Mr. BRONX FRANK REYNOLDS New York Detective
Terror an Bord Eigentlich will Mandy Torrance nur zwei Wochen Urlaub mache...
24 downloads
823 Views
399KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Mr. BRONX FRANK REYNOLDS New York Detective
Terror an Bord Eigentlich will Mandy Torrance nur zwei Wochen Urlaub machen, aber es kommt ganz anders... Ein Krimi von Alfred Wallon Viele sagen, dass New York das Tor zur Welt ist – und je länger ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich zu der Überzeugung, dass es stimmt. Was dachten damals wohl die Einwanderer, die mit unzähligen Schiffen ihre Heimat im fernen Europa verließen und sich auf eine lange Reise begaben? Amerika lockte jeden – selbst wenn die Reise Monate dauerte. Heute scheint es fast ein Katzensprung zu sein, sich einfach in ein Flugzeug zu setzen, den Atlantik zu überqueren und schon acht Stunden später den europäischen Kontinent zu betreten. Ich bin früher oft geflogen – mittlerweile hat das nachgelassen. Mein Job lässt es nicht mehr so häufig zu, dass ich einfach mal ein paar Wochen Urlaub außerhalb der Staaten verbringen kann. Sie wissen doch, wie das ist – man beschäftigt sich mit einem neuen Fall, und der lässt einen so lange nicht los, bis man des Rätsels Lösung gefunden hat. Manchmal dauert es nur wenige Tage – aber ich kann mich auch an Fälle erinnern, wo über ein halbes Jahr verging, bis ich endlich herausfinden konnte, wer der wahre Schuldige war. Manchmal bewundere ich meine Sekretärin Mandy. Sie sieht vieles nicht so verbissen wie ich. Sie ist ziemlich praktisch und spontan in manchen Dingen – und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann gibt sie so schnell nicht auf. Zum Beispiel wenn sie vorhat, unbedingt ein paar Tage Urlaub zu machen. Zugegeben – anfangs war ich nicht sonderlich begeistert von dem Gedanken, den lästigen Papierkram in meinem Büro während Mandys Abwesenheit allein machen zu müssen. Aber rückblickend gesehen, bin ich ihr sehr dankbar. Denn das Schicksal hat dafür gesorgt, dass es ein etwas anderer Urlaub wurde, als Mandy ursprünglich gedacht hatte. Und in dem ganzen Strudel der Ereignisse begegnete ich dann ebenfalls einem Menschen, der für mich von besonderer Bedeutung ist. Ich merke, dass ich auszuschweifen beginne – aber bei sentimentalen Typen wie mir kommt das ab und zu mal vor. Wenn ich mir vorstelle, wie unzureichend die Sicherheitsvorkehrungen damals auf den Flughäfen waren, dann kann ich nur den Kopf darüber schütteln. Seit Ground Zero hat man einiges begriffen und auch entsprechende Vorkehrungen getroffen. Aber damals war es vergleichsweise ein Kinderspiel, eine Maschine in seine Gewalt zu bringen. Da gab es noch keine Sicherheitsleute an Bord und auch keine gesicherten Cockpittüren. Warum ich das alles sage? Es hat mit der Geschichte zu tun, die ich Ihnen jetzt erzählen werde...
Mit quietschenden Reifen stoppte das Taxi vor der Abflughalle des John F. KennedyAirports. Der Fahrer, ein fünfzigjähriger Farbiger, stieg hastig aus und eilte zum
Kofferraum des alten Buick. Er beeilte sich, das Gepäck seiner beiden Fahrgäste herauszuhieven, denn die beiden schweigsamen Burschen machten nicht 2
Gepäckstücke entgegennahm. Halsey behielt seinen Aktenkoffer bei sich. Cummings dagegen gab den Koffer bei dem Mädchen auf. Er checkte ein, anschließend gingen die Männer weiter zur Ticketkontrolle. Unwillkürlich wurde der hagere Cummings blass, als er in einiger Entfernung den Durchgang mit der Röntgenkontrolle entdeckte. Jeder Passagier, der ein gültiges Ticket besaß, musste diese Kontrolle passieren. So war es ein leichtes für die Flughafenkontrolle, Verdächtige mit Waffen sofort zu erwischen. „Mensch, hoffentlich riechen die nicht, was los ist”, flüsterte Cummings und blickte seinen Freund an, doch der schüttelte nur kurz den Kopf. „Nur ganz ruhig, Dick”, sagte er knapp. „Lass mich das am besten machen. Du brauchst nur zu nicken. Wenn du gefragt wirst, gib Antwort. Du wirst sehen, die prüfen schon nicht so genau. Und was den Koffer betrifft - der ist mit dünnen Bleiplatten ausgelegt. Ist zwar ein bisschen schwerer, aber für Röntgenstrahlen ein absolutes Hindernis. Also komm jetzt. Die Maschine nach Deutschland wartet nicht auf uns...” Diese Antwort schien den hageren Cummings zu beruhigen. Die Männer gingen zunächst auf die Passkontrolle zu, wo einer der Zollbeamten ihre Papiere entgegennahm und einen kurzen Blick darauf warf. „Mal Urlaub in Germany machen, wie?” fragte er Brett Halsey und grinste. „Ich war auch schon mal da. Ist ganz nett da, und es gibt viel zu sehen. Gute Reise, Mr. Allison...” Halseys und Cummings’ Pässe waren gefälscht. Sie lauteten auf die Namen Fred Allison und Geoffrey Hancock. Niemand würde auf den Gedanken kommen, dass zwei der vom FBI meistgesuchten Verbrecher sich ausgerechnet hier am Kennedy-Airport aufhielten. Die beiden Männer wagten sich in die Höhle des Löwen, weil sie ganz genau wussten, dass man sie hier am allerwenigsten vermutete. Und ihr Plan ging auf. Sie passierten die Passkontrolle und hatten keine weiteren Schwierigkeiten. „Siehst du?” Brett Halsey grinste seinem Kumpan zu und nahm den Aktenkoffer wieder an sich. „War doch ganz einfach,
gerade einen sehr freundlichen Eindruck. „Geht das nicht ein bisschen schneller, Mann?” beschwerte sich einer der Männer, ein hagerer Bursche mit einem bleichen Gesicht und angetrautem Haar. „Unsere Maschine startet gleich.” Der Taxifahrer wollte erst eine heftige Erwiderung loslassen, besann sich aber noch rechtzeitig darauf, dass der Fahrgast nun mal der King war. Also schluckte er seinen Ärger hinunter und schlug den Kofferraumdeckel wieder zu. „Das macht zehn Dollar, Mister!” wandte er sich an den hageren Mann, der trotz der Hitze einen grauen Mantel trug. „Wucherpreise sind das!” schimpfte der andere und wollte noch mehr sagen, aber sein Freund beschwichtigte ihn. Er murmelte etwas vor sich hin und drückte dem Taxifahrer einige Dollarnoten in die Hand. „Diesem Burschen hätt’ ich am liebsten eins auf die Schnauze gehauen, Brett”, sagte er zu seinem Begleiter. „Diese Taxifahrer sind doch alle gleich. Erst fahren sie Dutzende von Umwegen und kommen zu spät, und dann wollen sie einem das Geld aus der Tasche ziehen.” „Jetzt reg’ dich aber ab, Dick!” unterbrach ihn der andere Mann, ein kräftiger Typ mit karierter Jacke und braunen, dicht gewellten Haaren. Sein Gesicht drückte Verwegenheit und Härte aus. „Hast du vergessen, was wir vorhaben? Mann, einen aufgeregten Partner kann ich nicht gebrauchen!” „Ist gut”, erwiderte Dick Cummings knapp und griff nach seinem Koffer. „Der Bursche hat mich eben aufgeregt, das ist alles. Gehen wir, okay?” Brett Halsey nickte und nahm ebenfalls seine Aktentasche an sich. Gemeinsam hielten die beiden auf das Eingangsportal zu, wo ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Ein Strom von angekommenen Passagieren stürmte auf die Taxis zu, um ins Zentrum von New York zu gelangen. Cummings drehte unwillkürlich den Kopf, als eine Crew der TWA an ihm vorbeiging und gleichfalls die Abflughalle betrat. Unauffällig marschierten die Männer weiter. Ihr Ziel war der Lufthansa-Counter, hinter dem ein hübsches Mädchen saß und die 3
dich auch noch bezahlen muss, Mandy”, sagte Frank und schüttelte den Kopf. „Flieg du nur mal nach Frankfurt und Paris. Ich werde den Laden auch ohne dich schmeißen. Vergiss nur nicht das Wiederkommen, okay?” „Wie könnte ich das - bei dem Chef?” Mandy nahm ihr Flugticket und ging in Richtung Abflughalle. Der Flug LH 403 nach Frankfurt war schon angeschrieben. Es dauerte also nicht mehr lange. Frank begleitete Mandy bis zur Passkontrolle und sah zu, wie Mandy von einigen Zollbeamten bewundernd angesehen wurde. Frank musste jedes Mal grinsen, wenn er das mit ansah. Seine Mitarbeiterin war schon eine Augenweide, und Frank war stolz auf sie. „Also dann bis bald!” Mandy winkte ihm zu. „Ich rufe dich an, sobald ich in Frankfurt gelandet bin. Ist versprochen.” Frank winkte zurück und beobachtete, wie Mandy es sich in der Wartehalle bequem machte, wo sich auch schon die übrigen Passagiere für den Flug LH 403 befanden. Frank wartete noch ab, bis über Lautsprecher der Aufruf kam, dass sich die Passagiere nun bereit machen sollten und sah zu, wie Mandy zum Gate ging. Kurz bevor sie Franks Blicken entschwand, drehte Mandy sich ein letztes Mal zu ihm um und winkte. Dann war sie im Durchgang verschwunden. Seufzend wandte sich Frank ab. Für die nächsten drei Wochen hatte er den ganzen Papierkram auf dem Hals. Jetzt würde er erst merken, was er an Mandy eigentlich hatte. Sie war eine gewissenhafte und zuverlässige Mitarbeiterin, und er würde sie sicherlich vermissen. Vor allen Dingen den Kaffee, der schon immer bereitstand, wenn er ins Büro kam.
oder? Und jetzt geht’s los. Trevor wird bald bei uns sein.” Die beiden Männer schauten hinauf zur Anzeigentafel. Flug LH 403 sollte pünktlich um 21.15 Uhr starten. Also blieb noch eine halbe Stunde Zeit. Halsey und Cummings ließen sich in den Sesseln nieder und warteten darauf, bis ihr Flug nach Frankfurt aufgerufen wurde. Die beiden Männer waren keine Passagiere im üblichen Sinne. Sie hatten vielmehr vor, das Flugzeug in ihre Gewalt zu bringen, und sie waren zu allem entschlossen. Jetzt, nachdem sie schon sämtliche Kontrollen passiert hatten, gab es kein Zurück mehr. * „Mein Gott, ich bin schon ganz aufgeregt”, sagte Mandy und blickte auf das Flugticket nach Deutschland, das sie in der Hand hielt. „Frank, ich freue mich wahnsinnig darauf, meine alte Freundin Doris mal wieder zu sehen. Fast vier Jahre ist es her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.” „Dann wird es wohl höchste Zeit, dass du dich mal meldest, Mandy”, meinte Frank Reynolds, während er in jeder Hand einen von Mandys Koffern hielt und sie zum Lufthansa-Counter schleppte. „Was willst du in den drei Wochen eigentlich alles anstellen. Mädchen?” „Oh, Doris und ich haben schon eine Menge geplant”, verriet Mandy ihrem Arbeitgeber. „Wir machen einen kurzen Trip nach Paris, übers Wochenende. Kannst du dir vorstellen, was das heißt, Frank? Paris, das ist das Kulturzentrum schlechthin. Die neueste Mode - all das werde ich mit eigenen Augen sehen.” „Von so was habe ich keine Ahnung”, erwiderte der Mann, den man auch Mister Bronx nannte. „Ich kauf’ meine Klamotten aus dem Sears & Roebuck - Katalog. Die sind zwar nicht aus Paris, kosten dafür aber auch nicht soviel.” „Du bist ein Kulturbanause, Mr. Bronx”, erwiderte Mandy fassungslos, während Frank die Koffer eincheckte. „Ich wünschte, du könntest mitkommen und alles mit ansehen.” „Leider habe ich einen Job, von dem ich
* Mandy betrat die Kabine des Boeing A 340. Am Eingang stand eine hübsche Stewardess mit blond gelocktem Haar und einem strahlenden Lächeln, die die Passagiere begrüßte und den Suchenden ihre Plätze zuwies. Franks Sekretärin hatte einen Platz in der Economy Class gebucht, deswegen musste sie 4
Plötzlich wurde er von einem großen Mann angerempelt, der sich allzu schnell durch die Sitzreihen drängte. Sein Aktenkoffer stieß Harnahan unsanft an. Ohne sich zu entschuldigen, ging der Mann einfach weiter. Sein Freund, ein hagerer Typ mit bleicher Gesichtsfarbe, ging hinter ihm her. Clyde Harnahan blickte den Burschen nach, bis sie Platz genommen hatten. „So ein Rüpel”, beschwerte sich der Bankbeauftragte. „Der Mann hätte sich wenigstens entschuldigen können, oder was meinen Sie, Miss?” Mandy wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Ihre Blicke streiften kurz den Typ mit der karierten Jacke und seinen Begleiter. Sie machten in der Tat einen unfreundlichen Eindruck, aber das musste nichts heißen. Vielleicht war es wirklich nur ein Versehen gewesen. Das sagte sie auch Harnahan. „Na, wollen wir hoffen, dass wir wenigstens pünktlich ankommen”, sagte er. „In Frankfurt werde ich bereits erwartet. Lufthansa sagt von sich, dass sie immer pünktlich ist. Nun, wir werden sehen...” Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. Schon bald würde über Lautsprecher die Ansage des Piloten zu hören sein, der die Passagiere mit den wichtigsten Sicherheitsvorkehrungen vertraut machen musste. Mandy sah auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis zum Start. Bis jetzt verlief alles planmäßig, aber sie ahnte nicht, dass das Schicksal bereits seinen Lauf nahm.
ein bisschen weniger Bequemlichkeit in Kauf nehmen. Aber zum Glück hatte sie einen Fensterplatz direkt über den Tragflächen zugewiesen bekommen. So konnte sie wenigstens Start und Take-off mitverfolgen. Hauptsache, sie kam in Frankfurt pünktlich an. Doris würde sie sicherlich am Flughafen abholen, denn Mandy hatte ihr vorher eine EMail geschickt und ihr darin mitgeteilt, mit welcher Maschine sie kommen wollte. Die Gewissheit, dass eine gute Freundin in Deutschland auf sie wartete, stimmte sie zufrieden. Sie verstaute ihre Handtasche in dem Gepäckfach über ihrem Sitz und machte es sich bequem. Heimlich beobachtete sie die Passagiere, die noch einstiegen. Den meisten sah man an, dass sie Touristen waren, denn einige trugen große Cowboy-Hüte, als wollten sie ihren daheim gebliebenen Verwandten ein Stück Amerika mit nach Hause bringen. Auch Geschäftsleute waren mit dabei. Für die waren aber Plätze in der Business- und First Class gebucht. „Gestatten Sie?” riss sie plötzlich eine Stimme aus ihren Gedanken. „Ich habe den Platz neben Ihnen...” Mandy hob den Kopf und blickte in das freundlich lächelnde Gesicht eines Mannes um die Vierzig. Er trug einen hellen Anzug und eine Brille. Der Mann nahm neben Mandy Platz und stellte sich als Mr. Clyde Harnahan vor, Bankbeauftragter der Chase Manhattan Bank. „Ich dachte, Geschäftsleute sitzen in der Business Class”, sagte Mandy. Harnahan zuckte mit den Achseln. „Die Business Class war schon ausgebucht, Miss. Aber ich habe wenigstens das Vergnügen, neben einer hübschen Lady zu sitzen. Das macht den Verlust mehr als wett. Fliegen Sie auch geschäftlich nach Frankfurt?” „Nein, Mr. Harnahan. Eine alte Freundin von mir hat mich eingeladen. Wir treffen uns in Frankfurt, und von dort aus geht’s weiter nach Paris.” „Eine schöne Stadt”, bemerkte der Bankbeauftragte und fuhr fort, Mandy die Schönheiten der französischen Metropole zu schildern. Er fand in der blonden Frau eine willige Zuhörerin.
Brett Halsey beobachtete unauffällig seine nähere Umgebung. Bewusst hatte er auf einen Fensterplatz verzichtet, um schneller ans Ziel kommen zu können. Neben ihm saß ein Bursche in Jeans und mit langen Haaren, der einen penetranten Geruch verströmte. Wahrscheinlich hatte er schon lange keine Badewanne mehr von innen gesehen. Cummings saß auf der anderen Seite. Die beiden Männer hatten Plätze gewählt, von wo aus sie in wenigen Minuten die ganze Kabine unter Kontrolle haben konnten. Halsey warf seinem Kumpan einen kurzen Blick zu und stand auf. Cummings nickte ihm zu und schaute weiter geradeaus, während 5
freute sich auf die Rückkehr, und dem Flugingenieur Horst Bergner ging es nicht anders. Gemeinsam ging nun die CockpitCrew dazu über, vor dem Start noch einmal sämtliche Instrumente durchzuchecken. Deshalb bekamen sie zuerst gar nicht mit, wie sich die Tür zum Cockpit öffnete. Den Mann mit der Pistole in der Hand sahen sie erst, als er schon hinter ihnen stand. „He, was soll das, Mister?” sagte Kapitän Jensen, der erschrocken zusammenzuckte. „Machen Sie keine Dummheiten!” „Maul halten!” zischte der Mann in der karierten Jacke. „Sie werden jetzt tun, was ich sage, verstanden? Los, setzen Sie sich mit dem Tower in Verbindung. Dieses Flugzeug wird nicht starten. Wenn Sie nicht tun, was ich sage, muss einer der Passagiere daran glauben, ist das klar?” Hollmann warf dem Kapitän einen kurzen Blick zu. Der Kopilot hielt Halsey für einen politischen Wirrkopf, dem alles zuzutrauen war. „Nun machen Sie schon!” riet der Mann, diesmal bedeutend ungeduldiger. „Oder soll ich abdrücken?” „Sie kommen doch niemals von hier weg!” versuchte ihn Jensen zu überzeugen. „Jeder Flugzeugentführer hat bis jetzt klein beigegeben. Stecken Sie die Waffe ein, und wir vergessen das Ganze, okay?” Halseys Hand zuckte vor und drückte dem Kapitän den Lauf seiner Waffe ins Genick. „Du sollst den Tower anrufen, hast du das nicht begriffen?” Jensen spürte, dass der Mann es ernst meinte. Schweren Herzens stellte er eine Funkverbindung zwischen der Boeing und dem Tower her. „Los, sag ihnen, was Sache ist, Mann!” forderte Halsey ihn auf. „Und dann will ich mit den Leuten sprechen, ist das klar?” Jensen nickte stumm. „Hier spricht Kapitän Jensen, Flug LH 403 nach Frankfurt. Wir befinden uns in der Gewalt von bewaffneten Leuten, die den Start verhindern wollen. Ich wiederhole...”
sich Halsey einen Weg durch die Sitzreihen bahnte. Als Halsey die Business Class schon fast erreicht hatte, erhob sich auch Cummings. Beide Männer taten so, als suchten sie die Toilette auf, deswegen achtete keiner der anderen Passagiere auf sie. Es gab genug Flugreisende, denen das Fliegen Probleme bereitete. Also war ein Gang zur Toilette vor dem Start manchmal nicht auszuschließen. Halsey drehte sich noch einmal kurz um. Cummings stand zwischen Business und Economy Class. Dort war er genau richtig platziert. Jetzt konnte der Plan endlich starten. Halsey öffnete die Toilettentür und schloss sie hinter sich zu. Aus seinem Aktenkoffer holte er einen Smith & Wesson-Revolver, den er in den Hosengürtel steckte. Den Aktenkoffer ließ er stehen, als er die Toilette verließ. Er sah sich in der Kabine um und stellte fest, dass die Stewardessen mittlerweile ihre Positionen eingenommen hatten. In wenigen Augenblicken würden über Lautsprecher die Sicherheitsvorkehrungen bekannt gegeben werden, die die Stewardessen dann veranschaulichten. Die Passagiere in der First Class weiter oben bekamen davon nichts mit. Die meisten waren in das Studium ihrer Akten vertieft oder lasen die Financial Times. Kaum einer dieser Männer bemerkte Halsey, der jetzt die vordere Galley erreicht hatte, hinter der sich die Tür zum Cockpit befand. Halsey zog den Vorhang zu, der Galley und Zugang zum Cockpit voneinander trennte. Jetzt war er kurz vor seinem Ziel. Der Mann in der karierten Jacke griff nach der Pistole unter seiner Jacke, dann riss er die Tür zum Cockpit auf. * Flugkapitän Werner Jensen warf seinem Kopiloten einen kurzen Blick zu. „Diese kurzen Langstreckenflüge haben’s ganz schön in sich!” sagte er. „Ich bin froh, wenn ich wieder zu Hause bei meiner Frau und meinen beiden Kindern bin. Erst mal eine Woche frei...” Kopilot Axel Hollmann nickte. Auch er
* Dick Cummings verharrte auf seinem 6
Stewardess, die er bei sich hatte, auch erheben wollte. „Dann kommen die anderen garantiert nicht auf dumme Gedanken. Sei ein liebes Mädchen und bleib ganz brav da sitzen. Wäre doch schade um dich, wenn deine Kolleginnen Unsinn anstellen, oder?” Diese Worte hatte auch der Purser gehört. Auch er richtete jetzt das Wort an die Passagiere und bat sie, ruhig zu bleiben. Er wusste aus Erfahrung, dass die Passagiere der eigentliche Unruheherd waren. Wenn erst die große Menge beruhigt war, dann ließ sich über alles andere auch reden. „Mach dir keine Sorgen, Ines”, sagte er zu der Stewardess, die Cummings in seiner Gewalt hatte. „Wir werden das Kind schon schaukeln, klar?” „Ja, Dirk”, sagte das blonde Mädchen zu dem Purser, dessen Akzent den Niederländer verriet. Dann schwieg sie und blickte verängstigt zu Boden. Einige Sitzreihen weiter hinten blickte Mandy Torrance total erschrocken auf das, was sich vor ihren Augen abspielte. Sie hatte gesehen, wie der Mann die Pistole gezogen und sich die Stewardess gegriffen hatte. Flugzeugentführung! Und das ausgerechnet mit der Maschine, in der sie sich befand. Mit dem Flug nach Deutschland würde es wohl nichts werden. Mandy Torrance war eine Frau, die schon einige gefährliche Situationen gemeistert hatte, und deswegen blieb sie jetzt äußerlich vollkommen ruhig, obwohl ihr alles andere als wohl zumute war. Clyde Harnahan, der Bankbeauftragte, der neben ihr saß, war vor Schreck leichenblass geworden. „Um Gottes willen”, flüsterte er mit leiser Stimme. „Der Bursche wird uns alle umbringen und...” „Nicht aufregen, Mr. Harnahan”, antwortete Mandy. „Wir sind in der Gewalt dieses Kerls, und sein Freund hat wohl mittlerweile längst das Cockpit unter Kontrolle. Wir können überhaupt nichts tun, wir müssen nur abwarten.” „Das ist leicht gesagt. Miss Torrance. Ich habe Angst und...” Cummings sah von seinem Beobachtungspunkt aus, wie Harnahan aufgeregt mit den Händen gestikulierte.
