Ingrid Gottschalk Kulturökonomik
Ingrid Gottschalk
Kulturökonomik Probleme, Fragestellungen und Antworten
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Ingrid Gottschalk Kulturökonomik
Ingrid Gottschalk
Kulturökonomik Probleme, Fragestellungen und Antworten
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage Dezember 2006 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Frank Engelhardt Der VS Verlag für Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15014-7
Inhalt
Abbildungsverzeichnis Vorwort
:
8 11
1 Die okonomische Bettachtung von Kunst utid Kultur 1.1 Der okonomische Ansatz 1.1.1 Zur Verbindung von Okonomie undKiiltur 1.1.2 Okonomische Grundprinzipien 1.2 Grundlagen der Kulturokonomik 1.2.1 Begiiffe und Definitionen 1.2.2 Anwendungen imd Folgen 1.3 Zur Doppelnatur von Kunstgiitern 1.3.1 Private und offentHche Giitereigenschaften 1.3.2 Kunstgiiter und soziale Werte 1.4 Ansatzpunktekulturokonomischer Analyse 1.4.1 Volks- \md betriebswirtschaftliche Schwerpunkte 1.4.2 Die Ansatzpunkte im Uberblick
13 13 13 16 19 19 25 27 27 29 31 31 33
2 Mafkte und Markteingiiffe bei Kunstgiitern 2.1 Das Entstehen von Markten 2.1.1 Die unsichtbare Hand 2.1.2 Giiterkategorien und Marktversagen 2.2 Die Baumorsche Kostenkrankheit 2.2.1 Kulturanbieter in der Produktivitatsfalle 2.2.2 Konsequenzen der Kostenkrankheit 2.3 Grundlagen und Wege staatlicher Kulturforderung 2.3.1 Das Pro und Contra staatlicher Interventionen 2.3.2 Ankniipfiingspunkte staatlicher MaBnahmen 2.4 Marktkorrekturen bei Anbietern und Nachfragern 2.4.1 Korrektur des Angebots: Subventionen als Zuwendungen 2.4.2 Korrektur der Nachfrage: Subventionen durch Gutscheine
38 38 38 39 46 46 47 49 49 51 54 54 57
Inhalt
3 Okonomische Analyse des Kulturangebots 3.1 Die Motivation der Kiinstier 3.1.1 Kreativitat als Impetus 3.1.2 Zur Rationalitat kiinstierischen Handelns 3.2 Fimdierung des Kiiltixrangebots 3.2.1 Public Private Partnership 3.2.2 Kultursponsoring 3.2.3 Kulturkarte 3.3 Wirkungen des Kulturangebots 3.3.1 Der volkswirtschaftHche Beitrag 3.3.2 UmwegrentabiHtatsrechnungen 3.3.3 Kultur als Standortfaktor 3.4 Bewahriing von Kunst durch Sicherung des Kulturerbes 3.4.1 Kulturerbe als sozialer Wert 3.4.2 Zahlungsbereitschaft der Bevolkerung
62 62 62 63 64 64 68 70 75 75 78 81 83 83 84
4 Okonoinische Analyse der Kulturnachfrage 4.1 Die Motivation der Kulturkonsumenten 4.1.1 Kunst konsumieren 4.1.2 Kunstkonsum als Selbstverwirklichung 4.1.3 Der Erlebnisfaktor im Kunstkonsum 4.2 Kunst und Kultur als Konsumentscheidung 4.2.1 Der Entscheidxingsprozess 4.2.2 Die Souveranitat des Kunstkonsumenten 4.3 Nachfrage nach Kunst und Kultur 4.3.1 Rationalitat als Verhaltensprinzip 4.3.2 Determinanten der Nachfrage 4.4 Wirkungen des Kulturkonsums 4.4.1 Individuelle und soziale Funktionen 4.4.2 Distributive Effekte
88 88 88 91 93 95 95 99 101 101 102 105 105 107
5 Kultufokonomische Analyse in der Anwendung 5.1 Offnung von Kulturinstitutionen 5.1.1 Value Marketing 5.1.2 Museumsshops 5.2 Der Kulturkonsument im Fokus 5.2.1 Wiinsche von Konzert- und Theaterbesuchern 5.2.2 Museen als Publikumseinrichtungen
110 110 110 116 121 121 127
Inhalt
5.3 Neue Finan2ienmgswege 5.3.1 Sponsern und Spenden 5.3.2 Die Kultufkarte aus Anbieter- und Nutzersicht 5.4 Neue Angebotswege 5.4.1 Kunstvermittliing im Internet 5.4.2 Musikdownloads
136 136 143 148 148 151
6 Konsequenzen fur Kunst und Kultur 6.1 Fordetxing des Kulturangebots 6.1.1 Stabilisierung der Rahmenbedingungen 6.1.2 Starkung des Kulturbewusstseins 6.2 Forderung der Kulturkonsumenten 6.2.1 Erhohung der Kulturkompetenz 6.2.2 Forderschwerpunkt junge Konsumenten 6.3 Auswege aus der Finanzierungskrise 6.3.1 Analyse von Krisenherden 6.3.2 Private Initiative fordern 6.4 Fazit und Ausblick
156 156 156 157 161 161 164 166 166 173 176
7 Literaturverzeichnis
181
8 Register 8.1 Sachregister 8.2 Autorenregister
196 196 202
Abbildungsverzeichnis
Abbildimg Abbildung Abbildiing Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung
1: Entscheidimgs- imd Handlimgsmodell 2: Okonomische Grundprinzipien 3: Teilbereiche der Kultxir 4: Kulturokonomische Abgrenzung von Kunst 5: Die Doppelnatur von Kunstgiitern 6: Gesamtgesellschaftliche Wirkungen von Kunst 7: Kultur in wirtschaftswissenschaftHcher Perspektive 8: Ansatzpunkte kulturokonomischer Analyse 9: Giiterkategorien und externe Effekte 10: Meritorische Giiterarten 11: Ankniipfiingspunkte staatHcher MaBnahmen 12: Das Grundmodell der Kulturgutscheine 13: Das Public Private Partnership-Portfolio 14: Public Private Partnership als Struktur-Modell 15: Verflechtungsmodell des Kiiltursponsorkig 16: Grundstruktur des Modells der Kulturkarte 17: Der Kvinst- und Kulturbereich als Zahlungsempfanger und Steuerzahler Abbildung 18: Kulturausgaben in der Kreislaufbetrachtung Abbildung 19: Kunstgiiter in Angebot und Nachfrage Abbildung 20: Bediirfnispyramide nach Maslow Abbildung 21: Dimensionen des Erlebnisses Abbildung 22: Konsumieren als Prozess Abbildung 23: Verhaltensintentionsansatz Abbildung 24: Verhaltensplanungsansatz Abbildung 25: Individueller und sozialer Nutzen des Kunstkonsums Abbildung 26: Determinanten des realisierten Konsumentenwerts Abbildung 27: Aufwertung des Museumsbesuchs Abbildung 28: Image von Kunstmuseen Abbildung 29: Vorteile von Museums shops Abbildung 30: Nachteile von Museumsshops Abbildung 31: Bevorzugtes Angebot in Museumsshop
14 16 22 23 27 30 32 34 43 44 51 59 66 67 70 72 77 79 91 92 93 95 96 97 106 Ill 114 115 118 118 119
Abbildungsverzeichnis
Abbildimg Abbildung Abbildimg Abbildung Abbildimg Abbildung Abbildimg Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung
32: Anliegen an einem Konzertbesuch 123 33: Vorteile des Theaterbesuchs 125 34: Nachteile des Theaterbesuchs 126 35: Vorteile und Nachteile des Museumsbesuchs 133 36: Externe Barrieren des Museumsbesuchs 134 37: Interne Barrieren des Museimisbesuchs 134 38: Psychologische Hemmschwellen 135 39: Vorteile der Kulturkarte 145 40: Nachteile der Kulturkarte 146 41: Vor- und Nachteile der Kulturkarte: Diskrepanzen zwischen Anbietern und Kosumenten 147 42: Gewiinschte Eigenschaften von Musikdownloads 153 43: Analytischer Rahmen fiir Kulturbewusstsein und Kulturhandeln.160 44: Analyse der Kdsensituation 166 45: Systematisierung von Kdsenherden 167 46: Maximale Preisbereitschaften 172 47: Anteilige Kulturfinanzierung 174
Vorwort
Kulturokonomik bringt zwei Bereiche zusammen, die nicht zusamnien gehoren — so denken vermutlich nicht wenige, die den Titel dieses Lehrbuches lesen. Es ist eine besondere Herausforderung, sich diesen kritischen Stimmen zu stellen und die Vorbehalte gegen die Verbindung von Kultur und Okonomik zu widerlegen. Die zentxale Aufgabe dieses Buches liegt deshalb darin, die grundlegende Vereinbarkeit und den speziellen Nutzen okonomischen Denkens und Handelns in Kunst und Kultur zu erlautern und anhand ausgewahlter Beispiele zu belegen. In den beiden Anfangskapiteln geht es um die Darlegung des okonomischen Ansatzes, dessen Terminologie und Vorgehensweise. Marktkonstellationen und die Notwendigkeit offentUcher Eingriffe im Kulturmarkt werden diskutiert, das bekannte Phanomen der Baumol'schen Kostenkrankheit vorgestellt und in seinen Konsequenzen erlautert. Im Weiteren stehen die Analyse von Kulturangebot und Kulturnachfrage im Zentrum. In dem Zusammenhang wird beispielsweise die Frage behandelt, ob Geld kreativ macht oder ob Kulturkonsumenten souveran sein konnen und inwieweit sie eine Mitsprache hinsichtlich des Kulturangebots haben sollten. Die theoretische Analyse wird durch die Daten eigener empirischer Erhebungen mit Kulturanbietern und Kulturnachfragern sowie Recherchen in Kulturinstitutionen erganzt. Hilft Kulturokonomik Kunst und Kultur? Das ist dann der Fall, wenn die Moglichkeiten der Forderung bei Anbietern und Konsumenten ausgeschopft und mit den Konsequenzen der kulturokonomischen Analyse der Krisenherde verkniipft werden. Die folgenden Ausfiihrungen basieren auf der kreativen Zusammenarbeit, die gemeinsam mit den Studentinnen und Studenten von 1995 bis 2000 in der von der Autorin an der Universitat Hohenheim gehaltenen Vorlesung Kunst und Konsum geleistet wurde. Diese Arbeit konnte mit Erfolg in der Vorlesung Kulturokonomik im Studiengang Kulturmanagement an der Padagogischen Hochschule Ludwigsburg sowie im gleichnamigen Vortrag an der Universitat Kiel im Sommersemester 2005 fortgesetzt werden. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Veranstaltungen, denen ich neben anregenden Diskussionen und wertvollen Hinweisen auch die insbesondere in Kapitel 5 zitierten Diplomarbeiten und Seminararbeiten verdanke, ist dieses Buch gewidmet.
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Vorwort
Ein herzlicher Dank gebiihrt auch Stefanie Uhrich und Ina Hamann fiir die optisch perfekte Erstellimg der Abbildungen sowie meiner Lektorin Gabi Franz fiiir die personliche Betreuung und die professionelle Umsetzung des Manuskriptes. Frank Engelhardt hat mir als zustandiger Lektor im VS Verlag fiir Sozialwissenschaften den notwendigen Spielraum gelassen, dafur danke ich ihm sehr herzlich. Dieses Lehrbuch ist eine Einfuhrung. Sie richtet sich an Studentinnen und Studenten in den Anfangssemestern, aber auch an Fortgeschrittene, an Dozenten und an Praktiker. Mthilfe von vielen Beispielen und fast fimfzig Abbildungen wird die Kulturokonomik anschaulich dargestellt und als theoretisch anspruchsvolles imd in der Anwendung hoffentlich hilfreiches Forschungsfeld etabHert.
Ingrid Gottschalk
Stuttgart-Hohenheim im September 2006
1 Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
1.1 Det okonomische Ansatz /. /. / Zur Verhindung von Okonomie und Kultur Viele Menschen sehen in Kunst imd Kultur einen Bereich auBerhalb der okonomischen Sphare. Okonomisches Denken iind Handeln passt nach Meinung jener nicht 2u dem kontroversen wie fragilen und emotionsbeladenen Raum kiinstlerischen Schaffens und Erlebens. Auf dieser Linie liegen Argumente wie die, dass Kunst und Kxiltur „an sich" gut und von vornherein iiber jeden Zweifel, aber auch iiber jede Bewertungsmethode erhaben seien: The arts are a good thing (Baigent 1975, S. 171f.). Sie scheinen die Ansicht 2u verkorpern, dass das Einnehmen der okonomischen Perspektive die Kimst auf eine ihr unangemessene, niedrigere Ebene herabziehen konnte, etwa indem Buchhalteransatze und Kramerdenken Einzug hielten. Dahinter steckt die Befurchtung, Kunst und Kultur konnten den ihnen eigenen Zauber, das Entriickte, Mystische, Unerklarliche und Unantastbare verlieren. Die Folge der Okonomisierung von Kunst und Kultur seien bereits beobachtbare Tendenzen von Verflachung und Trivialisierung, kurz die Kommerzialisierung der Kunst insgesamt. Die Okonomen selbst beurteilen diese Entwicklung verstandlicherweise anders, aber durchaus mit Sensibilitat gegeniiber den Beriihrungsangsten. Die Verbindung zwischen Kunst und Okonomie konne als ein gewagtes Unterfangen charakterisiert werden, sie sei aber gegeben und wissenschaftlich zu belegen (Krieger 1996, S. 19). In der Tat bestimmen Kultur imd ZiviHsation zwangslaufig unser Denken und Handeln sowie lansere Vorlieben auf der einen Seite, die sich deren VerwirklichiHig entgegenstellenden Restriktionen auf der anderen Seite, und sie werden in Riickkoppelung ihrerseits von den okonomischen EinflussgroBen gepragt. Diese Zusammenhange werden in Abbildung 1 in einem einfachen okonomischen Entscheidungs- und Handlungsmodell mit dem Schwerpunkt auf den Interdependenzen zwischen Wirtschaft und Kultur dargestellt. Im Zentrum von Abbildung 1 steht das einzelne Wirtschaftssubjekt. Es entscheidet und handelt gemaB den durch seinen individuellen Geschmack bestimmten Praferenzen (Samuelson und Nordhaus 2005, S. 54). Aufgrund subjektiver Vorlieben
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
Entscheidungs- und Handlungsmodell
Praferei iz-ei i
Wirtschaft
^
•
Entscheiden und Handein
Kultur
Restriktionen
Abbildung 1: Entscheidungs- und Handlungsmodell
mochte sich der Einzelne bestiimnte Wiinsche erfullen, andere dagegen nicht oder zumindest nicht gleich. Es gibt eine schon lang wahrende und auch noch anhaltende okonomische Diskussion dariiber, ob die Rangfolge der Wiinsche des Individuums als fest vorgegeben anzusehen ist oder aber ob sie als beeinflussbar und veranderlich angenommen werden kann. Lange herrschte uneingeschrankt die Auffassung vor, das s Praferenzen gegeben und von okonomischer Seite nicht weiter zu hinterfragen seien. Die erst in jiingerer Zeit verstarkt auftretende Diskussion um die Endogenisierung von Praferenzen in die okonomische Analyse zeigt, dass diese strikte Linie nicht mehr verfolgt wird, vielmehr eine Wechselwirkung unterschiedlicher Faktoren auf die angestrebten aktuellen Entscheidungen und Handlungen angenommen wird. Die Aufgabe der Annahme fixer, durch das okonomische System nicht erklarbarer VorUeben fiihrt zu der Erkenntnis, dass die Wiinsche der Konsumenten durch den okonomischen Prozess selbst beeinflusst werden und Veranderungen unterliegen konnen. In diesem Prozess ist zum einen der Erfahrungsschatz von Bedeutung. Der einzelne hat ihn durch bereits getatigtes Verhalten, den vergangenen Konsum, erworben. Das gilt fiir die eigenen Erfahrungen ebenso wie fiir die Erlebnisse mit anderen, mit deren Konsumverhalten oder deren Einflussnahme auf das eigene Handein. Wichtig sind zum anderen die Planungen fiir die Zukunft. Sie werden unter Umstanden so getroffen, dass sie die Befriedigung von Wiinschen der Gegenwart zu Gunsten von besseren zukiinfdgen Konsummoglichkeiten zuriickstellen lassen. Gary Becker, Nobelpreistrager fiir Wirtschaftswissenschaften von 1991, spricht in diesem Zusammenhang von der Anhaufimg personlichen und sozialen Kapitals, die zusammen in das Hximankapital eingehen. Beide Komponenten werden durch
Der okonomische Ansatz
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Erfahrimgen, so2iale Intemktionen iind kulturelle Einfliisse kontinuierlich modifiziert iind verandern ihrerseits den Geschmack iind die Praferenzen der Wirtschaftsakteiire (Becker 1996, S.3f£). In ahnlicher Quintessenz fiiir die erfahrungsabhangige, soziale und kulturelle Einbettung von individuellen Vorlieben fiiir die eine oder andere Art zu entscheiden und zu handeln, aber terminologisch anders, werden auch gewohnliche Praferenzen und ihnen libergeordnete Meta-Praferenzen unterschieden. Letztere beinhalten die Riicksichtnahme des Einzelnen im Geflecht des sozialen Miteinanders. So konnen etwa moralische Erwagungen individuelle Wiinsche modifizieren oder sogar zuriickdrangen (Priddat 1998). In Abbildung 1 werden diese mehrfach interdependenten Beziehungen durch Doppelpfeile zwischen den betrachteten GroBen symboHsiert. Der Einzelne hat VorUeben, die sich an die Bereiche von Wirtschaft und Kultur richten. Er wird umgekehrt von Erfahrungen, Erlebnissen und Anspriichen aus beiden Aktionsfeldern beeinflusst. Sie konnen, wie eben ausgefiihrt, sein Handeln befliigeln oder begrenzen. Dariiber hinaus steht jedes Individuum vor den ihm eigenen Grenzen seines Tuns. Diese Restriktionen werden verkorpert durch das AusmaB, in dem es iiber Mittel bzw. Ressourcen verfiiigt, die ihm zur Befriedigung seiner Wiinsche zur Verfiiigung stehen und ihn zur Erfullung seiner Wiinsche befahigen. Diese Mittel schopft der Einzelne aus sich selbst oder bekommt sie von anderen zur Verfiiigung gestellt, etwa dem Staat. Zusammen genommen handelt es sich um das Reservoir an Geld und Zeit, Intelligenz und Kraft, iiber das der Einzelne verfiiigt. Das Umfeld aus Wirtschaft und Kultur kann dazu beitragen, diese Grenzen zu iiberwinden, indem zum Beispiel Ideen aufgezeigt und Losungswege effizienter Nutzung knapper Mittel angeboten werden. Was hier noch wie „Fachchinesisch" klingen mag, wird in der spateren kulturokonomischen Analyse Bedeutung und in konkreten Anwendungsfallen auch iiberzeugende Plausibilitat erlangen. Beispielsweise leuchtet ein, dass Kunstgenuss von den bereits gesammelten Erfahrungen, dem Wis sen um die Kunstgegenstande und dem gemeinsamen sozialen Erlebnis entscheidend beeinflusst wird und auch den Wunsch fiir weiteren Kunstkonsum pragt. Die Abhangigkeit der Praferenzen vom eigenen vergangenen und zukiinftig geplantem Verhalten sowie dem Agieren anderer im sozialen und kulturellen Umfeld erklart sich hier ohne Zogern. So kann die kulturokonomische Forschung einen entscheidenden Hinweis zur Bekrafdgung der Endogenitat von Praferenzen leisten (vgl. DiMaggio 1994, S. 29). Diese Verstarkerftmktion fur die Entwicklung der okonomischen Theorie geUngt der Kulturokonomik auch in anderen Bereichen (Hutter 1996).
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
1.1.2 Okonomische Grundpritif^pien
Im Mittelpunkt des okonomischen Ansatzes auf individueller Ebene stehen die Entscheidungen und die Handlimgen des Einzelnen. Ausloser sind Praferenzen, die vor dem Htntergrund gegebener Restriktionen und angesichts von Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur bestmoglich befriedigt werden sollen. Hiermit korrespondieren in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung Prinzipien des als sinnvoll erachteten okonomischen Handelns. Sie verkorpern einen gemeinsamen Codex von Okonomen, auch von Vertretern unterschiedlicher Richtungen. Ihre universelle Giiltigkeit formuliert der Harvard-Okonom Mankiw, sicher nicht ohne gewiinschte Assoziation, in Form von zehn Grimdprinzipien, man konnte sie wohl auch als „Gebote" bezeichnen (Mankiw 1998, S. 3ff.). In Anlehnung an diese Diskussion werden in Abbildung 2 sechs grundlegende Vorstellungen und Grundlagen okonomischer Analyse aufgefuhrt, die sich im Folgenden als besonders bedeutsam fur die kulturokonomische Betrachtung herausstellen werden. Sie tauchen, mit nur geringen terminologischen Unterschieden in der einen oder anderen Variante, als vereinheitHchende Ideen in der okonomischen Diskussion auf.
(1) Knappheit Auf der grundlegenden Erkenntnis, dass die den Menschen zur Verfiigung stehenden Mittel nur begrenzt vorhanden sind, basiert jegliches okonomisches Denken. Knappheit ist das Gegenteil von Uberfluss. Knappheit bestimmt auch, aber nicht Okonomische Grundprinzipien
Opportunitatskosten
Knappheit
Wirtschaftlichkeit
Wirtschaften
Nachhaltigkeit Abbildung 2: Okonomische Grundprinzipien
Konsumentensouveranitat
Arbeitsteilung
Der okonomische Ansatz
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allein, den Wert der vorhandenen Ressource. Hinzu kommen miissen die Wiinsche der Handelnden. Alles, was knapp undhegehtt ist, steigt in der Gxinst der Menschen. Fiir knappe Giiter, die niemand will, gilt das nicht.
(2) Wirtschaftlichkeit Wenn man nicht alles von allem haben kann, wie man es vielleicht gern hatte, dann muss man weise, haushalterisch mit dem Verfiigbaren umgehen. Man muss Nettoergebnisse kalkulieren, oder, anders ausgedriickt, Kosten und Nutzen einer Handlung in ein sinnvolles Verhaltnis bringen. Die hier in Anwendung zu bringende Handlungsanweisung zur Bestausnutzimg knapper Mittel ist als Wirtschaftlichkeitsprinzip bzw. okonomisches Prinzip in zwei Auspragungen bekannt. Es gilt: • Mit den vorhandenen Mitteln das Maximale zu erreichen (Maximalprinzip). Oder: • Ein gegebenes Ziel mit einem minimalen Mitteleinsatz zu realisieren (Minimalprinzip).
(3) Nachhaltigkeit Erst in jiingerer Zeit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Wirtschaftlichkeit nicht nur fur die Gegenwart, sondem auch fur die Zukunft Bestand haben muss. Nachhaltiges Handeln heiBt so zu wirtschaften, dass auch fur zukiinftige Generationen der Ressourcenerhalt gesichert bleibt. So, wie ein Forstwirt neue Baumchen pflanzt, wenn altere Baxime geschlagen werden, damit sich auch die Nachkommen am Wald erfreuen und ihn nutzen konnen. Neben der wirtschaftlichen spricht man auch von sozialer und kultureller Nachhaltigkeit. Aus der Sicherung von Bestanden und dem sorgsamen Umgang untereinander erwachst das Zukunftspotenzial im sustainable growth. Es erschlieBt sich unmittelbar, dass die Diskussion um die Erhaltung von Kulturerbe hier ihren Nahrboden findet.
(4) Opportunitatskosten Was fur die eine Sache in Gebrauch genommen oder verbraucht wird, ist fiir die andere nicht mehr verfiiigbar. Dieses Denken in entgangenen Alternativen verkorpert eine Selbstverstandlichkeit im okonomischen Gedankengebaude. Opportunitatskosten
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Die okonomische Betrachtung von Kunst iind Kultur
in Ansatz zu bringen heiBt, den Nutzen der nachstbesten, abet nicht realisierten Moglichkeit als Kosten der gewahlten Alternative zu veranschlagen. Das scheint auf den ersten Blick etwas „uni die Ecke gedacht" zu sein. Doch sind die entstehenden Defizite unter Umstanden sehr real spiirbar. Mittel, die der Staat vergibt, konnen nur einmal verteilt werden. Was der Kulturbereich erhalt, geht anderen Sektoren, etwa dem Bildungs- und Gesundheitswesen, verloren und umgekehrt.
(5) Konsumentensouveranitat Die moglicherweise etwas eigentumlich anmutende Assoziation, der Konsument, der Nachfrager nach Giitern und Dienstleistungen, soUe der Herrscher im Wirtschaftsgeschehen sein, ist durchaus wortHch gemeint. Allerdings soil dieses Bild erst am Ende eines Anpassungsprozesses gelten, und auch nicht in jedem EinzelfaU. Langfristig aber sollen sich die Praferenzen der Konsumenten durchsetzen, soil die Angebotsstruktur dem entsprechen, was von Verbraucherseite gewiiascht wird. Grundlage fur diesen Prozess sind freie Markte und Preise, gut informierte und motivierte Konsumenten sowie Anbieter, die in Vorlage treten und mit ihrem Angebot auf die Gunst der Marktteikiehmer hoffen. Das Vorschlagsrecht der Anbieter wird kanalisiert durch die Lenkungsfunktion der Nachfrager. Der Bestimmer in diesem System ist das Individuum. Das Souveranitatspostulat sichert dessen individuelle Bestrebungen, auch wenn sich diese nicht immer und nicht jederzeit durchsetzen lassen.
(6) Arbeitsteilung Die Mittel zur Befriedigung von Bediirfnissen sind nicht gleich verteilt. Erst im arbeitsteiUgen Austausch lassen sich bestmogHche Kombinationen realisieren. Das gilt national wie international. Arbeitsteilung beinhaltet aber nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Konsequenzen. Sie umfasst, den anderen ein Mehr an Konnen und Kompetenz einzuraumen xmd im Gegenzug von anderen Fahigkeiten attestiert zu bekommen. Unter Umstanden, die im Zusammenhang mit der Diskussion um meritorische Giiter noch naher zu erlautem sein werden, kann das Individuum damit einverstanden sein, eigene Entscheidungen an dritte Personen zu delegieren (vgl. 2.1.2). Grundlage ware die individuelle Erkenntnis, dass Andere iiber ein Mehr an Kompetenz verfiigen als man selbst. Dies gilt etwa, wenn Vorschlags- und Entscheidungsgewalt
Grundlagen der Kulturokonomik
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in bestimniten Bereichen von Kunst und Kultur in die Hande der Sachverstandigen gelegt werden. Zusammenfassend lasst sich feststellen, dass in der Knappheit von Ressourcen der Ursprung alien Wirtschaftens steckt. Im Schlaraffenland des tJberflusses bedarf es keiner Okonomen. Die Realitat sieht anders aus. Nicht alles 2u haben, sondern vom Erreichbaren das bestmoglich Kombinierbare, heiBt die Devise. Was sich genau dahinter verbirgt, ist keinesfalls allgemeinverbindlich festzulegen. Richtschnur und MaBstab bleibt immer das Individuxim selbst, auch wenn es von axiBen, durch ErziehxMig, Information und gesellschaftlichen Druck beeinflusst wird und sich beeinflussen lasst. Dieses individuelle Optimum ergibt sich nicht automatisch, sondern ist Ergebnis gezielter, iiberlegter Wahlhandlungen. Okonomisch zu denken und zu handeln heiBt, Vor- iind Nachteile von Handlungsalternativen gegeneinander abzuwagen. „Okonomie ist die Kunst, das Beste aus dem Leben zu machen", so hat George Bernard Shaw in einem Bonmot den Sinn der Okonomie umschrieben (Shaw zitiert 2006). Dieser Zustand ist fiir einen Okonomen dann erreicht, wenn bei den imendlich vielen Wahlhandlungen des Lebens, bei materiellen sowie immateriellen Giitern und Leistungen gleichermaBen, unter dem Strich das Positive iiberwiegt.
1.2 Grundlagen der Kultutokonomik 1.2.1 Begriffe und Deftnitionen In der Einleitung zu seinem 2001 erschienenen kulturokonomischen Lehrbuch verdeutlicht der australische Wissenschaftler David Throsby, wie man sich den Zugang zur Beschaftigung mit Kunst und Wirtschaft am ehesten versinnbildHchen kann. Er tut das durch Personifizierung. Vor unserem geistigen Auge erscheinen die Wirtschaft und die Kunst als Personen mit spezifischen Eigenschaften (Throsby 2001). Ironisch und sicher nicht ganz ernst gemeint charakterisiert Throsby die Wirtschaft als mannHch, etwas iibergewichtig und hypochondrisch, schwatzhaft und nicht immer auf die personliche Frische bedacht. Sie sei in Kiirze eine Person, mit der man nicht unbedingt einen Transatlantikflug als Sitznachbar verbringen mochte. Auf der anderen Seite sei die Kunst vorstellbar als weibHch, intelligent, unvorhersagbar und etwas intrigenhaft. Throsby fiihrt aus, dass diese Metapher iiber Kunst und Wirtschaft, die er als einleitende Bemerkungen fiir seine Vorlesung benutzt hatte, durchaus in Einklang
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Die okonomische Betiachtung von Kunst und Kultur
mit dem zu sein schien, was seine Zuhorer dachten. Die Erklanmg liege zirni einen darin, dass vielleicht jeder gern einmal einen Witz auf die Wirtschaft machte. Noch wahrscheinlicher aber sei ziim anderen, dass Kunst als Ratsel angesehen wikde, dessen Geheimnisse nur schwer zu entschliisseln seien. Vielleicht, so konnte man hinzufiigen, mochten die Menschen diesen Versuch auch gar nicht wagen, in der Befiiirchtung, der Zauber konne verloren gehen. Die Einengung der okonomischen Analyse auf das Handfeste und Bodenstandige, das die Kunst auBerhalb des okonomischen Rasonierens und Kalkulierens platziert, hat Tradition. Die Vorstellung, die Okonomik sei ein lediglich auf materiellen Wohlstand ausgerichteter Ansatz, geht schon zuriick auf das 19. Jahrhundert. Dort wurden die Okonomen als pig-philosophers, Schweinephilosophen verspottet, die den Materialismus predigten (Peacock 1992, S. 13). Das mag nicht ganz so hasslich gemeint gewesen sein, wie es in unseren Ohren klingt. Schweine standen immerhin fiir Reichtum und satten Wohlstand. Doch wurden durch dieses Petitum dem okonomischen Wirkungsraum enge Grenzen auferlegt. Was aber berechtigt die Okonomen unserer Tage, ihr Instrumentarium auf den Bereich Kunst und Kultur auszudehnen, der so ganz anders als der herkommliche Bereich wirtschaftswissenschaftUcher Analyse zu sein scheint? Als erstes ist festzuhalten, dass sich die Wirtschaftswissenschaft nicht mehr von ihrem Gegenstandsbereich, sondern von der sie kennzeichnenden Methodik definiert. Die moderne Okonomik versteht sich als Anleitung zur Problemlosung, als Lehre vom zweckrationalen Verhalten. Okonomische Probleme entstehen im Grundsatz dadurch, dass die Gesellschaft insgesamt weniger an Mitteln zur Verfiigung hat, als sie gern hatte, um ihre Bediirfnisse zu befriedigen. Vor diesem Hintergrund definiert sich die Wirtschaftswissenschaft als Analyse dariiber, wie die Gesellschaft ihre knappen Ressourcen bewirtschaftet (Mankiw 1998, S. 4; Mankiw 2001, S. 4). Dadurch, dass die Okonomik ein gemeinsames Reservoir an Ideen und Konventionen akzeptiert und anwendet, verkorpert sie nach Auffassimg von Rubinstein selbst eine Art von Kultur (Rubinstein 2005). Doch was heiBt das im Einzelnen? Als zweites ist deshalb festzulegen, was genau bearbeitet werden soil. Was ist Kunst, was Kultur, und was soil in diesem Zusammenhang die okonomische Analyse bewirken? Zunachst miissen die zentralen Begriffe naher erlautert werden. Auffallend ist, dass beide Begriffe stets in derselben Reihenfolge, als so genannte ZwilHngsformel auftauchen: Kimst und Kultur. In einer Glosse der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem Titel „Mit Ralph und Siegel" ging es um die Herkunft dieser sprachlichen Wendungen. Hintergrimd war das schlechte Abschneiden der deutschen Kandidatin beim Grand Prix d'Eurovision 2002, das deren Produzent in einer ungewohnlichen Worterkombination kommentiert hatte („Der ganze Auftritt klang wie Arsch und Friedrich", vgl. hier und im Folgenden Muschiol 2002, S. 10).
Grundlagen der Kulturokonomik
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Zwillingsformeln werden auch Paarformeln oder Binomiale genannt. Sie treten als Wortgruppe in Erscheinung, deren Umkehr unublich ist. Es heiBt u. a. Messer und Gabel, Bausch und Bogen, Kind und Kegel oder aber Kunst und Kiiltur. Die Umkehr ist nicht iiblich und wiirde sich auch komisch anhoren, wie beispielsweise „niit Trompeten und Pauken". Fiir unseren Zusammenhang ist von Interesse, dass Binomiale zwar mindestens aus drei Wortern bestehen, oft aber als einheitlicher Begriff aufgefasst und wie ein einziges Wort verstanden werden. Dies ist bei Tiir und Tor der Fall, \md wohl auch bei Kunst und Kultur. Die Ubergange sind fliefiend, beide Begriffe zielen auf dasselbe Phanomen, der eine weiter, der andere enger. Das als wichtig Empfiindene wird meist zuerst genannt. Auch in diesem Sinne, aber ebenso in Anlehnung an die Gepflogenheiten kulturokonomischer Lehrbiicher, geht es im Folgenden schwerpunktmaBig, aber nicht ausschUeBHch, um Kunst. Die Termini wechseln aber, ihrer Zwillingshaftigkeit gemaB, Kultur kennzeichnet eher das breite Spektrum, steht fur den Oberbegriff. Die Abgrenzung der Bereiche, die dem Kultursektor im Etnzelnen zugeordnet werden, wird nicht einheitlich vorgenommen. Heinrichs schlagt vor, Kultur unter vier Verstehensweisen zu betrachten (Heinrichs 1997, S. 4f.): 1) Kultur als menschliches Vermogen und dessen Dokumentation, z.B. die Entwicklung des zivilisatorischen Prozesses oder der Umgang mit der Sprache. 2) Kultur als Verhalten, z.B. Alltagskultur im Vereinswesen, im Brauchtum, in Spielen und in Form von Gesprachskultur. 3) Kultur als Bildung, z.B. die Arbeit in Volkshochschulen, in Bibliotheken und in Museen. 4) Kultur als Kunst als der fur den Kulturbetrieb wichtigste und umfassendste Bereich mit alien kiinstlerischen Sparten und der Prodiiktion, Vermittlimg und Dokumentation von Kunst. Kultur kann als MaBstab und gemeinsame Formel, aber auch als anzustrebendes Ziel aller Werte eines Landes verstanden werden - der schon geschaffenen, der entstehenden, der zukiinftig noch moglichen Werte. Sie steht fiir den Bestand, die Tatigkeit und das Potenzial in den Bereichen, die der Weiterentwicklung der Menschen einer Gesellschaft dienen. So wie der lateinische Urspriing des Wortes auf den Ackerbau verweist und die Fruchtbarmachung, Pflege und Veredelung, kurz die Kultivierung der Boden einschlieBt, so gilt die Fiirsorge hier den Personen und deren Fortentwicklung beziiglich ihres Denkens, Fiihlens und Konnens. Man konnte auch sagen, es geht um den Geist, die Moral und die Talente einer Gesellschaft. Es scheint ein „vergebliches Unterfangen" zu sein, den Kulturbegriff umfassend und erschopfend definieren zu woUen (Braun und Gallus 1999, S. 67). Einen
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Die okonomische Betrachtxmg von Kunst und Kultur
Teilbereiche der Kultur
Werte
-
materiell immateriell geschrieben ungeschrieben
Verhalten
- Alitag - Unternehmen - Medien
—
-
Bildung
Kunst
Schulen Bibliotheken Museen Theater
- bildende Kunst - darstellende Kunst - Musik - Literatur
Abbildung 3: Teilbereiche der Kultur
Versuch ist es dennoch wert. Auf einen Nenner gebracht, spiegelt sich Kultur in den materiellen imd immateriellen Werten einer Gesellschaft wider, im Umgang der Menschen untereinander, in der Bildung und in der Kunst. Sie wird verkorpert durch die diesen Bereichen innewohnenden Bestands- und VerhaltensgroBen. Es handelt sich um materielle, physische GroBen auf der einen, um abstrakte, verhaltensbezogene Elemente auf der anderen Seite (vgl. Blackwell et al. 2006, S. 426). Die Kultur eines Landes oder eines Kulturraums ist die Summe gesamtgesellschaftHchen Konnens, Vermogens xmd Verhaltens. Hinter dieser Abgrenzung fiir Kultur steht ein dynamisches, fiir Veranderungen offenes Konzept. Die materiellen Kulturwerte eines Landes sind der sichtbare Teil des Kulturerbes. Hierunter fallen anerkannte Werke vergangener und gegenwartiger Meister, beispielsweise als Zeugnisse historischer und moderner Stadtarchitektur. Die immateriellen Werte sind naturgemaB nicht so greifbar, aber nicht minder kulturpragend. Sie konnen, aber miissen nicht fixiert sein. Beispiele sind Werte, die im Rechtssystem festgeschrieben und in der Rechtsprechung artikuliert werden, ebenso wie ungeschriebene Regeln, die sich u. a. aus moralischen Erwagungen, aus einem latenten Fairnesscodex und dem individueUen Rechtsempfinden ableiten. Im Umgang miteinander spricht man etwa von Alltagskultur, von Unternehmens- oder Kommunikationskultur. Voraussetzung fiir den kulturellen Fortbestand xmd seine Weiterentwicklung ist die im Bereich Bildung zur Verfiigung gestellte Kapazitat sowie die dort in Schulen, Universitaten und Museen geleistete Arbeit (vgl. Abbildung 3). Kultur ist der Oberbegriff, Kimst der fiir den Kulturbetrieb wichtigste und umfassendste Teilbereich. Ublicherweise, und wohl nicht zuletzt um der „Gretchenfrage" aus dem Weg zu gehen, was nun eigentlich Kunst sei — kommt Kunst von Konnen, oder gerade nicht? - wird eine Abgrenzimg nach Themen und
Grundlagen der Kulturokonomik
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Kulturokonomische Abgrenzung von Kunst
Summe der als Kunst angebotenen und nachgefragten Werke und Leistungen
Abbildung 4: Kulturokonomische Abgrenzung von Kunst
Darstellungsformen favorisiert. Als klassische, allgemein gebrauchliche Aufteilung warden die vier Sparten bildende Kxmst (z.B. Malerei, Bildhauerei, Architektur), darstellende Kunst (z.B. Theater, Ballett, Pantomime) sowie Musik (z.B. Oper, Konzerte, Musicals) und Literatur (z.B. Romane, Essays, Gedichte) unterschieden (.\ndreae und Wilflingseder 1980, S. 48). Einer okonomischen Betrachtung sind die dort produzierten Gixter und Leistungen in der Regel dann zuganglich, wenn sie offentlich gemacht werden, einen Markt haben. Aus dieser faktischen Abgrenzung darf selbstverstandlich kein Umkehrschluss gezogen werden. Fraglos bliiht Kunst auch im Verborgenen, ist noch im Entstehen, wird bearbeitet, ist noch nicht offentlich. Doch erst durch das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage wird Kunst okonomisch analysierbar (vgl. Abbildung 4). Die okonomischen Vertreter bemiihen sich darum, Kunst unter einer maximal neutralen Perspektive zu betrachten. Kunst ist das, was sich als Kunst versteht was als Kunstobjekt angeboten und nachgefragt wird (Miinnich 1980, S. 18). Der unfruchtbare Streit um hohe Kiinst auf der einen, Trivialkunst auf der anderen Seite entfallt. Nur der Einzelne entscheidet, was fiir ihn Kunst ist und was nicht. In diesem Sinne gibt es von der okonomischen Denkweise her kein Problem mit der Abgrenzxmg von Kunst bzw. Kultur als dem weiteren, auch gesellschaftliche Phanomene umfassenden Konzept. Unter diesem Blickwinkel ist die Diskussion dariiber, was als Kunst durchgehen kann und was nicht, iiberfliissig. Nicht die - in der Regel selbst ernannte oder sich gegenseitig dazu erhebende - Kunstelite ist hierzu berufen. Wiirde man tatsachlich die „erleuchtete" Elite dariiber beiinden lassen, ware der okonomische Grundsatz verletzt, dass letzten Endes nur die individuellen Praferenzen zahlen sollen (Pommerehne und Prey 1993, S. 9).
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
Zum Zwecke der Erstellung von Kunstgiitern miissen Ressoiircen eingesetzt werden, die fiiir andere produktive Verwendungszwecke nicht mehr zur Verfiigung stehen. Schon aufgrund dieser Knappheitsproblematik, aber auch wegen des Vorhandenseins von Markten, auf denen individuelle Akteure systematisch auf Anreize reagieren imd den okonomischen Handlungsmustern von Angebot und Nachfrage folgen, wird die okonomische Analyse von Kunst und Kultur gerechtfertigt (Pommerehne und Frey 1993, S. 7). Kultur- bzw. Kunstokonomik zielt auf die Analyse der bedeutenden wirtschaftlichen Dimensionen der Kunst — und nicht etwa auf die immanenten Gesetze kiinstlerischen Schaffens (Miinnich 1980, S. 17). Ihre Aufgabe ist die theoretische und empirische Analyse der Abhangigkeiten zwischen Kunst- und Wirtschaftsbereich (Hutter 1989a, S. 461). Im Rahmen der Kunst- bzw. Kulturokonomik wird die moderne wirtschaftswissenschafdiche Denkweise, werden deren Analysemethoden auf den kulturellen Bereich iibertragen (Pommerehne 1983, S. 52). Als Aufgabenbereich der Kulturokonomik ist hervorzuheben, dass es ihr nicht um den Versuch der Einmischung in innere Strukturen geht. Sie versteht sich vielmehr in dienender Funktion. Kxilturokonomik beschafrigt sich mit der Okonomie der kreativen Prozesse bei der Produktion, Prasentation und Pflege von Kunst- und Kulturgiitern (vgl. Peacock und Rizzo 1994, S. IX). Sie zu betreiben heiBt, mit dem okonomischen Instrumentarium die Ablaufe zwischen Anbietern und Nachfragern von Kunst- und Kulturgiitern zu analysieren und effizienter gestalten zu helfen. Kulturokonomik kann nach wie vor als eine relativ junge Disziplin bezeichnet werden. Ihr Geburtsdatum wird haufig mit der noch naher zu behandelnden Pionierarbeit von Baumol und Bowen aus dem Bereich der darstellenden Kunst, der Entdeckung der Kostenkrankheit aus dem Jahre 1966 in Verbindung gebracht (Baumol und Bowen 1966; Hutter 1996, S. 263). Diese neue Disziplin erhielt in dem MaBe Zuspruch, in dem die Kdse offentlicher Finanzen ein Umdenken zu erzwingen schien. Die ErschlieBung neuer Finanzierungsquellen bei stdkter Effizienz der Mittelverwendung wurde imd wird zur Uberlebensfrage vieler kultureller Institutionen. In Theatern und Museen werden Marketingkonzepte angedacht, neue Mitarbeitermodelle sowie die Auslageriing von Teilleistungen erprobt. Fiir Kulturveranstaltungen wird nicht selten ebenso geworben wie fiir andere Angebote auch. Vor diesem Hintergrund erfahrt auch der Nachfrager der kulturellen Leistung, der Kxinstkonsument, eine bis dahin ungewohnte Beachtung. In diesem Zusammenspiel wird die Verbindung von Kunst und Okonomie nicht diskutiert, sondern praktiziert. Die wissenschafdichen Vertreter der Kulturokonomik vermerken nicht ohne Stolz, dass ihre Disziplin miindig geworden sei (Peacock und Rizzo 1994, S. VII). Der eingeschrankte Fokus auf die klassischen Sparten und deren traditionelle
Grundlagen der Kulturokonomik
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Darbietimgsstatten wie Theater und Konzerthauser, Museen und Galerien moge vielleicht fiir einige einen Hauch von Bourgeoisie mit sich fiihren. Dies sei aber vertretbar, da auch bei eingegrenzterer Definition von Kulturokonomik schon geniigend Probleme auftauchten, die der Losung barren (Peacock und Rizzo 1994, S. I ^ . Prinzipiell ist die Kulturokonomik offen fur neue Entwicklungen, verdeutHcht insbesondere an der zunehmenden Einbeziehung der Medienokonomik. Sie wird aber bisher noch iiberwiegend im engeren Rahmen gehalten, das heiBt an der klassischen Sparteneinteilung von Kunst ausgerichtet. Das wird auch im Folgenden weitgehend der Fall sein.
1.2.2 A.nwendungen undYolgen Im okonomischen Beitrag zur Kultur geht es um die Optimierung von Ablaufen unter verschiedenen Aspekten. Optimalitat zu schaffen heiBt, unter Nebenbedingungen zu maximieren. Das betrifft im Einzekien: • den optimalen Einsatz begrenzter Mittel. • die im Rahmen gegebener kiinsderischer Ziele bestmogHche Ausrichtung an Konsumentenpraferenzen. • die Festlegung optimaler Preise, Informations- und Verteilerwege. Kunst, die nicht nur im Verborgenen bliihen will, muss diese Optimierungsablaufe fiiir ihr eigenes Wohl beherzigen. Die Haltung, die die Okonomen bei der Abgrenzung dessen, was als Kunst gelten kann, an den Tag legen, ist bemerkenswert zuriickgenommen. Eine Einmischung in die inneren Ablaufe des Kunstgeschehens wird ausdriickUch abgelehnt. Diese neutrale Position kann dazu beitragen, Angste und Vorbehalte gegeniiber dem okonomischen Ansatz abzubauen und das Misstrauen der Kulturschaffenden zu dampfen. Doch so viel Liberalitat hat auch einen Preis. Die Folgen der weiten Eingemeindung dessen, was Kunst xind Kultur sein konnen - namlich das, was sich selbst darunter versteht - fiihrten einerseits zu einer Ausdehnung des Kulturbegriffs mit gravierenden finanzieUen Folgen. Die Unscharfe des Untersuchungsgegenstandes brachten andererseits Ansatze statistischer Erhebungen, etwa zur Wirtschaftskraft des Kultursektors, zur Beschaftigungszahl und zxam Investitionsvolumen, in Bedrangnis. In seiaer Abhandlung zur Kulturfinanzierung stellt Heinrichs die interessante Hypothese auf, dass ein gewichtiger Anlass fiir die jetzige Misere in der Finanzierbarkeit von Kultur in der Aufblahung des Kulturbegriffs der siebziger Jahre zu sehen sei (Heinrichs 1997, S. 245). Es lasst sich leicht ausmalen, wohin es fiihrt, wenn mit groBziigiger Hand als Kultur geadelt wird, was sich selbst so
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
positioniert, irnd wenn mit dieser Einstufimg gleichzeitig ein prinzipiellei: Anspruch auf offendiche Mittel verkniipft zu sein scheint. Bei gut gefullten offendichen Kassen, wie es in den siebziger Jahren in der Bimdesrepublik Deutschland der Fall war, wurde dieses Problem zugedeckt. Problematisch warden dann die Folgeanspriiche bei Mittelknappheit. Es zeigte sich, dass nun die traditionellen Kiiltiirinstitutionen in Mitleidenschaft gezogen wurden, da ein Zuriickschrauben von Kultur im weiteren Sinne politisch nicht oder allenfaUs nur partiell durchsetzbar war. Die statistischen Probleme, die die Unscharfe des Kulturbegriffs mit sich bringt, liegen insbesondere auf dem Gebiet der Vergleichbarkeit. National geht es um die Relation zwischen Wirtschaftssektoren, um ihren jeweiligen Beitrag zur Erzielung von Beschaftigung und Einkommen, um den Beitrag der Kulturindustrie zum Bruttoinlandsprodukt. Im internationalen Vergleich interessiert der Stellenwert von Kultur pro Land und Gesellschaft, der sich unter anderem auch daran bemisst, wie viel Mittel die offentliche Hand diesem Bereich zugestehen wiU. Zusammenfassend kann man sagen, dass bei jeder Messung und bei jedem Vergleich von Kulturaktivitat, national wie zwischen Nationen, Vorsicht geboten ist. Dahinter stecken ganz unterschiedHche Griinde. Zum einen variiert die Praxis der Abgrenzung und bringt naturgemaB, auch fur den identischen Untersuchungszeitraum, xinterschiedliche Zahlen hervor. Am weitesten gefasst ist der von der UNESCO gewahlte Kulturbegriff, der neben dem Natur- und Landschaftsschutz auch die Korperkultur, das heiBt die Bereiche Sport und Erholung, in seinen Kennziffern fiiir Kulturausgaben erfasst (van der Beek 2002, S. 24). Andere Indikatoren sind nicht so weitreichend und deshalb auch von geringerem Umfang. Zum anderen ist nicht nur die Abgrenzungsmodalitat, sondern auch der Wunsch zur Prasentation von Macht und GroBe bei der Datenvermehrung im Spiel. Genau so, wie man Eltern stets die schonste Freude machen kann, wenn man das Kind als besonders groB fiiir sein Alter, auf alle Falle groBer als alle anderen einstuft, so mochten wohlmeinende Kulturokonomen den Beitrag von Kunst und Kultur auch quantitativ in den Vordergrund steUen. Beispielsweise werden in die Berechnungen Giiter imd Leistungen einbezogen, die damit nur mittelbar zu tun haben wie Fernseher und Video-Recorder. Dies sei aber, so kritisiert der italienische Okonom Brosio, so einleuchtend, als wollte man den Bau von Autobahnen der Automobilindustrie zurechnen. Damit einher gehe eine Tendenz zur Uberschatzung der okonomischen Bedeutung der Kiinste (Brosio 1994, S. 17).
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Zur Doppelnatur von Kunstgiitern
Die Doppelnatur von Kunstgutern
Kunstgut
Materie ausschlieR.barer Nutzen
Idee nichtausschliefibarer Nutzen
Abbildung 5: Die Doppelnatur von Kunstgiitern
1.3 Zur Doppelnatur von Kunstgutern 1.3.1 Private und offentliche Gutereigenschaften
Das Kunstangebot ist heterogen im Erscheinungsbild, es umfasst sowohl Giiter, wie Biicher oder Bilder, als auch Leistimgen, wie Orchester- oder Ballettauffuhningen (Tietzel 1995, S. 2). Generell warden alle Giiter und Leistungen, die in den Bereichen von Kunst und Kiiltur erstellt werden, als Kunst- oder Kulturgiiter bezeichnet. Trotz seiner auBerlichen Unterschiedlichkeit verfiiigt das Kunstangebot bezuglich seiner Gutereigenschaften iiber einen gemeinsamen Kern. Er ist unter dem Charakteristikum der Doppelnatur bekannt geworden und lasst sich am besten in Gegeniiberstellung seiner privaten und offentUchen Merkmale darstellen. Bin privates Gut zeichnet sich dadurch aus, dass es ausschlieBlich seinem individuellen Nutzer, in der Kegel dem Kaufer, zur Verfiigung steht und ihm, aber sonst niemandem, dient. Man spricht von ausschlieBbarem, rivalisierendem Konsum. Demgegeniiber ist ein offentliches Gut fur die Offentlichkeit da, genauer: es darf und muss von alien gemeinsam konsumiert werden. Ein offentliches Gut beinhaltet die Merkmale, dass von seiner Nutzung niemand ausgeschlossen werden kann und dass der Konsum des Einen den des Anderen nicht beeintrachtigt. Die Finanzwissenschaft spricht hier von nicht-ausschlieBbarem und nicht-rivalisierendem Konsum (vgl. Abbildung 5). Die — wie Miinnich hervorhebt — ansonsten kaum beobachtbare Doppelnatur von Kunstgutern kann folgendermaBen verdeutlicht werden (vgl. Miinnich 1980, S. 18f.): 1) Einerseits prasentieren sich Kunstgiiter als individueUe Prodxikte, vergleichbar mit anderen privaten Giitern. Ein erworbenes Buch oder Bild, ein besetzter Theaterplatz werden ausschlieBlich von seinem Erwerber in Anspruch
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Die okonomische Betrachtxing von Kunst und Kultur
genommen. Ein anderer geht leer aus, wenn die Auflage vergiiffen oder die Auffiihnmg ausgebucht ist. Ein Original kann nicht zweimal verauBert, ein Platz nicht doppelt besetzt werden. Der Konsum ist ausschlieBbar imd rival. 2) Andererseits bringen Kunstwerke sehr oft eine Idee 2um Ausdruck, die xmabhangig von der einzelnen konkreten Ausgestaltung existent ist. Es handelt sich hierbei um den kiinstlerischen Informationsgehalt des Kunstwerkes, etwa die Melodie, das Thema und dessen Bearbeitung, das Motiv. Alle konnen davon profitieren, ohne sich gegenseitig zu behindern, der Konsum ist nichtausschHeBbar und nicht-rival. Die Doppelnatur von individuellem Kimstwerk und kiinstlerischer Information gelte aber, so Miinnich, fiir mehr oder weniger aUe Bereiche der Kunst (Miinnich 1980,S. 18f.). Sehr vergleichbar argumentiert Hutter, der die Kxmst als ein „Kommunikationsphanomen" darstellt (Hutter 1989a, S. 462). Kunstwerke werden als Inhalt und Mittel des Dialogs zwischen verschiedenen Parteien verstanden. Es kommen iiber Kiinst ins Gesprach: • die Kunstler untereinander, • Kunstler und Betrachter, • die Betrachter untereinander, das sind die Kulturkonsumenten. Durch die Informationsfunktion wird das Kunstwerk zu einem Gut mit hohem OffentHchkeitsgrad (Hutter 1989a, S. 462). Was ist daran aber der besonderen Erwahmmg wert, unter Umstanden problematisch? Es ist die okonomische Problematik, die hier ins Spiel kommt (vgl. Andreae 1994, S. 407). Die Theorie offentlicher Giiter zeigt, zu welchen Defiziten das Auftreten von Giitereigenschaften wie Nicht-AusschHeBbarkeit und Nicht-Rivalitat fiihren kann und im Extrem auch fiihren muss (vgl. 2.1.2). Sehr haufig wird dieses Problem mit dem Schlagwort vom Schwarzfahrer, dem Free Rider, sehr plastisch und treffend gekennzeichnet. Der Einzelne hat weder Motivation noch Anlass, sich in einer Situation, in der er von einer NutznieBung eines Angebots sowieso nicht ausgeschlossen werden kann, an irgendwelchen Kosten zu beteiligen. Man spricht davon, dass der Mitfahrer - klug im Sinne der Schonung des eigenen Geldbeutels — eher geneigt ist, seine wahren Praferenzen zu verschleiern xmd heimlich zu genieBen. Dann kostet es ihn auch nichts, he rides afree ticket. Der Anbieter eines Gutes oder einer Leistung mit derartigen Eigenschaften, in unserem Fall der Kunstler oder Kulturschaffende, hat das Nachsehen. Er kann nicht verhindern, dass Leute von seinem Angebot profitieren, ohne etwas dafur zu zahlen. Als mogliche Folge dieser Konstellation wird auf der einen Seite ein drohendes Unterangebot, auf der anderen Seite die Tendenz zur Ubernachfrage gesehen. Das heiBt, dass auf der Produktionsseite eine Unterinvestition, auf der
Zur Doppelnatur von Kunstgiitern
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Nachfrageseite eine Ubernutzung bereits vorhandener Bestande drohen (Hutter 1989a, S. 462).
