Das Erbe der Macht
Band 15
Schattenfall (2/2)
Einst durchschritt er das Tor-
Die tragische Geschichte eines Lightfig...
7 downloads
409 Views
97KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Das Erbe der Macht
Band 15
Schattenfall (2/2)
Einst durchschritt er das Tor-
Die tragische Geschichte eines Lightfighter
Berlin, 1980 „Erfolgreich?“, wollte Karsten Hartmann wissen und blickte seinem Gegenüber fest in die Augen. „Sicher. Darken musste eine gewaltige Niederlage einstecken. Für die nächste Zeit dürften wir unsere Ruhe haben“, erwiderte Torsten Thielmann. „Gut, sehr gut. Ich werde demnächst nach Rom fliegen um mich dort nach einer kleinen Villa umzusehen. Ich möchte nicht, dass der Junge im Dunstkreis des Spectral Enterprise aufwächst, noch nicht. Und durch deine Aktion habe ich wenigstens dieses Problem vorerst nicht mehr am Hals“, erklärte Karsten und nippte leicht an seinem Espresso. Sie saßen in einem kleinen Cafe in der Berliner Innenstadt. Er und Torsten Thielmann, sein engster Vertrauter und Freund. „Ein Prachtjunge. Er ist dir nicht einmal unähnlich. Jeder denkt es ist dein Sohn“, erwiderte Torsten und nahm ein Stück Torte entgegen, das eine junge Bedienung gerade brachte. „Richtig, genau das soll die Welt auch glauben. Michael Hartmann, der Sohn des Multimilliardärs Karsten Hartmann. So und nicht anders. Bis er eines Tages die Wahrheit erfährt, aber dies liegt noch weit in der Zukunft. Aber kommen wir auf etwas Wichtigeres zu sprechen. Unser gemeinsamer Freund hat mich auf etwas aufmerksam gemacht. Es ist unabdingbar, dass du sofort nach Rynolticé reißt“, sprach Karsten Hartmann und blickte seinen Freund ernst an. „Worum geht es?“, wollte Torsten wissen. „Du weißt wie er ist. Er spricht seit Jahrhunderten in Rätseln, warum sollte er es nun ändern? Aber er spricht von einer immensen Gefahr, die von einem Tor ausgeht, das sich dort befinden soll. Du musst es finden und etwas Bestimmtes dort einsetzen“, erklärte Karsten weiter und reichte Torsten ein kleines Etui. „Bist du von Sinnen?!“, rief der Kampfgefährte, nachdem er sich den Inhalt angesehen hatte, „Die Träne der Schatten! Wie viel Mühe hat es uns gekostet sie zu finden? Und jetzt sollen wir sie wieder aus der Hand geben?!“ „Dort wird sie sicher sein. Einmal eingesetzt kann sie niemand mehr entfernen“, erwiderte Karsten und leerte mit einem letzten Zug seinen Espresso, „Ich muss los. Mein Flug nach Rom geht in 3 Stunden. In diesem Kuvert findest du alle nötigen Anweisungen. Viel Glück.“ Mit diesen Worten reichte der Anführer des Spectral Enterprise Torsten ein Kuvert, verabschiedete sich und ging. Noch lange saß Torsten Thielmann vor dem kleinen Cafe in der Berliner Innenstadt und besah sich die vorbeieilenden Menschen. Er hatte ein ungutes Gefühl was den Auftrag anging. Langsam stand er auf, bezahlte und schlenderte in Richtung Hotel um sich reisefertig zu machen. Er sah nicht die junge, elegante Frau die ihm in sicherer Entfernung folgte. Ein kaltes Lächeln lag auf ihrem Gesicht und ein ovales rotes Amulett schimmerte auf ihrer Brust. *
1
Rom, Villa Hartmann, Gegenwart „Und sie befanden sich alle in demselben Zustand?“, wollte Pater Alvarez wissen, während er seinen Blick über die Betten der Krankenstation schweifen ließ. Fünf Betten standen dort. Langsam lief er die Reihe ab. Michael Hartman, der junge Anführer des Spectral Enterprise und erst vor kurzem aus dem Koma erwacht, Jason, über den Pietro Alvarez selbst nichts wusste, Dorian Schwerthof, der junge Archäologe der dabei war das Geheimnis seiner verschwundenen Eltern zu ergründen und Anna Schneider, die junge Frau die sich als Hexe entpuppt hatte und durch Torsten Thielmanns Keim schwanger geworden war. Mit jedem Schritt wurden die Beine des Venator pro Lux, jenes geheimnisvollen Bundes innerhalb des Vatikan, schwerer, bis er am letzten Bett angekommen war. Die darin liegende Person war nicht mehr zuerkenne. Ein weißes Lacken bedeckte den Körper. „Nachdem wir von New York allarmiert worden sind haben wir Reschärschen (J) angestellt und sie alle so vorgefunden. Natürlich wurden sie umgehend hierher gebracht. Ihr Zustand bleibt uns jedoch ein Rätsel“, erklärte Dr. Marquard. Die junge Ärztin befand sich erst seit kurzem beim Spectral Enterprise, hatte sich jedoch durch äußerste Kompetenz ausgezeichnet. Sie war etwa Anfang Dreißig, sah jedoch bedeutend jünger aus. Eine Strähne ihres Braunen Haares, die sich auf Dr. Jeane Marquards Gesicht verirrt hatte, wurde von ihr in Gedanken weggestrichen, bevor sie weiter sprach. „Natürlich hat Michael in solch einem Falle eindeutige Anweisungen hinterlassen. Wir hoffen das sie vielleicht etwas über die Geschehnisse wissen“, sprach die junge Frau weiter. Pater Pietro Alvarez hörte nur mit einem Ohr zu, während er das weiße Laken leicht anhob und sich Sandra Meiers Gesicht ein letztes Mal betrachtete. „Es kam ganz plötzlich. Sie hat sich aufgebäumt und bekam einen Herzstillstand. Wir konnten nichts mehr für sie tun“, erklärte Dr. Marquard. Pater Alvarez riss sich gewaltsam von dem Gesicht der jungen Frau los, das selbst im Tod noch sehr hübsch wirkte und wandte sich seiner Gesprächspartnerin zu. „Es tut mir leid, aber ich weiß ebenfalls nichts Genaues. Natürlich habe ich die Protokolle gelesen. Michaels Aufzeichnungen brechen jedoch zu dem Zeitpunkt ab als er in New York die Wohnung jener Mrs. Witherspone fand die Jason einmal gekannt hatte. Von Dorian und Sandra weiß ich, dass sie nach Angel Island gegangen sind und Anna war in Mailand in ihrer Geburtsstadt“, gab Pietro zurück. „Ja, das ist mir auch bekannt“, stimmte Jeanne zu, „Wir haben bereits ein Team nach Angel Island geschickt, um sich alles näher anzusehen. Des Weiteren haben wir bereits etwas entdeckt was uns vielleicht weiterhelfen könnte. Bevor ich ihnen dies jedoch zeige, müssen sie etwas wissen.