Posten, als er Halsey in Richtung der First Class verschwinden sah. Die Stewardessen, die mittlerweile ihre Position bezogen hatten, um sich startbereit zu machen, starrten ihn an, weil er noch nicht Platz genommen hatte. Der hagere Mann sah, wie der Purser auf die First Class zuhielt. Das musste verhindert werden. In Sekundenschnelle riss er seinen Revolver aus der Jackentasche. „Keiner rührt sich!” schrie er mit lauter Stimme, so dass es jeder hören konnte. „Bleibt alle auf euren Sitzen hocken, dann wird euch nichts geschehen!” Er hechtete zur Seite und griff sich eine der Stewardessen, die sich in seiner Nähe befand. Er riss das blonde Mädchen hoch und drückte sie an sich. „Ich sag’s noch einmal - keiner rührt sich, oder ich knalle das Mädchen hier ab. Diese Maschine ist in unserer Gewalt, und ihr werdet alle tun, was wir sagen, klar?” Die Stewardess, die Cummings gepackt hatte, wurde kreidebleich. Der Purser sah, welche Ängste seine Kollegin auszustehen hatte. Deshalb richtete er das Wort an Cummings, während die Passagiere noch gelähmt vor Angst waren. „Lassen Sie das Mädchen los, Mister”, versuchte er es. „Wir werden tun, was Sie von uns verlangen, aber lassen Sie sie los!” „Das werdet ihr auch so tun!” antwortete der Mann. „Ihr alle bleibt auf euren Plätzen, bis wir euch sagen, wie es weitergeht, klar? Sagen Sie Ihren Kolleginnen, dass sie von mir aus Essen und Getränke servieren können, damit sich die Passagiere wieder beruhigen. Aber keiner macht mir Dummheiten. Ich schieße sofort, klar?” Der Purser nickte. Er warf seinen Kolleginnen Blicke zu, und die Stewardessen hatten sofort verstanden. Zwei von ihnen gingen in die Galley, um dort ihren Dienst zu versehen. Zunächst galt es einmal dafür zu sorgen, dass trotz der angespannten Lage wieder Ruhe an Bord einkehrte. Wenn es erst zu einer Panik kam und Schüsse fielen, dann war alles verloren. Das wusste das fliegende Personal, und entsprechend verhielt es sich. „Du bleibst hier bei mir, schönes Kind!” sagte Cummings grinsend, als sich die 7
wusste nur, dass die Lage ziemlich bedrohlich war. Im Tower angekommen, stürzte sich Warner sofort auf eines der Mikrofone und nahm Funkverbindung mit der DC 10 auf. „Hier spricht Warner. Kapitän Jensen, ich habe Mr. Heyward hier. Er ist persönlich gekommen, um mit den Männern zu sprechen, die Ihre Maschine in der Gewalt haben und…” „Red nicht um den heißen Brei herum!” erklang eine wütende Stimme über Lautsprecher. „Hol deinen Boss endlich ans Mikrofon” ran. Du verhandelst mit mir und nicht mit diesem Tattergreis von Captain, klar?” Martin Heyward drängte sich nach vom und nahm das Mikrofon an sich. „Hier spricht Flughafendirektor Heyward. Bitte stellen Sie Ihre Forderungen, aber gefährden Sie nicht die Passagiere.” „Das liegt ganz an Ihnen, Mister!” kam es zurück. „Also hören Sie gut zu. Wir haben die Maschine voll unter Kontrolle. Wir fordern die sofortige Freilassung unseres Freundes Trevor Davis aus dem Staatsgefängnis von New Jersey. Sie haben genau vierundzwanzig Stunden Zeit dazu. Wenn Davis nicht zu uns stößt, werden wir einen Passagier nach dem anderen erschießen. Haben Sie das kapiert?” „Ja”, erwiderte Heyward und bemühte sich, seine Nervosität zu verbergen. „Aber geben Sie uns noch etwas Zeit. Wir müssen das alles organisieren, und ich muss da noch mit einigen offiziellen Stellen sprechen...” „Wie Sie das machen, ist Ihr Problem!” zischte die Stimme des Gangsters. „Nach vierundzwanzig Stunden werden die ersten Schüsse fallen. Mit den Stewardessen fangen wir an, und die Passagiere glauben als nächste dran. Ich wiederhole, in vierundzwanzig Stünden ist Trevor Davis bei uns.” Dann brach die Stimme ab, und die Funkverbindung erlosch. Martin Heyward standen Schweißperlen der Erregung auf der Stirn. Die Lage war ernst, daran bestand kein Zweifel. Die Stimme des Mannes hatte sehr entschlossen geklungen. „Wir müssen das FBI verständigen, Mr. Heyward”, ermahnte ihn sein Sicherheitschef. „Die Sache geht über unsere Kompetenz
„Maul halten da hinten!” rief er. „Es nützt überhaupt nichts, wenn du dich aufregst. Deswegen kommst du hier auch nicht raus. Also bleib schön ruhig, ja?” Das wirkte. Harnahan fuhr zurück, als sei er von der Tarantel gestochen. Er brachte kein Wort mehr über die Lippen. Auch Mandy schwieg jetzt. Der Bursche mit dem bleichen Gesicht und sein Freund, der Harnahan schon unangenehm aufgefallen war, schienen zu allem entschlossen zu sein. Da war es besser, wenn man sich ganz ruhig verhielt. O Frank, dachte Mandy und schloss verzweifelt die Augen. Warum in aller Welt habe ich deine Einladung zum Essen nicht angenommen und bin erst eine Maschine später geflogen? * Flughafendirektor Martin Heyward saß hinter seinem Schreibtisch und studierte einige Statistiken, als die Tür zu seinem Büro aufgerissen wurde. Heyward, ein Mann in den Fünfzigern, mit angetrautem Haar, hob überrascht den Kopf, als er Warner, den Leiter der Sicherheitsabteilung erkannte. „Mr. Heyward!” rief der Mann aufgeregt. „Sie müssen sofort zum Tower kommen. Es ist etwas passiert...” Der Flughafendirektor schob sämtliche Unterlagen beiseite. Er sah, wie aufgeregt der andere war, und ahnte das Schlimmste. „Was ist los, Warner? Nun sprechen Sie schon!” „Die Boeing LH 403 nach Frankfurt”, stieß Warner keuchend hervor. „Zwei Männer haben sie in ihre Gewalt gebracht. Sie wollen unbedingt mit Ihnen sprechen, Sir.” „Verdammter Mist!” fluchte Heyward und sprang auf. „Wie in aller Welt konnte das passieren? Warner, Sie sind doch Sicherheitsleiter. Darüber werden wir beide uns noch unterhalten. Los, machen wir, dass wir in den Tower kommen!” Ohne weitere Worte zu verlieren, beeilte sich Heyward, so schnell wie möglich den Tower zu erreichen. Unterwegs berichtete ihm Warner die wesentlichen Einzelheiten. Der Sicherheitschef wusste auch nicht viel, er 8
FBI und die Flughafendirektion mit den Erpressern. Es muss damit gerechnet werden, dass die Gangster rücksichtslos vorgehen werden, falls man ihre Forderungen nicht erfüllt...” „Mandy”, murmelte Frank entsetzt. „Um Gottes willen!” Für einige Augenblicke war Frank von der Nachricht so schockiert, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Er hatte nur begriffen, dass es die Maschine war, mit der seine Mitarbeiterin nach Deutschland fliegen wollte. Sicherlich stand sie jetzt in diesem Augenblick Todesängste aus, und das mit Recht. Kaffee und Toast waren vergessen. Frank sprang auf und eilte zum Telefon. Mit zitternden Fingern wählte er Phil Stuarts Dienstnummer. Wenn es jetzt jemanden gab, mit dem er sprechen musste, dann war es Phil Stuart, der Leiter der Mordkommission Manhattan C III. Es dauerte eine Zeitlang, bis am anderen Ende der Leitung abgehoben wurde. Frank hörte Phils kräftige Stimme, der ihn erfreut begrüßte. „Phil, ich muss dich unbedingt sprechen”, stieß Frank hervor. „Hast du schon Radio gehört heute Morgen?” „Um diese Zeit pflege ich bereits schon zu arbeiten, ganz im Gegensatz zu manchen anderen”, erwiderte Franks Freund gutgelaunt, denn er ahnte nichts von Franks Problemen. „Was hast du denn auf dem Herzen, alter Junge?” „Phil, es geht um die Lufthansa-Maschine auf dem Kennedy-Airport. Hast du gehört, dass zwei Männer sie in ihre Gewalt gebracht haben?” „Verdammt, nein!” erwiderte der Captain und war jetzt ganz aufmerksam. „Ich hatte heute Morgen keine Zeit, Radio zu hören. Eine Lufthansa-Maschine, sagst du? Doch nicht die, mit der Mandy...” Phil sprach diesen Gedanken nicht weiter aus, denn in diesem Augenblick zählte er ebenfalls zwei und zwei zusammen. Von Frank wusste er, dass Mandy drei Wochen Urlaub machen wollte, und er hatte auch erfahren, mit welcher Fluglinie Mandy starten wollte. „Sag nicht, dass es wahr ist!” „Es ist wahr”, erwiderte Frank. „Mandy
hinaus. Soll ich anrufen?” „Tun Sie das, Warner”, erwiderte der Flughafendirektor und blickte in die sprachlosen Gesichter der Umstehenden. „Und sagen Sie auch gleich, dass die Lage sehr bedenklich ist. Die Presse darf nichts davon erfahren.” Aber Heyward unterschätzte die Presse von New York. Genau eine Stunde, nachdem die Gangster die Maschine in ihre Gewalt gebracht hatten, schaltete sich der Medienapparat ein, und die Meldung wurde in Umlauf gebracht. * Frank Reynolds fühlte sich irgendwie gerädert, als er an diesem Morgen aufwachte. Selbst die anschließende kalte Dusche vermochte seine Lebensgeister noch nicht so richtig zu wecken. Es war spät geworden gestern Abend. Frank hatte noch Unterlagen über einen Versicherungsfall studiert, an dem er zurzeit arbeitete und bei dem es nicht so richtig voranging. Missgelaunt kochte er sich einen Kaffee und schaltete das Radio ein. Während er sich zwei Scheiben Toast einverleibte, hörte er mit halbem Ohr die Neun-Uhr-Nachrichten. „... wie uns soeben gemeldet wurde, hat gestern Abend gegen 21 Uhr auf dem Kennedy-Airport eine Gruppe von Bewaffneten ein Flugzeug in ihre Gewalt gebracht. Es bandelt sich um eine Boeing 747 der deutschen Fluglinie Lufthansa, die auf dem Weg nach Frankfurt war...” Frank verschluckte sich an dem heißen Kaffee und ließ die Toastscheibe fallen. Mit einem Satz war er am Radio und drehte es lauter. „...es besteht die Befürchtung, dass die beiden Gangster zu allem entschlossen sind. Aus gut unterrichteten Kreisen ist ebenfalls bekannt, dass die Männer die Freilassung eines gewissen Trevor Davis gefordert haben. Davis, ein mehrfach vorbestrafter Gangster, der in zahlreichen Bundesstaaten gesucht wurde, ist zurzeit im Staatsgefängnis von New Jersey inhaftiert und wartet dort auf seinen Prozess. Zur Stunde verhandeln das 9
herrschte ziemliches Gedränge. Dutzende von Neugierigen starrten durch die großen Glasscheiben hindurch auf die Startbahn, auf der die Boeing 747 der Lufthansa abflugbereit stand. Die Buschtrommel hatte die Nachricht schnell verbreitet, dass eine Entführung kurz bevorstand. Entsprechend viele Reporter hatten sich dort versammelt, um neue Informationen zu bekommen. Frank hatte in diesem Augenblick keine großen Sympathien für diese Presseleute übrig, denn Mandys Leben war in Gefahr. Während er Phil folgte, warf er einen kurzen Blick aus den Fenstern auf das Rollfeld. Er konnte sich immer noch nicht mit dem Gedanken abfinden, dass Mandy und ungefähr hundert andere Passagiere bedroht wurden. „Wir gehen zur Flughafenleitung”, sagte Stuart, während er sich einen Weg durch die Menge bahnte. „Wenn wir was erfahren, dann nur dort.” Im gleichen Moment hatte einer der Reporter Captain Stuart entdeckt. Er ließ alles stehen und liegen und eilte sofort auf ihn zu. „Captain, wissen Sie irgend etwas über die Sache da draußen?” fragte er ihn sofort und nickte auch Frank zu. „Was können Sie der New York Tribune sagen?” „Überhaupt nichts, Kinney”, gab Stuart barsch zurück und ließ den allzu eifrigen Reporter einfach stehen. „Fragen Sie, wen Sie wollen, aber nicht mich. War das deutlich genug?” Der Reporter murmelte einige unverständliche Worte und wandte sich ab. Phil widmete seine Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen. Augenblicke später hatten sie dann die Sektion erreicht, die für Flugreisende nicht zugänglich war, sondern den Bediensteten des Flughafens vorbehalten blieb. Phil ging sofort auf einen uniformierten Beamten der Flughafenpolizei zu und sprach ihn an. Der Polizist starrte erst misstrauisch auf Captain Stuarts Dienstausweis. Aber als Phil den Namen des FBI-Agenten erwähnte, den er von früher her kannte, ließ sich der Wachposten erweichen. Er griff nach dem Hörer des Diensttelefons an der Wand und wählte eine Nummer.
sitzt in dieser Maschine, und ich mache mir die größten Sorgen. Phil, ich muss sofort mit dir reden. Du hast gute Beziehungen zum FBI. Ich muss da was unternehmen und...” „Komm erst mal vorbei”, versuchte Stuart den aufgeregten Freund zu beruhigen. „Wir reden dann über alles Weitere, okay?” * Frank Reynolds ließ sich in den Sessel fallen und steckte sich eine Chesterfield an. Das beruhigte ihn aber auch nicht wesentlich. „Was weißt du über die Sache, Phil?” fragte Frank ihn. „Ich muss sofort zum Flughafen. Kannst du mir helfen, damit ich mit den Verantwortlichen sprechen kann? Ich weiß, andere Leute haben auch Angehörige in der Maschine sitzen, aber ich kann nicht untätig hier herumsitzen und nichts tun. Mandy ist in Gefahr, und da schaue ich nicht zu...” „Ich bin nicht zuständig dafür, Frank”, erklärte Phil. „Wie du weißt, fällt Flugzeugentführung ins Ressort des FBI. Ich habe aber in der Zentrale mal angerufen und erfahren, dass Special Agent Miller den Fall dort leitet. Vielleicht kennst du ihn noch von früher her. In der Vergangenheit hatten wir mal mit ihm zu tun.” „Selbstverständlich erinnere ich mich”, gab Frank zurück. „Phil, kannst du mich da einschleusen? Ich muss unbedingt mit Miller reden. Wenn du als offizieller Vertreter der Polizei mit dabei bist, dann werden die mich anhören.” „Du überschätzt meine Beziehungen, Frank”, entgegnete Stuart. „Aber sprechen können wir mit den Typen vom FBI. Fahren wir gleich los?” „Genau darum wollte ich dich bitten”, erwiderte Frank. „Jede Sekunde muss man damit rechnen, dass diese verrückten Typen einige von den Passagieren umbringen, und ich habe große Angst, dass Mandy etwas zustößt.” * In der Abflughalle des Kennedy Airport 10
dabei war, fünf Männern in korrekten Anzügen den Grund seines Besuches zu erklären.
Frank und Phil warteten ab, bis der Mann seine Meldung gemacht hatte. Dann legte er auf und wandte sich den beiden Männern zu. „Okay, Sie können passieren”, sagte er knapp. „Das Büro der Flughafenleitung befindet sich im zweiten Stock am Ende des Ganges. Special Agent Miller erwartet Sie.” Frank bedankte sich bei dem Polizisten und ging voran. Jetzt war er es, der es eilig hatte. Nur wenige Minuten vergingen, bis sie mit dem Fahrstuhl die entsprechende Etage erreicht hatten. Kurz darauf standen sie vor der Bürotür des Flughafendirektors. Die Tür öffnete sich, und ein hagerer Mann in seriöser Kleidung trat ihnen entgegen. Er erkannte Phil und Frank sofort. „Nanu, Sie haben Frank Reynolds mitgebracht, Captain”, sagte er. „Seit wann beschäftigt sich ein Privatdetektiv mit Flugzeugentführung?” „Hören Sie zu, Miller”, begann jetzt Frank. „Meine Mitarbeiterin Mandy Torrance sitzt da draußen in diesem Flugzeug, das von irgendwelchen Verrückten daran gehindert wird, zu starten, und ich möchte mit einigen verantwortlichen Leuten sprechen, wenn das möglich ist.” Miller zog die Brauen hoch. Der äußerlich kühl wirkende Mann gab sich neutral. „Reynolds, es sind auch noch andere Leute betroffen - nicht nur Sie”, erwiderte er. „Das FBI wird sich schon um diese Sache kümmern. Sie brauchen sich da gar keine Sorgen zu machen. Wenn Sie der Grund sind, weswegen Captain Stuart hierher gekommen ist, dann sollten Sie beide am besten wieder gehen. Das FBI lässt sich nicht gerne in die Karten sehen.” „Miller, es ist mir egal, was das FBI dazu zu sagen hat”, erwiderte Frank und schob sich an dem Mann im dunklen Anzug vorbei. Ehe der FBI-Agent etwas unternehmen konnte, hatte Frank schon das Büro der Flughafenleitung betreten. Miller blickte ihm kopfschüttelnd nach und warf Stuart einen zornigen Blick zu. Doch der Captain zuckte nur mit den Achseln. Phil kannte Frank zur Genüge und wusste, wozu der Freund imstande war, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Er folgte Miller in das große Büro, wo Frank gerade
* In den hinteren Sitzreihen fing ein Kind an, leise zu weinen. Es war noch zu klein, um die Tragik der ganzen Ereignisse richtig zu verstehen. Aber es spürte, dass etwas nicht in Ordnung war, und das machte es ängstlich. Die junge Mutter versuchte verzweifelt, das weinende Kind zu beruhigen. Dick Cummings spähte in die hinteren Sitzreihen, und seine Augen versprühten Blitze. Zum Glück hörte das Kind mit dem Weinen auf, bevor Cummings etwas sagen konnte. Währenddessen hatte das Flugpersonal begonnen, den Passagieren Getränke zu servieren. Aber die Angst vor einem schrecklichen Tod schnürte den meisten die Kehle zu. Cummings drehte sich um, als er hinter sich die Stimme seines Freundes Brett Halsey vernahm. „Alles klar bei dir?” rief er ihm vom Cockpit aus zu. Cummings nickte. „Ich habe alles unter Kontrolle”, antwortete er. „Die sind alle mucksmäuschenstill, weil sie wissen, was ihnen blüht. Keine Sorge, Brett. Die Sache geht klar.” Mandy Torrance schien den ersten Schock überwunden zu haben. Die blonde Frau war jetzt innerlich gefasst, trotzdem blieb ein Gefühl der Ungewissheit. Clyde Harnahan, der Bankbeauftragte, nahm einen kurzen Schluck von dem heißen Kaffee, den ihm eine der Stewardessen gebracht hatte, aber er schmeckte ihm nicht so richtig. „Sie sind doch nur zu zweit”, hörte Mandy plötzlich eine Stimme hinter sich. „Wenn wir einen von ihnen überwältigen, dann gibt der andere vielleicht auf.” Mandy wandte den Kopf und blickte in die Gesichter von zwei jungen Burschen in Jeans und T-Shirts. Ende Zwanzig vielleicht. Der eine von beiden stieß einen leisen Fluch aus und nickte heftig, als sein Freund ihm seinen Vorschlag unterbreitete. 11
er die Tür vom Cockpit auf. „Verdammt noch mal, kannst du die Leute denn nicht unter Kontrolle halten, Dick?” fuhr er den Freund an. „Ich spreche gerade mit der Flughafenleitung.” „Da hat einer Dummheiten machen wollen, Brett”, gab Cummings zurück. „Ich musste schießen, sonst hätte der mich gekriegt.” Halsey sagte nichts, sondern warf einen kurzen Blick auf den verwundeten Passagier, dessen Stöhnen jetzt leiser geworden war. Cummings hatte gut getroffen, darin bestand kein Zweifel. „Mister, ich bin Arzt!” erklang plötzlich die Stimme eines glatzköpfigen Mannes aus den vorderen Sitzreihen. „Ich muss nach dem Verwundeten sehen, das ist meine Pflicht.” Cummings wollte zuerst eine heftige Erwiderung vom Stapel lassen, aber Halsey beruhigte den Freund. An Cummings’ Stelle gab er die Antwort. „Kümmern Sie sich um den Verletzten, Doc!” forderte er den Arzt auf. „Und sagen Sie doch gleich diesen Idioten, dass es das nächste Mal aber ganz bestimmt einen Toten gibt, klar?” Der Arzt nickte stumm und stand auf. Er ignorierte die Waffe, die auf ihn gerichtet war, und beugte sich sofort über den angeschossenen Mann. Für Sekunden herrschte Stille in der Kabine. „Er hat einen Bauchschuss abgekriegt”, stellte der Doktor nach kurzer Untersuchung fest. „Der Mann muss sofort in ein Hospital und...” „Schnauze, Doc!” unterbrach ihn Cummings rau. „Hier verlässt kein Mensch das Flugzeug. Wenn Sie was für diesen Dummkopf tun wollen, dann verbinden Sie ihn - sonst läuft nichts.” „Sie können diesen Mann doch nicht einfach sterben lassen”, protestierte der Arzt. „Sind Sie denn ein Ungeheuer ohne Gefühle? Wenn der Verletzte in den nächsten Stunden nicht operiert wird, dann stirbt er.” „Das war sein Risiko, Doc”, entgegnete Halsey, bevor er zum Cockpit zurückging. „Das hier ist kein Spiel, Ladies und Gentlemen - sondern blutiger Ernst. Wir lassen uns von keinem dazwischenfunken, egal, was passiert! Dick, sorge dafür, dass es
„Ich versuch ihn abzulenken, Vince”, sagte er, und bevor Mandy ihn warnen konnte, war er auch schon aufgesprungen und stand im Gang. Cummings richtete sofort den Lauf der Waffe auf ihn. „Bleib sitzen, Mann, oder hast du nicht kapiert, was ich gesagt habe?” „Ich hab ‘nen Druck auf der Blase, Mister”, gab der andere zurück. „Ich muss mal pinkeln, verstehen Sie? Kann ich gehen?” Für einen winzigen Augenblick schien Cummings nachzudenken, doch dann willigte er ein. „Okay, du kannst gehen. Aber lass dir ja nicht irgendwelche Dummheiten einfallen. Ich habe dir schneller ‘ne Ladung heißes Blei verpasst, als dir lieb ist.” Der Mann in den verwaschenen Jeans sagte nichts, sondern schritt durch den Mittelgang. Cummings verfolgte jede seiner Bewegungen mit der Waffe. Als er sicher war, dass der Bursche wirklich nur die Toilette aufsuchen wollte, ließ seine Aufmerksamkeit für einen Augenblick nach. Das war der Moment, in dem der andere herumwirbelte und sich auf den Gangster stürzte. Er hob die rechte Hand, um Cummings einen deftigen Hieb zu versetzen. Allerdings hatte er nicht mit der guten Reaktion des Gangsters gerechnet. Instinktiv riss Cummings den Revolver hoch und drückte ab. Der Schuss bellte hart und trocken auf. Der Mann stöhnte laut auf und brach zusammen. Entsetzensschreie waren zu hören, als die Passagiere mit ansehen mussten, wie ein tapferer Mann einfach niedergeschossen wurde. Lähmendes Entsetzen breitete sich unter den Menschen aus. Eine Frau wurde plötzlich von einem heftigen Weinkrampf gepackt, und der Mann, der neben ihr saß, hatte alle Mühe, sie zu beruhigen. „Ihr verdammten Idioten!” brüllte Cummings aufgebracht. „Es muss wohl erst einer dran glauben, bevor ihr kapiert, dass wir am längeren Hebel sitzen? Der Bursche da hat sein Fett weg. Will noch einer den Helden spielen?” Niemand antwortete. Zu groß war der plötzliche Schock darüber, dass die Gangster zu allem entschlossen waren. Brett Halsey hatte den Schuss ebenfalls gehört. Wieder riss 12
Privatdetektive von New York, und wenn er sich hier einschaltet, dann gibt es auch noch Hoffnung. Man nennt ihn nicht umsonst Mister Bronx.” „Den Namen kenne ich”, sagte Harnahan leise, um zu vermeiden, dass der Gangster etwas von der Unterhaltung mitbekam. „So, das ist also Ihr Chef. Aber Miss Torrance, der Mann ist doch nur Privatdetektiv. Die Sache liegt doch in den Händen des FBI und...” „Haben Sie Geduld, Mr. Harnahan”, unterbrach ihn die Blondine. „Ich kenne Frank Reynolds schon seit einiger Zeit und weiß, wozu er in der Lage ist, wenn es um brenzlige Dinge geht.”