1.3.2 Kunstguter und sot(iale Werte Kunst imd Kultur bringen eine Fiille ganz unterschiedlicher Nutzen fur den Einzelnen und die Gesellschaft als ganzes. Die teilweise nur sehr schwer quantifizierbaren Wirkimgen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene konnen als soziale Werte betrachtet werden, die in Form von funf verschiedenen, xmtereinander allerdings nicht immer trennscharfen Kategorien betrachtet werden konnen (Pommerehne und Prey 1993, S. 19£; Frey 2001, S. 227). Schon Baumol und Bowen haben in ihrer klassischen Studie auf diese sozial relevanten Werte verwiesen (Baumol und Bowen 1966, S. 382ff.).
(1) Optionswert Entscheidend ist nicht, ob das Individuum das Kulturangebot aktuell nutzt. Wichtig ist, dass ihm diese Option bei Belieben und Bedarf offen steht. Von optional goods spricht man auch im Gesundheits- und Sicherheitsbereich. Dort geht es um Leistungen, bei denen jeder froh ware, er miisste sie nie in Anspruch nehmen etwa die Dienste von Krankenhaus und Feuerwehr - und dennoch die prinzipielle Moglichkeit der Inanspruchnahme als eminent wichtig erachtet.
(2) Existenzwert Dieser Wert steckt beispielsweise in historischen Bauten. Auch wenn sie nicht im strengen Sinne von den Individuen genutzt werden, so haben sie doch einen Wert durch ihr Vorhandensein an sich.
(3) Vermachtniswert Hier geht es um den Erhalt von Kimstwerken fiiir die nachfolgenden Generationen. Sie konnen ihre Wertschatzung heute noch nicht zum Ausdruck bringen, in ihrem Sinne diirfen Kunstrichtungen, auch wenn sie momentan nicht hoch im Kurs stehen, nicht imwiederbringlich verloren gehen.
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Die okonomisdie Betrachtung von Kunst und Kultur
Gesamtgesellschaftliche Wirkungen von Kunst
• Optionswert • Existenzwert • Vermachtniswert • Prestigewert • Bildungswert
Abbildung 6: Gesamtgesellschafdiche Wirkungen von Kunst
(4) Prestigewert Auch die, die sich fiir Kiinst nicht interessieren, erleben deren positiven Prestigewert mid profitieren von der Starkung der kultiirellen Identitat und dem gestiegenen Nationalstolz.
(5) Bildimgswert Kiinstierische Aktivitaten unterstiitzen nicht nur die kulturelle Integration, sie fordern auch die Kreativitat und die Bildung asthetischer MaBstabe (vgl. Abbildung 6). Diese sozialen Werte, die als Grundlage und Legitimation offentlicher Finanzierung von Kunst und Kultur herangezogen werden, sind jedoch in ihrer Wirkungseindeutigkeit relativiert worden. Einerseits sei es richtig, dass kulturelle Identitat als Staatsaufgabe angesehen werden konne und genau so forderungswiirdig sei wie das physische Wohlergehen der Bevolkerung. Andererseits miisse ins Kalkiil gezogen werden, dass Kunst von ihrer Anlage her von internationalem Charakter sei und zu fragen sei, ob man angesichts von Staatszusammenschliissen noch Anstrengungen unternehmen sollte, nationale Identitaten zu fordern (O'Hagan 1998, S. 23). Obwohl nicht zu bestreiten sei, dass Kunst das nationale Prestige fordere, liege hierin doch ein etwas wackliges Argument fiiir die Rechtfertigung staatlicher Kunstforderung. Auch andere Produktionsbereiche und Leistungstrager einer Volkswirtschaft tragen zum Nationalstolz bei, wie etwa die Automobil- und die Computerindusttie (FuUerton 1991, S. 74), Hochtechnologieprodukte wie die Concorde (Peacock 1973, S. 323) oder FuBbaU- und Tennisstars (O'Hagan 1998,
Ansatzpunkte kulturokonomischer Analyse
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S. 25). Trotz der identitatsstiftenden Wirkung auch dieser Personen und Produktionen wikde aber niemand gleich an eine staatliche Subventionierung denken. Genauso wenig wie bei der optionalen Nachfrage in anderen Bereichen. Es sei sicher sehr niitzlich, zu wissen, dass man ein Kulturangebot irgendwann einmal, wenn man Zeit und Lust dazu hatte, auch nutzen konnte. Aber diese Argumentation gelte fur praktisch alle Giiter und Dienste. Auch ein gutes Restaurant, ein Spezialgeschaft oder den Tennisclub wollte man fiir sich selbst oder die Kinder gern erhalten wissen. Aber es sei wohl fraglich, ob daraus ein Argument fur offentliche Unterstiitzung abzuleiten sei (O'Hagan 1998, S. 30). Neben dieser britischen Relativierung der Werte im Einzelnen ist in neuerer Zeit ein genereller Value-Ansatz als Stiitze von Kunst und Kunstpolitik und deren offentliche Finanzierung in die Diskussion eingebracht worden. Der kanadische Okonom Rushton fuhrt aus, dass sich jede Person mit ihrem Charakter, ihrem Selbst nur in Interaktion mit der Kultur, in der sie aufwachst, definieren kann (Rushton 1999, S. 145). Auf der Basis der gemeinsamen kulturellen Grimdlage sei Kultur, deren Erhaltung und Forderung als unverzichtbarer, gewollter, und im Grundsatz nicht zu hinterfragender Wert akzeptiert und sanktioniert. Auf derselben linie liegt die Argumentation des hollandischen Wissenschafders Klamer, der den Wert von materiellen Kulturgiitern als untrennbar verbunden mit dem Niveau immaterieller Kulturiiberzeugungen eines Landes bzw. einer Gesellschaft versteht (Klamer 1997, S. 75). Die Frage bleibt allerdings, ob mithilfe dieser generalisierten Wertzuschreibimg nicht doch wieder ein Riickschritt in die auBerokonomische Sphare gemacht wird: Sind Kxmst und Kultur also doch generell a good thin^ Dem steht, wie anfanglich ausgefuhrt, gegeniiber, dass eine pauschal verfugte Sakrosanz kultureller Aktivitaten auch der Kultur selbst nicht hilft. Es mag richtig sein, dass Individuen eine diffuse, individuell weder genau erklarbare noch bezifferbare Wertigkeit von Kunst und Kultur empfinden. Dennoch obliegt es jedem Einzelnen, inwieweit er fiiir Kultur optiert, auch wenn er moglicherweise gar nicht genau weiB, warum er Kultur gefordert sehen mochte. Bei diesem Procedere bleibt der individuelle Ansatz bestehen, auch wenn die Einbettung des Individuums in Gesellschaft und Kultur nicht zu libersehen ist.
1.4 Ansatzpunkte kulturokonomischef Analyse 1.4.1 Volks- und hetriehsivirtschajtliche Schwerpunkte GemaB der klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Unterteilung kann das Untersuchungsobjekt Kunst bzw. Kultur unter einer volkswirtschaftlichen und un-
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
Kultur in wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive
Betriebswirtschaftliche Perspektive
Volkswirtschaftliche Perspektive Offentliche Aufgabe und Finanzierung Markte und Wettbewerbsbedingungen
Beschaftigungsund Multiplikatorwirkungen
Marketing
X
Personal
/ /
\ Finanzierung Kontrolle
Organisation
Abbildung 7: Kultur in wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive
ter einer betriebswirtschaftlichen Perspektive betrachtet werden (vgl. Abbildimg 7). Schwerpunkte der Diskussion bei volkswirtschaftlicher Betrachtung liegen in Fragen der offentlichen Finanzierung in Anbetracht offentlicher Giitereigenschaften und unter Kalkulation gesamtgesellschaftlicher Wirkungen. Im Grundsatz gilt als vollig unstrittig, dass die Forderung von Kunst und Kultur zum klassischen Kanon offentlicher Aufgaben gehort und deshalb auch mit angemessener finanzieller Unterstiitzung rechnen dar£ AUerdkigs gibt es keine fiir alle Zeiten festgezurrten, iHiverbriichHchen Anspriiche. Kulturjfinanzierung steht in Konkurrenz zur u.a. Gesxindheits-, Bildimgs- und Forschungsforderung. Die Mittel, die fiir den einen Bereich ausgegeben werden, stehen fiir die Unterstiitzung der anderen nicht mehr zur Verfiigung. Die aus Sicht der Kunstschaffenden verstandlicherweise als lastig empfundene Diskussion um offentliche Unterstiitzung ist aus diesem iibergeordneten Blickwinkel heraus ein Gebot von Fairness und Effizienz. Offentliche Aufgaben entstehen immer dann, wenn eine Fehlallokation von Ressourcen droht, das heiBt wenn die der Volkswirtschaft nur begrenzt zur Verfiigung stehenden Mittel nicht so aufgeteilt werden, dass sie bestmogHch die Wiinsche der Bevolkerung erfiillen helfen. Man spricht dann davon, dass der Markt versagt. Dies ist bei der schon angeschnittenen Problematik offentlicher Giiter der Fall. In der Extremsituation des rein offentlichen Gutes — hierauf wird im Folgenden noch naher eingegangen (vgl. 2.1.2) — kommt ein Angebot nur dann zustande, wenn eine Person, Gruppe oder Institution die Initiative ergreift und fiir die anderen mitdenkt und handelt. Das kann, muss aber keinesfalls der Staat sein. Er besitzt aufgrund seiner
Ansatzpunkte kulturokonomischer Analyse
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hoheitlichen Rechte zwar das konkurrenzlose Privileg, die Finanzierung eintreiben zu dikfen. Private kollektive Aktionen sind demgegeniiber auf den guten Willen iind die freiwillige Selbstverpflichtung ihrer Mitglieder und Gonner angewiesen. Man muss jedoch kein kiihner Prophet sein um vorherzusagen, dass in Zeiten knapper Staatskassen diese Initiativen an Bedeutung gewinnen werden iind miissen, sollen die offentlichen Aufgaben nicht Not leiden. Die betriebswirtschaftliche Perspektive einzunehmen heiBt, Kulturmanagement vor Ort betreiben zu helfen. Dazu gehoren alle klassischen Bereiche der Unternehmensfuhrung wie Organisation, Finanzierung, Kontrolle, Personal und Marketing. Die Marketingaktivitaten konnen nach den „4P's" unterteilt werden in products price, placement \xmdi promotion. Wie jede andere Unternehmung audi muss sich auch die kulturelle Institution um das von ihr angebotene Produkt, um seinen Preis, seine Platzierung und werbliche Vermarktung kiimmern. Doch zeigt sich gerade an diesem Beispiel sehr deutlich, wie stark im kulturellen Bereich die Uberlappungen zwischen einzel- und gesamtwirtschaftlicher Betrachtung sind und auch sein sollen. Angebots- und Preisgestaltung miissen auch den offentlichen Anforderungen Rechnung tragen und konnen nicht wie bei privaten, ausschHeBlich auf individuellen Nutzen ausgerichteten Giitern, kalkuliert werden.
1.4.2 Die Ansatt(punkte im tjherhlick Aus diesem Grunde ist es angezeigt, die Separierung zwischen volks- und betriebswirtschaftlicher Perspektive zugunsten eines Angebots-Nachfrage-Schemas aufzugeben. Dieser Einteilung folgt auch die Darstellung im Weiteren. Nach der Darlegung der kulturokonomischen Grundlagen im ersten Kapitel wird sich das zweite Kapitel mit der Koordination von Angebot und Nachfrage auf Markten qua Preismechanismus sowie den notwendigen erganzenden staatlichen MaBnahmen bei Auftreten von Marktversagen beschafdgen. Das dritte und vierte Kapitel untersuchen die okonomischen Besonderheiten und das Verhalten der Marktteilnehmer bei Angebot und Nachfrage von Kultur. Analysiert werden beispielsweise die Wirkiingen des Kulturangebots in der Gesamtwirtschaft, in der Region oder vor Ort. Untersuchungsfragen auf der Nachfrageseite gelten etwa den Konsumentscheidungen und den Moglichkeiten der Verwirklichxmg von Konsumentensouveranitat, den Zahlungsbereitschaften oder den Nutzerstrukturen. Das flinfte Kapitel bringt Beispiele aus der angewandten kulturokonomischen Analyse. Es zeigt, inwieweit Kulturinstitutionen gewinnen, wenn sie sich den neuen Ansatzen offnen, den Kulturkonsumenten in den Mittelpimkt riicken und alternativen Finanzierungswegen Raum geben. An dieser SteUe wird aber auch
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Ktiltur
Ansatzpunkte kulturokonomischer Analyse
1 - Kunstler - Galerien, Auktionshauser - Kunsthandel, Kaufhauser - Sammlungsauflosungen
- Museen - Theater - Verlage - Medienindustrie - Kunstkritik - Wissenschaft
- Private Sammler - Offentliche Stellen - Unternehm. Sammler
1 - Kunstkonsumenten - Staat, Offentliche Stellen - Unternehmen
Abbildung 8: Ansatzpunkte kulturokonomischer Analyse
deutlich, wo weiterer Forschungsbedarf herrscht. Im abschlieBenden sechsten Kapitel geht es um die Konsequenzen fiif Kunst und Kultur. Was muss konkret fur die Forderung von Kiilturangebot und Kulturkonsum getan werden, welche Auswege aus der Finanzierungskrise deuten sich an? Ein zusammenfassendes Fazit bildet den Abschluss. Abbildung 8 gibt einen Uberblick liber mogliche Schwerpunkte kunstokonomischer Forschung. Den Anbietern stehen die Nachfrager von Kunst und Kultur gegeniiber. Die Abgrenzung des Untersuchungsbereichs folgt der schon beschriebenen klassischen thematischen Einteilung, das heiBt es geht primar um das Angebot von und die Nachfrage nach Kunst in den Sparten darstellende und bildende Kunst, Musik und Literatur. Doch wer tritt als Anbieter, wer als Nachfrager in Erscheinung, und was wird im einzelnen gehandelt? Hier wird vorgeschlagen, als strukturierende Elemente die Schwerpimkte Materie versus Idee sowie Original versus Vervielfaltigung zu nutzen (vgl. hier und im Folgenden Gottschalk 2004, S. 237ff.).
(1) Materie versus Idee Die Doppelfunktion eines Kunstgutes entsteht daraus, dass in der Kegel ein und dasselbe Gut ausschlieBbarenundnicht-ausschlieBbarenNutzen verkorpert. Ein Gemalde umfasst den aUeinigen Nutzen des Besitzes fiir den Erwerber, aber gleichzeitig auch den allgemeinen Nutzen des kiinstlerischen Informationsgehalts fur die Gesellschaft insgesamt. Es kann aber, je nach Angebots- und Nachfragekonstellation, mehr der eine oder mehr der andere Aspekt im Vordergrund stehen. Eine Galerie, die Bilder
Ansatzpunkte kulturokonomischer Analyse
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verkauft, offeriert in erster Linie die AusschlieBbarkeit, hier mit Materie bezeichnet. Ein Museum, das Bilder ausstellt, bietet die unteilbare kiinstlerische Idee von der alle profitieren, die die gesamte Kulturgemeiade aufiaehmen, genieBen, nachahmen kann. Dasselbe gilt etwa fiir die Noten im Original und die Musik, die damit gemacht wird.
(2) Original versus Vervielfaltigung Dem Unikat des Kunstwerkes stehen Kopien des Originals gegeniiber, teilweise sind es unendUch viele. Die Kiinstler selbst haben aber dafur gesorgt, dass auch die Vervielfaltigungen, sogar bis bin zu Fertigwaren, Readymades, als Kunstwerke anerkannt und geachtet werden. Auch bei der Kunst als Idee kann man sich eine Unterscheidung in Angebot und Nachfrage des Originals auf der einen, Vervielfaltigung auf der anderen Seite vorstellen. Beispiele fiir die Idee im Original sind AussteUungen. Die Ausstellungskataloge sind dagegen die repHzierten, auch einem abwesenden Publikum zugangHchen „Bilder einer Ausstellung". Anbieter von Kunst als Materie sind gemaB Abbildung 8 alle, die Kunst prodiizieren oder besitzen und damit handeln wollen. Das sind in erster Linie die Kiinstler selbst sowie die sie vertretenden Agentxiren und Galerien. Kunst wird aber auch von privaten Haushalten, aus Familienbesitz oder dem Sammlerfundus, angeboten, oder aber von Unternehmen xmd staatlichen Institutionen, die Depots teilweise oder ganzHch auflosen, in den Markt gegeben. Neben dem Angebot von Oiiginalen existiert der Markt der Vervielfaltigungen, der insbesondere vom Kunsthandel bis hin zu den Kaufhausern bedient wird. Als Anbieter, die ihren Schwerpxinkt auf die Verbreitung von Kunst als Idee legen, miissen insbesondere Museen und Theater, Opern- und Konzerthauser genannt werden. Sie sorgen durch AussteUungen, Auffuhrungen und Konzerte dafiir, dass der geschaffene, einmalige kiinstierische Informationsgehalt an die Offentlichkeit weitervermittelt wird. Ein noch breiteres Publikum erfahrt von dieser Idee dxirch die Vervielfaltigungsmoglichkeiten der Verlage, der Medienindustrie generell. Die Kunstkritik und die Kunstforschung, die sich dieser Kanale bedienen und u.a. Interpretationshilfen liefern imd zusatzUche Auslegungen beisteuern, erweitern den Aktionsradius von Kunst als Idee. Die hier vorgeschlagene, breite Auslegung fiir die Gruppen, die als Kimstanbieter verstanden werden sollen, steht in Einklang mit der liberalen kulturokonomischen Definition, dass als Kunst gelten soU, was sich selbst als Kunst versteht. Entsprechend konnte man fortfahren, dass auch die Anbieter von Kunst sich selbst dazu erkla-
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Die okonomische Betrachtung von Kunst und Kultur
ten. Dennoch konnte diese weite Abgrenzung Anlass zu Missverstandnissen geben. Auch die Kunstrezensenten imd die Kunstwissenschaftler finden sich in Abbildimg 8 wieder. Sind wir also doch alle Kiinsder? Diese Frage ist, trotz der Anspielung auf den bekannten Ausspruch von Joseph Beuys, in dieser Form sicher zu verneinen. Konsensfahig aber diirfte sein, alle diejenigen, die zum Thema Kxrnst einen Beitrag mit ihren Mitteln leisten, als Kulturschaffende, Kulturvermittler oder Kunstlobbyisten zu bezeichnen. Als Nachfrager von Kunst in Form von Materie sind in erster Linie die privaten Sammler zu nennen. Das sind nicht selten, wie aus der Kiinstgeschichte auch bekannt, die Kiinsder selbst, die einen Blick fur herausragende Werke haben. So hat u. a. Picasso fiir sich iind seine Familie fruhzeitig eine Sammlung von Cezanne aufgebaut. Als Sammler treten aber auch der Staat, beispielsweise durch Kunst in und an offentlichen Bauten, und die Unternehmen in Erscheinung. Dieselben Gruppierungen treten auch als Nachfrager von Kunst als Idee auf. Die Kunstkonsumenten sind diejenigen, an die sich das Kxmstangebot letztHch richtet, die GenieBer von Kunst. Zu ihrer Unterstiitzung wird die staatliche Hand oder werden auch Unternehmen aktiv, die beispielsweise dxirch Bereitstellung der Bildungseinrichtungen (z.B. Volkshochschulen), durch spezielle Angebote (etwa Museumspadagogik) oder Sondervorstellungen fiir Mitarbeiter Nachfrage im Sinne der Begiinstigung von Kulturkonsumenten schaffen. Fiir jedes genannte Stichwort, sei es auf der Angebotsseite oder der Nachfrageseite, lassen sich wichtige und interessante kulturokonomische Untersuchungsbereiche abstecken. Als Schwerpunkte moglicher Untersuchungen, von denen im Folgenden nur ein Ausschnitt bearbeitet werden kann, seien beispielhaft genannt: 1) Entwicklung von Kiinstlereinkommen 2) Marktmacht von Galerien 3) Auktionen und internationaler Handel mit Kunstwerken 4) Kunst als Anlageobjekt: Preise und Renditen 5) Theater- und Museumsmanagement 6) AussteUungswesen, Ausstellungsfinanzierung 7) Festspiele und Festivals 8) Kunst im Unternehmen 9) Kunst als offentUche Aufgabe 10) Verhalten von Kunstkonsumenten 11) Wechselwirkungen zwischen Kiinst und Wirtschaft 12) Wertschopfimg des Kultursektors.
Ansat:2punkte kulturokonomischer Analyse
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Literatuf zut Vettiefung und zum Weitetlesen Boulding, Kenneth E. (1977). Notes on goods, services, and cultural economics. Journal of Ciiltural Economics, Band 1. S. 1-12. Prey, Bruno S. (2003). Arts and economics. Analysis and cultural policy. Second Edition. Berlin: Springer. Daraus: Chapter 2, Art: The economic point of view. S. 19-34. Gafgen, Gerard (1992). Die Kunst der Okonomie am Beispiel der Okonomie der Kunst. Homo oeconomicus. Band IX(2). S. 171—193. Hutter, Michael (1994). Stichwort: Kulturokonomik. In: H. Rauhe und C. Demmer (Hrsg.). Kulturmanagement. Berlin: de Gruyter. S. 57-71. Pommerehne, Werner W und Bruno S. Frey (1993). Museen und Markte. Ansatze einer Okonomik der Kunst. Miinchen: Vahlen. Daraus: Kapitel 1: Kunst aus Sicht des Okonomen. S. 2—16. Scitovsky, Tibor (1989). Culture is a good thing: A welfare-economic judgment. Journal of Cultural Economics, Band 13. S. 1—16.
2 Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
2.1 Das Entstehen von Markten 2.1.1 Die unsichthare Hand Dem klassischen Okonomen Adam Smith, der mit seinem 1776 veroffentlichten Werk: An inquiry into the nature and causes of the wealth of nations okonomische Geschichte geschrieben hat, verdanken wir, dass ein erstaunliches Phanomen einen Namen bekommen hat: The invisible hand of the marketplace (Smith 1776/1974). Die unsichtbare Hand ist das zentrale Kennzeichen einer Marktwirtschaft geworden. Das Verbliiffende ist, dass der einzelne Marktakteur weder die Allgemeinheit im Sinn hat, noch genau weiB, wie er positiv im Gemeinwohl wirken konnte, aber dennoch dutch seine individuelle Entscheidimg sich selbst und dem allgemeinen Interesse dient. Es ist, als wiirde der individuelle Entscheidungstrager wie mit einer vmsichtbaren Hand zu einem Beitrag okonomischer Wohlfahrt gefiiihrt, den er jedoch gar nicht ausdriicklich beabsichtigt hat (vgl. Mankiw 1998, S. 145). Wie kommt es zu diesem Effekt, was steht hinter dem Wirksamwerden der unsichtbaren Hand mit der Folge, dass die knappen Ressourcen effizient, das heiBt so verteilt werden, dass sie bestmoglich fiiir die Erfullung der Wiinsche der Bevolkerimg sorgen? Die wesentlichen Kriterien in diesem Prozess sind die Markte mit freiem, ungehindertem Marktzugang, die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit von Anbietern und Nachfragern, die im Wettbewerb untereinander stehen, sowie der Preismechanismus. Zusammen genommen bilden sie die Wirtschaftsordnung der freien Marktwirtschaft, die durch Einbau von sozial stiitzenden Elementen wie Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zur sozialen Marktwirtschaft wird. Markte entstehen dort, wo Anbieter imd Nachfrager aufeinander treffen. Das konnen reale, iiberschaubare Markte sein, auf denen sich die beiden Parteien von Angesicht zu Angesicht gegeniiberstehen xind direkt verhandeln, zxim Beispiel auf einem Wochenmarkt. Moglich ist aber auch die Koordination iiber fiktive, virtuelle Markte, etwa bei der Borse, bei Telefonauktionen oder dem Interneteinkauf Die geforderte Konsumfreiheit steht fiir die Moglichkeit, dass Verbraucher die ihnen zur Verfiigung stehenden Mittel gemaB ihren Wiinschen ausgeben konnen. Das Vorliegen von Konsumfreiheit ist eine Vorbedingung fiir die als okonomisches
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Grundprinzip im ersten Kapitel schon angesprochene Konsumentensouveranitat, das ist die Vorstellung, dass letztendlich die Produktion gemaB den Praferenzen der Konsumenten gestaltet sein soil. Der Konsumfreiheit steht ein vergleichbares Recht auf Seiten der Anbieter - die Angebotsfreiheit - gegeniiber. Angebotsfreiheit bedeutet, dass die Anbieter gemaB ihren Ideen und erwarteten Absatzchancen Giiter imd Leistungen am Markt zur Disposition stellen diirfen. Durch die Reaktionen der Nachfrager auf dem Markt entscheidet sich dann, ob das vorgeschlagene Angebot angenommen wird oder nicht und vielleicht eher der Vorschlag des konkurrierenden Mtbewerbers akzeptiert wird. Dass die Konkurrenz freien Zutritt auf dem Markt hat, ist dabei eine wesentliche Voraussetzung. Die letztendliche Abstimmung auf den Markten, das heiBt die Koordination der Einzelplane, erfolgt qua Preismechanismus, mit dessen Hilfe Angebot und Nachfrage in ein Gleichgewicht gebracht werden. Der Preis gilt als Indikator fiir Knappheit und Begehrlichkeit. Der Preismechanismus steuert iiber die Hohe des Preises die Entscheidungen iiber Angebot und Nachfrage und bringt sie in ein Gleichgewicht. Wenn die genannten Bedingungen in der Volkswictschaft herrschen und die knappen Produktionsmittel bzw. Ressourcen letztlich so aufgeteilt sind, dass eine Umverteilung bzw. Reallokation keine bessere Befriedigung der Wiinsche der Bevolkerungmit sich brachte, dann spricht man davon, dass die gesamtwirtschaftliche Effizienzbedtngung erfiillt ist (Mankiw 1998, S. 145). Dies ist der Zustand der Allokationseffizienz. Es versteht sich von selbst, dass durch die aufgefiihrten Kdterien Idealzustande umschrieben werden, die als Leitmotiv dienen konnen, aber eher seiten in Reinform in der Wirklichkeit zu finden sind. Stattdessen kommt es zu MarktunvoUkommenheiten, die, je nach Schwere ihrer negativen Wirkungen, auch der Korrektur bediirfen konnen. Die Frage ist, wann die sichtbare Hand des Staates eingreifen sollte und inwieweit die damit verbundenen Wirkungen ihrerseits geeignet sind, die Schwachen des Marktes auch wirklich zu beheben.
2.2.1 Guterkategorien und Marktversagen Zu den verschiedenen Anlassen, die ein Versagen des Marktmechanismus auslosen konnen, gehort auch die offentliche Giiterproblematik. Grundlegende Hinweise gibt die okonomische Theorie offentHcher Giiter, die unterschiedHche Konstellationen von Offentlichkeit oder Privatheit eines Gutes ausweist. Auf dieser Basis werden im Folgenden einzelne Giiterkategorien voneinander abgegrenzt. Im Extrem gelten die polaren FaUe spezifisch bzw. rein offentlicher Giiter auf der einen und rein privater Giiter auf der anderen Seite. Sie unterscheiden sich durch die
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Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
schon beschriebenen charakteristischen Merkmale der (Nicht)AuschlieBbarkeit iind der (Nicht)Rivalitat. Im Fall des ausschlieBbaren, rivalisierenden Nutzens kann der Markt das Giiterangebot und dessen optimale Verteilung bewerkstelligen. In der gegenteiligen Situation, in der niemand vom Konsum ausgeschlossen werden kann und die NutznieBung des einen die des anderen nicht beeintrachtigt, gilt diese Losung als wenig wahrscheinlich. Man spricht davon, dass unter diesen Umstanden ein Marktversagen entsteht. Plintergrund ist das aus individueller Sicht rationale Handeln des Einzelnen. Wer von einem Konsum, den er insgeheim wiinscht, sowieso nicht ausgeschlossen werden kann, sieht aus seiner personlichen Warte auch keinen Anlass, seine Praferenzen zu offenbaren und das Risiko zu laufen, um Mitfinanzierung gebeten zu werden. Die Konsumenten agieren als Free Rider, die sich auf Kosten der anderen bereichern wollen. Wenn aber viele so denken und handeln, dann kommt ein Angebot nicht zustande, zumindest nicht im wohlfahrtsokonomisch gewiinschten Umfang, das heiBt in dem AusmaB, das den eigentlichen Konsumentenwiinschen entspricht. Mit welch hoher Wahrscheinlichkeit das Optimum bei rein offentlichen Giitern verfehlt wiirde, wird auch dadurch betont, dass das Schwarzfahrerverhalten nicht nur vorhergesagt, sondern gleichsam sogar gerechtfertigt wird. Die NichtAusschlieBbarkeit vom Konsum beinhaltet die technische Voraussetzung zur Mitnutzung ohne Beteiligung. Die Nicht-Rivalitat bedeutet, dass es auch ineffizient ware, jemanden nicht mitprofitieren zu lassen, der dies ohne EinbuBe fur die anderen, ja ohne dass die Mitkonsumenten dies iiberhaupt bemerkten, tun konnte. Unter wohlfahrtsokonomischen Aspekten, das heiBt unter Einbeziehung des Gesamtnutzens fiir die Bevolkerung, ist ein individueller Nutzenzuwachs dann wohlfahrtssteigernd, wenn das eine Wirtschaftssubjekt besser, das andere aber nicht schlechter gestellt wird. Und letzteres ware ja bei einem ansonsten folgenlosen Mitkonsumieren des offentlichen Gutes nicht der Fall. Die politisch umsetzbaren Empfehlungen aus diesen grundsatzlichen Uberlegungen sind jedoch weit weniger plakativ, als es den Anschein haben konnte. Es ist u. a. zu fragen, wer denn beim Auftreten von offentHchen Giiterphanomenen den Markt ersetzen soil und wie bedeutsam die Extremsituation rein offentlicher Giiter iiberhaupt ist.
(1) Wer soil die offentlichen Giiter bereitstellen? Die Assoziation, dass offentlich gleich staatlich sei, scheint nahe zu liegen, aber sie ware zu einseitig. Der Staat kann, aber er muss nicht der offentliche Anbieter
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sein, zumindest nicht in alien Facetten beziiglich Produktion, Kontrolle, Verteilung. Richtig ist aber, dass die offentiichen Gutermerkmale eine Gemeinschaftsaufgabe konstituieren. Eine staadiche Institution muss nicht in jedem Fall dieser Gemeinschaft vorstehen, es kann sich auch um eine private Initiative handeln.
(2) Welcher Art ist die Mehrzahl offentlicher Giiter? Die meisten offentiichen Giiter sind nicht von extremem Charakter. Das fallt schon auf an dem Mangel an Beispielen, die in den finanzwissenschaftHchen Lehrbixchern zu iinden sind. Die immer wieder zitierten Klassiker sind der Rechtsschutz und die nationale Verteidigung. Das Kunstklima ware ein vergleichbares Beispiel aus dem Bereich Kunst und Kultur. Bei diesen spezifisch offentiichen Giitern bzw. pure public goods herrschen vollstandige Nicht-AusschlieBbarkeit und Nicht-Rivalitat, das heiBt niemandem kann das Mitkonsumieren verweigert werden. Umgekehrt ist auch niemand in der Lage, sich selbst auszuschlieBen. Ware ein Burger nicht einverstanden mit der offentiichen Guterbereitstellung, dann bliebe ihm nur die Unterstiitzung der Fundamentalopposition mit der Hoffnving auf einen Wechsel bei der nachsten Wahl, oder, als letzte Moglichkeit, das Auswandern. Doch in der Wirklichkeit kommen diese rein offentiichen Giiter eher selten vor. Haufiger sind die zwischen privaten und offentiichen Giitern angesiedelten Mischgiiter, die mixed goods. Man kann sie sich auf einem Kontinuum zwischen den beiden Extrempolen privat und offentlich vorsteUen. AUe drei Giiterkategorien, die privaten, die gemischten, die offentiichen Giiter lassen sich auf diesem Kontinuum mithilfe des Phanomens der extemen Effekte darstellen. Exteme Effekte sind positive oder negative Einfliisse, die durch die Produktion oder den Konsum eines Verursachers auf Dritte iibergehen, ohne am Markt entgolten imd in Rechnung gestellt zu werden. Ein Beispiel fiir das Auftreten von externen Effekten bei Kulturgiitern ware ein Open-Air-Konzert. Es erfreut auch diejenigen, die in der Umgebung wohnen und nicht zu den Besuchern zahlen - sofern sie tatsachlich iiber die ungeplante Beschallung erfreut sind. Fiir diejenigen, die das Konzert als Larmbelastigung empfinden, wird aus dem positiven ein negativer externer Effekt, ein offentiiches Argernis. Ein anderes Beispiel bietet sich im Bereich von Architektur und Kimst am Bau bei offentHchen oder privaten Gebauden. Auch hier gilt, dass je nach Freude oder Ablehnung ein externer Effekt positiver oder negativer Auspragung zu verbuchen ist, der nicht verrechnet wird. Generell gilt, dass das Auftreten von externen Effekten bzw. Externalitaten Wirkungen nach sich zieht, die den fiir offentliche Giiter charakteristischen Merkmalen gleichen.
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•
Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
Nicht-AusschlieBbarkeit und Nicht-Rivalitat sind kompatibel mit externen Effekten des Angebots. 1st das Angebot vorhanden, das den externen Effekt entfaltet, dann konnen auch Dritte davon profitieren, ohne dass es zu verhindern ware, aber auch ohne dass es schadet. Diese Wirkung gilt beispielsweise, wenn auch nur lokal begrenzt, bei einem Feuerwerk. Auch die umliegenden Gemeinden konnen sich daran erfreuen, ohne den Genuss der Veranstalter zu schmalern. • Auch in Folge von externen Effekten des Konsums konnen NichtAusschlieBbarkeit und Nicht-Rivalitat auftreten. Wenn sich zum Beispiel eine hinreichend groBe Anzahl von Personen impfen lasst und damit eine Epidemic verhindert, dann sind auch die geschiitzt, die sich nicht impfen lieBen. Der Grad an Offentlichkeit, der einem Gut zugeschrieben wird, muss aber noch durch ein weiteres Kriterium bestimmt werden. Dabei handelt es sich um die soziale Relevanz des externen Effektes. Nur bei Vorliegen von sozialer Bedeutsamkeit ist eine offentliche Aktivitat iiberhaupt zu rechtfertigen. Bei rein privaten Giitern ist das nicht der Fall. Auch sie konnen externe Wirkungen nach sich ziehen, seien sie physischer oder psychischer Natur, materielle Vor- oder Nachteile oder innere Freude oder Arger. Wir leben in einem „dichten Gestriipp externer Effekte", doch bedeutet dies keinesfalls, dass wir alle Externalitaten iibereinstinimend, das heiBt in einem politischen Konsens, als gesellschaftHch relevant ansehen (Endres 1994, S. 14). In Kombination der beiden Merkmale, dem Auftreten des externen Effektes und der poHtisch bestimmten sozialen Relevanz, zeigt sich deshalb das Giiterkontinuum in Abbildung 9. Die Eckpole sind angezeigt durch die rein privaten Giiter, die keine sozial relevanten externen Effekte beinhalten, und die spezifisch offentUchen Giiter mit vollkommen sozial relevanten externen Effekten. Dazwischen liegen die Mischgiiter mit partiellen Externalitaten. Sie tendieren entweder mehr zum spezifisch offentHchen oder mehr zum rein privaten Gut oder nehmen tatsachlich eine Mittelposition ein. Das gemeinsame Merkmal der drei Giiterkategorien private, gemischte und offentHche Giiter liegt in ihrem Beitrag zur Erfiillung des Konsumentensouveranitatspostulats, das im Zentrum marktwirtschaftHcher Ordnungen steht. Je mehr aber Giiter die Merkmale eines offentlichen Gutes aufweisen, desto wahrscheinlicher ist, dass der Markt versagt. Er kann dann nicht mehr fiir das Angebot sorgen, das die Verbraucher eigentlich wiinschen, Konsumentenpraferenzen wiirden sich nicht durchsetzen. Ersatzweise springt der Staat ein, unter Umstanden auch eine private Initiative, um den Konsumentenpraferenzen eben doch Geltiing durch ein adaquates Angebot zu verschaffen. Bei Kunstgiitern treten die Merkmale offentlicher und privater Giiter sehr haufig gemeinsam auf, so dass der typische Mischgutfall gegeben ist. Das gilt bei Kunstwerken, die einerseits dem privaten Kaufer ausschlieBUch zur Verftigung
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Das Entstehen von Markten
Guterkategorien und externe Effekte
Meritorische Guter sumentensouveranitat
rein private Guter
Mischgiiter
keine / sozial irrelevante externe Effekte
spezifiscii dffentliclie Guter
vollkommen sozial relevante externe Effekte
Abbildung 9: Guterkategorien und externe Effekte
stehen, aber andererseits allein dadurch, dass die Offendichkeit von ihnen Kenntnis bekommen hat. Inspiration und Kceativitat in die Gesellschaft tragen. Davon profitieren dann alle, etwa im Bereich Design und Mode oder durch das Kunstklima insgesamt. Auch beim Konsum von Dienstieistungen der Kunst, beispielsweise bei einem Theater- oder Museumsbesuch, kommt es 2u individuellem, ausschlieBbarem, und spatestens dann, wenn alle Platze besetzt sind oder die Aussicht auf die Exponate durch Menschenandrang versperrt ist, auch zu rivalisierendem Konsum. Gleichzeitig entstehen in Folge der Prasenz der Kulturinstitution positive externe Nutzen, die sich in der kulturellen Infrastruktur widerspiegeln und iiber die individuelle NutznieBung hinausgehen. Einen Spezialfall stellen die meritorischen Giiter dar, die eine Sonderrolle beziiglich ihrer normativen Begriindbarkeit spielen. Meritorische Giiter sind „gute" Giiter, ihr Gegenpart, die dementorischen Giiter, sind „schlechte" Giiter. Die einen werden nach Meinung derjenigen, die es besser zu wissen glauben, zu wenig, die anderen zu viel konsumiert. Der Wissensvorsprung wird der offentlichen Hand zugebilligt. Dort sitzt die besser informierte Gruppe, die beispielsweise weiB, dass es vorteilhaft fiiir das Individuum und die Gemeinschaft ist, sich impfen zu lassen oder fiir das Alter vorzusorgen, dass es aber schadlich ist, Drogen zu nehmen, Alkohol zu trinken xind zu rauchen. Kraft Amtes gelingt es den vermeintlich besser Informierten, den Mehr- oder den Minderkonsum durchzusetzen oder zumindest in die gewiinschte Richtung zu lenken, und zwar durch Gebote oder Verbote oder auf dem Wege von Besteuerung oder Subventionierung. Fiir den kulturellen Bereich konnte der Staat in seiner Rolle als Besserwisser beispielsweise verfugen, dass es fiir die Bevolkerung von Vorteil sei, mehr klassische
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Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
Meritorische Guterarten \^
sozial relevante \Effekte KonX: sumenten- ^ \ souveranitat \^
nicht gegeben
partiell
angestrebt
rein private GiJter
Mischguter
spezifisch offentliche GiJter
meritorische IVlischguter
meritorisciie offentliche GiJter
\,
nicht angestrebt
X
total
Abbildung 10: Meritorische Guterarten
Musik 2u horen und stattdessen den Genuss von Pop-Musik einzuschranken xind den offendich-rechtlichen Sendern entsprechende Auflagen machen. Die klassische Musik ware in diesem Beispiel das meritorische Gut, die Pop-Musik das demeritorische Gut. Wie generell im Zuge von meritorisierenden oder demeritorisierenden MaBnahmen wiirden die staatlichen Plantragern dabei bewusst in Kauf nehmen, dass die Konsumenten selbst die ihnen verordneten Korrekturen ihres eigentlich beabsichtigten Handelns - namlich vergleichsweise mehr U-Musik als E-Musik zu horen — nicht wiinschen. Aus die sen Griinden sind die meritorischen Giiter, wie Abbildung 9 auch zeigt, von den anderen Giitern durch die Barriere der Konsumentensouveranitat abgegrenzt. Wie gerade beschrieben, liegt das in ihrer Natur: Meritorische Giiter sollen in Konsumentenpraferenzen eingreifen, das Souveranitatspostulat bewusst auBer Kraft setzen. Da dieser Ansatz sehr haufig als Beleg fiir das staatHche Eingreifen im Kulturbereich benutzt wird, soil er im Folgenden noch naher betrachtet werden. In der Giitermatrix von Abbildung 10 haben die meritorischen Giiter ihren Platz in der zweiten Reihe, namlich dort, wo Konsumentensouveranitat von vornherein nicht angestrebt wird. Das setzt sie in Gegensatz zu den Kategorien privater, gemischter und offentlicher Giiter. Meritorische Giiter werden bereitgestellt, obwohl sie gerade nicht gewiinscht werden. Ein derartiges Vorgehen stellt das Souveranitatspostulat auf den Kopf. Hintergrund ist die Vorstellung, dass die Menschen oft nicht wissen, was gut fiir sie ist. Das weiB in diesem Ansatz aber die besser informierte Gruppe: Meritorische Giiter sind Giiter mit verkannten Verdiensten, deren wahrer Wert nur den besser Informierten bekannt ist.
Das Entstehen von Markten
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Diese Diskussion hat eine lange Tradition und ist letztlich bis heute noch nicht abgeschlossen. Als Begtiff erdacht und als Konzeption in den fiinfziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch den deutschstammigen Finanzwissenschafder Richard Musgrave vorgestellt, wurde sie insbesondere von der deutschen Finanzwissenschaft aufgegriffen und sorgte fur heftige Dispute (Musgrave 1956/57). Es wurde nicht im Grundsatz bestritten, dass es Situationen gibt, in denen der Einzelne damit iiberfordert sein kann, die Entscheidung zu treffen, die er eigentlich treffen mochte. Doch hieB das zentrale Gegenargument, dass Nichtwissen und Unsicherheit durch Information und Anleitimg zu kurieren sei, nicht aber durch paternalistisches Aufoktroyieren. Es sei auch nicht hilfreich und letztlich nur als „Gehirnwasche" zu brandmarken, wenn die Bevolkerung im nachhinein diese dirigistischen staatlichen Eingriffe bilHge (Schmidt 1970, S. 17). Die Verfasserin hat diese Diskussion aufgegriffen und unter Verarbeitung der jiingeren Diskussionsbeitrage erweitert (Gottschalk 2001b). Die zentralen Ergebnisse lauten: • Nur bei VorUegen von sozial relevanten externen Effekten ist ein staatliches Aktivwerden iiberhaupt gerechtfertigt. Aus diesem Grund bleibt die erste Zelle in der zweiten Zeile von Abbildung 10 leer. • Es kann Situationen geben, in denen die Verbraucher selbst eine Korrektur aktueller Praferenzen wiinschen und bereit sind, ihre Kompetenz zur Konsumentscheidung zu delegieren. Die Griinde konnen in erkannter Unwissenheit und Willensschwache oder im Wunsch nach einem gemeinschaftlichen Handeln in Form von kollektiver Selbstbindimg Hegen. • Aufgrund dieses sehr eingegrenzten Spiekaums ist das mogliche Spektrum meritonscher Giiterbereitstellung nur begrenzt vorhanden. Eine generelle Fehleinschatzung des Wertes kultureller Leistungen muss angesichts der hohen Prioritat, die Befragte dem kulturellen AnHegen stets einraumen, von vomherein bezweifelt werden (Pommerehne und Frey 1993, S. 21). Wenn die individuelle Nachfrage nicht ausreichend artikuliert wird, dann nicht aufgrund von Ignoranz, sondern wegen der beschriebenen externen Effekte. Ein staatliches Eingreifen ist unter diesen Umstanden durchaus kompatibel mit Konsumentensouveranitat (Throsby 1994, S. 22). Aus diesem Grund soUte das Konzept der mentorischen Giiter nur in besonderen, von den Konsumenten selbst gewiinschten Fallen als Beleg fiir staatliches Handeln im Kulturbereich herangezogen werden.
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Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
2.2 Die BaumoFsche Kostenktankheit 2.2.1 Kulturanbieter in der Produktivitdtsfalle Die Krise ist in der Kunst der Normalfall - mit diesem pessimistischen Urteil beginnen die beiden amerikanischen Okonomen Baiimol imd Bowen ihre 1966 veroffentlichte Abhandlung iiber das Phanomen weltweit zu beobachtender, chronischer Defizite bei den Kiinstanbietern (Baumol und Bowen 1966, S. 3). Das Untersuchimgsziel der beiden Autoren besteht darin, die Griinde fur diese finanziellen Engpasse herauszuarbeiten. Diese Analyse soil moglichst emotionslos, unter rein okonomischen Kriterien durchgefiihrt werden, gerade so, als wiirde man irgend eine beHebige Industrie, die von Geldproblemen geplagt wird, unter die Lupe nehmen (Baumol und Bowen 1966, S. 4). Das Autorenteam deutet schon zu Beginn an, dass die grundsatzlichen Probleme im Kunstsektor nicht von hausgemachten Ursachen wie Verschwendungssucht und Missmanagement herriihren. Vieknehr sei die okonomische Struktur derart beschaffen, d^ss ein permanenter okonomischer Druck auf den schonen Kiinste laste, der nicht nur temporar, sondern dauerhaft sei (Baumol und Bowen 1966, S. 10). Unter diesen Vorzeichen beschreiben die Autoren die „Anatomie der Einkommensliicke" im Kunstsektor am Beispiel der darstellenden Kunst (Baumol und Bowen 1966, S. 161f£). Das Hauptergebnis ihrer Analyse fand als Schlagwort von der cost disease, der Baumol'schen Kostenkrankheit, weite Verbreitung und wurde durch kulturpolitische Diskussionen in der Wissenschaft und in den Medien einem breiten PubHkum vorgestellt (vgl. Heilbrun 2003, S. 91). Insbesondere die Kulturschaffenden griffen die Formulierung einer Kostenkrankheit gern auf, schien sie doch den Ausweg aus den Erklarungsnoten bei der wiederholten Anforderung offentlicher Mittel zu bieten. Zum besseren Verstandnis der im Kunstbereich vorherrschenden Produktionsstrukturen entwickelten die Autoren ein stark vereinfachendes Zwei-Sektorenmodell einer Volkswirtschaft, in der der eine Sektor Automobile, der andere Konzerte produziert. Wahrend sich aber der erste, bedingt durch den Einsatz von technischem Fortschritt, Produktivitatssteigerungen von vier Prozent pro Jahr erfreuen kann, ist dies bei der Produktion von Konzerten nicht im selben AusmaB moglich. Bei den Automobilproduzenten sinken in Folge der Erhohung der Arbeitsproduktivitat die Lohnstiickkosten. Das heiBt, dass in einem gefertigten Automobil dann weniger an bezahlten Arbeitsstunden stecken als vor der Produktivitatserhohung. Auf dieser Basis konnen hohere Lohne gezahlt werden, ohne dass — alles andere gleich bleibend — die Gesamtkosten der Produktion steigen. Man spricht dann von kostenneutralen Lohnsteigerungen in Hohe des Produktivitatszuwachses.
Die Baumol'sche Kostenkrankheit
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Bei den Musikern in der Kultutindustrie sehen die Verhaltnisse ganz anders aus. Produktivitatssteigerxingen sind bei der von ihnen erstellten Leistung nxir schwer 2u realisieren. Auf den Punkt gebracht: Man kann die Musiker ja nicht einfach schneller spielen lassen. Wahrend bei den Mitarbeitern im Automobilsektor kostenneutrale Lohnzuwachse moglich sind, miissen die Musiker entweder bei gleichem Lohn relativ verarmen, oder in die Automobilindustrie abwandern - mit der Folge einer Einschrankimg des Kulturangebots - oder drittens ebenfalls Lohnerhohungen durchdriicken, die dann aber voll in die Kosten gehen. Als vermudich realistischer Fall wird eine vergleichsweise geringere, dvirch die besseren Arbeitsbedingungen in ihrem niedrigeren Niveau auch zu rechtfertigende Anhebung der Musikerlohne angenommen (Baumol und Bowen 1966, S. 167ff.). Da aber ein Hereinholen der gestiegenen Kosten iiber entsprechend hohere Preise wegen zu befurchtender heftiger Nachfragereaktionen weder als moglich noch als gesellschaftlich sinnvoll angesehen wird, entsteht eine chronische Finanzierungsklemme. Der Kultursektor sitzt in der Produktivitatsfalle.
2.2.2 Konsequenf(en der Kostenkrankheit Die Autoren schlussfolgern schon zu Beginn ihrer Untersuchungen, dass die Defizite vermutlich wachsen werden, wenn man die Sache sich selbst liberlieBe (Baumol und Bowen 1966, S. 10). Zwar werden im Rahmen der Diskussion iiber diese Studie auch Moglichkeiten erwahnt, wie man durch technischen und organisatorischen Wandel, etwa neu konzipierte Austragungsorte mit hoherer Kapazitat, bessere Verbreitungsmoglichkeiten und effizienteren Einsatz von Produktionsfaktoren, den negativen Trend zumindest eindammen konnte. Im Grundsatz sei die Logik der Kostenkrankheit jedoch unantastbar (Throsby 1994, S. 15f.). Im Wesentlichen sei der Auffuhrungsmodus iiber die Jahrhunderte hinweg gleich gebHeben und es gabe nur sporadische, aber ketne grundlegenden Effekte hinsichtlich der Technologic der Auffuhrung. Durch die Vervielfachung des Publikums in Folge der Entwicklung von Film, Horfimk und Femsehen wiirden zwar die Kosten pro Teilnehmer erheblich gesenkt. Auf der anderen Seite konnte das mit dieser Verbreitung verbundene Produkt nicht mehr mit einer lifepetformingart^di.dcig<^sQXzt werden (Baumol und Bowen 1966, S. 163). Das besondere Charakteristikum der kiinstierischen Leistung bestehe darin, dass die Arbeit des Auffuhrenden ein Ziel in sich selbst darsteUe und das Endprodxikt verkorpere, das das Publikum kaufen mochte. Im industriellen Sektor herrschen dagegen andere Beziehungen. Wenn ein Konsument beispielsweise eine Schreibmaschine erwirbt, dann weiB er nicht, und es ist ihm auch ziemlich egal, wie viel Arbeitsstunden darin stecken (Baumol und Bowen 1966, S. 167).
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Baumol und Bowen haben diese generelle Diagnose durch einen sehr eindringlichen Vergleich untermauert. Wahrend die notwendige Menge an Arbeit, ein typisches Industrieprodukt herzustellen, seit Beginn der industriellen Revolution standig gesunken sei, brauchte Richard II immer noch dieselbe Anzahl an Minuten fur seinen Monolog: Sad stones of the death of kings (Baumol und Bowen 1966, S. 164). Die Konzipierung der Kostenkrankheit hat den Baustein fur alle weiteren kulturokonomischen Analysen gesetzt. Trotz oder vielleicht auch wegen dieser grundlegenden Bedeutung hat sie immer wieder auch Anlass fur sehr kritische Auseinandersetzungen geboten. Insbesondere wurden mogliche Vergiinstigungen und offentliche Hilfen, die den schonen Kiinsten als Folge der cost disease zugebilligt werden konnten, hinterfragt (van der Beeck 2002, S. 67f.). Die Hauptkritik besteht darin, dass dem Kulturbereich ein Sonderstatus aufgrund technischer Strukturen zugeschrieben wiirde, der zwar nicht falsch, aber auch nicht einzigartig sei (Heilbrun 2003, S. 100). Baumol und Bowen hatten nur demonstriert, was alle personalintensiven Wirtschaftszweige, seien sie im Handwerk oder der Gastronomic, erdulden miissten. Dort wiirde aber auch niemandem so ohne weiteres ein Krankenstatus mit der Moglichkeit staatHcher Heilimg attestiert. Zudem fragt sich, warum den Nachfragern nach Kulturleistungen nicht hohere Preise zugemutet werden konnen. Bei ausreichendem Interesse fur die Kultur diirfte die negative Reaktion aufgrund des Preisanstiegs weniger drastisch sein als die positive Anpassung wegen des erzielten hoheren Einkommens. Unter dem Strich konnte deshalb das Nachfrageniveau trotz gestiegener Preise erhalten bleiben und damit auch der kulturpolitisch unerwiinschte Effekt der Dezimierung des Kultursektors verhindert werden (Frey 1996, S. 173). Aber selbst wenn dies nicht der Fall sei, so argumentiert van der Beek, so sei es aus Griinden der Effizienz angezeigt, die Kostenkrankheit ihren Lauf nehmen zu lassen. Uberzeichnend und sicher mit Galgenhumor fiigt er hinzu, dass dann sinnvoU selektierende Marktkrafte Kunst und Kultur so lange ausblenden konnten, bis sie im „Off * verschwunden seien. Dieses Schicksal wurden Frisore oder ambulante Schuhputzer bei nicht ausreichender Nachfrage genauso teilen (van der Beek 2002, S. 67). Andere Autoren haben sich zu Erganzungen oder Modifikationen der Kostenkrankheit anregen lassen. Beispielsweise sieht Kesenne noch eine zusatzliche Gefahr fiir den Konsum von Kiinst und Kultur, die durch den Zeitfaktor ausgelost wiirde (Kesenne 1994). Auf der einen Seite bestiinde ja schon die Gefahr, dass der Konsum vonKunstgedampftwiirde, wenn dierapideansteigendenProduktionskosten dem Publikum auferlegt wiirden. Auf der anderen Seite komme erschwerend hinzu, dass kultureUe Aktivitaten genereU zeitintensiver als die meisten anderen Konsumaktivitaten waren. Da im okonomischen Sinne auch die eingesetzte Zeit als Kosten zu betrachten sind, die man sonst anderweitig nutzen konnte, beispielsweise
Gnindlagen und Wege staadicher Kiilturfordemng
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zur Erzielung von mehr Einkommen, miisste die fur den Kulturkonsum notwendige Zeit als kostenwirksam erfasst werden. Bei steigenden Reallohnen bedeutet dies, dass der Preis fur kiilturelle Aktivitaten noch mehr steigt, als schon von der Produktionskostenseite her, und folglich die Nachfrage nach kulturellen Aktivitaten noch weiter sinken wird (Kesenne 1994, S. 93). Vor diesem Hintergrund wird von Kesenne als noch offensichtlicher dargestellt, dass es einer offentlichen Forderung von Kunst und Kultur bedarf, die hier durch Subventionierung der Konsumenten vorgeschlagen witd (vgl. 2.4.2). Baumol und Bowen, die Erfinder der Kostenkrankheit, haben 2war die Notwendigkeit einer standig steigenden Unterstiitzung fiir den Kunstsektor angemahnt, sie halten sich jedoch in der Frage bedeckt, wer fiir die Defizite aufkommen soU. Hier kamen sowohl private, individueUe und institutionelle, als auch offentHche Geldgeber in Betracht, letzteren wird aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Widiungen kultureller Aktivitaten jedoch eine besondere Bedeutung beigemessen (Baumol und Bowen 1966, S. 382ff.; Baumol und Baumol 1985).
