmen selbst. Der Medienjournalismus ist also gefordert, die oft sehr komplexen Sachverhalte aus der Welt der Medien und der Medienökonomie auf das Wesentliche zu reduzieren und ins Verständliche zu übersetzen. Gerade für die Berichterstattung über Medienunternehmen spielt Verständlichkeit und Leserorientierung eine bedeutende Rolle. Dadurch, dass im Medienbereich ökonomische Kriterien immer mehr an Bedeutung gewinnen und die wirtschaftlichen intra- und intermedialen Verflechtungen immer undurchsichtiger werden, ist es notwendig, dass die Rezipienten auch im Medienbereich die wirtschaftlichen Ereignisse, Hintergründe und Zusammenhänge verstehen. Dies betrifft die Leser nicht nur in ihrer Eigenschaft als eventuelle Shareholder, sondern soll ihnen allgemein zu mehr Medienkompetenz (siehe Kap. 1, 5.1.3) verhelfen, um sich im Dschungel medialer Verflechtungen zurechtzufinden und medienökonomische Informationen richtig einordnen und gewichten zu können. Gerade bei der Berichterstattung über wirtschaftliche Sachverhalte ist die Sprechweise zumeist sachlich und berichtend. Sie stand zudem lange in dem Ruf, schwer verständlich zu sein und sich nur an ein Fachpublikum zu wenden. Schuld an der schweren Verständlichkeit waren eine geschraubte Sprache, die Verwendung von Fachausdrücken, Fremdwörtern und Anglizismen und ein nur schwer lesbarer Nominalstil. Agenturtexte wurden oft wörtlich übernommen. Aussageträger kamen fast nie zu Wort (BDVZ, 2002, S. 181 und S. 191-192; Ruß-Mohl & Stuckmann, 1991, S. 67). Anfang der Neunziger Jahre setzte eine Trendwende ein zu mehr ´Leserfreundlichkeit` (Mast, 1999a und b, 2000, 2003). Sie zeigt sich – laut Literatur – im Bereich der klassischen Wirtschaftsberichterstattung am deutlichsten an der allmählichen Zunahme meinungsäußernder journalistischer Darstellungsformen. Neben der reinen Nachricht gewannen Hintergrundberichte, Nachrichtenanalysen, Erläuterungen und Kommentare zunehmend an Gewicht. Wirtschaftliche Fachworte und Spezialausdrücke wurden eher gemieden und Fachbegriffe erläutert. Mit (Prozent-)Zahlen und schwierigen Daten wurde eher sparsam umgegangen. Sie finden sich fast nur noch in Tabellen und Graphiken, die zum Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen beitragen sollen. (vgl. Jeske & Barbier, 1997, S. 15; Keller, 2002, S. 19; Ruß-Mohl & Stuckmann, 1991, S. 127-128) Neben einer verständlichen, transparenten Aufbereitung der Informationen spielt das Qualitätsmerkmal der ´Sachlichkeit` eine bedeutende Rolle in Bezug auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Dies impliziert nicht nur eine informierende, faktenreiche Darstellung durch den Journalisten, sondern fordert auch dessen Unparteilichkeit. Jedoch beinhalten alle von Journalisten hergestellten Nachrich-
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ten in gewisser Weise Bewertungen. Hinter ihrer Auswahl, Formulierung und Kommentierung steht immer eine Intention, mit der sie in Umlauf gebracht werden. Sachlichkeit bedeutet auch Authentizität, zum Beispiel, dass der Journalist die Informationen über die finanzielle Lage und die unternehmerischen Strategien und Entscheidungen, aus erster Hand erhalten hat, per Interview oder von Informanten aus der nächsten Umgebung des Managements. Dazu muss er natürlich auch Eigenrecherche betreiben und nicht nur Informationen der unternehmensinternen PR-Abteilung, andere Verlautbarungen oder Agenturmeldungen übernehmen. Um den Qualitätsforderungen des Medienjournalismus nachkommen zu können, müssen die strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sein, also eine ausreichende personelle und zeitliche Ausstattung der Redaktionen. Diese hängen wiederum von der finanziellen Situation des berichtenden Medienunternehmens ab. Somit hängt die Erfüllung der Qualitätskriterien in gewisser Weise auch von den ökonomischen Gegebenheiten ab. Insofern könnten auch ökonomische Verlagsinteressen Einfluss nehmen auf die journalistische Gestaltung entsprechend professioneller Qualitätsstandards. 3.3.4 Recherchequellen Die Inhalte und auch die Qualität der Berichterstattung hängen eng mit den verwendeten Quellen zusammen. Bei jedem Thema stehen die Redakteure vor der Entscheidung, selbst zu recherchieren oder auf zugeliefertes Material zurückzugreifen. Jeske und Barbier stellten 1997 für die Wirtschaftsberichterstattung fest, dass bei den meisten deutschen Tageszeitungen Nachrichtenagenturen eine der Hauptinformationsquellen darstellen. „Etwa vier Fünftel der Inlands- und Auslandsmeldungen >kommen@ von Agenturen, bei einigen sogar mehr als 90 Prozent“ (Jeske & Barbier, 1997, S. 41). Schenk und Rössler betonen aber, dass diese Abhängigkeit von externen Quellen als Mangel professioneller Kompetenz einzustufen sei und damit „die Gefahr >bestehe@, dass die Wirtschaftsjournalisten unzulässig häufig in ihrer Wirtschaftsberichterstattung den Verlautbarungen bzw. PR-Maßnahmen von Unternehmen und Verbänden erliegen“ (Schenk & Rössler, 1996, S. 22). Dies trifft jedoch hauptsächlich auf regionale Blätter zu. Laut einem Forschungsbericht von Medien-Tenor (Nr. 119 vom 29.04.2002, S. 10 66 ) setzen Qualitätszeitungen im Wirtschaftsressort grundsätzlich mehr auf 10 Der Fachdienst Medien Tenor hat in seinem Forschungsbericht Nr.119 die Nutzung von Agenturmaterial in vier überregionalen Tageszeitungen (Die Welt, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung) untersucht. Unter der Überschrift "Am Tropf der Agenturen" werden Ergebnisse einer Untersuchung der Politik- und Wirtschaftsressorts in den Jahren 2000 und 2001 vorgestellt.
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Eigenrecherche. Zu untersuchen bliebe, ob dies auch für die Berichterstattung über Medienunternehmen gelten kann, da es sich hier zwar um Wirtschaftsberichterstattung handelt, der Quellenzugang aber ein anderer ist, da es sich um den eigenen Wirtschaftbereich handelt, in dem auch die berichtende Zeitung agiert. Von daher ist fundierte Sachkenntnis über unternehmerische Vorgänge und Entscheidungen bei der berichtenden Zeitung weitgehend vorauszusetzen. Sofern es sich um das eigene Unternehmen handelt, haben die Journalisten zudem leichteren Zugang zu Informationen. Demgegenüber dürfte sich Eigenrecherche bei Konkurrenzunternehmen als komplizierter erweisen, da Unternehmen grundsätzlich nur darüber Auskunft geben dürften, was ihnen genehm ist. Negative Informationen werden sie nur ungern bzw. gar nicht nach außen publizieren wollen. Hier kommt erschwerend hinzu, dass das thematisierte Unternehmen und die berichtende Zeitung in direktem bzw. indirektem Wettbewerb stehen und damit das Konkurrenzdenken eine große Rolle spielt. Anzunehmen ist, dass in diesem Fall lieber auf Agenturmeldungen oder Unternehmensmitteilungen zurückgegriffen wird, auch um dem Verdacht der Konkurrenzbeschimpfung zu entgehen. Jedoch gibt es in diesem Fall auch weitere Faktoren, die empirisch nicht so leicht fassbar sind. Denn ob und inwieweit Eigenrecherchen durchgeführt werden können, hängt in starkem Maße auch von den Ressourcen der Zeitungen ab, also davon, über wie viel Zeit und Mittel sie verfügen, um Informationen zu bekommen und prüfen zu können. Ebenso wenig kann nachvollzogen werden, in welchem Maße die Angabe ´Agenturmeldung` von den Zeitungsredaktionen einfach gestrichen wird, um den Anteil des Agenturmaterials zumindest optisch möglichst gering erscheinen zu lassen. Eine weitere wichtige Quelle für die Wirtschaftsberichterstattung stellen Public Relations-Aktivitäten der Unternehmen dar. Hierbei geht die Aktivität nicht von den Redaktionen, sondern von der Marketingabteilung der Unternehmen aus. Baerns stellte 1991 in ihren Untersuchungen fest, dass allgemein beim Wirtschaftsjournalismus Pressestellen und PR-Abteilungen die Hauptquellen sind, aus denen Journalisten ihre Informationen beziehen. Ein Überangebot an vororganisierter Information trifft hier auf meist knappe Ressourcen für die Eigenproduktion. Nach ihren Ergebnissen beruhen in Tageszeitungen lediglich 11 Prozent der Artikel auf eigenen Rechercheleistungen der Redaktion. Der Rest basiert auf Pressemitteilungen und Konferenzen, die zu einem geringen Teil noch Zusatzrecherchen der Redaktion beinhalten. (Baerns, 1991, S. 3; BDZV, 2002, S. 87) Auch Schenk und Rössler unterstellen dem Wirtschaftsjournalismus eine starke Abhängigkeit von diesen Quellen und sehen den Grund in der mangelnden Fachkompetenz der Wirtschaftsredakteure (Schenk & Rössler, 1996, S. 22). Köcher (1990) spricht sogar von einem „Verlautbarkeitsjournalismus“ (S. 279-280). Damit würde die Berichterstattung zum verlängerten Arm der Public-
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Relations-Abteilungen der jeweiligen Medienunternehmen. Weitere Möglichkeiten des Quellenzugangs bieten beispielsweise Kooperationen zwischen Zeitungen, speziell zwischen Blättern, die derselben Verlagsgruppe angehören oder die Übernahme kompletter Teile der Wirtschaftsberichterstattung von externen Agenturen (Spachmann, 2005, S. 256-257). Die Gefahr besteht hier nicht nur in der Einschränkung der Meinungsvielfalt, sondern auch in der Möglichkeit von cross-medialer Werbung. Schröter (1991) bestätigte in seiner inhaltsanalytischen Untersuchung, dass aktive PR-Arbeit der Unternehmen die Berichterstattung durchaus nachhaltig beeinflusst (S. 107). Generell kommt es jedoch darauf an, was die Journalisten aus dem zugelieferten Material machen und wie sie es aufbereiten und überarbeiten. Zudem trägt gerade ein hoher Anteil an Eigenrecherche zum unverwechselbaren Profil einer Zeitung bei. Demgegenüber würde eine hohe Abhängigkeit von Agenturen und PR-Aktivitäten auf wenig ausdifferenzierte Strukturen in den Redaktionen hinweisen. Zudem steht die Glaubwürdigkeit der berichtenden Zeitung auf dem Spiel, da der Leser von genauen, eigenrecherchierten Fakten ausgeht. 3.3.5 Darstellungsformen Der Begriff der Berichterstattung schließt ein, dass Journalisten „informieren, bilden und unterhalten, dass sie kontrollieren und kritisieren, darlegen und beweisen, billigen und missbilligen, überzeugen und überreden, dass sie, auf verschiedenste Weise argumentierend, einen Meinungsmarkt herstellen und ihre Leser, Hörer und Zuschauer zur eigenen Meinungsbildung anregen“ (Rost, 1994, S. 10-11). Er umfasst also Tatsachenmitteilungen und Meinungsäußerungen. Der Journalist bedient sich dabei verschiedener Darstellungsformen. Durch die Wahl der jeweiligen Textform wird ersichtlich, auf welche Weise Journalisten den Inhalt vermitteln wollen und welche Wirkung sie erzielen wollen. In der Literatur gibt es eine Vielzahl von Einteilungen der Textgattungen, die aber allgemein nach den Inhalten und der Wirkungsabsicht der Journalisten auf eine Dreiteilung in Nachrichten-, Meinungs- und Unterhaltungsdarstellungsformen hinauslaufen. Scholl und Weischenberg (1998) sprechen von sechs Grundformen, die jedoch anhand einer Reihe von formalen, inhaltlichen und professionellen Merkmalen auch unter diese Dreiteilung eingeordnet werden können. Sie unterscheiden Meldung und Bericht als Formen der Nachrichtendarstellung, Kommentar und Glosse als Formen der Meinungsdarstellung und Reportage und Feature als Form der Unterhaltungsdarstellung. (S. 46) Die Grenzen sind jedoch fließend. So wie es Meinungen und Argumente gibt, die Informationswert besitzen, gibt es auch Nachrichten, die durchaus meinungsbildend wir-
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ken können. Selbst wenn eine Nachricht in sachlichem Ton gehalten ist und explizite Wertungen vermeidet, kann sie dennoch implizite Wertungen darüber enthalten, was wichtig ist und was nicht. (Gillessen, 1981, S. 291-292; Schönbach, 1977, S. 24-26) Beispielsweise können Wertungen allein schon dadurch vorgenommen werden, dass beispielsweise dem Namen eines Akteurs ein wertendes Adjektiv vorangestellt wird (Mast, 2003, S. 35). So ist zum Beispiel das Attribut ´defizitär` schon per se negativ konnotiert. Des Weiteren lassen sich einige Textgattungen, wie beispielsweise das Interview, von vornherein nicht eindeutig einer Kategorie zuordnen, da damit sowohl Nachrichten und Meinungen als auch unterhaltende Inhalte vermittelt werden können. Weiß (1985; 1988) verortet aus diesem Grund das Interview, aber auch Reportage und Portrait in einem sogenannten Zwischengenre. Zur informierenden Darstellungsweise gehören auch für ihn Bericht und Nachricht/Meldung, zu den meinungsäußernden Formen Kommentar und Glosse. Für den Bereich der Wirtschaftsthematiken hat die Kategorie ´Unterhaltung` nur marginale Bedeutung und kann daher für diese Studie vernachlässigt werden. Da die Berichterstattung über Medienunternehmen im Wesentlichen Unternehmensberichterstattung ist, scheint es sinnvoll, in dieser Studie der theoretischen Aufteilung von Weiß zu folgen. Bei der Wahl der Darstellungsform richten sich die Journalisten zunächst nach der gewählten Thematik und dem zugeordneten Ressort. Dies erscheint gerade bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen interessant und erklärungsbedürftig. Da es um die wirtschaftliche Darstellung eines Medienunternehmens geht, handelt es sich hier sowohl um ein wirtschaftliches, als auch um ein mediales Thema. Dadurch findet sich diese Berichterstattung nicht nur im Wirtschaftsteil, sondern auch auf Medienseiten, zum Teil auch im Feuilleton oder Politik. Während die Wirtschaftsseiten eine eher nüchterne Berichterstattung vermuten lassen, könnte die Berichterstattung auf Medienseiten stärker in Richtung Meinung gehen. Die einzelnen Darstellungsformen bieten dabei unterschiedliche Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu gewinnen und die Themen zu akzentuieren. Bei den Nachrichtenformen geht es um den Nachrichtenwert der transportierten Inhalte, den Neuigkeitswert der Informationen und ihre Bedeutung für den Rezipienten. Dabei wird oft in meist kleineren Beiträgen ohne Illustrationen mit relativ genauen Angaben über Einzelereignisse berichtet. Bei den interpretierenden und kommentierenden Gattungen geht es dagegen mehr um die subjektive Gestaltung der Themen durch die Journalisten. Dadurch werden ökonomische Themen in ausführlichen Beiträgen mit Illustrationen und Graphiken dargeboten. Die Zusammenhänge und Bezüge eines Sachverhalts werden komplex dargestellt unter wertender Eigenbeteiligung der Journalisten. (Spachmann, 2003, S. 248). Indem vermehrt analysierende und interpretierende Formen der Berichterstattung angewendet werden, kann die Zeitung
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ihr Profil entwickeln und auch eine engere Leserbindung herstellen (Mast, 2003, S. 36), da die Rezipienten über eine umfassende und erklärende Darstellung mehr Orientierungshilfe erlangen. Dieser Idealvorstellung widersprecht jedoch die Studie von Krüger und Müller-Sachse (1999). Sie stellten in ihrer Inhaltsanalyse von Tageszeitungen fest, dass im Medienjournalismus allgemein Meinungsdarstellungsformen verhältnismäßig wenig eingesetzt werden und eher faktenund ereignisorientierte Informationen in der Darstellung als Meldung oder Bericht dominieren (1999, S. 69). Dies bestätigt auch meine Studie (Pointner, 2005) über die Berichterstattung über Zeitungsunternehmen für die Zeit der Zeitungskrise. Hier dominierte eindeutig die informierende Darstellungsweise gegenüber den meinungsäußernden Formen in einem Verhältnis von ca. 5 : 1.11 Um dem gesellschaftlichen Auftrag zu genügen, dem Rezipienten Orientierungshilfe zu geben, sollten Journalisten jedoch über das ökonomische Geschehen nicht nur informativ berichten, sondern dieses im Kontext auch kompetent kommentieren. Aus diesem Grund rückte die traditionelle Wirtschaftsberichterstattung ab Anfang der Neunziger Jahre von ihrer eher fachjournalistischen Ausrichtung ab, bei der sehr einseitig die Binnensicht der Unternehmen und ihre Kapitalseite dargestellt wurden. Sie orientierte sich nun mehr an einer an ökonomischen Laien ausgerichteten Berichterstattung, multiperspektivisch und mit größerer Themenbreite. Die Bedürfnisse der Leser wurden mehr in den Mittelpunkt gestellt. Von daher zeigten sich nicht nur mehr Verständlichkeit, Emotionalisierung und Personalisierung in der Wirtschaftsberoichterstattung, sondern auch Änderungen in der Darstellungsform hin zu etwas mehr meinungsäußernden Formen. (Jeske & Barbier, 1997, S. 15; Keller, 2002, S. 19; Hilgert & Stuckmann, 1991, S. 18) Ob sich diese Entwicklung auch für die Berichterstattung über Medienunternehmen feststellen lässt, ist ein Ziel dieser Studie. 3.3.6 visuelle Gestaltungsmittel Zu einer ausführlicheren Darstellung stehen den Journalisten neben den textorientierten Darstellungsformen visuelle Gestaltungsmittel zur Verfügung, denn anders als Texte wirken Bilder auf Rezipienten. Die über Fotos transportierten Botschaften strahlen eine größere Unmittelbarkeit aus und wirken auf die Betrachter sehr glaubwürdig. Ebenso können durch den Einsatz von Bildern oder Graphiken bestimmte Aspekte eines Themas oder auch die Akteure eines Ereignisses hervorgehoben werden. Zum Teil dienen Bilder dazu, Sachverhalte zu 11
Bei den untersuchten überregionalen Zeitungen dominierte mit 66,7 Prozent eindeutig die informierende Darstellungsweise (Bericht, Nachricht/Meldung). Auf die meinungsäußernden Formen (Kommentar, Glosse) entfielen lediglich 12,3 Prozent.
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dokumentieren, indem sie als Ergänzung einer Nachricht oder als Nachricht selbst eingesetzt werden. Aber selbst in der ökonomisch orientierten Berichterstattung werden Bilder oft nur als rein grafisches Element oder als auflockerndes Element mit Unterhaltungscharakter eingesetzt. Sie erfüllen nur eine Funktion als Element der formalen Gestaltung. Fotos und Grafiken jeglicher Art machen die Texte attraktiver und lenken die Aufmerksamkeit der Leser auf den entsprechenden Artikel und motivieren zum Lesen. (vgl. Mast, 2000, S. 283-284) Stärker als Gegenstände haben dabei Abbildungen von Menschen Wirkung auf die Rezipienten und generieren umso höhere Aufmerksamkeit. Bei der Berichterstattung über ein Wirtschaftsunternehmen wäre davon auszugehen, dass dargestellte Personen in direktem Zusammenhang mit diesem Unternehmen stehen, z.B. Manager, Vorstandsmitglieder oder Pressesprecher des Unternehmens. Damit könnte das Unternehmen über eine derartige Form der ´Personalisierung` für den Leser ´zugänglicher` gemacht werden, da Entscheidungen und Handlungen des Unternehmens unmittelbar an einer Person festgemacht werden können. In der Unternehmensberichterstattung werden neben Fotos aber vor allem Informationsgrafiken verwendet. Eine grafisch eingängige Darstellung erfolgt hier über Schaubilder, Grafiken oder Tabellen, die das Verständnis komplexer Zusammenhänge erleichtern sollen. Grafiken üben dabei weniger eine Anreizfunktion zum Lesen aus, sondern dienen vielmehr einer kompakten Information und Veranschaulichung von Fakten. Sie können oft einfacher als Worte Entwicklungen oder Verhältnisse darstellen. Lange, mit Zahlen durchsetzte Texte entsprechen nämlich nicht mehr der Idealvorstellung einer modernen, an den Bedürfnissen der Leser orientierten Wirtschaftsberichterstattung. (Mast, 2003, S. 38-39) Visuelle Gestaltungsmittel dienen also der Generierung von Aufmerksamkeit und als Hilfsmittel, um wirtschaftliche Entwicklungen oder Zusammenhänge verständlicher zu machen. Sie können aber auch dazu eingesetzt werden, um Beiträge zu emotionalisieren, indem die Unternehmensdarstellung mit einer Person verknüpft wird. Daher erscheint es gerade in Bezug auf die Berichterstattung über Medienunternehmen von Interesse, zu welchem Zweck visuelle Gestaltungsmittel eigesetzt werde. Geht es mehr um Emotionalisierung und Personalisierung über Fotos oder um sachliche und einprägsame Information über Graphiken und Tabellen? Interessant ist auch die Frage, ob sie eventuell gezielt im Wettbewerb mit anderen Medienunternehmen eingesetzt werden. Graphische Elemente können aber trotzdem immer nur eine Art Beiwerk zu dem entsprechenden Text sein. Wichtiger ist daher die sprachliche Aufbereitung der Unternehmensberichterstattung.
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3.3.7 Personalisierung Um abstrakte oder komplizierte Vorgänge nachvollziehbar zu machen, werden sie über Beispiele, Vergleiche, direkte Rede oder das Stilmittel der Personalisierung veranschaulicht. Vor allem letzteres gewinnt zunehmend an Bedeutung. Denn Gewinn und Verlust, Einsparungen, Investitionen und Unternehmensstrategien sind Ergebnisse der Handlungen von Personen oder Gruppen, die ihnen im Sinne der Transparenz und Verständlichkeit auch zugeordnet werden können. (Böhmer, 1991, S. 123-124; Mast, 2003, S. 81) Wirtschaftsthemen oder strategische Entscheidungen werden daher gern personalisiert, d.h. über die Darstellung des Handelns von Einzelpersonen, die meist Mitglieder der Unternehmensführung sind, transportiert (Schenk & Rössler 1996, S. 75). Gerade bei Konzernen ist Personalisierung notwendig, da hier aufgrund der Größe eine gewisse Anonymität gegeben ist und daher eine Bezugsgröße gesucht werden muss. Bei Medienunternehmen sind dies z.B. Anteilseigner (Frieda Springer vom SpringerKonzern) oder Chefredakteure (Döpfner vom Axel-Springer-Verlag). Durch die Verbindung von Unternehmen und einer Identifikationsfigur wird dem Rezipienten der Zugang zu dem Thema erleichtert. Als mediale Stellvertreter für ihre Unternehmung sind sie in der Lage, ein bestimmtes Image zu schaffen oder zu untermauern, wodurch sie auch die Marktstellung eines Unternehmens beeinflussen können (Sieber, 2006, S. 37). Durch die Personalisierung soll sowohl eine direkte und emotionale Ansprache des Publikums, als auch eine leichtere Verständlichkeit komplexer ökonomischer Prozesse und Zusammenhänge erreicht werden (Schenk & Rössler, 1996, S. 75-77). Daneben kann diese Verknüpfung von Unternehmen und Unternehmensrepräsentant auch in bestimmten Situationen die Funktion eines ´Sündenbocks` erhalten. So kann über die personelle Fixierung die Verantwortung für eine unternehmerische Entwicklung oder Fehlentscheidung vom Unternehmen auf die Einzelperson verlagert werden. Personalisierung kann weiter unterstützt werden durch den Einsatz von Bildmaterial oder durch direkte oder indirekte Zitate der Aussagen dieser Unternehmensrepräsentanten. Damit wird dem Leser nicht nur ein leichterer Zugang zum Wirtschaftsthema geboten, sondern die Aussagen erhalten auch mehr Glaubwürdigkeit und Gewicht, wenn sie über einen unmittelbaren Vertreter des Unternehmens erfolgen. Insofern unterstützt die Personalisierung Verständlichkeit und Glaubwürdigkeit in Zusammenhang mit der Wirtschaftsberichterstattung über Medienunternehmen. In jedem Fall kann über die Personalisierung eine bestimmte Wirkung erzielt werden, wodurch die Gefahr besteht, dass sie auch strategisch eingesetzt wird.
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3.3.8 Wertungen Neben einem weiteren Anstieg der Personalisierung prognostizierte Mast (1999) eine zunehmende Emotionalisierung in der Wirtschaftsberichterstattung (S. 34), was neben der Verwendung einer leserfreundlichen, verständlichen Sprache auch eine Zunahme an wertenden Stellungnahmen bedeutet. Dies gilt entsprechend natürlich auch für die Wirtschaftsberichterstattung über Medienunternehmen. Eine Wertung impliziert zunächst einmal eine Stellungnahme. Dabei wird ein Vergleich zwischen einem Ist- und einem Soll-Zustand zum Ausdruck gebracht, also zwischen dem Zustand, wie er momentan ist, und dem, wie er sein sollte. Zustände und Ereignisse können nun danach bewertet werden, ob sie mit diesem erwünschten Zustand übereinstimmen. Seine wertende Einschätzung drückt der Journalist oft über bestimmte Eigenschaften aus, die er den Dingen, die beurteilt werden, zuteilt. Er folgt den positiven oder negativen Einflüssen eines Sachverhalts (Nachrichtenfaktoren ´Negativismus` und ´Positivismus`). (Neuberger, 1996, S. 49-51) Ebenso wertend können Vergleiche mit anderen, ähnlichen Unternehmen sein. Diese Vergleiche können nun positiv oder negativ für ein Unternehmen ausfallen, je nachdem, wie das daneben erwähnte Unternehmen dargestellt wird. Auf diese verschiedenen Arten kann ´Wertung` explizit kommuniziert werden. Die Wertung kann sich dabei einerseits auf eine ökonomische Entscheidung oder Handlung eines Unternehmens beziehen oder auf das Unternehmen selbst, seinen wirtschaftlichen Zustand und damit indirekt auch auf sein Leistungsvermögen. Der Journalist nimmt allein schon dadurch wertend Stellung, dass er bestimmte Nachrichten zur Veröffentlichung auswählt bzw. sie durch Platzierung, Umfang oder Aufmachung in den Vordergrund rückt (Kunczik, 1988, S. 215). Explizite Wertungen können schon in der Überschrift oder ausschließlich im Text erscheinen. Kommen sie bereits in der Überschrift vor, so generiert die Wertung sofortige Aufmerksamkeit und konditioniert in gewisser Weise die Einstellung der Leser. Im Text kann die Wertung nicht nur implizit über wertende Stellungnahmen des Journalisten im Kontext erfolgen, sondern wie erwähnt, auch durch Zuordnung von Eigenschaften, durch Vergleiche oder auch durch explizite Wertungen in Form eines Zitats. Hickethier (2005) und auch Weiß (2005) stellten zum Beispiel fest, dass Medienjournalisten ihre Meinung gern durch Aussageträger stützen, die aus der Medienbranche kommen bzw. auch Mitarbeiter der betroffenen Häuser sind. Nach ihren Ergebnissen werden diese Aussageträger zumeist anonymisiert und zu unbestimmbaren Quellenangaben, wenn es sich nicht gerade um Programmverantwortliche oder leitende Manager handelt. (Weiß, 2005, S. 150; Hickethier, 2005, S. 64-65) Vermittelt ein Journalist Wertungen über Zitate
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und bezieht nicht eindeutig Stellung, macht er sich gleichzeitig unangreifbar und sichert sich gegen mögliche Reaktionen auf seine Darstellung ab. Die kritische Einschätzung in Form eines Zitats erhält fast die Bedeutung einer Nachricht. Zudem kann der Journalist auch über Zitate Dritter seine Aussagen untermauern und ihnen mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Die Wertung erhält nämlich gerade durch die Zitatform ein größeres Gewicht. Auf diese Weise übernimmt der Journalist das ökonomische Denken der zitierten Personen in die eigene Argumentation. Andererseits könnten positive oder negative Einschätzungen auch gezielt eingesetzt werden, um eine gewisse Wirkung zu erreichen. Kepplinger (1989) verwendet den Begriff „instrumentelle Aktualisierung“ (S. 12), wenn die beiden Nachrichtenfaktoren ´Negativismus` und ´Positivismus` von Journalisten taktisch verwendet werden, um Kontrahenten zu stärken oder zu schwächen. Als negative Ereignisse können in diesem Sinne z.B. wirtschaftliche Krisen, Misserfolge und Niederlagen angesehen werden. Als positiv werden beispielsweise Erfolge auf wirtschaftlichem Gebiet identifiziert (z.B. stabile wirtschaftliche Lage), aber auch das Ausbleiben oder die zahlenmäßige Verringerung negativer Ereignisse. Schulz (1990) ordnet dem Faktor ´Negativismus` u.a. den Aspekt Schaden (Misserfolge und Sach- oder finanzielle Schäden) zu. Den Faktor ´Positivismus` definiert er u.a. als ´Erfolg` oder „Fortschritt auf z.B. politischem, wirtschaftlichem, kulturellem oder wissenschaftlichem Gebiet“ (S. 34 und S. 136-138). Gerade in Bezug auf Wirtschaftsunternehmen erfolgt die Wertung primär über wirtschaftlichen Erfolg bzw. wirtschaftlichen Misserfolg oder Schaden. Damit verbunden ist auch ein gewisses Image und speziell bei Medienunternehmen eine Assoziation zu dessen publizistischer Leistungsfähigkeit. Insofern kann eine wertende Einschätzung über die jeweilige Rezeption auch unmittelbare ökonomische Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Leser haben. An die impliziten Wertungen durch die Nachrichtenfaktoren ´Negativismus` und ´Positivismus` können jedoch unterschiedliche Maßstäbe der Rezipienten angelegt werden, da Ereignisse auch unterschiedliche Konsequenzen für die Beteiligten haben können. Was für den einen ein Schaden ist, kann für den anderen ein Nutzen sein. Für Staab (1990) dagegen kommt es „nicht auf die subjektive Sichtweise eines Beteiligten“ an, sondern „nur auf das allgemeine Verständnis, wie man es einem Durchschnittsleser unterstellen kann“ (S. 223). Auf jeden Fall besitzt die Wirtschafts- bzw. Unternehmensberichterstattung großes Potential, um gezielt für ökonomische Interessen eingesetzt zu werden. Über das Ausmaß der Aufmerksamkeitszuteilung wie auch über die Art der Unternehmensdarstellung oder über wertende Stellungnahmen kann zielgerichtet eine gewollte Außenwirkung erreicht werden. Um dieser Vermutung nachzugehen, bietet sich als Vergleichsmoment das bestehende Konkurrenzverhältnis an, sowohl zwischen den Medienteilmärkten als auch zwischen den direkten Kon-
3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung
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kurrenzunternehmen im selben Mediensektor. Denn wo treten ökonomische Verlagsinteressen stärker zutage als in einer unterschiedlichen Darstellung des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Unternehmens gegenüber der jeweiligen Konkurrenz. Zu diesem Zweck entwickelte ich ein Modell, das die unterschiedlichen Verhältnisse der jeweiligen wirtschaftlichen Distanz der Konkurrenzunternehmen zum jeweils berichtenden Medium berücksichtigt. 3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung Medienberichterstattung vollzieht sich als Medienbeobachtung, -beschreibung und -bewertung von Medien in und mit Medien. Medienbeobachtung wird dabei in einem interaktiven Prozess zwischen Beobachtern und Beobachteten betrieben. Die Besonderheit liegt beim Medienjournalismus darin, dass sowohl Thematisierendes als auch Thematisiertes dem Medienbereich entstammen, also auf demselben Markt agieren. Medium ist jedoch nicht gleich Medium. Jeder Medienbereich zeigt seine eigenen Spezifika auf und bildet eigene Handlungsräume, in denen agiert wird. So stehen Medien in unterschiedlichen medialen Beziehungen zueinander und das je nachdem, in welchem Handlungsraum sie sich befinden. Zwischen den Medienbereichen zeigen sich daher unterschiedliche Konkurrenzbeziehungen, die sich aus den existierenden wirtschaftlichen Distanzverhältnissen konstituieren. Um diese Konkurrenzbeziehungen der verschiedenen Handlungsräume innerhalb des Mediensystems zu erfassen, entwickelte ich das ´Distanz-Modell`. Für die Einordnung in eine Beziehungsebene ist dabei die wirtschaftliche Distanz von Thematisierendem und Thematisiertem ausschlaggebend. Die Beziehung zwischen den verschiedenen Medienbereichen12 bezeichne ich als ´weites Distanzverhältnis`, da Thematisierendes und Thematisiertes aus verschiedenen medialen Ebenen stammen und deren Konkurrenzverhältnis zueinander daher distanzierter ist. Jeder Medienbereich gliedert sich wiederum in verschiedene Mediensektoren13. Das Beziehungsgefüge innerhalb eines Mediensektors nenne ich ´enges Distanzverhältnis`. Hier gestaltet sich die Betrachtungsweise viel diffiziler und genauer, da das Wettbewerbsverhältnis sich deutlich stärker auswirkt. In ihrem eigenen Mediensektor beobachten sich Medien selbst und auch ihre Konkurrenten. Auch hier entscheidet das wirtschaftliche Verhältnis von Thematisierendem und dem jeweiligen Thematisierten über die Stärke der wettbewerblichen Aus12
Als ´Medienbereich` bezeichne ich in dieser Studie den Print- und den Rundfunkbereich. Als ´Mediensektor` sind in dieser Studie die Medien zu verstehen, die innerhalb eines Medienbereichs im selben Medienteilmarkt operieren. Dies sind im Printbereich die Mediensektoren ´Zeitung` und ´Zeitschrift` und im Rundfunkbereich die Mediensektoren ´Fernsehen` und ´Hörfunk`.
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
prägung. Da der Ausgangspunkt der jeweiligen Distanzverhältnisse sich immer auf das berichtende Medium bezieht, ist das Distanz-Modell in Abhängigkeit vom jeweiligen Thematisierenden allgemein gültig zu verstehen. Dieses kann nun beispielsweise eine Rundfunksendung, eine Publikumszeitschrift oder eine Zeitung eines bestimmten Genres14 sein. Die verschiedenen Distanzverhältnisse sollen nun zunächst abstrakt dargelegt werden. Im Anschluss daran wird das Modell beispielhaft konkretisiert auf die überregionalen Tageszeitungen als thematisierendes Medium. Das Thematisierte steht zu ihnen jeweils in einer bestimmten medialen Beziehung. Welche Konstellationen sich dadurch ergeben können und wie die Distanzverhältnisse jeweils speziell mit dem Bezugspunkt der überregionalen Tageszeitungen zu verstehen sind, soll nun erörtert werden. 3.4.1 Das weite Distanzverhältnis Das ´weite Distanzverhältnis` beschreibt die Beziehungen zwischen den ´klassischen` Medienbereichen ´Print` und ´Rundfunk`. Wenn das berichtende Medium ein Medium aus einem anderen Medienbereich zum Thema nimmt, ist das Verhältnis ´intermedial`. Das Verhältnis bezeichne ich als ´intramedial`, wenn das berichtende Medium ein Unternehmen aus demselben Medienbereich thematisiert. Dieser Medienbereich unterteilt sich wiederum in verschiedene Mediensektoren, die jeweils eigene, abgegrenzte Teilmärkte bedienen. So wird zum Beispiel der Rundfunkbereich in ´Fernsehen` und ´Hörfunk` oder der Printbereich in ´Zeitung` und ´Zeitschrift` unterteilt. Diese Medienteilmärkte stehen dabei in unterschiedlichem wirtschaftlichem und publizistischem Wettbewerb zum berichtenden Medium. Daher muss definitorisch eine spezielle Beziehung konstituiert werden. Aus diesem Grund differenziere ich zwischen einer direkt und einer indirekt intramedialen Beziehung. ´Direkt intramedial` ist eine Beziehung dann, wenn das berichtende Medium und das thematisierte Unternehmen aus demselben Mediensektor kommen. Eine ´indirekt intramediale` Beziehung dagegen beschreibt ein wirtschaftlich distanzierteres Verhältnis, denn hier stammen das thematisierende Medium und das thematisierte Unternehmen zwar aus demselben Medienbereich, aber aus unterschiedlichen Mediensektoren. Bei der intermedialen Ebene ist eine Differenzierung nach direkter und indirekter intermedialer Ebene nicht notwendig, da die jeweiligen Mediensektoren des anderen
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Als ´Mediengenre` bezeichne ich Medien, die innerhalb eines Mediensektors wiederum in einem weiter unterteilten, gemeinsamen Medienteilmarkt operieren. Dies wären im Zeitungssektor beispielsweise ´überregionale Tageszeitungen` oder ´Regional-` und ´Lokalzeitungen`.
3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung
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Medienbereichs in keinem engeren oder weiteren Distanzverhältnis zur thematisierenden Instanz stehen. Mein Distanz-Modell möchte ich zum besseren Verständnis konkret an einem Beispiel erläutern. Dazu wähle ich als Ausgangspunkt für die Distanzverhältnisse beispielhaft die überregionalen Zeitungen als thematisierendes Medium. Wenn nun eine überregionale Zeitung ein Unternehmen aus demselben Medienbereich, also dem Printbereich, thematisiert, ist das Verhältnis intramedial. Der Printbereich unterteilt sich wiederum in die beiden Mediensektoren ´Zeitungen` und ´Zeitschriften`. Der Zeitungssektor steht dabei den berichtenden überregionalen Zeitungen wirtschaftlich näher als der Zeitschriftensektor. Das Verhältnis zwischen der berichtenden überregionalen Zeitung und dem eigenen oder einem anderen Zeitungsunternehmen ist daher eine direkt intramediale Beziehung, da beide im selben Mediensektor ´Zeitung` operieren. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die ´Süddeutsche Zeitung` über die ´Bild-Zeitung` oder die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` berichtet. Thematisiert sie dagegen ´Die Bunte`, also ein Zeitschriftenunternehmen, besteht eine indirekt intramediale Beziehung, da die thematisierende überregionale Zeitung und das thematisierte Unternehmen zwar aus dem Printbereich stammen, aber auf unterschiedlichen Teilmärkten operieren, zum einen auf dem Zeitungs- und zum anderen auf dem Zeitschriftenmarkt. Das Verhältnis ist intermedial, wenn die berichtende überregionale Zeitung Rundfunkunternehmen, sei es aus dem Fernsehen- oder dem Hörfunksektor, zum Thema nimmt. Thematisierendes und Thematisiertes entstammen hier unterschiedlichen Medienbereichen. Eine weitere Differenzierung ist im Falle der Thematisierung von Rundfunkunternehmen durch überregionale Tageszeitungen nicht notwendig, da die Zeitungen in keinem engeren oder weiteren Distanzverhältnis zum Fernsehen oder Hörfunk stehen. 3.4.2 Das enge Distanzverhältnis Nicht nur zwischen den unterschiedlichen Mediensektoren, also zwischen dem Zeitungs- und dem Zeitschriftensektor oder dem Rundfunkbereich, können Medienbeziehungen ausfindig gemacht werden. Viel diffiziler und genauer gestaltet sich die Betrachtungsweise, wenn man auch die Beziehungen berücksichtigt, die sich innerhalb der direkt intramedialen Ebene ergeben. Hier befinden sich Thematisiertes und Thematisierendes im selben Mediensektor. Da sie auf demselben Markt agieren, spielen die wirtschaftliche Nähe der Unternehmen und damit der Konkurrenzaspekt eine besonders große Rolle. Die Beziehungen, die sich dabei zwischen dem berichtenden Medium und den jeweiligen thematisierten Medienunternehmen auftun, bezeichne ich daher als ´enges Distanzverhältnis`.
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
Die Beziehungen im ´engen Distanzverhältnis` konstituieren sich durch verschiedene Formen der Beobachtung. Die engste Form liegt dann vor, wenn das thematisierende Medium über sein eigenes Unternehmen bzw. den eigenen zugehörigen Konzern schreibt. Hierbei beobachtet sich das betreffende Medium aus der Innensicht mit den daraus resultierenden besonderen Erkenntnismöglichkeiten und -beschränkungen. Es liegt Selbstbeobachtung vor. Bei der Berichterstattung über ein anderes Unternehmen desselben Mediengenres handelt es sich um Konkurrenzbeobachtung, da die Unternehmen als Konkurrenten im direkten publizistischen und wirtschaftlichen Wettbewerb stehen. Durch die zunehmende wirtschaftliche Konzentration haben sich vielfältige ökonomische Verflechtungen und Abhängigkeiten der Medienunternehmen ergeben, die über Synergien Auswirkungen auf wirtschaftliche Distanzverhältnisse haben können. Um in die Analyse auch den Einfluss synergetischer Verbindungen miteinzubeziehen, ist es notwendig die gewählten Referenzebenen begrifflich noch differenzierter zu unterscheiden. So steht das berichtende Medium einem Medienunternehmen, an dem es selbst beteiligt ist, wirtschaftlich näher als irgendeinem anderen Unternehmen desselben Mediensektors - außer dem eigenen. Berichtet nun ein Medium über ein eigenes Beteiligungsunternehmen, so handelt es sich in gewisser Weise auch um Selbstbeobachtung, da das thematisierte Unternehmen als dem eigenen Unternehmen zugehörig empfunden wird und ein gemeinsames wirtschaftliches Eigeninteresse besteht. Jedoch ist hier die Nähe zum Berichterstattungsobjekt nicht so stark gegeben wie bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen. Deshalb nenne ich die Berichterstattung über das eigene Haus ´direkte Selbstbeobachtung` und die über Beteiligungsunternehmen des eigenen Unternehmens ´indirekte Selbstbeobachtung`. In gleicher Weise werden bei der Konkurrenzbeobachtung Differenzierungen vorgenommen. Werden vom berichtenden Medium Konkurrenzunternehmen thematisiert, die demselben Mediengenre angehören, so handelt es sich um ´direkte Konkurrenzbeobachtung`, da sie innerhalb desselben Mediensektors auf demselben Medienteilmarkt operieren. Der publizistische und der wirtschaftliche Wettbewerb zeigen sich hier am stärksten. Aber auch die direkten Konkurrenten verfügen über Beteiligungsunternehmen. Da diese wirtschaftlich an sie gebunden sind, stehen auch diese Beteiligungsunternehmen in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zum berichtenden Medium. Somit kann hier von ´indirekter Konkurrenzbeobachtung` gesprochen werden. Zusätzlich gibt es noch Medienunternehmen anderer Genre. Sie weisen zum berichtenden Medium die größte wirtschaftliche Distanz auf und befinden sich damit auch nicht in einem direkten oder indirekten Konkurrenzverhältnis. Diese fasse ich daher unter dem Begriff ´allgemeine Beobachtung` zusammen.
3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung
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Auf das Beispiel bezogen, das von überregionalen Zeitungen als thematisierender Instanz ausgeht, handelt es sich um ´direkte Selbstbeobachtung`, wenn diese über das eigene Blatt bzw. den eigenen Verlag oder Konzern berichten. Dies ist zum Beispiel gegeben, wenn die ´Süddeutsche Zeitung` über sich selbst oder über den ´Süddeutschen Verlag` berichtet. Hier ist die größte Nähe zwischen den Instanzen gewährleistet. Die Berichterstattung über einen anderen Verlag bzw. ein Zeitungs-, Zeitschriftenunternehmen oder einen TV-Sender, an dem die berichtende Zeitung beteiligt oder über eine Konzernzugehörigkeit verbunden ist, wird mit ´indirekter Selbstbeobachtung` bezeichnet, da sie einerseits durch die unmittelbare Zugehörigkeit Nähe zeigt, aber dennoch eine gewisse wirtschaftliche Distanz aufweist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ´die Welt` über die ´Bild-Zeitung` berichtet, die auch zum ´Axel-Springer-Verlag` gehört. Die Berichterstattung über eine andere überregionale Zeitung oder deren Verlag, also über direkte Konkurrenzunternehmen desselben Genres, wird als ´direkte Konkurrenzbeobachtung` gesehen. Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn die ´Süddeutsche Zeitung` die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` thematisiert, da beide auf demselben Medienteilmarkt der Qualitätszeitungen operieren. ´Indirekte Konkurrenzbeobachtung` liegt vor, wenn über ein Beteiligungsunternehmen eines direkten Konkurrenzunternehmens berichtet wird, wenn also beispielsweise die ´Süddeutsche Zeitung` über eine Zeitschrift des Axel-SpringerVerlags berichtet. Thematisiert die ´Süddeutsche Zeitung` z.B. die ´Rheinische Post`, so liegt ´allgemeine Beobachtung` vor, da es sich hier um die Thematisierung einer Regionalzeitung handelt, die einem anderen Zeitungsgenre als die überregionalen Zeitungen angehört. 3.4.3 Relevanz des Distanz-Modells Der wirtschaftliche Distanzaspekt drückt Konkurrenzverhältnisse aus, die auf dem Medienmarkt zwischen Medienunternehmen in publizistischer und wirtschaftlicher Hinsicht bestehen. Das Distanz-Modell ist jedoch nicht nur ein theoretisches Modell, das tatsächliche wirtschaftliche Distanzverhältnisse darstellt, sondern es dient als Instrument, um bei der empirischen Analyse Unterschieden in der Berichterstattung in Abhängigkeit von diesen Distanzverhältnissen nachzugehen. Über derartige Unterschiede kann eine Determinierung aufgrund von Konkurrenzverhältnissen bzw. wirtschaftlichen Eigeninteressen nachgewiesen werden. Grundlage dieses Konzepts ist, dass gerade bei der Thematisierung medienökonomischer Themen aufgrund der Spezialsituation der Selbstthematisierung die wirtschaftlichen und publizistischen Wettbewerbsverhältnisse zum Tragen
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3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen
kommen können. Schließlich liegt es im wirtschaftlichen Interesse der thematisierten Medien, welche Informationen über sie nach außen dringen. Je nachdem, wer thematisiert wird und wer thematisiert, bilden sich unterschiedliche Interessen heraus, die sich aus der wirtschaftlichen Distanz konstituieren. Umso mehr sich dabei die Leistungen und Medienangebote ähneln, desto stärker ist der Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Akzeptanz der Rezipienten. Am stärksten wirkt sich dieses wirtschaftliche Interesse im eigenen Unternehmensbereich aus. Daher besteht die Gefahr, dass die Selbstthematisierung auch zur Legitimation benutzt wird oder zur Abgrenzung von anderen Medien. Je größer die wirtschaftliche Distanz zwischen Thematisierendem und Thematisiertem ist, umso mehr kann man von einer motivfreien ´Selbstthematisierung` des Mediensektors ausgehen. Bei größerer wirtschaftlicher Nähe kann wiederum der Legitimationsbedarf zu groß sein, um frei von Eigeninteressen zu berichten. Dies gilt insbesondere für die Thematisierung des eigenen Mediensektors bzw. des eigenen Unternehmens. Gerade, wenn es sich um ein für ein Unternehmen so sensibles Thema wie die Thematisierung der wirtschaftlichen und strukturellen Gegebenheiten des eigenen Unternehmens handelt, besteht die Gefahr, dass die Medien nicht immer eine kritische Distanz einhalten können. Dieses Problem ergibt sich aber auch in Bezug auf eigene Beteiligungsunternehmen. Diese operieren zwar journalistisch getrennt, stellen aber zugleich eine wirtschaftliche Einheit mit dem eigenen Unternehmen dar, so dass auch hier eine objektive Haltung nur schwer zu bewahren ist. Ebenso brisant zeigt sich eine Berichterstattung über direkte Konkurrenzunternehmen, da jede wie auch immer geartete Darstellung Auswirkungen auf die Positionierung auf dem gemeinsamen Medienmarkt haben kann. Von daher können die Distanzbeziehungen im wirtschaftlichen Wettbewerb aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Eigeninteressen Folgen für das Leistungspotenzial und die Leistungsgrenzen der journalistischen Selbstthematisierung haben. Ob diese Interessenlagen tatsächlich unmittelbare Auswirkungen auf die Berichterstattung haben, bleibt eine empirisch zu beantwortende Frage. Der Einfluss kann dabei nicht direkt nachgewiesen werden, sondern nur indirekt mithilfe dieses Distanz-Modells. Über die Einteilung in verschiedene wirtschaftliche Distanzverhältnisse wird möglichen Unterschieden in der Berichterstattung differenziert nachgegangen. Da von einer Berichterstattung ausgegangen werden muss, die für alle thematisierten Medienunternehmen in gleicher Weise nach den journalistischen Qualitätskriterien erfolgt, würden eventuelle Unterschiede in Umfang und Art der Unternehmensdarstellung auf eine Determinierung bzw. bewusste Instrumentalisierung der Medienberichterstattung aufgrund wirtschaftlicher Eigeninteressen hinweisen. Das wirtschaftliche Distanz-Modell lässt sich graphisch wie folgt darstellen:
3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung Abbildung 1:
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Das wirtschaftliche Distanz-Modell
weites Distanzverhältnis THEMATISIERENDES Bsp.: überregionale Tageszeitungen, Süddeutsche Zeitung (SZ)
THEMATISIERTES mediale Ebenen INTRAMEDIALITÄT direkte Intramedialität Bsp.: Zeitungsunternehmen indirekte INTERMEDIALITÄT Intramedialität Bsp.: Zeitschriftenunternehmen Bsp.: Rundfunkunternehmen
enges Distanzverhältnis (direkt intramediale Ebene) THEMATISIERENDES Bsp.: überregionale Tageszeitungen, Süddeutsche Zeitung (SZ)
THEMATISIERTES Beobachtungsformen SELBSTBEOBACHTUNG direkte Selbstbeobachtung Bsp.: SZ indirekte Selbstbeobachtung Bsp.: Abendzeitung
KONKURRENZBEOBACHTUNG direkte Konkurrenzbeobachtung Bsp.: Die Welt indirekte Konkurrenzbeobachtung Bsp.: Bild Zeitung
ALLGEMEINE BEOBACHTUNG Bsp.: Mindelheimer Zeitung (Lokalzeitung)
4 Ökonomie und Organisation der Medien
Im Wesentlichen unterscheiden sich Medienunternehmen nicht von anderen Wirtschaftsunternehmen. Der Markt ist regulierendes Instrument des Güterabsatzes und entscheidet über die Menge und den Preis der Medienangebote. Der Markt ist aber auch die Institution der Beobachtung und Selbstbeobachtung der Marktteilnehmer, die dort Preisakzeptanz, Güterqualität und Wettbewerbsverhältnisse prüfen. (Weischenberg, Altmeppen & Löffelholz, 1994, S. 108) Jedes Unternehmen ist daher bestrebt, nach außen möglichst gut dazustehen. Außendarstellung geschieht dabei meist über interne PR-Stellen, die ihre PRMitteilungen an die Presse weitergeben. Medienunternehmen berichten aber auch über Unternehmen der eigenen Branche, im Spezialfall sogar über ihr eigenes Unternehmen. Sie stehen hier in gewisser Weise in einer Doppelfunktion als berichtendes Medium und als thematisiertes Medium. Die Darstellung der Unternehmen geschieht jedoch nicht nur über PR-Stellen, die legitim eine Selbstdarstellung nach außen verbreiten können, sondern auch über Redaktionen, die in ihrer Darstellung zur Objektivität verpflichtet sind. Die Journalisten stecken somit in dem Dilemma, dass auf der kommunikativen Ebene unterschiedliche journalistische und unternehmerische Zielsetzungen aufeinander prallen. Auf der journalistischen Ebene versucht das Unternehmen seiner gesellschaftlichen Funktion gerecht zu werden, zu informieren, zu kritisieren und Orientierung zu bieten. Auf der ökonomischen Ebene untersteht die berichtende Zeitung dem Zwang, die Akzeptanz der Rezipienten zu erlangen und über hohe Auflagenzahlen auch für die werbetreibende Wirtschaft als Werbeträger interessant zu bleiben. Daher ist eine positive Außendarstellung des eigenen Unternehmens durchaus im Interesse des eigenen Verlages. Zudem ist aufgrund der gestiegenen Konkurrenz durch Fernsehen und Internet auch eine gewisse Solidarität gefordert, um den eigenen Mediensektor generell als Werbeträger für die Wirtschaft und die Anzeigenkunden attraktiv zu halten. Da in diesem Zusammenhang die Gefahr besteht, dass Eigentümerinteressen Einfluss auf die Berichterstattung nehmen, was nur über interne Entscheidungsstrukturen in Medienorganisationen vorgenommen werden kann, ist es von Bedeutung, den organisationalen Rahmen, in dem Medien strukturiert sind, zu betrachten, um die Verflechtungen zwischen Redaktion und Verlag zu verstehen. Dabei sind sowohl die interne Verfasstheit der Medien in Form von Organisatio-
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4 Ökonomie und Organisation der Medien
nen wie auch die ökonomischen Bedingungen, unter denen Medienorganisationen handeln, von hoher Relevanz. Ökonomisches Handeln zeigt sich bei Medienorganisationen vor allem darin, dass sie mit ihrem strategischen und operativen Handeln Einfluss nehmen wollen auf Wettbewerbsbedingungen und Konkurrenzverhältnisse auf dem Markt. Dieser grundlegende wirtschaftliche Prozess wird durch Mechanismen wie verstärkte Rendite- und Gewinnerwartungen der Eigentümer und Anteilseigner weiter ökonomisiert, indem überwiegend die Kapitalkriterien betont werden. Sollten sich ökonomisch geprägte Eigeninteressen auf die publizistische Gestaltung auswirken, so kann dies nur auf der Organisationsebene, der Verbindung zwischen Verlag und Redaktion, geschehen. Die Organisationsdimension der Medien wurde in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung bisher allerdings weitgehend vernachlässigt, obwohl ein Zusammenhang zwischen Organisationszielen, Redaktionsorganisation und publizistischer Leistung evident ist (vgl. Rühl, 1980; Blöbaum 1994; Nieland, 1996; Marcinkowski, 1993; Kohring, 1997; Siegert, 2001c). Durch die zunehmende Ökonomisierung hat auch die Organisation der Medien strukturelle Veränderungen erfahren. Gerade die fortschreitenden Verflechtungen zwischen Verlag und Redaktion führen zu Organisations- und Entscheidungsstrukturen, die die ‚innere Pressefreiheit’ durchaus determinieren könnten. Insofern könnten auch ökonomische Eigeninteressen bei der Berichterstattung ins Spiel kommen. Da die Medienunternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung ihre Medienprodukte auf dem Markt anbieten, müssen sie ständig strategische und operative Entscheidungen treffen, die das Marktverhalten der Medienorganisation bestimmen. Sie entscheiden damit über die Höhe der Profite und Ressourcen, mit denen das Mediengeschäft in Gang gehalten wird. „Daher sind die strategischen Entscheidungen der Medienunternehmen als wesentliche Bestandteile und Ausdrucksform der Organisationsziele anzusehen“ (Altmeppen, 2006, S. 171). In seinen Entscheidungen orientiert sich ein Unternehmen dabei einerseits an seiner gesellschaftlichen Sozialverantwortung und andererseits am wirtschaftlichen Profit. Inwiefern ökonomische Gründe dabei Einfluss auf die Gewichtung dieser unterschiedlichen Zielsetzungen nehmen, ist Gegenstand dieser Arbeit. Von daher ist es nur folgerichtig, die organisatorische Verfasstheit des Journalismus und die Entscheidungsstrukturen eines Medienunternehmens genauer zu betrachten. Dazu soll zunächst auf das Verhältnis zwischen Verlag und Redaktion eingegangen und die damit verbundenen Einflussmöglichkeiten auf die Nachrichtenauswahl und die publizistische Darstellung erläutert werden. Im Anschluss werden Interdependenzen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Verlag, Redaktion und zwischen verschiedenen Medienebenen aufgezeigt. Die
4.1 Organisationsformen und Entscheidungsstrukturen
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Diskrepanz zwischen ökonomischen und publizistischen Zielsetzungen wird dabei über das Problem der ´inneren Pressefreiheit` diskutiert. 4.1 Organisationsformen und Entscheidungsstrukturen Innerhalb der Medienunternehmen ist professioneller Journalismus ohne komplexe Binnenstrukturen nicht denkbar. Die verschiedenen Ressorts sind Teil der Redaktion, die wiederum aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur ein Element innerhalb der Wertschöpfungskette einer Unternehmung ist. Die Redaktion ist für die inhaltliche Erstellung des Angebots zuständig, die Technik für die Produktion und der Vertrieb für die Distribution des Produktes. Daneben kümmert sich die Marketingabteilung um die Kommunikation mit den Märkten (Sieben, Schulze & Wachter, 1992, S. 1316) Zusammen unterstehen diese verschiedenen Abteilungen der Verlagsebene, die alle Bereiche koordiniert. Da die Printmedien privatwirtschaftlich organisiert sind, sind hier publizistische Leistungen auf das Engste auch mit dem ökonomischen Handeln des Verlags verbunden. Jeder organisierte Arbeitsprozess basiert auf der Effizienzlogik wirtschaftlicher Verwertungszuammenhänge, die über die unternehmerischen Abteilungen des Zeitungsverlags bis in die Redaktionen hineinreichen können. Die Professionalisierung des Journalismus betont in der Binnenperspektive eher die Autonomie, also die Herausbildung eigenständiger Redaktionen, deren Ausdifferenzierung und innere Organisation. Die Ökonomisierung dagegen bezieht sich auf das Außenverhältnis der Redaktionen, die in einen kommerziell arbeitenden Medienbetrieb eingebunden sind. (Hienzsch, 1990, S. 82) Gerade in Organisationen konkretisiert sich daher der Konflikt zwischen publizistischen Leistungserwartungen und professionellen Ansprüchen einerseits sowie wirtschaftlicher Profitorientierung andererseits. Durch den wachsenden Wettbewerbsdruck und die zunehmenden Konzentrationstendenzen erhalten die wirtschaftlichen Interessen des Verlags immer mehr an Bedeutung. Es ist anzunehmen, dass der wachsende Druck der Ökonomie zu innerbetrieblichen Spannungen zwischen den kommerziellen und den publizistischen Organisationseinheiten einer Medienorganisation, also zwischen Verlag/Geschäftsführung und Redaktion führt. Dies kann sich eventuell auch auf publizistischer Ebene auswirken. Denn die Sicherung der journalistischen Qualität spielt sich in erster Linie im organisationalen Kontext der Redaktion ab. Sie betrifft dabei alle Ebenen des redaktionellen Arbeitsprozesses und ihre Wirksamkeit ist abhängig von den strukturellen Bedingungen der Redaktion. Dies bezieht sich auf die redaktionelle Ausstattung, die redaktionelle Aufbauorganisation, die redaktionellen Produktionsabläufe, die Rechercheprozesse und die Steuerung und Kontrolle durch die Redaktionsführung. (Wyss, 2002, S. 22-
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4 Ökonomie und Organisation der Medien
24 und 148-149) Wichtig ist es daher, zunächst einmal die Verlags- und Redaktionsstrukturen, ihre Hierarchien und Entscheidungsstrukturen zu betrachten und auf die Verhältnisse zwischen Redaktionen und Verlagsleitung einzugehen. Im Folgenden soll ein grober Einblick in den organisatorischen Aufbau eines Zeitungsunternehmens gewährt werden. 4.1.1 Das Verhältnis von Verlag und Redaktion Zeitungsunternehmen bilden mit ihrer arbeitsteilig und hierarchisch gegliederten Organisation und den horizontalen und vertikalen Aufgaben- und Kompetenzverteilungen die Voraussetzung für eine kontinuierliche und autonome Berichterstattung. Kleine und mittlere Presseverlage sind als Einzelunternehmen oder Personengesellschaften organisiert, größere Verlage dagegen meist als Kapitalgesellschaften. (Schulz, 1979, S. 166) Neben dem Verleger, der oft auch Eigentümer ist, gibt es noch den Herausgeber, dessen Bedeutung begrifflich jedoch nicht immer eindeutig definiert ist. Er ist „weder zwingend noch eindeutig“ (Stöber, 2003, S. 315; Pürer, 1996, S. 246-248) dem Verlag oder der Redaktion zuzuordnen. Bei der ´Frankfurter Allgemeinen Zeitung` z.B. ersetzt das Herausgebergremium die Chefredaktion, während der Herausgeber bei der ´Zeit` zwischen Verlag und Redaktion angesiedelt ist. Zeitungsunternehmen zielen infolge ihrer kommerziellen Orientierung auf Gewinne bzw. auf Rentabilität ab. Dabei gehen volks- und betriebswirtschaftliche, aber auch technische und organisatorische Einflussgrößen fließend ineinander über. Die organisatorische Binnenstruktur und funktionale Aufgabenverteilung kann je nach Größe eines Pressebetriebes und je nach Zeitungstyp unterschiedlich geregelt sein. Jedoch sind generell innerhalb der Printmedienunternehmen die Aufgaben so verteilt, dass der Verlagsseite neben allgemein wichtigen Verwaltungsaufgaben (wie Personalverwaltung, Rechnungswesen, etc.) vor allem Aufgaben zufallen, die im Wesentlichen die technische Herstellung, den Vertrieb und das Anzeigenwesen betreffen. Der Verleger als wirtschaftlicher Leiter des Verlages muss die unternehmerischen Entscheidungen treffen und stellt durch seine Investitionen der Redaktion die finanzielle Grundlage zu ihrer Leistungserfüllung zur Verfügung. Der Chefredakteur wiederum hat Führungsund Kontrollaufgaben innerhalb der Redaktion, Koordinationsfunktionen zwischen Verlag und Redaktion und Repräsentationsaufgaben der Redaktion nach innen und außen wahrzunehmen. Die Redaktion ist zuständig für die publizistischen Aufgaben, die wiederum auf die einzelnen Ressorts verteilt werden. (RußMohl, 2003, S. 194-195; Pürer, 1996, S. 245-248 und S. 255-256;) Dabei soll sie jedoch auch den gewinnorientierten Verlagszielen gerecht werden, denn der
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Geschäftserfolg bzw. -misserfolg entscheidet über die Zuteilung von Etats durch das Management des Unternehmens, die Einstellung oder Entlassung von Personal und damit über zeitliche und sachliche Ressourcen für den Journalismus. (Rühl, 1993, S. 125) Umstritten ist aber, mit welcher Intensität ökonomische Gründe auf die journalistische Arbeit Einfluss nehmen dürfen. Der Verlagsseite wird zunächst einmal eine Grundsatzkompetenz zugestanden, also das Recht, die allgemeine Grundhaltung einer Zeitung festzulegen, und die Richtlinienkompetenz, das Recht, über diese Haltung der Zeitung zu entscheiden, in welcher Form und über welche Themen in der Zeitung berichtet wird (Dohmen, 1998, S. 15-16). Das durch die Grundsatzkompetenz vorgegebene Werteklima und die inhaltlichen wie formalen Zielvorgaben des Arbeitgebers stellen einen wichtigen Einflussfaktor auf die Arbeit der Journalisten dar, da sich diese in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis befinden. Dieser Verlagseinfluss auf die Redaktion kann sich nun subtil bis offensichtlich, direkt bis indirekt, kurzfristig bis langfristig äußern (Schulz, 1979, S. 179; Kunczik & Zipfel, 2001, S. 176). Er bezieht sich jedoch nur auf die grundsätzliche weltanschauliche und politische Ausrichtung der Zeitung. Die Entscheidung über Auswahl und Gestaltung des jeweils aktuellen Inhalts, die Detailkompetenz, liegt bei den Redakteuren. Bei Fragen, die die dazwischen angesiedelte Richtlinienkompetenz betreffen, also strategisch-mittelfristige Entscheidungen, sind die Zuständigkeiten nicht eindeutig der Redaktion oder dem Verlag zugeordnet. (Spachmann, 2005, S. 70-71) Gerade hier könnten Anweisungen des Verlags angesiedelt sein, die die ökonomischen Verlagsinteressen vertreten sollen. Sollte dies der Fall sein, würde die redaktionelle Autonomie eingeschränkt. 4.1.2 Organisatorische Einflussfaktoren Aufgrund der Forderung nach redaktioneller Unabhängigkeit werden die geschäftliche und die publizistische Seite eines Verlagsunternehmens gern streng getrennt gesehen. Nur wenn eine Redaktion relativ große Autonomie genießt, kann sie eine von den ökonomischen Grundlagen unabhängige, nur dem journalistischen Ethos verpflichtete Berichterstattung verwirklichen. Inzwischen sind Ressortverantwortliche und Chefredakteure jedoch immer mehr in das Verlagsmanagement eingebunden und nehmen eine Vermittlungsfunktion wahr zwischen Redaktion und Verlag. Daher müssen sie beide Seiten der Verlagsrealität beachten, sowohl die publizistische als auch die ökonomische Seite. (Ruß-Mohl, 2003, S. 195-196; Stöber, 2003, S. 317; Mast, 2003, 42; Meier, 2002, S. 269). Aufgrund dieser unterschiedlichen Funktionszuweisungen befindet sich die Chefredaktion in einem mehrdimensionalen Spannungsfeld. Sie muss unter-
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schiedliche Interessen innerhalb der Redaktion zum Ausgleich führen und darüber hinaus sowohl die Interessen der Redaktion gegenüber dem Verlag, als auch die Interessen der Verlagsleitung gegenüber der Redaktion und schließlich die Interessen der Leser gegenüber Redaktion und Verlag vertreten (Pürer, 1996, S. 255-256). Indem die Chefredakteure zunehmend zu Redaktionsmanagern und Marketingstrategen werden, kann der Einfluss der Verlagsebene über die redaktionsinternen Hierarchien auf die Redaktion auch indirekt wirksam werden. Journalisten sind – wie oben dargelegt – über die Grundsatzkompetenz eingebunden in die Ziele des jeweiligen Medienunternehmens. Zudem richten sich die Bedingungen ihrer Arbeit nach den Ressourcen, die ihnen die Medienunternehmen je nach ihrer wirtschaftlichen Verfasstheit zur Verfügung stellen können. Journalisten sind somit zwar funktional autonom, aber organisational abhängig. Jede Veränderung der wirtschaftlichen Grundlage oder der Wettbewerbsstrategie hat Auswirkungen auf die Organisation der Redaktion, da sie ja innerhalb der Redaktion umgesetzt werden muss. Zudem führten in den letzten Jahren gerade die bereits ausgeführten ökonomischen Rahmenentwicklungen der Ökonomisierung (siehe 1.3), aber auch neue Redaktionstechnologien oder redaktionsexterne Impulse aus den Marketingabteilungen der Medienunternehmen (z.B. Redaktionelles Marketing) zu einem Wandel der Redaktionsstrukturen (Wyss, 2002, S. 22). Bei der Studie von Spachmann (2003) bestätigten mehr als Dreiviertel der befragten Journalisten einen gestiegenen Einfluss der Anzeigenabteilung und des Marketings (S. 330). Dadurch kann jedoch noch nicht auf eine direkte Beeinflussung der redaktionellen Arbeit geschlossen werden. Es zeigt lediglich eine stärkere Vernetzung von Verlag und Redaktion an, ohne dass diese jedoch ihre Eigenständigkeit verlieren. Die Entwicklung geht immer mehr in Richtung einer Steuerung der redaktionellen Arbeit im Rahmen vorwiegend kommerzieller Organisationsziele und wirtschaftlicher Imperative (Meier, 2002, S. 99; Altmeppen, 2001a, S. 43). Management-, Organisations- und Marketingkonzepte sollen dabei die Abläufe nach ökonomischen Gesichtspunkten optimieren. Dazu soll die redaktionelle Arbeit nicht nur effektiv und effizient organisiert werden, sie soll auch mehr mit anderen Verlagsabteilungen koordiniert und mit den übergeordneten Organisationszielen synchronisiert werden. (Spachmann, 2003, S. 66-67) Konkret manifestieren sich diese Ziele zum Beispiel in dem Konzept einer ´integrativen Berichterstattung`, bei der die starren Ressortgrenzen durchlässig werden. Dabei werden Themen von Redakteuren mit unterschiedlichen fachlichen Spezialisierungen in Projektredaktionen multiperspektivisch bearbeitet. Die klassischen Fachressorts werden somit aufgelöst und durch andere redaktionelle Einheiten, z.B. zentrale Nachrichtenpools, ersetzt. (Spachmann, 2005, S. 228-229) Solange diese Kooperation und Synchronisation nur die redaktionelle Binnenorganisation betrifft,
4.1 Organisationsformen und Entscheidungsstrukturen
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bietet dies für die journalistische Arbeit und auch für den Rezipienten Vorteile hinsichtlich Information und Aufklärung, da ein und dasselbe Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. Kritisch ist eher die zunehmende Einbindung der Redaktionen in übergeordnete Verlags-abteilungen bzw. Unternehmensbereiche zu sehen. Denn dadurch besteht die Gefahr, dass ökonomische Zielsetzungen an die Redaktionen weitergegeben werden. 4.1.3 Möglichkeiten der Zusammenarbeit Auch auf organisationaler Ebene passten sich die institutionellen Ordnungen und das Akteurshandeln an die veränderten ökonomischen Bedingungen an. Dazu gehört eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Verlags- und der Redaktionsebene innerhalb eines Unternehmens, aber auch Kooperationsformen zwischen den Unternehmen selbst, sowohl auf der Redaktionsebene, als auch beim Vertrieb und der Herstellung. 4.1.3.1 Zusammenarbeit von Redaktion und Verlag Die meisten Zeitungsverlage haben dieselbe Grundstruktur. Idealerweise sollten dabei die publizistischen Einheiten gegenüber den Einflüssen der Geschäftsleitung abgeschottet werden, wie es beim klassischen Modell der ´Trennung von Verlag und Redaktion` vorgesehen ist. D.h. die Geschäftsführung und die Abteilungen des Verlags sind für den kaufmännischen Teil und somit für den Markterfolg zuständig, die Redaktion dagegen stellt relativ selbstständig und objektorientiert die journalistische Produktion und die redaktionellen Abläufe sicher. Die Organisationseinheiten müssen zwar kooperieren, sie agieren aber zumeist relativ autonom. Dieses Modell der personellen und organisatorischen Trennung ist aber längst durch andere Koordinationsformen abgelöst bzw. ergänzt worden. Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit wird immer wichtiger, da in einem konkurrenzintensiven Wettbewerb publizistische Qualität nicht mehr vollkommen unabhängig von ökonomischer Effizienz bestehen kann. Realisiert wird dies beispielsweise durch die Schaffung einer ´Schnittstelle` zwischen Chefredaktion und Verlag bzw. Geschäftsleitung, also durch die Einbindung von Ressortverantwortlichen und Chefredakteuren in das Verlagsmanagement. Ruß-Mohl (1992) befürchtete allerdings schon Anfang der Neunziger Jahre, dass sich diese ´Schnittstelle` immer mehr von der Verlagsleitung weg in die Chefredaktion verschiebt (S. 146-147). Zu den herkömmlichen Aufgaben der Redaktionsführung kommen dann Aufgaben im Bereich Strategieentwicklung, Personalent-
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wicklung, Marketing sowie Finanzen und Kostenkontrolle. Damit sollen neben publizistischen Qualitätszielen auch Ziele wie ökonomische Effizienz, Gewinnmaximierung oder Kostenminimierung verfolgt werden. (Wyss, 2002, S. 149151) Die Inhalte der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen der Medienorganisation können dabei vielfältig sein. Sie reichen von der Etatplanung über die Disposition von Inseratplatzierungen, die Positionierung von Imagewerbung, Marketingaktivitäten, bis zu Strategien der Qualitätssicherung. Auf jeden Fall wird bei einer verstärkten Kooperation der Unternehmensabteilungen die Organisationseinheit der Redaktion in den Kontext der anderen Unternehmensabteilungen eingebunden. (Neverla & Walch, 1994, S. 318). Karmasin (1998) befürchtet dadurch einen Autonomie- und Qualitätsverlust zugunsten kaufmännischer Interessen, nämlich dass sich „das für Medienunternehmungen typische Zieldual (…) in Richtung einer einseitigen Gewinnorientierung“ (S. 284) auflöst. Die ökonomischen und publizistischen Zielsetzungen bedingen sich jedoch auch gegenseitig, denn gut funktionierende redaktionelle Arbeit ist ohne das ökonomische und organisatorische Umfeld, das die Verlagsführung zu Verfügung stellt, nicht möglich. Umgekehrt garantiert erst die Qualität des publizistischen Produktes auch den ökonomischen Erfolg des Unternehmens. Durch die zunehmende Ökonomisierung mit den Auswirkungen einer verstärkten Publikums- bzw. Marktorientierung der Medienunternehmen gewinnen zudem Formen der Zusammenarbeit zwischen den Organisationseinheiten an Bedeutung, die vor allem durch redaktionsexterne Impulse aus der Marketingabteilung bestimmt werden. (Wyss, 2002, S. 149 und S. 171; Esser, 1998, S. 123). Der Organisationszweck ist hier einzig und allein, mithilfe der Instrumente des Marketings ein marktfähiges Produkt herzustellen. Durch die Dominanz kommerzieller Ziele werden vermehrt wirtschaftlich motivierte Vorgaben an die Redaktionen weitergegeben. Dies erfolgt vor allem bei dem Modell des ´Redaktionellen Marketings`. Integrierte Marketingkonzepte sind in ihrer publizistischen Leistungserstellung vornehmlich nach den Wünschen und Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppen ausgerichtet. Das betrifft sowohl die Auswahl der Inhalte, als auch die Art ihrer Aufbereitung. (Wyss 2002, S. 168; Mast, 2000, S. 167 und Mast, 2003, S. 62) Die Frage ist, ob deren Einfluss nur struktureller Natur ist oder auch Auswirkungen auf die publizistische Gestaltung hat. Ohne Zweifel verlieren aber die Redaktionen mehr und mehr ihre Autonomie, wenn sie verstärkt in die Wertschöpfungs- und Managementprozesse des Gesamtunternehmens eingebunden werden. Zielgruppen- und Marktorientierung führen nämlich zu vollkommen veränderten Produktionsprozessen, Berufsverständnissen und Organisationsstrukturen. (Spachmann, 2005, S. 79-82) Da verlagsseitiges Marketing eher von ökonomischen Kriterien getrieben ist, besteht die Gefahr, dass es auch eher Qualitätseinbußen in Kauf nimmt. Um die publizistische
4.1 Organisationsformen und Entscheidungsstrukturen
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Qualität und auch die journalistische Autonomie gegenüber wirtschaftlichen Einflüssen zu wahren, sollten die Journalisten daher ihr Produkt selbst analysieren und gegebenenfalls auch geänderten Bedürfnissen anpassen. Denn schließlich beinhaltet ´Redaktionelles Marketing` nicht nur eine vordergründige Marktanpassung an Leserinteressen, sondern bedeutet auch ein genaueres und differenziertes Eingehen auf die veränderten Nutzungsgewohnheiten und Bedürfnisse der unterschiedlichen Lesergruppen. In diesem Sinne kann Marketing Grundlage für den eigenen Markterfolg sein, was gleichbleibende publizistische Qualität nicht ausschließt. Schließlich ist freier und unabhängiger Journalismus nur unter der Voraussetzung einer stabilen wirtschaftlichen Grundlage möglich. (Mast, 2003, S. 63) Damit spielt die Zeitung als ´Werbeträger in eigener Sache` auch eine entscheidende Rolle für die finanzielle Entwicklung des Unternehmens und damit auch für die Bedingungen in den Redaktionen. Gerade wenn es um die Darstellung von Medienunternehmen geht, kann diese Zielsetzung dahinterstehen. Denn einer Zeitung wird daran gelegen sein, vor allem das eigene Unternehmen in ein positives Licht zu stellen. Jedoch besteht dabei die Gefahr einer gezielten Inszenierung bei der Selektion, der Aufmerksamkeitsgenerierung sowie der inhaltlichen Darstellung von Medienunternehmen, da es schließlich darum geht, das thematisierte Unternehmen über seine Außendarstellung auf dem Medienmarkt wirtschaftlich zu positionieren. 4.1.3.2 Unternehmens- und medienübergreifende Kooperationsformen Zwischen dem strategischen Handeln der einzelnen Medienorganisationen und den Strukturen der Märkte ist auch branchenübergreifend ein hohes Maß an Interdependenzen und Anpassungsverhalten zu beobachten. Durch ökonomische Strategien wie Produktionsinnovationen, Mehrfachverwertung, Cross-Media oder Konzentration der Werbevermarktung versuchen sie Wettbewerbsvorteile und Marktmacht zu erreichen. (Altmeppen, 2006, S. 257) Es kommt zu Finanzbeteiligungen an anderen Medienunternehmen, aber auch zu Kooperationsformen zwischen Medienorganisationen in der Redaktion, der Herstellung und dem Vertrieb, um Kosten zu reduzieren. So gibt es beispielsweise redaktionelle Kooperationen hinsichtlich eines gemeinsamen Zeitungsmantels oder zwischen Ressorts verschiedener Redaktionen. Das Wirtschaftsressort des ´Tagesspiegels` arbeitet zum Beispiel eng mit dem ´Handelsblatt` zusammen. Ähnliche Kooperationen gibt es auch im Anzeigenbereich. Bei den überregionalen Zeitungen teilen sich Zeitungen mit eigener Hauptredaktion zum Beispiel auch Korrespondenten und deren Kosten. Die Zentralisierung von Serviceseiten oder Beilagen bei Zeitungen, die in einer gemeinsamen Zeitungsgruppe oder in wirtschaftlich verbun-
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denen Verlagsunternehmen erscheinen, ist mittlerweile ein gängiges Mittel zur Kostenreduzierung. Ebenso können Inhalte oder ganze Seiten komplett von Verlags-Zulieferern bezogen werden. Diese unternehmens- bzw. medienübergreifenden Kooperationsformen und damit verbundene Rücksichtnahmen oder marketingpolitische Subventionierungen können natürlich auch Einfluss auf die redaktionelle Arbeit haben. Schwierig wird es vor allem, wenn derartige Verflechtungen nicht offen gelegt werden. Daher stellt sich auch für diese Arbeit die Frage, wie transparent derartige ökonomische Verbindungen dargelegt werden, oder ob sich Anzeichen einer synergetischen Berichterstattung feststellen lassen. 4.2 Ökonomische Interessen und das Problem der ´inneren Pressefreiheit` Die fortschreitende Ökonomisierung stellt vor allem eine Gefahr dar für die Autonomie des Journalismus. Die Unabhängigkeit von wirtschaftlichem Druck sowie die Freiheit von obrigkeitlichen Eingriffen und politischem Zwang wird durch die im Grundgesetz (Art. 5 GG) garantierte ´äußere Pressefreiheit` gewährleistet. Tatsächlich wird diese Autonomie von verschiedenen Entwicklungen belastet. So wächst durch den zunehmenden Konkurrenzdruck die Pressekonzentration und durch die Nachfragemacht von Werbe- und Anzeigenkunden der wirtschaftliche Druck auf die Medienunternehmen. Und schließlich unterliegt der einzelne Journalist als Mitglied einer hierarchisch strukturierten, arbeitsteiligen, durch interne Rollendifferenzierung und Autoritätsverhältnisse gekennzeichneten Organisation auch deren Kontrollmechanismen. Die veränderten strukturellen Voraussetzungen in einem Unternehmen durch Formen zunehmender Zusammenarbeit zwischen Verlag und Redaktion führen vor allem zu einem Diskurs über einen möglichen Verlust der ´inneren Pressefreiheit`. Das Konzept der ´inneren Pressefreiheit` bezieht sich auf medieninterne Freiheiten und Pflichten, die der Redaktion ein ausreichendes Maß an Unabhängigkeit gegenüber dem Verleger garantieren soll. Ziel ist die Sicherung der pluralen Berichterstattung im Interesse der Öffentlichkeit (Stöber, 2003, S. 320; Wyss, 1994, S. 38). Es geht also um die Kompetenzabgrenzung zwischen Verleger bzw. Herausgeber und Redaktion. Während in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung in Bezug auf die ´innere Pressefreiheit` anfangs vor allem die Einflussnahme durch vorwiegend politische Vorgaben des Verlegers diskutiert wurde, ging es immer mehr auch um eine Fremdbestimmung, die durch direkte wirtschaftliche Zwänge ausgelöst wird. Zunehmend wird eine Gefährdung der Objektivität der Berichterstattung durch Einflüsse der werbetreibenden Wirtschaft und von Interessengruppen gesehen. Darunter ist jedoch nicht nur die Freiheit der Redaktion gegenüber wirtschaftlichem und politischem Druck von außen zu verstehen, son-
4.2 Ökonomische Interessen und das Problem der ´inneren Pressefreiheit`
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dern es geht immer mehr darum, ob die ´innere Pressefreiheit` durch verlagseigene Interessen und das abhängige Arbeitsverhältnis der Journalisten noch gewährleistet ist. Der Verleger, der das finanzielle Risiko trägt und dadurch profitorientiert denken und handeln muss, gerät fast zwangsläufig in Konflikt mit der publizistischen Arbeit. Um dem entgegenzuwirken sind Kompetenzabgrenzungen sehr wichtig, die die Verteilung der Entscheidungskompetenzen innerhalb der Redaktion und zwischen Redaktion und Verlag regeln. Dabei geht es hauptsächlich um den Schutz bei ideellen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen Verlegern und Redakteuren. (Wyss, 2002, S. 175-176; Kunczik & Zipfel, 2001, S. 175) Wirtschaftliche Spannungen können beispielsweise entstehen, wenn durch einen Artikel Werbekunden verärgert und damit Inserate gefährdet werden oder wenn das eigene Unternehmen im allgemeinen Wettbewerb negativ dargestellt wird. Gerade diese wirtschaftlichen Spannungen nehmen angesichts der Ökonomisierung der Medienbranche und der immer stärker auf wirtschaftliche Zielsetzungen ausgerichteten Führung von Medienbetrieben zu. Damit wäre die Unabhängigkeit des Journalismus gefährdet. Rein formal wurde daher versucht, in Redaktionsstatuten das Ausmaß der ´inneren Pressefreiheit` zu fixieren. Diese Statute, die alle von der Richtlinienkompetenz des Verlegers ausgehen, legen u.a. auch fest, dass kein Journalist gezwungen werden kann, etwas gegen seine Überzeugung zu schreiben. Es wird ihm das Recht zugestanden, einen Text im Rahmen der publizistischen Grundhaltung frei zu gestalten. (Kunczik, 1988, S. 129-130) Der Deutsche Presserat verabschiedete 1973 die ´Publizistischen Grundsätze` (´Pressekodices`), die seitdem noch mehrmals überarbeitet wurden. Die 16 Grundsätze des Pressekodex werden jeweils durch Richtlinien für die redaktionelle Arbeit konkretisiert. Dazu gehört auch der Schutz der journalistischen Unabhängigkeit von privaten und geschäftlichen Interessen (Ziffer 7). (Kunczik & Zipfel, 2001, S. 208) Wenn auch die Unabhängigkeit des Journalisten unabdingbar ist, darf auf der anderen Seite nicht außer Acht gelassen werden, dass Journalisten auch Arbeitnehmer sind, die einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben, in dem die Redaktionshierarchie und damit verbundene Autoritätsabstufungen anerkannt werden. Im Konfliktfall gilt die Hierarchie Herausgeber, Chefredakteur, Ressortleiter, Redakteur mit den entsprechenden Weisungsbefugnissen. (Kunczik, 1988, S. 130) Dieses Abhängigkeitsverhältnis kann nun dazu führen, dass Entscheidungen des Journalisten von Weisungen oder Erwartungen der Verlagsebene determiniert werden. Krüger und Müller-Sachse stellten bei ihrer Studie 1998 fest, dass für die befragten Journalisten im Binnenverhältnis der Redaktion der Einfluss der Unternehmensinteressen des eigenen Mediums kaum ein Problem darstellt. Die redaktionelle Autonomie sei im Prinzip gewährleistet. Allerdings räumen sie ein, dass medienjournalistische Tabuzonen existieren können, wo medienwirt-
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schaftliche oder medienpolitische Eigeninteressen berührt werden. Dies wird jedoch nicht als potentielle Beschränkung der redaktionellen Autonomie interpretiert, sondern als eine ´normale` Gegebenheit insoweit akzeptiert, da jedes Unternehmen das Recht habe, seine eigenen Interessen zu wahren. (S. 206) Ähnliches bestätigen auch die Befragungen von Kreitling (1997) und Malik (2004). Um die Legitimität eines solchen Vorgehens besser beurteilen zu können, ist es notwendig, die Funktionen der Medien, die ihnen von der Gesellschaft zugedacht sind, genauer zu betrachten und in Relation zu den ökonomischen Funktionen zu setzen, denen sie als Wirtschaftsunternehmen nachkommen. Im publizistikwissenschaftlichen Diskurs taucht immer wieder die Frage auf, ob das medienwirtschaftliche Handeln mit dem publizistischen Auftrag und mit professionellen Zielen kollidiert. Schon Mitte der 1980er Jahre sprach beispielsweise McQuail (1986, S. 634) von einer Spannung zwischen der fortschreitenden Ökonomisierung und der journalistischen Professionalität, da die Normensysteme von Ökonomie und Publizistik in zentralen Punkten divergieren. Auch Altmeppen (2000) konstatierte einen Widerspruch zwischen funktionaler Autonomie und wirtschaftlicher Abhängigkeit: Die kommerzielle Determinierung des Journalismus gefährde das Erbringen journalistischer Funktionen wie beispielsweise Information, Orientierungshilfe, Kritik und Kontrolle. (Wyss, 2002, S. 16)
5 Ökonomisches Handeln und publizistischer Anspruch
Wie bereits dargelegt, ist ein Medienunternehmen wie jedes andere Unternehmen auch auf Effizienz und zukunftssichernden ökonomischen Erfolg ausgerichtet. Mit ökonomischen Maßstäben für mediale Informationsangebote hat aber die Kommunikationswissenschaft immer noch ihre Probleme, wenn der Erhalt der wirtschaftlichen Ertragskraft als erstes Ziel der medialen Produktion identifiziert wird. Aus ökonomischer Sicht wird die journalistische Leistung nur als Ware gesehen, mit der Umsatz gemacht und Profit erzielt wird. Gerade in der absatzökonomischen Funktion sieht Holzer (1994) die zentrale ökonomische Funktion der Medien als Wirtschaftsunternehmen. Danach bilden die Medien einen Motor des Wirtschaftskreislaufs, indem sie als Werbeträger den Warenumschlag beschleunigen, zum Beispiel in Form von kommerziellen Anzeigen, aber auch durch redaktionelle Beiträge. (Holzer, 1994, S. 202-203) Von daher wird in der beruflichen Praxis der Wert journalistischer Wirklichkeitskonstruktionen oft nur am Ausmaß der Erfüllung vorgegebener Produktionsnormen und der Bewältigung von technischen, ökonomischen oder politischen Sachzwängen gemessen. Die öffentliche Aufgabe der Medien wird bei dieser Sichtweise oft nur auf die allgemeine Zugänglichkeit und die Vielfalt von Medienangeboten beschränkt. (Pater, 1993, S. 68-69; Weischenberg & Hienzsch, 1991, S. 60; Gottschlich, 1985, S. 352) Dabei wird jedoch übersehen, dass mit medialen Informationsangeboten nicht nur eine Warenfunktion verbunden ist, sondern auch eine gesellschaftliche Funktion. Denn im Dienste der Gesellschaft sollen die Medien Wissen und Erfahrungen vermitteln und dafür sorgen, dass die Menschen die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Zusammenhänge begreifen. Doch welche Aufgaben schreibt die Gesellschaft dabei speziell der Medienberichterstattung über Medien zu? Die verschiedenen, ihnen zugewiesenen Funktionen, die im Folgenden aufgezeigt werden sollen, greifen ineinander und enden in dem Ziel, dem Bürger Kompetenz im Umgang mit Medien zu vermitteln. Im Folgenden soll versucht werden, die Funktionen in ihren einzelnen Zielsetzungen und Wirkungsweisen darzustellen. Die zunehmend ökonomische Ausrichtung bedeutet eine Gefahr oder zumindest eine Beeinträchtigung dieser gesellschaftlichen Aufgabe der Medien.
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5 Ökonomisches Handeln und publizistischer Anspruch
5.1 Funktionen des Medienjournalismus In Zusammenhang mit der dualen Zielsetzung zwischen der ökonomischen Funktion zum Erhalt der wirtschaftlichen Ertragskraft des Medienunternehmens und der gesellschaftlichen Funktion spricht Weischenberg von einer „doppelten Schizophrenie“ (1990, S. 31) der journalistischen Produkte. Die gesellschaftliche Funktion wird aber in der Kommunikationswissenschaft als zentrale Aufgabe der Medien gesehen. Darunter fallen im Wesentlichen die Funktionen Information, Aufklärung, Kritik und Kontrolle. Solche Funktionszuschreibungen prägen als allgemeine Organisationsziele oder als individuelle Zielbestimmungen die journalistische Arbeit und die Qualifikationsanforderungen an Journalisten. (Weischenberg, Altmeppen & Löffelholz, 1994, S. 140; Burkart, 2002, S. 402) In den letzten Jahren ist durch das Wachstum des Mediensektors zunehmend die Berichterstattung von Medien über Medien in den Fokus der Kommunikationswissenschaft gerückt (vgl. u.a. Elitz, 1997; Kreitling, 1997; Krüger & MüllerSachse, 1999; Ruß-Mohl, 2000; Fengler, 2001; Malik, 2004; Choi, 1999). Die Thematisierung des eigenen Medienbereichs durch die Medien liegt dabei durchaus im Sinne ihrer gesellschaftlichen Aufgabe, da die oben genannten Funktionen auch auf die Selbstthematisierung der Medien angewendet werden können. Indem der Medienjournalismus zur Herstellung von Öffentlichkeit beiträgt und einen Meinungs- und Willensbildungsprozess in Gang setzt, leistet er seinen Beitrag zur demokratischen Partizipation und kulturellen Integration. Voraussetzung dafür ist, dass die Presse unabhängig und überparteilich organisiert ist. Sie kann diesem Anspruch aber nur gerecht werden, wenn sie sich um objektive Berichterstattung und die Orientierung am Gemeinwohl bemüht und sich nicht primär vom Zeitgeist beziehungsweise der Marktfähigkeit und Profiterwartung ihrer Produkte leiten lässt. Nur so können glaubwürdige Informationen und somit eine solide Meinungsbildung garantiert werden. Wie sich diese Funktionen bei der Selbstthematisierung, speziell bei der Berichterstattung über Medienunternehmen, unter dem größer werdenden Einfluss der ökonomischen Funktionen ausprägen, soll nun aufgezeigt werden. 5.1.1 Information und Aufklärung Durch die zunehmende Komplexität im Medienbereich und der Größe ihrer Einflussmöglichkeiten auf die Denkweise und das Verhalten der Menschen ist es notwendig, dass Medien auch über Medien informieren, über ihre Funktionen und Zusammenhänge. Auch beim Medienjournalismus besteht die Hauptaufgabe in der Information und transparenten Aufklärung, in diesem Fall über die Pro-
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dukte, Strukturen und Funktionen der Medien. Die Massenmedien sollen so informieren, dass der Bürger mit kritischem Bewusstsein das öffentliche Geschehen verfolgen kann, seine Interessenlage kennt und Zusammenhänge begreift. Das öffentliche Nachdenken über Leistungen, Macht, Einfluss und Wirkungsweisen der Medien schafft dabei „Information über die Information“ (RußMohl, 1997, S. 194). Es bringt sie zur Sprache, stellt sie zur Debatte und entwickelt dadurch bei den Rezipienten mehr Medienkompetenz. (Weiß, 2005, S. 18; Jarren & Donges, 1996, S. 79-81; Karmasin, 1998, S. 29-30) Dazu gehören alle relevanten Handlungsbereiche im Mediensektor von der Medienpolitik über die Medienforschung bis zur Medienwirtschaft. Es geht auch darum, die Hintergründe der Medienproduktion und Medienwirtschaft durch verständliche Aufbereitung dem Mediennutzer nahezubringen und ihm dadurch mehr Medienkompetenz zu vermitteln. Die Medien liefern also eine Fülle von Informationen, die uns bei der Orientierung in unserer medialen Umwelt helfen sollen. Gesamtgesellschaftlich gesehen bildet Medienjournalismus über seine Selbstreflexion somit die Grundlage für mehr Aufklärung im modernen Medienzeitalter, indem er Transparenz schafft. (Beuthner & Weichert, 2005b, S. 47-48; Siegert, 2001c, S. 57) Auch Ruß-Mohl (1997) sieht die Relevanz des Medienjournalismus für die Gesellschaft vor allem darin, „das Mediensystem […] und seine Funktionsweisen durchsichtiger werden zu lassen“ (S. 194). Besonders wichtig ist diese Forderung nach Transparenz und Aufklärung daher auch in Bezug auf die Medienökonomie. Da Medienunternehmen Wirtschaftsunternehmen sind, müssen sie auch wie jedes andere Unternehmen zur öffentlichen Diskussion stehen. Geht es nun um reine Unternehmensberichterstattung, so steht die zielgruppenspezifische Informationsfunktion im Mittelpunkt, bei der Wirtschaftsakteuren und Investoren wirtschaftlich relevante Informationen und Analysen zur Verfügung gestellt werden. Daneben geht es aber auch um abstraktere Fragestellungen zu Programmformaten als Wirtschaftsgütern, zu den wirtschaftlichen Hintergründen der Unternehmensentwicklung oder auch zu medienpolitisch relevanten Problemlagen. Es geht hierbei also nicht nur um reine Faktenvermittlung über den wirtschaftlichen Status eines Medienunternehmens, viel wichtiger ist die Information über die Hintergründe von Unternehmensentscheidungen und – handlungen. Nur über Transparenz in diesem weiten Sinne kann der Rezipient Orientierung im Mediensystem erhalten.