hier kein Durcheinander mehr gibt. Ich setze mich jetzt wieder mit dem Tower in Verbindung. Die müssen doch was unternommen haben.” Cummings nickte und sah den glatzköpfigen Arzt an. „Schaffen Sie diesen Halbtoten beiseite, Doc!” zischte er. „Sonst verpasse ich ihm noch ein Stück Blei.” Der Arzt wurde bleich. Seine Blicke huschten durch die Kabine und blieben an der Gestalt des Freundes des Verletzten haften. „Bitte helfen Sie mir!” forderte er ihn auf und fragte eine der Stewardessen nach einer Liegemöglichkeit für den Angeschossenen. Zu zweit brachten sie den Mann dann nach oben in die First Class, wo man ihn quer auf zwei Sitze legte. Von all dem bekam der Verletzte nichts mehr mit, denn schon längst hatte ihn die Bewusstlosigkeit ins Reich der Träume geschickt. „Haben Sie das gesehen?” flüsterte Harnahan und schaute Mandy mit entsetzten Augen an. „Das sind ja die reinsten Killermethoden. Mein Gott, das FBI muss doch bald etwas unternehmen ...” „Was sollen die denn tun?” fragte Mandy und zuckte mit den Achseln. „Denen sind doch auch die Hände gebunden. Die können doch kein Menschenleben gefährden. Wenn die Maschine gestürmt wird, dann gibt es hier ein einziges Blutbad. Wollen Sie das, Mr. Harnahan?” „Natürlich nicht”, erwiderte der Bankbeauftragte. „Aber der Gedanke, dass wir hier gefangen sind und vielleicht alle sterben müssen, macht mich wahnsinnig. Was wollen die Gangster denn überhaupt? Wir sind noch gar nicht gestartet. Was soll das denn alles?” „Ich weiß genauso viel wie Sie, Mr. Harnahan”, sagte Mandy. „Nämlich überhaupt nichts. Das einzige, was ich weiß, ist, dass mein Chef irgendetwas unternehmen wird und...” „Was kann denn Ihr Chef da Großartiges tun? Schließlich wird das wohl nicht gerade der Präsident der Vereinigten Staaten sein, oder?” „Das ist er ganz gewiss nicht, Sir. Aber Frank Reynolds ist einer der bekanntesten
* Martin Heyward blickte überrascht von seinem Schreibtisch auf, als er den Fremden sein Büro betreten sah. Die Mitglieder des Sicherheitsausschusses warfen Frank misstrauische Blicke zu. „Miller, wer, zum Teufel, ist dieser Mann, und weshalb haben Sie ihn hereingelassen?” schnauzte er den FBI-Agenten an. „Wenn der Mann von der Presse ist, dann schicken Sie ihn um Himmels willen wieder weg. Für Zeitungsfritzen haben wir nun wirklich keine Zeit!” „Da muss ich Sie leider enttäuschen, Mister”, entgegnete Frank und stellte sich selbst sowie Phil den Anwesenden vor. Der Flughafendirektor sah ihn erst dann ganz genau an, als Frank ihm erzählte, dass Mandy sich in der Maschine befand. „Mr. Reynolds, ich verstehe Ihr Problem”, sagte Heyward dann. „Aber was soll ich tun? Diese Flugzeuggangster müssen unschädlich gemacht werden, und das auf dem schnellsten Wege. Die Forderungen, die die Burschen stellen, sind einfach lächerlich. Damit kommen die nie durch.” „Dann setzen Sie aber das Leben sämtlicher Geiseln aufs Spiel, Sir!” unterbrach Phil ihn. „Dem FBI sind im Moment die Hände gebunden, und das wissen auch Sie.” „Genau, Phil.” Frank blickte den Flughafendirektor und dessen Mitarbeiter an. „Gentlemen, Sie können die Maschine von 13
Frank hielt für einen Augenblick inne. Zu seiner eigenen Befriedigung konnte er feststellen, dass seine Worte offensichtlich Wirkung erzielten, denn die Männer schienen nachzudenken, und das war ein gutes Zeichen. „Ich habe mir etwas ausgedacht”, fuhr Frank dann fort. „Keiner weiß, ob es wirklich funktioniert, aber ich finde, wir sollten es riskieren. Trevor Davis sitzt im Staatsgefängnis von New Jersey. Das Wichtigste wäre, keine Information ins Gefängnis durchsickern zu lassen, wie die Forderungen der Gangster lauten und...” „Auch im Gefängnis hört man Radio, Frank”, meldete sich Phil zu Wort, der auch gewisse Bedenken hatte. Trotzdem vertraute er dem Freund. „Okay, Phil”, sagte Mister Bronx. „Aber um die Forderungen dieser Banditen in die Tat umzusetzen - dazu müssen erst einmal einige Hebel bewegt werden, und das dauert erfahrungsgemäß immer länger. In der Zwischenzeit, könnte Davis einen weiteren Häftling in die Zelle bekommen. Es müsste aber ein Bursche sein, der einiges auf dem Kerbholz hat. Wenn Davis freigelassen wird, dann müsste dieser schwere Junge ebenfalls mit von der Partie sein...” „Sie machen Witze, Reynolds!” rief Heyward erregt. „Wie soll das denn ablaufen? Davis wird doch merken, dass da was faul an der Sache ist.” „Nicht, wenn wir es geschickt anstellen. Alle müssen mitspielen, sonst geht es nicht. Selbst die Wärter müssen davon überzeugt sein, dass ich ein gefährlicher Krimineller bin. Miller, ihr Kerle vom FBI kriegt doch sonst alles hin. Glauben Sie, dass meine Idee funktionieren könnte?” Der Spezialagent überlegte einen winzigen Moment lang, dann sah er Frank an. „Theoretisch ja, Reynolds. Aber wie wollen Sie Davis klarmachen, dass er Sie unbedingt mitnehmen muss? Nur weil Sie zufällig dieselbe Zelle teilen - das reicht ganz gewiss nicht aus.” „Miller, ich kenne diese Burschen”, antwortete Frank. „Denen muss man nur den Mund wässrig machen, und dann beißen sie auch an. Natürlich gehe ich davon aus, dass
allen Seiten umstellen und bewachen lassen das alles ändert nichts an der Situation. An Bord befinden sich eine Menge Geiseln und ausschließlich um die geht es. Wenn Sie das Flugzeug stürmen lassen, drehen die Burschen durch.” „Was schlagen Sie Neunmalkluger denn vor?” fragte Miller, der sich ein wenig in den Hintergrund gedrängt fühlte. „Sie haben doch wohl schon erfahren, was diese Kriminellen verlangen.” „Ich hab’s im Radio gehört, ja! Es geht um diesen Burschen namens Trevor Davis. Ja, ist denn dieser Kerl so viel wert, dass deswegen einige hundert Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden? Ich denke nicht...” „Trevor Davis ist einer der meistgesuchten Verbrecher in den Staaten, Reynolds”, versuchte Miller ihn aufzuklären. „Wir sind heilfroh, dass er hinter Schloss und Riegel sitzt. Die beiden Flugzeugpiraten sind seine ehemaligen Komplizen, Brett Halsey und Dick Cummings, soviel wissen wir bereits schon. Was glauben Sie, was passiert, wenn dieses Trio wieder zusammenkommt?” „Ihr Argument gefällt mir nicht, Miller”, erwiderte Frank. „Und deswegen schlage ich Ihnen einen Plan vor. Moment, Gentlemen. Bevor Sie etwas sagen, sollten Sie ihn sich doch wenigstens anhören. Vielleicht ist es eine Chance für uns alle, dieses Drama unblutig zu beenden.” „In Gottes Namen, sprechen Sie, Reynolds”, forderte ihn der Flughafendirektor auf. „Ich habe schon von Ihnen in den Zeitungen gelesen, und einiges, von dem. Was ich gehört habe, imponiert mir zweifelsohne. Also los, reden Sie!” „Danke, Mr. Heyward”, sagte Frank und warf Miller einen triumphierenden Blick zu. „Also, ich stelle mir die Sache so vor: Es geht darum, dass Trevor Davis freikommt. Und ganz bestimmt werden die Gangster das Flugzeug trotzdem entführen, wenn Davis erst an Bord ist. Denn hier kommen die nicht mehr heraus, und das wissen die auch. Also, sobald sie ihren Kumpan bei sich haben, wird die Maschine vermutlich starten. Wohin, ist ungewiss, aber die Passagiere wird man nach wie vor als Geiseln behalten. Was wollen Sie dagegen unternehmen?” 14
nicht, dass es ein Blutbad gibt. Wenn was passiert, dann sind wir die Schuldigen.” Der Flughafendirektor nickte. Seine Blicke schweiften über die Männer des Krisenstabes, und alle warteten auf seine Entscheidung. Er richtete das Wort an den FBI-Agenten. „Miller, Mr. Reynolds Plan erscheint mir zwar gewagt, doch es wäre eine Möglichkeit”, sagte er. „Sind Sie und Ihre Kollegen damit einverstanden, dass wir diesen Plan in die Tat umsetzen?” Man sah dem FBI-Agenten zwar an, dass er nicht gerade begeistert von Heywards Entscheidung war, doch er willigte ein. „Einverstanden. Reynolds, Sie bekommen unsere Unterstützung. Wir werden Sie in Kürze ins Staatsgefängnis von New Jersey fliegen lassen. Ich fordere einen Hubschrauber an. Aber eines sage ich Ihnen. Wenn Ihr Plan fehlschlägt, dann tragen Sie die Verantwortung - und nicht das FBI, verstanden?” „Geht in Ordnung, Miller”, erwiderte Frank, dem ein Stein vom Herzen gefallen war, als er Heywards Zustimmung vernommen hatte. Die erste Hürde war genommen, jetzt begann die zweite Stufe seines tollkühnen Plans.
die anschließend die Maschine entführen. Nach Südamerika, nach Kuba oder Gott weiß wohin. Hauptsache ist, dass ich denen glaubhaft machen kann, dass ich mich in dem jeweiligen Land gut auskenne. Und wenn das nicht reicht, dann habe ich eben die Pläne für einen groß angelegten Bankraub in Managua oder Caracas im Kopf. Bluffen muss man die.” „Das ist aber ein ganz schönes Pokerspiel, Mr. Reynolds”, warf Heyward ein, und auch der Sicherheitsstab hatte seine Bedenken. „Was ist denn, wenn Ihr Plan nicht funktioniert?” Frank wollte dazu gerade etwas sagen, als die Bürotür aufgerissen wurde und einer von Millers Agenten den Raum betrat. Er ging auf Miller zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der FBI-Mann wurde bleich. „Es ist eine verschärfte Situation eingetreten, Gentlemen”, sagte er mit leiser Stimme. „Soeben wurde uns gemeldet, dass es an Bord der Maschine einen Verletzten gibt. Der Mann soll angeschossen worden sein.” „Da sehen Sie was gespielt wird, Mr. Heyward!” meldete sich Frank nochmals zu Wort. „Mit den Gangstern an Bord kann man nicht verhandeln. Die machen Ernst, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen. Und deswegen müssen wir schnellstens handeln.” „Frank Reynolds hat recht, Gentlemen”, erklärte Captain Stuart, um dem Freund die notwendige Rückendeckung zu geben. „Dem FBI sind im Moment die Hände gebunden, das merken Sie doch wohl selbst. Einen Verletzten hat es schon gegeben. Wie lange wollen Sie noch warten? Bis es die ersten Toten an Bord gibt?” Betretenes Schweigen herrschte im Büro des Flughafendirektors. Heyward dachte über Franks Vorschlag nach und zerbrach sich auch den Kopf über die verschärfte Situation, die nun eingetreten war. „Warner, was halten Sie von der Sache?” fragte er seinen Sicherheitschef und dessen Mitarbeiter. „Was sollen wir tun? Mit einer Spezialeinheit des FBI die Maschine stürmen oder auf Reynolds Vorschlag eingehen?” „Es sind zu viele Passagiere an Bord, Mr. Heyward”, antwortete Warner leise. „Ich will
* Der Verletzte stöhnte. Seine Augen waren weit aufgerissen vor Schmerz, und feine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Eine der Stewardessen und der Arzt kümmerten sich um den Mann, doch es war unumstritten, dass sie im Grunde genommen nur das Notwendigste für ihn tun konnten. „Er muss in ein Hospital, Mister”, wandte sich der Arzt noch einmal an den hageren Cummings. „Ich kann hier nichts mehr für ihn tun. Wenn er nicht bald Hilfe bekommt, stirbt er mir unter den Händen weg.” Brett Halsey, der sich nun ebenfalls in den Reihen der Passagiere aufhielt, nachdem er die Cockpitbesatzung mit der Waffe in der Hand vor sich hergetrieben hatte, warf dem Kumpan einen kurzen Blick zu. Als Cummings nur ein kurzes Schulterzucken übrig hatte, traf er seine Entscheidung. 15
„Okay, wir lassen ihn abtransportieren, Mister”, erklärte er. „Wir sind keine Unmenschen. Los, Captain, wir beide gehen zurück ins Cockpit. Setzen Sie sich mit dem Tower in Verbindung. Die sollen jemanden schicken, der den Mann von hier wegholt. Dick, pass auf die restlichen Passagiere auf. Wenn einer noch mal eine Dummheit macht, dann zielst du genauer, klar?” Cummings nickte. De? Lauf seiner Waffe war wieder auf die Stewardess gerichtet, die er in seiner unmittelbaren Nähe hielt. Niemand würde es wagen, etwas gegen ihn zu unternehmen, sonst war die Frau die nächste, die über die Klinge springen musste. Und das wussten die Besatzungsmitglieder sowie sämtliche Passagiere. Sie verhielten sich ruhig und warteten ab. Hollmann, der Kopilot, sah, wie es um die Stewardess bestellt war. Er lächelte ihr kurz zu und versuchte sie aufzumuntern, was ihm jedoch nicht gelang. Ines war leichenblass, denn der Lauf von Cummings Waffe zielte nach wie vor auf ihre Schläfe. Der Gangster brauchte nur abzudrücken, und es war aus und vorbei. Die Minuten schleppten sich dahin, bis Halsey und Kapitän Jensen wieder auftauchten. Der Deutsche blickte sämtliche Passagiere an, bevor er das Wort an sie richtete. „Ich habe soeben mit dem Tower gesprochen, Ladies und Gentlemen. Der Verletzte wird abtransportiert. Die Forderungen dieser Männer hier sollen ebenfalls erfüllt werden, hat man mir mitgeteilt. Bitte bleiben Sie ruhig und unternehmen Sie nichts, was die Situation hier verschärfen könnte. Ich bin zuversichtlich, dass die ganze Sache für Sie bald ausgestanden ist.” „Schön gesprochen, Captain.” Halsey lachte höhnisch, als Jensen seine Rede beendet hatte. „Und jetzt setzt euch alle brav auf eure Plätze und wartet ab. Wenn alles gut geht, ist es in wenigen Stunden vorbei.” Mandy Torrance hatte die ganze Zeit über geschwiegen. Sie spähte aus dem kleinen Fenster hinaus auf den Flughafen, dessen Lichtermeer sich auf den Tragflächen der Boeing 747 widerspiegelte. Es ging nun 16
schon auf Mitternacht zu, und die Maschine stand immer noch am Rande der Startbahn. Wann ging denn endlich dieser Höllenspuk zu Ende? Harnahan schaute ebenfalls hinaus, hinüber zum großen Terminal, das hell erleuchtet war. Ahnten die .Menschen dort draußen etwas von der tödlichen Lage, in der sie sich alle befanden? Was unternahm die Flughafenleitung? Gedanken, die vorbeihuschten, aber keine Hoffnung brachten. Dann sah Mandy das Blaulicht und den Krankenwagen, der sich in rascher Fahrt der Startbahn näherte. Die Passagiere stellten nun auch fest, dass Hilfe unterwegs war, auch wenn sie nur dem Verletzten an Bord galt. „Okay, dann wollen wir mal!” richtete Halsey das Wort an den Purser und den Kopiloten. „Ihr beide macht die Tür auf. Aber keine Dummheiten, verstanden?” Gleichzeitig riss Cummings Ines hoch und legte ihr einen Arm um den Hals. Halsey grinste. Der Freund wollte auf Nummer Sicher gehen, und das war gut so. Der Purser sah, wie sehr seine Kollegin litt, und ihm lag eine heftige Erwiderung auf der Zunge, aber Hollmann legte ihm die Hand auf die Schulter. „Sag lieber gar nichts, Dirk. Denk an Ines. Wir müssen alles tun, damit die Burschen nicht durchdrehen.” Der Purser nickte und senkte den Kopf. „Geht schon in Ordnung, Axel”, sagte er mit leiser Stimme. „Komm, machen wir die Tür auf.” Der Purser und der Kopilot näherten sich einem der vorderen Ausgänge, vor denen der Krankenwagen angehalten hatte. Eine fahrbare Treppe wurde herbeitransportiert. Halsey starrte mit verbissener Miene hinaus auf die Startbahn. Seine Augen suchten nach irgendetwas Verdächtigem, fanden aber nichts, was ihn beunruhigte. „Aufmachen!” sagte er dann zu Hollmann. „Aber schön langsam. Du gehst als erster raus”, sagte er zu dem Kopiloten. „Mach den Burschen da draußen klar, dass sie sich ruhig verhalten sollen. Wir schießen sofort.” Hollmann nickte und ging hinaus ins Freie. Er sah den Krankenwagen und die Gesichter
durchzudrehen, und schon war es um die Passagiere geschehen. „Machen Sie doch nicht so ein griesgrämiges Gesicht, Miller”, versuchte Frank den FBI-Agenten aufzumuntern. „Ich kann mir ja vorstellen, dass Sie Bedenken an der ganzen Sache haben. Aber es bleibt Ihnen doch nichts anderes übrig, oder?” „Frank hat Recht, Miller”, meinte Phil. „Vergessen Sie nicht, dieser Mann hat schon etliche Male die heißen Kastanien aus dem Feuer geholt. Ich erinnere mich da an einen Fall, wo das FBI auch...” „Schon gut!” unterbrach der Special Agent den Polizeibeamten. „Ich gebe mich geschlagen. Ich sehe es eben nicht gerne, wenn sich ein Zivilist in unsere Belange mischt, das ist alles. Aber m diesem Fall wird das wohl in Ordnung gehen. Wie weit noch bis New Jersey, Redford?” fragte er dann den Piloten. „Zehn Minuten, Mr. Miller”, gab dieser zurück und widmete sich dann wieder ganz seinen Instrumenten. Frank sah aus dem Fenster. Das nächtliche Lichtermeer der Großstadt New York lag schon längst hinter ihnen. Sie flogen geradewegs auf New Jersey zu, und das helle Schimmern am Horizont kündete an, dass sie ihr Ziel bald erreicht hatten. „Wie geht das jetzt weiter, wenn wir am Ziel sind. Miller?” erkundigte sich Frank. „Sie haben auf dem Airport doch mit etlichen Leuten telefoniert. Ich meine, es könnte nicht schaden, wenn ich auch einmal informiert werde. Schließlich bin ich es ja, der die Hölle mit einem Eimer Wasser angreift.” „Ich habe Ihre Ironie überhört, Reynolds”, erwiderte der FBI-Agent, „Aber ich werde Sie aufklären. Auf dem Militärstützpunkt wertet bereits Sheriff Evans auf uns. Von dort aus geht es mit einem Spezialtransport der State Police direkt ins Gefängnis. Sheriff Evans wird Ihnen während der Fahrt weitere Einzelheiten nennen. Hauptsache ist, dass Sie mit Trevor Davis zusammenkommen, Dass Sie beide in eine Zelle kommen, dafür ist schon gesorgt. Sie haben genau bis morgen Abend Zeit, um mit diesem Burschen warm zu werden, dann erfolgt die Freilassung, klar?”
der weiß gekleideten Männer, die ihm fragende Blicke zuwarfen. Der Kopilot winkte die beiden Krankenpfleger herauf. Sie kamen mit einer Trage. „Bitte seien Sie vorsichtig”, warnte er die Männer. „Die Gangster schießen sofort. Wenn Scharfschützen in der Nähe sein sollten - es wäre unser Tod.” „Wir sind allein, Mister”, antwortete einer der Krankenpfleger. „Machen Sie sich keine Sorgen. Wir holen den Verletzten ab und verschwinden wieder.” Dann drängte er sich an dem Kopiloten vorbei. Die Männer erkannten sofort die bedrohliche Situation. Sie machten nicht viele Worte, sondern setzten die Trage unmittelbar neben dem Verletzten ab. Dabei bemühten sie sich krampfhaft, nicht auf die Waffen der Gangster und deren entschlossene Gesichter zu schauen. Sie hoben den Mann vorsichtig hoch und legten ihn auf die Trage. Dann wurde er abtransportiert. Halsey sah vom Fenster aus, wie der Krankenwagen mit heulender Sirene zurückfuhr. Wahrscheinlich brachte man den Verletzten nun in die Airportklinik. Dieses Problem war somit gelöst, und die Passagiere waren beruhigt. „Okay”, sagte er und wandte sich an Kapitän Jensen. „Wir beide gehen wieder ins Cockpit zurück. Sie rufen mal den Tower an, Mann. Drei Stunden sind schon vorbei. Ich will endlich wissen, ob unsere Forderungen erfüllt werden. Nun vorwärts, Mister, sonst hält das nächste Mal hier draußen ein Leichenwagen.” * Der Hubschrauber verließ den J. F. Kennedy Airport pünktlich gegen Mitternacht. An Bord waren Frank Reynolds, Phil Stuart, Miller und der Pilot, den die Navy dafür speziell zur Verfügung gestellt hatte. Sie hielten Kurs auf das Staatsgefängnis von New Jersey. Es war alles in allem ein Flug von einer halben Stunde. Aber hier zählte jede Minute, denn niemand wusste, was diese Gangster an Bord noch anstellten. Es brauchte nur einer von denen 17
nicht auszuschließen, dass da Leute sitzen, die es Frank zu verdanken haben, dass sie gesiebte Luft atmen dürfen und...” „Darum haben wir uns schon gekümmert, Captain”, unterbrach ihn der FBI-Agent „Wir haben schon mit der Gefängnisleitung darüber gesprochen. Zurzeit sitzt nur ein solcher Mann dort ein, und der wird gerade verlegt. Wollen Sie sonst noch was wissen?” Phil schüttelte den Kopf. Millers Worte hatten ihn etwas beruhigt. Wortlos sah er zu, wie sich der Hubschrauber wieder in den nächtlichen Himmel erhob und Kurs auf New York nahm. Am Horizont erschien die Morgendämmerung.