“ Mit diesen Worten schritt Dr. Marquard auf die bewusstlose Anna zu und winkte Pater Alvarez herbei. „Wir konnten absolut nichts feststellen was den Zustand ausgelöst haben könnte. Sie haben kein Gift zu sich genommen und wurden nicht beeinflusst. Alle vier sind von einem leichten magischen Schein umgeben der auch hier im Spectral Enterprise, trotz der Abschirmung, seine Wirkung behält. Sie schlafen einfach und sind nicht wieder wach zu bekommen. Was auch immer ihren Zustand ausgelöst hat, ist gefährlich. Des Weiteren bekommen wir, sollte Anna nicht bald aufwachen ein Problem“, erklärte sie und deutet auf Annas Bauch. „Sie wollten damit doch nicht etwa sagen...“, begann Pietro, wurde jedoch von der Ärztin unterbrochen. „Doch“, gab diese nickend zurück, „Ich muss ihre Vermutung leider bestätigen. Obwohl es erst wenige Wochen zurück liegt, dass der Keim Torsten Thielmanns Anna schwängerte, steht die Geburt kurz bevor. Aus ärztlicher Sicht befindet sich Anna Schneider im letzten Monat und die Geburt kann täglich erfolgen. Sollte Anna bis zu diesem Zeitpunkt nicht wieder erwacht sein, wird sie die Geburt nicht überleben.“
2
*
Was bisher geschah: Durch einen Hinweis des Schattens wird Michael auf einen Jungen aufmerksam der in New York ohne Gedächtnis aufgefunden wurde. Er nimmt sich seiner an und findet heraus, dass er bereits 1942 gelebt hat und mit 17 Jahren verschwand. Auf dessen Oberarm findet sich das gleicht Tatoo das auch Michael seit seiner Geburt trägt. John Green der mit Jason, so der Name des Jungen, aus der Vergangenheit auftauchte ist dessen Feind. Michael kann den Jungen retten, während John Green flieht. Kurz darauf versinken Michael und Jason in tiefen Schlaf. Ebenso ergeht es Dorian und Sandra in London, wo sie eine Mordserie aufklären wollten. Sie fliegen nach Angel Island wo sie ein Artefakt finden. Ein Unbekannter überwältigt sie und flieht damit. Im Hotel sinken auch diese beiden in einen Koma ähnlichen Schlaf. Der schwangeren Anna, die in Mailand das Tagebuch ihres Vaters findet, ergeht es ebenso. In Frankfurt wird auch der mysteriöse Schatten von Torsten Thielmann Magie gefangen genommen. Jeder der Lightfighter erwacht in seinem ganz persönlichen Alptraum. Der Schatten kann sich aus seinem jedoch befreien und erschafft eine Konklave in die er die Lightfighter holt. Bis auf Sandra. Diese offenbart sich als ihr Pendant aus der Spiegelwelt. Die wahre Sandra durchschritt das Tor bei ihrem Abenteuer in Rynoltice und wurde ausgetauscht. Torsten Thielmann erhält von ihr wichtige Informationen und tötet das Spiegelwelt Pendant dann. In der Konklave offenbart der Schatten endlich, nach langer Zeit des Verbergens, seine wahre Identität. Er ist Torsten Thielmann. Geschockt aktiviert Anna impulsiv ihre Kräfte. Torsten Thielmann wird fortgeschleudert. Die Konklave zerbricht und die Lightfighter taumeln hilflos durch das Traumuniversum.
Traumwelt Ein lautloser Schrei verließ Michael Hartmanns Mund. Zähflüssige Schwärze umgab ihn, klebte an ihm, zäh wie Teer. Orientierungslos wurde er durch das Traumuniversum geschleudert. Minutenlang, Stundenlang, eine Ewigkeit. Er hatte jedes Gefühl für die Zeit verloren. Doch so abrupt wie es begonnen hatte, kam auch das Ende. Von einer Sekunde zur anderen befand er sich wieder an einem Ort und mit ihm Jason, Anna und Dorian. Sie befanden sich in einem alten zerfallenen Haus, dessen Boden von Zentimeter hoher Asche bedeckt war. Sofort wusste Michael wo sie waren. Sein Alptraum, der Traum in dem er sich noch vor kurzem befunden hatte, bevor der Schatten, Torsten Thielmann, sie alle gerettet hatte. Neben ihm sank Anna gerade schluchzend zu Boden. Michael taumelte kurz, fand dann jedoch sein Gleichgewicht wieder. Auch Dorian und Jason blickten sich noch kurz verwirrt um. „Torsten Thielmann“, hauchte Dorian. Michael nickte nur. Nun hatte der Schatten sich endlich zu erkennen gegeben. Niemand anderes als Torsten Thielmann selbst, ihr größer Feind hatte sich darunter befunden. Gleichzeitig hatte er aber auch erwähnt, dass es Torsten Thielmann gewesen war, der sie hierher gebracht hatte. Irgendetwas stimmte nicht. Der Schatten hätte ihnen Auskunft geben können aber zuvor hatte Anna impulsiv und zum ersten Mal ihre magischen Kräfte aktiviert. Die Konklave war vernichtet und die Antworten weiter entfernt denn je. Langsam lief Michael zu Anna und nahm sie in den Arm. „Er war es. Torsten Thielmann. Es tut mir so leid“, schluchzte Anna. „Das braucht es nicht. Wir waren alle geschockt. Du konntest nichts dazu, dass deine Kräfte sich aktiviert haben“, gab Michael zurück. „Doch, konnte ich. Ich wollte es. Ich habe mir so sehr gewünscht ihn zu töten. Dieses Gesicht und die Erinnerungen. Was hat er alles getan. Wieso ist er der Schatten, ich verstehe das nicht“, hauchte Anna und richtete sich wieder auf. „Darüber werden wir uns später Gedanken machen. Nun müssen wir zuerst herausfinden wo wir sind und wie wir hier wieder verschwinden. Das Haus kenne ich. Hier war ich bevor ER mich in die Konklave geholt hat“, erklärte Michael. Da sie sich gegenseitig von ihrem Alptraum erzählt hatten wusste jeder natürlich was damit gemeint war. Nun begann sich auch langsam eine Shilouette zu materialisieren. Jürgen erschien. „Wir sollten uns beeilen von hier zu verschwinden“, sprach Dorian aus was jeder dachte.