2.3 Grundlagen und Wege staatlicher Kultutforderung 2.3.1 Das Pro und Contra staatlicher Interventionen Es sind ganz unterschiedliche Griinde, die den Staat im Kulturbereich auf den Plan rufen. Generell geht es darum, Defizite des Marktes zu korrigieren. UberHeBe man das Kulturangebot dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, so wiirde es, so lautet die Argumentation der Befiirworter staatlicher Eingriffe, nicht ausreichend die Praferenzen der Kulturkonsumenten widerspiegeln. Das eingangs schon diskutierte Postulat der Konsumentensouveranitat ware nicht erfiiUt. Die wesentlichen Griinde, die fiir das drohende Unterangebot verantwortlich gemacht werden, wurden genannt. Sie liegen in der Produktionsstruktur des Kultursektors, den besonderen Merkmalen von Kulturgiitern sowie dem Wert von Kultur fiir die GeseUschaft insgesamt (vgl. Baumol 2003; Ridley 1983; Rushton 2000; Schwarz 1992; Heilbrun und Gray 1993, S. 199ff.). Doch ebenso vehement wie die einen diese Faktoren als legitime Ausloser fur Staatsaktivitaten in Anspruch nehmen, gehen die Vertreter des Marktes auf kritische Distanz. Sie setzen den MarktunvoUkommenheiten die These vom Staatsversagen entgegen und favorisieren, wenn immer moglich, den Markt gegeniiber dem Staat. Im Einzelnen werden die gangigen Argumente, die fiir das offentliche Eingreifen beim Kulturangebot zu sprechen scheinen, wie folgt hinterfragt (vgl. Cwi 1980).
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Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
(1) Kritik am Argument der Kostenkxankheit Es geht nicht datum, das Auftreten der Kostenkrankheit selbst zu bezweifeln. Im Gegenteil, die weite Verbreitung dieser cost disease in arbeitsintensiven Bereichen wird anerkannt. Wohl aber handelt es sich darum, dem Kulturanbieter den „Persilschein" 2u verweigern. Dieser konnte dazu dienen, jegliches Defizit als naturgegebenen Produktivitatsnachteil zu begriinden und zu fordern, dass der Staat die Defizitfinanzierung iibernehme. Diese Argumentation miisste dann alien lohnkostenbelasteten Anbietern zugestanden werden, den Manufakturen ebenso wie dem Spezialitatenrestaurant.
(2) Kritik an den Konsequenzen offentlicher Giitereigenschaften Rein offentliche Giiter, bei denen der Markt vollstandig versagt, sind die Ausnahme von der Kegel. Es gibt sie, aber sie kommen selten vor. Beispiele sind das fiiir alle stimulierende Kunstklima oder das der Gesamtbevolkerxing zugute kommende Prestige des Kulturstaates. Haufiger sind Falle gemischter Art, mit Individualnutzen auf der einen, Sozialnutzen auf der anderen Seite. Wie bei dem Theaterbesucher, der individuell genieBt, aber gleichzeitig durch seinen Konsum den Nimbus der Theaterstadt erhalten hilft. Die Schlussfolgerung hieraus ist ein zweigleisiges Verfahren: Markt und Marktbedingungen fur den Individualnutzen, Staatseingriffe und offentliche Mittel zur Aufrechterhaltung des Gesamtnutzens.
(3) Kritik am Wert von Kultur als Interventionsbasis Es ist nicht das Ziel, den Wert von Kultur an sich, culture as a value, zu bezweifeln. Doch wird angefiihrt, dass es auch andere Anbieter gibt, deren Arbeit als gesellschaftlich wertvoU angesehen wird, ohne dass nach offentHchen MaBnahmen gerufen wiirde. Als Beispiele werden die Luft- und Raumfahrtindustrie (Concorde, Airbus), die Automobilindustrie (Mercedes, Porsche) oder Sportarten und Sportvereine genannt (FuBball, Bayern Miinchen). Die Frage ist, was aus der kritischen Diskussion der gangigen Argumente, die fiir staatliche Interventionen bei Kunst und Kultur sprechen, folgt. Soil der Staat nun eingreifen - und wenn ja, wie? Diese Frage hat die Kulturokonomik, insbesondere in ihrem volkswirtschaftlichen Schwerpunkt, iiber die Jahre hinweg begleitet (vgl. Frey und Pommerehne 1989; Heilbrun und Gray 1993, S. 227ff.).
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Grundlagen und Wege staatlicher Kulturforderung
Anknupfungspunkte staatlicher MaUnahmen
direkt
indirekt
Kulturanbieter
Anbietersubventionen
Regulierung Vorzugstarife
Kulturnachfrager
Konsumentensubventionen
Kulturbildung Steuerermafligungen
Abbildung 11: Anknupfungspunkte staatlicher MaBnahmen
Ein vorlaufiges Fazit konnte lauten: • Kultur muss wegen der nicht 2u bestreitenden positiven externen Effekte staatlich abgefedert werden, sollen die Praferenzen der Kulturkonsumenten nicht leiden. • Das AusmaB der Forderung ist aber einem standigen politischen Willensbildungsprozess 2u unterwerfen. • Aufgrund der Parallelitat von individuellem iind sozialem Nutzen spricht viel fiiir ein gemischtes Angebot aus Markt und Staat. • Entsprechend ist eine Mischfinanzierung in Ansatz zu bringen. • Ziir Forderung einer maximalen Wirkung von Marktkraften sollten die indirekten vor den direkten staatlichen MaBnahmen den Vorzug genieBen.
2.3.2 A.nknupfungspunkte staatlicher Maf^nahmen Die offentliche Hand kann verschiedene Wege beschreiten, um den Kulturmarkt zu erganzen bzw. bei vollstandigem Marktversagen auch zu ersetzen. Im Grundsatz konnen direkte von indirekten MaBnahmen unterschieden werden, die sich entweder an die Kulturanbieter oder an die Kulturnachfrager richten. Abbildung 11 zeigtbeispieIhaftauf,welcheMoglichkeiten staatHcher Einflussnahme zur Kulturforderung gegeben sind. In der Kegel handelt es sich um eine Kombination verschiedener MaBnahmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die offentliche Hand greift direkt in das Angebot und die Nachfrage ein, indem sie entweder die Anbieter oder die Nachfrager von Kultur mit zusatzlichen Mitteln versorgt. Die Anbietersubvention ist der Regelfall, aber auch die noch weniger
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Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
bekannte Subventionieriing von Kulturkonsumenten, wie sie beispielsweise in Form von Kulturgutscheinen im anglo-amerikanischen Raum konzipiert und auch erprobt wutde, ist Bestandteil dkekter staadicher Einflussnahme (vgl. 2.4.2). Die indirekten MaBnahmen des Staates zur Kulturforderung umfassen auf der Anbieterseite die regulativen Eingriffe, etwa zur Wahrung von Urheberrechten, ebenso wie steuerliche imd tarifliche Begiinstigungen, beispielsweise bei der Belastung von Kvdturprodukten mit dem halbierten Mehrwertsteuersatz. Indirekt werden auch die Aktivitaten der Kulturkonsumenten befliigelt, etwa durch steuerHche Abzugsfahigkeit von finanzieUer Unterstiitzung fur Kulturprojekte (vgl. Schuster 1999). Die Grundlage dafur, dass liberhaupt ein Interesse an Kunst und ein generelles Kulturbewusstsein vorhanden sind, wird in der kulturellen BHdung und Erziehung gelegt. Sie wird sich in der weiteren Diskussion als ein Grundpfeiler kulturpolitischer MaBnahmen herausstellen (vgl. Kapitel 4 und 6). Der irische Okonom O'Hagan hat aus dem historischen Zusammenhang heraus erlautert, weshalb es in einzelnen Landern unterschiedliche Entwicklungen bei der Bevorzugung staatlicher Eingriffe der einen oder anderen Form gibt. Dies wird insbesondere im Vergleich des staatlichen Engagements zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika deutlich (vgl. hier und im Folgenden O'Hagan 1998, S. 3ff.). Das Kulturleben in Europa ist dem der Amerikaner nicht nur um Jahrhunderte voraus, es ist auch von Beginn an unter anderen Vorzeichen gestartet. Der Staat und seine Reprasentanten haben immer eine dominante Rolle gespielt. Zur Forderung der schonen Kiinste, insbesondere des Dramas und Schauspiels, wurden in Athen Theaterfestivals abgehalten. Sie wurden offentHch, aber auch von reichen privaten Biirgern gefordert und hatten im Wesentlichen einen Auftrag kultureller Erziehung zu erfullen. Das Publikum soUte sich durch Kunst erbauen und bilden. Kunst gait aber auch stets der staadichen Demonstration von Macht und GroBe. Diese Reprasentationsfunktion erlangte ein besonderes Gewicht an den absolutistischen Hofen. Die Unterstiitzung von Kiinsdern, die Unterhaltung von Theatern und Opern und deren Kompanien war Teil des hofischen Prunks und diente der Erhohung koniglicher Pracht und GroBe. Nach der franzosischen Revolution standen das Vermitteln von Werten und die Biirgerbildung wieder im Mittelpunkt. In der Zeit der Aufklarung wurde das Theater zur moralischen Anstalt. Auch die zu ihrer Zeit schon beriilimten DichterpersonHchkeiten wie Goethe und Lessing iibernahmen Intendanzen in Weimar und Mannheim, um ihren Beitrag zur Weiterbildung und moralischen Aufriistung des Volkes zu leisten. O'Hagan verweist auch darauf, dass unter diktatorischen Herrschern der staatliche Einfluss bis zur Vereinnahmung der Kiinste reichen konnte, etwa verdeutiicht an der Ausbeutung der Kunst fiir propagandistische Zwecke durch die Reichspropaganda
Grundlagen und Wege staadicher Kulturfordenmg
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des Dritten Reiches (O'Hagan 1998, S. 6). Zusammenfassend kann der Tatbestand, dass der Staat in Europa im Regelfall in hohem MaBe im Kimstsektor involviert war und ist, auch als historisch bedingte Fortsetzxing des einmal eingeschlagenen Weges verstanden werden. Die Entwicklung in den Vereinigten Staaten sah ganz anders aus. Der Autor nennt mehrere Faktoren als Ausloser dafur, dass der amerikanische Staat eine vergleichsweise geringe direkte Beteiligung im Kunstbereich praktiziert (O'Hagan 1998, S. 8f£). Dazu gehoren: • der Mangel an Tradition koniglicher Fiirsorge, • der Mangel an zu bewahrenden Kunstschatzen, • die stark individualisierte, Hberale, marktbezogene Haltiing, • die Vorbehalte von Teilen der Bevolkerung, darunter Calvinisten und Quaker, gegeniiber Kunst generell. Aus der Summe dieser Faktoren heraus wird erklarlich, warum in den USA der Staat mit einer vergleichsweise geringen direkten Beteiligung agiert und sich mehr auf die Stimulierung der Privaten, ihren Beitrag fiir Kunst und Kultur zu leisten, verlasst. In der Tat waren und sind private Personen und Institutionen in hohem Umfang fur die Kunst tatig. ZusatzHch zu den steuerHchen Anreizen ist hier die Gabe der amerikanischen Gesellschaft von Vorteil, Sachverhalte und Personen beim Namen zu nennen und damit den Gonnem von Kunst und Wissenschaft Gelegenheit zu geben, der Allgemeinheit dienlich zu sein vmd sich selbst ein Denkmal zu setzen. O'Hagan verweist in diesem Zusammenhang auf das bereits 1835 durch den amerikanischen IndustrieUen James Smithonian in Washington, DC gegriindete Smithonian Institute, das angetreten ist „... for the increase and diffusion of knowledge among men''' (O'Hagan 1998, S. 9). Dennoch macht O'Hagan zu recht dezidiert darauf aufmerksam, dass diese privaten Aktivitaten im Kulturbereich nicht gleichzeitig bedeuten, dass der amerikanische Staat die Kunst sich vollig selbst iiberlassen hatte. Nur die StoBrichtimg war eine andere: Nicht der Staat selbst geht in die Vorlage, er gibt vielmehr Anreize dergestalt, dass andere, die Privaten, aktiv werden. Zu diesem Paket indirekter MaBnahmen gehoren eine entsprechend ausgestaltete Nationale Einkommens- und Erbschaftssteuer, die die Steuerabzugsfahigkeit von Beitragen fiir die Kunst und arts organisations ebenso erlaubt wie die fiir Kirchen und Wohlfahrtseinrichtungen. Die Stimulierung privater Geldgeber durch die offentliche Hand sollte aber nach Meinung des Autors nicht mit der Illusion einhergehen, derartige MaBnahmen wiirden keine staatlichen Ausgaben beinhalten. Vielmehr kann man den zugrunde liegenden Zusammenhang folgendermaBen zuspitzen. Durch SteuermaBigungen verursachte, nicht realisierte Staatseinnahmen konnen nicht fiir Zwecke der Staatsaufgaben eingesetzt werden. Unter diesem Blickwinkel
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Markte und Markteingriffe bei Kunstgiitern
sind entgangene Staatseinnahmen Steuergeschenke des Staates an seine Burger, und damit nichts anderes als versteckte Staatsausgaben. Zusammenfassend lasst sich feststellen, dass die unterschiedlichen Modelle staatlicher Kulturforderung, die im Vergleich zwischen Europa und Amerika in Ansatz gebracht werden, auch als Ergebnisse historischer Entwicklungen und nicht unbedingt als vorsatzlich eingeschlagene Wege zu betrachten sind. Dies ist zu bedenken, wenn beispielsweise das amerikanische Modell von europaischer Seite propagiert wird. In dem einen wie im anderen Fall sind direkte oder indirekte Staatsausgaben involviert, die der schon mehrfach hervorgehobenen, prinzipiellen Rechtfertigung bediirfen.
2.4 Marktkotrektuten bei Anbieterti und Nachftagern 2.4.1 Korrektur des A.ngehots: Suhventionen als Zuivendungen Wenn hier von Subventionen an Kulturanbieter gesprochen wird, spater sogar davon die Rede ist, dass auch die Konsumenten subventioniert werden, dann geschieht dies im Sinne etner weiten, an den amerikanischen Gepflogenheiten orientierten Betrachtung. Dort stehen die subsidies fiir die Vergabe offentlicher Mittel, die Unterstiitzung durch den Staat in Form von Beihilfen. In der deutschen finanzwirtschafdichen Terminologie wird dieser Begriff enger gefasst. Subventionen umfassen das Gewahren von Finanzhilfen oder Steuervergiinstigungen an Unternehmen. Unterstiitzungsleistungen an die privaten Haushalte werden als Transfers bzw. Transferzahlungen bezeichnet. Die fiiir Kunst und Kultur eingesetzten staatlichen Mittel werden dagegen behandelt wie Geldausgaben fiiir die aUgemeine Staatsverwaltung, sie unterliegen dem Haushaltsgrundsatzegesetz und den Haushaltsordnimgen von Bund \md Landern (Smekal 1992, S. 77). Aus haushaltsrechtlicher Sicht konnen Zuwendungen dieser Art nur unter den Voraussetzungen von § 23 von Bundes-/oder Landeshaushaltsordnung bewilligt werden. Dieser Paragraph besagt, dass der Bund oder das Land an der ErfuUung der vorgeschlagenen Zwecke ein erhebliches Interesse haben muss, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann (Heinrichs und Klein 1996, S. 318f.). Die offentHche Verwaltung bzw. die mit ihr eng verbxmdenen offentlichen Unternehmen, etwa Regiebetriebe, das sind rechtlich, rechnungsmaBig und organisatorisch an ein Amt oder die Abteilung eines Amtes angebundene Betriebsformen, sind an die kameralistische Buchfiiihrung gebunden (Heinrichs und Klein 1996, S. 266). Deren wichtigstes Ziel ist die ErfuUung der Haushaltssatzung
Marktkorrekturen bei Anbietern und Nachfragern
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und des Haushaltsplans mit Ausweis von Fehlbedarfs- oder Uberschussermittlung (Heinrichs und Klein 1996, S. 109). Letzteres bringt die bekannte Problematik mit sich, dass Ersparnisse der einzelnen Institution — wenn tatsachHche Ausgaben geringer ausfaUen als die im Haushaltsplan ausgewiesenen Sollbetrage — wieder in den aUgemeinen Topf flieBen und nicht dem sparsam Wirtschaftenden zugute kommen, da eine Zweckbindung staatlicher Einnahmen grundsatzHch nicht gestattet ist. Einen Anreiz, mit weniger auszukommen als vorgesehen, kann es unter diesen Umstanden aber wohl kaum geben. Der Geltungsbereich der offentlichen Finanzierimg bezieht sich auf die Institution oder auf abgegrenzte Projekte, man spricht entsprechend von institutioneller Finanzierung oder von Projektfinanzierung (vgl. Heinrichs und Klein 1996). Wird die Institution finanziert, dann handelt es sich in der Kegel um VoUfinanzierung. Modelle der Teilfinanzierung sind ihrerseits moglich in Form von unterschiedHchen Zuteilungsmodalitaten. • Anteilsfinanzierung bedeutet, dass der Zuschussgeber einen bestimmten, in der Kegel prozentualen Anteil festlegt, der dem Zuschussempfanger auf die Gesamtkosten des Projektes gewahrt wird. • Fehlbedarfsfinanzierung beinhaltet die Ubernahme von Kosten, die vom Kulturanbieter nicht gedeckt werden konnen, durch den Zuwendungsgeber, bezogen auf bestimmte Kostenarten (z.B. Personal- oder Sachkosten) oder auf die Gesamtkosten. • Fehlbetragsfinanzierung heiBt, dass der Zuwendungsempfanger bestimmte festgesetzte Betrage in Erganzung zu den Gesamtkosten oder zu bestimmten Einzelkostenarten erhalt. Diese werden im Kegelfall nach Vorlage eines Budgets gewahrt, um bei geringen erwarteten Einnahmen die Finanzierungslxicke zu schlieBen (vgl. ebenda). Im Grundsatz herrscht im Kahmen kulturokonomischer und kulturpolitischer Erorterxmgen Konsens dariiber, dass die Kulturinstitutionen offentUche Mittel beanspruchen konnen. Zum einen gilt dies auf der Grundlage der positiven Externalitaten von Kunstgiitern, denen ohne offentliche Unterstiitzung der Mangel, das heiBt eine Unterversorgung bis hin zum Nichtzustandekommen des Angebots drohen wiirde. Zum anderen gibt es eine nachweisliche Verflechtung zwischen dem Kunstsektor und den anderen Wirtschaftsbereichen, so dass Kunstund Wirtschaftsforderung u.U. zu einem gemeinsamen Weg gezwungen werden. Dieser, im folgenden Kapitel noch naher zu betrachtende Zusammenhang, kommt beispielsweise in der gelaufigen FormuHerung von der Kunst als Standortfaktor zum Ausdruck (vgl. 3.3.3). Die Daten des Kulturfinanzberichts 2003, die vom Statistischen Bundesamt und den Statistischen Landesamtern in Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz,
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der Beauftragten der Bimdesregierung fur Kiiltur und Medien und dem deutschen Stadtetag nach 2001 zum zweiten Mai ermittelt wurden, geben Auskunft iiber den Umfang, die Struktur und die Entwicklung offentlicher Ausgaben fiiir Kultur in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. hier und im Folgenden Statistisches Bundesamt 2004). Zum ersten Mai gibt es eine gemeinsame Definition fur Kultur, auf die sich der Bund, die Lander und der deutsche Stadtetag als Vertreter der Gemeinden geeinigt haben. Sie orientiert sich an den Abgrenzungen der Europaischen Union und lasst zukiinftig den internationalen Vergleich zu. GemaB dieser Definition werden dem Kultursektor folgende Aufgabenbereiche zugerechnet: Theater und Musik Museen Bibliotheken Auswartige Kulturpolitik Sonstige Kulturpflege Kunsthochschulen Kulturverwaltung. Im Rechnungsjahr 2001 gaben die offentUchen Haushalte insgesamt 8,35 MUHarden Euro fur Kultur aus. Das entspricht einem im Vergleich zu den vorausgegangenen Jahren stabilen Anteil von 0,4 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl entfielen je Einwohner 101,50 Euro an offentlichen Kulturausgaben. Vom Kulturbudget tragt nicht der Bund, sondern tragen die Bundeslander und insbesondere die Gemeinden die Hauptiast mit jeweiligen Anteilen von 12,4 Prozent fiiir den Bund, 43,0 Prozent fiiir die Lander und 44,6 Prozent fiiir die Gemeinden. Es entspricht der foderalen Struktur unseres Landes und der verbrieften Kulturhoheit der Lander, dass sich die Finanzstrome dergestalt auf die Gebietskorperschaften verteilen. Im Vergleich zum Berichtsjahr 1998 im ersten Kulturfinanzierungsbericht wird allerdings eine relative Verschiebung der Lasten deutlich. Die Unterschiede in der Verteilung der Kulturausgaben sind nicht mehr so krass, wie sie es 1998 noch waren, als der Bund nur mit 3,6 Prozent beteiligt war, die Gemeinden dagegen mit 52,7 Prozent imd die Lander, im Vergleich zu 2001 jedoch nur leicht hoher, mit 43,7 Prozent (vgl. Statistisches Bimdesamt 2001). Die meisten Mittel des gesamten Kulturhaushalts gingen mit 3,08 Milliarden Euro an die Bereiche Theater imd Musik, das entspncht einem guten Drittel der insgesamt zur Verfugung stehenden Kulturausgaben (36,9 Prozent). Es folgten in sehr enger Reihenfolge die Museen mit 1,38 Milliarden Euro (16,5 Prozent) und die BibHotheken mit 1,37 MilUarden Euro (16,4 Prozent). Die von den iibrigen Bereichen beanspruchten Betrage werden in MilHonen gezahlt und nehmen sich vergleichsweise bescheidener aus: Sonstige Kulturpflege 898,6 Millionen, Kiilturverwaltung 473,1
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Millionen, Kiinsthochschiilen 435,7 Millionen und die Auswartige Kulturpolitik mit 315,1 Millionen Euro. Angesichts finanzieller Engpasse in den Lander- und Gemeindehaushalten und unter dem Eindruck eines bundesweiten Kampfes um die Sanierung des Staatshaushalts ist allerdings absehbar, dass sich drei Entwicklungen, die schon im Gang sind, fortsetzen werden: 1) Das Gesamtvolumen offentlicher Kulturfinanzierung wird in nachster Zeit bestenfalls stagnieren, vermutlich eher sinken. 2) Der Bund wird vermutlich einen relativ groBeren Part tragen miissen, soil das Kulturklima insgesamt nicht Schaden nehmen. 3) Die Privaten, darxmter sowohl Unternehmen als auch Kulturkonsumenten, werden mehr an Eigenfinanzierung aufzubringen haben, wollen Sie den eigenen Kulturgenuss, den der Mitarbeiter und der nachriickenden Generation auf stabilem Niveau halten. Trotz der grundsatzlichen Akzeptanz offentlicher Fordermittel bei Kunst und Kultur bleiben noch weitere Fragen of fen. Dazu gehoren der Umfang der Forderung ebenso wie die Festlegung des Verteilerwegs. In diesem Abschnitt wurde der herkommHche Weg beschrieben. Er gestaltet sich in seinem Kern in Form der Vergabe offentlicher Mittel an die Kulturinstitutionen. Die Kulturanbieter werden subventioniert, um Kultur im offentlich gewiinschten Umfang sowie in der bevorzugten Vielfalt anbieten zu konnen. Eine bisher noch als unkonventionell erachtete Moglichkeit dreht diesen Verteilerweg um. Sie wird im nachsten Abschnitt behandelt.
2.4.2 Korrektur derNachfrage: Suhventionen durch Gutscheine Im nachfragerorientierten Ansatz werden nicht die Kulturinstitutionen, sondern stattdessen die Kulturkonsumenten subventioniert (vgl. Heilbrun imd Gray 1993, S. 266ff.). Sie werden auf diese Weise dazu angeregt und in die Lage versetzt, das Mehr an Kulturnachfrage zu entfalten, das ohne Unterstiitzung nicht zustande kame. Die Kulturanbieter profitieren auch in diesem Ansatz von der Bereitstellung offentlicher Mittel, allerdings miissen sie Umwege in Kauf nehmen. Die Kulturinstitutionen miissen sich ihr offentliches Geld erst bei den Kunstkonsumenten verdienen. Verschiedene Moglichkeiten, diese Idee in die Tat umzusetzen, wurden im englischen Sprachraum unter der Uberschrift von Kulturgutscheinen konzipiert und auch erfolgreich erprobt. Hintergrund fiir das Voucher-Modell ist der Wunsch, durch eine Umstellung der Art und Weise, wie offentHche Gelder an die Kulturinstitutionen gelangen, sowohl deren Kundenorientierung zu befliigeln als auch eine Starkung der
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Verantwortung fiiir kulturelle Belange auf Seiten der Nachfrager zu induzieren. Im Modell der Kulturgutscheine bleibt die offentliche Unterstiitzxing von Kunst bestehen, was sich andert, ist der Verteilerweg. Die staatlichen Behorden subventionieren die Kulturanbieter nicht mehr direkt, sondern indirekt iiber die Kulturnachfrager. Die Gutscheine werden an Konsumenten ausgegeben und konnen von den Berechtigten bei autorisierten Kulturinstitutionen eingelost werden. Diese tauschen im Gegenzug die Gutscheine gegen Geld bei den staatlichen Behorden (vgl. Abbildung 12). Dieser Ansatz hat vielfaltige Vorteile, darunter insbesondere den, dass sich Kulturinstitutionen starker an Konsumentenpraferenzen orientieren miissen. Denn nur die Institution, der es gelingt, die Gutscheinbesitzer anziilocken, kommt in den Genuss der offentlichen Finanzierxing. Die Kunstkonsumenten werden ihrerseits durch verbilligte oder sogar kostenfreie Eintritte dazu animiert, am Kulturleben teilzunehmen. Das Modell der Kulturgutscheine mochte deshalb mehrere Ziele umsetzen. 1) Erstens einen allokativen Vorteil realisieren. Die Kulturanbieter sind gehalten, mehr auf die Wiinsche der Kulturnachfrager einzugehen, da sie nun im Wettbewerb um die offentlichen Gelder stehen und durch entsprechendes Reagieren versuchen miissen, Kunden anzulocken (Bridge 1976, S. 21). 2) Zweitens die distributive Zielsetzung vorantreiben, das heiBt einen Beitrag zur Entzerrung der schiefen Einkommens- und Vermogensverteilung leisten. Durch entsprechende Auswahl der in den Genuss kommenden Gutscheinbesitzer ist es mogHch, bestimmte Konsumentengruppen, die aufgrund eines Bildungsund Einkommensdefizits derzeit noch weniger vom Kulturangebot profitieren, gezielt zu fordern (Peacock 1973, S. 333). 3) Drittens im Sinne eines Aktivierungseffektes die Kunstkonsumenten durch direkte Ansprache und verbilligte Eintritte dazu bewegen, am Kimstleben teilzuhaben. 4) Viertens und in Folge dessen auf einen die weitere Inanspruchnahme von Kulturleistungen fordernden Lerneffekt bauen. Er Uegt darin begriindet, dass die Verarbeitungskosten bei stetiger Beschafrigxmg mit Kunst sinken und der Kunstkonsum steigen kann, ohne dass sich die Praferenzen geandert haben miissen. Diesen Vorteilen stehen allerdings auch nicht zu vernachlassigende offene Fragen und ungeloste Probleme gegeniiber. Dazu gehoren insbesondere die Festlegung der berechtigten Kunstkonsumenten, die Frage, wie diese in den Besitz der Wertscheine gelangen vmd wer auf der Kxilturseite seinerseits autorisiert ist, Gutscheine in Empfang zu nehmen und iimzutauschen. Tauschungsmanover, etwa dergestalt, dass ein Schwarzmarkt fiir Kulturgutscheine entsteht, auf dem die Berechtigten anbieten und die eigentUch nicht Berechtigten zu fiir sie immer noch giinstigen Konditionen
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Marktkorrekturen bei Anbietern und Nachfragem
Das Grundmodell der Kulturgutscheine
Staatliche Stellen
Gutscheine
Ausgewahlte Kulturkonsumenten
Gutscheine
Autorisierte Kulturinstitutionen )
\ v^^^
f
Gutscheine
Abbildung 12: Das Grundmodell der Kulturgutscheine
einkaufen, sind zumindest nicht auszuschlieBen. Der Verwaltimgsaufwand des Gutscheinmodells ist vermutlich recht hoch zu veranschlagen. Die Bilanz des Gutscheinansatzes wurden nicht nur am Schreibtisch aufgestellt, sondern im New York der siebziger Jahre auch in die Praxis erprobt. Vor Ort mussten die anstehenden Probleme pragmatisch gelost werden, darunter insbesondere Fragen des „wer ist wer": • Welche staatlichen Behorden sind iavolviert, • welche Konsumenten diirfen Gutscheine beziehen, • wie kommen die Gutscheine zu den Konsumenten, • miissen die Konsumenten einen eigenen, zusatzlichen Beitrag leisten, • welche Kulturinstitutionen werden autorisiert, Gutscheine einzutauschen? Beispielhaft sollen hier zwei New Yorker Wege der Umsetzung des Voucher-Modells skizziert werden. Der eine Versuch wurde 1972 gestartet und zielte auf kleine Biihnen und Experimentiertheater abseits der groBen Broadway-Hauser, die so genannten Off-Off-Broadway-Theaters. Organisator war der nicht-gewinnorientierte theater-development-fund, der aus offentlichen und privaten Mtteln gespeist wurde. Ausgewahlten Konsumentengruppen — Studenten, Lehrern, Rentnern, Gewerkschaftsmitgliedern — wurden zxim Preis von 1 Dollar Gutscheine im Wert von 2.50 Dollar angeboten. Das heiBt, 40 Prozent des Eintrittsgeldes zahlte der Besucher, 60 Prozent wurden bezuschusst (Baumol 1979, S. 44). Das autorisierte Experimentiertheater nahm den Gutschein an und loste ihn beim Theaterentwicklungsfonds gegen 2.50 Dollar wieder ein. Als Erfolg dieses Modells wurde verbucht, dass kleine Biihnen profitierten und es gelang, mehr Leute und neue Gruppen in die Theater zu locken. Der Verwaltungsaufwand, der vordem als wesentHches Argument gegen Voucher ins Feld gefiihrt wurde, wurde mit jahrlichen Gesamtkosten von 50.000 bis 60.000
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Dollar als relativ niedtig bezeichnet, zumal die meiste Verwaltungsarbeit zukxinftig dem Computer iiberlassen werden konne (West 1986, S. 11). Ein anderer New Yorker Modellversuch wurde 1975 begonnen und in der Hauptsache vom US Department of Health, Education and Welfare durch Mittel finanziert, die sonst in die kulturelle Erziehung geflossen waren (Bridge 1976, S. 24). Beteiligt waren zehn lokale Bevolkerungsgruppen und sieben kulturelle Institutionen verschiedener Art, GroBe und geographischer Lage in der City, darunter das Museum of Modern Art als eines der bekanntesten Museen New Yorks, aber auch, in einem weiteren Verstandnis von Kultur, eine zoologische Gesellschaft und ein botanischer Garten. Die beteiligten Bevolkerungsgruppen lesen sich wie ein Querschnitt durch Problemgruppen verschiedener Art, darunter mittellose Jugendliche, Strafgefangene, Fancdlien mit verhaltensgestorten Kindern und Einwanderergruppen mit Integrationsproblemen. Die teilnehmenden Gruppen gaben selbst die Gutscheine an die etnzelnen Mitglieder aus. Die Resonanz wurde als sehr positiv, aber durchaus unterschiedlich in der Aufteilung auf die beteiligten Kulturinstitutionen geschildert. Offenbar konnten die Kulturanbieter die Gutscheinbesitzer am ehesten dann anlocken, wenn sie spezielle Angebote wie Sondertouren, einen BHck hinter die Kulissen oder Kurse in Tanz, Musik oder moderner Kunst anboten. Die Konsumentenrandgruppen wurden stimuliert, ein kulturelles Angebot zu nutzen, das ihnen vorher oftmals fremd war (Bridge 1976,5.26). Die Gutscheinempfanger haben mit Stolz registriert, dass man ihnen, den angesichts ausgewahlter Problemgruppen nun gerade nicht typischen Kunstgangern, die Entscheidung iiber die Wahl der zu besuchenden Kulturinstitution iiberlieB. Das hat ihr Selbstbild und das Gefuhl der Selbstbestimmung gestarkt xind ihr intrinsisches Verantwortungsgefuhl aufgebaut. Diesen Weg des Aufbauens von Kulturinteresse, der Scharfiing des Kulturbewusstseins gehen die Kulturerziehung und Kulturbildung im Gruadsatz. Wie in den Kapiteki 4 und 6 noch naher auszufuhren sein wird, konnte in dieser Form der Starkung des Nachfragepotenzials ein wichtiger Ansatzpunkt gegeben sein, um den wachsenden Finanzierungsanforderimgen im Bereich von Kimst und Kultur entgegenzutreten.
Literatur zur Vertiefung und zum Welterlesen van der Beek, Gregor (2002). Kulturfinanzen. Ein volkswirtschafdicher Beitrag zur Reform der offentKchen Museen und Theater in Deutschland. Berlin: Duncker & Humblot. Daraus: Kapitel C: Normativer Versuch. S. 59-106.
Marktkorrektxiren bei Anbietern iind Nachfragern
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3 Okonomische Analyse des Kulturangebots
3.1 Die Motivation der Kiinstiet 3.1,1 Kreativitdt als Impetus Warum fuhlen sich Menschen zum Kiiasder berufen? HauJfig wird ein explosiver Gestaltungswille festgestellt, der diese Menschen drangt, ein Werk 2u schaffen, das nach Fertigstellung iind Prasentation von der Offendichkeit als Kunstwerk betrachtet werden mag oder nicht. Kreativitat steht in diesem Prozess fiir die dynamische Kraft, die eine kiinsderische Schopfiing hervorbringt. Doch ebenso wie die Entstehung und Veranderimg von Praferenzen iiber lange Jahre als auBerokonomisches Problem betrachtet wurde, schien auch das Phanomen der Kreativitat ohne Interesse fur die wirtschaftswissenschaftliche Betrachtung zu sein. Es wurde anderen Disziplinen zugeordnet, wie der Psychologie, der Soziologie und den Kunstwissenschaften (Throsby 2001, S. 93). Doch lasst sich diese Auslagerungstaktik unter einer kulturokonomischen Perspektive, in der es um die Beziehungen zwischen den Wirtschaftswissenschaften und der Kultur geht, nicht langer aufrecht erhalten. Unter diesem Blickwinkel ist es unabdingbar, auch den Ausloser kvilturellen Schaffens, namlich den kreativen Prozess selbst, zu analysieren (Throsby 2001, S. 93). Kreativitat wird mit der Innovationskraft gleichgesetzt, die ausschlaggebend fur die qualitative Beurteilung eines Kiinsders sei. Diejenigen, die nur reprodxizierten, wiirden als Imitatoren herabgestuft und teilweise nicht einmal mehr als Kiinsder bezeichnet (Frey 2003, S. 141). Als Beleg fiiir die Angemessenheit dieses Vorgehens stellt Throsby das folgende Beziehungsmuster zwischen Wirtschaft, Kultur und Kreativitat auf. Wenn es richtig sei, dass die kreativen Werke sowohl okonomische als auch kultureUe Werte hervorbringen, dann kann erwartet werden, dass beide Faktoren, okonomische wie kulturelle EinflussgroBen gleichermaBen, die Art und Weise beeinflussen, in der kreative Ideen gebildet und ausgefuhrt werden (vgl. Throsby 2001, S. 94f£). Doch warum sind Menschen kreativ, welche Theorien stecken hinter diesem Ansatz? Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Befahigung zu kiinsderischem Schaffen und Gestalten in der Regel mit dem Begriff des Genies verkniipft. Das Kunstwerk versinnbildlichte ein Stiick gottlicher Schopfimg, man ging davon aus, dass im
Die Motivation der Kiinstler
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Kiinstler vmbewusste Krafte tatig seien, die ihn zu seiner Leistimg antrieben. Der gottliche Funke der Inspiration war wie ein Geschenk anzusehen, von dem niemand wusste, wer es wie imd warum bekam. Diesem Bild entspricht das des rastlosen Kiinstlers, der fortwahrend von innen heraus angetxieben wird und nichts anderes im Sinn hat, als seiner Kreativitat Ausdruck zu verleihen. Diesem nicht beeinflussbaren Zufallsprozess wird aber auch eine andere Konzeption kiinstlerischer Tatigkeit gegeniibergestellt, die gerade nicht als unsystematisch und chaotisch, sondern als geordnet und iiberlegt dargestellt wird. In dieser Betrachtungist kiinstlerische Aktivitat das Ergebnis rationaler Entscheidung, das heiBt sie folgt einem Kosten-Nutzen-Vergleich und iiberlegtem Entscheidungskalkiil.
3.1.2 Zur Rationalitdt kunstkrischen Handelns Die Analyse dariiber, ob Kunst systematischen Kraften folgt oder das Ergebnis nicht kalkulierbarer Fiigung ist, hat wichtige Konsequenzen fiir die Ansatze staatlicher Kulturforderung. Ist Kunst Schicksal? Das ware der Fall, wenn die These unbestimmbarer Krafte, die den Kiinstler wie in einem Schockerlebnis heimsuchen, die Oberhand gewinnt. Doch gibt es auch gegenteilige Auffassungen. Man konnte sie in die Frage stecken: Macht Geld kreativ? Die in dieser Plakativitat sicherlich iiberspitzte Formulierung unterstellt in ihrem Kern, dass Anreize von auBen geeignet sind, einen Kreativitatsschub auszulosen. Der Schweizer Okonom Frey hat diese Argumentation einer kritischen Priifung unterzogen (Frey 1999). Den komplexen Prozess, den die Intervention der offentiichen Hand auf die kiinstierische Kreativitat nach sich Ziehen kann, hat der Autor nach der institutioneUen und der personellen Komponente differenziert (vgl. hier und im Folgenden Frey 1999, S. 75ff). Beide bedingen unterschiedliche staatliche MaBnahmen, soU der kreative Prozess vorangetrieben und nicht behindert werden. 1) InstitutioneUe Kreativitat resultiert aus den staatlich gesetzten Rahmenbedingungen. Diese konnen die schopferische Kraft befliigeln, etwa durch das Preissystem generell oder mititilfe spezifischer Anreizsysteme wie beispielsweise dem cultural voucher. Dessen Einfiiihrung hatte, wie es an Pilotprojekten in New York gezeigt werden konnte, den Erfindungsgeist der beteiligten Kulturinstitutionen eindeutig angeregt (vgl. 2.4.2). Umgekehrt konnen fest zugesagte Subventionen, etwa auf dem Wege von Fehlbetragsdeckungen, die institutionelle Kreativitat dezimieren. Erhalt der Kulturanbieter Zuschiisse ohne Riickkoppelung zur Leistung, so macht dies das Leben angenehmer, aber es sorgt nicht fiir Kreativitat, sondern fiir das Konservieren bestehender Strukturen (Frey 1999, S. 75).
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2)
Personliche Kreativitat steht fur die intrinsische Motivation, in einem gegebenen Rahmen kiinstlerisch innovativ 2u sein. Dieses Konzept heiBt aber nicht, dass MaBnahmen von auBen, beispielsweise offentliche Kunstforderung, ohne Einfluss auf die kiinstleiische Motivation waren. Sie konnen vielmehr in zwei Richtungen wirken, namlich die personliche Kreativitat fordern oder untergraben. Aufgrimd dieses zwiespaltigen Ergebnisses schlussfolgert Frey, dass es fiir den Staat sicherer ware, sich auf die Festlegung und Uberwachimg der Rahmenbedingungen fiiir institutionelle Kreativitat zu konzentrieren. Gleichzeitig sollte der Staat Anreize schaffen, die private Akteure zu UnterstiitzungsmaBnahmen anregen. Diese konnten eher auf die individuelle Situation des einzelnen Kiinstlers eingehen und seien daher besser geeignet, die innovative Kraft der Kiinstler zu starken (Frey 1999, S. 80). Zusammenfassend kann man feststellen, dass etliche Indizien dafiir sprechen, dass auch der Kunstanbieter dem Muster rationalen Handelns folgt. Das heiBt, er reagiert systematisch auf Anreize, die gegeben werden und versucht unter dem Strich, ein positives Nettoergebnis zu erlangen. Unter Rationalitat wird verstanden, dass die im Kunstsektor handelnden Menschen danach streben, ihren Nutzen unter Beachtung von einschrankenden Nebenbedingungen zu maximieren (Frey und Busenhart 1997, S. 42). Dazu gehort die selbstverstandliche Erkenntnis, dass Kunst auch eine wirtschaftliche Dimension hat, und dass Kiinstler ihre Werke verkaufen und daraus Einkommen erzielen wollen (Frey und Busenhart 1997, S. 41). Die Grundlegung kiinstlerischen Handelns im Rationalansatz ist nicht gleichbedeutend mit der Verengung auf monetare GroBen. Sie in den Vordergrund zu stellen ware ebenso falsch wie deren voUstandige Vernachlassigung. Der kiinstlerische Impuls, der zur Selbstverwirklichxing durch kreatives Schaffen treibt, bleibt einer der wichtigsten Faktoren in der Kosten-Nutzen-Bilanz.
3.2 Fundietung des Kulturangebots 3.2.1 Public Private Partnership Die Zukunft der Kulturfinanzierung wird vermutUch in einer bestmoglich miteinander verzahnten Kombination unterschiedlicher Finan2ier\mgsquellen liegen. Die Finanzierung offentlicher oder gemeinniitziger Kulturaufgaben durch nur einen Geldgeber wird bald endgiiltig, so schlussfolgert Heinrichs in der von ihm vorgelegten Expertise, der Vergangenheit angehoren (Heinrichs 1997, S. 216). Wichtig sei, dass eine neue Finanzierxmgsstruktur erschlossen wiirde, die
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iibergreifende partnerschaftliche Absprachen beinhaltet iind nicht nur Arrangements fiiir den Einzelfall vorsieht (ebenda). Die privaten Financiers sollen nicht langer die Rolle des Feuerwehrmanns spielen, der in akuter Not gern gerufen, bei entspannter Lage aber wieder geschmaht wird. Auf der anderen Seite sollten die privaten Geldgeber auch nicht xingebiihrlich viel Lob einheimsen, etwa als Alleinsponsor einer Ausstellung. Diese ware in vielen Fallen zwar tatsachlich ohne die privaten Mttel nicht zustande gekommen. Ohne das offentliche Gebaude, die im offentlichen Dienst beschafidgten Kunstkuratoren, kurz: ohne Ubernahme des Fixkostenblocks durch die offentliche Hand hatte es die Ausstellung aber auch nicht gegeben. Hutter veranlasst derartige Uberlegungen zu der Bemerkung, dass Sponsoring zu billig sei (Hutter 1995, S.78). Wenn eine Veranstaltung zu 95 Prozent aus offentlichem Etat, aber nvir zu 5 Prozent auf privater Basis bestritten sei, sie sich aber nach auBen hin als privat gefordert darstellen diirfe, dann sei dies unangemessen — eben zu billig (ebenda). Als systematische, ex ante konzipierte, partnerschaftliche Kombination von privaten und offentlichen Mitteln ist in jiingster Zeit das Modell des Public Private Partnership (PPP) in den Vordergrund geriickt. Es handelt sich um eine Konzeption, die vor allem in den USA schon seit langerem entwickelt und praktiziert wurde, dort insbesondere als privat-offentliche Aufgabenteilung in Problemzonen von Ballungszentren. Wahrend gemeinsame Projekte zwischen Offentlichen und Privaten in Amerika in den siebziger Jahren schon boomten, werden sie in Deutschland noch relativ neu entdeckt und befinden sich im Stadium experimenteller Erprobung (Budaus und Griining 1997, S. 25). Bei der Abgrenzung verschiedener Modelle von PubHc Private Partnership spielt die Form der eingegangenen Partnerschaft eine wichtige RoUe. Ist der Grad der Formalisierung hoch, beispielsweise durch Vertrage oder die Griindung einer gemeinsamen Gesellschaft institutionaHsiert, dann handelt es sich um eine PPP im engeren Sinne. Bei einer weniger festgelegten Zusammenarbeit, etwa der informellen Kooperation, geht es um eine PPP im weiteren Sinne. In jedem Fall aber miissen gemeinsame Ziele verfolgt werden, die MaBnahmen soUen sich erganzen und diirfen nicht im Konflikt zueinander stehen. Das gemeinsame Aushandeln der Positionen im Pluralistischen Interessenausgleich kann noch als PPP im weiteren Sinne bezeichnet werden. Sind die handelnden Parteien dagegen an unterschiedlichen Zielen interessiert, beispielsweise die privaten Auftragnehmer an der Einkommenserzielung und die offentlichen Auftraggeber an der Qualitat der Dienstleistung, dann sollte nach Budaus und Griining der Terminus Public Private Partnership nicht mehr benutzt werden. Stattdessen handelt es sich um ein contracting out, in dem sich die offentliche Hand der privaten Produktion bedient ohne komplementare Ziele zu verfolgen (Budaus vmd Brauning 1997, S. 50 ff; vgl. Abbildung 13).
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Okonomische Analyse des Kulturangebots
Das Public Private Partnersiiip - Portfolio
\\^Kooperation Informell
Formell
Komplementaritat
PPP i.w.S.
PPP i.e.S.
Konflikt
Pluralistischer Interessenausgleich PPP i.w.S.
Contracting out l<eine PPP
Ziel
\
\
Abbildung 13: Das Public Private Partnership-Portfolio
Von einigen Seiten wkd zwar befurchtet, dass der etwas schwammig bleibende Begriff der Public Private Partnership dazu herhalten miisse, Modernitat imd eine reformierte Staatsverwaltung zu suggerieren, obwohl in Wirklichkeit nur Privatisienmgsanstrengungen verschleiert werden sollen (Budaus imd Griining 1997, S. 47). Die einschlagigen Experten versichern allerdings, dass dies eine Missinterpretation des Konzeptes sei. Es ginge nicht um eine ideologisch motivierte Zuriickdrangung des vermeintlich iinfahigen Staates, denn die offentliche Hand solle zukiinftig nicht einfach weniger, sondern vor allem anders agieren, um fiir das Gemeinwohl gestaltend zu wirken (Mirow 1997, S. 13). Ansatze zu Public Private Partnership konnen verstanden werden als Teil der Modernisierung des offentlichen Sektors, mit mehr erkennbarer Biirgernahe und einer Effizienzsteigerung des Diensdeisters Staat (Mirow 1997, S. 22). Im engeren Sinne beinhaltet dieses Vorgehen eine formelle Kooperation zwischen offentlicher Hand und Akteuren aus dem privaten Sektor, bei der komplementare Ziele verfolgt und Synergiepotenziale bei der Zusammenarbeit genutzt werden. Identitat und Verantwortung der Partner bleiben intakt, die Zusammenarbeit ist gesellschaftsvertraglich formaHsiert (Budaus und Griming 1997, S. 54). Das von Budaus und Griining entworfene Struktur-Modell von Public Private Partnership weist den Zusammenhang zwischen Zielen, Ressourcen, Synergieeffekten und Ergebissen im Zusammenspiel zwischen offentlichen und privaten Partnern aus (Budaus imd Griining 1997, S. 64, dargestellt in Abbildung 14). Public Private Partnership-KonsteUationen ahneln denen der matching funds oder matching grants, sind aber nicht dasselbe. Letztere sind Formen der mazenatisch motivierten Komplementarfinanzierung, etwa verwirkHcht in der Kunststiftung BadenWiirttemberg, in der das Land sich verpflichtet, jeden privaten Spendenbetrag auf das
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Fundierung des Kulturangebots
Doppelte 2u erhohen. Beim Public Private Partnership der Kulturfinanzierung stehen dagegen der Sponsorengedanke des Geldgebers sowie der langfristige Charakter im Vordergnand (Heinrichs 1997, S. 218£). Mehrere Sponsoren leisten zusammen mit offendichen Partnern Zahlimgen in einen gemeinsamen Finanzpool. Mithilfe dieser finanzieUen Grundlage konnen auch groBere Projekte auf kontinuierHcher Basis gefordert werden, ohne dass eine direkte Zuordnimg von Sponsorengeldern notig wird. Weitere Vorteile liegen darin, dass die Unterstiitzimg auch dann fortgesetzt werden kann, wenn einzelne Unternehmen einen finanziellen Engpass haben. Auch die beteiligte offentliche Hand setzt sich unter Zugzwang und kann beschlossene Projekte nicht ohne weiteres revidieren. Allerdings steUt Heinrichs diesen Pluspimkten auch den moglichen Nachteil gegeniiber, dass den offendichen Planungstragern, dem Gemeinderat Gestaltungsmacht entzogen wird und er nur zogerlich den neuen Kooperationsformen zustimmen konnte (Heinrichs 1997, S. 220). Der wichtigste Vorteil sei aber die erhohte Bereitschaft zu genieinsamer Verantwortung. Die Entwicklungen der Vergangenheit zeigen, dass die privat-offentlichen Kooperationen in Deutschland stark zugenommen haben. Im Vergleich zu 2004 hat sich die Zahl gemeinsamer Projekte einschlieBlich gemeinschaftlicher Finanzierungsvorhaben in Bund, Landern und Gemeinden auf rund 600 verdoppelt (Institut der deutschen Wirtschaft Koln 2006, S. 8). Das dabei eingesetzte Investitionsvolumen von etwa 3 Milliarden Euro wird aUerdings sehr unterschiedlich aufgeteilt. Am meisten bedacht werden die Schulen mit einem Anteil von 29,5 Prozent. Es folgen Kooperationsprojekte im Verkehr (19,2 Prozent) und „Sonstige Bereiche" (5,6 Prozent). Dem schon aus der Uberschrift deutlich werdenden Fazit des Instituts der deutschen Wirtschaft, dass Public Private Public Private Partnersiiip als Struktur-IVIodell
Offentlicher Partner
Privater Partner
Ziele/lnteressen Ressourcen/ Unterstutzung
8 Y
E R G Ressourcen/ - -* 1 'Unterstutzung E >Ziele/lnteressen ~ _^N
T Abbildung 14: Public Private Partnership als Struktur-Modell Quelle: Budaus und Briining 1997, S. 64
M —•A
S S N A H M —•E
Formelle/ Informelle Regein
N
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Partnership noch viel Potenzial habe, ist nicht nut generell, sondern speziell auch fiir den Bereich der Kultur zxizustknmen. Mit einem Anteil von 2,6 Prozent am Investitionsvolumen der PPP-Projekte ist er bisher der mit Abstand geringste NutznieBer privat-offentlicher Kooperationen (ebenda).