Frank nickte. „Können Sie denn die Burschen im Flugzeug so lange hinhalten, Miller?” Er war in Sorge um Mandy, das sah man ihm deutlich an. „Nicht, dass diese Schweinehunde durchdrehen und zu schießen anfangen! Sie müssen sich schon was einfallen lassen, um die bei guter Laune zu halten.” „Das FBI existiert schon einige Jahre”, belehrte Miller ihn. „Ganz so unfähig, wie Sie uns hinstellen, Reynolds, sind wir nun auch nicht. Sie sollten sich lieber auf Ihre Arbeit konzentrieren. Der Rest ist unsere Sache, haben Sie das verstanden?” Für Miller war das Gespräch damit beendet, und Frank hoffte, dass der Agent sein Wort hielt. Er durfte sich einfach keine Sorgen machen, sonst ging vielleicht der ganze Plan schief. „Da vorn ist unser Ziel!” meldete sich der Pilot zu Wort und zeigte mit der rechten Hand nach Norden. Die Männer folgten seinem Fingerzeig und erkannten nun schon die beleuchtete Landebahn des Militärflughafens. Augenblicke später setzte der Hubschrauber zur Landung an. Sanft setzte die Maschine auf dem Erdboden auf. „Da drüben kommt Sheriff Evans mit seinen Leuten”, erklärte Miller dem Privatdetektiv. „Er regelt den Rest. Kommen Sie, ich stelle Sie kurz vor.” Phil Stuart sah zu, wie der Freund ausstieg und Miller auf den Sheriff zuging. Der Captain der Mordkommission hatte gemischte Gefühle, als Frank ihm anschließend noch einmal kurz zuwinkte, bevor er Sheriff Evans und seinen Leuten hinüber ins Verwaltungsgebäude folgte. Unterdessen stieg Miller wieder in den Hubschrauber ein und gab dem Piloten das Zeichen zum Start. Stuart warf er ein kurzes Grinsen zu. „Sie sehen so bleich aus, Stuart”, sagte er. „Haben Sie irgendwas?” Phil schüttelte den Kopf. „Ich mache mir nur einige Gedanken, Miller. Das Staatsgefängnis von New Jersey ist ein Ort, wo sich alle Arten von Kriminellen aufhalten. Sie wissen doch selbst, was da für Sitten herrschen. Was ist, wenn einer von den Burschen Frank Reynolds erkennt? Wäre ja
* Zwei Stunden später war Frank Reynolds auf dem Weg ins Staatsgefängnis. Kurz nach der Landung des Navy-Hubschraubers hatten sie ihn in ein Gebäude des Militärstützpunktes gebracht, wo Frank zunächst einmal die Kleidung wechselte. Schließlich wollte er das Gefängnis nicht im Anzug betreten, denn er musste auch äußerlich wie ein Krimineller wirken. Ein Spezialist des FBI, den Miller telefonisch angefordert hatte, wartete bereits auf ihn. Der Mann war Experte in Sachen optische Veränderung. Er brauchte etwas mehr als eine Stunde, um Franks Gesicht mit einigen Tricks zu verändern, und das ohne große Mühe. Als sich Frank anschließend im Spiegel betrachtete, musste er staunen. Der Bursche, der ihm da entgegen grinste, hatte nicht mehr viel mit Mister Bronx gemein. Der Spezialist hatte ihn fast zehn Jahre älter gemacht, denn Franks Gesicht hatte jetzt ein paar Falten mehr. Die Wangen wirkten etwas eingefallen, und die Schläfen waren grau. Die Kleidung, die er trug, war einfach, verfehlte aber ihre Wirkung nicht Eine schäbige Lederjacke, ein verrissenes Hemd und ausgebleichte Jeans. So würde er die Reise ins Staatsgefängnis antreten. Minuten später setzte sich dann der kleine Bus mit dem „Gefangenen” in Bewegung. Sheriff Evans und zwei Polizeibeamte waren 18
wenn die Wächter Sie ziemlich hart anfassen. Schließlich werden Sie als schwerer Krimineller dort eingeliefert, und als solchen wird man Sie natürlich auch behandeln. Sie müssen hart sein, wenn das alles so klappen soll, wie Sie es sich vorgestellt haben, Mister.” „Wird es auch, Sheriff”, erwiderte Frank und grinste ebenfalls. „Hauptsache, ich kann Davis davon überzeugen, dass ich so wichtig für ihn und seine Freunde sein könnte, dass er auf mich keinesfalls verzichten kann.” „Sie sehen so aus, als wenn Sie es schaffen könnten, Reynolds”, meinte Evans. „Sie haben das verrückte Etwas an sich. Na ja, es muss auch solche wie Sie geben. Trotzdem möchte ich für die nächsten Stunden nicht in Ihrer Haut stecken.” „Es ist wahrlich meine Haut, die ich aufs Spiel setze”, beendete Frank das Gespräch und entdeckte jetzt am Horizont die Lichterkette, die auf das Staatsgefängnis von New Jersey hinwies. Der Sheriff bemerkte Franks Blicke. „Sehen Sie sich das nur an, Reynolds”, sagte er. „Da drüben sind die elektrisch geladenen Zäune und die vielen Wachtposten. Wer einmal da drin ist, der kommt so schnell nicht mehr raus. Denken Sie dran - Sie haben nicht viel Zeit, um Ihren Plan in die Tat umzusetzen. Vergessen Sie das nicht.” „Ich denke die ganze Zeit dran, Sheriff”, versicherte Frank. „Irgendwie wird das schon klappen.” Dann schwieg er und sah sich die Gefängnismauern an, an denen der Polizeiwagen vorbeifuhr. Das Staatsgefängnis war ein wuchtiger Bau mit dicken Mauern und etlichen Wachtürmen, auf denen Umformierte patrouillierten. Zusätzlich umgab noch ein Drahtzaun die weitere Umgebung des Gefängnisses, der mit einer Alarmanlage versehen war. Auch hier standen Wachtposten. Unwillkürlich wurde es Frank ein wenig unbehaglich zumute, denn in diesem Augenblick fühlte er sich wirklich wie ein Schwerverbrecher, den man lebenslang einbuchtete. „So, wir sind da!” riss ihn Sheriff Evans aus seinen Gedanken, als sich das Gefängnistor öffnete, und der Fahrer den
mit von der Partie. Der Polizeichef von New Jersey war ein Mann, der schon auf die Fünfzig zuging, korpulent und weißhaarig. Er machte eigentlich einen gemütlichen Eindruck, wenn da nicht der harte Ausdruck in seinen Augen gewesen wäre. „Bis jetzt verläuft alles nach Plan, Reynolds”, sagte Evans und warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. „In zwanzig Minuten haben wir das Gefängnis erreicht, und dann beginnt Ihr Spiel. Wirklich, ich habe noch nie einen getroffen, der freiwillig das Risiko eingeht. Wissen Sie, was die mit Ihnen machen, wenn das Spiel auffliegt, Reynolds? Ich habe Geschichten von Spitzeln gehört, die sich in ein Gefängnis eingeschmuggelt haben. Was von denen hinterher übrig geblieben ist, das konnte man in einem Wassereimer wegtragen...” „Sie schaffen es, mir mächtig viel Mut zu machen, Sheriff”, bemerkte Frank ironisch. „Ich habe schon mal gesagt, dass ich genau weiß, was ich tue. Nützen Sie lieber die Zeit und sagen Sie mir, wessen Rolle ich spiele.” Der Sheriff kramte in seiner Jackentasche herum und holte einen zerknitterten Zettel hervor. „Sie sind Quint Landers, geboren am 20.5.1964 in Chicago / Illinois. Verkorkste Jugend, anschließend zur Navy, dort unehrenhaft entlassen. Anschließend verurteilt wegen Autodiebstahls und zwei Jahre San Quentin wegen schwerer Körperverletzung. Nach Ihrer Freilassung haben Sie einige schwere Raubüberfälle durchgeführt. Von Banken über Geldtransporte war nichts vor Ihnen sicher. Hier, nehmen Sie den Zettel und prägen Sie sich das alles gut ein. Dann vernichten Sie ihn, klar?” Frank studierte eifrig die Unterlagen. Sie hatten einen ganz besonders schweren Jungen aus ihm gemacht. Das war ihm nur recht. Umso glaubwürdiger und interessanter war er für Trevor Davis, und das war es schließlich, was zählte. „Wer weiß alles Bescheid über die Sache, Sheriff?” wandte er sich dann an den korpulenten Gesetzeshüter. Evans grinste. „Nur der Gefängnisleiter, und den werden Sie nicht zu sehen bekommen. Wundem Sie sich also nicht, 19
„Wann?” brüllte die andere Stimme. „Gegen Mittag”, informierte Heyward. „Sie werden einsehen, dass wir heute Nacht nichts mehr unternehmen können. Warten Sie ab, bis es Mittag ist, und Ihr Freund wird bei Ihnen sein. Wir tun, was Sie von uns verlangen, Mister.” Der Gangster erwiderte nichts mehr, sondern brach abrupt den Funkkontakt ab. Heyward bemühte sich, eine Verbindung herzustellen, doch niemand antwortete. „Hoffentlich drehen diese Burschen nicht durch”, sagte Sicherheitschef Warner zu den Kollegen im Tower, die die Worte des Gangsters alle vernommen hatten. „Haben Sie schon gehört, wie weit Miller mit seinen Vorbereitungen ist, Mr. Heyward?” Der Flughafendirektor zuckte mit den Achseln. „Frank Reynolds müsste sich zur Stunde schon im Staatsgefängnis befinden, Warner”, erwiderte er. „Wie ‘s von da aus weitergeht, kann ich nicht sagen. Verdammt, hoffentlich schafft er es, mit Davis engen Kontakt zu bekommen, sonst ist die ganze Sache fehlgeschlagen.”
Wagen in den Innenhof lenkte. „Vergessen Sie nicht, Reynolds, hier in meinen Papieren steht, dass Sie Quint Landers heißen und so ziemlich das mieseste Schwein sind, das es gibt. Wenn die Burschen Sie ein wenig rau anfassen, dann liegt das nicht daran, weil die keine Privatdetektive mögen.” * „Mr. Heyward, da ist einer der beiden Gangster in der Leitung!” rief Sicherheitschef Warner leise. Flughafendirektor Heyward, der unterdessen den Tower nicht verlassen hatte, seit der verletzte Passagier aus der Maschine geholt worden war, eilte auf Warner zu und riss ihm das Mikrofon aus der Hand. „Heyward hier!” erwiderte er und konnte die Nervosität in seiner Stimme nicht zurückhalten. „Sprechen Sie!” „Hören Sie zu, Sie Bürohengst!” bellte eine unfreundliche Stimme am anderen Ende der Leitung. „Vor zwei Stunden haben wir euch Hundesöhnen eine Forderung gestellt. Wir verlangen die Freilassung unseres Freundes Trevor Davis. Wo steckt er, und warum hat man ihn noch nicht hergebracht?” Heyward warf Warner einen Hilfe suchenden Blick zu. Für einen winzigen Augenblick fehlten ihm die Worte, dann aber fasste er sich noch rechtzeitig und stammelte eine Entschuldigung ins Mikrofon. „Es hat da einige - organisatorische Verzögerungen gegeben und...” „Was für Verzögerungen?” brüllte der Gangster wütend. „Unsere Forderung war doch ganz klar, oder? Also, wann kommt Trevor Davis?” „Es gibt da einiges zu erledigen, Mister”, erwiderte Heyward und bemühte sich, ruhig zu bleiben, denn der Gangster wurde allmählich aggressiv. „Wir mussten erst den Gefängnisdirektor erreichen und den Polizeipräsidenten anrufen. Aber wir bemühen uns, das alles so schnell wie möglich hinter uns zu bringen. Bitte werden Sie nicht ungeduldig. Ich verspreche Ihnen, dass wir alles tun werden, um Ihre Forderung zu erfüllen. Trevor Davis wird freigelassen werden...”
* „Ich bringe einen neuen Gefangenen, Officer Duncan”, richtete Sheriff Evans das Wort an einen der uniformierten Wachposten, der sich dem Polizeifahrzeug näherte. „Hier haben Sie seine Papiere. Passen Sie gut auf ihn auf, er ist gefährlich!” Der Wachtposten schaute Frank von Kopf bis Fuß an und musterte mit Widerwillen dessen schäbige Kleidung. Sheriff Evans reichte ihm den Überstellungsbefehl, nickte ihm noch einmal kurz zu und stieg dann wieder in das Fahrzeug ein. Augenblicke später war Frank allein. „So, Quint Landers heißt du!” sagte Officer Duncan zu Frank, während er die Papiere studierte. „Hier drin steht, dass du einiges auf dem Kerbholz hast. Nun mach dir mal keine Sorgen! Ich hab schon etliche von deiner Sorte hier drin erlebt. Hinterher waren sie alle ganz klein und schön brav. Wenn du kapierst, wie der Hase hier läuft, dann werden wir 20
einer der Gefängniswärter aus einem Film, der seine Häftlinge am liebsten schlägt. Frank wollte es nicht darauf ankommen lassen, sondern tat, was man ihm sagte. Anschließend musste er seine Klamotten bei dem Schwindsüchtigen abgeben und eine Quittung unterschreiben. Dann ging es weiter in den Zellentrakt. Duncan stieß Frank unsanft voran, so dass ihm nicht viel Zeit blieb, Eindrücke über seine Umgebung zu sammeln. Er sah nur die langen düsteren Gänge und die Zellen zu beiden Seiten. Er hörte das Lärmen der Gefangenen, die den neuen Häftling sahen. Frank fühlte sich von Dutzenden von Augenpaaren beobachtet, aber das musste er eben durchstehen. „Bleib stehen, Landers!” herrschte ihn der Officer mit barscher Stimme an, als sie fast das Ende des Zellentraktes erreicht hatten. „Wir sind da.” Frank schaute auf eine verrostete Tür, während der Gefängnisbeamte den Schlüssel im Schloss herumdrehte. Die Tür öffnete sich mit einem quietschenden Geräusch, das Frank durch Mark und Bein ging. Schließlich war der Blick auf die Zelle frei, und Frank schaute in das stoppelbärtige Gesicht eines Burschen Mitte Vierzig, der ihn sofort taxierte. Trevor Davis, durchfuhr es Mister Bronx, denn er hatte den Mann sofort erkannt. Miller hatte ihm Fotos gezeigt, so dass Frank bestens Bescheid wusste. Nun hatte er die Zelle des Kumpans der Flugzeugentführer erreicht, und nun hieß es gute Miene zum bösen Spiel machen. „Du kriegst Besuch, Davis!” rief ihm Duncan zu. „Also benimm dich anständig. Ich will keine Klagen hören, hast du das kapiert?” Trevor Davis sagte erst überhaupt nichts. Er warf Frank einen Blick zu, der ganz deutlich sagte, was er von seinem neuen Zellengenossen hielt, nämlich gar nichts. „He, Officer, was soll das?” fauchte er dann, „Ich will hier in der Zelle meine Ruhe haben. Kannst du den Burschen nicht woanders einbuchten. he?” „Halt dein ungewaschenes Maul, Davis!” schnauzte ihn Duncan an. „Das hier ist Quint Landers aus Chicago. Ist genauso ein schweres Kaliber wie du auch. Der Gefängnisdirektor meinte, ihr beide würdet
beide keinen Ärger miteinander haben.” Frank nickte stumm. „Du sollst antworten, du mieser Bastard!” brüllte der Gefängnisbeamte. „Mensch, wenn ich dich was frage, dann will ich von dir ein Ja, Sir, oder Nein, Sir, hören. Hast du das verstanden, du Ratte?” „Ja, Sir!” knirschte Frank und versuchte sich seine Wut über Duncan nicht ansehen zu lassen. Er hatte sich auf ein riskantes Spiel eingelassen und musste die Suppe nun auch auslöffeln. „Scheint mir, als wenn du noch viel lernen musst, Landers”, brummte Officer Duncan und packte Frank am Oberarm. „Komm mit, ich bring’ dich in deine Zelle, wo du dir’s für die nächsten Jahre gemütlich machen kannst, Wirst nette Gesellschaft kriegen. Der Bursche, mit dem du die Zelle teilst, ist auch nicht besser als du.” Frank spitzte die Ohren, Er wusste zwar nicht, wie das FBI es angestellt hatte, dass er mit Davis in eine Zelle kam. Aber nur das Ergebnis war von Bedeutung und die Zeit, die davonlief. Wie mochte es Mandy gehen? Sicherlich stand sie in diesen Stunden Höllenängste aus. Der Gefängnisbeamte zerrte Frank mit sich. Sie gingen über den Hof zu dem Westflügel hinüber. Dieser Gefängnistrakt lag ein wenig abseits vom Rest und wurde besonders schwer bewacht. Frank sah einige uniformierte Beamte mit Maschinenpistolen in den Händen. Das war wohl der Trakt für Schwerverbrecher, in den man ihn brachte. Auf dem Weg zur Zelle musste Frank zahlreiche Gittertüren passieren. Doch zuvor brachte man ihn in die Kleiderkammer, wo ein schwindsüchtig aussehender Bursche ihn kurz von Kopf bis Fuß musterte und dann ins Regal hinter sich langte. Er warf Frank graue Anstaltskleidung zu, die dieser noch auffangen konnte, bevor die Klamotten zu Boden fielen, Frank hatte gerade noch Zeit, die Sachen unter den Arm zu nehmen, dann wurde er schon weiter gestoßen. Duncan herrschte Frank an. seine Kleider auszuziehen und in die Anstaltsklamotten zu schlüpfen. Der Detektiv beeilte sieh, den Wünschen des Uniformierten nachzukommen, denn Duncan sah aus wie 21
erwiderte Frank sofort, als er ahnte, dass Davis ihn aufs Glatteis führen wollte. „Der Bulle, der mich verhaftet hat, hieß Maynard. Wie kommst du auf Jackson?” Davis’ angespannte Züge glätteten sich. Frank wusste, dass es vorbei gewesen wäre, wenn er falsch reagiert hätte. Zum Glück waren die Unterlagen von Sheriff Evans vollständig gewesen, und Frank hatte sich jedes Detail gut eingeprägt und nicht vergessen, dass der Name des Sheriffs von Greensboro Maynard war. „Vergiss es”, erwiderte Davis. „Ich wollte dich nur mal kurz testen, ob du nicht ein verdammter Spitzel bist. Du bist okay, Landers. Willkommen im Knast von New Jersey!” Er streckte die schwielige Hand aus, und Frank schlug sofort ein. „Weshalb sitzt du denn eigentlich?” fragte Frank ihn, nachdem er eine der beiden Pritschen in Beschlag genommen hatte. „Der Bulle da draußen hat ein paar Andeutungen gemacht, aber nichts Genaues gesagt.” „Das gleiche wie du, nur hatte ich noch zwei Kumpels”, antwortete Davis. „Die letzte Sache ging schief. Mich haben sie erwischt, und Halsey und Cummings konnten fliehen. Weiß der Teufel, wo die im Moment stecken, aber ich hab’ die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Die haben was vor, sag’ ich dir...” „Wie lange musst du sitzen?” fragte Frank ihn. Davis winkte ab. „Acht Jahre wollen die mir aufbrummen! Aber glaub ja nicht, dass ich so lange hier drin bleibe. Ich verlass mich auf meine Kumpels. Und jetzt hau dich da drüben hin auf die Pritsche. Ich möchte noch pennen, okay?”
euch gut verstehen.” Er schloss Frank die Handschellen auf und lachte laut. Dann stieß er den Detektiv in die Zelle und schloss die Gittertür hinter ihm zu. Er lachte immer noch, als er davonging. Die Schritte verhallten auf dem Gang. „Hör mir zu, Mensch!” wandte sich Frank an Davis. „Ich hab’ mich weiß Gott nicht darum gerissen, zu dir in die Zelle zu kommen, also mach mich nicht verantwortlich. Wir beide müssen jetzt miteinander auskommen. wohl oder übel…” Davis erwiderte überhaupt nichts. Seine Augen funkelten vor Wut. Wortlos drehte er sich auf die andere Seite, Innerlich stieß Frank einen Fluch aus. Der Bursche machte es ihm sehr schwer. Aber er hatte keine Zeit zu verlieren. Er musste es irgendwie schaffen, mit ihm in Kontakt zu kommen, und ihm war ein Limit gesetzt, deshalb machte er einen erneuten Anlauf. „Hör mal zu, Mister, ich hab’ genauso ‘ne Stinkwut auf diese verdammten Bullen wie du!” sagte er dann. „Wie wär’s denn, wenn wir beide zusammenhalten und diesen Hunden die kalte Schulter zeigen, he?” Davis drehte sich um. „Du spuckst ja ganz schöne Töne, Mann, Bist erst ein paar Stunden im Bau und willst schon den großen Macker markieren. Junge, hier ist Endstation für dich, begreifst du das? Wie war noch gleich dein Name?” Frank jubelte innerlich. Davis unterhielt sich mit ihm. Es funktionierte. Dann erzählte er seinem Zellengefährten etwas von dem, was auf Sheriff Evans Papier gestanden hatte. Er schmückte das Ganze noch ein bisschen aus, achtete aber darauf, dass es nicht übertrieben klang, denn Davis durfte nicht misstrauisch werden. Als er seine Story beendet hatte, nickte Davis stumm. „Na, hast ja schon einiges auf dem Kerbholz, muss ich sagen. Und trotzdem haben dich die Bullen erwischt. Du hast gesagt, dass sie dich nach der Sache in Greensboro geschnappt haben. War verteufelt schwer, die Bank zu knacken. Ich und meine Kumpels haben’s auch mal probiert, aber dann haben wir’s doch gelassen. Sheriff Jackson ist ein ziemlich harter Bursche.” „Ich kenne keinen Sheriff Jackson”,
* In der Boeing 747 spitzte sich unterdessen die Lage immer mehr zu. Halsey hatte vor gut zehn Minuten mit Flughafendirektor Heyward gesprochen, und der hatte ihm gesagt, dass er Geduld haben solle. Das passte dem Gangster überhaupt nicht. Er fluchte wie ein Kutscher und ließ seine Wut an der Besatzung aus. Die ganze Zeit fuchtelte er wild mit der Pistole 22
Cummings lachte höhnisch. „Dass ihr Weiber immer schwache Nerven haben müsst! Okay, du kannst gehen, aber mach keine Dummheiten. Sonst muss es einer der anderen Passagiere büßen, kapiert?” Mandy nickte stumm. Sie war keine Heldin und wollte auch keine werden. Zitternd ging sie an Cummings vorbei und verschwand hinter dem Vorhang an der Galley vorbei in Richtung Waschräume. Sie sah die Stewardess, die von Cummings so lange festgehalten worden war, und ihre Blicke trafen sich: ein stilles Einverständnis, ein gegenseitiger Trost und der Hauch eines verkrampften Lächelns. Mandy hatte einen bitteren Geschmack im Mund, als sie den Waschraum betrat, aber die zwei Gläser Wasser, mit denen sie den Mund ausspülte, halfen auch nicht. Die Angst über ihre Ungewisse Situation blieb und machte sie halb wahnsinnig. Als sie in den Spiegel starrte, liefen ihr die Tränen über die Wangen. Mandy schluchzte auf und ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Nachdem sie sich beruhigt hatte, wischte sie sich übers Gesicht und verließ den Waschraum. Innerlich gefasst nahm sie auf ihrem Sitz wieder Platz. Sie nickte Harnahan kurz zu, der bemerkte sie aber überhaupt nicht. Er starrte vor sich hin, und seine Augen funkelten wütend. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Nerven mit ihm durchgingen.
vor Kapitän Jensens Gesicht herum und drohte, ihn zu erschießen. Der Kapitän war kreidebleich, bemühte sich aber, ruhig und gelassen zu bleiben, um Halsey nicht noch mehr zu reizen. Dick Cummings unterdessen hielt die Passagiere in Schach. Seine Blicke huschten unaufhörlich hin und her und verhinderten jede Unterhaltung. Seit der Vorfall mit dem Passagier geschehen war, verhielt er sich noch wachsamer als vorher. Er hatte die Menschen aber so weit im Griff, dass er auf eine Geisel verzichten konnte. Ines, die Stewardess, die er die ganze Zeit über bei sich gehabt hatte, schickte er in die Galley, denn das Mädchen sah sehr blass aus. Mandy Torrance spürte den Druck, der auf ihnen allen lastete, und sie hoffte inständig, dass man die Forderungen der Gangster möglichst bald erfüllte. Sie war zwar ebenfalls nervös, wusste sich aber zurückzuhalten. Ganz im Gegensatz zu ihrem Nachbarn Harnahan, der die ganze Zeit an seinem Kragenknopf herum tastete, als bekomme er keine Luft. Das war das erste Anzeichen von aufkommender Panik. Wenn sieh der Bankbeauftragte nicht höllisch am Riemen riss, würde er ohne Zweifel durchdrehen. Mandy spähte aus dem Fenster hinaus auf die Startbahn. Drüben am Horizont ging die Sonne auf, und noch immer war die Maschine nicht gestartet. Um diese Zeit hätte sie eigentlich schon in Frankfurt gelandet sein müssen. Mandy konnte sich gut vorstellen, dass ihre Freundin schon auf sie wartete. Ob Doris wusste, was hier auf dem KennedyAirport vor sich ging? War die Presse davon informiert, oder herrschte überall Stillschweigen, weil man nicht wusste, wie man sich verhalten sollte? All das waren Gedanken, die Mandy für Sekunden durch den Kopf gingen. Sie wusste nicht, wie lange sie noch durchhalten konnte, ohne die Nerven zu verlieren. Schweren Herzens erhob sie sich. Cummings richtete sofort den Lauf seiner Waffe auf Mandy. „Ich muss in den Waschraum”, sagte sie mit zitternder Stimme zu dem bewaffneten Gangster. „Mir ist schlecht.”