3
Mit gemeinsamer Kraft räumten sie den Ausgang frei und verließen die Villa. Entsetzt
blickten sie auf das, was sich vor ihren Augen abspielte. Die Villa hatte sich inmitten einer
Stadt befunden. Überall waren brennende und einstürzende Häuser zu sehen. Straßen platzten
auf und spieen Magma in die Luft. Zwischen dem Chaos standen schwarze und weiße Ritter
die sich bekämpften. Am Horizont war ein Sandsturm zu sehen in dem die Shilouette einer
Pyramide zu erkennen war. Und an einem Hochhaus konnten sie alle das lachende Gesicht der
Comtessa erkennen das über die Stadt blickte.
„Oh mein Gott“, hauchte Anna.
„Eine Mischung unserer Alpträume“, sprach Dorian tonlos.
„Wir müssen in die Stadt. Wenn…“, weiter kam Michael nicht.
Eine Stimme unterbrach ihn.
„Lightfighter!“, rief Torsten Thielmann.
Von weitem konnten die Freunde ihren größten Feind, oder war es doch der Schatten,
erkennen. Langsam lief er auf sie zu.
„Vielleicht erhalten wir jetzt Antworten“, sprach Dorian und Michael legte seine Hand
beruhigend auf Annas Schultern.
„Keine Angst, ich bin der Gute von beiden!“, rief der Schatten ihnen entgegen und kam
langsam näher.
„Vorsicht!“, schrie Jason, der sah, dass ein zweiter Mann, der diesem aufs Haar glich
plötzlich hinter ihm aufgetaucht war.
Erschrocken fuhr der Schatten/Torsten Thielmann herum und blickte in das Gesicht von
Torsten Thielmann der auf ihn zurannte.
Nun handelten auch die Lightfighter und liefen auf den Schatten zu, leider zu spät. Nur
Sekunden bevor sie ihren Freund erreichten hatte Torsten Thielmann dies bereits getan und
warf sich voller Hass auf den Schatten.
Im gleichen Moment fuhr ein gleißender Schmerz in das Bewusstsein der Lightfighter. Eine
Leuchtkaskade umgab beide Torsten Thielmanns, umzüngelte sie und hüllte sei ein. Nach
wenigen Sekunden ließ der Schmerz nach und die Lightfighter taumelten verwirrt. Die Welt
um sie herum hatte sich verändert. Anna und Dorian wussten sofort wo sie sich befanden.
„Rynolticé“, hauchte Anna.
Verwirrt wurden die Lightfighter Zeugen von Geschehnissen, die bereits über zwanzig Jahre
zurücklagen und die das Schicksal eines Mannes für immer verändert hatten.
* Rynolticé, 1980 Langsam betrat Torsten Thielmann die Höhle. Seine Suche hatte sich leichter gestaltet als zu Beginn vermutet. Die Bewohner des Dorfes waren sehr freundlich und hatten ihm den Weg in Richtung der Höhle beschrieben. Mit einem leisen Klick schaltete er die Taschenlampe ein und ging durch den niedrigen Stollen weiter in das Innere. Nach kurzer Zeit breitete sich eine domartige Halle vor ihm aus in deren Mitte sich eine seltsame flimmernde Säule befand. Anhand der Unterlagen wusste Torsten, dass er nur das Amulett, die Träne der Schatten, in das Tor gleiten lassen musste. Dann würde die Säule zu Stein werden und das Amulett würde diese mit einer Art Siegel versehen das verhindern sollte, dass irgendjemand das Tor durchschritt. Langsam näherte er sich der Säule und nahm das Amulett von seinem Hals. Als er das Tor erreicht hatte ließ er die Träne der Schatten langsam hineingleiten. Es war keine Veränderung zu bemerken. Erst als Torsten eine kurze Zeitspanne abgewartet hatte bemerkte er, dass die Ränder des Tores sich zurückbildeten. „Es wird kleiner“, sprach er zu sich selbst. „Tja, dann sollten wir uns beeilen“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm.
