OTTO ZIERER
BILD DER JAHRHUNDERTE GESCHICHTE DES ABENDLANDES UND DER WELT Das große Werk, dessen einzelne Bände bei ih...
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OTTO ZIERER
BILD DER JAHRHUNDERTE GESCHICHTE DES ABENDLANDES UND DER WELT Das große Werk, dessen einzelne Bände bei ihrem Erscheinen an dieser Stelle angekündigt wurden, liegt jetzt geschlossen vor. Von packender Dramatik Ist dieses neuartige, erregende Geschichtswerk erfüllt. Hier sind nicht wie in Lehrbüchern alter Art die historischen Ereignisse mit trockener Sachlichkeit aneinandergereiht^ wie in einem Roman wurde das Bild der Vergangenheit zu blutvollem Leben erweckt. Aus dem Geschehen eines jeden Jahrhunderts sind jeweils die wesentlichen und fortwirkenden, das Herz der Zeit treffenden Ereignisse ausgewählt und in einen Zusammenhang gebracht worden, der die Gesamtheit des geschichtlichen Ablaufs verständlich macht Das .Bild der Jahrhunderte* öffnet dem bildungshungrigen Laien und dem Gebildeten, den Erwachsenen wie der Jugend« weit das Tor in die Vergangenheit und stellt die Ereignisse der Gegenwart in den großen Zusammenhang der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit. Jeder Doppelband rund 320 Seiten, feinstes Ganzleinen, Goldprägung, Kunstdrucktafeln, historische Karten, ausführliche Begriffserklärungen im Anhang. Gesamtumfang 8000 Seiten. Zu dem Werk gehört ein historisches Lexikon mit 680 Seiten. 12000 Stichwörtern. 500 Abbildungen. Preise: Einzelband DM 3.60. Doppelband DM 6.60. Band 41/44 DM 13.20, Historisches Lexikon DM 6.60 (Vorzugspreis für Bezieher des Gesamtwerkes, sonst DM 15.50). Die günstigen Bezugsbedingungen: Monatlich braucht nur ein Dand abgenommen zu werden. In diesem Fall wird das .Historische Lexikon" nach Abnahme der 18 Einzelbände geliefert.
Du vollständige Werk kann auch auf einmal, mit dem .Historischen Lexikon* und zwei Buchstützen aus Plexiglas, gegen bequeme Ratenzahlung bezogen werden. Nähere Auskunft hierüber erteilt Ihnen gern unverbindlich Ihr Buchhändler oder der Verlag. Durch ci/e Buchhandlungen zu beziehen. SSseitiger Prospekt mit Leseproben kostenlos vom
VERLAG SEBASTIAN LUX M U R N A U • M Ü N C H E N • I N N S B R U C K • ÖLTEN
s lag weit aurück, in Kindheits und Jugendjahren . . . Im Abteil, als der Zug langsamer durch du steirische Mürztal
f u h r , d a c h t e ich p l ö t z l i c h d a r a n : D a w a r d a S c h u l z i m m e r , u n d a n s
der einen W and hing eine große Landkarte der Erde. In ihrem geographiechen Bilde waren einige weiBe Flecken eingezeichnet, sie waren öde und leer wie Wüsten oder Eisfelder, aber sie erregten unsere Phantasie; denn man hatte uns gesagt, sie bedeuteten die noch unerforschten Landschaften und Zonen der Kontinente und Meere. Dieseausgedehnten weißen Flecken rückten die Namen der großen Entdecker und Weltumsegler auf eine tauberhafte \ r t in unserer Bewußtsein. Blick und Herz der Knaben wurden in die Ferne getragen, über den NN all der Berge hinweg in die Länder, wo die Sonne immer im ..Zenit" Stand. NN ir verloren nns in die flimmernde Gluthitce
Afrikas, wir tauchten ein in das Geheimnisdüster der I rwälder Südamerikas, und auch jenes Land betraten wir. wo die Sonne ..nur mitternachts schien*1, wie wir uns damals, im verbindlichen Glauben
in die Gleidroiskraft der Namen, da* ..Land der Mitternachtssonne** vorstellten. Livingstone und Marco Polo, Corumhus und Fritjof Nansen waren uns vertraut. Es «raren für nni Manner mit einem unbändigen Mut im Herten und einem wildwuchernden Hart im Gesicht, IM- dem mir die tagen blickten, scharf wie die Vugen der Falken. S\<-n Hedin führt«* uns über die Hochgebirge und dureh die Stippen \-i.-n-. wir waren Gäste im unzugänglichen, fei.-/, rklüfteten Land der Tibetaner und dei Dalai I im i. Jedei Geheimnis, magisch ichimmernd in der Ferne, entschleierte lieh ans. W innetoa war im- näher all d<-r Nachbar im Hanse, die Regulatoren von \rkan-awaren um Vorbild für das, was wir einst selber wagen wollten. Das kleine Wortchen „wenn", da- den Erwachsenen io vorsichtig in acht, hatte über im- keine Gewalt. Es gab kein Hindernis für unsere wuchernde Phantasie, keine Grenzen swischen uns und jenen Mindern und Menschen unserer Sehnsucht, die aus den Büchern und Bildern anf uns ankamen. Damali wußten wir freilieh noch nicht an unterscheiden und wai in Wahrheil erstrebenswert war. er•chien dorn Loben unserer Wahl verweichlicht und einem rechten Manne kaum angemessen. Dal ging 10 fort, bis wir einmal in einem Kalender Roseggen Geschichte \<>m kleinen WaWbauernbubeu lasen, der einei I im vorigen Jahrhundert mit seinem Onkel Jochem an- Mpl bei Krieglach talwärts aog, dem besiedelten Lehen d<-- Landes in. ^ on der Hohe des lotsten Berges, auf dem Grunde des Tales, über blanke, im Licht der ^..im. hellgleißende Bänder iahen lie einen langen, vielgliedrigen Wurm ziehen, der „Tabak rauchte1*. Sie ahnten nicht, dafi es die erste Eisenbahn war. die man über den SemmeringpaB gebanl hatte. Zuerst lachten wir über die Einfalt des Wald hau enthüben und teinei alten Onkels, die nicht wußten, wa« ein Wurm sei und was ein Zu:;, aber es war im Grunde diese verlachte Einfalt, d i e u n s e r Herz a n r ü h r t e . U n d »•- w a r d a n n die
bichtc von der ..Wahllilie im Schnee*4, die uns die fremden Erdteile f.«-t gans vergessen ließ. Da hatte lieh da- kleine Mädchen des Wildschützen Berthold im Schnee verirrt. Zwei Tage halt. «ii_- angeschmiegt so die I eiber der Rebe, unter Büschen verbracht, ehe man lie dort fand. Die warmen Leiber der scheuen Tiere und die Milch, die sie vom Klausner im Hinterkar mitgebracht hatte, retteten ihr dai 1 eben. Es war eine neue Welt, in die uns diese Geschichten führten. Sie hatte den Vorzug, ganz in unserer Nähe an -ein: denn Mpl, das lag ja nur einige Gehstunden \<>n Krieglach entfernt, und Krieglach lag im Mürztal. WO »inii'.- von un- Verwandte hatten, einen 3
Onkel oder eine Tante, die alle Bauern waren wie jene, von denen diese Geschichten ersahlten. Afrika und Amerika rertanken vor unserem Blick, das Felsenland dei DalaJ Lama verdämmerte hinter dem grüngoldenen Gewebe der heimischen Landschaft, indes unsere Finger auf der I sndkarte
• \n diese Dinge dachte ich, als der Zug durch das schmaler werdende Tal holpert«'. Die Hinge, vom satten Grün der Wiesen und dem lichteren der Wälder bestanden, ruckten naher. Der Zug :m langsam
topfte! Mädchen war und in die Schule ging. „Unlängst erst*4, so tagte sie, ..IM im \ufriiuiiii -n einer alten S< hcrblade, habe ich einen Brief entdeckt, den er meinem Vater geschrieben hat ...** Und dann fiel ein bejebrter Bauer ein, der Roaegger gleichfalls gekannt hatte. Etwa- mühsam berichtete er von einem U>end in Krieglach, wo der „Peter** rofgeleaen hau»-, ihm and leinesgleicben au« dem „Büachl". All»-- habe Hand und Fuß gehabt, ao druckte er lieh aua. na damals, ala Roaegger im Gasthaui Hobenreich zum ersten Mole vor leinen engeren Landsleuten im vertrauten Dialekt •eine Geschichten vorlas, kam mir über der Erzählung des Altbauern ins Gedächtnis. Zwischen feindlicher Ablehnung und rühren« der Erwartung schwankten die Besucher. Aber /um Schluß hatte es ihnen allen gefallen. Da-. -. i der. das sei jene, meinten sie besiehungSToll tu den vorgetragen) n Figuren. Der Dichter hatte keinen Eintritt verlangt, aber einige alte Bäuerinnen nestelten aus ihren I aschentuchern etwai Kupfergeld hervor und reichten es ihm, für ..«•in Viertel Wem**, wh n, und .-in Bergbauer hinterlegte beim Wirt gar einen ganzen Gulden, „fürdem Dichter -»ine Kinder", indei ein anderer WeiBkopf itindig vor «ich hinmurmelte: „Ein jedea Wort eine Wahrheit."