* „Weißt du, was ich mache, wenn ich jemals von hier abhauen sollte, Davis?” fragte Frank seinen Mitinsassen, während er vor dem Spiegel stand und sich rasierte. „Dann hau’ ich ab nach Südamerika und mach’ vorher noch meinen letzten Coup, bevor ich mich ganz zur Ruhe setze.” Davis wälzte sich auf der Pritsche herum. Franks Worte schienen ihn zu interessieren. Vergessen war der Schlaf. „Warst du schon mal in Südamerika, Landers?” fragte er ihn. „Kennst du dich da ein bisschen aus?” „Natürlich!” Frank nickte. „Ich war schon ein paar Mal in Caracas. Da kann man gut 23
einen gewissen Trevor Davis aus dem Staatsgefängnis von New Jersey sofort freilässt, sonst richten die ein Blutbad in der Maschine an. Na, was sagst du dazu?” Davis blieb die Luft weg. Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle er den Worten des Zellennachbars keinen Glauben schenken, dann aber huschte ein Grinsen über sein Gesicht. „Danke, Harvey!” rief er zu dem anderen hinüber. „Das gibt noch ein Nachspiel. Ich halte dich auf dem Laufenden, wenn die Bullen auf mich zukommen, okay?” Dann blickte er Frank an. „Verdammt noch mal, diese Höllenhunde...” murmelte er. „ Ich hab’s doch gewusst, dass die was anstellen, um mich hier rauszuholen. Aber dass die gleich ein Flugzeug kapern, hätte ich nicht gedacht.” „Glaubst du, dass die dich hier freilassen?” fragte Frank voller Skepsis. „Das FBI hat doch schon längst Schritte unternommen, oder?” „Ist mir egal”, erwiderte Davis und streckte sich auf seiner Pritsche aus. „Du wirst sehen, die holen mich heute noch hier raus. Ich kenne meine Kumpels. Die machen keine halben Sachen. Heute Nachmittag bin ich in der Maschine, wirst schon sehen.” Frank wischte sich den Rasierschaum aus dem Gesicht und legte das Handtuch beiseite. „Mensch, Davis, das wäre doch auch ‘ne Chance für mich. Kannst du mich nicht mitnehmen?” „Mann, wie soll ich das anstellen?” fragte der andere. „Du findest schon einen Weg”, erwiderte Frank. „Hast du nicht gesagt, dass du auch nach Südamerika wolltest? Mensch, wir könnten da unten doch was zusammen auf die Beine stellen. Ich hab’ einige Pläne im Kopf. Wir könnten reich werden. Überleg dir das mal.” Trevor Davis schien einige Minuten lang zu grübeln, dann nickte er. „Könnte wirklich von Vorteil sein, wenn du mitkommst, Landers. Okay, versuchen wir es. Was wir jetzt allerdings brauchen, ist ein wenig Geld. Mach’s dir auf der Pritsche etwas bequem, Amigo. Wirst schon sehen, es dauert nicht lange, bis wir hier rauskommen. Und bis
leben, wenn man das nötige Kleingeld hat. Und das hätte ich mir bei einer Bank in Cedar Falls geholt, die ganz einfach zu knacken ist. Die nehme ich noch aus, und dann geht’s ab nach Venezuela, Davis. Dort habe ich ausgesorgt für den Rest meines Lebens.” „Eine Bank in Cedar Falls...” murmelte Davis und fuhr sich durch die Haare. „ Warum hast du das nicht schon früher erledigt, he?” „Ich hatte es doch vor”, erwiderte Frank und legte den Rasierpinsel weg. „Gleich nach der Sache in Greensboro wollte ich dorthin und die Sache durchziehen. Wäre ein leichtes für mich gewesen, wirklich. Und ausgerechnet da haben sie mich geschnappt. Es ist zum Kotzen, verdammt!” Davis wollte dazu gerade etwas sagen, als er von der Nachbarzelle her einen heiseren Ruf vernahm. „He, Davis, hörst du mich? Bist du schon wach?” „Was willst du, Harvey, du alte Schlafmütze?” gab Davis knirschend zurück. „Willst du mir schon am frühen Morgen auf den Geist gehen, he?” Aus der Nachbarzelle erklang ein hohles Lachen. „Im Gegenteil!” hörte Frank die Stimme des anderen. „Ich hab gerade Radio gehört. Du weißt doch, ich hab hier bei mir so ein schönes kleines Radio, und da kann man ganz prima Musik hören und...” „Jetzt kotz dich endlich aus, Harvey, sonst zieh’ ich dir heute Nachmittag draußen auf dem Hof eins über!” zischte Davis. „Also was ist?” „Tolle Nachrichten! Draußen auf dem Kennedy-Airport haben zwei Burschen ‘ne Lufthansa-Maschine gekapert. Und rate mal, was die verlangen!” „Was weiß ich!” gab Davis unwillig zurück. „Vielleicht irgendwelche politischen Schwachköpfe. Sag’s endlich und lass mich dann in Frieden.” „Du wirst mir noch auf den Knien danken, dass ich dir’s als erster gesagt habe, Davis”, erwiderte Harvey und lachte noch einmal. „Aber ich will dich aufklären. Die beiden Flugzeuggangster heißen Halsey und Cummings, und sie verlangen, dass man 24
und folgten den uniformierten Wärtern. Harvey, der Zellennachbar, lärmte wie ein Verdickter, als er Davis und Frank davongehen sah. Frank bemühte sich, seine Freude nicht zu zeigen. Bis jetzt hatte alles bestens geklappt. Die ganze Sache verlief ziemlich unbürokratisch. Es dauerte noch nicht mal eine Stunde, bis Frank und Davis auf dem Weg zum Kennedy Airport wären.
dahin schlafe ich.” Mit diesen Worten drehte er sich auf die andere Seite. Leise Schnarchtöne verrieten Frank etwas später, dass Davis eingeschlafen war. Ein kaltschnäuziger Bursche, stellte Frank fest. Aber er wusste auch, dass sein Plan funktioniert hatte. Davis hatte die Südamerika-Sache geschluckt. Der Bursche war geldgierig, das hatte den Ausschlag gegeben. Alles andere würde klappen, dafür sorgten schon die Gefängnisleitung und das FBI. Gelassen streckte sich Frank ebenfalls aus und wartete ab.
* Clyde Harnahan ruckte auf seinem Sitz immer unruhiger hin und her. Schweiß stand ihm mittlerweile auf der Stirn, und mit seiner rechten Hand nestelte er nervös an seinem Kragen herum. Der Bankbeauftragte geriet in leichte Panik, denn ihm fiel buchstäblich die Decke auf den Kopf. Mandy sah, dass Harnahan am Durchdrehen war, konnte aber nichts tun. In diesem Stadium hörte der Bankbeauftragte auf niemand anderen mehr, und Mandy konnte nur hoffen, dass der Mann trotz allem ruhig blieb. Gerade als sie diesen Gedanken zu Ende gebracht hatte, erhob sich Harnahan ruckartig von seinem Sitz und stolperte nach vorn, genau auf Dick Cummings zu, der die Pistole geradewegs auf seinen Magen richtete und ihn wütend anblickte. „Setz dich wieder auf deinen Platz!” herrschte er Harnahan an. „Ich kann’s nicht leiden, wenn hier alle hin und her rennen. Nun los, tu schon, was ich gesagt habe, oder soll ich dir erst ‘ne Kugel verpassen?” Harnahan tat so, als erkenne er nicht den Ernst der Lage. Er strich sich übers Kinn und bemühte sich, nicht allzu große Angst vor der Waffe in der Hand des Gangsters zu zeigen. „Mister, mir ist schlecht...” stöhnte er. „Ich brauche dringend frische Luft, sonst breche ich noch zusammen und…” „Dann geh doch in den Waschraum und kotz dich aus, du Ratte!” Cummings lachte. „Aber schnell, bevor’s hier anfängt zu stinken!” Harnahan schüttelte den Kopf. „Das nützt nichts. Ich vertrage die Klimaanlage nicht.
* Dumpfe Schritte erklangen auf dem Gang, die direkt vor der Zelle anhielten. Frank ruckte sofort hoch und blickte zu Davis. Auch der war hellwach und grinste ihm zu. Augenblicke später öffnete sich die Tür mit einem quietschenden Geräusch. Officer Duncan und zwei weitere Beamte standen im Zelleneingang. Duncan richtete seinen Blick auf Davis. „Steh auf, Davis, und komm mit. Direktor Fisher möchte dich sehen. Nun mach schon!” Davis grinste, als er sich von seiner Pritsche erhob. „Ich werde mitgehen, Duncan”, sagte er dann. „Aber Landers kommt auch mit, verstanden? Ich weiß genau, was gespielt wird. Duncan, du hast das Pech, dass es hier Leute gibt, die Radio hören und mir dann sagen, was es für Neuigkeiten gibt.” Der Gefängniswärter wurde blass. Ihm war die Überraschung darüber, dass Davis Bescheid wusste, deutlich anzusehen. Dadurch wurde er völlig aus seinem Konzept gebracht. „Nun überleg nicht zu lange, Duncan”, höhnte Davis. „Dein Boss hat dir doch sicherlich gesagt, dass du mich mit Samthandschuhen anfassen sollst, oder? Wenn ich sage, dass Landers mitkommt, dann kommt er auch mit.” Der Beamte sagte überhaupt nichts, sondern nickte Frank nur kurz zu. Dieser erhob sich daraufhin ebenfalls von seiner Pritsche. Gemeinsam verließen die beiden die Zelle 25
sah, dass man die Tür öffnete, hatten seine Augen einen fast gierigen Glanz angenommen. „Los, Mann! Du wolltest doch frische Luft - jetzt hast du sie. Also steck deinen Kopf für ein paar Minuten ins Freie. Aber dass du nicht auf dumme Gedanken kommst, verstanden?” Clyde Harnahan hörte die Worte des Gangsters überhaupt nicht. Er sah nur die offene Tür und wusste, dass dahinter die Freiheit wartete. Er wankte auf den Ausgang zu. Die übrigen Passagiere verfolgten gespannt das Schauspiel, das sich ihren Augen bot. Der Bankbeauftragte spürte schon den Hauch der frischen Nachtluft. Vorsichtig spähte er aus der Tür. Vor ihm zeichneten sich das hell erleuchtete Terminal und der Tower des Kennedy Airports ab. Auch die Startbahn erstrahlte in einem Lichtermeer. Den Boden selbst konnte er mit einem Sprung erreichen. Es war nicht allzu hoch. Er musste nur springen und gut aufkommen, und dann hieß es rennen. Als er diesen Gedanken zu Ende gebracht hatte, stand sein Entschluss fest. Hier an Bord dieser Maschine konnte ihn nichts mehr halten. Sollten die restlichen Passagiere doch alle draufgehen, das war ihm ganz egal. Harnahan dachte nur an sich, und das war menschlich. Er hatte Frau und Kinder zu Hause, und an die hatte er schon die ganze Zeit überdenken müssen. Harnahan sprang, und gleichzeitig horte er hinter sich Cummings, der einen grässlichen Fluch ausstieß. Der Bankbeauftragte kam ziemlich unsanft auf dem Boden auf, rappelte sich aber schnell wieder hoch, obwohl er alles andere als ein sportlicher Typ war. Doch hier ging es ums nackte Leben. Harnahan rannte im Zickzack auf den beleuchteten Tower zu. Plötzlich sah er die bewaffneten Polizisten, die hinter einigen Fahrzeugen Deckung genommen hatten. Sprachlos starrten sie den Mann an, der den Sprung aus der Maschine gewagt hatte und jetzt auf sie zu rannte. „Hilfe!” schrie Harnahan aus vollem Halse. „So helft mir doch...” Im gleichen Augenblick fielen die Schüsse. Harnahan spürte, wie eine Kugel haarscharf an seinem Kopf vorbeizischte, Der
Mister, wir sind jetzt schon über zehn Stunden hier in der Maschine. Ich muss frische Luft haben. Ich hab’s mit dem Herzen. Bitte, lassen Sie mich einen Augenblick an die Tür...” „Du hast sie wohl nicht mehr alle!” fauchte der Gangster. „Willst wohl ‘ne Extratour haben, he? Was kann ich denn dafür, wenn’s dir schlecht geht?” Er wollte noch mehr hinzufügen, sah aber dann die aufkommende Panik in den Augen seines Gegenübers. Schließlich wandte er sich an. eine der Stewardessen und rief ihr zu, seinen Kumpan Halsey zu holen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Halsey in der Tür auftauchte. „Was willst du denn, Dick?” rief er Cummings ungehalten zu. „Ich dachte, du kommst hier klar. Ich spreche gerade mit dem Tower.” Cummings zuckte mit den Achseln und wies auf Harnahan. „Der Kerl will an die frische Luft, weil er’s mit dem Herzen hat. Verträgt die Klimaanlage nicht, hat er gesagt. Was soll ich machen. Brett?” Halsey starrte den Bankbeauftragten wütend an, sah aber auch, dass der Mann nicht mehr zurechnungsfähig war. Bevor er die Passagiere mit seiner Panik ansteckte, war es doch besser, wenn man ihn gewähren ließ. So war wenigstens die Ruhe an Bord hergestellt, und das war es, worauf es ankam. „Dann mach um Gottes willen die Tür einen Spaltbreit auf und lass ihn frische Luft schnappen, damit er seine Ruhe hat”, antwortete Halsey und wandte sich wieder in Richtung Cockpit. Kurz bevor er die Tür hinter sich zuschlug, forderte er Cummings noch mal auf, auf alle Passagiere genau zu achten. „Der hat gut reden...” murmelte Cummings und wandte sich dann an den Purser. „ He, du, geh und öffne die Tür!” Der Mann beeilte sich, dem Wunsch des Gangsters nachzukommen. Es dauerte nur wenige Augenblicke. Bis er einen der Ausgänge geöffnet hatte. „Okay, verschwinde jetzt!” sagte Cummings zu dem Purser. Dann blickte er Harnahan an, der sich die ganze Zeit über nicht von der Stelle gerührt hatte. Als er aber 26
der natürlich wütend darüber war, dass Cummings es nicht schaffte, die Leute in Schach zu halten. So etwas hätte einfach nicht vorkommen dürfen! Lähmendes Entsetzen herrschte unter den Passagieren, die die Flucht des Mannes mitbekommen hatten, Cummings hatte ihn getroffen, und anschließend war er von uniformierten Sicherheitsbeamten weggebracht worden. Ob er noch am Leben war, das wusste kein Mensch. „So, Ladies und Gentlemen!” rief Halsey so laut, dass es jeder hören konnte. „Jetzt ziehen wir andere Saiten auf! Ich rufe noch mal den Tower an! Wenn ich in einer halben Stunde keinen endgültigen Bescheid bekomme, dann werden wir einen von euch erschießen.” Ohne die Reaktion der Passagiere abzuwarten, wandte er sich einfach um und marschierte ins Cockpit zurück. Das Personal an Bord hatte nun alle Mühe, die verschreckten Passagiere zu beruhigen, aber was blieb, waren Angst und Zittern vor soviel Unmenschlichkeit. Cummings’ Blick huschte über die Sitzreihen. Keiner der Unglücklichen wagte ihn anzusehen, aus Angst davor, dass er eventuell als Opfer auserwählt wurde. Der Gangster grinste bis über beide Ohren, als er sich an der Furcht der Menschen weidete. In diesen Minuten bestimmte er den Ton und das verschaffte ihm eine unglaubliche Macht. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Cummings einen Entschluss gefasst hatte, Die Menschen in der linken Sitzreihe atmeten unwillkürlich auf, als sie feststellten, dass Cummings nicht mehr dorthin schaute. Stattdessen hefteten sich seine Blicke auf die Reihe gegenüber. Im vorderen Teil saß ein aschblonder Mann Mitte dreißig in einem grauen Anzug. Als er spürte, dass Cummings’ Blicke auf ihm hängen blieben, machte er sich noch kleiner in seinem Sitz, aber das half ihm gar nichts. „Du da!” horte er dann die Stimme des Gangsters, „Steh auf und komm nach vorn!” Der Mann wurde leichenblass. „Bitte, Mister…” stammelte er. „ Ich habe Ihnen doch gar nichts getan und...” „Du sollst dein Maul halten!” unterbrach ihn Cummings heftig und hob den Lauf seiner
Bankbeauftragte lief schneller. Angst saß ihm im Nacken. Große Angst. Plötzlich traf ihn etwas mit heftiger Wucht im rechten Oberschenkel und ließ ihn taumeln. Gleichzeitig setzten heftige Schmerzen ein, Harnahan stöhnte und geriet ins Wanken. Sein rechtes Bein wollte ihm auf einmal nicht mehr gehorchen, Es knickte einfach unter ihm weg. Harnahan stürzte zu Boden. Rote Nebelschleier tanzten vor seinen Augen, und er sah undeutlich Schemen dicht vor seinem Gesicht. Dann spürte er nichts mehr. Er bekam nicht mehr mit, wie zwei Polizisten auf ihn zustürzten und ihn in Deckung zogen, während andere ihnen Feuerschutz gaben. * Brett Halsey blickte aus dem Cockpit hinaus auf Startbahn, Kapitän Jensen war gerade dabei, den Tower anzufunken, als der Gangster plötzlich den rennenden Mann entdeckte. Das war doch der Bursche, der frische Luft schnappen wollte! „Verdammt!” fluchte Halsey und sprang auf, „ihr rührt euch nicht von der Stelle, verstanden?” Dann hastete er aus dem Cockpit hinaus in Richtung Economy-Class. Im gleichen Augenblick horte er die Schüsse. Dick Cummings war es, der das Feuer eröffnet hatte, und als Halsey seinen Kumpan erreichte, hörte er, wie dieser einen Triumphschrei ausstieß. „Ich hab ihn getroffen, Brett!” rief er als er Halsey sah. Mehr konnte er nicht mehr sagen, denn plötzlich fielen weitere Schüsse, Cummings fluchte und schloss die Tür der Maschine „Was, zum Teufel, ist hier los, Dick?” fragte Halsey wütend. „Ihr anderen bleibt ruhig auf euren Plätzen, verstanden?” brüllte er die Passagiere an. „Den da draußen hat es erwischt. Ihr seht, wir machen mit jedem kurzen Prozess.” „Der ist einfach gesprungen!” verteidigte sich Cummings. „Ich hätte nicht gedacht, dass er es tut. Brett, das konnte ich doch nicht wissen, dass der wirklich durchdreht und…” „Ach, halt die Klappe!” entfuhr es Halsey, 27
Mikro!” Der Sicherheitschef beeilte sich. Er wusste, wie wichtig jetzt eine schnelle Reaktion war. Hastig stellte er eine Funkverbindung mit dem Cockpit her. Flughafendirektor Martin Heyward wurde bleich, als er die letzten Worte Halseys vernommen hatte. Entsetzt blickte er seinen Sicherheitschef Warner an. „Verdammt, die machen Ernst!” keuchte er. „Warner, haben Sie denn noch immer keine Verbindung mit dem Staatsgefängnis in New Jersey? Es war doch alles abgesprochen, dass Davis und Reynolds freigelassen werden...” „Ja schon...”, erwiderte der Sicherheitschef. „ Aber der Trupp müsste schon längst unterwegs sein und...”
Watte noch etwas höher. „Ich sag’s nicht noch mal. Stehst du jetzt endlich auf, oder soll ich dir die Kugel gleich in den Kopf jagen?” Das wirkte. Schluchzend erhob sich der Passagier, der seine Furcht nicht mehr zurückhalten konnte Die Angst vor dem baldigen Tod ließ ihn weinen wie ein kleines Kind, aber Cummings war erbarmungslos. Er herrschte den Unglücklichen an, direkt vor ihm Platz zu nehmen. Im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür des Cockpits, und Halsey trat heraus. „Noch keine Antwort vom Tower!” sagte er zu seinem Kumpan. „Ich sag´ denen jetzt, dass wir anfangen, die ersten Passagiere zu erschießen. Wer macht den Anfang, Dick?” „Dieses heulende Elend vor mir, Brett”, erwiderte Cummings. „Wann? In fünf Minuten?” Halsey nickte. „Das ist das einzige Mittel, damit die endlich kapieren, wo’s langgeht. Schieß ihn über den Haufen und wirf ihn dann aus dem Flugzeug, klar?” Genau wie die übrigen Passagiere hatte auch Mandy Torrance die Worte der beiden Gangster vernommen. In diesen Minuten fühlte sie sich wie in einem schrecklichen Alptraum, der plastische Gestalt angenommen hatte. Frank, schoss es ihr durch den Kopf. Bitte komm und hilf mir. Ich halte es nicht mehr aus...