4
Erschrocken fuhr Torsten Thielmann herum und blickte in das Gesicht einer unbekannten Frau. Kurzes schwarzes Haar umrahmte ihr ebenmäßiges Gesicht und ein leicht russischer Akzent beherrschte ihre Aussprache. Kalte blaue Augen funkelten ihn an. „Wer sind sie?“, wollte Torsten wissen und näherte seiner Hand der Smith&Wesson die er bei sich hatte. „Ach, was tut das schon zur Sache. Mein Name ist Nina Prestova, aber das wird ihnen nichts sagen. Wissen Sie, als ich bei Nostradamus einen Blick in ein gewisses Buch geworfen habe, las ich darin warum Torsten Thielmann das Spectral Enterprise verraten hat. Oder besser, es noch tun wird. Nun weiß ich es. Es wird Zeit, dass ich mal wieder Schicksal spiele. Das musste ich schon bei Karren Hartmann tun, nun wird es langsam Zeit, nicht war“, gab die Fremde zurück und berührte ihr Amulett. Torsten Thielmann kam nicht mehr dazu seine Waffe zu ziehen. Ein roter Strahl ließ ihn zurücktaumeln. Er wollte sich noch halten, fand jedoch keine Möglichkeit dazu. Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen viel er rücklings in das blau leuchtende Tor, das langsam kleiner wurde. Das Letzte, was er vernahm waren die Worte der schwarzhaarigen Frau: „Ich hoffe die beeilen sich da drüben und schicken bald dein Pendant. Es ist so ungastlich in dieser dämlichen Höhle.“ * Frankfurt am Main, Gegenwart Hektisch ließ Pater Alvarez seinen Blick über die an ihm vorbeigleitenden Häuser schweifen. Soeben passierte ihr Gefährt die Firmenzentrale des ehemaligen Möbius Konzern, der jedoch mittlerweile zur Tendyke Industries gehörte. Alvarez hatte keinen Blick für die Umgebung. Seine Gedanken weilten bei seinen Freunden. Was war nur geschehen? Sandra war tot und Anna befand sich in Lebensgefahr. Sie mussten handeln. Dr. Marquard hatte ihn in ein Überwachungsraum geführt. Dort, auf einem Computermonitor, hatte drei aufleuchtende Punkte auf einer digitalen Landkarte pulsiert. Einer davon in Rom, in der Villa Hartmann. Einer in New York, wo eine von Torsten Thielmann Villen stand und einer in Frankfurt am Main. Die Spezialisten vermuteten, dass diese drei Punkte auf der Welt, von gleichartiger magischer Strahlung durchdrungen, untereinander verbunden waren. Pater Alvarez vermutete, dass Torsten Thielmann der Initiator dieses Angriffs, und als solches bezeichnete er es bei sich, war. Dann aber waren nicht nur die Lightfighter Opfer, sondern auch jene Person in Frankfurt. Sofort hatte er sich mit einer Spezialeinheit auf den Weg gemacht. „Wir haben den Ausgang des Signals erreicht“, erwiderte der Fahrer des Wagens nun. Als sie stoppten und Alvarez ausstieg, waren einige Mitarbeiter des Spectral Enterprise, angehörige des Sicherheitsdienstes bereits dabei sich Zutritt zu dem Gebäude zu verschaffen. Es handelte sich um ein Hochhaus. Das Signal kam eindeutig vom höchsten Punkt des Gebäudes, dem Penthouse. „Der Weg ist frei, Pater“, meldete Daniel Richardson, ein Mitglied der Spezialeinheit. Pater Alvarez nickte nur und betrat, gefolgt von Daniel das Gebäude. Zusammen mit den anderen Spezialisten betrat er die Kabine und ließ sich nach oben tragen. Sekunden später öffnete sich die Aufzugtür mit einem leisen Klingen und drei Personen der Spezialeinheit stürmten in den Raum. Ein Angriff blieb aus. Alvarez betrat direkt das luxuriös eingerichtete Zimmer und blickte auf den Mann der vor ihm auf dem Boden kauerte. „Großer Gott“, keuchte er, als er Torsten Thielmann erblickte, „Stellen sie die Wohnung auf den Kopf. Ich will alles was nach wichtigen Dokumenten oder Unterlagen aussieht“ Nachdem er die Anweisung gegeben hatte kauerte er sich neben den am Boden liegenden und fühlte den Puls, sowie den Herzschlag. Regelmäßig, er lebt, dachte der junge Pater und fuhr sich durch sein schwarzes buschiges Haar. 5
Zweifellos hatten sie nicht ein Opfer sondern den Täter vor sich. Aber was tat Torsten
Thielmann, der Großindustrielle und fast Dämon, hier ohne Schutz?
„Wir haben etwas“, ertönte die Stimme von Daniel Richardson aus dem angrenzenden
Schlafzimmer.
Alvarez ging zu ihm und nahm ihm das kleine Büchlein aus der Hand, welches er nach oben
hielt. Bereits die erste Seite zeigte ihm, dass es sich um ein Tagebuch handelte in dem penibel
mit Datum und Uhrzeit alle Gegebenheiten festgehalten wurden.
„Achten sie auf Torsten Thielmann und stellen sie einige Leute ab um das Haus zu bewachen,
ich möchte nicht überrascht werden. Ich lese mir das hier durch“, gab Alvarez Anweisungen.
„Ja, Sir“, kam es von Richardson zurück, bevor dieser das Zimmer verließ.
Alvarez setzte sich auf das Bett und begann zu lesen. Er sah nicht den gefährlichen Schimmer
in Daniel Richardsons Augen, als dieser über dem wehrlosen Torsten Thielmann stand.
* 1980, Spiegelwelt Ein eiskalter Schauer jagte über Torsten Thielmanns Gesicht und ließ ihn hochfahren. Zumindest wollte er dies tun. Eine unsichtbare Kraft hielt ihn jedoch auf dem Stuhl gefesselt. Nur verschwommen erinnerte er sich an die letzten Minuten, oder waren es Stunden, er hatte sein Zeitgefühl verloren. Wie lange war er bewusstlos gewesen? Er erinnerte sich, dass der blaue Tunnel ihn wieder ausgespieen hatte, nachdem jene Nina Prestova ihn hineingestoßen hatte. Dann hatte ihn ein Schlag getroffen und er war bewusstlos zusammengebrochen. Als er nun aufsah, traute er seinen Augen kaum. „Karsten. Was machst du hier und was soll das, binde mich los“, krächzte er. Sein Mund war trocken und sein Hals brannte. „Verblüffend. Entweder er ist wirklich so dämlich oder er verstellt sich gut. Aber so dreist kann nicht einmal jemand aus der Spiegelwelt sein“, gab Karsten Hartmann trocken von sich und blickte Torsten Thielmann eiskalt an. Im gleichen Moment begriff der Lightfighter wo er sich befand. Viel hatten die Unterlagen, die Karsten ihm mitgegeben hatte nicht verraten, aber genug. Er war in jene Welt geraten, vor der Merlin gewarnt hatte. Siebendheiß durchfuhr es ihn. Er hatte die Träne der Schatten eingesetzt. Das