3.2.2 Kultursponsoring Schon seit Jahrhiinderten engagieren sich auch private Anbieter in der Verbreitung von Kunst und Kultur. Sie tun dies sowohl in gemeinniitziger Selbstlosigkeit als auch in eigenniitziger Absicht. Schon aufgrund dieser Interessenkoppelung kann private Kunstforderung zwar Erganzung im speziellen, aber kein genereller Ersatz fur die offentlichen Kulturausgaben im Allgemeinen sein. In jedem Einzelfall bleibt zu priifen, welche Wirkungen von der privaten Kulturforderung ausgehen und ob dem Allokationsziel, das heiBt der bestmoglichen Verteilung der Ressourcen gemaB Verbraucherpraferenzen, Hilfe geleistet oder eher im Gegenteil Abbruch getan wird. Was aber veranlasst private Geldgeber, in die Verbreitung von Kunst zu investieren? Und wie reagieren die Kulturanbieter auf dieses Angebot? Private Kulturforderung wird im modernen Sprachgebrauch als Sponsoring bezeichnet. Fiir diesen Begriff gibt es keine eindeutig passende deutsche Ubersetzung. Ein Sponsor ist ein Biirge und Pate, ein Forderer, Conner und Schirmherr, ein Geld- und Auftraggeber. Aus dieser Reihe von Ubersetzungsangeboten treffen die beiden letzten noch am ehesten den Kern: Der Sponsor gibt nicht nur, um zu geben, sondern auch, um zu nehmen. Zentrales Kriterium des Sponsoring ist die erwartete, auch vertraglich fixierte Gegenleistung. Demgegeniiber bedeutet Mazenatentum ein einseitiges Tatigwerden um der Sache willen, eine Leistung ohne Gegenleistung. In der Realitat, imd dies gilt auch fiiir den historischen Riickblick, mischen sich diese beiden Idealformen. Zur besseren Einordnung gegebener Unterstiitzungen an Kunst und Kultur konnte ein Kontinuum mit den Polen Mazen und Sponsor dienen. Zwischen beiden theoretischen Extremen - der Leistung ohne oder mit Gegenleistung — sind die tatsachlichen Zuwendungen der Privaten an den Kulturbereich angesiedelt. Je nachdem, welchem Pol sie mehr zuneigen, steht der Sponsoren- oder der mazenatische Charakter im Vordergrund. Die ausschlieBliche Reinform taucht in der Wirklichkeit vermutlich gar nicht auf. Auch scheinbar selbstlose Forderer der schonen Kiinste waren und sind nicht abgeneigt, sich durch Ruhm der Nachwelt zu empfehlen. Schon mittelalterliche Gemalde von Gonnern, Seite an Seite mit biblischen Figuren, Hefern ein beredtes Zeugnis fiir eine friihe Form der Gegenleistung. Umgekehrt verkorpert intelligentes
Fundierung des Kulturangebots
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Sponsoting eine sensible Mischung aus mazenatischem iind eigenniitzigein Denken. Dies gilt aus Griinden der beabsichtigten Wirkimg, nicht unbedingt wegen altniistischer Uberlegungen. Wie verschiedene Untersuchungen, auch die an der Universitat Hohenheim unter Regie der Verfasserin durchgefuhrten Studien zeigen, muss Kultursponsoring mit Zuriickhaltung praktiziert werden, wenn am Schluss ein guter Eindruck beim Kulturkonsumenten haften bleiben soil (vgl. 5.3.1). Kultursponsoring realisiert sich als Verflechtungsmodell von Leistungen und Gegenleistungen. Als Sponsoren fungieren Einzelpersonen, Organisationen oder Unternehmen. Die Gesponserten sind Kulturinstitutionen, Kulturschaffende und Kiinstler. Es flieBen drei Arten von Stromen, auf finanzieUer, materieller und ideeller Basis. Im Idealfall herrscht ein ausgeglichenes Verhaltnis zwischen den Parteien: Die Strome saldieren sich, und Sponsoring rechnet sich fiir beide Seiten. Die Vorteile dieser in Abbildung 15 dargestellten, gleichgewichtigen Situation liegen auf der Hand. Konstellationen und Konsequenzen gegenseitiger Abhangigkeit werden verhindert oder zumindest stark erschwert. Jede Seite gibt, um im Gegenzug zu nehmen. Nach landlaufiger Meinung kreist Sponsoring dabei insbesondere lom das Geld. Sponsoren iiberbriicken Finanzierungsliicken, indem sie z. B. AussteUungsetats bereitstellen oder gezielt Personal-, Transport- oder Versicherungskosten libernehmen. Aber auch materielle Unterstiitzungen sind keine Seltenheit, etwa wenn ein Unternehmen menschliche und technische Hilfe aus dem eigenen Bestand einbringt, z.B. Aufsichtspersonal stellt, Raume und Maschinen anbietet oder Transporte organisiert. Das Aquivalent der Kulturseite ist das Kulturangebot selbst, mit Ausstellungen, Auffiiihrungen, Konzerten imd Kunstwerken. Es beinhaltet Sonderkonditionen fur die Sponsoren, deren Mitarbeiter iind Kunden, und gestattet ausdriicklich des sen werbUche Nutziing. In EinzelfaUen flieBen neben materiellen auch monetare Strome an die Sponsoren zuriick, beispielsweise in Form von Eintrittsgeldern. Doch Finanzen und Materie sind es nicht allein. Nicht ohne Absicht steht der Austausch von Ideen und Image im Zentrum des Verflechtungsmodells. Auch hier kommt es zu einem Geben und Nehmen. Die Sponsoren profitieren von der Beschafdgung mit Kunst und Kultur durch einen positiven Imagetransfer und den Ausbau von kultureller Kompetenz. Im Idealfall setzen die Auseinandersetzimg mit Kunst und ein gestiegenes Kunstverstandnis kreative Krafte frei, die auch der eigenen unternehmerischen Zielsetzung dienen. In einer aktueUen empirischen Untersuchung an der Universitat Miinchen konnte in Form eines Experiments gezeigt werden, dass Kultursponsoring einen signifikanten Reputationsgewinn bei den eigenen Kunden und Mitarbeitern hervorruft. Fiir die breite Offentlichkeit konnte dieser Effekt allerdings nicht nachgewiesen werden (Schwaiger 2006).
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Okonomische Analyse des Kultxirangebots
Verflechtungsmodell des Kultursponsoring Sponsoren: Einzelpersonen, Organisationen,
Ausstellungen Auffuhrungen Kunstwerke
Unternehmen I j j I
Imagetransfer Kunstverstandnis Kulturelle Kompetenz Kreativitat
Finanzen,
Ideen,
Materie,
Geld
Image
Leistungen
Wirtschaftliches Denken Kundenorientierung 1 Personalkosten Marketingansatz I Transportkosten I Versicherungskosten Gesponserte:
Raume Personal Material Transporte
iKulturinstitutionen, Kulturschaffende, Kunstler
Abbildung 15: Verflechtungsmodell des Kultursponsoring
Positive Wirkungen auf Seiten der Sponsoren sind 2waf schwer 2u quantifizieren, doch sie werden zumindest erwartet. Weniger verbreitet scheint zu sein, dass auch die Gesponserten auf der Kulturseite von einem ximgekehrten Transfer von Ideen und Image profitieren konnen. Hier geht es um die Ubertragimg von Wirtschaftlichkeitsdenken, iim die Anwendung des Marketingansatzes und dessen Umsetzung in Form von Kundenorientierung. Diese besondere Sichtweise hat im Kulturleben noch keine Tradition. Im Vordergrund steht bisher der Blickwinkel der Unternehmen, die Kultursponsoring als Instrument der Unternehmenkommunikation und des Marketing einsetzen (vgl. Bruhn 1989; Kossner 1996). Auf der Grundlage eigener Untersuchungen wird im Weiteren auch die EinsteUung der Konsumenten zum Kultursponsoring Gehor finden (vgl. 5.3.1).
32,3 KMlturkarte Die hier vorzustellende, von der Verfasserin neu entwickelte Kulturkarte - Culture Card — ist als Partnerschaftsmodell offentiicher und privater Finanzierung von Kxmst und Kviltur zu verstehen. Es wurde inspiriert durch drei unterschiedliche Konzeptionen, die hier in Teilen schon angesprochen wurden. Es handelt sich erstens um die Kulturgutscheine, zweitens um den Kunstpass und drittens um das Kultursponsoring. Das Ziel der Konzeption der Kulturkarte besteht darin, die Vorteile dieser drei Ansatze moglichst lomfassend in sich zu vereinigen, deren Nachteile aber zu umgehen (vgl. hier und im Folgenden Gottschalk, 1998a).
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Die Kiilturgutscheine verkorpern eine andere Form der Verteilung offentlicher Gelder an Kulturinstitutionen. Die offentliche Finanzierung von Kunst bleibt, was sich andert, ist der Verteilerweg. Die staatlichen Behorden subventionieren die Kulturanbieter nicht mehr direkt, sondern indirekt liber die Kulturnachfrager. Die Gutscheine werden an Konsumenten ausgegeben iind konnen von den Berechtigten bei autorisierten Kulturinstitutionen eingelost werden. Diese tauschen im Gegenzug die Gutscheine gegen Geld bei den staatlichen Behorden (vgl. 2.4.2). Das Gutscheinmodell wird insbesondere deshalb als vorteilhaft angesehen, weil sich die Kulturanbieter starker an die Wiinsche der Konsumenten anlehnen miissen. Werden, wie in der Praxis im Modellversuch in New York geschehen, besonders bediirftige Konsumentengruppen mit den Kulturgutscheinen bedacht, ist neben dem positiven Allokationseffekt der Ausrichtung des Angebots an den Praferenzen der Konsiimenten auch ein gewiinschter, korrigierender Distributionseffekt zu verzeichnen. Hinzu kommen der Aktivierungseffekt in. Form der Stimulierung zum Kunstkonsum sowie ein die weitere Inanspruchnahme von Kulturleistungen fordernder Lerneffekt. Wie schon erwahnt, sinken die Verarbeitungskosten bei stetiger Beschaftigung mit Kunst und der Kunstkonsum steigt, ohne dass sich die Praferenzen geandert haben miissen. Trotz seiner unbestreitbaren Vorteile stellen sich diesem Ansatz aber auch einige offenen Fragen und ungeloste Probleme in den Weg. Dazu gehoren insbesondere die Festiegungen, wer auf Konsumentenseite in den Genuss der Gutscheine kommen und wer auf Anbieterseite am Modell beteiligt seia soil. Es ware sogar denkbar, dass ein Schwarzmarkt entsteht, auf dem Kulturgutscheine illegal den Besitzer wechseln. Die zu Begiinstigenden wiirden dami zwar eitien finanziellen Gewinn machen, aber weiterhin der Kultur fern bleiben, imd die eigentlich nicht Berechtigten wiirden von den reduzierten Eititrittspreisen profitieren. Die Organisation und Kontrolle des Gutscheinmodells wiirde vermutlich einen hohen Verwaltungsaufwand nach sich Ziehen. Ein Kunstpass hat sowohl zum Ziel, die Zahlungsmodalitaten fiir den Besuch von Kulturveranstaltungen zu vereinfachen, als auch auf eine Steigerung der Besucherzahlen hinzuarbeiten. Die Konsumenten zahlen im voraus eine groBere Summe, sind dann aber auch berechtigt, entweder eine Institution z.B. ein ganzes Jahr lang zu besuchen oder sogar verschiedene Kulturangebote, z.B. einer Stadt, in Anspruch zu nehmen. Ahnliche Modelle werden in anderen Teilen des Freizeitbereichs schon eingesetzt, beispielsweise Dauerkarten fiir Sportereignisse. Im Kultursektor wurden vergleichbare Ansatze schon in Form eines Kxmstpasses der Stadt Basel bzw. als Museumspass fiir die gesamte Schweiz mit der Moglichkeit, 180 Museen mit einer einzigen Eintrittskarte zu
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Grundstruktur des Modells der Kulturkarte Private Mazene Stiftungen Nachlasse
Kunstministerium
Kulturkartenfonds Aufpreise Unternehmen
1 1 '^ Konsumenten
Werbe- t geschenke
Beteiligte Kulturinstitutionen 4
Pramien
Abbildung 16: Grundstxuktur des Modells der Kulturkarte
besuchen, verwirklicht (Frankfurter Allgemeine Zeitimg 1996). Die Vorteile liegen in der Vereinfachung der Zahlungsweise an sich, zusatzlich aber auch in der Anreizfiinktion, Kulturveranstaltungen mit Preisnachlass zu besuchen. Generell gilt sicher auch, dass man einmal bezahlte Berechtigungsscheine dann auch ausnutzen mochte — man kennt diesen Zusammenhang durch den „Skipass-Effekt". Er bewirkt, dass die Skikarte bis zum Schluss abgefahren. Als Nachteil schlagt zu Buch, dass der Kulturkonsum vorfinanziert werden muss und die Nachfrager moglicherweise vor dem groBeren Betrag zuriickschrecken. Das Kultursponsoring wurde in seinen Vor- und Nachteilen schon vorgestellt. Das wichtigste Positivum liegt in dem Erhalt der kulturellen Vielfalt. Kulturveranstaltungen, die aufgrund fehlender Mittel und/oder zu groBer Risiken nicht zustande kamen, werden realisiert, weil Unternehmen in die Bresche springen imd in Gut oder Geld helfen. Das ist ein unbestreitbarer, von Kunstanbietern wie Kunstnachfragern gleichermaBen gesehener Vorteil. Dem steht allerdings die weit verbreitete Befiiirchtung eiaer moglichen Einflussnahme der Wirtschaft auf die Inhalte und Prasentationsformen der Kulturleistungen gegeniiber. Das Modell der Kxilturkarte mochte aus den Fehlern der anderen lernen, deren Erfolge aber mogUchst erhalten. Es beinhaltet wichtige Elemente aus Kulturgutscheinen, Kxinstpass und Sponsoring, ist in dieser Mischung aber ein neuer, eigenstandiger Ansatz. Abbildung 16 zeigt das Modell in seiner Grundstruktur. Die Elemente, aus denen sich die Kulturkarte konstituiert, kann man wie folgt kennzeichnen.
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(1) Berechtigte Alle Konsumenten, die die Kulturkarte kaufen wollen, sind dazu auch gern eingeladen. Es gibt keine Beschrankungen auf bestimmte Konsumentengruppierungen. Um dem sozialen xind distributive!! Aspekt gerecht zu werden, wird es, wie bisher auch schon, gegen Nachweis ErmaBigungen fur entsprechend Bediirftige pro Veranstaltung geben (Studenten, Rentner).
(2) Ubertragbarkeit Die Karte ist iibertragbar, damit entfallen Probleme wie Tauschungen und Schwarzmarkt.
(3) Nennwert Ebenso wie bei Kopier- oder Telefonkarten sind Kulturkarten mit vmterschiedlichen Werten moglich.
(4) Verteilerweg Kulturkarten werden bei den dafur auch bisher schon zustandigen Kartenvorverkaufsstellen gekauft. Aber auch der Erwerb iiber das Internet ist ohne Probleme losbar.
(5) Anreiz Die besondere Attraktivitat der Kulturkarten fiiir den Kaufer liegt darin, dass sie mehr wert sind, als sie kosten. Die Differenz entspricht dem AusmaB an Konsumenten/ Kultursubventionierung.
(6) Kulturkartenfonds Die Frage ist, wie der Fonds gefiillt werden soil, aus dem die Kulturkarten zu finanzieren sind. Angesichts leerer offentlicher Kassen erscheint es iUusorisch, mit
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Okonomische Analyse des Kulturangebots
zusatzlichen offentlichen Mitteln rechnen zu wollen. Vorgeschlagen wird daher eine kostenneutrale Umschichtung der Kiiltutgelder. Die beteiligten Kultutinstitutionen miissten sich bereit erklaren, auf einen Teil ihrer direkten Zuwendimgen zu verzichten - mit der Chance, diirch Anlockxmg zusatzlicher Nachfrager nachher mehr Geld in der Kasse zu haben als vorher. Der Fonds wird aber nicht nur aus offentlichen Geldern beschickt. Es flieBen auch die Summen ein, die die Konsumenten fiir den Erwerb der Karten entrichten sowie Zuwendungen privater Mazene, durch Stiftungen und Nachlasse. Bin weiterer wichtiger Bestandteil wird durch Einlagen von Unternehmen konstituiert. In dieser Form eines intelligenten Sponsoring entfallt das Problem, Unternehmen konnten Einfluss auf das Kulturangebot nehmen woUen. Nicht sie, sondern die Nachfrager bestimmen ja, welches Angebot in welchem AusmaB honoriert wird. Die Gegenldstung erfolgt dadurch, dass die Unternehmen Kulturkarten werblich nutzen konnen - z.B. Culture Card sponsered by .... Dafiir miissen die Unternehmen allerdings nicht weniger, sondern mehr als den Nennwert bezahlen. Im Gegensatz zum Subventionspreis der Konsumenten zahlen sie einen Aufpreis. Dafiir diirfen sie die Karten frei vergeben, z. B. als Werbegeschenke in der Weihnachtszeit oder als Pramien an Jubilare und verdiente Mitarbeiter.
(7) Beteiligte Kulturinstitutionen Am System beteiligen diirfen sich alle, die bereits jetzt offentlich unterstiitzt werden und damit das Kdterium der Forderungswiirdigkeit erfiillen. AuBerdem miissen sie dazu in der Lage sein, die Abbuchungen von der Kulturkarte vor Ort vornehmen zu konnen. Und last but not least miissen sie dazu bereit sein, auf einen Teil der direkten Subventionierung zu verzichten.
(8) Verwaltung Die Unterhaltung und Abwicklung des Kulturkartenfonds unterliegt der dafiir zustandigen behordlichen Institution, vorzugsweise dem Kunstministerium. Im Modell gibt es noch einige Details, die der naheren Klarung bediirfen. Dazu zahlen Fragen nach der Hohe des Subventionierungsanteils. Er muss hoch genug sein, um einen Anlockungseffekt fiir die Konsumenten in sich zu bergen. Auf der anderen Seite muss er moderat genug sein, um den Kulturfonds nicht zu sprengen und den normalen Kartenmarkt nicht zum Erliegen zu bringen. Unser Vorschlag
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beinhaltet eine ErmaBigung von 15 bis 20 Prozent. Das ware genug, um. den Zugriff der Verbraucher zu stimulieren, aber immer noch geniigend Eigenanteil, iim die Wertigkeit der Karte zu erhalten, sie auch voll in Anspruch zu nehmen iind nicht etwa nach Belieben verfallen zu lassen. Denn das ist ja ein weiteres Problem im Gutscheinansatz. Was - fast - nichts kostet, ist unter Umstanden auch nicht viel wert. Mit ihnen zwar zugedachten, aber nicht zuflieBenden offentlichen Geldern ist den Kulturinstitutionen aber auch nicht gedient.
3.3 Wirkungen des Kulturangebots 3.3,1 Der volkswirtschaftliche Beitrag Die Kultur eines Landes wirkt auf die Wirtschaft und deren Entwicklung etwa so wie die Grundlagenforschung, die durch Basisinnovationen, die alien zugute kommen, Wirtschaftswachstum und Wohlstandssteigerungen nach sich zieht (Hummel und Berger 1988, S. 18). Bei den Wirkungen von Kunst und Kultur sieht es ahnlich aus. Doch geht es hier nicht um die technische, sondern gleichsam um die spirituelle Effizienz. Wahrend es im ersten FaU dazu kommt, dass mehr Giiter und Leistungen durch den Einsatz neuer Technologic prodiiziert werden, gelingt dies durch Kreativitatsschub im zweiten Fall. Die Ergebnisse kiinstlerischer Schaffenskraft dienen als Quelle von Information und Inspiration mit positiven gesamtwirtschaftlichen Effekten auf die QuaHtat des Angebots. Neben diesen Wirkungen, die man z\im Teil zwar fiihlen, aber nur schwer fas sen und bewerten kann, stehen auch handfeste messbare Kennziffern, die den Beitrag von Kunst und Kultur fiir die Volkswirtschaft insgesamt messen. Das Ifo-Institut in Miinchen hat sich mit diesem Thema seit den achtziger Jahren befasst, mit dem Ziel, empirisch gesicherte Ergebnisse liber den Beitrag des Kultursektors zur Wertschopfung in der Bundesrepublik Deutschland vorzulegen. Auf der Grundlage der erarbeiteten Datenbasis ging es im Besonderen um die Ermittlung der direkten und indirekten Wirkxingen der offentlichen Ausgaben fiir Kunst und Kultur auf das Sozialprodukt, die Beschaftigung und das Investitionsvolumen (Hummel \md Berger 1988, S. 1). Diese Studie wurde auch durch nachfolgende und erweitemde Untersuchungen erganzt (vgl. u. a. Hummel und Brodbeck 1991; Hummel und Waldkirchner 1992). Zunachst standen die Autoren vor dem Problem der hier im ersten Kapitel schon diskutierten Unscharfe der Abgrenzxmg imd Vergleichbarkeit dessen, was als Kunst und Kultur verstanden werden soil. Sie einigten sich schlieBlich auf den pragmatischen Abgrenzungsvorschlag, als relevante Bereiche der Untersuchung alle Aktivitaten zu
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Okonomische Analyse des Kulturangebots
definieren, die sich mit der Schaffung, Verbreitung und Erhaltung von kiinstlerischen Werken beschafidgen. Dazu gehoren ein Kembereidi von Kunst imd Kultur sowie ilini vor- und nachgelagerte Bereiche (Hummel und Berger 1988, S. 9£) • Zum Kernbereich gehoren die Kiinstler und Kulturinstitutionen, darunter Theater, Museen und Orchester. Dazu gezahlt werden auch Eindchtungen der Kulturpflege sowie die Medienindustrie, u.a. Verlage, die Filmwirtschaft, die Horfunk- und Fernsehsender. • Die vorgelagerten Bereiche umfassen die Wirtschaftssektoren, die die technischen Voraussetzungen fiir die Tatigkeit der Kernsektoren schaffen. Dazu gehoren etwa die Hersteller von Papier, Druckereien und Buchbindereien, filmtechnische Betriebe sowie die Hersteller von Musikinstrumenten. • Der nachgelagerte Bereich rekrutiert sich aus dem Handel mit Erzeugnissen des Kunst- und Kultursektors sowie den Wirtschaftsbereichen, die die technischen Voraussetzungen fiiir die Nutzung von Kulturleistungen bilden. Hierunter fallen der Vertrieb von Biichern, Zeitungen und Zeitschriften oder die Hersteller von Rundfimk- und Fernsehgeraten (vgl. Heinrichs und Klein 1996, S. 315). Diese Konzeption ist auf der einen Seite inhaltlich nachvollziehbar, da Kunst und Kultur fiir ihre Existenz fraglos der Voraussetzungen, der Ausfiihrung und der Verbreitungsmechanismen bediirfen. Der Maler benotigt Pinsel, Farben und Leinwand und ein Atelier, Zeit und kreative Unruhe zur Erstellung des Werkes sowie des sen Diskussion in den Medien. Auf der anderen Seite bedeutet die Einbeziehung der vor- und nachgelagerten Bereiche in Erganzung zum kiinstlerischen Kernbereich auch eine Aufblahung und zahlenmaBige Imposanz, die bei restiktiverer Betrachtung in dem AusmaB nicht zutrifft. Diese Einschrankung muss bedacht werden, wenn die relativen okonomischen KenngroBen des gesamten Kunst- und Kulturbereichs in der Bundesrepublik Deutschland fiir das Jahr 1984 wie folgt ausgewiesen werden: • Der Kunst- und Kulturbereich steuert 2,3 Prozent zum Bruttosozialprodukt, das heiBt zu der Summe aller produzierten Giiter und Leistungen des entsprechenden Zeitraums bei. • Der Kunst- und Kultursektor ist personalintensiv mit einem Anteil von 2,7 Prozent an alien Erwerbstatigen. • Er ist vergleichsweise investitionsschwach mit einem Anteil von 1,4 Prozent an den gesamtwirtschafdichen Anlageinvestitionen (Hummel und Berger 1988, S. 107). Diese Relationen wurden in ihrer Tendenz auch in einer zweiten Studie des IfoInstituts, die fiir das Jahr 1988 durchgefiihrt wurde, bestatigt (Hummel und Waldkirchner 1992). Im Vergleich zeigte sich, dass innerhalb von vier Jahren die Beschafrigtenzahl in der Kulturwirtschaft noch einmal um gut 100.000 Arbeitsplatze gestiegen war. Unter diesem Blickwinkel konnte sich nach Heinrichs und Klein
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Wirkungen des Kulturangebots
Der Kunst- und Kulturbereich als Zahlungsempfanger und Steuerzahler 8,1 Mrd. DM RuckfliJsse ^ ^ 5 , 0 Mrd. DM kreditfinanzierte , Ausgaben
^
Kern
Staat 1
0,02 Mrd. DM
\
\
Kunst- und Kultursektor
j
vorgelagerte nachgelagerte/ Bereiche / \Bereiche
4,4 Mrd. DM ^ _ _ ^ 3 , 2 Mrd. DM Bundesrepublik Deutschland 1984: Netto-Ubertragungen 9,6 Mrd. DM
1 1 Mrd DM
Abbildung 17: Der Kunst- und Kultxirbereich als Zahlungsempfanger und Steuerzahler Quelle: Hummel und Berger 1989, S. 19
die Frage aufdrangen, ob staatliche MaBnahmen zur Kulturforderung auch unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspimkten getroffen werden konnten. Zumindest sei der umgekehrte Fall, der negative Arbeitsmarkteffekt bei der SchlieBung von Kulturstatten, etwa als Folge akuter Finanzzwange wie beim Schillertheater in Berlin, ins Kalkiil zu Ziehen (Heinrichs vind Klein 1996, S. 10£). Die Ifo-Forscher wollten aber nicht nur volkswirtschaftliche Kennziffern fiir Kultur und deren relative Anteile auflisten, sondern anhand einer NettoUbertragungsbilanz auch finanzwirtschaftliche Wirkungen nachweisen. Zu diesem Zweck wurden die aus Steuern und Krediten finanzierten staatlichen Nettoausgaben an Kunst und Kioltur von 6,1 Mrd. D M im Jahre 1984 den Mittelriickfliissen aus Steuern und Sozialversicherungsbeitragen gegeniibergestellt (Hummel und Berger 1989, S. 19; vgl. Abbildung 17). Die Autoren weisen nach, dass in der Summe die Mittelriickfliisse die empfangenen Zahlungen iibersteigen. Unter saldenmechanischer Betrachtung wurden sich folglich die offentlichen Kulturausgaben rechnen, da die Nettoiibertragungen positiv seien, das heiBt mehr Geld vom Kultursektor an den Staat zuriickflosse als in den Kunst- und Kulturbereich hineingepumpt wiirde. Fiir das Jahr 1984 wird mit 9,55 Mio. D M ein positiver Saldo der Ubertragungen ausgewiesen (Hummel und Berger 1988, S. 116). Selbst im Kernbereich wurden lediglich die Theater und Orchester, die Museen, die Denkmalpflege sowie die sonstige Kirnst- und Kulturpflege mehr staatliche Zuwendungen erhalten, als sie an Steuern und Sozialabgaben abfuhren. Dagegen wiirden alle anderen Vertreter dieses Bereichs, darxmter die selbststandigen Kiinstler, die Verlage, die Fiknwirtschaft sowie Horfunk und Fernsehen Nettoiibertragungen
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Okonomische Analyse des Kulturangebots
an den Staat leisten iind waren im saldenmechanischen Sinne keine Kostganger der offentUchen Hand (Hummel und Berger 1989, S. 19). Allerdings warnen die Munchner Autoren vor eilfertigen Riickschliissen: Nur eine Analyse, die den Ubertragungssaldo einer alternativen Verwendung offentlicher Mittel einbeziehe, konne als okonomische Begriindung fur Kulturausgaben dienen (Hummel und Berger 1989, S. 18).
3.3.2 Umwegrentabilitdtsrechnungen Die Kulturokonomik beantwortet die Frage, ob die Kxinst einen belebenden Einfluss auf die Wirtschaft hatte, da sie Beschaftigung anrege und auf diesem Wege zusatzliches Einkommen schaffe, sehr zuriickhaltend. Pommerehne und Frey teilen diese Ansicht beziiglich spezieller Events oder Konstellationen, beispielsweise mit Blick auf die Salzburger Festspiele oder auf Wien mit Staatsoper iind Burgtheater. Die entscheidende Frage sei aber nicht, ob die Kunst das wirtschaftUche Geschehen iiberhaupt stimulieren konne, sondern ob ibr dies besser gelange als alternativen Verwendungsmoglichkeiten offentlicher Gelder, beispielsweise fiir die Subventionierung bestimmter Industriezweige oder die Forderung von Sportveranstaltungen (Pommerehne und Frey 1993, S. 30). Diese Vorbehalte sind angebracht. Sie entbinden aber nicht von der Notwendigkeit, Wirkungen des Kulturbereiches zunachst zu priifen, um sie dann dem Alternativenvergleich auszusetzen. Eine Moglichkeit der Evaluierung vor Ort wird in so genannten Umwegrentabilitatsrechnimgen gesehen. Die Rentabilitat errechnet die Verzinsung in Relation zum eingesetzten Kapital. Geht die Rentabilitat Umwege, dann landet der Gewinn zunachst nicht in der eigenen, sondern in fremden Taschen. Doch wenn beispielsweise Hoteliers und Restaurantbesitzer von den offentlichen Kulturausgaben profitieren, dann freut sich die offentliche Hand nicht nur uneigenniitzig. Sie tut dies auch in Erwartung zuriicksprudelnder Einnahmen. Die Umwegrentabilitat misst die Verzinsung der eingesetzten offentlichen Kulturmittel bei privaten Wirtschaftsakteiuren und die Riickfliisse der Mittel in Form von Steuern und Abgaben. Die Grundlagen fiir die Analyse gegenseitiger Wirkungszusammenhange entstammen der Kreislauftheorie. Sie zeigt auf, welchen AnstoB die Kulturausgaben im Wirtschaftsgefiige geben, welche Kette von Reaktionen bei den anderen Wirtschaftsakteuren ausgelost wird und inwieweit ein sich selbst beschleunigender Prozess in Gang kommt. Abbildung 18 zeigt die Wirkungen staatlicher Kulturausgaben in der Kreislaufbetrachtung (vgl. Helmstadter 1992, S. 118). Unterstellt ist der bisherige
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Wirkungen des Kultxirangebots
Kulturausgaben in der Kreislaufbetrachtung
offentliche Mittel
Einkaufe Kulturanbieter m nn
3 =5
Kulturbehorde
03:
Steuern §
andere Anbieter
private
Einkaufe
Haushalte
Abbildung 18: Kulturausgaben in der Kreislaufbetxachtxmg
Regelfall, in dem die Kxilturbehorde der KulUirinstitution offentliche Mittel zur Verfiigung stellt, das heiBt die Kultiiranbieter subventioniert. Diese arbeiten mit dem Geld und erstellen die Kulturleistung. Zu diesem Zweck benotigen sie Mitarbeiter, die Einkommen erhalten, aus dem Steuern und Abgaben an den offentlichen Haushalt zuriickflieBen, aber aus dem auch private Einkaufe getatigt werden, sei es ebenfalls im Kulturbereich, oder fiir andere Dinge des Lebens bei hier nicht naher spezifizierten, anderen Anbietern. Bei diesen Anbietern tatigen aber auch die Kulturanbieter ihre Kaufe, seien es Requisiten oder Stellwande, und sie schaffen wiederum neues, steuerpflichtiges Einkommen. Das mithilfe der offentlichen Mittel erstellte Kulturangebot wirkt nun seinerseits als Attraktion fiir Konsumenten von nah und fern, dem Ort der Kimstprasentation einen Besuch abzustatten. Besonders die Besucher von auBerhalb beleben die Wirtschaft vor Ort durch ihre zusatzliche, durch das Kunstereignis induzierte Nachfrage nach Hotels, Restaurants und sonstigen Spezialitaten der Region. Wie aus dem Kreislaufmodell hervorgeht, werden die offentlichen Kulturmittel mehrfach wirksam. In der ersten Stufe als Primarausgaben der Kulturinstitutionen fiir Personal xind Produktionsmittel. In der dadurch ausgelosten zweiten Stufe in Form von Sekundar- oder Komplementarausgaben, etwa der Kulturbesucher bei den anderen Anbietern. Eine Wirkung zieht die andere nach sich. Die sich selbst stimulierende Kette von Einkommens- und Beschaftigungswirkimgen wird als Abfolge von Multiplikatoreffekten bezeichnet. Ein MultipHkator misst den Faktor der Vervielfaltigung einer Ausgabe, etwa der eingesetzten offentlichen Mittel fiic ein Kulturereignis. Er ist desto groBer, je hoher die Grenzneigung zum Konsum ist, das heiBt je mehr von dem zusatzlichen Geld ausgegeben und je weniger gespart wird.
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Okonomische Analyse des Kulturangebots
Ein Nachfrageimpuls lost qua Multiplikatoreffekt neue Nachfrage bei anderen aus, bei denen sie wiederiim Einkonunen schafft, das erneut verausgabt werden kann. Aus der Ankurbelimg der Wktschaftstatigkeit, der Schaffimg von steuerpflichtigem Einkommen profitiert dann wiederum die offentliche Kasse. Sehr optimistische Kalkiilationen dieser Art haben u. a. zu der Behauptiing gefuhrt, dass ein Franken an Kultiirausgaben in der Stadt Zurich das ortliche Sozialprodukt um 2,92 Schweizer Franken erhohen wiirde (Benkert 1989, S. 29). Der deutsche Kulturokonom Benkert ist einer der Hauptkritiker von Umwegrentabilitatsrechnungen (Benkert 1989). Er und seine nicht minder kunstliebenden Kollegen furchten, dass man der Kunst, wenn auch in vermutlich bester Absicht, einen Barendienst erweisen konnte, wiirde man sich auf derartige wirtschafdiche Erfolgsmessungen versteifen (vgl. u.a. Holub und Eberharter 1994; Schilling 1994). Denn wenn im konkreten Fall der Besuchererfolg des kulturellen Ereignisses ausbliebe, zusatzliches Einkommen nicht induziert wiirde, ware ja auch der Begriindung fiir die Unterstiitzung die Grundlage entzogen. Benkert listet eine Reihe von Griinden auf, weshalb Umwegrentabilitatsrechnungen nicht als vermeintHcher Zauberspruch missbraucht werden diirften, mit dessen Hilfe beispielsweise Kulturbanausen im Gemeinderat davon zu iiberzeugen seien, dass sich Kultur rechne. Als besonders wichtige Griinde hebt er u. a. hervor (vgl. hier und im Folgenden Benkert 1989, S. 29ff.): 1) Nur Ausgaben von Auswartigen erhohen mit Sicherheit das regionale Sozialprodukt. Ortsansassige hatten ihr Einkommen in der Regel ohnehin dort ausgegeben. 2) Positive externe Effekte gehen auch von anderen zentralortlichen Leistungen aus, ohne dass diese subventioniert werden, etwa dem ortlichen Einzelhandel. 3) Kulturpolitik gerat noch starker unter okonomischen Rechtfertigungsdruck und die am leichtesten messbaren Wirkungen riicken unangemessen in den Vordergrund. Steht die Kulturpolitik unter diesem Druck okonomischer Rechtfertigung, dann prognostiziert Benkert, dass zunehmend nur Kulturbereiche mit hoher Umwegrentabilitat gefordert wiirden und sich im Zuge dessen eine Event-Kultur ausbreiten miisste. Auf der Strecke aber blieben Bereiche, deren Wirkungen kurzfristig gering oder nur schwer messbar seien (Benkert 1989, S. 33f.). Diese sehr kritische Sicht erscheint angebracht, sofern eine unzulassige Verabsolutierung droht. Umwegrentabilitatsrechnungen stehen aber nur fiir eine spezielle Messmethode in einer konkreten Situation. Fiir den generellen Nachweis der Forderungswiirdigkeit von Kunst und Kultur eignen sie sich nicht (vgl. Frey 2001, S. 228). Dies gilt schon deswegen, da sich nicht alle gesellschafdich hoch geschatzten Vorteile, die das Kiinstangebot mit sich bringt, monetarisieren lassen.
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Dazu kommen die nach Benkert zitierten Unwagbarkeiten im Detail. Trotz der zu unterstiitzenden Absage an den iibergreifenden Wert von Umwegrentabilitatsrechnungen konnen in speziellen Anwendiingsfallen interessante und auch kulturpolitisch brauchbare Einsichten gewonnen werden. Diese gelten aber nur fiir die gemessenen Entwicklungen ttn jeweiligen Einzugsbereich, beispielsweise fur die Quantifizierung von externen Effekten bei Festspielen, sie eigenen sich jedoch nicht fiir den Vergleich mit anderen Kulturleistungen (vgl. Schmidjell und Gaubinger 1980). Unter diesem eingeschrankten Blickwinkel wurde beispielsweise untersucht, welche okonomischen Wirkungen vom Kulturangebot der Stadt Dresden ausgehen (Miiller et al. 1997). Die Daten der Studie wurden aus verschiedenen Befragungen von Dresdner Biirgern, Touristen, Kultureinrichtungen, Unternehmen sowie Hotellerie und Gastronomie im Zeitraum von Juli 1995 bis Mai 1996 ermittelt (Miiller et al. 1997, S. 53). Das zentrale Ergebnis, das in den Medien starke Beachtung fand, wurde in der Stuttgarter Zeitung unter der tJberschrift: „Dresdner Kultur macht hohen Umsatz" kommuniziert (Stuttgarter Zeitung 1997). In der Summe wurden 710 Millionen DM an direkten und indirekten Ausgaben fiir Kultur errechnet. Dieser kulturinduzierte Umsatz kam mit 340 Mio. DM annahernd zur Halfte dem Hotel- und Gastgewerbe zugute. Die Kulturbetriebe selbst profitierten durch Eintrittsgelder in Hohe von 225 Mio. DM. Zusatzlich loste das Dresdner Kulturangebot ein Umsatzplus bei Verkehrsbetrieben (35 Mio. DM) und bei Handel und Dienstleistungen (110 Mio. DM) aus (MiiUer et al. 1997, S. 63). Wenn in Dresden die Touristenstrome und deren Ausgabeverhalten relativ eindeutig dem Faktor Kultur zugerechnet werden konnen, so ist dies bei vielen anderen Kulturleistungen jedoch nicht der Fall. Die Diskussion um die positiven Externalitaten von Kunst und Kultur hat gezeigt, dass ein erhebUcher Teil der Nutzenkomponenten nur schwer monetarisierbar ist und sich nicht fiiir Mes smethoden der vorgefuhrten Art eignet.
3.33 Kultur als Standortfaktor Kultxir schafft als bedeutender Wirtschaftsfaktor nicht nur unmittelbar Einkommen und Beschafrigvmg, sondem sie tragt auch wesentlich zum Image einer Region oder Stadt bei. Dieses kulturelle Umfeld gehort neben den sozialen Einrichtungen und dem Angebot an Wohnraum zu den so genannten weichen Standortfaktoren. Sie beeinflussen die Standortentscheidungen von Unternehmen ebenso wie die konventionellen Faktoren, darunter die Infrastruktur oder die Nahe zu Kunden und Zulieferern (Hummel 1992, S. 9). Es ist eine bekannte Tatsache, dass sich ein hochquaUfiziertes Arbeitskraftepotenzial nur dorthin locken lasst, wo das kulturelle
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Angebot zufneden stellt. Nicht von ungefahr liest man immer wieder, dass die Arbeitnehmer gern nach Miinchen, Berlin odet Hamburg umziehen mochten, sich aber bei dem Wechsel in die Provinz eher bedeckt halten. Aus diesem Grunde ist es so wichtig, dass auch kleinere Stadte versuchen, ein fiir sie charakteristisches, fiir ihre Burger identitatsstiftendes kulturelles Umfeld zu schaffen. Der Erfolg derartiger MaBnahmen wurde in einem Forschungsprojekt iiber das Kultur- und Stadtmarketing in Mittelstadten analysiert (Heinrichs et al. 1997). Insgesamt wurden zwolf Stadte mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern, vornehmlich aus Baden-Wiirttemberg, in die Untersuchung einbezogen. Neben Sekundardatenanalysen ging es insbesondere auch um die Befragung der Einwohner. Die Ausgangsh3^othese, dass kulturelle Potenziale geeignet sind, Attraktivitat und Image sowie Lebens- und Standortqualitat einer Mittelstadt zu pragen und zu sichern, konnte nachhaltig bestatigt werden (Heinrichs et al. 1997, S. 136). Attraktiv, auch nach auBen, werden die Stadte durch herausgehobene kulturelle Ereignisse, die Kultur-Events (Heinrichs et al. 1997, S. 121). Aber es miissen nicht nur die groBen Kunstereignisse sein, die die Burger zusammenschweiBen und sich in ihrer kulturellen Heimat wohl fiiihlen las sen. Das Image ihrer Stadt sehen die Befragten in erster Linie durch Stadtfeste und generell die Stadtkultur mit den speziellen Sitten und Gebrauchen ihrer Burger gepragt (Heinrichs et al. 1997, S. 138). Die Auswirkungen kultureller Aktivitaten auf den stadtischen Raum wurden weltweit untersucht (vgl. Baumol und Baumol 1997; Shanahan 1980; Williams et al. 1995). Der Einfluss der Kultur auf die Stadtentwicklung wird in einer amerikanischen Untersuchung sogar als so stark angenommen, dass fur die bislang gelaufige Frage, was denn die Wirtschaft fur die Kunst tun konne, eine 180 Grad Kehrtwendung vorgeschlagen wurde. Man sollte besser umgekehrt fragen: Was kann die Kunst fiiir die Wirtschaft tun? (Shanahan 1980, S. 295). Der Autor benennt drei Bereiche, in denen die Beziehung zwischen Kunst und stadtischer Entwicklung offensichtHch waren: 1) Economic development. Der positive Einfluss der Kunstindustrie auf die Wirtschaftssituation zeige sich u.a. darin, dass es sich xxm eine arbeitsplatzschaffende, saubere, umwelt- und ressourcenschonende Industrie handele. 2) Physical development. Die physische Umgebung liefert die kxilturellen Bande zwischen Vergangenem und Zukiinfdgem. Durch das Aufwachsen in einer asthetischen Umgebung wird die korperliche und geistige Entwicklung der Bewohner positiv gepragt imd vorangebracht. 3) Human development. Die schonen Kiinste bieten den Leitfaden fur das emotionale und mentale Wohlbefinden. Durch Ausbildung von Geschmack konnen die Konsumenten weniger materialistische Konsummuster schatzen lernen und damit zu mehr Lebensqualitat gelangen (Shanahan 1980, S. 296ff).
Bewahrung von Kunst durch Sicherung des Kultorerbes
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3.4 Bewahtung von Kunst dutch Sichetung des Kultutetbes 3.4.1 KMlturerbe als so^ialer Wert Das Bewahren, Erhalten und Pflegen des Kulturerbes wkd traditionell als offentliche Aufgabe verstanden. Das gilt im Grimdsatz. Strittig bleibt, was und wie viel im konkreten Fall unternommen werdeh soil. Basis der offentlichen Aktivitaten ist der Wunsch nach Fortbestand des Kulturgutes bzw. der Kultureinrichtimg, der Erhaltung deren gegenwartigen Zustands sowie der Verhinderimg von Abbau und Verschlechterung (Frey 1997, S. 31). Wie schon im ersten Kapitel ausgefuhrt, ist der Erhaltungswert per se ein gesellschaftlich angestrebtes Ziel mit nicht-auschlieBbarem sozialen Nutzen. Auch diejenigen, die ein Denkmal oder eine historische Staatsoper nicht besuchen wollen oder sich nicht einmal dafiir interessieren, profitieren von der Substanzerhaltung an sich. Dahinter steht z.B. der Nutzen, in einer angesehenen Kulturgesellschaft zu leben oder sich und den Kindern die Option einer zukiinftigen Nutzung offen halten zu konnen. Auch in der neueren okonomischen Diskussion, insbesondere der Umweltokonomik, findet diese Idee mit dem Konzept der Nachhaltigkeit sein Pendant (Hutter 1997, S. 5). Aus einem Bestreben nach Fairness und Intergenerationengerechtigkeit, aber auch mit dem Ziel der Erhaltung effizienter Strukturen geht es darum, der nachfolgenden Generation dieselben Chancen zu belassen wie sie in der Gegenwart vorhanden sind. Doch kann dieses Ziel nicht erreicht werden, ohne dass Ressourcen eingesetzt werden. Diese wiederum gehen, wie im Opportimitatskostenprinzip zu Beginn des ersten Kapitels schon dargelegt, anderen Verwendimgsrichtungen verloren. Aus diesem Grunde muss das AusmaB, in dem das Kulturerbe bewahrt werden soil, nach Art, Umfang und Intensitat im Alternativenvergleich abgewogen und bestimmt werden. Dazu bedarf es der Beantwortung grundlegender Untersuchungsfragen wie: 1) Was gehort zum Kulturerbe? 2) Wer hat Interesse am kultureUen Erbe? Im aUgemeinen Sprachgebrauch imd auch in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen werden unter Kulturerbe die so genannten tangiblen Kulturgiiter verstanden, das sind historische Stadtansichten, Gebaude, Denkmaler und Gemalde. Doch sind mit diesen materiellen Objekten gleichzeitig auch intangible kulturelle Werte verbunden, die in gesellschafdicher Ubereinstimmung beispielsweise ein altes Gebaude zu einem Bestandteil des Kulturerbes werden lassen (Hutter 1997, S. 4). Klamer verwendet als Beispiel die hollandischen Windmiihlen, die fur den einen ein schnell zu beseitigendes Fortschrittshindernis darstellen mogen, fiir den anderen
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Okonomische Analyse des Kultiirangebots
dagegen ein Zeugnis hollandischer Kultur, das unter alien Umstanden erhalten warden muss. Ob die Windmiihlen niin tatsachlich zum erhaltenswerten Kulturerbe erklart werden, hangt davon ab, welche dominanten Werte die Bevolkerung in Ubereinstknmung teilt, das heiBt von threr gemeinsamen Kiiltur (Klamer 1997, S. 74f.). Denkmalforscher konstatieren ein zunehmendes Interesse der globalisierten Gesellschaft am kulturellen Erbe (Bacher 1997, S. 8). Diese Entwicklung erscheint auch plausibel. Ziim einen werden bei zunehmender weltweiter Vernetzimg immer mehr Menschen das Weltkulturerbe als ihr eigenes Erbe ansehen, und sie werden reisen wollen, um es zu besichtigen (Cameron 1997, S. 24). Zum anderen starkt die InternationaUsierung der Beziehungen auch den Gegenpol, die Verankerung vor Ort und die Riickbesinnung auf die eigenen kulturellen Wurzeln. Doch wie bei vielen anderen Kulturgiitern auch stehen sich beim Kulturerbe das Publikumsinteresse und das Forschungsinteresse gegeniiber, iind dies nicht nur im harmonischen Einvernehmen. Der latente Konflikt zwischen beiden Interessenspharen wird beispielsweise an den gewiinschten Konditionen offentHcher Darbietung deutlich. Wahrend das PubHkum einen moglichst offenen Zugang mochte, pladiert die Forschung eher fiiir Zuriickhaltung. So wird als notwendige Strategic der Denkmalpflege die Erhaltung und Bewahrung durch Beschrankung gefordert. Diese Strategic sei notwendig, um das kulturelle Erbe vor den niveUierenden Oberflachlichkeiten einer Tourismusindustrie und SightseekigGeseUschaft zu schiitzen (Bacher 1997, S. 8). Diese restriktive Haltung ist insoweit verstandlich, als sich dem Forscher ein reiches Potenzial aus dem kulturellen Erbe erschHeBt. Neben dem geistig-kulturellen Kapital handelt es sich auch um nutzbar zu machendes technologisches Kapital: Beispielsweise miisse man sich fragen, weshalb Monumente liber Jahrhunderte hinweg erhalten geblieben seien und diesen handwerkHch-gewerblichen Erfahrungsschatz fiiir die Projekte der Gegenwart ergriinden (Bacher 1997, S. 9).
3.4.2 Zahlungsbereitschafi der Bevolkerung Der Erhalt des Kulturerbes bedingt den Ensatz okonomischer Mittel (Klamer und Throsby 2000). Die beiden Untersuchungsfragen nach der Abgrenzung und dem Interesse am Kiilturerbe waren unvollstandig ohne die dritte Frage nach der notwendigen Finanzierung. 3) Wie hoch ist die Bereitschaft, fur den Erhalt des Kulturgutes zu zahlen? In Einklang mit dem Primat individueller Entscheidungen, verkorpert im Ansatz des methodologischen Individualismus und der Konsumentensouveranitat, kann eine
Bewahrimg von Kianst durch Sicherung des Kulturerbes
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Antwort auf die monetare Wertschatzung des Kiilturerbes nur durch die Mitglieder der Kiilturgesellschaft selbst beantwortet werden. Hierzu wurden verschiedene Verfahren entwickelt, die die latente Zahlungsbereitschaft in der Bevolkerimg messen, die so genannten willingness-to-pay values (Frey 1997, S. 32). Die grundlegende Idee dieses Verfahrens ist sehr einfach. Die Befragten tniissen sich in die Situation hineindenken, die gegeben ware, wenn das fiir den Erhalt zur Diskussion stehende Denkmal, das Gebaude, der StraBenzug, nicht mehr vorhanden ware. In anderen Worten: Wie viel individuellen Nutzen bietet der Erhalt des Kulturobjektes, wie viel negativer Nutzen bzw. Schaden wiirde mit dessen Verfall oder Zerstorung aus Sicht des Einzekien verbunden. Vor diesem Hintergrund gilt es zu ermitteln, wie viel es den Betreffenden wert ware, ein bestimmtes Kxilturgut zu erhalten, wie viel Geld sie fiir dessen Bewahrung und Pflege ausgeben wurden. Es gibt verschiedene direkte und indirekte Moglichkeiten, die individuelle ZahlungswiUigkeit abzuleiten und zu einem Gesamtbild der Bevolkerung zu verdichten. Die haufig praferierte Befragungstechnik ist die der contingent valuation (Throsby 2003). Es geht um eine Befragung in der beschriebenen hypothetischen Situation, contingent steht fiir die Moglichkeit, das „Was ware, wenn" und bezieht sich auf den in der Studie konstruierten oder simulierten Markt (Frey 1997, S. 32). Es handelt sich una eiae Methode zur Schatzung des Wertes, den Individuen nicht vermarktbaren Giitern bzw. deren nicht durch den Marktmechanismus enthiillten Eigenschaften zumessen (Cuccia 2003, S. 199). Bei den Befragimgen werden in der Kegel sehr bewusst nicht nur die tatsachlichen Nutzer der fraglichen Kulturgiiter erfasst, sondern auch die Nichtnutzer und Nichtbesucher, die aber dennoch, in Folge des dargesteUten iiberdauernden sozialen Nutzens, ein Interesse am Erhalt des Kulturgutes haben konnen. So wurde bei einer australischen Untersuchung aus demjahre 1982 ein Querschnitt aus der Bevolkerung, insgesamt 827 Personen, in personlichen Interviews iiber die individueUe Wertschatzung des gesamten Kulturangebots ihres Landes befragt (Throsby und Withers 1983, S. 183). Bei der Konzeption des Fragebogens wurde bewusst darauf geachtet, dass die Befragten nicht nur vorgegebene Antwortmoglichkeiten ankreuzen mussten, sondern auch freie MeinungsauBerungen moglich waren. AuBerdem wurden positive und negative Nutzenkonsequenzen abgefragt, so dass die Interviewten nicht den Eindruck bekommen konnten, sie sollten in eine gewiinschte Richtung antworten. Zusatzlich wurden KontroUfragen eingebaut, beispielsweise durch alternative Formvilierungen der Zahlungsbereitschaft (Throsby und Witiiers 1983, S. 181f.). Die Ergebnisse der australischen Studie zeigen, dass die gesamtgesellschaftlichen Werte des Kulturangebots von der Bevolkerung gesehen werden und es auch eine Bereitschaft gibt, diese zu honorieren. Die Individuen sind offenbar in der Lage,
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die offentUche Giiter-Komponenten der Kiinst anerkennen. So stiimnen zwar 3 Prozent der Befragten in starkem MaBe {strong agree) xmd 31,9 Prozent generell (agree) daniit iiberein, dass Kunst nur den Nutzern bzw. Teilnehmem einen Nutzen schafft. Das heiBt aber im Umkehrschluss, dass fast zwei Drittel der Befragten die Meinimg vertreten, dass Kunst auch dem einen Nutzen verschafft, der kein direkter Teilnehmer ist. Der Frage nach dem Existenzwert: „Kunst darf nicht aussterben", stimmen sogar 53,9 Prozent stark, 43 Prozent generell zu, das ist in der Summe ein zustimmender Anteil der Bevolkerung von 96,9 Prozent. Der Prestigewert: „Der Erfolg australischer Maler, Sanger, Schauspieler etc. vermittelt den Biirgern ein Gefiihl des Stolzes auf die Leistungen Austraiiens" wird von 94,8 Prozent, der Bildungswert: „Es ist fiir Schiiler wichtig, Musik, Malerei, Schauspiel usw. als Teil ihrer Ausbildung zu erfahren" von 96,5 Prozent der Befragten bejaht (Throsby und Withers 1983, S. 184). Diese eindeutige Tendenz wird auch in neueren Untersuchungen bestatigt. Befragungen in der Schweiz haben ergeben, dass die Finanzierung des Opernhauses in Zurich von einer iiberwiegenden Mehrheit der Bevolkerung getragen wird, obwohl etwa nur 5 Prozent der Befragten jemals eine Oper besuchen wiirden. Die Unterstiitzung der vielen Nichtnutzer kann den verschiedenen nonuser benefits zugeschrieben werden (Frey 2001, S. 227). In einer 1993 durchgefiihrten telefonischen Befragung von 1.843 Danen wurde die aggregierte Zahlungsbereitschaft fiir das Konigliche Theater in Kopenhagen ermittelt (Bille Hansen 1997). Im Durchschnitt woUen die Danen mindestens so viel aus eigenem Antrieb zahlen, wie das Theater tatsachlich an offentlichen Mitteki erhalt. Da die Zufallsstichprobe aus der gesamten danischen Bevolkerung gezogen wurde enthalt sie auch einen hohen Anteil von Befragten, die das Konigliche Theater noch nie besucht hat. Die Ergebnisse zeigen daher, dass die Option eines zxakunftigen Besuches von Wert fiir jeden Einzelnen ist und die Bereitschaft nach sich zieht, einen Optionspreis zu zahlen. Aber auch die librigen sozialen Nutzenkomponenten werden gesehen und geschatzt, etwa der Bildungs- iind Prestigewert (Bille Hansen 1997, S. 22). Entscheidend fiir die Wertschatzung und die Zahlungsbereitschaft, die einem Kulturgut entgegengebracht wird, ist die Intensitat des empfiindenen Nutzens. Dahinter muss nicht in jedem Fall eine groBe Zahl von Menschen mit derselben Leidenschaft stehen. Es geniigt, wenn nur wenige Personen so viel Vorteile empfinden, dass sie die zur Bereitstellung notwendigen Mittel aufbringen. Auch unter kommerziellen Bedingungen iiberleben Nischenanbieter mit Liebhaberprodukten, etwa auf dem Markt spezieller Fachzeitschriften (Frey 2001, S. 227).