* Im Cockpit herrschte bedrücktes Schweigen. Seit Halsey die drei Männer allein gelassen hatte, um in der EconomyClass die angekündigte Hinrichtung durchzuführen, waren die Männer entsetzt. Gegen so viel maßlose Gewalt kamen auch sie nicht an. „Mensch, Werner, was sollen wir denn tun?” fragte Kopilot Hollmann verzweifelt. „Wir können doch nicht zulassen, dass diese Halbverrückten da hinten Menschen umbringen?” „Was glaubst du denn, was ich tun soll?” gab der erfahrene Kapitän zurück. „Die Burschen hören doch gar nicht mehr auf mich. Denen steht das Wasser bis zum Hals und jetzt drehen die durch.” „Diese verdammten Schreibtischhengste!” entfuhr es dem Flugingenieur Horst Bergner. „Warum lassen die den Burschen aus dem Knast nicht einfach frei? Das ist es doch, was die wollen, sonst nichts!” Jensen wollte gerade dazu etwas sagen, als er die Stimme des Flughafendirektors über Funk hörte. Sofort schwiegen die anderen im Cockpit. „Der Sträfling Trevor Davis ist soeben angekommen!” vernahmen die drei CockpitMitglieder über Funk. „Bitte teilen Sie dies seinen Freunden mit. Ich wiederhole...”
* In diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Büros und einer von Warners Mitarbeitern betrat heftig atmend den Raum. „Mr. Warner, die Personen aus dem Staatsgefängnis sind soeben eingetroffen. Die Beamten warten unten auf Sie!” „Gott sei Dank”, antwortete Heyward, und ihm wurde sichtlich wohler. „Warner, funken Sie sofort ins Cockpit, dass Davis in zehn Minuten bei seinen Kumpanen ist. Los, beeilen Sie sich, bevor der erste Passagier stirbt. Zum Glück ist der, der die Flucht geschafft hat, mit einer leichten Verletzung davongekommen. Los, hängen Sie sich ans 28
Halsey grinste seinem Kumpan zu. „Wusste ich doch, dass die Burschen irgendwann mürbe werden, Dick!” sagte er. „Jetzt ist Trevor gleich bei uns und dann sehen wir zu, dass wir so schnell wie möglich von hier wegkommen. Wenn Trevor erst hier ist, dann schaffen wir’s auch, all das ohne Schaden hinter uns zu bringen.”
Jensen nahm hastig den Köpfhörer ab. Seinem Copiloten warf er einen raschen Blick zu. „Sprich du weiter mit ihm, Axel”, sagte er und erhob sich schnell aus seinem Sitz. „Ich muss nach vom. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.” Er riss die Tür auf und stürmte nach vom. Er schritt zwischen den Sitzreihen entlang und sah mit Schrecken, dass Cummings die Hand mit dem Revolver bereits erhoben hatte. Und der Lauf zielte direkt auf die Schläfe des Opfers, das die beiden Gangster ausgesucht hatten. „Nicht schießen!” rief Jensen mit lauter Stimme. „Lassen Sie den Mann am Leben. Wir haben gerade eine Nachricht erhalten, dass Ihr Freund eingetroffen ist. Er wird in wenigen Minuten die Maschine erreicht haben.” Halsey, der zunächst herumgefahren war und den Kapitän wütend angestarrt hatte, atmete auf und grinste zugleich. „Na also!” stieß er erleichtert hervor. „Warum denn nicht gleich so? Diese Bürohengste haben aber verdammt lange dazu gebraucht” „He, mach die Augen auf, du Waschlappen!” rief Cummings und rüttelte den Mann an der Schulter, den er vor wenigen Augenblicken hatte erschießen wollen. „Du hast noch mal Glück gehabt. Kannst dich wieder hinsetzen.” Der Mann öffnete seine Augen. Er konnte es einfach nicht fassen, dass er noch einmal davongekommen war. Tränen der Erleichterung liefen ihm über die Wangen, und er schämte sich dessen nicht. Mit gesenktem Kopf wankte er zurück zu seinem Sitz, wo sich eine der Stewardessen sofort um ihn kümmerte. „Gehen Sie zurück auf Ihren Posten, Captain!” sagte Halsey zu Jensen. „Und bleiben Sie dort Ich komme nach, sobald Trevor Davis an Bord ist. Und machen Sie keine Dummheiten im Cockpit. Sie wissen ja, dass das dann die Passagiere büßen müssen.” Jensen nickte stumm. „Ich weiß das, Mister, und ich richte mich danach. Wir werden Ihnen keine Schwierigkeiten machen.” Dann verschwand er im Cockpit.
* Miller, der FBI-Agent, blickte mit steinerner Miene auf die beiden Männer, die soeben den Hubschrauber verlassen hatten. Der Spezialagent durfte sich nicht anmerken lassen, dass er Frank Reynolds kannte. Deshalb machte er ein entsprechend mürrisches Gesicht, als er die beiden „Gefangenen” entdeckte. „Sie werden schon erwartet, Davis!” sagte er zu Franks Zellenkumpan. „Wer ist dieser Mann, den Sie da mitgebracht haben?” „Das ist mein Kumpan Quint Landers”, erwiderte Davis. „Und er ist mit von der Partie, damit Sie’s gleich wissen. Machen Sie nicht so ein dummes Gesicht. Sie können ja doch nichts unternehmen, weil Sie Schiss haben, dass den Leuten in der Maschine was zustößt. Und meine Freunde sind nicht gerade zimperlich. Also, bringen Sie uns jetzt zur Maschine, oder sollen wir uns hier unnötig die Beine in den Bauch stehen?” Miller knirschte wütend mit den Zähnen, aber Davis hatte Recht. Miller konnte wirklich nichts unternehmen, sondern musste sogar noch dafür sorgen, dass Davis und Reynolds schnellstmöglich zur Maschine gebracht wurden. Mittlerweile hatte sich die Situation zugespitzt, und der kleinste Funke konnte alles zum Explodieren bringen. „Es ist gut, Leute!” sagte er zu den Polizisten, die die beiden Häftlinge auf dem Flug begleitet hatten. „Meine Männer übernehmen den Rest. Los, gehen wir!” Das ließ sich ein Mann wie Trevor Davis nicht zweimal sagen. Er schloss sich Miller sofort an und folgte ihm durch die endlosen Gänge des Terminals, wo zu dieser frühen Stunde nur mäßiger Betrieb herrschte. Frank selbst hielt sich im Hintergrund, denn das 29
alle Hände voll zu tun gehabt. Es reicht doch, wenn wir die Besatzungsmitglieder als Geiseln behalten, oder? Mehr brauchen wir nicht, wenn wir von hier verschwinden wollen.” Miller wurde unwillkürlich bleich, als er Franks Worte vernahm. Damit hatte er nicht gerechnet, dass die Gangster die Maschine trotzdem noch entführen wollten. Insgeheim hatte er gehofft, dass diese Kriminellen jetzt einen Fluchtwagen verlangten und anschließend das Weite suchten. Also hatte das tödliche Spiel immer noch kein Ende gefunden. Frank spürte die Sorgen des FBIAgenten, konnte ihm aber nicht helfen, um sich nicht selbst zu verraten. Stattdessen sah er dem Uniformierten zu, der über Funk seine Leute informierte, dass die beiden betreffenden Personen nun auf dem Weg zur Maschine waren. Strengstes Schussverbot wurde erteilt, und Frank betete im Stillen, dass sich die Männer auch daran hielten, denn er wusste nicht, inwieweit jeder einzelne Scharfschütze darüber informiert war, dass Frank auf ihrer Seite stand. „Gehen wir, Landers!” forderte Davis Frank auf, und zu Miller sagte er dann: „Sobald wir an Bord sind, werden Sie weitere Instruktionen erhalten.” „Was ist mit den Passagieren, Davis?” bohrte Miller weiter. „Sie nützen Ihnen doch nichts mehr.” „Die schicken wir Ihnen raus, Bulle!” erwiderte Davis barsch. „Beruhigt das jetzt Ihre Polizistenseele?” Miller nickte. „Treiben Sie Ihr Spiel nicht zu sehr auf die Spitze, Davis!” warnte er den Gangster. „Im Moment sitzen Sie am längeren Hebel, aber wie lange das noch der Fall ist, das weiß kein Mensch.” „Jedenfalls länger, als Sie denken!” erklärte Davis und ließ den FBI-Agenten einfach stehen, während er zusammen mit Frank die Startbahn betrat. Augenblicke später waren die beiden Männer allein. „Die Jungs haben sich ja gleich ‘ne Mordsmaschine unter den Nagel gerissen!” staunte Davis, je mehr sie sich der DC 10 näherten. „Und auch noch ‘ne ausländische dazu.” „Das ist eine Boeing 747”, erklärte Frank
gehörte zu seiner Rolle. Er musste den Mitläufer spielen, und entsprechend verhielt er sich auch. Es dauerte nicht lange, bis die FBIAgenten, Davis und Frank den Zugang zur Startbahn erreicht hatten. Frank konnte mit eigenen Augen sehen, wie viele Männer hier Posten bezogen hatten und die Maschine beobachteten. Und bewaffnet waren sie bis an die Zähne! „Mein Gott!” rief Trevor Davis kopfschüttelnd aus, als er die bewaffneten Männer sah, die sich in der Nähe der Maschine aufgestellt hatten. „Hier ist ja gleich eine ganze Armee angerückt. Mensch, Landers, meine beiden Kumpels haben ganz schön auf den Putz gehauen.” Frank erwiderte nichts, sondern nickte nur. Wichtig für ihn war, in das Flugzeug zu kommen, damit er sich mit eigenen Augen davon überzeugen konnte, dass diese Verbrecher Mandy und die restlichen Passagiere nicht quälten. Aber zum Glück hielt Davis jetzt ebenfalls den Mund. Einer der Polizisten entdeckte Miller und seine Leute mit den beiden Sträflingen. Sofort verließ er seinen Posten und eilte auf den FBI-Mann zu. „Sind das die beiden?” fragte er Miller und warf Davis einen verächtlichen Blick zu. „Zum Glück sind Sie noch rechtzeitig gekommen, Mr. Miller. Der Passagier, der geflohen ist, hat ‘ne böse Schussverletzung davongetragen.” „Sagen Sie Ihren Leuten, dass Davis und Landers die Sperren ungehindert passieren können, Ashley”, forderte Miller den Polizisten auf. „Ich möchte keinen weiteren Ärger mehr haben. Lassen Sie diese Burschen an Bord gehen!” Er hielt in seiner Rede einen Augenblick inne und richtete seine Blicke dann auf Trevor Davis. „Wir haben die Forderungen Ihrer Freunde nun erfüllt, Davis!” sagte er. „Sie könnten jetzt die Passagiere freilassen.” Der Gangster schien einen Augenblick zu überlegen. Frank bemerkte, dass Davis nicht so recht wusste, wie er sich verhalten sollte, deshalb meldete er sich zu Wort. „Der Bulle hat Recht”, sagte er. „Deine beiden Freunde haben weiß Gott bestimmt 30
„Hallo, Trevor!” brüllte Halsey. „Bleib stehen und sag uns erst, wer der Kerl ist, den du da mitgebracht hast.” „Es ist alles in Ordnung, Brett!” gab Davis zurück und wies auf Frank, „Das ist Quint Landers. Er war mit mir in der gleichen Zelle. Er kommt mit, Jungs, und ich sag euch auch, weshalb. Jetzt lasst mich erst mal rein.” Halsey erwiderte nichts, allerdings ließ er Frank die ganze Zeit nicht aus den Augen. Davis ging die Treppe hinauf, und als er Halsey erreicht hatte, schüttelte er ihm die Hand, während ihm Cummings erfreut zunickte. „Hi, Dick!” rief ihm Davis zu, „Der Bursche hier ist mein Amigo Quint Landers. Hat mit mir in derselben Zelle gesessen. Ihr könnt auf ihn zählen. Der Junge ist in Ordnung.” Cummings nickte Frank kurz zu. Auch hier herrschte noch das gleiche Misstrauen, das Halsey bereits gezeigt hatte, aber Frank hoffte auf die Überzeugungsfähigkeiten von Davis. Er würde seinen Kumpanen schnell klargemacht haben, um was es ging. Während Davis mit Halsey in ein Gespräch vertieft war und Cummings die Leute in Schach hielt, schweiften Franks Blicke über die Sitzreihen. Und dann entdeckte er Mandy. Jetzt sah sie, wie Frank sich umdrehte und seine Blicke schweifen ließ. Sie hob den Kopf und versuchte, ihm ein unauffälliges Zeichen zu geben, aber da hatte er sie schon gesehen. In stummer Zwiesprache trafen ihre Blicke aufeinander. Frank, du Teufelskerl, hätte Mandy am liebsten gerufen. Aber sie konnte nichts sagen, sonst wäre das ganze Spiel aufgeflogen. So blieb Mandy nichts anderes übrig, als sich im Sitz zurückzulehnen und erleichtert aufzuatmen. Jetzt, da Frank an Bord war, gab es wieder einen winzigen Funken Hoffnung.
dem Gangster. „Ich bin schon mal mit der Lufthansa geflogen, Davis, und ich sage dir, auf die Maschine kannst du dich verlassen. Mit der kommen wir spielend bis nach Caracas.” „Dein Wort in Gottes Ohr”, murmelte Davis während sie langsam auf den Gateway zumarschierten. * Halsey sah die beiden Männer als erster. Als er Trevor Davis erkannte, stieß er einen Jubelruf aus. „Verdammt, es hat geklappt!” brüllte er so laut, dass Kapitän Jensen Kopfschmerzen bekam. „Jetzt ist das ganze Durcheinander vorbei. Los, ihr drei, ihr kommt mit nach vom. Ich will euch im Auge behalten, wenn Davis an Bord kommt!” Die Aufforderung galt Kapitän Jensen und dem Kopiloten sowie dem Flugingenieur. Mit der Waffe in der Hand zwang er die drei Besatzungsmitglieder, das Cockpit zu verlassen und ihm in die Economy-Class zu folgen, Jensen gehorchte. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, den Gangster zu reizen. Dick Cummings erwartete ihn mit einem breiten Grinsen. Auch er hatte bemerkt, wer da auf die Maschine zukam, und er war ebenso froh wie sein Kumpan. „Los, mach die Tür auf!” herrschte er den Purser an. „Unser Freund Trevor Davis soll würdig empfangen werden.” „Sei vorsichtig. Dick”, warnte ihn Halsey. „Du hast doch gesehen, dass Trevor noch jemanden dabei hat, und wer der Bursche ist, das wissen wir nicht. Behalte du mal lieber die Passagiere hier im Auge. Ich kümmere mich um die ganze Sache.” Der Freund zuckte mit den Achseln. Ihm war es egal, wer hier den Ton angab. Hauptsache, er und Halsey kamen wieder weg von hier, und das so schnell wie möglich. Zwischenzeitlich hatte der Purser einen der Ausgänge geöffnet. Halsey näherte sich mit vorgehaltener Pistole dem Ausgang und spähte ins Freie. Jetzt konnte er Trevor Davis klar und deutlich erkennen und auch den Burschen, den er im Schlepptau hatte.
* Mandy Torrance glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie plötzlich sah, wer da mit dem Gangster über die Startbahn ging. Zuerst hielt sie es für ein Produkt ihrer überreizten 31
War jetzt der Terror wirklich zu Ende, öder stritten sich die drei Gangster noch darüber, ob sie ihre Geiseln freiließen? Kapitän Jensen war es, der nun eingriff. „Meine Crew und ich stehen Ihnen zur Verfügung”, wandte er sich an Trevor Davis. „Mister, lassen Sie die Passagiere gehen. Sie brauchen diese Menschen doch nicht unnötig zu ängstigen.” „Die Leute können gehen, Captain”, entschied Davis. „Dick und Brett, ihr passt auf, dass alles glatt läuft.” Dann erhob er seine Stimme, dass es alle hören konnten. „Ladies und Gentlemen. Sie können jetzt das Flugzeug verlassen. Schön langsam, und jeder einzeln. Bei Dummheiten schießen wir sofort. Also riskieren Sie jetzt nichts mehr. In wenigen Minuten sind Sie frei.” Gemurmel entstand unter den Passagieren. Halsey griff in seine Jackentasche und holte eine zweite Pistole hervor, die er Davis in die Hand drückte. Cummings gab Frank ebenfalls seine zweite Waffe, und so hielten die vier Männer sämtliche Passagiere in Schach. Während Cummings auf die Crew achtete, sorgten die anderen drei dafür, dass die Passagiere das Flugzeug verlassen konnten. Die Menschen erhoben sich von ihren Sitzplätzen und marschierten langsam auf den geöffneten Ausgang zu. Die Angst der letzten Stunden hatte ihre Gesichter gezeichnet. Sie konnten es noch gar nicht fassen, dass sie jetzt frei waren. Frank stand am Ausgang, mit der Waffe in der Hand, und versuchte, ein möglichst grimmiges Gesicht zu machen. Schließlich sollte man ihm die Rolle des entschlossenen Gangsters auch abkaufen. Die Passagiere, die an ihm vorbeigingen, wichen seinem harten Blick aus. Als Mandy am Ausgang stand, zögerte sie für einen winzigen Augenblick, ging aber dann weiter. Frank lächelte ihr beruhigend zu und atmete im Stillen auf, weil Mandy nun in Sicherheit war. „Was grinst du die Blondine so an, Landers?” rief ihm Cummings plötzlich zu, der ihn wohl beobachtet haben musste. „Die gefiel mir eben!” gab Frank kalt zurück. „Für so was hab’ ich immer ein Lächeln übrig. Solltest du dir merken,
Nerven, aber dann erkannte sie tatsächlich Frank Reynolds, der mit dem Gangster auf die Maschine zuging. Unwillkürlich wollte sie aufspringen, dann sagte sie sich, dass sicher niemand wissen durfte, dass dieser Mann dort draußen Frank Reynolds war, der Mann, den man auch Mister Bronx nannte. Mandy ließ sich ihre Freude darüber, dass Frank nun doch gekommen war, nicht anmerken und sah zu, wie die beiden Männer die Maschine betraten. Sie hörte, wie der Kumpan der beiden Gangster Frank als Quint Landers vorstellte. Nun wurde Mandy klar, welchen Plan Frank verfolgte. Sie wusste zwar nicht, wie er es geschafft hatte, das Vertrauen des dritten Gangsters zu gewinnen, aber Frank war an Bord, und nur das zählte. * „Wir lassen die Passagiere gehen, Jungs!” schlug Trevor Davis seinen beiden Kumpanen vor. „Das Cockpit und das Bordpersonal behalten wir als Geiseln, denn nur die sind es, die wir brauchen.” Halsey hörte aufmerksam zu. „Willst du mit der Maschine von hier weg, Trevor?” fragte er dann skeptisch. „Wäre es nicht besser, wenn wir uns einen Fluchtwagen kommen ließen?” Davis schüttelte den Kopf. „Ich hab ‘nen Plan, oder besser gesagt, Landers hat eine Idee. Und die halte ich für so gut, dass wir es versuchen sollten.” „Du bist der Boss, Trevor!” meldete sich jetzt Cummings zu Wort. „Wenn du es sagst, dann werden wir’s tun. Aber von dir möchte ich noch ein bisschen was hören, Landers”, wandte er sich an Frank. „Trevor hat ‘ne Andeutung über dich gemacht, und ich finde, es ist immer gut, wenn man weiß, mit wem man’s zu tun hat!” „Ich sag’ dir alles nachher, Cummings”, vertröstete ihn Frank. „Jetzt sollten wir erst mal das tun, was Trevor gesagt hat. Wir lassen die Passagiere gehen. Umso leichter haben wir’s doch hinterher.” Die Passagiere, die diesen Wortwechsel mitbekommen halten, atmeten erleichtert auf. 32
„Klingt nicht schlecht, Landers”, meinte Cummings. „Hast wohl schon ‘ne Menge auf dem Kerbholz, was?” Frank nickte. „Ich erzähl’ es dir nachher, wenn wir gestartet sind, Cummings.” Das schien den Gangster zufrieden zu stellen. Davis ergriff jetzt die Initiative. Er befahl seinen Freunden, sich hier in der Economy Class breit zu machen, während er selbst das Cockpit übernehmen wollte. So waren Cockpit und auch Kabine ständig unter Beobachtung, und keiner kam auf dumme Gedanken. „Los jetzt!” befahl er Kapitän Jensen. „Gehen Sie nach vorn ins Cockpit. Wir werden gleich starten.”
Cummings. Wenn du ‘ner Frau imponieren willst, dann musst du strahlen wie ein Honigkuchenpferd.” Cummings winkte ab. Er deutete auf seine Waffe. „Ist mir zu kompliziert”, erwiderte er. „Wenn ich was will, dann hab’ ich meinen Colt hier. Ich kenne kein Mädchen, das da nicht spurt.” Mit diesen Worten schielte er hinüber zu der Stewardess, die er zu Anfang mit der Waffe bedroht hatte. „Nicht wahr, Baby, du tust doch, was ich von dir will, oder etwa nicht?” Die blonde Stewardess ließ den Kopf sinken. Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, aber zum Glück kam ihr Trevor Davis zu Hilfe. Seine Stimme klang barsch, als er Cummings zurechtwies. „Lass das Mädchen in Ruhe, Dick. Dafür ist jetzt keine Zeit.” Beruhigend stellte er fest, dass der letzte Passagier soeben von Bord ging und der Purser den Ausgang verschloss. „Wir haben jetzt andere Dinge zu tun.” „Was haben Sie vor, Mister?” fragte Kapitän Jensen. „Ich finde. Sie sollten uns informieren.” „Selbstverständlich, Captain”, antwortete Davis grinsend. „Sie und Ihre Crew werden uns nach Caracas fliegen. Dort landen Sie und kriegen dann weitere Instruktionen von uns.” „Nach Caracas!” rief Kopilot Hollmann. „Die Strecke ist zu lang. Wir werden unterwegs irgendwo landen und auftanken müssen.” „Reden Sie keinen Unsinn, Mann, sonst brate ich Ihnen eins über!” fuhr Frank ihn heftig an. „Die Boeing 747 ist ein Langstreckenflugzeug. Ihr Pech, dass ich mich ein wenig in diesen Dingen auskenne.” „Gut gemacht, Landers!” lobte ihn Halsey, und Frank freute sich innerlich, dass er schon einen von Davis Kumpanen auf seine Seite gezogen hatte. „Der Bursche wollte uns reinlegen. Soll ich ihm eins auf die Schnauze geben, Trevor?” Davis winkte ab. „Wir brauchen die Crew noch, Brett! Lass die Leute zufrieden. Wir fliegen jetzt nach Venezuela. Landers hat einen guten Plan. Caracas ist seine zweite Heimat. Er kennt sich da unten gut aus. Dort setzen wir uns zur Ruhe.”