* \li-r da lag Krieejlach auch schon vor uns, der Zug hielt, ich nahm meinen Mantel und stieg Bus, die eben noch gehörten Ge•präche im Ohr und ein merkwürdig widerspruchsvolles Bild vor Augen, nämlich das von der Enge des Waldtales und der Weite der Welt. Ich dachte an Peter Rosegger, den einstigen Waldbauernbuh und Schneiderlehrling, der noch ra seinen Lehseiten einer des* meistgelesenen Schriftsteller des deutschen Sprachgebietes ge/wesen war und dessen Bucher Millionenauflagen erreicht hatten. \ u - allen Teilen der Well kamen Brief»' in -• in bescheidenes Heim, und auegewanderte Landsleute achrieben ihm darin, für »iiieien -eine Bücher dai einzige Band, das sie mit der verlassenen Heimat verknüpfe. Seine Erzählungen, die oft wie Kaleuderge«chichten anmuten und imneisl auch gar nicht- anderea lein wollten, fanden in deutschen nnd europiischen Schullesebuchern ihren festen Platz. Sie wunden ein Lehrgegenstand an den Hochschulen, und ihr Verfasser, der seitlebeni „abseits der Straßen stand, an einsamer Grenze, wo das Weltland aufhört und dai Waldland anhebt", wurde zaim Ehrendoktor dr<*ier Universitäten ernannt. Über von alledem wußten hier die Leute im Tale nichts, für sie war der Dichter immer nur der Peter, der Sohn vom Kluppeneggerhof in Alpl, der al* Bub aufouechreiben begonnen hatte, was er
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«ah und hörte, und d.i.- Midi als Erwachsener nichl lassen konnte — aufgeschrieben fr«*i 1 i*-)i nicht immer zu ihrem Vergnügen, denn einiget an ihnen h.ttt> er Mich au rügen.
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|) . Begegnung im /MS wiederholte sich im Ort: die Markierung w.ir nichl ühertichtHch genug, und der Bauernknecht, den ich nach dem Weg fragte, wiea ihn mir mit deta Worten: „Ah, cum Kluppeneggerhof woHen Sie! Da nrüseen Sie schnell gehen, wollen Sie noch \i»r Nacht uti. r Himmel war klar, und es war kein tnaeicheu für einen Wetteromschlag au entdecken. t b e r der Mann iah so au«. aU veritehe er etwa« vom Wetter, und so schritt ich denn rüstiger fort. Der Weg wurde bald -teuer. Zuweilen blickte ic-h inrück. Dai Tal und der <>rt verschwanden langsam in die Tiefe. Hinter mir. am nordwestlichen Horizont, wuchs plötzlich eine weiße Wolke sterl in die Höbe. Sie sah aus wie eine Hand mit ausgestreckten Fingern. Was lis hinter -sieh herzog, war finsteres Gewölk, eine ungeduldige Ballung von glftiggrüoer Tönung mit phospfcorfarbeuem Hand. Der \\ eg gins: nun völlig ins Einsame, kein Mensch teigte sich, kein Haas, nur \\ .ild war um mich, Wiesen auf -teilen Hängen, Wald wiederum und oben «1er Himmel. Die I.uft war drohend und still. 1- i-t manchmal so: Es wird \bend. und man kommt in ein Dorf. Die
Hunde hinterm Zaun
hellen, und
ihr Gebell
ruft
einem die
ne Fremdheit in- Bewußtsein. Die wenigen Leute, die einem entgegenkommen, mit schwerem Schritt, haben einen festen <>it. eine sichere Stätte, au der sie hiostreben. wo sie schiefen und wieder wach werden. Jeder Schritt, jede Bewegung drückl diese Gewißheil ans. Mit einem Male weiß man. was ein Heim eigentlich i-t und wie man eine Stätte werten muß, die den Menschen geborgen hält vor der Nachl und der Verlorenheit der Landschaft. Man tritt in ein Wirt-.'tau- die Gespräche, die darin geführt wurden, brechen ah. BS wirrt plötalich -tili, die Hauern am Ti-i-h wenden den Kopf und sehen prüfend her. dann sprechen sie ruliiir weiter. Aber es dauert nicht mehr lange, dann zahlen sie und gehen, einer nach dem andern. Nur der fremde Besucher bleibt übrig. Er i-t eben d i r Fremde — nirureudv.o » m l es ihm so deutlich bewußt wie gerade hier, aber n i r g e n d w o • r ' ä h r t er auch -o - t a r k . WM ein H e i m i-t u n d ein Dach
überm Kopf. Und plötalich sieht man -ich gleichfalls daheim, plötalich hat man teil an der allgemeinen Geborgenheit, wenn man die Kammer betritt, die einem zu wird für die Na Hit. Am nächsten Morgen geht man weiter, aber dieses Bild nimmt man 6
und der Pate Jochem sehen die erste Eisenbahn (zu S mit.
Man
w e i ß , es
wird
wieder einmal
wahr wi-nl.ii.
in.ui
wird
wieder heimkommen, wo immer c- auch -ein wird. Die Hunde werden wieder hellen, die Menschen einem «rieder entgej kommen, and man wird intet! halten an allem: an Hohe. Geborgenheil und häuslichem Frieden. In 10leben Munden wird auf eine bewegende Weiae die Macht offenbar, die in dem Worte Heimat liegt. Dies« Macht, so dachte ich im Weitergeben, hat uni keine Dichtung mit gleich ergreifender und liebenswürdiger Treue vor Vugen gestellt wie ,,I)i>' Wahlheimat", du vierbändige Werk lebendigster Erinnerung, in dem Peter Roecgger -eine Kindheil und Jugend und das Land seiner od beschreibt.
* Die Wolkenwand griff indes hoch über mich hinweg. In den Baumwipfeln zitterte es, ieh schritt noch schneller aus. l>«r Weg bog sich, plötzlich lag in erreichbarer Nabe das Hau-, eine srostHcb w i n k e n d e Zuflucht \<>r W e t t e r u n d Nacht. F.- war nicht m e i n endgültige* Ziel, ich -ah e- ^ l e i d i . a b e r es w a r ein H a u - . Ein Schild v e r k ü n d e t e , dal.', es ein W i r t - h a n - w a r P e t e r R o s e g g e r hat es
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oftmals beschrieben. In der Zwischenzeit hat es pich mm Hotel entwickelt, mit Glasveranden and Rundfunk in allen Sälen. AU ich durch die Türe trat, prasselte es vom Himmel, *dilohender n war es. und die Hagelkorner ichragen das Dadi. Die Dunkelheit drauUen war mit einem Male undurdidringlich geworden und nur manchmal von einem Blitz durcbhelrt. Idi -diloB die Tür und mit ihr auch. ichnelJ die Augen. Dean drinnen gleißte es vom elektrischen Licht, die Augen schmerzten anfangs davon. Aber audi im Innern tat etwas weh; hier war nidit« mehr von «lern altväterlichen Bilde, das der Diditer von diesem Hause gezeidinet hatte. Allel war verwandelt. Und am nächsten Morgen weckte nidit Hahnenschrei, nidit das Sdilagen von Pferdehufen im Stall und das «»•klinke von Milchkannen. Das Radio klang in die Morgen»tille.