Bewahrung von Kunst durch Sicherung des Kulturerbes
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4 Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
4.1 Die Motivation der Kultutkonsumenten 4.1.1 Kunst konsumieren Konsum umfasst den Verbrauch und den Gebrauch von Giitern ebenso wie die Nutzimg oder Inanspruchnahme von Leistungen, die knapp und niitzlich im Hinblick auf die Befriedigung von individuellen materiellen und immateriellen Bediirfnissen sind. Aufgrund ihrer nutzenstiftenden Eigenschaften werden die Giiter und Leistungen vom Letztverbraucher begehrt und ist dieser bereit, Nachfrage zu entfalten, die ihm Kosten in Form von Geldausgaben, Zeiteinsatz und Aufbringung physischer und psychischer Energie abverlangen. Zum materiellen Konsum gehoren der Verzehr und die Nutzung von greifbaren Dingen, von Wirtschaftsgiitern zum Essen und Trinken, Kleiden und Wohnen, zur Fortbewegung. In diesen Funktionen, manchmal aber auch durch ihre Existenz an sich, aus Griinden der Vorsorge, des Besitzerstolzes, werden sie zu Giitern mit Konsumnutzen. Zur Abgrenzung von immateriellem Konsum kann nun nicht einfach der Umkehrschluss gezogen werden — schon deswegen nicht, weil auf materielle Giiter, wenn auch in mittelbarem Einsatz, nicht verzichtet werden kann. Auf diesen Zusammenhang verweist Scherhorn bei der Abgrenzung von immateriellen Befriedigungen. Sie seien in der Regel nicht ohne materieUe Ausstattungsgiiter zu erzielen (Scherhorn 1994, S. 232). Zum Betrachten eines Bildes oder Anhoren einer Konzertiibertragung bedarf es einer bemalten Leinwand und eines Rirndfiinkempfangers. Diese materiellen Grundlagen sowie das Arrangement, die Organisation des Kunstgenusses, sind aber nur der Ausloser fiir den Konsum. Der immaterieUe Konsum selbst steht fiir den aktiven, kreativen, intellektuellen Verarbeitungsprozess. Er iimfasst im kultureUen Bereich das Einlesen und Einhoren, die Durchdringung der Thematik, die Speicherung und Vernetzung des Kunsterlebnisses mit vergleichbarem Wissen. Die kritische Haltung, die die OffentUchkeit zxim Konsum und zur Konsumgesellschaft einnimmt, riihrt her von Ubersteigerungen auf der Seite
Die Motivation der Kulturkonsumenten
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materiellen Konsums und deren negativen Folgen. Sie werden als volkswirtschaftliche Schaden fik Umwelt, Gesundheit und soziales Miteinander bilanziert, u. a. in Form von Ressoiircenvernichtung, Energieverschwendung, Zivilisationskrankheiten und sozialer Isolierung. Angeprangert werden auch Entwicklungen, bei denen der Konsumtionsvorgang selbst den eigentlichen Zweck dominiert, etwa wenn der Akt des Kaufens, aber nicht die Befriedigung der Bediirfnisse im Vordergrund steht und die Verbraucher in sich beschleunigendem Tempo zu stets neuen materiellen Anregungen anstachelt. In dieses negative Bild scheinen Kunst und Kultur so wenig zu passen, dass einige Autoren sogar Versuche machen, den Terminus zu umgehen oder sich fur dessen Verwendung entschxildigen. So spricht Toffler, der mit seinem bereits 1973 veroffentlichten Buch iiber die culture consumers als einer der ersten die Nachfrageseite bei Kunst und Kultur in den Vordergrund geriickt hat, von der Notwendigkeit, den Begriff des Kulturkonsumenten zu kommentieren (Toffler 1973). Das sei schon deswegen angebracht, da der Terminus per se so viel Beigeschmack mit sich brachte. In keinem Fall aber gehe es darum, den Kulturkonsumenten in simplifizierender Weise mit dem Konsumenten von Reifen, Zahnpasta oder Tabak gleichzusetzen (Toffler 1973, S. 9). So viel Distanz zum Begriff des Konsumenten und zur Konsumtatigkeit ist aber gar nicht notig. Wie bereits ausgefiihrt, ist Konsum nicht ausschlieBlich gleichzusetzen mit dem Streben nach Materiellem, ebenso wie Wirtschaft nicht nur fiir den Komplex materieller Versorgung steht (Helmstadter 1992, S. 117). Es ist das ungerechtfertigt mit Alleinherrschaftsanspruch in den Vordergrund geriickte materiaHstische ModeU des Menschen, das diesen verkiirzten Blickwinkel suggeriert (Scherhorn 1992). Kulturgiiter implizieren in ihrer Doppelnatur immer zwei Aspekte, die Materie und die Idee (vgl. 1.3). Der Kulturkonsiiment ist der NutznieBer von beidem. In der Kegel werden sich auch beide Aspekte mischen. Man kann den Kunstkonsumenten in zwei Auspragungen betrachten, unterschieden danach, ob bei dem angestrebten Konsum mehr die Materie bzw. das Werk oder mehr die Idee bzw. die Aussage im Vordergrund stehen. Im ersten Fall ist der Kunstkonsument der Sammler von Kunstwerken. Im zweiten Fall ist er der Rezipient der kikistlerischen Aussage. 1) Der Kunstkonsument als Sammler. Hier geht es um die kauflichen Kunstobjekte und deren Erwerb am Kunstmarkt. Der Sammler will sie, zumindest zunachst, fiir sich aUein kaufen, fiir die Komplettierung seiner Sammlung, und er konkurriert dabei mit anderen KunstHebhabern derselben Richtung (vgl. Bianchi 1997, S. 277). Auf dem Markt der Originale gilt das strikte Ausschlussprinzip: Was der eine ersteht, ist fiir den anderen nicht mehr verfiigbar. In dieser Dimension ist das Kunstgut rein privat, seki Konsum ist ausschlieBlich und rival. Dem steht nicht entgegen, dass die kiinstlerische
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Idee, sofern sie einer Offentlichkeit bekannt ist und nicht etwa als individuell abgewickelter Auftrag zwischen Kiinsder und Kaufer gar nicht erst publik wurde, offentliche Wirkungen entfaltet, die nicht-ausschlieBbar sind und alien zugute kommen. Auch ist es ja vielfach so, dass die Sammlung letztlich offentlich gemacht wird, beispielsweise als Abteilung eines alien zuganglichen Museums. Doch zuvor geht es um den individuellen, ausschlieBlichen Nutzen des Konsumenten, der als Kunstsammler in sein Realkapital investiert (Andreae und Wilflingseder 1980, S. 52). Einschlagige Untersuchungen iiber die Realkapitalverzinsung derartiger Investitionen haben allerdings n\ir wenig befriedigende Renditen ausgemacht (Pommerehne und Frey 1993, S. 11 Off.; Pesando 1993). M t anderen Worten: Wer auf Kapitalvermehrung Wert legt, sollte besser das Kunstgut meiden und sein Geld an anderen Stellen auf dem Kapitalmarkt anlegen. 2) Der Kunstkonsument als Rezipient. Der NutznieBer der kiinsderischen Leistung erschopft im Regelfall nicht, was er konsumiert: Tbe culture consumer does not necessarily use up (Toffler 1973, S. 9). Er zieht vielmehr Nutzen als Horer oder Zuschauer eines Kulturangebots ohne, bis zur Kapazitatsgrenze, den Nutzen anderer zu beeintrachtigen. Im Gegenteil entsteht vielfach erst durch Anwesenheit und Reaktion eines Publikums, beispielsweise im Theater, das eigendiche Produkt, die Auffuhrung in Form einer living partnership mit den DarsteUern (Toffler 1973, S. 10). Der Einzelne aber, der das Kulturerlebnis direkt selbst oder indirekt durch die Teilnahme und den Nutzen Dritter, beispielsweise den Kunstkonsum der Eltern aufnimmt, investiert als Kunstrezipient in sein Humankapital (Andreae und Wilflingseder 1980, S. 52). Der Kunstmarkt umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Facetten von Teil- und Submarkten. Angeboten und nachgefragt werden Kunst als Materie und Kunst als Idee, wobei sich das eine aus dem anderen ableitet oder es nachzieht. Beide Kategorien werden einerseits als Original oder Unikat gehandelt, andererseits als vervielfaltigte Kunst auf den Markt gebracht. Jeder Teilmarkt hat sein besonderes Anspruchsniveau mit eigenen Gesetzen und einem speziellen Pubhkum. Der Ubergang von dem einen zum anderen Markt, von der Idee zur Materie, von der Vervielfaltigung zum Original ist auch eine Frage der individuellen finanziellen Moglichkeiten und des Anspruchsniveaus. Abbildung 19 zeigt Beispiele fiir die den einzelnen Kategorien zugeordneten Kunstgiiter aus den vier Sparten. Es hat den Anschein, als miisste sich der Kunstkonsument im Laufe seiner Entwicklung in der Reihe der Beispiele „von rechts nach links durcharbeiten". Beginnend mit einem Ausstellungskatalog, vielleicht sogar nur mit einer Kunstpostkarte, wachst der Wunsch, die schonen Bilder im Original zu sehen, aber nicht nur das, eines Tages kommt die Sehnsucht nach dem eigenen
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Die Motivation der Kulturkonsumenten
Kunstguter in Angebot und Nachfrage
KunstgiJter Idee
Materie Original Gemalde Drama l\/lusikwerl< Autograph
Vervielfaltigung Lithographie Textbuch Partitur Buch
Original Ausstellung Theaterauffuhrung Konzertauffuhrung Dichterlesung
Vervielfaltigung Ausstellungskatalog Auffijhrungsvideo Konzertaufnahme Buchbesprechung
Abbildung 19: Kunstguter in Angebot und Nachfrage
Besitz, wenn moglich als alleiniger Inhaber. In diesem Prozess ist der Betrachter, Zuschauer, Horer oder Leser nicht nur der NutznieBer von Kunst fiiir den Augenblick. Er investiert auch in die Zukunft, namlich in seine kxilturelle Erziehung, sein Denken und Konnen. Je mehr er davon besitzt, um so eher ist er bereit iind fahig fur neuen Kunstkonsum, auch in der nachst hoheren Kategorie.
4.1.2 Kunstkonsum als Selhstverwirklichung Dem Psychologen Maslow verdanken wir die zu Beginn der fiinfziger Jahre entwickelte Vorstellung von der Bediirfnispyramide, die von der verhaltenswissenschaftlich orientierten Konsumtheorie gern aufgegriffen wurde (Maslow 1953; Schnabel 1979, S. 41 f£). Nach Maslow konnen die Motive menschlichen Handelns in funf unterschiedliche, hierarchisch angeordnete Kategorien eingeteilt werden. Den Sockel der Pyramide bilden die am dringlichsten zu erfiillenden Bediirfnisse, zur Spitze hin nimmt der Grad der Dringlichkeit ab. Im untersten Bereich befinden sich die physiologischen Bediirfnisse wie essen, trinken und schlafen. Sie miissen zwangsnotwendig befriedigt werden, um iiberhaupt weiterleben zu konnen. Von existenziellem Charakter sind aber auch die drei dariiber gelagerten Stufen. Es schlieBen sich zunachst die Sicherheitsbediirfnisse an, die u. a. den Schutz vor Bedrohung der eigenen Person und der Familie, aber auch die finanzieUe Vorsorge im KrankheitsfaU und im Alter umfassen. Dariiber angeordnet sind die sozialen Bediirfnisse. Sie beinhalten die Beziehungen zur Umwelt und die Bediirfnisse nach Gruppenzugehorigkeit, Zuneigung und liebe. Auf der nachst hoheren Pyramidenetage stehen die Bediirfiiisse nach Wertschatzung als Positionierung der eigenen Person im Verhaltnis zu den anderen. Dazu gehoren
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Bedurfnispyramide nach Maslow
Soziale Bediirfnisse (soziale Beziehungen, Gemeinschaft) Sicherheitsbedurfnisse (Sicherung des Arbeitsplatzes, testes Einkommen) Physiologische BedCirfnisse (Essen und Trinken, Wohnung und Kleidung)
Abbildung 20: Bedurfnispyramide nach Maslow
das Streben nach Respekt und Anerkennung, nach einem angesehenen Platz in der Gesellschaft. Diese vier Bediirfniskategorien bilden 2usammen die Defizitmotive. Sie haben Vorrang vot allem anderen. Wer seine Defizitmotive nicht erfullt, so die Hypothese, wird krank (Schnabel 1979, S. 41). Die dariiber liegenden Bediirfnisse werden zusammenfassend als Selbstverwirklichungsbediirfnisse bezeichnet. Sie sind Wachstumsmotive, deren Befriedigung dazu geeignet ist, die Person selbst in ihren Fahigkeiten und in ihrer Personlichkeit voranzubringen. Alle Spielarten des immateriellen Konsums gehoren in diese Kategorie, die korperliche Betatigung im Sport ebenso wie das Erleben in der Natur oder in der Kunst (vgl. Abbildung 20). Die Bedurfnispyramide von Maslow ist vielfach kritisiert, in Teilen auch modifiziert und erweitert worden. Hauptpunkt der Kritik ist das Schubladendenken, das im Modell zu stecken scheint. Erst wenn eine Hierarchieebene nach der anderen abgearbeitet zu sein scheint, die Schublade gleichsam gefiiUt und geschlossen ist, kommt es zu den Bestrebungen nach Selbstverwirklichung. In Wirklichkeit sind die Verkniipfungen viel komplexer und nicht stromlinienformig hierarchisch. Dennoch konnen aus der Kategorisierung xmd der generellen Zielrichtung interessante Hinweise entnommen werden. Die Prioritat der ersten Stufe, die Befriedigung von menschlichen Grundbediirfnissen, ist im Grundsatz nicht zu bezweifeki. Ohne SichersteUung eines zumindest befriedigenden Existenzminimums kann es nicht gelingen, das Interesse an Kunstgiitern zu wecken. Jenseits von dieser Ebene aber bleiben Spielraume. Der Vergleich zwischen Bediirfniskategorie vier und fiinf, die beide von Bedeutung fiir den Kunstkonsum sind, zeigt substanzielle Unterschiede. Der gesellschafdiche Aspekt beim Besuch einer Kulturveranstaltung, die Moglichkeit des „Sehens und
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Gesehenwerdens" ist nicht zu leugnen iind mag Anreiz gemaB dem Streben nach Wertschatzimg sein. Doch sind diese Bediirfnisse, im Gegensatz zu denen der Selbstverwirklichungsstufe, zu sattigen. Erst der erarbeitete Kunstgenuss bringt den Schub fiiir die Personlichkeit imd die Verwirklichung der eigenen Person und miindet in ein unerschopfliches Reservoir sich selbst stknulierender Nachfrage. Hier liegt die stabile Basis fiir die dauerhafte Forderung von Kunstkonsum. Kunstkonsum griindet auf dem Konzept der Geschmacksbildung (vgl. McCain 2003).
4.1.3 Der Erlebnisfaktor im Kunstkonsum Erlebniskonsum gehort zum Konzept des postmodernen Konsums (vgl. hier und im Folgenden Gottschalk 2001a). Dieser ist gekennzeichnet durch eine Situation ausreichender materieller Grvmdversorgung, in der die Konsumenten den Wunsch nach starkerer Individualisierung verspiiren und deshalb den Massenartikeln zunehmend kritisch gegeniiber stehen. Sie suchen stattdessen verstarkt nach Bediirfnisbefriedigung in immateriellen Konsumwerten mit hohem Symbolgehalt. Erlebniskonsum entfiihrt den Konsumenten in eine eigene Konsumstory. Es handelt sich um den Versuch, Tagtraume in einem kompletten Paket anzubieten und Fantasien verwirklichen zu helfen. Erlebniskonsum ist nicht primar funktional motiviert, er hat keine grundsatzlich lebensnotwendige Aufgabe zu erfullen. Erlebniskonsum wird getatigt, weil er SpaB macht, Freude schafft, Genuss bietet. Erlebniskonsum umfasst den Ver- oder Gebrauch, die Nutzung oder Inanspruchnahme von Giitern und Leistungen mit dem Dimensionen des Eriebnisses
Museumsbesuch Konzertbesuch Hausdekoration Gartengestaltung
Abbildung 21: Dimensionen des Eriebnisses
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Ziel, neue, gefuhlsbetonte, die Notwendigkeiten des Lebens hinter sich lassende, den Personlichkeitsspiekamn erweiternde Erfahrimgen zu machen. In Anlehnung an eine entsprechendes Vorgehen von Sheth et al. kann der Erfahningsraum fur das Erlebnis in vier Dimensionen dargestellt werden: emotional, asthetisch, sensorisch, als SpaB- und Freudeerlebnis. Abbildimg 21 zeigt beispielhaft, welche Konsumaktivitaten die eine oder andere Erlebnisdimension auslosen kann (vgl. Sheth et al. 1999, S. 360). Ein asthetisches Erlebnis bietet der Konsum von Kultur und Wissenschaft, etwa der Besuch eines Theaters, die Teikiahme an einer Konzertveranstaltung oder an einem Vortrag. Zum sinnlichen Genuss addiert sich das intellektuelle Vergniigen. Die Verwendung eines wohlriechenden Parfums, das Schmiicken von Haus und Garten sind dagegen Beispiele fur das primar sinnliche Erlebnis, fiir die Freude am Sehen und Horen, Riechen und Fiihlen. Sportliche und spielerische Aktivitaten bieten als Erlebnisse von SpaB und Freude die MogUchkeit der Zerstreuung, des Abtauchens aus dem Alltag. Dem seelischen Auftanken gilt dagegen das emotionale Erlebnis, etwa durch Begegnung mit der Familie und mit alten Freunden, aber auch durch das Mitfuhlen vorgelebter Emotionen in Film und Fernsehen. Durch Erlebniskonsum konnen Investitionen in das Humankapital getatigt werden. Sie treten dann ein, wenn durch den Konsum, liber einen Zuwachs an erfahrenem Wissen, an Verstandnis und Einfuhlungsvermogen sich die Sicht der Dinge andert, Kunst und Kultur, die Menschen, die Natur und unser Lebensraum anders wahrgenommen werden als vorher. Doch dieses positive Ergebnis erfordert Mtdenken, Mitfuhlen und Mitmachen, den aktiven Konsumenten. Eine andere Form des Erlebniskonsums bleibt passiv, ist ein momentan ablenkender Kitzel ohne nachhaltige Wirkung. Doch kann auch er die Vorstufe zu aktivem Erleben darstellen. Von auBen kann iiber die Art des empfiindenen Erlebnisses nur schwer geurteilt werden. Ein Naturerlebnis, ein Kunsterlebnis, ein zwischenmenschHch aufriittelndes Erlebnis kann von Bestand sein. Es kann in den individuellen Wissens- und Erfahrungsschatz dauerhaft eingehen, die Personlichkeit, das zukiinftige Denken, Fiihlen und Handeln andern. Ein derartiges Erlebnis kann aber auch als momentanes Ereignis, als voriiber gehende Zerstreuung, angestrebt werden und im Weiteren ohne Bedeutung verpuffen. In jedem Fall ist Erlebniskonsum verbunden mit einer Ablenkung vom Herkommlichen. Es ist das Versprechen des Neuen, das Eindringen in andere Welten, das die Menschen anlockt. Erlebniskonsum wird aus drei Richtungen bestarkt: (1) Aus der wachsenden Disposition iiber Zeit und Geld, (2) aus dem Mangel an Aktivierung und (3) aus dem Wertewandel mit dem Abbau puritanischer Werte. In ihrem Zusammenspiel charakterisieren diese Faktoren, dass Erlebniskonsum als Wohlstandsphanomen entwickelter Volkswirtschaften angesehen werden kann.
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Kimst und Kultur als Konsumentscheidung
Die Kvdturanbieter sind richtigerweise dabei, xiber den Erlebnisfaktor neue Konsumentengruppen anzusprechen und die bestehende KHentel 2u bestarken. In der Museumspraxis ist dieser Weg durchaus schon eingeschlagen worden (vgl. Schafer 1997). Beispielsweise bildet die von der Staatsgalerie Stuttgart jeden ersten Samstag im Monat veranstaltete „KunstNacht" eine Moglichkeit, Besucher anzulocken, denen sonst die Offnungs2eiten im Weg standen. Die periodisch im Stuttgarter Raum insgesamt bei Museen imd Galerien veranstaltete und insbesondere von jungen Leuten stark besuchte „Lange Nacht der Museen" bietet denen die Gelegenheit zur Kunsterprobung, die sich nur in der Sicherheit der eigenen Gruppe dazu trauen. Der Ansturm der Besucher auf diese neuen Formen des Kulturangebots zeigt beispielhaft, dass Kulturkonsvtm als Gesamtpaket aus Kunst, Unterhaltung und sozialem Zusammentreffen hohe Wertschatzung genieBt, die es auch zukiinftig zu nutzen gilt.
4,2 Kunst und Kultut als Konsumentscheidung 4.2.1 DerEntscheidungsprop;ess Hinter der Konsumentscheidung steht ein komplexer Prozess. In verhaltenswissenschaftlicher Betrachtung ist Konsum ein prozessorientiertes Konzept, das samtliche Verhaltensweisen bezeichnet, die auf die Erlangung und private Nutzung von Giitern und Dienstleistungen gerichtet sind (Wiswede 2000, S. 24). Der eigentliche Kaufakt — im vorliegenden Schaubild als zweite Konsumphase angezeigt — mag Konsumieren als Prozess
Bedarfsfindung/ Informationssuchel
Entscheidungs-/ Kaufverhalten
Verbrauchs-/ Nutzungs-
Verwertungs-/ Entsorgungsverlialten
T Konsumentenverhalten
Situation
Abbildimg 22: Konsumieren als Prozess
Umfeld
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
insbesondere im taglichen Sprachgebrauch als Kern des Konsiimierens betrachtet werden, aber er ist doch nur eine Phase neben anderen, nicht weniger wichtigen, die der Kaufhandlung vor- oder nachgelagert sind. Dazu gehoren beispielsweise die Bedarfsfeststellimg iind Informationssuche am Anfang des Konsumvorgangs oder die Entsorgung bzw. Weiterverwertung am Ende des Produktlebens, aber auch die Weichenstellimg fiiir Ziikiinftigen Bedarf. Der Konsument bzw. Verbraucher ist derjenige, der fur eigene Zwecke die Phasen der Bedarfsbildung imd Information, der Kaufentscheidimg, der Nutzung und gegebenenfalls der Entsorgung und Neubeschaffung durchlauft. Er ist oft Informationsverarbeiter, Entscheidungstrager, NutznieBer und Verwerter in einer Person (Abbildung 22). Der Vorgang des Konsumierens kann als Problemlosungsprozess verstanden werden, der dann in Gang kommt, wenn es zu einem Auseinanderklaffen von tatsachlicher und idealer Situation kommt. Der Verbraucher empfindet diesen Zustand als ein unangenehmes Defizit, als Ungleichgewichtssituation, die es zu beheben gilt, auch wenn Defizitempfiiiden und Reaktion oft unbewusst und schematisch ablaufen, etwa Hunger zu fiihlen und sich etwas zum Essen zu nehmen. Hierbei handelt es sich um Einflussfaktoren, die aus der Person selbst kommen, im genannten Beispiel geschieht dies automatisch. Bewusst und durchdacht sind die Entscheidungen, wenn sie strategischer Art sind und Risiken beinhalten, etwa finanzielle, gesundheitUche oder personlichkeitsbezogene Risikoaspekte. So wird, im Sinne der Bediirfnispyramide, der Wunsch nach Kunstkonsum auch gezielt als Form der Personlichkeitserweiterung bzw. als Investition in das Humankapital gewahlt. Diese Entscheidung trifft der Einzelne fiir sich selbst und fiir andere, z. B. die Kinder. Oft kommen die AnstoBe fiir den Konsum aber nicht niir aus der Person selbst, sondern sie ergeben sich aus der konkreten Situation, etwa als spontane Reaktionen oder als
Verhaltensintentionsansatz
Wahrscheinlichkeit des Auftretens " Verhalten Wahrscheinlichkeit des Auftretens
Bewertung der normativen Uberzeugungen
Abbildung 23: Verhaltensintentionsansatz
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Kunst und Kultur als Konsumentscheidung
Verhaltensplanungsansatz
Wahrscheinlichkeit des Auftretens
X
Bewertung der Ergebnisuberzeugungen
Wahrscheinlichkeit des Auftretens
X
Bewertung der normativen Uberzeugungen
Wahrscheinlichkeit des Auftretens
X
Bewertung der Kontrolluberzeugungen
Verhaltens-] _ ^ Verhalten planung
Abbildung 24: Verhaltensplanungsansatz
erzwimgenes Handeln in Notfallen, oder aber sie resultieren aus dem Zusammenspiel zwischen Individuimi und sozialer Umwelt. Man konsinniert nicht nur, was man konsmnieren will, sondern auch, wozu man sich verpflichtet fuhlt. Diese Verkniipfiing ist aber nicht nur kritisch als Abhangigkeit von anderen zu betrachten, sondern sie kann ebenso eine willkommene Entscheidimgshilfe fiiir den Einzelnen darstellen. Die amerikanischen Sozialpsychologen Martin Fishbein und Icek Ajzen haben Modelle entwickelt, in denen die Einflussfaktoren zusammenfassend dargestellt werden, die die Intention bzw Planung eines bestimmten Verhaltens beeinflussen (Ajzen und Fishbein 1980). Sie verdeutlichen den oftmals nur latent und unbewusst ablaufenden Prozess, der der Konsumentscheidung vorausgeht (vgl. Gottschalk 2001 c, S. 109f£). In den Abbildungen 23 und 24 werden diese ModeUe in schematisierender Form dargestellt. Sie waren die Grundlage verschiedener eigener empirischer Untersuchungen im Kulturbereich, deren Ergebnisse in Kapitel 5 dargelegt werden und auf diese Weise den Anwendungsnutzen dieser Modelle verdeutlichen. Grundlage des Fishbein und Ajzen-Ansatzes ist die Theorie des durchdachten Handekis, theory of reasoned action^ die unterstellt, dass Entscheidungen imter Abwagung ihrer Vor- und Nachteile getroffen werden, auch wenn dies den Entscheidungstragern nicht immer bewusst ist. Die zentralen GroBen in dem zuerst entwickelten Verhaltenintentionsmodell sind die Einstellung zum Verhalten und die Subjektive Norm (vgl. Abbildung 23). Beide spiegeln die Erwartungen und Bewertungen des Individuums wider: Die Einstellung bilanziert die positiven und negativen Konsequenzen, die mit dem intendierten Tun verkniipft werden. Die Subjektive Norm biindelt den empfundenen gesellschaftlichen Druck sowohl aus dem nahen als auch aus dem weiten Umfeld und die Bereitschaft, sich danach zu richten.
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Das beabsichtigte Verhalten koinint dann zum Tragen, wenn die individuelle Einstelliing positiv ist und das soziale Umfeld nicht substanziell dagegen ist oder aber dessen Haltung fur das Individuimi keine Rolle spielt. Das Verhaltenintentionsmodell impliziert, dass der Einzelne es selbst in der Hand hat, iiber sein Handeln 2u bestimmen. Es konnen allenfalls imvorhergesehene, situative Bedingimgen ins Spiel kommen, die noch zwischen Intention und Handeln treten. Die von Ajzen vorgenommene Weiterentwicklung dieses Ansatzes zur Theorie des geplanten Verhaltens, theory of planned behavior rmt dem Verhaltensplanungsmodell beinhaltet dariiber hiaaus weitere mogliche Storfaktoren (Ajzen 1991, S. 179f£; vgl. Abbildung 24). Es handelt sich um die befiiirchteten Barrieren, die sich der Verhaltensplanung in den Weg stellen konnten. Ihre Bedeutung entfalten sie itn Zusammenspiel mit den anderen Faktoren, je nach Art des Verhaltens mit imterschiedlichem Gewicht. Die Kraft der Barrieren kann unter Umstanden so stark sein, dass diese alle Voriiberlegungen ausschalten und ein Verhalten von vornherein torpedieren (entsprechend der gestrichelten Linie in Abbildung 24). Zusammenfassend ist hervorzuheben, dass die Faktoren Einstellung zum Verhalten, Subjektive Norm und Barrieren des Handelns, die die Absicht oder Planung fiir eine bestimmte Verhaltensweise begriinden, ihrerseits von Beliefs, also von Uberzeugungen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit und subjektiven Bewertung bei den speziellen Merkmalen dieser Faktoren, abhangen. • Ergebnisiiberzeugungen umfassen die erwarteten Vor- und Nachteile eines geplanten Handelns, etwa eine Kulturveranstaltung zu besuchen, nach der Starke ihrer Eintretenswahrscheinlichkeit sowie deren Bewertung: Wie gut oder schlecht ist das vermutlich fiir mich? • Normative Uberzeugungen stehen fiir die sozialen Einfliisse iind Vorgaben, beispielsweise die Erwartungen des nahen und weiten sozialen Umfeldes, sich kulturell zu betatigen, sowie die Bereitschaft, diesen Erwartungen zu folgen: Was meinen die anderen, hore ich darauf ? • Kontrolliiberzeugungen kennzeichnen die Auftretenswahrscheinlichkeit und die Bedeutungsschwere interner und externer Hemmnisse eines geplanten Verhaltens. Sie stehen fiir die innere Uberzeugung, dass man iiber die Fahigkeiten und die MogUchkeiten verfugt, das angepeilte Verhalten auch durchzufiihren: Bin ich dazu selbst in der Lage, erlauben es die Umstande? Die Uberzeugungen des Einzelnen werden damit zu zentralen Variablen bei der Beeinflussung von Konsumentenverhalten (Gottschalk 2001c, S. 104f£). Im Grundsatz handelt es sich darum, die Menge und Art der Uberzeugungen sowie deren Gewichtung zu verandern und auf diese Weise den geplanten Kulturkonsum zu starken. Das Spektrum der Moglichkeiten ist groB und vielfach anwendbar.
Kunst und Kultur als Konsumentscheidung
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Der Verhaltensplanungsansatz bietet den besonderen Vorteil, die moglichen Ankniipfungspunkte zur Verandening individuellen Handelns inhaltlich zu kennzeichnen. Im Beispiel eines Museumsbesuchs geht es nicht nur darum, dass die personlich empfimdenen Vorteile die Nachteile iiberwiegen, so dass der Kulturbesuch imter dem Strich Positives verspricht (Ergebnisiiberzeugungen). Ebenso wichtig ist es, dass das soziale Umfeld dem eigenen Verhalten zustimmt - dass beispielsweise die jiogendlichen Besucher es gemeinsam „angesagt" finden, in der Ausstellung zu sein (normative Uberzeiigungen). Von Bedeutung sind schlieBlich die empfimdenen Barrieren. Es ist bekannt, dass insbesondere bei etablierten Kiilturinstitutionen die Uberwindimg von Schwellenangst fur einen Teil des Publikums eine groBes Problem darstellt. Sie basiert auf dem Gefiiihl, nicht zu den iiblichen Museumsbesuchern, den Insidern, zu gehoren und womoglich noch von der eigenen sozialen Gruppe schief angesehen zu werden. Neben diesen inneren gibt es aber auch die auBeren Hemmnisse, etwa wenn die Kulturinstitution zu weit entfernt liegt, in nur ungeniigendem Umfang sicheren Parkraum bietet oder iiber ungiinstige Offnungszeiten verfiiigt (Kontrolliiberzeugungen).
4.2.2 Die Souverdnitat des Kunstkonsumenten Das Postulat der Konsumentensouveranitat ist eines der Kernprinzipien wettbewerblicher marktwirtschaftlicher Ordnungen (vgl. Binder 1996). Es schreibt die Freiheit der Wahl des Einzelnen als zentrales Ordnungskriterium fest. Am Ende aller Anpassungsprozesse soil nicht eine planende Macht von auBen bestimmen, was und wie viel mit den knappen Ressourcen einer Volkswirtschaft produziert wird, sondern dies sollen die Konsumenten selbst tun. Ihre Praferenzen sollen sich letztlich in der Angebotsstruktur widerspiegeln. Konsumentensouveranitat ist als normativer Ansatz zu werten und nicht als allzeit gultiges Faktum. Ein souveraner Konsument zu sein heiBt auch, Verantwortung fiir die anderen, die soziale und natiirliche Mitwelt und sich selbst zu iibernehmen (vgl. Scherhorn 1993). Sie fordert den aktiven, nicht den passiven Konsumenten. Dazu bedarf es allerdings einer Reihe von Voraussetzungen. Neben dem Ausschluss von Markteintrittsbeschrankimgen geht es insbesondere um das Vorliegen von Konsumkompetenz. Sie ergibt sich nicht automatisch, sondern ist das Ergebnis von Erziehung und Bildung, Information und Aufklarung, Erfahrung und Vergleich. Soil das System funktionieren, muss der Konsument seine Rolle des aktiven Gegensteuerns auch wahrnehmen und mit den dafiir notigen Plilfsmitteln ausgestattet werden.
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Doch gibt es Bereiche, in denen die Konsutnenten von sich aus ihre mangelnde Zustandigkeit konstatieren irnd die Lenkung freiwillig in andere, wissendere Hande libertragen mochten. Entsprechende Konstellationen sind hier mit Verweis auf die meritorischen Kompetenzguter schon angesprochen worden (vgl. 2.1.2). Passende Beispiele konnen beispielsweise aus der Medizin, der Technik und der Forschung gewonnen werden. Wer wiirde schon, trotz generellen Souveranitatsanspruchs, auf Einflussnahme bei einer bevorstehenden Operation bestehen wollen? Mit Respekt vor dem Expertenwissen und nicht zuletzt im Vertrauen in die kompetentere Entscheidungsfahigkeit wiirde das Recht auf Einflussnahme freiwillig zugunsten des besser Befahigten zuriickgestellt werden. Im Bereich von Kunst und Kultur offenbart sich an verschiedenen Stellen ein ahnliches Entscheidungsdilemma. Die amerikanische Autorin Sonia Gold, die sich der Problematik von Konsumentensouveranitat bei kulturellen Leistungen schon sehr friih angenommen hat, macht hier den Vorschlag, eine geteilte Souveranitat zuzulassen (Gold 1983). Zu Spannungen und Konflikten zwischen den Marktteilnehmern kame es nur dann, wenn jede Seite auf ihr Autonomic pochen wiirde und sich nur zogernd den Interdependenzen stellen wollte. In der Tat kommt es hier auf die genaue Begriindung an. Es macht einen Unterschied, ob ein Konsument freiwillig und in bestem Vertrauen auf die herausragende Kompetenz eines anderen seine Rechte zuriicksteckt. Oder aber ihm, als Mitglied einer Gruppe, als Teil der Konsumentenschaft insgesamt, generelle Inkompetenz unterstellt wird (vgl. Prosi 1996). Nicht ohne Grund wird das von Musgrave in die Diskussion gebrachte Konzept der besser informierten Gruppe, zu dem hier Parallelen gezogen werden konnen, sehr kritisch debattiert. Diese Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, meritorische, gute Giiter anzubieten und demeritorische, schlechte Giiter zu bekampfen, obwohl sie damit bewusst den Eingriff in die Praferenzen der anderen, schlechter Informierten, riskiert, die angebHch nicht wissen, was gut fiir sie ware. Trotz wohlmeinenster Intention bleibt das Problem, das eine Minderheit, wie und wodurch auch immer sie sich auszeichnen kann, einer Mehrheit ihren Willen aufdriicken mochte. Nicht von ungefahr stellen sich hier Assoziationen zur selbst ernannten EHte der Kunstszene ein, die gern dariiber bestimmen mochte, was Kunst ist und was nicht. Trotz moglicher benevolenter Absicht bleiben fiindamentale konzeptionelle Zweifel. Auch Diktatoren haben stets das Wohl des Volkes fiir sich reklamiert. Uber eine eventuell notwenige Delegation von Entscheidungsmacht miissen die Biirger selbst entscheiden, nicht die Experten (Frey 2001, S. 231). Mangelnde Kompetenz rechtfertigt MaBnahmen zum Aufbau von Konsxrnientenwissen, aber keinesfalls die Aufhebung der souveranen Entscheidung. Der Konsument hat Anspruch auf Souveranitat und die dafiir notwendigen
Nachfrage nach Kimst und Kultur
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Voraussetzungen, imabhangig davon, ob es sich urn materiele oder imniaterielle Leistungen handelt. In diesem Sinne hat der britische Okonom Sir Alan Peacock mit Nachdruck fiir MaBnahmen pladiert, die die Konsumentensouveranitat fordern helfen, danmter insbesondere fur den Ansatz der Kulturgutscheine (Peacock 1993, S. 122ff.).
4.3 Nachfrage nach Kunst und Kultur 4.3.1 Rationalitdt ah Verhaltensprinfqp Was fiiir den Anbieter von Kunst und Kultur gilt, trifft ebenso auf den Konsumenten der Kunstgiiter und Kulturleistungen 2u. Es geht darum, unter dem Strich, in der Bilanz zwischen Nutzenzugang und Nutzenentgang einen Nettonutzen zu realisieren. Rationalitat wirkt als Verhaltensprinzip, das den Menschen steuert, ohne dass es ihm in jedem FaU, wahrscheinlich noch nicht einmal in der Mehrzahl der Falle, bewusst ist. Okonomie und Psychologie unterstreichen diese Sichtweise gleichermaBen in der ihnen eigenen Terminologie und mit Verweis auf die ihrem jeweiligen Untersuchungsspektrum zugehorigen Anwendungsbeispiele. Die kognitive Psychologie erlautert im Rahmen dieser RationaHtatsbetrachtung, weshalb es individuell sinnvoU sein kann, aufwendige Informationssuchverfahren zugunsten der Aufnahme kompakter Schliisselinformationen aufzugeben. Diese Konstellation trifft etwa zu, wenn sich der Informationssuchende vor einer Kaufentscheidxing auf das Warentesturteil in seiner Gesamtheit verlasst und die Details erst gar nicht aufnimmt, sondern den Experten glaubt. Man spricht hier vom Streben nach kognitiver Entlastung oder dem Wunsch nach Erreichung kognitiver Effizienz, das heiBt, dass man ebenso wie im okonomischen Wirtschaftlichkeitsprinzip versucht, ein gegebenes Informationsziel mit moglichst geringem informativem Aufwand zu erreichen (vgl. 1.1.2). GemaB der im Rahmen eines gedachnispsychologischen Ansatzes begriindeten gmn-new-%M2Xt^
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
demjenigen, der in das Gedankengebaude des Einzelnen eindringen, es vielleicht ttn Sinne kulturpadagogischer MaBnahmen anreichern und verandern mochte, den entscheidenden Hinweis, an welchen Pimkten er ansetzen muss, um iiberhaupt wahrgenommen zu werden. Die okonomische Betrachtung von Rationalitat zeigt dieselbe Struktur. Der hier vorgenommene Kosten-Nutzen-Vergleich prasentiert sich vergleichsweise handfester, well er in der Kegel mit monetaren Einheiten argumentiert. Dennoch sind es nicht die leicht messbaren GroBen allein, die den Gesamtwert einer Konsumentscheidung, damit die Annahme oder Ablehniing des geplanten Verhaltens, bestimmen. Die wenig fassbaren psychischen Kosten xmd Nutzen, etwa die benotigte Verarbeitxmgsenergie sowie Image- und Servicewerte gehoren ebenso dazu, wie aus der anwendungsorientierten Sicht des Value Marketing gezeigt werden kann. Hier wird der Konsument als Kunde in dem ihm eigenen umfangreichen Prozess der Wertebilanzierung dargestellt (vgl. 5.1.1).
4.3.2 Determinanten derNachfrage Die Struktur der Nachfrage nach Kunst und Kultur zeigt ein facettenreiches Bild (vgl. Heilbrun und Gray 1993, S. 55ff.). Auf der einen Seite lassen sich funktionale Beziehungen, beispielsweise zwischen Preis und Nachfrage darstellen, die keine Besonderheiten im Vergleich zur Nachfrage nach anderen Giitern und Leistungen aufweisen. Auf der anderen Seite scheint der ansonsten charakteristische Grenznutzenbefiind, der im Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen verankert ist, beim Kxmstkonsum auf den Kopf gesteUt zu sein. Wahrend im Normalfall der zusatzliche Nutzen bei dem Konsum weiterer Einheiten zu sinken beginnt - das dritte Eis schmeckt nicht mehr so wie das erste - scheinen die Kuastkonsumenten nimmersatt zu sein. Ihr Grenznutzen sinkt nicht, sondern er steigt. Als Determinanten der Kunstnachfrage kommen neben Preis und QuaHtat des Kunstgutes selbst auch die Preise und Qualitaten mogHcher Konsumalternativen sowie das verfiigbare Einkommen und der Wert des fiir den Konsxim notwendigen Einsatzes von Zeit ins Spiel (vgl. Throsby 1994, S. 7; Felton 1989, S. 54). Diese Auflistung relevanter Einflussfaktoren bietet aus Sicht der Okonomen wenig Erstaunliches. Aus dem Blickwinkel der Kulturanbieter mag das anders sein. Insbesondere diejenigen, die Kunstgiiter auf eine konkurrenzlos hohere Ebene katapultieren wollen, konnen mit der Idee wenig anfangen, dass moglicherweise ein FxiBballspiel eine Alternative zu einem Theaterbesuch sein soil. Bei realistischer Betrachtung wird man sich jedoch derartigen Uberlegungen nicht verschlieBen diirfen. Kulturkonsum ist eine Form der Freizeitbeschafdgung im Rahmen einer
Nachfrage nach Kunst und Kultur
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vorgegebenen Menge an verfiigbaren freien Stunden. Das gilt fiiir jeden Menschen, imabhangig davon, ob er vertraglich fixiert fur andere oder fur sich selbst arbeitet. GemaB dem Rationalitatsansatz muss diese begrenzte Zeit aber sinnvoll eingesetzt werden, das heiBtim umfassenden Sinne wertmaximierend. Das Opportunitatskostenprinzip besagt, dass der Nutzen der entgangenen Alternative als Kosten des gewahlten Verhaltens zu werten ist. Dies gilt desto starker, je mehr Anbieter um das knappe Freizeitbudget der Bevolkerung konkurrieren. Die fiiir den einzelnen Kulturanbieter konsequente Schlussfolgerung kann allein darin liegen, den notwendigen Einsatz des Konsumenten an Zeit, Geld und personHcher Energie zu verringern bzw. mit nutzenerweiternden MaBnahmen den net surplus der Konsumentscheidung zu erhohen. Der Faktor Preis zeichnet im Normalfall ein typisches Verhaltensmuster in der Beziehung von Angebot und Nachfrage: Je hoher der Preis, desto niedriger die Nachfrage und umgekehrt. Die Reaktion der Nachfrager auf eine Veranderung der Preise, beispielsweise eine Verteuerxing des Eintritts in Kulturveranstaltungen, wird durch die Nachfrageelastizitat gemessen. Die Preiselastizitat der Nachfrage stellt den relativen Nachfrageriickgang ins Verhaltnis zu einer relativen Preisanderung Bei normaler negativer Neigung der Nachfragefunktion ist die Elastizitat negativ. Der Normalfall sieht damit so aus, dass bei einer Preisanhebung um beispielsweise 10 Prozent auch ein Nachfrageriickgang um einen bestimmten Prozentsatz zu erwarten ist. Die Frage ist aber, wie stark die Konsumenten reagieren. Schranken sie ihre Nachfrage im selben AusmaB, im Beispiel also auch um 10 Prozent ein, oder reduzieren sie ihre Nachfrage prozentual weniger oder mit einem hoheren Prozentsatz? Alle KonsteUationen sind moglich, sie hangen u. a. davon ab, wie begehrt das nachgefragte Gut ist und inwieweit es auch entbehrlich ware, weil es noch die Ausweichmoglichkeit auf gute Alternativen gibt. Diese grundlegenden Beziehungen gelten auch fiiir den Bereich von Kunst und Kultur (vgl. Felton 1992). Angesichts dessen, dass ein Kulturangebot in Konkurrenz zu anderen Kulturveranstaltungen, im weiteren Sinne auch im Wettbewerb zu alternativen Freizeitbeschaftigungen steht, ist zu erwarten, dass die Konsumenten auf Preisanhebungen mit spiirbaren Nachfrageeinschrankungen reagieren. Auch hier gilt: Je starker die mogliche Substituierbarkeit durch andere Konsumaktivitaten, desto elastischer diirften sich die Nachfrager verhalten, und umgekehrt. Je einmaHger, konkurrenzloser, also weniger substituierbar das Kunsterlebnis ist, desto weniger elastisch werden die Konsumenten auf veranderte Preise reagieren (Heilbrun und Gray 1993, S. 79f; Felton 1992, S. 10). Es wird vermutet, dass die Konsumenten bei den Formen kiinstlerischer Darbietung, bei denen der Unterhaltungscharakter stark betont wird, etwa PopMusik und Musicals, sensibler auf Preisveranderungen reagieren als bei der hohen
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Kunst bzw. E-Musik wie Oper und klassische Musik. Deren Verarbeitung setzt das erworbene Hmnankapital voraus, also bereits betrachtHche Investitionen in die eigene Person, so dass auf diesen Konsum nicht ohne weiteres zu Gunsten anderer Alternativen verzichtet werden kann (Throsby 1994, S. 7). Allerdings tun auch die Anbieter von Unterhaltungsmusik ihr Mogliches, um sich Preiserhohirngsspielraume zu verschaffen. Beispielsweise schaffen der Starkult und die gezielte Verknappung des Angebots durch stark begrenzte Konzertourneen auch im U-Bereich die Grundlage fur verminderte Elastizitaten. Der Trend der vorliegenden Erhebungen weist Preiselastizitaten der Nachfrage bei darstellender Kunst und bei Konzerten aus, die allesamt relativ wenig elastisch sind. So wurden in einer Zeitreihenstudie iiber Auffiihrungen am Broadway Elastizitaten zwischen -0,48 und -0,64 ermittelt, d.h. bei Anhebung der Eintrittspreise um 10 Prozent wurde ein unterproportionaler Riickgang der Nachfrage um rund 5 Prozent bzw. 6,5 Prozent errechnet (Heilbrun und Gray 1993, S. 90f.). Die Preiselastizitat einzelner kultureUer Veranstaltungen ist in der Regel groBer als die Elastizitat nach der Kategorie insgesamt, etwa im Vergleich einer einzelnen Theaterauffuhrung zur Nachfragereagibilitat nach Theater im Allgemeinen (Throsby 1994, S. 7). Die Besonderheiten der Nachfrage nach Kunst und Kultur liegen mithin weniger in ihren Bestimmungsfaktoren. Unter dem Aspekt miisste man dem Kunstkonsum eigentMch keine spezielle Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Er sei, so provoziert Holbrook bewusst seine Leser zu Beginn seines Beitrags, auch nicht viel anders als der Konsum von Dosenerbsen und Pelzmanteln (Holbrook 1987, S. 133). Doch gibt es andere Unterscheidungskriterien, die daran ankniipfen, dass Kunstkonsum in der Regel immaterieller Natur ist, der Kimstgenuss erst erarbeitet sein will. Im HaushaltsproduktionsmodeU der neueren Konsumtheorie stellen Giiter und Leistungen, auch aus dem Kunstbereich, Inputfaktoren in den Produktionsprozess dar. Die Schattenpreise fiir die Verarbeitung von Kunst fallen in dem MaBe, wie Erfahrung imd Verstehen und andere Attribute des Hximankapitals mit Bezug auf Kunst erworben werden (Throsby 1994, S. 3). Durch sein sukzessive aufgebautes Kunstwissen wird es dem Konsumenten immer leichter, zu dem ihn befriedigenden Kunstgenuss zu gelangen, dessen Produktion wird kostengiinstiger und der relative Konsum von Kunst steigt im Zeitablauf Der Erwerb und Aufbau von human capital ist eine essentielle Voraussetzung dafiir, dass das Individuum zu Kunstgenuss iiberhaupt in der Lage ist. Der Nachfrager muss den Konsum von Kulturgiitem erst erlernen (Brito und Barros 2005, S. 84). Vor diesem Hintergrund erscheint es deshalb plausibel, dass entgegen der sonst iiblichen okonomischen Annahme des abnehmenden Grenznutzens durch vermehrte Beschaftigung mit Kimst der Grenznutzen von kiinstlerischen Giitern steigt (Vautravers-Busenhart 1998, S. 5If.). Letztlich ist es das im Humankapital abgespeicherte Kunstverstandnis, das die
Wirkungen des Kulturkonsums
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Fteude am Kianstkonsum erst ermoglicht. Diesen Bezug hat vor mehr als 100 Jahren auch schon Alfred Marshall hergestellt. Es sei kein Widerspruch zum Gesetz vom abnehtnenden Grenznutzen, dass der Wunsch, gute Musik zu horen, vermutlich um so starker wiirde, je mehr das Individuum schon davon genossen habe, da die Vorliebe fiir gute Musik ein acquired taste sei (Marshall 1891, S. 151). In Fortfuhrung dieser Argumentation schlagt Throsby sogar den Bogen zum Suchtverhalten: Der sich selbst anheizende Konsum der schonen Kiinste wird zu einem (im Gegensatz zu z.B. der Drogensucht) gesellschaftlich erwiinschten rationalen Suchtverhalten (Throsby 1994, S. 3).
4.4 Wirkungen des Kulturkonsums 4.4.1 Individuelle und sotqale Funktionen Wie bei jeder anderen Konsumentscheidung auch, wird Kunstkonsum als Mittel zur Erfullung angestrebter Funktionen getatigt xmd als Beitrag zur Problemlosung verstanden. Nach dem schon bekannten Einteilungsschema zwischen internen und externen Beweggriinden konnen das Streben nach Erfullung personenbezogener Bediirfnisse auf der einen Seite, der Wunsch nach Durchsetzung gemeinschaftsbezogener Belange auf der anderen Seite unterschieden werden. Die Wirkxmgen bzw. den Nutzen des Kunstkonsums messen die individuellen Plantrager zunachst nxir an ihren eigenen Zielsetzungen. Diese umfassen die klassischen Erwartungen, die schon seit der Antike als Leitmotiv der Teilnahme an kiinstlerischen Ereignissen in den Vordergrund gestellt wurden. In Einklang mit dem historischen Vorbild wird imterstellt, dass Kunstkonsum in erster Linie der Bildung und Erbauung dient. Der Umgang mit den schonen Kunsten, die Erfahrung von Kreativitat und Asthetik erweitern den BHckwinkel und formen das eigene Denken und Empfinden. Als Folge der PersonHchkeitsbildung durch die Kunst ergibt sich bestmogHch ein Handeln, das sich idealerweise dem Guten, dem Schonen und Wahren verpflichtet fiihlt. Neben dieser klassischen padagogischen Funktion haben Kunst und Kultur aber auch schon seit jeher die Aufgabe der Unterhaltung, der Zerstreuung und Belustigung iibernommen. Diese Funktion ist deshalb keine Erfindung der modernen SpaBgesellschaft. Kunstkonsum tritt, wie schon hervorgehoben, in Konkurrenz zu anderen Freizeitbeschafrigungen mit Unterhaltungswert. Die individueUen Bediirfnisse, die durch den Kulturkonsum als Freizeitverhalten gedeckt werden sollen, richten sich daher auch auf das Streben nach Ablenkung und Entspannung und Loslosung vom Ailtag. Gesucht werden spiritueUe Hochgefiihle wie die, selbst
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Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Individueller und sozialer Nutzen des Kunstkonsums
Optionswert
Moralischer Wert
Vernnachtniswert
Kunstkonsum
Asthetischer Wert
Prestigewert
Unterhaltungswert
Bildungswert
Sozialer Wert
Abbildung 25: Individueller und sozialer Nutzen des Kunstkonsums
eine erhabene Prinzessin zu sein, wie es eine Theaterbesucherin nach der Vorstellung zu Protokoll gab (Cooper iind Tower 1992, S. 306). Im kulturgeschichtlichen RuckbKck hat stets noch ein dritter Komplex bei den Aufgaben des Kimstkonsimis eine nidit unbedeutende Rolle gespielt. Es handelt sich um die soziale Fimktion, die mit der Teilnahme an Kiolturveranstaltungen zwangslaufig verbunden ist. Die kxilturellen Anlasse bieten die Moglidikeit sich zu verabreden, mit der Familie und mit Freimden zusammenzutreffen und gleichzeitig diese Bande durch das gemeinsame Erlebnis, den zusammen mit den anderen erworbenen Gesprachsstoff zu festigen. Die soziale Dimension existiert aber nicht nur als vereinheitlichende GroBe. Die Abgrenzung und Positionierung gegeniiber anderen gehort ebenfalls dazu (Cooper und Tower 1992, S. 305; Hendon 1979, S. llf.). Unter diesem Gesichtspunkt dient Kunstkonsum auch der sozialen Differenzierung. Dies gilt insbesondere in heutiger Zeit, in der es als Folge eines allgemein verbreiteten Wohlstands schwierig ist, sich iiber die materieUe Giiterausstattung sichtbar von anderen abzuheben. Die Teilnahme an Kulturveranstaltungen, die Praktizierung des Kunstkonsums generell, ist eine MogHchkeit, sich vom Durchschnittsgeschmack zu losen und das Besondere durch die Anhaufimg von kulturellem Kapital zu demonstrieren. Aber auch die gesamtgesellschaftlichen Wirkungen des Kiilturangebots werden von der Bevolkerxmg gesehen und honoriert, allerdings nicht aktiv artikuliert. Sie bilden eine Form der latenten Nachfrage. Dass es sie gibt zeigen die schon zitierten Befragungen, die u. a. in Australien und Danemark durchgefiihrt wurden, in denen die Individuen die offentliche Giiter-Komponenten der Kunst anerkennen und auch bereit sind, einen entsprechenden Finanzierungsanteil zu tragen (vgl. 3.4.2). Der individuell empfundene Nutzen des Kunstkonsums setzt sich daher aus den zurechenbaren, ausschlieBlichen und den alien zugute kommenden, nicht-
Wirkungen des Kulturkonsums
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aussdilieBbaren Werten zusammen. Aber nicht nur die pnvaten Nutzenkomponenten werden als erwartete Wirkimgen angestrebt. Gewiinscht vmd in der individuellen Nutzenbilanz verbucht werden audi die sozialen Wirkungen. Das Individuum mochte offensidididi nicht darauf verzichten, in einer kultivierten Gesellschaft zu leben, in der Kxmst und Kultur einen hohen imd bleibenden Stellenwert haben (vgl. Abbildung 25).
4.4.2 Distributive Effekte Anlass fiir das Eingreifen des Staates bei Kunst und Kultur ist die allokative Ineffizienz. Wegen der im zweiten Kapitel beschriebenen offentliche Giiter-Eigenschaften und aufgrund von produktionstechnischen Defiziten, die in der Baumorschen Kostenkrankheit zum Ausdruck kommen, kann der Markt allein keine ausreichende Befriedigung der Konsumentenpraferenzen leisten. Eine Unterversorgung mit Kulturgiitern drohte, das Postulat der Konsumentensouveranitat ware nicht erfiillt. Die knappen Ressourcen der Volkwirtschaft wiirden nicht korrekt in die Richtung gelenkt, die den meisten Konsumnutzen verspricht. Die offentliche Hand greift deshalb gegensteuernd in die Allokation der Ressourcen ein und sorgt dafiir, dass qua offentlicher Finanzierung Mittel fiir die Produktion von Kulturleistungen zur Verfiigung stehen. Doch was geschieht nun mit dem Kulturangebot, wer profitiert davon in welchem AusmaB, wo befinden sich die NutznieBer, etwa von subventionierten Theater- und Opernkarten, von kostenfreien offentlichen Bibliotheken oder von freiem Zutritt ins Museum? Diese Frage betrifft die distributiven Wirkungen der Staatsaugaben fiir Kultur. Darunter versteht man die Umverteilungswirkungen der staatlichen MaBnahmen auf die Einkommens- und Vermogensverteilung. Generell wird mit der Distribution als offentliche Aufgabe beabsichtigt, die Schiefe der Verteilung von Einkommen und Vermogen zu Lasten der Begiiterten und zu Gunsten der minder Bemittelten zu korrigieren. Im Bereich von Kunst und Kultur geht es darum, den Beziehern niedriger Einkommen, den Mittellosen imd Bediirfrigen, den kinderreichen Familien, Senioren, Schiilern und Studenten den Zugang zur Kultur durch Subventionspreise oder sogar freie Eintritte zu ermoglichen. Mit hohen, womoglich kostendeckenden Preisen ware die Teilnahme am Kulturleben fiir diese Gruppen unerschwinglich. Um den Ausschluss dieser Gruppen vom Kulturleben zu verhindern, wird deshalb die Chancengleichheit im Zugang zu den Kulturereignissen angestrebt. Gafgen spricht in diesem Sinne von dem Ziel der spezifischen Egalitat. Es gelte Kunst nicht nur allgemein zu fordern, sondern neue Formen der Kiinsterziehung und der Diffusion von Kunstdarbietungen zu schaffen (Gafgen 1992, S.186f.).