* Miller stand am Fenster des Towers und starrte hinunter auf die Startbahn, wo die Boeing 747 immer noch stand. Eine Stunde war jetzt vergangen, nachdem die Passagiere von Bord gegangen waren, und seitdem herrschte Funkstille. Flughafendirektor Heyward hatte versucht, das Cockpit über Funk zu erreichen, doch es hatte sich niemand gemeldet. „Was, zum Teufel ist da los?” riet der aufgebrachte Heyward. „Wollen die Katz und Maus mit uns spielen?” Der FBI-Agent wandte sich vom Fenster ab. Seine Miene war sehr nachdenklich geworden. „Die entführen die Maschine, Mr. Heyward. Rechnen Sie nicht damit, dass die Gangster einen Fluchtwagen anfordern. Ich habe mit Reynolds nicht mehr sprechen können, aber ich glaube, dass die was vorhaben.” Als hätte er Gedanken lesen können! Plötzlich meldete sich Kapitän Jensen über Funk. Heyward rannte sofort zum Mikrofon. „Jensen, sprechen Sie! Hier ist Heyward, Flughafenleitung!” Stattdessen meldete sich jetzt die Stimme des Mannes, den man aus dem Staatsgefängnis von New Jersey hierher gebracht hatte. „Hören Sie gut zu, Heyward!” rief Davis mit klarer Stimme. „Geben Sie dem Tower jetzt alle notwendigen Instruktionen. Die 33
Die Boeing 747 setzte sich allmählich in Bewegung. Die Triebwerke dröhnten laut auf, als die Maschine eine Drehung machte und sich nun in Startposition begab. Sämtliche Kabinencrew-Mitglieder mussten auf den Sitzreihen Platz nehmen und wurden von Halsey, Cummings und Frank bewacht. Davis hatte sich ins Cockpit begeben, um dort aufzupassen. Die Triebwerke wurden lauter, entwickelten sich fast zu einem Orkan. Nun startete die Maschine. Sie rollte auf der Startbahn entlang, wurde immer schneller. Frank spürte, wie er in den Sitz gedrückt wurde, ließ aber die Besatzungsmitglieder keine Sekunde aus den Augen. Jetzt hob sich die Boeing 747 allmählich vom Boden ab. Sekunden vergingen noch, dann stieg sie auf. Nach einem kurzen Ruck gab es keinen Bodenkontakt mehr. Die Maschine war gestartet. Augenblicke später fuhr der Pilot das Fahrgestell ein, und die Maschine nahm Kurs nach Süden. „Na endlich!” keuchte Cummings, dem man die Nervosität ansah. Offensichtlich vertrug er das Fliegen nicht gut, denn sein Gesicht hatte eine bleiche Färbung angenommen. Er versuchte sich jedoch nichts anmerken zu lassen. „So, da wir alle hier so schön versammelt sind, sollten wir eine kleine Mahlzeit zu uns nehmen!” verkündete Halsey großspurig. Seine Blicke trafen zwei Stewardessen, die zusammenzuckten. „Ihr beiden Hübschen da! Los, steht auf und macht uns was zu essen. Wir haben Hunger.” Die Mädchen in der blauen Uniform erhoben sich hastig und beeilten sich, den Wünschen des Gangsters nachzukommen. Der Purser und die vier restlichen Stewardessen mussten sitzen bleiben. Cummings hielt die ganze Zeit seine Waffe auf die Unglücklichen gerichtet. Er würde bei der kleinsten falschen Bewegung schießen, das war den Frauen klar. „Hu, mein Magen knurrt ganz schön”, bemerkte Halsey grinsend. „Landers, was ist das für eine Sache mit Caracas?” fragte er dann Frank. „Trevor hat da so ‘ne Andeutung gemacht, aus der ich nicht ganz schlau werde.”
Maschine wird in wenigen Minuten starten, haben Sie verstanden?” „Um Gottes willen, was haben Sie vor, Davis?” stöhnte Heyward. „Stellen Sie uns Ihre Forderungen, wir können doch über alles reden und...” „Haben Sie nicht richtig verstanden, Mann?” klang es zornig über Funk zurück. „Das Flugzeug wird jetzt starten. Oder sollen wir erst eine von den Stewardessen erschießen und von Bord werfen, damit Sie endlich kapieren, dass wir am längeren Hebel sitzen? „Tun Sie, was er sagt, Heyward”, flüsterte ihm Miller zu, der so etwas geahnt hatte. „Wir haben keine andere Wahl.” Heyward holte tief Luft, bevor er sich wieder meldete. „Geben Sie mir Kapitän Jensen, Davis!” forderte er. „Er bekommt sämtliche Startinstruktionen. Es geht alles klar!” „Das will ich auch hoffen!” klang es barsch zurück, dann war wieder die Stimme des Kapitäns zu hören. Heyward reichte das Mikro an einen der Fluglotsen weiter, der Jensen jetzt das Startzeichen gab. „Sieht nicht gut aus, Miller”, sagte der Flughafendirektor zu dem FBI-Agenten, der wieder am Fenster stand und hinunter zur Startbahn blickte. „Das wird ein gefundenes Fressen für die Presse. Die werden uns in der Luft zerreißen, sage ich Ihnen.” „Denken Sie nicht an diese Schmierfinken”, erwiderte der hagere Agent „Die Hälfte von dem, was die schreiben, ist doch ohnehin erlogen. Beten Sie lieber, dass den Besatzungsmitgliedern nichts passiert.” „Was ist mit unserem Mann Reynolds?” fragte Heyward. „Der wird doch wohl nicht tatenlos zusehen bei der ganzen Sache.” „Seien Sie nicht ungeduldig, Heyward. Frank Reynolds hat einen gewissen Ruf in New York. Man nennt ihn nicht umsonst Mister Bronx. Er wird schon eine Lösung finden. Das ist ohnehin der einzige Weg der uns bleibt. Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, aber wir müssen einfach abwarten.” *
34
entlang, der die Business Class und die Economy Class durch einen schmalen Vorhang voneinander trennte. Dann hatte er die Galley erreicht. Die beiden Stewardessen fuhren erschrocken herum, als sie Frank erkannten und die Waffe sahen, die er in der Hand hielt. „Bringen Sie uns was zu trinken!” sagte Frank streng. „Meine Freunde da vorn werden langsam nervös. Ich möchte nicht, dass was passiert, also beeilen Sie sich.” Eines der beiden Mädchen, mit langen blonden Haaren und großen blauen Augen, sah sofort ihre Kollegin an. „Bring die Drinks nach vorn, Monika”, sagte sie. „Ich komme dann schon allein hier klar.” Die brünette Monika nickte nur stumm und drängte sich hastig an dem bewaffneten Frank vorbei. Sie nahm den Getränkewagen und schob ihn in Richtung Economy Class. Frank wartete, bis sie sich entfernt hatte, dann betrachtete er das Mädchen in der blauen Uniform. Unter günstigeren Umständen wäre sie genau sein Typ gewesen, und Frank konnte sich gut vorstellen, wie überwältigend ihre Haare wirkten, wenn sie diese offen trug. Jetzt hatte sie sie im Nacken zusammengebunden. In ihrem Gesicht waren Anzeichen von Furcht zu erkennen, obwohl sie versuchte, sich dies nicht anmerken zu lassen. „Sie werden nicht weit kommen, Mister!” wandte sie sich in einem tadellosen Englisch an Frank. „Spätestens in Caracas zerplatzt Ihr Traum wie eine Seifenblase.” „Wie heißen Sie?” fragte Frank und schaute sich kurz um, ob niemand in der Nähe war. Das Mädchen verstand dies falsch und wich unwillkürlich einen Schritt zurück, bis sie die Wand im Rücken spürte. „Ines...” flüsterte sie. „Gut, hören Sie zu, Ines”, erwiderte Frank, nachdem er festgestellt hätte, dass sie beide allein in der Galley waren und die Kollegin des blonden Mädchens damit beschäftigt war, Halsey und Cummings Getränke zu bringen. „Ich heiße nicht Quint Landers, sondern Frank Reynolds. Ich bin Privatdetektiv aus New York und bin vom FBI engagiert
„Ganz einfach, Halsey. Bevor ich den Coup in Venezuela durchziehen wollte, haben mich die Cops in Greensboro geschnappt und eingebuchtet. Deshalb kam ich ins Staatsgefängnis, wo ich Davis kennen gelernt habe. Jetzt weißt du Bescheid. Und die Sache mit Caracas - nun, ich bin schon ein paar Mal da gewesen. Hatte da immer Urlaub gemacht. Sonne, Strand und Tennis, du verstehst?” Halsey nickte, und auch Cummings hörte jetzt zu. „Nun, allmählich kenne ich Caracas wie meine Westentasche”, berichtete Frank weiter. „Und da gibt’s auch noch eine Bank im Süden der Stadt, da hatte ich schon längst ein Auge drauf geworfen. Hatte den Tipp von einem Freund bekommen. Das ist eine todsichere Sache. Wird so gut wie gar nicht bewacht, und die Sicherheit dort könnt ihr vergessen. Jedes Wochenende lagern dort umgerechnet an die hunderttausend Bucks. Na, ist das was oder nicht?” Cummings schluckte, als er die Summe hörte, und Halsey grinste über beide Ohren. „Du bist immer für ´ne Überraschung gut, Landers.” „Deswegen hab ich auch noch nichts davon erzählt, weil es besser ist, wenn man den Coup zusammen dreht. Mensch, ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mal ‘nen kostenlosen Flug nach Caracas bekomme ...” Frank lachte besonders laut, und die beiden Gangster stimmten in sein Gelächter mit ein. Halsey warf einen Blick auf die Uhr. „Mensch, wie lange dauert das denn noch?” schnauzte er. „Ich habe Hunger, verdammt noch mal. Landers, du kennst dich doch mit der Fliegerei ein bisschen aus. Die müssen das Essen doch nur noch aufwärmen, oder?” Frank nickte. „Wahrscheinlich sind die Nerven von den Mädchen nicht mehr die besten. Am besten ist’s, wenn ich mal in die Galley gehe und nachschaue, okay?” „Tu das und sag ihnen auch gleich, dass ich ziemlich wütend werde, wenn ich nicht gleich was zu essen kriege.” Der Purser bot sich an, den beiden Kolleginnen zu helfen, aber Cummings herrschte ihn an, sitzen zu bleiben. Er wollte kein Durcheinander. Frank erhob sich und ging den Gang 35
freigelassen hatte. Außerdem hatte er eine Stunde vorher einen Anruf des FBI-Agenten Miller bekommen, der ihm die neueste Situation genau mitteilte. Das hatte ausgereicht, um den Captain der Mordkommission Manhattan C III mobil zu machen. Er sagte im Office kurz Bescheid und fuhr sofort zum Flughafen. Er kam gerade noch rechtzeitig, um Mandy vor dem Strom Reporter zu retten, die natürlich schon seit Stunden auf die freigelassenen Passagiere gewartet hatten, um sie auszufragen. Dass die Menschen mit den Nerven ziemlich am Ende waren, sahen sie offenbar nicht. Für sie zählte nur die Story auf der Titelseite, sonst nichts. Als Mandy Phil entdeckte, eilte sie sofort auf ihn zu. Der massige Mann machte nicht viele Worte, sondern zog die blonde Sekretärin Franks einfach mit sich, weg von den Reportern, die fast an ihr klebten. Stuart brachte das Mädchen in einen Raum, wo sie erst mal Ruhe hatte. „Es ist so schrecklich, Phil”, sagte Mandy, auf deren Gesicht sich die Angst und der Schrecken der letzten Stunden widerspiegelten. „Ich habe so sehr gehofft, dass Frank kommt und mir hilft. Jetzt ist er gekommen, aber die Maschine ist trotzdem gestartet. Wenn die herausfinden, dass Frank Detektiv ist, werden sie ihn umbringen!” Zum ersten Mal nach ihrer Rettung ließ Mandy ihren Gefühlen freien Lauf. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Phil eilte sofort auf das Mädchen zu und nahm sie in seinen Arm. Es war gut, einen väterlichen Freund zu haben, besonders in dieser Situation, da niemand wusste, was aus Frank wurde. „Nun beruhige dich erst mal, Mädchen”, sagte Phil leise und klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter. „Frank ist doch ein alter Hase. Den legt keiner so schnell herein. Du weißt doch, dass dein Chef schon so manch brenzlige Situation gemeistert hat. Mach dir um den keine Sorgen. Frank ist ein Teufelskerl, und er wird das schon schaffen, da bin ich ganz sicher.” Phil sagte das, um die aufgeregte Mandy zu beruhigen. Doch tief in ihm nagten die Zweifel. Wunder vollbringen konnte auch ein Mann wie Frank Reynolds nicht, und es
worden, hier einzugreifen. Meine Sekretärin war unter den Passagieren, verstehen Sie?” Die Augen der blonden Stewardess blickten ihn ungläubig an. „Das gibt es doch nicht...” murmelte sie. „ Wie in aller Welt haben Sie es geschafft, mit dem andern an Bord zu kommen, und weshalb hat das noch niemand bemerkt, dass Sie Detektiv sind?” „Das ist eine lange Geschichte, Ines”, versuchte Frank zu erklären. „Hören Sie gut zu, ich möchte, dass Sie Ihren CrewMitgliedern unauffällig mitteilen, wer ich bin. Aber das muss dann schon im richtigen Moment sein. Ich habe etwas vor, und da brauche ich Ihre Hilfe, Miss. Die Maschine darf nicht in Caracas landen. Ich muss versuchen, die Kerle noch an Bord zu überwältigen. Sagen Sie das Ihren Leuten, und darin werden wir sehen, wie’s weitergeht.” Ines wollte dazu gerade etwas sagen, als mit einem mal draußen hastige Schritte erklangen. Sekunden später wurde der Vorhang beiseite gerissen, und Frank blickte in das nervöse Gesicht Halseys. „Mensch, wie lange dauert das denn noch?” beschwerte sich der Gangster und blickte Frank an. „Du hast doch gesagt, dass du mal Druck machen wolltest. Stattdessen raspelst du Süßholz mit dem Mädchen. Mann, wenn man sich nicht um alles selbst kümmert, ist man aufgeschmissen.” „Ich bin gerade fertig geworden, Mister!” Ines versuchte die Situation zu retten. „Ich bringe Ihnen Ihr Essen sofort.” Das beruhigte Halsey etwas. Er wandte sich ab und ging wieder nach vorn. Um sich nicht verdächtig zu machen, folgte ihm Frank auf der Stelle. Er warf Ines noch einen kurzen Blick zu, um ihr Mut zu machen. Hoffentlich klappt mein Plan, dachte er, denn wenn mein Spiel auffliegt, dann ist es aus und vorbei mit uns! * Phil Stuart war sofort zum KennedyAirport gekommen, nachdem er im Radio gehört hatte, dass man die Geiseln 36
unterbrach er die Verbindung. Während er die Durchsage gemacht hatten war ihm nicht aufgefallen, wie die Stewardess die ganze Zeit versuchte, die Männer mit Blicken auf irgendetwas hinzuweisen. Ines war es, die ins Cockpit gekommen war. Aber bevor sie Jensen ein bestimmtes Zeichen geben konnte, war der Gangster wieder aufmerksam geworden. „Raus hier, Kleine!” herrschte er die blonde Stewardess an. „Im Cockpit will ich keine Frau sehen, klar? Also verschwinde wieder nach hinten.” Jensen hatte bemerkt, dass Ines ihm irgendetwas mitteilen wollte. Was in aller Welt hatte sie ihm sagen wollen? Gab es Neuigkeiten, von denen nur sie etwas wusste? Jensen und Ines waren schon mehrmals dienstlich zusammen geflogen, und der Kapitän wusste, dass die Frau eine verlässliche Mitarbeiterin war. Irgendwie vermutete er, dass sich das Rätsel bald auf lösen würde. Jensen wandte sich um und konzentrierte sich auf die Instrumente vor ihm. Den Mann mit der Pistole im Rücken versuchte er zu ignorieren.
bedurfte schon eines Wunders, um hier mit einem blauen Auge davonzukommen. * „Wir sind jetzt ungefähr auf dreißigtausend Fuß Höhe”, erklärte Kapitän Jensen dem Mann mit der Pistole. Trevor Davis hatte direkt hinter Jensen und neben dem Flugingenieur Platz genommen, wo sich ein Notsitz befand. „In ungefähr acht Stunden werden wir Caracas erreicht haben. Und wie haben Sie sich dann die ganze Sache weiter vorgestellt, Davis?” „Das lassen Sie mal meine Sorge sein, Captain”, bemerkte der Gangster. „Denken Sie nicht zuviel, es strengt Sie nur an, und Sie brauchen Ihren Kopf doch zum Fliegen. Sobald die Maschine in Caracas gelandet ist, werde ich Ihnen schon sagen, wie’s weitergeht.” Jensen wollte dazu etwas sagen, aber der Kopilot winkte stumm ab. Er hatte gespürt, dass es zwecklos war, mit diesem Mann zu reden. Er hatte sich etwas in den Kopf gesetzt, und das wollte er auch zu Ende bringen. Plötzlich klopfte es an der Tür. Davis fuhr sofort herum. „Wer, zum Teufel, ist da?” brüllte er. Dann vernahm er die Stimme der Stewardess, die den Männern im Cockpit etwas zu essen bringen wollte. Davis schnauzte die Frau heftig an, so dass sie erschrocken zusammenfuhr. Wütend sah er zu, wie die Stewardess Jensen und seinen Leuten Kaffee eingoss, und nahm sich dann ebenfalls ein Sandwich. „Geben Sie mir das Mikrofon, Captain!” rief er. „Ich will zu meinen Freunden sprechen. Sie können doch von hier aus Durchsagen machen, oder?” Jensen nickte und bediente den entsprechenden Schalter. „Okay, sprechen Sie!” sagte er. „Halsey, Cummings, Landers! Hört mir mal genau zu. Von jetzt an müssen wir noch mehr aufpassen als vorher. Ich verlange von euch, dass sich jede Stunde einer bei mir im Cockpit meldet und berichtet, wie es hinten aussieht, klar?” Dann
* „Verdammt noch mal, meine Kehle ist trockener als die Mojave-Wüste!” beschwerte sich Brett Halsey und starrte missmutig auf die kleine Flasche Gin, die ihm Stewardess Monika gebracht hatte. Der Inhalt reichte gerade aus, um einen kleinen Plastikbecher zu einem Viertel zu füllen. „Die Brühe schmeckt wie Abwaschwasser. Habt ihr denn nichts Besseres da?” Monika ahnte die aufkommende Wut des Gangsters. Sie warf dem Purser einen dankbaren Blick zu, als sich dieser in das Gespräch einmischte. „Sie finden in der First Class alle Getränke, die Sie brauchen, von Jack Daniels bis zu Moet et Chandom, Mister. Was soll ich Ihnen bringen?” „First Class, wie?” bemerkte Halsey. „Ich kann mir gut vorstellen, wie gut diese Geldsäcke dort abgefüllt werden. Aber da 37
Halsey hörte eine knappe Antwort, dann öffnete sich die Tür, und Davis blickte ihn an. „Was ist los, Brett?” fragte er. „Gibt’s was Besonderes hinten, oder ist noch alles beim alten?” „Cummings und dein neuer Freund Landers passen gut auf die Crew auf”, gab der Kumpan zurück. Er wies auf die brünette Stewardess hinter sich in der Galley. „Ich hab’ mich mal mit der Kleinen kurz abgesetzt, Amigo. Ich will nur ‘nen Drink mit ihr nehmen.” „Dass du nur immer Weiber im Kopf haben musst, Brett”, erwiderte Davis und schüttelte den Kopf. „Na ja, gut. Hauptsache, ihr habt hinten alles unter Kontrolle.” „Haben wir!” versicherte Halsey. „Trevor, falls es hier draußen nachher ein bisschen unruhig werden sollte, dann mach dir keine Gedanken. Ich weiß nicht, wie kratzbürstig, die Kleine ist.” Davis grinste zurück, sagte aber nichts mehr. Er trug dem Kumpan auf, sich wieder in einer Stunde bei ihm zu melden, und schloss die Tür zum Cockpit. Halsey ging zur Galley zurück. Monika hatte sich aus lauter Angst nicht von der Stelle gerührt. Ihre Augen weiteten sich, als sie das Verlangen in Halseys Blick erkannte, doch der Gangster hielt sich noch zurück. Aber wie lange noch? „Ist schon was ganz anders als bei den Touristen”, bemerkte Halsey anerkennend und ließ seine Blicke über die Galley schweifen. „Also, was hast du zu trinken da?” Monika beeilte sich, die Befehle des Gangsters zu befolgen. Sie wusste nicht, wie lange sie ihn noch hinhalten konnte. Sie bückte sich und holte aus den Behältern eine Flasche Champagner hervor. „Nicht übel!” bemerkte Halsey. „Und jetzt noch zwei Gläser.” Monika ahnte das kommende Unheil. Wirre Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Gerade vor einer halben Stunde hatte ihre Kollegin Ines kurz Gelegenheit gehabt, mit ihr zusammen in der hinteren Galley ein paar Worte zu wechseln. Was sie ihr gesagt hatte, klang fast unglaublich, aber Ines war eine gewissenhafte Kollegin, die sich nichts aus den Fingern saugte. Wenn das wirklich so
schau ich mich jetzt mal selbst um, und du mein Kind, kommst mit mir!” Die letzten Worte waren an die brünette Monika gerichtet. Frank wollte etwas sagen, aber Halsey schnitt es ihm sofort ab. „Du hast schon Süßholz geraspelt, Landers”, sagte er. „Und jetzt bin ich dran. Keine Sorge, ich werde mit dem Mädchen nur einen Drink nehmen. Schließlich bin ich ein Menschenfreund.” Er lachte über seine eigenen Worte und deutete der brünetten Stewardess unmissverständlich an, ihm zu folgen. Monika warf ihrer Kollegin Ines einen Hilfe suchenden Blick zu, doch der waren die Hände gebunden. Frank selbst konnte in diesem Augenblick nicht eingreifen, da sonst das ganze Spiel aufgeflogen wäre. Wenn Frank gekonnt hatte, hätte er jetzt am liebsten die Maskerade fallen lassen, aber er zwang sich, noch ein wenig zu warten. Wichtig war, dass er den Zeitpunkt abwartete, wo sich entweder Halsey oder Cummings bei Davis im Cockpit meldeten. Dann hatte er eine Stunde Zeit, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Cummings grinste, während sein Kumpan die Stewardess mit dem Colt nach vorn in die First Class dirigierte. Augenblicke später schloss sich der Vorhang hinter dem Gangster und dem brünetten Mädchen. „Halsey macht’s genau richtig!” bemerkte er lachend zu Frank. „Wir sollten uns an ihm ein Beispiel nehmen und es uns auch ein bisschen bequemer machen. He, Süße, bring mir noch was zu trinken”, forderte er Ines auf. Frank erwiderte nichts, sondern starrte gedankenverloren in sein Glas. Eine Viertelstunde brauchte er noch, dann war der Zeitpunkt gekommen. * „Stell dich da drüben hin und mix mir einen Drink”, befahl Halsey der Stewardess, während er selbst die wenigen Schritte zur Tür ging, die zum Cockpit führte. Er klopfte an und wartete ab, bis er Trevor Davis’ Stimme hörte. „Ich bin’s, Trevor!” gab er zurück. „Komm mal kurz raus.” 38