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5.1.2 Kritik- und Kontrollfunktion Neben der Informationsvermittlung wird die Kritikerrolle als wesentlich für den Medienjournalisten gesehen. Ihrer Kritik- und Kontrollfunktion sollen die Medien durch gegenseitige Beobachtung der jeweiligen Medienleistungen und Medienentwicklungen und durch Transparenz im Hinblick auf medienökonomische und –politische Vorgänge im Mediensystem nachkommen, indem sie beispielsweise publizistische Abhängigkeiten aufgrund politischer und ökonomischer Machtverhältnisse hinterfragen. Eine Durchleuchtung und Reflexion der Medien erscheint vor allem sinnvoll aufgrund der explodierenden ökonomischen Veränderungsprozesse, wie zum Beispiel die Zunahme privater Anbieter im Rundfunkbereich, die Lockerung der Fusionsgesetze, die unübersichtlichen, weitverzweigten wirtschaftlichen Verflechtungen und die zunehmende Internationalisierung (siehe 1.3). Je mächtiger die Medien und je undurchsichtiger ihre Märkte werden, umso wichtiger ist es, ihre Strukturen, Spielregeln und Ambivalenzen kontinuierlich zu beobachten, kritisch zu reflektieren und Transparenz herzustellen, indem zum Beispiel publizistische und auch wirtschaftliche Abhängigkeiten hinterfragt werden. Dabei geht es vor allem um Fragen der Unabhängigkeit des Journalismus oder der Sicherung von Qualität und Meinungsvielfalt. Des Weiteren sorgt die Berichterstattung über Medienthemen für eine verbesserte Medienkompetenz, weil sie das notwendige Orientierungs- und Anwendungswissen dafür liefert, dass sich der Bürger in der Mediengesellschaft zu einem aufgeklärten Rezipienten entwickelt, der die Macht und Wirkungsweisen der Medien durchschaut. Der Medienjournalist übernimmt somit die Rolle des kritischen Selbstbeobachters, der die Strukturen, Prozesse und Gesetzmäßigkeiten der Medienbranche bewusst macht, wirtschaftliche Verflechtungen offen legt und Wechselwirkungen mit Politik, Kultur und Gesellschaft erklärt. Medienjournalismus bildet somit eine interne, medienspezifische Form der öffentlichen Medienkontrolle. Es gibt – wie Bolesch (1997) sagt - „keinen anderen Weg als diese Selbst-Analyse, kein anderes Mittel als einen Medienjournalismus, der sich als Seismograph und Kontrolleur des eigenen Berufsstandes versteht“ (S. 137). Deshalb müssen nicht nur die Leistungen der Journalisten kritisiert und kontrolliert werden, sondern gerade auch die wirtschaftlichen Strukturen des Mediensystems, da sie die Grundlage für die Publizistik bilden. In der Wirtschaftswissenschaft wird dagegen die Ansicht vertreten, dass die Funktion der Kritik und Kontrolle des Mediensystems hinreichend kompensiert wird durch die selbstregulativen Effekte von Wettbewerb und individuellen Konsumentenentscheidungen. Der Bedarf an medienkritischer Öffentlichkeit erledige sich durch die Konkurrenz der Anbieter und der daraus resultierenden neuen Angebotsvielfalt, die den Rezipienten die Möglichkeit gibt, sich umfassend zu
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informieren. Betrachtet man jedoch das Mediensystem mit dieser Sichtweise ausschließlich als Markt, dann wird Medienjournalismus allein auf die Funktion einer Rezeptionssteuerung beschränkt, da er das Nachfrageverhalten der Rezipienten steuert. Dieses regelt wiederum automatisch Angebotsstruktur, Vielfalt und Qualität der Medienprodukte. D.h. es ginge hauptsächlich um eine Ausrichtung am Publikumsgeschmack, um Absatzzahlen oder Einschaltquoten zur Erlangung von Werbeeinnahmen und damit um vorwiegend ökonomische Beweggründe. Medienjournalismus würde dann hauptsächlich für Programmpromotion und Marketingstrategien und zur Imagepflege instrumentalisiert. Organisationen legitimieren sich eben gerade über die Thematisierung der wirtschaftlichen und strukturellen Verfasstheit des eigenen Unternehmens, indem sie über sich selbst berichten und ihre Qualitäten herausstellen, um so Aufmerksamkeit und Akzeptanz zu erhalten. Die Medienberichterstattung wird somit zur akzeptanzfördernden Strategie journalistischer Organisationen (Krüger & Müller-Sachse, 1999, S. 224). Dieses Legitimationsbedürfnis darf jedoch nicht gezielt und uneingeschränkt eingesetzt werden. Werden nämlich z.B. Probleme verborgen oder irrelevante Ereignisse zur Selbstdarstellung im Sinne einer offensichtlichen Eigenwerbung genutzt, riskieren die Medien Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverluste. Aufgabe der Selbstthematisierung ist daher auch die Kontrolle der eigenen Dynamik, also der Einflüsse, die durch zu starke Berücksichtigung ökonomischer Bedingungen, also auch der Eigentümerinteressen, entstehen könnten. Diese Dynamik geschieht nämlich meist unter Konkurrenzbedingungen und hat den Sinn, sich vor ähnlich oder gleich strukturierten Publika zu profilieren. (Beuthner & Weichert, 2005a und b, S. 19 und S. 59; Kleiner & Nieland, 2005, S. 244; Lungmus, 2005, S. 65) Der Medienjournalismus kann dabei informierend oder auch unterhaltend versuchen, das Image des eigenen Mediums und auch die Wahrnehmung anderer Medien zu beeinflussen und zu steuern. Ist dies der Fall, dann wird der Informations- und Nachrichtengehalt von Sendungen und Publikationen an kommerziellen Interessen ausgerichtet. Kritik und Kontrolle wären dann nur noch untergeordneter Bestandteil journalistischer Aktivitäten. Im Hinblick auf die Expansion des Mediensektors in den vergangenen beiden Jahrzehnten und die damit zunehmende gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Medien benötigt man in Zukunft sogar noch mehr medienkritische Öffentlichkeit. Dies ist jedoch nur möglich durch die Praxis eines kompetenten und von ökonomischen Marktstrategien weitgehend unabhängigen Medienjournalismus. Der Anspruch auf Unabhängigkeit stellt somit ein zentrales Element der Medienselbstkontrolle und der Medienkritik dar. (Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 237-239; Dohmen, 1998, S. 16-18; Littger, 2002, S. 294; Kleiner & Nieland, 2005, S. 243; Hickethier, 2005, S. 69) Wer, wenn nicht die Medienjournalisten, sollte daher darauf achten, dass Verstöße gegen die Pressefreiheit, gegen die
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Trennung von Werbung und Redaktion, gegen Einschränkungen der Meinungsvielfalt, gegen unkritische oder unfaire Berichterstattung und andere journalistische Regeln öffentlich gemacht werden. 5.1.3 Orientierungshilfe und Serviceleistung Als zusätzliche Aufgabe des Medienjournalismus hat sich das „Gebrauchsverstehen“ (Rühl, 1990, S. 50), also eine Art Lebens- und Orientierungshilfe etabliert. Dies gilt ebenso für die Berichterstattung über Medienökonomie. Dazu gehört zunächst die klassische Servicefunktion, die sich vor allem über Programmvorschau, Fernsehkritik und öffentlichkeitsrelevante Brancheninformationen definiert. Sie bietet so Orientierung bei der Rezeption. In dieser Funktion weist die Medienberichterstattung über Medien jedoch lediglich ein Potenzial zur Publikumssteuerung und dient weniger zum Aufbau selbstbestimmter Kompetenz im Umgang mit Medien. Erst das öffentliche Nachdenken über die Leistungen und den Einfluss der Medien schafft dabei Orientierung über diese Orientierung. Wichtig ist daher auch, dass man die Organisationen, sprich die Unternehmen, zur Sprache bringt, die hinter den Leistungen stehen und die durch ihre ökonomischen Verflechtungen Einfluss nehmen bzw. selbst Einflüssen ausgesetzt sind. Daher müssen die Medien zunehmend auch ihre Strukturen, Funktionsweisen und Strategien transparent machen. Dazu gehört auch, dass wirtschaftliche Verflechtungen und Abhängigkeiten offen gelegt, analysiert und kritisch beurteilt werden. Die Medien sind daher gefordert, in dem unübersichtlichen System der Medienunternehmen durch ihre vielfältigen Interdependenzen und Abhängigkeiten, dem Rezipienten das notwendige Orientierungs- und Anwendungswissen zu liefern, um die Strukturen und Funktionsweisen der Medien zu verstehen und dadurch Medienkompetenz zu erlangen. Dies kann auch als ein entscheidender Beitrag zur Qualitätssicherung im Journalismus betrachtet werden, weil der Rezipient durch den Medienjournalismus als Vermittlungs- und Aufklärungsinstanz die Chance hat, eigene Kriterien auszubilden im Umgang mit Medien und Medienangeboten. 5.1.4 Identitätsbestimmung und -bestätigung Als weitere Funktion dient der Medienjournalismus den Organisationen dazu, ihre Identität über Selbstthematisierung zu bestimmen und zu sichern. Dies geschieht organisationsintern, indem sie eigene Entscheidungen reflektieren, Innovationspotentiale oder auch Probleme im Journalismus erkennen. Bei der Identi-
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tätsbestimmung der einzelnen Unternehmen geht es im Wesentlichen um Aufmerksamkeit, Beachtung und Akzeptanz der Rezipienten und damit um Leserbindung. Diese ist aufgrund der journalistischen Konkurrenz, die sowohl intramedial zwischen einzelnen Unternehmen im gleichen Medienbereich, als auch intermedial gegenüber anderen Medienbereichen besteht, in ökonomischer Hinsicht von großer Relevanz. Gerade die zunehmende Konzentrations- und Wettbewerbsintensität macht eine Abhebung vom Konkurrenten immer notwendiger. Dies ist in einem Markt wie dem Medienmarkt jedoch schwierig, da sich die Konkurrenten in den einzelnen Sparten in Produkt und Leistung kaum voneinander unterscheiden. Zeitungen müssen daher ihre ´Corporate Identity` suchen, finden und weiterentwickeln, um unter den verschärften Konkurrenzbedingungen überleben zu können. Sie müssen sich gegenüber ihren Konkurrenten profilieren und die eigene Funktionalität legitimieren, indem sie dieser Individualität Akzeptanz und Aufmerksamkeit verschaffen. (Ruß-Mohl, 1998, S. 174; Siegert, 2001a, S. 245; Malik, 2004, S. 164-166) Die Ausbildung von Identität ist aber eigentlich Hauptaufgabe der Public Relations. Die Public Relations - Abteilungen im Dienste eines Unternehmens sollen erwünschte Images für ihre Auftraggeber erzeugen. (Baerns, 1991, S. 15-16; Merten & Westerbarkey, 1994, S. 210; Weischenberg, 1995, S. 375). Journalismus dagegen bezieht seine Identität aus der funktionalen Autonomie, also aus der Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Überlegungen. Im Laufe der historischen Entwicklung einer Organisation hat sich bereits eine Art Unternehmensidentität, Organisationskultur oder Redaktionstradition entwickelt. Zudem beruhen z.B. die Ausbildung untergeordneter Organisationsbereiche oder die Ausprägung der journalistischen Programme in der jeweiligen Organisation auf bewussten, strategischen Entscheidungen der Unternehmensleitung. Über diese Entscheidungsprämissen, den grundsätzlichen Richtlinien, erhalten die Organisationen individuelle Identitäten, wodurch sie auch die Kommunikationen unterschiedlich realisieren (Jarren & Meier, 2001, S. 143-146). Doch kann auch Journalismus zur Identitätsbestimmung bzw. – bestätigung beitragen, indem er über die Funktionserfüllung der Information und Aufklärung unternehmenseigene Bedingungen, Strukturen und Funktionen offen legt. Aus wirtschaftlichen Gründen ist den Unternehmen jedoch an einer überwiegend positiven Außendarstellung gelegen. Denn schließlich trägt ein positives Image auch zum Markterfolg bei. Die Gefahr besteht aber darin, dass vor allem die Berichterstattung des eigenen Unternehmens als positive Selbstdarstellung inszeniert wird. Sollte dies geschehen, ist die Qualität des Journalismus gefährdet.
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5 Ökonomisches Handeln und publizistischer Anspruch
5.2 Funktionen des Medienjournalismus versus ökonomische Interessen Durch die Medienexpansion ist der Bedarf an Informationen über Medien, ihre Arbeitsweise und ihre ökonomischen Verflechtungen gestiegen. Der Medienjournalismus soll gesellschaftliche Aufklärung über die Mechanismen des Mediensystems, die Funktionsweisen des Journalismus und die Strukturen der Meinungsbildung leisten. Durch intensive Aufklärungsarbeit sollen den Nutzern neue Perspektiven aufgezeigt und Medienkompetenz vermittelt werden. Dazu gehört auch, dass die Rezipienten nicht nur über Medienprodukte informiert werden, sondern z.B. auch über journalistische Arbeitsweisen, über mediale Verflechtungen und Abhängigkeiten globaler Medienmärkte, über journalistische Entscheidungsprogramme oder ökonomische Grundlagen der Unternehmen. Oft sehen sich Medienjournalisten jedoch weniger als Aufklärer, Medienwächter oder Förderer von Medienkompetenz, sondern eher als Chronisten und neutrale Informationsvermittler (Lungmus, 2005, S. 65-66). Das macht die Frage nach der Funktionserfüllung des Journalisten schwieriger. Die Befragung von Linke und Pickl (2000) bestätigt, dass im professionellen Selbstverständnis von Medienjournalisten die Rolle als Vermittler neutraler und präziser Information dominiert. Die Journalisten möchten sich nicht den Vorwürfen der ´Nestbeschmutzung`, der ´Selbstdarstellung` oder der ´Konkurrentendiffamierung` aussetzen. Zu vermuten wäre daher bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen eine mehr informierende und faktenreiche Darstellung der Unternehmen. Doch gerade damit die Rezipienten wirtschaftliche Handlungen und Ereignisse im Medienbereich verstehen und beurteilen können, ist es wichtig, über die ihnen zugrunde liegenden Hintergründe zu informieren und die meist komplexen und komplizierten Ursachen, Rahmenbedingungen und Ziele wirtschaftlicher Entscheidungen und Entwicklungen darzustellen und zu erklären. Da diese Aufklärung jedoch im eigenen Wirtschaftsbereich geschieht, stecken die Journalisten in einem Zwiespalt zwischen ihrem publizistischem Auftrag und der Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber. Medienkritische Öffentlichkeit kann jedoch nur durch einen kompetenten und möglichst von ökonomischen Interessen unabhängigen Journalismus gewährleistet werden. Doch der Medienwettbewerb und die Medienkonzentration, die erwerbswirtschaftliche Organisation der Medien und die Abhängigkeit von Anzeigen und Werbung als Finanzierungsquelle beeinflussen die Organisationen des Journalismus. (Altmeppen, 2000, S. 225-226; Wehmeier & Bentele, 2000, S. 46-47). Gerade bei schwieriger werdenden Wettbewerbsbedingungen befürchtete schon der amerikanische Medienexperte Conrad C. Fink (1988) dass die strategische Unternehmensplanung der Medienunternehmen auch auf das redaktionelle Handeln im Hinblick auf Management und Marketing Einfluss nimmt. Andere amerikanische Journalis-
5.2 Funktionen des Medienjournalismus versus ökonomische Interessen
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mus-Experten prophezeiten schon Anfang der Neunziger Jahre einen immer stärker werdenden Einfluss der Betriebswirte und Marketing-Experten. Das bedeutet zwar nicht unbedingt eine Determination, wohl aber eine strukturelle Abhängigkeit der Zeitung von den ökonomischen Zielsetzungen bei allen personellen und publizistischen Fragen (Jarren & Meier, 2002, S. 130-132). Fabris (1999) wie auch Weber (2000) untersuchten in ihren Studien den Einfluss der wirtschaftlichen Orientierung der Medienunternehmen auf die Arbeitsweise des Journalismus und identifizierten das „Gewinnen des Medienkrieges“ als ein erklärtes Redaktionsziel (Weber, 2000, S. 141-144; Fabris, 2001, S. 9).15 Die in der Forschung konstatierte ´feindliche Übernahme` journalistischer Selbstthematisierung durch medienunternehmerische Interessen zielt dabei hauptsächlich auf die Berichterstattung über Medienwirtschaft ab, da es für Medienunternehmen sehr brisant ist, welche Informationen über ihre finanziellen Operationen an die Öffentlichkeit dringen. Für Knoche (1999) kann der Medienjournalismus deshalb nicht die Funktion der kritischen Selbstbeobachtung oder Selbstreflexivität erfüllen, es handelt sich seiner Ansicht nach vorrangig um unternehmenspolitische Selbstdarstellung und Medienmarktbeobachtung von Medienunternehmen (S. 134-143). Speziell bei der Berichterstattung über das eigene Verlagshaus bzw. über die eigene Zeitung oder Redaktion stellte Malik (2004) das Streben nach langfristiger Existenzsicherung der eigenen Unternehmung fest, das der Erfüllung der Informationsfunktion in hohem Maße gegenübersteht. Daher würde auch die Themenauswahl speziellen Selektionskriterien folgen. Nach Kepplinger (1993) können im Sinne der ´instrumentellen Aktualisierung` Themenaspekte ausgewählt oder verschieden gewichtet werden, um damit ein bestimmtes Ziel oder eine bestimmte Wirkungsabsicht zu verfolgen (S. 185). Die Theorie der ´instrumentellen Aktualisierung` wurde von Kepplinger zwar lediglich in Bezug auf politische Berichterstattungsziele untersucht, er schließt aber nicht aus, dass auch ökonomische Motive zur instrumentellen Aktualisierung von Informationen, die den eigenen Interessen nützen, führen könnten (Kepplinger 1993, S. 185). Dabei bezieht er sich jedoch vornehmlich auf ökonomische Situationen, die unterschiedliche Stellungnahmen implizieren. Von Interesse wäre nun, ob sich eine derartige Instrumentalisierung auch allgemein zeigt, wenn es um die Thematisierung der wirtschaftlichen Situation der Medienunternehmen geht. 15 Fabris führte 1999 in Österreich eine Befragung von Journalisten durch, die Aufschluss gibt, inwieweit die wirtschaftliche Orientierung der Medienunternehmen die Arbeitsweise des Journalismus bedingt. In dieser Studie wurde eine Vorzugsbehandlung ökonomischer Entscheidungen gegenüber publizistischen Leitkriterien bestätigt. Es verhalte sich so, dass personelle und organisatorische Redaktionsentscheidungen stark bis sehr stark von betriebsinternem Management, Personalisierung und externen Unternehmensberatungen beeinflusst werden. (Fabris, 2001, S. 16)
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5 Ökonomisches Handeln und publizistischer Anspruch
Gerade wenn unternehmerische Eigeninteressen des Verlags berührt werden, könnte das Ziel sein, die eigene ökonomische Basis, also letztlich den Fortbestand des Unternehmens nicht durch kritische Eigenberichterstattung zu gefährden. Daher könnte gerade die Thematisierung des eigenen Unternehmens zweckgebunden konzeptualisiert sein, wenn sie die Darstellung der Situation des eigenen Verlages nach außen verfolgt. Jedoch ist auch die Berichterstattung über andere Medienunternehmen ebenso heikel und riskant, da jede Kritik an anderen Medien immer auch Eigenkritik enthält (Malik, 2004, S. 174-175; Siegert, 2001c, S. 57). Gleichzeitig würde es den ökonomischen Interessen des Verlags entgegenstehen, die Marktposition des Konkurrenzverlags durch positive Berichterstattung zu Lasten eigener Marktanteile zu stärken (Schulz, 1979, S. 180). Diese Interessenkonfrontation liegt vor allem dann vor, wenn die konjunkturelle Lage für die Medien schlechter ist und Umsätze stagnieren oder zurückgehen. Der Journalist soll hier die Schwierigkeiten seines eigenen Blattes veröffentlichen und objektiv darüber berichten. Der Redakteur steckt in dem Dilemma, ob er sich gegenüber dem Medienunternehmen, dem er angehört, loyal verhalten soll, oder entsprechend der journalistischen Berufsethik gegenüber den Lesern. Er steht also zwischen der Funktionserfüllung gegenüber der Gesellschaft und der Verlagstreue. Doch ist bei jeder wirtschaftlichen Situation des Medienmarktes davon auszugehen, dass die Redaktionen in ihrem Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, den Erhalt der eigenen Reputation und den zukunftssichernden wirtschaftlichen Erfolg nie aus dem Auge verlieren. (RußMohl, 2003, S. 252-253) Medienveröffentlichungen werden daher aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive auch oft als Absatzförderungshandlungen charakterisiert, und zwar unabhängig davon, ob es um Berichte geht, die den Wettbewerb des eigenen Medienunternehmens betreffen oder um die über fremde Unternehmen. Der Leipziger Nationalökonom Karl Bücher treibt diese rein ökonomische Sichtweise noch weiter. Für ihn hat die Zeitung „den Charakter einer Unternehmung, welche Anzeigenraum als Ware produziert, die nur durch einen redaktionellen Teil absetzbar wird“. Der Verleger, so Bücher, „bezweckt nicht >…@ öffentliche Interessen zu vertreten oder Kulturerrungenschaften zu verbreiten, sondern aus dem Verkauf von Anzeigenraum Gewinn zu erzielen. Der redaktionelle Inhalt ist für ihn bloß ein kostensteigerndes Mittel zu diesem Zweck“ (zitiert nach Ruß-Mohl, 2003, S. 40). Die gesellschaftliche Funktion wird dabei vollständig außer Acht gelassen. Jedoch wird allgemein befürchtet, dass ökonomische Interessen immer mehr die Zielsetzungen der Verlage übernehmen. Ruß-Mohl (2003) sieht eine interessenunabhängige Berichterstattung insbesondere durch Einflüsse von außen gefährdet, vor allem durch Öffentlichkeitsarbeit, durch politische Einflussnahme oder durch Abhängigkeiten von der Werbung und Anzeigen. (S. 45-46) Leserbindung wird daher immer bedeutsa-
5.2 Funktionen des Medienjournalismus versus ökonomische Interessen
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mer. Sie setzt Glaubwürdigkeit und Vertrauensaufbau voraus, was jedoch nicht allein durch strategisch-erfolgsorientiertes Handeln entstehen kann, sondern kommunikativ-verständigungsorientierte Elemente benötigt. Vertrauen wird dabei aufgebaut über einen Journalismus, der transparent, umfassend und objektiv seine Funktionen erfüllt. Der Journalist kann hierbei im Rahmen der ´inneren Pressefreiheit` (siehe 4.2) seine Arbeitsprozesse weitgehend autonom ausführen. Er ist allerdings über Verantwortungszuschreibung aufgrund der Programme des Journalismus an die Organisationsziele rückgebunden. Wenn diese Organisationsziele nun eher betriebswirtschaftlich statt publizistisch definiert werden, bedeutet dies einen Eingriff der Ökonomie in die Publizistik. Wird aber die Berichterstattung über wirtschaftliche Zielsetzungen determiniert, so beeinträchtigt dies die Erfüllung ihres gesellschaftlichen Funktionsauftrags.
6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
Die Wandlungsprozesse im Mediensystem (siehe 2) führten zu nachhaltigen Veränderungen der Medienlandschaft in der Bundesrepublik. Davon betroffen waren unter anderem die Entwicklung und Bedeutung des Medienjournalismus, nicht nur dessen quantitativer Stellenwert, sondern auch die publizistischen Funktionen, das Selbstverständnis und die institutionellen Rahmenbedingungen. Zu ergründen wäre, ob diese Veränderungen des Mediensystems auch die Kommunikations- und Einflussstrukturen innerhalb des Journalismus verändert haben. Der Umstand, dass man über die eigene Branche, die eigene Profession oder das eigene Unternehmen schreibt, wirft aufgrund von Abhängigkeiten und Rücksichtnahmen die Frage nach einer gewissen Determinierung auf. Der Medienjournalist steckt in dem Dilemma, ob er sich gegenüber dem Mediensystem oder seinem direkten Arbeitgeber gegenüber loyal verhalten soll, oder entsprechend der journalistischen Berufsethik gegenüber den Lesern. Er steht also zwischen Funktionserfüllung gegenüber der Gesellschaft und der Treue gegenüber seinem Berufsstand und seinem Verlag. Verstärkt wird dieses Spannungsverhältnis vor allem durch die zunehmend ökonomische Ausrichtung der Verlagsebene. Die Frage ist nun, ob dort medienjournalistische Tabuzonen existieren, wo medienwirtschaftliche Eigeninteressen berührt werden. Handelt es sich um eine Instrumentalisierung im Binnenverhältnis von Redaktion und Verlagsinteressen des eigenen Mediums und damit um eine potentielle Beschränkung der redaktionellen Autonomie oder wird es als ´normale` Gegebenheit insoweit akzeptiert, als jedes Unternehmen selbstverständlich das Recht hat, seine eigenen Interessen zu wahren (Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 206). Um sich auf dem Markt der Aufmerksamkeit individuell zu positionieren und sich von der Konkurrenz abzusetzen, bewegen sich die Medien auf dem schmalen Grad zwischen gesellschaftlicher Aufgabenerfüllung und ökonomischen Rücksichtnahmen. Dabei geraten sie immer mehr in die Fänge der Ökonomie, wodurch sich heikle Formen der Berichterstattung entwickeln können. Gerade die Berichterstattung über Medienunternehmen gehört zu den äußerst brisanten Themen, in denen die Gefahr besteht, dass deren Darstellung aufgrund ökonomischer Eigeninteressen des Verlags, aufgrund einer Loyalitätshaltung der Journalisten oder aufgrund von Inter-
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
essensüberschneidungen mit der unternehmenseigenen Marketingabteilung instrumentalisiert wird. Allein, wenn die Medienberichterstattung in Bezug auf das eigene Haus affirmativer oder gegenüber der Konkurrenz deutlich diffamierender wird, schnappt die ´Selbstbeobachtungsfalle` zu, wie es Beuthner und Weichert (2005) nennen. Oder der sogenannte ´blinde Fleck` der Medienberichterstattung, der zu Tabuzonen bei der Medienberichterstattung führt, tritt noch mehr zutage. Das Problem ist, dass der Normalleser kaum das Geflecht aus Eigeninteressen, persönlichen Kontakten, bewusst gestreuter Information und journalistischer Aufklärungspflicht der Medienjournalisten erfassen und entwirren kann. Im Folgenden werden aus verschiedenen Perspektiven derartige heikle Formen der Selbstthematisierung betrachtet, wobei sich manche Erscheinungsformen überschneiden können. Gemeinsam ist ihnen jeweils eine ökonomische Intention. 6.1 Der ´blinde Fleck` in der Medienberichterstattung Medienjournalismus ist auf dieselben ökonomischen Grundlagen angewiesen wie der von ihm beobachtete Journalismus, d.h. er lebt vom Publikumsinteresse und der Fremdfinanzierung durch Werbeaufkommen. Daher sind auch Medienjournalisten in Bezug auf ihr eigenes Medienunternehmen befangen. Sie stehen im Ruf, vor allem auf dem Auge, das der eigenen Gattung gilt, kurzsichtig zu sein, und mit dem anderen Auge die übrigen Mediengattungen besonders kritisch 16 zu beäugen . (Haller, 2001, S. 172-173) Schon Dovivat (1990) schrieb von der ´Scheu der Publizistik` sich selbst als Thema zu nehmen. „Sie fordert zwar für jeden, auch den fernsten Winkel öffentlicher Betätigung, unbedingte Öffentlichkeit, verweigert sie aber hartnäckig, wo sie selbst und ihre Organisation in Frage kommen“ (S. 30). Erst in den letzten Jahren hat sich die Zurückhaltung bei der Selbstthematisierung verringert. Kreitling (1997) fand bei seiner Befragung von Medienredakteuren aus dem Printbereich heraus, dass alle Redakteure „das Thema Printmedien als neues Thema der letzten Jahre“ (S.131) sehen, sich also zunehmend kritisch mit dem eigenen Medium auseinandersetzen. Wenn es jedoch um Interna geht, die eventuell ´geschäftsschädigend` sein können, dann spricht Quast (1998) von Bereichen bei der Medienberichterstattung, „die man selbst nicht sehen kann (blinde Flecke), nicht sehen will (Geheimhaltung/Heuchelei) oder ausgrenzt“ (S. 237). Medienberichterstatter leiden demnach oft an einer chronischen Betriebsblindheit, d.h. sie haben einen ´blinden Fleck`, 16 So gab es im Jahr 1999 auf der Medienseite der Süddeutschen Zeitung akribische Recherchen über den angeblich unmittelbar bevorstehenden Konkurs des Medienkonzerns von Leo Kirch, wohingegen zum Beispiel das notorische Missmanagement zahlreicher Zeitungsverlage im Bereich des privaten Hörfunks unerwähnt blieb. (Haller, 2001, S. 173)
6.1 Der ´blinde Fleck` in der Medienberichterstattung
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der ihre Innensicht behindert (vgl. auch Studie von Linke, 1999, S. 87). Damit kämen sie aber ihrer gesellschaftlichen Aufgabe nicht in vollem Umfang nach. Denn mit dem Problem des ´blinden Flecks` käme die Frage auf, inwieweit Journalismus sich selbst beobachten, kontrollieren und korrigieren kann. Die Tabuthemen beziehen sich dabei vor allem auf drei Bereiche: die anderen Journalisten als Kollegen, den eigenen Medienbereich (d.h. die Print- oder Rundfunkbranche) und das eigene Unternehmen. Nach Leder (2005) wird der ´blinde Fleck` der Medienseiten verstärkt in Krisenzeiten sichtbar (S. 368). Es wird weitgehend vermieden über finanzielle Schwierigkeiten, Einschränkungen oder Sparmaßnahmen des eigenen Hauses zu schreiben. So erfuhr man beispielsweise über die Einsparungen in der ´Frankfurter Allgemeinen Zeitung` zuerst aus der ´Frankfurter Rundschau`, über deren Krise wiederum in der ´Süddeutsche Zeitung`, während über deren neuen Gesellschafter etwas in der 17 ´Frankfurter Allgemeinen Zeitung` stand. In der Studie von Schader (2002) gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, dass in der Krise die Verleger aus Rücksichtnahme aufeinander versuchen, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen, indem sie steuern, ob und inwiefern im eigenen Blatt kritisch über Konkurrenten geschrieben wird. Aus Rücksicht auf Konkurrenten, im Endeffekt aber im Interesse des eigenen Unternehmens (es könnte sie ja als nächstes treffen) würde auf diese Weise entweder der ´blinde Fleck` des Medienjournalismus in Kauf genommen, vergrößert oder gleich ganz auf eine Berichterstattung verzichtet. (S. 310) Wenn der Medienjournalismus aber seiner Aufgabe im Sinne gesellschaftlicher Aufklärung nicht mehr nachgeht, hat er ein Relevanzproblem. Gerade in einer Zeit, in der die Informationsflut wächst, in der immer mehr ausländische Investoren in den deutschen Medienmarkt eingreifen und gleichzeitig Fusionsgesetze gelockert werden, in der Verlagsgiganten wie ´Bertelsmann` und ´Springer` als übermächtige Global Player mit vielfältigen Verflechtungen die Medieninhalte diktieren, ist es wichtig eine Durchleuchtung und Reflexion der Medien mitsamt ihren Risiken und Nebenwirkungen durchzuführen. Denn je mächtiger die Medien und je undurchsichtiger ihre Märkte werden, umso wichtiger ist es, ihre Strukturen, Spielregeln und Ambivalenzen kontinuierlich und kritisch zu begleiten und damit zur Orientierung der Mediengesellschaft beizutragen. Gegenüber den Problemen der Entwicklungen auf dem Medienmarkt darf der Medienjournalismus sich nicht ´blind` zeigen, da die Medien sonst an Glaubwürdigkeit und Renommè verlieren. Er muss erkennen, dass er seiner gesellschaftlichen Aufklärungsfunktion nur nachkommen kann, wenn er auch das
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Schader (2002) untersuchte mögliche Risiken der Medienberichterstattung über Medien in der Krise. Dazu befragte er Ressortleiter und Medienverantwortliche von zwölf Zeitungen und Magazinen.
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
gesellschaftliche und wirtschaftliche Machtpotenzial der Medien ins Visier nimmt und zur Transparenz der Medienvorgänge beiträgt. 6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage Medienunternehmen sind Wirtschaftsunternehmen, die auf dem Medienmarkt sowohl in publizistischer als auch in wirtschaftlicher Konkurrenz stehen. Dadurch ist der Medienjournalismus bei der Berichterstattung über das eigene Medienunternehmen, aber auch bei der über ein Konkurrenzunternehmen, in besonderem Maße mit den Interessen des eigenen Verlages konfrontiert (Fengler & Ruß-Mohl, 2003, S. 219). Durch die veränderten Rahmenbedingungen, die zunehmende Konkurrenz und den wachsenden nationalen und internationalen Wettbewerb wird der Wettbewerbsdruck des Medienmarktes noch verstärkt. Dadurch besteht die Gefahr, dass er von der Verlagsspitze als Anpassungszwang nach unten weitergegeben wird. Dies bringt die Journalisten vermehrt in den Zwiespalt zwischen unabhängigem Journalismus und ökonomischen Verlagsinteressen. Für Schütz (2000) gehören dagegen für eine funktionierende Selbstthematisierung „unter Bedingungen von Konkurrenz >…@ Selbst- und Konkurrenzbeobachtung stets dazu.“ (S. 55). Ohne Medienkonkurrenz fehlt die wechselseitige Kritik und Kontrolle, werden die Bedingungen für unabhängige Berichterstattung schwieriger. Jedoch agieren Medienjournalisten speziell im wirtschaftlichen Bereich nach dem Prinzip ´eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus`. Es wird Rücksicht auf Interessenskonflikte und Beziehungen zwischen den Unternehmen genommen. Die Medienbetriebe unterstehen zudem immer wieder ökonomischen Schwankungen. Dies kann zum einen an den jeweiligen Unternehmensstrategien und -entscheidungen liegen, aber auch am konjunkturellen Umfeld. So sind sie jeweils unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten - Flauten, Krisenzeiten, Erfolgs- oder Innovationsphasen - ausgesetzt. Innerhalb dieser konjunkturellen Rahmenbedingungen bewegen sich die thematisierten Unternehmen auf demselben Medienmarkt wie die berichtende Zeitung und stehen zu dieser in einem mehr oder weniger engen Wettbewerbsverhältnis. Die Brisanz der Selbstthematisierung besteht deshalb darin, dass jede Publicity über negative Entwicklungen im eigenen Medienbereich oder im eigenen Unternehmen als schädlich angesehen wird, da sie Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten haben könnte. Man geht zum Beispiel davon aus, dass ´Konsumenten` zur Erfüllung ihres Informationsbedürfnisses meist das Produkt wählen, das das vermeintlich erfolgreichste oder bestausgestattetste Unternehmen (z.B. viele Korrespondenten, viele Informationsquellen, viele Ressorts) hinter sich stehen hat, da hiermit
6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage
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Rückschlüsse auf die publizistische Qualität gezogen werden. Insofern ist es von Bedeutung, wie über das eigene Unternehmen oder das Konkurrenzunternehmen berichtet wird. Der Konkurrent wird zum Konfliktpartner im Wettbewerb. (Schulz, 1979, S. 180) Im besten Fall werden Medienseiten und –sendungen nur als Sprachrohre in eigener Sache instrumentalisiert, schlimmstenfalls werden sie zu einer Art „Kampfmittel der Verlage“ (Heinlein, 2003, S. 70). Im Kampf um die bessere Positionierung auf dem Markt sind die Journalisten bei der Unternehmensdarstellung schnell Vorwürfen ausgesetzt. So geraten sie rasch in den Verdacht der ´Nestbeschmutzung`, wenn sie über den eigenen Medienbereich oder das eigene Unternehmen Negatives berichten. Im Hinblick auf die ökonomische Verfasstheit der Unternehmen ist der Medienjournalismus zudem ständig dem Vorwurf der ´Selbstbeweihräucherung` oder der ´Konkurrenzbeschimpfung` ausgesetzt. Unter diesem Aspekt finden sich zudem die Möglichkeiten, dass Inhalte der unternehmensinternen Marketingabteilung, PR-Stellen oder auch Synergien Berücksichtigung finden. All diese ´Grenzverletzungen` haben ihre Ursache in ökonomischen Eigeninteressen der Verlage. Schlagen sich diese auf die Berichterstattung nieder? Wie werden die Unternehmen dargestellt? Zeigt sich etwa der Einfluss des Konkurrenzaspektes in der Berichterstattung? Das ist Gegenstand der Studie. 6.2.1 Nestbeschmutzung und Konkurrenzbeschimpfung Sobald die Berichterstattung sich mit den ´Internal Affairs` in der Medienbranche befasste, galt sie lange Zeit nicht nur als nicht berichtenswert, sondern innerhalb des Journalismus sogar als unschicklich. Medienreflexion wurde, sobald sie sich nicht mehr ausschließlich auf Inhalte bezog, sogar als ´Nestbeschmutzung` (vgl. Bongen 2001) verpönt. Problematisch wurde es vor allem, wenn es um eine kritische Betrachtung von Journalisten im Kollegenkreis ging. (Weischenberg, Löffelholz & Weichert, 1994, S. 163; Kreitling, 1997, S. 128- 132; Beuthner & Weichert, 2005a, S. 17; Linke, 1999, S. 86). Bei der Berichterstattung über Medienunternehmen betrifft die Kritik nun nicht nur die Kollegen, sondern das ganze Unternehmen, vor allem die Managementebene, die für die betriebswirtschaftliche Komponente der Unternehmensführung verantwortlich ist. Gerade, wenn die Medienjournalisten über das eigene Haus oder über ein Konkurrenzunternehmen berichten, nehmen Medienjournalisten eine exponierte Beobachterposition ein. Einerseits sollen sie unabhängige Berichterstatter sein, andererseits sind sie aber abhängige Arbeitnehmer. Ob das eigene Unternehmen nun kritisiert oder gelobt wird, der Medienjournalist ist stets dem Vorwurf der ´Nestbeschmutzung` oder der ´Selbstbeweihräucherung` (Ruß-Mohl, 1998, S.
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
178) ausgesetzt. Erhard Schütz (2000) sieht das Problem der Medienkritik jedoch hauptsächlich in der permanenten Konkurrenzbeobachtung, da diese meist den Zweck der Selbstdarstellung und Selbstrechtfertigung verfolge (S. 39). Die Konkurrenzberichterstattung unterliegt dabei dem Verdacht, durch negative Darstellung der Konkurrenz oder durch Verschweigen positiver Entwicklungen ´indirekte Selbstbeweihräucherung` und somit verdeckte PR für das eigene Unternehmen zu betreiben (Ruß-Mohl, 1998, S. 178). Ruß-Mohl spricht in diesem Zusammenhang auch von ´Konkurrenzbeschimpfung`, Jacobs (2001), Leiter der Medienredaktion der ´Süddeutschen Zeitung`, sogar von „regelrechten Kriegszustände(n) zwischen Chefredakteuren“ (S. 30). Die Konkurrenzberichterstattung reicht dabei von Nachrichtenunterdrückung bis hin zur Versuchung, sich in Presse-Kampagnen wechselseitig mit „Spott und Häme“ zu überschütten (Ruß-Mohl, 1999, S. 203). Aktivitäten und Produkte der Konkurrenz werden dabei kritisiert und fallweise diskreditiert. Im Fall der Tabuisierung, wird oft nur deswegen nicht über die Konkurrenz berichtet, um nicht ungewollt Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und eventuell selbst Gegenstand der Berichterstattung der Konkurrenz zu werden. Problematisch zeigt sich auch eine positiv wertende Berichterstattung über ein Konkurrenzunternehmen. Einerseits lenkt das Lob der Konkurrenz die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf diese. Andererseits kann es aber einen vertrauenswürdigen und journalistisch professionellen Eindruck machen, wenn die Konkurrenz auch positiv dargestellt wird. Gleichzeitig würde es aber den ökonomischen Interessen des Verlags entgegenstehen, die Marktposition des Konkurrenzverlags durch positive Berichterstattung zu Lasten eigener Marktanteile zu stärken. Malik (2004) ging dem Konkurrenzaspekt speziell im Hinblick auf die Selektionsmechanismen bei der Berichterstattung über Zeitungsunternehmen nach. Fast ein Drittel der befragten Redakteure gab an, dass der ´Faktor Konkurrenz` oft zu Nicht-Kommunikation oder zumindest zu eingeschränkter Berichterstattung führt. Als Grund wurde von den Befragten oft implizite Betroffenheit der eigenen Zeitung oder die Furcht vor Image- und Glaubwürdigkeitsverlusten angegeben. Im ´Kampf` gegen die Konkurrenz werden also publizistische Möglichkeiten insoweit genutzt, als über die Konkurrenz entweder gar nicht oder eher diffamierend berichtet wird. Damit wird jedoch hauptsächlich versucht, die Marktposition des eigenen Unternehmens zu sichern. (S. 175-177) In jedem Fall wird die journalistische Selbstthematisierung durch die Konkurrenzsituation als riskant empfunden. Gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Situation oder bei wachsendem Konkurrenzdruck besteht die Gefahr, dass versucht wird, durch mehr oder weniger subtile Diffamierung der Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. Dies würde allerdings der Objektivität und Neutralität einer informierenden Berichterstattung widersprechen und die Glaubwürdigkeit der
6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage
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berichtenden Zeitung beschädigen. Allerdings ist bei jedem Medium von einer gewissen Parteilichkeit in Hinblick auf das eigene Produkt und das eigene Unternehmen auszugehen, vor allem im Vergleich zu denen der Konkurrenz. Diese Befangenheit ist jedoch unterschiedlich ausgeprägt und hängt ab vom jeweils gewählten Thema. Nach Linke, Pickl und Kreitling (1997) werden beispielsweise Eigengesetzlichkeiten des Journalismus kaum thematisiert. Und Roß (2005) spricht sogar von einer Ignoranz gegenüber der tatsächlichen Medienentwicklung. Jakobs (2001) stellt vor allem bei der Medienwirtschaftsberichterstattung eine mangelnde Kritikfähigkeit fest. Gerade zur Zeit des Medienbooms sei es zu einer „Symbiose zwischen größenberauschten TV-Managern, interessengeleiteten Analysten und willfähigen Journalisten“ (S. 30) gekommen. Kritische Potenziale des Medienjournalismus werden also vor allem bei der Wirtschaftsberichterstattung im Medienbereich nicht genutzt bzw. unter falschen Prämissen eingesetzt. Ist nun wirklich eine Zurückhaltung bei der Berichterstattung über das eigene Haus zu spüren? Auch das soll in dieser Studie geklärt werden. 6.2.2 Positive Selbstdarstellung als Vermarktungsstrategie Zu den unternehmerischen Zielen eines Medienunternehmens gehört es vordringlich, möglichst viel Aufmerksamkeit der Rezipienten zu generieren und damit die Auflagenreichweiten zu steigern. Schließlich finanzieren sie sich über die Nachfrage und die davon abhängigen Einnahmen von Werbung und Anzeigen. Die Medienorganisationen versuchen die Qualität ihres Angebots deshalb glaubhaft zu kommunizieren und bei den Rezipienten Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen (Siegert, 2001a, S. 245). In der Wirtschaft gewinnt die Werbung für Produkte und die Außendarstellung von Organisationen in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Daher kommen auch die Medienbetriebe und ihre Redaktionen nicht umhin, sich mehr um ein stimmiges, positives Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit zu bemühen. (Wagner, 1991, S. 91-93) Es geht hauptsächlich darum, sich von den Konkurrenten zu differenzieren. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn sich die Produkte und Leistungen sehr ähneln und die Produktqualität nur schwierig zu unterscheiden ist, wie dies im gleichen Medienbereich eben der Fall ist. (Siegert, 2001a, S. 244-246; Knoche, 1999, S. 134-143; Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 237). Um gegenüber der Konkurrenz im eigenen und in anderen Medienbereichen Akzeptanz und Aufmerksamkeit zu erreichen, versuchen Zeitungen daher eine eigene Identität zu entwickeln und ihre Funktionalität herauszustellen. Zur Leser-, Anzeigenkundenbindung betreiben sie daher zum Teil auch Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehört auch die Außendarstellung des Unternehmens. Dadurch, dass Medienunternehmen im
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
Gegensatz zu anderen Betrieben jedoch über die Redaktionen einen direkten Zugang zur Öffentlichkeit haben, geraten sie nach Ruß-Mohl (1998) leichter in Versuchung, die eigenen redaktionellen Angebote gelegentlich als verdeckte Werbeträger für das eigene Blatt zu nutzen. Das bedeutet, dass sie auch versuchen, durch schönfärberische Berichterstattung in eigener Sache die eigenen wirtschaftlichen Interessen publizistisch abzusichern. (S. 174-175). Ruß-Mohl (1998) spricht auch von ´Selbstbeweihräucherung` (S. 178). Die öffentliche Kommunikation über das eigene Verlagshaus, die eigene Zeitung bzw. die eigene Redaktion stellt eine Besonderheit der Medienberichterstattung dar und ist nach Malik (2004) charakterisiert durch ihre ´spezielle Selektivität` bei der Nachrichtenauswahl (S. 325), da hier ökonomische Eigeninteressen am ehesten unterstellt werden können. So machen auch seriöse Medien immer häufiger in ihrem redaktionellen Teil unverhohlen für sich Reklame, indem sie sich selbst ins Gespräch bringen (Ruß-Mohl, 1999, S. 203). Ruß-Mohl (1998) geht jedoch davon aus, dass „Schleichwerbung, die im Gewand des redaktionellen Teils daherkommt, >…@ von vielen Lesern sehr wohl als solche erkannt >wird@. Sie ist weniger werbewirksam als Anzeigen und Werbespots, die klar als solche kenntlich gemacht sind, und sie hat verheerende Wirkungen auf die Glaubwürdigkeit des jeweiligen Mediums, das sich auf solche Praktiken einlässt“ (S. 178). Denn wenn ein Unternehmen sich selbst positiv darstellt, sind seine Eigeninteressen für das Publikum offen erkennbar und dies kann Vertrauensverlust nach sich ziehen. Demgegenüber stellt aber eine selbstkritische Darstellung die wirtschaftliche und publizistische Leistungsfähigkeit in Frage und beeinträchtigt damit das Image des Unternehmens. (Malik, 2004, S. 254-258) Gleichgültig wie das Unternehmen sich also darstellt, es steckt in einem Dilemma. Inwiefern ökonomische Verlagsinteressen Einfluss auf die publizistische Gestaltung nehmen, ist noch nicht hinreichend untersucht. Jedoch lässt sich eine gewisse Tendenz verorten, dass durch den verschärften Wettbewerb ökonomische Handlungskriterien immer mehr Gewicht bekommen und Redaktionen wirtschaftliche Erfolgsmaßstäbe erfüllen müssen. In Maliks (2004) Studie über ´Journalismusjournalismus` gaben die meisten der befragten Redakteure an, bei der Berichterstattung über andere Redaktionen nicht zwischen denen des eigenen Verlages und denen anderer Verlage zu unterscheiden (S. 261-263). Das würde für die journalistische Selbstthematisierung bedeuten, dass die wirtschaftlichen Interessen einer Medienorganisation kaum Einfluss auf die journalistische Darstellung haben (Malik, 2004, S. 262-263). Zu einem etwas anderen Ergebnis kam dagegen die Befragung von Kreitling (1997, S. 133), der vor allem den Redaktionen von Verlagen mit weitgefächerten Beteiligungen eine starke Abhängigkeit von den Verlagsinteressen attestierte. Ruß-Mohl (1999) verweist darauf, dass aufgrund der Abhängigkeit von Verlagsinteressen und -beteiligungen das Prob-
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lem entsteht, dass die Medienberichterstattung der Medienunternehmen instrumentalisiert wird. Dabei werden die Grenzen zwischen Medienjournalismus und Medien-PR fließend. Er sieht sogar die Gefahr, dass die Medienberichterstattung zum Ort der öffentlichen Imagepflege wird (Ruß-Mohl, 1999, S. 200-203). Sie ist dann nicht als Journalismus zu sehen, sondern zumindest partiell als Öffentlichkeitsarbeit, genauer als nicht als solche gekennzeichnete Öffentlichkeitsarbeit (Ruß-Mohl, 1999, S. 236; Kreitling 1997, S. 132-133). Thomsen (1997) spricht hier von „verkappte>n@ Hausmitteilungen, die nicht aufgrund der üblichen journalistischen Auswahlkriterien wie Relevanz, Aktualität und Publikumsattraktivität ins Blatt oder auf die Mattscheibe kommen, sondern aus ökonomischem Eigennutz“ (S. 143). Dies kann über bewusst eingesetzte Elemente der Medienkritik oder indirekte Formen der Eigenreklame erreicht werden. So beinhaltet selbst die Berichterstattung über die Einführung einer neuen Beilage ´indirekte` Werbung oder PR, obwohl sie im Mantel einer ökonomischen Entwicklung innerhalb eines Medienunternehmens einherkommt. Indirekte Eigenreklame kann allein schon ausgemacht werden über dem Unternehmen zugeschriebene positive Eigenschaften oder auch implizierte Wertungen, sowohl im Fließtext, in Aussagen von diversen Aussageträgern oder über eine positiv konnotierte Wortwahl in der Überschrift und auch über einen unterschiedlichen Grad der Aufmerksamkeitszumessung. Bei der ökonomischen Berichterstattung über Medien kann darüber hinaus die wirtschaftliche Lage beschönigt, abgeschwächt oder (bei der Konkurrenz) abwertend dargestellt werden. Auch können gewisse Teilbereiche (Produkte, Organisationsbereiche, betriebliche Entscheidungen, etc.) hervorgehoben oder mehr oder weniger detaillierte Hintergrundinformationen gegeben werden. Eine Abgrenzung könnte gerade unter den Aspekten ´Positivismus` und ´Negativismus` möglich sein. Es darf jedoch nicht der Eindruck von Gossip und eitler Selbstbespiegelung entstehen, da dies für den Aufbau von Vertrauen wiederum kontraproduktiv wäre. Andererseits möchte man auch das eigene Unternehmen nach außen nicht schlecht darstellen. Leserbindung bzw. eine Neuakquisition von Lesern kann aber nicht nur über offene oder verdeckte PR für das eigene Unternehmen erfolgen, sondern auch dadurch, dass eine Abwerbung der Leser durch Konkurrenzunternehmen verhindert wird. Dabei kann es eine Rolle spielen, wie die wirtschaftliche Lage der Konkurrenz im Vergleich zum eigenen Unternehmen dargestellt wird oder wie auf deren Innovationen oder Zusatzangebote reagiert wird. Der Journalist steht vor der Frage, ob er dem eigenen Unternehmen schadet, wenn er über die Konkurrenz positiver schreibt und damit eventuell sogar fremde PR betreibt. Tut sich hier etwa wieder der ´blinde Fleck` auf, indem positivere Entwicklungen bei Konkurrenzunternehmen verschwiegen oder auch nur weniger herausgestellt werden? Rückt man wiederum andere Unternehmen ins schlechte Licht, ist das zwar gut für das eigene Unternehmen, jedoch
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
schlecht für medieninterne Verknüpfungen oder für die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Rezipienten. Der Journalist befindet sich ständig auf dem schmalen Grat zwischen Eigenreklame und Kritik, der über ´Selbstbeweihräucherung` und ´Nestbeschmutzung` bzw. ´Konkurrenzbeschimpfung` entscheidet. Malik (2004) stellte in ihrer Studie fest, dass positive Entwicklungen in der eigenen Zeitung stets thematisiert werden, auch wenn das Ereignis bei der regulären Medienberichterstattung eigentlich unter der ´Aufgreifschwelle` liegen würde. Begründet wird dies von den Befragten mit Legitimationszwecken, denn in einer konkurrierenden Umwelt müsse jede Redaktion um Vertrauen werben, das eigene Produkt positionieren und die eigene Funktionalität herausstellen. Brisantes, Skandalöses und Negatives aus der Redaktion oder der eigenen Zeitung wird dagegen eher geheim gehalten, um die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Zeitung nicht zu gefährden (Malik, 2004, S. 106-107). Die Geheimhaltung von Problemen wie auch die legitimierende Selbstdarstellung basieren jeweils auf rein ökonomischen Überlegungen. Die Berichterstattung über das eigene Unternehmen wird also eher selbstwerbend und damit PR-orientierend betrieben, um sich möglichst positiv zu präsentieren. Dadurch besteht die Gefahr, dass Medien immer mehr zu PR-Instrumenten in eigener Sache geformt werden (Haller, 2001, S. 173), wodurch die reflexive Berichterstattung nur noch der positiven Selbstdarstellung dient. Die Legitimation durch Selbstdarstellung wird andererseits aber bereits von den Public Relations geleistet. Wenn aber innerhalb des Journalismus nach denselben Maßstäben gehandelt wird wie bei Public Relations, handelt es sich nach Weischenberg (1992) um ´Grenzverletzungen` (S. 45). Eine journalistisch einwandfreie Thematisierung des Journalismus liegt nur dann vor, wenn sie mit einer grundlegenden Orientierung an Aktualitätskriterien, d.h. einer Orientierung an Faktizität, Neuigkeit und Relevanz, zustande kommt. Die Kommunikationen von Public Relations werden meist als interessengeleitete, legitimierende Selbstdarstellungen klassifiziert (Hoffjann, 2001, S. 123-125) Über die Hälfte der von Malik (2004) untersuchten Redaktionen gab eine gelegentliche oder ständige Berücksichtigung von PR-Interessen zu, wobei diese Einflussnahme nicht über organisatorisch getrennte PR-Stellen, sondern über redaktionelle Führungsstellen kommuniziert wurde (S. 293). Aber allein durch die Sonderkonstellation, dass sich beide Abteilungen im selben Unternehmen befinden, besteht die Gefahr, dass die Redaktionen zu Erfüllungsgehilfen von Public Relations werden, bzw. dass beide Abteilungen illegitimerweise verschmelzen, ohne dass es der Leser merkt. Auch Hickethier (2005) sieht die hauptsächlich shareholder-bezogene Medienberichterstattung als verlängertes Sprachrohr der Pressestellen der Medienkonzerne. Die Mitteilungen über Interessen, Gewinnsteigerung und Wertzuwachs der Unternehmen seien nicht viel mehr als „ökonomische Verlautbarungen“ (S. 66) der Pressestellen. Diese empi-
6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage
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rischen Befunde stehen allerdings im Widerspruch zur journalistischen Selbsteinschätzung und auch zu den gesellschaftlichen Erwartungen. Weischenberg (1997, S. 8) bestätigt zwar auch, dass der Journalismus quantitativ in erheblichem Maße auf Public Relations zurückgeht, bestreitet aber eine Dominanz von Public Relations für die gesamte Wirtschaftsberichterstattung wie sie Baerns (1991) verkündet hatte. Entgegen aller Erwartungen sei gerade in Konflikt- oder Krisensituationen der Einfluss der Public Relations auf die Medieninhalte sogar relativ gering. Auch Schweda und Opherden (1995) bestätigen, dass der Einfluss der Public Relations -Stellen und -abteilungen auf die Berichterstattung keineswegs so groß ist wie bis dahin angenommen (S. 210). Als Problemzonen des Medienjournalismus, bei denen weniger journalistische, sondern eher wirtschaftliche und PR-Ziele die Thematisierungsentscheidungen dirigieren, nennt Malik (2004) vor allem die Berichterstattung über konkurrierende Medienangebote, über wirtschaftlich verbundene Redaktionen, über den eigenen Verlag und über die eigene Redaktion (S. 254-256). Grundsätzlich geht es um den Selbsterhalt und die Stabilisierung des eigenen Medienbereichs bzw. Unternehmens. Grundsätzlich sollen nämlich Glaubwürdigkeitsverluste vermieden werden, denn gerade mangelndes Vertrauen oder mangelnde Aufmerksamkeit der RezipientInnen wird als existenzgefährdendes Element gesehen. Leserakzeptanz wird somit über die Ökonomie der Aufmerksamkeit zur ökonomischen Rahmenbedingung des Journalismus. (Malik, 2004, S. 77-79; Altmeppen, 2000, S. 235) So versucht der Journalismus durch Selbstthematisierung Orientierungsleistungen zu erbringen und Vertrauen herzustellen. Dieses Vertrauen, das die Rezipienten dem Medienunternehmen entgegenbringen, sichert die Auflagenzahl, die Anzeigen- und Werbekunden und damit den Erhalt des Unternehmens. Von daher wäre es gerade im Medienbereich wichtig, auch Strukturen, Hintergründe und wirtschaftliche Verflechtungen der thematisierten Medienunternehmen transparent zu machen. Dazu gehören auch Schlüsselinformationen und Bewertungsmaßstäbe über die Medienorganisationen. Die Intentionen der Medienunternehmenspolitik werden hier zur Grundlage der Selbstthematisierung. Sie soll bei der Beobachtung der Identität und Funktionalität der Medien hauptsächlich als Steuer- und Kontrollmechanismus fungieren. Dadurch sollen Probleme des Journalismus erkannt und, darauf aufbauend, Prognosen erstellt und zukünftige Entscheidungen oder Kommunikationen geplant werden, um Fehlentwicklungen zu verhindern. Dies gilt auch für Fehlentscheidungen oder Fehlentwicklungen auf organisationaler und betriebswirtschaftlicher Ebene. Karmasin (1998) ist dahingehend anderer Ansicht. Er fordert Zurückhaltung hinsichtlich einer selbstkritische Stellungnahme, um die wirtschaftliche Basis der Unternehmen nicht durch kritische Eigenberichterstattung oder zu wohlwollende
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
Berichterstattung über Konkurrenten zu gefährden. Selbstkritik könne ja auch organisationsintern geregelt werden und muss nicht notwendigerweise veröffentlicht werden. Ob bei der Darstellung von Medienunternehmen nun tatsächlich eher Zurückhaltung oder Transparenz und Aufklärung festzustellen ist, soll diese Studie zeigen. 6.2.3 Synergetische Berichterstattung Dass die Berichterstattung über die eigene Zeitung bzw. den eigenen Verlag oder über ein Konkurrenzunternehmen in gewisser Weise zielgerichtet für verlagsinterne ökonomische Zielsetzungen genutzt wird, ist teilweise verständlich und für die Leser sicher auch in gewisser Weise durchschaubar. Der Einfluss von Eigeninteressen der Medienunternehmen auf die Medienberichterstattung wird aber vor allem dann problematisch, wenn es um ökonomische Verflechtungen der Medienunternehmen geht. Wenn nun über konzern- bzw. unternehmensangehörige Medienunternehmen berichtet wird, ist nach Ruß-Mohl (2003) die Versuchung groß, sogenannte ´Synergien` zu erzielen, indem der redaktionelle Teil für ´verdeckte` Public Relations genutzt wird, also ohne Offenlegung von KonzernVerbindungen (S. 229). Dies würde jedoch den funktionalen Grundsätzen der Transparenz und Aufklärung widersprechen. Zentral ist vor allem die Frage, inwieweit Beteiligungen an anderen Medienunternehmen die kritische Berichterstattung hemmen oder sie sogar zu Eigenwerbung oder Cross-Promotion benutzt werden (vgl. Löffelholz, 2000; Krüger & Müller-Sachse, 1998; Thomsen, 1997). Ebenso sieht das Anschlag (1997): „Das größte Hemmnis für einen kritischen Medienjournalismus war, ist und bleibt die Verflechtung der Medienkonzerne untereinander“ (S. 164). Allerdings fehlt bisher ein systematischer Nachweis auf breiter empirischer Basis. So stellt auch Linke (1999) fest, dass „ein unabhängiger Medienjournalismus >…@ es durch die Eigeninteressen der Verlage, CrossOwnership, durch Konzentrationserscheinungen und die Abhängigkeit von Werbeeinnahmen schwer >hat@“ (S. 87). In einer Zeit, in der Konzentration und Cross-Media-Tendenzen immer mehr zunehmen und Medienunternehmen zueinander immer mehr in ökonomischen Abhängigkeiten und Verflechtungen stehen, ist eine verstärkte Vermischung von Berichterstattung und Werbung festzustellen, da innere und äußere Vorgänge in der konvergierenden Medienbranche immer undurchsichtiger werden. So treten gerade hier ökonomische Interessen im Sinne gegenseitiger Rücksichtnahmen oder Unterstützungen stark in den Vordergrund. Auch Krüger und Müller-Sachse (1998) stellten in ihrer Studie fest, dass beispielsweise bei der Berichterstattung der ´Süddeutschen Zeitung` (SZ) während ihrer Beteiligung an ´Vox` punktuelle Beeinflussungen stattfan-
6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage
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den. Die ´Süddeutsche Zeitung` habe damals durchaus versucht, diesen Sender zu „pushen“ (S. 225). Daneben versuchen die Sender aber auch gezielt die Aufmerksamkeit der Redakteure zu finden, um in der Berichterstattung berücksichtigt zu werden. Dies erreichen sie, indem sie PR-Aktionen veranstalten und die Journalisten mit entsprechendem Informationsmaterial versorgen. Sie versuchen ihre Public Relations-Interessen durchzusetzen und die Medienberichterstattung von außen zu instrumentalisieren. Dies geschieht natürlich verstärkt, wenn irgendwelche Beteiligungen, Verflechtungen oder Abhängigkeiten zwischen dem thematisierten Medienunternehmen und der berichtenden Zeitung bestehen. Die Instrumentalisierung beginnt dabei bereits bei der Themensetzung. CrossPromotion erfolgt zum Beispiel, wenn der Springer Verlag in seinen Zeitungen oder Programmzeitschriften Filme der Sender ´ProSieben` oder ´Sat.1` empfiehlt, an denen er beteiligt ist. Ebenso können Moderatoren oder andere Medienbeteiligte über entsprechende Berichterstattung in Zeitungen zu regelrechten Stars aufgebaut werden, was wiederum die Einschaltquote des Senders, aber auch die Auflage der Zeitung erhöht. Dahinter stehen als Selektionskriterien jeweils wirtschaftliche Beweggründe. Die Medienberichterstattung läuft dann natürlich Gefahr, reine PR-Veranstaltung für die Sender-Produkte und ihre Macher zu sein. Doch „wer glaubt, Zeitungen und Zeitschriften (….) ließen sich ohne Schaden für die Auflage über längere Zeit als TV-Propaganda einsetzen, liegt verkehrt“ (Radtke, 1996, S. 190). Denn wird diese indirekte Promotion offensichtlich, verliert die berichtende Zeitung an Glaubwürdigkeit, was wiederum ökonomische Folgen hat. Doch auch dann, wenn die Medienproduktionen des eigenen Konzerns nicht hochgelobt, sondern kritisiert werden, steht die Kritik immer unter dem Verdacht, parteilich zu agieren und einen bestimmten Zweck zu verfolgen. Ähnliches gilt nicht nur für crossmediale Synergien, sondern auch für Zeitungsfusionen. Auch sie belasten die redaktionelle Selbstständigkeit der Blätter, denn gleichzeitig sind die Redaktionen verlagsintern dem Druck ausgesetzt, verwertungsfreundlich zu agieren und die eigene finanzielle Interessenlage zu berücksichtigen, die mehr oder weniger stark über die Beteiligung oder Kooperation besteht. Es lässt sich zudem nicht ausschließen, dass sich bei einer Kooperation der Verlage die Rücksichtnahme der einzelnen Verlage addiert und somit auf alle beteiligten Redaktionen auswirkt. Wirtschaftlich gesehen hat dies zwar durchaus positive Auswirkungen, läuft aber Gefahr Objektivität und Glaubwürdigkeit der Berichterstattung zu unterlaufen. Eine umfassende und objektive Berichterstattung des Medienbereichs, speziell wirtschaftlich verflochtener Medienunternehmen ist also aufgrund eigener Interessen und verschiedener Abhängigkeiten und Rücksichtnahmen sehr schwierig.
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6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen
6.3 Medienberichterstattung aus Loyalitätshaltung Medienjournalisten befinden sich als Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber in einem unternehmerischen Abhängigkeits- und Loyalitätsverhältnis nach dem Motto: ´Wes` Brot ich ess, des Lied ich sing`. Wie sollen sie da objektiv, gar kritisch über Medienthemen berichten, die eventuell geschäftliche Interessen des eigenen Verlagshauses berühren? Stören sie diese Interessen, bekommen sie Probleme mit ihrem Arbeitgeber. Dazu kommt, dass die Verlagsoberen die Medienseite oft nur als verlängerten Arm der PR-Abteilung betrachten, was einer unabhängigen Berichterstattung entgegensteht. Unternehmensinteressen kollidieren hier oftmals mit dem journalistischen Objektivitätsanspruch. Gerade in dieser Verlagsabhängigkeit sah Kreitling (1997) das Problem für die Medienberichterstattung: „Medienberichterstattung steht im Ruch, übergeordneten Interessen zu dienen. Dies gilt für die Beobachtung von Fernsehsendern und -sendungen, dies gilt verstärkt für die Printberichterstattung >…@. Alle befragten Redakteure bestätigten, in bestimmten, die Belange des Hauses betreffenden Fällen die Linie des Hauses im Blatt zu vertreten“ (S. 132). Die Medienjournalisten befinden sich in diesem Fall in einem Loyalitätskonflikt. Auf der einen Seite steht die Loyalität, die der Arbeitgeber hinsichtlich positiver Selbstdarstellung des eigenen Unternehmens ´fordert`, andererseits ist der Anspruch des Publikums auf unabhängige, umfassende und kritische Information gegeben (Fengler, 2002, S. 59-60). Im 18 Sinne der ´instrumentellen Aktualisierung` (Kepplinger, 1989, S. 12) könnten dabei Themenaspekte ausgewählt oder verschieden gewichtet werden, um damit ein bestimmtes Ziel oder eine bestimmte Wirkungsabsicht zu verfolgen. Bei Artikeln über das eigene Haus könnte das Ziel sein, die eigene ökonomische Basis, also letztlich den Fortbestand des Unternehmens nicht durch kritische Eigenberichterstattung zu gefährden. Diese Situation verschärft sich noch durch die verzweigten Besitzverhältnisse und Cross-Owner-Ships großer Medienunternehmen. (Beuthner & Weichert, 2005a, S. 21-22) In jedem Fall können sie in Konflikt geraten mit den eigenen oder potentiellen Arbeitgebern, mit eigenen oder anderen Verlagsinteressen. Gerade in einer durch Fusionen verflochtenen Medienlandschaft besteht die Gefahr einer sogenannten Gefälligkeitsberichterstattung. Eingebunden in wirtschaftliche Sachzwänge wird vom Medienjournalisten einerseits Loyalität gegenüber dem eigenen Unternehmen eingefordert und andererseits eine gesunde Distanz gegenüber fremden Unternehmen erwartet (vgl. Huber, 2000, S. 151-159; Ruß-Mohl, 2000, S. 17-38). Der eigene Großver18 Die Theorie der ´instrumentellen Aktualisierung` wurde hauptsächlich in Bezug auf politische Berichterstattungsziele untersucht. Kepplinger (1993) schließt aber nicht aus, dass auch ökonomische Motive zur instrumentellen Aktualisierung von Informationen, die die eigene Konfliktsicht stützen, führen könnten. (S. 185)
6.3 Medienberichterstattung aus Loyalitätshaltung
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lag, der eigene Sender, das eigene Fernsehprogramm wird dadurch oft zur sakrosankten Berichterstattungszone erklärt. (vgl. Schatz, 2000; Schuler, 2005) Ob der Journalist nun in Konfliktfällen schweigt oder die Linie des eigenen Hauses vertritt – er hinterlässt in brisanten Angelegenheiten fast immer den besagten ´blinden Fleck` (Lungmus, 2005, S. 66; Littger, 2002, S. 301-302), indem er hier Zurückhaltung zeigt. Dabei kann oft eine bewusste Nicht-Kommunikation eigener Probleme und Fehlleistungen notwendigen Richtigstellungen der Medienbranche gegenüberstehen, nur um das eigene Unternehmen zu schützen. Medienseiten werden auf diese Weise zu Sprachrohren in eigener Sache instrumentalisiert. (Beuthner & Weichert, 2005b, S. 50) Dieses Loyalitätsproblem hemmt den Medienjournalismus im Sinne der ´Eigenhygiene` der Medienbranche in der Ausübung seiner Transparenzfunktion immens. Die Medienberichterstattung über Medienunternehmen ist aufgrund von Rücksichtnahmen und ökonomischen Abhängigkeiten vielfältigen Einflüssen ausgesetzt. Diese können zu Diskrepanzen in der Darstellung führen, wie die verschiedenen heiklen Formen der Berichterstattung andeuteten. Gerade die Medienberichterstattung steht aber unter Beobachtung – nicht nur der Rezipienten, sondern auch der eigenen Chefetage, der Wettbewerber und Berufskollegen. Damit sind die Medienredakteure einerseits höchsten Anforderungen an eine objektive, transparente und glaubwürdige Berichterstattung ausgesetzt, auch und besonders, wenn es um die Konkurrenz geht. Andererseits ist alles, was Medienjournalisten schreiben, irgendwie verdächtig, da ihnen ständig unterstellt werden kann, Eigeninteressen zu vertreten, speziell wenn es um das eigene Unternehmen geht. Entweder man sagt ihnen PR-Absichten nach oder unterstellt ihnen eine gezielte Herabwürdigung von Konkurrenten. Der Medienjournalismus scheint es deshalb für angeraten zu halten, eine gewisse Zurückhaltung zu üben, wenn die eigene Branche oder noch spezieller das eigene Unternehmen in den Fokus genommen wird. Ob es diese Betriebsblindheit gibt oder sich andere der erwähnten möglichen Fehlformen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen zeigen, soll in dieser Studie nachgespürt werden. Dies wäre ein Nachweis dafür, dass die gesellschaftliche Relevanz der Medien hinter ökonomischen Gesichtspunkten zurücktritt. Dabei müssten die Ansprüche, die Journalisten ansonsten an die Berichterstattung stellen, vorbehaltlos auch für Medienthemen gelten. Dazu ist aber ein unabhängiger Journalismus notwendig, unabhängig sowohl von verlagsinternen Einflüssen als auch von Einflussnahmen von außen. Denn Medienjournalismus gehört zu den wichtigsten Instrumenten, um die Medien breitenwirksam zu kontrollieren, den Rezipienten zu informieren, aufzuklären und ihm Orientierungshilfe zu geben, kurz ihm Medienkompetenz zu vermitteln und auf diese Weise die gesellschaftliche Aufklärungsfunktion zu erfüllen.
7 Herleitung der Forschungsfragen
In den letzten zwei Jahrzehnten verstärkte sich der Prozess der Ökonomisierung in der Medienbranche deutlich. Ein Hauptgrund dafür war die Technisierung, die z.B. durch die Satellitentechnik auch die Internationalisierung der Medien gefördert hat. Die Deregulierung im politisch-rechtlichen Bereich ermöglichte eine Liberalisierung und damit eine weitere Ausbreitung der Medienbranche in Form des privaten Rundfunks. Diese und weitere Faktoren wirkten darauf ein, dass der Konkurrenzdruck innerhalb der Medienbranche zunahm, die darauf mit Konzentrationstendenzen reagierte. Dazu kam die deutsche Wiedervereinigung, deren Folgen Anfang der Neunziger Jahre die Entwicklung der Medienunternehmen erheblich beeinflussten, denn durch Zusammenschlüsse, Neugründungen oder Schließungen kam es zu großen Umbrüchen, vor allem auf dem Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt. Medienpolitische und medienrechtliche Diskussionen nahmen außerdem immer mehr zu, wie z.B. die Diskussion um die Lockerung des Kartellrechts. Medien gewannen somit in den letzten zwei Jahrzehnten an gesellschaftspolitischer, aber auch an wirtschaftlicher Bedeutung (siehe 1.3). Innerhalb dieser ökonomischen und strukturellen Rahmenentwicklungen unterliegen die Medienunternehmen wie andere Wirtschaftsunternehmen auch konkreten konjunkturellen Schwankungen. So führten die gewaltigen Umbrüche in Folge der Wiedervereinigung und der Privatisierung des Rundfunkbereichs die Medienbranche Anfang der Neunziger Jahre in eine Phase der Konsolidierung. Es folgte für die Medien eine wirtschaftliche Wachstumsphase, die aufgrund der allgemeinen Konjunkturlage in einer Phase der wirtschaftlichen Blütezeit mit einem absoluten Höhepunkt im Jahre 2000 gipfelte. Der nachfolgende Einbruch auf dem Werbemarkt zog eine schwerwiegende Medienkrise nach sich, von der sich die Branche erneut in einer Konsolidierungsphase erholen musste. Die Schwankungen in der allgemeinen Konjunkturlage der Medienbranche schlugen sich auch auf die einzelne Unternehmenssituation in den verschiedenen Medienbereichen nieder (siehe 2.1). In diesem wirtschaftlichen Rahmen bewegt sich nun auch die Berichterstattung über Medien, speziell die über Medienunternehmen. Interessant ist, ob diese verschiedenen wirtschaftlichen Kontexte Auswirkungen auf die publizistische Gestaltung bei der Berichterstattung über Medienunternehmen haben oder ob die Journalisten rein professionellen Kriterien folgen. Dadurch, dass es sich um eine
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7 Herleitung der Forschungsfragen
Form der journalistischen Selbstthematisierung handelt, kommt die Vermutung auf, dass sich medienunternehmerische Interessen durch eine in der Forschung konstatierte ´feindliche Übernahme` (Malik, 2002, S. 127-128) in der Publizistik niederschlagen. Journalisten befinden sich in diesem Fall nämlich nicht mehr in einer objektiven Distanz wie z.B. bei der Berichterstattung über andere Wirtschaftsunternehmen. Die Berichterstattung über ´Internal Affairs` hat in der Medienbranche auch Einfluss auf das Image und die öffentliche Wahrnehmung der Wirtschaftskraft und der publizistischen Leistungsfähigkeit der jeweiligen Medienunternehmen. Die Offenlegung wirtschaftlicher Vorgänge oder der wirtschaftlichen Situation von Medienunternehmen erhält dadurch eine ganz andere Bedeutung (siehe 3.2.2). Angesichts der besonderen Situation, dass hier die berichtende Zeitung und das thematisierte Unternehmen auf demselben medialen Markt und Teilmarkt agieren, kann auch der Konkurrenzaspekt Einfluss auf die publizistische Ausgestaltung nehmen. In diesem Fall finden sich die Journalisten beständig den Vorwürfen ausgesetzt, entweder ´Selbstbeweihräucherung` oder ´Nestbeschmutzung` zu betreiben (siehe 6.2). Einerseits sind sie dem journalistischen Ethos der unabhängigen und objektiven Berichterstattung verpflichtet, andererseits als Arbeitnehmer auch ihrem Arbeitgeber. In diesem Sinne ist es auch ihre Pflicht, ihr Unternehmen finanzstark und damit konkurrenzfähig zu halten. Dies geschieht zum einen über ihre publizistische Leistung. Zum anderen wird die Leser-Blatt-Bindung aber auch von der Außendarstellung des Unternehmens beeinflusst. Von daher könnte es die Intention der Journalisten sein, das eigene Haus und auch den eigenen Medienbereich im besten Licht erscheinen zu lassen. Die Brisanz der Selbstthematisierung im medienökonomischen Bereich wird gerade in Krisenzeiten deutlich, da jede Publicity über negative Entwicklungen im Unternehmen als schädlich gesehen wird. Doch auch die Darstellung der Konkurrenz ist nicht ganz unproblematisch, da hier ´Konkurrenzbeschimpfung` unterstellt werden kann. Von daher wird es nach Forschungsergebnissen einiger Studien eher vermieden, Probleme der eigenen Branche bzw. des eigenen Unternehmens zu thematisieren. Allerdings wurde bisher im Wesentlichen nur der Einfluss einer Krisensituation untersucht und nicht eine allgemeine Determination durch konjunkturelle Gegebenheiten. Aufgrund der zunehmende wirtschaftliche Ausrichtung der Medien steht aber zu befürchten, dass ökonomische Zielsetzungen auch die Redaktionen vereinnahmen (siehe 4.1.2). Schließlich füht eine verstärkte ökonomische Orientierung zu verschiedenen Abhängigkeiten: von den Rezipienten, den Anzeigenkunden, der Werbeindustrie, aber auch von Auflagenquoten, Leserinteressen, und nicht zuletzt von der Managementebene der Verlage bzw. Sender. Der Medienjournalismus soll innerhalb dieser ökonomischen Zwänge einerseits seinen gesellschaftlichen Funktionen der Information, Aufklä-
7 Herleitung 7.1 Herleitungder derForschungsfragen Forschungsfragen
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rung, Kritik und Kontrolle nachkommen (siehe 5.1), andererseits sind Redaktionen aber auch Teil einer Organisation und damit Teil betriebswirtschaftlicher Entscheidungsstrukturen (siehe 4.1.1). Von daher könnten gewisse Rücksichtnahmen oder unternehmerische Eigeninteressen auch Einfluss auf die redaktionelle Ebene nehmen. Folgt man den publizistischen Qualitätsmaßstäben, so dürften Nachrichten nicht verändert, unterdrückt oder aus Gefälligkeit wiedergegeben werden. Auch sollte jede Nachricht zumindest ein Minimum an Ausgewogenheit enthalten. (Wyss, 2002, S. 119; Kunczik 1988, S. 189; Neuberger Christoph, 1996, S. 101) Von daher dürften Nachrichten aufgrund ökonomischer Zielsetzungen des Verlages auch nicht instrumentalisiert werden, weder zur positiven Selbstdarstellung des eigenen Unternehmens oder des eigenen Medienbereichs noch zur Diffamierung der Konkurrenz. All die vorgestellten Aspekte zeigen die Problematik eines ökonomischen Einflusses auf den Journalismus. Aus diesen Überlegungen heraus stellt sich die übergeordnete Frage für vorliegende Forschungsarbeit: 7.1 Herleitung der Forschungsfragen Wie entwickelte sich die Berichterstattung über Medienunternehmen während der Jahre 1992 - 2006 unter den Gesichtspunkten konjunktureller Einflüsse und des Konkurrenzaspektes? Der Untersuchungszeitraum beschränkt sich dabei auf einen Zeitraum von 15 Jahren von 1992 bis 2006 (siehe Kap. 2, 3). Um die Hauptforschungsfrage empirisch fassbar zu machen, bedarf es Unterscheidungskriterien, die ökonomische Einflüsse von außen und den Konkurrenzaspekt sichtbar machen können. Um dies zu erreichen, teilte ich den Untersuchungszeitraum in gleichen Intervallen in die oben beschriebenen wirtschaftlichen Phasen ein (siehe Subkapitel 2 und zur näheren Differenzierung Kap. 2, 3). Damit konnte ich untersuchen, ob wirtschaftliche Gegebenheiten Einfluss auf die Berichterstattung haben oder ob sich unabhängig von wirtschaftlichen Einflüssen eine Professionalisierungstendenz der Medienberichterstattung über Medienunternehmen abzeichnet. Des Weiteren mussten Unterscheidungskriterien herausgearbeitet werden, die den vermuteten Konkurrenzaspekt erfassen können, sofern er sich in der Berichterstattung über Medienunternehmen überhaupt niederschlägt. Zu seiner Bestimmung wird das von mir erstellte Distanz-Modell herangezogen, das dem Konkurrenzaspekt über wirtschaftliche Distanzverhältnisse der Medienunternehmen nachgeht (siehe 3.4). So könnte anhand der oben ausgeführten theoretischen Annahmen vermutet werden, dass sich die Berichterstattung über wirtschaftlich näher stehende Unternehmen von der Berichterstattung wirtschaftlich distanzierterer Unternehmen unterscheiden könnte. Durch eine weitere Abstufung der wirtschaftlichen Distanzen konnten genauere Vergleichsmöglichkeiten gewährleistet werden. So
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7 Herleitung der Forschungsfragen
wird einmal zwischen einem ´weiten` und einem ´engen Distanzverhältnis` unterschieden. Bei ersterem wird das Konkurrenzverhältnis bezüglich der verschiedenen Medienbereiche (medialen Ebenen) erfasst, bei letzterem das von Unternehmen innerhalb des Zeitungssektors. Die Untersuchung erfolgt dabei auf drei Analyseebenen. Betrachtet werden folglich mögliche Unterschiede zwischen: den ökonomischen Phasen den medialen Ebenen, also zwischen Unternehmen des Zeitungs-, Zeitschriften- (intramediale Ebene) und des Rundfunkbereichs (intermediale Ebene) der Selbst- und Konkurrenzbeobachtung innerhalb des Zeitungssektors (direkt intramediale Ebene) Im Folgenden sollen die einzelnen Forschungsfragen hergeleitet werden. Ökonomisches Handeln zeigt sich bei Medienorganisationen darin, dass sie mit ihrem strategischen und operativen Handeln Einfluss nehmen wollen auf Wettbewerbsbedingungen und Konkurrenzverhältnisse. Die Frage ist aber, ob sich diese Intention auch auf publizistischer Ebene niederschlägt. Wird über Medienunternehmen berichtet, so findet hier Selbst- und Konkurrenzbeobachtung der Teilnehmer auf dem Medienmarkt statt. Hier stehen Preisakzeptanz, Güterqualität und Wettbewerbsverhältnisse auf dem Prüfstand. Über die Leserakzeptanz erhöht sich die Auflage bzw. Reichweite. Diese wiederum ist entscheidend für das Interesse des Werbemarktes, der weitgehend die Finanzierungsgrundlage der Medien bildet. Da der Medienjournalist somit eingebunden ist in wirtschaftliche Sachzwänge, steckt er in dem Dilemma, dass hier auf der kommunikativen Ebene journalistische und unternehmerische Zielsetzungen aufeinander prallen. Einerseits wird von ihm Loyalität gegenüber der eigenen Medienbranche bzw. dem eigenen Haus erwartet, andererseits aber wird Distanz zum Berichterstattungsgegenstand gefordert (siehe 6.3). Dadurch besteht die Möglichkeit, dass eventuell Probleme und Fehlleistungen bewusst nicht kommuniziert werden, um das eigene Unternehmen zu schützen oder andere Verlage nicht zu verärgern. Lange galt die Berichterstattung über Medien daher als Tabuthema unter den Journalisten. Emil Dovivat (1990) sprach sogar von einer „Scheu der Publizistik vor der Publizistik in eigener Sache“ (S. 30) Dies hat sich jedoch geändert. Kreitling bestätigte, dass „das Thema Printmedien als neues Thema der letzten Jahre“ (Kreitling, 1997, S.131) gesehen wurde. Befragte Redakteure bei Maliks Studie (2004) gaben jedoch an, dass eine Zeitung nicht gern über sich selbst oder über die Konkurrenz berichtet (S. 254-255). Zudem ist gerade bei der medialen Unter-
7 Herleitung 7.1 Herleitungder derForschungsfragen Forschungsfragen
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nehmensberichterstattung die Veröffentlichung der finanziellen Gegebenheiten teilweise ein ökonomisches ´Muss`. Fraglich ist, ob eine Berichterstattung über Medienunternehmen nur dieser obligatorischen Berichterstattungspflicht nachkommt und damit eher Zurückhaltung übt, oder ob die zunehmende gesellschaftliche und auch wirtschaftliche Bedeutung der Medien dazu geführt hat, dass vermehrt auch betriebswirtschaftliche Aspekte der Medienhäuser zum Thema genommen werden. Jedoch erhält die Darstellung der Unternehmen noch eine zusätzliche Brisanz. Die wirtschaftliche Gesundheit eines Unternehmens, ihre Auflagenhöhe und Reichweite bestimmt auch ihre Attraktivität für Werbe- und Anzeigenkunden, die die hauptsächliche Einnahmequelle privatwirtschaftlich organisierter Medienunternehmen sind. Zu vermuten ist daher, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das Problem des ´blinden Flecks` (siehe 6.1) auftaucht, also eine bewusste Nichtkommunikation. Die Gegenannahme wäre, dass konjunkturell gute Zeiten, die zu Gewinn und damit Wachstum führen, auch eine Steigerung der unternehmerischen Berichterstattung nach sich ziehen. Bei der Befragung von Malik (2004) gaben die Redakteure u.a. an, dass positive Entwicklungen in der eigenen Zeitung stets thematisiert werden, auch wenn das Ereignis bei der regulären Medienberichterstattung eigentlich unter der ´Aufgreifschwelle` liegen würde. Demgegenüber werde über Probleme der Konkurrenz entweder nicht oder nur kurz und in eklatanten Fällen berichtet. Über Probleme im eigenen Medienbereich werde oft nur deshalb zurückhaltend berichtet, um die Stabilität, die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der berichtenden Zeitung nicht zu gefährden. (Malik, 2004, S. 175-177) Vielleicht ist aber auch der Prognose von Jarren (1988) zu folgen, der den sich verschärfenden Wettbewerb als entscheidenden Motor für die Intensivierung der Berichterstattung über Medienthemen sah (S. 92). Da es im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit auch darum geht, sich von der Konkurrenz abzusetzen, ist es wichtig, das eigene Produkt zu positionieren und die eigene Funktionalität herauszustellen. Ursache für eine Selbstdarstellung oder auch für die Geheimhaltung von Problemen sind dann jeweils rein ökonomische Überlegungen. Denn den verschiedenen Medienbereichen oder den einzelnen Medienunternehmen kann beispielsweise schon allein über die Häufigkeit der Thematisierung unterschiedliche Gewichtung beigemessen werden. Unabhängig davon, wie Journalisten über die verschiedenen Medienunternehmen berichten, ist daher zuerst die Frage zu stellen, wie häufig Medienunternehmen oder bestimmte wirtschaftliche Themenaspekte überhaupt thematisiert werden.
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7 Herleitung der Forschungsfragen
Forschungsfrage 1: Inwieweit haben ökonomische und/oder wettbewerbliche Kriterien Einfluss auf die Thematisierungshäufigkeiten? Wie häufig wird über Medienunternehmen berichtet? Welche Medienunternehmen werden vorwiegend thematisiert? Über welche Themen wird vorwiegend berichtet? Schon die Thematisierung allein hebt ein Unternehmen ins Licht der Öffentlichkeit und erregt Aufmerksamkeit. Die Veröffentlichung von Beiträgen über Medienunternehmen kann nun gezielt erfolgen, um die Aufmerksamkeit und - über die Darstellung ihrer Qualitäten - die Akzeptanz der Leser zu erhalten. Mangelnde Aufmerksamkeit der Rezipienten kann die Existenz eines Medienunternehmens gefährden. Somit wird die Akzeptanz der Rezipienten zur ökonomischen Rahmenbedingung des Journalismus. Die Ökonomie der Aufmerksamkeit wird auf diese Weise zur akzeptanzfördernden Strategie journalistischer Organisationen (Malik, 2004, S. 77-79, Altmeppen, 2000, S. 235). Dies betrifft nicht allein die Thematisierungshäufigkeiten. Den verschiedenen Medienbereichen oder den einzelnen Medienunternehmen kann zudem Aufmerksamkeit in unterschiedlichem Maße zugesprochen werden, je nachdem wie groß der Umfang ist, in dem über das Unternehmen berichtet wird. Eine weitere Bedeutungszuweisung erfolgt über die Verortung in dem entsprechenden Ressort. Von besonderem Interesse sind in diesem Fall das Medien- und das Wirtschaftsressort, da es sich bei der Berichterstattung über Medienunternehmen sowohl um ein wirtschaftliches, als auch um ein mediales Thema handelt. Diese Einordnung könnte jeweils Einfluss auf die Intention der Darstellung haben, denn je nach Ressortverortung erhält der Beitrag über das Unternehmen eine andere Bedeutungsdimension. Im Wirtschaftsressort wird es beispielsweise als reines Wirtschaftsunternehmen gesehen und richtet sich auch an einen anderen Rezipientenkreis als im Medienressort. (siehe 3.3.1) Somit stellt sich in der nächsten Stufe die Frage, inwiefern visuell/formal (siehe 3.3.6) und inhaltlich Beiträge über Medienunternehmen hervorgehoben werden. Dabei könnten ebenfalls ökonomische Gegebenheiten eine Rolle spielen, indem in Krisenphasen in anderem Umfang Aufmerksamkeit auf die Berichterstattung gezogen wird als in wirtschaftlichen Blütezeiten. Auch könnte es Unterschiede in der Aufmerksamkeitsgenerierung geben, je nachdem in welchem wirtschaftlichen Distanzverhältnis der Berichterstattungsgegenstand zu der berichtenden Tageszeitung steht. Da Medienprodukte in ökonomischem Sinn wirtschaftliche Güter sind, deren Vermarktung für das Unternehmen von existentieller Bedeutung ist, wird besonderes Augenmerk darauf gerichtet, mit
77.1 Herleitung derder Forschungsfragen Herleitung Forschungsfragen
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welchem Aufmerksamkeitsgrad die jeweiligen Medienprodukte in den Vordergrund gerückt werden. Forschungsfrage 2: Inwieweit wird bei der Darstellung von Medienunternehmen Aufmerksamkeit durch formale und inhaltliche Merkmale generiert? In welchem Umfang wird jeweils über Medienunternehmen berichtet? In welchem Ressort werden Beiträge über Medienunternehmen vorwiegend platziert? Welcher Aufmerksamkeitsgrad kommt Medienprodukten in der Berichterstattung zu? Wie bereits dargelegt, wurde die zunehmende Ökonomisierung des Medienbereichs von gewissen Rahmenentwicklungen initiiert, forciert und begleitet (siehe 1.3). Auslöser für diesen verstärkten Prozess war die dynamische Entwicklung neuer Technologien, die eine verstärkte Ausbreitung der Medien national und international erlaubte. Das Profitstreben in den Medienunternehmen wuchs vor allem, als über die medienrechtliche Deregulierung und Liberalisierung auch private Anbieter im Rundfunkbereich zugelassen wurden. Dadurch nahm die Zahl der Konkurrenten sowohl gegenüber den öffentlich-rechtlichen Anstalten, aber auch gegenüber dem Printbereich zu. Aufgrund der Erlösstrukturen bei privaten Medienbetreibern stieg auch weiter die Abhängigkeit von der werbetreibenden Wirtschaft, die wiederum am ´Tropf` der allgemeinen Konjunktur hängt. Um im steigenden, auch internationalen Wettbewerb bestehen zu können, kam es daher zu vielfältigen Konzentrationsprozessen. Diese Rahmenfaktoren waren die Grundlage für umfassende Strukturveränderungen im Medienbereich sowohl auf Marktebene, als auch auf organisationaler Ebene. Sie betreffen alle Ebenen des redaktionellen Arbeitsprozesses, die redaktionelle Ausstattung, die redaktionelle Aufbauorganisation, die redaktionellen Produktionsabläufe oder die Rechercheprozesse sowie die Steuerung und Kontrolle durch die Redaktionsführung (Wyss, 2002, S. 22-24). Jede Veränderung der wirtschaftlichen Grundlage hat also auch Auswirkungen auf die Organisation der Redaktion. Und der organisationale Kontext der Redaktion ist eine Voraussetzung für journalistische Qualität, da sie ja innerhalb der Redaktion umgesetzt werden muss. Wenn die Medien nun unter dem Einfluss dieser Rahmenfaktoren intensiver als bisher unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte agieren, ist es für die Rezipienten wichtig, darüber aufgeklärt zu werden, welche ökonomischen Faktoren die journalistischen Produkte beeinflussen. Von Interesse ist daher, ob diese Faktoren in der Berichterstattung über den medialen Unternehmensbereich überhaupt
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Erwähnung finden und in welcher Form. Erfolgt dies als reine Hintergrundinformation, als Begründung, Rechtfertigung oder lediglich als Beispiel? Werden die Rezipienten in den verschiedenen wirtschaftlichen Phasen dabei in gleicher Weise über die ökonomischen Rahmenbedingungen transparent aufgeklärt oder findet sich auch hier einmal mehr der ´blinde Fleck`? Wie sich dies verhält, untersucht folgende Forschungsfrage: Forschungsfrage 3: Inwieweit werden ökonomische Rahmenfaktoren (Elemente) in die Berichterstattung über Medienunternehmen einbezogen? Welche Elemente werden in welchem Umfang thematisiert? In welcher Funktion werden die Elemente eingesetzt? Wie komplex werden Elementendimensionen dargestellt? Bei der Entscheidung, welches Thema als Nachricht in der Zeitung erscheinen soll, benutzen die Journalisten gewissen Nachrichtenfaktoren als Hilfsmittel. Doch nicht immer wird über Ereignisse oder Themenaspekte nur dann berichtet, wenn sie eine ´natürliche` Relevanz besitzen, sie können auch zielgerichtet eingesetzt werden, um bestimmte Ziele und Zwecke zu unterstützen (Staab, 1990, S. 96-98).) Im Sinne der „instrumentellen Aktualisierung“ (Kepplinger, 1989, S. 12) könnten Nachrichtenwerte instrumentalisiert werden, um die Interessen der Medienbranche, des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Unternehmens zu vertreten. Inwieweit das eigene Haus oder andere Medienunternehmen in den Fokus der Berichterstattung gestellt werden, untersteht dabei auch ökonomischen Gründen, wie Redakteure bei der Befragung von Malik (2004) angaben. So soll einerseits nicht durch kritische Eigenberichterstattung die ökonomische Basis, also der Fortbestand des Unternehmens, gefährdet werden aber andererseits auch nicht die Marktposition des Konkurrenzverlags zu Lasten eigener Marktanteile verbessert werden (254-256). Malik (2004) identifizierte bei der Nachrichtenauswahl eine ´spezielle Selektivität` (S. 325), wenn es um das eigene Unternehmen geht. Ob bei der Thematisierung von Medienunternehmen die Selektion nun den üblichen journalistischen Kriterien folgt oder nicht, kann Aufschluss darüber geben, ob die Thematisierung von Medienunternehmen im Sinne von Kepplinger instrumentalisiert wird, um ökonomische Eigeninteressen zu verfolgen. Des Weiteren ist von Interesse, ob sich dabei Parallelen zur jeweiligen konjunkturellen Lage auf dem Medienmarkt zeigen. Daher stellt sich folgende Frage:
7 Herleitung 7.1 Herleitungder derForschungsfragen Forschungsfragen
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Forschungsfrage 4: Inwiefern folgt die Berichterstattung über Medienunternehmen einer ´speziellen` Selektivität? Zu den zentralen gesellschaftlichen Aufgaben der Medien zählen die Funktionen Information, Aufklärung, Kritik und Kontrolle (siehe 5.1). Dazu gehört auch, dass – gerade durch die wachsende Bedeutung der Medienwelt – der Bürger mit kritischem Bewusstsein die Medienbranche, ihre Produkte, Strukturen und Funktionen verfolgt, Hintergründe kennt und Zusammenhänge begreift. Dies gelingt jedoch nur, wenn die Informationen darüber umfassend und verständlich aufbereitet werden, damit der Leser nicht nur einzelne Aussagen versteht, sondern auch ihren Sinnzusammenhang nachvollziehen kann. Gerade wirtschaftliche Informationen sind für den Laien oft schwer verständlich. Die reine Wirtschaftsberichterstattung stand lange im Ruf durch eine Art ´Fach-Chinesisch` schwer verständlich zu sein und sich nur an ein Fachpublikum zu wenden. Deshalb wurde schon Anfang der Neunziger Jahre die Forderung nach mehr Verständlichkeit laut (siehe 3.3.3). Damit müsste sich in den letzten 15 Jahren ein Wandel in der Aufbereitung von Wirtschaftsthemen vollzogen haben. Auch im Medienbereich ist es von großer Bedeutung, dass medienökonomische Vorgänge dem Leser in einer klar verständlichen Sprache überschaubar gemacht werden, damit er Ereignisse und Zusammenhänge besser einordnen kann. Hier geht es nicht nur um das Fassbarmachen und Offenlegen der wirtschaftlichen Wertigkeit eines Unternehmens, was z.B. für Anleger und Aktionäre von Interesse wäre. Die wirtschaftliche Grundlage eines Medienunternehmens lässt vielmehr auch Rückschlüsse auf seine publizistische Leistungsfähigkeit zu, da diese immer auch auf den möglichen finanziellen Ressourcen des Verlags fußt. So können die Rezipienten die publizistische Leistungsfähigkeit eines Medienunternehmens besser einschätzen, unternehmerische Entscheidungen z.B. hinsichtlich der Einstellung oder Neugründung von Produkten verstehen oder auch Abhängigkeiten durch offengelegte wirtschaftliche Beteiligungen und Fusionen besser durchschauen. Inwieweit dem Leser also die Möglichkeit geboten wird, diese Kompetenzen aufzubauen, hängt entscheidend von der Darstellung ab, also wie komplex, umfassend und verständlich die Informationen über die Medienunternehmen dargelegt werden. Die spezielle Aufgabe von Medienjournalisten ist, Einzelereignissen nicht nur in wirtschaftliche, sondern auch in mediale Gesamtzusammenhänge zu betten und ausreichend Hintergrundinformationen für beide Bereiche bereitzustellen. Nur so leisten sie Orientierungshilfe für den Rezipienten. Dabei genügt es nicht, lediglich betriebswirtschaftliche Daten und Fakten anzugeben. Um dem Rezipienten Orientierung und Medienkompetenz zu vermitteln, müssen auch die Intentionen
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7 Herleitung der Forschungsfragen
der Medienunternehmenspolitik und Hintergründe der Unternehmensentscheidungen nach außen transparent dargelegt werden. Dazu müssen abstrakte oder komplizierte wirtschaftliche Vorgänge nachvollziehbar aufbereitet werden. Dadurch, dass dabei auch eventuelle Verflechtungen und ökonomische Machtverhältnisse aufgedeckt und kritisiert werden, sollte der Medienjournalismus zudem eine interne, medienspezifische Form der öffentlichen Medienkontrolle übernehmen. Bei der Selbstthematisierung im wirtschaftlichen Bereich geht es tief in die Interna der Medienunternehmen. Auf der einen Seite müssen sie offener sein als jedes andere Wirtschaftsunternehmen, um Vertrauen und damit Leserbindung aufzubauen bzw. zu festigen. Auf der anderen Seite kann eine solche Offenheit heikel und riskant sein, da sie die Identität und die Existenz der Medienunternehmen betrifft (siehe 5.1.4). Eine umfassende Berichterstattung des Medienbereichs, speziell der Medienunternehmen des eigenen Mediensektors kann daher aufgrund der Unternehmensökonomie sehr schwierig sein. Zwar ist hier der Quellenzugang meist einfacher als bei fremden Unternehmen, doch handelt es sich um einen sehr sensiblen Bereich. Daher kann man nicht gleich davon ausgehen, dass beim eigenen Unternehmen auch ausführlicher und transparenter berichtet wird. Die Frage ist, ob medienjournalistische Tabuzonen existieren, wo medienwirtschaftliche Eigeninteressen berührt werden, oder ob die Berichterstattung ausführlich, verständlich und transparent erfolgt. Die Forschungsfrage, die sich aus allen genannten Gesichtspunkten entwickelt, lautet: Forschungsfrage 5: Wie komplex, verständlich und transparent erfolgt die Medienberichterstattung über Medienunternehmen? Da die Tageszeitung in gewisser Weise nach ökonomischen Gesichtspunkten ein Markenartikel ist, bei dem die Leser und auch Anzeigenkunden auf das Image des Namens und damit der Qualität vertrauen, ist Glaubwürdigkeit und Vertrauen von großer Bedeutung. Um diese gerade in dem sensiblen Bereich der medialen Unternehmensberichterstattung zu erreichen, muss die Berichterstattung vor allem den Qualitätsmerkmalen ´Sachlichkeit` und ´Objektivität` folgen (siehe 3.3.3). Dazu gehört neben einer komplexen, verständlichen und transparenten Unternehmensdarstellung auch eine weitgehende Faktizität. Deswegen ist von Interesse, wie faktenreich bei der Darstellung von Medienunternehmen berichtet wird. Aus diesen Überlegungen heraus ergibt sich folgendes Erkenntnisinteresse:
7 Herleitung 7.1 Herleitungder derForschungsfragen Forschungsfragen
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Forschungsfrage 6: Wie hoch ist der Grad der Faktizität in der Berichterstattung über Medienunternehmen? Medienunternehmen leben vom Publikumsinteresse und der Fremdfinanzierung durch Werbeaufkommen. Aufgrund dieser Abhängigkeit vom Leser- und Anzeigenmarkt ist es für sie heikel und brisant, welche Informationen über ihre finanziellen Operationen an die Öffentlichkeit dringen und wie sie nach außen dargestellt werden. Um sich von den anderen Unternehmen abzusetzen und ein eigenes Profil zu erhalten, werden Medienunternehmen in vielfältiger Weise charakterisiert und personalisiert. Dies dient einerseits zum Imageaufbau und andererseits zur Identifikation und Bindung der Rezipienten (siehe 5.1.4). Das Unternehmen selbst kann durch Zuweisung von bestimmten Eigenschaften oder Handlungsformen oder durch Vergleiche mit anderen Unternehmen charakterisiert werden und ein eigenes Profil zugewiesen bekommen. Über eine Stellungnahme des Journalisten, die Gegenüberstellung von anderen Unternehmen, aber auch über direkte und indirekte Zitate von Aussageträgern können Unternehmen auf vielfältige Weise charakterisiert werden. Wirtschaftliche Handlungen, Unternehmensstrategien, Gewinne und Verluste, Einsparungen und Investitionen sind Ergebnisse der Handlungen von Personen oder Gruppen. Von daher kann eine Charakterisierung auch über Personalisierung durch einen Unternehmensrepräsentanten erfolgen (siehe 3.3.7). All diese Punkte werfen die Frage auf, in welchem Ausmaß Medienunternehmen in der Berichterstattung charakterisiert werden: Forschungsfrage 7: Inwiefern werden Medienunternehmen charakterisierend dargestellt? Inwiefern werden Medienunternehmen durch den Journalisten, Aussageträger und/oder sekundäre Berichterstattungsobjekte charakterisiert? Inwieweit lässt sich eine Personalisierung in der Berichterstattung über Medienunternehmen erkennen? Medienunternehmen haben über die Redaktionen einen direkten Zugang zur Öffentlichkeit. Wenn sie nun über sich selbst berichten, besteht nach Ruß-Mohl (1998) die Möglichkeit, dass sie dies als verdeckte Werbung für das eigene Blatt benutzen (S. 174-175), indem sie sich möglichst positiv präsentieren (siehe 6.2.2). Ruß-Mohl (1998) spricht in diesem Zusammenhang von ´Selbstbeweihräucherung` (S. 178). Mit der Intention, die eigenen wirtschaftlichen Interessen
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7 Herleitung der Forschungsfragen
publizistisch abzusichern, wird dabei selbstwerbend und damit PR-orientiert das eigene Unternehmen dargestellt. In einem solchen Fall würde die reflexive Berichterstattung nur noch der positiven Selbstdarstellung dienen. Medien würden zu PR-Instrumenten in eigener Sache. Da es auf dem Markt der Aufmerksamkeit darum geht, sich von der Konkurrenz abzusetzen, müssten im Gegenzug andere Medienunternehmen negativ oder zumindest weniger positiv dargestellt werden. Nach Ruß-Mohl schwankt Konkurrenzberichterstattung zwischen notwendiger Aufklärung und überflüssiger Häme. Gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Situation oder bei wachsendem Konkurrenzdruck besteht dabei die Gefahr, durch mehr oder weniger subtile Diffamierung der Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. Dies erfolgt, indem unternehmerische Aktivitäten und Produkte der Konkurrenz kritisiert oder diskreditiert werden. Doch selbst wenn die Konkurrenz positiv dargestellt wird, steckt die Redaktion in einem Dilemma, da das Lob die Aufmerksamkeit auf die Konkurrenz lenkt und deren Marktposition stärkt, was nicht im ökonomischen Eigeninteresse der berichtenden Zeitung stehen kann. Sollte eine solche Instrumentalisierung und strategisch wertende Darstellung vorliegen, so würden ökonomische Gründe, nämlich das Streben nach langfristiger Existenzsicherung der eigenen Unternehmung, im Vordergrund stehen und der gesellschaftliche Auftrag vernachlässigt werden (siehe 6). Hier sind aber noch mögliche Intentionen aus ökonomischem Eigeninteresse durchschaubar. Anders steht es bei der Berichterstattung über wirtschaftlich verflochtene Unternehmen, also über Beteiligungsunternehmen des eigenen Hauses oder derjenigen der Konkurrenz. In einer Zeit zunehmender Konzentrations- und Cross-Media-Tendenzen besteht die Möglichkeit, dass sich Berichterstattung und (indirekte) Werbung immer stärker vermischen, da innere und äußere Vorgänge in der konvergierenden Medienbranche immer undurchsichtiger werden. Medienjournalisten stehen bei wertenden Stellungnahmen immer im Verdacht parteilich zu agieren. In welcher Weise sich nun Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen ausprägen, soll die letzte Forschungsfrage beantworten: Forschungsfrage 8: Lassen sich Wertungen in der Berichterstattung über Medienunternehmen erkennen und wenn ja, welche Wertungsrichtungen zeigen sie? Welche Wertungsrichtungen zeigen die Elemente auf? Welche Wertungsrichtungen zeigen die dem Medienunternehmen zugeordneten Eigenschaften auf? Welche Wertungsrichtungen zeigen sich für das primäre Berichterstattungsobjekt im Vergleich zum sekundären?