1 Uo
Okonomische Analyse der Kulturnachfrage
Vor diesem Hintergrund geht es bei den staatlichen KulturmaBnahmen nicht nur um die Verbesserung der Allokation, sondern auch um die der Distribution (vgl. O'Hagan 1998, S. 48f£). Doch wie realistisch ist dieses Ziel, und inwieweit wird es tatsachlich erreicht? Profitieren die Einkommensschwachen liberhaupt von der Kultursubvention, und dies sogar, wie am liebsten von den staatlichen Kulturtragern gesehen, in besonderem MaBe? Die Zweifel, die am Erreichen der distributiven Zielsetzung bei den Kulturausgaben laut werden, sind erheblich. Ein Blick in die Besucherstatistiken kultureller Veranstaltungen untermauert, weshalb es zu den kritischen Ruckfragen kommt. Schon in der empirisch fundierten amerikanischen Pionierstudie von Baumol und Bowen aus dem Bereich der darstellenden Kunst hatte die Befragung von fast 25.000 Veranstaltungsbesuchern im Zeitraum von 1963 bis 1965 ergeben, dass der typische Besucher der gehobenen sozialen Schicht angehort, den im Vergleich zum Durchschnitt der Bevolkerxing besser Ausgebildeten und Verdienenden. Nur weniger als 3 Prozent der Befragten hatten keinen Highschool-Abschluss. Das mittiere Einkommen des befragten Publikums war etwa doppelt so hoch wie das mittlere Einkommen im Durchschnitt der Bevolkerung (Baumol und Bowen 1966, S. 77ff). Als Fazit ihrer Erhebung konstatieren die Autoren: It should be clear by now that the ^common man ^^ isfairly uncommon among those who attend live professional performances
(Baumol und Bowen 1966, S. 93). Dieses Bild scheint bis heute nahezu unverandert geblieben zu sein. Die ungleiche Nutzerstruktur bei der Inanspruchnahme von Kulturleistungen hat Anlass zu bosartigen Kommentaren geboten. So wurde im Extrem sogar unterstellt, dass sich die Reichen ihren Kunstgenuss von den Armen finanzieren lassen wiirden. Diese Unterstellung kann man in dieser Form natiirlich nicht stehen lassen. Schon deswegen nicht, weil es einer Budgetinzidenzanalyse bediirfte, das heiBt einer finanzwissenschaftUchen Wirkungsuntersuchung der ausgaben- und einnahmenwirksamen kulturpolitischen Aktivitat des Staates, lun den tatsachUchen Nettoeffekt der offentlichen Kulturfinanzierung festzustellen (van der Beek 2002, S. 94). Mit anderen Worten: Selbst wenn wohlhabendere Leute ofter in die Oper gehen als Armere, so zahlen diese ja auch im iiberproportionalen Umfang Steuern und finanzieren deshalb vermutlich ihr subventioniertes Kunsterlebnis selbst. Dennoch bliebe die Frage, warum Kulturnutzer dieser Struktur ihren Eintritt nicht in starkerem MaBe allein bezahlen konnen. Van der Beek, der eine Budgetinzidenzanalyse fiir den deutschen Kulturhaushalt skizziert, kommt zu dem Ergebnis, dass der Befund zumindest ambivalent sei. Einerseits sei dem Ziel der egalitaren Offenhaltung der Kulturbetriebe durch die Erhebung nicht kostendeckender Preise Geniige getan, unabhangig davon, ob die armeren Schichten dieses Angebot auch tatsachlich nutzten. Andererseits sei
Wirkungen des Kalturkonsums
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eine Regressionswirkiing durch die staatliche Intervention in den Kvilturbereich 2u konstatieren. Das bedeutet, dass die Bezieher hoherer Einkommen nach Gegenrechnung der genutzten Kulturleistungen nur unterdurchschnittiich anstelle von iiberdurchschnittlich steuerlich belastet werden (der Effekt ist regressiv und nicht progressiv) (van der Beek 2002, S. 98). Erwartete, aber nicht gewiinschte Verteilungswirkungen dieser Art haben im Ubrigen die an anderer Stelle schon diskutierten Vorschlage begiinstigt, nicht die Anbieter von Kulturleistungen zu subventionieren, sondern die Nachfrager, beispielsweise speziell Bediirftige in Form von Kulturgutscheinen (vgl. 2.4.2). Auf diesen Zusammenhang hat neben anderen Peacock mit groBem Nachdruck hingewiesen. Durch Verteilung der offentlichen Unterstiitzung liber die Konsumenten anstelle der Institutionen wiirde das Problem der Begiinstigung der Etablierten ximgangen. Die geforderten Kulturkonsumenten wiirden ermutigt, mehr iiber Kunst und Kultur zu erfahren und ihren Geschmack zu entwickeln. Sehr optimistisch hat Peacock die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass auf diese Weise die offentliche Unterstiitzung sogar eines Tages iiberfliissig werden wiirde (Peacock 1992, S. 15f£).
Literatuf zur Vertiefung und zum Weiterlesen Andreae, Clemens-A. und C. Wilflingseder (1980). Der EinfluB des offentlichen Sektors auf die Kunst. Wirtschaftspolitische Blatter, Band 27, S. 48. Colbert, Francois (2002). Marketing und Konsumentenverhalten im Bereich Kxanst. In: A. Klein (Hrsg.). Innovatives Kulturmarketing. Baden-Baden: Nomos. S. 4 0 53. Gafgen, Gerard (1992). Die Kunst der Okonomie am Beispiel der Okonomie der Kunst. Homo oeconomicus. Band IX(2). S. 171—193. Gottschalk, Ingrid (1998b). Zur RoUe des Kulturkonsumenten — Forderungen und Verpflichtungen. Hauswirtschafdiche Bildung, Band 74. S. 142-151. Gottschalk, Ingrid (2001a). Erlebniskonsum als Herausforderiing an die VerbraucherbHdung. Haushalt und Bildung, Band 78. S. 29-40. Throsby, David (1994). The production and consumption of the arts. A view of cultural economics. Journal of Economic Literature, Band 32. S. 1—29.
5 Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
5.1 Offnung von Kulturinstitutionen 5.1.1 Value Marketing Kulturanbieter der Gegenwart stehen vor neuen, sich gegenseitig verstarkenden Herausforderungen. Dazu gehoren die gekappten oder sogar gestrichenen offentlichen Mittel auf der einen Seite, der sich verscharfende Wettbewerb um Zeit, Geld und Aufmerksamkeit anspruchsvoller Nachfrager von Kiilturleistungen auf der anderen Seite. Die Folge ist, dass sich die Kulturinstitutionen offnen und beginnen, marktorientiert und besucherbezogen zu planen, sei dies nun willentlich strategisch angelegt oder von den Gegebenheiten erzwungen. Die Richtschnur fiiir eine derartige Neuausrichtung liefert das Kulturmarketing als eine Form des Marketing fur nicht-erwerbswirtschaftliche Bereiche, so wie sie von dem amerikanischen Marketingwissenschafder PhiHp Kotier vorgestellt wurde (vgl. Kotier 1972, 1978, 2002, S. 726f£). Im Grundsatz geht es darum, durch Eingehen auf die Wiinsche der Kxinden nicht nur den Anbietern, sondem ebenso den Nachfragern Vorteile zu verschaffen. Beide Seiten soUen davon profitieren, dass Austauschprozesse im gegenseitigen Einvernehmen und wechselseitig nutzenstiftend erklart, herbeigefiihrt und gestaltet werden (Terlutter 1999, S. 11). Marketing steht fur den Prozess, der die Kundenwiinsche effizient und gewinnbringend identifiziert, antizipiert und befriedigt (Yorke und Jones 1987, S. 25). Damit geht einher, dass der Konsument einen herausragenden Stellenwert erhalt. M t dem Konzept des Value Marketing wird die M>/-W/^-Situation fiir beide Seiten verdeutlicht. Durch maximale Ausrichtung an den von den Konsumenten gewiinschten Werten gelingt es, das Angebot von anderen abzuheben und gegeniiber der Konkurrenz vorne zu Hegen. In der Summe soil dem Kunden das Gefiihl gegeben werden, mehr Nutzen zu erhalten als er an Kosten einsetzt, das heiBt unter dem Strich einen Nettowert mit nach Hause zu nehmen, den customer delivered value (Kotier 2000, S. 34£). Der Kundenwert, der die Grundlage fiir die Kaufentscheidung bildet, muss in der subjektiven Einschatzung des Kunden hoher sein als der des Wettbewerbers. Den Zuschlag bekommt derjenige, der beim value for money am besten abschneidet, also ein herausragendes Verhaltnis von Kosten imd Leistungen insgesamt bietet.
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Offnung von Kulturinstitutionen
Determinanten des realisierten Konsumentenwerts Customer delivered value 1
Total customer value
*
1
Total customer cost
t
t
Product value
Monetary cost
t
t
Services value
Time cost
t
t
Personnel value
Energy cost
t
t
Image value
Psychic cost
Abbildung 26: Determinanten des realisierten Konsumentenwerts
In diesem Ansatz werden die Kunden als Wertmaximierer ausgewiesen. Sie bilden eine Werterwartung und handeln danach, sofern es ihnen iin Rahmen der durch Suchkosten, begrenztes Wissen, Mobilitat und Einkommen gesetzten Grenzen moglich ist (Kotler 2000, S. 34). Abbildung 26 zeigt, mit welcher Differenziertheit das Wertesystem des Konsumenten aus Sicht der Anbieter angenommen wird. Auf den Seiten von Gesamtkosten und Gesamtnutzen {total customer cost und total customer value) stehen sich auch, aber eben nicht nur, die „typischen" GroBen wie der Preis (enthalten in den monetary cost) und die Qualitat (im product value) gegeniiber. Hinzu kommen die weniger sichtbaren, aber nicht minder wichtigen Elemente. Das sind • auf der Kostenseite: Der fiiir die Erlangung und Nutzung des Gutes oder der Leistung notwendige Einsatz von Zeit, von Energie (auch als Wegekosten) und die damit verbundene Miihe bzw. der Verarbeitungsaufwand {time, energy, psychic cosi); • auf der Nutzenseite: Der zum Produkt oder zur Leistung zusatzlich gebotene Service, etwa die begleitende Information, die Freundlichkeit und Kompetenz des Verkaufspersonals, das Image des zu erwerbenden Gegenstands oder der zu nutzenden Leistung {service, personnel, image value). Erst die Differenz aus beidem, den Gesamtkosten und den Gesamtnutzen ergibt den fiir die Konsximentscheidung relevanten, zu realisierenden Nettowert (Kotler 2000, S. 34). Aus der Werteanalyse oder auch Kosten-Nutzen-Bilanz des Individuums kann der Anbieter konstruktive Hinweise fiir die eigene Angebotsgestaltung ableiten.
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendting
Ausgedriickt in dem bekannten Schema der vier „P's" des Marketinginstrmnentatirnns geht es darum, dem Kunden hinsichtlich des Produktes, dessen Preis, Promotion und Platzierung das Gefiihl zu geben, mehr 2u bekommen, als er dafiiir aufgibt. Neben den bekannten Einflussfaktoren gewinnt auch scheinbar Nebensachliches an Bedeutung. So kann die Qualitat der Ausstellungsexponate (das Produkt) unangefochten, der Eintrittspreis akzeptabel sein. Aber moglicherweise sind das negative Image der Institution an sich, die mangelnde Auskunftsfreudigkeit des Personals sowie die Anstrengung der Verarbeitung bei nur wenig verstandlicher Information die Bremser im System. Die Kulturleistung kann aber nur dann sinnvoll erbracht werden, wenn der Konsument auch gewillt ist, sie anzunehmen. Das ist dann der Fall, wenn nach der Nettowertanalyse der zu erwartende realisierte Konsumentenwert positiv ist. Da aus dem Ansatz des Value Marketing Anbieter und Nachfrager gleichermaBen Vorteile schopfen konnen, scheint er gut geeignet zu sein, noch bestehende Vorbehalte zu relativieren und den Kulturinstitutionen die Angst vor marktonentiertem Denken zu nehmen. Doch welche Vorschlage sind dantit konkret verbunden, welche praktische Bedeutung hat dieses Konzept fiiir die Kulturarbeit vor Ort? Diese Frage wurde im Rahmen einer empirischen Studie an der Universitat Hohenheim fiir das Beispiel des Museumsmarketing gepriift (vgl. hier und im Folgenden Ammann 2001). Die Museen wurden als Untersuchungsbereich ausgewahlt, da sie eher zu einer organisationszentnerten Sichtweise neigen und ihr Angebot per se als wunschenswert zu betrachten scheinen, ohne auf weitere Nutzenkomponenten oder die Kostenseite einzugehen. Zudem sind sie, oder waren es zumindest in der Vergangenheit, auf eine bestimmte KHentel, namlich den interessierten, bildungsbeflissenen Besucher ausgerichtet und weniger darauf geeicht, neue Besuchergruppen zu erschlieBen. Das geUngt aber nur, wenn man weiB, weshalb die (Noch-)Nichtbesucher bisher fern blieben und welche Komponenten im Kosten-Nutzen-Vergleich den Ausschlag gegeben haben. In der Logik des Wertmarketings gesprochen: Offenbar waren die erwarteten Nutzen der Nichtbesucher zu gering und die empfundenen Kosten zu hoch, so dass ein negativer Nettowert vom Museumsbesuch abhielt. Als Konsequenz entsteht fiir das Museumsmarketing die Aufgabe, das Produkt Museumsbesuch in seiner ganzen Bandbreite auszuloten, um einerseits den unterschiedlichen Bediirfnissen des Publikums gerecht zu werden vmd andererseits die empfundenen Kosten zu relativieren. Aber wie groB ist das Interesse schon vorhandener und potenzieUer neuer Besucher an MaBnahmen, die das Value Marketing vorschlagt? Konnen daraus zielgruppenspezifische Strategien mit eitiem Leitfaden fiir die Starke- und Schwacheananalyse von Museen entwickelt werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der schnfdichen Befragung von 82 Probanden im Marz 2001. In der
Offnung von Kulturinstitutionen
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Mehrzahl wiirden geschlossene Fragen gestellt, das heiBt die Antwortkategorien waren vorgegeben. Sehr haufig warden sechstufige Skalen eingesetzt, die Endpole wiirden mit l=gar nicht und 6=sehr gekennzeichnet. Es handelte sich xim eine nach den Kriterien Geschlecht, Alter und Bildimg strukturierte Quotenstichprobe. Anlage und Umfang der Stichprobe las sen keine Generalisierungen zu, dennoch konnen einige wertvoUe Hinweise gewonnen werden. Anhand der durchschnittHchen Haufigkeit eines Museums- oder Ausstellungsbesuchs lassen sich die Befragten in drei Untergruppen einteilen. • Wenigbesucher sind hochstens einmal im Jahr im Museum. Ihr Anteil belauft sich auf 34 Prozent. Darunter sind aber nur drei Befragte, das sind rund vier Prozent aller Probanden, die angeben, nie ein Museiim zu betreten. • Gelegenheitsbesucher mit zwei- bis dreimaligem Besuch pro Jahr stellen mit 43 Prozent die haufigste Gruppe. • Vielbesucher sind mindestens viermal jahrlich im Museum zu sehen, ihr Anteil an den Befragten liegt bei 23 Prozent. Unabhangig von der Haufigkeit, mit der Museen frequentiert werden, konstatieren die Befragten, dass sie gern dorthin gehen. Auf der Beliebtheitsskala liegt der durchschnitdiche Wert bei 4,6. LedigHch 13,6 Prozent bringen mit Skalierungswerten von 1, 2 oder 3 zum Ausdruck, dass sie gar nicht gern, ungern bzw. weniger gern gehen. Ihnen stehen 86,4 Prozent gegeniiber, die mit 4, 5 oder 6 skalieren, also das Museum oder die Ausstellung gern, ziemlich gern oder sehr gern besuchen. Die am haufigsten genannten Anlasse, die fur einen Gang ins Museum sprechen, sind das Interesse an bestimmten Ausstellungen, der Urlaub oder der gemeinsame Besuch mit Gasten. Die von den Befragten empfimdenen Kosten und Nutzen bei der Inanspruchnahme der Kulturleistung wurden in einem ersten Schritt in Form von Griinden, die fiir oder gegen einen Museumsbesuch sprechen, ermittelt. Fiir aUe Befragten gilt, dass Zeit- und Geldkosten im Vordergrund stehen und negativ ins Gewicht fallen, wenn auch nicht immer gleich stark. Eine SkaHerung groBer als 1 heiBt aber in jedem Fall, dass der genannte Grund, der gegen einen Museumsbesuch spricht, eine Rolle spielt. Auf der Skala von 1 bis 6 (1 =trifft gar nicht zu, 6=trifft sehr zu) schlagen der Zeitmangel mit 3,5 und die monetare Belastung mit 2,2 zuBuche. Aber auch Kostenfaktoren aus den Kategorien Eiasatz-ZEnergiekosten imd psychische Kosten werden genannt, etwa die schlechte Verkehrsanbindung (2,0), die Uberfiillimg (2,7), dass man sich fehl am Platz fiihle (1,8) oder dass Freunde und Bekannte nicht hingingen (1,6). Der empfundene Nutzen bzw. die Griinde, die fiir einen Museumsbesuch sprechen, spiegeki zunachst die klassischen Erwartungswerte wider, die im Durchschnitt auch als zutreffend empfunden werden. Der Aufenthalt im Museum wird mit Information
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
(4,9), Bildung (4,4) und innerer Befriedigung (3,1) imtermauert, aber auch mit Unterhaltung (3,4) und Erholung (3,0) assoziiert. Diese Nutzenarten entsprechen dem typischen Produktwert der Museiimsleistimg. Dariiber hinaus werden aber auch die Imagewerte der touristischen Attraktion mit 3,4 und das Mttreden konnen mit 2,7 veranschlagt. Das siad die Pro und Contra des aktuell erlebten Kosten-NutzenVergleichs. Die Vorschlage der Befragten zur Verbesserung dieser Bilanz siad noch weitreichender und bestatigen das differenzierte Vorgehen im Ansatz des Value Marketing. Die Befragungsteilnehmer befiirworten eine Aufwertung der ihnen gebotenen Leistung und pladieren fur ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhaltnis. Oftmals siad es scheinbare Kleinigkeiten, die Bedingungen am Rande, die das Erlebnis und den Kunstgenuss erst komplett machen. Eine den Probanden vorgelegte liste von 24 Verbesserungsvorschlagen wurde in ihrer Gesamtheit stark befiirwortet. Dezidiert sprechen sich die Befragten gegen die puristische Auffassung aus, dass bei einem Museumsbesuch ausschHeBHch die ausgestellten Werke interessierten, aber das „Drumherum" egal sei. Auf der Skala von l=stimme gar nicht zu bis 6=stinime voU zu wurde diese Ansicht mit 2,2 gewichtet, also tendenziell abgelehnt. Andere Pimkte fanden dagegen breite Zustimmung mit durchschnittlichen Gewichtungen von rund 4 und mehr Skalierungswerten. Abbildung 27 zeigt, wie sich der Wert eines Museumsbesuchs steigern lieBe. Nutzenaufwertungen sind spezieU in den Kategorien Bildung und Information, Erlebnis und Erholung moglich. Nach Meinung der Befragten ist es insbesondere wichtig, dass die Museen verschiedene Fiihrungen anbieten. Sie sollten unterschiedliche Schwerpunkte setzen und eine differenzierte Informationstiefe anstreben, also beispielsweise auch fiir Kinder zugeschnitten sein (5,2). Passende Aufwertung des Museumsbesuchs Kostenrelativierung
Nutzenerhohung Bildungs- und Informationswert: - Schwerpunktfijhrungen 5,2 - Vortrage, Diskussionsrunden 4,3
Geldkosten: - dem Angebot angemessener Eintrittspreis - Preisdifferenzierung
4,6 3,9
Erlebniswert: - Live-Darbietungen - zusatzliches Kulturangebot
Zeitkosten: - groBzugige Offnungszeiten - individuelle Routenplane
5,0 4,7
Psychische Kosten: - Kinderbetreuung
4,4
Erholungswert: - Sitzgruppen - Museumscafe, -restaurant
4,4 4,4 4,7 4,0
Abbildung 27: Aufwertung des Museumsbesuchs
115
Offnung von Kulturinstitxitionen
Image von Kunstmuseen Konservativ
Progressiv
Langweilig
Spannend
Unterhaltend
Trocken
Wenig Vorwissen erfordernd
Viel Vorwissen erfordernd Popular Unverstandlich
Anregend
1 2
3
4
Mittelwerte der Haufigganger Mittelwerte der Wenigganger
Abbildung 28: Image von Kunstmuseen
Vortrage lond Diskussionsforen sollten die Ausstellungsthematik vertiefen (4,3). Als das Gesamtedebnis steigernde MaBnahmen werden Live-Darbietungen, etwa iiber das Entstehen eines Kxinstwerkes, oder erganzende, 2\ir Ausstellung passende Musik- oder Theatervorfuhrungen gewiiascht (jeweils 4,4). Dem Erholungs- und Unterhaltmigswert dienten Sitzgruppen in den Museen (4,7) sowie die Moglichkeit, ein Museimiscafe oder Museimisrestaurant aufzusuchen (4,0). Eintrittspreise wiirden dann besser akzeptiert, wenn sie als angemessen im Verhaltnis zum Angebot empfimden werden (4,6). Die Idee der Preisdifferenzierimg wird begriiBt, beispielsweise dass der Eiatritt morgens imd an Werktagen giinstiger ist als abends und an Sonn- und Feiertagen (3,9). AuBerdem wiinschen sich die Museumsbesucher groBziigige Offiiungszeiten, vor aUem abends und am Wochenende (5,0), sowie die Moglichkeit fiir einen eigenen, zum iadividuellen Zeitrahmen passenden Routenplan durch das Museum (4,7). Sie mochten damit selbst entscheiden, auf welche Art und Weise und wie detaiUiert sie sich im Museum informieren wollen. SchlieBHch wiirden die Besucher die Moglichkeit schatzen, dass die Kinder wahrend des Museumsbesuchs der Eltern beschaftigt und beaufsichtigt werden (4,4). In der Summe erstaunt, wie pragmatisch und konstruktiv die Befragten an die Leistung Museumsbesuch herangehen. In ihren Skalierungen leben sie vor, was der Ansatz des Value Marketing bezweckt: In einem differenzierten Leistungsgefiiige dem Kunden einen Nettowert zu geben, der ihn an das Angebot des eigenen Hauses biadet. Diese Strategie ist einfacher umzusetzen, sofern die Kunden bereits Erfahrungen gesammelt haben. Bei den Nicht- oder Wenigbesuchern sindBarrieren grundsatzlicher Art zu iiberwinden. Ihre Ablehnung ist fiindamentaler, aber gleichzeitig auch
116
Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
diffuser. Ausdruck fiir das generelle Unbehagen, das dieses Segment im Vergleich 2u den Haufiggangern empfindet, liefert das in Abbildung 28 am Beispiel des Kunstmuseums gezeigte Polaritatsprofil. In den Gegenpolen von kontraten Aussagen wie: Ein Museumsbesuch ist langweilig oder spannend, iinterhaltend oder trocken, anregend oder ermiidend, tteten in der Mehrzahl der Falle signifikante, das heiBt im statistischen Sinne mehr als zufallige Unterschiede zwischen beiden Gruppen auf. Mit anderen Worten: Die Wenigganger empfinden massive Vorbehalte und assoziieren mit einem Museumsbesuch eher negative Konsequenzen. Sie erwarten offenbar das Gegenteil einer anregenden Unterhaltung. Fiir eine tiefer greifende, die Ursachen dieser Abneigung erforschende Analyse sind weitere Erhebungen notwendig, die den Kunstkonsumenten in den Mttelpunkt stellen. Dies ist auch geschehen und wird anhand von Befragungen vorhandener und potenzieller Besucher Stuttgarter Museen vorgestellt werden (vgl. 5.2.2).
5.1.2 Museumsshops Der gewerbsmaBige, gewinnorientierte Vertrieb von Waren in Museen ist keine Erfindung unserer Zeit. Schon 1908, also vor rund 100 Jahren, wurde als eine der beruhmtesten Institutionen seiner Art der Museumsshop des Metropolitan Museum of Art in New York eroffnet. Viele andere Museen folgten diesem Vorbild, wohl wissend, dass in der offentUchen Diskussion auch deutliche Kritik an der als unangemessen gebrandmarkten Verbindung von Kunst und Kommerz geauBert wurde. Diesen kritischen Stimmen zum Trotz war die Offnung der Museen gegeniiber marktmaBigen Elementen nicht mehr aufzuhalten. Praktisch jedes Museum der Gegenwart versucht, in der einen oder anderen Form, Kunden in ihre Shops zu bringen und sich durch den Verkauf von Dingen wie Ausstellungskatalogen, Postkarten, Postern oder Repliken von Kunstgegenstanden zusatzUche Einnahmen zu verschaffen (vgl. Hiitter 1999; Siebenmorgen 1999; Leupold 1994). Eine neue Dimension des Handels mit Museximsartikeln stellt dabei der Vertrieb iiber das Internet dar. Die Onlineshops der Museen versprechen weitere Umsatze, die den originaren Museumsauftrag des Forschens, Bewahrens, Sammelns und Ausstellens stiitzen konnen. Doch wie steht es um die Akzeptanz von Museumsladen aus Sicht der Nutzer? Befiiirworten Museumsbesucher die Einrichtung eines Museumsshops, und wenn ja, in welcher Form, welche Produkte wiinschen sie zu erwerben, in welcher Art und Ausstattung stellen sie sich einen besucherfreundlichen Shop vor? Und nicht zuletzt: Wo liegen die Grenzen einer Offnung der Museen gegeniiber dem Kommerz aus Sicht der Museumsganger?
Offniing von Kulturinstitutionen
117
Diese und weitere Fragen standen im Zentnim unterschiedlicher empirischer Erhebungen liber Museumsshops an der Universitat Hohenheim. In der ersten Riinde ging es schwerpunktmaBig um die Kunstkonsumenten. Sie wurden kn Sommer 2002 eingehend 2u dieser Thematik befragt (vgl. hier und im Folgenden Holly 2002). Basierend auf dem Fishbein xind Ajzen-Ansatz der Theorie des durchdachten Handelns respektive der Theorie des geplanten Verhaltens (vgl. 4.2.1) ging es zunachst darum, die mit Museiimsshops assoziietten Vor- und Nachteile aus Sicht der Kunden herauszufiltern. Eine Stichprobe von 46 Personen wurde sowohl nach ihren Eindriicken iiber existierende Shops als auch nach ihren damit verkniipften, personlidi empfiindenen Uberzeugungen befragt. Die Liste dieser Beliefs war die Grundlage fiir die zweite Befragungswelle. Sie wurde einer anderen Stichprobe von 110 Probanden zur Gewichtung nach subjektiver Auftretenswahrscheinlichkeit und Wertschatzung je Uberzeugung vorgelegt. AuBerdem wurden Fragen nach dem bevorzugten Angebot und der gewiinschten Ausstattung der Museumsshops gestellt. Die Ergebnisse zeichnen ein Bild des idealen Museumsshops aus Verbrauchersicht. Auf einer sechsstufigen Skala klassifizierten 70 Prozent der Befragten die Wichtigkeit von Museumsshops in Form der drei oberen Skalenwerte. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in der Skalierung der Uberzeugungen wider. Die empfundene Wahrscheinlichkeit wurde auf einer unipolaren Skala von 0=gar nicht bis 6=sehr erfasst, die einhergehende Wertschatzung auf einer bipolaren Skala von -3=sehr schlecht bis +3=sehr gut. Das bedeutet, dass das Produkt pro Belief im Extrem mit - 1 8 oder +18 zu Buche schlagen kann. Abbildimgen 29 und 30 zeigen die Mittelwerte der zehn bedeutsamsten Beliefs. Sie sind bei den Vorteilen im Schnitt hoher als bei den Nachteilen. Das heiBt, dass die positiven im Verhaltnis zu den negativen Konsequenzen als wahrscheinlicher und bedeutsamer von den Befragten eingestuft werden. Besonders positiv schlagt zu Buch, dass man nach dem AussteUungsbesuch mit Kunstbetrachtung aus der Distanz nunmehr Kunst anfassen und nach Hause mitnehmen kann (10,1). Fast ebenso hoch werden das erganzende Informationsmaterial geschatzt (9,9), der zusatzliche Anreiz, wiederzukommen (8,1) sowie die Hilfe fiir das eigene Kunstverstandnis (7,9). Aber auch der soziale Nutzen, die Moglichkeit, einen Beitrag zur Finanzierung und letztlich zum Erhalt des Museums zu leisten, wird fiir wahrscheinlich gehalten und begriiBt (7,6) (vgl. Abbildung 29). Bei den empfundenen Nachteilen von Museumsshops geht es im Wesentlichen um den unter Umstanden moglichen und imerwiinschten Gesamteindruck der Kommerzialisierung. Er kame aber nur dann in Betracht, wenn der Museumsladen unsachgemaB bestiickt wiirde. Bei unpassendem Angebot wiirden die Museen selbst
118
Kulturokonomische Analyse in der Anwendimg
Vorteile von Museumsshops
Vorteile: 1. 2. 3. 4. 5.
Man kann Kunst anfassen und mitnehmen Zusatzliches Informationsmaterial verstarkt den Eindruck Anregung zu weiteren Museumsbesuchen Hilfe fijr das Kunstverstandnis Extra-Einnahme fur das Museum
10,1 9,9 8,1 7,9 7,6
Abbildung 29: Vorteile von Museumsshops
Nachteile von Museumsshops
Nachteile: 1. Prestigeverlust bei unpassendem Angebot 2. Ausstellungen werden am Verkaufserfolg orientiert 3. Kommerzialisierungstendenzen und Herabwurdigung von Kunst 4. Nimmt Zeit und lenkt von der Ausstellung ab 5. Man fuhit sich verpflichtet zu kaufen
X -6,8 ^,6 -3,0 -2,3 -1,7
Abbildung 30: Nachteile von Museumsshops
an Reputation verlieren (-6,8). Zudem wird eine Ausstellungspolitik befiiirchtet, die sich von vornherein am Verkaufserfolg im Museximsladen orientieren konnte (-4,6). Ein Herabwiirdigen der Kunst (—3,0), die eigene Ablenkung (—2,3) imd das Gefiihl, etwas kaufen zu miissen (-1,7), sind weitere Nachteile, die aber alle im Schnitt schwacher wiegen als die Vorteile (vgl. Abbildung 30). GemaB dem Fishbein und Ajzen-Ansatz ergibt die Summe der Produkte aus subjektiver Auftretenswahrscheinlichkeit und Wertschatzung die Einstellung zum Einstellungsgegenstand, in diesem Fall dem Museums shop. Es zeigte sich, dass die Befragten unserer Erhebung in ihrer groBen Mehrheit positiv gegeniiber Museumsshops eingestellt sind. LedigHch sechs Personen, entsprechend einem Anteil von 5,5 Prozent, haben eine negative Haltung. Weitere 16 Prozent sind eher verhalten positiv, bei aUen iibrigen Befragten, das sind mit 78,5 Prozent gut Dreiviertel der Stichprobe, wurde eine positive Einstellung ermittelt. Diese Ergebnisse untermauern das Potenzial, das in Museumsshops steckt (Gottschalk und HoUy 2002). Vorausgesetzt, die Einnahmen kamen dem Museumsetat uneingeschrankt zugute und waren dem Zugtiff des Fiskus entzogen, dann konnten die Museen einen Teil ihrer finanziellen Sorgen abarbeiten und gleichzeitig
119
Offnung von Kulturinstitutionen
Bevorzugtes Angebot im Museumsshop
Produktkategorie
Durchschnittliche Zustimmung
Ausstellungskataloge
100%
Museumsbezogene Produkte
90%
Gedrucktes Material
88%
Repliken, Skulpturen
72%
Geschenke
34%
Dekorative Artikel
19%
Abbildung 31: Bevorzugtes Angebot im Museumsshop
ihren Kunden etwas Gutes tun. Doch gibt es Grenzen, die einzxihalten sind. Musemnsbesucher haben klare Vorstellungen iiber das Angebot und die Ausstattimg des Museximsladens. Jedes Zuviel wird als unpassend empfxmden. Gewiinscht wird ein Angebot, das sich stark am Prodixkt Museumsleistung orientiert und nicht in ein reines Souvenirgeschaft ausartet. Abbildung 31 zeigt eine liste bevorzugter Artikel. Von alien Befragten werden Ausstellungskataloge im Shop erwartet und gewiinscht. Ahnlich hoch ist die Zustimmung fur die typischen Artikel wie Postkarten und Poster, aber auch fiiir Produkte, die die Corporate Identity des Hauses widerspiegeln, beispielsweise Kalender oder Notizblocke mit dem Museumslogo. Auch Repliken aus der Museumskunst werden mit einer Zustimmung von 72 Prozent hoch gewichtet. Deutlich weniger bevorzugt werden reine Geschenkartikel und dekorative Stiicke. Doch auch hier hat ein Teil der Befragten Zustimmung signalisiert, so dass ein, wenn auch schmales, potenzielles Abnehmersegment vorhanden ware. Das Ambiente, in dem die Kaufer dieses Angebot gern finden mochten, ist eindeutig am gehobenen Image eines Kunstmuseums orientiert. Den Stil eines Kaufhauses oder gar Supermarktes wiinschen sie nicht. Im Vordergrund steht vielmehr, dass die Ware im Einklang mit der Wiirde eines Museums stehen muss. Das heiBt jedoch nicht, dass man nicht gern hoflich bedient und in freundHcher, sympathischer Atmosphare einkaufen mochte. Das Potenzial von Museumsshops ist durch die Moglichkeiten des OnlineVerkaufs noch in eine neue Dimension geriickt. AUerdings ist diese Art der Offnung noch nicht bei aUen Museen angekommen. Grundlage dieser Aussage ist eine 2002 durchgefiihrte Inhaltsanalyse des Internetauftritts einer Stichprobe von 146 Museen in Deutschland (vgl. hier und im Folgenden Kratzert 2002). Die 24 groBen Museen mit mehr als 500.000 Besuchern
120
Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
pro Jahr warden komplett erfasst. Von den mittleren imd kleineren Museen mit jahrUchen Besucherzahlen von 100.000 bis 500.000 respektive 50.000 bis 100.000 wurden jeweils 30 Prozent von den pro Klasse groBten Museen beriicksichtigt. Bei der Untersuchimg stand zimachst die Frage nach dem Vorhandensein einer Homepage im Vordergrimd. Gleichzeitig ging es um eine Bewertung der Verbraucherfreundlichkeit der angebotenen Information. Die Ergebnisse zeigen ein gemischtes Bild mit teilweise hohem Verbesserungspotenzial. In 95 Prozent der untersuchten FaUe ist eine Homepage vorhanden. Bei den groBen Museen ist dieses Kriterium erwartungsgemaB zu 100 Prozent erfiiUt. Die AktuaHtat und Pflege des Internetauftritts lasst aber zu wiinschen iibrig. Bei ledigHch 15 Prozent aller Museen war eine Aktualisierung in den letzten drei Monaten vorgenommen worden. Diese Quote liegt mit 39 Prozent zwar hoher bei den groBen Museen, ist aber hier wie dort immer noch zu gering. Die groBe Mehrheit der Museen scheint diese Pflege offenbar nicht fiir notig zu halten. In diesem Zusammenhang gilt die Beziehung: Je kleiner das Museum, desto weniger wird auf die Aktualisierung der Homepage geachtet. In der Gruppe der mittieren Museen sind es 14 Prozent, bei den kleinen Museen nur noch 8 Prozent. Die Stichprobe schrumpft gewaltig, wenn es um das Kriterium Museumsshop geht. Bei 62 Museen, das entspricht einem Anteil von 43 Prozent der Gesamtstichprobe, ist ein Hinweis auf einen Museumsshop vorhanden. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass es sich um einen Shop mit der Moglichkeit zu Online-Bestellungen handeln muss. Nach diesem Kriterium reduziert sich die zu untersuchende Auswahl noch einmal. SchlieBlich blieben 38 Museen, das sind 26 Prozent aus der Gesamtstichprobe, iibrig. Sie wurden einem spezieUen Analyseverfahren hinsichtlich der Verbraucherfreundlichkeit ihres Internetangebots unterzogen. Dabei spielten Kritenen der Ubersichtlichkeit und Bequemlichkeit, aber auch die ErfiiUung inhaltlicher Wiinsche eine Rolle. Findet der potenzielle Kunde das, was er sucht? Bekommt er, was er haben mochte? Wie schnell kommt er ans Ziel? Dariiber hinaus hat der Gesetzgeber mit den neuen Paragraphen 312f£ des Biirgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmte Auflagen zur Erhohung der Transparenz des Kaufers bei Kaufen im Internet gemacht. Dazu gehoren unter anderem die Verpflichtung, Hinweise auf Widerrufs- und Riicktrittsrechte zu geben und dem Kunden den verbindlichen Endpreis jederzeit ersichtlich zu machen. Dabei ist es insbesondere wichtig, dass der Besteller ohne Schwierigkeiten erkennt, was an eventuellen Zuschlagen, Gebiihren und Kosten fiir Porto und Verpackung zum Warenpreis hinzuaddiert werden muss. Auch hinsichtlich der ErfiiUung dieser gesetzlichen Vorschriften lief bei den von uns untersuchten Museen noch nicht alles glatt. Die Bekanntgabe allgemeiner Geschaftsbedingungen erfolgte lediglich in 16 Prozent der Falle. Der notwendige
Der Kulturkonsument im Fokus
121
Hinweis auf den Datenschutz wurde sogar irnr bei 13 Prozent der Museen beachtet. Zwar darf man hier eher Nichtwissen als bose Absicht unterstellen, dennoch muss dieser Mangel fraglos abgeschafft werden. Auch die anfallenden Kosten fiir Porto und Verpackung blieben bei mehr als der Halfte der Stichprobe im Dunkeln. Lediglich 42 Prozent fiiihrten diese Zusatzkosten auf. In diesem Punkt waren insbesondere die kleinen Museen nachlassig. In der unteren Klasse verweigerten mehr als Zweidrittel der Museen, die einen Internetshop haben, ihren Kunden die Klarheit iiber die insgesamt anfallenden Kosten. Diese VerstoBe miissen eindeutig beseitigt werden. Aber auch in Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit gibt es noch Einiges zu tun. Die Suche nach bestimmten Kaufwiinschen, etwa einem speziellen Ausstellungskatalog, kann mit Hilfe einer Suchmaske erleichtert werden. Sie ist aber nur in 16 Prozent der untersuchten Museen mit Internetshops vorhanden. Will man mehrere Artikel kaufen, so bietet sich ein virtueller Einkaufskorb an, der die Einkaufe biindelt und das Volumen auf einen BUck transparent macht. Dies geschieht aber nur in 21 Prozent der Falle. Fiir die eigene Planung der Einkaufe ist es wichtig. Information liber den Zeitpunkt der Lieferimg zu erhalten. Dies war aber nur bei 13 Prozent der Museen gegeben. In keinem Fall war ersichtlich, ob eine Bestatigung der BesteUung erfolgen wiirde. Diese gehort aber zum guten Ton der Kommunikation zwischen Anbietern imd Abnehmern. Unsere Analyse zeigte, dass die virtuellen Shops in Museen zum Wohle beider Seiten der Marktteilnehmer ausbaubediirftig sind. Seitdem sind aber wieder einige Jahre vergangen. Es bleibt einer Nachfolgestudie vorbehalten, zu priifen, inwieweit die aufgezeigten Defizite zwischenzeitUch abgebaut werden konnten.
5.2 Der Kulturkonsument im Fokus 5.2.1 Wunsche von Kon^rt- und Theaterhesuchern Die Offnung der Kulturinstitutionen gegeniiber marktmaBigen Elementen verlangt, den Kulturkonsumenten in den Mittelpunkt zu stellen. Die Wunsche des bereits vorhandenen Publikums, aber auch die Vorstellungen der noch zu erschlieBenden Kunden werden zur Richtschnur des Planens und Handelns. Die Besucherforschung riickt ins Zentriim der Aufmerksamkeit (vgl. Locher und Stemmler 1998; Klein 2001, S. 119ff.). Wie man vorgehen kann, um Kundenwiinsche im Kulturbereich zu ermitteln, zeigen die folgenden, in den Jahren 1996 und 1997 an der Universitat Hohenheim durchgefiihrten Publikumsbefragungen. In der ersten Erhebung geht es um die
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
Besucher von Konzerten der Internationalen Bachakademie Stuttgart (TEA) (vgl. hier und itn Folgenden Grego 1996). Die Wurzeln der Internationalen Bachakademie wurden 1965 gelegt. Helmut Rilling, noch heute deren kiinstlerischer Leiter, griindete in diesem Jahr das BachCollegium als standigen instrumentalen Partner fiir die ebenfalls von RilUng bereits elf Jahre zuvor gegriindete Gachinger Kantorei. Im Laufe der Jahre wurden nicht nur Konzerte gegeben, sondern auch Kurse und Seminare abgehalten und Festivals veranstaltet. Im Jahr 1981 wurde schHeBlich die Internationale Bachakademie Stuttgart ins Leben gerufen. Sie ist Tragerin der beiden Ensembles Gachinger Kantorei und Bach-Collegium Stuttgart, deren Konzerte von ihr organisiert werden. Zudem betreibt sie Bach-Forschung und vermittelt die Erkenntnisse im Rahmen von Bach-Akademien. Die Rechtsform der Internationalen Bachakademie als Stiftung biirgerlichen Rechts, deren Finanzierungskonzept mit offentlichen und privaten Elementen sowie die personliche Ansprache und Mitwirkung des PubHkums in Gesprachskonzerten vind Kantatengottesdiensten konnen als wesentliche Erfolgsfaktoren bezeichnet werden. Aber auch Gutes kann man noch besser machen, wenn aus Kundensicht Wiinsche offen bleiben, die noch erganzender MaBnahmen bediirfen. Unter diesem Blickwinkel wollten wir wissen, was die Besucher der Bachakademie denken. Stehen sie hinter der Einrichtung und deren kiinsdeiischem und finanzieUem Konzept, sehen sie Verbesserimgspotenzial, und wenn ja, in welchem Bereich? Antworten auf diese Fragen wurden in der Erhebung von zwei Teilstichproben gesucht. Die erste konstitmerte sich aus den Teilnehmern eines Kantatenwochenendes, die zweite aus Besuchern eines Abonnementkonzertes, beide zu Beginn des Jahres 1996. Von 250 verteilten Fragebogen wurden insgesamt 119 zuriickgegeben und ausgewertet, das entspricht einer vergleichsweise hohen Riicklaufquote von 57 Prozent. Sie zeigt bereits ein iiberdurchschnittHch hohes Interesse an der Bachakademie. Unter den Teilnehmern der Umfrage waren iiberproportional viel Frauen (63 Prozent), Altere (Durchschnittsalter 50 Jahre), Befragte mit hoherer Schulbildung (67 Prozent mit Abitur) sowie Angehorige der evangelischen Kirche (69 Prozent). Letzteres mag als Spezifikum des Schwerpunktes in der Musik von Johann Sebastian Bach, dem evangelischen Kantor und Komponisten, gedeutet werden. Die Auspragungen der drei ersten Kriterien zeichnen dagegen ein typisches Bild vom Besucher gehobener Kultur: Tendenziell alter, hoher gebildet und im Zuge des sen auch besser verdienend. Dank hoherer Lebenserwartung und einem Mehr an Freizeit sind Frauen eher in der Lage als Manner, Kulturleistungen in Anspruch zu nehmen.
123
Der Kulturkonsument im Fokus
Aniiegen an einem Konzertbesuch Trim...
nicht zu 1 2
3
voll zu 5
4
/
Genuss
/ / /
GlucksgefiJhle Bildung Horizonterweiterung
X
4,5 4,3 3,8 3,8
Entspannung
3,4
Neugierde
3,3
Erholung
'
3,2
Abbildung 32: Aniiegen an einem Konzertbesuch
Wie nicht anders zu erwarten, sind die Kiinden der Internationalen Bachakademie liberdurchschnittlich an Musik interessiert. Bei einer Einstufung des Musikinteresses auf einer Skala von l=trifft nicht zu bis 5=trifft voll zu werden die Werte 5 (65 Prozent) und 4 (28 Prozent) von mehr als 90 Prozent der Befragten angekreuzt. Als Anlasse fur den Konzertbesuch werden in erster Linie das Stiick, der Komponist, das Ensemble und dessen Dirigent genannt. Aber auch die Atmosphare (durchschnittlicher Skalierungswert 2,7) und das „Leute treffen" (1,6) spielen eine Rolle, wenn auch nicht so stark. Als eigentliches Aniiegen, das ein Konzertbesuch erfiiillen sollte, wird besonders stark der damit verbundene Genuss betont (4,5), ahnlich auch das einher gehende Gliicksgefuhl (4,3). Mit dem Aspekt der Bildung wird insbesondere die Moglichkeit, den eigenen Horizont zu erweitern, hervorgehoben (3,8). Zutreffend, wenngleich im Mittel jeweils schwacher, sind aus Sicht der Befragten auch die Moglichkeit der Entspannung (3,4), die Befriedigung von Neugierde (3,3) sowie der Erholungswert (3,2) (vgl. AbbHdung 32). Die Internationale Bachakademie hat das Gliick, liber ein loyales Publikum zu verfiigen, das hauiig in die angebotenen Veranstaltungen geht. Im Schnitt werden 18 Konzerte pro Jahr besucht, das heiBt, es handelt sich um Vielganger. Wenn es Griinde gibt, die vom Besuch abhalten, dann sind sie zum einen privater, iinabanderHcher Art, etwa der Zeitmangel (3,0) oder ein nicht passender Konzerttermin (2,1). Es gibt aber zum anderen auch Griinde, die durch Umorganisation abgeschwacht werden konnten. Die Nichtverfugbarkeit von Karten (2,3) und der Anfahrtweg (2,0) kommen dafiir noch weniger in Betracht, da die GroBe und Lage von Konzertsalen nun einmal begrenzt und wenig disponibel sind. Die Vorbehalte gegeniiber der Umstandlichkeit des Besorgens der Karten (2,2) und die Verfugbarkeit von Parkplatzen (2,0) konnten
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Kultxirokonomische Analyse in der Anwendimg
jedoch durch GegenmaBnahmen wie den Ausbau telefonischer Bestellmoglichkeiten oder einen personlichen Parkservice eingedammt werden. Interessant ist, dass die Besucher voll hinter dem gemischt privat-offendichen Finanzierungskonzept stehen und die Tatigkeit von Sponsoren ausdriicklich begriiBen. Die Forderung durch Sponsoren wird im Mittel von 4,6 als gnindsatzlich positiv und mit 4,5 als sinnvolle Erganzung der offendichen Hand eingestuft. Fast die Halfte der Befragten schatzen den Wert der Sponsorenschaft so hoch ein, dass sie geneigt waren, bewusst Produkte von den Unternehmen zu erwerben, die sich fiiir die Kultur engagieren. Wahrend es bei dem Publikum der Internationalen Bachakademie kaum noch schwer wiegende, unerfiiillte Wiinsche zu geben scheint, gibt es in der Gruppe von eher jungen Theaterbesuchern noch mehr zu tun. Grundlage fiiir dieses Ergebnis ist eine Befragung von Besuchern des Theaters „Ranipe im Zahnradbahnhof e.V." in Stuttgart, gemeinhin als „Die Rampe" bezeichnet (vgl. hier und im Folgenden Wiinsch 1998). Sie wurde Mitte der achtziger Jahre als Studententheater gegriindet und wird ab 1991 aus dem Kulturetat der Stadt Stuttgart und vom Land BadenWiirttemberg offentlich bezuschusst. Die Rampe versteht sich als Avantgardetheater, bei dem zeitgenossische Auffuhrungen im Vordergrund stehen. Sie fasst je nach Bestuhlung bis zu 260 Besucher. Grundlage fur die Strukturierung des Fragebogens war wiederum das schon dargelegte Verhaltensintentionsmodell von Fishbein und Ajzen (vgl. 4.2.1). In der Vorerhebung im Herbst 1997 wurden 28 Befragungspersonen nach ihren verschiedenen Uberzeugungen, die sie mit einem Theaterbesuch verkniipfen, in Form von offenen Fragen interview!. Die Ergebnisse dieser ersten Runde dienten der Kategorienbildung und Fertigstellung des Fragebogens mit primar geschlossenen Fragen in der Haupterhebung zwei Monate spater. Insgesamt wurden 162 Personen um Teilnahme gebeten, darunter 45 Personen (35 Prozent), die angaben, lediglich alle zwei Jahre oder weniger ins Theater zu gehen. Dieses Segment wurde als Nicht-Theaterganger klassifiziert. Die restlichen 106 Befragten (65 Prozent) sind Theaterganger mit Theaterbesuchen von ein- bis zweimal im Jahr imd ofter. Diese Zweiteilung der Stichprobe wurde in der Vermutung vorgenommen, dass sich beide Gruppen in ihren Bediirfnissen gegeniiber dem Theaterangebot unterscheiden. An genau diesen Unterschieden miissten die Theatermacher aber ansetzen, um ihr Angebot fiir alle Besucherschichten attraktiver machen zu konnen. Im EinzeLaen ging es um. die Fragen: Welche Wiinsche haben Theaterganger, welche die Nichtganger, inwieweit gibt es substanzielle Unterschiede? Konnen organisatorische MaBnahmen dazu beitragen, die Bekanntheit zu erhohen und den Auslastungsgrad zu verbessern?
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Der Kulturkonsument im Fokus
Vorteile des Theaterbesuchs Theaterganger X
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Anregung zum Nachdenken Forderung der kulturellen Allgemeinbildung Hohe Unterhaltungswert Individueller als Kino Genuss eines besonderen Ambientes Live und mit direktem Kontakt zu den Scliauspielern Moglichkeit sich mit Freunden zu treffen Moglicinkeit zum Ausstieg aus der Realitat
Nichtganger X
11,5 10,5
8,2 8,3
9,5 9,0 8,3 7,5
7,8 6,5 1,8 6,5
7,0
5,5
5,9
4,3
Abbildimg 33: Vorteile des Theaterbesuchs
Die Stichprobe spiegelt insgesamt ein jiingeres Publikum von durchschnittlich 35 Jahren wider. Die Singles dominieren mit 75 Prozent. Ansonsten entspricht die Verteilimg der demographischen Variablen derjerdgen von typischen Kulturbesuchem: Verstarkt mit hoherem Bildungsabschluss (iiber 80 Prozent mit Abitur) und mehr Frauen als Manner (56 Prozent weiblich). Die Gewichtungen der Vor- und Naditeile eines Theaterbesuchs nach Wahrscheinlichkeit und Bewertung bestimmen in ihrer Summe nicht nur die Einstellung zum Theater. Sie geben audi detaiUiert Auskunft dariiber, warum die Einstellung und in Folge die Verhaltensdisposition eher positiv oder eher negativ ist, und ob etwas geschehen kann, die Leute zu beeinflussen. Man kann sozusagen in die Kopfe der Mensdien blicken imd erkennen, welche Bewertungen den Ausschlag fiir ihre Haltung in die eine oder andere Richtung geben. Was aber bewegt diejenigen, die viel ins Theater gehen, und was unterscheidet sie von der Gruppe, die eher fern bleibt? Abbildungen 33 und 34 zeigen die Gewichtungen der Vorteile imd der Nachteile in beiden Gruppen. Angezeigt werden die jeweiligen Mittelwerte. Sie konnen im Hochstfall 18 betragen, wenn namlich die Wahrscheinlichkeit auf der unipolaren Skala von 0 bis 6 als sehr hoch und das Ergebnis auf der bipolaren Skala von - 3 bis +3 als sehr gut angesehen wird. Das negative Extrem der Bewertung liegt bei - 1 8 , bei hochstmogHcher Wahrscheinlichkeit von 6 und einer sehr schlechten Einstufung von —3. Sowohl bei den Vorteilen als auch bei den Nachteilen unterscheiden sich die Bewertungen der Theaterganger von denen der Nichtganger auf einen Blick. Beide Gruppen ergreifen starker Partei. Die Theaterbesucher gewichten alle Vorteile, die Nichtbesucher alle Nachteile starker als die jeweils andere Gruppe. Die sich in Form der durchschnittlichen Gewichtung ergebenden Rangplatze weichen dagegen kaum
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
Nachteile des Theaterbesuchs
Theaterganger 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Langer Anfahrtsweg und ungunstige Parkplatzsituation Enttauschendes Programmangebot Umstandliche Kostenvorbestellung Unzureichende Information uber Stuck Teurer als andere Freizeitaktivitaten Zeitaufwandig Zu elitar und intellektuell Mit anstrengender Kleiderordnung verbunden
Nichtganger
X
X
-6,2
-8,8
-4,5 -4,4 -3,7 -3,7 -2,6 -2,5 -1,8
-7,5 -7,2 -6,4 -5,7 -6,1 -5,7 -4J
Abbildung 34: Nachteile des Theaterbesuchs
voneinander ab. Mit anderen Worten: Die Beurteilung ist gar nicht fundamental unterschiedlich, aber die empfundene Bedeutung ist eine andere. Als Spitzenreiter unter den Vorteilen werden in beiden Segmenten das Anregen zum Nachdenken xind die Forderung der kulturellen Allgemeinbildimg, aber auch der Unterhaltungswert, die Individualitat und das besondere Ambiente hervorgehoben. Aber wahrend bei den Theatergangern das durch die Kiilturveranstaltung induzierte Nachdenken als ziemlich wahrscheinlich und gut bewertet wird (Mittelwert von 11,5), wird diese Konsequenz bei den Nichtgangern deutUch verhaltener erwartet und begriiBt (Mittelwert von 8,2). Auch iiber den positiven Effekt der individuellen Darbietung, der das Theater etwa vom Kino unterscheidet, sind die beiden Gruppen besonders uneins und werten im Mittel mit 9,0 beziehungsweise 6,5. Um mehr Besucher in die Theater zu locken, miisste genau an solchen Pxinkten angesetzt werden. Es muss gelingen, die Vorteile des Theaterbesuchs auf breiter Basis wahrscheinlich und wiinschenswert zu machen (vgl. Abbildung 33). Gleichzeitig ist es wichtig, die Nachteile, die auch die Theaterganger sehen, aber weniger stark ins Spiel kommen lassen, nach kalkulierter Auftretenswahrscheinlichkeit und negativem Empfinden insbesondere bei den Nichtgangern zu entscharfen. Die geauBerte Enttauschung iiber das Programmangebot mag bei den Theatergangern Substanz haben (Mittelwert von —4,5). Bei den Nichtgangern muss man sich dagegen fragen, ob sie beurteilen konnen, was sie nicht kennen (Mittelwert von —7,5). Ebenso konnte das Problem, dass ein Theaterbesuch als zeitaufwendig klassifiziert wird, Anlass zu der Vermutung geben, dass dieser Grund zumindest bei einem Teil der Befragten ein vorgeschobener Grund ist. Aber sei es wie es sei, in jedem Fall muss eine Werbung fiir den Theaterbesuch an diesen als negativ empfimdenen Konsequenzen ansetzen und versuchen, sie argumentativ abzuschwachen. Nur unter der Voraussetzung kann es gelingen, neue Segmente in die Theater zu bringen (vgl. Abbildung 34).