Tor war dabei sich zu schließen. Er musste zurück, schnellstmöglich, sonst war er für immer hier gefangen. „Ich verstehe nicht was du meinst“, versuchte er den Ahnungslosen zu spielen. „Das bleibt abzuwarten“, sprach Karsten und berührte sein Amulett. Im gleichen Moment wurde Torstens Körper von Schmerzwellen durchzuckt und er spürte wie sich etwas in sein Gehirn bohrte. Eine Ewigkeit später sank er entkräftet zu Boden. „Interessant, sie haben wirklich keine Ahnung. Das macht es leicht“, murmelte Karsten Hartmann. „Muss zurück“, hauchte Torsten während er sich unter Schmerzen wand und in die Bewusstlosigkeit abzugleiten drohte. „Oh das glaube ich nicht. Ich habe bereits dafür gesorgt, dass einer meiner treuesten Untertanen, nämlich du selbst, deinen Platz einnimmt. Außerdem hast du durch deine dumme Tat das Tor fast geschlossen. Nunja, dann kann ich mich hier wenigstens um Wichtigeres kümmern. Ich weiß nicht was die Witzfigur in deiner Welt tut, aber ich bin zum Herrschen geboren. Ich werde die Träne der Allmacht erhalten und die Herrschaft über diese Welt an mich reißen. Und wenn ich mich um die Lightfighter gekümmert habe, ist deine Welt dran. Deine Gedanken haben mir gezeigt dass mir niemand dort etwas entgegen zu setzen hat“, erklärte er und verließ die kleine Zelle in der das Verhör stattgefunden hatte. Torsten Thielmann versank in Schwärze. Er bekam nicht mehr mit, wie Tumult im Kerkerbereich ausbrach und Minuten später starke Arme nach ihm griffen. 6
* Gegenwart, Frankfurt am Main Während Pater Pietro Alvarez die Aufzeichnungen des Schattens/Torsten Thielmanns studierte und langsam begriff, was vor langer Zeit geschehen war, blickte Daniel Richardson hasserfüllt auf den vor ihm liegenden, bewusstlosen Feind. Seit seiner Kindheit war er beim Spectral Enterprise. Seine Eltern waren gestorben als Torsten Thielmann das Spectral Enterprise verraten hatte. Er hatte sich geschworen, dass er es eines Tages besser machen würde. Er hasste den Mann der vor ihm lag, verabscheute ihn und ersehnte es ihn endlich töten zu dürfen. Nun war die beste Gelegenheit. Seine Dienstwaffe befand sich einen Handbreit von seiner rechten Hand entfernt. Dass er damit dem Spectral Enterprise Schwierigkeiten machen würde, da das Eindringen in das Penthouse bereits widerrechtlich geschehen war, störte ihn nicht. Sein Ziel war es, das Scheusal, das seine Eltern auf dem Gewissen hatte zu richten. Was danach kam war ihm egal. Sollte sich der Pater doch mit den Aufzeichnungen des Dämons begnügen, sollte er der Seele des Mörders vergeben, er, Daniel, würde dies nicht tun. Zu lange hatte er auf so eine Gelegenheit gewartet. Langsam näherte sich seiner Hand der Waffe um seinen Schwur zu erfüllen. * 1980, Rynoltice Mit enormer Wucht spie der Weltentunnel den Torsten Thielmann der Spiegelwelt, nach seiner Meinung die einzig richtige Welt, aus. Es war knapp gewesen, sehr knapp. Das Tor hatte sich fast geschlossen und begann bereits zu versteinern. Wie auch immer sein Pendant aus dieser Welt es geschafft hatte, das Tor schloss sich. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er nicht alleine war. Eine schwarzhaarige Frau lehnte einige Meter von ihm entfernt an der Wand. „Na endlich. Wenn man nicht alles selbst in die Hand nimmt, dauert es wirklich ewig“, gab sie trocken von sich und lächelte. Seltsamerweise lief es Torsten Thielmann bei diesem Lächeln eiskalt über den Rücken. Plötzlich ertastete sein Blick jenes rot schimmernde Amulett, das an der Brust der Unbekannten hing. „Mein Name ist Nina Prestova und eigentlich bin ich noch gar nicht geboren, aber das ist eine lange Geschichte“, erklärte die Fremde. „Ich bin…“, begann Torsten, wurde jedoch unterbrochen. „Mir ist natürlich klar wer du bist“, unterbrach Nina Prestova ihn. Langsam ging sie auf ihn zu und begann zu erzählen. Sie erzählte von ihrer Geburt, dem Beitritt in das Spectral Enterprise, ihrem Sturz aus der Zeitblase (siehe: Das Erbe der Macht | Band 3 | Agenda der Ewigkeit) sowie ihren darauf folgenden Erlebnissen in der Vergangenheit. „Und nun willst du mich als Werkzeug deiner Rache?“, wollte Torsten wissen. Er ist gar nicht mal so dumm, dachte Nina. „Was ich will tut nichts zur Sache. Es ist alles längst Geschichte. Du hast das Spectral Enterprise verraten und bist zur dunklen Seite übergelaufen oder besser, du wirst das tun. Geschichte die sich selbst erfüllt. Willst du etwa immer der Handlanger des Karsten Hartmann in deiner Welt bleiben? Hier kannst du Macht erlangen, sehr große Macht. Die Spiegelwelt ist sowieso erst einmal ad acta. Das Tor ist dicht. Und bist es wieder geöffnet wird, dauert noch ein ganzes Weilchen, glaube mir (siehe: Das Erbe der Macht | Band 5 | Dorf der tausend Spiegel). Nun, was sagst du?“, wollte Nina wissen.
7
„Ich stimme dir zu. Aber glaube nicht ich werde von Karstens zu deinem Handlanger. Ich werde mir hier eine Position errichten“, sprach Torsten Thielmann. „Natürlich wirst du das, so schreibt es die Geschichte“, erwiderte Nina Prestova und verließ mit Torsten Thielmann die Höhle. Sie hatte das Grab für das erste Spectral Enterprise geschaufelt. * 1980, Spiegelwelt „Aufwachen“, hörte er ein Stimme leise wispern, „Ich denke für heute haben sie genug geschlafen.“ Schlagartig wurde Torsten bewusst, was geschehen war und er setzte sich ruckartig auf. Eine Entscheidung, die er auf Grund des Schwindels der ihn erfasste, sofort wieder bereute. Er sank zurück und blickte nach oben. In das Gesicht von Karen Hartmann. „Du“, keuchte er verblüfft und musste sich krampfhaft ins Gedächtnis zurückrufen, dass die wahre Karen Hartmann vor zwei Jahren in Berlin von einem Dämon getötet worden war. „Karen Hartmann. Die Karen Hartmann dieser Welt“, erklärte sie ihm und half ihm auf die Beine. „Wo bin ich?