7 Herleitung 7.1 Herleitungder derForschungsfragen Forschungsfragen
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Welche Wertungsrichtungen zeigen der Fließtext, die Überschrift und die Zitate der Aussageträger in Bezug auf die thematisierten Medienunternehmen?
Auf der Grundlage dieser Forschungsfragen soll einer möglichen Determinierung der Berichterstattung über Medienunternehmen aufgrund der konjunkturellen Marktlage oder ökonomischer Verlagsinteressen nachgegangen werden.
KAPITEL 2: Methode
1 Begründung der Methodenwahl
Bei den Untersuchungen über die Selbstthematisierung der Medien dominieren bisher Befragungen (vgl. Krüger & Müller-Sachse, 1998; Linke, 1999; Kreitling, 2000; Fengler, 2002; Schader 2003; Malik, 2004;), die jedoch ausschließlich die Selbsteinschätzung der Befragten wiedergeben und von daher sehr subjektiv – zusätzlich auch nach Tagesform der Befragten und sozialer Erwünschtheit – geprägt sind. Durch eine Inhaltsanalyse sind bis auf einige Ausnahmen eher objektive Analysefaktoren gegeben. Die Anzahl der Befragten ist oft relativ gering und damit wenig repräsentativ. Zudem sind Befragungen auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert und unterliegen somit verschiedenen Unabwägbarkeiten. Eine Langzeitstudie wäre nur mit einem erheblichen Aufwand möglich. So wäre eine kontinuierliche Befragung über einen längeren Zeitraum schon allein aus zeitökonomischen Gründen kaum machbar. Dagegen liegen die Zeitungsartikel der letzten Jahre in Archiven vor. Andere Studien versuchten Verlagsabhängigkeiten mit der Methode einer Argumentenanalyse aufzuspüren (vgl. Weiß, 1985, 1988; Choi, 1999; Müller, 2004). Fokussiert wurden hier vor allem Cross-Media-Verflechtungen und Pround Contra-Positionen zu medienpolitischen und -ökonomischen Themen (Weiß, 1985, 1988; Müller, 2004). Dies bietet sich vor allem dann an, wenn die ökonomische Abhängigkeit der Journalisten von ihren Medienunternehmen anhand eines Beispielthemas erhoben wird. In vorliegender Studie wird jedoch versucht, die gesamte Medienberichterstattung über Medienunternehmen unter ökonomischen Gesichtspunkten zu erfassen und das über einen längeren Zeitraum hinweg. Es werden weder bestimmte Ereignisse speziell anvisiert, noch die Berichterstattungsobjekte auf bestimmte Unternehmen eingeschränkt. Für eine systematische Analyse eines allgemeinen oder konkreten Einflusses eines Konkurrenzaspektes bieten sich zwar vor allem solche Fälle an, bei denen offensichtlich ökonomische Interessen des Medienunternehmens betroffen sind, da sie als dauerhaft und in gewisser Weise als determiniert betrachtet werden können. Dies wäre nun beispielsweise in wirtschaftlichen Krisenzeiten der Fall, wie zum Beispiel die der Zeitungskrise (vgl. Studie Pointner, 2005). In vorliegender Studie soll dagegen der Einfluss der jeweiligen Konjunkturlage im Medienbereich auf die Ausprägung der Unternehmensberichterstattung im Medienbereich analysiert werden. Verfolgt man die wirtschaft-
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1 Begründung der Methodenwahl
liche Entwicklung des Medienmarktes von 1992 bis 2006, so zeichnen sich innerhalb dieses Zeitraumes verschiedene wirtschaftliche Rahmenentwicklungen ab, die auf die Unternehmen der verschiedenen Medienbereiche ähnliche Auswirkungen haben. Insofern ergeben sich zeitliche Vergleichsplattformen auf einer jeweils gleichen bzw. ähnlichen ökonomischen Basis. Eine inhaltsanalytische Erhebung erweist sich somit als geeignetes Messinstrument. Zudem ist durch dieses zeitliche Unterscheidungskriterium eine hinreichende Homogenität gewährleistet und andere Einflüsse auf die Berichterstattung kontrollierbar. Zum anderen geht es in vorliegender Studie auch um die ökonomische Determinierung der Berichterstattung über Medienunternehmen aufgrund von Eigeninteressen, die über den Konkurrenzaspekt nachgewiesen werden soll. Dies bezieht sich auf die Konkurrenz zwischen den Medienbereichen und ebenfalls auf die zwischen den Medienunternehmen innerhalb des Zeitungssektors. Konkurrenzaspekte können anhand der sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Distanzverhältnisse (siehe 3.4) erhoben werden, so dass sich auch hier die Inhaltsanalyse als Messinstrument anbietet. Aus den genannten Gründen erweist sich daher in vorliegender Studie die quantitative Inhaltsanalyse als geeignete empirische Methode für die Untersuchung der Berichterstattung über Medienunternehmen.
2 Untersuchungsmaterial 2.1 Untersuchungsmaterial
Ziel der Untersuchung ist es, die ökonomische Berichterstattung über Medienunternehmen unter dem Gesichtspunkt der Selbstthematisierung zu erfassen. Zur Analyse der Darstellung von Medienunternehmen aus dem Print- und Rundfunkbereich boten sich als Untersuchungsmaterial die Beiträge aus Zeitungen, Zeitschriften, TV und dem Hörfunk an. Die Entscheidung für einen der beiden letzten Bereiche würde eine ökonomische Berichterstattung über Medienunternehmen z.B. in Fachsendungen im TV oder Radio voraussetzen. Selbstthematisierung fristet im Rundfunkbereich jedoch nur eine Randexistenz. Es bot sich daher eher Untersuchungsmaterial aus dem Printbereich an. In Frage kamen zum Beispiel Fachzeitschriften, die die Entwicklungen der Medien kontinuierlich beobachten. Fachzeitschriften wenden sich jedoch an eine ziemlich eingeschränkte Zielgruppe und erscheinen nur in größeren Zeiträumen, wöchentlich, 14-tägig oder monatlich. Zudem ist nicht unbedingt gewährleistet, dass Medienunternehmen aufgrund ihrer Zielgruppenorientierung so umfassend aus verschiedenen Perspektiven sowohl als Wirtschafts-, als auch als Medienunternehmen betrachtet werden wie in einer Tageszeitung. Ökonomische Zielsetzungen können hier nicht so leicht unterstellt werden wie in einer Zeitung, wo die Aufmerksamkeit der Leser entscheidend ist für die Auflagenentwicklung und Werbeeinnahmen und damit auch für den ökonomischen Erfolg. Fachzeitschriften waren somit auszuschließen. Damit stellte sich die Frage der Tauglichkeit der Berichterstattung über Medien durch die Tageszeitungen für den Zweck der Untersuchung. Ziel ist es, die kontinuierliche gegenseitige und eigene Beobachtung von Medienunternehmen und damit der aktuellen Vorgänge zu erfassen. Nur dadurch kann gewährleistet werden, mögliche Tendenzen von Konkurrenzaspekten oder verdeckter Werbung bzw. Publik Relations oder den eventuellen Einfluss ökonomischer Faktoren aufzudecken. Zudem können hier – wie oben dargelegt – ökonomische Zielsetzungen am ehesten unterstellt werden. So beschränkte sich die Auswahl der Untersuchungsobjekte auf die deutschen Tageszeitungen. Unter dem Aspekt der ´Selbstthematisierung` ging es vor allem darum, Zeitungen zu erfassen, die eine seriöse und kontinuierliche Berichterstattung über den Medienbereich gewährleisten konnten. Dies waren somit Zeitungen, die über ein eigenständiges Medienressort und über eine fest eingerichtete Medienseite verfügen. Aus diesem Grund wurden als Untersuchungsgegenstand die überregi-
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2 Untersuchungsmaterial
onalen Tageszeitungen ausgewählt. Denn sie erfüllen oben genannte Bedingungen. Zudem thematisieren sie als große Abonnementzeitungen alle vier Medienbereiche: Zeitungen, Zeitschriften, TV und Hörfunk. Zudem zeichnen sich alle, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß, durch umfassende Wirtschaftsteile aus. Folglich steht die überregionale deutsche Tagespresse als Untersuchungsgegenstand im Fokus des Interesses. Diese gewährleistet auch Ausgewogenheit hinsichtlich der politischen Linie, da sie weltanschaulich unterschiedliche Richtungen abdeckt – von konservativ (´Frankfurter Allgemeine Zeitung` und ´Die Welt`) bis liberal (´Süddeutsche Zeitung`) und linksliberal (´Frankfurter Rundschau`). Pürer (1996) zählt zu den überregionalen Tageszeitungen in Deutschland folgende Tageszeitungen (S. 166):
Süddeutsche Zeitung (SZ) Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Frankfurter Rundschau (FR) Die Welt
Die aufgeführten Zeitungen weisen außerdem verschiedene Organisationsstrukturen auf, d.h. unterschiedliche Regelungen zur Anbindung der Zeitungen an ihre Verlage. Da diese Studie auf den Nachweis möglicher Konkurrenzaspekte und dem Einfluss ökonomischer Faktoren zielt, ist auf diese Weise gewährleistet, dass das Ergebnis unabhängig von der jeweiligen Organisationsstruktur erhoben werden kann. Die ausgewählten Zeitungen sollen hinsichtlich ihrer Marktposition und ihrer Organisationsstrukturen kurz beschrieben werden, um die Ergebnisse später besser einordnen zu können. Die ´Süddeutsche Zeitung` (´SZ`) steht, gemessen an ihrer Auflage, an der Spitze der fünf überregionalen deutschen Tageszeitungen. Sie ist mit einer verkauften Auflage von 448.411 Exemplaren (Quelle: IVW Stand: 02/2008) das auflagenstärkste bundesweite Qualitätsblatt. Sie wird in ihrer politischen Haltung als liberal-kritisches Medium beschrieben. Wirtschaftspolitisch ist sie eher marktliberal einzuordnen. Die ´Süddeutsche Zeitung` gehört der Verlagsgruppe ´Süddeutscher Verlag` an. Kapital und Management werden getrennt. Die Gesellschafter bzw. Eigentümer der Mediengruppe ´Süddeutscher Verlag` waren die Verlegerfamilien Friedmann, Goldschagg, Seidlein (je 18,75 Prozent), Schwingenstein (16,67 Prozent), Dürrmeier (8,33 Prozent) und seit 2002 auch die Südwestdeutsche Medien Holding (18,75 Prozent). 2008 gingen die Anteile von vier der fünf verbliebenen Gesellschafterfamilien an die Südwestdeutsche Medien Holding, die damit ihren Anteil auf insgesamt 81,25 Prozent aufstockte. Die operativen Entscheidungen trifft die Geschäftsführung. Seit 1996 verfügt sie
Untersuchungsmaterial 22.1 Untersuchungsmaterial
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über eine feste ´Medien-Seite` und eine Seite mit dem Fernseh- und Hörfunkprogramm. Letztere nimmt am Wochenende zwei Seiten ein. Die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` (FAZ) ist eine überregionale deutsche Abonnement-Tageszeitung in der Rechtsform einer GmbH. Sie behauptet nach der SZ die zweitgrößte Auflagenzahl mit 366.478 Exemplaren (Quelle: IVW Stand 02/2008) und ist Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` definiert sich als parteipolitisch unabhängige Tageszeitung und gilt in ihrer politischen Ausrichtung als liberal-konservativ. (Sjurts, 1996, S. 23-28; Pürer, 1996, S. 168). In der Wirtschaftsberichterstattung spricht sie für die Interessen der Unternehmen und vertritt insgesamt eine marktwirtschaftliche Position (Meyn, 2001, 105; Pürer, 1996, S. 168). Ein Gremium von fünf Herausgebern und zwei Geschäftsführern nehmen in der praktischen Arbeit die Aufgabe von Chefredakteuren in bestimmten Ressorts wahr und sichern damit die redaktionelle Unabhängigkeit gegenüber Einflüssen von außen (Kreitling, 1997, S. 125). Sie arbeiten nach dem Kollegialitätsprinzip zusammen. Danach wird bewusst auf hierarchische Strukturen wie Chefredakteure verzichtet und mehr die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Redakteure betont. Ebenso haben die Herausgeber durch ihren Anteilsbesitz faktisch ein Vetorecht, mit dem sie auch Einfluss nehmen können auf Beschlüsse der Verlagsgeschäftsführung. Durch diese spezielle Eigentümerstruktur soll garantiert werden, dass die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` weniger ökonomischen Zwängen ausgesetzt ist und ihre redaktionelle Freiheit garantiert wird. (Sjurts, 1996, S. 23-28) Ausschlaggebende Gesellschafterin der ´Frankfurter Allgemeinen Zeitung` ist die FAZIT-Stiftung, gemeinnützige Verlagsgesellschaft mit beschränkter Haftung. Diese hält 58,2 Prozent der Anteile an der ´Frankfurter Allgemeine GmbH`. Die weiteren Anteilseigner sind die ´Frankfurter SocietätsDruckerei GMbH` (28,6 Prozent), eine Tochtergesellschaft der FAZIT-Stiftung und mit kleinen Prozentsätzen die Mitglieder der Geschäftsführung und Herausgeber der Zeitung. Der Rest befindet sich im Eigenbesitz (13,1 Prozent). (Röper, 2002, S. 488; Sjurts, 1996, S. 23-28) Die ´Frankfurter Allgemeine Zeitung` verfügt auch über eine eigene Medienseite. Dennoch werden Medienthemen meist als Querschnittsthemen behandelt. (Pickl, 1999) ´Die Welt` ist mit einer verkauften Auflage von 280.387 Exemplaren (IVW Stand: 2/2008 Mo-Fr, inkl. Welt kompakt) die drittgrößte überregionale Tageszeitung. Sie vertritt in ihrer Grundhaltung eine bürgerlich-konservative Linie. Wirtschaftspolitisch ist sie deutlich marktliberal eingestellt. (Pürer, 1996, S. 168169; Hachmeister & Rager, 2000, S. 284) ´Die Welt` wurde 1953 vom ´Axel Springer Verlag` als „publizistisches Flaggschiff“ im Bereich der überregionalen
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2 Untersuchungsmaterial
Tageszeitungen erworben. Der Axel Springer Verlag ist als Aktiengesellschaft organisiert und ist insbesondere in den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Druckerzeugnisse und Neue Medien sowohl national als auch international tätig. (Sjurts, 2002, S. 68) ´Die Welt` ist an die redaktionellen Leitlinien in der Unternehmenssatzung gebunden. (Meyn, 2001, S. 105-106). Außer samstags erscheinen täglich zwei Medienseiten. Oft findet sich nur eine halbe Seite mit Medienthemen, die restlichen eineinhalb Seiten führen das Fernseh- und Hörfunkprogramm auf. Die ´Frankfurter Rundschau` (FR) gehört dem Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH an. Sie liegt im zweiten Quartal 2008 mit einer verkauften Auflage von 153.247 Exemplaren (Quelle: IVW Stand 02/2008) auf Platz vier der Überregionalen, wobei ungefähr 70 Prozent in Hessen selbst verkauft werden. Seit 1975 gehört sie zu zwei Dritteln unveräußerlich einer Stiftung an. 1984 wurde die gemeinnützige Karl-Gerold-Stiftung alleinige Gesellschafterin des Druck- und Verlagshauses Frankfurt am Main GmbH (DUV). Seit 2004 hält sie jedoch nur noch einen Stammkapitalanteil von 10 Prozent, die restlichen 90 Prozent gehören der SPD-Holding DDVG. 2006 übernahm der Verlag DuMont Schauberg 50 Prozent des Kapitals und wurde damit größter Anteilseigner. Die ´Frankfurter Rundschau` nimmt eine links-liberale Position ein. In der Binnenorganisation ist die ´Frankfurter Rundschau` von großen journalistischen Freiräumen und Teamstrukturen geprägt. In ihrer Themenwahl und deren Präsentation ist sie eher auf Arbeitnehmerinteressen ausgerichtet, was sich vor allem in einem einfach und verständlich gehaltenen Wirtschaftsteil zeigt. (Sjurts, 1996, S. 2932) Auf der ´FR`-Medienseite werden neben den politischen, rechtlichen und technischen auch die kulturellen und wirtschaftlichen Aspekte der Medien behandelt. Die Grundgesamtheit der Studie sind alle Ausgaben der Jahre 1992 bis 2006 der zu untersuchenden überregionalen Tageszeitungen (SZ, FAZ, FR, Die Welt). Es handelt sich nicht um eine Vollerhebung. Es wurde je ein künstlicher Tag pro Monat und damit 12 künstliche Tage pro Jahr festgelegt. Dabei wechselte pro Monat jeweils die Woche in Folge, als auch der jeweilige Wochentag. Begonnen wurde in der ersten Woche des Monats Januar 1992 an einem Montag. Im Februar wurde dann in der zweiten Woche der Dienstag gewählt und so weiter. Die Analyse liefert einen Untersuchungszeitraum von je 12 Tagen pro Jahr, so dass für eine der vier überregionalen Tageszeitungen bei den 15 gewählten Analysejahren von 1992 bis 2006 insgesamt 180 Tage erhoben wurden und für alle überregionalen Tageszeitungen zusammen folglich 720 Tage. An diesen Tagen wurden alle Artikel ausgewählt, die in der Ausgabe der jeweiligen Tageszeitung zur
2.1 Untersuchungsmaterial 2 Untersuchungsmaterial
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Medienberichterstattung über Medienunternehmen in den jeweiligen Ressorts gefunden wurden. Insgesamt wurden damit 1048 Einheiten erhoben. Anhand der angelegten Stichprobe wurden die zu codierenden Artikel für die Jahre 1992 bis 2006 recherchiert und in Bezug auf die beschriebene Thematik und die Untersuchungsobjekte codiert. Für die quantitative Inhaltsanalyse der tagesaktuellen Printtitel konnte dabei nicht einfach auf ein klar definiertes Ressort zurückgegriffen werden (siehe 3.3.1). Stattdessen mussten jeweils mehrere Ressorts auf Beiträge hin untersucht werden, bei denen medienbezogene Thematiken zu vermuten sind. Es wurden die Ressorts: ´Nachrichten`, ´Wirtschaft`, ´Feuilleton`, ´Politik`, ´Kultur und Medien` und die ´Titelseite` jeder Zeitung auf Beiträge über Medienunternehmen durchgesehen. Ein Artikel wurde immer dann zum Untersuchungssample gezählt, wenn eindeutig ein Medienunternehmen thematisiert wurde. Dies wurde dann angenommen, wenn entweder in der Überschrift oder im Text des Beitrags eine explizite Nennung eines Medienunternehmens oder eines Medienkonzerns aus dem Zeitungs-, Zeitschriften- oder Rundfunksektor bzw. deren Zeitungen, Zeitschriften oder Sender vorhanden ist. In einem nächsten Selektionsschritt wurde die Thematik auf die Beschreibung der ökonomischen Situation der Medien eingegrenzt. Dafür musste es eine Bezugnahme auf ökonomische Vorgänge, deren Entwicklung oder Status quo, wirtschaftliche Daten, Unternehmensbelange, Strukturen des Mediensystems, Wirtschaftsinformationen wie Einnahmen, Verluste oder Etats geben. Auch Themen, die das Prestige des Unternehmens oder deren Medienangebot heben oder senken können, wie z.B. die Vergabe von Journalistenpreisen, Ehrungen oder sonstige Auszeichnungen wie auch Themen über die Qualität der Medien zählten zu den relevanten Auswahlkriterien. Ausgeschlossen wurden Beiträge wie Rezensionen, Fernseh- oder Programmkritiken, die Ankündigung von Fernsehfilmen oder Inhaltsbeschreibung von Medienangeboten, wie z.B. Inhalte von Sendungen. Die Recherche und spätere Codierung wurden in der Bayerischen Staatsbibliothek München und am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung anhand von ´Mikrofichen` und gebundenen Zeitungsausgaben durchgeführt. Insgesamt codierten neben mir 5 Codierer. Bei letzteren handelte es sich um Studenten am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München.
3 Untersuchungszeitraum 3 Untersuchungszeitraum Ziel der Untersuchung ist es, mögliche Einflüsse auf die Berichterstattung über Medienunternehmen zu erfassen, die durch ökonomische Faktoren oder durch den Konkurrenzaspekt ausgelöst wurden. Dabei sollten mögliche Veränderungen oder generelle Unterschiede zwischen verschiedenen ökonomischen Phasen und zwischen verschiedenen Medienbereichen und Beobachtungsperspektiven herausgefiltert und herausgearbeitet werden. Es bot sich deswegen an, eine Langzeitstudie durchzuführen. Zur Gewinnung repräsentativer Daten war es erforderlich, einen Zeitraum zu wählen, in dem sich mehrere übergeordnete Entwicklungstendenzen der Medienbranche feststellen ließen. Diese Entwicklungstendenzen können nämlich ein Unterscheidungskriterium für die Analyse der gewonnen Daten darstellen. Es handelt sich um zeitlich und themenmäßig zugespitzte Plattformen ökonomischer Interessenslagen, die für die Medienunternehmen gleiche oder wenigstens ähnliche ökonomische Grundsituationen bieten. Es soll ermittelt werden, ob sich unter solchen Voraussetzungen in verschiedenen ökonomischen Phasen in der Medienberichterstattung über Medienunternehmen Unterschiede erkennen lassen. Vorliegend erstreckt sich die Untersuchung über 15 Jahre, vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2006. Ich wählte diesen Zeitraum aus folgenden Gründen: Zum einen hatten sich Anfang der Neunziger Jahre die Medienressorts und damit eine kontinuierliche Medienberichterstattung vor allem bei den überregionalen Zeitungen weitgehend etabliert. Zum anderen dominierten in den Jahren davor aufgrund medienwirtschaftlicher und medienpolitischer Entwicklungen (Deregulierung und Öffnung des ostdeutschen Printmarktes nach der Wende) zuerst ziemlich einseitig Themen aus dem Rundfunkbereich (Krüger & Müller-Sachse, 1998; Kreitling 1997) und dann Anfang der Neunziger Jahre durch Verkäufe, Übernahmen und Neugründungen von Zeitungsverlagen in den neuen Bundesländern Themen aus dem Printbereich. Eine solche jeweilige einseitige Dominanz von Medienthemen aus einem Mediensektor hätte eventuell zu Einseitigkeiten bzw. zu Verfälschungen der Ergebnisse führen können. Die weiteren konjunkturellen Entwicklungen ab den Neunziger Jahren trafen dagegen alle Medienbereiche etwa gleichermaßen. Von daher bot dieser Zeitraum eine bessere Vergleichsbasis für den Einfluss ökonomischer Gegebenheiten.
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3 Untersuchungszeitraum
Diese Zeitspanne wurde zur näheren Differenzierung in fünf Phasen (siehe Kap. 1, 2) aufgeteilt, die im Folgenden nochmals kurz dargestellt werden sollen. 1992 waren die gravierenden Umwälzungen im Rundfunk- und im Printmarkt langsam abschlossen und die Etablierung und Konsolidierung der Medien hatte begonnen. Folglich lege ich für den Zeitraum von 1992-1994 die Phase 1 als Konsolidierungsphase fest. Ab da nahm die wirtschaftliche Bedeutung der Medien ständig zu. Im Jahr 1995 war der Beitrag der Medienwirtschaft zum Bruttosozialprodukt sogar größer als der aller anderen Branchen. Die Medien versuchten sich auf die neuen Bedingungen einzustellen und mittels verschiedener unternehmerischer Strategien ihren Profit zu erhöhen, weshalb ich die Jahre von 1995 bis 1997 als ´Wachstums- und Orientierungsphase` (Phase 2) bezeichne. In den Jahren 1998 bis 2000 intensivierte sich die positive ökonomische Lage nochmals. Die allgemein gute Konjunkturlage kurbelte die Werbebranche an, was einen enormen Zuwachs an Werbeeinnahmen für die Medienunternehmen bedeutete. Das Jahr 2000 gilt als ökonomisches Boomjahr für die Werbe- und Medienbranche. Die Medienunternehmen investierten verstärkt in zusätzliche Geschäfte. Neue Produkte wurden auf den Markt geworfen, Angebote erweitert, das Personal aufgestockt, usw.. Die Jahre 1998 bis 2000 identifizierte ich folglich als ´Medienboomphase` (Phase 3). Im Jahr 2001 mussten die Medienunternehmen – allen voran die Zeitungsverlage - gegenüber dem Spitzenjahr 2000 erhebliche Umsatzverluste einstecken, die sich im Jahr 2002 noch verstärkten. Die Ursachen der Krise waren sowohl konjunktureller, als auch struktureller Art. Nicht nur die Nutzungsgewohnheiten der Leser hatten sich geändert, die Zeitungen sahen sich auch mit Neuen Medien als Konkurrenten auf dem Anzeigen- und Werbemarkt konfrontiert. Der hauptsächliche Grund der Krise lag im Rückgang der Anzeigen- und Werbeeinnahmen, die zu den wichtigsten Einnahmequellen der Zeitungen und der privaten Rundfunkanbieter gehören. Die Folgen waren u.a. Sparmaßnahmen, Entlassungen, Re- und Umstrukturierungen. Von der Krise waren alle Medien betroffen, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Am stärksten traf es die überregionalen Zeitungen und die großen Verlage, denn diese leben von Stellenanzeigen und überregionaler Werbung. (Röper, 2002, S. 478). Die Phase 4 der Untersuchung lege ich daher für die Jahre 2001 bis 2003 fest und kennzeichne sie als ´Krisenphase`. Ende 2003 kündigte sich eine Erholung an. Der Medienspiegel (1/2005) stellte für das Jahr 2004 wieder einen Anstieg der Anzeigenfläche um 3,6 Prozent fest. Es ist die Zeit der Konsolidierung, die in der Studie die Jahre 2004 bis 2006 (Phase 5) beschreibt. Aus diesen ökonomischen ´Bausteinen` ergibt sich der Untersuchungszeitraum von 1992 bis 2006 (siehe Kap. 1, 2). Durch die Einteilung in bestimmte konjunkturelle Phasen eröffnet sich ein Interpretationsrahmen, der die Analyse ökonomischer Einflussfaktoren auf die Berichterstattung genauer erheben lässt.
4 Kategorienbeschreibung
Ziel der Studie ist es, ein umfassendes Bild der Berichterstattung über Medienunternehmen zu liefern. Berichten überregionale Tageszeitungen über Medienunternehmen, so drängen sich vor allem zwei Fragen auf: Haben ökonomische Faktoren, also die jeweilige herrschende wirtschaftliche Marktsituation Einfluss auf die Art der Berichterstattung? Und inwieweit spielen aufgrund von Eigeninteressen wirtschaftliche Wettbewerbsgedanken bzw. Konkurrenzaspekte eine Rolle in der Berichterstattung über Medienunternehmen? Um diese Fragen empirisch fassbar machen zu können, wurden folgende Unterscheidungskriterien entworfen, anhand derer man die Berichterstattung illustrieren kann:
Die Entwicklung über die Phasen hinweg das wirtschaftliche Distanzverhältnis in Bezug auf die medialen Ebenen und die Beobachtungsformen.
Die Unterscheidungskriterien In dieser Studie wird untersucht, ob sich eine Veränderung der Medienberichterstattung über Medienunternehmen über den Untersuchungszeitraum feststellen lässt und wenn ja, ob ökonomische Faktoren auf diese Veränderungen Einfluss haben oder ob es sich um eine kontinuierliche Entwicklung handelt. Dies wird anhand der Unterscheidung nach ökonomischen ´Phasen` (Kat. 5) im Zeitraum von 15 Jahren erhoben. Das Forschungsinteresse für das Unterscheidungskriterium ´wirtschaftliche Phase` ist deshalb als hoch anzusehen, da sich in den letzten zwei Jahrzehnten im Medienbereich die Ökonomisierung merklich intensiviert hat und die Medienunternehmen mit unterschiedlichen konjunkturellen Situationen konfrontiert waren. Diese Prozesse beeinflussten die Medienunternehmen und deren Entwicklung. Fraglich ist, ob sich das auch publizistisch niederschlägt. Richtet sich also die Berichterstattung nach den ökonomischen Einflüssen? Die gebildeten wirtschaftlichen Phasen dienen als Unterscheidungskriterium, um mögliche Einflüsse ökonomischer Rahmenbedingungen auf die Berichterstattung feststellen zu können. Sie bilden für alle Medienunternehmen gleiche oder zumindest sehr ähnliche Grundgegebenheiten, wodurch andere Einflüsse auf die Berichterstattung über Medienunternehmen weitgehend ausgeschlossen werden
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4 Kategorienbeschreibung
können. Innerhalb dieser ökonomischen Vergleichsplattformen fungieren die beiden Konsolidierungsphasen (Phasen 1 und 5) als eine Art Kontroll- und Vergleichsgruppe. Die beiden Ausnahmephasen, der Medienboom (Phase 3) und die Medienkrise (Phase 4), gewährleisten wiederum durch ihre ökonomisch diametrale Ausrichtung, dass sich ein möglicher Einfluss ökonomischer Interessen aufgrund der extremen Ausprägungen deutlicher zeigt. Die Orientierungs- und Wachstumsphase (Phase 2) bildet demgegenüber eine relativ ´normale` Wirtschaftsphase ab. (siehe Kap. 2, 3) Zum anderen ist in dieser Studie die Untersuchung des Konkurrenzaspektes von Bedeutung. Auch hier mussten Unterscheidungskriterien gefunden werden, um dessen Einfluss auf die Berichterstattung feststellen zu können. Dafür wurde mithilfe des Distanz-Modells (siehe Kap. 1, 3.4) die Berichterstattung über Medienunternehmen in unterschiedliche Referenzebenen aufgeteilt. Die differenzierten Perspektiven konstituieren sich dabei durch das Verhältnis von Thematisiertem und Thematisierendem. In vorliegender Untersuchung sind die Thematisierenden die überregionalen Tageszeitungen. Diese bilden den Ausgangspunkt für die Beziehung zum eigenen Medienbereich, dem Printbereich (Zeitungs- und Zeitschiftensektor), und dem anderen Medienbereich, dem Rundfunkbereich. (Kat. 16) Innerhalb des Zeitungssektors, also der direkt intramedialen Ebene, bildet sich zwischen der thematisierenden überregionalen Tageszeitung, und dem Thematisierten, also Zeitungsunternehmen unterschiedlicher Genre, ein wirtschaftlich enges Distanzverhältnis (siehe Kap. 1, 3.4.2). Hier wird zwischen verschiedenen Beobachtungsformen, den Selbst- und Konkurrenzbeobachtungen, unterschieden. Beiträge über das eigene Unternehmen bezeichne ich als ´direkte Selbstbeobachtung`, die über andere überregionale Konkurrenzunternehmen dementsprechend als ´direkte Konkurrenzbeobachtung`. Einbezogen werden auch Beiträge über die jeweiligen Beteiligungsunternehmen als indirekte Beobachtungsformen. Bei der Thematisierung von lokalen oder regionalen Zeitungen handelt es sich um eine ´allgemeine Beobachtung`. Durch ihre dadurch gegebene wirtschaftlich relativ unabhängige Position zu den überregionalen Tageszeitungen bietet diese Beobachtungsform eine gute Kontroll- bzw. Vergleichsplattform zu der Selbst- und Konkurrenzbeobachtung. (Kat. 17) Die Differenzierung in die intra- und intermedialen Ebenen und in die verschiedenen Beobachtungsperspektiven erschien notwendig, um die Ergebnisse in Bezug auf den Grad der wirtschaftlichen Distanz von Thematisierendem und Thematisiertem interpretieren zu können. Die Unterscheidung nach dem weiten und dem engen Distanzverhältnis ermöglicht die Erfassung von Unterschieden in Bezug auf unterschiedliche Medienbereiche oder auf direktere Konkurrenzbeziehungen im gleichen Mediensektor.
40 Kategorienbeschreibung 3 Untersuchungszeitraum Abbildung 2:
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Übersicht der Analyseebenen
15 Jahre (1992-2006) in 5 Phasen
Analyseebene 1
Analyseebene 2
direkt intramediale Ebene
indirekt intramediale Ebene
intermediale Ebene
intramediale Ebene
Analyseebene 3
direkte Selbstbeobachtung
indirekte Selbstbeobachtung
direkte indirekte allgemeine Konkurrenz- KonkurrenzBeobachtung beobachtung beobachtung
Die Untersuchungsabschnitte Um möglichst präzise Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfragen zu erhalten, mussten jeweils Untersuchungsabschnitte festgelegt werden, auf die die Unterscheidungskriterien auch anwendbar sind. Es mussten methodisch trennscharfe und exklusive Kategorien gefunden werden, die als geeignetes Messinstrument dienen konnten. Sie wurden theorie- und empiriegeleitet entworfen, um in Anlehnung an das Untersuchungsmaterial die Forschungsfragen jeweils erfassen und beantworten zu können. (Brosius & Koschel, 2001, S. 181; Früh, 1998, S. 81). Die Komplexe setzen sich aus formalen und inhaltlichen Kategorien zusammen. Sie versuchen – abgesehen von den Kategorien für die bloße Identifizierung der Beiträge und zur Nachvollziehbarkeit des Fortgangs der Studie (´laufende Nummer`, ´Seitenzahl, ´Erscheinungsdatum`; Kat. 1 bis 4) eine Bandbreite an Betrachtungsmöglichkeiten der Berichterstattung über Medienunternehmen zu beleuchten, die theoretisch Fragen aufgeworfen hatten (siehe Kap. 1, 3.3). Die inhaltlichen Merkmale werden auf Artikel-, Objekt-, Aussageträgerund Elementenebene codiert. Die empirische Umsetzung der Fragen soll anhand der Kategorienkomplexe beschrieben werden. Jeder Untersuchungsabschnitt verfügt über mehrere Kategorien, um möglichst exakte Ergebnisse aus verschiedenen Perspektiven für jede Forschungsfrage zu präsentieren. Ziel ist es, durch die Zerlegung der Berichterstattung in ihre Einzelteile, in der Ergebnisanalyse
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4 Kategorienbeschreibung
auffallende Muster in der Berichterstattung über Medienunternehmen herauszuarbeiten. 4.1 Erhebung der Thematisierungshäufigkeit Um eine eventuelle, in der Literatur (u.a. Malik 2004; Kreitling 1997) wiederholt erwähnte, Zurückhaltung bei der Thematisierung des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Unternehmens nachzuweisen, werden die relevanten Thematisierungshäufigkeiten von Medienunternehmen betrachtet. Zu ihrer Erhebung werden folgende Kategorien überprüft: die ´Häufigkeitverteilung der Beiträge`, das ´Objekt der Thematisierung` und die ´Themenwahl` selbst. Häufigkeitsverteilung Das Ausmaß der Berichterstattung ist durch die Häufigkeitsfeststellung in Bezug auf die Unterscheidungskriterien ermittelbar. So soll Fragen nachgegangen werden wie: In welchen Phasen wird wie häufig über Medienunternehmen berichtet? Erweist sich etwa die Prognose von Jarren (1988) als richtig, wonach der sich verschärfende Wettbewerb und ausgeprägte unternehmerische Eigeninteressen entscheidende Motoren für die Intensivierung der Berichterstattung über Medienthemen sind (S. 92)? Danach müsste in der Krisensituation auch die Häufigkeit der Medienberichterstattung deutlich zunehmen. Oder ist es eher so, dass in wirtschaftlich guten Zeiten mehr berichtet wird? Eine weitere Frage ist, ob eine mediale Ebene bzw. Beobachtungsform bei der Berichterstattung hinsichtlich ihrer Thematisierungshäufigkeit vernachlässigt oder besonders bevorzugt wird. Findet sich hier etwa besagter ´blinder Fleck` in der Berichterstattung? (Kat. 5, 16, 17) Berichterstattungsobjekt Kern der Analyse sind die Medienunternehmen. Deswegen soll erhoben werden, welches Medienunternehmen konkret thematisiert wird. Dies klärt die Kategorie ´Berichterstattungsobjekt` (Kat. 13). Zur nominalen Erfassung wurde eine Akteursliste angefertigt, die durch eine ergänzende qualitative Erhebung Vollständigkeit gewährleisten sollte. Die jeweiligen Zeitungen, Zeitschriften oder Sender gehören aber auch einem ökonomischen Überbau an, einem Verlag oder Kon-
4.2 Erhebung der Aufmerksamkeitsgenerierung
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zern. Welchem sie angehören wird mit Kategorie 14 ´Bezug: Berichterstattungsobjekt` erhoben. Themenwahl Eine weitere Frage, die im Rahmen der Thematisierungshäufigkeiten interessiert, ist das gewählte Thema. Eine Aufgabe der Berichterstattung über Medien ist es nämlich, Vorgänge und Entwicklungen im Medienbereich transparent und verständlich zu machen. Dazu gehören auch heikle Themen von wirtschaftlichen Vorgängen innerhalb von Medienunternehmen. Heikel von daher, dass bei der Darstellung der Medienunternehmen ökonomische Unternehmensinteressen berührt werden können, da über die Außendarstellung auch Aufmerksamkeit und Käuferinteresse und damit der ökonomische Erfolg gelenkt werden kann. Im Sinne der ´instrumentellen Aktualisierung` nach Kepplinger (1989, S. 12) können selbst Themenaspekte ausgewählt oder verschieden gewichtet werden, um damit ein bestimmtes Ziel oder eine bestimmte Wirkungsabsicht zu verfolgen. Um möglichen Einflussfaktoren auf die Spur zu kommen, ist bei der Analyse der Wirtschaftsberichterstattung über Medienunternehmen von Interesse, welche Themenschwerpunkte überwiegend gewählt werden und worauf die Aufmerksamkeit der Rezipienten gelenkt werden soll. Aus diesem Grund wird mit der Kategorie 19 das ´Thema` des Artikels bestimmt. Zu seiner Erfassung wurde eine Themenliste erstellt. Die Zusammenstellung der Liste wurde theoretisch abgeleitet, aber auch mit Hilfe einer Sichtung des Untersuchungsmaterials vorgenommen. Die Themen wurden umfassend aufgenommen und sinngemäß gleiche Ausprägungen übergeordneten, allgemeinen Themenkomplexen zugeordnet. 4.2 Erhebung der Aufmerksamkeitsgenerierung Da sich Zeitungen über das Leserinteresse und die Fremdfinanzierung durch Werbeaufkommen finanzieren, spielt die Generierung von Aufmerksamkeit nicht nur im publizistischen, sondern auch im ökonomischen Wettbewerb eine entscheidende Rolle. Daher können Medienjournalisten etwas befangen sein, da mit der Darstellung eines Unternehmens auch seine wirtschaftlichen Grundfesten berührt werden.
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4 Kategorienbeschreibung
Aufmerksamkeitsgenerierung durch den Umfang des Beitrages Medienjournalisten können auf verschiedene Weise die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Artikel lenken. Nach Donsbach (1991) steigen die meisten Leser über ein Bild ein. Bei einer wirtschaftlich orientierten Berichterstattung erweisen sich zudem Informationsgrafiken als hilfreich. Diese üben weniger eine Anreizfunktion zum Lesen aus, sondern dienen eher einer kompakten Information und Veranschaulichung von Fakten (siehe Kap. 1, 3.3.6). Doch neben Grafiken, Bildmaterial oder illustrierenden Abbildungen, die die Aufmerksamkeit des Lesers am eindringlichsten für den Artikel wecken, lenkt auch der Umfang der Überschrift die Beachtung auf sich. Er prägt die Erwartungshaltung der Rezipienten für den Artikelinhalt und motiviert zum Lesen (Donsbach, 1991, S. 136139). Umfangreichere Überschriften generieren dabei höhere Aufmerksamkeit seitens des Lesers. Letztendlich wird das Leserinteresse jedoch auch über den Textumfang des ganzen Artikels geweckt. In diesem Kontext wird der Faktor ´Aufmerksamkeit` über die Kategorien ´Umfang des Artikels`/Kat. 7, ´Umfang der Überschrift`/Kat. 8, ´Illustrierende Abbildungen`/Kat. 9 und ´Grafiken/Tabellen`/Kat. 10 erhoben. Welche Bedeutung Themen über die Unternehmen der eigenen Branche einnehmen, kann darüber erfasst werden, in welchem Umfang über die Jahre hinweg über sie berichtet wird. So könnte ein geringer Umfang ein Indiz dafür sein, dass die Medienberichterstattung nur zurückhaltend stattfindet und umgekehrt. Welche Beachtung kommt also den Artikeln über Medienunternehmen zu? Ressortverteilung der Artikel über Medienunternehmen Ein weiterer Faktor, um Beachtung zu erzeugen, erfolgt über die Ressortverortung. Aufgrund der stark wirtschaftlich betonten Thematik bei der Berichterstattung über Medienunternehmen, liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass die Artikel im Wesentlichen dem Wirtschafts- oder Medienressort zugewiesen werden. Je nachdem, in welchem ´Ressort` (Kat.6) die Berichterstattung erscheint, wird ihr eine unterschiedliche Beachtung und Bedeutung zugeordnet. (siehe Kap. 1, 3.3.1) Es zeigt, ob eher die wirtschaftlichen oder die medialen Aspekte eines Unternehmens betont werden. Dadurch wird ersichtlich, welchem Bereich mehr Gewicht bei der Berichterstattung über Medienunternehmen verliehen wird.
4.3 Erhebung der ökonomischen Rahmenfaktoren
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Aufmerksamkeitsgrad für Medienprodukte Doch nicht nur über formale Aspekte wie dem Umfang des Artikels oder der Ressortplatzierung kann Aufmerksamkeit erzeugt werden, auch inhaltlich kann die Beachtung auf eine gewisse Thematik gelenkt werden. Wird über Medienunternehmen berichtet, so kann gleichzeitig jenseits der wirtschaftlichen Thematik des Beitrags Aufmerksamkeit für deren publizistische Produkte (z.B. über Filme, Sendungen, Beilagen, etc.) durch inhaltliche Bezugnahme erzeugt werden, ohne dass dies mit dem Thema in direktem Zusammenhang steht. Eine solche zusätzliche Thematisierung kann dabei werbende oder diffamierende Aspekte enthalten. Auf die Produkte kann innerhalb der Wirtschaftsberichterstattung z.B. durch eine Abbildung oder durch Serviceelemente hingewiesen werden. Dies könnte als eine Form von indirekter Promotion gesehen werden, da das Product Placement unter dem Mantel der Nachricht erscheint. Dies soll durch die Kategorie ´Aufmerksamkeitsgrad: Medienprodukt` (Kat. 47c) erfasst werden. Journalisten haben also mehrere Möglichkeiten, um Aufmerksamkeit für Beiträge zu erzeugen oder zu unterdrücken, so dass sich hier Abhängigkeiten in Bezug auf die verschiedenen ökonomischen Phasen oder den Konkurrenzaspekt zeigen könnten. 4.3 Erhebung der ökonomischen Rahmenfaktoren In Kapitel 1, 2 wurde aufgezeigt, dass der Medienmarkt in den letzten zwei Jahrzehnten einer rasanten Entwicklung unterlag. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Ökonomisierung, die sich in dieser Zeit stark intensiviert hatte. Auslöser dafür war zunächst die Technisierung bzw. die Digitalisierung, die es erlaubte, dass Informationsflüsse und Übertragungen viel schneller und effektiver bewältigt werden konnten. Damit wurde auch eine Internationalisierung eingeleitet und eine weitere Ausweitung der Medien gefördert. Medien bekamen in kurzer Zeit eine unheimliche wirtschaftliche Macht, die sich vor allem in starken Konzentrationstendenzen auswirkte. Es kam zu Fusionen und Kooperationen. Mit der Deregulierung intensivierten sich zudem medienpolitische und -rechtliche, vor allem kartellrechtliche Debatten. Von Interesse ist nun, ob diese Rahmenfaktoren, die im Medienbereich die Ökonomisierung vorangetrieben haben und noch treiben, auch in der Berichterstattung Erwähnung finden und dort diskutiert werden. Um zu einer detaillierteren Analyse der Zusammensetzung des Textes aus ökonomischen Einzelthematiken zu gelangen, entwarf ich eine Elementenanalyse. Das inhaltlich definierte Element ist eine Einheit im Text (Kat. 37a-49a).
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4 Kategorienbeschreibung
Diese Elemente betreffen hauptsächlich die angesprochenen wirtschaftlichen Rahmenfaktoren, die sowohl externe ökonomische Vorgänge als auch innerbetriebliche wirtschaftliche Prozesse beschreiben. In einem Beitrag können sie unabhängig vom Thema aufgegriffen werden. Folgend sollen die einzelnen Elemente in ihrer Bedeutung dargestellt werden. Im Mittelpunkt der Medienberichterstattung über Medienunternehmen stehen vor allem die Besitzverhältnisse, Kapitalflüsse, Erträge und Bilanzen und wirtschaftliche Konzentrationsprozesse. Als Rahmen dieser wirtschaftlichen Prozesse ist die ´allgemeine Marktsituation` (Kat. 37a) zu sehen. Da auf der unternehmerischen, betriebswirtschaftlichen Ebene vor allem Unternehmensstrategien, neue Produkte und Managemententscheidungen thematisiert werden und auf der volkswirtschaftlichen Ebene wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen, liegt die Relevanz des Elements ´wirtschaftliche Situation` (Kat. 38) auf der Hand. ´Publizistisches` (Kat. 47) ist als Element von Interesse, da mit der Thematisierung von Medienangeboten des Unternehmens indirekt positive oder negative Werbung für die Produkte gemacht werden kann und das verdeckt im Rahmen der Berichterstattung über wirtschaftliche Gegebenheiten. Ressourcenverknappung oder -erweiterung, die vor allem die Personal-, Recherche- und Veröffentlichungskapazitäten betrifft, wird verdichtet im Element ´Arbeitsbereich` (Kat. 48a) bzw. im Element ´Organisation` (Kat. 46a) erhoben. Aber auch z.B. der Gebührendebatte und der Diskussion über Änderungen des Kartellrechts kann innerhalb eines Beitrags Raum gegeben werden (´Medienpolitik/ Medienrecht`; Kat. 39a). Aufgrund der stetig fortschreitenden Technisierung ist das Element ´technischer Bereich` (Kat. 40a) von Bedeutung. Gerade auch die ´Werbung` (Kat. 41a) stellt für Medienunternehmen aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Werbe- und Anzeigenmarkt einen bedeutenden Faktor dar. Wird Werbung also als Element in der Berichterstattung über Medienunternehmen thematisiert oder ist hier eher eine thematische Tabuzone zu finden? Durch die ´Internationalisierung` (Kat. 44a) wurde die Konkurrenz zwischen Medienunternehmen immer größer und damit der ´Konkurrenzdruck` (Kat. 43a) immer stärker. Die Folge war eine zunehmende ´Konzentration` (Kat. 42a) innerhalb der Medienbranche. Die Frage ist nur, ob diese Einflüsse auch bei der Berichterstattung über ein Medienunternehmen thematisiert werden und wenn ja, mit welcher Intention. In der Berichterstattung können aber ebenso allgemeine Problematiken diskutiert werden wie beispielsweise die Unabhängigkeit der Medien oder Qualitätsverluste, etc., was anhand des Elements ´Medienbranche` (Kat. 45a) erfasst wird. Zudem ist von Interesse, inwieweit auch die ´Rezipienten` (Kat. 49a), also die Zielgruppe der Publikationen, im Beitrag erwähnt werden.
4.3 Erhebung der ökonomischen Rahmenfaktoren
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Die Elemente geben insgesamt einen Einblick, welche Themenbereiche der Medienwirtschaft in einen Artikel über ein Medienunternehmen eingebracht werden. Das Preisgeben von Interna eines Unternehmens oder von externen Einwirkungen kann einerseits zur Transparenz des Mediengeschehens beitragen, andererseits auch gezielt thematisiert werden. Denn schließlich können diese Informationen auch Auswirkungen auf dem Markt haben. Funktionszuweisung der Elemente Da Elemente nicht im Mittelpunkt des Themas stehen, erscheinen sie in einer gewissen Mitteilungsabsicht und sollen eine bestimmte Funktion erfüllen. Sie können entweder der Argumentation dienen, eine Begründung liefern, als Beispiel oder als Information aufgeführt sein (´Funktion des Elemente`/Kat. 37b49b). Durch eine solche Funktionszuweisung kann darauf geschlossen werden, warum bestimmte Elemente thematisiert werden und welchem Zweck sie dienen. Dienen sie etwa nur der Aufklärung und einer transparenten Berichterstattung oder eher der Begründung und Rechtfertigung unternehmerischer Handlungen oder wirtschaftlicher Entwicklungen? Oder werden sie lediglich als Beispiel zur Veranschaulichung eingesetzt? Welche Intention der Journalisten hinter der Verwendung dieser Elemente steckt, kann aufgrund der zeitlichen Dimension der Langzeitstudie nicht über eine Befragung nachgegangen werden. Sie muss auf indirektem Weg über den Kontext in der Berichterstattung erschlossen werden. Dies kann u.a. Aufschluss darüber geben, wie diese wirtschaftlichen Rahmenfaktoren von den Journalisten aufgefasst werden und wie sie diese kommunizieren. Komplexität der Elemente: die externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimension Je mehr Elemente diskutiert werden, desto komplexer ist die Struktur bzw. desto ausführlicher ist die Berichterstattung (´Komplexität der medienbezogenen Rahmenthematiken/Kat. 50). Wie viele Aspekte werden also aufgegriffen? Um zu erkennen, welche Unternehmensbereiche in den Beiträgen über Medienunternehmen am meisten Beachtung finden, werden die jeweils relevanten Elemente auf drei verschiedene wirtschaftliche Dimensionen verdichtet. Dabei wird zwischen einer ´externen` (Kat. 51), ´internen` (Kat. 52) und einer ´betriebswirtschaftlichen Dimension` (Kat. 53) unterschieden. Die Dimensionen werden gebildet, indem die einzelnen, jeweils relevanten Kategorien aus der einzelnen Elementenanalyse kumuliert werden.
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4 Kategorienbeschreibung
4.4 Erhebung der Selektion der Beiträge Journalismus kommt seiner Funktion des Herstellens und Bereitstellens von Themen für die öffentliche Kommunikation (Rühl, 1980, S. 322-324) über die Themenselektion nach. Ereignisse oder Meldungen mit dem höchsten Nachrichtenwert haben nach dem Kausalmodell von Staab (1990, S. 93) die größten Chancen zur Publikation ausgewählt zu werden. Nach seinem Finalmodell (Staab 1990, 96) können die Auswahlentscheidungen jedoch auch „zielgerichtete Handlungen“ sein, indem Nachrichtenwerte zu einem bestimmten Zweck instrumentalisiert werden. Im Sinne der „instrumentellen Aktualisierung“ nach Kepplinger (1989, S. 12) könnten Nachrichtenwerte auch im Interesse des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Verlages ziel- und zweckgerichtet eingesetzt werden (siehe Kap. 1, 3.3.2). Bei der Berichterstattung über Wirtschaftsunternehmen orientieren sich die Wirtschaftsjournalisten nach Ruß-Mohl und Vorkötter (1991) bei der Themenauswahl speziell an Aufmerksamkeitsregeln wie Betroffenheit, örtliche Nähe, Prominenz und Personalisierung, Orientierungshilfe und Service (S. 107). Die Selbstthematisierung im wirtschaftlichen Bereich stellt eine Ausnahmesituation in der Hinsicht dar, dass Medienunternehmen sich auch darüber legitimieren können, dass sie ihr Unternehmen darstellen und damit ihre Identität und Funktionalität herausstellen. Wenn eine Journalismusbeschreibung aber primär hinsichtlich ihres Legitimationspotentials erstellt wird, könnten andere Selektionskriterien zum Zug kommen, die eher den ökonomischen Eigeninteressen unterstellt sind. Bei der öffentliche Kommunikation über das eigene Verlagshaus bzw. die eigene Zeitung stellte Malik (2004) daher eine ´spezielle Selektivität` bei der Nachrichtenauswahl fest (S. 325). Für die Operationalisierung der ´Selektivität` wurden daher Kategorien entwickelt, um der von Malik (2004) konstatierten ´spezifischen` Selektivität bei der Selbstthematisierung auch in Bezug auf die Berichterstattung über Medienunternehmen nachgehen zu können. Es wurden Kriterien operationalisiert, die sich theorie- und empiriegeleitet als sinnvoll für diese Studie erwiesen. Soweit möglich wurden sie den für die Wirtschaftsberichterstattung relevanten Faktoren angelehnt. Die gewählten Selektionskriterien erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da auch andere Faktoren auf die ´Selektivität` wirksam sein können. Die Auswahl der Selektionsfaktoren soll im Folgenden begründet werden. Ereignis als Anlass Journalisten selektieren Informationen nach verschiedenen Kriterien auf ihre Veröffentlichungstauglichkeit. Themen für den Wirtschaftsteil werden zum Bei-
4.4 Erhebung der Selektion der Beiträge
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spiel bei Anlässen wie einer Bilanzvorlage, Hauptversammlung, Jubiläen, Neubauten oder Unternehmenserweiterungen ausgewählt (siehe Kap. 1, 3.3.2). Ähnliches kann auch für die Thematisierung von Medienunternehmen gelten. Anlässe für eine Berichterstattung bieten beispielsweise die Investition in ein neues Produkt, Veränderungen im Kreis der Eigentümer, der Gang an die Börse oder ein Wechsel in der Geschäftsführung. Unterschieden wird vorliegend nach der Ereignisart, also nach Aktions-, Publikations- oder Kommunikationsereignis. Ist demgegenüber kein Ereignis Auslöser für die Berichterstattung, so könnte eine Instrumentalisierung aufgrund unternehmenseigener Interessen vermutet werden. Von Interesse ist daher, ob den Artikeln ein Ereignis zugrunde liegt oder ob die Berichterstattung ereignisunabhängig erfolgt. Wird über ein Unternehmen berichtet, so ist der Nachrichtenwert auf jeden Fall dann höher einzuschätzen, wenn ein Ereignis vorliegt. Es wird die Kategorie ´Ereignis als Anlass` (Kat. 20) gewählt. Die Aktualität der Berichterstattung Verbunden mit einem Ereignis als Berichterstattungsanlass ist auch deren aktualitätsnahe Veröffentlichung. Die Publikationsweise wird daher meist so gewählt, dass die Aussagen möglichst zeitnah zum Vorgang, auf den sie sich beziehen, veröffentlicht werden. Nach dem dreidimensionalen Aktualitätsbegriff von Weischenberg (1998) werden Themen dann veröffentlicht, wenn sie mit einer grundlegenden Orientierung an Aktualitätskriterien, d.h. einer Orientierung an Faktizität, Neuigkeit und Relevanz, zustande kommt. (S. 77 und S. 118) Infolgedessen ist eine öffentliche Kommunikation über wirtschaftliche Entwicklungen in Medienunternehmen durch Schwankungen der Konjunkturlage grundsätzlich erwartbar. Aktualitätsunabhängige Berichte erwecken dagegen eher den Eindruck von grundsätzlichen Unternehmensveröffentlichungen. (siehe Kap. 1, 6.2.2) Der Neuigkeitswert könnte empirisch über einen Realitätsvergleich nachgewiesen werden, was hier jedoch nicht erfolgen soll. Vielmehr soll der Leitcode aktuell – nicht aktuell (´Aktualität`/Kat. 21) untersucht werden. Eine mehr oder weniger zeitnahe Veröffentlichung zu einem veröffentlichungsrelevanten Ereignis kann aus dem Text ersichtlich sein. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass bei der Themenauswahl gerade im Fall der Selbstthematisierung neben sachbezogenen Relevanzkriterien z.B. auch die leichte Verfügbarkeit von Material eine Rolle spielen kann (Meier, 2001, 321-323). So könnte bei der Thematisierung des eigenen Unternehmens zum Beispiel aufgrund des besseren Quellenzugangs eine stärkere Aktualität gegeben sein als bei der Thematisierung anderer Unternehmen. Es ist zu vermuten, dass man sich gerade bei der Berichterstattung über
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4 Kategorienbeschreibung
einen Konkurrenten nicht leichtsinnig dem Verdacht der Diffamierung aussetzen will. Von daher kann es hier zu einer gewissen Diskontinuierung, einem gewissen zeitlichen Aufschub, zugunsten einer genaueren Beobachtung kommen (Schmidt, 2005, S. 33). Wenn diese Annahme von Schmidt (2005) auch für die Berichterstattung über Medienunternehmen zutrifft, so müsste bei der Berichterstattung über Medienunternehmen im Zeitschriften- oder im Rundfunkbereich oder bei Konkurrenzunternehmen im Zeitungssektor eine geringere Aktualität vorhanden sein. Dies gilt es in Kategorie 21 zu untersuchen. Nachrichtenfaktoren Jedoch sind aktuelle Ereignisse nicht alleinige Auslöser für eine Veröffentlichung von Unternehmensberichten. Auch allgemeine Nachrichtenwerte spielen als Selektionskriterien eine Rolle. Das wäre zum einen der Faktor ´Überraschung` (Kat. 55). Wird im Wirtschaftsbereich ´Überraschendes` geschildert, so wird die Verantwortung für das Geschehene nicht auf unternehmerische Entscheidungen zurückgeführt, sondern auf unvorhersehbare Ereignisse. Diese Kategorie interessiert gerade vor dem Hintergrund, dass die Berichterstattung über Medienunternehmen sich auf das Image und auf folgende wirtschaftliche Prozesse auswirken kann. Speziell vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise der Medienunternehmen scheint es interessant, ob die Unternehmenssituation bzw. die Unternehmensentscheidungen mit dem Überraschungsfaktor in Verbindung gebracht werden. Ähnliches gilt für den Nachrichtenfaktor ´wirtschaftliche Bedrohung` (Kat. 56). Weitere Relevanzdimensionen nach Weischenberg (1998) werden über die Erhebung der Nachrichtenfaktoren ´Schaden/Misserfolg` und ´Erfolg/Nutzen` (Kat. 57) innerhalb der Dimensionen ´Positivismus` und ´Negativismus` analysiert. Als negative Ereignisse können z.B. wirtschaftliche Krisen, Misserfolge und Niederlagen angesehen werden. Als positiv werden zum Beispiel eine stabile wirtschaftliche Lage, Produkterweiterungen oder -erneuerungen und Gewinne gewertet. (siehe Kap. 1, 3.3.2) Die positiven oder negativen Wertungen sollen nach Staab (1990) nicht auf der subjektiven Sichtweise eines Beteiligten basieren, sondern auf einem allgemeinen Wertungskonsens (S. 223). Gerade bei der Selbstthematisierung kann aufgrund des schmalen Grades, auf dem sich Journalisten befinden, die Objektivität leiden. Aus diesem Grund soll auch festgehalten werden, ob ein tatsächlicher ´Schaden/Misserfolg` und/oder ´Erfolg/Nutzen` vorliegt oder ein solcher nur als möglich angenommen wird. Diese Unterscheidung ist gerade für die Analyse des Konkurrenzaspektes von Bedeutung, da für die Thematisierung eines möglichen Schadens oder Erfolgs keine direkte Thematisierungsrelevanz oder Notwendigkeit besteht und sie somit
4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz
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als gesteuert angesehen werden kann. Denn wenn Nachrichtenfaktoren wie ´Negativismus` und ´Positivismus` von Journalisten hier taktisch verwendet werden, zum Beispiel um Kontrahenten zu stärken oder zu schwächen, könnte nach Kepplinger (1989) eine „instrumentelle Aktualisierung“ (S. 12) vorliegen. 4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Berichterstattung 4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz Der Medienjournalist beleuchtet in der Rolle des kritischen Selbstbeobachters die Strukturen, Prozesse und Gesetzmäßigkeiten der Medienbranche. Dazu gehört auch die Darstellung ihrer wirtschaftlichen Basis, ihrer Strukturen und Verflechtungen. (Ruß-Mohl, 2000, S. 34). Um Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen, müssen die Medien über die Unternehmen daher umfassend berichten und ihrer Funktion der Information und Aufklärung nachkommen (siehe Kap. 1, 5.1.1). Wenn es dabei um die Darstellung des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Hauses geht, steckt der Medienjournalist in dem Dilemma, dass aus Loyalitätsgründen von ihm eine möglichst positive Darstellung des eigenen Unternehmens erwartet wird, er andererseits aber der ´eitlen Selbstbespiegelung` bezichtigt werden kann. Ein ähnliches Dilemma kann in Bezug auf die Berichterstattung über einen anderen Medienbereich oder über die Konkurrenzunternehmen im Zeitungssektor angenommen werden. Nach Ruß-Mohl schwankt die Berichterstattung über die Konkurrenz vom ´Totschweigen` derselben bis zu deren ´Diffamierung`. (siehe Kap. 1, 6.2.1) Unter diesen Aspekten ist es interessant, wie verständlich, transparent und ausführlich über die verschiedenen Medienbereiche und die verschiedenen Medienunternehmen gerade unter dem Konkurrenzaspekt berichtet wird. 4.5.1 Komplexität der Darstellung Eine komplexe Berichterstattung beschäftigt sich auch mit den Hintergründen, den Ursachen und Folgen von unternehmerischem Handeln. Da es sich um die Offenlegung des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Unternehmens handelt, ist von Interesse, ob sich hier der berühmte ´blinde Fleck` (siehe Kap. 1, 6.1) zeigt oder ob die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten in ihrer ganzen Komplexität dargelegt werden. Eine weniger komplexe Darstellung kann dabei auch für eine gewisse Zurückhaltung in der Berichterstattung über Medienunternehmen stehen. Diesem Aspekt kann empirisch nachgegangen werden, indem
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betrachtet wird, wie detailliert über die jeweilige ökonomische Situation berichtet wird. Darstellung der Zeitebenen Dazu gehört, dass nicht nur der momentane Ist-Zustand dargestellt wird, sondern dass zum besseren Verständnis von Zusammenhängen und von unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen auch frühere, gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen miteinbezogen werden. Mit der Kategorie ´Zeitbezug: Berichterstattungsobjekt` (Kat. 22) soll ermittelt werden, wie komplex ein Unternehmen hinsichtlich seiner Geschichte und Zukunftspläne dargestellt wird. Wird nur das Aktuelle, also Gegenwärtige einbezogen oder wird die Komplexität dadurch erhöht, dass vergangene Prozesse aufgerollt bzw. zukünftige Geschehnisse diskutiert werden? Dazu wird das Vorkommen von drei zeitlichen Ebenen – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – im Beitrag betrachtet. Mit der Thematisierung jeder weiteren Zeitebene steigt die Komplexität der Berichterstattung. Verständlichkeit des Artikels Zur medienspezifischen Funktion der Aufklärung gehört auch, dass die ökonomischen Vorgänge für Laien sprachlich verständlich dargelegt werden. Weg vom unverständlichen ´Fachchinesisch` geht daher auch die Entwicklung in der allgemeinen Wirtschaftsberichterstattung (Ruß-Mohl, 1991, S. 11). Schuld an der schweren Verständlichkeit waren die geschraubte und unklare Sprache voller Überhöhungen, die Verwendung von Fremdwörtern und Anglizismen und ein nur schwer lesbarer Nominalstil. (siehe Kap. 1, 3.3.7) Wenn sich die Berichterstattung jedoch hauptsächlich an (medien-)wirtschaftliche ´Laien` richtet, wovon bei überregionalen Zeitungen weitgehend ausgegangen werden kann, gehört dazu vor allem eine verständliche Sprache, eine einfache Satzstruktur und die sparsame Verwendung von wirtschaftlichen Fachausdrücken (Hickethier, 2005, S. 64-66). Aufschluss darüber soll die Kategorie ´Verständlichkeit` (Kat. 34) geben, die über einen Intensitätsgrad erfasst wird. Grad der Aufklärung Doch es geht nicht nur darum, die wirtschaftlichen Inhalte in einer allgemein verständlichen Sprache zu vermitteln, wirtschaftliche Einzelereignisse sollen
4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz
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zudem in Gesamtzusammenhänge gebracht und deren Konsequenzen aufgezeigt werden. Indem zum Beispiel politische und ökonomische Machtverhältnisse offen gelegt werden, erhält der Leser mehr Aufklärung und damit mehr Medienkompetenz, da er Angebote und Informationen besser einordnen kann. Journalismus dient nämlich der Orientierung in einer komplexen Umwelt, in Bezug auf die Selbstthematisierung auch der Orientierung und Aufklärung im Medienbereich (siehe Kap. 1, 5.1.1 und 5.1.3). Von Interesse ist daher in diesem Zusammenhang, wie ausführlich über den Untersuchungszeitraum hinweg Medienunternehmen dargestellt wurden und inwieweit wirtschaftliche Grundgegebenheiten auf die Komplexität der Darstellung Einfluss hatten. Je nachdem wie ausführlich und verständlich Informationen über ein Unternehmen gegeben werden, kann die Rezeption wirtschaftlich komplexer und schwieriger Thematiken behindert oder gefördert werden. Durch die Erfassung eines Intensitätsgrades, der sich aus mehreren Aspekten zusammensetzt, soll daher der Aufklärungsgrad erfasst werden (´Grad der Aufklärung: Zusatzinformationen`/Kat. 35). Es wird untersucht, ob eine Einbettung in den Medienkontext vorgenommen wird, ob z.B. auf Hintergründe eingegangen wird, Zahlenangaben gemacht oder Aussageträger herangezogen werden. Damit soll geklärt werden, wie ausführlich über das jeweilige Medienunternehmen berichtet wird. 4.5.2 Transparenz bei der Darstellung Medienjournalisten befinden sich auf einer beständigen Gratwanderung zwischen der Loyalität gegenüber ihrer Zeitung und der Verpflichtung, in transparenter und objektiver Weise über die Lage der Medienunternehmen zu informieren. Um den Qualitätskriterien Objektivität und Glaubwürdigkeit nachzukommen, muss Transparenz für den Leser hergestellt werden (siehe Kap. 1, 3.3.3). Über verschiedene Kategorien soll die Transparenz empirisch fassbar gemacht werden. Journalisten müssen dazu zunächst einmal Transparenz herstellen über die Recherchequelle, also den Verfasser des Artikels. Zum anderen sollen sie das thematisierte Unternehmen insofern transparent vorstellen, dass sie die jeweilige Verlag- oder Konzernzugehörigkeit und damit wirtschaftliche Verflechtungen und Zusammenhänge offenlegen. Zur Transparenz gehört ebenfalls, dass Aussagen über das jeweilige Medienunternehmen belegt werden, indem sie zum Beispiel über Zahlen dokumentiert oder Gründe für zugeordnete ´Stärken und Schwächen` und für ´Erfolg und Schaden` genannt werden. Wird über bestimmte Unternehmen transparent, über andere weniger transparent berichtet, so sind möglicherweise ökonomische Gegebenheiten oder der Konkurrenzaspekt dafür verantwortlich. Denn eine transparente Berichterstattung stellt auch eine Mög-
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lichkeit dar, sich gegenüber anderen, also der Konkurrenz, abzugrenzen und damit das Image des eigenen ´Produkts` Zeitung zu beeinflussen. Angabe der Recherchequelle Zur transparenten Darstellung gehört zunächst die exakte Angabe der Recherchequelle (siehe Kap. 1, 3.3.4). Nach Jarren & Donges (2002) kann die Wahrnehmung, Verarbeitung und Vermittlung von Informationen unterschiedlich erfolgen, zum Beispiel eher assoziativ, wenn Informationen weniger selbst recherchiert, sondern nach ihrer augenblicklichen Verfügbarkeit wahrgenommen und verarbeitet werden. Die Informationen können jedoch auch weniger nach ihrer publizistischen Relevanz, sondern mehr nach den jeweiligen Interessen gewisser Zielgruppen beschafft, verarbeitet und vermittelt werden. (Jarren & Donges, 2002, S. 78) In diesem Sinne könnten eventuell ökonomische Interessen der Verlagsleitung zugrunde liegen. Dies kann mit dieser Studie zwar direkt nicht nachgewiesen werden, es kann jedoch festgehalten werden, wie transparent die Recherchequelle genannt wird, ob die Recherche vom Journalisten selbst erfolgt, ob die Redaktion dahinter steht oder ob die Information von einer Nachrichtenagentur kommt. Nach einer Studie von Schenk und Rössler (1996) wird bei der klassischen Wirtschaftsberichterstattung überwiegend auf Agenturmeldungen zurückgegriffen. Sie sehen darin die Gefahr, dass Wirtschaftsberichterstattung nur noch Veröffentlichung von Verlautbarungen bzw. PR-Maßnahmen von Unternehmen ist (S. 22). Die überregionalen Zeitungen setzen im Wirtschaftsressort dagegen laut Mast (1999b) grundsätzlich mehr auf Eigenrecherche (S.91-93). Ob dies auch für die Berichterstattung über Medienunternehmen gilt, könnte sich hier nachweisen lassen. Möglicherweise können auch ökonomische Faktoren oder Konkurrenzaspekte das Rechercheverhalten beeinflussen. Das Ausmaß der Eigenrecherche kann zudem als Indikator für das Ausmaß einer kritisch meinungsbildenden oder eher zurückhaltend neutralen Berichterstattung identifiziert werden. Im Fall von Eigenrecherche könnte sich ein Journalist angesichts des heiklen Themenbereichs durch eine namentliche Nennung offen der Kritik aus dem Kollegenkreis aussetzen. Weniger offen ist die Nennung eines Kürzels oder das Redaktionskürzel. Es wird die Kategorie ´Recherchequelle` (Kat. 11) erhoben.
4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz
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Wirtschaftliche Zuordnung des Hauptakteurs Der heutige Medienmarkt ist von zahlreichen Verflechtungen, Kooperationen und Fusionen gekennzeichnet. Da dieses Netz inzwischen sehr komplex und vielfältig ist, sind die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den verschiedenen Medienunternehmen nicht immer allgemein bekannt. So ist es zwar offensichtlich, dass die ´SZ` dem ´Süddeutschen Verlag` zuzuordnen ist. Ebenso ist die Verbindung zwischen ´Bild-Zeitung` und ´Springer-Verlag` allgemein bekannt, doch von dessen Beteiligung an der ´ProSiebenSat.1Media-AG` dürften nur wenige Kenntnis haben. Medienunternehmen können ihr eigenes Medium dazu nutzen, um auf ihre Produkte aufmerksam zu machen oder ein positives Image aufzubauen. Diese Form der indirekten Eigenwerbung kann natürlich auch für Beteiligungsunternehmen, Tochtergesellschaften oder crossmediale Verbindungen genutzt werden (siehe Kap. 1, 6.2.3). Dies kann allein schon erreicht werden durch positive Meldungen wie wirtschaftliche Erfolge, Produkterweiterungen oder Journalistenpreise. Daher ist es im Interesse einer umfassenden und transparenten Aufklärung wichtig, dass bestehende Abhängigkeiten offen gelegt werden. Es soll daher ermittelt werden, ob die Zugehörigkeit zum ökonomischen Überbau im Beitrag erwähnt wird und damit für den Leser transparent gemacht wird (´Zuordnung: Hauptakteur`/Kat. 15). Bei der Berichterstattung über Medienunternehmen besteht – wie schon dargelegt – die Gefahr von Eigenlob oder von Diffamierung der Konkurrenz. Diese besteht noch viel subtiler, wenn über eigene Beteiligungsunternehmen oder diejenigen der Konkurrenz berichtet wird, ohne dass die Verflechtungen bekannt gegeben werden. Gerade aus diesen Gründen erscheint die Frage nach der Offenlegung von Beteiligungen und der allgemeinen Zugehörigkeit zu einem übergeordneten Verlag oder Konzern wichtig. Konkretisierung der Unternehmensdarstellung durch Zahlenangaben Im Sinne der Verständlichkeit für den Leser wurde laut Mast (1999b) bei der klassischen Wirtschaftsberichterstattung in den letzten Jahren mit Zahlen und schwierigen Daten sparsamer umgegangen (S. 179-181). Auf der anderen Seite können wirtschaftliche Daten genaue Angaben über Auflagen, Reichweiten, Verluste und Gewinne geben und dienen der transparenten Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens. Die Erfassung von ´Zahlenangaben` erfolgt mit Kategorie 36. Die Erwähnung von Unternehmenszahlen dient jedoch nicht nur der Einschätzung der wirtschaftlichen Situation eines Medienunternehmens. Zahlen können durch den ihnen immanenten Wer-
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4 Kategorienbeschreibung
tungscharakter auch zielgerichtet benutzt werden, um sich gegenüber der Konkurrenz abzusetzen, das eigene Haus positiv hervorzuheben oder die Konkurrenz in schlechtem Licht dastehen zu lassen. Von daher wird zusätzlich zum Vorkommen von Zahlenangaben auch die jeweilige Wertungsrichtung (negativ/positiv/ambivalent) der Zahlen erhoben, um herauszufinden, ob positive bzw. negative Zahlen gezielt eingesetzt werden. Die Wertung ergibt sich aus dem Kontext. Gründe für Erfolg und Schaden Nachrichtenfaktoren des ´Positivismus` bzw. ´Negativismus` treten z.B. durch Faktoren wie ´Erfolg` oder ´Schaden` hervor, die oft ausschlaggebend für die Themenselektion sind. Im Hinblick auf die transparente Darstellung der Medienunternehmen ist jedoch nicht ihre reine Erwähnung ausschlaggebend, sondern welche Gründe für den ´Erfolg` oder ´Misserfolg/Schaden` angeführt werden (Kat. 58 und 59). Dies hat nämlich Auswirkungen auf die Rezeption und die Einschätzung des Medienunternehmens durch die Leser. Die Verantwortung für Erfolge oder Misserfolge kann auf diese Weise entweder dem Unternehmen zugeordnet werden oder anderen äußeren Einflüssen, wie etwa der konjunkturellen Lage. Von Interesse ist, ob der ´Schaden` bzw. der ´Erfolg` z.B. als selbstverschuldet (z.B. wirtschaftlicher Erfolg durch eigenes Sanierungskonzept oder Schaden durch hausgemachte Fehler) oder fremdverschuldet (z.B. durch die Werbe- oder Anzeigenflaute bzw. die allgemeine Konjunkturschwäche) gesehen wird. Darüber Aufschluss geben kann der Kontext, in dem der ´Erfolg` und/oder ´Schaden` präsentiert wird. 4.6 Erhebung der Faktizität Um Glaubwürdigkeit und Vertrauen im Bereich der medialen Unternehmensberichterstattung zu erreichen, muss die Berichterstattung vor allem den Qualitätsmerkmalen ´Sachlichkeit` und ´Objektivität` folgen (siehe Kap. 1, 3.3.3). Dazu gehört neben einer exakten Recherche eine weitgehende Faktizität bei der Darstellung. Deswegen ist von Interesse, wie faktenreich bei der Darstellung von Medienunternehmen berichtet wird.
4.7 Erhebung der Charakterisierung von Medienunternehmen
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Gewählte Darstellungsform Dazu wird die Kategorie ´Darstellungsform` (Kat. 12) erhoben. Journalistische Darstellungsformen schematisieren verschiedene medien- und formatspezifische Routinen der Aufbereitung und Gestaltung von Informationen (Marcinkowski, 1993, S. 104) je nach Inhalt und Wirkungsabsicht der Journalisten. Weiß (1985; 1986; 1988) unterscheidet zwischen informierenden und meinungsbildenden Darstellungsweisen und einem sogenannten Zwischengenre. (siehe Kap. 1, 3.3.5) Auch wenn bei einer stark wirtschaftlichen Thematik eher von informierenden Darstellungsformen auszugehen ist, so hat sich laut Literatur beim Wirtschaftsjournalismus in den letzten Jahren (vgl. dazu Mast 1999b, 2000, 2003) eine Entwicklung hin zur Orientierungshilfe für den Rezipienten und damit zu mehr interpretierenden und kommentierenden Darstellungsformen entwickelt. Es geht hier jedoch nicht nur um reinen Wirtschaftsjournalismus, sondern im Besonderen um Medienjournalismus, der noch keine professionellen eigenen Kriterien herausgebildet hat. Krüger & Müller-Sachse (1999) haben für den Medienjournalismus in Tageszeitungen allgemein festgestellt, dass Meinungsdarstellungsformen verhältnismäßig wenig eingesetzt werden und informierende Darstellungsformen dominieren (S. 69). Ob sich diese Sachlichkeit auch bei der Berichterstattung über Medienunternehmen feststellen lässt oder meinungsäußernde Darstellungsformen vermehrt vorkommen, soll durch Kategorie 12 erhoben werden. Durch die Wahl der jeweiligen Textgattung kann nachvollzogen werden, auf welche Weise Journalisten den Inhalt vermitteln und welche Wirkung sie erzielen wollen. Der Faktizitätsgrad In ihrer offensichtlichsten Form bedeutet Information Tatsachenvermittlung beobachtbaren Geschehens. Spekulationen dagegen bilden den Gegensatz dazu und stellen ungesicherte Tatsachen und Vermutungen dar. Die Kategorie ´Faktizität` (Kat. 24) soll erfassen, ob sich die Berichterstattung über Medienunternehmen überwiegend auf Tatsachen oder auf Spekulationen stützt. 4.7 Erhebung der Charakterisierung von Medienunternehmen Nach den Kategorien, die festhielten, wie transparent und umfassend über Medienunternehmen berichtet wird, beschäftigen sich die folgenden Kategorien damit, wie die Medienunternehmen charakterisiert und dargestellt werden. Die
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4 Kategorienbeschreibung
Charakterisierung kann direkt durch den Journalisten oder indirekt über Aussageträger und/oder ein sekundäres Berichterstattungsobjekt, also ein weiteres Medienunternehmen im Text, erfolgen. Daneben erhält ein Unternehmen auch durch Personalisierung (siehe Kap. 1, 3.3.7) über einen Unternehmensrepräsentanten ein charakteristisches Profil. In welchem Ausmaß und in welcher Form Personalisierung in der Berichterstattung über Medienunternehmen erfolgt, sollen folgende Kategorien erheben. 4.7.1 Charakterisierung durch den Journalisten Eine Charakterisierung der Medienunternehmen kann der Journalist direkt im Text über die explizite Nennung von Eigenschaften vornehmen. Weitere indirektere Möglichkeiten, um das Profil eines Unternehmens anschaulich darzustellen, sind die Charakterisierung über die definitive Zuordnung von Handlungsaktivitäten oder von Stärken und Schwächen. Handlungsformen Von der wirtschaftlichen Seite sind es vor allem Handlungen und Entscheidungen eines Unternehmens, die seinen Charakter nach außen hin darstellen. ´Fortschritt`, ´Rückschritt` und ´Stagnation` sind die Handlungsformen, die in ökonomischen Prozessen von spezieller Relevanz sind, da sie das Unternehmen agierend in seinem wirtschaftlichen Umfeld zeigen. Bei der Schilderung dieser Handlungen kann das Unternehmen jeweils eine aktive oder eher passive Rolle einnehmen. Wirtschaftlich bedeutsame Handlungen aktiver Form sind ´Fortschritt` und ´Rückschritt`, ´Stagnation` ist eher passiv zu sehen. Da diese Handlungsformen per se schon eine gewisse Wertung beinhalten, prägen sie das Bild des dargestellten Unternehmens bzw. seiner wirtschaftlichen Handlungskompetenz und beeinflussen auf diese Weise die Rezeption der Leser. Während ´Fortschritt` immer etwas Positives ausdrückt, sind ´Stagnation` und ´Rückschritt` eher negativ behaftet. Die Thematisierung dieser wirtschaftlichen Handlungsformen kann den Unternehmenscharakter deutlich darstellen und somit das Image des jeweiligen Unternehmens in hohem Maße beeinflussen. Von Interesse ist nun, welche Handlungen vornehmlich geschildert werden. (´Handlungsform Berichterstattungsobjekt`/Kat. 23).
4.7 Erhebung der Charakterisierung von Medienunternehmen
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Thematisierung von Stärken und/oder Schwächen Zur Darstellung des Unternehmensprofils gehört auch die Darstellung von ´Stärken` und ´Schwächen` eines Unternehmens. Da hier im Besonderen die Leistungsstärke des Medienunternehmens – sowohl in wirtschaftlicher, als auch implizit in publizistischer Hinsicht – angesprochen wird, ist dieser Bereich sehr sensibel, da er in enger Verbindung zum Image des Unternehmens steht. Weil die Außenwirkung auf Rezipienten und Werbekunden wieder unmittelbare Auswirkungen auf den ökonomischen Bereich des Medienunternehmens haben kann, besteht hier wiederum die Gefahr einer Beeinflussung der Berichterstattung, indem ´Stärken` oder ´Schwächen` zielgerichtet und zweckgebunden veröffentlicht werden. Hinweise auf ´Stärken` und/oder ´Schwächen` (Kat. 25) im Text könnten somit Aufschluss über möglicherweise gezielt eingesetzte Charakterisierungsprofile geben. Charakterisierung der Medienunternehmen durch Eigenschaften Die Charakterisierung eines Unternehmens kann auch direkt über die Zuordnung von Eigenschaften erfolgen, die in den meisten Fällen implizit auch eine Wertung beinhaltet (Mast, 1999a, S. 35). Je nachdem, welches Adjektiv einem Berichterstattungsobjekt beigeordnet wird (Kat. 26a-c), erfährt es eine andere Werthaltigkeit. Als Beispiel seien die entgegengesetzten Adjektive ´defizitär` oder ´expandierend` zu nennen. Eigenschaften, die in Bezug auf ein Medienunternehmen erwähnt werden, können sich beispielsweise auf die Größe bzw. Bedeutung eines Unternehmens oder auf seine Positionierung am Markt beziehen, aber auch seine Kompetenz, Flexibilität und sozialen Eigenschaften beschreiben. Selbst Eigenschaften, die nur die publizistische Qualität des Medienproduktes betreffen, lassen Rückschlüsse auf Kompetenz und Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu. Eine erstellte Eigenschaftsliste soll diese Imagevermittlung in der Berichterstattung aufschlüsseln. 4.7.2 Charakterisierung durch den Aussageträger Laut Hickethier (2005) vermeiden es Medienjournalisten eher, eine explizit eigene Meinung zu formulieren, besonders wenn es um ihren eigenen Medienbereich geht. Um sich unangreifbar zu machen und sich gegen mögliche negative Folgen ihrer Darstellung abzusichern, zitieren sie in ihren Texten lieber die Ansichten anderer Personen (S. 64). Diese können aus dem Medienbereich oder aus ande-
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ren externen Bereichen kommen. Der Medienjournalist hält sich dadurch mit seiner Meinung zwar konkret zurück, kann seiner kritischen Einschätzung aber auf dem indirekten Weg über zitierte Urteile sogar größeres Gewicht verleihen. Gleichzeitig stellen Zitate eine geeignete Möglichkeit dar, Inhalt zu schaffen, da das ökonomische Denken der Aussageträger in die Argumentation des Medienjournalisten übernommen wird. Sie wollen sich nicht dem Verdacht der ´Nestbeschmutzung` oder der Eigenwerbung aussetzen. Die häufige Verwendung von direkten und indirekten Zitaten von kompetenten ´Aussageträgern` (Kat. 61) soll der Berichterstattung einen hohen Grad an Authentizität verleihen (Mast, 2003, S. 128-138; Nawratil, 1997, S. 179). Für den Rezipienten werden damit Wahrheitsgehalt und Glaubwürdigkeit der Darstellung untermauert. Nach Hickethier (2005) werden die Zitierquellen in den Berichten meist anonymisiert. Beispiele dafür sind Angaben wie „ein Beteiligter berichtet“, „heißt es in der Medienbranche“ (S. 64-65). Wird die Identität des Aussageträgers verschwiegen, entwertet dies jedoch die Aussage und lässt den Informationsgehalt fragwürdig erscheinen. Eine exakte namentliche Nennung des Aussageträger (z.B. „Mathias Döpfner“) bzw. zumindest seiner Position oder Zugehörigkeit („der Chefredakteur der Welt“) gibt dem Leser dagegen Orientierungshilfe, damit er Relevanz und Glaubwürdigkeit dieser Aussage einordnen kann. Um auch dem Kriterium der Objektivität gerecht zu werden, werden Zitate oft nicht nur von einem Aussageträger, sondern von verschiedenen Aussageträgern herangezogen. Je mehr Aussageträger herangezogen werden, desto eher steigt die Glaubwürdigkeit (Kat. 60). In Bezug auf die Glaubwürdigkeit spielt es zudem eine Rolle, ob die Eigenschaften, die dem Hauptakteur oder dessen Handlung zugeordnet werden, im Fließtext oder in einem wörtlichen Zitat erscheinen. Werden sie im Fließtext genannt, so werden sie vom Rezipienten eher der Einschätzung des Journalisten zugeordnet und damit der berichtenden Zeitung. Taucht eine Eigenschaft jedoch im Zitat auf, so geht die Meinung von einem Dritten aus, der nicht unbedingt in Beziehung zur berichtenden Zeitung steht. Dadurch kann der berichtenden Zeitung auch keine Voreingenommenheit unterstellt werden. Dies soll in Kategorie 29 ´Referenz der Eigenschaften: Aussageform` erhoben werden. 4.7.3 Charakterisierung durch das sekundäre Berichterstattungsobjekt Neben dem primären Berichterstattungsobjekt (=das Objekt, das den meisten Raum im Beitrag einnimmt), kann auch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt (=das Objekt, das neben dem primären Berichterstattungsobjekt im Beitrag genannt wird) thematisiert werden. Die Kategorie ´Vorkommen: sekundäres Berichterstattungsobjekt` (Kat. 30) erfasst, ob der Fokus speziell nur auf ein Unter-
4.7 Erhebung der Charakterisierung von Medienunternehmen
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nehmen gerichtet wird oder ob im gleichen Kontext noch andere Medienunternehmen thematisiert werden. Trifft letzteres zu, so interessiert zunächst, in welcher wirtschaftlichen Beziehung die erwähnten Unternehmen zum primär thematisierten Unternehmen stehen. Dazu wird zunächst die intra- bzw. intermediale Beziehung (Kat. 31) zwischen den beiden dargestellten Berichterstattungsobjekten festgestellt. Es wird also untersucht, ob sie aus demselben Medienbereich stammen oder aus anderen Medienbereichen. Je nachdem wie nah das Verhältnis ist, bekommt eine Gegenüberstellung eine andere Gewichtung. Eine Gegenüberstellung zwischen Unternehmen im selben Mediensektor (direkte Intramedialität) und damit auf demselben Teilmarkt enthält aufgrund des näheren Konkurrenzverhältnisses eine brisantere Aussage, als wenn ein Unternehmen aus einem anderen Mediensektor (indirekte Intramedialität oder Intermedialität) Erwähnung findet, das in keiner so großen wirtschaftlichen Konkurrenz zum primären Berichterstattungsobjekt steht. Zudem wird jenseits der medialen Beziehung untersucht, in welchem allgemeinen (Wettbewerbs-)verhältnis die Berichterstattungsobjekte zueinander dargestellt werden. Es wird das ´emotionale` Verhältnis betrachtet, also ob eine konkurrenzorientierte oder eher eine solidarische Beziehung besteht. Oder wird das primäre Berichterstattungsobjekt eher in Zusammenhang mit Unternehmen gestellt, mit denen es über Beteiligungen verflochten ist, zu denen also ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis besteht. Fraglich ist, ob solche Wettbewerbsverhältnisse kommuniziert werden. Stehen sich Konkurrenten, Solidaritätspartner oder beteiligte Unternehmen in einem Beitrag unmittelbar gegenüber? (´primäres - sekundäres Berichterstattungsobjekt: Verhältnis`/Kat. 33) 4.7.4 Personalisierung als Charakterisierung Eine höhere Identifikationsmöglichkeit und eine stärkere emotionale Bindung zu einem Unternehmen kann durch Personalisierung (siehe Kap. 1, 3.3.7) erreicht werden. Personalisierung durch die Darstellung eines Repräsentanten des Unternehmens Unternehmerische Handlungen und Entscheidungen wie zum Beispiel Einsparungen, Investitionen oder Sanierungsmaßnahmen gehen auf Personen oder Gruppen zurück, die diese getätigt haben und ihnen damit auch zugeordnet werden können. Wirtschaftsthemen oder strategische Entscheidungen werden daher gern an Einzelpersonen geknüpft, die meist Mitglieder der Unternehmensführung
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4 Kategorienbeschreibung
sind. (Schenk & Rössler 1996, S. 75) Wenn diese Personen nun in Bezug auf das Unternehmen genannt werden, stehen sie im Auge der Rezipienten als Repräsentanten des Unternehmens auch als Identifikationsfigur für dieses Unternehmen. Status und Kompetenz des Repräsentanten wird auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens übertragen. Dadurch wird den Rezipienten ein emotionaler Zugang zum dargestellten Unternehmen erleichtert. Umgekehrt können für unternehmerische Fehlentwicklungen im Unternehmen auch die Entscheidung des Firmenrepräsentanten verantwortlich gemacht werden. Durch diese Funktion eines ´Sündenbocks` kann das Unternehmen entlastet und eine größere Beschädigung des Verlagsimages vermieden werden. Deshalb werden als Unternehmensrepräsentanten vorwiegend Entscheidungsträger, also Mitglieder der Unternehmensführung, Anteilseigner oder Chefredakteure herangezogen. (siehe Kap. 1, 3.3.7) In Kategorie 54 wird die ´Personalisierung` durch einen Repräsentanten des Unternehmens untersucht. Personalisierung durch den Einsatz von Eigenschaften Personalisiert wird ein Unternehmen auch, indem ihm Eigenschaften zugeordnet werden, wie Stärke, Kompetenz, etc.. Diese Eigenschaften können sowohl dem Medienunternehmen selbst zugeordnet werden oder nur einer Unternehmenshandlung. Es wurde daher erhoben, ob sich die Eigenschaften direkt auf das Berichterstattungsobjekt, also das Unternehmen, beziehen oder vielmehr auf seine Handlungen (Kat. 27a-c). Ersterer Bezug fokussiert stärker das Unternehmen und erreicht damit einen höheren emotionalen Bindungswert. Eigenschaften, die einem Unternehmen direkt zugeordnet werden, prägen die Erwartungshaltung der Rezipienten auch in Hinsicht auf deren publizistische Qualität und Kompetenz. Da Medienprodukte in gewisser Weise Markenartikel sind, haben Eigenschaften, die dem produzierenden Unternehmen zugeordnet werden, auch ökonomische Auswirkungen, nämlich auf ihre Akzeptanz und damit auf den Absatz des Produktes. Beziehen sich Eigenschaften dagegen auf Handlungen, haben sie nur Geltung für ein vorübergehendes, zeitlich begrenztes Tun. Dadurch kann ihnen nicht so viel Bedeutung zugesprochen werden, auch wenn Handlungen zum Teil Ausdruck der Kompetenz in unternehmerischer und publizistischer Hinsicht sein können. Es macht also einen Unterschied, ob das Unternehmen selbst direkt charakterisiert wird oder ob dessen Eigenschaften nur indirekt über Handlungen dem Unternehmen zugeordnet werden. Letzteres stellt eine abgeschwächte Form der Charakterisierung dar. Bezieht sich jedoch die Eigenschaft auf das Unternehmen selbst, so kann ein starker Personalisierungseffekt eintreten, der gleichzeitig durch die Adjektive einen wertenden Charakter beinhaltet.