Der Kulturkonsument im Fokus
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5.2.2 Museen als Publikumseinrichtungen Ebenso wie die Theater, die Konzert- oder Opernhauser miissen auch die Museen den Spagat zwischen Bewahrung und Verbreitung ihrer Kiinstiichtung leisten. Es fallt nicht immer leicht, das eine Ziel mit dem anderen zu verbinden. • Das Bewahren von Kunst steht auch dafiiir, Werke zu sammeln, zu prasentieren oder zur Auffiiihrung zu bringen, die dem aktuellen Trend der Publikumsmeinung nicht zu entsprechen scheinen. • Die Pflicht zur Verbreitung bedeutet auf der anderen Seite, Uberzeugungsarbeit leisten zu miissen und es auf sich zu nehmen, sich dem Publikum verstandlich zu machen. Am Beispiel des Kunstmuseums stellt sich diese Situation wie folgt dar. Nach allgemein akzeptierter Definition des International Council on Museums (ICOM) sind Museen dauerhafte Einrichtungen im offentlichen In teres se, die dazu da sind, Kunstgegenstande zur Freude und Bildung der Offentlichkeit zu sammeln, zu erhalten, zu studieren und wissenschaftlich zu ergriinden und auszustellen (vgl. Yorke und Jones 1987, S. 25; Hendon 1979, S. 29). Die ausgesteUten Objekte werden als Mittel der Kommunikation verstanden, die allximfassende Funktion des Museums aus der Interaktion mit diversen Besuchern abgeleitet. Zu viel Offnung nach auBen und Orientierung am Markt konnte aber, so die kritischen Stimmen, die profunden Sammlungs- und Forschungsziele, insgesamt die berechtigten Anspriiche der anbietenden Museen gefahrden. Aus Sicht der Museumspraktiker wird die Frage gestellt, ob der Primat des Marketing zu einem ausschlieBlich auf die Gegenwart bezogenen Aktionismus fiihre (Dube vind Schauerte 1988,8.87). Doch das waren Ubersteigerungen, iim die es nicht geht. Der offentliche Auftrag der Kulturanbieter, der beispielsweise auch in der Heranfiihrung an neue, noch unbekannte Kunstrichtungen besteht, wird nicht bestritten. AUerdings kann nicht das Aufoktroyieren aus der Warte des Besserwissenden, sondern nur das Ringen um Vermittlung der geeignete MaBstab der Angebotspolitik sein. Kundenorientierimg anzustreben heiBt ja nicht, dem Besucher die alleinige Verfugungsgewalt zu iibertragen. Gerade in einem Bereich wie der Kunst, in dem der Einzelne ohne Umstande Bereitschaft zeigt, fachHche Kompetenz imd Autoritat anzuerkennen, bleiben diesbeziigliche Vorbehalte ohne Substanz. Die Besucher sollen weder die Exponate aussuchen noch die Ausstellungen konzipieren. Aber das, was ihnen dargeboten wird, sollen sie verstehen konnen, sie sollen sich daran erfreuen, ihren Horizont erweitern, kurzum sie sollen das von ihnen selbst gewiinschte Nutzenspektrum eines Kulturbesuchs bestmoglich erreichen konnen.
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
Marktforschimg ist eine Selbstverstandlichkeit fur Anbieter, die am Markt konkurrieren. Erfolgreich ist der, der die Konsmnentenwiinsche bestmoglich auslotet und sein Angebot entsprediend ausrichtet. Auch der Kulturanbieter ist Mitbewerber um die Gimst seiner Besucher. Das gilt itn Verhaltnis zu anderen kulturellen Ereignissen, aber auch zu alternativen Freizeitbeschaftigungen wie Sport und Unterhaltung, generell zu anderen Zeit- und Geldverwendungsrichtungen. Um so verwunderlicher erscheint es, dass die Wiinsche von Kunstkonsumenten bisher nur selten untersucht wurden. In einer finnischen Studie wurde das Image von Kunstmuseen durch Befragung von Besuchern erforscht (Uusitalo 1994). Die 487 Befragten stuften den asthetischen Genuss sowie die Moglichkeit, etwas iiber die eigene Kultur und sich selbst ebenso wie iiber Kunst und deren verschiedene Stile zu lernen als wichtigste Motive ihres Museumsbesuchs ein (Uusitalo 1994, S. 14). Die hohe Bedeutung der Lernfunktion zeigt, dass Museen als Orte der Selbstverwirklichung und Mittler zur Verbesserung der kulturellen Kompetenz begriffen werden. Nicht unwichtig, aber vergleichsweise weniger bedeutsam ist die Rolle der Museen als sozialer Treffpunkt. Keinesfalls erwarten die Besucher ein Ambiente, das mit dem eines Einkaufszentrums zu vergleichen ware. Materieller und immaterieller Konsum sollen offenbar nicht unzulassig miteiaander vermischt werden. Das allegorische Bild, das als zu einem Museum passend empfiinden wird, ist primar das eines Schlosses oder Palastes oder das einer Biicherei - als schone, wiirdevoUe xind lehrreiche Orte (Uusitalo 1994, S. 13). Kann man aber auch den Menschen einen Museumsbesuch schmackhaft machen, die nur bescheidene, teilweise sogar negative Erwartungen daran kniipfen? Theoretisch fallt die Antwort nicht schwer. Nicht- und Wenigganger konnen zu einem Besuch motiviert werden, sofern es gelingt, die sich in den Weg stellenden Barrieren und die empfundenen Nachteile oder Kosten abzubauen und die erhofften Vorteile, so wie sie sich der Einzekie wiinscht, zu erhohen. Dazu bedarf es einer Abwagung der Griinde, die aus subjektiver Sicht fiiir oder gegen das Museum sprechen. Im Rahmen einer derartigen Analyse kann sich schon der Eintrittspreis als Knock-out-Kriterium erweisen. Ob den tatsachlichen finanzieUen Umstanden entsprechend oder nicht: Von vielen Personen werden in der Tat primar finanzieUe Argumente geltend gemacht, die gegen den Kulturkonsum sprechen. In einer 1996 vorgenommenen Befragung von 86 Personen im Stuttgarter Raum woUten wir mehr iiber die Meiaung der Biirger zu Museumseintrittspreisen und zu ihren sonstigen Vorlieben ki Bezug auf ihren Museumsbesuch wissen. Einschrankend ist anzumerken, dass es sich um eine Gelegenheitsstichprobe mit iiberproportional viel jungen und gebildeten Teilnehmern handelte. Die Ergebnisse sind daher nur als Indizien in eine bestimmte Richtung zu deuten (vgl. hier und im Folgenden Bauer und Miiller 1996).
Der Kulturkonsument im Fokus
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Hintergrund war, dass ab Januar 1995 in einem GroBteil der Stxittgarter Museen Preise fiir vormals kostenlose Eintritte erhoben worden waren. Die anfanglichen Reaktionen des Publikums waren heftig, es kam zu einem Besucherriickgang von bis zu funfzig Prozent xind mehr. Die Frage war, ob es eine Erklarimg fiir dieses Verhalten gab iind ob die monetare Belastung durch verstarktes Eingehen auf die Praferenzen der Museumsbesucher ausgeglichen werden konnte. Wie war es vorstellbar, dass eine im internationalen Vergleich auBerst moderate Preisfestsetzung - die Eintrittspreise fiiir die weltweit beriihmte Stuttgarter Staatsgalerie betrugen zunachst D M 5,-, ermaBigt DM 3, durch eine derart schroffe Abstimmung mit den FuBen quittiert wurde? Ein Erklarungsversuch bedarf insbesondere einer Riickbesinnung auf den grundlegenden Preis-Nachfragezusammenhang. Wie schon ausgefuhrt, sind die Preiselastizitaten der Nachfrage im Regelfall negativ: Die Konsumenten reagieren mit relativer Kaufzuriickhaltung auf die Anhebung der Preise. Ein Preisanstieg von X Prozent wird mit einer Nachfrageeinschrankung von y Prozent beantwortet. Nur im Extrem, wenn namlich Giiter als vollig unentbehrlich, lebensnotwendig, unverzichtbar, durch andere Giiter und Leistungen nicht austauschbar betrachtet werden, bleibt die Nachfrage auf ihrem ursprunglichen Niveau, reagieren die Konsumenten vollig preisuaelastisch. Im kontraren Grenzfall beantworten die Verbraucher schon die kleinste Preisanhebung mit der totalen Einstellung ihrer Nachfrage, sie reagieren vollig preiselastisch. Zwischen diesen beiden Extremen liegen die realen Konstellationen. Die Konsumenten reagieren, aber im Normalfall nicht mit exorbitanten Schwankungen. Den Anbietern gelingt es am ehesten, den relativen Nachfrageriickgang einzudammen, wenn die Nachfrager den Nutzen der offerierten Leistung als erheblich und nur schwer substituierbar einstufen. Sie haben zudem Spielraum fiir prdsliche MaBnahmen, wenn sie den von den Kunden realisierten Nettowert stabil halten, beispielsweise indem andere Kosten verringert werden, etwa Informations- und Verarbeitungskosten sowie Unbequemlichkeiten bei der Inanspruchnahme der kulturellen Leistuag. Bei den Stuttgarter Museen geschah wenig in diese Richtung. Es wurden Forderungen erhoben und partiell auch verwirklicht, die eine weitere Reduzierung der Offiiungszeiten aufgrund der Mehrbelastung der Kulturinstitutionen durch den Verkauf und die Kontrolle von Eintrittsbillets vorsahen. Anders herum ware eine sinnvolle Marketingstrategie daraus geworden. Es ware angezeigt gewesen, mit mehr Service den Besuchern entgegenzukommen, mit Information um Verstandnis darum zu ringen, dass Eintrittsgelder in Anbetracht der gebotenen Leistung und der dafiir notwendigen Aufwendungen angemessen sind. Angesichts der hohen Qualitat der Sammlungen diitfte es auch kaum Schwierigkeiten bereiten, Verstandnis fiir die immensen Kosten des musealen Auftrags, des Sammelns, Sortierens, Erhaltens und Prasentierens, zu
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Kolturokonomische Analyse in der Anwendung
wecken. Auch der Verweis auf Altemativen in Kultur und Unterhaltung hatte gezeigt, dass etwa Theater-, Konzert- oder Kinobesuche ein Vielfaches kosten. Ein moglicher Weg, Eintrittspreise verstandlich und akzeptabel zu machen iind den Nachfrageriickgang moglichst gering ausfallen zu lassen, entstammt der Einstellungs- und Verhaltensforschung. Im Konzept der schon mehrfach angefuhrten amerikanischen Sozialpsychologen Fishbein und Ajzen ist die Einstellung gegeniiber einem Einstellungsobjekt, etwa gegeniiber dem Museumseintrittspreis, das Ergebnis eines internen, nicht unbedingt bewussten Bilanzierimgsprozesses zwischen Pro und Contra, zwischen erwarteten und gewichteten positiven und negativen Uberzeugungen (vgl. 4.2.1). Im konkreten Fall: Was spricht nach Meinung der Befragten dafiiir, Eintritt fur die Stuttgarter Museen zu verlangen, was spricht dagegen, welche Haltung bleibt unter dem Strich? Zwar mag es zunachst befremdlich klingen, den Konsumenten iiberhaupt positive Assoziationen zu Preisen entlocken zu wollen. Spontan konnte die Auffassung vorherrschen, dass eine Zahlungsnotwendigkeit ausschlieBlich negativ bewertet wird. Dies ist aber keineswegs der Fall. Zusammengefasst: Preise haben auch ihr Gutes, weil sie • einen individuellen Beitrag zur Entscharfung der Finanznot im Kulturbereich ermoglichen, • den Wert der entgegengenommenen Leistung besser bewusst machen, • die Besucher zu Marktpartnern werden lassen, deren Wiinsche zwangsnotwendig an Bedeutung gewinnen miissen. Diese, aber auch noch weitere Vorteile wurden von den befragten Kiilturkonsumenten besonders betont. Ganz oben in der Reihenfolge der Wertungen steht die Uberzeugung, dass der Einzelne durch die Entrichtung des Preises einen finanziellen Beitrag zum Erhalt des kulturellen Erbes leisten konnte. Dieser iibergreifende Nutzenaspekt wurde weder von den Kulturinstitutionen noch in der Offentlichkeit zur Sprache gebracht. Offenbar empfinden es die Kulturkonsumenten als befriedigend und sinnvoll, wenn sie selbst aktiv in das Geschehen eingreifen konnen. In dieser Haltung miissten sie allerdings auch bestarkt und nicht entmutigt werden. Ein pauschalierendes, in seiner Dimension und Sinnhafdgkeit wenig verstandliches Abkassieren gehort nicht dazu. Mit ihrem eigenen Beitrag verbinden die Konsumenten auch die positive Erwartung, dass die Kostendeckung der Museen, insgesamt deren finanzieller Spielraum steigt und damit Kiinstler, Forschung und Wissenschaft besser unterstiitzt und vorangetrieben werden konnten. Fiir sich selbst erhoffen sich die Besucher mehr Beachtung als zahlender Kunde, bessere und speziellere Angebote und ein Eindammen der Besucherstrome auf die wirklich Interessierten. Die Befragten beziehen sich auf den bekannten Effekt, dass Dinge, die etwas kosten, als hoherwertig empfunden werden als kostenfreie Angebote.
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Unter den Schattenseiten der Preiseinfuhrimg dominieren insbesondere die Befurchtungen iiber negative Verteilungseffekte in alien Varianten: Besucher konnten generell abgeschreckt werden, darunter insbesondere Familien, einkommensschwache Personen iind junge Menschen. Diese moglichen Folgewirkiingen werden von den Befragten als deutlich negativ eingestuft. Es wird ebenfalls vermutet und als nachteilig bewertet, dass infolge der Preiseinfiiihrung vorzugsweise andere Veranstaltungen besucht werden konnten und die Hemmschwelle bei der ErschlieBung von Kxmst angehoben wiirde. Die Museimisleitung miisste aus derlei, sehr deutlich geauBerten Bedenken, die der Akzeptanz von Museumspreisen im Weg stehen, die Konsequenzen Ziehen, zum einen starker zu kommunizieren, dass ein Teil der genannten Problemgruppen schon damals und bis heute Eintritt zu Sonderkonditionen erhalt (Jugendliche, Studenten, Rentner). Zum anderen sollte in Betracht gezogen werden, fiir einige Gruppen kein Eintrittsgeld zu verlangen, etwa fur Kinder und Jugendliche, kinderreiche Familien oder Auszubildende. Eine derartige MaBnahme wiirde nicht nur den Betroffenen selbst helfen, sondern auch denen, die eine Belastung dieser Gruppe als gravierenden Vorbehalt gegeniiber Museumseintrittspreisen empfinden. Allgemein gilt, dass die Kulturkonsumenten eine grundlegende Akzeptanz gegeniiber Preisen im Kulturbereich zeigen und gewillt sind, ihren besonderen Part in der Kiilturfinanzierimg zu spielen. Reaktionen gegeniiber Preisanhebungen sind da, aber sie sind vergleichsweise unterproportional zur Preiserhohung, allerdings unterschiedlichen AusmaBes bei verschiedenen Angeboten. Auch der Spielraum fur Preiserhohungen in den Museen ist keinesfalls gleich, wie eine vom Miinchner IfoInstitut fur Wirtschaftsforschung durchgefiihrte Untersuchung ergab. Museen mit groBem Touristenandrang und einem attraktiven Gesamtangebot bieten sich vergleichsweise mehr Moglichkeiten zu preislichen MaBnahmen (Hummel et al. 1997). Auch fiiir die Stuttgarter Museen bestand die generelle Bereitschaft, im Maximum sogar deutlich mehr zu zahlen, als im Befragungszeitraum im Friihjahr 1996 verlangt, namlich durchschnittlich rund D M 1 3 , - gegeniiber einem tatsachlichen Durchschnittspreis von DM 5,—. Zwar muss man derartigen Bekenntnissen aufgrund von Effekten sozialer Erwiinschtheit immer mit einer gewissen Vorsicht begegnen: Es macht einen guten Eindruck, sich als spendabel zu proiilieren, und auf dem Papier kostet es auch nichts. Dennoch kann man, wie auch eine Schweizer Studie belegt, von einer grundlegenden Zahlungswilligkeit ausgehen. Aus einer Befragung von 339 Besuchern der permanenten Sammlung des Basler Kunstmuseums wurde deutHch, dass das Publikum in der Mehrzahl fiir einen Eintrittspreis votiert und im Schnitt auch bereit ware, mehr zu bezahlen, als den zum Befragungszeitpxinkt giiltigen Eintrittspreis von SFr 3,-. Die haufigste Nennung belief sich auf SFr 5 , (Schenker 1990, S. 225f.).
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
Aus der eigenen, aber auch aus diversen anderen Erhebungen las sen sich Hinweise ableiten, was im Museumsbereich aus Sicht der Kunden besser gemacht werden kann, wie Vorlieben gepflegt und Piindernisse aus dem Weg geraurat werden konnen. Ein ins Gewicht fallender Nachteil ist aus Sicht der Stuttgarter Befragten die wenig ausreichende Kundenorientierung. Allein die Tatsache, dass 15 Prozent der Probanden diese Frage nicht beantworten mochten, ist aufschlussreich genug und vermutlich als ein hofliches Nein zu interpretieren. Niemand war der Meinimg, dass Kxmdenorientierung in einem GroBteil der Museen „voll und ganz" verwirklicht sei. Ein gutes Drittel, 37 Prozent, pladiert fiiir Kundenorientierung „ini groBen und ganzen". Die haufigste Nennung war dagegen mit 44,1 Prozent „nicht so ganz". 3,5 Prozent der Befragungspersonen waren der Meinung, dass Kundenorientierung in Museen „uberhaupt nicht" vorliege. Andere Hohenheimer Untersuchungen fragten detailHerter nach den Griinden fur die Ablehnung von Museumsangeboten. Der Preis ist eine Komponente, aber er steht nicht allein. Bei einer studentischen Stichprobe (n=32) wurden mithilfe von offenen Fragen die mit einem Museumsbesuch in Verbindung gebrachten Vor- und Nachteile erhoben (vgl. hier und im Folgenden Walter 1995). Im Durchschnitt wurden pro Befragten rund acht Argumente fur oder gegen den Besuch eines Museums genannt. Die mithilfe einer Inhaltsanalyse auf 26 Items verdichteten Uberzeugungen wurden im Juni 1995 einer Stichprobe von 40 Befragten, alle MitgHeder eines Musikvereins, zur Gewichtung nach Wahrscheinlichkeit imd Beurteilung vorgelegt. Unter den Befragten befanden sich iiberproportional viel mannliche und junge Teilnehmer, die Gelegenheitsstichprobe eignet sich auch wegen ihres geringen Umfangs nicht fur pauschale Generalisierungen. Dennoch gibt sie aufschlussreiche Hinweise. Die groBe Mehrheit der Befragten ist grundsatzlich positiv gegeniiber Museumsbesuchen eingestellt. Auf der anderen Seite muss man aber auch feststellen, dass fast 30 Prozent der Befragten eine negative EinsteUiing haben. Das heiBt nicht, dass dieses knappe Drittel einem Besuch im Museum iiberhaupt keine guten Seiten abgewinnen konnte. Das ist durchaus der Fall. Doch iiberwiegen in diesem Segment die empfiindenen Nachteile. Unter den bewerteten Vorteilen taucht bereits an zweiter Stelle ein sozialer Nutzen aus (vgl. Abbildung 35). In der Mulitplikation von Wahrscheinlichkeit (von 0 bis 6) und individueller Wertschatzung (von —3 bis +3) schlagt im Schnitt mit 13,5 zu Buche, dass durch den Museumsbesuch die Arbeit dieser Institutionen und deren Erhalten imd Fordern von Kunst unterstiitzt werden. Noch starker wird nxir gewichtet, dass Kunst im Original angeschaut werden kann (14,0). Es folgen die Uberzeugungen, dass Inspiration und Kreativitat angeregt werden (9,2) und der Museumsbesuch der Allgemeinbildung und Weiterbildung dient (8,5). Neben diesen Werten der Asthetik und des Lernens geht es auch um Unterhaltung und soziales Miteinander. Es wird
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Der Kulturkonsument im Fokus
Vorteile und Nachteile des Museumsbesuchs
Ergebnisuberzeugungen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Kunst im Original anschauen Museen fordern und eriialten Kunst Inspiration, Kreativitatsschub, neue Eindrucke Allgemeinbildung und Weiterbildung Alltag vergessen, entspannen, Genuss Gemeinsames Eriebnis und Kennenlernen anderer Menschen Lange Anfahrtswege Kunst ist schwer verstandlich Fuhrungen langweilig Eintrittspreise zu hoch Hoher Zeitaufwand Museumsbesuch ist anstrengend
X 14,0 13,5 9,2 8,5 6,1 3,6 -8,6 -5,7 -5,4 -4,9 -3,1 -1,8
Abbildung 35: Vorteile und Nachteile des Museumsbesuchs
positiv vermerkt, dass man den Alltag vergessen und sich entspannen (6,1) und ein gemeinsames Eriebnis mit anderen Menschn haben kann (3,6). Die gewichteten Nachteile entsprechen den im Value Marketing schon diskutierten Kategorien der total costumer cost (Koder 2000, S. 35; vgl. 5.1.1). Es handelt sich um Geldkosten in Form von langen Anfahrtswegen (-8,6) und hohen Eintrittspreisen (-4,9), Zeitkosten durch als hoch empfundenen Zeitaufwand generell (—3,1) und ebenfalls die zeitraubende Anfahrt sowie die Verarbeitungskosten durch Verstandnisprobleme (-5,7), Langeweile (-5,4) und Anstrengung (-1,8). Als Hindernisse, die sich bei einem geplanten Handeln in den Weg stellen konnen, lassen sich fehlende Moglichkeiten auf der einen, mangelhafte Fahigkeiten auf der anderen Seite unterscheiden. Beide sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nur bedingt oder auch gar nicht der Kontrolle des Individuums 2u unterliegen scheinen. Zumindest ist dies die personliche Einschatzung des Betreffenden. Es mag sein, dass die Verhaltnisse in Wirklichkeit anders liegen, aber das ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Entscheidend ist, dass das Individuum glaubt - oder glauben will - dass sein prinzipiell geplantes Verhalten nicht machbar ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der verhinderte Museumsbesucher angibt, auf Grund ungiinstiger Offnungszeiten nicht in die Ausstellung gehen zu konnen (-4,4). Andere externe Barrieren des Museumsbesuchs bestehen u. a. in unzureichender Information (-5,8), storenden Menschenmassen (-6,0) oder der GroBe der Ausstellung (-3,9) (vgl. Abbildung 36). Ebenso wie bei den Vor- und Nachteilen des Museumsbesuchs stammen die Daten aus der Umfrage von 1995 mit 40 Teilnehmern. Da die Befragten nicht ganz besonders auf mogliche interne Hemmfaktoren hingewiesen wurden, ist es nicht untypisch, dass ledigHch Dinge genannt wurden, die auBerhalb der eigenen
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
Externe Barrieren des Museumsbesuchs
Kontrolluberzeugungen
X
-6,0 -5,8 -4,4 -3,9
1. 2. 3. 4. 5.
Menschenmassen storen Zu wenig Information Ungijnstige Offnungszeiten Ausstellungen sind zu grod Ungenugende Prasentation der Kunstgegenstande 6. Zu selten bekannte Kunstler
-3,6 -3,0
Abbildung 36: Externe Barrieren des Musexmisbesuchs Interne Barrieren des Museumsbesuchs
1. Generelle Interesselosigkeit an Kunst 2. Man weili zu wenig Ciber Kunst 3. Kunst geliort zu den Eliten 4. Altmodisches, negatives Image von Kunstgegenstanden 5. Keine Heranfiihrung an Kunst durch die Scliule
1
^ ^
in V. H. 26,6 20,1 18,4 13,6 12,4
Mangel an kultureller KompeJtenz
Abbildung 37: Interne Barrieren des Museumsbesuchs
Befahigung stehen. Es scheint nicht in der Macht des Befragten zu liegen, diese Hemmnisse auszuschalten. Der Bereich des Moglichen liegt zwischen 0 und —18, da die Gewichtung der empfundenen Schwere der Hemmnisfaktoren ebenso unipolar erfolgte wie die der Wahrscheinlichkeiten. Interne Barrieren des Museumsbesuchs kommen aber durchaus zur Sprache, wenn die Befragten gezielt um Auskunft gebeten werden. Wie Abbildung 37 zeigt, konnten die inneren Hemmnisse in einer Befragung von insgesamt 487 Museumsbesuchern von zwei Kunstmuseen in Helsinki herausgefiltert werden (Uusitalo 1994, S. 16). In jedem einzelnen Fall handelt es sich um das individueUe Empfinden, zu wenig zu wis sen, nicht mitreden zu konnen, nicht dazu zu gehoren. Die finnische Autorin klassifiziert diese AuBerungen als Ausdruck eines Gefuhls eingeschrankter Befahigung in Kulturdingen, als mangelnde kulturelle Kompetenz.
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Der Kulturkonsument im Fokus
Psychologische Hemmschwellen
1. Es fehit der intellektuelle Hintergrund 2. Man traut sich nicht, etwas zu mogen Oder aber nicht zu mogen 3. Andere lachen, wenn man selbst nicht lachen kann, und umgekehrt 4. Zu viel „Mystisches" urn Kunst, allein der Begriff ist beangstigend 5. Kunst ist fur die Elite, die „Upper class" 6. Die eigene „Peergroup" macht einen lacherlich Oder welst einen zuruck I
^ Mangelndes Selbstvertrauen, Klassen-Vorurteil
Abbildung 38: Psychologische Hemmschwellen
Noch deutlicher witd das, was sich im Inneren der Menschen abspielt, die die Kunst meiden oder den sie reprasentierenden Kimstinstitutionen sehr befangen gegeniiberstehen, wenn man die Befragten frei berichten lasst. Dies war in qualitativen Interviews, aus denen Cooper und Tower (1992) referieren, der Fall. Abbildung 38 zeigt, welche Kommentare die beiden Autoren aus der inneren Welt der Konsumentenvorstellungen hervorlocken konnten. Nach Meinung der beiden Autoren stammen die psychologischen Hemmschwellen, die einen Kulturbesuch verhindern konnen, obwohl die Betroffenen vom personlichen Nutzen, der personal gratification^ iiberzeugt sein mogen, aus dem mangekiden Selbstvertrauen und dem klassenbezogenen Vorurteil, Kunst sei nur der oberen sozialen Schicht vorbehalten (ebenda, S. 305f.). Die hier dargestellten Untersuchungen sind weitere Plinweise fiiir ein erfolgsorientiertes Marketing in Kunstmuseen. Der Erfolg wird daran zu messen sein, inwieweit es geHngt, den Museumsbesuch unter dem Strich zu einem Erlebnis werden zu las sen, das mehr Nutzen erbringt, als Kosten dafiir eingesetzt werden miissen. Fiir die (Noch)-Nichtbesucher sind die Minuspunkte, auch hinsichtlich der zu iiberwindenden psychologischen Barrieren, offenbar sehr viel hoher als fur diejenigen, die schon Erfahrimgen gesammelt haben. Aber genau darum wird es gehen: Den Einstieg in die Kimst zu erleichtern, in der Hoffnung, das der sich selbst tragende Mechanismus des Kunstkonsums greift und auf dem Wege sinkender Verarbeitungskosten eine hohere Nachfrage nach sich zieht. Zur Erreichimg dieses Ziels miissen alle Facetten auf der Kosten- wie auf der Nutzenseite bedacht werden. Es macht keinen Sinn, so zu tun, als wiirden Museumsbesucher ausschlieBlich aus Griinden der Asthetik und Bildung in die Museen stromen — auch wenn die Puristen
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
unter den Museumsleuten dies vielleicht gerne so hatten. Richtig ist aber, dass auch andere Werte, darunter der Unterhaltungswert sowie der soziale Kontakt mit anderen, eine nicht imraaBgebliche Rolle spielen.
5.3 N e u e Finanzierungswege 5.3.1 Sponsern und Spenden Die Moglichkeiten, die sich der Kulturiinanzierungim Grundsatz bieten, basieren auf drei Saulen: Dem von den Kulturinstitutionen selbst erwirtschafteten Einkommen, den Zufliissen von privater Seite und der Finanzierung mit offendichen Mitteln. In den vorausgegangenen Abschnitten konnte gezeigt werden, dass die Chancen zur Ausweitung der Eigenfinanzierung nicht schlecht stehen. Eintrittspreise fiir Kiilturveranstaltungen werden von den Kulturkonsumenten akzeptiert, sofern sie als angemessen im Preis-Leistimgs-Verhaltnis verstanden werden. Dariiber hinaus herrscht rege Nachfrage nach Zusatzleistungen, wie sie etwa im Museiimsshop angeboten werden. Diese Einnahmequellen konnen dazu dienen, die angespannte Finanzsituation der Kulturanbieter abzufedern. Eine grundsatzliche Losung des Finanzierungsproblems bieten sie dagegen nicht. Allein der Verweis auf die gesamtgesellschafdichen und regional und iiberregional wirtschafdichen Dimensionen kulturellerTatigkeit verbieten eine ausschlieBlich am Individualnutzen orientierte Finanzierung. Was aber kann getan werden, um private imd offentliche Hande starker zu beteiligen und effizienter in ihrem Zusammenspiel zu koordinieren? Auf Sdten der privaten Geldgeber sind es vor allem die Bereiche des Sponsoring und des Spendenwesens, die hier eine Rolle spielen. Die Frage ist, unter welchen Voraussetzungen eine der Kultur zugute kommende Aktivierung iiber die gegenwartige Sponsor- und Spendentatigkeit hinaus moglich ware. In jedem Fall wird es wiederum notwendig sein, die Interessen der BeteiUgten starker als bisher zu beriicksichtigen. Das in sich geschlossene SponsoringmodeU, das in Kapitel 3 vorgesteUt wurde (vgl. 3.2.2), las St den Kulturkonsumenten zunachst einmal auBen vor. Hat man hier, so konnte man provozierend fragen, die Rechnung zwar mit dem Wirt, aber ohne den Gast gemacht? Stehen die Nachfrager von Kxinst und Kultur hinter der Sponsorentatigkeit privater Geldgeber, oder iiberwiegt die Kritik hinsichtlich der Zusammenarbeit von Kunst und Kommerz? Vor diesem Hintergrund sollten in einer Untersuchung, die am Lehrstuhl fiir Konsumtheorie und VerbraucherpoUtik der Universitat Hohenheim durchgefuhrt wurde, die Konsumenten selbst zu Wort kommen und ihre Meinimg zum Thema Kultursponsoring abgeben (vgl. hier und im Folgenden Lehner 1996). Es hat
Neue Finanziemngswege
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ahnliche Versuche schon in der Vergangenheit gegeben, insbesondere hinsichtlich der Ermitdung der generellen Akzeptanz von Kultursponsoring. Der Tenor neigt eindeutig 2uni Positiven. Die Mehrzahl der Befragten aus einer reprasentativen Bevolkerungsumfrage des Sample Instituts erinnert sich daran, eine gesponserte Kijlturveranstaltung besucht zu haben und bewertet KultursponsoringmaBnahmen mit gut oder sogar sehr gut. Die Unternehmen profitieren durch ihre Sponsortatigkeit von einem positiven Ausstrahlungseffekt, da sie von den Konsumenten als fuhrende Unternehmen eingestuft werden (Roth 1994, S. 50). VermutHch assoziieren die Verbraucher, dass nur das Unternehmen sich ein Kulturengagement leisten kann, das dazu aufgrund liberlegener Qualitatsprodukte imd angesichts gut gefullter Kasse in der Lage ist. Die KulturkonsTimenten heben insbesondere hervor, dass das kulturelle Leben ohne Sponsoren armer ware (Roth 1994, S. 51). Eben dieser Vorteil steht auch in der an der Universitat Hohenheim im Juni 1996 mit 116 Befragten in Sudwestdeutschland durchgefuhrten schriftlichen Umfrage an der Spitze.
(1) Positive Spitzenreiter Es wird als insbesondere wahrscheinHch und begriiBenswert empfunden, dass Kultursponsoring aufwendige Pro jekte ermoglicht imd die Vielfalt des Kulturangebots erhoht. Diese beiden Vorteile stehen ganz vorne in der Rangfolge der Uberzeugungen. Die Befragten erwarten auch eine Steigerung des Kunstinteresses in der Offentlichkeit sowie eine Entlastung des offentlichen Haushalts und des Veranstalters, letzteres mit der Moglichkeit, dieses Plus in Form von niedrig gehaltenen Preisen weiterzugeben. Fiir die Kulturanbieter sehen die Konsumenten den Vorteil einer materiellen Absicherung sowie die Verbesserxing der Planuagssicherheit. Generelle Zustimmungstendenzen schUeBen jedoch kdtische Stimmen im Detail nicht aus. Die Nachteile, die die Befragten gegeniiber dem Kultursponsoring empfinden, fallen gegeniiber den Vorteilen zwar nicht so stark ins Gewicht. Deshalb ist die Gesamtbilanz, d. h. die Einstellimg zum Kultursponsoring, im Schnitt auch positiv. Dennoch beunruhigen die Verbraucher einige Punkte und lassen Unbehagen an der Sponsortatigkeit zuriick.
(2) Negative Spitzenreiter An erster Stelle steht die Vermutung, dass die Kosten des Kultursponsoring auf die Produktpreise abgewalzt werden. Die eigentHchen Sponsoren waren dann die
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Kunden, nicht das Unternehmen. Dies empfinden die Kvdturkonsumenten ver mutiich deswegen als problematisch, weil sie zwar Mitzahler, aber nicht Mitentscheider waren. Auch wenn man xmterstellt, dass die Konsiimenten gern dazu bereit sind, sich an der Kulturfinanzierung zu beteiligen, gilt dies offenbar vorzugsweise fiir selbstbestimmtes, nicht fiiir fremdbestimmtes Handeln. Eine Verflachung des Kulturangebots dutch zu starke Orientierung der gesponserten Veranstaltungen an der Vermarktbarkeit steht an zweiter Stelle der Befurchtungen, dicht gefolgt von dem immer wieder prasenten Vorbehalt, der Sponsor konnte Einfluss auf das kulturelle Angebot nehmen. Die einerseits als Vorteil genannte Uberlegung, Sponsoring entlaste den offentlichen Haushalt, findet andererseits ein negatives Pendant in der Befiirchtung, das Sponsoring konne als Argument fiir eine weitere Kiirzung offentHcher Gelder im Kulturbereich dienen. Als gravierend negativ wird auBerdem empfiinden, dass die Sponsorschaft dazu herhalten konnte, von anderen Problemen abzulenken. Die Beschaftigung, noch zugespitzter: das sich Ausschmiicken mit den schonen Kiinsten konnte dem Sponsor dazu dienen, etwas Erdenschwere abzuschiitteln und Probleme der Produktion und des Produktes, z.B. fiir die Umwelt, in den Hintergrund treten zu lassen. Als Sorge verbleibt bei den Konsumenten und wird als deutlich nachteiUg empfunden, dass die Vermischimg von Kunst und Kommerz ein „Geschmackle" haben konnte. Ahnliche Ansichten iiber das Kultursponsoring ergeben sich aus einer belgischen Studie, die durch den Vergleich zwischen einer Befragung von Unternehmen und Konsumenten herauszulesen versucht, inwieweit beide Seiten in ihrer Beurteilung iibereinstimmen (Vanhaverbeke 1992, S. 53). In die Rolle der Kulturkonsumenten schliipften 473 Studenten der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Unter den ihnen zur SkaUerung vorgelegten 17 Punkten wurde besonders zustimmend zur Kenntnis genommen, dass Sponsoring • das Kulturangebot erhoht und • zur groBeren Beachtung des Geschmacks des PubHkums fuhrt. Mit deutlich kritischer Betonung wurde dagegen vermerkt, dass Sponsoring • bestimmte Kunstformen, insbesondere Experimental- oder Avantgardekunst, an den Rand drangt und dass • die sponsernden Unternehmen sich mehr das Mantelchen des guten Burgers umhangen wollten, als altruistisch zu handeln. Den in der Offentlichkeit haufiger verbreiteten Pessimismus, Sponsoring konnte zu einer generellen Verschlechterung der Qualitat des Kulturangebots fiihren, teilten die belgischen Befragten in ihrer iiberwiegenden Mehrheit jedoch nicht (Vanhaverbeke 1992, S. 55f.). Im Vergleich zwischen Kulturkonsumenten und Kultursponsoren zeigt sich, dass die Unternehmen sich selbst und ihrer Sponsortatigkeit eine soziale und
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gemeinnutzige Funktion zuschreiben, die in dem MaB nicht von den Konsumenten geteilt wird (Vanhaverbeke 1992, S. 64). Sponsern ist ein Geben auf Gegenleistung. Es wird von Unternehmen und Organisationen professionell praktiziert imd offenbar nicht niir von den teilnehmenden Kulturanbietern, sondern im liberwiegenden MaBe auch von den Kulturnachfragern fiiir gut befunden. Allerdings gibt es Grenzen auf alien Seiten. Die private Wirtschaft bleibt ihren Kunden mit ihrem eigentlichen Produktionsauftrag vetpflichtet. Ein Kulturengagement, das die Verkaufspreise der originaren Leistung in die Hohe treibt, wiirde von der Kundschaft nicht mehr akzeptiert werden. Ganz abgesehen davon, dass in wirtschaftlich angespannten Zeiten die unternehmerischen Spielraume fiir kulturelle Zusatzleistungen schwinden. Dariiber hinaus bleiben Zweifel an der Unterstiitzung schwerpimktmaBig publikumswirksamer Kulturleistungen. Schon aus diesen Griinden kann die private Finanzierung iiber Sponsoring eine Erganzung, aber kein Ersatz fiir die offentlichen Mittel im Bereich von Kunst und Kultur sein. Dem steht nicht entgegen, dass eiae weitere Entlastung offentHcher Geldgeber noch aus anderen Quellen privater Hand kommen kann. Die individuelle Bereitschaft, Kulturarbeit auch ohne direkte Gegenleistung, oder zumindest nur mit bescheidener Gegengabe zu fordem, auBert sich beispielsweise in Form von Spenden. Doch wie fordert man bestmoglich die Bereitschaft, etwas abzugeben, inwieweit spielt neben dem sozialen auch der individuelle Nutzen des Spenders eine Rolle, kurz gesagt: Welche Motive steuem die Spendenbereitschaft? In der Praxis trifft man auf unterschiedliche Spendenmodelle. Sie wurden in einer empirischen Hohenheimer Untersuchung im Hinblick auf ihre Ausgestaltung, die Art und Weise der Spenderbetreuung sowie ihren Beitrag zur Kulturfinanzierung untersucht (vgl. hier und im Folgenden Nagel 2003). Substanzielle Spender aus privater Hand, seien es Einzelpersonen oder Unternehmen, werden auch gern als Mazene bezeichnet. Dieser Begriff geht zuriick auf den Romer Gaius Clinicus Maecenes, der von 70 bis 8 vor Christus, also zu Zeiten von Kaiser Augustus, lebte und als erster uneigenniitziger Forderer von Kunst und Kultur bekannt wurde (Riihl 1999, S. 124). Aber wie schon an anderer Stelle erwahnt, sind die Grenzen zwischen reiner Selbstlosigkeit und Vorteilsannahme wie beim Sponsoring flieBend und nicht punktgenau auszumachen (vgl. 3.2.2). Dasselbe gilt fiir die verschiedenen Varianten des Spendens. Es kann dem reinen „Tue Gutes" dienen, etwa bei einer „Klingelbeutel"Sammlung, oder aber durch einen individuell ausschheBbaren Nutzen befliigelt werden, beispielsweise durch die Sondervorfiihrung fiir Spender. Auch das Erzielen von Prestige durch Kulturforderung oder die Absetzbarkeit der Fordersumme von
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der Einkommensteuer mogen als individualnutzenabhangige Argumente ins Spiel kommen (Toepler 1991, S. 37). Mit dem englischen Ausdtuck des Fundraising wird das professionelle, systematische, in ein Marketingkonzept eingebundene Einwerben von Spenden bezeichnet (Gorsch 2001, S. 143; Haibach 1998, S. 21). Ganz im Sinne der Marketingphilosophie steht in diesem Konzept bei alien Schritten der Spendenbeschaffung der potenzielle Spender als Kunde im Mittelpimkt der Betrachtung. Kundenorientienmg land Kundenpflege werden als wichtigste Prinzipien einer aktiven, langfristigen Unterstiitzung von Kulturinstitutionen durch private Spender verstanden (Toepler 1991, S. 53). Diese Strategie wird derzeit im Wesendichen in den USA verfolgt. In Deutschland sind die SpendenbeschaffungsmaBnahmen fiiir den Kulturbereich in ihrer Mehrheit nodi historisch gewachsen wid nicht ganz so stringent angelegt. Dennoch lassen sidi \mterschiedliche Strukturen ausmachen. Welche Spendenmodelle kommen zum Einsatz, wie zufriedenstellend sind die Ergebnisse, deuten sich Erfolgsmuster an? Vor dem Hintergrund dieser und ahnlicher Fragen startete imsere empirische Untersuchimg aus dem Jahr 2003. Die Stichprobe bestand aus 30 Kultureinrichtungen mit Schwerpunkt auf Museen, Kunstvereinen \md Kulturstiftungen, darunter ein Drittel im Raum Baden-Wiirttemberg. Alle Eindchtungen verfugen iiber eine Homepage und waren entsprechend fiir die Recherche im Internet geeignet. Erganzend wurde zusatzliches Informationsmaterial angefordert und es wurden gezielte personliche Anfragen in Bezug auf den Erfolg des jeweiligen SpendenmodeUs durchgefiihrt. Zu den Ergebnissen im Einzelnen. Alle Institutionen der Stichprobe verfugen iiber eine bestimmte Strategie, mit deren Plilfe gezielt um Spenden geworben wird. Dazu gehoren in der Regel auch das Aufstellen einer Spendenkasse oder das Einrichten eines Spendenkontos, aber das ist es nicht allein. Im Grundsatz kommen zwei unterschiedliche Modelle zum Einsatz. Im ersten ModeU werden Fordervereine bzw. Freundeskreise gebildet, die den eigentlichen Kulturbetrieb unterstiitzen, unter anderem durch Beisteuern der Spenden. Im zweiten Modell handelt es sich um Kunstvereine, die selbst zu Tragern von Kulturveranstaltungen werden und sich durch private Unterstiitzung finanzieren. Bis auf drei Einrichtungen, die nicht genau in eines dieser Modelle eingepasst werden konnten, entsprechen die iibrigen Einrichtungen diesen beiden Modelltypen.
(1) ModeU Forderverein Insgesamt 19 Einrichtungen arbeiten mit einem sie unterstiitzenden Forderverein, das entspricht einem Anteil von 63,3 Prozent an der Stichprobe. Sie fallen, ebenso
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wie die Kunstvereine, rechtlich gesehen unter das Vereinsrecht des Biirgerlichen Gesetzbuches, das heiBt sie entsprechen in ihrer Rechtsform, Organisation und Verfassung anderen Vereiaen (Heinrichs 1997, S. 175). Die Aufgabe der Fordervereine besteht darin, eine Kultureinrichtiing oder ein Kiilturangebot zu iinterstiitzen, ohne selbst als Trager oder Veranstalter aufzutreten. Die geleistete Arbeit geschieht auf ehrenamtlicher Basis (ebenda). In alien untersuchten Fordervereinen oder Freimdeskreisen sind Mitgliedsbeitrage zu zahlen, deren Spannweite allerdings sehr groB ist. Sie reicht von 5 bis 5000 Euro pro Jahr. Das sind jedoch, besonders fiiir den oberen Bereich, die Extreme. Bei Dreiviertel der Fordervereine ist eiae Mitgliedschaft schon unter tOO Euro pro Jahr moglich. Das restliche Viertel setzt auf Exklusivitat. Hier ist es nicht moglich, unterhalb der Grenze von mindestens 200 Euro Mitglied zu werden, darunter befinden sich auch Beitrage von weit iiber 1000 Euro. Eine weitere Beitragsstaffelving ist dariiber hinaus durch die Differenzierung in regulare Mitglieder und Fordermitglieder moglich, wie es unter anderem der Stuttgarter Galerieverein e.V. und der Verein zur Forderung der Alten und Neuen Pinakothek Miinchen e.V. praktizieren. Neben der finanziellen Unterstiitzung durch beispielsweise den Ankauf von Kunstwerken, der im laufenden Etat eines Museums sonst nicht moglich gewesen ware, oder der Ubernahme von Renovierungsarbeiten zeichnen sich die Fordervereine auch durch indirekte finanzielle Hilfen iiber ehrenamtUche Aktivitaten aus. Dazu gehoren etwa Informationsstande, die Ubernahme von Fiihrungen oder die Verkaufstatigkeit im Museums shop. Misst man den Erfolg der Fordervereine an der Entwicklung ihrer Mitgliedszahlen, dann zeichnet sich iasgesamt eine positive Tendenz ab. In eitiigen Fallen ist sogar von einer rasanten Zunahme zu berichten, etwa bei den Freunden der Kunsthalle e.V. in Hamburg. Bis 2003 hatten sich hier die Mitgliederzahlen nicht nur innerhalb von sieben Jahren verdoppelt, sondern auch entscheidend verjiingt. Dies kann auf eine spezielle Betreuung im Freundeskreis flir junge Freunde zuruckgefuhrt werden.
(2) Modell Kimstvereine Unter den Typus des Kunstvereins fallen mit 26,7 Prozent ein gutes Viertel der Stichprobe. Kunstvereine sind selbst Kulturveranstalter und Trager von Kultureinrichtungen. Sie unterstiitzen nicht bestimmte Kultureinrichtungen, sondern fordern selbststandig Kunst und Kultur (Heinrichs 1997, S. 174f.). Die Kunstvereine sehen ihre Aufgabe primar darin, zeitgenossische Kxmst zu unterstiitzen und Ausstellungen zu veranstalten. Ebenso wie bei den Fordervereinen bilden Mitgliedsbeitrage eine starke Saule der Finanzierimg. Aber auch einmaHge
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Spenden und Sponsorengelder sowie eventuelle Mieteinnahmen durch Vermietung der Raumlichkeiten spielen eine Rolle. Zudem konnen Kxinstvereine auf Einnahmen aus Eintrittsgeldern zxiruckgreifen. Uberdies verfugen sie in der Kegel iiber eine zusatzliche offentliche Unterstiitzung von der Stadt, in der sie tatig sind, oder dem zustandigen Land. Die Mitgliederzahlen der untersuchten Kunstvereine schwanken zwischen 72 im Minimum und 6000 am oberen Ende. Die Mehrheit in der Stichprobe verfiiigt jedoch iiber mehr als 1000 Mitglieder, die Minimalzahl bezieht sich auf einen erst kurz vor Beginn der Analyse gegriindeten Verein. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen ist bei den Traditionsvereinen als eher stagnierend oder sogar riicklaufig zu bezeichnen. Zunahmen verzeichnen dagegen die jiingeren Vereine, darunter beispielsweise das Literaturhaus Stuttgart. Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen Tendenzen fiir die Schaffung einer dauerhaften, anhaltenden Spenderbereitschaft? Unbestritten ist, dass sich auch die Vereine, die sich der Pflege und dem Angebot von Kunst und Kultur widmen, der Konkurrenzsituation stellen miissen. Auch der gutwiUigste Spender kann sein Geld nur einmal ausgeben. Unter diesem Blickwinkel erhalt die Beziehungspflege zu den Mitgliedern der Vereine eine herausragende Bedeutung. Das Fundraising als die Form des professionellen Einwerbens von Spenden wird stets als relationship fundraising verstanden, bei dem die Menschen, und nicht die Spende im Mittelpunkt stehen sollen. Im Sinne der Kundenorientierung geht es darum, die Spenderbetreuimg zu optimieren und eine emotionale Beziehung zu den Spendern aufzubauen, auch dxirch personHche Kontakte. Dariiber hinaus spielen zusatzliche Anreize eine RoUe, die dem Forderund Vereinsmitglied das Gefuhl der bewussten personlichen Bevorzugung vor Nichtmitgliedern geben sollen. Es geht darum, einen individuellen, ausschlieBbaren Nutzen als Erganzxing des dem alien zugute kommenden, nichtausschlieBbaren positiven Effekts der Kulturpflege durch den Forder- oder Kunstverein zu schaffen. Dabei steht eher der personliche als der materielle Nutzen im Vordergrund. Es geht um den ideellen Wert, nicht um den handfesten okonomischen Vorteil. Zwar werden redxizierte Entrittspreise gern akzeptiert. Noch wichtiger ist aber das Gefuhl, etwas zu bekommen, was andere nicht erlangen. Das Herausheben aus der Masse geschieht beispielsweise durch Besichtigungen vor der offiziellen AussteUungseroffnung, in Form von Gesprachen mit Kiinstlern oder auf Exkursionen und Kunstreisen. Das Spendenwesen in Deutschland, speziell die Spendenbereitschaft fiir kulturelle Zwecke, verfugen in den Forder- und Kunstvereinen noch iiber ungenutzte Reserven. Diese werden aber nur durch Forcieriing einer intensiven Beziehungs- und Freundschaftspfiege zu erhalten sein. Die Kulturinstitutionen miissen sich verstarkt xim ihre Spender bemiihen.
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5.3.2 Die Kulturkarte aus A.nhieter- und Nutf(ersicht Im Zentrmn des im ddtten Kapitel schon vorgestellten Modells der Kulturkarte steht eine Umlenkvmg des Verteilerwegs. Nicht die Kulturanbieter, sondem die Kulturnachfrager sind zunachst die Begiinstigten. Jene miissen sich die in der subventionierten Kulturkarte enthaltenen offentlichen Mittel erst verdienen (vgl. 3.2.3; Gottschalk 1998a). Dariiber hinaus vereint das Modell offentliche imd private Geldgeber zu gemeinsamer Sache im Dienste der Kultur. • Die Konsutnenten soUen bereit sein, erwartete Kulturgeniisse durch den Kauf der Kulturkarte vorzufinanzieren. • Die kommerziellen Anbieter sollen Aufpreise akzeptieren und den Kulturkartenfonds sponsern. • Die offentlichen Finanzgeber sollen dem Urteilsvermogen der Kulturnachfrager vertrauen und der Umschichtung der Mittel zustimmen. Als Folge des Einsatzes und der Verbreitung der Kulturkarte wird ein ganzes Biindel positiver Wirkungen erwartet. Dazu gehort insbesondere ein positiver AUokationseffekt, so dass die Verteilung knapper Ressourcen den Wiinschen der Bevolkerung besser Rechnung tragt. Weiterhia erwartet werden ein sich selbst tragender Aktivierungs- und Lerneffekt auf Seiten der Konsutnenten, die verstarkte Kundenorientierung auf Seiten der Kulturanbieter sowie eine Stimulierung des Kulturangebots iasgesamt. Doch inwieweit kann vorausgesetzt werden, dass die beteiligten Akteure so mitspielen, wie gewiinscht? Ein Modell hat nur dann die grundlegende Chance der Verwirklichung, wenn es von den Betroffenen akzeptiert wird. In einem ersten Schritt woUten wir deshalb testen, ob sich die Kulturkonsumenten mit der Idee der Ausgabe von Kulturkarten anfreunden konnten, ob sie spontan bereit waren, eine derartige Karte zu kaufen, und in welchem Verhaltnis die damit assoziierten Vor- und Nachteile stehen. tJberwiegt unter dem Stdch das Positive, dann steigt die Wahrscheinlichkeit fiir einen dauerhaften Erfolg. Die Verbraucherakzeptanz wurde im Rahmen einer KonsumentenbefragiMig im Friihjahr 1996 im GroBraum Stuttgart erhoben (vgl. hier und im Folgenden Brodbeck 1996). In einer nach Geschlecht, Alter (unter 40 Jahre, 40 Jahre und alter) und Bildung (Haupt- oder Realschulabschluss, Abitur oder Hochschulabschluss) quotierten Stichprobe wurden insgesamt 96 Befragungen durchgefiihrt, davon 20 miindlich, der Rest schriftlich, jeweils unter Zugrundelegung desselben Fragebogens. Es wurden normale Burger, nicht spezielle Kulturfreunde befragt. Dies zeigt sich auch an der Antwort auf die Frage nach dem eigenen Kulturinteresse. Es konnte auf einer Skala von 0=gar nicht bis 6=sehr eiagestuft werden und rangiert im Mittel iiber alle Befragten bei 3,4. Auch die Haufigkeit des Besuchs von kulturellen
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Veranstaltungen ist innerhalb der Stichprobe nicht besonders hoch. Gut zwei Drittel der Befragten nehmen bis zu 12 mal pro Jahr an einem kulturellen Ereignis teil. Es ist zweifellos eine besondere Schwierigkeit, Menschen iiber Praferenzen nach Dingen befragen zu wollen, die es noch gar nicht gibt. Dass diese Aufgabe jedoch nicht unlosbar ist, zeigen andere Markteinfiihrungserhebungen. Bei dieser Art von Konsumforschung ist die Phantasie des Verbrauchers gefragt und offenbar auch nicht iiberfordert. Durch die Assoziation zur Telefonkarte, die von uns auch bewusst als vergleichbares Konzept gebracht wurde, war es den Befragten zudem leichter, sich in das neue Modell hineinzudenken. Pretests zeigten, dass der fiiir das Verstandnis der Kulturkarte entwickelte, zur Vermeidung von Ermiidungserscheinungen bewusst knapp gehaltene Text, keine Schwierigkeiten bereitete. Die ersten Reaktionen der Befragten auf das ihnen vorgestellte Modell signalisieren freundliche Zuwendung mit positiver Tendenz. Die Frage, ob man sich spontan mit der Kvdturkarte anfreunden konnte, wurde im Mittel mit 3 skaHert, wobei 0=gar nicht und 6=sehr bedeuten. Dieses Ergebnis signalisiert Zustimmung mit leichten Vorbehalten, die angesichts der Neuartigkeit des Ansatzes auch nicht weiter verwunderlich sind. Tendenziell skeptischer bzw. zuriickhaltender sind Frauen, Jiingere und Befragte mit Haupt- oder Realschulabschluss. Die Vorstellung, eine Kulturkarte zu kaufen, wird im Schnitt mit 2,8 gewichtet. Bei beiden Fragen sind allerdings die Streuungen recht hoch, fiir uns eine Bestatigung, dass sich die Befragten nicht aus Unwissenheit oder Verlegenheit auf die Mitte der Skala stiitzten sondern dezidiert Position bezogen. Eine momentane Ablehnxing durch das Ankreuzen von 0=gar nicht wurde in beiden Fragen nur bei rund 10 Prozent der Befragten deutUch, alle anderen sind, wenn teilweise auch nur vorsichtig, dem Ansatz zugetan. So sind insgesamt auch positive Tendenzen zu vermelden bei Fragen nach der Beurteilung der voraussichtlichen Wirkimgen einer Kulturkarte, u. a. dass sie • die Teilnahme an Kulturveranstaltungen erhoht, • die staatUche Unterstiitzung fiir Konsumenten vergroBert, • die Einflussnahme der Kulturkonsumenten durch Mitfinanzierung von Kulturveranstaltungen erweitert. Im Mittel negativ wiirde dagegen verbucht, sofern die Kulturkarte nur fiir kleine Theater und nicht so bekannte Kulturveranstaltungen giiltig ware. Diese Einschrankung wiirden die Befragten in ihrer Mehrheit nicht begriiBen. GemaB dem Verhaltensintentionsansatz wird jeder Belief auf der WahrscheinHchkeitsskala von 0=gar nicht bis 6=sehr gemessen und auf der Bewertungsskala von -3=sehr schlecht bis +3=sehr gut eingestuft und das Produkt aus beiden Skalenwerten errechnet. Jede Uberzeugung kann zwischen den Extremen —18 (sehr wahrscheinHch und sehr schlecht) und +18 (sehr wahrscheinlich und sehr gut) liegen.