• Aber man hat das Hotel bald hinter lieh. Nach wenigen Minuten, da ich am anderen Morgen weitergehe, ist es, als stünde es nidit dort, die steilen Hange und die dunklen Wälder sind gewaltiger. Von unten rauscht «1 «r FreBnitsbach herauf, und nidit weit davon liegt die Waldschule, die I'eter Rosegger lür die Kinder der umliegenden Bauernhöfe hat bauen lassen. Es ist ein gutgefügter Bau, kein robuster Fremdling, sondern schön au- der Landschaft gewadisen. Bei seinem Anblick wird vieles lebendig und tritt deutlidi aus dem Dämmer des Gewesenen. Da ist der alte Michel Patterer, der die Kinder schreiben und lesen lehrte und, was uodi mehr iat, einen geraden Sinn und Demut. Er rührt sidi jetzt im Gedäditnis, so wie ihn Rosegger besdirieben, und hält sidi dort länger auf. Er war in St. Kathrein am Hauenstein Sdiullehrer gewesen und Mesner, viele Jahre lang. \uf seinem Haupt.- lasnmelte sidi sdion des Schnee des Alters, dennodi beging er die Unvorsiditigkeit, in einigen Dingen freier so denken sli die hohe Obrigkeit und die nodi größere, »eine Meinungen offener sussusprechen als diea vor dem Freiheitsjahre 1848 angebradit war. So verlor er denn seinen kleinen Posten, und der sdilanke, hodigewadisene Greis wanderte in seinem ichwarsen, ahgetrac» in n Gewände, einen hohen Zylinderhut auf dem Kopf, von St. Kathrein nach Mpl. Nachdem er einige Vnlite in Sdieunen und unter Heuschobern verbracht und tagsüber während der Mahlseiten t»• -i den Waldbauern zugesprodien hatte, versammelten sich < inij. von ihnen, wobei sie meinten, herurn/i.hend«- Bettler habe die Waldgemeinde genug zu verköstigen, aber ein Lehrer fehle der Gegend. Und dann, zum alten Michel gewendet, der daneben sali, ob er nidit ihre Kinder lesen, sdireiben und redinen lehren wolle, er habe dafür sein Ec*en mit 8
am Leutetisch und rur Nachtzeit «eine Liegestatt im He« oder im Handwerkerbett, wie es gerade sei. Und der alte Michel strömte ü b . r vor Dank. So hatte die Gemeinde einen Lehrer, der von Gehöft zu Gehöft wanderte wie ein Handwerker auf der Stör, ein wandern»!« r Schneider oder Sehafter. Er zog mit den Schulbuben und -in.nl. In mnichtt /um Großjack] und dann, nach WochetL, zum Ofenbauer auf den Berg, von dort ^in«_r*- zum Heidenbauer. Aber da die Bäuerin nach einer Weile fand, daß *>ie den großen Tiach in der Stube, um den hemm die Schulkinder saBen, vormittags zum Strudelausaiehen nod nachmittags mm Bohnenklaaben brauche, war die Schule wiederum obdachlos, der Lehrer auch, und am nächsten Tag ging*s eine gute Stunde weiter, tum alten Holzbauern, der sich während des I nterrieht- behaglich in den Ofenwinkel hockte, beifällig nickte und einmal, all ein ichmachtiges Büblein ein Lesestück vorlas.
einer ansgerodeten Lichtung, lie^t ein Vnwesen. Vielleicht ul ei das, welche« der kleine, struppige I l o l / k n e c h t Maxi wieder aufgebaut hat. Daa r o r i g e war ilun l>i* auf den Grund abgebrannt. Der Bolsknechl Maxi stand h i l f loa daaehea und Bah dem Feuer in seiner Vernichtungawul au. Vber dann li<»11«- er rieh ein glühende« Ho lasrück aus der verglimmenden Vsche, cündete «ich damit die Pfeife an. suchte -ein Scblogberl heraus nnd sagte **ti 11 vor sich h i n : »Da« nächste Mal baue ich es mir bester 44 . Sonst nicht«. Dann umfangt einen «rieder W a l d , r o l l von huschenden, grüngoldenen Lichtern, uod da man au« i h m t r i t t , liegt %>T dem Blick, eingebettet in den «riesigen Hang, der Khappeneggerhof, das Geburtshaus Peier Roseggers, au« schwereti, r o n der Zeit gedunkelteu Stämmen gefügt. Dahinter, aari wogend und ihren Saum in den Horizont seiefanend, erheben -ich das Wecheelgebirge und daneben die Pischhacher Mpeuu Mao geht aunäohst durch die »Labo 44 , den Laubengang, in die Raurhkiiehe. Sie ist noeh die gleiche wie im Jahre 1843, als der Dichter geboren wurde. Der Feuerbut ist tief gescsrwärxt. daa Gebalk verrußt. Darüber läuft das Ofengestänge. Bin Feuerbock stehl oebeo dem offenen H e r d . In den Einbuchtungen an der W a n d . den sogenannten ..I iegln 44 , liegt das vollständige Herdgerat. Kieospanleuchter sind neben die T ü r gestellt, die aur eigentlichen Stulie f ü h r t . In der einen Ecke der Stub<- steht der Kachelofen, i in sogenannter »Hinterlader 4 *, weil er r o n außen, r o m Gang, heisl w i r d . Schräg gegenüber erhebt sich mit schweren Bohlen der massive Tisch, alte Kalender nnd H e i l i g e n b i l d e r liegen auf seiner Platte. Darüber, in der Wandniacbe, hängl das K r u z i f i x . 1% i-t der »Herrgottswinkel 4 4 . Eine Menge alt. r BauernkaJeuder, an einer Schnur aufgereiht, spannt sich über die Blockwaud. M l c i»t so, wie es immer gewesen war, man - i t / t auf der Ofenbank und bliekt noch der Tür. und die Gedanken gehen aurück. Es i-t. als träte der \\ ildbauer in seiner Schlichtheft und gotteofürrhtigen E i n f a l l herein. «Ja spränge d< r WeVdbauernbub über \ M o n d geworden. D ' r W aldbanernbub. müde r o m Spiel und von der \ r b e i t tagsüber auf der Weide und auf dem Feld, gesättigt r o n der Milch und den d a r i n eingebrockten l i r o t schnitten, hat sieb schlafen gelegt. In der k ü h l e n , nach frischem Heu d u f t e n d e n Futterkasnaner, die i h m in der Sommerzeit au10
weilen als Nachtlager dient, träumt er vom alten Knecht Markus, mit dem er am Vormittag, wahrend de. Gewitters, itatl den Wettersegen su beten, mit wenig gutem Gewissen Karten geapiell hat. Ein beharrlichei Zapfen in der Bettdecke lüUt ihn aus Schlaf und Traum fahren. I - i-t derselbe Knecht Markus, \<«n dem er getriiumt hat. Jetzt itehl er ><«r ihm und -aut. der Waldbauernbub müsse geschwiod aus dem warmen Stroh, der Meiaeoaepp drüben im Wald am andern Haut: wolle sterben. Die rochter sei hier, ihn su holen, damit er dem Sepp noch etrwas vorlese; keiner sonst kenn«- sich in den Büchern aus. Der Waldbauernbub reiht lieh schnell die \ i u e u blank, schlüpft in .die Hosen und gebt, das dicke „Lebeo*Chrieti-Buch u unter den Arm geklemmt, neben dem Müdeben schweigend durch die Boetere (> Mäddiens unterbrochen. I sfi her. Peter**, sagl es, »ich will dir das Buch tragen.