“, wollte Torsten Wissen. „Im Hauptquartier des Spectral Enterprise. Wir haben dich aus den Fängen von Karsten Hartmann befreit. Leider konnten wir dich nicht mehr durch das Tor schicken. Es wird jetzt von einer Überwachungsanlage gesichert. Das Tor hat sich wieder geschlossen“, erklärte Karen Hartmann. Torsten hatte das Gefühl den Boden unter den Füssen zu verlieren. Er war gefangen. Er würde nie nachhause zurückkehren. Zu seinen Freunden. Nur halb bewusst nahm er wahr, was Karen ihm über diese Welt berichtete. Dass auf dem Grossteil des Globus Krieg herrschte und überall Armut und Not dominierte. Karsten Hartmann hatte sein Vermögen auf dem Rücken kleiner Leute aufgebaut. „Wir bekämpfen ihn seit Jahren. Und die Zeit läuft uns davon. Er sucht in aller Welt nach den vier Engelstränen und will sie zusammenfügen. Wenn ihm das gelingt sind wir verloren. Er wird die Weltherrschaft, so profan dies auch klingt, an sich reißen. Und wir haben nicht die Mittel ebenfalls nach den Artefakten zu suchen. Außerdem könnte es bald ein großes Problem geben“, erklärte Karren. „Ich verstehe nicht“, erwiderte Torsten und versuchte sich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren. Das Gesicht des neunundzwanzig Jährigen war bleich und seine Augen wirkten glasig. Die hinter ihm liegende Folter hatte spuren hinterlassen. „Merlin, der Magier der Dunkelheit, hatte eine Prophezeiung bei sich als wir ihn stellten und töteten. Sie besagt das eines Tages, wenn der Weltengänger erscheint die Weichen für die Zukunft neu gestellt werden. Das Licht wird fallen. Doch es wird dem dunklen Herrscher nicht gelingen die Allmacht zu gelangen. Erst sein Sohn wird zusammenfügen was nicht zusammengehört und die Macht an sich reißen. Und der Asche seines Vaters wird er die Erde mit Leid überziehen. Der Weltengänger bist du“, erklärte Karen. „Michael, natürlich. Er muss hier das absolut Böse sein. Aber wenn er hier auch nicht der leibliche Sohn Karstens ist muss es noch jemand anderes geben“, murmelte er leise vor sich hin. „Ich verstehe n…“, wollte Karen erwidern, kam jedoch nicht weiter. „Wir werden angegriffen!“, hallte die Stimme eines jungen Mannes durch den Raum. Im gleichen Augenblick schien die Welt unterzugehen. * 8
1980, unsere Welt Die Welt schien unterzugehen. Mit einem Lächeln auf den Lippen beobachtete Torsten Thielmann die Zerstörung die von den Dämonen im Hauptquartier des Spectral Enterprise angerichtet wurde. Wie Nina Prestova es prophezeit hatte, hatte er sich mit den Mächten der Finsternis verbündet. Er würde nie wieder in die Spiegelwelt zurückkehren. Dieser verdrotelte Karsten Hartmann dieser Welt war kein ernstzunehmender Gegner. Seine Lippen verzogen sich noch weiter, legten eine kalte Abart eines Lachens auf sein Gesicht, als er auf die drei Prismen blickte die er aus Nil´re´ms Unterkunft entwendet hatte. Der alte Druide hatte es geschafft zu fliehen, was Torsten jedoch nicht störte. Nina hatte es ihm erklärt. Nil´re´m, oder besser Merlin, war die Flucht gelungen. Und auch Karsten Hartmann durfte nicht sterben, sonst nahm die Geschichte einen anderen Lauf. Langsam Schritt Torsten an einem der ihm Unterstellten vorbei und beobachtete wie dieser den Leib eines Lightfighter aufschlitzte und damit begann dessen Gedärme genüsslich zu verzehren. „Diese Dämonen. Einfach keine Tischmanieren“, murmelte er leise während er durch die Leichen watete. Bis auf Merlin und Karsten hatte es niemand geschafft zu entkommen. Allerdings hatte er die Kinder verschont. Er liebte den Gedanken, dass diese unschuldigen kleinen Wesen von nun an alleine auf der Welt waren. So schürte er den Hass in ihnen. Dass es Hass auf ihn selbst war, störte ihn nicht. Er hatte versucht mehr Wissen aus Nina über die Zukunft herauszupressen, doch sie gab nur preis was nötig war. Und auf einen Kampf mit ihr wollte er sich nicht einlassen, noch nicht. Mit einem letzten Blick auf die Leichen verließ er den Ort des Todes. Als Sieger. * 1980, Spiegelwelt Mit einem letzten Blick auf die Leichen verließ er den Ort des Todes. Als geschlagener Mann. Das Spectral Enterprise war vernichtet. Nun besaß er in dieser Welt keinen Halt mehr. Einer der Magier hatte noch herausgefunden, dass es Torsten war, der wie ein magisches Leuchtfeuer erstrahlte und die Gegner so zum Hauptquartier des Spectral Enterprise geführt hatte. Sekunden später war er tot zu Boden gesunken. Natürlich konnte er nichts dafür, doch trotzdem schüttelten ihn schwere Vorwürfe. Er hatte gesehen wir Karsten Hartmann und seine Gefolgsleute sie abgeschlachtet hatten. Einer nach dem anderen. Nur zwei Personen waren ihnen entkommen. Er selbst und Karen Hartmann. Karen hatte sich durch einen unterirdischen Gang abgesetzt. Er war ihr nicht gefolgt. Sie würden ihn auch dort aufspüren. Überall. Dieser Teufel Karsten würde dann auch Karen umbringen. Doch sie hatte noch eine Aufgabe. Sie musste das Spectral Enterprise neu errichten. Diese Welt durfte nicht in Dunkelheit versinken, wie es die Prophezeiung verkündete. „Dann ist mein Weg hier wohl zu Ende“, murmelt Torsten und bückte sich neben einem der Toten. Es war eine junge Frau, gerade mal Volljährig. Torsten versuchte nicht in ihre anklagenden Augen zu starren. Wenn du in Rynoltice vorsichtiger gewesen wärst, könnte ich noch leben, schienen sie zu wispern. Entschlossen griff er zu und zog die Waffe aus ihrer Hand. Es war vorbei. Mit einem letzten Aufatmen setzte er die Waffe an seine Schläfe und drückte ab. So leicht wird es dir nicht gemacht Torsten Thielmann, verkündete eine Stimme. Die Welt um ihn herum schien zu gefrieren. Die Schergen Karsten Hartmanns die auf ihn zustürmten, blieben wie eingefroren stehen. Kein Laut drang aus ihren Mündern.
9
Es ist dir noch nicht erlaubt aus dem Leben zu scheiden. Du hast versagt, sie sind gestorben,
weil du einmal versagt hast. Ist dir nun bewusst wie schnell kleine Fehler Menschenleben
kosten können? wollte sie Stimme wissen.
„Ja, aber ich wusste doch nichts davon. Wenn ich mein Leben geben könnte für alle die hier
gekämpft haben, ich würde es tun“, rief er den unsichtbaren Stimmen zu die um ihn
schwebten.