4.8 Erhebung der Wertungen
183
4.8 Erhebung der Wertungen Der letzte Komplex zielt auf die Wertungstendenz der Darstellung von Medienunternehmen. Gerade dieser Punkt spielt hinsichtlich der Vermutung einer gewissen Instrumentalisierung aufgrund ökonomischer Interessen eine bedeutende Rolle. Schließlich ist für das Image eines Unternehmens nicht so entscheidend, wie oft oder in welchem Umfang es in der Zeitungsberichterstattung auftaucht, sondern in welchem Wertungskontext es dargestellt wird. Es geht darum, wie die Identität eines Unternehmens herausgestellt wird, auch und gerade gegenüber der Konkurrenz. Die Bewertung eines Unternehmens ist nicht unbedingt nur das Ergebnis bloßer Unternehmenszahlen und Fakten, sondern auch Folge der publizistischen Darstellung der Unternehmenssituation und -leistung. Letzteres ist zwar eigentlich Aufgabe der Public Relations, könnte aber auch unterschwellig über die Art der Berichterstattung erfolgen. In diesem Falle kämen eventuelle Abhängigkeiten der Journalisten von ökonomischen Verlagsinteressen zum Tragen. Solche Determinationen könnten über Unterschiede in der Darstellung des eigenen Medienbereichs gegenüber anderen Medienbereichen, im Besonderen aber zwischen der Darstellung des eigenen Hauses und der von Konkurrenzunternehmen, erfasst werden. Zwar kann nicht geklärt werden, worauf die Intention der Journalisten jeweils gründet, jedoch ist erfassbar, ob unterschiedlich wertende Tendenzen in der Berichterstattung zu finden sind. Mast (1999a) prognostizierte für die reine Wirtschaftsberichterstattung im Rahmen einer zunehmenden Personalisierung und Emotionalisierung unter anderem auch einen weiteren Anstieg von wertenden Stellungnahmen. Es stellt sich daher zusätzlich die Frage, ob diese Prognose im Untersuchungszeitraum auch für die Unternehmensberichterstattung im medialen Bereich zutrifft. Wertungen haben großen Einfluss auf die Rezipienten und ihr Konsumenten-Verhalten und damit auch indirekt auf den wirtschaftlichen Erfolg der Medienunternehmen. Ob diese Wertung nun indirekt über Unternehmensvergleiche oder Aussageträger oder offen über wertende Stellungnahmen des Journalisten erfolgt, ist dabei unerheblich. In jedem Fall enthalten Wertungen großes Manipulationspotential. Vorliegend soll die Wertung detailliert aus mehreren Perspektiven erhoben werden. Die Wertungsrichtung wird dabei direkt über explizit in den Worten selbst enthaltene Wertungen oder indirekt aus dem Kontext erschlossen. Wertungstendenz der Elemente Die verschiedenen Rahmenfaktoren, die Einfluss auf die Entwicklung der Medienbranche nahmen, wurden über die Erfassung von (Text-)elementen (Kat. 37a
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4 Kategorienbeschreibung
bis 49a) operationalisiert. Über die verschiedenen Elemente können vom Medienjournalisten Wertungen manifest oder latent vermittelt werden. Wie die Elemente rezipiert werden, hängt vor allem davon ab, ob sie einen ambivalenten, positiven oder negativen Impetus aufweisen. Um einer möglichen bewussten Meinungsbeeinflussungen durch Journalisten aufgrund ökonomischer Interessen auf die Spur zu kommen, wurde die Wertungsrichtung der Elemente erhoben. (´Tendenz des Elements`/Kat. 37c-49c). Wertung durch einen Vergleich von Medienunternehmen Wertungen eines Medienunternehmens werden vor allem dann vorgenommen, wenn dieses in Vergleich zu einem oder mehreren anderen Medienunternehmen gestellt wird. Durch eine Einordnung in den Kontext des Medienmarkts kann im Text eine direkte Auf- oder Abwertung erfolgen. Damit verbunden ist auch eine Bewertung der Medienbeziehung zwischen primärem und sekundärem Berichterstattungsobjekt durch den Journalisten. Durch den Vergleich von Unternehmen oder deren ökonomische Situationen kann die Lage des primären Berichterstattungsobjekts gerechtfertigt, relativiert, verstärkt oder abgeschwächt werden, je nachdem welche Wertungsrichtung sich für das primären Berichterstattungsobjekt durch den Vergleich ergibt. Diese kann positiv, negativ oder ambivalent ausfallen. In welcher Bewertungsrichtung ein Vergleich jeweils für das primäre Berichterstattungsobjekt ausfällt und ob dahinter eine bestimmte Intention zu vermuten ist, soll mit der Kategorie ´Vergleich: primäres und sekundäres Berichterstattungsobjekt` (Kat. 32) geklärt werden. Die Wertungsrichtung wurde dabei nur dann erhoben, wenn überhaupt ein Vergleich mit einem sekundären Berichterstattungsobjekt vorkam. Wertung durch Eigenschaften Ordnet der Journalist einem Unternehmen oder dessen Handlungen Eigenschaften zu, so nimmt er gleichzeitig eine Wertung vor. Je nachdem, ob ein Unternehmen als ´erfolgreich`, oder ´defizitär`, eine Handlung als ´gewinnbringend` oder ´verlustreich` beschrieben wird, wird das Bild des Unternehmens positiver oder negativer gezeichnet. Auf diese Weise kann die Rezeption der Leser beeinflusst werden. Über Adjektive kann implizit Stärke oder Schwäche, Leistungsfähigkeit oder Versagen, Kompetenz oder Unfähigkeit ausgedrückt werden. Da eine Eigenschaft unterschiedliche Wirkung auf die Rezipienten haben kann, ist es daher notwendig, die ´Tendenz der Eigenschaften` (Kat. 28a-c) festzuhalten.
4.8 Erhebung der Wertungen
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Zum einen kann damit festgestellt werden, ob sich Korrelationen zwischen Wertungsrichtung und medienwirtschaftlicher Konjunkturlage ergeben (Dabei geht man von der Annahme aus, dass Medienunternehmen in wirtschaftlich guten Zeiten positiver und in wirtschaftlich rezessiven negativer dargestellt werden). Zum anderen kann ermittelt werden, ob im Wettbewerb mit anderen Zeitungsunternehmen Eigenschaften eventuell gezielt im Konkurrenzkampf eingesetzt werden, indem durch sie ein positives oder negatives Image gefördert, herausgestellt oder im Gegenteil abgeschwächt und verharmlost wird. Zur differenzierteren Betrachtung, bietet es sich an, den Grad der Bewertung zusätzlich über Steigerungsformen der Adjektive zu erfassen. Sie können im Positiv, Komparativ oder Superlativ verwendet werden. Durch den Grad der positiven oder negativen Verstärkung oder Abschwächung kann gewährleistet werden, dass man gerade bei Eigenschaften von einer Tendenz in der Berichterstattung sprechen kann. Denn durch Steigerungen können in der Berichterstattung deutlich Akzente gesetzt werden. Wertungen: Fließtext, Überschrift, Zitat Wertungen können vom Journalisten einerseits direkt erfolgen über wertende Stellungnahmen in Überschrift und Text und andererseits indirekt über Zitate mittels Aussageträgern. Wertungen in der Überschrift prägen den ersten Eindruck und können durch Umfang und Schriftbild noch verstärkt Aufmerksamkeit erzeugen. Weitere Wertungen durch den Medienjournalisten erfolgen im Fließtext, in dem er seine Meinung äußert und wertend Stellung bezieht. Die Wertungsrichtung muss dabei indirekt über den Kontext aus dem Gesamteindruck, also über eine subjektive Rezipientenaufnahme, erschlossen werden, was natürlich einige Unsicherheiten birgt. Zur Bestimmung der Wertungsrichtung dient ein Katalog von Bewertungskriterien. Neben einer direkten eigenen Wertung kann der Journalist auch indirekt wertend Stellung beziehen über die Zitierung von Dritten. Da die Auswahl der Aussagen jedoch ebenfalls vom Journalisten vorgenommen wird, kann auch diese Wertung indirekt ihm zugeschrieben werden. Die allgemeine Wertungsrichtung bei der Berichterstattung über Medienunternehmen soll daher über einen Index erhoben werden, der sich durch die Wertungsrichtungen in der Überschrift (Kat. 62) im Fließtext (Kat. 63) und durch Aussageträger (Kat. 64) zusammensetzt. Durch die verschiedenen Perspektiven soll eine differenzierte Erhebung und Untersuchung der Bewertung ermöglicht werden, um Ungenauigkeiten durch die doch eher subjektiv behaftete und damit sehr ´weiche` Kategorie ausgleichen zu können.
5 Überprüfung des Messinstruments
Nachdem das Kategoriensystem fertig gestellt war, wurde der Pretest durchgeführt. Ziel war es, durch den Pretest die meisten Fehlerquellen im Kategoriensystem zu beseitigen und dem Anspruch auf Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit, Eindeutigkeit und Handhabbarkeit für die praktische Codierarbeit so nah wie möglich zu kommen (Merten, 1995, S. 325). Nach dem Pretest wurden einige Kategorien präzisiert, ergänzt oder verworfen. Da sich keine Auffälligkeiten bei der formalen Kategorie ´Positionierung des Beitrages` zeigten, wurde die Kategorie verworfen. Das Vorkommen von Grafiken und Tabellen war marginal. Aus diesem Grund wurde ihre Erhebung in eine Kategorie zusammengelegt. Die Kategorien ´Stärken/Schwächen`, ´Handlungsform des Hauptakteurs`, ´Elemente` und vor allem ´Funktion des Elements` wurden durch detailliertere Erklärungen präzisiert, um innerhalb der Kategorien zwischen den Ausprägungen Trennschärfe zu gewährleisten. Da die Elemente ´rechtliche` und ´politische` Aspekte für sich sehr selten vorkamen bzw. rechtliche und politische Debatten oft zusammengefallen sind, wurden die beiden Elemente zusammengefasst. Schließlich wurde die Reliabilität und Validität des Messinstrumentes überprüft. Die Validität ist empirisch nur schwer messbar. Sie kann nur durch die sorgfältige Erstellung des Kategoriensystems sichergestellt werden. Doch kann die Gültigkeit des Instrumentariums nicht gleich als Vorbedingung für seine Reliabilität gelten. Im Gegenteil können sehr valide Ergebnisse, die detaillierte Aspekte zu erheben versuchen, dazu führen, dass die Reliabilität gering ausfällt. (Brosius & Koschel, 2001, S. 182-183; Früh, 1998, S. 95) Der Inter-CoderReliabilitätstest für jeden der sechs Codierer wurde zwei Mal im Abstand von sechs Wochen durchgeführt. Inter-Coder-Reliabilitätstests messen, ob alle Variablen von allen Codierern gleich codiert wurden.19 Insgesamt ergab sich ein Koeffizient von 0,94. Nachdem sich bei den harten und weichen formalen wie 19
Der Test wurde mit der Formel nach Früh (2001, S. 179) berechnet (Die Anzahl der übereinstimmenden Codierungen wurde durch die Anzahl der gesamten Codierungen geteilt. Allgemeine Formel der Codierer-Reliabilität: CR= 2xÜ/(C1+C2+…); Ü=Übereinstimmungen; C1, C2, etc.=Codierer.). Die formalen und inhaltlichen Kategorien in vorliegender Studie wurden in ´harte` und ´weiche` Kategorien aufgeteilt. Die Aufteilung erfolgte hierbei jeweils danach, wie viel Spielraum die jeweiligen Kategorien für Interpretationen ließen.
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5 Überprüfung des Messinstruments
inhaltlichen Kategorien ein guter Reliabiltiätskoeffizient ergab, konnte das Untersuchungsinstrument als ausreichend zuverlässig und reliabel bezeichnet werden. Die codierten Daten wurden anhand SPSS 11,5 statistisch ausgewertet.
KAPITEL 3: Empirie
Empirische Befunde dieser Studie Ziel dieser Studie ist es, durch ein breit angelegtes Spektrum an Forschungsfragen, die sich durch den bis jetzt kaum untersuchten Bereich der Selbstthematisierung in Zusammenhang mit der Berichterstattung über Medienunternehmen ergibt, Forschungslücken möglichst umfassend zu schließen. Für die empirische Erhebung wurden dafür jeweils verschiedene Kategorien entwickelt, die jede Forschungsfrage aus möglichst vielen Perspektiven erfassen. Zum einen wird der Frage nachgegangen, ob die jeweilige konjunkturelle Lage der Medienbranche Auswirkungen auf die Berichterstattung über Medienunternehmen hat. Wenn ja, so müssten sich Abweichungen in einer kontinuierlichen Entwicklung des Berichterstattungsstils zeigen. Ein weiterer Einfluss ökonomischer Faktoren kann intern von der Verlagsebene erfolgen, indem sich Konkurrenzaspekte, die sich aufgrund wirtschaftlicher Eigeninteressen ergeben, auch in der Berichterstattung ausprägen. Diesem Aspekt wird sowohl im weiten Konkurrenzverhältnis zwischen den verschiedenen Medienbereichen nachgegangen, als auch im engen Konkurrenzverhältnis zwischen Unternehmen des eigenen Mediensektors. Am Ende jedes Subkapitels erfolgt jeweils ein Zwischenfazit zu den einzelnen Forschungsfragen. Ein Gesamtfazit aus den verschiedenen Einzelergebnissen soll am Ende einen Überblick über den Einfluss ökonomischer Faktoren auf die Berichterstattung geben. In der Schussbetrachtung sollen die Ergebnisse der Studie in bisherige Forschungsergebnisse eingeordnet werden und die Gefahr einer Determinierung aufgrund wirtschaftlicher Faktoren für die Unabhängigkeit und Qualität der Publizistik dargestellt werden.
1 Thematisierungshäufigkeiten
Um eine eventuelle – in der Literatur wiederholt erwähnte – Zurückhaltung bei der Thematisierung der Medienbranche nachzuweisen, werden zuerst die relevanten Häufigkeiten der Thematisierung von Medienunternehmen innerhalb des Beobachtungszeitraums von 1992 bis 2006 betrachtet. In welchem Ausmaß findet die öffentliche Thematisierung von Medienunternehmen unter überwiegend ökonomischen Gesichtspunkten in den Medien statt? Wen und was thematisieren die Zeitungen? 1.1 Häufigkeitsverteilungen Um die Entwicklung der Berichterstattung über Medienunternehmen nachvollziehen zu können, interessiert zunächst die reine Häufigkeitsaufteilung der Phasen. Aufschluss darüber, wie ausgeprägt der Konkurrenzgedanke ist, geben im Anschluss die Häufigkeitsverteilungen der medialen Ebenen und Beobachtungsformen. 1.1.1 Häufigkeitsverteilung in den wirtschaftlichen Phasen Innerhalb des Beobachtungszeitraums wurden 1048 Beiträge aus den Jahren 1992 bis 2006 codiert. Innerhalb dieses Zeitraums ergaben sich verschiedene situative ökonomische Gegebenheiten, aus denen für die Untersuchung Phasen gebildet wurden, die den jeweiligen ökonomischen Zustand beschreiben (siehe Kap. 1, 2). Untersucht werden soll zunächst, ob die jeweiligen wirtschaftlichen Phasen (1992-1994 ´Konsolidierungsphase`; 1995-1997 ´Wachstums- und Orientierungsphase`; 1998-2000 ´Boomphase`; 2001-2003 ´Krisenphase`; 20042006 ´Konsolidierungsphase`) Auswirkungen auf die Häufigkeit der Thematisierung von Medienunternehmen in den überregionalen Tageszeitungen haben. Die verschiedenen Phasen lassen eine jeweils unterschiedliche Veröffentlichungswahrscheinlichkeit erwarten, da sie in Bezug auf Medienunternehmen zu mehr oder weniger veröffentlichungsrelevanten Ereignissen führen können. Unter welchen ökonomischen Grundbedingungen wird also mit welcher Häufigkeit
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1 Thematisierungshäufigkeiten
berichtet? In der Gesamtbetrachtung ergeben sich bei der Häufigkeit der Artikel in den einzelnen Phasen zunächst nur leichte Abweichungen, wenn man allein die errechneten Mittelwerte betrachtet. Einzig in der wirtschaftlichen Hochphase (Phase 3; 22,0 Prozent) wie auch in der Krisenphase (Phase 4; 20,3 Prozent) wird häufiger über Medienunternehmen berichtet. Da die Unterschiede gegenüber den anderen Phasen (19,6 Prozent; 18,7 Prozent; 19,4 Prozent) aber nur gering sind, scheint es sinnvoll die Häufigkeit der einzelnen Jahre zu betrachten. Dabei ist einschränkend zu beachten, dass es sich vorliegend nicht um ein vollständiges Abbild der gesamten Medienberichterstattung über Medienunternehmen handelt. Doch lässt sich eine gewisse tendenzielle Entwicklung erkennen. 10 9
¦ 19,6%
¦ 18,7%
¦ 22,0%
¦ 20,3%
¦ 19,4%
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
8 7 6 5 4 3 2 1 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Häufigkeit pro Jahr
Abbildung 3:
Häufigkeitsverteilung der Phasen
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); dargestellt ist der Bereich von 0 bis 10 Prozent.
Die Aufteilung nach einzelnen Jahren zeigt, dass es über den Untersuchungszeitraum hinweg keine kontinuierliche Thematisierungshäufigkeit gibt, wie angesichts der geringen Schwankungen im Vergleich der wirtschaftlichen Phasen zu
1.1 Häufigkeitsverteilungen
193
vermuten war. Es lassen sich im Gegenteil stärkere Schwankungen in der Thematisierungshäufigkeit erkennen. Inwieweit ökonomische Bedingungen darauf Einfluss nehmen gilt es im Einzelnen zu klären. Am wenigsten wird über Medienunternehmen zu Beginn des Beobachtungszeitraums im Jahr 1992 berichtet. Im Jahr 1993 kam es zu einem starken Anstieg. Dies korrespondiert mit der Annahme eines zunehmenden Interesses an der Berichterstattung über Medien generell und einer möglichen Intensivierung der Berichterstattung über den Rundfunkbereich im Speziellen, die auf die Zunahme von privaten Fernsehsendern zurückzuführen ist. So könnte die hier gestiegene Thematisierungshäufigkeit mit der Lizensierungswelle für private Rundfunkanbieter in den Jahren 1992 und 1993 erklärt werden (siehe Kap. 1, 2.1.1), die zu vermehrten Berichterstattungsanlässen führen konnte. Bis 1995 wurde wieder zunehmend weniger über Medienunternehmen berichtet. Der Rundfunkund der Printbereich hatten sich konsolidiert, wodurch es eventuell weniger Anlässe für eine Berichterstattung gab. Dies könnte die niedrige Berichterstattungsfrequenz erklären. Ab 1995 kam es dann zu einer zweiten Lizensierungswelle auf dem privaten Rundfunkmarkt, zu Neugründungen, Fusionen und Kooperationen, was allmählich wieder zu einer steigenden Berichterstattunghäufigkeit führte. Phase 3 stellt aufgrund der Konjunkturlage und der steigenden Erlöse aus dem Werbemarkt für die Medien eine Phase des absoluten Wachstums dar. Hier liegt daher mit durchschnittlich 22,0 Prozent auch der Höhepunkt der Berichterstattung über Medienunternehmen. Der Medienmarkt war in Bewegung. Die Werbeeinnahmen stiegen in allen Medienbereichen, so dass möglicherweise insgesamt vermehrt über diese wirtschaftlichen Erfolge geschrieben wurde. Zudem stiegen durch die zusätzlichen Werbeeinnahmen die finanziellen Ressourcen, die die Etablierung von Medienressorts und damit auch eine Erweiterung der Medienberichterstattung über Medien ermöglichten. Doch obwohl im Jahr 2000 der Medienboom seinen ´wirtschaftlichen Gipfel` fand, ist der Höhepunkt der Berichterstattungshäufigkeit im Jahr 1998 zu sehen. Im Jahr 2000 selbst zeigt sich eher eine starke Zurückhaltung, Medienunternehmen in den Fokus der Berichterstattung zu nehmen. Das Ergebnis erstaunt, da – unterstellt man eine ökonomische Einflussnahme – gerade in einer medialen Blütezeit die Vermutung nahe liegt, dass eine derartige ökonomische Wachstumsphase durch ihren positiven Impetus auch verstärkt thematisiert wird. Zudem ist anzunehmen, dass beispielsweise durch Investitionen, neue Produktentwicklungen oder Erweiterungen auch vermehrt Ereignisse gegeben waren, die eigentlich eine Thematisierung hätten initiieren müssen. Doch anscheinend gilt dies nicht für die Berichterstattung über Medienunternehmen. Vielmehr entspricht das Ergebnis eher der in der Literatur konstatierten „Scheu der Publizistik“ (Dovivat, 1990, S. 30) vor der Thematisierung der eigenen Branche. Jedoch äußert sich diese Veröffentli-
194
1 Thematisierungshäufigkeiten
chungszurückhaltung eher zu wirtschaftlich guten Zeiten und nicht wie theoretisch vermutet zu wirtschaftlich schlechten. Vielleicht will man es in Zeiten des wirtschaftlichen Wachstums eher vermeiden, der ´Selbstbeweihräucherung bezichtigt zu werden. Ebensowenig möchte man wahrscheinlich den Konkurrenzunternehmen eine öffentliche Plattform bieten, um sie nicht unnötig in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen. Doch hielt diese Zurückhaltung in der Berichterstattung auch angesichts der wirtschaftlich schwierigen Situation zu Beginn der Medienkrise 2001 zunächst noch an. Dies mag daran liegen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise auf die Medienunternehmen erst mit einiger Verzögerung einsetzten. Nachdem die Anzeigen- und Werbekrise sich im Jahr 2002 aber noch verstärkt fortsetzte, konnten die Umsatzrückgänge von den Medienunternehmen nicht mehr aufgefangen werden und zeigten tiefgreifende Konsequenzen. Innerhalb von zwei Jahren hatte die Branche ein Achtel ihres Umsatzes verloren. Die Werbeeinnahmen der Zeitungen fielen sogar unter das Niveau von 1993 zurück. (siehe Kap. 1, 2.1.4 und 2.2.4) Vor allem die überregionalen Zeitungen hatten mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Dennoch kann 2002 ein Höhepunkt in der Thematisierungshäufigkeit festgestellt werden. Und dies, obwohl gleichzeitig bei den überregionalen Zeitungen aufgrund der Rezession gerade die Medienressorts Einschränkungen hinnehmen mussten. Deutlich wird, dass sich eine ´Scheu` vor der Thematisierung brisanter medienökonomischer Themen, wie sie in der Literatur vermutet wird, gerade zum Krisenhöhepunkt nicht zeigt. Jarren (1988) sieht gerade den sich verschärfenden Wettbewerb und die ausgeprägten unternehmerischen Eigeninteressen als entscheidende Motoren für die Intensivierung der Berichterstattung über Medienthemen (S. 92). Beides wäre in der Krisephase gegeben. Somit wäre der Faktor ´Wettbewerb` ausschlaggebend für die Themenwahl. Allerdings könnte die erhöhte Thematisierungshäufigkeit im Jahr 2002 auch daran liegen, dass angesichts der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation aller Medienunternehmen und zahlreicher Sanierungskonzepte mit Stellenabbau, Produkteinstellungen, Fusionen und Schließungen sich vermehrt Anlässe zur Berichterstattung boten. Gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Situation besteht die Gefahr, dass die Berichterstattung gezielt zu Legitimationszwecken eingesetzt wird. Die Legitimation hielt auch Schader (2004) bei seiner Befragung als Grund für eine erhöhte Thematisierungshäufigkeit in der Krise fest. So würde nach seinen Ergebnissen in Einzelfällen die Berichterstattung instrumentalisiert, um die eigene Verlagsposition stärker als sonst zu verteidigen (S. 313-314). Schließlich könnte von den berichtenden Zeitungen der Bedarf gesehen werden, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen. Dies könnte sich in einer höheren Berichterstattungshäufigkeit niederschlagen, indem über eine umfassende und ausführliche Berichterstat-
1.1 Häufigkeitsverteilungen
195
tung um Verständnis geworben wird. Dahinter würden jedoch wieder eindeutig ökonomische Eigeninteressen stehen. Diese könnten sich aber auch dahingehend äußern, dass finanzielle Schwierigkeiten der Konkurrenzunternehmen zu einer gewissen ´Diffamierung` der Konkurrenz genutzt werden. Spielen also eventuell Wettbewerbsgedanken eine Rolle? Ob die Journalisten in der Krisenphase lediglich ihrer Informationspflicht nachkamen oder ob die Gründe eher in einer Rechtfertigung und in der Intention der Vertrauenssicherung lagen, lässt sich mit dieser Studie zwar nicht gesichert beantworten, die Ergebnisse lassen jedoch auf eine mögliche Instrumentalisierung schließen. 2003 ging die Thematisierung von Medienunternehmen stark zurück und erreichte einen neuen Berichterstattungstiefpunkt. Möglicherweise befürchteten die Journalisten, dass das Ansehen der Medien durch die permanente Propagierung der finanziellen Schwierigkeiten allgemein Schaden erleiden könnte. Dieser Negativtrend hielt auch noch 2004 an, obwohl sich die Lage auf dem Werbemarkt allmählich wieder verbessert hatte. Beuthner und Weichert (2005b) begründeten den Rückgang des Medienjournalismus nach der Zeitungskrise mit Einschränkungen und Sparmaßnahmen auf redaktioneller Ebene (S. 13). (siehe Kap. 1, 3.1.2) Viele Verlage bzw. Zeitungen konnten sich in dieser Zeit sinkender Einnahmen Medienberichterstattung im bisherigen Ausmaß nicht mehr leisten und schränkten die Medienressorts ein oder schlossen sie sogar. Das mag auch der Grund für den Rückgang der Thematisierung von Medienunternehmen sein. Dem widerspricht jedoch, dass in den Folgejahren 2005 und 2006 Medienunternehmen wieder vermehrt thematisiert werden. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten und die finanzielle und organisationale Ausstattung der Redaktionen sind also nicht unbedingt ausschlaggebend für das Ausmaß der Medienberichterstattung, denn ansonsten müsste diese aufgrund der Sparmaßnahmen weiter zurückgehen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Somit bestimmen eher andere Faktoren die Thematisierungshäufigkeit. Es scheint eher die Vermutung bestätigt zu sein, dass die Wettbewerbssituation und die daraus entstehenden unternehmerischen Eigeninteressen Einfluss nehmen. Ob der Rückgang der Berichterstattungsfrequenz im Jahr 2004 nun aus mangelndem Erklärungsbedarf, aus einer gewissen Solidarität der Medienunternehmen heraus oder aus Wettbewerbs- oder Kostengründen erfolgte, könnte wiederum nur eine Befragung der zuständigen Redakteure klären und wäre somit Ziel einer eigenen Studie. Generell zeigt sich aber, dass ökonomische Bedingungen durchaus Einfluss auf die Häufigkeit der Medienberichterstattung haben. In wirtschaftlichen Wachstumszeiten wird mit stetig steigender Frequenz über Medienunternehmen berichtet. Es erstaunt allerdings, dass – gemessen an der erwarteten Häufigkeit aufgrund der positiven Grundsituation - gerade in wirtschaftlichen Boomzeiten eher Zurückhaltung geübt wird. Durch die allgemein guten Lage befinden sich
196
1 Thematisierungshäufigkeiten
hier die Medienunternehmen unter keinem so starken Wettbewerbsdruck, dass sie aufgrund unternehmerischer Eigeninteressen verstärkt das eigene oder andere Medienunternehmen thematisieren müssen. Umgekehrt erfordern gerade wirtschaftliche Krisenzeiten zur Existenzsicherung eine gewisse Selbstdarstellung und ein Abgrenzen von anderen Unternehmen. Es gilt für das eigene Medienangebot die Aufmerksamkeit und Akzeptanz der Rezipienten zu erhalten. Daher besteht die Gefahr, dass die Berichterstattung für derartige unternehmerische Eigeninteressen instrumentalisiert wird. Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn die Lage anhaltend schlecht ist. Dabei ist von Interesse, ob die Verteilung der Thematisierungshäufigkeiten nur beeinflusst ist von der allgemeinen Marktlage oder ob sich ökonomische Interessen auch in Bezug auf die wirtschaftlichen Distanz- bzw. Konkurrenzverhältnisse ergeben. 1.1.2 Häufigkeitsverteilung der medialen Ebenen Die überregionalen Tageszeitungen können über Zeitungs- (direkt intramediale Ebene), Zeitschriften- (indirekt intramediale Ebene) oder Rundfunkunternehmen (intermediale Ebene) berichten. Während die intermediale Berichterstattung zwischen zwei verschiedenen Ebenen stattfindet (die berichtende Zeitung stammt aus dem Printbereich, während das Berichterstattungsobjekt dem Hörfunk- bzw. TV-Sektor zuzuordnen ist), handelt es sich bei den anderen beiden Ebenen ausschließlich um den Printbereich. Zeitungsunternehmen stehen dabei im Konkurrenzverhältnis der berichtenden Zeitung wirtschaftlich näher als Zeitschriftenunternehmen. Von Interesse ist, über welche medialen Ebenen in welchem Verhältnis berichtet wird. Bei welchem Mediensektor tritt möglicherweise die in der Theorie konstatierte ´Scheu` vor Veröffentlichungen zum Vorschein? Schon in früheren Studien wurde eine Dominanz von Fernsehthemen festgestellt (z.B. Krüger & Müller-Sachse, 1998; Pickl, 2000; Bleicher, 2005, Schader, 2004). Nach Bleicher (2005) soll mit den Artikeln über den Rundfunk vor allem Aufmerksamkeit für bestimmte Sendungen und Medienprodukte erzeugt werden und Synergieeffekte für die Medienunternehmen realisiert werden. Die Berichterstattung umfasst bei all diesen vorhergegangenen Studien aber eine breite Palette von Themen. Von Interesse bei vorliegender Studie ist daher, ob sich diese Verteilung auch bestätigt, wenn es um die Thematisierung der Medienunternehmen selbst, also um deren ökonomische Basis geht. Auch hier überwiegt die Berichterstattung über Rundfunkunternehmen (intermediale Ebene) mit 62,1 Prozent. Innerhalb des Printbereichs wird über Unternehmen des Zeitungssektors mit 27,5 Prozent fast dreimal mehr berichtet als über die wirtschaftlich entfernteren Zeitschriftenverlage (10,4 Prozent). Trotz der
1.1 Häufigkeitsverteilungen
197
Dominanz des Rundfunks bestätigt sich eine Zurückhaltung im eigenen Mediensektor nicht. Um dieses Ergebnis genauer interpretieren zu können, soll die Aufteilung differenzierter in seiner Entwicklung innerhalb der entsprechenden Phasen betrachtet werden. Abbildung 4:
Häufigkeitsverteilung der medialen Ebenen nach Phasen
50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Phase 1
Phase 2
direkt intramedial
Phase 3
Phase 4
indirekt intramedial
Phase 5 intermedial
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); dargestellt ist der Bereich von 0 bis 50 Prozent.
Die Entwicklung der Berichterstattungshäufigkeit erfolgt über die Phasen hinweg für die verschiedenen medialen Ebenen in unterschiedlicher Weise. Auffallend ist, dass die wirtschaftliche Berichterstattung über Zeitungsunternehmen ab Beginn des Untersuchungszeitraums einen stetigen Anstieg erfuhr, fast gänzlich unberührt von der wirtschaftlichen Entwicklung. Das Interesse am Zeitungssektor scheint ab den Neunziger Jahren kontinuierlich zugenommen zu haben. Während in Phase 1 noch ca. dreimal häufiger über Zeitschriften- oder Rundfunkunternehmen als über Zeitungen berichtet wird, werden gegen Ende des Untersu-
198
1 Thematisierungshäufigkeiten
chungszeitraums Zeitungen doppelt so oft thematisiert wie die anderen beiden medialen Ebenen. Abweichend von diesem konstanten Anstieg zeigt sich nur in der Krisenphase eine nochmalige, außergewöhnliche Steigerung in der Thematisierungshäufigkeit von Zeitungsunternehmen. Demgegenüber weist die Häufigkeitsverteilung der Beiträge über Zeitschriften- und Rundfunkunternehmen eine gänzlich andere Entwicklung auf. Sie zeigen in beiden Fällen in Phase 1 eine relativ hohe Häufigkeit von 22 bis 24 Prozent. Nach den Entwicklungen in den Achtziger Jahren, die Zunahme privater Anbieter im Rundfunkbereich und die starke Fluktuation auf dem Zeitschriftenmarkt nach der Wiedervereinigung, dominierten Themen in Bezug auf Rundfunk und Zeitschriften. Während dies für den Rundfunk bis zur Boophase so blieb, verlor sich bereits in Phase 2 das Interesse an Zeitschriftenunternehmen. Es wurde über Zeitschriften nun etwa genauso oft berichtet wie über Zeitungen. Die Konzentration im Zeitschriftenmarkt hatte zugenommen und die Werbeeinnahmen für Publikumszeitschriften gingen bis 1996 zurück. Doch diese wirtschaftlich ungünstige Entwicklung hätte auch zu einer vermehrten Berichterstattung führen können, was sie jedoch nicht tat. Erst in der Phase des Medienbooms (Phase 3), als es auch bei den Zeitschriftenunternehmen durch die Steigerung der Werbeeinnahmen und der multimedialen Ausrichtung der Medienunternehmen allmählich zu vermehrtem Wachstum kam, stieg die Berichterstattung über Zeitschriftenunternehmen um mehr als das Doppelte, von 11 Prozent in Phase 2 auf 28,4 Prozent in der Boomphase. Doch nach dieser Hochphase begann ein kontinuierlicher Abstieg. Diese Tendenz hält bis heute an und hat - betrachtet man die gesamte Berichterstattung im Beobachtungszeitraum - ihren Berichterstattungstiefpunkt in der letzten Phase des Untersuchungszeitraums. Von daher könnte man davon ausgehen, dass die Bedeutung und auch das Interesse an der Berichterstattung über Zeitschriftenunternehmen – bis auf eine Unterbrechung in der Boomphase – weiter kontinuierlich abnimmt. Eine ähnlich degressive Entwicklung nahm die Berichterstattung über Rundfunkunternehmen (wie die Studie ergab, wurden überwiegend Fernsehsender thematisiert; Hörfunk kam nur marginal vor), allerdings ohne die starken Schwankungen wie beim Zeitschriftensektor. Als Folge der Liberalisierung und Privatisierung des Rundfunkbereichs startete die Berichterstattung über Rundfunkunternehmen auf relativ hohem Niveau von fast 25 Prozent, auf dem sie in etwa konstant bis zur Boomphase (Phase 3) blieb. Dies korrespondiert auch mit der wirtschaftlichen Entwicklung und Bedeutung im Fernsehbereich (siehe Kap. 1, 2.1.1). Bis zum Medienboom wird der Rundfunkbereich also deutlich häufiger thematisiert als der Printbereich. Während die Berichterstattung über Rundfunkunternehmen bis dahin fast konstant auf gleichem Niveau verlief, kam in der Krisenphase – wie beim Zeitschriftensektor – der große Bruch. Von da an wurde
1.1 Häufigkeitsverteilungen
199
deutlich weniger über Rundfunkunternehmen berichtet, mit weiter sinkender Tendenz. Gerade in der Krisenphase wäre angesichts der großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine vermehrte Berichterstattung zu erwarten gewesen, da auch die TV-Sender ebenso wie die anderen Medien unter der Werbeflaute litten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es sieht eher so aus, dass die Krisenphase (Phase 4) dazu führte, dass sich die Zeitungen vermehrt mit ihrem eigenen Mediensektor beschäftigten und das Interesse für Rundfunk- wie auch Zeitschriftenthemen zunehmend in den Hintergrund trat. Ökonomische Entwicklungen scheinen somit Einfluss zu nehmen auf die Thematisierung der verschiedenen Medienbereiche, denn anders ist der plötzliche Rückgang des Interesses am Zeitschriftensektor und Rundfunkbereich durch die Werbe- und Medienkrise nicht erklärbar. Die Krise hat das Interesse an den Unternehmen der verschiedenen Medienbereiche verändert. Und der Abwärtstrend hält noch weiter an. Über den wirtschaftlich entferntesten Bereich, den Rundfunk, wird gegen Ende des Beobachtungszeitraums sogar am geringsten berichtet, und dies trotz zahlreicher crossmedialer Verflechtungen zwischen Print und Rundfunk. Es kann sich jedoch auch um einen allgemeinen Trend bei der Thematisierung von Medienunternehmen handeln, zumindest was die zunehmende Bedeutung des Zeitungssektors betrifft. Die ´Scheu der Publizistik vor der Publizistik` wie Dovivat es formulierte, scheint – zumindest in diesem Sektor - vorbei zu sein. Zeitungsunternehmen geraten immer mehr in den Fokus der Berichterstattung und sind gewissermaßen aus ihrem ´Dornröschenschlaf` erwacht. Eventuell wird aber auch nur der eigene Medienbereich im Wettbewerb auf dem Medien- und Werbemarkt gezielter in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Ob die Medienjournalisten nun lediglich ihrer Informations- und Aufklärungsfunktion nachkommen oder ob hinter der Häufigkeitsverteilung gezielt ökonomische Intentionen stecken, soll im Folgenden durch eine weitere differenziertere Aufteilung untersucht werden. 1.1.3 Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen
Dazu wird das enge Distanzverhältnis innerhalb des Zeitungssektors betrachtet. Die Unternehmen stehen hier wiederum in verschiedenen wirtschaftlichen Distanzen zum Berichterstattungsgegenstand ´überregionale Tageszeitung` (siehe Kap. 1, 3.4) Sollten nun tatsächlich Konkurrenzüberlegungen die Ursache für die vermehrte Berichterstattung über Zeitungsunternehmen sein, so müssten sich innerhalb des Zeitungssektors Unterschiede hinsichtlich des engen Distanzverhältnisses ergeben. Für Medienunternehmen ist es von hoher Brisanz, ob und wenn ja, welche Informationen über ihre finanziellen Operationen an die Öffentlichkeit dringen. Ihre Intention ist, die Situation des eigenen Verlages möglichst
200
1 Thematisierungshäufigkeiten
gut nach außen darzustellen. In diesem Sinne ist Selbstthematisierung zweckgebunden konzeptualisiert, wodurch sie in gewisser Weise auch eine Selbstdarstellung ist. Im Gegensatz dazu ist Medienberichterstattung über Konkurrenzunternehmen ebenso heikel, da jede Kritik an anderen Medien immer auch Eigenkritik enthält (Malik, 2004, S. 174-175; Siegert, 2001b, S. 57). Dazu kommt, dass die überregionalen Tageszeitungen von den wirtschaftlichen Extremsituationen wie Boom- und Krisenphase innerhalb des Zeitungssektors am deutlichsten betroffen waren und sich ihre Konkurrenzsituation dadurch noch verschärfte. Weniger gravierend betroffen waren dagegen regionale Zeitungen (´allgemeine Beobachtung`). Da eine umfassende Selbst- und Konkurrenzbeobachtung somit aufgrund eigener Interessen sehr brisant scheint (siehe Kapitel 1, 6), soll untersucht werden, mit welcher Häufigkeit Zeitungen sich selbst bzw. ihre Konkurrenten thematisieren. Abbildung 5:
Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen
direkte Selbstbeobachtung
11,6
indirekte Selbstbeobachtung
10,4
direkte Konkurrenz
22,8
indirekte Konkurrenz
25,4
allgemeine Beobachtung
29,7
0
5
10
15
20
25
30
35
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); dargestellt ist der Bereich von 0 bis 35 Prozent
1.1 Häufigkeitsverteilungen
201
Es zeigt sich, dass mit zunehmender Distanz zum Berichterstattungsobjekt die Häufigkeit der Berichterstattung zunimmt. Nur 11,6 Prozent der Artikel beziehen sich auf das eigene Haus (direkte Selbstbeobachtung). Über die direkte Konkurrenz wird dagegen doppelt so oft berichtet wie über das eigene Unternehmen. Laut Literatur ist die Berichterstattung über die Konkurrenz ein Teil des ´blinden Flecks` der Medienberichterstattung (siehe Kap. 1, 6.1). Nach der Beobachtung Ruß-Mohls (2000) haben sich hier zwei problematische Formen der Konkurrenzberichterstattung herausgebildet, nämlich die Konkurrenz entweder „totzuschweigen oder zu verunglimpfen“ (S. 253). (siehe Kap. 1, 6.2.1) Dieser Annahme, dass Nachrichten über die Konkurrenz unterdrückt werden, widerspricht jedoch die hier festgestellte relativ hohe Thematisierungshäufigkeit der Konkurrenz. Dieses Ergebnis relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass der thematisierenden Zeitung, z.B. der ´SZ`, hier jeweils drei direkte Konkurrenten gegenüberstehen, wie die ´FAZ`, ´FR` und ´Die Welt`. Betrachtet man also nur die direkte Selbst- und Konkurrenzbeobachtung, wäre eigentlich ein Verhältnis von 1:3 zu erwarten, wenn jedes Konkurrenzunternehmen in gleichem Maß thematisiert würde. Da die Konkurrenz aber nur in einem Verhältnis von 1:2 berücksichtigt wurde, könnte sich hier die theoretische Annahme einer Nachrichtenunterdrückung teilweise bestätigen. Von einem ´Totschweigen` der Konkurrenz, wie es Ruß-Mohl (2000) ausdrückte, kann jedoch nicht gesprochen werden, da die Häufigkeitsquote bei der Konkurrenzbeobachtung nicht derart gering ist. Zudem könnten noch andere Faktoren die Themenselektion beeinflusst haben, wie z.B. unterschiedliche Betroffenheit, bestehende Wettbewerbsverhältnisse oder verschiedene Organisationsstrukturen, etc.. Auch kann hier noch nicht entschieden werden, ob die Thematisierung der Konkurrenz einer Verunglimpfung - wie Ruß-Mohl (2000) es beschreibt - gleichkommt. Dies werden die weiteren Ergebnisse der folgenden Subkapitel ermitteln, in denen es um die inhaltliche Gestaltung und Wertung innerhalb der Artikel geht. Regionale und lokale Zeitungsunternehmen (´allgemeine Beobachtung`) werden mit fast 30 Prozent am häufigsten thematisiert. Hier muss aber von einer Vielzahl verschiedener Zeitungen ausgegangen werden, die den überregionalen Tageszeitungen gegenüberstehen, so dass sich der Prozentsatz im Verhältnis sogar als niedrig erweist. Das mag daran liegen, dass das Rezipienteninteresse aufgrund der geringeren Reichweite der Zeitungen recht begrenzt ist. Insgesamt kann festgehalten werden, dass tendenziell eine Zurückhaltung bei der Konkurrenzdarstellung bzw. eine leicht erhöhte Thematisierung des eigenen Medienunternehmens festgestellt werden konnte.
202
1 Thematisierungshäufigkeiten
Abbildung 6:
Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen nach Phasen
45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Phase 1
Phase 2
direkte Selbstbeobachtung direkte Konkurrenzbeobachtung allgemeine Beobachtung
Phase 3
Phase 4
Phase 5
indirekte Selbstbeobachtung indirekte Konkurrenzbeobachtung
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); dargestellt ist der Bereich von 0 bis 45 Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=16; chi2-Wert= 98,921; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Betrachtet man den Verlauf der Berichterstattungsfrequenz differenziert nach Beobachtungsformen über die Phasen hinweg, so zeigt sich ein erstaunliches Ergebnis. Die Unterschiede liegen hier nicht so stark zwischen der Selbst- und Konkurrenzbeobachtung, sondern vielmehr zwischen den direkten Beobachtungsformen auf der einen Seite und den indirekten bzw. allgemeinen Beobachtungsformen auf der anderen Seite. Unter Kapitel 3, 1.1.2 hat sich bei der Berichterstattung über Zeitungsunternehmen ein kontinuierlicher Anstieg der Berichterstattungshäufigkeit über die Phasen hinweg gezeigt. Bei genauerer Betrachtung findet sich diese Entwicklung innerhalb des Zeitungssektors jedoch nur bei der Berichterstattung über die überregionalen Zeitungen (direkte Selbst- und Konkurrenzbeobachtung). Bei beiden Formen ist ein beständiger Anstieg feststellbar. Die Berichterstattung über das eigene Haus verdreifacht sich im Laufe des Beobachtungszeitraums (von 11,7
1.1 Häufigkeitsverteilungen
203
Prozent auf 35,1 Prozent), die über direkte Konkurrenzunternehmen hat sich sogar mehr als verzehnfacht (von 3,3 Prozent bis 39,1 Prozent). Die Konkurrenz gerät also zunehmend in den Fokus der Berichterstattung. Von einem ´Totschweigen` kann im Laufe des Untersuchungszeitraums keine Rede mehr sein. Über Unternehmen, die innerhalb desselben Medienteilmarktes in einem direkten wirtschaftlichen Verhältnis stehen, wird also vermehrt berichtet. Jedoch kommt bei der Thematisierung der überregionalen Zeitungen auch die gegenseitige Konkurrenz zum Tragen. In wirtschaftlich guten Zeiten (bis zur Phase 3) wird häufiger das eigene Unternehmen (direkte Selbstbeobachtung) thematisiert, in der Boomphase sogar fast doppelt so oft wie Konkurrenzunternehmen (20,8 Prozent gegenüber 11,3 Prozent bei der Konkurrenz). Bedenkt man, dass dem eigenen Unternehmen jeweils drei zu beachtende überregionale Konkurrenten gegenüberstehen, verstärkt sich diese Diskrepanz noch. In Phase 4, der Krisenphase, kehrt sich das Verhältnis jedoch um. Hier wird zwar gleichbleibend (jeweils 20,8 Prozent) über das eigene Unternehmen berichtet, in erheblichem Maße mehr jedoch über die direkten Konkurrenten (36 Prozent). Damit finden sich zum Teil die Ergebnisse von Malik (2004) bestätigt, dass in Krisenzeiten über das eigene Haus nur zurückhaltend berichtet wird, um die Stabilität, die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der berichtenden Zeitung nicht zu gefährden (Malik, 2004, S. 175-177). Allerdings gaben die befragten Redakteure bei Malik (2004) auch an, dass über Probleme der Konkurrenz entweder gar nicht oder nur kurz und in eklatanten Fällen berichtet wird. Demnach müsste sich gerade in der wirtschaftlichen Ausnahmesituation der Zeitungskrise diese Zurückhaltung gegenüber den Problemen direkter Konkurrenzunternehmen finden. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie diese Studie zeigt. In den wirtschaftlichen Krisenzeiten (Phasen 4 und 5) wird hier deutlich häufiger über die direkten Konkurrenten berichtet (35,8 Prozent gegenüber 11,0 Prozent in Phase 3) und auch deutlich häufiger als über das eigene Unternehmen (20,8 Prozent). Erst in der Konsolidierungsphase (Phase 5) wird die Zurückhaltung bei der Berichterstattung über den eigenen Verlag aufgegeben, die Häufigkeit steigt um 15 Prozent und nähert sich dem Niveau der direkten Konkurrenzberichterstattung. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums wird also mit weiter steigender Häufigkeit über alle überregionalen Zeitungen berichtet. In Phase 4 zeigt sich eine Art ´Schere`, die zu unterschiedlichen Entwicklungen der direkten Beobachtungsformen einerseits und der indirekten und allgemeinen Beobachtungsformen andererseits führten. Letztere weisen eine deutlich andere Entwicklung auf als die direkten Beobachtungsformen. In den wirtschaftlichen Wachstumsphasen (bis zu Phase 3) ist allen Beobachtungsformen noch ein gewisser Aufwärtstrend gemein. Der Wert der synergetischen Berichterstattung über Beteiligungsunternehmen des eigenen Hauses (indirekte Selbst-
204
1 Thematisierungshäufigkeiten
beobachtung) ist dabei am höchsten, in der Boomphase wird über sie sogar noch 15 Prozent häufiger berichtet als über das eigene Unternehmen. Ab der Boomphase jedoch zeigen die indirekten und allgemeinen Beobachtungsformen eine andere Entwicklung als die direkten. Während die direkte Selbst- und die direkte Konkurrenzbeobachtung eine weiter steigende Thematisierungshäufigkeit aufweisen (Phase 5: 35-39 Prozent), zeigt sich bei den übrigen Beobachtungsformen ein kontinuierlicher Abfall der Berichterstattungshäufigkeit bis auf ca. 13 Prozent in Phase 5. Ein Grund für den starken Abfall gerade bei der indirekten Selbstbeobachtung könnte sein, dass die überregionalen Zeitungen aufgrund ihrer Sanierungsmaßnahmen viele Beteiligungen auflösten und daher diese Unternehmen nicht mehr in den Fokus der Berichterstattung gerieten. Wenn dies der Fall wäre, läge natürlich der Verdacht nahe, dass zuvor ökonomische Verflechtungen und Beteiligungen für die Nachrichtenselektion verantwortlich wären. Ebenso könnte der Grund darin liegen, dass man Probleme der Beteiligungsunternehmen nicht so stark an die Öffentlichkeit bringen will. Diese Frage kann hier jedoch nicht beantwortet werden. 1.2 Das Berichterstattungsobjekt
In Zusammenhang mit der Häufigkeitsverteilung ist auch von Interesse, über welche Medienunternehmen konkret wie häufig berichtet wurde. Das Berichterstattungsobjekt wurde ´offen`, also qualitativ, erhoben, so dass es sich um ein Abbild der thematisierten Objekte der überregionalen Tageszeitungen für die vorliegende Studie handelt. Betrachtet man separat die medialen Bereiche, so liegt der Schwerpunkt der Berichterstattung über Medienunternehmen beim Fernsehbereich. Der Hörfunk spielt nur eine zu vernachlässigende Rolle, da er insgesamt nur in 3,8 Prozent der Artikel thematisiert wird. Im Rundfunkbereich überwiegt deutlich die Berichterstattung über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit 25,4 Prozent. Die ´RTL Group` nimmt einen Anteil von 10,7 Prozent ein und der ´Kirch-Konzern´ von 14,0 Prozent. Im Printbereich splitten sich die Werte in relativ kleine Häufigkeiten. Einzig der ´Axel Springer Verlag` zeigt eine größere Thematisierungshäufigkeit von 13,9 Prozent. Dadurch liegt die Vermutung nahe, dass die Thematisierungsquote abhängig ist von der Größe des Unternehmens und dem Ausmaß seiner Beteiligungen.
1.2 Das Berichterstattungsobjekt Abbildung 7:
205
Häufigkeitsverteilung der Berichterstattungsobjekte Auslandsbeteiligungen A SV; 0,1
14
Zeitschriften A SV; 0,9
13
so nstige Zeitungen A SV; 1,3
12
Die Welt; 1,0
11
öffentl.-rechtl. Sender; 22,9
10
Sender von Kirch, 7,5
9 8 7
5 4 3 2 1 0
Sender vo n RTL; 8,8
ASV; 10,6
6 To chter SV; 0,6
Zeitschriften Gruner&Jahr; 2,4
Sender der P ro 7 Sat.1 GmbH; 2,4
privater Hörfunk; 1,4 Zeitungen Kirch Holtzbrinck; Zeitschriften Konzern; 1,0 Zeitungen B urda, 0,8 6,5 WA Z; Gruner& sonstige Zeitschriften 0,2 Zeitungen Jahr private DuM o nt B auer; 0,2 3,3 Sender; 3,9 FA Z; Schauberg Holtzbrinck RTL SV; Zeitungen FR; 1 ,9 1,5 0,1 Verlag; 1,8 Gro up; 1,9 2,1 Burda; 0,1 WA Z Ko nzern M adsack; FA Z Dt. DruckB urda Institutio nen P ro 7 Sat. 1 öffentl.-rechtl. 1,4DuM ont 0,3 Bauer Verlag; GmbH; und VerlagsARD/ZDF; GmbH; 1,9 Hörfunk; 2,4 Schauberg Verlag; gesell0,7 1,5 2,9 Verlag; 0,4 1,3 schaft; 0,5 so nstige Zeitungen SV; 0,1 sonst. SZ; Zeitungen 1,6 FAZ; 0,1
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); dargestellt ist der Bereich von 0 bis 14 Prozent.
Um dieser Vermutung nachzugehen, werden als Grundgesamtheit nur die Häufigkeiten innerhalb des Zeitungssektors betrachtet. Unter dieser Voraussetzung macht die Thematisierung des ´Axel Springer Verlages` und seiner Produkte fast die Hälfte der Berichterstattung aus (47,9 Prozent). Dies könnte sich daraus erklären, dass der ´Axel Springer Verlag` der größte Zeitungsverlag Deutschlands ist.20 Weiter thematisieren 16,0 Prozent der Artikel den ´Süddeutschen Verlag` und seine Produkte. Der ´Süddeutsche Verlag` ist eine Mediengruppe, deren wichtigstes Objekt die ´SZ`, Deutschlands größte überregionale Abonnement20
Die Vergleiche nach realer Größe der Unternehmen sind nicht als absolut, sondern als Orientierungshilfe anzusehen, da die Basis nicht einheitlich ist. Die Größenangaben sind nämlich nach Zeitungsverlagen, Zeitungsgruppen und nach Medienkonzernen allgemein zuzuordnen.
206
1 Thematisierungshäufigkeiten
Tageszeitung, ist. Der Verlag gehört zu den großen deutschen Medienunternehmen (siehe Kapitel 2, 2). Erst an dritter Stelle folgt der ´Holtzbrinck-Konzern` mit 10,4 Prozent, obwohl er mit 80 Firmen zu den großen Medienunternehmen Deutschlands mit globaler Präsenz zählt. Der Konzern ist wesentlich größer als der ´Süddeutsche Verlag`, engagiert sich aber hauptsächlich im Bereich der Publikumsverlage und der elektronischen Medien. Im Zeitungssektor ist er lediglich an verschiedenen Regionalzeitungen und Wirtschaftsmagazinen beteiligt, im überregionalen Bereich an der ´Zeit` und dem ´Tagesspiegel`. Auch die ´WAZ`21 wird kaum genannt (5,9 Prozent), die Konzerne ´DuMont Schauberg` (1,7 Prozent) und ´Madsack GmbH & Co. KG` (VGM) (1,0 Prozent) werden sogar nur marginal erwähnt. Die ´Ippen-Gruppe` kommt überhaupt nicht vor, obwohl das Verlagskonglomerat die fünftgrößte Zeitungsgruppe in der Bundesrepublik ist. Woran kann das liegen? Kennzeichnend für diese Konzerne ist, dass sie zwar in fast allen Bereichen der Medien vertreten sind, im Zeitungssektor jedoch hauptsächlich im Bereich der Regionalzeitungen agieren oder bezüglich ihrer CrossOwner-Aktivitäten auf wenige Medienteilmärkte beschränkt sind, wie beispielsweise Regionalkonzerne wie die ´WAZ-Gruppe` in Essen und Thüringen. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass ´Größe` und ´Einfluss` eines Unternehmens zumindest nicht allein als Einflussfaktoren für die Themenselektion zu sehen sind. Es ist zu vermuten, dass zusätzlich die wirtschaftliche Nähe zur berichtenden Zeitung eine Rolle spielt. Im Vergleich zu anderen Verlagen im Zeitungssektor werden nämlich die der überregionalen Zeitungen überproportional häufig ins Visier der Medienberichterstattung genommen. Die wirtschaftliche Nähe und damit der Grad der wirtschaftlichen Konkurrenz scheinen von Bedeutung zu sein. Um einen weiteren Nachweis für ein Zusammenspiel von ´Unternehmensgröße` und ´Konkurrenzaspekt` zu bekommen, soll die Thematisierung der jeweiligen überregionalen Tageszeitung unabhängig vom Verlagsdach und ihren Beteiligungsunternehmen betrachtet werden. Es zeigt sich, dass die ´Süddeutsche Zeitung` (26,6 Prozent), die ´Frankfurter Allgemeine` (25,0 Prozent) und die ´Welt` (17,2 Prozent) in etwa in der Häufigkeit thematisiert werden wie es untereinander ihrer Auflagenhöhe entspricht. Eine Ausnahme bildet die Thematisierung der ´Frankfurter Rundschau` (31,3 Prozent). Deren hohe Berichterstattungsquote kann nicht an der Unternehmensgröße liegen und auch nicht an einem höheren Konkurrenzfaktor, da die ´FR` keine größere wirtschaftliche Bedrohung für die anderen überregionalen Tageszeitungen darstellt. In diesem Fall kann es daher tatsächlich an den großen wirtschaftlichen Verlus21
Die WAZ-Mediengruppe mit Firmensitz in Essen ist z.B. auch mit Beteiligungen an Zeitungen, Anzeigenblättern und Zeitschriften in insgesamt neun europäischen Ländern und einem Gesamtangebot von über 500 Titeln das zweitgrößte Verlagshaus Deutschlands und einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas.
1.3 Themenwahl
207
ten liegen, die die ´FR` im Untersuchungszeitraum verkraften musste. Sie konnte in der Zeitungskrise vor dem finanziellen Ruin nur durch eine Landesbürgschaft und die 90prozentige Übernahme durch die Medienholding DDVG gerettet werden. Dies wiederum wurde in den Medien viel diskutiert und kann somit zu einer gesteigerten Thematisierungshäufigkeit geführt haben. Um die Annahme, dass das wirtschaftliche Distanzverhältnis Einfluss auf die Berichterstattung hat, zu verifizieren, wird zum Vergleich der Bereich der Zeitschriften, der eine größere Distanz zum Wirtschaftsbereich der berichtenden Zeitung aufweist, für sich betrachtet. Über die Hälfte der Artikel über Unternehmen im Zeitschriftensektor thematisieren ´Gruner & Jahr`, Europas größtes Druck- und Verlagshaus. Danach folgt die ´Hubert Burda Media` mit 21,1 Prozent und die ´Bauer Verlagsgruppe` mit 16,5 Prozent der Artikel über Zeitschriften. Die Thematisierung stimmt auch hier untereinander mit der jeweiligen Verlagsgröße in diesem Sektor überein. Auch Spachmann (2005) stellte hinsichtlich der klassischen Unternehmensberichterstattung fest, dass das Interesse der Redaktionen weitgehend durch die Größe eines Unternehmens bestimmt wird. Je größer die Anzahl der Beschäftigten und die Zahl der Aktionäre eines Unternehmens seien, desto häufiger würden sie in der Presse thematisiert (S. 245) Vergleicht man jedoch die Größe und die internationale Bedeutung der Zeitschriften-Verlage bzw. -Konzerne mit denen des Zeitungssektors, so stehen diese Häufigkeiten in keinem Verhältnis zur Thematisierung der Zeitungsverlage bzw. –konzerne. Wie bereits oben beschrieben, werden also vielmehr Unternehmen als Themenobjekt aufgegriffen, die wirtschaftlich näher zur berichtenden Zeitung stehen. Erst als zweites Selektionskriterium kommt demnach der Faktor ´Unternehmensgröße` zum Tragen. 1.3 Themenwahl
Um das kritische Bewusstsein der Rezipienten im Hinblick auf Medien zu fördern und ihnen neue Perspektiven aufzuzeigen, müssen die Medien intensive Aufklärungsarbeit leisten. Eine Aufgabe der Berichterstattung über Medien ist es daher, Vorgänge und Entwicklungen im Medienbereich transparent und verständlich zu machen und die Konvergenz unterschiedlichster Bereiche aufzuzeigen und zu erklären. Inhalt und Form einer Publikation können durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren determiniert werden. Themen können ausgewählt oder gewichtet werden, um damit ein bestimmtes Ziel oder eine bestimmte Wirkungsabsicht zu verfolgen. Für die inhaltsanalytische Untersuchung ist daher die Erfassung der Themenstruktur von zentraler Bedeutung, nämlich
208
1 Thematisierungshäufigkeiten
welche inhaltlichen Aspekte des Globalthemas ´Medienunternehmen` von den Printmedien besonders prominent behandelt werden. Abbildung 8:
Häufigkeitsverteilung der Themen
externe Einflüsse
1,5
Wettbewerb
2,2
Technisches
2,6
Werbung
4,4
Personalwesen
5,1
interne Strukturen
6,9
Marktversagen
8,1
Markterfolg
8,5
wirtschaftliche Lage
10,2 11,1
Konsolidierung Rechtliches
13,4 26,1
Markterweiterung 0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Häufigkeit in Prozent; dargestellt ist der Bereich von 0 bis 50 Prozent.
Das festgestellte Themenspektrum konzentriert sich vornehmlich auf wirtschaftliche Themen wie ´Markterweiterung` (26,1 Prozent), ´Konsolidierung` (11,1 Prozent) und die ´allgemeine wirtschaftliche Lage` (10,2 Prozent) sowie auf rechtliche Themen (13,4 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgen Themen, die die interne Unternehmensorganisation betreffen, wie ´interne Strukturen` (6,9 Prozent) und ´Personalwesen`(5,1 Prozent) oder auch allgemeine Einflüsse, wie ´Werbung` (4,4 Prozent), ´Technisches` (2,6 Prozent) und ´Wettbewerb` (2,2 Prozent). Von Interesse ist nun, ob diese Themen für alle Medienebenen gleichermaßen aufgegriffen werden oder ob die Verteilung differenzierter erfolgt. Wie werden die Themen speziell in Bezug auf Zeitungsunternehmen verteilt? Aufgrund der breiten Häufigkeitsstreuung wird bei der Interpretation nur auf die Thematiken eingegangen, die eindeutige Unterschiede und größere Häufigkeiten aufweisen.
1.3 Themenwahl
209
Themenhäufigkeit nach medialen Ebenen
´Rechtliche` Thematiken, die 13,4 Prozent der Artikel über Medienunternehmen ausmachen, erscheinen hauptsächlich in Verbindung mit Fernsehsendern (16,3 Prozent gegenüber 8,3 Prozent bei Zeitungen und 9,2 Prozent bei Zeitschriften). Dies hängt wahrscheinlich mit der zunehmenden Privatisierung durch die medienpolitische Deregulierung und mit kartellrechtlichen Problemen bei Fusionierungen zusammen. Über globalere wirtschaftliche Themen wie die ´allgemeine wirtschaftliche Lage` wird dagegen mehr im Zusammenhang mit Printunternehmen berichtet. ´Markterweiterung` wird bei Zeitschriftenverlagen mit 36,7 Prozent sogar häufiger thematisiert als bei Zeitungsverlagen (30,6 Prozent; bei Rundfunksendern nur zu 22,4 Prozent). ´Markterfolg` kommt dagegen mehr bei Zeitungsunternehmen vor (9,4 Prozent gegenüber von 4,6 Prozent bei Zeitschriften und 8,8 Prozent beim Rundfunk), ´Marktversagen` eher bei Zeitschriftenunternehmen (9,2 Prozent gegenüber 6,3 Prozent bei Zeitungen und 8,8 Prozent beim Rundfunk). ´Sanierungsmaßnahmen` (´Konsolidierung`) kommen mit 16,0 Prozent ebenfalls hauptsächlich in Bezug auf Zeitungen vor (gegenüber 7,3 Prozent bei Zeitschriften und 9,5 Prozent beim Rundfunk). Es scheint, dass es im eigenen Mediensektor eher vermieden wird, Negatives über die Medienunternehmen zu berichten und vielmehr eher positiv konnotierte Themen wie ´Markterfolg` und ´Konsolidierung` aufgegriffen werden. Allerdings erscheint das durchaus positive Thema ´Markterweiterung` mehr bei Zeitschriftenverlagen (indirekt intramedialen Ebene). Dort kommen aber generell kritischere Themen wie ´Marktversagen` und ´interne Strukturen` häufiger vor. ´Marktversagen` wird sogar dreimal häufiger thematisiert als bei Zeitungsunternehmen. Wird hier etwa die Themenauswahl weniger durch Selektionskriterien als durch medienunternehmerische Interessen bestimmt? Dies kann hier noch nicht beantwortet werden. Es kann zunächst nur festgestellt werden, dass die Gewichtung der Themen sich in unterschiedlicher Ausprägung auf die jeweiligen Ebenen verteilt. Unangenehme bzw. brisante Themen für ein Wirtschaftsunternehmen (´Marktversagen`, ´Wettbewerb`, ´interne Strukturen`) kommen im Printbereich mit deutlich geringerer Häufigkeit vor als im Rundfunkbereich. Wie sich die Themenverteilung innerhalb des eigenen Medienbereichs präsentiert, soll im Folgenden differenziert nach den verschiedenen Beobachtungsformen unter die Lupe genommen werden.
210
1 Thematisierungshäufigkeiten
Themenhäufigkeit nach Beobachtungsformen Tabelle 1: Themenhäufigkeit nach Beobachtungsformen Beobachtung
direkte Selbstbeob.
indir. Selbstbeob.
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
allg. Beobachtung
¦
n=77 HF in %
n=69 HF in %
n=151 HF in %
n=168 HF in %
n=196 HF in %
n=661 HF in %
16,9
7,2
7,9
9,7
9,5
9,8
16,9
14,5
7,9
7,7
6,5
9,2
Marktversagen
0
8,7
8,6
8,2
13,7
8,8
Markterweiterung
29,9
37,7
30,5
20,9
35,1
29,5
Konsolidierung
13,0
5,8
17,9
8,7
8,9
11,0
Wettbewerb
1,3
5,8
0,7
2,0
1,8
2,0
Interne Strukturen
2,6
1,4
3,3
8,2
1,8
4,1
Thema
Wirtschaftliche Lage Markterfolg
Personalwesen Externe Einflüsse Rechtliches
3,9
0
7,3
8,2
3,0
5,3
1,3
1,4
0
1,0
1,8
1,1
1,3
14,5
11,3
17,3
15,5
13,3
Technik
2,6
1,4
1,3
1,5
1,2
1,5
Werbung
10,4
1,4
3,3
6,6
1,2
4,4
Gesamt
100
100
100
100
100
100
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=44; chi2-Wert=101,735; 21% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf;
Malik (2004) stellte bei der Berichterstattung über den eigenen Verlag bzw. über die eigene Zeitung fest, dass die Themenauswahl weniger durch Selektionskriterien als durch wirtschaftliche Überlegungen zur Existenzsicherung des eigenen Unternehmens bestimmt ist. Es gilt Hinweise zu finden, ob die Themen nun im Hinblick auf das eigene Unternehmen oder auf einen Konkurrenten zweckge-
1.3 Themenwahl
211
bunden ausgewählt werden. In dieser Hinsicht ließe sich dann eine vom Konkurrenzaspekt initiierte Determinierung festhalten. Es zeigen sich einige deutliche Unterschiede, die vor allem auf eine Sonderstellung in Bezug auf die direkte Selbstbeobachtung hindeuten. So wird beispielsweise über ´Markterfolg` und die allgemeine ´wirtschaftliche Lage` des Unternehmens ca. doppelt so oft in Zusammenhang mit dem eigenen Haus berichtet als bei den anderen Beobachtungsformen. ´Marktversagen` taucht dagegen beim eigenen Unternehmen als Thema überhaupt nicht auf, während es bei den anderen Beobachtungsformen zwischen 8,2 und 13,7 Prozent Erwähnung findet. ´Markterweiterung`, ein Thema, das per se positiv konnotiert ist, kommt bei allen Beobachtungsformen am häufigsten vor. Bei den direkten Beobachtungsformen gibt es kaum Unterschiede zwischen den überregionalen Zeitungen, eher in Bezug auf ihre Beteiligungsunternehmen. Dies ist nachvollziehbar, da es bei diesem Thema im Besonderen auch um Beteiligungen und Fusionen geht. Bei den eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung) wird ´Markterweiterung` jedoch fast doppelt so oft thematisiert wie bei den Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz. Eine weitere Auffälligkeit, bei der sich die direkte Selbstbeobachtung absondert, sind rechtliche Themen. Während diese Thematik bei den anderen Beobachtungsformen zwischen 11,3 und 17,3 Prozent vorkommt, wird sie beim eigenen Unternehmen nur marginal (1,3 Prozent) erwähnt. Kritische Themen wie beispielsweise kartellrechtliche Problematiken, die eventuell Widerspruch hervorrufen können, werden in Bezug auf das eigene Unternehmen und die eigenen Beteiligungsunternehmen also eher vermieden. Positiv behaftete Themen wie ´Markterfolg` und auch ´Markterweiterung` werden demgegenüber bevorzugt gesetzt. Das Thema ´Technik`, das mit Fortschritt und Innovation verbunden ist, aber auch das Thema ´Werbung` kommen bei den Selbstbeobachtungsformen ebenfalls häufiger vor als bei den anderen Beobachtungsformen. Wettbewerbsgedanken scheinen somit Einfluss auf die Themenwahl zu nehmen, wobei sich speziell die direkte Selbstbeobachtung, also die Berichterstattung über das eigene Haus, von den anderen absetzt. Themenhäufigkeit nach Phasen
Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die ökonomische Gesamtsituation der Medien Auswirkungen auf die Themenselektion hat. Daher wird untersucht, welche Schwerpunkte bei der Thematisierung von Medienunternehmen über die verschiedenen Phasen hinweg zu identifizieren sind.
212
1 Thematisierungshäufigkeiten
Tabelle 2: Themenhäufigkeit nach Phase Phase Thema
¦
Phase 1
Phase 2 Phase 3 Phase 4
Phase 5
n=205 HF in %
n=196 n=231 n=213 HF in % HF in % HF in %
n=208 n=1048 HF in % HF in %
allg. wirtschaftl. Lage
10,7
10,7
13,0
8,5
7,9
10,2
Markterfolg
4,9
10,7
9,5
7,0
10,3
8,5
Marktversagen
5,9
6,1
4,8
14,1
9,9
8,1
18,0
32,1
35,5
19,7
24,6
26,1
10,7
8,2
4,8
17,8
14,3
11,1
Wettbewerb
0,5
5,1
1,3
2,3
2,0
2,2
interne Strukturen
10,7
5,6
6,1
6,1
5,9
6,9
Personalwesen
6,3
3,6
3,9
4,3
6,4
5,1
externe Einflüsse
1,5
0
2,2
1,4
2,5
1,5
Rechtliches
24,4
10,7
11,3
10,8
9,9
13,4
Technik
2,9
2,6
2,6
2,3
2,5
2,6
Werbung
3,4
3,6
5,2
5,6
3,9
4,4
Gesamt
100
100
100
100
100
100
Markterweiterung Konsolidierung
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=44; chi2-Wert=114,123; 15% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf;
Betrachtet man die Entwicklung der Themenschwerpunkte, fällt zunächst einmal die hohe Thematisierungsrate rechtlicher Gegebenheiten oder Probleme in Phase 1 (24,4 Prozent) auf. Da laut obigem Ergebnis ´Rechtliches` hauptsächlich in Zusammenhang mit dem Rundfunkbereich vorkommt, ist zu vermuten, dass die medienrechtlichen Probleme Anfang der Neunziger Jahre mit dem vermehrten Zutritt privater Rundfunkanbieter zu tun haben (siehe Kap. 1, 2.1.1). Damit hän-
1.3 Themenwahl
213
gen sowohl Thematiken über die Deregulierung und Liberalisierung, als auch über kartellrechtliche Problematiken zusammen. Im Laufe der untersuchten 15 Jahre reduziert sich die Berichterstattung über rechtliche Thematiken dann um mehr als die Hälfte. Die stärker wirtschaftlich betonten Thematiken entsprechen in ihrer Häufigkeit weitgehend den erwarteten Werten aufgrund der konjunkturellen Entwicklung des Medienmarktes. Das Thema ´Markterweiterung` beispielsweise gewinnt entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung im Medienbereich bis zur Phase 3 zunehmend an Bedeutung. Die Häufigkeit verdoppelt sich fast von 18,0 Prozent bis auf 35,5 Prozent. In der Krisenphase dagegen fällt der Wert wieder fast auf den Ausgangswert zurück (19,7 Prozent). In dieser Zeit wurden als Sparmaßnahme auch zahlreiche Beteiligungen wieder zurückgefahren. Man konzentrierte sich mehr auf das Kerngeschäft. Von daher spielte das Thema ´Markterweiterung` hier eine geringere Rolle. In der nachfolgenden Konsolidierungsphase (Phase 5) wird diese Thematik dann wieder vermehrt aufgegriffen (24,6 Prozent), wahrscheinlich im Rahmen der verschiedenen Sanierungspläne. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich – nur in geringerem Maße – bei der Thematisierung von ´Markterfolg`. Hier erstaunt nur, dass der Thematisierungshöhepunkt nicht in der Boomphase (Phase 3) liegt, sondern in der Wachstums- und Konsolidierungsphase (Phasen 2 und 5). In der Krisenphase verliert das Thema zwar etwas an Bedeutung, was wiederum der wirtschaftlichen Situation entspricht, da es weniger Erfolge zu berichten gibt, es nimmt aber im Vergleich zu der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation mit 7 Prozent immer noch einen beachtlichen Raum ein. In erwartetem Maße entwickelt sich auch das Thema ´Marktversagen` entsprechend der Marktlage. Nachdem ´Marktversagen` bis zur Phase 3 immer weniger (4,8 Prozent) thematisiert wurde, verdreifacht sich dieser Wert in der darauf folgenden Krisenzeit (14,1 Prozent). Zur Konsolidierungsphase nimmt die Bedeutung wieder etwas ab (9,9 Prozent). Dies zeigt, dass hier die Themenwahl mit der ökonomischen Entwicklung der Medienunternehmen weitgehend korrespondiert. Betrachtet man die Thematisierungshäufigkeit von ´Marktversagen` dagegen etwas differenzierter im Hinblick auf obiges Ergebnis (´Thematisierungshäufigkeit nach medialen Ebenen`), wonach bei Zeitungsunternehmen ´Marktversagen` ca. ein Drittel weniger thematisiert wird als bei Zeitschriftenverlagen, könnte sich ein anderes Bild ergeben. Kreuzt man dieses Thema mit den medialen Ebenen (N=213; p=0,002) nur für Phase 4, so bestätigt sich, dass in der Krisenphase ein ´Marktversagen` im eigenen Medienbereich (6,8 Prozent) weniger zum Thema genommen wird als in anderen Medienbereichen (8,3 Prozent im Zeitschriftensektor und 21,8 Prozent im Rundfunkbereich). Festzuhalten bleibt, dass die Themenselektion in weiten Teilen den ökonomischen Gegebenheiten entspricht. Jedoch ist – vor allem bei ökonomisch brisanten
214
1 Thematisierungshäufigkeiten
Themen und noch verstärkt, wenn sie gekoppelt sind mit der Krisenzeit – eine gezielte Themensetzung ersichtlich. Dass die Thematisierung von unternehmerischen Aspekten gezielt gesetzt wird, indem zum Beispiel Themen zurückgehalten werden, lässt der Themenbereich ´allgemeine wirtschaftliche Lage` der Medien vermuten. Er wird als Thema mit steigender Tendenz nur bis zur Phase 3 gewählt. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Phasen 4 und 5 reduziert sich diese Thematik dagegen um ein Drittel. Dies könnte der in der Literatur postulierten Zurückhaltung während wirtschaftlich schwieriger Zeiten entsprechen. In Bezug auf die ´internen Strukturen` eines Medienunternehmens zeigt sich eine weitgehend retardierende Tendenz. Sie gehörten in Phase 1 noch zu den drei am häufigsten gewählten Themen. Eventuell wurden aufgrund der strukturellen Umwälzungen der Achtziger und frühen Neunziger Jahre auch die veränderten Organisationsstrukturen in Phase 1 vermehrt diskutiert. Danach verliert diese Thematik jedoch an Bedeutung. Die Häufigkeit halbiert sich schon in Phase 2 fast und bleibt auch während der weiteren Phasen auf diesem Niveau. Laut Theorie werden interne Angelegenheiten meist nur dann thematisiert, wenn eine Selbsterklärung der Branche unumgänglich scheint (Beuthner & Weichert, 2005, S. 18). Aber nicht einmal während der beiden wirtschaftlich extremen Zeiten, der Boom- (Phase 3) und der Krisenphase (Phase 4), werden die Organisationsstrukturen der Medienunternehmen verstärkt thematisiert. Für Medienjournalisten scheint es besonders brisant zu sein, welche Informationen über ihre finanziellen Operationen und ihre internen Organisationsstrukturen über ihr Unternehmen an die Öffentlichkeit dringen, da sie je nach Darstellung der ´Nestbeschmutzung` oder der ´Selbstbeweihräucherung` bezichtigt werden könnten (siehe Kap.1, 6.2.1) Aber Berichte über Interna anderer Medienunternehmen sind ebenfalls heikel, da sie auch immer die Identität und Existenz des Journalismus ganz allgemein betreffen und somit auch Eigenkritik des eigenen Medienbereichs enthalten (Malik, 2004, S. 174-175; Siegert, 2001b, S. 57). Eine ähnliche Zurückhaltung ist für die Thematik ´Personalwesen` festzustellen, die auch zu den unternehmerischen Interna gehört. Gerade die personelle Ausstattung eines Medienunternehmens kann Aufschluss über die finanzielle und organisatorische Ausstattung des Unternehmens und damit über seine mögliche Leistungsfähigkeit geben. Wird dieses heikle Thema von den Medienjournalisten also eher gemieden? Selbst in der Krisenzeit, in der es durch Stellenstreichungen und Kürzungen zu großen Bewegungen im Personalbereich kam, wird dieser Umstand nicht wesentlich stärker thematisiert. Der Wert steigt erst in Phase 5 von durchschnittlich 3,9 Prozent in den drei vorangegangenen Phasen wieder auf 6,4 Prozent. Dies entspricht in etwa wieder dem Prozentsatz der Phase 1 (6,3 Prozent). Somit gleichen sich die Werte der beiden Konsolidierungsphasen.
1.4 Zwischenfazit: Thematisierungshäufigkeiten
215
Insgesamt wird ersichtlich, dass allgemein über interne Unternehmensstrukturen innerhalb der eigenen Branche nicht gern berichtet wird und nur wenig in den Fokus der Berichterstattung gerät. Haben die Journalisten etwa ´Beißhemmungen`, über Interna der Medienunternehmen zu schreiben? Doch auch wenn ´Interna` nicht das Hauptthema bilden, so bedeutet dies nicht, dass sie nicht doch am Rande im Artikel als Nebenthema Erwähnung finden. Dies wird an späterer Stelle in der Elementenanalyse genauer untersucht (siehe Kap. 3, 3). Dort kann der Frage einer möglichen Intention der Journalisten differenzierter nachgegangen werden. 1.4 Zwischenfazit: Thematisierungshäufigkeiten
Die erste Forschungsfrage befasst sich mit dem Einfluss ökonomischer und/oder wettbewerblicher Kriterien auf die Thematisierungshäufigkeiten. Je nachdem, welcher Medienbereich oder welches Medienunternehmen mit welcher Häufigkeit thematisiert wird, wird deren Bedeutung für die Medienberichterstattung betont. Oberflächlich betrachtet weist die Häufigkeitsverteilung der Artikel im Untersuchungszeitraum auf eine mögliche Orientierung an den jeweiligen wirtschaftlichen Bedingungen hin. So finden sich Häufigkeitshöhepunkte in den wirtschaftlichen Extremphasen des Medienbooms und der Zeitungskrise. Die Annahme eines bloßen Einflusses der konjunkturellen Marktlage der Medien auf die Thematisierungshäufigkeit erweist sich bei einer differenzierteren Betrachtung jedoch als zu einseitig. Unterschiede ergeben sich bei den wirtschaftlichen Distanzverhältnissen. Sowohl im weiten, als auch im engen Distanzverhältnis werden am häufigsten Unternehmen mit der größten wirtschaftlichen Distanz des Berichterstattungsobjekts zur berichtenden Zeitung thematisiert. Am meisten wurde folglich über Rundfunkunternehmen (ca. 60 Prozent) berichtet, während Zeitungsunternehmen nur zu ca. 30 Prozent und Zeitschriftenunternehmen nur zu ca. 10 Prozent vorkamen. So bestätigt sich auch hier eine Dominanz von Rundfunkthemen wie sie beispielsweise schon Pickl (2000) allgemein für die Selbstthematisierung in der Zeit der zunehmenden Privatisierung im Rundfunkbereich festgestellt hatte. Jedoch ist auch diese Aussage zu verallgemeinernd. Ab der Krisenphase nämlich geht die Thematisierung von Rundfunksendern, aber auch von Zeitschriftenunternehmen kontinuierlich in starkem Maße zurück. Diese Tendenz hält bis zum Ende des Untersuchungszeitraums an. Demgegenüber gewinnt die Berichterstattung über Zeitungsunternehmen über die gesamten untersuchten 15 Jahre hinweg unabhängig von den wirtschaftlichen Gegebenheiten kontinuierlich an Bedeutung. Somit scheint auch der mediale Konkurrenzaspekt von Bedeutung zu sein, da zunehmend der eigene Medienbereich fokussiert
216
1 Thematisierungshäufigkeiten
wird. Speziell in der Krisenphase werden mit deutlich größerer Häufigkeit Zeitungsverlage als Thema aufgegriffen. Eine Zurückhaltung in der Berichterstattung speziell in wirtschaftlich kritischen Zeiten, von der in der Literatur (Malik 2004; Choi, 1999) gesprochen wird, kann im eigenen Mediensektor nicht bestätigt werden. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums finden sich sogar doppelt so viele Beiträge über Zeitungsunternehmen wie über Zeitschriften- oder Rundfunkunternehmen. Innerhalb des Zeitungssektors wiederum zeigt sich diese konstant zunehmende Thematisierungshäufigkeit vor allem für den Bereich mit der geringsten wirtschaftlichen Distanz zur thematisierenden Zeitung. So werden stetig steigend vor allem die überregionalen Tageszeitungen in den Fokus genommen. Über direkte überregionale Konkurrenzunternehmen wird dabei doppelt so oft berichtet wie über das eigene Haus (Quotenverhältnis 1:2). Da dem eigenen Unternehmen aber drei andere überregionale Zeitungen als Konkurrenten gegenüberstehen und somit ein Quotenverhältnis von 1:3 zu erwarten wäre, kann weder von einer Zurückhaltung bei der Thematisierung des eigenen Hauses gesprochen werden, noch von einem „Totschweigen“ (Ruß-Mohl, 2000) der Konkurrenz. Im Gegenteil: Während sich die Berichterstattung bei der direkten Selbstbeobachtung im Laufe des Untersuchungszeitraums verdreifachte (von 11,7 Prozent auf 35,1 Prozent), hat sich die direkte Konkurrenzbeobachtung in dieser Zeit sogar mehr als verzehnfacht (von 3,3 Prozent auf 39,1 Prozent). Gänzlich anders entwickelten sich die anderen Beobachtungsformen. Bis zur Boomphase wurde deutlich häufiger über Beteiligungsunternehmen der überregionalen Zeitungen sowie über regionale und lokale Zeitungen berichtet. Ab der Krisenphase sanken die Häufigkeiten, speziell die der indirekten Beobachtungsformen. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass aufgrund von Sparmaßnahmen in der Krisenzeit zahlreiche Beteiligungen aufgelöst wurden und aufgrunddessen auch weniger Beteiligungsunternehmen thematisiert wurden. Jedoch zeigt auch die Berichterstattung über Zeitungen anderer Genres eine sinkende Tendenz. Die unterschiedliche Entwicklung bei den direkten und indirekten Beobachtungsformen kann allerdings nicht nur an der unterschiedlichen wirtschaftlichen Betroffenheit der Unternehmen liegen. In diesem Fall müsste zumindest die Häufigkeitsverteilung bei den überregionalen Tageszeitungen in ähnlicher Weise verlaufen. Hier zeigt sich aber vielmehr in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Marktlage zusätzlich eine Determinierung aus Konkurrenzaspekten. Während in wirtschaftlich guten Phasen vermehrt das eigene Haus thematisiert wird, wird ab der Krisenphase mehr die Konkurrenz ins Visier genommen. All dies lässt Rückschlüsse auf die Motivation der Berichterstattung zu. Vorgänge in der eigenen Branche scheinen für die Journalisten immer mehr an Bedeutung zu gewinnen. Konkurrenzunternehmen, die auf demselben Markt operieren, geraten in Krisenzeiten eher ins Visier der Berichterstattung als diejenigen, die wirtschaftlich
1.4 Zwischenfazit: Thematisierungshäufigkeiten
217
weiter entfernt sind und keine unmittelbare wirtschaftliche Bedrohung darstellen. Dadurch, dass es zu unterschiedlichen Thematisierungshäufigkeiten kommt, liegt der Verdacht nahe, dass die Thematisierungsfrequenz auch von ökonomischen Eigeninteressen, also von Konkurrenzaspekten, geleitet wird. Am Ende des Untersuchungszeitraums in der Konsolidierungsphase 5 zeigen sich zwei unterschiedliche Tendenzen hinsichtlich der Thematisierungshäufigkeit. Es wird hier mit hoher Berichterstattungsfrequenz (ca. 39 Prozent) über das eigene Haus und mit etwa gleicher Häufigkeit über die überregionalen Konkurrenzunternehmen berichtet. Wenn man bedenkt, dass dem eigenen Blatt drei andere überregionale Konkurrenzzeitungen gegenüberstehen, so steigt hier überproportional die Thematisierung des eigenen Unternehmens. Über die übrigen Zeitungsunternehmen wird dagegen mit weiter sinkender Tendenz ebenfalls mit fast gleicher Häufigkeit (ca. 14 Prozent) berichtet. Bei der Auswahl der jeweiligen Unternehmen als Berichterstattungsobjekt spielen in Hinblick auf die Thematisierungshäufigkeit innerhalb der jeweiligen Mediensektoren die Faktoren ´Konkurrenz` und ´Unternehmensgröße` eine Rolle. So werden im Zeitungssektor primär Unternehmen gewählt, die in einem nahen Konkurrenzverhältnis zu der berichtenden Zeitung stehen, also vornehmlich überregionale Zeitungen. Als sekundärer Selektionsfaktor spielt die Größe des Konkurrenzunternehmens eine Rolle. Dabei wird ein Unternehmen umso häufiger thematisiert, je größer es bzw. sein dazugehöriger Verlag oder Konzern ist. Schon Spachmann (2005) stellte bei der klassischen Wirtschaftsberichterstattung fest, dass das Interesse der Redaktionen weitgehend durch die Größe eines Unternehmens bestimmt wird. (S. 245) Wie sich zeigt, ist aber bei der Berichterstattung über Medienunternehmen primär der Konkurrenzfaktor von Relevanz. Von daher könnte man folgende These aufstellen: Ist das thematisierte Unternehmen ein Konkurrent der berichtenden Zeitungen auf demselben Teilmarkt, so steigt die Thematisierungshäufigkeit. Das bedeutet, dass umso mehr berichtet wird, je ökonomisch relevanter das Unternehmen für die berichtende Tageszeitung ist. Je größer dabei das Konkurrenzunternehmen bzw. sein dazugehöriger Verlag oder Konzern ist, umso häufiger wird es thematisiert. Da in den verschiedenen Mediensektoren die gleiche Tendenz zu beobachten ist, können weitere Einflussfaktoren, wie ´weniger Ereignisse/Anlässe` oder ´geringere wirtschaftliche Betroffenheit`, etc. als unbedeutender eingeschätzt werden. Die Auswahl der jeweiligen Hauptthemen, unter denen das Berichterstattungsobjekt betrachtet wurde, erfolgt dem ersten Anschein nach entsprechend der ökonomischen Gegebenheiten der jeweiligen Phasen. Dies gilt vor allem für die Themen ´Markterweiterung`, ´Markterfolg` und ´Marktversagen`. Doch zeigen sich bei differenzierterer Betrachtung eindeutige Konkurrenzaspekte. Im weiten wie im engen Distanzverhältnis werden positiv konnotierte Themen wie
218
1 Thematisierungshäufigkeiten
´Markterfolg` und ´Konsolidierung` bzw. ´Markterweiterung` eher im eigenen Medienbereich bzw. beim eigenen Unternehmen aufgegriffen. Unangenehme bzw. negativ konnotierte Thema wie ´Marktversagen` dagegen werden am wenigsten im eigenen Medienbereich und dort am wenigsten in Verbindung mit dem eigenen Haus aufgegriffen wird. Im engen Distanzverhältnis wird beispielsweise ´Markterfolg` bei der direkten Konkurrenz nur halb so oft als Thema gewählt wie beim eigenen Haus, dafür ´Marktversagen` fast ebenso oft wie ´Markterfolg`. ´Marktversagen` kommt dagegen beim eigenen Haus überhaupt nicht vor. Dies gibt Anlass zu der Vermutung, dass die Themenselektion zwar einerseits durch bestimmte ökonomische Ereignisse ausgelöst wird, die Gewichtung der Themenrelevanz andererseits aufgrund von Konkurrenzaspekten unterschiedlich ausfällt. Die Themenauswahl scheint also weniger durch Selektionskriterien als durch unternehmerische Interessen bestimmt zu sein.
2 Generierung von Aufmerksamkeit
Wenn die überregionalen Tageszeitungen über Medienunternehmen berichten, so besteht hier die Besonderheit darin, dass sie sich bei der Berichterstattung innerhalb der eigenen Branche bewegen. Gerade die Thematisierung der wirtschaftlichen Seite eines Medienunternehmens ist ein heikler Bereich, da sie unmittelbare Auswirkungen auf das Image des Unternehmens und der ganzen Branche haben kann. Je häufiger ein Medienunternehmen in der Berichterstattung erscheint, umso stärker gerät es in den Blick der Öffentlichkeit. Der Journalist hat nun die Möglichkeit über seine Darstellung anhand formaler, aber auch inhaltlicher Kriterien speziell Aufmerksamkeit für den Beitrag zu generieren. Inwieweit die Journalisten für die Berichterstattung über die eigene Branche nun Aufmerksamkeit erzeugen und ob sich Differenzen hinsichtlich der Unterscheidungskriterien ergeben, soll das Subkapitel ´Aufmerksamkeit` behandeln. Dazu werden der Umfang des Artikels und der Überschrift, das Vorhandensein von Abbildungen und Grafiken sowie der Aufmerksamkeitsgrad für das entsprechende Medienprodukt herangezogen. 2.1 Aufmerksamkeitsgenerierung durch die Größe des Beitrages
Nach der Wahrnehmungspsychologie wird einem Beitrag je nach seinem Umfang, der Aufmachung und Platzierung unterschiedliche Aufmerksamkeit zugesprochen (Schulz, 1990, S. 29-31). So könnte ein geringer Umfang ein Indiz dafür sein, dass die Berichterstattung mit Zurückhaltung stattfindet. Medienjournalisten stehen ja im Ruf, „vor allem auf dem Auge, das der eigenen Gattung gilt, kurzsichtig zu sein und mit dem anderen Auge die übrigen Mediengattungen besonders kritisch zu beäugen“. (Haller, 2001, S. 172-173) Ob sich dies hier bestätigt und welche Wertigkeit die Medienthemen über die Unternehmen der eigenen Branche einnehmen, kann zunächst darüber erfasst werden, in welchem Umfang über die Jahre hinweg darüber berichtet wird.
220
2 Generierung von Aufmerksamkeit
2.1.1 Umfang des Artikels
Der Umfang wurde anhand der Wortzählung erfasst. Der Mittelwert liegt bei 330,08 Wörtern pro Beitrag. Es dominieren also mittlere bis große Artikel. Es zeigt sich, dass 33,2 Prozent der Beiträge kleine Artikel (bis zu 150 Wörter22) ausmachen, 27,4 Prozent mittlere (zwischen 150 und 330 Wörter23) und 39,4 Prozent große Artikel (über 330 Wörter). Der Medienberichterstattung über Medienunternehmen wird also überwiegend großer Raum eingeräumt. Sie evoziert größere Aufmerksamkeit. Von einer Zurückhaltung der Berichterstattung kann hinsichtlich des Umfangs der Berichte nicht gesprochen werden. Abbildung 9:
Umfang des Artikels nach Jahren (MW)
450 400 350 300 250 200 150
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
343,66
288,32
326,41
357,59
343,97
100 50 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
durchnittlicher Umfang
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); dargestellt ist der Bereich von 0 bis 450 Wörter. 22 Die Abgrenzung wurde in Anlehnung an die Vorgabe von Walther von LaRoche getroffen, der für Nachrichten, eine Umfang von ca. 20 Zeilen vorgab. Das sind ungefähr 100 bis 150 Wörter. Die Schlussfolgerung wird gezogen, da angenommen wird, dass kleine Artikel meistens als Nachricht verfasst werden. 23 Eine Anzahl von 330 Wörtern wurde in Anlehnung an den errechneten Mittelwert gewählt und als weitere Grenze festgesetzt.
2.1 Aufmerksamkeitsgenerierung durch die Größe des Beitrages
221
Es zeigen sich innerhalb des Untersuchungszeitraums vier Höhepunkte, in denen die Berichte jeweils größere Umfänge (über 330 Wörter) aufweisen: 1992 zu Beginn der Untersuchung, 2000 zum Höhepunkt des Medienbooms, 2003 gegen Ende der Medienkrise und 2005 in der Konsolidierungsphase. Vergleicht man diese Zahlen mit obigen Ergebnissen (Kap. 3, 1.1.1) über die Häufigkeitsverteilung der Berichterstattung, so zeigen sich gewisse disproportionale Tendenzen. 1992, zu Beginn der ersten Konsolidierungsphase sind zwar am wenigsten Artikel (5,0 Prozent) über Medienunternehmen zu finden, sie weisen jedoch durchaus einen großen Umfang auf. Die Aufmerksamkeit wurde hier also weniger durch die Frequenz als durch die Größe des Beitrags erzeugt. Ähnliches zeigt sich in der Boomphase (Phase 3). In Phase 4 zeigt sich demgegenüber zum Höhepunkt der Krise 2002 zwar ein Häufigkeitshöhepunkt (8,0 Prozent), die Artikel sind durchschnittlich jedoch eher von mittlerem Umfang. 2003 gibt es dagegen deutlich weniger Artikel (6,2 Prozent), die jedoch wieder verstärkt großen Umfang haben ( 416,55 Wörter). Für das Thema wird also weniger in der Breite Aufmerksamkeit generiert, sondern vielmehr durch die Größe des Artikels. Betrachtet man aber die gesamte Krisenphase, so ist der Umfang der Artikel hier im Durchschnitt am größten (Ø 366,36 Wörter). Der gestiegene durchschnittliche Umfang lässt sich nicht unbedingt darauf zurückführen, dass sich in dieser Zeit die Ereignisse häuften. Die Steigerung gründet möglicherweise darauf, dass durch eine ausführlichere Berichterstattung in Krisenzeiten mehr Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufgebaut werden soll. Diese Vermutung wird noch dadurch bestärkt, dass die durchschnittliche Wortzahl in Phase 5 wieder auf 331,97 sinkt. Der Wert nähert sich wieder dem der Phase 1 an, in der sich die Medienunternehmen ja ebenfalls in einer Konsolidierungsphase befanden. Dadurch, dass in zwei ähnlichen wirtschaftlichen Phasen auch ähnliche Werte erscheinen, kann darauf geschlossen werden, dass es keine kontinuierliche Entwicklung der Medienberichterstattung über Medien hinsichtlich des Umfangs der Beiträge gibt. Ebenso scheinen Häufigkeit und Umfang nicht unbedingt von vermehrten Ereignisanlässen abhängig zu sein. Diese Annahme bestätigt sich, wenn man Phase 2 betrachtet, eine Wachstumsphase. Da es hier z.B. zur Gründung zahlreicher neuer Rundfunksender kam und die Medien sich umstrukturieren mussten, wäre von einer erhöhten Thematisierung von Medienunternehmen auszugehen. Hier zeigt sich jedoch sowohl die geringste Häufigkeit (18,7 Prozent) als auch mit 288,32 Wörtern der geringste durchschnittliche Artikelumfang. Die Berichterstattung orientiert sich folglich eher nach anderen Kriterien, die sich nach ökonomischen Gegebenheiten und ökonomischen Überlegungen zu richten scheinen. Die Differenzierung nach den medialen Ebenen (p=0,465) zeigt, dass bei Zeitungsunternehmen der Umfang der Artikel geringer ist ( 315,23 Wörter) als bei den wirtschaftlich distanzierteren Ebenen (Zeitschriftenverlage: 344,37
222
2 Generierung von Aufmerksamkeit
Wörter; Rundfunkunternehmen: 339,45 Wörter). Der eigene Medienbereich wird also zurückhaltender in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt. Im Zeitschriftensektor zeigt sich wieder eine disproportionale Tendenz. Es handeln zwar nur 10,4 Prozent aller Artikel von Zeitschriftenunternehmen (siehe Kap. 3, 1.1.2), diese zeigen aber den größten durchschnittlichen Umfang ( 344,37 Wörter). Bei Rundfunkunternehmen wird aufgrund der häufigen Thematisierung eher durch eine gewisse Breitenwirkung auf diese Unternehmen aufmerksam gemacht, da die Artikel nur einen eher mittleren bis großen Umfang haben. Der eigene Medienbereich wird nur halb so oft thematisiert, und zudem noch in geringerem Umfang. Zurückhaltung bei der Unternehmensdarstellung findet sich somit vor allem in Bezug auf den Zeitungssektor. Innerhalb des Zeitungssektors wiederum zeigen sich Unterschiede im wirtschaftlich engen Distanzverhältnis. Abbildung 10: Umfang des Artikels nach Beobachtungsform (MW) 400
370,57 325,03
350 300
302,71
300,6
257,1
250 200 150 100 50 0 direkte indirekte direkte indirekte allgemeine Selbstbeob. Selbstbeob. Konkurrenz Konkurrenz Beob.
Mittelwerte
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; das Ergebnis ist nicht signifikant, p=0,058; F= 2,295.
Mit zunehmender Distanz von der berichtenden Zeitung nimmt der Umfang der Beiträge zu. Die Berichterstattung über das eigene Unternehmen weist den geringsten Umfang ( 257,10 Wörter) und somit die größte Zurückhaltung auf.