** Aber der W aldhaiiemhuh wehrt ab, denn die Lies nehen ihm i-t ja Doch kleiner und schwächlicher sie er selber. Kur/, vor ihrem \\ >. kommt ihnen der Geistliche entgegen, der dem Meiaeoaepp die r.inienie gereicht hat. Da- Mädchen begännt an weinen, gleich nachdem beide ihren ehrfürchtigen Grufl entboten haben, und dem \\ aldhauernhuhen i-t es, als traue der Priester mit dem Sakrament. da$ den Trost für den I I' DI jenseitige Leben gespendet hat. den irdischen I rost mit lieh fort. Dann treten sie ins Hau- und durch die knarrende Tür in die dunkle Stube, die alles in einem i-t: KiieJie. Schlafkammer und Aufenthaltsort für den Tag. Ein hantiger Kienspan gäbt einen trüb« glosendeo Schein, in den Ecken lagert weiter die Finsternis, und die Stubendecke i-t von einem Rauchschleier verhängt. Der Meisen« •epp i-t in früheren Jahren Waldhin ien, siber nach seiner ersten Erkrankung nur noch umher und schärft« den Holsknechten die Sägen. Neben dem Herd, auf gebündeltem Stroh schlafen z\sei Knaben, die der Waldbauerobub vom spielen und vom Beereosuchen her kennt. An die Ofenmauer gelehnt, ein dritte- Kind am Arm. sitst das Weib des Sepp, und \«>r ihr. im einsigen Bett, liejjt der Sepp selber, das ergraute Schädel- und Barrbaar kurz geschoren, »o daü «ler mächtige Kopf kleiner wirkt aU sonst. Jetatt schlafe er. meint die Frau, die den Roseggerpeter mit Dankbarkeit in der Stimme begrüßt; aber als der Sepp im Dämmern gelegen sei, habe er immerzu l a d e n aus der Decke gezupft, und auch das Spanlieht lecke jetal allen eil so wild hin und her da, er könne es sehen! Der Waldbauernbub weiß, was da- Fädenaupfen und da> 11
Flackern des Lichtes in der Vorstellung seiner Nachbarn bedeutet, und er glaubt selbet daran, dafi sich der Krank.» mit dieeem Zapfen das Grah scharre nnd das Lichtgeflacker untrüglich dahin dente, daß norh heute «'in Lebe na licht verlöschet] werde. Dennodi -.j^t er, die Fäden, die habe audi sein Vater, iler Waldbauer, aas der Decke gezupft, ab er krank war. und troti allem *»»'i er wieder ind worden und d.is Flackern des SpanÜchts komme vom Wind. der <111 rHi die Fugeu des Fensters siebe. I ml indes nun di<- Frau die Fenster mit Werg verstopft, sacht er im mitgebrachten Bache aaeh einem passenden Lesestück, aber er finde 1 nichts Rechtes darin. Pater Cochem, der ernste und fromme \ t zu sehr der Auffassung, dafi <.<>tt unendlich gerecht, aber die Menschen unsäglich schlecht seien und die meisten \<»n ihnen „schnurgerade dei Hülle anliefen*4. Und dem kleioen Vorleser, der auf den Sterbenden steht, will nun scheinen, dafi in dieser Stunde und Stube tröstlichere Worte am Platae seien. Sein Gedächtnis sacht nach den Worten aus einem ander« n frommen Buch, eifrig und entschlossen, er weiB schon jetzt, dali er ans dem aufgeschlagenen Bach nur zum Schein vorlesen wird.
* Damit tat der Bob /um ersten M il<-. was er später als Mann und als Verfasser vieler berühmter Bücher immer wieder von neuem tun sollte: das rechte Wort wählen, jenes Wort, das den Menschen in einer bestimmten Lebet recht wird und ihm und seelische Hilf«* bringt. Diese Handlung in dem kleinen ausschnitt in- seiner Umgehung, die*»e* kleine Geschehnis aus seiner frühen fugend - sie stehen im Lichte des Sinnbilds: I r sah den sterbenden Meiseneepu, er sab dessen Weib, das da von jenem an der Schwelle des Todes turückgelaesen wurde, und er las nur noch zum Scheine aus dem mitgebrachten Buch. Und indem er das niederdrückende Wort gegen das aufrichtende ^ ort der Liebe vertauschte, hatte ei sich schon damals, ohne es zu wissen, in der Tal an der „Bruderpflicht jedes Menschen" bekannt, „Freude an bereiten und andern Freude an verschaffen1*. Indem er den Menschen seines Lebens* kreises die Last de». I.rh.-n»» zu erleichtern suchte, hatte er, imbewußt noch, sieh selber den Weg der I iebe vorgezeichnet, mit der Unsdmld de«. Kinde«, die immer auch dir Unschuld des Dichters i.-'. Die Ue>diwi iiii— dr- Daseins heiseite /-i räumen, das Schone und Gute vor die Seele an stellen, das sollte von dieser Stund an allaeh s.in Trachten s,i n . „Nur darauf kommt es an, was wir Poeten liegenlassen ml er aufheben." Diesen Satz ediriel» Später der reife Mann. 12
Der Bub, im ersten Dämmer der Welt dichterischer Aussage, befolgte ihn schon. I>af machte ilin «reder frühreif noi-h geistig bewußt. Er blieb weiterhin der WaLdbauernbub, trotz dieser Entscheidung \ o r dem Antlitz dei Todes. Mit der gleichen frischen Unbefangenheit de$ Kindes lammelte er weiterhin die Eindrücke au- der Well seiner Umgebung, und die Jahr.- gingen dahin. Audi in der gebirgigen MEtneehichtM der Wald* lnimat rannen sie wie Waaeer durch <1< - Menschen Hand in- tiI il - freilich nicht immer so klar wie das i«- fremden Geistlichen kamen und machten ihr.- Bettage \<«r dem lieben Kircblein in St. Katbrein am Hauenstein, und im Khippeneggerbof feierten sie wieder einmal da* Fest der Weihnacht, andere <» eschen nisse, vornbergetragen von den eilenden Stunden, versanken für die anderen in- Vergessen, nur der \\ •ldbauerbub bewahrte sie in seinem Gedächtnis auf als ein Mille- t.lüek oder als eine trübe und herbe Erinnerung. 1 r bekam mit -einem \\ schstum in die Zeil l»aln Bauernhof au Bauernhof, das Bügeleisen und die Schere, die EUe und die Nadel und eine kleine Wegsehrung wohlverwahrt im Rucksack. In leinen vier Schneiderjahren arbeitete er in siebenundsechzig verschiedenen Häusern im oberen Miirztal und 13
im sogenannten Jockellaud, und diese Handwerkerzeit war „Hudi«diule'\ in <J*r er das Bauerntum im „GroBen und Einzelnen kennenlernte*. Er /<«u Sonntags auf die Kircbweihfeste, mit wachen \ 11 _*n 11 iiil offenen Ohren, er hört«- in der Kirche die Predigten des Pfarren uod in den W irtehäusern und bei der Arbeit die Meinungen d» r Bauern und Holxknechte. Bild um Bild ließen leioe neugierigen Vugen m idi har^. I nd als er «ich snschickte, >«»n seiner Höhe ins Tal au steigen, \i>n der gebirgi . I inschichtu in das dicht besiedelte Land und n der unten noch niemand etwas wußte. M u r dni alles ist gewesen, da* i-t nicht m e h r ; d a - alles ist t o t
lind lebt nur noch in vielen Büchern des Dichters, aber dort unvenwelkt und für immer.
* Ich erwache gleichsam wie aus einem Traum und blicke auf. Auf der Matte des Stnbentistfaes im KJuppeneggerhof liegl noch ein großer, tli«-k*-r Band. Er i-t vollgeschrieben mit den Namen der Menschen, die da- G< hurt-hau« im Gedenken an den Dichter besucht haben. Man weiß, ^i<- eine solche Gelegenheit, Eindrücke und Stimmungen niedi ranlegen, die Menschen oft ru seichten Geschmacklosigkeiten verführt, man k«nnt den fragwürdigen Inhalt der verschiedenen Hüttenbücher. Aber hier, in diesem Buche, findet sich keine Geschmacklosigkeit darin. <•- i-t. al- hatte ein ^ut«'r • "•i-t die verschiedenen Hände geführl und die Sc-hrift in Ehrfurcht i It. Und manche l nbeholfenheit in schiefen Zeilen wirkt rührender al- die Glätte einer durchgeistigten Handschrift. Der wievielte Band es schon i-t. der lebendige Wirkung, und das Hau-, in dem er sj4 boren wurde, i-t anm * >rt und cum Ziel einer W allfahrt geworden.