Dein Weg ist längst vorbestimmt. So wie der Weg vieler anderer auch auf dem großen
Schachbrett der Ewigkeit. Deine Aufgabe ist noch nicht beendet. Du wirst zurückkehren, in
deine Welt. Entgegen unseren Regeln werden wir dir dies gestatten, doch höre. Du wirst dich
nicht zu erkennen geben. Ein Schatten wird dein Antlitz verhüllen. Du wirst nur dann
eingreifen wenn wir es dir erlauben. Du wirst über Informationen verfügen, die dir dies
erschweren. Du wirst zusehen müssen wie Freunde sterben, doch du wirst tun was wir
verlangen. Nur wenn du unter Menschen gehst ist es dir erlaubt den Schatten abzulegen.
Sonst und für alle Zeit bist du der Schatten, verkündete die Stimme.
Im gleichen Moment umgab Torsten gleißendes Licht und er befand sich wieder in Rynoltice.
Verhüllt von einem Schatten. In dem Rynoltice seiner Welt. Nichts ahnend, dass das Spectral
Enterprise, das Bollwerk des Lichts auch hier schon gefallen war. Und eine lange Zeit des
Leidens begann.
* Gegenwart, Traumwelt Ein weiteres Mal wurde die Welt um sie herum verschwommen, bevor sie sich wieder in jener
Alptraumversion ihrer Träum befanden. Entkräftet sanken beide Torsten Thielmanns zu
Boden und die Lightfighter sahen sich verblüfft an.
„Eine Welt, die unserer gleicht und doch völlig verschieden ist. Eine Spiegelwelt. Jetzt
begreife ich“, hauchte Michael Hartmann.
„Deshalb hat er damals, vor zwanzig Jahren, das Spectral Enterprise verraten. Das war nicht
Torsten Thielmann sondern sein Pendant aus der Spiegelwelt“, fügte Anna hinzu.
„Und dann war Sandra auch nicht Sandra sondern ihr Gegenstück. Natürlich, als wir damals
in Rynoltice waren haben wir sie kurz alleine in der Höhle gelassen. Als wir zurückkamen
war sie gefesselt. Der Austausch muss in diesen Minuten erfolgt sein!“, rief Dorian aus.
Alle wussten, was das bedeutete. Sandra konnte noch leben, aber ebenso das grausame
Schicksal der Kämpfer des Lichts der Spiegelwelt geteilt haben. Torsten Thielmanns Vision
war zwanzig Jahre alt. Niemand wusste, wie es heute in der Spiegelwelt aussah.
„Also mir ist das alles zu hoch. Von einem Mist in den nächsten. Hört das alles vielleicht auch
mal wieder auf“, mischte sich Jason nun ein und sah sie vorwurfsvoll an.
Ungewollte musste Michael grinsen.
„Nunja, du wirst dich daran gewöhnen müssen, fürchte ich“, erklärte er dem Jungen aus der
Vergangenheit.
„Michael, er kommt zu sich!“, rief Anna.
„Nun wisst ihr also wie es wirklich war. All die Jahre“, keuchte Torsten Thielmann und setzte
sich auf.
Bei genauem Hinsehen erkannte man feine Unterscheide zwischen beiden. Das Pendant aus
der Spiegelwelt hatte sich mit dem Bösen eingelassen und alterte nicht mehr. Der Torsten
Thielmann dieser Welt hatte ein von Falten gezeichnetes Gesicht.
„Es tut mir leid“, sprach Anna und schaute den Schatten schuldbewusst an.
„Mach dir keine Sorgen. Mir geht es wieder etwas besser. Und nach allem was er dir angetan
hat, war deine Reaktion verständlich“, erwiderte er und drückte ihre Hand.
„Was hat Nina damit gemeint, als sie sagte, dass sie auch bei meiner Mutter nachgeholfen hat.
Ist sie für ihren Tod verantwortlich?“, wollte Michael wissen.
10
„Das musst du selbst herausfinden. Aber du solltest dich mit dem Tod deiner Mutter genauer
befassen Michael. Damals ist weit mehr geschehen als du ahnst“, erklärte der Schatten.
„Was ist mit Sandra?“, wollte Dorian wissen.
Er begriff nun, dass nicht Sandra dafür verantwortlich war, dass Jürgen auf dem Schlachtfeld
bei Camelot gestorben war, sondern ihr Pendant.
„Sie wurde damals bei eurem Abenteuer in Rynoltice ausgetauscht. Ich habe es selbst erst vor
kurzem bemerkt. Torsten Thielmann hat die Sandra aus seiner Welt getötet. Was mit der
Sandra dieser Welt ist weiß ich nicht“, erwiderte der Schatten.
In ihr Gespräch vertieft hatten die Lightfighter nicht bemerkt, dass Torsten Thielmann, der
gegnerische Torsten Thielmann wieder erwacht war. Leise Laute kamen über dessen Lippen
und begann sich zu konzentrieren. Sekunden später entstand ein leichtes Glimmen, das sich zu
einem Leuchten ausweitete. Sofort sprang er auf und setzte durch das Tor. Hinter ihm erlosch
es sogleich wieder.
„Verdammt, das wäre die Gelegenheit gewesen ihn endlich auszuschalten. Und nun ist er
entkommen!“, fluchte Michael.
„Und das sollten wir auch. Diese Welt beginnt damit sich zu verflüchtigen. Und wir wollen ja
nicht mit ihr untergehen. Durch die Gedankenverschmelzung kenne ich die magische Formel.
Ich werde das Tor erneut öffnen“, erklärte der Schatten.
Gespannt warteten die Lightfighter. Sekunden später erschien das Glimmen erneut.
„Gehen wir“, sprach Michael.
Dorian warf sich durch das Leuchten, gefolgt von Anna und Jason.
„Ich bin froh, dass du wieder da bist“, erklärte Michael und bewegte sich auf das Tor zu.
Plötzlich keuchte Torsten Thielmann hinter ihm auf. Ein rotes Einschussloch erschien auf
seinem Bauch, ein zweites Sekunden später etwas höher.
„Nein!“, schrie Michael.
Doch er konnte nichts tun. Ein drittes Einschussloch erschien zwischen seinen Augen und
Torsten Thielmann, der Mann der unendlich viel für das Spectral Enterprise getan hatte, der
durch die Bestrafung der Hohen Mächte gelitten hatte und ihnen immer geholfen hatte, sank
tot zu Boden. Hinter Michael begann das Tor sich zu schließen.