2.1 Aufmerksamkeitsgenerierung durch die Größe des Beitrages
223
Der direkten wie auch der indirekten Konkurrenz werden dagegen über den Umfang deutlich mehr Aufmerksamkeit zugesprochen ( 325,03 und 370,57 Wörter). Journalisten begeben sich angeblich nicht gern in das gefährliche Fahrwasser, über die Konkurrenz zu berichten, denn allzu leicht könnten sie dann der Konkurrenzbeschimpfung bezichtigt werden (siehe Kap. 1, 6.2.1). Vielleicht lässt sich dadurch erklären, dass der größte Artikelumfang nicht bei den Berichten über die direkten Konkurrenzunternehmen zu finden ist, sondern bei deren Beteiligungsunternehmen. Doch die Werte bei der direkten Konkurrenz sind dennoch eindeutig höher als bei Artikeln über das eigene Unternehmen. Aus diesem Grund wird die Annahme einer gewissen Zurückhaltung bei der Thematisierungshäufigkeit der Konkurrenz (Verhältnis 1:2) dadurch relativiert, dass die Artikel durchgängig einen größeren Umfang aufweisen. Die Beiträge über regionale und lokale Zeitungen (allgemeine Beobachtung) entsprechen im Umfang etwa den Artikeln über eigene Beteiligungsunternehmen. Dadurch wird ersichtlich, dass sich hauptsächlich die direkte Selbstbeobachtung und die Konkurrenzbeobachtungen diametral voneinander abheben. Warum nun gerade Konkurrenten mehr in den Blickpunkt gerückt werden, kann nur die Art ihrer Darstellung und die wertenden Stellungnahmen beantworten. Dies soll jedoch erst an späterer Stelle erörtert werden. 2.1.2 Umfang der Überschrift
Der Umfang der Überschrift kann ein weiteres Indiz für die Generierung von Aufmerksamkeit sein. Nach der Medienwirkungsforschung wirkt neben dem Umfang des Textes gerade der Umfang der Überschrift auf die Beachtung des Artikels und das Weiterlesen (Donsbach, 1991, S. 136-139). Da „die zu den Beiträgen gehörenden Überschriften wie ein ´Aushängeschild` deren Inhalt“ (Schröter, 1992, S. 138) ankündigen, wird ihnen vom Leser nämlich zuerst Beachtung geschenkt. Sie sollen sein Leseinteresse wecken. Umfangreichere Überschriften evozieren hierbei jeweils höhere Aufmerksamkeit seitens des Rezipienten. Es wurde erhoben, ob und wie ausführlich eine Überschrift vorhanden ist. Dabei wurde differenziert zwischen Haupt- und Nebenüberschrift und Vorspann. Während der Umfang des Textes durchaus als „groß“ einzuordnen ist (Kap. 3, 2.1.1), wird die Überschrift eher zurückhaltend eingesetzt. Es wird zumeist nur auf eine Hauptüberschrift fokussiert (47,4 Prozent) und damit nur auf den geringstmöglichen Teil aufmerksam gemacht. Dies könnte allerdings auch daran liegen, dass ein Drittel der Artikel klein und zumeist nur eine Meldung sind (Kap. 3, 6.1), für die das alleinige Vorkommen von Hauptüberschriften typisch ist. Allerdings kommt auch bei 43,4 Prozent der Artikel neben der Haupt- noch
224
2 Generierung von Aufmerksamkeit
eine Nebenüberschrift vor. Nur bei 3,0 Prozent der Beiträge gibt es zusätzlich noch einen Vorspann. Die Kombination ´Hauptüberschrift und Vorspann` liegt lediglich bei 4,8 Prozent der Beiträge vor. Der Leser wird insgesamt eher zurückhaltend in der Überschrift auf Wirtschaftsthemen in Bezug auf Medienunternehmen aufmerksam gemacht. Betrachtet man die Entwicklung der Berichterstattungspraxis über den Untersuchungszeitraum hinweg24, zeigt sich, dass die Gesamtentwicklung mehr zu einer umfangreicheren Darstellung der Überschrift tendiert und demgemäß zu einer höheren Generierung von Aufmerksamkeit. Während in Phase 1 die Artikel allein mit Hauptüberschrift noch 52,7 Prozent einnehmen, nimmt deren Verwendung in den folgenden Phasen kontinuierlich ab bis auf 44,3 Prozent in Phase 5. Gleichzeitig nimmt die Verwendung von Haupt- und Nebenüberschrift zu, von 38,0 Prozent in Phase 1 bis 45,3 Prozent in Phase 5.25 Von dieser Gesamttendenz abgesehen wird lediglich in der wirtschaftlichen Krisenzeit vermehrt versucht, durch umfangreichere Überschriften mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen. Man kann also von einer kontinuierlichen Entwicklung mit steigender Tendenz sprechen, wobei die ökonomische Ausnahmephase der Krise zusätzlich Einfluss auf die Aufmerksamkeitsgenerierung nimmt. Innerhalb des weiten und auch des engen Distanzverhältnisses nimmt mit zunehmender Distanz zur berichtenden Zeitung der Umfang der Überschrift zu. Durchschnittlich die knappsten Überschriften sind bei Beiträgen über Zeitungsunternehmen26 zu finden. Hier sind nur zu 37,8 Prozent Haupt- und Nebenüberschrift vorhanden. Mit zunehmender Distanz zur berichtenden Zeitung nimmt die Verwendung einer umfangreicheren Überschrift zu (Zeitschriften: 42,2 Prozent; Rundfunk: 46,1 Prozent). Auch im engen Distanzverhältnis (p=0,000) wird mit zunehmender Distanz öfter eine umfangreichere Überschrift gesetzt. Bei der direkten Selbstbeobachtung erscheint zu 29,9 Prozent eine Haupt- und Nebenüberschrift gegenüber der indirekten Konkurrenzbeobachtung mit 53,6 Prozent. Jedoch liegt die Vermutung nahe, dass die unterschiedliche Verteilung hauptsächlich mit den Konkurrenzaspekten auf der Ebene der überregionalen Zeitungen zusammenhängt, sprich zwischen der direkten Selbst- und Konkurrenzbeobachtung einschließlich ihrer indirekten Beobachtungsformen. Die allgemeine Beobachtung, die eigentlich die größte wirtschaftliche Distanz und damit das geringste Konkurrenzverhältnis zur berichtenden Zeitung aufweist, zeigt ähnliche Werte wie die direkte Selbstbeobachtung. Sieht man erstere als eine Art Kontrollgruppe, so muss man davon ausgehen, dass Aufmerksamkeit eher für die 24 Die Betrachtung des Umfangs der Überschrift nach Phasen erweist sich als nicht signifikant (p=0,077). 25 Phase 2: 44,9 Prozent; Phase 3; 42,4 Prozent; Phase 4: 46,5 Prozent. 26 (p=0,0180)
2.1 Aufmerksamkeitsgenerierung durch die Größe des Beitrages
225
direkte Konkurrenz und ihre Beteiligungsunternehmen generiert wird, während bei den anderen Beobachtungsformen eher im üblichen Maße um Aufmerksamkeit geworben wird. 2.1.3 Illustrationen und Grafiken
Neben dem Umfang eines Artikels und dessen graphischer Aufmachung bei der Überschrift generieren vor allem Fotos und Grafiken Aufmerksamkeit. Sie lenken den Blick auf den entsprechenden Artikel und motivieren zum Lesen. Nach Donsbach (1991) steigen auch die meisten Leser nicht über eine Schlagzeile, sondern über ein Bild in eine Zeitungsseite ein. Die Beachtungschance von Fotos sei sogar doppelt so groß wie die über die Größe der Artikel. (S. 135-137) Grafiken oder Bildmaterial haben zudem eine größere Unmittelbarkeit und wirken auf die Betrachter glaubwürdig. Als optische Lesereize unterstützen sie zudem die aktive Informationsaufnahme und –verarbeitung (Belz, Haller & Sellheim 1999, S. 59-60; Mast, 2000, S. 283). Daher werden auch bei der Wirtschaftsberichterstattung zunehmend Bilder, Fotomontagen und Informationsgrafiken verwendet. Sie dienen hier vorrangig einer kompakten Information und Veranschaulichung von Sachverhalten und Zahlen. Ebenso sollen immer mehr Bilder, Fotomontagen und grafische Darstellungen zur Vermittlung und zum Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen beitragen (siehe Kap. 1, 3.3.6). Umso überraschender ist das Ergebnis der Studie. Nur in 2,8 Prozent der Beiträge sind Grafiken abgebildet worden, zu 13,8 Prozent Illustrationen. Die Aufmerksamkeit der Leser soll also nicht gezielt über visuelle Anreize auf die Beiträge gelenkt werden. Diese Ergebnisse korrespondieren mit dem Ergebnis, dass überwiegend zurückhaltend nur über Hauptüberschriften auf die Artikel hingewiesen wird (Kap. 3, 2.1.2). Die Beiträge über Medienunternehmen sollen also nicht gesondert herausgestellt werden. Interessant ist, dass Abbildungen im Laufe der 15 Jahre aber immer häufiger vorkommen (p=0,004). Nachdem sie in den ersten beiden Phasen (aufgeteilt nach Vorkommen) nur wenig Verwendung finden (Phase 1: 7,3 Prozent; Phase 2: 6,6 Prozent), verdoppelt sich ihr Wert in Phase 3 (12,6 Prozent) fast. In der Krisenzeit (Phase 4) wird am häufigsten Aufmerksamkeit über Illustrationen generiert (21,1 Prozent). Dieses Ergebnis entspricht ebenfalls obigem Resultat, wonach in der Krise auch die Überschriften am umfangreichsten sind. In Phase 5 sinkt – ähnlich wie oben – der Wert wieder deutlich (16,7 Prozent). Dies deutet wiederum auf eine gezielt stärkere Aufmerksamkeitsgenerierung in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Auch Grafiken (p=0,081) werden seit der Krisenphase mehr als doppelt so häufig verwendet als durchschnittlich in den drei Phasen davor. Ob nun in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
226
2 Generierung von Aufmerksamkeit
mehr Wert auf Transparenz und Aufmerksamkeit für Artikel über Medienunternehmen gelegt wird oder die Entwicklung dieser Sonderform der Unternehmensberichterstattung generell hin zu mehr Anschaulichkeit tendiert, lässt sich hier jedoch nicht beantworten. Insgesamt ist jedoch zu vermuten, dass die Aufmerksamkeit gezielt über Bilder oder die Größe eines Artikels auf einen bestimmten Medienbereich oder ein bestimmtes Medienunternehmen gerichtet werden soll. 2.2 Ressortverteilung der Artikel
Trotz der Etablierung von eigenen Medienressorts und Medienseiten werden Beiträge über die Medien aufgrund des begrenzten Berichterstattungsspielraums weiterhin oft als Querschnittsthema behandelt und in verschiedenen Ressorts verortet. Gerade bei der Berichterstattung über die wirtschaftliche Situation von Medienunternehmen erlangt nicht nur das Ressort ´Medien`, sondern auch das Ressort ´Wirtschaft` an Bedeutung. Denn im Grunde genommen handelt es sich um Unternehmensberichterstattung, so dass eine Verortung im Wirtschaftsressort plausibel wäre. Von Interesse ist deshalb, wo die Artikel über die wirtschaftliche Lage der Medienunternehmen platziert werden. Werden die Themen im Medienressort behandelt, so zeigt sich die Berichterstattung deutlicher als Medienthema, d.h. die mediale Bedeutung steht im Mittelpunkt. Werden sie hingegen eher im Wirtschaftsteil platziert, so tritt die rein betriebswirtschaftliche Seite des Medienunternehmens in den Vordergrund. Oder sind etwa ganz andere Ressorts von Bedeutung? Die Aufschlüsselung nach Ressorts zeigt, dass dieser Themenaspekt nicht so stark als Querschnittsthema gehandelt wird, sondern sich in der Tat auf das Medien- und das Wirtschaftsressort verdichtet. Und obwohl das Thema ´Medienunternehmen` hauptsächlich ökonomische Faktoren betrifft, wird es nicht so sehr als reine Unternehmensberichterstattung gesehen. Bevorzugt wird nämlich das Medienressort (56,7 Prozent), während nur zu 31,5 Prozent das Wirtschaftsressort gewählt wird. Die restlichen Ressorts haben bei der Themenverortung nur marginale Bedeutung: Feuilleton (7,7 Prozent), Nachrichten des Tages (2,1 Prozent), Politik (1,4 Prozent), Titelseite (0,6 Prozent). Es scheint daher sinnvoll, im Folgenden nur noch nach den Ressorts ´Medien`, ´Wirtschaft` und ´sonstige Ressorts` zu differenzieren. Die Berichterstattung über Medienunternehmen wird zwar innerhalb des Untersuchungszeitraums durchgängig überwiegend im Ressort ´Medien` verortet. Allerdings sinkt die Präferenz des Medienressorts bis zum Jahr 2000 (Ende Phase 3) beständig von 64,9 Prozent in Phase 1 bis auf 50,6 Prozent in Phase 3. Dieser Trend verläuft eigentlich gegenläufig zur beständigen Ausweitung der
2.2 Ressortverteilung der Artikel
227
Medienberichterstattung und Etablierung von Medienressorts in den Neunziger Jahren (siehe Kap. 1, 3.3.1). Erst in der Krisenphase werden Themen über Medienunternehmen wieder häufiger im Medienressort verortet. (57,7 Prozent). Der Wert sinkt auch nur leicht in Phase 5 (56,2 Prozent). Obwohl die Werbe- und Medienkrise hauptsächlich finanzielle, sprich wirtschaftliche Auswirkungen auf die Medienunternehmen hatte, wird durch die Präferenz des Medienressorts hier wieder mehr der publizistische Charakter eines Medienunternehmens betont und weniger der ökonomische als Wirtschaftsunternehmen. Die Verortung im Wirtschaftsressort verläuft dagegen – unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung – mit kontinuierlich steigender Tendenz von 23,4 Prozent in Phase 1 auf 39,9 Prozent in Phase 5. Die Dominanz des Medienressorts bleibt zwar bestehen – wenn auch etwas abgeschwächt -, doch zeigt sich, dass auch Medienunternehmen zunehmend nicht mehr als gesonderte Unternehmensart, sondern als ´normale` Wirtschaftsunternehmen betrachtet werden und daher auf den Wirtschaftsseiten auftauchen. Die ökonomische Bedeutung der Medienunternehmen gerät zunehmend ins Blickfeld. Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass wirtschaftliche Ereignisse im Unternehmensbereich der Medien Auswirkungen auf die Organisation, das Personalwesen, die Ressourcen und damit auch auf die Bedingungen der publizistischen Arbeit haben (siehe Kap. 1, 1.2.2). Von daher ist die wirtschaftliche Grundlage auch mit der publizistischen Leistungsfähigkeit verbunden. Durch diese enge Verbindung ist auch die noch bestehende Dominanz der Ressortierung im Medienteil erklärbar. Die unterschiedliche Ressortzuteilung scheint somit nicht nur mit redaktionsinternen Entscheidungsprozessen zusammenzuhängen, sondern es ist auch eine gewisse Professionalisierungstendenz der Medienberichterstattung zu erkennen. Auch wenn in Krisenzeiten wieder stärker das Medienressort beachtet wird, werden Medienunternehmen dennoch zunehmend als Wirtschaftsunternehmen gesehen und daher kontinuierlich mehr im Wirtschaftsressort verortet. Zudem ist die Streuung zwischen den Ressorts insgesamt geringer geworden ist. Während die Platzierung in ´anderen Ressorts` noch bis Ende des Medienbooms (Phase 3) auf 19,1 Prozent anstieg, sank sie in den letzten beiden Phasen auf nur noch 3,9 Prozent. Die Frage ist nun, ob die Unternehmen der verschiedenen Mediensektoren in gleicher Weise den verschiedenen Ressorts zugeordnet werden. Ressortverteilung nach medialen Ebenen
Bei der Ressortierung der Unternehmen der verschiedenen medialen Ebenen, springt die unterschiedliche Behandlung des Print- und des Rundfunkbereichs ins Auge. Über den Printbereich wird mit leichtem Überhang (50,7 und 47,7 Pro-
228
2 Generierung von Aufmerksamkeit
zent) mehr im Wirtschaftsteil informiert. Die Berichterstattung über Rundfunkunternehmen dagegen wird mit 66,2 Prozent eindeutig im Medienressort verankert, nur 20,3 Prozent der Artikel erscheinen im Wirtschaftsteil. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ebene mit der größten wirtschaftlichen Distanz zu der berichtenden Zeitung eher im Medienressort, die Ebene mit der größeren Nähe eher im Wirtschaftsressort platziert wird. Dafür könnte es folgende Erklärung geben: Die Platzierung im Wirtschaftsteil präsentiert Medienunternehmen vorwiegend als Wirtschaftsunternehmen, die auch nach ökonomischen Wirtschaftlichkeitsprinzipien agieren müssen. Andererseits können Themen des eigenen Unternehmensbereichs auch im Wirtschaftsteil „versteckt“ werden, da hier eine andere Zielgruppe angesprochen wird, nämlich vornehmlich Insider und Anleger. Demgegenüber richtet sich das Medienressort sowohl an Medienfachleute, als auch an Laien. Die Intention einer Verortung im Medienressort könnte sein, den Blick der Rezipienten zielgerichtet auf die wirtschaftliche Situation bestimmter Medienunternehmen zu lenken oder das Interesse im Wesentlichen auf die mediale Bedeutung bzw. Leistung des thematisierten Unternehmens zu richten. Mehr Aufschluss über die Gründe der jeweiligen Platzierung könnte eine Betrachtung der Ressorts in Abhängigkeit der jeweiligen Wertungstendenz der Beiträge liefern (p=0,006). Es zeigt sich, dass Artikel im Medienressort (N=594; p=0,002) häufiger negativ (30,0 Prozent) ausfallen als positiv (22,4 Prozent)27. Rundfunkunternehmen werden hier beispielsweise zu 28,3 Prozent in negativem Zusammenhang dargestellt und nur zu 20,2 Prozent in positivem. Zeitungsunternehmen erfahren in diesem Ressort zu 35,1 Prozent eine negative Wertung und zu 26,3 Prozent eine positive. Zeitschriftenverlage erscheinen gleichwertig mit jeweils 32,7 Prozent in positivem und negativem Kontext. Innerhalb des Wirtschaftsressorts verhält sich die Wertungstendenz genau umgekehrt, denn hier überwiegt die positive Berichterstattung (33,6 Prozent) gegenüber der negativen (19,1 Prozent). Auf der Wirtschaftsseite (N=330; p=0,112) werden Rundfunkunternehmen eindeutig eher in negativem Zusammenhang (28,0 Prozent gegenüber 12,3 und 5,4 Prozent bei Printunternehmen) dargestellt. Der Printbereich erscheint auf der Wirtschaftsseite dagegen mit 39,7 Prozent (Zeitungen) und 36,5 Prozent (Zeitschriften) eindeutig häufiger mit einer positiven Wertung als der Rundfunkbereich (25,8 Prozent). Da Medienunternehmen im Wirtschaftsressort tendenziell positiver beurteilt werden als im Medienressort und gleichzeitig festgestellt wurde, dass Zeitungsunternehmen vorwiegend dem Wirtschaftsteil zugeordnet werden, könnte gefolgert werden, dass Unternehmen des eigenen Mediensektors eher als Wirtschaftsunternehmen und in ihrem wirtschaftlichen Handeln vorwiegend positiv dargestellt werden. Demgegenüber werden die Unternehmen mit 27
Die restlichen Wertungen sind ambivalent oder nicht erkennbar.
2.2 Ressortverteilung der Artikel
229
der größten Distanz zur berichtenden Zeitung, die Rundfunkunternehmen, vorwiegend im Medienressort verortet und überwiegend negativ beurteilt. Das lässt vermuten, dass die Ressortzuordnung gezielt erfolgt, was auf gewisse Konkurrenzaspekte hindeuten würde. Es bietet sich an, diesen Aspekt durch eine weitere Differenzierung noch weiter zu verfolgen. Ressortzuweisung nach Beobachtungsformen
Es zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen der Berichterstattung über die direkte Selbstbeobachtung und der über die anderen Beobachtungsformen. Abbildung 11: Ressortzuweisung nach Beobachtungsformen 100 90
6,6 19,5
17,4
18,9
80
34,5 19,9
70
51,7 40,6
60 50
4,8
54,5
40 30 20 10
42,0
41,7
indirekte Selbstbeobachtung
direkte Konkurrenz
60,7
61,2
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
26,0
0 direkte Selbstbeobachtung
Medien Wirtschaft Sonstiges Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=8; chi2-Wert=74,597; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
230
2 Generierung von Aufmerksamkeit
Mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz zur berichtenden Zeitung werden im engen Distanzverhältnis die Artikel vermehrt im Medienressort verortet. Betrachtet man die Berichterstattung über die direkte Selbst- und Konkurrenzbeobachtung, so stellt man fest, dass beide zu etwa gleichen Teilen (54,5 und 51,7 Prozent) im Wirtschaftsteil platziert werden, jedoch kommt die direkte Konkurrenzbeobachtung deutlich häufiger im Medienressort (41,7 Prozent) vor als die direkte Selbstbeobachtung (26,0 Prozent). Regionale und lokale Zeitungsunternehmen (allgemeine Beobachtung) sind demgegenüber im geringsten Maße auf der Wirtschaftsseite (19,9 Prozent) zu finden. Die Ergebnisse deuten vor allem auf einen Konkurrenzaspekt zwischen den direkten Beobachtungsformen, da sich Unterschiede vor allem bei der Ressortzuteilung der Beiträge über überregionale Zeitungen ergeben. Die Annahme, dass wettbewerbliche Aspekte ausschlaggebend sind, bestätigt sich, wenn man den Wertungszusammenhang betrachtet, in dem die beiden Ressorts stehen. Über die Hälfte der Artikel über die überregionalen Zeitungen werden im Wirtschaftsressort verankert. Davon sind jedoch die Beiträge über das eigene Haus (direkte Selbstbeobachtung) zu 69 Prozent positiv bewertet, kein einziger Beitrag ist hier im Wirtschaftsressort (N=243 Artikel; p=0,000) negativ behaftet. Bei der direkten Konkurrenz fallen dagegen nur 29,5 Prozent der Artikel positiv aus, 19,2 Prozent sind negativ. Die indirekten Beobachtungsformen werden jeweils etwas negativer beurteilt. Es geht deshalb sicher nicht um eine gezielte Diffamierung der direkten Konkurrenz. Vielmehr scheint es sich um eine gezielte Absetzung der direkten Selbstbeobachtung zu handeln, da sich die positive Berichterstattung im Wirtschaftsressort überwiegend auf das eigene Haus bezieht. Die eigenen Beteiligungsunternehmen profitieren nur durch eine etwas positivere Bewertung davon. Die Wertungstendenzen im Medienressort (N=334 Artikel; p=0,003) unterscheiden sich deutlich von denen im Wirtschaftsressort. Bei der direkten und indirekten Konkurrenzbeobachtung bewegt sich der Bewertungsrahmen im Medienressort überwiegend im negativen Bereich (38,1 und 41,2 Prozent), während die Selbstbeobachtungsformen nur zu ca. 15 Prozent (direkte) und zu 13,9 Prozent (indirekte) in negativem Zusammenhang erscheinen. Die direkte Selbstbeobachtung kommt aber zu 50 Prozent auch in einem positiven Wertungskontext vor, während die anderen Beobachtungsformen nur zu ca. 20 Prozent positive Wertungen haben. Die Berichterstattung über das eigene Haus setzt sich somit allgemein durch eine Art positive Selbstdarstellung von den anderen Beobachtungsformen ab. Es drängt sich die Vermutung auf, dass selbst bei der Ressortzuweisung ökonomische Eigeninteressen von Bedeutung sind.
2.3 Aufmerksamkeitsgrad: Medienprodukte
231
2.3 Aufmerksamkeitsgrad: Medienprodukte
Ohne in unbedingtem Kontext zum Thema zu stehen, können in einem Artikel werbende Aspekte für das jeweilige Medienprodukt des dargestellten Unternehmens enthalten sein. Wird das Medienprodukt thematisiert, so kann neben einer bloßen Nennung über die Aufmerksamkeitsgenerierung in unterschiedlicher Intensität dafür geworben werden. Die Intensität wird bestimmt durch drei Faktoren: Servicehinweise wie z.B. die Angabe einer Hotline oder einer Internetseite, Hintergrundinformationen zum Medienprodukt und die Darstellung des Medienproduktes auf einem Bild oder Foto. Aus diesen Faktoren wurde ein Mittelwert bestimmt bei einer Skala von 0=keine Aufmerksamkeit bis 3=sehr große Aufmerksamkeit. Insgesamt konnte in 524 der 1048 erhobenen Beiträge im Kontext einer Unternehmensdarstellung eine Aufmerksamkeitsgenerierung für das jeweilige Medienprodukt festgestellt werden. Doch obwohl bei der Hälfte der Artikel werbende Bezüge für das Medienprodukt vorkommen, werden sie eher zurückhaltend mit geringer Intensität vorgestellt. Der allgemeine Mittelwert liegt bei einer Skala von 0 bis 3 lediglich bei 0,5628. Im Laufe des Untersuchungszeitraums nimmt der Aufmerksamkeitsgrad für Medienprodukte kontinuierlich bis Phase 3 von einem Mittelwert von 0,41 bis 0,73 zu. In der Krisenphase (Phase 4) ist nur noch ein Mittelwert von 0,54 festzustellen. Möglicherweise versuchen die Journalisten in wirtschaftlichen Krisenzeiten nicht noch zusätzlich Aufmerksamkeit auf das Medienprodukt zu lenken. Dies scheint unter dem Aspekt plausibel, dass der Themenkontext eher negativ konnotiert ist und somit bei einer zusätzlichen Thematisierung des Medienproduktes ein indirekt werbender Aspekt gar nicht erreicht werden würde. Jedoch zeigt der Mittelwert auch noch in Phase 5 eine abnehmende Tendenz (0,49). Damit nähert sich der Wert wieder dem der Phase 1 (MW: 0,41) an, die auch eine Konsolidierungsphase darstellt. Ökonomische Gegebenheiten scheinen insofern Einfluss auf die Aufmerksamkeitsgenerierung für ein Medienprodukt zu haben, als nur in wirtschaftlich guten Phasen das Medienangebot stärker hervorgehoben wird. In wirtschaftlich schlechten Phasen und in Konsolidierungsphasen wird dagegen bei der Erwähnung des Medienproduktes eher Zurückhaltung geübt. Der Aufmerksamkeitsgrad für Zeitschriften ist dabei mit einem Mittelwert von 0,61 am höchsten. Produkte aus dem Rundfunkbereich werden mit einem Mittelwert von 0,57 vorgestellt, Zeitungen nur mit einem Intensitätsgrad von 0,49. (p=0,354). Indirekte Produktwerbung über Aufmerksamkeit erfolgt somit am intensivsten für Zeitschriften. Da gerade die überregionalen Zeitungen zahl28 Eine geringe Intensität ist zu 41,8 Prozent vorhanden, eine mittlere zu 7,1 Prozent, eine hohe ist überhaupt nicht festzustellen.
232
2 Generierung von Aufmerksamkeit
reiche Beteiligungen an Zeitschriftenverlagen haben oder über ihre Konzernzugehörigkeit mit ihnen verbunden sind, liegt die Vermutung nahe, dass auf diese Weise indirekt Werbung für deren Produkte gemacht werden soll. Ob es sich jedoch tatsächlich um eine synergetische Unterstützung des Zeitschriftensektors handelt, konnte mit dieser Studie jedoch nicht weiter verfolgt werden. Am wenigsten werden Produkte des eigenen Mediensektors erwähnt. Betrachtet man jedoch den Zeitungssektor separat (N=313; p=0,402), zeigen sich deutlich Konkurrenzaspekte. Die Vermutung, dass die Berichterstattung dazu benutzt wird, um verstärkt Eigenwerbung für das eigene Produkt zu betreiben, bestätigt sich jedoch nicht. Im Gegenteil. Das eigene Medienprodukt erscheint mit einem Mittelwert von 0,58 ähnlich häufig wie das der indirekten Beobachtungsformen (eigene Beteiligungsunternehmen: MW 0,55; Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz: MW 0,53). Am häufigsten werden Medienangebote bei regionalen und lokalen Zeitungen mit einem Mittelwert von 0,66 erwähnt. Medienprodukte von Zeitungsverlagen, die die geringste wirtschaftliche Konkurrenz darstellen, werden somit am häufigsten in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt. Tendenziell setzt sich eher die direkte Konkurrenzbeobachtung von den anderen Beobachtungsformen ab, da für deren Medienprodukte mit einem Mittelwert von 0,47 am wenigsten Aufmerksamkeit erzeugt wird. Der direkten Konkurrenz soll weniger eine Plattform geboten werden, um ihr Medienprodukt in den Fokus des Interesses zu stellen. 2.4 Zwischenfazit: Aufmerksamkeitsgrad
Die zweite Forschungsfrage zielt darauf, inwieweit bei der Darstellung von Medienunternehmen Aufmerksamkeit durch formale und inhaltliche Merkmale generiert wird. Die Aufmerksamkeit der Rezipienten kann über den Umfang von Überschrift und Text oder über illustrierende Abbildungen erreicht werden. Bei der Gesamtbetrachtung aller Artikel kann von einer Zurückhaltung hinsichtlich des Umfangs der Beiträge nicht gesprochen werden, da überwiegend Artikel großen Umfangs vorkommen (Mittelwert: 330 Wörter). Dagegen sind der Umfang der Überschriften und der Einsatz von Illustrationen und Graphiken nur gering. Auf Medienunternehmen wird im Laufe des Untersuchungszeitraums zunehmend mehr Aufmerksamkeit gelenkt, selbst oder gerade in wirtschaftlich rezessiven Phasen. Sowohl die höchste Thematisierungshäufigkeit, als auch die größte Aufmerksamkeitsquote über Textumfang, Überschrift und Abbildungen sind hier zu finden. Die bis dahin konstante Zunahme bricht in Phase 5 jedoch ab, da die Aufmerksamkeitsgenerierung für Medienunternehmen hier wieder abnimmt. Eventuell soll der Blick in dieser Phase der Konsolidierung nicht un-
2.4 Zwischenfazit: Aufmerksamkeitsgrad
233
nötigerweise auf die angeschlagenen Medienunternehmen gelenkt werden. Somit müssen auch strategisch ökonomische Überlegungen bezüglich der Aufmerksamkeitsgenerierung eine Rolle spielen. Sowohl im weiten wie auch im engen Distanzverhältnis wird die größte Zurückhaltung bei der Aufmerksamkeitsgenerierung im eigenen Mediensektor bzw. bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen geübt. So wird Rundfunkunternehmen über Text- und Überschriftenumfang sowie über Illustrationen mehr Aufmerksamkeit zugesprochen als dem eigenen Medienbereich. Innerhalb des Zeitungssektors wird im engen Distanzverhältnis der Fokus der Aufmerksamkeit besonders auf Konkurrenzunternehmen gelegt. Über das eigene Unternehmen wird deutlich zurückhaltender berichtet. Dadurch setzt sich die direkte Selbstbeobachtung von den übrigen Beobachtungsformen ab. Auch die Zuordnung der Themen zu bestimmten Ressorts kann den Artikeln unterschiedliche Beachtung zuweisen. Die Ressortierung verdichtet sich bei der Berichterstattung über Medienunternehmen auf das Medien- und Wirtschaftsressort. Die Leitlinien und die inhaltlichen Schwerpunkte der Ressorts beeinflussen die Perspektive und die Themenwahl der kritischen Beobachtung der Unternehmen, je nachdem, ob mehr der Unternehmenscharakter oder mehr der mediale Aspekt betont wird. Beiträge über Medienunternehmen werden insgesamt betrachtet überwiegend im Medienressort platziert, jedoch über den Untersuchungszeitraum hinweg mit abnehmender Tendenz. Einzig in der Krisenphase wird wieder verstärkt das Medienressort gewählt. Gleichzeitig gewinnt das Wirtschaftsressort bei der Ressortzuweisung zunehmend an Bedeutung. Während im Printbereich die Artikel mehr im Wirtschaftsressort verortet werden, finden sich Artikel über Rundfunkunternehmen vornehmlich im Medienressort. Mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz wird also die Aufmerksamkeit mehr auf die mediale Bedeutung der Unternehmen gerichtet und weniger der Unternehmenscharakter betont. Diese Tendenz zeigt sich auch innerhalb des Zeitungssektors. Interessant wird das Ergebnis, wenn man hier die Bewertung miteinbezieht. Ganz allgemein weisen Artikel im Medienressort vornehmlich negative Wertungen auf und Artikel im Wirtschaftsressort überwiegend positive. Beiträge über das eigene Haus werden nur zu einem Viertel im Medienressort und zu mehr als der Hälfte im Wirtschaftsteil platziert und hier vorwiegend in positivem Kontext. Die Konkurrenzunternehmen findet man dagegen zu einem hohen Prozentsatz im Medienteil und das mit überwiegend negativer Wertung. Zeigen die Wertungstendenzen etwa die von Ruß Mohl befürchtete „Selbstbeweihräucherung“ und „Konkurrenzbeschimpfung“? Genauere Erkenntnisse können nur die weiteren Ergebnisse ergeben. Im Zusammenhang mit der Unternehmensdarstellung ist wegen des werbenden Charakters von Interesse, ob die Aufmerksamkeit auch auf das jeweilige
234
2 Generierung von Aufmerksamkeit
Medienprodukt gelenkt wird. In Abhängigkeit von den ökonomischen Einflüssen zeigt sich, dass eher zu wirtschaftlich guten Zeiten auf Medienprodukte hingewiesen wird als zu wirtschaftlich rezessiven Zeiten. Die Medienprodukte werden im eigenen Medienbereich am wenigsten erwähnt. Innerhalb des Zeitungssektors werden gezielt die Produkte der direkten Konkurrenz weniger thematisiert und ihnen damit weniger eine Plattform geboten, die Aufmerksamkeit auf ihr Medienprodukt zu lenken. Indirekte ´Werbung` für Medienprodukte der Konkurrenz wird somit eher vermieden. Jedoch werden nicht vermehrt Produkte des eigenen Hauses erwähnt.
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
Ökonomische Rahmenfaktoren haben Einfluss auf die Entwicklung der Medien und der Medienberichterstattung genommen (siehe Kap. 1, 1.3). Daher liegt es nahe, dass auch diese ökonomischen Faktoren – die folgend als ´Elemente` bezeichnet werden – in Beiträgen thematisiert werden. Es handelt sich um die internen und externen ökonomischen Einflüsse, mit denen die Medienunternehmen vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten konfrontiert waren. Es ist zunächst von Interesse, welche dieser Aspekte Eingang in die Berichterstattung über Medienunternehmen fanden. Wird die Darstellung der konkreten wirtschaftlichen Situation der Medienunternehmen tatsächlich eingebettet in die Rahmenfaktoren der Medienbranche, so wird offengelegt, unter welchen Einflüssen die Branche steht? Die Intention des Kommunikators kann dabei sein, durch die Thematisierung solcher Elemente dem Rezipienten Vorgänge in der Medienbranche transparenter zu machen (´Information`), Handlungen zu erklären und zu begründen (´Argument`), eine Entwicklung im Medienbereich aufzuzeigen und damit Gegenwärtiges zu erklären (´Schlussfolgerung`) oder etwas zu verdeutlichen (´Beispiel`) (vgl. dazu auch Neuberger, 1996). Daher muss zusätzlich beachtet werden, zu welchem Zweck diese Elemente erwähnt werden. Dienen sie als bloße Information, als Argument, ziehen sie eine Schlussfolgerung oder dienen sie lediglich als Beispiel? 3.1 Häufigkeitsverteilung der Elemente
In den 1048 untersuchten Artikeln wurden insgesamt 3901 Elementen identifiziert. Bei näherer Betrachtung deuten Unterschiede in der Häufigkeitsverteilung darauf hin, dass die Textelemente gezielt eingesetzt werden, um strategisch Unternehmen in ein bestimmtes Licht zu setzen. Ökonomische Überlegungen und damit Konkurrenzaspekte scheinen daher bei der Thematisierung von Elementen eine Rolle zu spielen. Durch die Häufigkeiten kann nur festgehalten werden, inwieweit die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf bestimmte Teilaspekte gelenkt wird. Betrachtet man diese Teilaspekte aber in Bezug auf die wirtschaftli-
236
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
chen Phasen, die medialen Ebenen und die Beobachtungsformen innerhalb des Zeitungssektors, so zeigen sich einige interessante Trends. Einige der deutlichsten sollen hier aufgeführt werden. Abbildung 12: Häufigkeitsverteilung der Elemente Medienbranche
9,4
wirtschaftliche Marktsituation
9,4
Internationalisierung
20,0
Werbung
20,5
technischer Bereich
20,8
Rezipientenbezug
23,5
Konkurrenz
24,5
Arbeitsbereich
30,8
rechtlicher Bereich
32,0
Organisation
32,8 35,7
Konzentration
52,5 59,8
Publizistisches konkrete wirtschaftl. Situation
0
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Häufigkeit in Prozent; dargestellt ist der Bereich von 0 bis 100 Prozent.
Das Element ´wirtschaftliche Marktsituation` (siehe Kap. 2, 4.3) beispielsweise wird in allen Beiträgen kaum thematisiert. Vermehrt erscheint es nur in der Krisenzeit. Es liegt die Vermutung nahe, dass hier die allgemeine Konjunkturlage als Erklärung oder eine Art Relativierung der eigenen angespannten finanziellen Situation herangezogen wird, indem sie in Vergleich zueinander gesetzt werden. Wenn es allen schlecht geht, warum soll es dann den Medienunternehmen besser gehen. Die ´wirtschaftliche Marktsituation` wird hauptsächlich im eigenen Medienbereich erwähnt und dort bei den wirtschaftlich näher stehenden Unternehmen, zu denen das eigene Unternehmen aber auch die direkte überregionale Konkurrenz zählt. Mit 59,8 Prozent wird - jenseits des Hauptthemas – vor allem die ´konkrete wirtschaftliche Situation des Unternehmens` behandelt. Dabei geht es zum einen
3.1 Häufigkeitsverteilung der Elemente
237
um die finanzielle Situation des thematisierten Unternehmens und zum anderen um strategische Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. Die finanzielle Situation wird vornehmlich in den wirtschaftlichen Ausnahmesituationen, der Boom- (50,2 Prozent) und der Krisenphase (46,9 Prozent), verstärkt aufgegriffen und dies eher in der wirtschaftlich entfernteren Rundfunkbranche (45,0 Prozent). Im Zeitungssektor wird sie bei den überregionalen Zeitungen (direkte Beobachtungsformen) sowohl beim eigenen Unternehmen als auch bei Konkurrenzverlagen jedoch eher zurückhaltend erwähnt, schließlich will man hier weder einer offensichtlichen ´Selbstdarstellung`, noch der ´Konkurrenzbeschimpfung` bezichtigt werden. Letztendlich ist es für jedes Unternehmen brisant, Finanzielles offenzulegen. Der Aspekt der ´Wirtschaftlichkeit` der Unternehmen wird dagegen anders gewichtet. Die Thematisierung steigt zunächst über den Beobachtungszeitraum hinweg bis zur Phase 3 von 9,3 Prozent bis auf 21,6 Prozent. In der Krisensituation jedoch, in der Überlegungen zur Effizienz eher angenommen werden können, werden sie deutlich weniger (17,4 Prozent) erwähnt. ´Wirtschaftlichkeitsüberlegungen` finden sich auch hauptsächlich im eigenen Medienbereich, also dem Zeitungssektor, und hier überwiegend bei der direkten Konkurrenz (25,2 Prozent gegenüber 15 bis 18 Prozent bei den anderen Beobachtungsformen). Die direkten überregionalen Konkurrenzzeitungen werden also eher in Verbindung gebracht mit Sanierungskonzepten wie Produktreduktion, Entlassungen, Einsparungen, etc.. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass zumindest das Themenelement ´Wirtschaftlichkeitsüberlegungen` strategisch aufgrund von ökonomischen Überlegungen eingesetzt wird. Konkurrenzaspekte lassen sich auch bei weiteren Themenaspekten vermuten, wie beispielsweise bei ´Konzentration`, ´Technisches`, `Organisatorisches` oder dem ´Arbeitsbereich`. Medienkonzentration ist aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive an sich negativ konnotiert, da es publizistische Marktmacht und damit geringere Meinungsvielfalt impliziert. Es bedeutet gleichzeitig neue Abhängigkeiten und weniger Selbstständigkeit. Dieses an sich heikle Thema kommt zwar am häufigsten in Bezug auf Zeitungsunternehmen (49,7 Prozent) vor, findet hier aber doppelt so oft bei der Konkurrenz (57,0 Prozent) Erwähnung wie beim eigenen Haus (27,3 Prozent). Demgegenüber kommt ´Technisches`, das Fortschritt und Innovation impliziert und damit positiv konnotiert ist, bei Artikeln über das eigene Unternehmen etwa doppelt so oft vor wie bei der Konkurrenz. Heikle Aspekte, die hauptsächlich interne Angelegenheiten eines Unternehmens betreffen, wie `Organisatorisches` oder der ´Arbeitsbereich` des jeweiligen Unternehmens, werden wiederum beim eigenen Unternehmen zurückhaltender erwähnt als bei den direkten Konkurrenten. Interna werden somit weniger in Bezug auf das eigene Haus offengelegt. Zunehmende Zurückhaltung zeigt sich auch beim Element ´Publizistisches`, also wenn es um das Medienan-
238
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
gebot selbst oder den publizistischen Anspruch an sich geht. Dieser Themenaspekt wird fast durchwegs in über der Hälfte der Artikel thematisiert. Erst in der Konsolidierungsphase sinkt der Wert um fast 15 Prozent. Durch die Erwähnung des Medienproduktes wird die Aufmerksamkeit auf das Verkaufsprodukt gelenkt und damit indirekt Werbung dafür betrieben. Dies erfolgt jedoch am geringsten im eigenen Medienbereich und hier wesentlich weniger in Zusammenhang mit der Konkurrenz als mit dem eigenen Unternehmen. Der Konkurrenz soll anscheinend keine indirekte Werbeplattform geboten werden. Eindeutige Zurückhaltung bei Artikeln über das eigene Unternehmen zeigt sich bei den Themenaspekten ´Rechtliches/Medienpolitisches` und ´Medienbranche`. Rechtliche Probleme werden nicht nur als Hauptthema (siehe Kap. 3, 1.3), sondern auch als Themenelement innerhalb des Beitrags vornehmlich in der Phase 1 (38,2 Prozent) und in Zusammenhang mit Rundfunkunternehmen angesprochen. Vor allem in Bezug auf das eigene Unternehmen werden medienrechtliche und medienpolitische Probleme kaum erwähnt (7,8 Prozent). Demgegenüber kommt bei den übrigen Beobachtungsformen zwischen 30 und 38 Prozent ´Rechtliches` vor. Dies korrespondiert mit dem Ergebnis unter Kapitel 3, 2.3, wo es um medienrechtliche Probleme als Hauptthema geht. Auch hier werden rechtliche oder medienpolitische Probleme in Bezug auf das eigene Unternehmen kaum als Thema aufgegriffen. All diese Beobachtungen lassen die Vermutung aufkommen, dass gewisse Themenelemente bewusst zurückgehalten oder auch strategisch gezielt eingesetzt werden, vermutlich im Interesse ökonomischen Eigennutzes. Mit welcher Intention dies geschieht, kann allerdings nur eine weitere Analyse in Zusammenhang mit der Wertung ergeben (siehe Kap. 3, 8.1). Neben diesen unterschiedlichen Gewichtungen von Themenelementen lassen sich kontinuierliche Entwicklungen dahingehend feststellen, dass bestimmte Elemente an Relevanz gewinnen oder verlieren. Steigende Tendenz zeigen über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg die Themen `Publizistisches` (bis Phase 4), ´Internationalisierung`, `Organisatorisches` und ´Wirtschaftlichkeitsüberlegungen`, während die Themen ´Technisches` und ´Rezipienten` immer weniger erwähnt werden. Themenaspekte, die in ihrer Häufigkeitsverteilung weitgehend der jeweiligen wirtschaftlichen Situation auf dem Medienmarkt entsprechen, sind dagegen beispielsweise die Elemente ´Konkurrenz` und ´Medienbranche`.
3.3 Komplexität der Elemente
239
3.2 Komplexität der Elemente und externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimensionen 3.3 Komplexität der Elemente Im Rahmen der zunehmenden Ökonomisierung spielen eine Vielzahl von Rahmenfaktoren für die Entwicklungen im Medienbereich eine Rolle. Je mehr dieser Elemente diskutiert werden, desto komplexer ist die thematische Struktur der Berichterstattung. Um diese Komplexität festzustellen, wurde erhoben, wie viele Rahmenfaktoren in einem Beitrag gleichzeitig vorkommen. Theoretisch können dreizehn Elemente gleichzeitig in einem Beitrag Erwähnung finden. Da es unwahrscheinlich ist, dass alle Faktoren in einem Beitrag zu finden sind, wurde die Codierung verdichtet. Die Skala reicht deshalb von 1 = „nur ein Element“, 2 = zwei Element` bis 5 = „5 und mehr Elemente“. Die Kategorie wurde außerdem nur codiert, wenn mindestens ein Element vorkam. 3.3.1 Komplexität der Elemente
Hinsichtlich der Komplexität ergibt sich bei einem möglichen Höchstwert von 5,0 ein durchschnittlicher Wert von 3,39. Rahmenfaktoren werden bei Artikeln über Medienunternehmen also in hohem Maße erwähnt. Auch zeigt sich, dass sich die Werte über die wirtschaftlichen Phasen (p=0,031) hinweg relativ konstant bei einem Mittelwert zwischen ca. 3,20 und 3,42 halten29. Eine Ausnahme bildet die Krisenphase (Phase 4). Hier werden die Elemente deutlich öfter aufgegriffen (MW: 3,60). Möglicherweise besteht hier mehr Erklärungsbedarf. Der Rundfunkbereich (p=0,123) weist mit einer durchschnittlichen Nennung von 3,32 Elementen in einem Beitrag eine geringere Komplexität auf als der Printbereich (direkt: 3,50; indirekt: 3,47). Somit erscheinen am häufigsten Themenelemente in Bezug auf die Darstellung von Zeitungsunternehmen. Innerhalb des Zeitungssektors (p=0,117) wiederum wird tendenziell die Unternehmenssituation oder –entwicklung der Konkurrenten (direkte Konkurrenzbeobachtung, MW: 3,55; indirekte Konkurrenzbeobachtung, MW: 3,53) komplexer über Themenelemente in einem Artikel dargestellt als die des eigenen Hauses. Die Berichterstattung über das eigene Unternehmen (MW: 3,21) und über ihre Beteiligungsunternehmen (MW: 3,19 Elemente) weist somit eine deutliche Zurückhaltung hinsichtlich einer Thematisierung der rahmenbegleitenden Themenelemente auf. Dazwischen liegt die allgemeine Beobachtung mit einem noch relativ hohen Mittelwert von 3,34.
29
Phase 1, MW: 3,20; Phase 2, MW: 3,41; Phase 3, MW: 3,42; Phase 5: MW: 3,30.
240
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
3.3.2 Externe, interne, betriebswirtschaftliche Dimension
Um differenzierter festzustellen, welche Unternehmensbereiche bei der Berichterstattung über Medienunternehmen besondere Beachtung finden, werden die jeweils dafür relevanten Elemente aus der Elementenliste zu verschiedenen Dimensionen verdichtet. Es wird zwischen einer externen, internen und betriebswirtschaftlichen Dimension unterschieden, die verschiedene Unternehmensbereiche beschreiben. Je mehr dieser Elemente vorkommen, desto höher ist die Intensität der Dimension. Die Skala reicht von 0=„keines der Elemente“, 1=„geringe Intensität“ über 2=„mittlere Intensität“ bis 3= „höchste Intensität“. Externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimension nach Phasen Abbildung 13: Externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimension nach Phasen (MW) 3 2,8 2,6 2,4 2,2 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Phase 1 externe Dimension
Phase 2
Phase 3
interne Dimension
Phase 4
Phase 5
betriebswirtschaftliche Dimension
externe, interne, betriebswirtschaftliche Dimension; Basis: je 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,198; F=1,507 (extern); p=0,029; F=2,002 (intern); p=0,000; F=11,012 (betriebswirtschaftich); auf einer Intensitätsskala von 0=nicht vorhanden bis 3=hoch.
3.3 Komplexität der Elemente
241
Externe Dimension
Die externe Dimension eines Medienunternehmens beschreibt die soziale Umwelt eines Unternehmens, also die äußeren Rahmenentwicklungen und - einflüsse, die auf die Medienunternehmen einwirken. Das wären folgende Elemente: die Situation der `Medienbranche`, die ´Konzentration`, die ´Internationalisierung` (Systemdimension) und die ´Rezipienten` (Gesellschaftsdimension). Je höher der Mittelwert ist, desto mehr äußere Rahmenfaktoren werden in einem Beitrag behandelt. Auf einer Intensitätsskala von 0 bis 3 lässt sich eine Gesamtintensität von einem Mittelwert von 0,81 nachweisen. Einflüsse von außen werden also eher zurückhaltend eingesetzt. Betrachtet man die Häufigkeitsverteilung innerhalb des Beobachtungszeitraums (p=0,198), so verstärkt sich dieser Eindruck. Nach einem leichten Anstieg in Phase 2 von einem Mittelwert von 0,69 auf einen Mittelwert von 0,83 bleibt der Häufigkeitswert in den übrigen Phasen relativ konstant. Nur in der Krisenphase (Phase 4) steigt er kurzfristig auf einen Mittelwert von 0,87. Externe Einflussfaktoren werden damit in der Berichterstattung über Medienunternehmen zwar mit leicht steigender Tendenz, jedoch insgesamt nur in geringem Umfang erwähnt. Interne Dimension
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei der internen Dimension. Diese betrifft Teilbereiche eines Unternehmens. Hier sind die ´Organisationsstruktur` (Struktur- und Prozessdimension), ´Publizistisches` (Inhaltsdimension) und der ´Arbeitsbereich` (Akteursdimension) erfasst worden. Elemente der internen Dimension treten durchschnittlich mit einem Mittelwert von 1,16 in einem Artikel auf und damit um einiges häufiger als äußere Einflussfaktoren. Interne Prozesse werden über die verschiedenen wirtschaftlichen Phasen hinweg (p=0,092) relativ konstant mit Mittelwerten zwischen 1,09 und 1,16 thematisiert. Nur in wirtschaftlichen Krisensituationen (Phase 4 und auch noch Phase 5) werden vermehrt interne Zustände und Vorgänge angesprochen. Dies kann sowohl innerbetriebliche Entscheidungen betreffen, als auch die Auswirkungen von Sanierungsplänen, Einsparungen und Umstrukturierungen. Interna werden also relativ konstant in eher zurückhaltendem Maße dargestellt. Krisenzeiten dagegen führen insgesamt jeweils zu einer komplexeren Darstellung der inneren und äußeren Rahmenbedingungen der Medienbranche.
242
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
Betriebswirtschaftliche Dimension
Die betriebswirtschaftliche Dimension beschreibt den finanziellen und den konkreten wirtschaftsökonomischen Bereich eines Unternehmens. Hier geht es um die Thematisierung konkreter wirtschaftlicher Daten und die Diskussion von unternehmerischen Entscheidungen der Medienunternehmen und die konkreten Einflüsse auf diese. Von Relevanz sind somit die Elemente ´Finanzen`, ´Wirtschaftlichkeitsüberlegungen`, ´Arbeitsbereich`, ´Konzentration` und ´Internationalisierung`. Die Elemente der betriebswirtschaftlichen Dimension zeigen einen allgemeinen Mittelwert von 1,21, so dass sie im Vergleich zu den anderen Dimensionen am häufigsten vorkommen. Da es sich um Unternehmensberichterstattung handelt, war eine Fokussierung des betriebswirtschaftlichen Aspekte zu erwarten. Anders als bei der externen und der internen Dimension verläuft die Entwicklung über die Phasen hinweg (p=0,000) nicht konstant. In den ersten drei Phasen werden betriebswirtschaftliche Aspekte zunehmend komplexer aufgeführt (von einem MW von 0,94 in Phase 1 bis auf 1,38 in Phase 3). Der Höhepunkt der betriebswirtschaftlichen Darstellung liegt hier in der Boomphase (Phase 3) und nicht in der Krisenphase (Phase 4). In der Krise sinkt der durchschnittliche Wert vielmehr auf 1,28 und bleibt auch noch in der darauffolgenden Konsolidierungsphase (MW:1,29) auf diesem Niveau. Es erstaunt, dass diese Dimension mehr in wirtschaftlich guten Zeiten angesprochen wird als in schlechten. Gerade in der Krisensituation (Phase 4) wäre eigentlich durch die finanziellen Einbrüche eine vermehrte Thematisierung betriebswirtschaftlicher Aspekte zu erwarten gewesen. Dagegen wird der Fokus mehr auf interne und externe Bedingungen gelegt, die zu der rezessiven Situation führten. Dies kann an strategisch ökonomischen Überlegungen liegen, denn natürlich veröffentlicht man lieber positive Bilanzen, als negative. Eventuell wird über die Erwähnung externer und interner Rahmenentwicklungen eher eine Rechtfertigung für die Krise gesucht. Die konkrete finanzielle Unternehmenssituation wird hier eher zurückhaltend angesprochen. Vergleicht man die Darstellung der verschiedenen medialen Ebenen, so zeigt sich, dass in diesem weiten Distanzverhältnis bei der wirtschaftlich distanziertesten Ebene, dem Rundfunkbereich, die Rahmenfaktoren am wenigsten komplex dargestellt werden (externe Dimension: MW 0,77; interne Dimension: MW 1,15; betriebswirtschaftliche Dimension: MW: 1,15). Innerhalb des Printbereichs findet sich die komplexeste Darstellung bei den Zeitungsunternehmen. Die externe (MW: 0,90) und die betriebswirtschaftliche Dimension (MW: 1,34) weisen hier jeweils Höchstwerte auf, während der höchste Wert für die interne Dimension (MW: 1,42) bei Zeitschriftenunternehmen zu finden ist. Von einer Zurückhaltung im Printbereich ist hier nichts zu spüren.
3.3 Komplexität der Elemente
243
Abbildung 14: Externe, interne und betriebswirtschaftliche Dimension nach Beobachtungs-formen (MW) 3 2,8 2,6 2,4 2,2 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 direkte indirekte direkte Konkurrenz Selbstbeobachtung Selbstbeobachtung
externe Dimension
interne Dimension
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
betriebswirtschaftliche Dimension
externe, interne, betriebswirtschaftliche Dimension; Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,001; F=4,492 (extern); p=0,013; F=3,216 (intern); p=0,005; F=3,797 (betriebswirtschaftlich).
Wie im weiten so auch im engen Distanzverhältnis erfährt innerhalb des Zeitungssektors die externe Dimension die geringste Beachtung bei allen Beobachtungsformen. Am intensivsten werden jedoch alle drei Dimensionen bei der direkten Konkurrenz thematisiert. Am komplexesten werden also ausgerechnet bei Konkurrenzunternehmen sowohl die betriebswirtschaftliche Unternehmenssituation, als auch die Begleitumstände für diese Entwicklung erwähnt. Im Gegensatz dazu wird gerade die externe und die betriebswirtschaftliche Dimension am geringsten bei der direkten Selbstbeobachtung erwähnt. Dies überrascht, da anzunehmen ist, dass man bei der Recherche im eigenen Haus leichter an interne betriebswirtschaftliche Informationen kommt als zum Beispiel bei der Konkurrenz. Die unterschiedliche Intensität könnte ein Indiz dafür sein, dass nicht nur bewusst betriebswirtschaftliche Informationen bei der Berichterstattung über das
244
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
eigene Unternehmen (MW: 1,06) zurückgehalten werden, sondern dass möglicherweise auch bei der Konkurrenz über betriebswirtschaftliche Daten bewusst häufiger berichtet wird (direkte Konkurrenzbeobachtung: MW 1,42; indirekte Konkurrenzbeobachtung: MW 1,26). Da der betriebswirtschaftliche Status auch das Image des Unternehmens, dessen Leistungsfähigkeit und Beständigkeit prägt, könnte die Zurückhaltung bei wirtschaftlichen Fakten und Ereignissen in Bezug auf das eigene Haus auf Eigeninteressen des Verlags hindeuten. Ähnliche Intentionen könnten hinter der ausführlicheren Darstellung der betriebswirtschaftlichen Dimension bei der Konkurrenz stehen. Die Zurückhaltung beim eigenen Haus betrifft jedoch nur die betriebswirtschaftlichen Angaben. Interne Angelegenheiten werden beispielsweise bei der direkten Selbstbeobachtung fast ebenso häufig (MW: 1,23) thematisiert wie bei der direkten Konkurrenz (MW: 1,29). 3.4 Funktionszuweisung der Elemente
Um der Vermutung eines zielgerichteten Einsatzes der Rahmenelemente nachzugehen, wurde untersucht, welche Funktion den verwendeten Elementen in den Beiträgen zugewiesen wurde. Wie sich zeigt, wurden die Elemente fast gleichwertig als ´Information` (40,5 Prozent) und als ´Argument` (41,5 Prozent) eingesetzt. Die Intentionen ´Beispiel` (2,6 Prozent), zur Verdeutlichung eines Textes, und `Schlussfolgerung` (15,4 Prozent), um Vermutungen kundzutun, sind durch die geringe Fallzahl fast zu vernachlässigen. Darum lässt sich vermuten, dass die Elemente neben der reinen Informationsvermittlung hauptsächlich dazu verwendet werden, um Vorgänge oder Handlungen zu rechtfertigen, zu relativieren, zu erklären, etc.. Während Anfang der Neunziger Jahre (Phase 1) der argumentative Charakter der Elemente mit 51,8 Prozent dominiert, verkehrt sich das Verhältnis zwischen ´Argumentation` und ´Information` in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs der Medien bis zum Jahr 2000 (bis Phase 3) ins Gegenteil. Die informierende Intention steigt sogar um mehr als 10 Prozent auf 46,4 Prozent, während die Argumentation als Aussagetyp zurückgedrängt wird (35,3 Prozent). Erst in der Krisen- und auch in der Konsolidierungsphase (Phasen 4 und 5) überwiegt die ´Argumentation` wieder leicht mit ca. 41 Prozent, während die Funktion der ´Information` (ca. 39 Prozent) weniger in Erscheinung tritt. Es hat den Anschein, dass wirtschaftliche Begleitumstände Einfluss auf die Funktion und damit auf die Intention der Darstellung der Themenelemente nehmen. In wirtschaftlich kritischen Zeiten scheint es nicht zu genügen, lediglich über die Lage der Medienunternehmen zu informieren. Die Schilderung der wirtschaftlichen Ertragskraft
3.4 Funktionszuweisung der Elemente
245
eines Unternehmens hat Einfluss auf dessen Image und damit auch auf die Akzeptanz auf dem Rezipienten- und die Werbemarkt. Ein Interpretationsansatz könnte sein, dass es zum Aufbau von Vertrauen notwendig ist, die rezessive Situation über die Darstellung der Rahmenumstände argumentativ zu erklären. Dahinter könnten unternehmerische Strategien zur Leserbindung stehen. Abbildung 15: Funktionszuweisung der Elemente nach Phasen 100
0,7
90
12,7
3,5
1,9
4,5
2,0
15,0
16,4
14,6
17,8
41,6
41,4
39,3
38,7
Phase 4
Phase 5
80 70 60
51,8
39,1
35,3
50 40 30 20
42,4
46,4
Phase 2
Phase 3
34,8
10 0 Phase 1 Information
Argument
Schlussfolgerung
Beispiel
Basis: 3901 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=16; chi2-Wert=79,125; 20% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Bei der Darstellung der verschiedenen medialen Ebenen, zeigt sich, dass im Printbereich die Elemente überwiegend zur ´Information` (45,2 und 43,9 Prozent) dienen. Im Rundfunkbereich werden sie dagegen vorwiegend als ´Argument` (45,8 Prozent) benutzt. Innerhalb des Zeitungssektors nimmt bei den Beobachtungsformen der Informationscharakter der Elemente mit zunehmender Distanz der berichtenden Zeitung zu den Berichterstattungsobjekten ab. Somit werden bei den Selbstbeobachtungsformen die Rahmenfaktoren mit der größten Häufigkeit als reine Information benutzt. In dieser Hinsicht setzt sich vor allem
246
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
die Berichterstattung über das eigene Haus von den anderen Beobachtungsformen ab, da bei letzteren die Verteilung von ´Information` und ´Argumentation` relativ ähnlich ist. Die Situation des eigenen Unternehmens wird überwiegend informativ dargelegt, während bei den übrigen Beobachtungsformen im Vergleich dazu mehr interpretiert, erklärt und begründet wird. Abbildung 16: Funktionszuweisung der Elemente nach Beobachtungsformen 100 90
3,3 11,6
2,5
3,1
10,2 19,0
2,4
2,6
15,5
16,6
43,2
37,6
80 70
31,3
41,0 34,4
60 50 40 30
53,8
20
46,3
43,5
38,9
43,2
10 0 direkte indirekte Selbstbeobachtung Selbstbeobachtung
Information
direkte Konkurrenz indirekte Konkurrenz
Argument
Schlussfolgerung
allgemeine Beobachtung
Beispiel
Basis: 2494 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,002; df=16; chi2-Wert=37,529; 20% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
3.5 Zwischenfazit: Ökonomische Rahmenfaktoren
Die dritte Forschungsfrage richtet den Blick darauf, in welchem Ausmaß ökonomische Rahmenfaktoren (Elemente), die die wirtschaftliche Entwicklung im Medienbereich entscheidend beeinflussten, auch in den Artikeln über Medienunternehmen erwähnt werden und mit welcher Intention sie eingesetzt werden. Vieles deutet darauf hin, dass gewisse Themenelemente bewusst zurückgehalten
3.5 Zwischenfazit: Ökonomische Rahmenfaktoren
247
oder auch gezielt eingesetzt werden, um strategisch Unternehmen in ein bestimmtes Licht zu setzen. Die Konkurrenzaspekte zeigen sich vor allem im Zeitungssektor zwischen den direkten Beobachtungsformen, indem die Aufmerksamkeit der Rezipienten in unterschiedlicher Weise auf die Themenelemente gelenkt wird. Beispielsweise kommen Aspekte, die interne Angelegenheiten eines Unternehmens betreffen, wie beispielsweise ´Organisatorisches` oder ´Arbeitsbereich`, weniger beim eigenen Unternehmen vor, als vielmehr beim Konkurrenten. Ähnliches gilt im Bereich ´Finanzen` für die Bereiche ´Wirtschaftlichkeitsüberlegungen` oder strategische Unternehmensentscheidungen. Kritische Themen werden also beim eigenen Haus wesentlich zurückhaltender erwähnt als bei den direkten Konkurrenten. Mit welcher Intention die Elemente erwähnt werden, zeigt eine weitere Analyse nach Aussageformen, die den Elementen verschiedene Funktionen zuweisen. Die aufgeführten Elemente werden vorwiegend als ´Information` und als ´Argument` eingesetzt. Während sie bis zur Boomphase mit steigender Tendenz vermehrt informierend eingesetzt werden, dominiert in den folgenden wirtschaftlich rezessiven Phasen der argumentative Charakter. Neben der reinen Informationsvermittlung werden folglich die Elemente eher dazu verwendet, um Vorgänge zu rechtfertigen, zu relativieren oder zu erklären, etc.. Wirtschaftliche Begleitumstände könnten damit Einfluss auf den Berichterstattungsstil haben. Unterschiede zeigen sich jedoch nicht nur bezüglich der jeweiligen Marktlage, sondern auch hinsichtlich der Medienbereiche und der Beobachtungsformen. Während die Elemente im Rundfunkbereich vorwiegend als Argument eingesetzt werden, erscheinen sie im Printbereich hauptsächlich zur Information. In gleicher Weise überwiegt innerhalb des Zeitungssektors die informative Verwendung der Elemente bei der Berichterstattung über das eigene Haus. Hier beschränkt sich die Erwähnung der Einflussfaktoren auf die Medienbranche also auf eine reine Information, während bei allen übrigen Beobachtungsformen die Elemente zu mehr als der Hälfte als Argument oder Schlussfolgerung eingesetzt werden. Somit kann im eigenen Medienbereich und speziell bei der Berichterstattung über das eigene Haus von einer gewissen Zurückhaltung bei der Darstellung der begleitenden Rahmenentwicklungen gesprochen werden, indem man sich mehr auf die reine Vermittlung von Fakten beschränkt. Die Rahmenbedingungen werden insgesamt relativ komplex dargestellt. Fasst man die einzelnen Elemente zu verschiedenen Dimensionen zusammen, die jeweils interne Faktoren, externe Einflüsse oder betriebswirtschaftliche Aspekte ansprechen, so zeigt sich, dass betriebswirtschaftliche Aspekte von 1992 bis 2006 zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Am meisten werden wirtschaftliche Fakten in Wachstumszeiten dargelegt. In wirtschaftlichen Krisenzeiten wird zwar noch komplexer berichtet, erstaunlicherweise jedoch mehr über
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3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung
die interne oder externe, jedoch nicht über die betriebswirtschaftliche Dimension der Unternehmen. Doch gerade in der Krisensituation wäre eigentlich aufgrund der finanziellen Einbrüche eine vermehrte Thematisierung betriebswirtschaftlicher Aspekte zu erwarten gewesen. Diese Zurückhaltung kann an unternehmenstrategischen Überlegungen liegen, da negative Bilanzen Auswirkungen auf das Image des Unternehmens haben könnten. Komplexität in der Darstellung der Rahmenbedingungen (Anzahl der Elemente in einem Artikel) findet sich vor allem im eigenen Medienbereich und hier vor allem in Bezug auf die Konkurrenz, vor allem was den betriebswirtschaftlichen Bereich betrifft. Welche Intention dahinter steckt, dass die Wirtschaftskraft der Konkurrenz so in den Blickpunkt gestellt wird, kann erst die jeweilige Wertungstendenz klären (siehe Kap. 3, 8.1). Beim eigenen Medienunternehmen wird eindeutig Zurückhaltung geübt, gerade in Bezug auf betriebswirtschaftliche Fakten. Diese Retention wird noch dadurch unterstrichen, dass die Darstellung der Elemente – wie oben erwähnt überwiegend informierend erfolgt. Bei den Konkurrenzbeobachtungen werden die Rahmenelemente dagegen eher als Argument eingesetzt. Die unterschiedliche Gewichtung bei der Verwendung einiger Elemente deutet auf eine zielgerichtete Intention aufgrund ökonomischer Eigeninteressen hin.
4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Eine rein journalistische Thematisierung orientiert sich zunächst an Aktualitätskriterien, d.h. an Faktizität, Neuigkeit und Relevanz. Daneben fungieren bei der Nachrichtenselektion als Hilfsmittel noch Nachrichtenfaktoren. Nach dem Kausalmodell der Nachrichtenwerttheorie haben Ereignisse oder Meldungen mit dem jeweils höchsten Nachrichtenwert die größten Chancen zur Publikation ausgewählt zu werden (Staab, 1990, S. 96). Andere Kriterien kommen dann zum Zug, wenn eine Journalismusbeschreibung primär hinsichtlich ihres Legitimationspotentials erstellt wird. Die Auswahlentscheidungen sind dann nach dem Finalmodell von Staab (1990) „zielgerichtete Handlungen“ (S. 96-98), um bestimmte Ziele und Zwecke zu unterstützen. Nach Kepplinger (1989) können Nachrichtenwerte dazu instrumentalisiert werden, die Interessen der Medienbranche, des Medienbereichs bzw. des eigenen Unternehmens zu vertreten, indem diese in einer bestimmten Weise dargestellt werden („instrumentelle Aktualisierung“). Ob dies auch für die Medienberichterstattung über Medienunternehmen gilt, soll im Folgenden untersucht werden. 4.1 Ereignis als Anlass
Der abstrakte Aktualitätsbegriffs macht die Berichterstattung abhängig vom Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein äußerer Ereignisse, die als Berichterstattungsanlässe wahrgenommen werden können. Es wird nach drei Arten von Ereignissen unterschieden:
Aktionsereignisse (konkrete Vorfälle oder Handlungen mit wahrnehmbaren Folgen, wie z.B. Jubiläen, Unternehmenserweiterungen, Produktneueinführungen, Kündigungen oder Fusionen), Publikationsereignisse (von den Akteuren gezielt inszenierte Events, denen eine Veröffentlichung seitens des Unternehmens zugrundeliegt, wie beispielsweise Pressemitteilungen, Umfrageergebnisse oder Bekanntmachungen) und
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4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen Kommunikationsereignisse (Zusammenkünfte aller Art, wie Pressekonferenzen zur Bilanzvorlage, Hauptversammlungen, Fachtagungen, etc.). (Krüger & Müller-Sachse, 1998, S. 235-236)
Journalisten selektieren Informationen nach verschiedenen Kriterien auf ihre Veröffentlichungstauglichkeit. Von Interesse ist nun, in welcher Weise die Nachrichtenselektion verläuft und ob den Artikeln ein Ereignis als Anlass zugrunde liegt. Unterstellt man eine gewisse ´Scheu` der Thematisierung von Medienunternehmen, so wäre zu vermuten, dass nur dann berichtet wird, wenn dem Thema auch wirklich ein Ereignis zugrunde liegt. Liegt der Berichterstattung kein Ereignis zugrunde, so könnten in stärkerem Maße gerade diese Einflüsse, wie Eigeninteressen oder der Konkurrenzaspekt, vermutet werden. Werden die eigene Branche und deren Probleme unabhängig von speziellen Vorkommnissen zur öffentlichen Diskussion gestellt oder wird nur bei bestimmten Ereignissen berichtet? Ereignis als Anlass nach Phasen
In der Studie zeigt sich, dass 74,5 Prozent der Artikel ein Ereignis zum Anlass haben. Hauptsächlich wird über Aktionsereignisse berichtet (51,4 Prozent). Publikationsereignisse sind nur zu 9,7 Prozent vorhanden und Kommunikationsereignisse zu 12,4 Prozent. Es wird somit überwiegend dann über Medienunternehmen berichtet, wenn Geschehnisse in der Medienbranche vorliegen. Jedoch kann von einer starken Orientierung an Ereignissen auch nicht die Rede sein, da immerhin ein Viertel der Beiträge kein Ereignis aufweisen. Betrachtet man die Entwicklung über die Phasen hinweg, zeigt sich, dass die Themenselektion sowohl in Phase 1 als auch in Phase 4 vermehrt an Ereignissen orientiert ist (ca. 78 Prozent). Diesen Phasen liegt allerdings auch ein vermehrtes Aufkommen an Ereignissen zugrunde (siehe Kap. 1, 2). Dies ist zum einen die Phase 1 mit etlichen Neugründungen, Fusionen und Marktverschiebungen und die wirtschaftlich schwierige Phase 4 mit Einbrüchen im Werbemarkt, Produkteinstellungen, Entlassungen und verschiedenen Sanierungsmaßnahmen. Allerdings erstaunt, dass der Anteil der Aktionsereignisse als Anlass in den letzten beiden Phasen (47,9 und 47,3 Prozent) geringer ist als in den ersten drei Phasen (über 50 Prozent). Dafür gewinnen in dieser Zeit Publikationsereignisse an Bedeutung, ja verdoppeln sich fast (von durchschnittlich 7,8 Prozent in den ersten drei Phasen auf 15,0 Prozent). Somit stehen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vermehrt Stellungnahmen mit offiziellem Charakter im Vordergrund. Sie haben jedoch eher den Ruch einer Unternehmensverlautbarung. Hält
4.1 Ereignis als Anlass
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man hier Beiträge über Ereignisse wie Sanierungsmaßnahmen, Personalabbau, Produkteinschränkungen etc. etwa zurück und publiziert nur das, was das Unternehmen an die Öffentlichkeit bringen will? Geht in der Krise also das Unternehmen auf Nummer sicher? Diese Annahme wird noch dadurch bestärkt, dass Publikationsereignisse in der Boomphase (Phase 3) der Medien, also einer wirtschaftlichen Wachstumszeit, am geringsten vorkommen (6,9 Prozent). In wirtschaftlich guten Zeiten scheinen Verlautbarungen der Unternehmen weniger vonnöten zu sein. Kommunikationsereignisse wiederum, denen ein gewisses ´Kommunikations-Muss` unterstellt werden kann, kommen verstärkt in den letzten drei Phasen vor (ca. 14 Prozent). Da die Werte sich hier konstant halten, deutet dies auf eine latente Ausprägung bei der Berichterstattung über Medienunternehmen ab Mitte der Neunziger Jahre hin. Ereignis als Anlass nach medialen Ebenen und nach Beobachtungsformen
Hinsichtlich der medialen Ebenen zeigen sich kaum Unterschiede. Es fällt lediglich auf, dass es bei Artikeln über Rundfunkunternehmen nur ca. halb so viele Publikationsereignisse gibt wie im Printbereich (7,7 Prozent im Vergleich zu 13,2 und 12,8 Prozent). Gerade bei wirtschaftlich distanzierteren Unternehmen wären aber solche Verlautbarungen eher zu erwarten, bedenkt man, dass die Zeitressourcen der Journalisten für die Recherche sehr knapp sind und eher auf ´fremdes` Material zurückgegriffen wird. Deutlichere Unterschiede zeigen sich, wenn man den Zeitungssektor differenzierter nach den verschiedenen Beobachtungsformen betrachtet. Wenn es darum geht, ob der Thematisierung ein Ereignis zugrunde liegt, setzten sich die Konkurrenzbeobachtungen deutlich von den anderen Beobachtungsformen ab. Während bei letzteren zwischen 84,4 und 80,6 Prozent auf ein Ereignis zurückgegriffen wird, geschieht dies bei der Konkurrenz mit 71,5 und 73,2 Prozent deutlich weniger oft. Es ist zu vermuten, dass die Journalisten bei der Berichterstattung über die Konkurrenzunternehmen einer anderen Selektionsweise folgen. Da über die Konkurrenz wesentlich häufiger berichtet wird, wenn kein Ereignis zugrunde liegt, steht dahinter vermutlich eine zielgerichtete Intention aufgrund wettbewerblicher Eigeninteressen. Wenn Artikel nun auf Ereignissen basieren, so sind dies überwiegend Aktionsereignisse. Dabei weisen die direkten Beobachtungsformen weniger Aktionsereignisse auf als die indirekten Formen. Am wenigsten sind Aktionen der direkten überregionalen Konkurrenz Auslöser für die Berichterstattung. Während bei der direkten Konkurrenz nur zu 11,9 Prozent Publikationsereignisse als Berichterstattungsanlass vorhanden sind, kommen sie zu 20,8 Prozent bei Artikeln über das eigene Haus vor.
252
4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Publikationsereignisse umfassen Pressemitteilungen oder Bekanntmachungen, also Berichte, die zur Veröffentlichung ´bestimmt` sind. Warum aber finden sich diese doppelt so oft bei den Artikeln über den eigenen Verlag als bei denen über die Konkurrenz? Die Annahme einer gezielten Selektion liegt nahe. Hat hier etwa die eigene PR-Abteilung Einfluss auf die Veröffentlichung? In einem solchen Fall würde die Veröffentlichung strategisch eingesetzt. Abbildung 17: Ereignis als Anlass nach Beobachtungsformen 100 90
1,3 13,0
13,0 13,0
80
13,2 11,9
1,2
1,5
12,5
15,3
4,8 8,7
20,8 70 60 46,4
50 40
54,8 55,1
55,1 49,4
30 20 28,5 10
15,6
26,8
18,8
19,4
0 direkte indirekte direkte Konkurrenz Selbstbeobachtung Selbstbeobachtung
kein Ereignis
Aktionsereignis
Kommunikationsereignis
Sonstiges
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
Publikationsereignis
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test signifikant, p=0,046; df=16; chi2-Wert=26,615; 20% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
4.2 Aktualität
253
4.2 Aktualität
Der Nachrichtenfaktor ´Aktualität` ist leitendes Kriterium in journalistischen Organisationen. Obwohl die Zeitung aufgrund des Redaktionsschlusses für den Druck gegenüber Radio, Fernsehen und Internet an Aktualität einbüßt, versucht sie dennoch die Publikationsweise so zu wählen, dass die Aussagen möglichst zeitnah zum Vorgang, auf den sie sich beziehen, veröffentlicht werden. Aktualitätsunabhängige Berichte hinterlassen dagegen eher den Eindruck von grundsätzlichen Statements oder Unternehmensveröffentlichungen. In vorliegender Studie wurde differenziert zwischen ´aktuell` (wenn eine Zeitangabe gemacht wurde, die nicht länger als drei Tage zurückliegt), ´weniger aktuell` (wenn eine Zeitangabe gemacht wurde, die länger als 3 Tage zurückliegt) und ´nicht aktuell` (keine Zeitangabe oder keine Zeitabhängigkeit). Es zeigt sich, dass überwiegend dem Selektionskriterium ´Aktualität` gefolgt wird (82,5 Prozent der Beiträge). Doch obwohl fast die Hälfte der Beiträge aktuell (44,2 Prozent) ist, spricht der relativ hohe Wert für ´weniger aktuelle` Beiträge (38,3 Prozent) dafür, dass auch andere Kriterien wie Wettbewerbsgedanken oder eine strategische Thematisierung von Beiträgen dahinterstecken könnten. Für den Grad der ´Aktualität` wurde ein Mittelwert errechnet mit einer Skala von 0=´nicht aktuell` über 1=´weniger aktuell` und 2=´aktuell`. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von 1,27. Wie sich zeigt, wird innerhalb des Untersuchungszeitraums dem Kriterium ´Aktualität` nicht immer in gleicher Weise gefolgt. Augenfällig ist, dass in der wirtschaftlichen Boomphase (Phase 3), einer wirtschaftlich gesicherten Phase, Aktualität die geringste Bedeutung hat (MW: 1,16). Demgegenüber steigt in Phase 4 der Anteil an aktuellen Beiträge deutlich (MW: 1,34). In einer wirtschaftlich schwierigen Phase sind auch vermehrt Ereignisse zu erwarten, so dass davon auszugehen ist, dass darüber zeitnah berichtet wird. Ein ähnlich hoher Aktualitätswert findet sich auch in Phase 2 (MW: 1,35), der Wachstums- und Orientierungsphase. Eventuell führten hier die zahlreichen Umstrukturierungen und Neugründungen zu einer höheren Gewichtung der Aktualität. Die beiden Konsolidierungsphasen, die Phasen 1 (MW: 1,26) und 5 (MW: 1,23) weisen dagegen fast identische Mittelwerte auf. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Berücksichtigung des Aktualitätskriteriums weitgehend an den ökonomischer Gegebenheiten orientiert. Allerdings erstaunt, dass gerade in der wirtschaftlichen Boomphase am wenigsten aktuell berichtet wird, obwohl es gerade hier zu berichtenswerten Ereignissen wie Neugründungen, Fusionen, Produkterweiterungen etc. kam.
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4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Aktualität nach Phasen Abbildung 18: Aktualität nach Phasen (MW) 2 1,8 1,6 1,4
1,26
1,35
1,34 1,16
1,2
1,23
1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
Mittelwerte Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,042; F=2,487, auf einer Skala von 0=nicht aktuell bis 2=aktuell.
Aktualität nach medialen Ebenen und nach Beobachtungsformen
Um eventuellen Einflüssen von Konkurrenzaspekten nachzugehen, wird der Gewichtung der Aktualität hinsichtlich der Unternehmen des weiten und engen Distanzverhältnisses nachgegangen. Laut Schmidt (2005) versucht die Beobachtung von Berichterstattungsobjekten anderer Medienbereiche oder der Konkurrenzunternehmen durch Diskontinuierung einen gewissen zeitlichen Aufschub zu erreichen, um die Beobachtungsgenauigkeit zu erhöhen (Schmidt, 2005, S. 33). D.h. es wird zugunsten einer genaueren Recherche nicht so zeitnah berichtet. Schließlich will man nicht dem Vorwurf der Konkurrenzbeschimpfung ausgesetzt werden. Allerdings verliert die Berichterstattung dadurch an Aktualität. Wenn diese Annahme von Schmidt (2005) auch für die Berichterstattung über
4.3 Nachrichtenfaktoren
255
Medienunternehmen zutrifft, so müsste beispielsweise bei der Berichterstattung über Medienunternehmen anderer Mediensektoren auch eine geringere Aktualität vorhanden sein. Doch gerade das Gegenteil ist der Fall. Die geringste Aktualität findet sich im eigenen Medienbereich, dem Zeitungssektor, (MW: 1,21; p=0,190). Aber auch der Rundfunkbereich zeigt nur einen Mittelwert von 1,27 auf. Dagegen setzt sich der Zeitschriftensektor mit einem Mittelwert von 1,36 ab und weist die aktuellste Berichterstattung auf. Die Annahme von Schmidt bestätigt sich somit nicht. Vielmehr ist hier die Diskontinuierung im eigenen Mediensektor zu finden. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich innerhalb des Zeitungssektors30. Die Berichterstattung über das eigene Haus hat hier den geringsten Aktualitätswert (MW: 1,17). Dies überrascht, da der Zugriff zu Informationen im eigenen Unternehmen schneller und leichter sein müsste. Der zeitliche Aufschub mag daran liegen, dass Beiträge strategisch gesetzt werden. Für die richtige Veröffentlichung zum richtigen Zeitpunkt werden möglicherweise Aktualitätsverluste in Kauf genommen. Möglicherweise kommen hier auch unternehmensinterne PR-Strategien zum Tragen. Am aktuellsten wird mit einem Mittelwert von 1,39 über Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz (indirekte Konkurrenzbeobachtung) berichtet. Die übrigen Beobachtungsformen zeigen relativ ähnliche Mittelwerte (zwischen 1,25 und 1,32). Die Diskontinuierung findet sich somit im Gegensatz zu Schmidts (2005) Ergebnis im Fall der Berichterstattung über Medienunternehmen nur bei der direkten Selbstbeobachtung und nicht bei der Konkurrenz. 4.3 Nachrichtenfaktoren
Aufgabe der Journalisten ist es, aus der ´Flut` von Ereignissen auszuwählen, was letztendlich veröffentlicht werden soll. Durch ihre Nachrichtenauswahl beeinflussen sie, welche ´Realität` die Rezipienten wahrnehmen. Die Nachrichtenauswahl hängt dabei zum einen von den Vorgaben, Normen und Regeln der journalistischen Organisation ab, zum anderen von der Handhabung journalistischer Selektionskriterien (siehe Kap. 1, 3.3.2). Journalisten beurteilen, welche Bedeutung sie einem Ereignis zukommen lassen. Dieser Nachrichtenwert entscheidet nicht nur darüber, ob ein Ereignis berichtenswert ist, sondern auch, in welchem Umfang und in welcher Aufmachung es herausgestellt wird. Ob bei der Berichterstattung über Medienunternehmen die Selektion den Nachrichtenfaktoren folgt, oder ob vielmehr die Auswahlentscheidungen „zielgerichtete Handlungen“ sind, indem Nachrichtenwerte zu einem bestimmten Zweck instrumentalisiert 30
allgemeiner Mittelwert von 1,29
256
4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
(Kepplinger, 1989, S. 12) werden, soll im Folgenden untersucht werden. Denn auf diese Weise könnten Nachrichtenwerte auch im Interesse des eigenen Medienbereichs bzw. des eigenen Verlages instrumentalisiert werden. Malik (2004) spricht im Zusammenhang mit der Thematisierung des eigenen Verlagshauses von einer ´speziellen Selektivität` bei der Nachrichtenauswahl (S. 325), da den Journalisten bei dieser Thematik eher ökonomische Eigeninteressen unterstellt werden können. Die Mehrheit der von ihr befragten Redakteure gab an, dass weniger die Konkurrenzsituation zur Selektionsentscheidung herangezogen werde, sondern vielmehr die Berichterstattung über das eigene Haus losgelöst von den allgemeinen Entscheidungsprogrammen des Journalismus zustandekomme. Es werde von der Redaktion ausschließlich das publiziert, was den Bestand der Organisation nicht gefährde. (Malik, 2004, S. 324-325) Über Konkurrenzunternehmen werde überwiegend Negatives, Überraschendes und Aufsehen Erregendes als Thema der Berichterstattung genommen (Malik, 2004, S. 256). Um dieser Behauptung weiter nachzugehen, wurden für die Studie verschiedene Nachrichtenfaktoren ins Auge gefasst, die gerade eine Unternehmensberichterstattung über Medienunternehmen auslösen könnten. Dazu wurden die Kriterien ´Überraschung`, ´wirtschaftliche Bedrohung`, ´Erfolg` und ´Schaden` ausgewählt. Zwar kann anhand des Vorkommens und der Ausprägung von Nachrichtenfaktoren in bereits publizierten Artikeln nicht gleichzeitig auf deren Bedeutung bei der Selektionsentscheidung geschlossen werden, jedoch kann das Vorkommen der ausgewählten Nachrichtenfaktoren Aussagen über deren Relevanz liefern. 4.3.1 Überraschung
´Überraschung` kommt als Kriterium für die Nachrichtenselektion im Rahmen der Berichterstattung über Medienunternehmen (p=0,000) nur in geringem Maße (8,9 Prozent) vor. Es erscheint vorwiegend in der Zeit der Medienkrise (13,6 Prozent) und der folgenden Konsolidierungsphase (14,3 Prozent), während es in den übrigen Phasen nur unwesentlich auftaucht (3,0 bis 8,7 Prozent). Der plötzliche Einbruch am Werbemarkt und die dadurch ausgelöste Krise der Medien werden also als unvorhersehbares Ereignis gesehen. Die Verantwortung für den wirtschaftlichen Einbruch und dessen Folgen werden in diesem Fall nicht dem Unternehmen zugeordnet, sie wird eher abgeschoben auf die allgemeine konjunkturelle Entwicklung. Auch in der Konsolidierungsphase (Phase 5) könnte dies noch wirken. Es soll zudem darauf hinweisen, dass die Unternehmen auf Krisen nicht vorbereitet waren und davon überrascht wurden. Der Nachrichtenfaktor ´Überraschung` kommt zwar am häufigsten im eigenen Mediensektor vor
4.3 Nachrichtenfaktoren
257
(9,7 Prozent gegenüber 9,2 Prozent im Zeitschriftensektor und 8,2 Prozent im Rundfunkbereich), hier aber vor allem bei der Thematisierung der Konkurrenz (10,6 und 8,3 Prozent). Beim eigenen Unternehmen wird ´Überraschendes` dagegen weitgehend vermieden (6,5 Prozent). Wird also die Verantwortung für die Krise bei der Konkurrenz eher auf die wirtschaftliche Gesamtsituation abgeschoben oder soll vielmehr gezeigt werden, dass die Konkurrenz von den Ereignissen überrascht wurde und unvorbereitet war? Diese Frage kann hier nicht geklärt werden. Festgehalten werden kann lediglich, dass der Nachrichtenfaktor ´Überraschung` mit unterschiedlicher Gewichtung zum Tragen kommt. 4.3.2 wirtschaftliche Bedrohung
Die ökonomischen Veränderungsprozesse, wie zum Beispiel die Zunahme privater Rundfunkanbieter, die zunehmende Konzentration und die wachsende Internationalisierung hatten spürbare wirtschaftliche Auswirkungen auf die Medienunternehmen (siehe Kap.1, 2). Im Printbereich stellten diese Strukturveränderungen und insbesondere die Abhängigkeit der Zeitungen vom Werbe- und Anzeigenmarkt während der Werbekrise eine existentielle Bedrohung für einzelne Zeitungen dar. Inwieweit werden nun ´Bedrohungen` für die Medienunternehmen in der Berichterstattung thematisiert und kommen als Selektionsfaktor zum Tragen? Eine wirtschaftliche Bedrohung beinhaltet per se ´Negatives`. Damit wird die wirtschaftliche Stabilität, Liquidität, etc. eines Unternehmens angegriffen und in Zweifel gezogen. Die Erwähnung von wirtschaftlicher Bedrohung bedeutet für Medienunternehmen eine schlechte Außendarstellung und Imagewerbung. In 21,2 Prozent der untersuchten Artikeln wird eine ´Bedrohung` für das Unternehmen genannt. Die Verteilung während des Untersuchungszeitraums entspricht dabei der konkreten wirtschaftlichen Entwicklung in den Phasen. D.h. am geringsten wird eine Bedrohung in der wirtschaftlichen Boomphase (16,0 Prozent) erwähnt und am häufigsten in der Krisenzeit (28,6 Prozent). Jedoch wird eine ´Bedrohung` deutlich häufiger bei Rundfunkunternehmen thematisiert als im Printbereich. Schließlich wird über den eigenen Medienbereich nicht gern schlecht gesprochen. Dabei taucht dieser negative Selektionsfaktor im Zeitschriftensektor sogar weniger auf als im eigenen Zeitungssektor. Dies erklärt sich jedoch, wenn man den Zeitungssektor differenzierter betrachtet. Im engen Distanzverhältnis spielt nämlich der Nachrichtenfaktor ´Bedrohung` mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz zur berichtenden überregionalen Zeitung eine größere Rolle. Am häufigsten kommt eine Bedrohung bei der allgemeinen Beobachtung vor, die ja die größte Distanz aufweist (28,0 Prozent). Bei den übrigen Beobachtungsformen erscheint dieser negativ behaftete Selektionsfaktor je nach
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4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
wirtschaftlicher Distanz zwischen 25,0 und 21,7 Prozent. Bei der Berichterstattung über das eigene Haus kommt eine ´Bedrohung` am geringsten vor (9,1 Prozent). Somit scheint das Kriterium ´Bedrohung` zwar gezielt eingesetzt zu werden, jedoch nicht, um die Konkurrenzunternehmen in einem schlechteren Licht erscheinen zu lassen. Es geht eher darum, das eigene Unternehmen positiver abzusetzen, indem es vermieden wird, Negatives mit ihm in Zusammenhang zu bringen. 4.3.3 Positivismus und Negativismus
Kepplinger (1989) geht bei dem von ihm geprägten Begriff der „instrumentellen Aktualisierung“ (S. 12) davon aus, dass in publizistischen Konflikten die beiden Nachrichtenfaktoren ´Negativismus` und ´Positivismus` von Journalisten taktisch verwendet werden können, um ihre Konkurrenten zu stärken oder zu schwächen (Staab, 1990, S.121). Schulz (1976) ordnet in seiner Dimension „Valenz“ dem Faktor ´Negativismus` u.a. den Aspekt ´Schaden`, also Misserfolge und Sach- oder finanzielle Schäden zu. Im Gegensatz dazu definiert er den Faktor ´Erfolg` als Fortschritt z.B. in wirtschaftlicher Hinsicht (S. 34 und S. 136138). Von daher stehen gerade die Faktoren ´Schaden` und ´Erfolg` für ´Negativismus` und ´Positivismus`. Malik (2004) geht in ihrer Studie über Journalismusjournalismus davon aus, dass positive Entwicklungen in der eigenen Zeitung stets thematisiert werden, selbst dann, wenn das Ereignis bei der regulären Medienberichterstattung eigentlich unter der ´Aufgreifschwelle` liegen würde. Die Redaktion wolle damit um Vertrauen werben, das eigene Produkt positionieren und die eigene Funktionalität herausstellen. Dagegen werde Brisantes, Skandalöses und Negatives aus dem eigenen Unternehmen eher geheim gehalten, um die Glaubwürdigkeit und das Ansehen des Unternehmens nicht zu gefährden (S. 106-107). Von Interesse ist nun, ob auch bei Beiträgen über Medienunternehmen durch die Thematisierung von ´Negativismus` und ´Positivismus` in Form von ´Schaden` und ´Erfolg` unterschiedliche Häufigkeiten zu erkennen sind, die eventuell auch Rückschlüsse auf eine vermutete ´instrumentelle Aktualisierung` zulassen. Dabei wird unterschieden zwischen einem ´tatsächlich` eingetretenen Erfolg oder Schaden und einem nur als ´möglich` angenommenen. Die Thematisierung eines nur möglichen Schadens oder Erfolgs besitzt keine direkte Thematisierungsrelevanz oder Notwendigkeit. Sie kann somit als gesteuert angesehen werden. ´Erfolg` und ´Schaden` werden bei der Berichterstattung über Medienunternehmen durchschnittlich in über 80 Prozent aller Artikel thematisiert, nur in den Phasen 1 und 3 etwas weniger. Die Verteilung von ´Erfolg` oder ´Schaden` ent-
4.3 Nachrichtenfaktoren
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spricht dabei weitgehend der wirtschaftlichen Entwicklung. D.h. der höchste Wert für einen tatsächlich eingetretenen Erfolg (22,5 Prozent) und der geringste für einen tatsächlichen Schaden (12,6 Prozent) tauchen wie vermutet in der wirtschaftlichen Boomphase auf. Es erstaunt nur, dass der Wert für ´Erfolg` nur geringfügig höher ausfällt als in der ersten Phase, obwohl es sich in Phase 3 um eine wirtschaftlich äußerst erfolgreiche Zeit handelt. Demgegenüber wird in der Krisenphase erwartungsgemäß am wenigsten über einen tatsächlichen Erfolg berichtet (11,7 Prozent) und mit 31,5 Prozent am häufigsten über einen tatsächlichen Schaden. Gleichzeitig findet allerdings ein als ´möglich` erachteter Erfolg mit 15,5 Prozent relativ häufig Erwähnung, von einem ´möglichen weiteren Schaden` wird aber kaum ausgegangen (6,1 Prozent). Soll hier etwa relativiert, die Situation etwas beschönigt werden? Diese Tendenzen bleiben mit leicht positiveren Werten auch in Phase 5 erhalten. Die Ergebnisse in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten geben zu der Vermutung Anlass, dass hier noch weitere Faktoren – eventuell strategische Verlagsinteressen – bei dem Einsatz dieses Selektionskriteriums eine Rolle spielen könnten. Bei der Untersuchung der medialen Ebenen konnte festgestellt werden, dass im Printbereich mehr wirtschaftlich positive Ereignisse, also ´Erfolge`, als Selektionsfaktor gelten. Speziell im Zusammenhang mit Zeitungsunternehmen wird über ´Schaden` am geringsten (18,1 Prozent) berichtet. ´Schaden` – tatsächlicher (20,4 Prozent) und möglicher (11,2 Prozent) – kommt dagegen am häufigsten im wirtschaftlich distanzierteren Bereich, dem Rundfunkbereich, vor. Differenziert man weiter nach Beobachtungsformen, so zeigen sich eindeutigere Konstellationen. Gerade in Bezug auf die überregionalen Zeitungen (direkte Beobachtungsformen) kommen ´Erfolg` und auch ´Schaden` insgesamt weniger zur Sprache (ca. 77 Prozent) als bei den übrigen Beobachtungsformen (ca. 83 bis 86 Prozent). Dabei setzt sich bei den direkten Beobachtungsformen die Berichterstattung über das eigene Haus eindeutig von der direkten Konkurrenzbeobachtung ab. Ein ´tatsächlicher Erfolg` wird nämlich bei der direkten Selbstbeobachtung fast viermal so häufig thematisiert (41,6 Prozent) wie bei einem Konkurrenzunternehmen (11,3 Prozent). Im umgekehrten Verhältnis wird ein ´tatsächlicher Schaden` fast viermal weniger beim eigenen Haus (6,5 Prozent) genannt als bei der Konkurrenz (22,5 Prozent). Selbst ein spekulativ ´möglicher Schaden` wird beim eigenen Verlag kaum in Erwägung gezogen (1,3 Prozent), bei der Konkurrenz jedoch immerhin zu 9,3 Prozent. Wiederum setzt sich also die Berichterstattung über das eigene Haus von den anderen Beobachtungsformen ab, wobei hier vornehmlich die Konkurrenzsituation unter den überregionalen Zeitungen eine Rolle zu spielen scheint, da die Berichterstattung über das eigene Unternehmen und die über die direkte Konkurrenz eine eindeutige Differenz aufweist. Betrachtet man bei diesen Beobachtungsformen, in welchem Verhältnis jeweils ´Erfolg` und
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4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
´Schaden` thematisiert wird, so ergibt sich bei der direkten Konkurrenz ein Verhältnis von 1:2, d.h. es wird doppelt so oft ein Schaden wie ein Erfolg erwähnt. Beim eigenen Unternehmen dagegen beträgt das Verhältnis 7:1, d.h. es wird fast siebenmal so oft ein Erfolg erwähnt wie ein Schaden. Dieses Verhältnis zeigt mehr als deutlich, dass der Konkurrenzaspekt eine dominante Rolle spielt. Da sich jedoch hauptsächlich die direkte Selbstbeobachtung von den übrigen Beobachtungsformen absetzt und die direkte Konkurrenzbeobachtung weitgehend den übrigen Beobachtungsformen ähnelt, geht es hier vor allem um eine positive Selbstdarstellung und nicht vordringlich um die Diffamierung der Konkurrenz. Rücksichtnahmen auf die eigenen Beteiligungsunternehmen zeigen sich darin, dass sie in abgeschwächter Form ähnliche Tendenzen aufweisen wie die direkte Selbstbeobachtung. 4.4 Zwischenfazit: Selektionskriterien
Die vierte Forschungsfrage beschäftigt sich mit dem Problem der Themenselektion. Die ersten Kriterien sind der Ereignisbezug und der Aspekt der Aktualität. Bei den Artikeln über Medienunternehmen bilden Aktionsereignisse zu ca. 50 Prozent den Anlass für die Thematisierung. Sie kommen mehr in wirtschaftlich guten Zeiten vor und weniger in Krisenzeiten. In der Krisenphase nehmen zudem die Publikationsereignisse deutlich zu, was der Berichterstattung den Charakter einer offiziellen Verlautbarung des Unternehmens verleiht. Vor allem in wirtschaftlich schlechten Zeiten wird dabei mehr dem Aktualitätskriterium gefolgt. Hinsichtlich der Kriterien ´Ereignis als Anlass` und ´Aktualität` zeigen sich im Zeitungssektor eindeutige Unterschiede zwischen der Berichterstattung über das eigene Haus und der über die direkten überregionalen Konkurrenzunternehmen. Bei der Konkurrenzberichterstattung wird den Beiträgen weniger oft überhaupt ein Ereignis zugrunde gelegt, was auf eine gezielte Themensetzung deutet. Wenn es um das eigene Haus geht, bestätigt sich Maliks (2004) These der ´speziellen Selektivität` bei der Nachrichtenauswahl (S. 325) dahingehend, dass über das eigene Unternehmen vorwiegend dann berichtet wird, wenn ein Ereignis zugrunde liegt. Die Beiträge über die eigene Zeitung sind jedoch am wenigsten aktuell. Eine zeitliche Diskontinuierung, also ein gewisser zeitlicher Aufschub zugunsten einer genaueren Beobachtung (vgl. Schmidt, 2005, S. 33), zeigt sich somit entgegen der Ergebnisse von Schmidt (2005) nicht bei Konkurrenzunternehmen (siehe Kap. 2, 4.4), sondern beim eigenen Unternehmen. Dies mag daran liegen, dass beim eigenen Unternehmen am häufigsten Publikationsereignisse Anlass für die Berichterstattung sind, die nicht unbedingt ganz aktuell sein müssen. Diese Publikationsereignisse, also Pressemitteilungen oder Bekanntmachungen mit
4.4 Zwischenfazit: Selektionskriterien
261
eher offiziellerem Charakter, kommen bei den Artikeln über das eigene Haus etwa doppelt so oft vor wie bei der Konkurrenz. Daher liegt der Verdacht nahe, dass bei Artikeln über das eigene Unternehmen auch die hausinternen PRAbteilungen Einfluss haben. Daneben sollten die Selektionskriterien dahingehend untersucht werden, ob ihnen nach dem Finalmodell von Staab (1990) ein ziel- und zweckorientiertes Handeln unterstellt (S. 96) werden kann, indem Ereignismerkmale überhöht (explizit) oder gezielt ausgewählt (implizit) werden. In vorliegender Studie entsprechen die ausgewählten Nachrichtenfaktoren ´Überraschung`, ´wirtschaftliche Bedrohung`, ´Erfolg` und ´Schaden` hinsichtlich ihrer Verteilung über die Phasen aufgrund der wirtschaftlichen Marktsituation weitgehend den zu erwartenden Werten. Jedoch gibt beispielsweise allein schon die Erwähnung von ´Erfolg` und ´Schaden` in der Krisenphase zu der Vermutung Anlass, dass hier noch weitere Faktoren – eventuell ökonomische Verlagsinteressen – bei der Themenselektion eine Rolle spielen könnten. Auffallend ist nämlich, dass in der Krise gleichzeitig zu den Schadenmeldungen unerwartet häufig auch ´tatsächlicher` und ´möglicher Erfolg` genannt wird, jedoch kein weiterer ´möglicher Schaden`. Hier soll möglicherweise durch eine etwas optimistische Sichtweise die wirtschaftlich schlechte Situation relativiert werden. Eindeutiger lassen sich jedoch systematische Zusammenhänge zwischen der journalistischen Nachrichtenauswahl und dem Verlagsinteresse bei der Differenzierung nach Beobachtungsformen erkennen. Negatives wie ´Bedrohung` oder ´Schaden` wird beim eigenen Unternehmen eher zurückgehalten, um dem Image des Unternehmens nicht zu schaden. Dafür findet ein ´tatsächlicher Schaden` bei der Konkurrenz fast viermal häufiger Erwähnung als beim eigenen Unternehmen. Dort wird allerdings ein positiv konnotierte ´Erfolg` fast viermal häufiger genannt als bei den Konkurrenzunternehmen, aber auch häufiger als bei den anderen Beobachtungsformen. Somit liegt der Verdacht nahe, dass hier die Berichterstattung eher selbstwerbend und damit PRorientiert betrieben wird, um das eigene Unternehmen möglichst positiv zu präsentieren. Gerade weil die Darstellung eines Unternehmens eng mit seinem Image verbunden ist, besteht die Gefahr der Selbstbespiegelung oder Selbstbeweihräucherung speziell gegenüber den Konkurrenzunternehmen. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Journalisten ihre Auswahlentscheidung eher zielgerichtet getroffen haben. Es geht hier aber nur um eine positive Selbstdarstellung und nicht um die Herabsetzung der Konkurrenz. Auch in der Studie von Kreitling (1994/95) gaben die Redakteure an, „in bestimmten, die Belange des Hauses betreffenden Fällen die Linie des Hauses im Blatt zu vertreten“ (Kreitling, 2000, S. 69). Ein unabhängiger Journalismus scheint somit fast unmöglich, da jede Berichterstattung über Medienunternehmen „entweder als Kritik am eigenen Haus oder als Werbung für fremde Häuser gewertet werden kann“
262
4 Selektionskriterien bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
(Kreitling, 1997, S. 133). Dies ist deswegen so problematisch, da zum einen Informationen über das eigene Haus zurückgehalten werden, wenn sie dessen Image schaden könnten, oder andererseits eigentliche ´Nicht-Informationen` mit geringem Nachrichtenwert zur Information erhoben werden, wenn es dem Unternehmen nützlich sein kann. In diesem Fall treten die üblichen journalistischen Selektionskriterien hinter anderen Mechanismen zurück, wie es auch schon Malik (2004) für die Berichterstattung für das eigene Haus feststellte. Ihr Befragungsergebnis kann in dieser Studie zum Teil bestätigt werden. Ihre Annahme einer ´speziellen Selektivität` wird dadurch verifiziert, dass vorwiegend Positives Auslöser der Selektionsentscheidung bei der Thematisierung des eigenen Unternehmens ist. Der eigentlich hohe Nachrichtenwert von Negativmeldungen, wie zum Beispiel ´Schaden`, ´Bedrohung` oder selbst ´Überraschung` führt hier eher nicht zur Selektion des betreffenden Ereignisses oder Themas als Nachricht. ´Negatives` und ´Bedrohliches` kommt nur bei den anderen Beobachtungsformen vor. Jedoch finden sich diese Aspekte nicht auffallend häufiger bei den direkten Konkurrenzunternehmen, wie es Malik (2004) annimmt. Es zeigt sich eher, dass ´Negatives` und ´Bedrohliches` bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen vermieden wird, als dass es bei den überregionalen Konkurrenzzeitungen als Selektionskriterium extra herangezogen wird. Bei Konkurrenzunternehmen wird also eher den ´üblichen Selektionskriterien` gefolgt, während bei der Berichterstattung über das eigene Haus ´spezielle` Selektionskriterien gelten. Es geht also vornehmlich um eine positive Selbstdarstellung. Eindeutiger wird Negatives jedoch als Selektionskriterium bei der medialen Konkurrenz ´Rundfunk` verwendet. So wird hier beispielsweise am häufigsten ein ´Schaden` genannt, während über wirtschaftliche ´Erfolge` vermehrt im Printbereich berichtet wird. Eine ´Bedrohung` wird zum Beispiel bei Rundfunkunternehmen etwa dreimal häufiger zur Selektion herangezogen als bei Zeitungsunternehmen. Durch die Erwähnung einer wirtschaftlichen Bedrohung wird die wirtschaftliche Stabilität, Liquidität, etc. eines Unternehmens angegriffen und in Zweifel gezogen. Dies bedeutet für Medienunternehmen eine schlechte Außendarstellung und Imagewerbung. Wird nun die konkrete Situation der Rundfunkunternehmen nur wahrheitsgetreuer dargestellt oder wird ´Bedroh-liches` und ´Negatives` zielgerichtet eingesetzt, um die Unternehmen negativer einzusetzen? Diese Frage kann hier jedoch nicht beantwortet werden. Sollten die Nachrichtenfaktoren von Journalisten hier taktisch verwendet worden sein, zum Beispiel um das eigene Unternehmen zielgerichtet zu stärken oder Kontrahenten zu schwächen, so könnte nach Kepplinger (1989) eine „instrumentelle Aktualisierung“ (S. 12) vorliegen.