* \her an diesem Werktage bin ich in der Stul»«- allein, und ihr auh« im« Inder Reis ladet mich weiter ein, der breiten spur di Dichterleben* an folgen und nachzusinnen, wie e« von dieser Hütte 11
leinen \ u - g a n g genommen und lief in r. Svobods von der I i_- -|M»-i gekommen. Peters F i r m p a t e , der Schmiedhofer in A l p l , hatte, engeregl durch T o u r i s t e n , einen K o r h mit Gedichten dei Roseggerhuben nach Gras in • i i»- Zeitung geschickt, nnd ds hatte lieh da-, W iirnl» r liegeben: Dr. Svohoda hatte dem Schneidergesellen geantwortet: „ I c h habe Ihre Gedichte gelesen und finde, dafi Sie eine v o r t e i l hafte Begabung besitzen, die eine sorgfältige Pflege % erdient. Ich w i l l mehrere Ihrer Gedichte veröffentlichen und auf si< dai Pub l i k u m aufmerksam machen. Vorher müssen Sie m i r jedoch genau und f r e i m ü t i g m i t t e i l e n , wo und wie Sir die Anregung / u m Dichten erhalten haben, denn in einer Dorfschule erhält mau lie nicht —. Schicken Sie m i r auch Ihre Ersählungen ein -. I«-h möchte gerne etwas f ü r Sie t u n , f ü r Sie Bücher sammeln, ich selbst w i l l Ihnen einige schicken; was von Ihnen gedruckt w i r d , soll honoriert, da* ist bezahlt werden. Vielleicht w i r d sich jemand finden, der Ihnen ein«- hessere Lehensstellung anweist—.** Zwei kleine SiIherniün/en des treuen I . h r m e i - t . r - in Händen und den Spruch »Vergiß dein H a n d w e r k nit. Bebül dich Gott!** im H e r t e n , verließ Rosegger dai Elternhaus und inchte sieh in Graz ein Zimmerchen, f ü r «la» „gute Stadtmenschen* 4 dai Geld sussmmen-ilu>--eti: „F.in erlites H e r r e n / i m m e r , die Wände mit B l ü m l e i n bemalt, «1er glatte Fußboden mit Wachs gewichst, die T ü r mit i w e i weißen F l ü g e n und so groß, daß man schier ein ganxes Wald« baue roh aus« I durch dieselbe hätte hineinschieben können. D r i n n e n glänzende Nußbaumkästen, aber der dumme Buh hatte nichts bine i n / u t u n . denn sein Kleiderschragea war er seiher. und die Rocktaschen waren -eine Vorratskammern.** Einige I n d u s t r i e l l e , wie Beter von Reinioghaue, wurden leine Gönner, die es dem früheren Waldbanernbuben und Schneiderlein möglich machten, einem geregelten Studium nachzugehen. ' strahlte viele geistige Anregungen sus: an der I niversität lehrte unter snderen «1er Germanist W e i n h o l d , dem die neuaufkommende Wissenschaft, die V o l k s k u n d e , die wertvollsten Anregungen verLS
dankte. Der Schauspieler und Dichter Karl von Holtei lebte hier, der Gymnasiallehrer Karl Gottfried von Leitner halte Jahre vorher seine historischen Studien veröffentlicht und lieh mit teineo dramatisehen Verlachen einen wenn lach vergänglichen Namen gemacht. Ferdinand Kürnberger, Romanschriftsteller und Novellendichier. belebte dii \tmo-phare mit »einen kritischen Anregungen. \u- fast schon vergessener Zeit, au- den I !^
Roseggers Wohnung in Graz. Die beiden i itei im Hause links sind die Fenster seines Arbeitszimmers fort außerhalb «1» r Reihe bloßer nachahmender Begabungen. Sie ipürten, daß trotz manchen formalen Mängeln und manchen auftretenden übenchwenglichkeiten eine towohl in der !• rlindung als auch in der Daratellung lelbstatandige Kraft am Werke war. Her Erfolg blieb nicht au-. Ho-r.'.'rr wurde bekannt, der ehemalige Waldbauernbub wurde bald überall genannt, und «eine »chrift17
itellerische Arli»'it wucbe in ungeahntem Maße. So vielfaltige Er« ichemungen »1*-r Stoff tekier Bücher auch vorstellte. «>> absonderlich die Gestalten und Träger de» mannigfachen Handlungen sich auch (jarboteo und lieh innerhalb ihrer Welt bewegten: die Hirten und WilcUriiütxen, die Jager und Pecher, der schwarze Matthei und die RuLSkathl. der ReimnüpJ und die hlindi «11 #-~ hatte den \ <>irog, neu tu lein, ein Stück wahren Leben« au verkörpern und den Schleier fortzunehmen von einer Welt, die bisher unbeachtet neben •lein Lehen des Städten gelegen hatte oder die nur von der Oberfläche Iter mit dem Hli«4<. und den sonntäglichen Empfindungen des Sommerfrischlera wahrgenommen worden war. Hier breitete sieh die Lehentwirklichkeit der bauerlichen Werktage niPeter Roaegger war ein unermüdlicher Vrheiter. Neben dem taglichen Handwerk dea Schreiben« unternahm er, sobald -\*h seine Stellung ili Schriftsteller gefertigt hatte, weite Vortragsreisen, und gelegentlich waren e« mehr als tausend Hörer. \«>r denen er seine Dialektgedichte und seine Geschichten vorlas. 1 nter Heckeoast, diesem geduldigen und großäugigen Verleger, gab er einen Kalender für das bauerliche Volk heran-, den «r fael allein mit Beiträgen versorgte. Mit ültifii«• r Energie gründete er die Zeitschrift ..Der Heimgarten", er redigierte lie vierunddreißig Jahre lang und gewann für die Mitarbeit die Dichter insengruber und Hamerling, tnastasiui Grün and Friedrich Schlögl. s<> sind kn Laufe leinei Schriftsteller« leheni mehr als fünfsig itattflche Romane und Ersählbände entstanden, die, nach ihrer Handlung and ihrer Gesinnung einzeln in sit das Werk eines Menschen, der seitleben« \<»n schweren Krankheiten befallen war and «1 «• r vordem, mit einem etwas verächtlichen Blü-k auf seine schmächtige Erscheinung, für eine körperlich anstrengendere \rheit als die eines Schneiders als zu schwach befanden worden war. Durch da* kleine, etwas trüh gewordene Fenster des Roseggerhausei sehe ich den schmalen Wiesenpfad, der sanfl abwärts führt. Weiter unten lau einmal das „Gasthäusl", in dem der alte Waldhauer mit seiner Frau in das \usgedinge /<>::. Der älteste Sohn, der Peter, hatte sich in der Stadt bereits einen wohlklingenden Namen gemacht, all sich eine« Vbends die Waldbäuerin /»im Sterben hinlegte. Die anderen Kinder schliefen im Hof oben, aber der Waldbauer störte nicht ihren Schlaf. F.r-t als sieh die Nacht au verabschieden begann und da« Morgenrot über die Wälder leuchtete, kam 1«
ir hinauf, trat iu ihre Kammer und tagte: ..Tut die tagen auf und scheut, tili. r .l.ii Wechsel -tei^t schon die Sonne herauf, und am Nebe Freuen tut drin sitae n mit dem Christkind, und auf dem Schemel cu ihren PüBen sitzt eure Mutter und tut ms einem H.nkcn das himmlische Kleid spinnen...* 4 I nd dl wuUten die Kinder gleich, den* ihr.- Mutter gestorben war. Dann trafen zwei -i.irk. Männer die t.»t<- Frau hinunter in Stunden später c'iuj. der V» aldbauer eilen voran den gleichen Weg zurück. Kr hatte den gleichen \nzug an, mit dem er \>>r dreißig Jahren in die Kirche getreten war. um die junge Frau rar Waldbäuerin au machen. U>er nun war der Vncug alt. verdrückt und ohne Farbe, und auf dem hoben, haarigen Hut fehlte das Bus che rl aus künstlichen Blumen, das er s< it dem Hochleitatage bis »um Sterben seines \\ eibes dort oben hatte stecken lassen. 1 - wer ihm in das „geöffnete Grab gefallen**.