Ein letztes Mal blickte Michael sich um, sah in das Inferno ihrer Träume und verabschiedete
sich in Gedanken vom Schatten, einem treuen Freund. Dann warf er sich nach vorne durch
das Tor, das sich hinter ihm schloss. Und die Traumwelt verging.
* Frankfurt am Main Pater Alvarez warf einen letzten Blick auf die Aufzeichnungen des Schattens/Torsten Thielmann und legte das Tagebuch dann an seinen Platz zurück. Entsetzt hatte er gelesen, was damals geschehen war. Ein Schuss aus dem Wohnzimmer ließ ihn herumfahren. Mit schnellen Schritten hetzte er zurück in den angrenzenden Raum um gerade noch mit anzusehen, wie einer der Sicherheitsleute auf Daniel Richardson anlegte der sich anschickte ein weiteres Mal auf Torsten Thielmann zu schießen. Der Security schoss, verfehlte Daniel jedoch, der nun noch zwei Mal schoss. Torsten Thielmann zuckte leicht zusammen und lag dann still. Pater Alvarez konnte das Einschussloch zwischen seinen Augen erkennen. Torsten Thielmann/der Schatten war tot. Entsetzt blickte er auf Daniel Richardson der sich nun zu ihm umwandte und die Waffe hob. Er wollte nicht schießen, für den anderen Security sah es jedoch so aus. Der Warnruf von Alvarez kam zu spät. Die Kugel schlug in den Oberkörper von Daniel Richardson ein, ließ ihn taumeln und auf das Panoramafenster zutaumeln. Mit einem Ächzen durchbrach er die verglaste Wand und stürzte in die Tiefe. Alvarez schloss die Augen. Er hatte das Gefühl in einem Alptraum gefangen zu sein. Mit stoischer Ruhe erwartete er das Eintreffen der Polizei. 11
* Rom, Villa Hartmann, einen Tag später Noch immer geschockt schüttelte Michael den Kopf: „Ich mache ihnen keine Vorwürfe. Niemand konnte ahnen, dass Daniel Richardson so durchdrehen würde. Leider hat er den Falschen erwischt und uns allen damit eines guten Freundes und wertvollen Verbündeten beraut.“ Der Vatikan hatte natürlich sofort einige Anwälte eingeschaltete und auch das Spectral Enterprise hatte für seine Männer gesorgt. Die Anklage wegen Hausfriedensbruch war fallengelassen worden, ebenso die Mordanklage. Ein weiteres Grab säumte nun den Friedhof hinter der Villa, wo schon Jürgen Stein, Karsten Hartmann und Alex Stone lagen. Innerlich war Torsten Thielmann bereits vor Jahren gestorben. Daniel Richardson hatte das Werk der Spiegelwelt vollendet. Die Lightfighter saßen gemeinsam in einem Konferenzraum und berieten ihre weiteren Schritte. Einmal mehr hatte der Strudel der Ereignisse sie mit sich gesogen. Der Bedrohung aus jener so genannten Spiegelwelt schien katastrophale Ausmaße angenommen zu haben. Merlin konnte hierzu leider nicht mehr befragt werden. „Ich habe gestern sofort alles Nötige veranlasst um ein Überwachungssystem in Rynoltice zu installieren. Es wird kein Doppelgänger mehr unbemerkt in diese Welt eindringen können. Hoffen wir, dass es nicht bereits noch mehr getan haben. Eine Spezialeinheit wurde bereits dorthin abgestellt. Wir werden über alle neuen Ereignisse auf dem Laufenden gehalten“, erklärte er. Noch immer beschäftige ihn Ninas Aussage, die sie vor zwanzig Jahren getätigt hatte, sowie die Information des Schattens. Was hatte es mit dem Tod seiner Mutter wirklich auf sich? Doch Sandra ging vor. Sie musste sich etwas einfallen lassen. Ein Piepsen ließ ihn aufblicken. Die Köpfe der Lightfighter und des Paters blickten auf den Bildschirm, der an der Stirnseite des Raumes über dem runden Tisch, an dem sie saßen angebracht war. Ein Gesicht erschien darauf. „Markus! Ihr sied in Rynoltice angekommen. Ist bereist alles installiert?“, wollte Michael wissen. „Die Arbeiten machen fortschritte. Wir haben das Tor ohne Probleme gefunden. Unsere Wissenschaftler befassen sich bereits damit. Aber das ist nicht der Grund meines Anrufes. Wir haben jemandem vor dem Tor gefunden, aber sieh selbst“, erklärte er und die Kamera wurde geschwenkt. Vor den Lightfightern wurde eine Lumpen verhüllte Gestalt sichtbar deren Körper von blutigen Striemen gezeichnet war. Niemand mochte genau sagen wie lange sie schon dort lag. Ihr Körper war ausgemergelt und eingefallen. Sandra Maier war zurückgekehrt. Der Kampf gegen die Spiegelwelt begann.
Ende Vorschau auf Band 16: Endlich wissen die Lightfighter was vor zwanzig Jahren wirklich geschah. Nach dem dramatischen Ende des Schattens und der Wiederkehr Sandras wird ihnen die Gefahr durch die Spiegelwelt wirklich bewusst. Der nächste Band schilderte die Erlebnisse Sandra Meiers in der Spiegelwelt. Von ihrem passieren des Tores vor einigen Monaten bis zur Gegenwart. Und sie erlebt eine Welt der Dunkelheit in der eine furchtbare Prophezeiung Wirklichkeit wurde.
12
Das Erbe der Macht
Band 16
Spiegelgang
Weitere Bände: Band 17: Weg durch die Zeit (1/4) Nostradamus soll die Lösung bringen. Eine furchtbare Prophezeiung über die Zukunft und die Geburt des Kindes der Hexe.
Band 18: Spiegelwelt (2/4) Der Widerstand wird organisiert. Sie durchschreiten das Tor und suchen die letzte Hoffnung.
Band 19: Der Einfall (3/4) Die Letzte Hoffnung zerbrach und das Ende scheint unausweichlich als der Sturm auf diese Erde beginnt und Rynoltice zum Brennpunkt wird.
Band 20: Spiegelkrieg – Kampf der Welten (4/4) Beiden Welten droht die Vernichtung. Michaels Vater greift nach der letzten Rettung und sucht Hilfe bei einer uralten Macht.
13