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Um Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen, müssen die Medien ihre Strukturen, Funktionsweisen und auch ihre wirtschaftlichen Grundlagen transparent machen. Zu einer transparenten Berichterstattung gehört eine ausführliche Berichterstattung, die Hintergründe offen legt, nach Ursachen und Folgen von unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen forscht. Nur so kann auch die momentane ökonomische Situation eines Unternehmens erklärt werden. Dies könnte den Journalisten aber gerade bei der Berichterstattung über die eigene Medienbranche schwer fallen. Von daher kann hier der berühmte ´blinde Fleck` (siehe Kap. 1, 6.1) zum Tragen kommen. Oder werden in aller Ausführlichkeit betriebswirtschaftliche Gegebenheiten dargelegt und erklärt. Unter diesen Aspekten ist es interessant, wie verständlich und transparent über die verschiedenen Medienbereiche und Unternehmen berichtet wird. 5.1 Komplexität der Darstellung
Um diese Glaubwürdigkeit zu vermitteln und zur Medienkompetenz der Rezipienten beizutragen, müssen dem Leser bei der Berichterstattung über Medienunternehmen umfassende und kritische Informationen über das Unternehmen selbst, über Hintergründe der Unternehmensentwicklung, über Zusammenschlüsse und Abhängigkeiten, etc. gegeben werden. Der Medienjournalist befindet sich hier allerdings in einem Loyalitätskonflikt. Auf der einen Seite soll er seiner gesellschaftlichen Aufgabe der Information und Aufklärung (siehe Kap. 1, 5.1.1) nachkommen, auf der anderen Seite ´fordert` der Arbeitgeber Loyalität im Hinblick auf eine positive oder zumindest ´nicht schädigende` Darstellung des eigenen Unternehmens. In diesem Fall würde aber der Medienjournalismus zum Eigennutz des Verlagshauses instrumentalisiert werden.
264
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
5.1.1 Darstellung der Zeitebenen
Der Medienjournalist beleuchtet in der Rolle des kritischen Selbstbeobachters die Strukturen, Prozesse und Gesetzmäßigkeiten der Medienbranche. Dazu gehört es auch, die wirtschaftliche Seite der Medien, ihre Strukturen und Verflechtungen zu beleuchten. Gerade, wenn es um Medienunternehmen geht, sind zum besseren Verständnis von Zusammenhängen frühere oder erwartete und auch gegenwärtige Fakten über das Unternehmen von besonderem Interesse. Es können also drei Zeitebenen (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) in die Berichterstattung einfließen. Aus dem Zeitbezug lässt sich folgern, wie komplex die Berichterstattung über ein Medienunternehmen gestaltet ist. Je mehr Zeitebenen in einem Beitrag über ein Unternehmen thematisiert werden, desto eher ist eine umfassende und ausführliche Berichterstattung anzunehmen. Es wurde ein Mittelwert gebildet bei einer Skala von 1=geringe Intensität bis 3=hohe Intensität. In 22,3 Prozent der Beiträge lässt sich eine geringe, in 40,2 Prozent eine mittlere und in 37,5 Prozent der Artikel eine hohe Intensität feststellen. Es werden also in den meisten Fällen mindestens zwei Zeitebenen in die Berichterstattung über ein Medienunternehmen einbezogen. Dies spricht für eine ausführlichere Berichterstattung. Im Verlauf der 15 Jahre zeigt sich eine stetige Entwicklung hin zu einer intensiveren Darstellung auf mehreren Zeitebenen31. Lediglich in wirtschaftlichen Krisenzeiten (MW: 2,24) wird noch komplexer berichtet. Es geht in der Krise vermehrt darum, auch Bezüge zur Vergangenheit herzustellen und eventuell Pläne oder Prognosen für zukünftige Entwicklungen darzulegen. Unterschiede hinsichtlich der Darstellung der verschiedenen medialen Ebenen sind allerdings kaum zu erkennen. Lediglich über Zeitschriftenverlage wird etwas komplexer berichtet.32 Erst die Differenzierung innerhalb des Zeitungssektors nach Beobachtungsformen liefert eindeutigere Erkenntnisse. Hier treten Konkurrenzaspekte offener zutage, wobei sich wiederum die direkte Selbstbeobachtung absetzt. Während die anderen Beobachtungsformen in etwa auf demselben Niveau liegen, wird über das eigene Unternehmen mit einem Mittelwert von 1,86 durchschnittlich am wenigsten über vergangene und zukünftige Vorgänge berichtet. Bei der direkten Konkurrenzbeobachtung erfolgt die Darstellung dagegen mit der größten Intensität (MW: 2,31). Es scheint demnach speziell der Konkurrenzaspekt zwischen den überregionalen Zeitungen (direkte Beobachtungsformen) zum Ausdruck zu kommen. Gerade aufgrund der besseren Zugänglichkeit zu Informa31
(Phase 1, MW: 2,08; Phase 2, MW: 2,09; Phase 3, MW: 2,14; Phase 4, MW: 2,24; Phase 5, MW: 2,21) 32 (p=0,556); direkten Intramedialität (MW: 2,16), indirekte Intramedialität (MW: 2,22) Intermedialität (MW: 2,14)
5.1 Komplexität der Darstellung
265
tionen aus dem Unternehmen, wäre eine umfassendere Berichterstattung gerade bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen zu vermuten gewesen. Es drängt sich aber eher die Annahme eines schlechteren internen Kommunikationsflusses oder einer gezielten Zurückhaltung auf. Abbildung 19: Zeitebenen nach Beobachtungsformen (MW) 3 2,8 2,6 2,31
2,4
2,20
2,2 2
2,18
2,19
1,86
1,8 1,6 1,4 1,2 1 direkte indirekte direkte indirekte Selbstbeob. Selbstbeob. Konkurrenz Konkurrenz
allgemeine Beob.
Mittelwerte Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,001; F=4,759, auf einer Skala von 1=gering bis 3=hoch.
Eine übermäßige Selbstdarstellung kann durch dieses Ergebnis aber auch nicht nicht festgestellt werden. Die Plattform für eine ausführliche Selbstdarstellung wird also nicht genutzt. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Situation des eigenen Unternehmens nicht so gern ausgebreitet wird. Man lässt sich eben nicht so gern ´in die Karten schauen`. Von einer ´Beißhemmung gegenüber der Konkurrenz`, wie sie in der Theorie konstatiert wird, kann dagegen nicht gesprochen werden. Die Unternehmenssituation der direkten Konkurrenz wird ausführlicher als alle anderen Beobachtungsformen dargestellt. Ob die komplexe Darstellung der Konkurrenzunternehmen aber zielgerichtet eingesetzt wird, um die Konkurrenz in ein ´schlechtes` Licht zu stellen, kann an dieser Stelle jedoch noch nicht entschieden werden.
266
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
5.1.2 Verständlichkeit des Artikels und Grad der Aufklärung über Zusatzinformationen
Wirtschaftsberichterstattung war oft ´verschrien` als unverständliches Fachchinesisch für ein ausgewähltes Publikum. Jedoch ging in den letzten Jahren die Entwicklung der Wirtschaftsberichterstattung dahin, dem Leser die wirtschaftlichen Inhalte in einer allgemein verständlichen Sprache zu vermitteln, wirtschaftliche Einzelereignisse in Gesamtzusammenhänge zu bringen und deren Konsequenzen aufzuzeigen (siehe Kap. 1, 3.3.3). Durch seinen privilegierten Zugang zur Öffentlichkeit besitzt der Journalismus große kommunikative Macht. Journalistische Kommunikationsangebote können Einfluss darauf nehmen, wie die Rezipienten die einzelnen Unternehmen wahrnehmen und die wirtschaftlichen Vorgänge beurteilen. Umso wichtiger ist es, die ökonomischen Vorgänge im Medienbereich verständlich und glaubwürdig zu kommunizieren. Dazu gehört eine verständliche Sprache, einfache Satzstruktur und die sparsame Verwendung von wirtschaftlichen Fachausdrücken (vgl. Hickethier, 2005, S. 64-66). Im Folgenden wurde daher untersucht, in welchem Maße die Medienberichterstattung über Medienunternehmen verständlich gestaltet wird. Der Grad der Verständlichkeit wurde dafür anhand folgender Kriterien festgestellt:
Die Verwendung eines Nominalstils komplexe Satzstruktur und die Verwendung von Fachausdrücken.
Es wurden unterschiedliche Intensitätsstufen erfasst. Je weniger Kriterien festgestellt wurden, umso verständlicher war der Artikel verfasst. Zur besseren Vergleichbarkeit mit der Entwicklung des Aufklärungsgrades wurde die Skala für die empirische Auswertung umgedreht. Sie reicht danach von 0=sehr schlechte Verständlichkeit bis 3=sehr gute Verständlichkeit. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von 1,77, was für eine eher gute Verständlichkeit spricht. Neben der Verständlichkeit der Beiträge wurde auch der Grad der Aufklärung untersucht. Da die Medien immer mächtiger und ihre Märkte und Verflechtungen immer undurchsichtiger werden, ist es besonders wichtig, ihre Strukturen, Spielregeln und Ambivalenzen kontinuierlich und umfassend zu beobachten, kritisch zu reflektieren und Transparenz herzustellen. Dadurch kann der Medienjournalismus zur Aufklärung beitragen. Der Leser erhält dadurch mehr Medienkompetenz, da er Angebote und Informationen besser einordnen kann. Eine ausführliche Berichterstattung könnte dem Journalisten aber gerade bei der Berichterstattung über die eigene Medienbranche schwer fallen, da der ökonomische Unternehmensstatus eng mit Image und publizistischer Leistungsfähigkeit verbunden
5.1 Komplexität der Darstellung
267
ist. Um den Grad der Aufklärung festzulegen, wurden folgende Kriterien ausgewählt:
Zahlenangaben Hintergrundinformationen und Aussageträger.
Über Hintergrundinformationen werden Gründe für die Entwicklung der Unternehmenssituation, für Unternehmensentscheidungen und -handlungen geliefert. Zahlenangaben belegen faktenmäßig die dargelegte Unternehmenssituation. Und letztendlich stützen Aussagen von unternehmensinternen oder -externen Personen die Angaben über die Medienunternehmen. Auch hier wurden Intensitätsstufen festgelegt. Die Skala reicht von 0=keine Aufklärung bis 3=hohe Aufklärungsquote. Je mehr der Kriterien zutrafen, desto höher wurde die Intensität. Es ergab sich für die Aufklärung ein allgemeiner Mittelwert von 2,03. Abbildung 20: Verständlichkeit und Grad der Aufklärung nach Phasen (MW) 3 2,8 2,6 2,4 2,2 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0
2,06
2,12
2,05
1,91
1,99
1,77
1,77
1,77
1,78
1,76
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
Verständlichkeit
Aufklärung
Grad der Verständlichkeit und Aufklärung; Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,999; F=0,024 und p=0,109; F=1,897; auf einer Intensitätsskala von 0=nicht vorhanden bis 3=hoch.
268
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Entgegen der theoretischen Annahme für die Wirtschaftsberichterstattung orientiert sich die Berichterstattung über Medienunternehmen nicht hin zu mehr Verständlichkeit. Die Beiträge weisen in allen Phasen auf gleich bleibendem Niveau eine gute Verständlichkeit (MW: 1,77) auf. Diese ändert sich innerhalb des betrachteten Zeitraums kaum. Die Aufklärungsquote zeigt dagegen andere Tendenzen. Sie steigt bis zur Phase 4 kontinuierlich von einem Mittelwert von 1,91 in Phase 1 auf 2,12 in Phase 4. Es zeigt sich somit ein Trend hin zu einer größeren Aufklärung bei der Berichterstattung über Medienunternehmen. Phase 4 stellt den Höhepunkt der Aufklärungsintensität dar. Von Zurückhaltung bei der Berichterstattung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann dahingehend nicht gesprochen werden. In Phase 5 fällt der Mittelwert wieder auf 2,05 und damit auf den Wert während des Medienbooms (2,06) zurück. Es scheint, dass die wirtschaftliche Krisensituation durch ihre extreme Ausprägung eine erhöhte Aufklärungsrate erfordert. Die kontinuierliche Entwicklung hin zu einer transparenteren Berichterstattung wird nach der Krisenphase unterbrochen oder auch nur auf den Normalwert zurückgefahren. Damit haben möglicherweise ökonomische Aspekte Einfluss auf den Aufklärungsgrad. Die höchsten Ausprägungen für Verständlichkeit und Aufklärung finden sich bei den Artikeln über Zeitschriftenverlage33. Die beiden anderen medialen Ebenen haben relativ ähnliche Werte34. Genauere Ergebnisse liefert die Differenzierung nach Beobachtungsformen im engen Distanzverhältnis. Innerhalb des Zeitungssektors folgt wiederum die Berichterstattung über das eigene Unternehmen anderen Kriterien als die übrigen Beobachtungsformen. Über das eigene Unternehmen wird mit dem höchsten Grad an Verständlichkeit, aber mit dem geringsten Aufklärungsgrad berichtet. Es wird also großer Wert darauf gelegt, dass der Rezipient den Beitrag auf sprachlicher Ebene versteht. Jedoch wird gleichzeitig nicht zu viel an Interna und Hintergrundinformationen des eigenen Hauses preisgegeben. Demgegenüber zeigen die Artikel über die direkte Konkurrenz zwar auch einen relativ hohen Grad an Verständlichkeit, jedoch findet sich hier die höchste Aufklärungsquote. Während also beim eigenen Haus eher Zurückhaltung geübt wird, wird am meisten Aufklärung über die anderen überregionalen Konkurrenten betrieben. Dieses Ergebnis korrespondiert mit den Resultaten, dass beim eigenen Unternehmen Zurückhaltung bei der Aufmerksamkeitsgenerierung (Kap. 3, 2) und bei der Komplexität der Darstellung der Rahmenfaktoren (Kap.3, 4) geübt wird.
33
Verständlichkeit (MW: 1,91) und Aufklärung (MW: 2,16) Verständlichkeit (direkt intramediale Ebene: MW 1,79; intermediale Ebene: MW 1,74); Aufklärung (direkt intramediale Ebene: MW2,02; intermediale Ebene: MW 2,01)
34
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
269
Abbildung 21: Verständlichkeit und Aufklärung nach Beobachtungsformen (MW) 3 2,8 2,6 2,4 2,2 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0
2,03 1,92
2,09
2,05
2,02
1,88 1,67
1,80
direkte indirekte direkte indirekte Selbstbeob. Selbstbeob. Konkurrenz Konkurrenz
Verständlichkeit
1,75
1,68
allgemeine Beob.
Aufklärung
Grad der Verständlichkeit und Aufklärung; Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,034; F=2,620 und p=0,507; F=0,829; auf einer Intensitätsskala von 0=nicht vorhanden bis 3=hoch.
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
Bei der Berichterstattung über die Medienbranche befinden sich die Journalisten auf einem schmalen Grat. Einerseits sollen sie gegenüber der Gesellschaft in transparenter, objektiver Weise über die Lage der Medienunternehmen informieren, andererseits finden sich die Journalisten in einer Loyalitätserwartung des Arbeitgebers. Dadurch besteht die Gefahr, dass Journalisten nicht immer den üblichen journalistischen Kriterien folgen, sondern aufgrund bestehender ökonomischer Verlagsinteressen ziel- und zweckgerichtet entscheiden und handeln. Inwieweit die Journalisten ihre Handlungen und Stellungnahmen für den Leser transparent machen, soll anhand der nächsten Kategorien erfasst werden.
270
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
5.2.1 Angabe der Recherchequelle
Donges & Jarren (2002) unterscheiden verschiedene Arten der Wahrnehmung, Verarbeitung und Vermittlung von Informationen. Dabei besteht auch die Möglichkeit, dass die Informationen von den Journalisten weniger nach ihrer publizistischen Relevanz, sondern vorrangig mit Blick auf die jeweiligen Interessen der Zielgruppen beschafft, verarbeitet und vermittelt werden. (Donges & Jarren, 2002, S. 78) In gleicher Weise könnten auch ökonomische Interessen diese Arbeitsprozesse beeinflussen. Als Indikator für das Ausmaß einer neutralen und transparenten Berichterstattung wurde das Ausmaß der Eigenrecherche identifiziert. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Journalisten in Fällen, in denen ihr Medium oder ihr Verlag selbst betroffen ist, weniger investigativ tätig werden könnten und statt dessen vielleicht eher auf allgemein verfügbares Agenturmaterial zurückgreifen würden. Die Transparenz der Recherchequelle kann daher indirekt darüber nachgewiesen werden, inwieweit die Artikel über Medienunternehmen auf Eigenrecherche beruhen und wie transparent die Recherchequelle jeweils angegeben wird. Ein Journalist übernimmt durch eine namentliche Nennung unter einen Artikel die volle Verantwortung und setzt sich auch der Kritik offen aus. Weniger offen ist die Nennung eines Kürzels oder gar des Redaktionskürzels, bei der die gesamte Redaktion hinter dem Artikel steht. Am anonymsten und ´ungefährlichsten` ist der Rückgriff auf Agenturmaterial. Recherchequelle nach Phasen Jeske & Barbier stellten 1997 fest, dass bei den meisten deutschen Tageszeitungen Nachrichtenagenturen eine der Hauptinformationsquellen darstellen und Wirtschaftsjournalisten oft den Verlautbarungen bzw. PR-Maßnahmen von Unternehmen und Verbänden erliegen (S. 41). Nach einem Forschungsbericht von Medien-Tenor35 (Nr. 119 vom 29.04.2002, S. 66) trifft dies jedoch hauptsächlich auf regionale Blätter zu. Qualitätszeitungen sollen, zumindest im Wirtschaftsressort, grundsätzlich mehr auf Eigenrecherche setzen. Der Frage, ob dies auch für die Unternehmensberichterstattung im Mediensektor zutrifft, soll daher nachgegangen werden. Die Untersuchung ergibt, dass bei der Recherchequelle überwiegend der Journalist mit Kürzel (32,4 Prozent) genannt wird. Doch zu 27,0 Pro35
Der Fachdienst Medien Tenor hat in seinem Forschungsbericht Nr.119 die Nutzung von Agenturmaterial in vier überregionalen Tageszeitungen (Die Welt, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung) untersucht. Unter der Überschrift "Am Tropf der Agenturen" werden Ergebnisse einer Untersuchung der Politik- und Wirtschaftsressorts in den Jahren 2000 und 2001 vorgestellt.
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
271
zent wird der Journalist auch namentlich angegeben. Wenn man noch die redaktionellen Artikel (8,6 Prozent) dazuzählt, stammen somit über die Hälfte (68,0 Prozent) der Artikel aus dem eigenen Haus. Auf fremde journalistische Quellen, insbesondere auf Nachrichtenagenturen sind 24,3 Prozent der untersuchten Artikel zurückzuführen.36 Der erste Eindruck deutet darauf hin, dass bei den untersuchten überregionalen Tageszeitungen der Anteil an Eigenrecherche relativ hoch ist. Daher soll zusätzlich festgestellt werden, ob sich durch die unterschiedlichen ökonomischen Gegebenheiten auch der wirtschaftliche Druck auf die Medienunternehmen veränderte und sich dieser Druck auch auf der Redaktionsebene insofern auswirkte, dass weniger oder vermehrt eigenrecherchiert wird. Dazu wird innerhalb des Untersuchungszeitraums der Grad der Eigenrecherche in Bezug auf die identifizierten wirtschaftlichen Phasen betrachtet. Abbildung 22: Recherchequelle nach Phasen 100
4,9 0,5
2,6 2,6
0,4 2,2
1,4
90 80
24,2
22,9
1,0
1,9 18,3
25,1
31,6 7,5 4,8
70
11,8
11,7 60
7,7 29,9
50
39,9
27,8 40
33,0 31,6
30 29,0 20
25,9
0
29,1 21,9
10
28,6
9,5
6,3
2,0
Phase 1
Phase 2
Phase 3
1,9
0,5
Phase 4
Phase 5
keine Angaben
Journalist namentlich
Journalist: Kürzel
Nachrichtenagentur
Mischform
Sonstiges
redaktionell
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=24; chi2-Wert=70,433; 17,1% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf. 36
Mischformen kamen nur zu 2,5 Prozent vor. Nur 4,2 Prozent der Beiträge sind gar nicht gekennzeichnet.
272
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Bei der Berichterstattung über Medienunternehmen steht nach den Ergebnissen der Studie die Eigenrecherche von Journalisten im Vordergrund. In allen Phasen überwiegt dabei die Nennung des Journalisten mit Kürzel. Überraschend ist, dass ausgerechnet in der Zeit des wirtschaftlichen Wachstums, in den Phasen 2 und 3, zu einem hohen Prozentsatz (31,6 Prozent und 24,2 Prozent) Nachrichtenagenturen als Quelle herangezogen werden. Da in dieser Zeit die Medienredaktionen ausgebaut wurden, hätte man eher von einer vermehrten Berichterstattung durch die Medienjournalisten selbst ausgehen können. Genau das ist aber nicht der Fall. In der Krisenphase nimmt der Anteil an Eigenrecherche wieder deutlich zu (69,0 Prozent), die Nennung von Nachrichtenagenturen als Quelle geht auf 18,3 Prozent zurück. In der Zeit der Krise wird also mehr eigenrecherchiert und zudem die Quelle transparenter offen gelegt als während aller übrigen Phasen. Allerdings liegt in dieser Zeit der Anteil der Nennung des Journalisten mit Kürzel mit 39,9 Prozent am höchsten und nicht die namentlichen Nennung. Gerade bei wirtschaftlich brisanten Themen besteht der größte Druck und damit auch die größte Gefahr, der ´Nestbeschmutzung` bzw. ´Konkurrenzbeschimp-fung` beschuldigt zu werden. Kennzeichnend ist daher auch, dass der Anteil an redaktionellen Beiträgen in der Krisenzeit gegenüber der Boomphase (Phase 3) wieder um ca. die Hälfte auf 7,5 Prozent zunimmt. In Phase 5 nähern sich die Werte wieder denen der (Konsolidierungs-)phase 1 an. Ein Viertel der Beiträge geht also wieder auf Agenturmeldungen zurück, während sich der Grad der Eigenrecherche insgesamt erhöht und die Quelle fast immer genannt wird. Die Transparenz der Recherchequelle erhöht sich also gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten. Ökonomische Bedingungen scheinen sich somit auch auf den Grad der Eigenrecherche auszuwirken. Recherchequelle nach medialen Ebenen
Bei Artikeln über Zeitungsunternehmen wird dabei am meisten eigenrecherchiert (75,4 Prozent gegenüber 68,8 Prozent bei Zeitschriftenverlagen und 64,7 Prozent bei Rundfunkunternehmen), wobei hier der Anteil der redaktionellen Meldungen dreimal so hoch (17,4 Prozent) ist wie bei Artikeln über Zeitschriften- (6,4 Prozent) oder Rundfunkunternehmen (5,1 Prozent). Werden Beiträge mit dem Redaktionskürzel gekennzeichnet, so steht dahinter nicht allein der Journalist, sondern die gesamte redaktionelle Abteilung. Eine konkrete Zuordnung, wer den Artikel geschrieben hat, ist dadurch nicht möglich. Die Verantwortung für den Beitrag wird an die Redaktion abgegeben. Scheuen sich Journalisten etwa davor, sich hinter den Artikel zu stellen? Oder stecken etwa Verlautbarungen der hausinternen PR-Abteilungen dahinter? Die Frage lässt sich hier jedoch nicht beant-
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
273
worten. Agenturmeldungen werden bei Artikeln über Zeitungen zwar am geringsten verwendet (19,4 Prozent gegenüber 22,9 Prozent bei Zeitschriftenverlagen und 26,7 Prozent bei Rundfunkunternehmen), jedoch werden bei Eigenrecherche die Journalisten hier am wenigsten namentlich genannt (21,9 Prozent gegenüber 25,7 Prozent bei Zeitschriftenverlagen und 29,5 Prozent bei Rundfunkunternehmen). Trotz größerer Eigenrecherche ist im eigenen Medienbereich somit die Transparenz geringer. Bei Artikeln über Rundfunkunternehmen zeigt sich demgegenüber die größte Transparenz, jedoch wird hier am häufigsten auf Nachrichtenagenturen als Quelle zurückgegriffen. Angesichts der Fülle an Informationen ist der Journalist vermutlich gerade bei Ereignissen in anderen Medienbereichen oft auf diese Informationsquellen angewiesen. Recherchequelle nach Beobachtungsformen
Während sich bei den medialen Ebenen noch keine allzu gravierenden Unterschiede hinsichtlich der Transparenz zeigen, weisen innerhalb des Zeitungssektors die Selbst- und Konkurrenzbeobachtung stark gegensätzliche Merkmale auf. Bei den Beiträgen über das eigene Haus findet man den höchsten Wert an Eigenrecherche. Nur 11,7 Prozent der Beiträge beruhen auf Agenturmeldungen. Aufgrund der absoluten Nähe zum Berichterstattungsobjekt war auch zu erwarten, dass kaum auf offizielle Meldungen von Nachrichtenagenturen zurückgegriffen werden muss und mehr selbst recherchiert wird. Doch trotz dieses hohen Maßes an Eigenrecherche findet sich hier die geringste Transparenz, denn bei fast der Hälfte der Artikel wird als Quelle die Redaktion (46,8 Prozent) genannt. Sieht man die namentliche Nennung als Indiz für eine transparente Quellennennung, so zeigt sie sich hier in sehr geringem Maße. Journalisten als Urheber der Artikel kommen zwar zu 37,7 Prozent vor, davon sind aber nur 7,8 Prozent namentlich genannt. Es ist eher eine gewisse Zurückhaltung zu erkennen, da der Journalist nur selten als Autor des Beitrags persönlich in Erscheinung tritt. Für die Dominanz der redaktionelle Artikel kann es verschiedene Gründe geben. Entweder handelt es sich um offizielle Verlautbarungen der Redaktion oder der einzelne Journalist will nicht die Verantwortung übernehmen und verschanzt sich hinter der Redaktionsnennung. Außerdem kann hier auch der Einfluss hausinterner PRAbteilungen zum Tragen kommen. Die tatsächlich dahinter stehenden Gründe könnten jedoch nur über eine Befragung der betroffenen Redakteure geklärt werden.
274
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Abbildung 23: Recherchequelle nach Beobachtungsformen 100 90
1,3
1,3
0,6
1,0
4,8
11,7 21,9
30,4
19,6
31,6
80 6,6
3,6
70 46,8 60
1,0
5,6
15,9 38,1
50
21,9
43,7 26,1
40 30 29,9
29,1
20 10 0
30,4
23,2
23,2
4,3
3,3
3,0
indirekte Selbstbeobachtung
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
7,8 2,6 direkte Selbstbeobachtung
9,7
keine Angaben
Journalist namentlich
Journalist: Kürzel
Nachrichtenagentur
Mischform
Sonstiges
allgemeine Beobachtung
redaktionell
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=24; chi2-Wert=173,118; 34,3% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Mit zunehmender Distanz zur berichtenden Zeitung nimmt die Quellentransparenz kontinuierlich zu. Die namentliche Nennung des Journalisten als Quelle steigt von 7,8 Prozent bei der direkten Selbstbeobachtung bis auf 29,1 Prozent bei der allgemeinen Beobachtung. Während beim eigenen Unternehmen fast 50 Prozent der Beiträge redaktionelle Artikel sind, wird die Redaktion bei der Konkurrenz nur zwischen 6,6 und 3,6 Prozent als Recherchequelle genannt. Somit spielt die redaktionelle Kennzeichnung nur bei den Selbstbeobachtungsformen eine Rolle, wobei sie bei den Beiträgen über das eigene Haus (46,8 Prozent) ca. dreimal häufiger verwendet wird als bei den eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung: 15,9 Prozent). Fasst man die Artikel mit Journalistenkennzeichnung und redaktionell gekennzeichnete Artikel unter ´Eigenrecherche` zusammen, so finden sich die geringsten Werte für Eigenrecherche bei
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
275
der allgemeinen Beobachtung (56,6 Prozent) und der indirekten Selbstbeobachtung (65,2 Prozent). Hier wird zu ca. 30 Prozent Material von Nachrichtenagenturen verwendet. Bei den wirtschaftlich entfernteren regionalen und lokalen Zeitungen wird eventuell nur der kostengünstigstere Weg gewählt, indem einfach Agenturmeldungen übernommen werden. Dies mag auch bei den Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung) der Grund sein. Oder man greift auf die Pressemitteilungen der wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen über Nachrichtenagenturen zurück, um deren PR-gesteuerte Außendarstellung zu unterstützen. Bei den Beiträgen über direkte überregionale Konkurrenten und deren Beteiligungsunternehmen wird zwar auch in hohem Maße Eigenrecherche betrieben (73,5 und 72,1 Prozent), jedoch wird hier mit ca. 20 Prozent doppelt so oft auch auf Meldungen der Nachrichtenagenturen zurückgegriffen wie beim eigenen Unternehmen. Gegenüber der direkten Selbstbeobachtung zeigt sich bei der Konkurrenz jedoch eine weitaus größere Transparenz, denn bei fast 70 Prozent der Artikel werden die Journalisten selbst als Quelle genannt. Diese Diskrepanzen zur direkten Selbstbeobachtung können als Indiz gewertet werden, dass Recherchequellen zweckgebunden nach ökonomischen Eigeninteressen eingesetzt worden sind. 5.2.2 Wirtschaftliche Zuordnung des Berichterstattungsobjekts
Medienunternehmen können ihr eigenes Medium mitunter auch für eigene Interessen einspannen. Sie können auf ihre Produkte aufmerksam machen oder es zur positiven Außendarstellung nutzen. Daneben kann ein Medienunternehmen Selbstberichterstattung auch dazu nutzen, um offensiv einfach Eigenwerbung zu betreiben und zwar nicht nur für das eigene Unternehmen, sondern auch für Beteiligungsunternehmen oder andere Produkte des eigenen Verlags bzw. Konzerns. Dies ist jedoch tolerierbar, sofern der Leser das dargestellte Produkt oder Unternehmen dem entsprechenden Verlag oder Konzern zuordnen kann. Andernfalls kann der Journalist Partei ergreifen, ohne dass der Leser von der Beziehung weiß. Dies würde auf mangelnde Transparenz in der Berichterstattung über Medienunternehmen hindeuten. Schwierigkeiten entstehen vor allem bei Zugehörigkeiten zu einem großen Medienkonzern (z.B. Zugehörigkeit der ´Welt` zum Axel-Springer-Konzern), da hier die Beziehungen für den Leser nicht immer so eindeutig sind wie zum Beispiel die Zuordnung der ´Süddeutschen Zeitung` zum ´Süddeutschen Verlag`, die rein begrifflich offensichtlich ist. Konzernverbindungen und auch crossmediale Verflechtungen, die meist nicht allgemein bekannt sind, können bei der Berichterstattung Eigeninteressen der berichtenden Zeitung vermuten lassen, insofern sie nicht transparent dargelegt werden. Es ist
276
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
gerade deshalb von Interesse, ob Verflechtungen zur berichtenden Zeitung oder sonstige Zugehörigkeiten in der Berichterstattung offen gelegt werden. In der Untersuchung werden nur die Artikel beachtet, die nicht den Konzern oder den Verlag selbst betreffen, da sich hier die Zuordnung schon durch die Nennung des Berichterstattungsobjektes ergibt. Es werden lediglich die Medienprodukte anvisiert, die ihre jeweilige Zugehörigkeit zu einem Konzern, Verlag, einer Mediengruppe, etc. nicht erkennen lassen. So ist z.B. nicht per se zu erkennen, dass der Süddeutsche Verlag (bis 1994) an dem Sender „Vox“ beteiligt war. Wird dem Hauptakteur sein ´wirtschaftlicher Überbau` im Text namentlich zugeordnet, fördert dies die Transparenz der Berichterstattung und der Leser kann Informationen besser einordnen. Nur in 616 der 1048 Beiträge, konnte – entsprechend oben genannter Kriterien - überhaupt eine Zuordnung zu dem jeweiligen ökonomischen Überbau vorgenommen werden. Jedoch lediglich in 42 Prozent dieser 616 Artikel wird tatsächlich eine Zuordnung vorgenommen. Dieses Ergebnis spricht gegen eine transparente Darstellung der wirtschaftlichen Verbindungen. Über den Untersuchungszeitraum hinweg lässt sich jedoch bis zur Phase 4 eine stetig steigende Transparenz feststellen (von 37,5 Prozent in Phase 1 bis 47,1 Prozent in Phase 4). Erst in Phase 5 wird die wirtschaftliche Zugehörigkeit wieder deutlich weniger genannt (40,7 Prozent). Der Wert fällt fast wieder auf den Anfangswert im Untersuchungszeitraum zurück. Die beiden Konsolidierungsphasen weisen somit wieder ähnliche Werte auf, was auf den Einfluss ökonomischer Bedingungen auf die Berichterstattung schließen lässt. Am transparentesten für den Leser erweist sich die Berichterstattung über Zeitschriftenunternehmen (p=0,623). Hier werden zu 68,9 Prozent Zuordnungen zu einem Verlag oder Konzern vorgenommen. Ansonsten erfolgt eine Zuordnung eher bei Zeitungen (48,5 Prozent) als bei Rundfunksendern (38,0 Prozent). Damit ist die Transparenz bei der Berichterstattung über den Printbereich eher gewährleistet als in Bezug auf Rundfunkunternehmen. Innerhalb des Zeitungssektors wird vor allem bei der direkten überregionalen Konkurrenz und ihren Beteiligungsunternehmen (50,0 und 48,1 Prozent) am häufigsten eine Zuordnung zum übergeordneten Verlag oder Konzern genannt. Ob hier mehr Wert auf größere Transparenz gelegt wird oder ob diese Zuordnung einen bestimmten Zweck verfolgt, kann hier nicht geklärt werden. Jedoch ist der Unterschied zu der Berichterstattung über das eigene Unternehmen nur gering (46,2 Prozent), so dass zumindest bei den Beiträgen über die überregionalen Zeitungen (direkte Beobachtungsformen) von einer größeren Transparenz bei der Darstellung ihrer Verlagszugehörigkeit auszugehen ist. Wesentlich weniger dagegen wird die Zugehörigkeit bei den eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeo-
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
277
bachtung: 40,9 Prozent) und der allgemeinen Beobachtung (37,9 Prozent) erwähnt. 5.2.3 Konkretisierung der Unternehmensdarstellung durch Zahlenangaben
Gerade bei der Veröffentlichung der wirtschaftlichen Situation der Medienunternehmen werden die publizistische Tätigkeit des Journalismus und die Unternehmensökonomie miteinander verknüpft. Für den Fortbestand des Unternehmens kann es dabei von äußerster Brisanz sein, was über die Unternehmenssituation nach außen dringt und wie transparent sie dargestellt wird. Transparenz über die aktuelle Marktlage der dargestellten Medienunternehmen kann vor allem über die Offenlegung von Unternehmenszahlen stattfinden. Bei der klassischen Wirtschaftsberichterstattung geht der Trend hin zu einem sparsameren Umgang mit (Prozent-)Zahlen und schwierigen Daten, da oftmals unverständlich am Leser vorbei geschrieben wurde (siehe Kap. 1, 3.3.3). Von daher ist interessant, wie transparent die Unternehmenssituation über Zahlenangaben dargestellt wird. Daneben wurde auch die Bewertungsrichtung mit erhoben, um herauszufinden, ob positive bzw. negative Zahlen möglicherweise gezielt eingesetzt werden. Zahlenangaben erscheinen in fast zwei Drittel (63,9 Prozent) aller Artikel und hier mit vorwiegend positiver Bewertungsrichtung (35,1 Prozent). 24,3 Prozent hatten eine negative Tendenz und 20,4 Prozent eine ambivalente. Betrachtet man die Häufigkeitsverteilung über die Phasen hinweg, so kristallisiert sich eine stetige Zunahme von Zahlenangaben heraus, von 56,6 Prozent in Phase 1 bis auf 74,9 Prozent in Phase 5. Somit scheint sich die Berichterstattung über Medienunternehmen hier nicht nach den gleichen Kriterien zu entwickeln wie die ´normale` Wirtschaftsberichterstattung, bei der laut Literatur die Nennung von Zahlen und schwierigen Daten im Text abgenommen haben soll (Jeske & Barbier, 1997, S. 15; BDZV, 2002, S. 16). Die stetige Zunahme von Daten und Fakten deutet auf eine generelle Entwicklung zu mehr Zahlenangaben bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen. Die Wertungsrichtung der Zahlen zeigt zudem, dass die Angaben weitgehend die jeweilige Konjunkturlage der Medienbranche widerspiegeln. Erwartungsgemäß überwiegen während des kontinuierlichen wirtschaftlichen Aufschwungs in den Phasen 2 und 3 die Zahlen mit positiver Tendenz (29,6 und 26,4 Prozent). Erstaunlich ist nur, dass die Wertungstendenz in der Boomphase (Phase 3) nicht auch die höchsten positiven Werte enthält, obwohl es hier den Medienunternehmen am besten geht. Ein ähnliches Ergebnis ergab sich schon bei der Kategorie ´Erfolg/Schaden`. Auch hier wurde ´Erfolg` in Phase 3 nicht in einem so hohen Maß genannt wie erwartet (siehe Kap. 3, 4.3.3). In Phase 4 dreht sich das Ver-
278
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
hältnis der Wertung um. Es finden sich zu 23,9 Prozent negative Zahlen und nur noch zu 14,6 Prozent positive Wertungen. Dies korrespondiert ebenfalls mit obigem Ergebnis, dass in der Krisenphase vermehrt ´Schaden`, aber dennoch auch ´Erfolg` genannt wird (siehe Kap. 3, 4.3.3). In der Konsolidierungsphase (Phase 5) zeigt sich nicht nur eine höhere Zahlennennung, sondern auch eine eindeutige Tendenz wieder hin zu mehr positiv konnotierten Zahlen (23,2 Prozent), auch wenn zu 17,7 Prozent gleichzeitig negative Wertungen zu verzeichnen sind. Während die Wertungstendenzen der Zahlenangaben durchaus eine Korrelation zu den wirtschaftlichen Phasen aufzeigen, deuten weitere Differenzierungen darauf hin, dass die Zahlen im ökonomischen Wettbewerb zielgerichtet eingesetzt werden. Abbildung 24: Zahlenangaben nach Phasen 100 12,2
12,2
9,5
12,2
11,2
13,4
14,1
90 80
16,7
11,3 17,2
70
14,6
18,5 29,6
60
26,4 23,2
50
13,7
23,9 9,2
40
13,0 17,7
30 20
43,4
37,8
37,7
36,2 25,1
10 0 Phase 1
Phase 2
nicht vorhanden überwieg. positive Zahlen Sonstiges
Phase 3
Phase 4
Phase 5
überwieg. negative Zahlen zu gleichen Anteilen pos./neg. Zahlen
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=16; chi2-Wert=49,029; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Hinsichtlich der Darstellung der Unternehmen aus den verschiedenen Medienbereichen ergeben sich keine großen Unterschiede. Über Rundfunkunternehmen
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
279
werden insgesamt weniger Zahlenangaben (63,9 Prozent) gemacht als über Printunternehmen (69,8 und 71,6 Prozent). Auffällig ist lediglich, dass im Rundfunkbereich weniger positiv konnotierte Zahlen (22,4 Prozent) zu finden sind als im Printbereich (27,4 Prozent und 28,4 Prozent). Allerdings sind die Unterschiede nicht so groß, dass auf eine gezielte Einflussnahme geschlossen werden kann. Die Betrachtung der Beobachtungsformen innerhalb des Zeitungssektors ergibt allerdings ein wesentlich differenzierteres Bild. Abbildung 25: Zahlengaben nach Beobachtungsformen 100 90 80
15,6 5,2
8,7
15,9
12,5
13,3
13,1
10,7
13,0 15,9
70
19,4
26,1 60
23,8
17,9 49,4
50 40 30
17,9
20,2
32,5
30,4
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
6,5 43,5
20 10
14,3
8,7
42,3
23,4
0 direkte indirekte Selbstbeobachtung Selbstbeobachtung
allgemeine Beobachtung
nicht vorhanden
überwiegend neg. Zahlen
überwiegend pos. Zahlen
zu gleichen Anteilen neg./pos. Zahlen
Sonstiges
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=16; chi2-Wert=50,145; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Ganz deutlich setzt sich hier – wie bei anderen Kategorien – die direkte Selbstbeobachtung von den anderen Beobachtungsformen ab. Über die eigene Zeitung werden am meisten Zahlen (76,6 Prozent) veröffentlicht, was daran liegen könnte, dass Daten des eigenen Unternehmens leichter zugänglich sind. Jedoch weist hier fast die Hälfte der Artikel (49,4 Prozent) Zahlen mit positiver Tendenz auf.
280
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Lediglich 6,5 Prozent der Zahlen sind negativ, 5,2 Prozent ambivalent oder neutral. Es liegt die Vermutung nahe, dass Zahlenangaben für ökonomische Zielsetzungen des eigenen Unternehmens benutzt werden, indem die wirtschaftliche Lage des eigenen Hauses über Zahlen vorwiegend positiv dargestellt wird. Demgegenüber werden über die anderen überregionalen Konkurrenzunternehmen am wenigsten positive Zahlen veröffentlicht (17,9 Prozent). Dafür finden sich bei der Konkurrenz (17,9 Prozent) und bei deren Beteiligungsunternehmen (20,2 Prozent) die höchsten Werte für negative Zahlenangaben. Bei den eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung) werden demgegenüber am wenigsten Zahlen überhaupt veröffentlich, obwohl hier aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtung ebenfalls ein leichterer Zugang zu Zahlenmaterial zu erwarten wäre. Wenn aber doch eine Angabe erfolgt, so sind auch hier die Zahlen eher positiv (26,1 Prozent). Als synergetischer Effekt werden also auch die Unternehmen, an denen die berichtende Zeitung beteiligt ist, über positive Zahlenangaben aufgewertet. Ein zielgerichteter Einsatz von Zahlenangaben aufgrund des Konkurrenzaspektes kann deshalb angenommen werden. Während das eigene Haus und auch dessen Beteiligungsunternehmen vor allem über positive Zahlen und Daten dargestellt werden, werden die Konkurrenten und deren Beteiligungsunternehmen eher ambivalent bewertet, indem positive und negative Zahlen etwa im gleichen Maß aufgeführt werden. 5.2.4 Gründe für ´Erfolg` und ´Schaden`
Nachrichtenfaktoren des ´Positivismus` bzw. ´Negativismus` treten z.B. durch Faktoren wie ´Erfolg` oder ´Schaden` hervor, die oft ausschlaggebend für die Thematisierung sind. Sie gelten als Selektionskriterien. Werden diese stark emotional besetzten Faktoren jedoch in einem Beitrag über Medienunternehmen erwähnt, so befinden sich die Journalisten in einem sehr sensiblen Bereich. Von Interesse in Hinblick auf die Transparenz ist vor allem, welche Gründe für den ´Erfolg` und ´Schaden` eines Medienunternehmens genannt werden. Die Nennung von Gründen ist nicht nur ein Indiz für eine transparente Berichterstattung über Medienunternehmen, sondern sie entscheidet auch in hohem Maße mit, wie die Rezeption erfolgt, d.h. wer für ´Erfolg` oder ´Misserfolg` ´verantwortlich` gemacht wird. Ist es das Unternehmen selbst oder liegen die Gründe etwa in der wirtschaftlichen Lage oder bei anderen äußeren Einflüssen? Je nachdem wie ein ´Erfolg` oder ´Schaden` präsentiert wird, wird auch das Unternehmen beurteilt: ob es als wirtschaftlich stark und stabil beurteilt wird oder ob ihm eventuell Fehlentscheidungen zugeordnet werden, die das Vertrauen in das Unternehmen erschüttern. In folgender Analyse werden als Gründe für ´Erfolg` ´externe und
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
281
interne Faktoren`, ´Zufall`, ´Eigennutz` und ´Fremdeinfluss` betrachtet. In Sachen ´Schaden` richtet sich der Fokus auf ´externe und interne Faktoren`, ´Zufälle`, ´Unterlassung/Passivität`, ´Fehlentscheidung und Fremdeinfluss`. Gründe für ´Erfolg`und ´Schaden` nach Phasen Tabelle 3: Gründe für ´Erfolg` nach Phasen Phase Gründe Erfolg
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4 Phase 5
¦
n=99
n=118
n=124
n=98
n=101
n=540
HF in %
HF in %
HF in %
HF in %
HF in %
HF in %
externe Faktoren Zufall/ glückl.Umstände int./individuelle Faktoren
22,2
10,1
10,5
27,6
18,8
18,5
17,2
10,1
10,5
13,3
17,8
14,8
51,5
61,9
68,5
56,1
49,5
58,1
Eigennutz
6,1
1,7
4,0
0
5,9
3,5
Fremdeinfluss
3,0
4,2
6,5
3,1
7,9
5,0
Gesamt
100
100
100
100
100
100
Basis:540 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test signifikant, p=0,022; df=16; chi2-Wert= 29,348; 28,0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf;
Insgesamt überwiegen zwar bei ´Erfolgen` in allen Phasen die Begründungen mit internen bzw. individuellen Faktoren der Medienunternehmen, sie werden jedoch verstärkt in den Zeiten des Medienwachstums, also Phase 2 (61,9 Prozent) und Phase 3 (68,5 Prozent) eingesetzt. Diese Angaben zielen verstärkt auf die Eigenverantwortung der Medienunternehmen, da die Gründe für positive Entwicklungen mehr im eigenen Unternehmensbereich gesehen werden. ´Externe Faktoren` und ´Zufälle` kommen nur sehr zurückhaltend vor, wobei sie sich in der Krisenphase (Phase 4) aber fast verdreifachen (27,6 Prozent). Auch ´Zufälle` werden in den beiden letzten Phasen öfter genannt (13,3 und 17,8 Prozent). Dies betont den Charakter des ´Unvorhersehbaren`, ´Nicht Planbaren` in der Krisenphase, wie es auch schon bei der Kategorie ´Nachrichtenfaktor Überraschung` (siehe Kap. 3, 4.3.1) festgestellt wurde. In Phase 4 werden ´interne Faktoren` zwar ca. 13 Prozent weniger genannt, aber immer noch zu einem hohen Prozentsatz (56,1 Prozent). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in wirtschaftlich guten Phasen über die Angabe interner Gründe vermehrt die Eigenleistung betont wird und in
282
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
wirtschaftlich schlechten Phasen die Gründe für ´Erfolg` daneben auch vermehrt in externen Einwirkungen gesehen werden. Tabelle 4: Gründe für ´Schaden` nach Phasen Phase Gründe Schaden
¦
Phase 1 Phase 2 Phase 3
Phase 4
Phase 5
n=95 n=83 n=80 HF in % HF in % HF in %
n=120 HF in %
n=106 n=484 HF in % HF in %
externe Faktoren Zufall/unglückliche Umstände int./individuelle Faktoren
36,8
31,3
25,0
31,7
33,0
31,8
4,2
6,0
7,5
11,7
7,5
7,6
38,9
36,1
33,8
33,3
38,7
36,2
Fehlentscheidung
2,1
9,6
7,5
8,3
3,8
6,2
Unterlassung/ Passivität
2,1
2,4
2,5
0
3,8
2,1
Fremdeinfluss
15,8
14,5
23,8
15,0
13,2
16,1
Gesamt
100
100
100
100
100
100
Basis:484 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test nicht signifikant, p=0,391; df=20; chi2-Wert=21,100; 20,0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf;
Während für ´Erfolge` weitgehend unternehmensinterne Entscheidungen und Vorgänge verantwortlich gemacht werden, wird ein ´Schaden` fast durchweg zu fast gleichen Teilen mit internen und externen Faktoren begründet, wobei die internen Faktoren leicht überwiegen. Einzig in den beiden wirtschaftlichen Extremphasen (Phase 3 und 4) kommt es zu auffälligeren Verschiebungen. In der Boomphase werden bei ´Schaden` deutlich weniger externe Faktoren genannt (25,0 Prozent). Dafür erhöht sich als Begründung für den ´Schaden` der Faktor ´Fremdeinfluss` gegenüber den anderen Phasen um fast 9 Prozent. Somit werden die Misserfolge mit Einwirkungen von außen (´Fremdeinfluss`) begründet. Externen Faktoren, wie zum Beispiel der aktuellen konjunkturellen Lage, wird dagegen weniger eine Auswirkung in Form irgendwelcher ´Schäden` zugeschrieben. In der Krisenphase werden in etwa im gleichen Maß interne und externe Gründe angeführt wie in den anderen Phasen. Jedoch wird ´Zufall` als Grund hier etwa 3 Prozent häufiger angeführt als in den restlichen Phasen, so dass die Ursachen für den ´Schaden` in der Krisenzeit mehr als sonst als nicht
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
283
vorhersehbar und zufällig eingestuft werden. Eine ´Unterlassung` oder ´Passivität` von Unternehmensseite wird hier überhaupt nicht genannt, obwohl diese gerade in einer wirtschaftlichen Krisenzeit zu erwarten wären. ´Fehlentscheidungen` werden insgesamt nur unter 10 Prozent erwähnt. Lediglich in den beiden Konsolidierungsphasen spielen sie als Begründung des ´Schadens` nur marginal eine Rolle (2,1 und 3,8 Prozent). Insgesamt kann man festhalten, dass die ökonomische Gesamtsituation nur geringen Einfluss auf die ´Schuldzuweisung` für Schaden hat. Gründe für ´Erfolg`und ´Schaden`nach medialen Ebenen und Beobachtungsformen
Möglicherweise hat der Konkurrenzaspekt aber Einfluss darauf, welche Gründe für ´Erfolge` oder ´Schäden` bei den Unternehmen der verschiedenen Mediensektoren angegeben werden. Auf die eventuell dahinterstehenden Intentionen weisen die Differenzierungen nach medialen Ebenen und Beobachtungsformen. Unterschiede zeigen sich zunächst lediglich zwischen dem Print- und dem Rundfunkbereich. Bei Rundfunkunternehmen (intermediale Ebene) werden sowohl für ´Erfolg` als auch für ´Schaden` weniger interne Faktoren verantwortlich gemacht als bei Printunternehmen. Demgegenüber wird bei Verlusten (´Schaden`) mehr die Eigenverantwortung betont (´interne Faktoren`). Wenn nun Verluste eher mit internen Entscheidungen erklärt werden und Gewinne/Erfolge mehr auf externe Einflüsse zurückgeführt werden, dann wird das unternehmerische Potential des Medienunternehmens in Frage gestellt, da nur die Verantwortung für negative Entwicklungen dem Unternehmen zugesprochen wird. Dass möglicherweise ein gezielter Einsatz der Begründungen für ´Erfolg` oder ´Schaden` erfolgt, darauf weisen noch deutlicher die Differenzierungen innerhalb des Zeitungssektors hin. Speziell die Berichterstattung über das eigene Unternehmen scheint hier eigenen Kriterien zu folgen. ´Erfolg` wird beim eigenen Haus zu fast 75 Prozent mit internen Faktoren in Verbindung gebracht, externe Faktoren werden nur marginal erwähnt (2,6 Prozent). Die anderen Beobachtungsformen setzen sich durch eine gänzlich andere Verteilung davon ab. Jedoch steigt hier im engen Distanzverhältnis die Nennung von internen Faktoren mit zunehmender Distanz zum Berichterstattungsobjekt von 43,9 Prozent bei den eigenen Beteiligungsunternehmen bis auf 62,7 Prozent bei den regionalen und lokalen Zeitungen (allgemeinen Beobachtung). Im Gegenzug nimmt der Anteil der externen Faktoren ab, von 34,1 Prozent bei der indirekten Selbstbeobachtung bis auf 15,7 Prozent bei der allgemeinen Beobachtung.
284
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Abbildung 26: Gründe für ´Erfolg` nach Beobachtungsformen 100
3,8
4,9
1,9
10,4
1,2
4,7
2,9
1,0
90 6,0
80 43,9
70
60,5
60
62,7
46,3
73,6
50 17,1
40
13,4
30
10,5 17,6
20 10 0
34,1 15,1
23,9
23,3 15,7
5,7 direkte Selbstbeobachtung
indirekte Selbstbeobachtung
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
externe Faktoren
Zufall/glückl. Umstände
Eigennutz
Fremdeinfluss
allgemeine Beobachtung
interne/individuelle Faktoren
Basis: 349 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test signifikant, p=0,010; df=16; chi2-Wert=31,989; 40,0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Dadurch, dass sich die direkte Selbstbeobachtung so eindeutig von allen übrigen Beobachtungsformen absetzt, liegt die Vermutung einer bewussten Determinierung nahe. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass bei den direkten Konkurrenzunternehmen im Zusammenhang mit ´Erfolg` ´externe Faktoren` als Ursache für den ´Erfolg` viermal so oft und ´interne Faktoren` fast um die Hälfte weniger vorkommen als beim eigenen Unternehmen. Zudem werden egoistische Motive (´Eigennutz`) oder Einflüsse außerhalb des Unternehmens (´Fremdeinfluss`) bei der Konkurrenz mehr als doppelt so häufig erwähnt wie bei allen anderen Beobachtungsformen. Die unterschiedliche Gewichtung der Gründe für ´Erfolge` scheint sich somit auf das Verhältnis ´eigenes Haus` und ´direktes Konkurrenzunternehmen` zu verdichten. Während das eigene Haus weitgehend so dargestellt wird, dass es seine Erfolge aus eigener Kraft und auf eigene Initia-
5.2 Transparenz bei der Darstellung von Medienunternehmen
285
tive erreicht hat und und somit eine Imageaufwertung erfolgt, wird es bei der direkten Konkurrenz eher vermieden, ´Erfolge` auf eigene Leistungen zurückzuführen und damit womöglich dessen Image zu stärken. Sie werden durch die Erwähnung anderer Faktoren eher subtil in ein schlechteres Licht gerückt. Abbildung 27: Gründe für ´Schaden` nach Beobachtungsformen 100 22,5 2,7
3,2
80 70
13,7
16,1
90
6,8
8,2 2,0 6,1
2,2 6,7
53,8 32,3
38,8
60
34,2
24,7
50 40
8,2
10,1
10,2
34,2
33,7
34,7
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
23,1 30 48,4 20 10
23,1
0 direkte Selbstbeobachtung
indirekte Selbstbeobachtung
externe Faktoren
Zufall/unglückl. Umstände
Interne/individuelle Faktoren
Fehlentscheidung
Unterlassung und Passivität
Fremdeinfluss
Basis: 304 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test nicht signifikant, p=0,254; df=20; chi2-Wert=23,738; 40,0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Auch bei der Ursachenangabe für ´Schaden` setzt sich die direkte Selbstbeobachtung eindeutig von den anderen Beobachtungsformen ab. Es zeigt sich, dass nicht nur ´Erfolge`, sondern auch ´Schaden` beim eigenen Unternehmen überwiegend auf ´interne Faktoren` (53,8 Prozent) zurückgeführt werden. Damit wird auch für den ´Schaden` weitgehend die Verantwortung übernommen. Nur zu insgesamt 23,1 Prozent werden ´externe Einflüsse` dafür verantwortlich ge-
286
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
macht. ´Unternehmerische Fehlentscheidungen`, ´Unterlassung und Passivität` oder direkter ´Fremdeinfluss` werden beim eigenen Haus aber überhaupt nicht erwähnt. Dafür taucht der Faktor ´Zufall/ unglückliche Umstände` hier in fast einem Viertel der Fälle auf und damit fast dreimal so oft wie bei den direkten Konkurrenzunternehmen. Hier weist das eigene Unternehmen wiederum die Verantwortung für einen Misserfolg zurück und sieht ihn eher als zufälliges Ereignis, das durch einen unglücklichen Umstand zustande kam. Der Konkurrenz billigt man dies nicht in gleicher Weise zu. Bei den anderen Beobachtungsformen werden deutlich häufiger ´externe Faktoren` als Grund für Verluste (´Schaden`) genannt und deutlich weniger ´interne Faktoren` und ´Zufall`. Brisante Faktoren, die unternehmerische Fehlleistungen beinhalten (´Fehlentscheidung`, ´Unterlassung und Passivität`), kommen zwar nur marginal, aber dennoch eindeutig am häufigsten bei der direkten Konkurrenz und deren Beteiligungsunternehmen vor. 5.3 Zwischenfazit: Komplexität, Verständlichkeit, Transparenz
Die fünfte Forschungsfrage geht der Frage nach, wie komplex, verständlich und transparent die Berichterstattung über Medienunternehmen ist. Während in der Literatur für die Wirtschaftsberichterstattung eine Zunahme der Verständlichkeit propagiert wird, kann dies bei der Wirtschaftsberichterstattung über Medienunternehmen nicht bestätigt werden. Die Verständlichkeit bewegt sich während des gesamten Untersuchungszeitraums gleichbleibend auf relativ hohem Niveau. Der Grad der Aufklärung nimmt demgegenüber aber in diesem Zeitraum stetig zu. Der Höhepunkt zeigt sich in der Krisenphase. Hier werden am ausführlichsten auch verschiedene Zeitebenen, also frühere, gegenwärtige und zukünftige Ereignisdimensionen der Unternehmen behandelt. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird somit in jeder Hinsicht ausführlicher und umfangreicher über die Medienunternehmen berichtet. Erstaunlicherweise zeigt sich die höchste Komplexität, Verständlichkeit und Aufklärung jeweils beim Zeitschriftensektor und nicht im eigenen Medienbereich. Ob dies möglicherweise an synergetischen Verbindungen der überregionalen Zeitungen zu Zeitschriftenverlagen liegt oder ob andere Gründe vorliegen, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Innerhalb des Zeitungssektors wird zwar über das eigene Unternehmen mit der höchsten Verständlichkeit, aber mit der niedrigsten Aufklärungsquote berichtet. Am umfassendsten wird – bei ebenfalls hoher Verständlichkeit - dagegen über die direkten Konkurrenzunternehmen berichtet. Das ist erstaunlich, da davon auszugehen ist, dass man im eigenen Haus leichter an Zahlenmaterial, Hintergrundinformationen und Aussageträger gelangt. Anscheinend ist dem nicht so
5.3 Zwischenfazit: Komplexität, Verständlichkeit, Transparenz
287
oder es wird bewusst zurückgehalten. Da sich die direkte Konkurrenz in ihren Werten von den anderen Beobachtungsformen nur geringfügig absetzt, separiert sich lediglich die direkte Selbstbeobachtung. Somit kann auch nur von einer gewissen Zurückhaltung hinsichtlich einer komplexen, verständlichen Darstellung bei der Berichterstattung über das eigene Haus gesprochen werden. Das eigene Unternehmen wird also nicht so gern in zeitliche, wirtschaftliche und unternehmerische Gesamtzusammenhänge gestellt. Es scheint eher so, dass hier nur das Notwendigste preisgegeben wird. Im Zusammenhang mit der Komplexität und dem Grad der Aufklärung in der Berichterstattung über Medienunternehmen wurde auch die Transparenz der Darstellung untersucht. D.h. es wurde ermittelt, wie transparent die Recherchequelle dargestellt wird, von wem der Bericht stammt, über wen berichtet wird und wie die wirtschaftliche Situation belegt wird. Die Transparenz wurde mit den Kategorien ´Recherchequelle`, ´wirtschaftliche Zuordnung des Hauptakteurs`, ´Zahlenangaben` und ´Begründung für Erfolg und Schaden` untersucht. Durchschnittlich beruhen fast 70 Prozent der Artikel auf Eigenrecherche (Journalistennennung und redaktionelle Artikel). Dabei nimmt innerhalb des Untersuchungszeitraums das Ausmaß an Eigenrecherche und die transparente Darstellung über die namentliche Nennung des Journalisten bis zur Krisenphase konstant zu. Besonders in wirtschaftlich schlechten Zeiten ist der Grad an Eigenrecherche und der Quellentransparenz am höchsten. Dies korrespondiert mit obigen Ergebnissen, dass hier auch am ausführlichsten und komplexesten und mit dem höchsten Umfang berichtet wird (siehe Kap. 3, 2 und 6.1). Noch einmal deutet dies darauf hin, dass hier viel Wert auf die Schaffung von Glaubwürdigkeit gelegt wird. Der Grad der Eigenrecherche nimmt zwischen den verschiedenen Medienbereichen dabei mit zunehmender Distanz ab und der Grad der Quellentransparenz zu. Folglich wird bei Beiträgen über Rundfunkunternehmen am meisten auf Agenturmeldungen zurückgegriffen. Wird hier aber eigenrecherchiert, dann wird der Journalist am häufigsten namentlich genannt. Im eigenen Medienbereich setzt sich wiederum die direkte Selbstbeobachtung eindeutig von den anderen Beobachtungsformen ab. Über das eigene Unternehmen wird zwar am meisten eigenrecherchiert, jedoch ist die Transparenz gering, da fast die Hälfte der Beiträge redaktionelle Artikel sind. Sie haben eher den Charakter einer öffentlichen Verlautbarung und lassen auf einen möglichen Einfluss hausinterner PR-Abteilungen schließen. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Berichterstattung in diesem Fall zu einer PR-orientierten Selbstdarstellung degradiert wird. Quellentransparenz zeigt sich mehr bei der Konkurrenz, indem die namentliche Nennung der Journalisten hier am häufigsten erfolgt. Anscheinend besteht bei den Journalisten keine Hemmung, die Verantwortung für Beiträge über die Konkurrenz zu übernehmen. Bei der eigenen Zeitung tritt mehr die redaktionelle
288
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
Nennung in den Vordergrund. Die Berichterstattung erhält somit eher den Nimbus einer Pressemitteilung. Recherchequellen werden auf jeden Fall in Bezug auf die Berichterstattungsgegenstände unterschiedlich eingesetzt und genannt. Transparenz wird nicht nur in Bezug auf den Verfasser des Artikels gefordert, sondern auch in Bezug auf die Nennung möglicher Unternehmens- oder Konzernzugehörigkeiten. Denn schließlich kann der Journalismus auch Tendenzen der Öffentlichkeitsarbeit annehmen, indem er verdeckt Eigenwerbung für Beteiligungsunternehmen oder andere Produkte des eigenen Verlags bzw. Konzerns betreibt, was der Transparenz in keinster Weise mehr gerecht würde. Die meisten Zeitungen zeigen zudem durch Konzernverflechtungen noch übergreifende Abhängigkeiten, von denen der Leser meist nichts weiß. Daher war zusätzlich von Interesse, ob auch die Zugehörigkeit des Berichterstattungsobjekts zu seinem übergeordneten Verlag oder Konzern transparent offengelegt wurde. Eine Zuordnung erfolgt durchschnittlich nur in 42 Prozent der möglichen Fälle. Es zeigt sich aber im Untersuchungszeitraum eine allgemeine Ausprägung des Berichterstattungsstils hin zu einer größeren Offenheit bezüglich der Verlagszugehörigkeit. Nach einer konstanten Zunahme bis zur Krisenphase sinkt der Wert in Phase 5 jedoch fast wieder auf das Ausgangsniveau Anfang der Neunziger Jahre. Die beiden Konsolidierungsphasen zeigen somit fast gleiche Werte, was den Rückschluss zulässt, dass ökonomische Faktoren Einfluss auf die Transparenz in der Berichterstattung nehmen können. Die Verlagszugehörigkeit wird dabei am transparentesten bei Zeitschriftenverlagen dargestellt, am wenigsten transparent bei Rundfunksendern. Bei Zeitungsunternehmen werden etwa bei der Hälfte aller Unternehmensdarstellungen Zuordnungen getroffen. Die Zugehörigkeit zum übergeordneten Verlag oder Konzern wird aber vornehmlich bei den überregionalen Zeitungen genannt. Die Unterschiede zwischen der Konkurrenz (50,0 Prozent) und dem eigenen Unternehmen (46,2 Prozent) sind dabei so gering, dass man hier eher von einer unterschiedlichen Behandlung der Zeitungsgenres ausgehen muss. Bei regionalen und lokalen Zeitungen (allgemeine Beobachtung) wird dahingehend deutlich weniger Wert auf Transparenz gelegt (37,9 Prozent). Konkurrenzaspekte zeigen sich jedoch insofern, dass bei den eigenen Beteiligungsunternehmen die Verlagszugehörigkeit nicht so transparent offengelegt wird (40,9 Prozent) wie bei den Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz (48,1 Prozent). Unternehmens- bzw. konzerninterne Verflechtungen werden also bei der eigenen Zeitung eher verdeckt, während sie gerade bei der Konkurrenz mehr in die Öffentlichkeit gerückt werden. Der Forderung nach Transparenz hinsichtlich von Synergien wird die Berichterstattung für den Rezipienten folglich nur bei der Konkurrenz gerecht. Transparenz in der Unternehmensdarstellung entsteht auch durch Belege mit Zahlenmaterial. Entgegen der Annahme in der Literatur (Mast, 1999, S. 179-
5.3 Zwischenfazit: Komplexität, Verständlichkeit, Transparenz
289
181; Jeske & Barbier, 1997, S. 15; Keller, 2002, S. 16), dass bei der Wirtschaftsberichterstattung im Hinblick auf eine bessere Verständlichkeit Zahlenangaben weniger verwendet werden, zeigt sich bei der Darstellung von Medienunternehmen im Laufe der 15 Jahre eine Zunahme an Zahlenangaben (Steigerung von ca. 20 Prozent). Das führt zu der Annahme, dass in dem Sonderfall der Thematisierung von Medienunternehmen anderen Kriterien gefolgt wird als bei sonstigen Wirtschaftsunternehmen. Betrachtet man die jeweiligen Wertungstendenzen der Zahlen, so entsprechen sie in ihrer Wertungsrichtung weitgehend der jeweiligen konjunkturellen Lage. D.h., dass in wirtschaftlichen Wachstumszeiten eher positive Zahlen vorherrschen und in Krisenzeiten eher negative. Es erstaunt allerdings, dass in der absoluten wirtschaftlichen Boomphase bei der positiven Wertung etwas Zurückhaltung geübt wird, während in der Krise die schlechte Unternehmenssituation über Zahlen über ambivalente Bewertungen eher etwas relativiert wird. Vielleicht vermeiden es die Journalisten, wirtschaftlich besonders gute Zeiten noch durch positive Zahlenbelege herauszustellen, um nicht der ´Selbstbeweihräucherung` bezichtigt zu werden. Umgekehrt möchten sie in wirtschaftlich rezessiven Zeiten vielleicht die eigene Medienbranche nicht verunglimpfen und versuchen – auch im eigenen Interesse – die Unternehmenssituation eher zu relativieren. Die wirtschaftliche Lage wird somit sowohl in positiven als auch in negativen Extremsituationen eher zurückhaltend dargestellt. Fokussiert man ausschließlich den Zeitungssektor, so setzt sich wiederum die direkte Selbstbeobachtung von den anderen Beobachtungsformen ab. Hier werden am meisten Zahlen veröffentlicht, wobei die Hälfte davon eine positive Tendenz und nur 6,5 Prozent eine negative Tendenz aufweisen. Da bei der direkten Konkurrenz positive Zahlen mehr als dreimal weniger (17,9 Prozent) angegeben werden als beim eigenen Unternehmen und negative Zahlen im selben Prozentsatz vorkommen, verstärkt sich der Verdacht, dass Zahlenangaben für ökonomische Zielsetzungen des eigenen Unternehmens benutzt werden, um das eigene Unternehmen positiver darzustellen und somit Imagewerbung zu betreiben. Diese Annahme wird noch bestätigt durch die Befunde der Kategorien ´Erfolg und Schaden`, die auf eine bewusst positivere Darstellung des eigenen Unternehmens hinweisen. ´Erfolge` werden nämlich beim eigenen Unternehmen in Dreiviertel der Fälle auf Eigenleistung (interne Faktoren) zurückgeführt, was zu einer gewissen Imageaufwertung führt. Der Eindruck eines bewussten Einsatzes der Begründungen wird noch durch gewisse ´Diffamierungsversuche` der Konkurrenz verstärkt. So werden bei der direkten Konkurrenz nur halb so oft ´interne Faktoren` aber viermal so häufig ´externe Faktoren` als Ursache für den ´Erfolg` dargestellt wie bei der direkten Selbstbeobachtung. Daneben tauchen im Zusammenhang mit dem ´Erfolg` auch egoistische Motive (´Eigennutz`) oder ´Fremdeinflüsse` als Ursache auf. Für ´Schäden` werden bei den beiden Konkur-
290
5 Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz der Darstellung
renzbeobachtungsformen und der allgemeinen Beobachtung in etwa zu je einem Drittel ´externe Falktoren` und ´interne Faktoren` verantwortlich gemacht. Daneben tauchen – wenn auch nur in geringem Maß - als Begründung zusätzlich unternehmensinterne ´Fehlentscheidungen`, ´Unterlassung/Passivität` und ´Fremdeinfluss` auf. Letztere sind in Bezug auf das eigene Unternehmen überhaupt nicht zu finden. Hier werden zwar zur Hälfte ´interne Faktoren` angeführt und somit weitgehend die Verantwortung für die Misserfolge übernommen, jedoch wird auch in einem Viertel der Beiträge der ´Zufall` bzw. ´unglückliche Umstände` als Grund angeführt. Das erfolgt dreimal so oft wie bei der direkten Konkurrenz und immerhin doppelt so oft wie bei den anderen Beobachtungsformen. Zum Teil wird also versucht, das eigene Unternehmen eher als Opfer der Umstände darzustellen. Gleichzeitig wird die Konkurrenz subtil in ein etwas schlechteres Licht gerückt, indem ´Schäden` auf Fehlleistungen der Unternehmensführung zurückgeführt werden und ´Erfolgen` auch eigennützerische Motive unterstellt werden. Das Verlagsinteresse scheint auf jeden Fall Einfluss auf die Begründungsauswahl von ´Erfolg` und ´Schaden` zu haben, vor allem in Bezug auf das eigene Unternehmen. Insgesamt gesehen dominieren bei ´Erfolgen` die Begründungen mit ´internen bzw. individuellen Faktoren`, speziell in wirtschaftlich guten Phasen. Beim Faktor ´Schaden` dagegen wird nicht nur ´Eigenverschulden` gesehen, sondern auch vermehrt ´externe Faktoren` für den ´Schaden` verantwortlich gemacht, was eine relativierende Funktion haben könnte. Schäden oder Misserfolge werden also nicht so stark als unternehmensinterne Fehlleistung nach außen kommuniziert. Zusammenfassend kann noch einmal festgehalten werden, dass über den Untersuchungszeitraum hinweg der Grad der Verständlichkeit sich nicht verändert, während der Aufklärungsgrad und die Transparenz konstant bis zur Krisenphase ansteigen. Ab da fällt die Entwicklung wieder zurück. Zahlenangaben dagegen werden mit weiter steigender Tendenz verwendet. Am ausführlichsten, verständlichsten und transparentesten wird über Zeitschriftenunternehmen berichtet. Warum sich hier gerade die Zeitschriften absetzen, ist nicht eindeutig erklärbar und böte Anlass für eine Folgestudie. Innerhalb des Zeitungssektors zeigt sich erneut eine Sonderstellung der Berichterstattung über das eigene Haus. Sie weist die höchste Verständlichkeit, die geringste Aufklärung und den höchsten Anteil an Eigenrecherche, jedoch mit der geringsten Quellentransparenz auf. Daneben zeigen sich eindeutige Tendenzen einer positiven Selbstdarstellung über positive Zahlenangaben und über die Begründungen für den wirtschaftlichen Erfolg oder Schaden. Eine direkte Diffamierung der Konkurrenz findet dagegen nicht statt. Dadurch entsteht der Eindruck, dass objektive Berichterstattung durch gezielte Inszenierung ersetzt wird.
6 Faktizität der Berichterstattung über Medienunternehmen
Auch unter ökonomischen Gesichtspunkten ist Glaubwürdigkeit bei der publizistischen Gestaltung von großer Bedeutung, da nur über Glaubwürdigkeit Vertrauen beim Leser und Anzeigenkunden aufgebaut und auf diese Weise die wirtschaftliche Existenzgrundlage gesichert werden kann. Um diese Glaubwürdigkeit zu erreichen, muss besonderer Wert auf Sachlichkeit und Objektivität gelegt werden (Kunczik 1988, S. 189). Glaubwürdigkeit bei der Darstellung von Medienunternehmen orientiert sich an einer umfassenden, transparenten und faktenreichen Darstellung der jeweiligen Unternehmen. Um zu erfassen, wie faktenreich berichtet wird, werden die gewählte Darstellungsform und der Faktizitätsgrad analysiert. 6.1 Gewählte Darstellungsformen
Journalistische Darstellungsformen sind verschiedene medien- und formatspezifische Routinen der Aufbereitung und Gestaltung von Informationen. Diese Formen nehmen über die Art und Weise, in der die Ereignisse präsentiert werden, Einfluss darauf, welche Themenschwerpunkte gesetzt, welche Kontextinformationen veröffentlicht und in welchem Rahmen Bewertungen vorgenommen werden. (Marcinkowski, 1993, S. 104 und S. 216-218). Eine grobe Aufteilung der Darstellungsformen trennt mehr informative, faktenreiche Formen von stärker meinungsäußernden, kommentierenden. Es wird deshalb festgehalten, in welchen journalistischen Darstellungsformen die ökonomische Seite der Medien vorzugsweise entfaltet wird und welche Darstellungsanliegen dahinterstehen. Bei den Darstellungsformen überwiegt mit 49,4 Prozent der Bericht. Hier wird in ausführlicher Weise über Fakten informiert. Das gilt auch für die Nachrichten (31,0 Prozent), die aber an sich einen deutlich geringeren Umfang aufweisen. Reportagen sind bei der Medienberichterstattung über Medienunternehmen mit 12,8 Prozent vertreten. Die anderen Darstellungsformen nehmen lediglich einen geringen Anteil ein (Kommentar: 3,9 Prozent; Glosse: 0,5 Prozent;
292
6 Faktizität der Berichterstattung über Medienunternehmen
Interview: 1,4 Prozent; Portrait: 1,0 Prozent). Somit dominieren eindeutig die informierenden Darstellungsformen. Nach der Dreiteilung von Weiß (Kap. 1, 3.3.5) werden die Darstellungsformen zusammengefasst und zwar in informierende und meinungsäußernde Formen und auch in ein Zwischengenre, das sowohl informierende als auch meinungsäußernde Elemente enthält. Als Indikator für eine eventuell meinungsbildende oder -beeinflussende, also tendenziös ausgerichtete Berichterstattung, werden Mittelwerte errechnet. Dazu wurde eine Skala gebildet von 1=informierend über 2=Zwischengenre bis zu 3=meinungsäußernd. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von 1,26. Es überwiegt also der informierende Charakter bei der Berichterstattung über Medienunternehmen. Bei den Nachrichtenformen steht der Nachrichtenwert der transportierten Inhalte, der Neuigkeitswert der Informationen und ihre Bedeutung für den Rezipienten im Vordergrund, während es bei den interpretierenden und kommentierenden Gattungen um eine subjektive Gestaltung der Themen durch die Journalisten geht, bei der mehr Zusammenhänge erklärt und die Hintergründe aufgezeigt werden. (Kap.1, Punkt 3.3.5) Nach Mast (1999, 2000, 2003) lässt sich im Wirtschaftsjournalismus in den letzten Jahren eine Entwicklung hin zu einer verstärkten Orientierung am Rezipienten feststellen. Es geht nicht ausschließlich um sachliche Information, sondern dem Rezipienten soll über mehr meinungsäußernde journalistische Darstellungsformen Orientierungshilfe im Bereich ´Wirtschaft` gegeben werden. Von Interesse ist daher, ob auch die Unternehmensberichterstattung im Medienbereich dieser von Mast prognostizierten Entwicklung folgt. Es zeigt sich tatsächlich eine kontinuierliche Entwicklung hin zu mehr meinungsäußernden, interpretierenden Formen wie bei der normalen Wirtschaftsberichterstattung. Allerdings wird dieser Entwicklungstrend in der Konsolidierungsphase (Phase 5) unterbrochen und zeigt eine Rückkehr zu einer mehr informierenden Darstellung. Der Wert nähert sich wieder dem der Anfangsphase (Phase 1). Dadurch, dass diese scheinbar kontinuierliche Entwicklung bei der Darstellung von Medienunternehmen so einen abrupten Abbruch erfuhr, liegt die Vermutung nahe, dass der Anstieg der meinungsbildenden Formen eher auf die Besonderheit der wirtschaftlichen Extremphasen des Medienbooms und der Medienkrise zurückzuführen ist. Somit wären die Werte der Phasen 1, 2 und 5 eher als „Normalzustand“ zu werten. Es würde sich dann nicht um eine konstante Entwicklung zu mehr meinungsbildenden Formen handeln, sondern eher darauf hindeuten, dass in wirtschaftlichen Extremphasen – sowohl in positiver als auch in negativer Ausrichtung – der Bedarf an meinungsäußernden Darstellungsformen steigt, um die jeweilige Ausnahmesituation zu erklären und einordnen zu können. In diesem Fall hätten ökonomische Faktoren Einfluss auf die Wahl der
6.1 Gewählte Darstellungsformen
293
Darstellungsform. Ob dies tatsächlich der Fall ist, erfordert eine weitere Beobachtung und kann hier nicht abschließend beantwortet werden. Abbildung 28: Darstellungsform nach Phasen (MW) 3 2,8 2,6 2,4 2,2 2 1,8 1,6 1,29
1,4 1,2
1,15
1,19
Phase 1
Phase 2
1,34 1,22
1 Phase 3
Phase 4
Phase 5
Mittelwerte Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,001; F=4,696; auf einer Skala von 1=informierend bis 3=meinungsäußernd.
Unterschiede bei der Wahl der Darstellungsform in Bezug auf die medialen Ebenen lassen sich kaum feststellen (p=0,322). Lediglich bei Zeitungsunternehmen sind in geringem Maß mehr informierende Darstellungsformen als bei den übrigen Medienbereichen festzustellen. Erst die Differenzierung nach Beobachtungsformen im Zeitungssektor zeigt, dass die Wahl der Darstellungsform dadurch beeinflusst wird, über welches Zeitungsunternehmen berichtet wird. Mit zunehmender Distanz zum Berichterstattungsobjekt nimmt der interpretierende Charakter der Beiträge zu. Einzig die allgemeine Beobachtung weicht davon ab (MW: 1,18). Diese zeigt ähnliche Werte wie die indirekte Selbstbeobachtung (MW: 1,15). Da aufgrund ihrer wirtschaftlichen Distanz bei der ´allgemeinen Beobachtung` der Konkurrenzfaktor zur berichtenden Zeitung als gering anzusehen ist, kann sie in ihrer Darstellung als Kontrollgruppe gesehen
294
6 Faktizität der Berichterstattung über Medienunternehmen
werden Betrachtet man nun die Werte der ´allgemeinen Beobachtung` und der ´indirekten Selbstbeobachtung` als Normalwerte, dann setzen sich davon die Konkurrenzbeobachtungen (direkte Konkurrenzbeobachtung MW: 1,27; indirekte Konkurrenzbeobachtung MW: 1,35) und die direkte Selbstbeobachtung (MW: 1,09) diametral voneinander ab. So weisen die Konkurrenzbeobachtungen eher eine Tendenz hin zu mehr meinungsäußernden Darstellungsformen auf, während bei der Berichterstattung über das eigene Haus die informierenden Darstellungsformen dominieren. Dass sich Journalisten bei der Berichterstattung über das eigene Haus mit meinungsäußernden Formen eher zurückhalten, mag auf organisatorischen Abhängigkeiten der berichtenden Zeitung beruhen. Das bedeutet, dass der Journalist sich aufgrund seiner Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber einer kommentierenden Stellungnahme gegenüber dem eigenen Unternehmen eher enthalten würde. Es könnte aber auch die Intention dahinter stehen, nicht durch kommentierende oder interpretierende Äußerungen in den Verdacht der ´Selbstbeweihräucherung` zu geraten. Dann würde die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Rezipienten im Vordergrund stehen – zumindest wenn es um die Darstellung des eigenen Unternehmens geht. Denn gegenüber der Konkurrenz hat der Journalist weniger Scheu, Stellung zu beziehen. Eventuell könnte das Wettbewerbsdenken bei der Konkurrenzbeobachtung eine stärker meinungsäußernde Berichterstattung provozieren. 6.2 Der Faktizitätsgrad
Faktizität lässt sich nicht nur über die gewählte Darstellungsform identifizieren, sondern auch über die inhaltliche Darstellung. Denn selbst die Darstellungsform ´Bericht` ist keine Garantie für rein faktische Informationsvermittlung. Wie werden die Informationen über die Medienunternehmen also präsentiert? Ob hier nun mehr Fakten übermittelt werden, oder ob eher Vorgänge oder Zustände interpretiert oder über Spekulationen den Lesern nur mögliche Szenarien vorgestellt werden, soll im Folgenden untersucht werden. Es wird der Grad der Faktizität betrachtet. Dazu wird der Mittelwert auf einer Skala von 1=geringe Faktizität bis 3=hohe Faktizität errechnet. Der allgemeine Mittelwert liegt bei 2,39. Es liegt also eine relativ hohe Faktizität vor. Über den Untersuchungszeitraum hinweg zeigt sich eine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer geringeren Faktizität. So sinkt der Mittelwert von 2,48 in Phase 1 auf 2,33 in Phase 5. Neben der rein faktischen Darstellung finden also zunehmend auch Mutmaßungen, Interpretationen bzw. Spekulationen Eingang in die Berichterstattung. Jedoch wird der Grad der Faktizität auch von den ökonomischen Bedingungen beeinflusst, da vor allem in der Krisenzeit (MW: 2,32)
6.2 Der Faktizitätsgrad
295
mehr interpretiert wird. Dieses Ergebnis korrespondiert mit dem der Darstellungsformen (siehe Kap. 3, 6.1). Hier war gerade in der Krisenphase eine Tendenz zu mehr meinungsäußernden, kommentierenden Darstellungsformen feststellbar. Hinsichtlich der Faktenorientierung zeigen sich im weiten Distanzverhältnis kaum Unterschiede zwischen den medialen Ebenen (p=0,084; Zeitungssektor MW: 2,38; Rundfunkbereich MW: 2,37). Die höchste Faktizität findet sich allerdings bei Zeitschriftenunternehmen (MW: 2,55). Deutlichere Unterschiede bei der Faktizitätsausprägung zeigen sich dagegen wieder im engen Distanzverhältnis innerhalb des Zeitungssektors. Abbildung 29: Faktizitätsgrad nach Beobachtungsformen (MW) 3 2,8 2,6 2,4
2,60 2,42
2,28
2,36
2,39
2,2 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 direkte indirekte direkte indirekte allgemeine Selbstbeob. Selbstbeob. Konkurrenz Konkurrenz Beob.
Mittelwerte Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,075; F=2,130; auf einer Skala von 1=Spekulationen bis 3=Information.
Da die indirekten Beobachtungsformen und die allgemeine Beobachtung (Kontrollgruppe) relativ ähnliche Mittelwerte zwischen 2,36 und 2,42 aufweisen, separieren sich wiederum nur die beiden direkten Beobachtungsformen und dies mit entgegengesetzter Tendenz. Bei der direkten Selbstbeobachtung zeigt sich
296
6 Faktizität der Berichterstattung über Medienunternehmen
eindeutig die höchste Faktizität mit einem Mittelwert von 2,60 und bei der direkten Konkurrenz mit einem Mittelwert von 2,28 der niedrigste Faktizitätswert. Dadurch liegt die Vermutung nahe, dass Konkurrenzgedanken den Faktizitätsgrad bei der Darstellung der überregionalen Zeitungen bestimmen. Über das eigene Unternehmen wird eher über Fakten und Zahlen informiert, während bei den direkten Konkurrenzunternehmen eher interpretiert und spekuliert oder durch verbale Äußerungen dokumentiert wird. Durch eine rein faktenorientierte Darstellung eines Unternehmens kann Sicherheit und Glaubwürdigkeit vermittelt werden, während über interpretierende und spekulative Äußerungen auch eher manipuliert werden kann. Auf diese Weise kann die berichtende Zeitung versuchen, sich von der konkurrierenden abzugrenzen, ohne direkt ´Konkurrenzbeschimpfung` zu betreiben. 6.3 Zwischenfazit: Faktizität
Die sechste Forschungsfrage beschäftigt sich mit dem Grad der Faktizität. Er sollte erfassen, ob sich die Berichterstattung über Medienunternehmen überwiegend auf Tatsachen oder auf Spekulationen stützt. Die Faktizität ist insgesamt bei der Berichterstattung über Medienunternehmen sehr hoch, nimmt jedoch im Untersuchungszeitraum allmählich ab. Es erstaunt, da gleichzeitig die Verwendung von Zahlenangaben (siehe Kap. 3, 5.2.3) ansteigt. Auch bei der Wahl der Darstellungsform dominieren eindeutig die informierenden Formen ´Nachricht` und ´Bericht`. Obwohl bis zur Krisenphase eine allmähliche Zunahme mehr interpretierender und meinungsäußernder Darstellungsformen festzustellen ist, scheint dies weniger an einem kontinuierlichen Entwicklungstrend in der Berichterstattung zu liegen als vielmehr an einem Einfluss der ökonomischen Ausnahmephasen. Unabhängig von der Ausprägung dieser Phasen (Boom- oder Krisenphase) scheint hier bei der Darstellung der Unternehmenssituation mehr Bedarf an kommentierenden Stellungnahmen gegeben zu sein. In Phase 5 werden wieder mehr die informierenden Darstellungsformen betont wie in Phase 1 und 2 des Untersuchungszeitraums. Somit scheinen ökonomische Faktoren Einfluss auf die Darstellungsform zu haben. Die höchste Faktizität zeigen wiederum die Artikel über Zeitschriftenunternehmen, bei denen auch schon die höchsten Werte für Aufklärung, Verständlichkeit und Transparenz vorzufinden waren (siehe Kap. 3, 5.1.2). Hier scheinen die Journalisten keine Zurückhaltung hinsichtlich einer faktenreichen, ausführlichen und verständlichen Darstellung der Zeitschriftenverlage zu üben. Ob dies nun aufgrund synergetischer Verflechtungen erfolgt oder aufgrund eines geringeren Konkurrenzfaktors, könnte nur über eine Befragung der Redakteure geklärt wer-
6.3 Zwischenfazit: Faktizität
297
den. Betrachtet man separat den Zeitungssektor, so nimmt im engen Distanzverhältnis die informierende Darstellung mit zunehmender Distanz ab. Es zeigen sich insbesondere Unterschiede hinsichtlich des direkten Konkurrenzverhältnisses der überregionalen Zeitungen. Nach der These von Fengler (2002) behandeln „Medienjournalisten die Medienunternehmer aufgrund von Eigeninteressen publizistisch schonend“ (Fengler, 2002, S. 255). Demnach versuchen die Medienjournalisten den Problemen, die sich aus unternehmerischen Eigeninteressen ergeben, durch eine lediglich informierende Darstellung zu entgehen, indem sie auf Meinungsbeiträge weitgehend verzichten (Fengler, 2002, S. 255-256, S. 285-287 und S. 297). In vorliegender Studie überwiegen aber lediglich bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen die informierenden Darstellungsformen, während bei der Konkurrenz zu einem größeren Anteil auch meinungsäußernde Darstellungsformen vorkommen. Dies korrespondiert mit dem Ergebnis, dass die Beiträge über das eigene Unternehmen vornehmlich im Wirtschaftsressort (siehe Kap. 3, 2.2) verortet werden, bei dem höhere Faktizität zu vermuten ist und die meisten Zahlenangaben (siehe Kap. 3, 5.2.3) gemacht werden. Die eigene wirtschaftliche Unternehmenssituation wird eher über eine faktische, zahlenorientierte Aufbereitung dargestellt. Man vermeidet Spekulationen, berichtet also nur das Notwendigste über den eigenen wirtschaftlichen Status und stellt ihn nicht in einen weiteren Zusammenhang. Demgegenüber findet man Artikel über die Konkurrenz mehr im Medienressort. Sie weisen die geringste Faktizität auf, es wird mehr interpretiert und spekuliert. Damit könnte oben genannte These von Fengler (2002) teilweise bestätigt werden. Sie gilt jedoch vornehmlich für die Berichterstattung über das eigene Haus. Mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz nimmt die Faktizität ab. Bei der Konkurrenz wird über mehr meinungsäußernde Darstellungsformen die Unternehmenssituation eher interpretiert, was natürlich auch die Rezeption der Leser beeinflussen kann. Insofern besteht auch die Gefahr einer Meinungsmanipulation, indem Unternehmen gemäß der wirtschaftlichen Interessenslage dargestellt werden. Ob es eventuell zu einer Diffamierung der Konkurrenz kommt oder es sich hier lediglich um eine umfassende, aufklärende Darstellung der anderen Medienunternehmen handelt, können eventuell die weiteren Ergebnisse klären.