* Da ich, mit dem Blick durch das kleine Fenster den Wiesenpfad verfolgend, dieses Geschehnis überdenke, iel es mir. als höre ich den Waldbauer an dem offenen Grabe gottergehen vor sich hinmurmeln: „Heut* ist's an dir. morgen ist's an mir; -•> bin ich schon aufrieden . . ."" und al« «ehe idi ihn noch einmal den Pfad herauf* kommen. Bedächtig setal er den Stock auf den Erdböden und -.'haut weder nach rechts noch nach links. Der Tod seiner Mutter sei der Wahlheimat letzter Tag gewesen, bekannte der Dichter einmal, und mochte er später auch noch die Schritte hinauflenken zum Haus meiner Geburt: der fremde Schatten, der nun über den Bergen der W aldheimat lag. blieb für ihn oben liegen wie eine dunkle. wandeHose Wolke.
* Der Drang zur persönlichen tussage hm Sinne Goethes hal Petei Roeeggi ! bis zu seinem rode im Jahre l'HJj bewegl die Neigung, • in Bekenntnis abanlegen, gebt durch jede- Buch. Sie i-t der ei| liehe Antrieb -eines schriftstellerischen Schaffens. Sie hat ihn auch immer wieder zurückgeführt in A.\~ leiten Seiner Kindheit, in die l rsprüngUchkeil seiner ..\\ aldh.imat*'. \ on d.-r Well des Erlebnisses her gesehen, war er bereits ab Fertiger in die Stadt gekommen. Er hatte hier nur noch das schriftstellerische Handwerk zu erlernen und sich mit dem BUdungSfjul und dem W iasen auseinanderxuaetien, das sie für ihn bereit hielt; der Dichter selbst, der Schilderer -einer Heimat und seiner Kindheit, halt., was «l.ii Kern und den behalt dieser Welt anlangt, die er von der abgeschiedenen Höbe zu den Menschen im Tal getragen 1«*
hatte, kaum noch etwa« zu lernen. Fr brauchte nur noch die göiltige Beziehung au finden, die seine I mgebung einsenkte in den Grand der Natur, um! die handwerklichen Mittel, die lie ans dem FluB der heraatfaoben in die l'.ni>r. Fr nahm in der Stadt iwar begierig auf, was sie ihm an W iaaen darreichte, und die Neugier dea schöpferischen Menschen wurde auch lein Teil. Sie schlug ihm die gleichen Wanden oder vermittelte ihm die gleichen Freuden wie allen aoderea Menachen, die ein L'n allein anfange an und vom Grande auf gewesen ist. trota der großen Erfolge und «1er mehrfachen Würde eines I hrendoktora. Die „Waldheimat ' mit ihren Geacbichten, die die bäuerliche Weh in Wahrheit und Wirklichkeit bildhaft werden iaaaen - heiter und klar — bezeugt ei ans heute noch. Im Spiegel einer natürlichen und einfachen Sprache ersteht da die seelische Landschaft seines Herkommens, und diese Landschaft ist von der seines Herzens durchströmt.
*
Manches von .-einen sonstigen schriftstellerischen Schriften um! Büchern mag versinken, i-i wohl auch achon verstaubt und ver_->•--en. mit dei darin anklingenden Problematik -einer Zeit, wie vieles v e r s u n k e n u n d BU Staul» z e r f a l l e n ist. «
'• l i r h u n d e r t d e r
ii weltanschaulichen Kämpfe bewegt hatte. Mit seiner „Wald* Inimat" jedoch hat er die begren ' Region seiner engeren Heimat in das geistige ltild seiner und anaerei Zeit eingefügt and die deutsche Literatur um einen kostbaren, unvergänglichen Besitz bereichert. Wie der Entdecker eines neuen Landstriches, 10 hat er auf der getatsgen Landkarte -eine- Vaterlandes den weißen Fleck gelöscht, d
Der Dichter in späteren Jahren (nach einer Photographie) tir-priinglicher Begabung wurde er der Sdiilderer von Vorgingen u n d G e s c h e h n i s s e n , d i e o h n e
übte, fiel ihm nidit immer leicht, er gab dabei immer audi etwa* \.iii ieioer Seele ab; man ..wird .«.ehr mager dabei", bekannte ei einmal. Da* kam von daher, weil idi selber schrieb and den te i-t dai Gute" oder jenes Gedicht, das er den Menschenbildern und Erziehen) sugedacht hat: .. \uf dem V» ege zum Lidit la--. t keinen /uriiek! Führet jeden mit euch, der vergessen rotn <'lü
Lasset keinen zurück auf dem W ege /um Licht!*4
Aus Peter Roseggers Werk probe \\ a -
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Selbst di-r Naturforscher ^iht ei diesmal au, ^ ; b der Poet behauptet, daß* nämlich im W e&dlande die Sterne heller leuchten als lonsrwo. Das macht die reine, feuchte Luft, -a^t der eine; der and- re hingegen meint, der Hnxunelsglaube der Einschichtbewohaei l rsache, daß der SternenbimmeJ -<> heU und hold niederfunkle auf d<-n w eiten, stillen ^ ahl. ll.it doch meine Mine su mir gesagt, als v«ir noch beisammen sul dem Holabänklein unter
•eben Haupt die Haare zahlt, inuli hunderttausend tugen haben. Nun war ei aber ichön su .-eben. wie mir der liebe Gott mit seinen 22
Augen zuhlinz.lt« als wollte er mir was zu verstehen geben; und irh konnte es doeh um alle» nicht erraten, wai er meinte. — Ich nahm mir wohl vor. recht bran an lein, besonderi h>-i Nacht, «renn <.<>tt da oben -eine hundert tausend tu gen auftnt. und «1 "M* guten Kinder zählt, und die bösen rucht und recht icharf anschaut, auf dafi er lie kennt am Jüngsten l ig Ein andermal -aü ich auf dcinselhen Holsbänkcben unter der Tanne, an der Seite meiner Mutter. Ei war bereits späte \hn d e r
Kirche heim, und im Hause ist < in.- große Tafel, und da letxen lie lieh rosetnraen und essen und trinken was, und di<- Englein ll geschwind h e r u m u n d z ü n d e n all.- L i c h t e r an, u n d d e n groBen K r o n l e u c h t e r a u d i . d e r m i t t e n h a n g t , u n d n a c h h e r laufen -i.- zu den
Pfeifen und Geigen und machen Musik.** „Musik?** entgegnete ich, in der Anschauung des Bildes verennken. ..I nd der Wollenpfermiehel, i-t der auch dabei?** Der Wollznpfermiehel war ein alter blinder Mann gewesen. r diesem Abendgesp räche war er gestorben. „Ja. du*, versetzte die Mutter auf mein« Frate. „der Wollzupfermichel. der sitsi gans voran bei noserm liefwwi Herrgott leiher. und er i»t hoch in Fhren geharten von allen Heiligen. w«>il er auf der Welt *o arm gewesen nnd so verachtet und im Elend bat leben müssen, und weil er doch allei 10 geduldig ertragen hat.** „Wer gibt ihm denn beim Essen auf den Teller hinaus? M war meine *a eitere 1 i Nu. wer denn?** meinte die Mutter, „da- wird ichon lein heftiger Srhufrerntel tun." Sogleich aber letate sie bei: „Du Närrisch, der Michel braucht ja jetzt '.MT keinen Behelfer mehr, im Himmel i-t er ja nimmer blind: im Himmel lieht er lernen Vater und -eine Mutter. die er auf der Welt niesnaien hat gesehen. Und er sieht den liehen Herrgott lelber und unsere liehe Frau und all«-, und zu uns sieht er auch herab. Ja. freilich, mit dem Michel hat'- :.ir eine glückselige Wendung genommen und hell lingen und tanzen wird er bei der himmlischen Musik, weil der heilige David Harfen apielen tut."