gleichzeitig, dass er mit Cummings am leichtesten fertig weiden würde. Das Problem war nur Brett Halsey. Der Bursche war mit allen Wassern gewaschen. Frank warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Fast eine Viertelstunde war schon vergangen, seit Halsey mit der Stewardess nach vorn gegangen war. Höchste Zeit, einzugreifen, bevor dem Mädchen noch etwas zustieß! So, wie Frank den Gangster einschätzte, würde es noch einige Zeit dauern, bis er wieder zurückkam. Das war Franks Chance, und die musste er nützen. Nur galt es, Cummings abzulenken, aber das war nicht besonders schwer, denn der Gangster War hur stark, wenn er eine Waffe in der Hand hielt. Seine Blicke richteten sich auf die blonde Ines, und Frank hoffte, dass das Mädchen begriff, was er von ihr wollte. Ablenken musste sie Cummings, denn erst dann könnte er sich auf den Gangster stürzen. Natürlich keine Frage, dass dies schnell und lautlos geschehen musste, denn wenn Halsey vorn mitbekam, was hier hinten vor sich ging, dann war Franks Beerdigung fällig. „Mister, mir ist schlecht!” rief Ines plötzlich und tat so, als sei sie einem Nervenzusammenbruch nahe. „Ich muss in den Waschraum. Bitte lassen Sie mich gehen, oder ich breche zusammen.” Cummings wandte den Köpf und musterte das Mädchen von Kopf bis Fuß. Ines musste eine gute Schauspielerin sein, denn ihre Gesichtsfarbe war sehr bleich geworden. Für Frank zählte jedoch, dass ihm Cummings für einen Augenblick den Rücken zugedreht hatte. Frank schnellte aus dem Sitz hoch und sprang Cummings mit einem Riesensatz an. Der Gangster war so erschrocken über den unerwarteten Angriff von hinten, dass ihm die Waffe aus der Hand fiel. „Landers, du Hundesohn!” keuchte Cummings. „Was soll...” Zu mehr kam er nicht mehr, denn Frank versetzte ihm einen Kinnhaken, der ihn zurückschleuderte zwischen die Sitze. Der Detektiv setzte sofort nach und landete einen weiteren Treffer, bevor Cummings um Hilfe
war, wie sie behauptet hatte, dann musste sie durchhalten und Mut bewahren. Gute Nerven haben, hieß es jetzt. Aber das war gar nicht so leicht. Sie fürchtete, dass der Gangster über sie herfallen würde. Wortlos schenkte sie zwei Gläser voll und gab eines Halsey. Dabei bemühte sie sich, ihm nicht in die Augen zu sehen, sonst hätte sie zu weinen angefangen. In der linken Hand den Revolver, in der Rechten das Glas Champagner, stand Halsey vor der Stewardess. „Auf uns beide, Süße”, sagte er heiser und zwang Monika, mit ihm anzustoßen. Halsey trank das Glas in einem Zug leer und stellte es dann achtlos beiseite. Seine Augen funkelten eine Spur intensiver, als er das Mädchen von Kopf bis Fuß mit seinen Blicken abtastete. Auch die Uniform konnte die Rundungen nicht verbergen. „Es wird noch ein langer Flug, Süße”, sagte Halsey und ging einen Schritt auf die Stewardess zu. „Wir sollten ihn uns so angenehm wie möglich machen, oder was meinst du? Ich gebe dir jetzt dienstfrei. Sei ein bisschen nett zu mir, und ich garantiere dir, dass dir nichts geschieht.” Dann streckte er seine Hand nach Monika aus. * „Sag mal, Landers, weshalb grübelst du denn die ganze Zeit?” riss Cummings’ Stimme Frank aus seinen Gedanken. „Mann, wir sind doch auf dem Weg in die Freiheit, und dann kommt noch die Sache mit deiner Bank. Wir sind bald gemachte Leute, kapierst du?” Frank nickte. „Das schon, Cummings, aber ich zerbreche’ mir den Kopf, wie wir in Caracas von der Maschine kommen, ohne dass die Bullen uns schnappen.” Cummings winkte ab. „Das lass mal ruhig Trevor machen, Landers. Er ist der Boss, und wenn er sich was vornimmt, dann klappt das auch, wirst schon sehen.” Dick Cummings war ein Bursche der jemanden brauchte, der ihm sagte, was er zu tun hatte. Frank spürte das, und er wusste 39
nicht.” Ein ersticktes Gurgeln war zu hören, und dann ein leiser Schrei. Frank beeilte sich auf den letzten Metern bis zum zweiten Vorhang. Trotzdem musste er immer noch vorsichtig sein. Die zweite Galley befand sich unmittelbar hinter dem Vorhang. Frank, der sich an die Wand gepresst hatte, hörte die Stimme des Gangsters und das Flehen des Mädchens. „Bitte tun Sie mir nichts!” rief Monika verzweifelt, aber Halsey war unerbittlich. Frank schob den Vorhang einen winzigen Spaltbreit beiseite und sah, wie Halsey die Stewardess an beiden Armen gepackt hatte und versuchte, sie zu küssen. Monika wollte den Kopf wegdrehen, aber Halseys Griff war hart. Seine Lippen pressten sich auf ihren Mund und erstickten ihren Hilferuf. Frank hechtete aus seiner Deckung heraus. Halsey, der etwas geahnt zu haben schien, stieß Monika sofort zur Seite. Das Mädchen stieß mit dem Rücken gegen die Wand des kleinen Raumes und schrie erschrocken auf. Reynolds hatte keine Zeit, sich um die Stewardess zu kümmern - er musste Halsey außer Gefecht setzen, ohne dass Davis im Cockpit etwas bemerkte. Er wusste nicht, dass Halsey den Kumpan schon vorgewarnt hatte, dass es hier ein bisschen laut werden würde, und deswegen rührte sich Davis nicht. Er vermutete, dass Halsey sich mit dem Mädchen beschäftigte. Seine Rechte schoss vor und traf den Gangster. Halsey taumelte zurück, ließ sich aber gleichzeitig fallen, und so ging Franks zweiter Hieb ins Leere. Stattdessen war es Halsey, der jetzt Frank einen heftigen Tritt versetzte. Frank stürzte zu Boden und stöhnte leise. Beide Männer kämpften verbissen um den Sieg. Frank traf Halsey erneut, und Halsey jaulte auf. Frank setzte nach und verdrosch ihn. Der Gangster versuchte, sich zu wehren, aber gegen einen Mann wie Frank Reynolds kam er nicht an. Nicht umsonst hatte Frank eine perfekte Ausbildung im Nahkampf absolviert, die schon so manchen Gangster auf die Matte gezwungen hatte. So war es auch diesmal wieder. Brett Halsey klappte zusammen wie ein Taschenmesser und blieb
rufen konnte. Der Gangster stieß ein ersticktes Gurgeln aus, dann war Frank schon über ihm. Mit einem dritten Treffer schickte er Dick Cummings endgültig ins Reich der Träume. Der Mann brach auf der Stelle zusammen und blieb bewusstlos in den Sitzpolstern liegen. Frank wirbelte herum. Alle Besatzungsmitglieder außer Ines starrten ihn an, als sei er der Leibhaftige persönlich. „Ihre Kollegin Ines wird Ihnen die Sache erklären”, sprach Frank hastig. „Aber jetzt ist keine Zeit für große Worte. Sie dort”, wandte er sich an den Purser. „Fesseln Sie den Burschen und hindern Sie ihn am Schreien, sonst sind wir alle verloren. Los, es muss schnell gehen!” Der Purser fasste sich ein Herz und eilte auf den bewusstlosen Cummings zu. Während er sich bemühte, den Befehl Franks auszuführen, sah ihn Ines mit großen Augen an. „Monika”, flüsterte sie. „Sie ist mit dem anderen vom...” „Ich weiß”, unterbrach Frank sie. „Ich gehe jetzt in die First Class und versuche ihn zu überwältigen. Ihr alle bleibt hier und verhaltet euch ruhig. Betet, dass die Sache klappt, sonst sind wir alle verloren.” Er wartete die Antwort der Crew nicht mehr ab, sondern verschwand hinter dem Vorhang, der die Economy Class von der Business Class trennte. Befriedigt stellte er fest, dass die Crew in Schweigen verfallen war. Das war besser so, denn jeder verdächtige Laut hätte Halsey misstrauisch gemacht. Hauptsache, Frank war es gelungen, den ersten der Gangster auszuschalten. Wenn er erst Halsey geschafft hatte, dann war die größte Hürde überwunden. Natürlich dachte er in diesen Sekunden auch an die Stewardess Monika, die jetzt mit Halsey allein in der First-Class-Galley war, und Frank konnte sich gut vorstellen, dass das Mädchen große Ängste ausstand. Auf leisen Sohlen hastete er durch die Sitzreihen nach vorn, und als er die Hälfte der Business Class hinter sich gebracht hätte, hörte er auf einmal Halseys Stimme. Sie klang rau und hart. „Na los, Baby, nun zier dich doch nicht so. So was Besonderes bist du nun auch wieder 40
gesamte Bordpersonal hoffte, dass er auch den letzten der Gangster ausschalten konnte. Noch nie war die Situation so nervenaufreibend gewesen wie diesmal. Frank hatte zwar schon so manch schwierigen Fall gelöst, aber dies war mit Abstand der gefährlichste Moment, in dem er sich jemals befunden hatte. Vorsichtig näherte er sich der Cockpittür.
bewusstlos liegen. „Geschafft”, ächzte Frank. „Das war ein ganz schön harter Brocken, was?” Er versuchte, Monika zuzulächeln, um ihr die Angst zu nehmen, aber das Mädchen war noch zu sehr benommen von den Ereignissen, um überhaupt etwas sagen zu können. „Gehen Sie zu Ihren Kollegen”, sagte Frank leise zu ihr. „Sagen Sie dem Purser, dass er zu mir kommen soll okay?” Das Mädchen nickte nur stumm und hastete los. Währenddessen starrte Frank auf die Tür des Cockpits, die nur wenige Schritte greifbar nahe vor ihm lag. Dort befand sich Trevor Davis, der letzte der Gangster, der noch ausgeschaltet werden musste. Noch hatte er drei Geiseln, und deswegen musste Frank ganz vorsichtig sein, damit im letzten Augenblick sich das Blatt nicht noch einmal wendete. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er Schritte hinter sich hörte. Der Purser eilte herbei. Frank nickte ihm kurz zu und wies auf den bewusstlosen Halsey. „Fesseln Sie den Burschen und stopfen Sie ihm was in den Mund, damit er Ruhe gibt”, bat er ihn. „Und dann gehen Sie zurück und überlassen den Rest mir.” „Was haben Sie vor?” fragte der Purser atemlos. „Sie können nicht einfach das Cockpit stürmen. Der schießt doch sofort, und dann sind wir alle verloren. Er braucht nur Kapitän Jensen oder Kopilot Hollmann zu treffen, und schon ist es vorbei mit uns.” „Weiß ich doch”, gab Frank zurück. „Ich will versuchen, ihn aus dem Cockpit herauszulocken, verstehen Sie? Drücken Sie mir die Daumen, dass das klappt. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht mehr.” Der Purser nickte und beugte sich unterdessen über den bewusstlosen Halsey. Mit einigen Seilen, die er besorgt hatte, verschnürte er ihn fachgerecht. Frank trug ihm auf, den bewusstlosen Gangster in die Galley zu schleifen und dann dort den Vorhang zuzuziehen. Dort sollte er selbst auch bleiben, bis sich Frank hoffentlich wieder bei ihm meldete. Der Purser nickte und verzog sich. Kurz darauf war Frank wieder allein. Er wusste, dass jetzt hinten in der Economy Class das
* Kapitän Jensen starrte mit Besorgnis auf die dichten Wolkenfelder, die sich vor seinen Augen erstreckten. Auch Kopilot Hollmann hatte sie schon längst gesehen und nickte dem Flugzeugführer nur kurz zu. Kurz darauf änderte Jensen den Kurs. „He, was machen Sie da?” schnauzte ihn Davis an, der die Kurskorrektur natürlich mitbekommen hatte. „Was haben Sie vor?” Jensen bemühte sich, ruhig zu bleiben, obwohl es ihm sehr schwer fiel. „Sehen Sie die Wolken da vorn?” erklärte er dem Gangster. „Wenn wir da durchfliegen, dann wird es eine Turbulenz geben, wie sie noch keiner von uns erlebt hat. Ich muss also ausweichen, oder wollen Sie nicht mehr nach Caracas?” „Reden Sie kein dummes Zeug, Captain!” gab Davis zurück. „Natürlich will ich das. Kostet dieser Umweg viel Zeit?” Jensen schüttelte den Kopf. „Noch nicht mal eine halbe Stunde”, erwiderte er. „Wir überfliegen jetzt gerade Texas, und Sie haben sicherlich von der Flugzeugkatastrophe auf dem Airport von Fort Worth gehört. Da geriet eine 767 in einen Wirbelsturm und stürzte ab. Mister, ich möchte nicht, dass uns so was passiert. Deshalb gehe ich auf Nummer Sicher. Sie kommen schon noch nach Caracas. Aber was die Fliegerei anbetrifft das überlassen Sie doch lieber uns.” Davis spürte die Abneigung des Flugkapitäns, aber er schluckte seinen Ärger hinunter. Er war auf das Cockpit angewiesen. Plötzlich klopfte es draußen an der Tür. „Gibt’s was Neues, Brett?” rief Davis zur Tür. Er wartete einige Sekunden ab, dann sah er Franks Kopf, der in der geöffneten Tür 41
„Versuch’s doch mal!” riet ihm Frank grinsend. „Cummings habe ich schon vor ‘ner halben Stunde schlafen gelegt, und Halsey hat eben sein Fett wegbekommen. Du bist allein, Davis, und dein Spiel ist aus. Es gibt keinen Flug nach Caracas. Es hat nie einen gegeben.” „Wer bist du?” flüsterte Davis und blickte Frank wütend an. Er war kurz vor der Explosion, das konnte man dem Gangster deutlich ansehen. „Ich heiße Frank Reynolds und bin Privatdetektiv aus New York. Ich hörte von der Sache am Airport. Davis, meine Sekretärin war als Passagier an Bord, und deswegen habe ich eingegriffen. Die ganze Sache war mit dem FBI abgesprochen, von Anfang an. In dem Augenblick, wo du selbst dafür gesorgt hast, dass ich mit raus aus dem Staatsgefängnis kam, hast du dir deine eigene Grube gegraben.” „Frank Reynolds!” keuchte der Gangster, als er die Worte des Detektivs vernahm. „Von dir hab ich schon gehört. Sie nennen dich doch auch Mister Bronx?” „Stimmt, Amigo”, gab Frank zurück. „Und du selbst bist in die Falle getappt. Tut mir leid, das zu sagen, aber dein Spiel ist jetzt zu Ende. Dreh dich um und geh ganz langsam nach vom.” Davis murmelte einen leisen Fluch und tat, was ihm Frank befahl. Doch plötzlich duckte er sich und wirbelte gleichzeitig herum. Seine rechte Hand zuckte hoch und traf Franks Arm. Reynolds war von dieser Reaktion selbst überrascht. Deshalb konnte er nicht verhindern, dass Davis ihm den Colt aus der Hand schlug. Jetzt waren beide Gegner waffenlos. „Ich mach dich fertig, du Verräter!” keuchte Davis und holte mit der Rechten zu einem gewaltigen Schwinger aus, der Frank sicherlich ins Reich der Träume geschickt hätte. Doch Frank war nun auf der Hut. Mit der Faust blockte er den Hieb des Gegners ab und ließ sich nach hinten fallen. Gleichzeitig riss er die Beine hoch und stieß zu. Der Gangster schrie auf und wurde hart zurückgestoßen. Frank rappelte sich sofort hoch und stürzte sich auf den Gangster. Ein Kinnhaken ließ Davis aufstöhnen, und als Frank ihm einen weiteren Hieb verpasste,
auftauchte. „Ach du bist es, Landers”, sagte Davis und blickte den vermeintlichen Kumpan an. „Gibt’s irgendwelche Neuigkeiten?” „Wie man’s nimmt”, gab Frank gelassen zurück und bemühte sich, seine Nervosität nicht allzu sehr zu zeigen. „Cummings macht ein bisschen Ärger. Er hat sich gerade eins von den Mädchen geschnappt, und die will nicht. Ich hab’ ja nichts gegen ein bisschen Spaß, aber er geht doch ein bisschen rau mit ihr um. Auf mich hört er nicht, und deswegen dachte ich, dass du dem mal sagst, dass er die Finger von dem Mädchen lässt.” „Verdammt noch mal, haben die denn nur Weiber im Kopf?” schimpfte Davis und erhob sich. „Gut, ich gehe mit und sag’ den beiden meine Meinung.” Dann wandte er sich um und sah Jensen an. „Sie verhalten sich ruhig hier, ist das klar?” Davis folgte Frank, und gemeinsam verließen die beiden das Cockpit. Frank atmete auf, als die Tür hinter ihnen zuschlug. Die leere Business Class befand sich jetzt vor ihnen, und Davis beeilte sich, nach hinten zur Economy Class zu kommen. Das war der Augenblick, in dem Frank eingriff. Er zog den Revolver aus dem Gürtel. „Bleib stehen, Davis, und rühr dich nicht!” sagte er mit harter Stimme. „Wenn du eine falsche Bewegung machst, dann drücke ich ab.” Davis blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Noch wandte er Frank den Rücken zu, aber das bedeutete nicht, dass er schon aufgegeben hatte. „Nun mach schon!” forderte ihn Frank erneut auf. „Lass deine Waffe fallen, oder soll ich erst Ernst machen?” Davis fluchte wild drauflos, war aber gezwungen, Franks Aufforderung nachzukommen. Vorsichtig streckte er die rechte Hand aus und öffnete sie. Der Colt entglitt seinen Fingern und polterte auf den Boden. „Landers, hast du nicht mehr alle Tassen im Schrank?” zischte Davis wütend. „Was soll das Ganze? Willst du mich etwa aufs Kreuz legen? Denk dran, du bist allein, und wenn ich nach Halsey und Cummings rufe, dann geht es dir schlecht.” 42
Ines gebracht hatte. Überhaupt war er für die Crew der Lebensretter, aber Frank wollte keinen großen Dank. Für ihn war es selbstverständlich gewesen. Mit einem Mal wich die Wolkendecke und gab den Blick auf die Landschaft frei. Tief unter dem rechten Triebwerk zeichnete sich der Airport ab. Kapitän Jensen steuerte gerade die Landebahn an. Die Boeing 747 sank immer tiefer, und wenige Augenblicke später erfolgte der Bodenkontakt. Es gab einen sanften Rück, als die Maschine aufsetzte und dann abbremste. Jensen ließ das Flugzeug ausrollen und steuerte dann auf die Abfertigungshallen zu. Minuten später kam das Flugzeug zum Stehen. Flughafenpolizei und Sicherheitsbeamte eilten von allen Seiten herbei. Die drei Gangster wurden sofort abtransportiert, während Frank und die Crew alle Hände voll zu tun hatten, um sich vor den Presseleuten in Sicherheit zu bringen. Die Reporter hatten den Flughafen belagert, kurz nachdem sich die Nachricht verbreitet hatte, dass die entführte Maschine hier in Fort Worth landen würde. Die Polizei schirmte die erschöpften Menschen vor den Reportern ab. Erst jetzt hatte Ines Gelegenheit, sich bei Frank im Namen der Crew für seine Hilfe zu bedanken. „Sie können sich revanchieren”, schlug ihr Frank vor. „Ich war lange nicht mehr in Fort Worth. Wie wär’s? Gehen Sie mit mir heute Abend essen?” Ines lächelte und nickte. „Das würde jede meiner Kolleginnen heute für Sie tun. Aber danke, dass Sie mich zuerst gefragt haben.” „Dann geht die Sache also klar”, erwiderte Frank. „Wo kann ich Sie abholen?” „Im Hyatt Regency. Das ist unser CrewHotel”, gab die blonde Stewardess zurück und folgte dann dem Rest der Besatzung, für die der Bus am Airport-Ausgang schon bereitstand. Frank verabschiedete sich und eilte zu einem Telefon. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er die Nummer von Phil Stuart gewählt hatte. „Phil, ich bin’s, Frank!” meldete sich Reynolds, als er die Stimme des Captains am anderen Ende der Leitung vernahm. „Es ist
war es mit dem Mut des Gangsters vorbei. Der Kampf dauerte nur noch wenige Augenblicke, bis ihn Frank für sich entschieden hatte. Während Davis stöhnend in der Ecke kauerte, bückte sich Frank nach der Pistole, die der Gangster fallen gelassen hatte, und hob auch seine eigene Waffe auf. „Nun steh schon auf, du Verbrecher!” befahl er dem besiegten Gegner. „Ich hatte dir doch gesagt, dass wir beide jetzt nach vorn gehen, und dabei bleibt es, verstanden?” Jetzt tauchte der Köpf des Pursers auf, der sich die ganze Zeit hinter dem Vorhang versteckt hatte und sich vor lauter Angst nicht getraut hatte, in den Kampf einzugreifen. Frank lächelte bitter. Zwischen den Filmen auf der Leinwand und der harten Realität, die er selbst aus eigener Erfahrung gut kannte, bestand schon ein Unterschied. „Fesseln Sie den hier auch!” forderte Frank den Purser auf. „Jetzt ist das Trio komplett.” Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Fesseln bei Davis gut saßen, bat er den Purser noch, das Cockpit zu informieren, während er selbst mit vorgehaltener Waffe Davis nach vorn trieb. * Jensen hatte sofort Funkkontakt mit dem Tower des Dallas / Fort Worth Airports. Mit knappen Worten gab er den aktuellen Situationsbericht durch und beendete dann seine Durchsage. Es dauerte nicht lange, bis er die Landeerlaubnis erhielt. Wenig später stieß die Boeing 747 nach unten. Frank selbst hatte es sich wieder hinten in der Economy Class bequem gemacht. Die drei Gangster saßen gefesselt in den Sitzen und grübelten jetzt wohl darüber nach, weshalb sie auf Frank hereingefallen wären. Aber das half ihnen auch nicht mehr. Für die nächsten Jahre würden sie gesiebte Luft atmen, und diesmal kamen sie nicht mehr so schnell heraus. Die Maschine durchstieß das dichte Wolkenfeld. Frank, der aus dem Fenster sah, entdeckte nur eine dichte Wolkenwand, während er an dem Gin Tonic nippte, den ihm 43
bis in zwei Tagen, okay?” Er wartete nicht ab, was Phil sagte, sondern legte einfach auf. Frank wusste, dass Phil ihm nicht böse war. Stuart gönnte ihm die zwei Tage Ruhe, und die waren bitter nötig nach all den gefährlichen Stunden, die Frank durchgemacht hatte. Phil würde es Mandy erklären. Frank verließ die Telefonzelle, suchte ein Taxi und sagte zum Fahrer: „Fahren Sie mich zum Hyatt Regency!”
alles okay und…” „Ich hab’s schon im Radio gehört!” brüllte Phil vor Freude. „Du Teufelskerl! Ich wusste doch, dass du es schaffst! Wann kommst du zurück? Mandy und ich kommen sofort zum Kennedy Airport.” „Ich bleib’ noch zwei Tage hier”, gab Frank zurück und konnte sich jetzt das erstaunte Gesicht Stuarts gut vorstellen. „Da gibt’s jemand, der sich bei mir bedanken möchte, und da habe ich nicht nein gesagt. Also dann
Ich habe jedoch bis heute nicht die dramatischen Stunden an Bord vergessen. Verdammt viel Glück habe ich gehabt, sonst hätte das nie geklappt. Je länger ich darüber nachdenke, umso bewusster wird mir auch heute noch, dass ich während dieses Fluges einen guten Schutzengel an meiner Seite gehabt habe. Mehr als einmal stand die ganze Sache auf Messers Schneide – aber was tut man nicht alles, um Menschenleben zu retten? Sie haben mir hinterher einen Orden verpasst, auf den ich aber nicht sonderlich viel Wert lege. Wichtig war es mir, diesen Halunken das Handwerk gelegt zu haben. Und ich habe einen besonderen Menschen kennen gelernt, der mir bei einem meiner Fälle später wieder begegnete. Aber das ist eine andere Geschichte... ENDE
Im Mai erscheint Mr. Bronx Nummer 3: GEFÄHRLICHE JAGD von Alfred Wallon
Mr. Bronx erscheint bei vph Verlag & Vertrieb Peter Hopf, Goethestr. 7, D-32469 Petershagen. © Copyright aller Beiträge 2003 bei Alfred Wallon und vph. Nachdruck, auch auszugsweise, nur nach schriftlicher Genehmigung durch den Verlag gestattet. Lufthansa und Kranich-Emblem © 2003 Deutsche Lufthansa AG. Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.
44