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Die Medienunternehmen leben vom Publikumsinteresse und der Fremdfinanzierung durch Werbeaufkommen. Aufgrund der Abhängigkeit vom Rezipientenund Anzeigenmarkt ist es brisant, welche Informationen über ihre finanziellen Operationen und ihre wirtschaftliche Situation an die Öffentlichkeit dringen. Von daher ist es interessant, wie Journalisten vor diesem Hintergrund die Medienunternehmen charakterisieren. Eine Charakterisierung der Medienunternehmen im Text kann auf verschiedene Art und Weise erreicht werden: direkt über den Journalisten und indirekt über Aussageträger, Vergleiche oder über Personalisierung. 7.1 Charakterisierung durch den Journalisten
Eine Charakterisierung des dargestellten Unternehmens kann vom Journalisten direkt vorgenommen werden, indem er ihm Handlungsaktivitäten oder explizit Eigenschaften zuordnet oder seine Stärken und Schwächen beschreibt. 7.1.1 Thematisierung von Handlungsformen
Das thematisierte Medienunternehmen ist im Wirtschaftsleben agierendes Subjekt. Seine Handlungen können aber auch publizistisch an gewisse Handlungsformen geknüpft werden. Diese reichen von ´Fortschritt` über ´Stagnation` bis ´Rückschritt`. Sie stellen Handlungsformen dar, die in ökonomischen Prozessen von hoher Relevanz sind, denn sie zeigen in gewisser Weise, wie die Unternehmen in ihrem Wirtschaftsumfeld agieren oder reagieren. Unterschwellig enthalten diese Zuordnungen auch gewisse Wertungen. Während ´Fortschritt` durchaus mit einer positiven Wertung behaftet ist, sind ´Stagnation` und ´Rückschritt` im Wirtschaftsleben negativ besetzt. Denn das Ziel ist Gewinn, Zuwachs und damit Fortschritt. Gerade die einem Unternehmen zugeordneten Handlungsformen können daher im ökonomischen Bereich Imagewirkung entfalten.
300
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Im Untersuchungszeitraum werden Handlungsformen bis zur Boomphase in den Artikeln stetig weniger erwähnt. Der Wert sinkt von 85,9 Prozent in Phase 1 bis auf 66,2 Prozent in Phase 3. In den wirtschaftlich rezessiven Phasen (Phase 4 und 5) werden die unternehmerischen Aktivitäten aber wieder in ca. 85 Prozent der Artikel thematisiert. Die Handlungsform ´Fortschritt` erscheint dabei in fast allen Phasen in fast gleicher Häufigkeit (ca. 45 bis 48 Prozent). Einzig in der Krisenphase geht entsprechend der ökonomischen Situation die Thematisierung von ´Fortschritt` zurück (37,6 Prozent). ´Fortschritt` impliziert ein prosperierendes Unternehmen mit innovativen Handlungen. Daher erstaunt es, dass dessen Thematisierung in der Boomphase nicht vermehrt, sondern im Verhältnis sogar zurückhaltend eingesetzt wird (45,0 Prozent). Dafür tritt hier eine ´Hemmung` für das Unternehmen –erwartungsgemäß - am geringsten in Erscheinung (13,9 Prozent). In allen übrigen Phasen wird eine ´Hemmung` relativ konstant zwischen ca. 19 und 21 Prozent erwähnt. Selbst in der Krise ist der Wert nur geringfügig höher (21,6 Prozent). Die etwas negativer behaftete Handlungsform des ´Rückschritts` verdreifacht sich jedoch fast in der Krise und der darauf folgenden Phase der Konsolidierung (von 4,8 Prozent in Phase 3 auf 13,1 in Phase 4 und 13,8 in Phase 5) Da während dieser Phasen einschneidende Sanierungsmaßnahmen zur Konsolidierung der Unternehmen einhergingen mit Einschränkungen des publizistischen Angebots, aber auch mit Entlassungen, Umstrukturierungen und Verringerungen von Ressourcen, wäre sogar ein noch höherer Anteil an ´Rückschritt` oder ´Stagnation` zu erwarten gewesen. Doch trotz der wirtschaftlich angespannten Situation in dieser Zeit wird noch zu mehr als einem Drittel (37,6 Prozent) auf Fortschrittliches hingewiesen. Die Häufigkeitsverteilung zeigt somit einerseits, dass in der Boomphase Positives eher zurückhaltend thematisiert wird, da gerade die positiv konnotierte Form des ´Fortschritt` hier kaum häufiger als in den anderen Phasen vorkommt. Andererseits zeigt sich in der Krisenphase auch eine gewisse Zurückhaltung bei der Thematisierung negativ bewerteten Handlungsformen. ´Rückschritt`und ´Hemmung` werden hier zwar etwas häufiger thematisiert, gleichzeitig wird aber auch ´Fortschritt` erwähnt und das nur ca. 7 Prozent weniger als in den vorhergehenden Phasen. Dies korrespondiert mit dem Ergebnis, dass in dieser Zeit trotz des wirtschaftlichen Rückgangs zu einem nicht unerheblichen Teil auch ´Erfolg` erwähnt wird (siehe Kap. 3, 4.3.3). Wird hier also mit unternehmerischem Optimismus mehr die Zukunftsperspektive mit positiver Tendenz betont? Diese Frage kann hier nicht eindeutig beantwortet werden, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass auf diese Weise die kritische Situation etwas relativiert werden soll. Um einem eventuell gezielten Einsatz der Handlungsformen auf die Spur zu kommen, wird ihre Verteilung noch differenzierter betrachtet. Dabei sind im Hinblick auf das weite Distanzverhältnis zwischen den medialen Ebenen keine großen Diskrepanzen festzustellen.
7.1 Charakterisierung durch den Journalisten
301
Unterschiede zeigen sich dagegen innerhalb des Zeitungssektors im engen Distanzverhältnis. Abbildung 30: Handlungsform nach Beobachtungsformen 100 2,6 90
6,5
5,8
9,3
1,4
1,3
13,3
7,7
15,9
15,2
80 70 60
9,5
10,2 27,4
13,9
17,3
55,8 47,8
50
34,2
40,4
40
43,5 30 20
33,8
29,0
25,0
21,2
10
11,9 0 direkte Selbstbeobachtung
indirekte Selbstbeobachtung
nicht erkennbar
direkte Konkurrenz
Fortschritt
indirekte Konkurrenz
Hemmung
Rückschritt
allgemeine Beobachtung
Sonstiges
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=16; chi2-Wert=64,092; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz zu den berichtenden Zeitungen nimmt grundsätzlich die Thematisierung der Handlungsformen in der Berichterstattung über Zeitungsunternehmen zu. Da sich die Kontrollgruppe (allgemeine Beobachtung) in diese Folge nicht einreiht, aber in ihren Werten eher den Konkurrenzbeobachtungsformen ähnelt, ist zu vermuten, dass sich vorwiegend die Selbstbeobachtungsformen absetzen. Kommen Handlungsformen vor, so wird beim eigenen Unternehmen hauptsächlich der ´Fortschritt` (55,8 Prozent) thematisiert. ´Stagnation` und ´Rückschritt` kommen dagegen nur marginal vor. Nur bei den eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung) wird noch zu 15,9 Prozent eine ´Stagnation` erwähnt. Bei der Konkurrenz wird zwar auch
302
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
relativ häufig der ´Fortschritt` angeführt, aber zu ca. 15 Prozent weniger als bei der direkten Selbstbeobachtung. Es kommt auch fünfmal häufiger ein ´Rückschritt` und zehnmal häufiger eine ´Stagnation` vor als beim eigenen Unternehmen. Ein ´Rückschritt`, der aus unternehmerischer Sicht eindeutig am negativsten behaftet ist, wird damit von allen Beobachtungsformen am häufigsten bei der direkten Konkurrenz (15,2 Prozent) erwähnt, sogar doppelt so häufig wie bei deren Beteiligungsunternehmen (7,7 Prozent). Bei letzteren wird aber am häufigsten von einer ´Stagnation` gesprochen. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Distanz zu den berichtenden Tageszeitungen das Vorkommen der Handlungsform ´Fortschritt` abnimmt. Die Behandlung der ´Hemmung` und des ´Rückschritts` nimmt demgegenüber mit zunehmender Distanz zu. So verfestigt sich der Eindruck, dass beim engen Distanzverhältnis nicht objektive Kriterien zur Setzung von Handlungsformen in den Beiträgen führen, sondern vielmehr ökonomische und wettbewerbliche Überlegungen dazu beitragen. Es äußert sich eine gewisse Loyalitätshaltung der Journalisten gegenüber ihrem Medienbereich, bzw. gegenüber ihrem eigenen Unternehmen. Gegenüber den Konkurrenzunternehmen kristallisiert sich eindeutig eine kritischere Einstellung durch eine verstärkte Fokussierung auf negativ behaftete Handlungsformen heraus. 7.1.2 Thematisierung von Stärken und/oder Schwächen
Indem der Journalist die ´Stärken` und ´Schwächen` eines Unternehmens herausstellt, charakterisiert er es indirekt wertend. Da die Thematisierung von ´Stärken` und ´Schwächen` in enger Verbindung zum Image und der Außenwirkung des Unternehmens steht, ist dieser Bereich sehr sensibel. Denn die berichtenden Medien besitzen dadurch die Möglichkeit, ihren eigenen Interessen positive Publizität und andererseits gegenläufigen Interessen anderer negative Publizität zu verleihen. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Medien vor allem die eigenen unternehmerischen Ziele in den Vordergrund stellen und ihre gesellschaftliche Aufgabe von Information, Aufklärung und Kritik mehr in den Hintergrund drängen, denn eine negative bzw. positive Darstellung des Verlags/Senders kann auch unmittelbare Auswirkungen in ökonomischer Hinsicht haben. In etwa Dreiviertel der untersuchten Beiträge werden ´Stärken und Schwächen` ausdrücklich erwähnt. Es wurde ein Mittelwert errechnet bei einer Intensitätsskala von -1 = ´Schwächen` über 0 = ´zu gleichen Anteilen Stärken und Schwächen` bis +1 = ´Stärken`. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von +0,09.
7.1 Charakterisierung durch den Journalisten
303
Abbildung 31: Stärken und/oder Schwächen nach Phasen (MW) 1 0,8 0,6 0,32
0,4 0,2
0,25
0,13
0,02
0 -0,2
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
-0,21
-0,4 -0,6 -0,8 -1 Mittelwerte
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,000; F=8,583; auf einer Skala von -1=Schwächen bis +1=Stärken.
Im Laufe des Untersuchungszeitraums werden ´Stärken` und ´Schwächen` zunehmend erwähnt, von 63,4 Prozent in Phase 1 bis 78,3 Prozent in Phase 5. Analog zu der ökonomischen Entwicklung werden während des Untersuchungszeitraums in den Wachstumsphasen 2 und 3 überwiegend ´Stärken` in Verbindung mit Medienunternehmen erwähnt und in Phase 4 vermehrt die ´Schwächen` (MW: -0,21). In Phase 1 und 5, den beiden Konsolidierungsphasen, ist eine eher ausgeglichene Verwendung der ´Stärken und Schwächen` im Beitrag gegeben, wobei in Phase 5 wieder ein wenig mehr die ´Stärken` betont werden. Diese Verteilung zeigt eine weitgehende Orientierung an der allgemeinen wirtschaftlichen Situation der Medien. Es erstaunt nur, dass hier wiederum in der wirtschaftlichen Boomphase Zurückhaltung geübt wird, da hier eigentlich ein wesentlich höherer Wert an ´Stärken` zu erwarten gewesen wäre. Die Möglichkeit zur positiven Selbstdarstellung wird also in wirtschaftlich guten Phasen nicht in dem Maße genutzt wie es möglich wäre. Diese Retention zeigte sich auch schon beim
304
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Faktor ´Erfolg` (Kap. 3, 4.3.3). Am häufigsten werden ´Stärken` durchschnittlich in Phase 2, der Orientierungsphase, thematisiert. In Zeiten des wirtschaftlichen Aufbaus werden möglicherweise eher vorliegende oder potentielle ´Stärken` herausgestellt, während in der absoluten wirtschaftlichen Boomzeit die Hervorhebung von positiven Kennzeichen der Unternehmen eher zurückhaltend erfolgt. Unterschiede in der Darstellung von ´Stärken und Schwächen` der Unternehmen lassen sich bei den medialen Ebenen (p=0,010) lediglich zwischen den Medienbereichen ´Print` und ´Rundfunk` erkennen. Während im Printbereich eindeutig mehr ´Stärken` (Zeitungssektor, MW: + 0,20; Zeitschriftensektor, MW: + 0,28) kommuniziert werden, finden sich im Rundfunkbereich ´Stärken und Schwächen` ambivalent etwa zu gleichen Anteilen (MW: + 0,02). Der Printbereich wird also deutlich positiver dargestellt. Die weitere Differenzierung im Zeitungssektor nach Beobachtungsformen weist eindeutiger auf eine Instrumentalisierung hin. ´Stärken und Schwächen` werden hier deutlich häufiger bei der direkten (73,2 Prozent) und indirekten (81,0 Prozent) Konkurrenz erwähnt als bei der direkten (67,5 Prozent) und indirekten (66,7 Prozent) Selbstbeobachtung. Betrachtet man zum Vergleich den Wert der allgemeinen Beobachtung (68,9 Prozent), die eher denen der Selbstbeobachtungsformen ähneln, so liegt die Vermutung nahe, dass ´Stärken und Schwächen` gezielt am häufigsten bei den Konkurrenzbeobachtungsformen thematisiert werden. So könnten bei der Konkurrenz für eine gewisse Diffamierung gezielt ´Schwächen` erwähnt werden. Um einer möglichen Determinierung nachzugehen, wird die Gewichtung von ´Stärken` oder ´Schwächen` über Mittelwerte betrachtet. Die unterschiedliche Gewichtung bei den verschiedenen Beobachtungsformen bestätigt die Vermutung einer gezielten Zuordnung von ´Stärken` oder ´Schwächen`. Dem eigenen Unternehmen werden eindeutig mehr ´Stärken` (MW: +0,65) zugeordnet als den anderen Beobachtungsformen. Bezieht man obige Ergebnisse zu den Handlungsformen (siehe Kap. 3, 7.1.1) mit ein, so weist alles darauf hin, dass das Image des eigenen Hauses gehoben werden soll durch die Betonung von unternehmerischen ´Stärken` und der Handlungsform ´Fortschritt`. Die Unternehmensdarstellung wird somit zu einer PR-Plattform. Die Vermutung verstärkt sich dadurch, dass die Thematisierung der ´Stärken` mit zunehmender Distanz zur berichtenden Tageszeitung abnimmt. Die Mittelwerte der Konkurrenzbeobachtungsformen (MW: +0,04; 0,10) und der allgemeinen Beobachtung (MW: +0,07) bewegen sich hauptsächlich im ambivalenten Bereich, weisen also in etwa gleichem Verhältnis Stärken und Schwächen auf. Dadurch drängt sich die Vermutung auf, dass die Selbstbeobachtungsformen anderen Kriterien folgen. Auch wenn die Konkurrenzbeobachtungsformen insgesamt am negativsten dargestellt werden, geht es weniger um die Diffamierung der Konkurrenz, da fast im gleichen Maß auch ihre Stärken
7.1 Charakterisierung durch den Journalisten
305
erwähnt werden. Festzustellen ist vielmehr eine vermehrt positive Darstellung des eigenen Unternehmens und dessen Beteiligungsunternehmen, indem vorwiegend ihre Stärken hervorgehoben werden. Abbildung 32: Stärken und/oder Schwächen nach Beobachtungsformen (MW) 1 0,8
0,65
0,6 0,4 0,2
0,22
0,07
0,04
0 -0,2
direkte indirekte direkte indirekte allgemeine Selbstbeob. Selbstbeob. Konkurrenz Konkurrenz Beob.
-0,10
-0,4 -0,6 -0,8 -1 Mittelwerte
Basis: 661 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,000; F=6,897; auf einer Skala von -1=Schwächen bis +1=Stärken.
7.1.3 Charakterisierung der Medienunternehmen durch Eigenschaften
Journalisten können Unternehmen auch direkt über die Zuordnung von Eigenschaften charakterisieren. Diese Eigenschaften können sich beispielsweise auf die Größe bzw. Bedeutung eines Unternehmens oder auf seine Positionierung am Markt beziehen, aber auch seine Kompetenz, Flexibilität und sozialen Eigenschaften beschreiben. Eigenschaften, die die publizistische Qualität betreffen, beziehen sich zwar eigentlich auf das Medienprodukt, lassen aber auch Rückschlüsse auf die Kompetenz und Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu. Pro Artikel konnten bis zu drei Eigenschaften codiert werden, die in Bezug auf das
306
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Unternehmen oder deren Handlungen erwähnt wurden. Es konnten also insgesamt 3144 Eigenschaften codiert werden. Tatsächlich wurden jedoch nur 1280 Eigenschaften festgestellt. Somit kommen nur zu 41,7 Prozent Eigenschaften vor, was eher für eine gewisse Zurückhaltung bei der Charakterisierung des Unternehmens über direkt zugeordnete Attribute spricht. Dies mag daran liegen, dass es sich im Grund um eine Unternehmensberichterstattung handelt, die eher einen sachlichen Stil pflegt. Bei den vorkommenden Eigenschaften stehen deutlich die Attribute im Vordergrund, die die wirtschaftliche Situation (29,4 Prozent) und ´Größe/Bedeutung/Einfluss` (28,0 Prozent) beschreiben. Zudem wird zu 14,6 Prozent die ´Positionierung auf dem Markt` betont. Deutlich weniger findet sich eine Beschreibung zur ´Kompetenz` (9,0 Prozent), zur ´Flexibilität` (4,1 Prozent), zu ´sozialen Eigenschaften` (7,8 Prozent) und zur ´publizistischen Qualität` (7,1 Prozent). Überwiegend geht es also um den Status des Unternehmens und dessen ökonomische Stellung im medialen Wettbewerb. Seine Fähigkeiten und die Qualität seiner publizistischen Produkte dagegen werden weniger durch Attribute beschrieben und dadurch wertend hervorgehoben. Die Verteilung über den Untersuchungszeitraum zeigt, dass die Verwendung von Eigenschaften während der letzten 15 Jahre zugenommen hat von 34,3 Prozent in Phase 1 bis zu 47,7 Prozent in Phase 5. Dies kann an einer Entwicklung zu einer anschaulicheren, mehr lesernah orientierten Berichterstattung liegen oder an dem Einfluss der jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklung. Für letztere Annahme könnte sprechen, dass in den Phasen 2 bis 4 eine Stagnation bei der Charakterisierung über Attribute festzustellen ist (40,1 Prozent; 40,7 Prozent; 41,3 Prozent) und erst in Phase 5 ein größerer Sprung von 6 Prozent zu vermerken ist. Dies deutet nicht unbedingt auf eine kontinuierliche Entwicklung im Berichterstattungsstil hin, sondern eher darauf, dass nach der Medienkrise Bedarf bestand, das Image der angeschlagenen Medienunternehmen wieder aufzubauen. Dies könnte über eine verstärkte Charakterisierung der thematisierten Unternehmen versucht worden sein. Betrachtet man zusätzlich, welche Eigenschaftsdimensionen jeweils zum Tragen kommen, zeigt sich, dass den Unternehmen in der Boomphase (Phase 3) hauptsächlich Eigenschaften zugeordnet werden, die die ´Machtdimensionen` betreffen, nämlich den ´Status` (Größe, Bedeutung, Einfluss) des Unternehmens (30,9 Prozent), die ´Positionierung` (18,1 Prozent) und die ´Kompetenz` (9,9 Prozent). Hier geht es darum, den Verlag bzw. Sender als solches und seine unternehmerische und wirtschaftliche Potenz darzustellen. Daher kommen in dieser Phase auch stärker als in den anderen Phasen Eigenschaften vor, die die publizistische Qualität betreffen. In dieser Zeit befinden sich die Unternehmen auch auf einem absoluten wirtschaftlichen Höhepunkt. Dagegen dominieren in den Phasen
7.1 Charakterisierung durch den Journalisten
307
1, 2 und 4 situationsbeschreibende Eigenschaften (30 bis 34 Prozent). Da es sich hier um Wachstums- und Krisenzeiten handelt, die jeweils eine situative Entwicklung beinhalten, wird in diesen Zeiten plausiblerweise eher die Situation der Unternehmen durch Zuordnung von Eigenschaften betont. In Phase 5, in der in starkem Maße Eigenschaften eingesetzt werden, werden zu etwa gleiche Teilen (ca. 30 Prozent) Eigenschaften erwähnt, die einerseits die unternehmerische Situation beschreiben und andererseits die ´Größe und Bedeutung` des Verlags bzw. Senders betonen. Insgesamt kann daher gefolgert werden, dass die Auswahl der Eigenschaften stark von der wirtschaftlichen Lage am Medienmarkt beeinflusst wird. Ob noch Wettbewerbsgedanken mitspielen, zeigt eine weitere Differenzierung nach medialen Ebenen und Beobachtungsformen. In Bezug auf die verschiedenen medialen Ebenen zeigen sich hinsichtlich der Häufigkeit der genannten Eigenschaften keine großen Unterschiede. Rundfunkunternehmen werden mit 39,0 Prozent am wenigsten Eigenschaften zugeordnet, Zeitschriftenunternehmen am häufigsten (45,3 Prozent) gegenüber 42,0 Prozent bei Zeitungsverlagen. Im Printbereich konzentrieren sich die Eigenschaften tendenziell auf das Unternehmen in Bezug auf die Dimension ´Größe, Bedeutung und Einfluss` (32,4 und 26,4 Prozent). Die situationsbeschreibenden Eigenschaften stehen erst an zweiter Stelle. Da die Größe eines Unternehmens und dessen Bedeutung` bei der Unternehmensdarstellung für den Imageaufbau essentiell sind, scheint es im Printbereich vor allem um die Darstellung und Positionierung der Verlage zu gehen. Erstaunlich ist, dass aber die ´publizistische Qualität` und auch ´Kompetenz`, ´Flexibilität` und ´soziale Eigenschaften` am wenigsten in Bezug auf den Zeitungssektor angesprochen werden. Bei Rundfunkunternehmen dagegen wird hauptsächlich die momentane Unternehmenssituation über Eigenschaften beschrieben. Es geht weniger um ihre Position auf dem Markt. Genauere Unterschiede ergeben sich im engeren Distanzverhältnis innerhalb des Zeitungssektors. Am meisten Eigenschaften werden hier dem eigenen Unternehmen (45,9 Prozent), der direkten Konkurrenz (43,9 Prozent) und deren Beteiligungsunternehmen (indirekte Konkurrenz: 48,8 Prozent). zugeordnet.
308
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Abbildung 33: Vorkommen der Eigenschaften nach Beobachtungsformen 100 90 80 70 60 50
43,9
45,9
48,8
33,8
40
31,3
30 20 10 0 direkte Selbstbeob.
indirekte direkte indirekte Selbstbeob. Konkurrenz Konkurrenz
allg. Beob.
Mittelwerte
Basis:1983 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=28; chi2-Wert=74,884; 7,5% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Die Eigenschaftsdimension ´Größe und Bedeutung` des Unternehmens wird dabei jedoch am wenigsten beim eigenen Haus angesprochen (28,3 Prozent). Deutlich häufiger werden diesbezügliche Attribute bei den eigenen Beteiligungsunternehmen (37,1 Prozent) und bei der direkten Konkurrenzbeobachtung (35,7 Prozent) genannt. Bei der direkten Konkurrenz (29,1 Prozent) und auch bei deren Beteiligungsunternehmen (35,0 Prozent) wird zudem am meisten die momentane Situation des Verlags über Attribute beschrieben. Beim eigenen Verlag findet das wiederum etwas zurückhaltender statt (27,4 Prozent). Aufschlussreich ist, dass gerade die fachliche ´Kompetenz` beim eigenen Unternehmen mit 12,3 Prozent mehr als doppelt so oft thematisiert wird wie bei der direkten Konkurrenz (5,5 Prozent) und den indirekten Beobachtungsformen (2,9 und 3,7 Prozent). Das könnte bedeuten, dass es beim eigenen Unternehmen vermieden wird, allzu offensichtlich nach außen Größe und Bedeutung zu betonen. Es wird eher versucht, ihr Image über Kompetenzzuweisung hervorzuheben. Jedoch geht es hier nur um Häufigkeitswerte. Erst die Wertungstendenzen unter Punkt 8.3, Ka-
7.2 Charakterisierung durch einen Aussageträger
309
pitel 3, können explizit aufdecken, ob die Eigenschaften gezielt eingesetzt werden, um sich entweder positiv von den Wettbewerbern auf dem Medienmarkt abzusetzen oder die Konkurrenz in einem schlechteren Licht dastehen zu lassen. 7.2 Charakterisierung durch einen Aussageträger
Laut Hickethier (2005) enthalten sich die Medienjournalisten eher einer explizit formulierten eigenen Meinung, besonders wenn es um ihren eigenen Medienbereich geht. Schließlich wollen sie nicht der Nestbeschmutzung bezichtigt werden. Zurückhaltung können sie auch dadurch zeigen, dass sie anstelle einer eigenen Stellungnahme eher Aussagen Dritter zitieren. Dadurch machen sie sich unangreifbar und sichern sich gegen mögliche negative Folgen ihrer Darstellung ab. (S. 64) Die Verwendung von direkten und indirekten Zitaten unter Nennung des Aussageträgers soll der Berichterstattung zudem einen hohen Grad an Authentizität verleihen. Da aber immer noch der Journalist selbst die Auswahl der Zitate vornimmt, können sie von ihm auch gezielt eingesetzt werden, um beim Rezipienten eine gewisse Wirkung zu erzielen. Denn durch das zitierte Urteil werden kritische Einschätzungen als Nachricht deklariert und erhalten dadurch ein größeres Gewicht. Im Folgenden wird daher der Frage nachgegangen, inwieweit bei der Berichterstattung über Medienunternehmen Aussageträger herangezogen werden und ob dies eventuell gezielt erfolgt. 7.2.1 Vorkommen von Aussageträgern
Untersucht wurde nicht nur, in welchem Umfang Aussageträger herangezogen wurden, sondern auch wie vielgestaltig die diversen Stellungnahmen erfolgten. Es wurde differenziert zwischen Artikeln mit lediglich einem Aussageträger, Artikeln, in denen die Aussagen überwiegend von einem Aussageträger kommen, und Artikeln, in denen etwa gleichwertig mehrere Aussageträger aus verschiedenen Bereichen genannt werden. Insgesamt fanden sich in 74,8 Prozent aller untersuchten Artikel Aussageträger. Wenn man noch bedenkt, dass 31,0 Prozent der Artikel Nachrichten sind (siehe Kap. 3, 6.1), die aufgrund ihres kurzen Berichterstattungsstils eher weniger Zitate vermuten lassen, so wirkt dieser Wert noch höher. 47,2 Prozent der Beiträge bedienen sich dabei eines einzelnen Aussageträgers. In 10,3 Prozent der Artikel kommen zwar mehr Aussageträger vor, dennoch stammen die Zitate überwiegend von einem Aussageträger. Man kann also davon ausgehen, dass über die Hälfte aller Artikel überwiegend einen Aussageträger beinhalten. Ver-
310
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
schiedene Aussageträger in einem ausgeglichenen Verhältnis kommen nur in 17,3 Prozent der Beiträge vor. Innerhalb des Untersuchungszeitraums deutet sich eine kontinuierliche Entwicklung des Berichterstattungsstils an, da der Einsatz von Zitaten bis zur Phase 4 kontinuierlich von 67,8 Prozent in Phase 1 auf 84,0 Prozent in Phase 4 steigt. Jedoch zeigt sich erneut in Phase 5 ein Abbruch dieser Entwicklung. Die Häufigkeiten sinken wieder auf 70,4 Prozent, was fast dem Anteil in Phase 1 entspricht. Folglich ähneln sich die Thematisierungshäufigkeiten der beiden Konsolidierungsphasen. Ökonomische Bedingungen könnten also auch Einfluss auf die Entwicklung der Berichterstattung haben, indem in wirtschaftlichen Wachstums- oder Krisenphasen vermehrt Aussageträger hinzugezogen werden. In Zeiten der Konsolidierung wird jedoch eher sparsam mit Zitaten umgegangen. Wie viele Aussageträger und damit auch Statements nun herangezogen werden, um die Darstellung der Unternehmen zu untermauern, gibt Aufschluss über Transparenz und Komplexität der Darstellung, aber auch über die Glaubwürdigkeit der Aussage. Wird nur ein Aussageträger zitiert, so liegt eher die Vermutung eines PR-lastigen Unternehmensstatements nahe. Die Glaubwürdigkeit des Artikelinhalts steigt dagegen, wenn die Unternehmensdarstellung durch die Aussagen verschiedener Aussageträger bestätigt wird. Auch wenn insgesamt in den Beiträgen der Einsatz von nur einem Aussageträger überwiegt, nimmt diese Form der Darstellung im Laufe des Untersuchungszeitraums kontinuierlich ab. Dagegen werden innerhalb der 15 Jahre mit leicht steigender Tendenz mehr Aussageträger herangezogen, die entweder gleichwertig ihre Meinung kundtun oder bei denen neben einem Hauptrepräsentanten noch weitere Aussageträger auftauchen. Mehr Meinungen beleuchten im Allgemeinen einen Sachverhalt aus mehreren Perspektiven und können so zu einer komplexeren Charakterisierung beitragen. Hier zeigt sich ab der Wachstums- und Orientierungsphase (Phase 2), also ab Mitte der Neunziger Jahre ein deutlicher Rückgang bei der einseitigen Darstellung über ausschließlich einen Aussageträger und eine Entwicklung hin zu einer glaubwürdigeren und vielgestaltigeren Charakterisierung über mehrere Aussageträger. Diese kontinuierliche Entwicklung deutet auf eine Professionalisierungstendenz bei der Thematisierung von Medienunternehmen. Eine Abhängigkeit von konjunkturellen Entwicklungen und damit von veränderten unternehmerischen Eigeninteressen ist weniger ersichtlich.
7.2 Charakterisierung durch einen Aussageträger
311
Abbildung 34: Anzahl der Aussageträger nach Phasen 100 90 80 70
67,6
70,7
66,1
60
57,5
54,5
24,0
28,7
18,4
16,8
Phase 4
Phase 5
50 40 30
24,5 22,4
20
15,7
10
13,6
11,5
Phase 2
Phase 3
0
7,9 Phase 1
nur ein Aussageträger verschiedene Aussageträger
überwiegend ein Aussageträger
Basis:784 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test signifikant, p=0,022; df=8; chi2-Wert=17,916; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Am häufigsten werden Aussageträger bei Beiträgen über Zeitungsunternehmen (75,3 Prozent) herangezogen (Rundfunk: 73,3 Prozent; Zeitschriften: 67,9 Prozent). Auf allen drei Ebenen kommen die Zitate zwar überwiegend (63 bis 67 Prozent) nur von einem einzigen Aussageträger, am deutlichsten zeigt sich dies jedoch im Zeitungssektor. Die höchste Transparenz und Vielfalt an Stellungnahmen über verschiedene gleichwertige Aussageträger (25,1 Prozent) findet sich dagegen beim Rundfunkbereich. Soll hier etwa mehr Glaubwürdigkeit über mehrere Stellungnahmen erreicht werden? Dies erstaunt, da gleichzeitig Artikel über Rundfunkunternehmen weniger auf Eigenrecherche beruhen und mehr von Nachrichtenagenturen stammen als bei Printunternehmen. Somit könnte die vielgestaltige Stellungnahme auch Ergebnis der guten Pressearbeit der einzelnen Rundfunksender sein. Innerhalb des Zeitungssektors wiederum zeigen sich hinsichtlich der Häufigkeit von Zitaten deutliche Unterschiede.
312
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Abbildung 35: Anzahl der Aussageträger nach Beobachtungsformen 100 90
15,2
22,4
24,2
20,8
13,3
31,1
20,7
80 19,6 70 6,7
13,3
60 50 40 30
65,2
62,2
56,8
62,5
66,0
20 10 0 direkte indirekte Selbstbeobachtung Selbstbeobachtung
nur ein Aussageträger
direkte Konkurrenz indirekte Konkurrenz
überwiegend ein Aussageträger
allgemeine Beobachtung
verschiedene Aussageträger
Basis: 486 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test nicht signifikant, p=0,274; df=8; chi2-Wert=9,868; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Am häufigsten werden Zitate bei der direkten Konkurrenz (82,8 Prozent) verwendet. Hier möchte sich eventuell der Journalist selbst mit einer Stellungnahme zurückhalten, indem er mehr Zitate einbezieht und damit gleichzeitig Verantwortung für die Aussage abgibt. Oder die Aussage soll im Sinne der Glaubwürdigkeit über andere Personen kommuniziert oder bestätigt werden. Auch bei den Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz (71,4 Prozent) und bei der allgemeinen Beobachtung (76, 5 Prozent) werden in hohem Maß Aussageträger herangezogen. Dagegen erscheinen deutlich weniger Zitate bei den Selbstbeobachtungsformen, am wenigsten beim eigenen Unternehmen (59,7 Prozent; eigene Beteiligungsunternehmen: 65,2 Prozent). Und das, obwohl die Journalisten hier unmittelbar an der Quelle sitzen und leichter z.B. Repräsentanten des Unternehmens zu Wort kommen lassen können. Aber vielleicht wollen die Journalisten gerade bei dem brisanten Thema ´Selbstthematisierung` sich mit Stellungnahmen aus dem Unternehmen zurückhalten, um nicht einer PR-orientierten Selbstdarstellung bezichtigt zu werden. Bei den eigenen Beteiligungsunternehmen werden
7.2 Charakterisierung durch einen Aussageträger
313
dabei allerdings am häufigsten verschiedene gleichwertige Aussageträger herangezogen. Hier sollen anscheinend die Aussagen bezüglich des Unternehmens umfassend über mehrere Dritte übermittelt, bestätigt und eventuell auch bewertet werden. Ganz anders beim eigenen Unternehmen (direkte Sebstbeobachtung). Hier werden zwar am wenigsten Zitate verwendet, es kommt aber zu 84,8 Prozent ausschließlich bzw. überwiegend nur ein Aussageträger zu Wort. Die Darstellung des eigenen Unternehmens erfolgt somit eher einseitig über eine Person, da weniger Aussageträger auch weniger Meinungen bedeuten. 7.2.2 Medialer Bezug der Aussageträger zum Berichterstattungsobjekt
Vor allem in Anbetracht dessen, dass fast ausschließlich nur ein Aussageträger zu Wort kommt, ist von Interesse, aus welchem (Medien-)bereich der Aussageträger stammt, der zum thematisierten Medienunternehmen Stellung nimmt. Abbildung 36: Beziehung des Berichterstattungsobjekts zum Aussageträger
9,8
1,8
4,8 1,9 0,9 5,5
eigenes Unternehmen
75,3
direkt intramedial
indirekt intramedial
intermedial
aus dem sonstigen Medienbereich
aus anderen Bereichen
unbestimmt
Basis: 1048 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Häufigkeit in Prozent; dargestellt ist der Bereich von 0 bis 100 Prozent.
314
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Für die allgemeine Wirtschaftsberichterstattung hat Spachmann (2003) eine Dominanz der Unternehmensleitung als Aussageträger festgestellt. Arbeitnehmer, Rezipienten oder andere von den Handlungen betroffene Gruppen wurden weniger berücksichtigt, worin er eine Beeinträchtigung der Transparenz und Glaubwürdigkeit sah. (S. 247-248) Dieses Ergebnis bestätigt sich in dieser Studie auch für die Berichterstattung über Medienunternehmen, da zu 75,3 Prozent die Aussageträger aus dem thematisierten Unternehmen stammen. Diese Tendenz nimmt im Laufe des Untersuchungszeitraums (p=0,154) kontinuierlich um ca. 10 Prozent zu und zwar von 69,8 Prozent in Phase 1 bis 79,0 Prozent in Phase 5. Dabei kommen in allen drei Medienbereichen (p=0,460) die Aussageträger überwiegend aus dem eigenen Haus (Zeitungssektor: 77,5 Prozent; Zeitschriftensektor: 81,6 Prozent; Rundfunkbereich: 73,3 Prozent). Es wird also eher Repräsentanten des Berichterstattungsobjekts überlassen, ihr Unternehmen darzustellen. Dies würde eine einseitige, subjektive Sicht fördern, vor allem dann, wenn damit nur die Meinung des Journalisten untermauert wird. Lediglich im Rundfunkbereich kommen die Aussageträger zu 11,5 Prozent auch aus anderen, allerdings medienexternen Bereichen. Im Zeitungssektor37 selbst setzen sich wiederum die Selbstbeobachtungsformen ab. Hier beschränkt man sich nicht nur am meisten auf einen Aussageträger (siehe Kap. 3, 7.2.1), sondern hier kommen auch fast ausschließlich (80,4 Prozent) unternehmensinterne Personen, also Unternehmensrepräsentanten, zu Wort. Dies ist zwar aufgrund der organisationalen Nähe verständlich, jedoch leidet darunter die Objektivität und auch die Glaubwürdigkeit. Wenn man miteinbezieht, dass ein Großteil der Beiträge über das eigene Unternehmen redaktionelle Artikel sind (siehe Kap. 3, 5.2.1), verdichtet sich der Verdacht einer Selbstdarstellung in Form einer Pressemitteilung. Bei der Konkurrenz kommen weniger unternehmensinterne Aussageträger vor (direkte Konkurrenz: 75,2 Prozent; indirekte Konkurrenz: 69,2 Prozent). Doch werden auch kompetente Fachleute aus dem Mediensektor, die die Glaubwürdigkeit einer Aussage noch erhöhen könnten, nur vernachlässigend gering (1,6 Prozent) hinzugezogen. Beim eigenen Unternehmen geschieht dies immerhin zu 10,9 Prozent. Dagegen kommen bei der direkten Konkurrenz etwa doppelt so oft (8,8 Prozent) medienfremde Aussageträger zu Wort als bei der direkten Selbstbeobachtung (4,3 Prozent). Wenn die Aussagen aber nicht von Medienfachleuten kommen, sondern von medienexternen Personen, verliert ihre Aussage etwas von ihrer medienspezifischen Relevanz. Dadurch dass beim eigenen Unternehmen die Aussagen überwiegend von meist nur einer unternehmensinternen Person gemacht werden, verstärkt sich der Verdacht einer inszenierten Selbstdarstellung. Schließlich wird 37
N=784; p=0,485
7.2 Charakterisierung durch einen Aussageträger
315
einem Unternehmensrepräsentanten daran gelegen sein, das eigene Unternehmen in einem positiven Licht darzustellen. 7.2.3 Eigenschaften im Fließtext und/oder Zitat (Aussageform)
Der Journalist kann Medienunternehmen auch selbst über die explizite Zuordnung von Attributen charakterisieren und damit Einfluss auf die Rezipientenwahrnehmung nehmen. Die den Unternehmen bzw. deren Handlungen zugeschriebenen Adjektive können hierbei sowohl im Fließtext vorkommen oder in Zitatform über andere Aussageträger geäußert werden. Letztere sind für den Rezipienten aufgrund ihrer Authentizität glaubhafter, während die Eigenschaften im Fließtext als reine ´Stellungnahme` bzw. Wertung des Journalisten gesehen werden. Interessant ist daher die Frage, ob Wertungen in Form von Adjektiven aus dem Verantwortungsbereich der Journalisten oder aus einer anderen Quelle stammen? Das Ergebnis zeigt, dass zu 62 Prozent die Eigenschaften überwiegend im Fließtext wiedergegeben werden, nur 27 Prozent werden in Zitaten verwendet und lediglich 11,0 Prozent finden sich gleichermaßen in Fließtext und Zitat. Der Journalist bezieht also durchaus dezidiert Stellung, indem er den Unternehmen selbst Eigenschaften zuschreibt, über deren Wertungstendenz er Einfluss auf die Wahrnehmung und Einschätzung der Rezipienten nehmen kann. Um bessere Vergleichswerte zu erhalten, wurde ein Mittelwert errechnet auf einer Skala von 1=Vorkommen im Zitat über 2=Vorkommen in Zitat und Fließtext bis zu 3=Vorkommen im Fließtext. Im Untersuchungszeitraum tauchen Eigenschaften durchgängig relativ konstant mit einem Mittelwert von ca. 2,30 mehr im Fließtext auf. In den beiden Ausnahmezeiträumen des Medienbooms (Phase 3; MW: 2,41) und der Krisenphase (Phase 4; MW: 2,45) steigt dieser Wert noch. Hier nimmt der Journalist über beschreibende Adjektive im Fließtext noch vermehrt selbst Stellung. Bezüglich der medialen Ebenen (p=0,627) werden im weiten Distanzverhältnis mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz Eigenschaften eher im Fließtext gesetzt. Der Zeitungssektor zeigt einen Mittelwert von 2,28 auf, der Zeitschriftensektor einen von 2,35 und der Rundfunkbereich einen Mittelwert von 2,39. Das spricht – zwar marginal, aber dennoch tendenziell – für eine Zurückhaltung des Journalisten im eigenen Medienbereich, da Attribute den Unternehmen hier eher über Dritte (Aussageträger) zugeteilt werden. Auch im engen Distanzverhältnis (p=0,627) werden vom Journalisten mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz die Eigenschaften mehr in den Fließtext gesetzt.
316
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Abbildung 37: Aussageform der Eigenschaften nach Beobachtungsformen (MW) 3 2,8
2,63
2,6
2,37
2,4 2,2
2,44 2,26
2,13
2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 direkte Selbstbeob.
indirekte Selbstbeob.
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
Mittelwerte
Basis: 421 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,026; F=17,453; auf einer Skala von 1=Zitat bis 3=Fließtext.
Einzig die allgemeine Beobachtung setzt sich davon ab und zeigt wieder ähnliche Werte wie die indirekte Selbstbeobachtung. Bei der Berichterstattung über die Konkurrenz und ihre Beteiligungsunternehmen (MW: 2,44 und 2,63) ordnet der Journalist den Unternehmen am meisten selbst Adjektive zu, während im Vergleich dazu beim eigenen Unternehmen (MW: 2,13) die charakterisierenden Eigenschaften eher über Aussageträger erfolgen. Da diese Aussageträger – wie oben festgestellt – zu 80 Prozent aus dem unternehmensinternen Bereich stammen, überlassen die Journalisten wohl eher den ´Verlagsleuten` eine solche wertende Stellungnahme. Auffällig ist auf jeden Fall die Scheu der Journalisten, das eigene Unternehmen selbst über Eigenschaften charakterisierend und damit auch wertend darzustellen. Dies korrespondiert mit dem Ergebnis, dass der Verfasser des Artikels beim eigenen Unternehmen am geringsten namentlich genannt wird und sich eher hinter einer redaktionellen Kennzeichnung ´versteckt` (siehe Kap. 3, 5.2.1). Eventuell will man dem Verdacht einer offensichtlich gezielten Selbst-
7.3 Charakterisierung durch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt
317
darstellung entgehen. Da aber gegenüber der Konkurrenz diese Zurückhaltung nicht gezeigt wird, kann von einer bewussten Charakterisierung unter Konkurrenzaspekten ausgegangen werden. Nähere Aufschlüsse darüber können die Ergebnisse hinsichtlich der Wertungsrichtung der zugeordneten Eigenschaften (siehe Kap. 3, 8.3) geben. 7.3 Charakterisierung durch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt
In einem Beitrag wird oft nicht nur singulär ein Medienunternehmen behandelt, sondern es werden daneben noch weitere Unternehmen aus dem Medienbereich erwähnt. Durch die parallele Darstellung wird ihre wirtschaftliche Situation unweigerlich miteinander verglichen. Entscheidend kommt es dabei auf das Verhältnis an, in dem die Unternehmen zueinander stehen. Da es im Folgenden um zumindest zwei Medienunternehmen geht, soll das dominante Berichterstattungsobjekt als ´primäres Berichterstattungsobjekt` bezeichnet werden, und das Unternehmen, das nur neben diesem genannt wird, als ´sekundäres Berichterstattungsobjekt`. 7.3.1 Vorkommen eines sekundären Berichterstattungsobjekts
In 68,3 Prozent der Beiträge werden neben dem primär thematisierten Unternehmen auch andere Medienunternehmen als sekundäre Berichterstattungsobjekte miteinbezogen. Diese (N=716) werden dabei zu ca. 90 Prozent namentlich genannt, beim Rest werden reine Gattungsbegriffe herangezogen. Bei einer Thematisierung stehen sich also hauptsächlich konkret genannte Unternehmen gegenüber. Dabei nimmt innerhalb des Untersuchungszeitraums die namentliche Nennung dieser sekundären Berichterstattungsobjekte kontinuierlich zu. In jeder Phase38 wird in über der Hälfte der Beiträge ein sekundäres Berichterstattungsobjekt genannt. Gerade zu wirtschaftlichen Extremzeiten, der Boom- (70,6 Prozent) oder Krisenzeit (73,2 Prozent), erfolgt dies verstärkt. Allerdings werden im Zeitungssektor (28,5 Prozent) am wenigsten Zweitunternehmen genannt (Zeitschriftensektor: 33,9 Prozent; Rundfunkbereich: 32,7 Prozent). Mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz zur berichtenden Zeitung nimmt dabei innerhalb des Zeitungssektors (p=0,003) die Erwähnung eines sekundären Berichterstattungsobjektes zu. Während bei der Darstellung des eigenen Unternehmens dem primären Berichterstattungsobjekt nur in etwa der Hälfte 38
Phase 1: 66,8 Prozent; Phase 2: 64,8 Prozent; Phase 5: 65,5 Prozent.
318
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
der Beiträge (58,4 Prozent) ein weiteres Unternehmen zur Seite gestellt wird, kommen bei der Konkurrenz in Dreiviertel der Artikel (direkte Konkurrenz: 72,8 Prozent; indirekte Konkurrenz: 78,0 Prozent)39 weitere Unternehmen vor. Die Konkurrenz wird somit deutlich öfter einem möglichen Vergleich mit einem sekundären Berichterstattungsobjekt ausgesetzt. Mit welcher Intention dies erfolgt, kann wiederum die Analyse der Bewertungsrichtung ergeben (siehe Kap. 3, 8.2). 7.3.2 Medialer Bezug zwischen den Berichterstattungsobjekten
Die sekundären Berichterstattungsobjekte können nun aus exakt dem gleichen Medienbereich stammen oder aus einem entfernteren als dem des primären Berichterstattungsobjektes. Je nachdem bekommt ein Vergleich eine andere Gewichtung. Eine Gegenüberstellung im selben Mediensektor enthält eine viel brisantere Aussage, als wenn neben einer Zeitung beispielsweise ein Fernsehsender, also ein Unternehmen aus einem ganz anderen Medienbereich, thematisiert wird. Daher ist von Interesse, in welcher Beziehung primäres und sekundäres Berichterstattungsobjekt zueinander stehen. Dafür wurden verschiedene Beziehungen identifiziert. Stammt beispielsweise das primäre Berichterstattungsobjekt aus dem Zeitschriftensektor und gleichfalls das sekundäre, so handelt es sich um eine direkt intramediale Beziehung. Ist das sekundäre Berichterstattungsobjekt dagegen ein Zeitungsunternehmen, also auch aus dem Printbereich, aber aus einem anderen Sektor, so ist indirekte Intramedialität gegeben. Stammt es dagegen z.B. aus dem Rundfunkbereich, so ist die Beziehung zwischen dem primär thematisierten Zeitschriftenunternehmen und einem sekundär genannten Rundfunkunternehmen intermedial. In der Studie stammen zu 85,3 Prozent die sekundären Berichterstattungsobjekte aus demselben Medienbereich wie die primären Berichterstattungsobjekte (N=716). Folglich werden eher direkte wirtschaftliche Konkurrenten in einem Beitrag gegenübergestellt. Nur zu 12,7 Prozent sind die Beziehungen zwischen primärem und sekundärem Berichterstattungsobjekt intermedial. Diese letztere Beziehung überrascht, da es gerade zwischen dem Print- und dem Rundfunkbereich einige crossmediale Verflechtungen gibt und daher eine vermehrte gemeinsame Thematisierung zu erwarten gewesen wäre. Zum anderen besteht zwischen Print- und Rundfunkbereich eine starke wirtschaftliche Konkurrenz auf dem Werbemarkt, da immer mehr Werbeinvestitionen vom Printbereich zum Rundfunk verlagert werden. Indirekt intramediale Beziehungen sind mit 2,0 Prozent 39
indirekte Selbstbeobachtung: 68,1 Prozent; allgemeinen Beobachtung:63,3 Prozent
7.3 Charakterisierung durch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt
319
nahezu bedeutungslos. Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmen bzw. Fernsehund Hörfunksender werden also nur sehr selten im selben Artikel thematisiert. Betrachtet man diese verschiedenen Medienbeziehungen im Laufe des Untersuchungszeitraums, so zeigen sich zwei gegensätzliche Entwicklungen. Abbildung 38: Mediale Beziehung der Berichterstattungsobjekte nach Phasen 95,7
100 90
86,9
89,8 76,9
80
76,7
70 60 50 40 30
21,9
22,6
1,3
0,8
Phase 4
Phase 5
20 10 0
8,8
7,1
4,4
3,1
Phase 1
Phase 2
direkt intramedial
3,7 0,6
Phase 3
indirekt intramedial
intermedial
Basis: 716 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=8; chi2-Wert=48,307; 33,3% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
Ganz allgemein kann gesagt werden, dass in wirtschaftlichen Wachstumszeiten in einem Artikel vor allem Unternehmen desselben Mediensektors einander gegenübergestellt werden, in wirtschaftlichen Tiefphasen dagegen zunehmend Unternehmen aus einem anderen Medienbereich. Während Unternehmen, die in einem intermedialen Verhältnis stehen, in den ersten drei Phasen nur geringfügig zusammen in einem Artikel vorkommen, steigt der Wert in den wirtschaftlich rezessiven Phasen 4 und 5 überproportional von 3,7 Prozent auf 21,8 und 22,6 Prozent an. Genau gegenläufig verläuft die Entwicklung der direkt intramedialen Beziehungen. Unternehmen aus demselben Mediensektor werden in den ersten
320
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
drei Phasen mit steigender Tendenz thematisiert (von 86,9 Prozent auf 95,7 Prozent). Diese Werte sinken in den Phasen 4 und 5 deutlich auf 76,9 und 76,7 Prozent. Schließlich ist es brisant zwei Unternehmen desselben Sektors gegenüberzustellen, wenn es beiden schlecht geht. Wird die Konkurrenz besser dargestellt, schadet das dem Image des eigenen Unternehmens und umgekehrt kann der Journalist durch deren negative Darstellung der ´Konkurrenzbeschimpfung` bezichtigt werden. Eventuell will man daher eine Gegenüberstellung direkter Konkurrenten eher vermeiden. Somit könnte durch die gleichzeitige Darstellung von Unternehmen aus unterschiedlichen Medienbereichen eher von den Problemen im eigenen Sektor abgelenkt werden. Ebenso ist es aber möglich, dass in wirtschaftlichen Krisenzeiten gerade das Konkurrenzproblem zwischen Print und Rundfunk thematisiert wird oder die Situation als umfassenderes Problem gezeigt wird, das alle Medienbereiche betrifft. Außerdem könnten auch crossmediale Verflechtungen eine Rolle spielen. Die wirklichen Gründe können hier jedoch nicht geklärt werden. Differenziert man nun diese Ergebnisse nach medialen Ebenen (N=716; p=0,000), so erkennt man, dass vorwiegend bei Berichten über Zeitschriftenverlage und Rundfunksender die sekundären Berichterstattungsobjekte aus demselben Bereich stammen (86,1 Prozent und 89,5 Prozent). Im Zeitungssektor ist das zu 10 Prozent weniger der Fall (76,2 Prozent). Dafür stammen hier fast dreimal häufiger als bei Zeitschriften (22,3 Prozent) die sekundären Berichterstattungsobjekte aus dem Rundfunkbereich. Ob dies an dem zunehmenden Engagement der Zeitungsverlage im Rundfunkbereich liegt oder ob andere Gründe vorliegen, kann hier nicht eindeutig geklärt werden. Ein wirtschaftlicher Vergleich der thematisierten Unternehmen ist jedenfalls bei einer intermedialen Beziehung am wenigsten brisant, da beide Unternehmen nicht als direkte publizistische Konkurrenten auf demselben Medienteilmarkt agieren. Sie befinden sich lediglich in stärkerer wirtschaftlicher Konkurrenz in ihrer Eigenschaft als Werbeträger. Innerhalb des Zeitungssektors (N=457; p=0,028) zeigen sich zwei unterschiedliche Tendenzen. Den eigenen Beteiligungsunternehmen sowie lokalen und regionalen Zeitungen (allgemeine Beobachtung) werden fast ausschließlich (91,5 und 88,7 Prozent) Unternehmen aus demselben Medienbereich gegenübergestellt. Dagegen stammt bei den überregionalen Zeitungen sowohl bei der Berichterstattung über das eigene Haus (24,4 Prozent), als auch bei der über die Konkurrenzunternehmen (25,5 Prozent) ein Viertel der sekundären Berichterstattungsobjekte aus dem Rundfunkbereich. Dies mag eventuell an den crossmedialen Aktivitäten der überregionalen Zeitungen liegen. Doch könnten auch andere Gründe dahinterstehen. Eine Gegenüberstellung von direkten Konkurrenten im Wettbewerb erfolgt nämlich kaum. Dies wäre wirtschaftlich gesehen auch am brisantesten und könnte für ein Unternehmen zu Imageverlust führen. Somit
7.3 Charakterisierung durch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt
321
setzen sich hier die direkten Beobachtungsformen von den übrigen ab, indem es hier eher vermieden wird, zwei Unternehmen aus demselben Mediensektor gegenüberzustellen. Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmen bzw. Fernseh- und Hörfunkunternehmen (indirekt intramediale Beziehungen) erscheinen kaum zusammen in einem Artikel. 7.3.3 Das Verhältnis zwischen primärem und sekundärem Berichterstattungsobjekt
Neben der medialen Beziehung ist auch von Interesse, in welchem Verhältnis das sekundäre Berichterstattungsobjekt zum primären Berichterstattungsobjekt steht: als Kontrahent, Solidaritätspartner oder als Unternehmen, das Verflechtungen zum primären Berichterstattungsobjekt aufzeigt. Auch dadurch kann auf den verfolgten Zweck des Journalisten geschlossen werden. Abbildung 39: Verhältnis primäres - sekundäres Berichterstattungsobjekt nach Phasen 100 90 80 70 56,4
60 50
46,7
47,9 37,8
40 30
45,7
38,0
40,9
39,1 32,5
17,3
20 10 0
8,8
7,9
6,6
5,5
Phase 1
Phase 2
Verflechtung
Kontrahent
26,3
17,2 2,5
8,3 9,0
5,8
Phase 3
Phase 4
Phase 5
Solidaritätspartner
Sonstiges
Basis: 716 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,005; df=12; chi2-Wert=28,112; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
322
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Sekundäre Berichterstattungsobjekte werden selten als Solidaritätspartner (insgesamt nur in 12,3 Prozent der Beiträge) dargestellt. In den meisten Fällen sind sie Kontrahenten (insgesamt in 35,3 Prozent der Beiträge) oder mit dem primären Berichterstattungsobjekt wirtschaftlich verflochten (insgesamt in 46,6 Prozent der Beiträge). Sind Unternehmen wirtschaftlich verflochten, kann von Abhängigkeiten und daher auch von Rücksichtnahmen ausgegangen werden und daher auch von einer gezielten bzw. gesteuerten Darstellung. Lediglich in der wirtschaftlichen Krisenphase kommen wirtschaftlich verflochtene Unternehmen ca. 10 Prozent weniger vor und werden etwa im gleichen Verhältnis erwähnt wie Konkurrenten. Es könnte vermutet werden, dass aufgrund von Sanierungsplänen viele Beteiligungen aufgelöst wurden und diese Unternehmen daher weniger thematisiert wurden. Dieser Annahme widerspricht jedoch, dass in der Konsolidierungsphase mit einer Steigerung von ca. 20 Prozent wieder deutlich mehr wirtschaftlich verflochtene Unternehmen erwähnt werden. Somit kann ein gezielter Einsatz vermutet werden. Kontrahenten werden im Untersuchungszeitraum meist in ca. 40 Prozent der Fälle neben dem primären Berichterstattungsobjekt dargestellt. Nur in der wirtschaftlichen Boomphase (32,5 Prozent) und in der zweiten Konsolidierungsphase (Phase 5: 26,3 Prozent) kommen sie deutlich weniger vor. Insgesamt zeigen sich Abweichungen vor allem in den wirtschaftlichen Extremphasen. In beiden Phasen werden die sekundären Berichterstattungsobjekte vermehrt als Solidaritätspartner dargestellt. Während in der Boomphase weniger Kontrahenten thematisiert werden, kommen in der Krise weniger wirtschaftlich verflochtene Unternehmen vor. In Phase 5 lassen sich dann zwei unterschiedliche Tendenzen identifizieren. Zum einen werden zusätzlich thematisierte Unternehmen wieder im gleichen Maß als Solidaritätspartner dargestellt wie vor den beiden Ausnahmephasen. Zum anderen werden als sekundäre Berichterstattungsobjekte zunehmend Unternehmen gewählt, die wirtschaftliche Verbindungen zum primären Berichterstattungsobjekt aufweisen. Im Gegenzug dazu werden deutlich weniger Kontrahenten in Vergleich zum primären Berichterstattungsobjekt gestellt. Somit ist nach der Krise eine vorsichtige und zurückhaltende Einstellung gegenüber dem thematisierten Unternehmen festzustellen. Im Vergleich der medialen Ebenen ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede bezüglich der sekundären Berichterstattungsobjekte. Innerhalb des Zeitungssektors werden bei den Selbst- und Konkurrenzbeobachtungsformen überwiegend wirtschaftlich verbundene Unternehmen als sekundäres Berichterstattungsobjekt thematisiert und erst an zweiter Stelle Kontrahenten. Dabei setzen sich im Wesentlichen die direkten Beobachtungsformen (überregionale Zeitungen) von den indirekten (Beteiligungsunternehmen) ab. Beim eigenen Haus und den anderen überregionalen Konkurrenzunternehmen werden im Vergleich
7.3 Charakterisierung durch ein sekundäres Berichterstattungsobjekt
323
zu ihren Beteiligungsunternehmen als sekundäres Berichterstattungsobjekt weniger wirtschaftlich verbundene Unternehmen und mehr Kontrahenten und Solidaritätspartner genannt, wobei die Selbstbeobachtungsformen jeweils die stärkere tendenzielle Ausprägung zeigen. Tabelle 5: Verhältnis der Berichterstattungsobjekte nach Beobachtungsformen Beobachtung Verhältnis
direkte indir. direkte indir. Selbst- SelbstKonKonbeob. beob. kurrenz kurrenz n=45 n=47 n=110 n=131 HF in % HF in % HF in % HF in %
allg. Beob¦ achtung n=124 n=457 HF in % HF in %
Verflechtung
40,0
53,2
46,4
61,1
37,1
48,1
Kontrahent
37,8
34,0
30,9
28,2
50,0
36,3
Solidaritätspartner
17,8
6,4
14,5
6,1
7,3
9,6
Sonstiges
4,4
6,4
8,2
4,6
5,6
5,9
Gesamt
100
100
100
100
100
100
Basis: 457 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,004; df=12; chi2-Wert=28,692; 20,0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf; gekennzeichnet sind die Felder, die in den jeweiligen Spalten am häufigste;
Bei der Thematisierung von wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen als sekundäres Berichterstattungsobjekt kann aufgrund gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen davon ausgegangen werden, dass ihre Darstellung in Anlehnung an das primäre Berichterstattungsobjekt erfolgt. Bei der Darstellung von Kontrahenten dagegen liegt es nahe, dass vorwiegend unterschiedliche Positionen bei der Unternehmensdarstellung aufgezeigt werden, um sich voneinander abzusetzen. Wenn eine berichtende überregionale Zeitung nun über sich selbst berichtet, dann kommen zwar als sekundäres Berichterstattungsobjekt weniger (40,0 Prozent) wirtschaftlich verflochtene Beteiligungsunternehmen vor als bei Konkurrenzunternehmen (46,4 Prozent), jedoch am häufigsten Solidaritätsparter (17,8 Prozent gegenüber 14,5 Prozent bei der Konkurrenz). Beide können in ihrer Darstellung für das primäre Berichterstattungsobjekt nicht ´gefährlich` werden und bestätigen durch die eher solidarische Ausprägung noch die Situation der berichtenden Zeitung. Allerdings werden beim eigenen Haus auch in einem hohen Maß (37, 8 Prozent) Konkurrenten erwähnt, die oft in anderer Weise darge-
324
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
stellt werden als das primäre Berichterstattungsobjekt. Was diese Gegenüberstellung für das eigene Unternehmen bedeutet, hängt jedoch von der jeweiligen Wertungstendenz ab, die unter Punkt 8.2, Kapitel 3, aufgeführt ist. Gegenläufig zur Selbst- und Konkurrenzbeobachtung zeigen sich die Werte bei der allgemeinen Beobachtung. Bei den regionalen und lokalen Zeitungen werden am häufigsten (50,0 Prozent) von allen Beobachtungsformen Kontrahenten als weiteres Berichterstattungsobjekt gewählt und am geringsten (ca. 37 Prozent) wirtschaftlich verflochtene Unternehmen. Hier wird also die brisante Gegenüberstellung von konkurrierenden Unternehmen eher gewagt. Da es sich hier um Zeitungsverlage mit der größten wirtschaftlichen Distanz zur berichtenden Zeitung handelt, zeigt sich keine Scheu Konkurrenzunternehmen gemeinsam darzustellen. Diese Gegenüberstellung fällt vermutlich für eines der Unternehmen negativer aus. Wenn man von dieser Annahme ausgeht, bedeutet das für die Ergebnisse der direkten Beobachtungsformen (überregionale Zeitungen), dass hier eher die Konfrontation mit Konkurrenten gemieden wird. Jedoch gilt auch hier wieder, dass eine genaue Beurteilung erst getroffen werden kann, wenn man weiß, wie diese Gegenüberstellung für das primär thematisierte Unternehmen ausfällt. 7.4 Personalisierung als Charakterisierung
Gewinne und Verluste eines Unternehmens sind immer auch die Ergebnisse von Entscheidungen und Handlungen von Personen oder auch Gruppen innerhalb des Unternehmens. Komplexe ökonomische Prozesse und strategische Entscheidungen werden daher zur besseren Transparenz und Verständlichkeit gern personalisiert. D.h. das dargestellte Unternehmen wird mit einer Identifikationsfigur verbunden, die das Unternehmen nach außen repräsentiert und damit auch charakterisiert. Für die allgemeine Wirtschaftsberichterstattung wurde von Mast (1999a) schon ein weiterer Anstieg der Personalisierung und Emotionalisierung prognostiziert (S. 34), da dem Rezipienten dadurch ein direkter und emotionaler Zugang zu oft schwer verständlichen ökonomischen Prozessen und Zusammenhängen gegeben werden kann. Es stellt sich die Frage, inwieweit Formen der Personalisierung speziell auch zur Darstellung von Medienunternehmen herangezogen werden.
7.4 Personalisierung als Charakterisierung
325
7.4.1 Personalisierung durch die Darstellung eines Unternehmensrepräsentanten
Eine Personalisierung des Berichterstattungsobjekts erfolgt hauptsächlich über den Bezug zu einem Repräsentanten des Unternehmens. Dieser steht nicht nur für die Entscheidungen und den Status des Unternehmens, sondern er soll auch dessen Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit ausdrücken. Entgegen der Annahme für die allgemeine Wirtschaftberichterstattung (siehe Kapitel 1, 3.3.7) ist im Laufe des Untersuchungszeitraums keine kontinuierliche Entwicklung zu mehr Personalisierung erkennbar. Personalisierung über die Darstellung eines Unternehmensrepräsentanten erfolgt durchschnittlich in 33 bis 38 Prozent der Artikel. Nur in den wirtschaftlichen Ausnahmephasen 3 und 4 zeigen sich Abweichungen. In der Boomphase werden die Unternehmen und damit ihre Erfolge weniger an Personen geknüpft (27,3 Prozent), während in der wirtschaftlichen Krisenzeit Unternehmensrepräsentanten etwa doppelt so häufig genannt werden (56,8 Prozent). Die prognostizierte allgemeine Zunahme an Personalisierung gilt aus diesem Grund nicht für die Medienberichterstattung über Medienunternehmen. Eher richtet sich hier die Berichterstattung nach der jeweiligen wirtschaftlichen Lage und damit nach ökonomischen Zielsetzungen. Die Verteilungshäufigkeiten mögen ein Indiz dafür sein, dass Personen vielleicht dazu benutzt werden, um vom Unternehmen abzulenken und die Verantwortung für eine rezessive Unternehmensentwicklung auf einzelne Entscheidungsträger abzuschieben. Dadurch wird das Image des dargestellten Unternehmens weniger geschwächt. Die Annahme wird noch dadurch verstärkt, dass in der Boomphase deutlich weniger Personen zur Charakterisierung herangezogen werden. Es mag aber auch sein, dass gerade in der Krisenphase versucht wird über verstärkte Personalisierung und Emotionalisierung Vertrauen aufzubauen. Mit zunehmender Distanz zu der berichtenden Tageszeitung nehmen im weiten Distanzverhältnis (p=0,253) die Personalisierungstendenzen zu. Somit findet man ´Personalisierung` bei der Berichterstattung über Zeitungsunternehmen lediglich zu 33,7 Prozent, bei der über Rundfunkunternehmen mit 39,3 Prozent dagegen am häufigsten. Es erstaunt, dass gerade im eigenen Medienbereich Personalisierung nicht in hohem Maße eingesetzt wird, da sie ja einerseits Verständnis und Vertrauen schaffen könnte und andererseits als ´Sündenbock` herhalten kann. Eine ähnliche Zurückhaltung ist innerhalb des Zeitungssektors beim engen Distanzverhältnis (p=0,166) zu erkennen. Auch hier kommt Personalisierung über eine Identifikationsfigur bei der Berichterstattung über das eigene Haus mit 29,9 Prozent in geringerem Maße vor als bei den anderen Beobachtungsformen (direkte Konkurrenzbeobachtung: 33,8 Prozent; indirekte Konkurrenzbeobachtung: 44,0 Prozent; allgemeine Beobachtung: 39,8 Prozent). Allge-
326
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
mein ist eine Personalisierung also eher bei wirtschaftlich distanzierteren Unternehmen vorhanden als beim eigenen. Wie bei der Zuschreibung von Eigenschaften zeigt sich bei der Personalisierung erneut eine Zurückhaltung bei der charakterisierenden Darstellung des eigenen Unternehmens. Personalisierung wird also nicht in größerem Maß als Mittel benutzt, um beim eigenen Unternehmen eine Identifikation zum Unternehmen zu schaffen oder um die Verantwortung auf unternehmensinterne Entscheidungsträger abzuwälzen. Warum dies jedoch gerade beim eigenen Haus weniger erfolgt, kann hier nicht beantwortet werden. Denn gerade beim eigenen Unternehmen wäre es einfacher, Unternehmensrepräsentanten herauszustellen und über Emotionalisierung eine engere Leser-Blatt-Bindung zu erreichen. 7.4.2 Referenz der Eigenschaften auf das Unternehmen oder seine Handlungen
Über die Zuordnung von Eigenschaften kann der Journalist emotional beeinflussen. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, wem diese Eigenschaften zugeordnet werden: dem Medienunternehmen selbst oder nur einer Unternehmenshandlung. Über die Charakterisierung des Unternehmens an sich, soll sein wirtschaftlicher Status verdeutlicht werden und über diese Form der Personalisierung ein höherer emotionaler Bindungswert erreicht werden. Werden dagegen Handlungen mit Attributen beschrieben, so wird nur ein vorübergehender Zustand oder Vorgang geschildert, wobei dargestellte Handlungen aber auch Ausdruck unternehmerischer und publizistischer Kompetenz sein können. Die Aussage ist hier nur situativ und dadurch weniger intensiv. Welche Wirkung Journalisten über die Nennung von Eigenschaften erzielen wollen, könnte die Zuordnung der codierten Eigenschaften zu ihren Bezugsobjekten zeigen. Zunächst lässt sich festhalten, dass die Eigenschaften sich zu 55,2 Prozent auf die Handlung beziehen und nur zu 44,8 Prozent auf das Unternehmen selbst. Dabei werden dem Unternehmen überwiegend die Eigenschaftsdimensionen (N=1280; p=0,000) zugeordnet, die den ´Status` und die ´Positionierung` betreffen (siehe Kap. 3, 7.1.3). Es geht hier also bevorzugt um Position, Größe, Bedeutung und Einfluss, also um Attribute für wirtschaftliche Stärke bzw. Schwäche. Der Ist-Zustand des Unternehmens und seine Stellung auf dem Markt werden charakterisiert, wobei die Marktposition für die Außenwirkung eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist. Dagegen erscheinen die Eigenschaftsdimensionen, die sich auf ´Kompetenz`, ´Flexibilität` und die ´publizistische Qualität` beziehen, vornehmlich im Zusammenhang mit unternehmerischen Handlungen. Auch Eigenschaften, die Bezug nehmen auf die momentane wirtschaftliche Situation (Kat. ´Situationsbeschreibung`), werden eher Handlungen,
7.4 Personalisierung als Charakterisierung
327
also eher situativ begrenzten Unternehmensentscheidungen, zugeordnet. Die Charakterisierung erfolgt allgemein also eher über Handlungen, Maßnahmen und Strategien der Unternehmen. Betrachtet man die Zuordnung über die fünf Phasen hinweg, so deuten die Ergebnisse auf eine neue Entwicklungstendenz ab der Boomphase hin. Während in den ersten beiden Phasen die Eigenschaften noch überwiegend der Handlung zugeordnet werden, verteilen sich die Eigenschaften ab der Boomphase fast gleichwertig auf das Unternehmen und auf dessen Handlungen. Die Entwicklung geht also hin zu einer ausgewogenen Charakterisierung, des Unternehmens und seiner Handlungen gleichermaßen bezieht. Die Attribute betreffen also einerseits das Unternehmen an sich, einschließlich seiner ´Machtposition` auf dem Medienmarkt, und andererseits seine unternehmerischen und publizistischen Fähigkeiten, die wiederum Ausdruck seiner Handlungen sind. Abbildung 40: Zuordnung der Eigenschaften nach Phasen 100 90 80 70
62,6
60,6
60
51,8
53,0
50,5
48,2
47,0
49,5
Phase 3
Phase 4
Phase 5
50 40 30
37,4
39,4
Phase 1
Phase 2
20 10 0 Bezugnahme zum Unternehmen
Bezugnahme zur Handlung
Basis: 1280 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test hoch signifikant, p=0,000; df=6; chi2-Wert=142,943; 0% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf.
328
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Diese ausgeglichene Verteilung kommt vor allem bei der Charakterisierung von Zeitungsunternehmen vor (N=1280; p=0,031). Bei den anderen medialen Ebenen werden jeweils um ca. 10 Prozent mehr die Handlungen des Unternehmens betont. Innerhalb des Zeitungssektors wiederum (N=805; p=0,153) findet sich ausschließlich bei den direkten Beobachtungsformen die ausgeglichene Bezugnahme der Eigenschaften gleichermaßen auf das Unternehmen und auf dessen Handlungen. Somit setzen sich hier im Wesentlichen die überregionalen Zeitungen von den anderen Beobachtungsformen ab, da hier die Charakterisierung umfassend erfolgt, indem das Unternehmen selbst und seine unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen beschrieben werden. 7.4.3 Inhalt der Illustrationen
Durch Abbildungen von unternehmenseigenen Personen oder vom Unternehmen selbst, kann ebenfalls eine gewisse Form von Personalisierung erzeugt werden. Sie soll den Rezipienten den Zugang zum Unternehmen erleichtern, sowie Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufbauen. Nach der Theorie erregen dabei Abbildungen von Menschen eine höhere Aufmerksamkeit und haben eine stärkere Wirkung auf die Rezipienten als Gegenstände. Durch die Verbindung zu bekannten Persönlichkeiten (z.B. Frieda Springer – Springer-Konzern) erhält das Unternehmen zudem einen gewissen Erkennungswert. Die Studie ergab, dass in 23,5 Prozent der Illustrationen das Medienangebot bzw. -produkt dargestellt wurde. Das Unternehmen selbst (8,1 Prozent) oder abstrakte Darstellungen (2,9 Prozent) wurden nur selten auf Fotos gezeigt. Über die Hälfte (58,0 Prozent) der Fotos stellten aber Menschen dar. Bei den dargestellten Personen stammen 55,1 Prozent aus dem unternehmensinternen Bereich, wie etwa der Verlagschef, etc., nur 2,9 Prozent sind unternehmensextern. Während also mit einem Viertel der Bilder die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf das jeweilige Medienprodukt gelenkt wird und damit indirekt Werbung dafür betrieben wird, zeigen über die Hälfte der Illustrationen Repräsentanten des jeweiligen thematisierten Unternehmens. Über Visualisierung wird somit verstärkt Personalisierung betrieben. Im Untersuchungszeitraum setzen sich die beiden ersten Phasen bei der Verteilung in unterschiedlichem Maße ab. In Phase 1 konzentriert sich die Illustration auf die Abbildung von unternehmensinternen Personen (66,7 Prozent) und auf abstrakte Darstellungen (13,3 Prozent). In Phase 2 ändert sich die Gewichtung vollständig. Abstrakte Darstellungen kommen überhaupt nicht mehr vor und die Abbildung von Repräsentanten des Unternehmens reduziert sich fast um die Hälfte (38,5 Prozent). Dagegen wird zu 23,1 Prozent nun auch das Unter-
7.4 Personalisierung als Charakterisierung
329
nehmen selbst abgebildet. Es fällt auf, dass in zunehmendem Maße das Medienangebot visuell in den Mittelpunkt gestellt wird. Verglichen mit Beginn des Untersuchungszeitraums taucht es auf Abbildungen in den letzten drei Phasen mehr als viermal so oft auf. Wird hier etwa in subtiler Weise indirekt Produktwerbung betrieben oder soll auch über das Produkt und nicht nur über einen Unternehmensrepräsentanten eine Identifizierung des dargestellten Unternehmens erfolgen? Die Frage kann hier nicht geklärt werden. In überwiegendem Maß werden aber dennoch über alle Phasen hinweg Personen aus dem Medienbereich, meist aus dem thematisierten Unternehmen, abgebildet, in den letzten drei Phasen , also ab Ende der Neunziger Jahre, konstant über 50 Prozent. Tabelle 6: Illustrationen (Inhalt) nach Phasen Phasen Bild
Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4 Phase 5
n=15
n=13
n=29
n=45
n=34
¦
n=136
HF in % HF in % HF in % HF in % HF in % HF in % abstrakte Darstellung Unternehmen
13,3
0
0
2,2
2,9
2,9
6,7
23,1
3,4
8,9
5,9
8,1
Medienangebot
6,7
15,4
27,6
26,7
26,5
23,5
interne Personen
66,7
38,5
58,6
53,3
55,9
55,1
externe Personen
6,7
0
3,4
0
5,9
2,9
Sonstiges
0
23,1
6,9
8,9
2,9
7,4
Gesamt
100
100
100
100
100
100
Basis: 136 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Angabe in Prozent; Ergebnisse nach dem Pearson chi2-Test nicht signifikant, p=0,192; df=20; chi2-Wert= 25,255; 73,3% der Zellen weisen eine erwartete Häufigkeit kleiner 5 auf;
Während bei Abbildungen in Bezug auf Rundfunksender nur zur Hälfte Repräsentanten des Unternehmens dargestellt werden, erfolgt dies mit 78,9 Prozent überproportional oft bei Zeitschriftenunternehmen. Bei Zeitungsunternehmen werden dagegen am geringsten (48,6 Prozent) Personen aus dem Unternehmen abgebildet, dafür aber am meisten das Unternehmen selbst (13,5 Prozent gegen-
330
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
über 7,5 Prozent auf der intermedialen Ebene) und das Medienangebot (29,7 Prozent gegenüber ca. 21 Prozent bei den anderen Medienbereichen). Es zeigt sich, dass die Personalisierung weniger im eigenen Medienbereich stattfindet. Diese geringere Personalisierungstendenz zeigt sich auch innerhalb des Zeitungssektors bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen. Hier werden am wenigsten unternehmensinterne Personen (44,5 Prozent) abgebildet. Allerdings kommen sie auch bei der direkten Konkurrenz (47,1 Prozent) und bei der allgemeinen Beobachtung (47,6 Prozent) nur geringfügig häufiger vor. Eine stärkere Personalisierungstendenz zeigt sich dagegen bei den indirekten Beobachtungsformen. Abbildungen von unternehmensinternen Personen tauchen hier bei den eigenen Beteiligungsunternehmen zu 72,7 Prozent und bei denen der Konkurrenz zu 55,9 Prozent auf. Die Unterschiede zeigen sich hier somit hauptsächlich zwischen den überregionalen Zeitungen und den Zeitungen anderer Genre. Leichte Konkurrenzaspekte zwischen den überregionalen Qualitätszeitungen zeigen sich dagegen in Bezug auf die Abbildung des Meduienproduktes. Es erscheint am wenigsten bei Artikeln über das eigene Haus (22,2 Prozent) und am häufigsten bei der direkten Konkurrenz (29,4 Prozent). Dass hier indirekt Werbung für das Produkt der Konkurrenz gemacht werden soll, ist zu bezweifeln. Eventuell dient die Abbildung des Medienprodukts lediglich zur Identifikation des Zeitungsunternehmens. Dagegen wird beim eigenen Haus zu 33,3 Prozent das Unternehmensgebäude, abgebildet, während die anderen Beobachtungsformen hier nur einen Prozentsatz von 0 bis 15 Prozent aufzeigen. Es mag sein, dass über die Größe des Bauwerks der Rezipient Rückschlüsse auf Größe und Bedeutung des Unternehmens treffen soll. Oder soll hier über den Gebäudekomplex Identifikation geschaffen werden? Im Gegensatz zu den übrigen Beobachtungsformen wird beim eigenen Haus Zurückhaltung geübt, was die Darstellung von Medienprodukten oder Unternehmensrepräsentanten betrifft. Wahrscheinlich möchte man dem Verdacht entgehen, Eigenwerbung oder Selbstdarstellung zu betreiben. So versucht man eventuell nur über die Größe des Verlagsgebäudes zu imponieren. Dies gilt jedoch nur für das eigene Unternehmen. Bei den eigenen Beteiligungsunternehmen wird das Unternehmen selbst nie abgebildet. 7.5 Zwischenfazit: Charakterisierung
Die siebte Forschungsfrage befasst sich mit der charakterisierenden Darstellung der Medienunternehmen. Diese hat Einfluss auf das Image des Unternehmens und damit auch auf seinen Marktwert. Sie könnte somit vom Journalisten instrumentalisiert werden, um eine erwünschte Außenwirkung zu erzielen. Die Charakterisierung kann der Journalist selbst vornehmen, indirekt über Aussage-
7.5 Zwischenfazit: Charakterisierung
331
träger, über weitere Medienunternehmen im Text oder über eine besondere Form der Personalisierung. Im großen Überblick zeigen sich über den Untersuchungszeitraum hinweg weitgehend zunehmende Tendenzen hinsichtlich der Charakterisierung eines Medienunternehmens. So werden verstärkt Stärken und Schwächen der Unternehmen genannt und ihnen Eigenschaften zugeordnet. Diese Eigenschaften werden ab Ende der Neunziger Jahre gleichwertig sowohl dem jeweiligen Unternehmen zugeteilt als auch dessen Unternehmenshandlungen. Zunehmend werden die Medienunternehmen auch über Aussageträger charakterisiert, die dazu noch vornehmlich aus dem eigenen Unternehmensbereich kommen. Mit steigender Tendenz kommen auch sekundäre Berichterstattungsobjekte vor, die durch ihre Gegenüberstellung das thematisierte Unternehmen beschreiben. Über die Charakterisierung lässt sich somit auch eine zunehmende Emotionalisierung der Thematik festhalten. Das Ausmaß und die Wertungstendenzen der Charakterisierung orientieren sich dabei weitgehend an der konjunkturellen Lage. Aber auch Konkurrenzaspekte spielen eine Rolle, wobei sich vor allem die überregionalen Zeitungen absetzen, oft aber auch nur die Berichterstattung über das eigene Haus. Im Folgenden soll noch einmal auf die wesentlichen Ergebnisse eingegangen werden. Eine Möglichkeit der Charakterisierung bietet sich dem Journalisten über die Darstellung von Stärken und Schwächen eines Unternehmens sowie von Handlungsformen, die durch ihre Aktionsrichtung schon eine wertende Charakterisierung beinhalten. Obwohl die Zuordnung von Handlungsformen und von ´Stärken und Schwächen` weitgehend analog der ökonomischen Gegebenheiten erfolgt, zeigt sich ein Einfluss ökonomischer Überlegungen insofern, als in der Krisenphase ein gewisser ´Positivismus` oder ´Optimismus` festzustellen ist. Es werden hier zwar vermehrt ´Schwächen`, ´Hemmung` und ´Rückschritt` thematisiert, jedoch kommen immer noch in relativ hohem Maße ´Stärken` und ´Fortschritt` vor. Damit wird die dargestellte Krisensituation wieder etwas abgeschwächt. Diese relativierende Funktion der Charakterisierung ist jedoch nicht nur in der Krisenphase zu erkennen, sondern auch in der wirtschaftlichen Boomphase. Hier wird das konjunkturelle Hoch eher zurückhaltend positiv dargestellt. Zurückhaltung bei der charakterisierenden Darstellung lässt sich ebenfalls in Bezug auf den eigenen Medienbereich und auch bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen feststellen. Bei letzterer zeigt sich im engen Distanzverhältnis zudem eine deutliche Tendenz zur positiven Selbstdarstellung, da hier bei der Charakterisierung sowohl ´Stärken`, als auch ´Fortschritt` und ´fachliche Kompetenz` am meisten zugeordnet werden. ´Hemmung` oder gar ´Rückschritt` kommt im Zusammenhang mit dem eigenen Unternehmen fast gar nicht vor. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass der Journalist vornehmlich das eigene Unter-
332
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
nehmen und dessen Beteiligungsunternehmen in positiver Weise darstellen möchte, um sie gegenüber der Konkurrenz abzusetzen. Da bei der Konkurrenz die Charakterisierung eher ambivalent erfolgt, scheint es weniger um eine gegensetzliche Positionierung der Selbst- und Konkurrenzbeobachtung zu gehen, als vielmehr um eine positive Imageaufwertung des eigenen Unternehmens. Eine weitere Charakterisierungsmöglichkeit bietet sich, indem den Medienunternehmen und ihren Handlungen Attribute zugeordnet werden. Im Laufe des Untersuchungszeitraums wird bis zur Boomphase zunehmend mehr das Unternehmen selbst über Attribute charakterisiert und kontinuierlich weniger seine Handlungen. Dabei werden Eigenschaftsdimensionen, die den Status und die Marktpositionierung betreffen, überwiegend dem Unternehmen selbst zugeordnet. Eigenschaften bezüglich der Kompetenz, Flexibilität sowie der publizistische Qualität werden dagegen eher mit Unternehmenshandlungen in Verbindung gebracht. Dies gilt selbst für Eigenschaften, die die momentane Unternehmenssituation beschreiben. In der Boomphase (Phase 3) werden dabei vorwiegend Eigenschaften eingesetzt, die den Status des Unternehmens, seine ´Positionierung` und ´Kompetenz`, aber auch seine ´publizistische Qualität` betreffen. Es geht hier vornehmlich um sogenannte ´Macht`dimensionen. In den Phasen 1, 2 und 4 fungieren die zugeordneten Eigenschaften jedoch vornehmlich situationsbeschreibend. ´Positionierung` bzw. die ´Größe` eines Unternehmens sind bleibende Charakteristiken und tragen zur Imagewerbung bei, während die Eigenschaften zur Situationsbeschreibung nur situative und damit zeitlich begrenzte Charakteristiken aufzeigen. Somit hinterlassen erstere einen tieferen Eindruck beim Rezipienten und prägen das Image des Unternehmens nachhaltiger. Ab Ende der Neunziger Jahre werden gleichwertig ´Größe und Bedeutung` des Unternehmens sowie auch seine wirtschaftliche Situation durch Eigenschaften beschrieben. Am wenigsten Attribute hinsichtlich der ´Größe` oder in Bezug auf die momentane Situation des Verlags werden innerhalb des Zeitungssektors indes dem eigenen Unternehmen zugeordnet. Um dem Verdacht der ´Selbstbeweihräucherung` zu entgehen, wird es beim eigenen Unternehmen eher vermieden, allzu offensichtlich nach außen dessen Größe und Bedeutung zu betonen. Dennoch lassen sich Konkurrenzaspekte vermuten, da beispielsweise die ´fachliche Kompetenz` mehr als doppelt so oft (12,9 Prozent) beim eigenen Unternehmen genannt wird wie bei der Konkurrenz (5,5 Prozent). Das Image scheint hier eher über die Demonstration von Leistungsfähigkeit und Kompetenz transportiert zu werden. Die Häufigkeitsverteilung bei den zugeordneten Adjektiven lässt jedoch noch keine Schlüsse zu auf eine zweckgebundene Verwendung. Auskünfte darüber können nur die Wertungstendenzen der Adjektive geben, die unter 8.3 (Kapitel 3) analysiert werden.
7.5 Zwischenfazit: Charakterisierung
333
Die Adjektive kann der Journalist den Unternehmen direkt im Fließtext zuordnen, aber auch indirekt über Aussageträger. Bei den untersuchten Artikeln erscheint eine Charakterisierung hauptsächlich im Fließtext, wobei der Journalist vermehrt in den wirtschaftlichen Ausnahmezeiten des Medienbooms und der Krisenzeit selbst Stellung bezieht. Am meisten kommen Aussageträger bei der Berichterstattung über Zeitungs- und Rundfunkunternehmen vor, wobei bei letzteren öfter verschiedene Aussageträger zur Charakterisierung herangezogen werden. Bei der Berichterstattung über das eigene Zeitungsunternehmen hält sich der Journalist dagegen mit Eigenschaftszuweisungen zurück. Wenn sie aber doch erfolgen, dann geschieht dies fast nur durch Aussageträger aus dem eigenen Unternehmensbereich oder durch den Journalisten selbst, der ja auch aus demselben Unternehmen stammt. Durch die einseitige, subjektive Stellungnahme eines Unternehmensrepräsentanten oder des Journalisten liegt der Verdacht einer indirekten PR-artigen Selbstdarstellung nahe. Die Berichterstattung bekommt hier eher den „Ruch“ einer Art Pressemitteilung. Demgegenüber werden zur Charakterisierung der direkten Konkurrenz am häufigsten Aussageträger eingesetzt. Hier gibt der Journalist eher die Verantwortung ab, indem er Aussagen Dritter benutzt, die einen höheren Glaubwürdigkeitswert aufweisen. Jedoch darf nicht außer acht gelassen werden, dass der Journalist über die Auswahl der Aussagen immer noch die Möglichkeit hat, den Aussagegehalt zu steuern. Verschiedene Aussageträger werden dagegen am häufigsten (31,1 Prozent) bei der Berichterstattung über die eigenen Beteiligungsunternehmen herangezogen. Hier geht die Tendenz eher zu einer mehrschichtigen Charakterisierung durch verschiedene Personen, In fast 70 Prozent der Artikel über Medienunternehmen werden auch andere Medienunternehmen (sekundäre Berichterstattungsobjekte) miteinbezogen, die durch ihre Gegenüberstellung das thematisierte Unternehmen ebenfalls charakterisieren. Die Thematisierung weiterer Berichterstattungsobjekte steigt vor allem in der Boom- und der Krisenphase. Sekundär thematisierte Unternehmen kommen dabei bis zur Boomphase zunehmend aus demselben Medienbereich, erst ab der Krise werden auch vermehrt intermediale Unternehmen erwähnt. Sekundäre Berichterstattungsobjekte kommen am meisten bei den Beiträgen über Zeitschriftenverlage vor und am wenigsten bei Artikeln über Zeitungsunternehmen. Innerhalb des Zeitungssektors wird mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz neben dem primären Berichterstattungsobjekt vermehrt ein weiteres Unternehmen dargestellt. So kommt bei den Artikeln über das eigene Unternehmen nur bei etwa der Hälfte der Artikel ein weiteres Medienunternehmen vor, bei den Konkurrenzbeobachtungen dagegen zu ca. 75 Prozent. Die Thematisierung von mehreren Unternehmen in einem Artikel beinhaltet auch implizit ein gewisses ´Ranking`, da sie im unmittelbaren Vergleich stehen. Vielleicht hält sich der
334
7 Charakterisierung der thematisierten Medienunternehmen
Journalist deshalb bei der Thematisierung des eigenen Hauses etwas zurück, wenn es darum geht, ihm gleichzeitig ein weiteres Unternehmen gegenüberzustellen. Geschieht dies doch, so handelt es sich fast zu gleichen Teilen (je ca. 40 Prozent) um wirtschaftlich verflochtene Unternehmen oder Kontrahenten. Halb so oft kommen Solidaritätspartner vor. Indem Solidaritätspartner in einer ähnlichen wirtschaftlichen Lage gezeigt werden, kann die Situation des primär thematisierten Unternehmens bestätigt oder relativiert werden. Ähnliches gilt aber auch für wirtschaftlich verbundene Unternehmen. Da in diesem Fall ähnliche wirtschaftliche Interessen bestehen, kann davon ausgegangen werden, dass das Image des primär dargestellten Unternehmens nicht gefährdet wird. Folglich wird in zwei Drittel der Fälle die Situation des eigenen Hauses durch die Darstellung von Solidaritätspartnern oder verflochtenen Unternehmen als sekundäre Berichterstattungsobjekte gerechtfertigt und eher legalisiert. Durch die Gegenüberstellung von Kontrahenten dagegen, soll das Unternehmen von dem anderen abgesetzt werden. Was die Gegenüberstellung für das Unternehmen selbst bedeutet, kann jedoch nur die vergleichende Bewertung beantworten, da die Wertungsrichtung unterschiedliche Gewichtungen erzeugen kann (siehe Kap. 3, 8.2). Charakterisierung über Personalisierung wird in dieser Studie inhaltlich und optisch hauptsächlich über Unternehmensrepräsentanten nachgewiesen. Jedoch ist hier über den Untersuchungszeitraum hinweg keine kontinuierliche Zunahme der Personalisierung zu verzeichnen, wie es für die Wirtschaftsberichterstattung konstatiert wurde. Die Verwendung von Personalisierung scheint sich eher nach der jeweiligen ökonomischen Lage im Medienbereich zu richten. So kommt sie in der wirtschaftlichen Boomphase weniger vor, in der Krisenzeit dagegen verstärkter. Eventuell wird gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten versucht, über Personalisierung Vertrauen und eine emotionale Bindung zum Unternehmen aufzubauen. Im weiten wie auch im nahen Distanzverhältnis nehmen mit zunehmender Distanz zu den berichtenden Tageszeitungen die Personalisierungstendenzen über Unternehmensrepräsentanten zu. Unterstützt werden sie noch dadurch, dass die Repräsentanten in etwa der Hälfte aller Abbildungen vorkommen. Jedoch erfolgt diese Personalisierung am wenigsten im eigenen Medienbereich und dort am wenigsten beim eigenen Unternehmen. Gerade hier könnte nämlich eine PR-orientierte Selbstdarstellung unterstellt werden. Den Verdacht der ´Selbstbeweihräucherung` scheinen die Journalisten beim eigenen Unternehmen vermeiden zu wollen. Jedoch zeigt sich diese Zurückhaltung auch bei den anderen überregionalen Konkurrenzzeitungen. Im eigenen Medienteilmarkt wird somit weitgehend eine Charakterisierung vermieden, die über verantwortliche Entscheidungsträger oder Unternehmenssprecher erfolgt.
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Die stärkste Form einer Meinungsbeeinflussung in einem Beitrag kann durch Wertungen erfolgen. Sie haben großen Einfluss darauf, wie die Rezipienten die ökonomische Lage eines Unternehmens einschätzen. Damit verbunden ist für die Leser auch die Einschätzung von Kompetenz und Leistungsfähigkeit des Unternehmens, was wiederum Einfluss auf das Konsumverhalten der Leser haben kann und damit auch indirekt auf den wirtschaftlichen Erfolg der Medienunternehmen. Von daher ist aufgrund der zunehmenden Wettbewerbsintensität eine Abhebung von der Konkurrenz immer notwendiger. Dies ist auf einem Markt wie dem Medienmarkt nicht leicht, da die Konkurrenten in Produkt und Leistung sehr ähnlich sind. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Journalisten über eine wertende Darstellung der Medienunternehmen Einfluss auf die Rezipientenwahrnehmung nehmen wollen. Schließlich ist darin großes Manipulationspotential enthalten. Natürlich ist der Eindruck, den ein Rezipient erhält, von der subjektiven Wahrnehmung abhängig, doch wurde in dieser Studie versucht, die Kategorie ´Wertungen` sehr umfassend zu erheben, um zu einer generellen, möglichst objektiven Aussage zu gelangen. Dabei wurde von folgenden Kriterien ausgegangen, die eine direkte oder indirekte Wertung beinhalten können. Neben dem allgemeinen Gesamteindruck, den ein Artikel vermittelt, prägt schon die Überschrift den ersten Eindruck. Allein durch Umfang und Schriftbild und der kurzen, prägnanten Information wird Aufmerksamkeit generiert und über Wertungen die erste Meinung lanciert. Neben der wertenden Stellungnahme der Journalisten selbst, kann auch eine Wertung in Zitaten über Aussageträger erfolgen. Da die Auswahl der Zitate jedoch auf der Entscheidung der Journalisten besteht, können sie auch gezielt eingesetzt werden. Innerhalb des Beitrages gibt es jedoch auch weitere detailliertere Möglichkeiten, Wertungen vorzunehmen. Es wurden für vorliegende Studie des Weiteren die Wertungen ausgewählt, die entsprechend des Erkenntnisinteresses weiteren Aufschluss geben könnten. So sind zunächst die Wertungstendenzen der Elemente von Interesse, die als Zusatzinformationen im Beitrag erhoben wurden. Zudem kann der Journalist Wertungen vornehmen über die direkte und indirekte Zuordnung von Eigenschaften oder durch Vergleiche mit einem sekundären Berichterstattungsobjekt.