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„Tanzen?" sagte ich nach und suchte mit m e i n e n Augen da« Firmament ab. „Und jetzt, Bühel, geh schlafen**, m a h n t e d i e Mutter. Wohl machte ich die Einwendung, daB sie im Himmel »T-I könnte ich auch machen, was ich wollte. Ging ni Bette und horte in selbiger Nacht d i e Englein singen. Wieder ein andermal lafi ich mit der A h n e auf d e r hölzernen Bank unter der Tanne. 11«4i. mein Bühel". sa.gte sie, gegen das f u n k e l n d e F i r m a m e n t weilend, „dort über «las Hausdach hin, dal i»t dein Stern." Ein helle-, flimmernde* Sternchen stand ofl o o d auch h e u t e w i e d e r über d e m Giebel d e i Harnes; aber daB selbes m e i n E i g e n t u m wäre, hörte ich nun von d e r Ahne zum erstenmal. „Freilich", belehrte iie weiter, „jeder Mensch hat am H i m m e l -einen Stern, das i-t »ein Glücksstern oder -ein Unglücksstern. U n d wenn ein Mensch stirbt, so füllt l e i n Stern vom H i m m e l . " leserschrocken war ich. als gerade in d i e s e m Augenblick vor n \u_'en eine Sternschnuppe sank. „Wer i-t jetzt gestorben?* 4 fragte ich, während ich sogleich schaute. ob mein Sternchen wohl noch über d e m Dachgiebel s t e h e . „Kind", tagte d i e alte Mine, „die Welt ist weit, und hätten wir nur Obren d.i/u. wir täten Tag und Nacht nichts hören, ah Totenglocken klingen." .. \ h n d l " . fragte ich; denn Kinder, die in ihrem H a u p t e ja soviel K mm für Vorstellungen und Eindrücke haben, -ind unermüdlich im Fragen, .. \ h n d l . \s<> hasl du denn d e i n e n Stern?" „Afein Kind 14 , antwortete sie, „der ist schon völlig im Auslöschen. den lieht man nimmer." „Und i-t dai ein Glücksstern gewesen?** Da sog iie mich an ihre Brost und bauchte: „Wird w o h l so s e i n , du herslieber Enkel, wird wohl so iein! M
• Ein alter Schuhmacher kam zuweilen in u n s e r H a u s , d e r r e d e t e wie ein Heide. Wir Menschen, m e i n t e der alte Schuhmacher, kämen nach dem Tode weder in den Himmel noch in d i e Hölle, sondern auf einen Stern, wo wir -<•. wie auf dieser W e h w i e d e r geboren würden und je osch Umstanden weiter lebten. Da* Närrischste aber sagte schon d e r Schulmeisterssohn aus Grabenbach, der als Student einmal zu uns kam. D e r schwätzte v o n
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Bären und Hunden und Wasserschlangen, die da oben am Himmel herumliefen, und ein Widder und ein Walfisch -ei auch dabei; und gar eine Jungfrau wollte er durch «eine Augengläser gesehen haben. Dieser Schulmeisterssohn war sdiuld daran, daü midi mein Vater nicht -tudieren lassen wollte. „Wenn sie solche Narrheiten lernen in der Stadt", sagte mein Vater, „daß sie auf unseres Herrgotts hohem Firmament lauter wilde Tiere sehen, nachher hab idi genug. Mein Bub, der bleibt daheim.14 Eine junge Magd hatten wir im Hause; die war gesdieit, die hatte einmal was gesagt, was mir heute noch das Herz warm macht. Sie hatte es sicherlich von ihrem alten Ziehvater, der so ein Waldgrübler gewesen war. Der Mann hat etwa- \\'uuder.-aiiu•- in seiuem Kopf gehabt; er wäre gern Priester geworden, aber blutarm, wie er war, aiod ihm alle Wege dazu verlegt gewesen. Da wurde er Kohlenbrenner. Idi habe den Alten oft heimlich belauscht, wenn er auf Seinem Kohlenmeiler stand und Messe las, oder wenn er den \ ügeln des Waldes vorpredigte, wie roreinst der heilige Frsnsiskni in der Wüste. Von diesem Manne mag unsere Magd das seltsame Wort gehört haben. „Der Sternenhimmel da oben", sagte sie einmal, „das ist ein großmächtiger Liebesbrief mit goldenen und silbernen Buchstaben. Fürs erste hat ihn der liebe Herrgott den Mensdien geschrieben, daß sie nicht ganz auf ihn vergessen sollten. Fürs zweite ichresben ihn die Menschen füreinander. Das ist so: Wenn zwei Leut\ die sich rechtschaffen liebhaben, weit auseinander müssen, so merken sie sidi vorher einen hellen Stern, den sie beide von aller Fremde aus sehen können, und auf dem ihre Augen zusammenkommen. — Dasselbig funkelnde Ding dort", setzte die Magd leise und ein wenig zögernd bei, indem sie auf ein glühend Sternlein deutete, das hoch über dem Waldrande stand, „dasselbig Ding, das schaut zu dieser jetzigen Stund* auch der Hans an, der weit drin im Welsdiland ist bei den Soldaten. Ich weiß wohl, er wird mich nicht vergessen."
• Eines Tages mußte ich am Waldrand spät abends noch die Rinder weiden, die tagsüber im Joche gegangen waren. Sonst war in soldien Stunden lieb Ahne bei mir, aber die war nun schon seit länger unpaß und mußte au Hause bleiben. Jedodi hatte lic mir versprochen, oftmals vor das Haus beraussutreten und deu Hühnerpfiff au tun, damit mir in der einsdiichtigen stillen Nadit nicht zu gram n beginne. Ich stand zagend neben meinen zwei Rindern, die auf der tau25
ii Wiese eifrig grasten, .il»> r i*4i hört« beule keinen jener lustigen I'lill«-. welche meine Mine mittela /u«i«-r Pinger, die tie in den Mund legte, -•> Fein ra machen verstand, gewöhnlich au dem Zwecke, um die Hühner damit susasnmenxuJocken. Da* H a u - lau -tili u n d t r a u r i g olirn auf d e m B e r g e . Von d e r tiefen
Schhichl herauf hörte ich da- Rieseln de- W ü*-erl«-in». da- ich -on-t hier noch nie vernommen hatte. Hingegen schwiegen heute die (drillen ganz und ^ar. Ein Uhu krähte im Wahl«" und erschreckte mich denn «Ben, daL! ich die Hörner de- Rindes erhaschte und dieselben gar ni»4it mehr loslassen wollte. Der Sternenhimmel hatte heute einen so tiefen Ernst; mir *sir. als hörte ich durch die große Still«- das Saiteuspiel «1<- heiligen Sünder.- klingen. Siehe, da lö-t«- sich plötzlich «in Stern und fiel in einem scharfen Silberfaden, der gerade über unser Haus nieder« ging, vom Himmel herab. Mir suchte es heiß durchs Hers, mir hlieh
hah ich gehört? Kleiokrndeegeschrei. .1 in Bruderlein hast kriegt", rief «li« Min«-. ..da- hat »in Engel vom Himmel gebracht!44 So war es. Mutter lag schon im Bette und hielt das winzige Kindlein an der Brust. Ein Engel votn Hammel! Ja. ieh habe ihn Biegen gesehen. .. \hndl"'. sagte ich, „es i-t doch nicht -<». daß Sterne fallen! Lauter. Engel -ind «•-. «ü«- mit kindlein niederfliegen vom Himmel!' Ich verharre bei diesem Glauben muh heute, ds ich vor einer Wiege stehe, in die mir selbst ein liebes, himmlisches \\ under gegeben i-t. (•> dankt n und Gedenken M e i n Le 1) S B „Ith hebe «lr«-i. wenn nicht \ier verschiedene Gesellschaftsschichten durchlebt, durcharbeitet, durcblitten. Die dabei gemachten Erfahrungen dünken mich in meinen hoffärtigsten Stunden 1.1 -1 so wertvoll wie ein ganses schtklassiges Gymnasium, / w a r hin ieh auch 26