336
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
8.1 Wertungstendenz der Elemente
Da sich Differenzen hinsichtlich der Verteilung der Rahmenelemente sowohl in den einzelnen wirtschaftlichen Phasen, als auch zwischen den Medienbereichen und den Beobachtungsformen - speziell zwischen der direkten Selbstbeobachtung und der direkten Konkurrenzbeobachtung - ergaben (Kap. 3, 3.1), ist von Interesse, in welchem Bewertungskontext diese Rahmenfaktoren stehen. Für eine bessere Übersicht wird von der Bewertung aller genannten Elemente pro Artikel ein Mittelwert errechnet auf einer Skala von -1=negativ über 0= ambivalent bis +1=positiv. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von +0,48. Abbildung 41: Tendenz der Elemente nach Phasen (MW) 1 0,8 0,6 0,4 0,2
0,03
0,05
Phase 1
Phase 2
0,14
0 -0,2
Phase 3
Phase 4 -0,25
-0,4
Phase 5 -0,08
-0,6 -0,8 -1 Mittelwerte
N=3144; auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Auf den ersten Blick korrespondieren die Bewertungen der Rahmenfaktoren mit der allgemeinen wirtschaftlichen Lage der Medienunternehmen, indem die positivste Wertung in der Boomphase zu finden ist und die negativste in der wirtschaftlichen Krise. Betrachtet man jedoch die einzelnen Elemente, so bestätigt sich diese Annahme nur für die Elemente, die die betriebswirtschaftlichen Aspekte betreffen. Dies wären die ´allgemeine wirtschaftliche Marktsituation`, ´die
8.1 Wertungstendenz der Elemente
337
wirtschaftliche Situation` des jeweiligen Unternehmens, ´Konzentration` und ´Werbung`. Bei der Thematisierung der anderen Elemente scheinen jedoch noch andere Einflüsse mitzuwirken. Die Elemente `Internationalisierung` und ´Konkurrenz` werden im Verlauf der Phasen mit nur geringen Schwankungen fast konstant gleich bewertet. Während die ´Internationalisierung` dabei stark positiv konnotiert ist (MW: +0,46 bis +0,61), wird die ´Konkurrenz` eher in einem negativen Kontext gesehen (MW: -0,22 bis -0,39). Neben der ´Konkurrenz` werden noch die Elemente ´Medienbranche` und ´Rechtliches` grundsätzlich negativ bewertet. Das Element ´Technisches` wiederum erhält durchschnittlich überwiegend positive Wertungen. Den höchsten Wert mit +0,61 findet man in Phase 1. Hier nahmen auch die neuesten technischen Entwicklungen am meisten Einfluss auf die Entwicklung in der Medienbranche (siehe Kap. 1, 1.3.1). ´Internes` der Unternehmen, wie ´Organisatorisches` und ´Arbeitsbereich`, wird nicht gerne wertend dargestellt. Dagegen wird über ´Publizistisches`, also über die Produkte der Unternehmen, stark positiv berichtet (in den ersten drei Phasen zwischen +0,38 und +0,50). Erst in der Krise (Phase 4) sind die Werte für Medienprodukte etwas negativer und nähern sich dem ambivalenten Bereich. Ob es sich hier – zumindest in wirtschaftlich guten Phasen - um indirekte Werbung für das Werbeprodukt handelt oder ob die Wertung zielgerichtet aufgrund von Wettbewerbsgedanken erfolgt, zeigt eine weitere Differenzierung nach medialen Ebenen und Beobachtungsformen. Dass Konkurrenzaspekte bei der Wertung eine Rolle spielen, zeigt sich allein schon durch die unterschiedliche Gesamtbewertung der Elemente bei den verschiedenen Mediensektoren, obwohl die konjunkturelle Entwicklung sie in fast gleicher Weise betraf. Die positivste Tendenz der Elemente zeigt sich im Zeitschriftensektor mit einem Mittelwert von +0,075. Der Zeitungssektor liegt mit einem Mittelwert von +0,04 eher im ambivalenten Bereich und im Rundfunkbereich werden die Elemente mit einem Mittelwert von -0,059 leicht negativ bewertet. Deutlicher zeigen sich die Unterschiede, wenn man die Elemente einzeln betrachtet. Bei Rundfunkunternehmen erfahren die Elemente ´Rechtliches` (MW: -0,44), ´Konkurrenz` (MW: -0,37), ´Werbung` (MW: -0,21), ´Konzentration` (MW: -0,02) und ´Internationalisierung` (MW: +0,46) jeweils die stärkste negative bzw. geringste positive Wertung gegenüber den anderen Medienbereichen. Gerade im Rundfunkbereich standen kartellrechtliche Probleme durch die zunehmende Konkurrenz und Konzentration im Mittelpunkt einer kritischen Diskussion. Da die zunehmende Zahl an privaten Rundfunkanbieter auch eine starke Konkurrenz für die Printunternehmen auf dem Werbemarkt darstellte, verwundert es nicht, dass diese Themenelemente hier so stark negativ hervorgehoben werden. In Zusammenhang mit Rundfunkunternehmen wird die
338
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
´wirtschaftliche Marktsituation` der Medienbranche zwar grundsätzlich negativ (MW: -0,55), im Vergleich zu den anderen medialen Ebenen jedoch deutlich am positivsten gesehen. Die ´konkrete wirtschaftliche Situation` der einzelnen Rundfunkunternehmen (MW: +0,01) wird dagegen insgesamt am negativsten bewertet. Dies äußert sich jedoch lediglich in einer ambivalenten Wertung. Dadurch, dass im Rundfunksektor die allgemeine konjunkturelle Lage positiv bewertet wird, die einzelne Unternehmenssituation aber negativ, verstärkt sich der negative Impetus der Unternehmensbewertung. Denn durch die Gegenüberstellung der allgemeinen Marktlage zur aktuellen ökonomischen Situation der einzelnen Unternehmenssituation kann letztere bestätigt, relativiert oder in Frage gestellt werden. Wird die Marktlage positiver dargestellt als die Unternehmenssituation, so wird damit vermittelt, dass die negativere Lage des Unternehmens nicht auf der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung gründet, sondern Ausfluss ist von falschen Unternehmensentscheidungen. Bei Zeitschriftenunternehmen finden sich vor allem bei den Elementen ´Rechtliches` (MW: +0,07), ´Technisches` (MW: +0,5), ´Rezipienten` (MW: +0,44) und ´Konzentration` (MW: +0,30) positivere Bewertungen als bei den beiden anderen medialen Ebenen. In diesem Sektor kam es zum Beispiel durch die Folgen der Wiedervereinigung zu starken horizontalen Konzentrationstendenzen, die dem Anschein nach positiv in der Berichterstattung dargestellt wurden. Ebenso wie die ´Konzentration` wird auch die konkrete ´wirtschaftliche Situation` (MW: +0,19) der jeweiligen Zeitschriftenunternehmen im Vergleich zu den anderen medialen Ebenen am positivsten gesehen. Zeitschriftenunternehmen werden somit nicht nur positiver dargestellt, sondern auch in einen positiveren Kontext gestellt. Bei Zeitungsunternehmen stellt sich die Gewichtung wiederum anders dar. Hier werden die allgemeine ´wirtschaftliche Marktsituation` der Medienbranche (MW: -0,66) und die ´Medienbranche` selbst (MW: -0,73) am negativsten in den Kontext der Artikel gestellt. Es ist möglich, dass durch die Darstellung der schlechten Konjunkturlage eine relativierende Wirkung für die Situation der Unternehmen des eigenen Mediensektors herbeigeführt werden soll. Ist die allgemeine Konjunkturlage ebenso schlecht wie die einzelne Unternehmenslage, so wird sie dadurch erklärbar. Sie entspricht nur der allgemeinen Tendenz. Doch auch der ´Arbeitsbereich` wird bei Zeitungen am stärksten negativ bewertet (MW: -0,39), während ´Konkurrenz` (MW: -0,18), ´Internationalisierung` (+0,70) und ´Publizistisches` (+0,40) deutlich positiver dargestellt werden als bei den übrigen Medienbereichen. Die Medienprodukte sowie die nationale und internationale Bedeutung der Unternehmen im eigenen Mediensektor werden also eindeutig positiver dargestellt als bei den anderen Mediensektoren, was dem Image der Zeitungsunternehmen durchaus förderlich ist. Dass die Konkurrenzsi-
8.1 Wertungstendenz der Elemente
339
tuation nicht so negativ bewertet wird, zeugt entweder von einer gewissen Solidaritätshaltung oder von einer Scheu, die Wettbewerbssituation als bedrohlich hinzustellen. Durch die unterschiedliche Verteilung der ökonomischen Rahmenfaktoren, die alle Medienbereiche in gleicher oder ähnlicher Weise beeinflussen, lässt sich auf jeden Fall ein gezielter Einsatz der Faktoren vermuten. Es ist möglich, dass damit ökonomische Ziele verfolgt werden, um ein bestimmtes Image zu übermitteln und den Leser zu beeinflussen. Diese Vermutung bestätigt sich noch deutlicher, wenn man innerhalb des Zeitungssektors nach Beobachtungsformen differenziert. Abbildung 42: Tendenz der Elemente nach Beobachtungsformen 1 0,8 0,6 0,4 0,2
0,39 0,17
0 -0,2 -0,4
direkte indirekte Selbstbeob. Selbstbeob.
direkte Konk.
indirekte Konk.
allgemeine Beob.
- 0,18
- 0,14
- 0,08
-0,6 -0,8 -1 Mittelwerte Basis: N=3144; auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Dabei setzen sich zunächst einmal deutlich die Selbstbeobachtungsformen von den übrigen Beobachtungsformen ab. Während die Elemente bei ersteren überwiegend positive Tendenzen aufzeigen, zeigen die letzteren eher ambivalente bis leicht negative Tendenzen. Insbesondere die direkte Selbstbeobachtung unterscheidet sich mit dem höchsten positiven Mittelwert (+0,39) von der direkten Konkurrenzbeobachtung mit insgesamt dem negativsten Mittelwert (-0,18). Dies
340
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
weist verstärkt darauf hin, dass gerade zwischen den direkten Beobachtungsformen die Berichterstattung in anderen Bahnen verläuft und Wettbewerbsgedanken von Bedeutung sind. Tabelle 7: Tendenz der Elemente nach Beobachtungsformen (MW) Beobachtung Elemente
wirtschaftliche Marktsituation wirtschaftliche Situation
direkte indirekte Selbstbe- Selbstbeob. ob.
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
allg. Beobachtung
-0,7143
+0,2500
-0,5909
-0,8000
-0,5000
+0,5946
+0,3158
-0,0227
-0,0442
-0,0300
Rechtliches
0,0000
-0,5882
-0,3947
-0,3636
-0,5094
Technisches
+0,8750
+0,5000
+0,0667
+0,2286
+0,4615
Werbung
+0,4000
+0,3333
-0,2778
-0,1071
-0,2414
Konzentration
+0,6842
+0,1176
-0,0769
-0,0577
+0,1957
Konkurrenz Internationalisierung Medienbranche
+0,4118
-0,5714
-0,3478
-0,2857
-0,5227
+0,8571
+1,0000
+0,6471
+0,4286
+0,4400
-0,3333
-0,5000
-0,8235
-0,6250
-0,3636
Organisation
+0,7333
+0,3333
-0,1395
+0,0385
-0,1364
Publizistisches
+0,8056
+0,5263
+0,1489
+0,1039
+0,2683
Arbeitsbereich
-0,1667
0,0000
-0,6170
-0,3600
-0,2807
Rezipienten
+0,8824
+0,5000
+0,0435
+0,0882
+0,1852
Basis: 1983 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006); Häufigkeit in Prozent; auf einer Skala von -1=negativ bis +1=positiv; die Zahlen in Fettdruck markieren die höchsten positiven Tendenzen pro Zeile;
Genauere Einblicke liefert die Einzelbetrachtung der Elemente, indem deren Gewichtungen hinsichtlich der Wertungsrichtung untersucht werden. Bei der Berichterstattung über das eigene Haus finden sich insgesamt die positivsten Einschätzungen der angesprochenen Elemente, so dass es damit ins beste Licht gestellt wird. Einzig die Elemente ´allgemeine wirtschaftliche Marktsituation`, ´Medienbranche` und ´Arbeitsbereich` erfahren hier leicht negative Wertungen. Negative Extremwerte gibt es bei der direkten Selbstbeobachtung allerdings
8.2 WertenderVergleich zwischen den Berichterstattungsobjekten
341
nicht. Auffallend ist z.B., dass ´Rechtliches` hier gar keine bzw. nur eine neutrale Wertung erfährt, während die Wertungen bei den anderen Beobachtungsformen zwischen -0,4 und -0,6 liegen. Die meisten negativen Extremwerte sind dagegen bei der direkten Konkurrenz zu verzeichnen. Sie beziehen sich jedoch nicht auf die wirtschaftliche Lage, sondern eher auf den internen Unternehmensbereich (´Organisation` und ´Arbeitsbereich`), auf die ´Medienbranche`, die ´Rezipienten` und auf Rahmenfaktoren wie ´Technisches` und ´Werbung`. Interessant ist, dass das Element ´Konzentration` hier den negativsten Wert erfährt (MW: -0,08), während Konzentrationstendenzen beim eigenen Unternehmen sehr positiv (MW: +0,68) eingeschätzt werden und das obwohl es sich bei beiden Beobachtungsformen um überregionale Tageszeitungen handelt und sie derselben Situation ausgesetzt waren. Angesichts dieser Differenzen drängt sich die Annahme strategischer Gründe, also von Konkurrenzaspekten, hinsichtlich der Wertung der Elemente in der Berichterstattung auf. Bei den indirekten Beobachtungsformen fällt auf, dass bei den eigenen Beteiligungsunternehmen die ´allgemeine Marktsituation`, also die konjunkturelle Lage auf dem Medienmarkt eine positive Wertung erfährt (MW: +0,25), während sie bei den anderen Beobachtungsformen durchwegs negative Einschätzungen hat. Das ist gerade deswegen auffällig, da sich eigentlich die allgemeine Marktlage für alle Medienunternehmen in der gleichen Weise präsentieren muss. Somit könnten ökonomische Zielsetzungen hier die Bewertungsrichtung beeinflussen. 8.2 WertenderVergleich zwischen den Berichterstattungsobjekten
Die Bewertung eines Unternehmens kann auch erfolgen, indem ihm im Artikel ein sekundäres Berichterstattungsobjekt vergleichend gegenübergestellt wird. Durch einen Vergleich der Berichterstattungsobjekte kann das primäre Berichterstattungsobjekt besser oder schlechter dargestellt werden als das sekundäre. Insofern beinhalten Vergleiche stets auch Wertungen und gewissermaßen eine Art „Ranking“. Damit kann der Journalist einerseits seine Meinung zur Situation der jeweiligen Unternehmen ausdrücken und andererseits die Positionierung des Unternehmens auf dem Medienmarkt darstellen. Um zu ergründen, welche Intention der Journalist durch die Gegenüberstellung der Unternehmen verfolgt, ist von Bedeutung, welche Bewertungsrichtung der Vergleich für das primäre Berichterstattungsobjekt einnimmt. In 716 der untersuchten Beiträge über Medienunternehmen kommt ein sekundäres Berichterstattungsobjekt vor, wobei zu 40,5 Prozent ein Vergleich gezogen. Dieser Vergleich fällt zu 34,1 Prozent negativ für
342
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
das primäre Berichterstattungsobjekt aus, zu 26,6 Prozent positiv und zu 39,3 Prozent ambivalent. Innerhalb des Untersuchungszeitraums zeigt sich keine kontinuierliche Entwicklungstendenz, sondern eher eine gewisse Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage der Medienbranche. Am wenigsten Vergleiche kommen in der Boom- (Phase 3; 35,6 Prozent) und in der Konsolidierungsphase (Phase 5; 35,3 Prozent) vor, am meisten in der Krisenzeit (Phase 4; 46,8 Prozent). Welche Intention hinter dieser unterschiedlichen Verteilung liegt, kann die Wertungstendenz der Vergleiche für das primäre Berichterstattungsobjekt verdeutlichen, da über Vergleiche das Image eines Unternehmens aufgewertet oder beschädigt werden kann. Es wurde ein Mittelwert errechnet auf einer Intensitätsskala von -1=negativ über 0=ambivalent bis +1=positiv. Es ergab sich ein allgemeiner Mittelwert von -0,08. Das bedeutet, dass der Vergleich für das primäre Berichterstattungsobjekt tendenziell eher negativ ausfällt. Insgesamt bewegt sich die Wertungstendenz bei Vergleichen über den Untersuchungszeitraum hinweg eher im ambivalenten Bereich, selbst in den eindeutigen Wachstumsphasen 2 und 3 (MW: -0,05 und -0,01). Die primär thematisierten Unternehmen werden also im Schnitt nicht besser oder schlechter dargestellt als die sekundär thematisierten Unternehmen. Diese Retention bei einer vergleichenden Wertung wird noch dadurch bekräftigt, dass gerade in Phase 3 auch insgesamt weniger Vergleiche gezogen werden (siehe Kap. 3, 7.3.1). Wollen die Journalisten hier etwa dem Verdacht der ´Konkurrenzbeschimpfung`, ´Nestbeschmutzung`, Fremd- oder Eigenwerbung entgehen? In der Krisenphase dagegen werden Unternehmen nicht nur öfter vergleichend gegenübergestellt (siehe Kap. 3, 7.3.1), die Wertung fällt auch tendenziell schlechter für das primäre Berichterstattungsobjekt aus (MW -0,34). Es scheint, dass die schlechte wirtschaftliche Lage des primären Berichterstattungsobjekts bestätigt oder verstärkt dargestellt werden soll, indem das sekundäre Berichterstattungsobjekt positiver dargestellt wird. Somit könnte man eine gewisse Instrumentalisierung aus Wettbewerbsgründen vermuten. Die Annahme wird noch dadurch bestärkt, dass in Phase 5 die vergleichende Wertung wieder ausgeglichen (MW: +0,04) ausfällt. Es scheint sogar eher so zu sein, dass eine ambivalente Wertung beim Unternehmensvergleich eher der üblichen Darstellungsweise entspricht, da fast alle Mittelwerte – außer in der Krisenphase - im neutralen Bereich liegen. Einzig in der Krise werden die Unternehmen vermehrt negativer dargestellt als ein Vergleichsunternehmen.
8.2 WertenderVergleich zwischen den Berichterstattungsobjekten
343
Abbildung 43: Wertender Vergleich primäres - sekundäres Berichterstattungsobjekt nach Phasen (MW) 1 0,8 0,6 0,4 0,2
0,09
0 -0,2
Phase 1
-0,05
-0,02
Phase 2
Phase 3
-0,4
0,04 Phase 4
Phase 5
-0,34
-0,6 -0,8 -1 Mittelwerte
Basis: 290 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,013; F=3,249; auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Wie sich unter 7.3.1 (Kapitel 3) zeigte, kommen im Rundfunkbereich am häufigsten Vergleiche vor. Im eigenen Mediensektor dagegen werden am wenigsten Vergleiche zwischen den Zeitungsunternehmen gezogen. Diese fallen für das primäre Berichterstattungsobjekt (N=457; p=0,000) dabei durchschnittlich deutlich positiver aus (MW: +0,10) als bei den anderen Medienbereichen. Wird dagegen über Rundfunkunternehmen berichtet, so fällt der Vergleich für das primär thematisierte Unternehmen eher negativ aus (MW: -0,14). Ähnliches gilt für Zeitschriftenverlage, nur nicht in dieser Stärke (MW: -0,07). Somit werden Medienunternehmen in einem Vergleich umso negativer bewertet, je größer die wirtschaftliche Distanz zur berichtenden Zeitung ist. Thematisierte Unternehmen des eigenen Mediensektors erfahren somit eindeutig positivere Einschätzungen als Unternehmen in wirtschaftlich distanzierteren Mediensektoren. Noch deutlicher zeigen sich derartige Konkurrenzaspekte bei einer weiteren Differenzierung innerhalb des Zeitungssektors. Auch hier zeigt sich eher Zurückhaltung bei Vergleichen in Bezug auf das eigene Unternehmen. Deutlich häufiger geschieht dies
344
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
bei der Konkurrenz. (siehe Kap. 3, 7.3.1) Um der jeweiligen Intention auf die Spur zu kommen, werden im Folgenden die Mittelwerte der Wertungstendenzen betrachtet. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von -0,01. Abbildung 44: Wertender Vergleich primäres – sekundäres Berichterstattungsobjekt nach Beobachtungsformen (MW) 1 0,8 0,6
+0,43
0,4 0,2
+0,06
0 -0,2 -0,4
direkte Selbstbeob.
indirekte Selbstbeob.
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
-0,22 -0,3
allgemeine Beobachtung
-0,27
-0,6 -0,8 -1 Mittelwerte Basis: 186 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,001; F= 4,885; auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Obere Grafik lässt erkennen, dass sich die direkten Beobachtungsformen (Selbstund Konkurrenzbeobachtung) von den indirekten Formen und der allgemeinen Beobachtung absetzen. Es ist zu vermuten, dass Vergleiche bei den direkten Formen für ökonomische Zielsetzungen eingesetzt werden. Am positivsten fallen Vergleiche für das eigene Haus aus (MW: + 0,43). Dadurch, dass in der Gegenüberstellung andere Unternehmen negativer dargestellt werden, verstärkt sich im ´Ranking` die Marktposition des eigenen Verlags. So kann selbst in einer Krisensituation die eigene wirtschaftlich schlechte Lage relativiert werden, indem der Vergleich für andere Unternehmen negativer ausfällt. Wird hier etwa eine
8.3 Wertung über Eigenschaften
345
Art Imageförderung oder versteckte PR betrieben? Zumindest soll das Image des eigenen Hauses durch eine negative Wertung nicht beschädigt werden. Der Vergleich für die direkte überregionale Konkurrenz fällt zwar deutlich negativer aus, hält sich aber noch im ambivalenten Bereich (MW: +0,06). Hier sind ausgewogen sowohl negative, als auch positive Wertungen zu finden. Es wird eher vermieden, eindeutig wertend Stellung zu beziehen. Daher findet also keine offensichtliche Diffamierung der Konkurrenz statt, aber auch kein „Fremdlob“. Die anderen Beobachtungsformen dagegen werden tendenziell negativer dargestellt (eigene Beteiligungsunternehmen MW: - 0,3; Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz MW: -0,22; regionale und lokale Zeitungen MW: - 0,27). Dadurch dass sich die drei Werte weitgehend ähneln, liegt die Vermutung nahe, dass speziell der direkte Wettbewerb zwischen den überregionalen Zeitungen (direkte Selbstbeobachtung versus direkte Konkurrenzbeobachtung) im Unternehmensvergleich anderen Kriterien bei der Bewertung folgt. 8.3 Wertung über Eigenschaften
Durch die positive oder negative Konnotation der Adjektive, die sowohl den Medienunternehmen als auch deren Handlungen und Entscheidungen zugeordnet werden, erfolgt subtil auch eine gewisse Wertung. So enthalten beispielsweise die Attribute ´defizitär` oder ´erfolgreich`, wenn man sie einem Unternehmen beiordnet, konträre Wertungen und können von daher Einfluss auf die Rezeption der Leser nehmen. Der Journalist hat damit die Möglichkeit, über die Zuordnung von Eigenschaften implizit Wertungen vorzunehmen und in gewisser Weise auch Meinungsbildung zu betreiben. Über Adjektive können Stärke oder Schwäche, Fähigkeit oder Unfähigkeit, Können oder Versagen, etc. ausgedrückt werden. Insgesamt betrachtet weisen 59,5 Prozent der erfassten Eigenschaften eine positive Tendenz auf und nur 37,8 Prozent eine negative. Auch hier wurden Mittelwerte betrachtet. Da Wertungsintensitäten erhoben wurden, erstreckt sich die Skala von -3=hoch negativ bis +3=hoch positiv. Adjektive können in ihrer Grundform, aber auch im Komparativ oder im Superlativ vorkommen, so dass die Aussage verschieden gewichtet werden kann. So beschreiben Superlative den Grad ´hoch`, Komparative den Grad ´mittel` und das Positivum den Grad ´niedrig`. Es ergibt sich ein allgemeiner Mittelwert von +0,47, was auf eine leicht positiv verstärkende Tendenz der Eigenschaften schließen lässt.
346
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Abbildung 45: Wertungstendenz der Eigenschaften nach Phasen (MW) 3 2,5 2 1,5 1 0,5
0,43
0,60
0,65
0,73 -0,09
0 -0,5
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
-1 -1,5 -2 -2,5 -3 Mittelwerte Basis: 1280 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,000; F=10,354; auf einer Skala von -3=negativ bis 3=positiv.
Die Bewertung der Medienunternehmen über beigeordnete Attribute erfolgt im Untersuchungszeitraum weitgehend entsprechend der ökonomischen Gegebenheiten. So steigt die positive Wertungstendenz stetig in den ersten drei Phasen, um in der Krisenphase stark abzufallen. Obwohl in dieser rezessiven Phase eigentlich eine deutlich negative Bewertung zu erwarten gewesen wäre, fällt die durchschnittliche Wertungstendenz hier aber eher ambivbalent aus (MW: -0,09). In der Konsolidierungsphase wird die Wertung für die Unternehmen wieder deutlich positiver. Es erstaunt allerdings, dass sie hier sogar positiver ausfällt (MW: +0,73) als in der wirtschaftlichen Hochphase (MW: +0,65). Dies könnte auf eine gewisse wertende Zurückhaltung in der Medienboomphase deuten. Möglich ist auch, dass gerade nach der Krisenzeit das Image der Medienunternehmen wieder forciert positiv dargestellt werden soll. Wahrscheinlicher scheint aber die Annahme, dass über die 15 Jahre die Tendenz zu einer positiveren Darstellung der Medienunternehmen stetig zunimmt, da die Mittelwerte von +0,43 in Phase 1 bis auf +0,73 in Phase 5 kontinuierlich steigen. Diese Entwicklung
8.3 Wertung über Eigenschaften
347
wird lediglich durch die wirtschaftliche Ausnahmesituation der Medienkrise unterbrochen. Dies kann jedoch nur als vage Vermutung stehen bleiben. Bei den Unternehmen der verschiedenen Mediensektoren verteilt sich die positive Konnotation der Eigenschaften in unterschiedlicher Weise. Die positive Tendenz nimmt mit zunehmender Distanz zur berichtenden Zeitung ab. Bei Printunternehmen zeigen die zugeordneten Eigenschaften somit deutlich positivere Tendenzen (für Zeitungsunternehmen MW: +0,91; für Zeitschriftenunternehmen MW: +0,53) als bei Rundfunkunternehmen (MW: +0,25). Doch liegen alle Bewertungen noch im positiven Bereich. Die Vermutung, dass ein bewusster Einsatz der Wertungsrichtungen von Eigenschaften vorzuliegen scheint, wird allerdings bestätigt, wenn man den Zeitungssektor genauer betrachtet. Abbildung 46: Wertungsrichtung der Eigenschaften nach Beobachtungsformen (MW) 3 2,5 2
1,63
1,5 0,81
1
0,61
0,49
0,5
0,02
0 -0,5
direkte Selbstbeob.
indirekte Selbstbeob.
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
-1 -1,5 -2 -2,5 -3 Mittelwerte Basis: 1280 Artikel (Jan. 1992 bis Dez. 2006). Post-Hoc-Test nach Duncan; p=0,000; F= 17,793; auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Bei der Differenzierung nach Beobachtungsformen setzt sich vorwiegend die Berichterstattung über das eigene Unternehmen von den anderen Beobachtungs-
348
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
formen ab, da hier die zugeordneten Attribute eindeutig positiver sind (MW:+1,63) als bei den anderen Beobachtungsformen. Es scheint sich hier vorwiegend um eine PR-orientierte, positive Selbstdarstellung der berichtenden Zeitung zu handeln. Mit zunehmender Distanz zu der berichtenden Tageszeitung nimmt zunächst der Anteil an positiven Eigenschaften ab. Die eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung) werden mit einem durchschnittlichen Wert von +0,81 zwar nur halb so positiv bewertet wie das eigene Unternehmen, jedoch immer noch stark positiv. Die Eigenschaften, die der direkten überregionalen Konkurrenz zugeordnet werden, fallen deutlich weniger positiv aus (MW: +0,49). In einem ähnlichen Bewertungsbereich bewegt sich allerdings auch die allgemeine Beobachtung (MW: +0,61). Jedoch kann wiederum nicht von einer negativen Bewertung per definitionem gesprochen werden, da sich beide Werte eher im ambivalenten Bereich bewegen. Von einer ´Konkurrenzbeschimpfung` kann also nicht die Rede sein. Im Gegenteil. Alle Mittelwerte befinden sich im positiven Bereich. Sollte ein Konkurrenzaspekt vorliegen, so äußert er sich nur subtil über eine gewisse Diffamierung der Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz, da diesen die ´negativsten` Eigenschaften (MW: +0,02) beigeordnet werden. 8.4 Wertungen im Fließtext, in der Überschrift und in Zitaten
Neben den Wertungen über Vergleiche, Elemente oder zugeordnete Adjektive, kann der Journalist entweder direkt selbst wertend Stellung nehmen oder auch indirekt über Aussageträger. Wertungen haben großen Einfluss auf die Rezipienten und ihr Konsumenten-Verhalten und damit auch indirekt auf den wirtschaftlichen Erfolg der Medienunternehmen. Von daher ist darin großes Manipulationspotential enthalten. Eine erste Wertung kann schon in der Überschrift erfolgen. Sie generiert Aufmerksamkeit und vermittelt den ersten Eindruck, in welche Wertungsrichtung der Artikel geht. Des Weiteren kann der Journalist im Fließtext seine Meinung äußern und bezüglich des thematisierten Unternehmens wertend Stellung beziehen. Diese Wertung ist allerdings meist nur aus dem Kontext, also über eine subjektive Rezipientenaufnahme, zu erschließen, was natürlich etliche Unsicherheiten birgt. Schließlich wird der persönliche Eindruck des Rezipienten noch von anderen Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel individuelle Leserpräferenzen, Zeitdruck, Bildungsstand oder die momentane persönliche Befindlichkeit. Vorliegend wurde dennoch versucht, die Kategorie ´Wertung` anhand von möglichst objektiven Kriterien zu erheben. Es wird unterschieden zwischen den direkten Wertungen des Journalisten in Überschrift und Text und den indirekten über Zitate mittels Aussageträger. Um einer vermuteten Instru-
8.4 Wertungen im Fließtext, in der Überschrift und in Zitaten
349
mentalisierung und damit bewussten Einflussnahme auf die Spur zu kommen, werden im Folgenden die drei Bewertungsmöglichkeiten ´Überschrift`, ´Fließtext` und ´Zitat` betrachtet und zu einem Index zusammengefasst. Er soll eine differenzierte Erhebung der Gesamtwertung aus unterschiedlichen Perspektiven gewährleisten. Mittelwerte wurden auf einer Skala von -1= negativ, über 0=ambivalent bis zu +1=positiv berechnet. Abbildung 47: Allgemeine Wertungstendenz nach Phasen (MW) 1 0,8 0,6 0,4
0,30 0,20
0,2
0,25
0,14
0 -0,02
-0,2 -0,4 -0,6 -0,8 -1 Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
Wertung
Mittelwerte nach Phasen auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Die Wertungen in den ersten drei Phasen bewegen sich im Wertungsbereich zwischen +0,30 und +0,20. Selbst in der Medienboomphase werden die Unternehmen nicht positiver bewertet (MW: +0,25), obwohl es aufgrund des wirtschaftlichen Hochs zu erwarten gewesen wäre. Erst in der Krisenphase kommt es zu einem Einbruch. Die Wertungen sinken auf einen Mittelwert von –0,02, also in den ambivalenten Bereich. Eine Erholung zeichnet sich erst in Phase 5 ab, wo der Bewertungsindex wieder auf +0,14 ansteigt. Abgesehen von einer gewissen Zurückhaltung in der wirtschaftlichen Hochphase scheint die wertende Beurteilung der Medienunternehmen aber weitgehend der tatsächlichen ökonomischen Situation zu entsprechen.
350
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Jedoch erfahren die Unternehmen der verschiedenen Mediensektoren innerhalb des Untersuchungszeitraums in der Presse jeweils unterschiedliche Bewertungen. Printunternehmen werden durchschnittlich am positivsten beurteilt (Zeitungsunternehmen: +0,19; Zeitschriftenunternehmen: +0,23), während die Wertung von Rundfunkunternehmen im ambivalenten Bereich (0,00) liegt. Abbildung 48: Allgemeine Wertungstendenz nach medialen Ebenen und Phasen 1 0,8
0,64
0,6 0,4
0,52
0,15
0,18
0,29
0,2 0
0,54
-0,02 0,06
-0,2
0,18
0,20 0,18
-0,07 0,03 -0,16
-0,14
-0,4 -0,6 -0,8 -1 Phase 1 direkte Intramedialität
Phase 2
Phase 3
Phase 4
indirekte Intramedialität
Phase 5 Intermedialität
Mittelwerte auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Im Verlauf des Untersuchungszeitraums zeigen sich vollkommen unterschiedliche Entwicklungen in Bezug auf die verschiedenen Mediensektoren. Die Bewertung des Rundfunkbereichs und des Zeitungssektors weist fast parallele Tendenzen auf, die weitgehend entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung des Medienmarktes erfolgen, wobei die Zeitungsunternehmen aber eindeutig positivere Wertungstendenzen vorweisen. Erstaunlich ist, dass Phase 2 jeweils höhere positive Werte aufweist (MW: +0,54 und MW: +0,15) als die Phase 3 (MW: +0,52 und +0,06), obwohl in letzterer der wirtschaftliche Höhepunkt lag. Analog zu anderen Kategorien zeigt sich hier erneut eine gewisse Zurückhaltung in der Boomphase. In der Krisenphase ist die Bewertung der Unternehmen eindeutig
8.4 Wertungen im Fließtext, in der Überschrift und in Zitaten
351
negativer, wie es eine wirtschaftliche Rezession erwarten lässt. Dabei ist der Absturz der Unternehmensbewertung bei Zeitungsunternehmen gravierender (von MW +0,52 auf -0,07) als bei Rundfunksendern (MW: von +0,06 auf -0,16). Dennoch werden letztere im Vergleich zu den anderen medialen Ebenen am negativsten dargestellt. Zeitschriftenunternehmen zeigen bei ihrer Bewertung eine ganz andere Entwicklung. Zu Beginn des Beobachtungszeitraums werden Unternehmen des Zeitschriftensektors zunächst mit einem Mittelwert von +0,64 am positivsten von allen Mediensektoren beurteilt. In Phase 2 dagegen ist die Wertung der Zeitschriftenverlage eindeutig negativer (-0,14) als die der anderen medialen Ebenen. In den folgenden Jahren hält sich der Bewertungsindex bei der Unternehmensdarstellungen im Zeitschriftensektor relativ konstant bis zur Phase 5 im leicht positiven Bereich (MW: +0,20). Selbst während der Medienkrise (Phase 4) zeigt er keinen Wertungseinbruch, Zeitschriftenverlage haben im Gegenteil hier sogar die positivsten Bewertungen aller Medienbereiche (MW: +0,18) und dies, obwohl es auch hier zur Schließung ganzer Unternehmensbereiche und Titeleinstellungen kam. Die positivere Wertung mag jedoch daran liegen, dass sich dieser Sektor in der Krise trotz aller Schwierigkeiten weitgehend stabil halten konnte. Die unterschiedlichen Bewertungstendenzen geben zu der Vermutung Anlass, dass – vor allem aufgrund der zunehmenden Wettbewerbsintensität - die Bewertung der Medienunternehmen in den verschiedenen Medienbereichen eventuell gezielt eingesetzt worden ist. Erstaunlich ist nur, dass trotz der bis Phase 4 unterschiedlichen Bewertungen in den verschiedenen Sektoren, sich die Werte aller drei Medienbereiche in der Konsolidierungsphase (Phase 5) quasi bündeln und in etwa den gleichen Wert erreichen (+0,18; +0,20). Allein die Rundfunkunternehmen werden weniger positiv (+0,03) bewertet. Zeigt sich hier etwa nach der gemeinsam überstandenen Medienkrise eine Art von ´Solidarität` nach dem Motto: ´Wir sitzen alle im selben Boot`? Oder handelt es sich um eine neue Ausprägung der Unternehmensberichterstattung, indem die Darstellung aller Medienunternehmen eher vorsichtig wertend erfolgt und die Situation aller Unternehmen neutraler bzw. relativ ausgeglichen durch positive und negative Wertungen dargelegt wird. Ob es sich hier um eine neue Entwicklungstendenz bei der medialen Unternehmensdarstellung handelt, könnte aber nur über eine, an diese Studie anschließende, weitere vergleichende Beobachtung der Unternehmensbewertungen in den verschiedenen Mediensektoren nachgewiesen werden. Eindeutigere Tendenzen, die auf eine Determinierung hindeuten, ergeben sich, wenn man die Bewertungen des Zeitungssektors im Binnenverhältnis betrachtet.
352
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
Abbildung 49: Allgemeine Wertungstendenz nach Beobachtungsformen (MW) 1 0,8
0,75
0,6 0,4
0,24 0,08
0,2
0,03
- 0,01
0 -0,2
direkte Selbstbeob.
indirekte Selbstbeob.
direkte Konkurrenz
indirekte Konkurrenz
allgemeine Beobachtung
-0,4 -0,6 -0,8 -1 Mittelwerte Mittelwerte nach Phasen auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Da durch die wertende Darstellung das Image des Verlags mitgeprägt und damit unmittelbar ökonomische Interessen berührt werden, ist gerade die Berichterstattung über das eigene Haus die brisanteste Form der Berichterstattung über Medienunternehmen. Und diese setzt sich auch mit einem positiven Mittelwert von +0,75 eindeutig von allen anderen Bebachtungsformen ab. Selbst die eigenen Beteiligungsunternehmen (indirekte Selbstbeobachtung) werden deutlich weniger positiv beurteilt (MW: +0,24). Die restlichen Beobachtungsformen bewegen sich dagegen im ambivalenten Bereich. Damit könnte sich der Verdacht einer positiven Selbstdarstellung des eigenen Unternehmens erneut bestätigen. Eine Diffamierung der Konkurrenz findet jedoch nicht statt. Deren Bewertung bewegt sich eher im ambivalenten Bereich. Betrachtet man die Entwicklung dieser Wertungsquoten im Verlauf des Untersuchungszeitraums, so bestätigt sich der Verdacht einer Determinierung. Es zeigt sich, dass die konjunkturelle Situation nur bedingt Einfluss auf die Bewertung der Unternehmen hat, da gerade beim eigenen Unternehmen ganz andere Kriterien zu gelten scheinen. Es kristallisieren sich grob zwei Wertungsentwicklungen heraus.
8.4 Wertungen im Fließtext, in der Überschrift und in Zitaten
353
Abbildung 50: Allgemeine Wertungstendenz nach Beobachtungsformen und Phasen (MW) 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 -0,2
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
-0,4 -0,6 -0,8 -1
direkte Selbstbeobachtung direkte Konkurrenzbeobachtung allgemeine Beobachtung
indirekte Selbstbeobachtung indirekte Konkurrenzbeobachtung
Mittelwerte auf einer Skala von -1=negativ bis 1=positiv.
Die Berichterstattung über das eigene Haus setzt sich auch in seiner Entwicklungstendenz über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg von den anderen Beobachtungsformen ab. Während sich die Wertungen in den ersten beiden Phasen auf höchstem positiven Niveau bewegen (MW: +0,95 und +0,96), sinkt der Wert erstaunlicherweise in Phase 3 (MW: +0,72), obwohl es sich hier um das absolute wirtschaftliche Hoch des Medienbereichs handelt. Von diesem Konjunkturhoch profitierten gerade die überregionalen Zeitungen (siehe Kap. 1, 2.2.3). Dennoch zeigt sich speziell bei der eigenen überregionalen Zeitung eine gewisse Zurückhaltung in der positiven Wertungsausprägung. Eventuell möchte die berichtende Zeitung dabei dem Verdacht der ´Selbstbeweihräucherung` entgehen. Der Wert hält sich allerdings unabhängig von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung fast konstant bis zum Ende des Untersuchungszeitraums (Krisenphase MW: +0,73; Konsolidierungsphase MW: +0,67). Das eigene Unter-
354
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
nehmen wird in der Krise sogar noch leicht positiver dargestellt als in der wirtschaftlichen Boomphase. Die Unternehmensdarstellung erfolgt hier also eindeutig selbstwerbend im PR-Format. Die übrigen Beobachtungsformen setzen sich von der direkten Selbstbeobachtung ab und zeigen untereinander einen relativ ähnlichen Wertungsverlauf. Bei ihnen zeigt sich in Phase 2 ein positiver Wertungsanstieg, jedoch mit unterschiedlichen Ausprägungen. Die positivste Bewertung erhalten dabei die eigenen Beteiligungsunternehmen (MW: +0,64) und die negativste die regionalen und lokalen Zeitungen (allgemeine Beobachtung: MW: +0,11). In der Boomphase (Phase 3) erreichen die eigenen Beteiligungsunternehmen, aber auch die direkte Konkurrenz, fast so hohe positive Bewertungen wie das eigene Haus. Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz dagegen werden deutlich weniger positiv gesehen und weisen nur ambivalente Werte auf. Erst in der Krisenphase sinken die Werte all dieser Beobachtungsformen in den negativen Bereich. Den größten Wertungseinbruch weisen dabei die eigenen Beteiligungsunternehmen (MW: 0,5 in Phase 4 von +0,46 in Phase 3) auf. Während also die Berichterstattung über das eigene Unternehmen anderen Kriterien folgt, erfolgen die Unternehmensbewertungen der übrigen Beobachtungsformen weitgehend analog zu der wirtschaftlichen Situation des Zeitungsmarktes. Auffallend ist, dass die Bewertungen der regionalen und lokalen Zeitungsunternehmen (allgemeine Beobachtung) im Lauf des Untersuchungszeitraums insgesamt die geringsten Schwankungen zeigen. Jedoch ist die Bewertung – anders als bei den übrigen Beobachtungsformen - durchgehend eher ambivalent und bewegt sich lediglich im Bereich von -0,2 bis +0,2. Dass dieses Zeitungsgenre im schwächsten Konkurrenzverhältnis zur berichtenden Zeitung steht, scheint sich auch auf die bewertende Stellungnahme auszuwirken, indem sie gleichermaßen ambivalent über den gesamten Untersuchungszeitraum erfolgt. Erst in der Konsolidierungsphase 5 kristallisieren sich die wettbewerblichen Aspekte deutlicher heraus. Es ergeben sich bei den Wertungsausprägungen zwei „Bündelungspunkte“. Die beiden Selbstbeobachtungsformen separieren sich dabei eindeutig von den anderen Beobachtungsformen. Das eigene Unternehmen, aber auch die eigenen Beteiligungsunternehmen zeigen beide eine stark positive Bewertung auf fast gleichem Niveau. Zeigt sich hier etwa verstärkt Solidarität mit wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen? Oder verdeutlichen sich hier nur die eigenen Unternehmensinteressen, indem nicht nur das eigene Haus, sondern auch Unternehmen, an denen die berichtende Zeitung wirtschaftlich beteiligt ist, verstärkt positiv dargestellt werden? Im zweiten Bündelungspunkt finden sich die übrigen Beobachtungsformen. Diese bündeln sich im ambivalenten Bereich, erhalten also im gleichen Maß positive und negative Wertungen. Dem Vorwurf einer Diffamierung wollen sich die Zeitungen schließlich nicht
8.5 Zwischenfazit: Wertung
355
aussetzen. Eine gezielte negative Darstellung der Konkurrenz ist jedenfalls nicht feststellbar. Es geht also nicht um eine Herabsetzung der Konkurrenz, sondern eher um ein gezieltes, positives Absetzen des eigenen Unternehmens. Nach der Krise lassen sich zudem synergetische Tendenzen feststellen, da hier auch wirtschaftlich verflochtene Unternehmen in ähnlicher Weise positiv bewertet werden. Die hinter den unterschiedlichen Beurteilungen stehenden Intentionen lassen sich aber mit dieser Studie nicht beantworten. Festzuhalten bleibt aber, dass die eingangs erwähnte Entwicklung gegen Ende des Untersuchungszeitraums hin zu einer eher ambivalenten Darstellung der Medienunternehmen trügt. Im Zeitungssektor spaltet sich die Bewertungstendenz einerseits in eine stark positive für das eigene Unternehmen einschließlich synergetisch verbundener Unternehmen und andererseits in eine eher neutrale für die übrigen Medienunternehmen. 8.5 Zwischenfazit: Wertung
Durch die unterschiedlich verteilten Häufigkeiten und die jeweilige Sonderstellung der Beiträge über das eigene Unternehmen konnte auf einen gezielten Einsatz der verschiedenen Dimensionen wie Aufmerksamkeit, Komplexität oder Transparenz geschlossen werden. Eine gezielte Steuerung der Rezipientenwahrnehmung, die Aufschluss über einen möglichen Einfluss ökonomischer Faktoren geben kann, kann jedoch nur durch starke Differenzen in der Bewertung durch den Journalisten nachgewiesen werden. Daher befasst sich die achte Forschungsfrage mit den Wertungen in den Beiträgen über Medienunternehmen. Die Gesamttendenz der Wertungen ergibt ein eindeutiges Bild, das sich schon bei den obigen Ergebnissen andeutete. Wertungstendenzen wurden dazu in Text, Überschrift und bei Zitaten als Index analysiert, aber auch bei den Elementen, den Vergleichen zu anderen Berichterstattungsobjekten und über die zugeordneten Eigenschaften erhoben. Grundsätzlich bewegt sich die Bewertung von Medienunternehmen eher im positiven bis ambivalenten Bereich. Die Wertungstendenzen der erwähnten Rahmenfaktoren (Elemente) in einem Artikel folgen dabei weitgehend den wirtschaftlichen Phasen, wobei jedoch in den beiden wirtschaftlichen Ausnahmesituationen die Wertung eher relativierend – sowohl in positiver, als auch in negativer Hinsicht – eingesetzt wird. So zeigt sich in der Medienboomphase zwar der höchste positive Wert, jedoch nicht in der hohen Ausprägung wie sie angesichts der Konjunkturlage zu erwarten gewesen wäre. Hier wird eher eine gewisse Zurückhaltung in der positiven Wertungszuordnung geübt. Eine ähnliche Zurückhaltung zeigt sich aber auch in der Krisenphase. Die Wertungen sind in dieser wirtschaftlich rezessiven Zeit nur etwas weniger negativ als in der Phase
356
8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
zuvor. Und dies, obwohl die Medien wirtschaftlich schwer getroffen waren. Die negativen Wertungen in der Krise betreffen vor allem diejenigen Elemente, die die betriebswirtschaftlichen Aspekte betreffen. Auch Vergleiche fallen hier tendenziell negativer für das primäre Berichterstattungsobjekt aus. Von daher könnte man davon ausgehen, dass die schlechte wirtschaftliche Situation offen dargelegt wird. Die Wertungen fallen jedoch in den meisten Fällen nicht so negativ aus wie zu vermuten gewesen wäre und halten sich eher im ambivalenten Bereich. Bezüglich der Thematisierung der medialen Ebenen deutet die unterschiedliche Wertungsverteilung auf einen gezielten Einsatz der Wertungen hin. Der Rundfunk scheint als starker Konkurrent auf dem Rezipienten- und Werbemarkt wahrgenommen zu werden, da eine eindeutig negativere Bewertung von Rundfunkunternehmen ersichtlich ist. Innerhalb des Printbereichs erfahren jedoch Zeitschriftenunternehmen die positivsten Bewertungen. Ob dies vielleicht an synergetischen Verbindungen zwischen der berichtenden Zeitung und einzelnen Zeitschriftenverlagen liegt, kann jedoch an dieser Stelle nicht geklärt werden. Die Wertungstendenzen für die verschiedenen medialen Ebenen fallen in den wirtschaftlichen Phasen sehr unterschiedlich aus. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums nach der Krise nähern sich jedoch alle Werte im ambivalenten Bereich an. Ob dies ein bleibender Trend ist und auch weiterhin die Unternehmen der verschiedenen Mediensektoren gleichwertig über positive und negative Bewertungen dargestellt werden, kann nur eine weitere Beobachtung über die folgenden Jahre feststellen. Eindeutig offenbart sich der Einfluss eines Konkurrenzaspektes jedoch innerhalb des Zeitungssektors. Die verschiedenen Wertungsaspekte weisen darauf hin, dass die Darstellung des eigenen Unternehmens zur Imageaufwertung über eine positive Selbstdarstellung benutzt wird. Beispielweise deutet die unterschiedliche Fokussierung ökonomischer Rahmenfaktoren auf Wettbewerbsaspekte hin. So erfahren bei den Artikeln über das eigene Unternehmen fast alle Elemente die höchsten positiven Wertungen. Hier wird lediglich die ´allgemeine wirtschaftliche Marktsituation` und die ´Medienbranche` negativer bewertet. Indem die allgemeine konjunkturelle Lage des Medienmarktes eher in negativem Licht erscheint, kann die eigene wirtschaftlich schlechte Situation eher erklärt oder relativiert werden. Steht das eigene Unternehmen gut da, kann dies durch den Vergleich mit der rezessiven Konjunkturlage sogar noch mehr hervorgehoben werden. Gegenläufig werden bei der Konkurrenz die meisten Elemente am negativsten bewertet, vor allem diejenigen, die den internen Unternehmensbereich (´Organisation` und ´Arbeitsbereich`) und die ´Medienbranche` betreffen. Die jeweilige ´wirtschaftliche Lage` des Konkurrenzunternehmens wird hier nicht so eindeutig wertend dargestellt, sondern der Blick eher auf innere Struktu-
8.5 Zwischenfazit: Wertung
357
ren und die Situation der Medienbranche gerichtet. Auch wenn ein Konkurrenzunternehmen in Vergleich zu einem anderen Unternehmen gesetzt wird, so wird es eher ambivalent beurteilt. Von einer Diffamierung der direkten Konkurrenz kann deshalb nicht gesprochen werden, die Werte sind lediglich weniger positiv und betonen andere Schwerpunkte in der Unternehmensberichterstattung. Das eigene Unternehmen dagegen wird häufiger in Vergleich zu anderen Medienunternehmen gesetzt, wobei dieser Vergleich überwiegend positiv für das eigene Haus ausfällt. Eine positive Selbstdarstellung ist daher zu vermuten. Zum gleichen Ergebnis gelangt die Untersuchung der zugeordneten Adjektive. Hier nimmt mit zunehmender wirtschaftlicher Distanz zur berichtenden Zeitung die Zuordnung von positiven Eigenschaften ab. Auch bei der Indexwertung (Fließtext, Überschrift und Zitate) zeigen sich bei der direkten Selbstbeobachtung jeweils die höchsten positiven Ausprägungen, während die Konkurrenz eher ambivalent beurteilt wird. Somit scheint eine gezielte Zuordnung von negativen und positiven Eigenschaften bei der Selbst- und Konkurrenzbeobachtung vorzuliegen. Die Ergebnisse deuten speziell im Zeitungssektor auf eine gezielte Inszenierung der bewertenden Darstellung. Die Tendenz geht hier hin zu einer positiven Darstellung des eigenen Unternehmens, um sich von der Konkurrenz abzuheben und sich auf dem Leser- und Anzeigenmarkt besser zu positionieren. Über die wirtschaftlichen Phasen hinweg zeigt sich eine unterschiedliche Entwicklung. Unabhängig von der jeweiligen wirtschaftlichen Lage wird das eigene Unternehmen durchwegs hoch positiv bewertet. Nicht einmal die Krisenphase bringt einen Einbruch. Demgegenüber weisen gerade hier alle übrigen Beobachtungsformen deutlich negativere Wertungen auf. Auch ist erneut in der Boomphase eine eher zurückhaltende positive Bewertung festzustellen. In der Konsolidierungsphase bilden die Wertungstendenzen jeweils zwei Bündelungszentren. Einerseits bündeln sich die Wertungen der Artikel über das eigene Haus und über die eigenen Beteiligungsunternehmen auf relativ hohem positivem Niveau. Nach der Medienkrise zeigt sich somit eine Art synergetische Rücksichtnahme, indem nicht nur das eigene Unternehmen stark positiv dargestellt wird, sondern auch die mit dem eigenen Haus wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen. Die Zeitungsunternehmen der anderen Beobachtungsformen finden sich dagegen in einem zweiten Bündelungspunkt. Sie werden allesamt eher ambivalent beurteilt. Insgesamt ist festzustellen, dass die allgemeine Wertung der Medienunternehmen nicht unbedingt den ökonomischen Gegebenheiten folgt, sondern hier eher allgemein auf eine positive Rezeption der Medienunternehmen geachtet wird. Gerade dies erwies sich als wichtiger Hinweis auf einen gezielten Einsatz der Wertungen in einem Artikel. Vor allem die Differenzierung nach medialen Ebenen und nach Beobachtungsformen lässt vermuten, dass wirtschaftliche Überlegungen die Berichterstattung bestimmen, indem der eigene Medienbereich
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8 Wertungen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen
bzw. das eigene Unternehmen positiver dargestellt werden. Dem Vorwurf der ´Konkurrenzbeschimpfung` wollen sich die Zeitungen allerdings nicht aussetzen. Es wird nicht versucht, über Wertungen die Leistungsfähigkeit der Konkurrenz diffamierend in Frage zu stellen. Andererseits werden Konkurrenzunternehmen auch nicht mit dem gleichen positiven Tenor dargestellt wie das eigene Haus. Die Konkurrenz wird wie die anderen Beobachtungsformen eher ambivalent bewertet. Es geht also nicht um eine Herabsetzung der Konkurrenz, sondern mehr um ein Absetzen des eigenen Hauses von der Konkurrenz durch positive Selbstdarstellung.
9 Gesamtfazit 9.1 Gesamtfazit
Das Schlagwort ´Ökonomisierung` geistert durch viele Diskussionen im politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Bereich. Es zielt vornehmlich auf eine effizientere Aufgabenerfüllung, die sich wirtschaftlich in einer Steigerung des Gewinns zeigen soll. Auch die Medienbranche blieb von dieser Entwicklung nicht verschont. Die Ökonomisierung wirkt sich vornehmlich dahingehend aus, dass sich auch die Medien mehr nach Effizienz und Profit orientieren. Die zunehmende Konkurrenz und die damit einhergehende Konzentration verstärkten noch den Wettbewerb auf dem Medienmarkt und damit das wirtschaftliche Denken. Für die Medienunternehmen geht es - wie bei anderen Wirtschaftsunternehmen auch - zunächst um die Existenzsicherung und um eine gute Positionierung auf dem Medienmarkt. Dazu ist ihr Blick gerichtet auf eine Steigerung des Profits, um Ressourcen zu schaffen für Neuinvestitionen und die notwendige Ausstattung der Verlage, wodurch wiederum die publizistische Leistung und Qualität gesichert werden sollen. Gerade diese entscheiden nämlich über die Akzeptanz und damit die Nachfrage der Rezipienten. Die quantitative und qualitative Reichweite entscheidet dann über die Attraktivität des Mediums als Werbeträger, was noch immer die hauptsächliche Finanzierungsquelle der Medienunternehmen ist. Gerade im Teilmarkt der Zeitungen ist dieser Wettbewerb um die Lesernachfrage hart, da sich die Medieninhalte der Zeitungen desselben Sektors weitgehend entsprechen. Es mag daher nicht genügen sich nur publizistisch von der Konkurrenz abzusetzen. Es ist zusätzlich von Bedeutung, wie sich ein Unternehmen für den Rezipienten darstellt. Wenn man davon ausgeht, dass das Image das Kaufverhalten des Rezipienten mitbestimmt, hat der jeweilige Gesamteindruck durchaus wirtschaftliche Auswirkungen auf das Unternehmen. Um das Image in positiver Hinsicht zu prägen, wäre somit ein verstärkter Einsatz der unternehmensinternen PR-Abteilungen notwendig. Außendarstellung erfolgt jedoch nicht nur über Public Relations. Der Journalist hat über sein Medium zusätzlich die Möglichkeit, ein Medienunternehmen, wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen auch, der Öffentlichkeit darzustellen. Unterstellt man, dass eine positive Darstellung der Wirtschaftskraft eines Unternehmens eine positive Wahrnehmung seiner publizistischen Leistungsfähigkeit durch den Rezipienten impliziert und umgekehrt eine negative Darstellung eine negative Rezeption, so kann sich die Beurteilung eines Unternehmens auf sein Image und damit auf die
360
9 Gesamtfazit
Akzeptanz auf dem Rezipienten-, Anzeigen- und Werbemarkt auswirken. Eine stabile wirtschaftliche Lage ist somit das, was ein Unternehmen im Markt bestehen lässt. Deshalb besteht die Gefahr, dass die Medienbranche bzw. einzelne Medienunternehmen aufgrund ökonomischer Eigeninteressen gezielt in einer bestimmten Weise dargestellt werden, um den Wettbewerb indirekt zu beeinflussen. Aufmerksamkeit kann rein formal schon für ein Unternehmen erzeugt werden, indem es häufiger und in größerem Umfang als andere Unternehmen im Medium thematisiert wird. Kritischer wird es, wenn zusätzlich auch die inhaltliche Darstellung und Bewertung eines Medienunternehmens ziel- und zweckgerichtet durch den Journalisten erfolgt. Dies würde sowohl der gesellschaftlichen Aufgabe des Journalismus, als auch dem Autonomieanspruch des Journalismus widersprechen. Gerade im Bereich der Berichterstattung über Medienunternehmen ist der Grat zwischen publizistischem Anspruch und ökonomischen Überlegungen sehr schmal, da die Art der Darstellung eben auch ökonomische Auswirkungen auf die Unternehmen haben kann. Journalisten sind Teil eines Medienunternehmens, das sich an wirtschaftlichen Kriterien orientieren muss. Gerade in dem Spezialfall, wenn es um das eigene Medienunternehmen geht, befindet sich der Journalist bei der Berichterstattung in einem Loyalitätskonflikt. Er steht im wahrsten Sinne zwischen Skylla und Charybdis. Auf der einen Seite stehen ökonomische Zielsetzungen des eigenen Hauses, die darauf zielen, das Image des eigenen Unternehmens zu verbessern oder zumindest zu erhalten, um seinen Marktwert bei Rezipienten und Werbekunden nicht zu gefährden. Auf der anderen Seite untersteht der Journalist bei der Produktion von Inhalten dem publizistischen Anspruch, objektiv und sachlich zu informieren und zu kontrollieren. Dieser Konflikt verschärft sich noch, wenn sich die allgemeine Konjunkturlage der Medien verschlechtert. Gerade die letzten zwei Jahrzehnte brachten der Medienbranche viele wirtschaftliche und strukturelle Veränderungen. Durch ihre starke Abhängigkeit vom Werbemarkt erfuhren die Medienunternehmen in den letzten Jahren zudem zwei ökonomische Ausnahmephasen, den Werbe- und Medienboom um das Jahr 2000 und die darauf folgende Medienkrise. Die Medien – und zwar alle Medienbereiche in mehr oder weniger starkem Maße – waren daher starken konjunkturellen und strukturellen Schwankungen ausgesetzt. Die jeweilige konjunkturelle Lage der Medienbranche kann insofern Einfluss auf die einzelnen Medienunternehmen nehmen, als sie deren Erwerbssituation und damit ihr Ansehen prägt. So kann beispielsweise in einer Krise die Angabe von Verlusten das Image eines Unternehmens schädigen und durch geringeres Nachfrageverhalten weiterhin Verluste produzieren und damit den wirtschaftlichen Druck für das Unternehmen erhöhen. Gerade erhöhter wirtschaftlicher Druck kann nun bewirken, dass sich die Journalisten bei der Berichterstattung mehr nach ökonomischen Faktoren richten oder zumindest ´mit einem Auge
99.1 Gesamtfazit Gesamtfazit
361
danach schielen`. Dies kann nun dazu führen, dass sie ihre gesellschaftlichen Aufgaben nicht immer im geforderten Maß nach den journalistischen Qualitätskriterien erfüllen. Insofern besteht die Gefahr, dass die zunehmende wirtschaftliche Orientierung der Medienunternehmen sich auch auf die publizistische Ebene auswirkt. Aus dieser Problematik entwickelte sich die Hauptforschungsfrage dieser Studie, wie sich die Berichterstattung über Medienunternehmen von 1992 bis 2006 unter dem Gesichtspunkt einer zunehmenden ökonomischen Orientierung und des Konkurrenzaspektes entwickelte. Die dahinter stehenden Dimensionen sind dabei die Fragen nach dem Einfluss der konjunkturellen Wirtschaftslage der Medien einerseits und dem von ökonomischen Eigeninteressen andererseits, die ´indirekt` über die Methode der quantitativen Inhaltsanalyse untersucht wurden. Es wurde einer Determinierung nachgegangen, die auf einen gewissen Verlust an Glaubwürdigkeit und Objektivität und somit an Qualität schließen lässt. Dafür wurde die Berichterstattung über Medienunternehmen in unterschiedlichen ökonomischen Phasen untersucht. Inwieweit sich Wettbewerbs- oder Konkurrenzaspekte auf die Berichterstattung auswirken, konnte über unterschiedliche Beziehungen von wirtschaftlicher Distanz nachgewiesen werden. Wie die Befunde zeigen, liegen weitgehend systematische Differenzen in der Berichterstattung über Medienunternehmen vor. Einiges deutet darauf hin, dass auch die jeweiligen konjunkturellen Bedingungen am Medienmarkt Einfluss auf die publizistische Darstellung der Medienunternehmen haben. Sowohl im weiten als auch im engen Distanzverhältnis lassen sich eindeutig Konkurrenzaspekte erkennen, die auf eine Dominanz ökonomischer Überlegungen bei der Darstellung der Medienunternehmen hinweisen. Das Konkurrenzverhältnis manifestiert sich dabei auf den medialen Ebenen weniger intra- als intermedial. D.h. das Wettbewerbsverhalten zeigt sich mehr zwischen dem Print- und dem Rundfunkbereich als innerhalb des Printbereichs zwischen Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmen. Stärker offenbaren sich Konkurrenzaspekte und damit Verlagsinteressen im engen Distanzverhältnis, speziell zwischen Medienunternehmen desselben Genres. Gewisse Entwicklungstendenzen im Berichterstattungsstil, die auf eine zunehmende Professionalisierung im Bereich der Berichterstattung über Medienunternehmen schließen lassen könnten, werden oft vom Einfluss konjunktureller Bedingungen überlagert. Besonders wirtschaftliche Extremphasen zeigen dabei deutliche Auswirkungen. Daher versuchte ich zunächst gewisse Professionalisierungstendenzen bei der Berichterstattung über Medienunternehmen zu identifizieren, um Diskrepanzen, die sich bei der Langzeitbetrachtung ergaben, eindeutiger auf ökonomische Einflussfaktoren hin untersuchen zu können. Kontinuierliche Entwicklungstendenzen konnten in verschiedener Hinsicht festgestellt werden. Es zeigte sich zunächst, dass im Untersuchungszeitraum bei
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der Thematisierung von Medienunternehmen in zunehmendem Maße Zeitungsverlage als Thema aufgegriffen wurden, nachdem bis in die Neunziger Jahre noch eine Dominanz von Rundfunkthemen vorgeherrscht hatte. In den Fokus rückten hierbei ab Ende der Neunziger vor allem die großen überregionalen Tageszeitungen. Dabei wurden die Beiträge über Medienunternehmen mit abnehmender Tendenz im Medienressort verortet und fanden sich zunehmend auf der Wirtschaftsseite. Einzig in der Krisenphase stieg die Bedeutung des Medienressorts wieder etwas. Des Weiteren ließ sich eine kontinuierlich steigende Verwendung von Zahlenangaben in Bezug auf Medienunternehmen erkennen, obwohl Mast (1999b) für die allgemeine Wirtschaftsberichterstattung im Sinne der Verständlichkeit einen Rückgang von Zahlen- und Datenangaben festgestellt hatte (S. 179-181). Ebenso zeigte sich eine stetig steigende Tendenz zur Charakterisierung von Unternehmen, auch durch Verwendung von mehr Aussageträgern. Der Grad der Verständlichkeit in den Beiträgen blieb in diesen untersuchten 15 Jahren jedoch fast unverändert. Im Laufe des Untersuchungszeitraums zeigte sich eine konstant zunehmende Entwicklung im Sinne einer umfangreicheren, komplexeren, transparenteren und mehr kommentierenden Form der Darstellung von Medienunternehmen. Dieser Trend wies zunächst auf gewisse Professionalisierungstendenzen im Berichterstattungsstil hin. Nach der Krisenphase zu Beginn des 21. Jahrhunderts brachen sie jedoch ab. Die Art der Darstellung ähnelte wieder der zu Anfang der Neunziger Jahre. Diese Entwicklung lässt Raum für zwei Interpretationsansätze. Zum einen könnte man aufgrund kontinuierlicher Steigerungen zunächst von Professionalisierungstendenzen in der Berichterstattung ausgehen, die sich nach der Krise eventuell aufgrund struktureller Veränderungen in den Redaktionen, beispielsweise durch Sparmaßnahmen, wieder zurückentwickelten. Da sich die Werte der Konsolidierungsphasen zu Beginn und zu Ende des Untersuchungszeitraums jedoch weitgehend ähneln, obwohl sie ca. zehn Jahre auseinander liegen, verstärkt sich der Eindruck, dass eher die jeweilige konjunkturelle Lage Einfluss darauf nimmt, wie berichtet wird. Beiden Phasen liegen ähnliche wirtschaftliche Situationen zugrunde und in beiden Phasen konnten ähnliche Berichterstattungsmuster festgestellt werden. So könnte man beispielsweise in den Konsolidierungsphasen aufgrund der Ergebnisse von einer gewissen Zurückhaltung bei der Selbstthematisierung sprechen, die darauf zielt, in einer Zeit der Umorientierung und Stabilisierung den Bestand und das Image des thematisierten Unternehmens nicht dadurch zu gefährden, dass hier zu umfangreich, komplex und transparent über die Unternehmenssituation der Medien berichtet wird. Die Schlussfolgerung wäre, dass generell wirtschaftliche Phasen mit einer entsprechenden Art der Darstellung von Medienunternehmen korrespondieren. Andererseits ist auch die Deutungsversion plausibel, dass nicht von einer gene-
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rellen Interdependenz zwischen konjunktureller Lage und der Art der Berichterstattung auszugehen ist, sondern ausschließlich wirtschaftlich extreme Zeiten Einfluss auf die Berichterstattung haben. In diesem Fall identifiziert man die Professionalisierungstendenz, indem man die beiden Werte der Konsolidierungsphasen linear verknüpft. Dabei zeigen sich größere Abweichungen nur in der Boom- und Krisenphase. Nach dieser These haben die Berichterstattungsmuster während des Untersuchungszeitraums lediglich durch diese Ausnahmephasen Veränderungen erfahren. Gegen diesen Interpretationsansatz spricht allerdings, dass bereits in der Orientierungs- und Wachstumsphase (Phase 2) leichte Abweichungen von dieser fiktiven Verbindungslinie zu finden sind. Dadurch würde bestätigt, dass eine generelle Abhängigkeit zwischen Konjunkturlage und der Art der Berichterstattung besteht. Welche wirtschaftlichen Bedingungen nun tatsächlich einwirken, kann hier nicht endgültig beantwortet werden. Beide Interpretationsansätze sind aber auf jeden Fall ein Indiz dafür, dass ökonomische Entwicklungen Einfluss auf den Berichterstattungsstil nehmen. Dieser Einfluss bezieht sich nicht nur auf die Thematisierungshäufigkeit, sondern auch auf Inhalte, die Form der Darstellung oder die Wertungstendenzen in den Beiträgen. Die Einwirkung ökonomischer Gegebenheiten zeigt sich ganz allgemein, wenn man mit Blick auf die konjunkturellen Schwankungen des Mediensektors in den verschiedenen Phasen einen erwarteten ´Soll-Zustand` in der formalen, inhaltlichen und auch wertenden Aufbereitung der Berichterstattung mit dem dann festgestellten ´Ist-Zustand` vergleicht. Dabei wurde beispielsweise von der Erwartung ausgegangen, dass in den wirtschaftlichen Ausnahmephasen aufgrund von mehr vermuteten Ereignissen auch vermehrt berichtet wird. Ebenso konnte angenommen werden, dass in rezessiven Phasen eher Negatives im Zusammenhang mit den Unternehmen auftaucht und in wirtschaftlich guten Phasen eher Positives erwähnt wird. Während des Untersuchungszeitraums konnten weitgehende Übereinstimmungen mit diesen Erwartungen festgestellt werden, die sich jedoch in ihrem Ausmaß oft andersartig modifizierten. So waren beispielsweise in den beiden wirtschaftlichen Ausnahmephasen bei vielen Kategorien Höhepunkte festzustellen. In der Boomphase aber, bei der in vielerlei Hinsicht positive Extremwerte bei den einzelnen Kriterien der Unternehmensdarstellung zu erwarten waren, zeigte sich eher eine gewisse Zurückhaltung. Dies betraf sowohl den Umfang, die Komplexität und die Ausführlichkeit der Darstellung als auch die Wertungstendenzen. In der Krisenphase dagegen zeigte sich allgemein eine umfangreichere, ausführlichere, komplexere und stärker charakterisierende Darstellung von Medienunternehmen. Die in der Theorie angenommene Zurückhaltung bestätigte sich hier also nicht. Vielleicht geht es in der Krise auch eher darum, Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufzubauen und Strukturen offenzulegen und kritisch zu betrachten, um den Rezipienten Orientierung zu geben und Kom-
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petenz im Umgang mit Medien zu vermitteln. Hier ist also eher der Theorie von Jarren (1988) zu folgen, der einen verstärkten Wettbewerb und ausgeprägte unternehmerische Eigeninteressen als Stimulatoren für die Medienberichterstattung sieht (S. 92), zumindest was Umfang und Ausführlichkeit der Berichterstattung betrifft. Die Bewertung in der Krisenzeit ist vorwiegend relativierend, da sie eher eine ambivalente Tendenz zeigt. Es findet hier also keine betont negative Darstellung statt. Auch eine in der Literatur angenommen gezielte Herabsetzung der Konkurrenz ist nicht festzustellen. Bei der Darstellung von Medienunternehmen verschiedener Medienbereiche sind ebenfalls unterschiedliche Tendenzen zu erkennen. Sie deuten vornehmlich auf Konkurrenzaspekte zwischen Print- und Rundfunkunternehmen, da die Tendenzen zwischen Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmen nicht so stringent sind. Über den eigenen Medienbereich, also über Zeitungsunternehmen, wird deutlich zurückhaltender berichtet. Hier nimmt der Journalist am wenigsten meinungsäußernd und wertend Stellung. Es dominiert die informierende, faktische, mit Zahlen belegte Darstellung. Dagegen werden hier aber gerade die ökonomischen Rahmenbedingungen am ausführlichsten behandelt. Die Situation der Zeitungsunternehmen soll also eher über betriebswirtschaftliche Fakten und externe ökonomische Einflüsse erklärt werden. Im eigenen Mediensektor finden sich zudem die positivsten Bewertungen der Medienunternehmen. Rundfunksender weisen dagegen grundsätzlich negativere (´wirtschaftliche Bedrohung` und ´Schaden`) bis ambivalente (´Wertung`) Tendenzen auf. Es ist also eher der Konkurrenzaspekt zwischen Print- und Rundfunkmedien eindeutig zu identifizieren. Speziell bei der Berichterstattung über Zeitungsunternehmen zeigte sich bei vielen Kategorien eine gewisse Zurückhaltung, nicht nur in Bezug auf den eigenen Medienbereich, sondern auch hinsichtlich des eigenen Unternehmens. Diese Form der Nichtkommunikation äußert sich bei der direkten Selbstbeobachtung vor allem bei den Kategorien ´Aufmerksamkeitgenerierung` und bei der Darlegung der ´ökonomischen Rahmenfaktoren`. Zurückhaltung verdeutlicht sich hier auch durch eine mehr informierende Darstellungsweise, mit hoher Faktizität und belegt mit vielen Zahlen. Zudem sind die Beiträge über das eigene Haus überwiegend im Wirtschaftsressort platziert. Es wird weniger kommentiert und interpretiert. Dies könnte zu bedenklichen ´blinden Flecken` bei der Beobachtung des eigenen Hauses führen. Jedoch ist keine Tabuisierung in der Thematisierungshäufigkeit zu erkennen. Es zeigt sich keine Scheu, über das eigene Unternehmen zu berichten. Im Gegenteil, das eigene Haus wird im Verhältnis häufiger thematisiert als die drei anderen überregionalen Konkurrenten. Zurückhaltung äußert sich bei der Thematisierung des eigenen Unternehmens damit weniger durch die Thematisierungshäufigkeit als bei der formalen Darstellung und Aufmerksamkeitsgenerierung sowie in der Ausführlichkeit der inhaltlichen Darstellung. So
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wird hier im Gegensatz zu Beiträgen über die Konkurrenz vornehmlich in einem sachlich, informativen Stil berichtet. Die Thesen von Fengler (2002) und Kemner, dass „Medienjournalisten den Problemen, die sich aus unternehmerischen Eigeninteressen ergeben, durch eine möglichst ´neutrale`, informierende Berichterstattung entgehen wollen, können somit zumindest für die Berichterstattung über das eigene Haus bestätigt werden. Ob diese Zurückhaltung in Bezug auf eine komplexere und mehr kommentierende Darstellung des eigenen Unternehmens von der Verlagsleitung aus wirtschaftlichem Eigeninteresse gewollt ist, kann dadurch allerdings noch nicht belegt werden. Bei allen bisherigen Studien zur Verlagsabhängigkeit wurde einerseits über inhaltsanalytische Untersuchungen und über Befragungen eine gewisse Einflussnahme der Unternehmensinteressen auf die publizistische Gestaltung festgestellt, andererseits wurde bei Befragungen von den Journalisten der Einfluss der Verlagsleitung auf ihre Tätigkeit oft als gering angegeben. Der zu diskutierende Faktor ´Verlagsinteresse` zeigt sich in dieser inhaltsanalytischen Untersuchung jedoch evident durch die unterschiedliche Gewichtung und Bewertung von Teilaspekten im Zeitungssektor. Es entsteht der Eindruck, dass objektive Berichterstattung durch gezielte Inszenierung ersetzt wird. So setzt sich bei fast allen Kategorien die Berichterstattung über das eigene Haus hinsichtlich einer positiven Selbstdarstellung ab. Es scheint sich hier die Befürchtung Ruß-Mohls (1999) zu bestätigen, dass die Medienberichterstattung zum „Ort der öffentlichen Imagepflege“ wird (S. 200). Dahinter würden somit ökonomische und marketingstrategische Eigeninteressen der Verlage stehen. Es könnten sich auch die Ergebnisse der Befragung von Malik (2004) bestätigen, wonach ganz allgemein positive Meldungen des ´eigenen Hauses` stets thematisiert werden (S. 386– 415), Probleme der Konkurrenz dagegen nur kurz oder in eklatanten Fällen (S. 254-255). Ersteres verifiziert sich bei dieser Untersuchung dahingehend, dass das eigene Unternehmen vorwiegend in positivem Wertungszusammenhang dargestellt wird. Dagegen bestätigt sich nicht, dass nur ´kurz` über die Konkurrenz berichtet wird. Bei der Thematisierung der Konkurrenz ist zwar eine gewisse Zurückhaltung festzustellen, von einem ´Totschweigen`, das Ruß-Mohl als eine Möglichkeit sah, mit der Konkurrenz umzugehen, kann aufgrund der Häufigkeiten jedoch nicht die Rede sein. Sowohl der Textumfang, als auch der ´Umfang der Überschrift` ist bei der Berichterstattung über die Konkurrenz sogar deutlich höher als bei den Beiträgen über das eigene Unternehmen. Ebenso wird hier wesentlich ausführlicher und meinungsäußernder berichtet. Auch die Annahme, dass die Konkurrenz diffamierend dargestellt wird, bestätigt sich nicht, da die Wertungen sich eher im ambivalenten Bereich befinden. Es geht somit vornehmlich um die Sicherung der Marktposition für das eigene Unternehmen. Zudem lässt sich der Einfluss von Synergien feststellen. Eigene Beteiligungsunterneh-
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men werden deutlich positiver dargestellt als andere Unternehmen, jedoch nicht in dem Maß wie das eigene Haus. Beteiligungsunternehmen der Konkurrenz (indirekte Konkurrenzbeobachtung) dagegen werden in mehreren Fällen sogar eindeutig negativer (z.B. Kategorien: ´Eigenschaften` und ´Vergleich mit einem sekundären Berichterstattungsobjekt`) bewertet als die überregionalen Konkurrenzzeitungen selbst. Wenn man also in gewisser Weise von einer ´Diffamierung` der Konkurrenz ausgeht, dann findet sie eher in subtiler Weise über deren Beteiligungsunternehmen statt. Wettbewerbsaspekte äußern sich somit vorwiegend über eine positive Selbstinszenierung des eigenen Unternehmens, wobei auch unternehmens- oder konzernzugehörigen Beteiligungsunternehmen miteinbezogen werden. Insofern wirken sich ökonomische Eigeninteressen der Verlagsebene durchaus auf die Berichterstattung aus. Natürlich kann über eine Inhaltsanalyse nicht ein konkreter, ökonomisch motivierter Einfluss des Verlages nachgewiesen werden. Jedoch weisen die Ergebnisse darauf hin, dass es systematische Differenzen bei der publizistischen Behandlung der verschiedenen Mediensegmente und -unternehmen gibt. Dies deutet auf eine gezielte Beeinflussung der journalistischen Darstellung der Medienunternehmen aufgrund wirtschaftlicher Eigeninteressen der berichtenden Zeitung hin. Jedoch ist eine eindeutige Bewertung des Verlagseinflusses auf den Medienjournalismus schwierig, da die dahinterliegenden Mechanismen, die dafür verantwortlich sind, dass der Journalist entsprechend der eigenen Verlagsinteressen auswählt, nur über eine Befragung oder teilnehmende Beobachtung in Redaktionen zu eruieren sind. Wichtige Fragen konnte daher auch diese Studie nicht beantworten, zum Beispiel: Handelt es sich nur um informelle und formale Verhaltenserwartungen an Journalisten aus Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber oder liegen Weisungen der Verlagsebene vor? Welchen Einfluss haben andere organisationsinterne Aspekte wie Gewinnbeteiligungen? Wie stark ist der Einfluss der unternehmensinternen PR-Abteilung auf die Berichterstattung? Wird die Berichterstattung über Beteiligungsunternehmen für bestimmte Synergien benutzt? Auch wenn viele Fragen offen bleiben, so gab es doch vielfältige Hinweise auf eine gezielte Instrumentalisierung der Medienberichterstattung über Medienunternehmen vor allem im Sinne einer Selbstinszenierung. Wie die Ergebnisse einzuordnen und zu werten sind, welche Gefahren sich für die Unabhängigkeit und Qualität des Journalismus ergeben und welche Folgerungen und Lösungsmöglichkeiten sich daraus für Theorie und Praxis auftun, soll im Folgenden aufgezeigt werden. Dabei möchte ich noch konkret auf mögliche Folgestudien eingehen, die den Einflussstrukturen und Einflussmöglichkeiten auf die publizistische Gestaltung einer medienökonomischen Berichterstattung weiter nachgehen könnten.
Schlussbemerkung und Ausblick
Schlussbemerkung und Ausblick Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass das ökonomische Denken der Verlagsebene nicht nur Einfluss auf die betriebswirtschaftliche Struktur eines Medienunternehmens nimmt, sondern auch auf die publizistische Ebene, wenn es um Medienökonomie geht. Die Berichterstattung über Medienunternehmen hat eine besondere Brisanz für die Unternehmen, da sie Wirkung auf wirtschaftliche Folgeprozesse hat. Die wirtschaftliche Lage der Medienunternehmen wird schließlich so rezipiert, wie sie die Medien präsentieren. Dadurch können das Image und damit das Käufer- oder Aktionärsverhalten beeinflusst werden. Das Image eines Unternehmens kann somit zur Existenzfrage werden. Diese Tatsache erhält besondere Brisanz, wenn eine Zeitung über ihr eigenes Medienunternehmen berichtet. Dem Verleger, der für seine Zeitung nicht nur die publizistische, sondern auch die finanzielle Verantwortung trägt, wird das Recht zugesprochen, dass er im Rahmen der Grundsatz- und Richtlinienkompetenz grundsätzlich auf die redaktionelle Arbeit Einfluss nehmen kann. Insofern wäre es aus organisatorischer Sicht durchaus legitim, dafür zu sorgen, dass die Medienberichterstattung über das eigene Unternehmen das Ansehen und letztlich die wirtschaftliche Existenz nicht beschädigt bzw. gefährdet. Für Kepplinger (1989) sind jedoch im Hinblick auf die Autonomie des Journalismus sowohl informelle und formale Verhaltenserwartungen an Journalisten als auch konkrete Weisungen der Managementebene „mehr oder weniger illegitime Faktoren“ (S. 7). Die Journalisten selbst sehen es wiederum nach einer Befragung von Krüger und Müller-Sachse (1998) als durchaus legitim an, den Partikularinteressen ihres Medienhauses zu dienen, wenn „medienwirtschaftliche […] Eigeninteressen berührt werden“ (S. 206). Sie sprechen von „medienjournalistischen Tabuzonen“ (S. 206). Tabuzonen lassen sich in vorliegender Studie jedoch weniger feststellen, es zeigt sich eher, dass in den letzten Jahren die überregionalen Zeitungen zunehmend das eigene Genre und vor allem das eigene Unternehmen in den Fokus der medienwirtschaftlichen Berichterstattung stellen. Die Darstellung des eigenen Medienhauses wird nicht nur verstärkt betrieben, sondern zeugt auch von Tendenzen einer bewussten Selbstinszenierung, indem das eigene Unternehmen gezielt positiver dargestellt wird. Auch in der Studie von Kreitling (1994/95) gaben die Redakteure an, „in bestimmten, die Belange des Hauses betreffenden Fällen die Linie des Hauses im Blatt zu vertreten“ (Kreitling, 2000, S. 69). Ein
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unabhängiger Journalismus scheint somit fast unmöglich, da jede Berichterstattung über Medienunternehmen „entweder als Kritik am eigenen Haus oder als Werbung für fremde Häuser gewertet werden kann“ (Kreitling, 1997, S. 133). Da nun dem Unternehmen aufgrund der Imageprägung an einer positiven Rezeption des eigenen Unternehmens gelegen ist, besteht die Gefahr, dass einerseits Informationen über das eigene Haus zurückgehalten werden, wenn sie dessen Image schaden könnten, oder andererseits eigentliche Nicht-Informationen mit geringem Nachrichtenwert zur Information erhoben werden. In diesem Fall treten die üblichen journalistischen Selektionskriterien hinter anderen Mechanismen zurück. Diesem Aspekt ging auch schon Malik (2004) in ihrer Befragung nach. Sie stellte vor allem bei der Berichterstattung über Medienwirtschaft eine ´spezielle Selektivität` fest, die sich vor allem am Kriterium ´Legitimation` orientiert (S. 271-272). Eine ´spezielle Selektivität` lässt sich auch in vorliegender Studie bei der Berichterstattung über das eigene Unternehmen feststellen. So führt der positive Faktor ´Erfolg` beim eigenen Unternehmen und bei dessen Beteiligungsunternehmen eindeutig häufiger zu einer Selektionsentscheidung als bei anderen Medienunternehmen. Der hohe Nachrichtenwert von Negativmeldungen (z.B. ´Schaden`, ´Bedrohung`, aber auch ´Überraschung`) führt in Bezug auf das eigene Haus aber eher nicht zur Selektion des betreffenden Ereignisses oder Themas als Nachricht, wenn deren öffentliche Thematisierung für die selektierende Redaktion selbst riskant scheint. Bei der Berichterstattung über Konkurrenzunternehmen sowie über lokale und regionale Zeitungen (allgemeine Beobachtung) dagegen kommt es im Fall von Negativismus – entgegen der Annahme von Malik (S. 255) - durchaus zu einer positiven Selektionsentscheidung. Hier wird also eher den ´üblichen Selektionskriterien` gefolgt, während bei der Berichterstattung über das eigene Haus ´spezielle` Selektionskriterien gelten. Es geht also vornehmlich um eine positive Selbstdarstellung. Journalistische Kommunikation wandelt sich damit zu Public Relations (PR) für das eigene Unternehmen, denn eigentlich ist die Außendarstellung eines Unternehmens Aufgabe seiner PRAbteilung. Daher wird diese Form der medialen Selbstinszenierung und Selbstpositionierung von Medienunternehmen kritisch, da es hier zu einer Verschmelzung von journalistischer Arbeit mit Medien-PR kommt. Dies erfolgt zudem vornehmlich unter dem Deckmantel der Nachrichten, so dass die Verquickung mit Unternehmens-PR für den Leser nicht immer erkennbar ist. Im journalistischen Alltag stützen sich die Journalisten bei der Produktion journalistischer Inhalte oft auf Material der Öffentlichkeitsarbeit des jeweiligen Unternehmens, das sie allerdings noch sichten, selektieren und bearbeiten. Dennoch haben die jeweiligen PR-Abteilungen durch das zur Verfügung gestellte Material einen erheblichen Einfluss auf die Strukturierung des Nachrichtenbildes. Von einer noch stärkeren Einflussnahme ist auszugehen, wenn die PR-Angaben nicht aus
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organisationsfremden Quellen stammen, sondern aus dem eigenen Unternehmen. Aber selbst wenn von der eigenen PR-Abteilung kein direkter Einfluss auf die Redaktion eines Medienunternehmens erfolgt, fällt es dem Journalisten schwer, kritische Distanz zu halten, wenn der eigene Betrieb im Spiel ist. Die Versuchung liegt nahe, sich beim eigenen Unternehmen mit Kritik eher zurückzuhalten und es eher positiv darzustellen. In dieser Form betreibt der Journalist aber Unternehmens-PR, ohne dafür angehalten zu werden. Die Frage ist nur, ob es sich dabei um beabsichtigte Instrumentalisierungen oder unbewusste PR handelt. In beiden Fällen widerspricht ein solches Vorgehen jedoch der Neutralität einer informierenden Berichterstattung und schränkt somit die journalistische Qualität ein. Der Journalist wird zum Erfüllungsgehilfen der PR. Eine Möglichkeit, diesem Dilemma zu entgehen, wäre es, hausinterne Regeln bzw. spezielle Redaktionsstatute aufzustellen, welche die Beziehung zwischen der Redaktion und der Kommunikations- bzw. PR-Abteilung organisieren und den Journalisten besser vor interner wie externer Einflussnahme schützen. Gerade wenn es um die Darstellung des eigenen Unternehmens geht, ist Objektivität gefordert, da die Glaubwürdigkeit der Zeitung auf dem Prüfstand steht. Denn wer bei diesem wirtschaftlich brisanten Themenbereich dem journalistischen Kriterium der Objektivität folgt, wird dies in den Augen der Rezipienten auch bei anderen Themen tun. Insofern geht es auch um die Reputation der Zeitung. Durch die wachsende Konkurrenz ist der Wettbewerb um das knappe Gut ´Aufmerksamkeit` immer härter geworden. Daher gewinnen Glaubwürdigkeit und Vertrauen zunehmend an Bedeutung, da diese – langfristig gesehen – über das Kaufverhalten der Leser die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der Medien bilden. Also kommt es ganz entscheidend auf Objektivität und Verhältnismäßigkeit in der Berichterstattung an, und das nicht nur im Hinblick auf die Informations- und Aufklärungsfunktion der Medien, sondern auch in ökonomischer Hinsicht. Zudem erfüllt die Presse ihre öffentliche Funktion auf Dauer nur, wenn sie auch in Bezug auf sich selbst ein zutreffendes Bild der Wirklichkeit vermittelt, also eine sorgfältige, differenzierte und in der Gesamtheit ausgewogene Berichterstattung gewährleistet. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen jedoch, dass eine gewisse Skepsis an dieser Kritikfähigkeit angebracht ist. Da die Beobachtung der Medien immer in den Medien selbst stattfindet, stellen sich schnell der sogenannte ´blinde Fleck` oder andere heikle Formen der Berichterstattung ein. Noch immer haben die Zeitungen also ´Scheuklappen` gegenüber der Medienbranche, aber auch gegenüber sich selbst. Noch immer scheint man den alten Klischees zu folgen, dass ´eine Krähe der anderen kein Auge aushackt`. Daher können – wie festgestellt – im Bereich der Medienökonomie auch gezielte mediale Selbstinszenierungen stattfinden. Anteil daran hat die zunehmende Ökonomisierung, die den wirtschaftlichen Druck auf die Verlage verstärkte. Der Einfluss ökonomi-
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scher Prinzipien auf die Medien wird noch weiter steigen, da auf dem wachsenden Medienmarkt der Wettbewerb um öffentliche Aufmerksamkeit, Publikumsbindung und Werbeeinnahmen zunimmt. Es bildet sich ein zunehmend wettbewerbsorientiertes Mediensystem heraus. Durch die weitere Ausdifferenzierung des Mediensystems und die Integration der traditionellen Medienbranche in die neu entstehende, globale Telekommunikations- und Medienbranche ist in der Zukunft sogar ein weiterer Ökonomisierungsschub zu erwarten, wodurch sich die Abhängigkeit vom wirtschaftlichen System noch verstärken wird. Eine Herausforderung bildet beispielsweise das Konkurrenzmedium Internet. Auch die Pläne der Post, Gratiszeitungen zu vertreiben, könnten die Zeitungen im Leserund Werbemarkt nachhaltig beeinträchtigen. Weitere Eingriffe sind ebenfalls durch die wachsenden EU-Zuständigkeiten in der Medienbranche zu befürchten. Dies sind nur einige Beispiele für die strukturellen Veränderungen, die zu einem weiter wachsenden ökonomischen Druck auf die Verlage führen. Die Medien geraten immer mehr in die Fänge der Ökonomie. Die strukturellen und finanziellen Probleme sind für die Zeitungen mittlerweile so massiv, dass sogar die Politik Reaktionen zeigt. So versprach Kanzlerin Angela Merkel beim Deutschen Zeitungskongress 2008 in Berlin eine Reform des Kartellrechts, um den Zeitungen Erleichterungen im ökonomischen Wechselspiel zu gewähren. (Mindelheimer Zeitung vom 23.9.2008) Durch den verstärkten wirtschaftlichen Druck besteht nun die Gefahr, dass das betriebswirtschaftliche und strategische Handeln der betroffenen Medienunternehmen auch das redaktionelle Handeln beeinflusst. Dies könnte zu der Bereitschaft führen, durch unausgewogene und einseitige Berichterstattung (in eigener Sache) die eigenen wirtschaftlichen Interessen publizistisch abzusichern. Wie diese Studie gezeigt hat, haben die jeweilige konjunkturelle Lage und Verlagsinteressen, die auf Legitimation und Selbsterhalt des eigenen Unternehmens zielen, durchaus Einfluss – zumindest, was die Berichterstattung über Medienunternehmen betrifft. Sicher können diese Befunde nicht generell auf medienjournalistische Themen übertragen werden, es zeigt sich aber dort, wo die Verlagsinteressen am deutlichsten sind, nämlich bei der Unternehmensdarstellung eine eindeutige Determinierung. Hier ist die Medienberichterstattung über Medien in eine bedenkliche Schieflage geraten. Die innere Pressefreiheit wird aufgrund der Abhängigkeiten von Verlagsinteressen und Verlagsbeteiligungen subtil, aber massiv eingeschränkt und die publizistische Unabhängigkeit gefährdet. Der Journalismus kommt daher in diesem Bereich nicht in vollem Maße seinem gesellschaftlichen Auftrag nach, dem Rezipienten Medienkompetenz zu verschaffen, damit er die Macht und Wirkungsweisen der Medien durchschaut. Aufgabe des Medienjournalisten wäre es aber gerade, über den Tellerrand des rein wirtschaftlichen Handelns hinauszublicken. Der Journalist verfügt durch die Art der
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Darstellung über ein großes Machtpotenzial, um die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen. Dies beinhaltet aber auch eine gewisse Verantwortung. Nach Karmasin ist diese Verantwortung „im Rahmen unternehmensethischer Prozesse im Spannungsfeld von Gewinnerwirtschaftung unter Wettbewerbsbedingungen und ethischer Verpflichtung wahrzunehmen“ (Karmasin, 2008, S. 36). Auch im Sinne einer Qualitätssicherung im Journalismus liegt es an den Medien selbst, einen Weg zu finden, ihren Funktionsansprüchen als objektives Vermittlungsmedium einerseits und bedeutende Wirtschaftskraft innerhalb des Marktgefüges andererseits gerecht zu werden. Aufgrund der Autonomie des Journalismus ist eine Reglementierung von staatlicher Seite jedoch nur schwer denkbar. Eine Möglichkeit wäre - wie z.B. Kemner (2008) ausführt - eine erweiterte Impressumspflicht, die eine Auflistung von Beteiligungen an anderen Medienunternehmen und deren Medienprodukten umfassen könnte. Dadurch könnte zumindest eine gewisse Transparenz in den vielfältigen wirtschaftlichen Verflechtungen und unternehmerischen Engagements erreicht werden. In der Praxis wäre dies jedoch sehr umfangreich und fast nicht durchführbar. Des Weiteren wäre eine Quotenregelung denkbar, die festlegt, in welchem Umfang beispielsweise über die Konkurrenz berichtet werden muss. Eine solche Auflage würde jedoch einen noch massiveren Eingriff in die journalistische Autonomie darstellen. Zum Schutz der journalistischen Freiheit kann daher eine Kontrolle nur auf freiwilliger Ebene im Rahmen der Selbstverantwortung und Selbstverpflichtung erfolgen und zwar nicht nur im einzelnen Medienunternehmen, sondern in der gesamten Medienbranche. Die gesellschaftliche Aufgabe der Kritik und Kontrolle muss sich auch auf die Medien selbst beziehen. Die Kontrolleure müssen sich selbst kontrollieren. Zentral ist der Schutz der Unabhängigkeit der Journalisten gegenüber der Verlagsebene und deren unternehmerischen Interessen. Dies ist aufgrund der organisationalen Verflechtungen zwischen Redaktion und Verlagsebene nicht so leicht zu gewährleisten. Dennoch sind verschiedene Lösungsmöglichkeiten denkbar. Als Kontrollinstanzen könnten beispielsweise Presseräte, Ombudsleute, Ethikbeauftragte usw. fungieren. Dazu gehört auch eine gewisse Selbstverpflichtung wie das freiwillige Aufstellen von Verhaltenskodizes gerade in Bezug auf die eigene und die gegenseitige Berichterstattung. Oder die Kontrolle erfolgt über den Medienjournalismus selbst, indem die Medienunternehmen den Diskurs über die Probleme der Medienberichterstattung veröffentlichen. Hier kann auch die Medienforschung einen Beitrag leisten. Indem sie den Journalismus mit ihren Ergebnissen konfrontiert und die Folgen für die Praxis aufzeigt, kann sie helfen, den Einfluss von Eigeninteressen und Medien PR zu unterbrechen. Auf einer anderen Ebene könnten die Ergebnisse auch für die wettbewerbs(kartell)rechtliche und medienrechtliche Konzentrationskontrolle interessant sein, wenn es darum geht, die Auswir-
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kungen von Fusionen zu beurteilen, nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick darauf, dass synergetische Rücksichtnahmen Einfluss auf die Objektivität der Berichterstattung haben könnten. Die Gefahr ist nämlich nicht nur, dass Fusionen die Meinungsvielfalt beeinträchtigen, sie können vielmehr aus wirtschaftlichen Zielsetzungen heraus auch die Meinung lenken und determinieren. Insofern kann diese Studie einen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten und die Medien an ihre Selbstverantwortung erinnern. Doch kann diese Studie nur das Grundproblem aufzeigen, dass wirtschaftliche Bedingungen und ökonomische Eigeninteressen Einfluss auf die publizistische Darstellung haben. Es bleiben noch viele Fragen offen. Insofern kann sie als Ausgangspunkt für Folgestudien dienen. So wäre es grundsätzlich interessant, über eine anschließende Befragung der Redakteure der Frage nachzugehen, welche Intention wirklich hinter der unterschiedlichen Darstellung der Medienunternehmen steckt. Dazu müssten die Redakteure konkret mit diesen Ergebnissen konfrontiert werden. Nur so kann geklärt werden, ob die eindeutig festgestellte Determinierung lediglich auf angenommenen oder tatsächlichen Verhaltenserwartungen beruht oder ob eindeutige Weisungen der Verlagsebene vorliegen. Ist also die innere Pressefreiheit noch gewährleistet? Oder steht hinter der unterschiedlichen Darstellung der Medienunternehmen der Einfluss hauseigener PRAbteilungen? Um dies zu klären, könnte das PR-Material von Zeitungen auf deren Übernahmequote hin untersucht werden. Aus psychologischer Sicht wäre es zudem interessant, in welcher Weise sich das Image eines Medienunternehmens auf das Medienprodukt überträgt und damit Einfluss auf das Kaufverhalten nehmen kann. Wie nehmen die Rezipienten die unterschiedliche Berichterstattung wahr und wie beurteilen sie die Wirtschaftslage sowie die publizistische Leistungskraft der dargestellten Unternehmen? Eine Frage wäre dabei auch, welche Rolle aus Lesersicht die Aufklärung über die Besitzverhältnisse und Verflechtungen der Blätter spielt. Ein weiterer Ansatzpunkt für Folgestudien wäre ein Vergleich der Unternehmensberichterstattung über Medienunternehmen mit der über andere Wirtschaftsunternehmen. Folgen sie gleichen Kriterien oder folgt die Berichterstattung über Medienunternehmen aufgrund der Selbstthematisierung anderen Gesichtspunkten? Vielleicht gibt es ja auch gegenüber Wirtschaftsunternehmen gewisse Rücksichtnahmen oder Tabuzonen, falls sie Anzeigen- oder Werbekunden sind? All diese Fragestellungen könnten dazu dienen, die Hintergründe, Ursachen und Wirkungen der festgestellten Unterschiede bei der Darstellung von Medienunternehmen zu erhellen. Wie sich zeigt, sind noch viele Fragen offen. Das Gebiet bleibt interessant, vor allem angesichts der sich weiter fortsetzenden internen und externen Strukturveränderungen im Medienmarkt. Die Medien haben die Möglichkeit, sich weiter in die Fänge der Ökonomie zu begeben und sich der Gefahr auszusetzen, Vertrauen und Glaubwürdig-
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keit ihrer Leser zu verlieren. Dies würde jedoch selbst ihren wirtschaftlichen Zielen widersprechen, da sie die einzige, auch ökonomisch wirksame, langfristige Investition für die Zukunft sind. Denn verlorene Glaubwürdigkeit wirkt sich auf das Kaufverhalten der Rezipienten aus und Einbußen des Verlags haben wiederum Auswirkungen auf die essentiellen Ressourcen der Redaktionen. Die Medien sollten sich wieder darauf besinnen, den Wettbewerb auf publizistischer Ebene auszutragen, indem die journalistische Qualität wieder in den Vordergrund rückt. Diese macht nämlich den hauptsächlichen Wert eines Unternehmens auf dem Leser- und Werbemarkt aus. Von daher sollten gerade Studien über Selbstthematisierung und besonders die über den Einfluss von Eigeninteressen und konjunkturellen Einflüssen die Redaktionen aufrütteln, damit sie ihrer gesellschaftlichen Aufgabe hinsichtlich Objektivität und Glaubwürdigkeit gerecht werden. Die Befunde dieser Studie zeigten nicht nur Einseitigkeiten, unerwünschte Tendenzen und Selbstinszenierungen, sie weisen vielmehr darauf hin, dass die Autonomie und die Qualität des Journalismus aufgrund von Abhängigkeiten und wirtschaftlichen Eigeninteressen in bedenklicher Weise gefährdet sind. Und wenn dies hier auf medienökonomischem Gebiet festzustellen ist, kann es vielleicht für andere Themenbereiche des Medienjournalismus auch gelten. Von daher darf eine solche Instrumentalisierung der Medienberichterstattung nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Der Journalismus muss sich der Problematik stellen. Nur wenn die Medien ihr Denken verändern und sich wieder auf ihren gesellschaftlichen Auftrag besinnen, können sie den Fängen der Ökonomie entkommen.
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