jahrelang auf Schulbänken gesessen, -<»^.ir auf solchen der «hrwürdigen \lina mster («irr l uiversität); aber all dai hat nichl anschlagen wollen. Mein Reitrößlein hat nie au- dem dürren Heu der Schulweisheit, immer nur ras dem grünen <^ra- des Lehena seine Nahrung gegraat. Daa klein bißchen, was ich \st gelehrt. Mein Unvermögen, mich mündlich auszudrücken, hat daa Schreiben, mein Drang, das Geachriebene andern mitzuteilen, AA- Leaen gelehrt. M- Familienvater mit zweifelhaftem Einkommen habe ich das Rechnen gelernt, als llirte auf der \^ eide Zoologie, als tckerhaner und Hauer Mineraloeie. ala Heuer und Hollknecht Botanik. Geographie halte ich auf Reisen, Geschichte aas den aufeinander Folgenden Ereignissen in ihren Ursachen und Wirkungen, Volkskunde als wandernder Burarhe gelernt und Astronomie in schlaflosen Nachten, wenn ich aufblickte au den Sternen. Gedanken über Physiologie, Anatomie, Medizin und Geduld haben mir die Krankheiten beigebracht. Theologie habe ich in den Zeiten der N<>t und Verlassenheit getrieben und Rechtskunde in der Prüfung meiner selbst. Das Musiaieren i-t mir traut geworden du-rch die Waldvogelein und AA~ Rauschen «1er Wasserfalle. das Fabulieren habe ich :.ir nicht gelernt. Mein erstes Kinderstammem — sagt
ein Reich Gottes für «ich, und da« war freilich nur möglich, indem er allem abgekehrt war und blieb, waa ihm diese« Reich hätte zerstören können. Er hat nie eine Schulstube gesehen, hat keinen BuchItaben, keine Ziffer gekannt, alle« was Schrift und Buch heißt, lag ihm vollkommen ferne." Die M u t t e r „Ich iah meine t<»te Mutter, noch auf ihrem erstarrten Antlitz lag das Heil. Die La>*t war weg von meinem Herxen, erleichtert und getrö-tet. als oh ich auf eine weiße Blume blickte, Behaute ich die lieben Züge. I> ja nicht mehr dn einem Strahle au«, längst vergangenen Jugendi verklärte Angesicht. Sie lag da im Schlummer und war gesund. s i>- war wieder jung and weiß und milde, rie lächelte ein wenig, wie -ii- »'- gern tat, wenn lie auf den kleinen lustigen Knaben blickte, der lieb mit leinen Spielsengen an ihren Füßen umhertrollte. Die dunkeln, glänzenden Haare (sie hatte noch kein graues), waren ihr sorgsam gewunden und guckten an den Schläfen etwas hervor m- dem braunen Kopftuche — wie sie's immer gern hatte, wenn sie an den Festtagen zur Kirche ging. Die Hände hielt sie gefaltet ober der Brust mit dem Rosenkränze und mit dem Wachsstocke. Als wie wenn sie - ingeschkunmerl war.- in der Kirche am Pfingstsonntage wahrend dem freudenreichen Hochamte, «o lag sie da, und noch im Tode tröstete sie ihr Kind. MUT an den rauhen Händen sah man'« wohl, daß die Schlummernde durch ein mühevolles Lehen geführt worden war. So stand ich vor diesem heiligen Bilde — fast so still und regung-lo*. wir die Kuhende.1* Kinder . Utsd wir — wir sollen für uns gar nicht fragen, wenn wir ein liebes Kind betrachten: was wird aus ihm werden? Das bekümmert. Ein Kind muß man halten wie eine Blume — nicht an gestern denken, nicht an morgen. Ach! wäre es schon groß! sagen die Eltern beute. Ach wäre es noch klein! seufzen sie nach zehn und zwanzig Jahren. Kleine Kinder, kleines Kreoc, große Kinder, großes Kreuz. - Kleine Kinder steigen einem auf die Zehen, große aufs Herz. — Bin heiter.- Kind, eine zitternde Freude! Und wie die Sprüche alle gehen. Ich weiß einen, der gefällt mir am besten: Sei Kind mit dem Kinde! Hehr es nicht an dein Haupt: es hat dort nicht« zu tun, als — dich bei der Nase au nehmen. Knie vor ihm nieder, daß es sein Stirnlein an «lein Her/ legen kann. Vor Gott muß man niederknien, weil er -•• groß ist; vor dem Kinde, weil ea so klein i«t. Die 2ii
Lieb« /u Cott macfal heilig; die Liebe zum Weib macht glücklich; die Liebe zum Kinde macht selig." Die Waldheimat „Die Berge ringsum halten Hochrwachrt — die Felswände stehen da, trot/iu' uiul gewaltig, all bildeten sie «1 i«- Grenaen der Welt. Zwischen den Wänden liegen Walder, awischen den Wildern Wh gründe und kleine schier unfruchtbare Felder, auf denen kaum der Hafer reift, weil der Sommer mitsamt Frühling und Herbst <»ft nur \ier Monate dauert. Und endlich im Schatten des Waldsaumei kleinen Schachen und Felshügeln, «»der auf breiten Lichtungen stehen die Häuser und Hütten, und darin regen und bewegen -iHi Menschen, junge und alte, lebensfreudige und lebensmüde — sie weben und streben, jauchxen und klagen, lachen und weinen, singen und Milien, heiraten und sterben und werden wieder geboren .. .** Der Wald „Wer die Dinge anschauen gelernt bat, er kann gar nicht anders. er innl.» den Wald lieben. Weil der Wald so schon und weil er nnta> lieh ist! Nütalich nicht er*t. wenn er H<>|/ ^ibt und Kohlen und gutes Geld, sondern schon, und au allermeist, solange er stobt und das Wetter regelt, daB beute nicht
<»hl. daB ich auf neue Wege sinnen mnBte. und «rar daher bemüht, dai Lesen zu lernen, um an- manchen Geschieht*buchern. wie sie in den Wakrhütten nutsloi auf den rußigen Wand•teilen herumlagen, Schatze zu liehen.*1
* ..Das war wieder »'in fruchtbares Waldgeschichtenjahr. Jeder Tautropfen und jeder Sonnenstrahl fruchtete! Wai trink ich an den kalten Bergquellen wieder für L e b e n s l u s t ! . . . Kleine Geschichten der Vergangenheil flatterten heran wir Schmetterlinge und Libellen und neckten mich. Da schössen mir die Waldgeschtchteu auf wie Pilxe. Und in ihrer gansen Wildheit, wie sie mich gleich Brombeerlaub umrankten, halt«- ich -i«' aufgeschrieben.14 Zusammenstehe«! »Wir können uns allein helfen, ihr habt es gesehen! Ihr wißt, wie es die Tannen und Fichten machen in unseren W äldern. damit ihnen nicht fremdes Strauch* und Struppwerk unter er Mensch -«»11"- nieht dümmer machen wie dai H<>1/. Zusammenstehen!" Maßlosigkeit „E* vollzieht
sich
e i n e Fhichl
vom Pfluge
/um
II i m m e r ,
vom
Hammer etws /um Zirkel, von diesem /nr Feder, /um Doktorhut und womöglich «um Idelsbrief. Nichts will im Staate mehr Grundstein bilden, alle- wiH DachgiebeJ sein wäre es «-in Wunder, wenn ein.- Taget der Hau das f bergowichl bekäme? 30
Das B a u e r n t u m »Industrie und Handel bauen über Nacfal Städte, «1 i«- auch über Nachl lerfallen. Sie bauen nur Zelte. Das Bauerntum, dieser Granit der Menschheit, baut Häuser, nod aus diesen Häusern sind immer wieder, eine reiche, überflüssige Kraft, diejenigen hervorgegangen. acht1 daß der \siltl«- Peitschenhieb, den du dem geduldigen Pferd rer« -t. dich nicht *tür/.t unter das Her liin.i!>! Lebensweisheit „Der rechte, feate und treue Mensch mufi irgendwo wurzeln, niiiit anders wie ein Baum, ein Kornfeld." * „Neben der Liebe aum Heimatland hat im Menschen /um Glück auch noch «in«" Liebe für die gance W
* ..!>. r Menschen W iasen i«t groß und weit geworden wie
* „Der Memeh, wenn er will, ist größer als sein Schicksal."
» „Wohltätig sein heißt wohltun, nicht wohlgehen. Geben ist leictvt, wenn man'« hat. Persönliche Opfer b r i n g e n . . . das verlangen wir."
* „Der Menechen echtes <»lü
ORION Die führende illustrierte Zeitschrift für Natur und Technik
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SEBASTIAN
MUHCHIH
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