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Vorteile der Kulturkarte
Vorteile 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Sinnvollere Nutzung offentlicher Gelder. Attraktivere Gestaltung der Institutionen. Vereinfachter Eintritt durch bargeldlose Zahlung. Attraktivere Gestaltung des Kulturprogramms gemaU Konsumentenwijnschen. Einkommensschwacheren Bevolkerungsteilen kann der Kunstgenuss naher gebracht werden. Weitere Kulturbesucher werden angelockt.
7,6 6,2 6,0 5,7 5,6 5,0
Abbildimg 39: Vorteile der Kulturkarte
Die Einstelliing zur Kulturkarte wird als Summe der gewichteten positiven und negativen Uberzeugungen abgeleitet. Sie ist im vorliegenden Fall im Schnitt positiv, das heiBt in der Gesamtbetrachtung liberwiegen die mit einer Kulturkarte in Verbindung gebrachten Vorteile. Es werden aber auch Nachteile gesehen, die bei einer Anwendung des Modells in jedem Fall angesprochen und moglichst entkraftet werden miissten, damit eine noch groBere Zustimmung erzielt wiirde.
(1) Vorteile der Kulturkarte In der Liste der bewerteten Beliefs stehen die Vorteile vorn, die die Hoffnung auf Gewinne an Effizienz, Attraktivitat und Kundenorientierung ausdriieken. Die Befragten erwarten iind empfinden es als deutlich positiv, dass durch die Kiirzung der direkten Zuwendungen die Kunstproduzenten aufgefordert wiirden, vorhandene Gelder sinnvoUer zu nutzen (7,6). Im Zuge des notwendig werdenden groBeren Eingehens auf die Konsumentenwiinsche wird ein Attraktivitatsgewinn fiir die Gestaltung der Institution selbst, etwa in Form von Ausstellungen im Foyer, intensivierter Besucherinformation und einer Cafeteria (6,2) sowie des Kulturprogramms selbst erhofft und fiir gut befunden (5,7). Die Befragten begriiBen auch die Erleichterung eines bargeldlosen Eintritts in Kulturveranstaltungen (6,0). Als vorteilhaft wird auch die Begiinstigung von Einkommensschwacheren (5,6) sowie die Anlockung weiterer Kulturbesucher gesehen (5,0) (vgl. Abbildung 39).
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(2) Nachteile der Kulturkarte Unter den bewerteten Nachteilen sticht insbesondere die Sorge um die kiiltxirelle Vielfalt hervor. Es wird befurchtet, dass dutch die Subventionskiirzungen kleine und unbekannte Veranstaltungen nicht mehr durchfuhrbar sein konnten (-8,1) und dass dxirch die notwendigen Einsparungen das kulturelle Angebot dezimiert wiirde (—7,1). Es wird weiterhin als nachteilig angesehen, dass auf Seiten der Anbieter nur noch bekannte Kiinstler ausgestellt und gespielt werden konnten (-6,9) und auf Seiten der Nachfrager nur die begiinstigt waren, die sowieso haufig eine Kulturveranstaltung besuchten, imd dorthin auch ohne Kulturkarte gehen wiirden (—5,8). Der erhohte Zwang der Kulturinstitutionen, Besucher anzulocken, konnte in ein „kultureUes Disneyland" ausarten (—5,0). Die Kiirzung der direkten Subventionen wiirde zur Planungsunsicherheit der Kulturinstitutionen beitragen (-5,0) (vgl. Abbildung 40). In beiden Gruppen betreffen die Spitzenreiter, im positiven wie im negativen Sinn, die mit der Kulturkarte einhergehende Umverteilung offentHcher Gelder. In der Tat ist dies der Punkt, der den Kulturinstitutionen Mut und Flexibilitat abverlangen wiirde. Sie wiirden eine sichere Finanzierungsquelle gegen die Option, letztendlich noch mehr offentliches und privates Geld einnehmen zu konnen, eintauschen. Diesen Zwiespalt empfinden auch die befragten Verbraucher und schwanken zwischen beiden Polen. In der Summe der Beurteilungen der Kulturkarte iiberwiegt aber die Hoffiiung auf Gewinne an Effizienz, Attraktivitat und Kundenorientierung. Dem steht entgegen, nicht von gleicher Schlagkraft, aber keinesfalls zu vernachlassigen, die Befiirchtung des Verlustes an kultureller Vielfalt, der Begiinstigung von Bekanntem und weniger Anspruchsvollem sowie der Bevorteilung der Besucher, die sowieso an kulturellen Ereignissen teilnehmen. Nachteile der Kulturkarte
Nachteile 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Verlust an kultureller Vielfalt. Einsparungen auf Kosten des kulturellen Angebots. Es werden nur noch bekannte Kunstler augestellt und gespielt. Es werden nur diejenigen begiinstigt, die sowieso haufig eine Kulturveranstaltung besuchen. Kulturinstitutionen werden zum ..kulturellen Disneyland" um die Besucherzahl zu erhohen. Erhohung der Planungsunsicherheit.
Abbildxang 40: Nachteile der Kulturkarte
-8,1 -7,1 -6.9 -5.8 -5.0 -5.0
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Vor- und Nachteile der Kulturkarte: Diskrepanzen zwischen Anbietern und Konsumenten Mittelwerte aus Wahrs cheinlichkeit x Bewertung Konsumenten
Anbieter
1. Sinnvollere Nutzung offentlicher Gelder
7,6
-6,3
2. Mehr Orientierung an BesucherwiJnschen
3,0
-4,1
3. Planungsunsicherheit durch gekurzte Mittel
-5,0
-11,7
4. Verpflichtung zum Kulturveranstaltungsbesuch
-2,6
-2,6
5. Kunstinteressierte begijnstigt
-5,8
-1,8
6. Nur noch Werke bekannter Kijnstler
-6,9
-8,9
Sehr wahrscheinlich und sehr schlecht
1 1
Sehr wahrscheir lich und sehr gut
1 1
\ 1
-18
\
+18
/
^
ull A
Abbildung 41: Vor- und Nachteile der Kulturkarte: Diskrepanzen zwischen Anbietern und Konsumenten
Die Chancen des Modells der Kulturkarte, in die Praxis umgesetzt zu werden, sind abhangig von seiner Akzeptanz. Wie gezeigt, spielt dabei das Publikum eine zentrale Rolle. Es hat Erwartungen und Befurchtungen, aber unter dem Strich iiberwiegt eine positive Tendenz. Aus Sicht der Kulturkonsumenten konnte das Modell Erfolg haben. Doch wie steht es um die Reaktion der Kulturanbieter? Wiirden sie die Kulturkarte konstruktiv annehmen, sie als Herausforderung mit dem Potenzial zur Verbesserung der eigenen finanzieUen Lage verstehen? Wie wiirden die Kulturinstitutionen auf die Einfiihrung der Kulturkarte reagieren? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Exploration, die im Sommer 1998 an der Universitat Hohenheim durchgefuhrt wurde (vgl. hier und im Folgenden Rangel 1999). Die Stichprobe von n=13 war zu klein, um zu generalisieren. Dennoch konnten interessante Hinweise gewonnen werden. Es kamen Anbieter aus den Kulturbereichen Theater, Oper, Tanz- und Musikveranstaltungen, Museen und Ausstellungen in Stuttgart, Tubingen iind Ludwigsburg zu Wort. Jedes Interview dauerte zwischen 30 und 60 Mnuten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kulturanbieter gegeniiber dem Modell der Kulturkarte mehr Skepsis empfinden als die Nachfrager. Die Frage nach der unmittelbaren Akzeptanz: „Konnten Sie sich spontan mit der Kulturkarte anfreunden?" wurde bei den Konsumenten im Mittel mit 3,0 beantwortet. Bei den Anbietern lag der Mittelwert um einen halben Punkt tiefer bei 2,5 (auf der Skala von 0=gar nicht bis 6=sehr). Insbesondere die ins Spiel gebrachte mogliche Kiirzung direkter Subventionen wurde sehr kritisch gesehen. Diese Tendenz war auch
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erwartet worden. Weniger verstandlich erscheinen die zimi Teil massiv vorgebrachten Bedenken gegeniiber einer moglichen Steigenmg der Wirtschaftlichkeit und der Orientierung an Verbraucherwiinschen. Abbildung 41 zeigt die Beliefs, bei denen die Bewertungen beider Parteien besonders stark auseinanderklaffen. Der Vorstellung der Konsimienten, dass sich die Kimstproduzenten durch Kiirziing der direkten Zuwendungen veranlasst sehen konnten, das verfiigbare offentliche Geld sinnvoller zu nutzen (7,6) konnen die Kulturanbieter gar nichts abgewinnen (—6,3). Und auch die erwartete Mehrorientierimg an Besucherwiinschen, die bei den Nachfragern positiv zu Buche schlagt (3,0) wird von den Anbietern negativ gewichtet (-4,1). Eine Umkehr der Vorzeichen in anderer Hinsicht zeigt das von den Konsumenten bemangelte Gefiihl, eine Kulturkarte, die Mittel bindet, konnte den Kulturbesuch als verpflichtend erscheinen las sen (—2,6). Diese mogHche Verpflichtung sehen die Anbieter positiv (2,6). Weniger schlimm ware es ihrer Meinung nach auch, dass Kunstinteressierte begiinstigt wiirden (Anbieter: —1,8, Konsumenten: -5,8). Starker negativ sehen die Kulturanbieter dagegen die Moglichkeit, dass nur noch Werke bekannter Kiinstler ausgestellt wiirden (Anbieter: -8,9, Konsumenten: -6,9). Die Kulturkarte ist ein Denkmodell. Es impliziert ein neuartiges Zusammenspiel zwischen Kulturkonsumenten und Kulturanbietern, Wirtschaft und Staat. Ebenso wie bei den Kulturgutscheinen sollen die offentlichen Mittel in einem ersten Schritt an die Nachfrager, nicht an die Anbieter von Kulturleistungen gehen. Die Kiilturinstitutionen miissen sich die staatlichen Zuwendungen bei ihrem Publikum verdienen. Damit werden Kundenorientierung und Effizienz des Mitteleinsatzes gefordert. Die Kulturkonsumenten profitieren auBerdem von der PreisermaBigung. Die subventionierte Kulturkarte ist mehr wert, als sie kostet. In der Folge wird mehr Kultur nachgefragt, als es bei hoheren Preisen der Fall ware. Dieser positive Effekt hat das Potenzial zur Selbstbeschleunigung. Wie in Kapitel 4 schon ausgefuhrt, sinken mit zunehmendem Kulturkonsum die Verarbeitungskosten bei gleichzeitig steigendem Grenznutzen (vgl. 4.3.2). Im Idealfall begriindet die Kulturkarte den Einstieg in eine gesellschaftlich erwiinschte Suchtkarriere bei Kunst und Kultur.
5.4 N e u e Angebotswege 5,4.1 Kunstvermittlung im Internet Erst im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde das unbegrenzt erscheinende Potenzial, das die Etablierung des Internets den Menschen in alien Bereichen, in denen es um
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Ubermittlung von Information oder Vermittlung von Giitern und Leistungen geht, nach und nach deutlich. Dabei war die Annahme des neuen Mediums durch Anbieter und Nachfrager zunachst nur zogerlich angelaufen. Vielfach wurde das Internet als unliebsame Konkurrenz gesehen, die den eigenen Markt einschranken wiirde, beispielsweise aus dem Blickwinkel der Printmedien. Wiirden die Menschen noch Zeitungen lesen, die konventionell auf Papier gedruckt waren, wenn sie stattdessen aktuellste Informationen online abrufen konnten? Die Entwicklung zeigt, dass diese und ahnHche Befiiirchtungen ohne Substanz blieben. Es kam im Gegenteil zu einem positiven Ruckkoppelxingseffekt. Je selbstverstandlicher der Umgang mit dem neuen Medium wurde, desto stabiler behaupteten sich die traditionellen Vermittlungswege. Die virtuelle Welt hat die Realitat nicht verdrangt, wohl aber erganzt. Das gilt in besonderem MaBe auch fur den Bereich von Kunst und Kultur (vgl. Becker 2000). Auch hier begleiteten kritische Stimmen die Anfange von Prasentation und Darstellung im Internet. So wurden Befiiirchtungen laut, der virtueUe Kunstgenuss, etwa der Gang durchs Museum am Bildschirm, konnte die tatsachliche Ausfuhrung, den Museumsbesuch selbst, vereiteln. Diese Einwande blieben jedoch haltlos. Angesichts der zunehmend flachendeckenden Verbreitung der Intenetauftritte scheint sich bei den Kulturanbietern offenbar die gegenteilige Auffassung durchgesetzt zu haben. Namlich die, dass die Nutzung des Internets in alien zur Verfiiigung stehenden Dimensionen anstelle einer Dezimierung die Steigerung des Kulturkonsums bewirkt. Doch wie kann dieser Schwenk erklart, die zugrunde liegende Hypothese begriindet werden? Hilfreich ist ein Blick auf das Informationsverarbeitxmgsmodell. Es bildet einen wichtigen Teilbereich im Entscheidungsprozess der Nachfrager ab und unterstellt, dass die fur die Entscheidimgsfindung relevante Information in mehreren aufeinander folgenden Stufen verarbeitet wird (Blackwell et al. 2001, S. 76). Das Durchlaufen jeder einzelnen Verarbeitungsphase ist eine notwendige Bedingung fur den Erfolg der InformationsmaBnahme insgesamt. • Exposure. In der ersten Stufe geht es um die Moglichkeit, die ausgesandte Information zu empfangen. Kann der Verarbeitungsprozess iiberhaupt in Gang kommen, trifft die Information den gedachten Empfanger? Hier zeigt die Entwicklung der Verbreitung des Internets in eine eindeutig expansive Richtung. Wahrend in Deutschland rund 60 Prozent der erwachsenen Bevolkerung als Internetnutzer genannt werden, sind es in den USA bereits rund 70 Prozent (van Eimeren und Frees 2005, S. 363; Blackwell et al. 2006, S. 116). Ein vergleichbarer Prozess ist auch hier zu erwarten, allerdings mit Einschrankung fur die alteren und weniger gebildeten Bevolkerungsgruppen. Deren Abstinenz gegeniiber dem Intenet wird unter dem Stichwort der digitalen Spaltung diskutiert und mit
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Empfehlimgen zur Nutzungsanleitung verkniipft (Kubicek 2002). Dennoch ist das durch das neue Mediiim ptinzipiell erreichbare Potenzial groB. Attention. Es reicht nicht, allein in den Gesichtskreis der Empfanger zu kommen. Die Information muss zudem die Aufmerksamkeit erregen, iim wahrgenommen zu werden. Die Zuwendung verspricht dann zu gelingen, wenn die Information auf das Interesse der Empfanger trifft, weil sie sich mit der angesprochenen Thematik identifizieren, oder weil sie eine diesbeziiglich konkrete Entscheidung treffen wollen, etwaim Hinblickauf das Kulturprogrammin der Freizeitgestaltung. Ein zusatzliches MaB an Aufmerksamkeit wird durch die Aufmachung erreicht, wenn die Information bunt, schriU, laut oder ungewohnlich verpackt wird. Das Internet kann nach wie vor mit dem Bonus des Neuartigen arbeiten, auch wenn dieser Vorteil mit der Zeit schwinden wird. Dennoch spricht die Kombination aus motivationaler und sensorischer Aktivierxmg dafiir, dass Kultudnformation im Internet auf Aufmerksamkeit trifft. Comprehension. Die dritte Stufe im Verarbeitungsprozess wird vielfach unterschatzt. Die Informationsanbieter haben es selbst in der Hand, ob sie den erfolgversprechenden, bedarfsorientierten Weg gehen, um Informationsinhalte festzulegen, oder ob sie dies den Experten iiberlassen und riskieren, von den Empfangern der Information nicht mehr verstanden zu werden. Das Zugrundelegen des Informationsbedarfs heiOt, bei den Abnehmern selbst zu beginnen. Deren offene Fragen und Probleme werden erhoben und zur Richtschnur der Veroffentlichung gemacht. Auf diese Weise konnen zwei Vorteile in einem Arbeitsgang realisiert werden. Die Informationsempfanger erhalten die Antworten, nach denen sie gesucht haben imd sind daran interessiert. Da ihre eigenen FormuHerungen in die Informationstexte einflieBen ist dariiber hinaus die Verstandlichkeit gegeben. Acceptance. Der Informations sender kann in der vierten Stufe mit Zustimmung zu seiner Botschaft rechnen, vorausgesetzt, die Abfolge der vorangegangenen Schritte war im beschriebenen Sinne verarbeitungsgerecht. Ein Nichtakzeptieren konnte allerdings dann erfolgen, wenn sich weitere Hindernisse in den Weg steUen, die die Fortsetzung der Planimg des durch Information angeregten Kulturbesuchs scheitern lassen. Die empirischen Untersuchvmgen in den vorausgegangenen Abschnitten dieses Kapitels hatten gezeigt, dass es vielfach die organisatonschen Kleinigkeiten sind, die zu Storfaktoren werden, wie beispielsweise die iingeloste Parksituation bei einem Theaterbesuch. Retention. Das Behalten der Botschaft markiert die fiinfte und letzte Stufe im Prozess der Informationsverarbeitung. Sie dient der Vereinfachung bei wiederholten Entscheidungen. Der Informationsempfanger soil sich gern daran ertnnern, dass ihm bei seiner Entscheidungsfindung Hilfe zuteil wurde.
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Er soil die Wege dorthin abspeichern und bei neuem Bedarf ohne Urastande erneut abrufen konnen. Das Internet ist fur diese Aufgabe im besonderen MaBe geeignet. Durch Speichern der relevanten Internetadresse kann der Vorgang im Wiederholungsfall sehr vereinfacht werden. Alle fiinf Stufen des Informationsverarbeitimgsmodells werden durch das Einstellen von Information ins Netz erleichtert. Unter diesem Aspekt ist es kein Wunder, dass die anfanglichen Vorbehalte der Kulturanbieter einer breiten Zustimmung wichen und es heute praktisch keine Kulturinstitution mehr gibt, die auf eine Homepage verzichtet (vgl. Schuck-Wersig 2000). Diese Uberlegungen betreffen die Vorteile des Internets als Informationsmedium. Der Transfer von Daten und Fakten soU dazu anregen, das Angebot real zu nutzen. Bin anderer Weg wird beschritten, wenn das Internet, so wie bei Software-Angeboten, das Kunstprodukt selbst ins Haus brbgt. Das klingt noch utopisch, ist aber in Teilen schon verwirkHcht. Immer dann, wenn im privaten Haushalt ein adaquater technischer Empfanger vorhanden ist, kann die Produktiibertragung beginnen. Hier sind verschiedene Ansatze machbar oder zumindest denkbar. Je nach GroBe und Qualitat eines Druckers waren RepMken von Kunst iiber den privaten Computer mogHch. Schriften lassen sich ausdrucken, gesprochene Verse konnen aufgezeichnet werden. Das wird niemals dasselbe sein, als hielte man ein gebundenes Buch oder eine Horspielkassette mit Cover in Handen. Unter diesem Blickwinkel lohnt es erst gar nicht, die Angste, die zunachst dem Informationsmedium Internet galten, auf das Angebotsmedium zu iibertragen. Dennoch gibt es einen Bedarf, der unterhalb des Perfektionslimits liegt. Die schnelle Verfiigbarkeit vor Ort ist ein Argument, welches das Angebot qua Internet attraktiv machen kann. Im folgenden Abschnitt geht es um ein Beispiel aus diesem Bereich, das nach turbulenter Anfangsphase nunmehr konstruktiv bearbeitet wird, das Herunterladen von Musik aus dem Netz.
5.4.2 Musikdownloads Die Musikindustrie befindet sich im fundamentalen Wandel, der mit den MogHchkeiten zur Digitalisierung von Musik begann und bis heute nicht abgeschlossen ist. Doch die damit einhergehende Euphoric, das Gefiihl von Unbegrenztheit und Freiheit im Musikgenuss blieb den Nachfragern vorbehalten. Die industriellen Anbieter fiihlen sich dagegen durch die Tauschborsen im Internet, die das kostenlose Herunterladen von Musiktiteln auf den heimischen Computer erlauben, in ihrer Existenz bedroht. Sie reagieren rigoros, gleichsam konterrevolutionar mit alien ihnen zur Verfiigung stehenden technischen und juristischen Mitteln (Staun
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendung
2006). Selbst wenn strafrechtliche Ermittlungen wegen Geringfiiigigkeit eingestellt werden, kann die Musikindustrie anhand der Daten der Nutzer iiber Zivilklagen Schadenersatzzahlungen erwirken. Laut Angaben der deutschen Phonoverbande wurden bereits iiber 2000 derartiger Verfahren eingeleitet. In mehreren hundert Fallen habe es zivilrechtliche Vergleiche mit Zahlimgen zwischen 2000 und 15.000 Euro gegeben (Rottgers 2006). Als Hauptargument fiir die harten MaBnahmen wird die Verteidigung des Urheberrechts betont. Doch sind die Stimmen auf Anbieterseite keineswegs einheitUch. So hat sich beispielsweise der deutsche Rock- und Pop Musikverband fur das Recht auf das Erstellen von Privatkopien ausgesprochen, solange der Musikdownload iiber Tauschborsen keinen kommerzieUen Zwecken dient (Computerwelt 2006). In Einklang mit dieser Haltung veroffentlichen einzelne Kiinstler oder Musikgruppen ihre Lieder freiwillig und ohne Kosten fiir die Nutzer im Netz. Sie wollen massenhaft heruntergeladen werden, beispielsweise von der Internetseite Myspace, und sich auf diese Weise einen Namen machen. Die Tauschborse Internet wird auf diese Weise gezielt als Werbemedium genutzt (Staun 2006). Mit Angeboten zum legalen Download wiU die Musikindustrie der Piraterie im Netz ein Ende bereiten. Tatsachlich hat sich der Umsatz mit Musiktiteln, die gegen Entgelt heruntergeladen werden konnen, im Vergleich von 2004 auf 2005 auf rund 1,1 MilHarden Dollar verdreifacht. Das Angebot an legal bereitgesteUten Titeln ist mit zwei Millionen auf das Sechsfache angestiegen. Weltweit wurden im Jahr 2005 420 Millionen Lieder von insgesamt 300 zur Verfiigung stehenden Plattformen heruntergeladen (WeIke 2006). Unter dem Eindruck dieser Entwicklungen erkennt auch der deutsche Phonoverband den digitalen Musikvertrieb als einen selbstverstandlichen Teil des gesamten Musikmarktes an. Dennoch steckt die Musikindustrie aUgemein, und der deutsche Markt im Besonderen, in Schwierigkeiten. Zvim einen mindert das wachsende Online-Geschaft die Verkaufe von CDs im Einzelhandel. Zum anderen darf nicht iibersehen werden, dass die Zahl der illegalen Musikdateien immer noch um ein Vielfaches hoher ist als die der legalen Dateien. Nach Schatzungen steht den 2 MilUonen legalen Liedern im Netz ein Volumen von 885 MiUionen illegalen Dateien gegeniiber (Welke 2006). Der amerikanische Konsument ist zudem sehr viel aufgeschlossener gegeniiber dem bezahlten Onlinekauf als der europaische Kaufer. Von den iiber offizielle Internetportale abgewickelten Musikkaufen fallen allein 84 Prozent auf die USA. Nur 5 Prozent des Gesamtvolumens entfallen auf Deutschland. Im Schnitt hat im Jahr 2005 jeder vierte Deutsche einen Titel legal im Internet erworben. Diese Entwicklung wird von der Stuttgarter Zeitung mit den Worten kommentiert, die Musikindustrie miisste reagieren und sich Gedanken
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Neue Angebotswege
Gewunschte Eigenschaften von Musikdownloads Diese Eigenschaft ist fur mich ...
sehr wichtig
nicht wichtig 1
2
3
4
5
6
X
Qualitat
5,4
Preis
5,3
Gute Suchfunktion
5,0
Stabilitat
4,9
Schnelligkeit
4,9
GroBe Auswahl
4,8
Ubersichtlichkeit
4,6
Sicherheit
4,5
Einfache Bezahlung
4,4
Aktualitat
3,7
Unveroffentlichte Titel
3,3
Ahnliche Genres
3,3
Abbildung 42: Gewunschte Eigenschaften von Musikdownloads
iiber eine Ankurbelung des Geschafts mithilfe von Preissenkungen machen (Welke 2006). In der Tat ist der pro Download verlangte Preis seit Jahren bei 0,99 Euro pro Song stehen geblieben. Das mag man positiv im Sinne einer Preis stabilitat werten, oder negativ als verpasste Chance der Marktausweitung durch Preispolitik und qualitative Anreicherung des Angebots. Hat die Musikindustrie den aktuellen Trend verschlafen? In einer an der Universitat Hohenheim im Jahr 2003 durchgefuhrten OnlineBefragung mit 900 Teilnehmern wurden die Erwartungen der Verbraucher an ein kostenpflichtiges Musikangebot im Netz erhoben (vgl. hier und im Folgenden Klotz 2003 sowie Gottschalk und Klotz 2004). Wie sollte aus Sicht der Kunden ein bestmogliches offizielles OnHne-Angebot aussehen? Welcher zusatzliche Service, welche individuellen Anreize miissten bereitgestellt werden, damit statt eines vordem kostenlosen Tausches eine Dienstleistung gegen Entgelt gewahlt werden wiirde? Fast genau zwei Drittel der Probanden gaben an, schon Musik iiber das Internet getauscht zu haben. Dies zeigt die eindeutige Tendenz, sich Musik auf anderen, ansteUe der herkommlichen Vertriebswege, zu beschaffen. Bestatigt wird dieses Bild durch die anschHeBende Frage nach der Downloadhaufigkeit. Hier kann eine enorme Spannweite von einem einzigen bis zu 1200 Downloads im Monat festgestellt werden. Im Durchschnitt handelt es sich dabei um rund 24 Titel pro Monat. Die Frage ist, ob diesem mehrheitlich betriebenen Kopierverhalten eine andere, legale Richtung gegeben werden kann. Wir wollten wissen, unter welchen Bedingungen die Musikliebhaber sich vorstellen konnten, entgeltpflichtige Angebote zu nutzen. Abbildung 42 zeigt die durchschnittliche Einstufimg aller Befragungsteilnehmer
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Kulturokonomische Analyse in der Anwendxmg
kn Uberblick. Gfundlage war eine sechsstufige Skala mit den Eckpiinkten 1 =nicht wichtig \md 6=sehr wichtig. Das wichtigste Kriterium, das fiiir den bezahlten Download im Internet sprechen wiirde, ist die erwartete Qualitatsverbesserung gegeniiber dem oftmals nur eingeschrankten Horgenuss der kostenlosen Dienste. Sie wird im Mittel liber die Befragten mit 5,4, also sehr nahe am Hochstwert, gewichtet. In kurzem Abstand folgen die Merkmale Preis, Stabilitat imd Schnelligkeit. Die Befragten erwarten offenbar ein hochwertiges Angebot, das ihnen neuen Bedienungskomfort zu einem angemessenen Preis offerieren kann. Eine hohe Wichtigkeit besteht des Weiteren in der gut ausgestalteten Suchfunktion des Dienstes xind in den technischen Auspragungen, wie StabiHtat und SchnelHgkeit. Wahrend die Ausgestaltnng einfacher Bezahlsysteme noch eine groBe Wichtigkeit besitzt, bleiben die AktuaHtat der Titel, das Angebot imveroffentlichter Titel und die Vorschlage ahnlicher Genres dahinter vergleichsweise zuriick. Dennoch zeigt das Ergebnis der Gewichtung, dass die Merkmale in ihrer Gesamtheit durchaus wichtige Kriterien fiir die Konsumenten darstellen. Aus der Frage, ob sich die Probanden vorstellen konnten einen Betrag fiiir den Download zu entrichten, lasst sich iiber samtHche Probanden hinweg eine leicht positive Tendenz ableiten. Der Mittelwert betragt hier 3,5. Wahrend die Manner im Durchschnitt 3,4 angaben, ergibt sich bei den Frauen ein Mittelwert von 3,6 und damit eine tendenziell hohere Bereitschaft, fur einen einmaHgen Download zu zahlen. Dasselbe gilt fiiir den Zusammenhang mit dem Alter der Befragten. Mit steigendem Alter nimmt die grundsatzliche Bereitschaft zu Zahlungen kontinuierlich zu. Ein etwas anderes Bild ergibt sich jedoch, wenn nach genauen Geldbetragen gefragt wird. Im Durchschnitt sind die Probanden der Untersuchung bereit, 0,98 Euro fiir einen Musiktitel zu bezahlen. Wahrend die Manner im Schnitt 0,86 Euro bezahlen wiirden, Hegt der Durchschnitt der Frauen bei 1,15 Euro. Bei den hoheren Altersklassen driickt sich jedoch die hohere grundlegende Tendenz, Geld fiir den Download zu entrichten, nicht in einem hoheren Geldbetrag aus. In jeder Altersklasse liegt die durchschnittUche Zahlungsbereitschaft noch unter einem Euro. Unter dieser MaBgabe sollte deshalb die Ein-Euro Marke pro Download stets imterschritten bleiben, wenn mit einem legalen Onlinedienst moglichst viele Konsumenten angesprochen werden sollen. Auf Seiten der Probanden besteht lediglich eine geringe positive Tendenz, fiir einen einmaligen Download zu bezahlen. Aus den Kommentaren der Befragten geht hervor, dass es sich bei einem Betrag von 0,98 Euro wirklich um einen Maximalbetrag handelt. Das bedeutet, dass die Preisakzeptanz im Cent-Bereich liegt. Weicht der Betrag nur etwas von den Vorstellungen der Verbraucher ab, werden sie nicht gewillt
Neue Angebotswege
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sein, iiberhaupt einen Geldbetrag zu entrichten und weiterhin den kostenlosen Diensten Vorrang einraumen. Um fiiir den einmaligen Download von Musik Anreize zu schaffen, miissen besonders die technischen Eigenschaften, wie Qualitat, Stabilitat und Schnelligkeit in den Vordergrund gestellt werden. Dariiber hinaus stellen auch die Suchfunktion und die Ubersichtlichkeit des Portals entscheidende Kriterien dar. Allen Aktexiren auf dem Markt fur Musik muss moglichst schnell verdeutlicht werden, dass eine Fortsetzung der Talfahrt sowohl eine Begrenzung und Verflachung des Angebots als auch ein Wegbrechen der Unterstiitzung junger, noch unbekannter Kiinstler zur Folge haben wird. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass Konsumenten unter bestimmten Bedingungen tatsachlich bereit waren, fiiir das Herunterladen von CDs zu bezahlen. Diese Verbraucherwiinsche miissen erfiiillt und durch zusatzliche Aufklarung iiber nicht wieder gut zu machende Schaden der Piraterie unterfiittert werden.
Litetatur zur Vettiefung und zum Weiterlesen Anheier, Helmut K, Lester M. Salamonimd Edith Archambault (1997). Ehrenamtlichkeit und Spendenverhalten in Deutschland, Frankreich und den USA. In: H. K. Anheiner, E. Priller, W Seibel und A. Zimmer (Hrsg.). Der Dritte Sektor in Deutschland. Organisationen zwischen Staat und Markt im gesellschaftlichen Wandel. Berlin: Edition Sigma. S. 197-209. Borrus, Kathy (1999). Der Supermarkt des Smithonian. Merchandising iiber Shops, Katalog und lizenzgeschaft. In: W Heinrichs (Hrsg.). Merchandising & Licensing in Kulturbetrieben. Stuttgart: Raabe. S. 21-39. Hendon, William S. (1990). The general public's participation in art museums: Visitors differ from non-visitors, but not as markedly as case studies have indicated. American Journal of Economics and Sociology, Band 49. S. 439-458. Hummel, Marlies, Christoph Saul und Lisa Becker (1997). Eintrittspreise von Museen und Ausgabeverhalten der Museumsbesucher. Ifo-Studien zu Kultur und Wirtschaft, Band 22. Miinchen: Ifo-Institut fiir Wirtschaftsforschung. Schwaiger, Manfred (2003). Evaluierung von Kultursponsoring-MaBnahmen. In: S. litzel, F. Loock und A. Brackert (Hrsg.). Handbuch Wirtschaft und Kultur. Formen und Fakten unternehmerischer Kulturforderung. Berlin: Springer. S. 98-113. Terlutter, Ralf und Peter Weinberg (1995). Kiilturinstitutionen: Mit Marketing in die Zukunft - Besucherorientierung als Leitmaxime. Marketing Praxis. Jahrbuch 1995. S. 126-131.
6 Konsequenzen fur Kunst und Kultur
6.1 Fotderung des Kulturangebots 6.1,1 Stahilisierung der Rahmenbedingungen
Kreativitat braucht den sicheren Untergrund. Keine der im deutschen Biindestag vertretenen Parteien verneint, dass Kunst und Kultur der schiitzenden Hand des Staates bediirfen. Ausdruck dieses gemeinsamen Verstandnisses ist die von alien Seiten demonstrierte Einhelligkeit dariiber, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Bei der ersten Lesung im Bundestag Anfang Marz 2006 zeigten sich alle Fraktionen als Befurworter eines erganzenden Grundgesetzartikels 20b mit dem Wortlaut: „Der Staat schiitzt und fordert die Kultur". Riickfragen oder kritische Stimmen zu diesem Vorhaben galten allein staatsrechtlichen Fragen hinsichtlich der Abstimmung zwischen Bund und Landern. Aus diesem Grund wurde der Antrag zum Staatsziel Kultur im Grundgesetz in den Rechtsausschuss iiberwiesen (dpa 2006). Die Deklaration gemeinsamer Kulturziele ist die rechtlich-formale Seite im Prozess der Stabilisierung des Kulturangebots. Die damit einhergehenden finanziellen Verpflichtungen sind die andere Seite. Hier zeigt sich, dass es unabhangig von der Frage, welche Parteien die Regierung bilden, in der Vergangenheit Abstriche am Kulturbudget gegeben hat. Nach den Ende Februar 2006 aktualisierten Angaben des Statistischen Bundesamtes Deutschland wurden die Kulturausgaben in der Folge von drei Haushaltsjahren verringert. Wurden 2001 noch 8,4 Milliarden Euro fur Kunst und Kulturpflege eingesetzt, sank dieser Betrag auf 8,3 Milliarden in 2002 und auf 8,07 Milliarden Euro in 2003. Dasselbe Bild ergibt sich bei den Ausgaben der offentlichen Haushalte fiiir die so genannten kulturnahen Bereiche, darunter die Volkhochschulen und Weiterbildung, kirchliche Angelegenheiten, Rundfunk imd Femsehen. Auch sie wurden von 1,64 Milliarden Euro im Jahr 2001 auf zunachst 1,53 (2002) und dann 1,51 Milliarden Euro (2003) reduziert (Statistisches Bundesamt 2006a). Es ist die Frage, ob dieser Abwartstrend als budgetpolitischer Beitrag des Kultxirsektors zur notwendigen Haushaltssanieriong zu verstehen ist oder aber
Forderung des Kulturangebots
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inhaltltch als gewollte, sukzessive Minderung der finanziellen Fiirsorge des Staates fur Kiinst und Kultur verstanden werden kann. Die aktuellen Uberlegungen zmn Staatsziel Kultur scheinen die Auslegung einer gewollten Reduzierung des offentlichen Engagements nicht zu stiitzen. Was kann jedoch getan werden, um der Forderung des Kulturangebots mehr Nachdruck und demonstrative Prasenz zu verleihen? Kulturschutz durch den Staat bedeutet auch, den stabilen rechtlichen Rahmen zu schaffen. Dazu gehort die unverbriichliche Rechtssicherheit beziigUcli der steuerlichen Behandlxing von Sponsorengeldern, Spenden und Nachlassen. Wie das amerikanische Beispiel gezeigt hat, kann die offentliche Hand die private Bereitschaft zur Spendentatigkeit und zum Sponsoriag nachhaltig beeinflussen. Das ist angesichts der dort praktizierten, groBziigigen Form der Abzugsfahigkeit auch nicht weiter verwunderUch. So sind etwa Spenden an karitative Einrichtungen in den USA bis zu 50 Prozent steuerlich abzugsfahig (Anheier et al. 1997, S. 198). Insgesamt konnen Privatpersonen in den Vereinigten Staaten ihr zu versteuerndes Einkommen durch Spenden an gemeinniitzige Institutionen, zu denen auch die Institutionen der darsteUenden Kunst zahlen, xim bis zu 50 Prozent, Unternehmen ihre zu versteuernden Gewinne um bis zu 10 Prozent reduzieren. Deutschland gestattet dagegen nxir Abziige um bis zu 10 Prozent des steuerbaren Einkommens von Individuen und Unternehmen (Pommerehne und Frey 1993, S. 46). Vor rund zehn Jahren hat der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Frage gesteUt, wie viel Kultur wir uns leisten wollten (vgl. hier und im Folgenden Jeske 1997). Zwar stehe axiBer Frage, dass sich Deutschland nicht als Kulturnation verabschieden diirfe. Doch sei es ebenso sicher, dass sich auch der Staat angesichts der angespannten offentlichen Kassen in seiner Kulturforderxing umorientieren und in Teilen auch zuriickziehen miisse. Dies aber nur unter der Bedingung, dass der privaten Forderung mehr Freiraum gegeben wiirde, zuaUererst durch eine allgemein niedrigere Besteuerung, aber ebenso wie in Amerika durch entsprechende Stiftungs-, Erbschafts- und Schenkungsregelungen. Letztendlich entscheidend sei aber der Wille, eine Kulturnation bleiben zu wollen: Dariiber wiirden wir aUe entscheiden (ebenda).
6.1.2 Stdrkung des Kulturhewusstseins Deutschland sieht sich traditionell als Kulturnation. Doch wie steht es wirklich um die Haltung der Burger zu Kunst und Kultur? Wie wichtig ist ihnen die Gestaltung ihres privaten Kulturprogramms, welche Veranderungen las sen sich iiber die Zeit beobachten?
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Konsequenzen fur Kimst und Kultur
Auskiinfte iiber das kulturelle Befinden der Bevolkening geben die vom Bonner Zentrimi fur Kulturforschung (ZfKf) in Kooperation mit dem Bundesministeriuni fiiir Bildung und Forschung (BMBF) periodisch durchgefuhrten, reprasentativen Bevolkerungsumfragen zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen im Kulturbereich. Sie werden als KulturBarometer bezeichnet und seit dessen erstem Erscheinen im Jahr 1991 regelmaBig veroffentlicht. Auf diese Weise konnen Entwicklungen prazisiert und Trends im Kulturverhalten der Burger deutlich werden. So zeigt der Vergleich der Erhebungsdaten zwischen 1992 und 1999, dass sich der Besuch von kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen in der Mehrzahl der Falle stabilisiert hat. Zuwachse gab es in den neunziger Jahren insbesondere fur die Museen, in der vergleichenden Statistik des Zentrums fiiir Kulturforschung ausgewiesen am Beispiel der Heimatmuseen. Wahrend 13 Prozent der Befragten im Jahr 1992 angaben, sie hatten im letzten halben Jahr mindestens einmal ein Heimatmuseum besucht, waren es sieben Jahre spater bereits 17 Prozent der Probanden. Die Stichproben beruhen auf Teilnehmerzahlen von n=1499 im Jahr 1992 und n=2571 im Jahr 1999 (Zentrum fiir Kulturforschung 2000). Dass die Museen auch weiterhin im Aufwind liegen, geht auch aus dem Museumsbericht 2004 hervor. Im Jahr 2002 registrierten die deutschen Museen insgesamt 101,2 Millionen Besucher. Damit lagen sie um 4,3 Prozent iiber dem Niveau von 1990 (Statistisches Bundesamt 2006b). Diesem positiven Trend fiir Museen und Ausstellungen entspricht auch die Gesamtentwicklung der Kulturbesuche, wie sie das KulturBarometer fiir die neunziger Jahren ausweist. Am Ausgang des Jahrtausends gaben 41 Prozent der Befragten an, sie hatten im letzten halben Jahr keine der aufgefiihrten Kulturveranstaltungen, darunter Theater- und Opernauffiihrungen, Ausstellungen und Autorenvorlesungen, besucht. Im Jahr 1992 waren es dagegen mit 46 Prozent der Befragungsteilnehmer noch 5 Prozent mehr, die der Kultur fern bHeben (Zentrum fiir Kulturforschung 2000). Es scheint, als hatten aktuelle okonomische Probleme, darunter an vorderster Stelle die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, die Vorliebe fiir Kultur nicht von ihrem angestammten Platz verdrangt. Das gilt zumindest fiir diejenigen, die bereits zu den Kulturbesuchern zahlen und die eigenen positiven Erfahrungen gemacht haben. Betrachtet man die Daten kritischer, dann bliebt festzustellen, dass ein hoher Prozentsatz von iiber 40 Prozent der Bevolkerung diesen Anschluss noch nicht gefiinden hat. Das Kulturbewusstsein scheint stabil bei den Kulturinteressierten, aber noch unterentwickelt bis gar nicht vorhanden bei denen, die in diesen Kreislauf noch nicht eingetreten sind. Es lebt der Nimbus vom Kulturstaat, doch die Realitat hat in nicht unerheblichen Segmenten Abstriche zu verkraften. Vor diesem Hintergrund ware es wichtig, das allgemeine Kulturbewusstsein aufzubauen und substanziell zu starken.
Forderung des Kulturangebots
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Die Wurzeln fur die Haltung gegeniiber Kunst und Kultur werden in der Kindheit imd der Erziehung angelegt. Wer aber gilt als kviltiirinteressiert, wer nicht? Die Richtschnur fiiir das kulturelle Empfinden entwickelt sich in einem gesellschafdichen Prozess unter Beteiligung verschiedenster Institutionen, nicht zuletzt der Kulturinstitutionen selbst \md der Medien. Der Stellenwert, den Kiiltur in der Gesellschaft einnimmt, bemisst sich jedoch nicht an der Bevorzugung einzelner Kulturformen. Es macht keinen Sinn, ein Volk von Opernliebhabern als kulturell hochstehender einzustufen als ein Land von Tanz- oder Filmfreunden. Es gibt jedoch Indikatoren, mit deren Hilfe die generelle Haltung deutlich gemacht werden kann, etwa als Bereitschaft zxim Besuch und zur Finanzierung von Kulturveranstaltungen, gleich welchen Genres, und als politische Unterstiitzving von Kunst vind Kultur durch Wahl von Parteien mit entsprechendem Programm. Doch wie beeinflusst ein ungeschriebener Konsens iiber ein angemessenes Kulturbewusstsein das Kulturhandeln des Einzelnen, inwieweit gibt es Spielraum fur Veranderungen? Zur Illustration dessen, was moglich ist, konnen das Umweltbewusstsein und die Uberlegungen zur Forderung von umweltgerechtem Verhalten dienen. Grundlage ist ein von dem Schweizer Okonomen Kirsch entwickelter analytischer Rahmen. Er riickt neben den individuell erlebten Kosten und Nutzen umweltdienHchen Handelns auch die gesellschaftliche Fijderung dessen, was als umweltfreundlich gelten kann, als bestimmende Variable ins Zentrxim (Kirsch 1991). Dieselbe Idee kann auf den Kulturbereich iibertragen werden. Statt des Bewusstseins fiir Umweltbelange geht es hier utn die Haltung, die die Gesellschaft und der Einzelne gegeniiber dem Kultursektor einnimmt. In Abbildung 43 steht die Abszisse rechts von der y-Achse fiiir kulturzugewandtes und links davon fur kulturabgewandtes Verhalten, wahrend die Ordinate oberhalb der x-Achse die Kosten und unterhalb der Abszisse den Nutzen kulturbezogenen Verhaltens angibt (nach der Vorlage von Kirsch 1991, S. 252). Die vom linken oberen in den rechten unteren Quadranten verlaufenden Geraden sind Verhaltenskurven der drei Akteure a, b und c. Bezogen auf die Ausgangsordinate ist Subjekt c dasjenige, das fur kulturelle Dinge am meisten einzusetzen bereit ist. Es agiert selbst dann noch zu Gunsten der Kviltur, wenn Kosten bis zur Hohe von A entstehen. Erst wenn die finanzieUe Last einen Umfang einnimmt, der A iibersteigt, rutscht Subjekt c gemaB seiner Verhaltenskurve aus dem der Kultur zugewandten, rechten oberen Quadranten auf die Hnke, der Kultur abgewandte Seite. Akteur b ist vergleichsweise neutral, Kultur stellt fur ihn keinen Zusatznutzen dar, er handelt nur gemaB den individuell anfallenden Kosten und Nutzen. Subjekt a ist sogar ein echter Kulturmuffel, der sich nur dann kulturellen Dingen zuwendet, wenn fiiir ihn ein Nutzen in Hohe von groBer B herausspringt.
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Konsequenzen fur Kunst iind Kultur
Analytischer Rahmen fur Kulturbewusstsein und Kulturhandein Kosten des Kulturkonsums
kulturabgewandtes Verhalten
kulturzugewandtes Verhalten
Nutzen des Kulturkonsums
Abbildung 43: Analytischer Rahmen fiiir Kulturbewusstsein und Kulturhandein QueUe: Kirsch 1991, S. 252
Doch die Verhaltenskurven selbst sind im Moment gar nicht interessant. Hier geht es urn die Lage der Ordinate, mithin die gesellschaftlich gezogene Grenze zwischen Kiolturfreunden und Kulturfeinden. Je nachdem, wo in Abbildung 43 die Ordinate eingezeichnet wird, mutieren im gesellschaftlichen Urteil Freunde zu Feinden und umgekehrt. Kirsch hat die Vermutung geauBert, dass wir ia der Umwekdiskussion den MaBstab derart scharf setzen wiirden, dass wir uns aufgrund der extrem nach rechts verschobenen Ordinate als selbst ernannte Umweltsiinder wiederfinden wiirden (Kirsch 1991, S. 256£). Fiir den Kulturbereich konnte man diese Hypothese in umgedrehter Richtung sehen. Vielleicht geht die Gesellschaft hier zu sanft mit sich um, definiert als kulturfreundHch, was dieses Pradikat bei naherer Betrachtung moglicherweise nicht mehr verdient. 1st Deutschland eine Kulturnation, wenn erhebliche Teile der Bevolkerung keinen Zugang zur Kultur suchen? Der analytische Rahmen von Kirsch lasst Gedankenspiele zu. Bei Rechtsverschiebung der Ordinate gabe es mit einem Federstrich weniger Kulturfreunde als zuvor. Das ist ein Modell, nicht die Realitat. Doch es zwingt zu Prazisierungen. Zu beantworten waren als erstes die Fragen, was genau Kulturbewusstsein heiBen soil, und welche Anforderungen die Gesellschaft an das Kulturhandein ihrer Burger steUt. Zu iiberlegen ware zweitens, was auf dem Wege von Erziehung und Bildung moglich ist, um mehr Menschen, insbesondere die bisher daran nicht beteiUgten Gruppen, in das Kulturleben zu integrieren.
Forderung der Kulturkonsumenten
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6.2 Forderung det Kultutkonsumenten 6.2.1 Erhohung der Kulturkompetenfi Kompetenz dient als Sammelbegriff fik die Kennzeichnung von Qualifikationen, die einen Entscheidimgstrager auszeichnen. Sie versetzt ihn in die Lage, bestimmte Vorgange zu durchschauen, einzuordnen irnd erfolgreich zu bearbeiten (vgl. hier und im Folgenden Gottschalk 2003). Gegenstand der Betrachtung sind ganz unterschiedliche Themen und Aktionsfelder. Kompetenz steht generell fiir die Befahigung, etwas gut tun zu konnen. Sie ist fiiir denjenigen, der sie verspiirt, die Grundlage selbstbestimmten Handelns und eine Quelle fur Stolz und Selbstwertgefiiihl. Vor diesem Hintergrund wird das Streben nach kompetenter Auseinandersetzung mit dem Lebensumfeld als Grundmotiv fiiir das Handeln von Lebewesen eingestuft, das bei Tieren xrnd Menschen gleichermaBen nachweisbar ist (White 1959). Konsumkompetenz umfasst die Befahigung, die Konsumaufgabe gut losen zu konnen. Zur besseren Kennzeichnxing der verschiedenen Dimensionen von Konsumkompetenz konnen die vier Phasen des Konsumverhaltens sowie die Konsumzielsetzung unter der MaBgabe von Effizienz und Verantwortlichkeit als Markierungspunkte genutzt werden (vgl. 4.2.1). Unter diesem Blickwinkel stellt die Kompetenz zum Konsiim das iibergeordnete Konzept dar, das die Summe der Teilkompetenzen pro Konsumphase umfasst. In anderen Worten: Konsumkompetenz steht fur die Befahigung fur das effiziente imd verantwortliche Erfullen der Konsximaufgabe je Verarbeitungsschritt.
(1) Informationskompetenz Die Informationskompetenz entscheidet dariiber, inwieweit der Verbraucher die am Markt verfugbaren Informationen fiiir sich nutzen kann. Er sollte nicht nur wissen, welche Angaben fiir ihn wichtig sind und wo er sie findet, sondern auch in der Lage sein, die gultige Anbieterinformation aus den iiblichen werblichen Ubertreibungen herauszufiltern. Ein Konsument muss deshalb mit den Medien und der Werbung kompetent lomgehen konnen. In einer globalen Wirtschaft darf die Informationssuche zudem nicht mehr an den nationalen Grenzen Halt machen (Gottschalk 1999, S. 3). Konsumenten miissen bereit und fahig sein, sich weltweit Information iiber Produkte und anstehende Konsumentscheidungen zu beschaffen.
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Konsequenzen fik Kunst lond Kultuf
(2) Entscheidungskompetenz Die Entscheidungskompetenz iimfasst Qualifikationen zur Bewertung iind Reflexion der gewonnenen Daten. Hierzu gehoren die Integration iind Verdichtxmg von Einzelinformationen zu einem Gesamturteil sowie deren vergleichende Beurteilung. Das ist angesichts oftmals komplizierter oder sogar widersptiichlicher Angaben eine schwierige Aufgabe. Sie beinhaltet auch die Option, einen vermeintiichen Bedarf zu revidieren und sich im Sinne einer Bedarfsreflexion gegen die anfanglich geplante Konsumentscheidung zu stellen.
(3) Nutzungskompetenz In der dritten Phase des Konsumprozesses geht es um den Ver- oder Gebrauch im engeren Sinne. Im Vordergrund stehen hier Fahigkeiten zur Einkalkulation der notwendigen Konsumzeit sowie zur abschlieBenden Uberpriifung des Konsumziels. Wurde durch den Konsum erreicht, was erreicht werden sollte? Sportgerate, die mit gutem Vorsatz gekauft wurden, aber aus Zeitmangel liegen bleiben oder Gerate der Unterhaltungselektronik, die der Kaufer wegen fehlenden Bedienungswissens nicht anstellen kann, verdeutiichen den hohen Stellenwert der Nutzungskompetenz. Die eigentlich angestrebten Werte der korperlichen Ertiichtigung, der Entspannung und Unterhaltung und des Kulturgenusses werden in den genannten Beispielen nicht erreicht, knappe Ressourcen nutzlos eingesetzt.
(4) Wertekompetenz Die den Konsumtionsvorgang abschlieBende Phase betrifft Fragen der Weiterverwertung oder Entsorgung am Ende des Produktlebens und generell die Vorbereitung auf eine neu zu treffende Entscheidung. Die Wertekompetenz steht fiiir die Fahigkeit, die Konsequenzen des in der Vergangenheit getatigten Konsums nach MaBgabe von Effizienz und Verantwortung zu bilanzieren und gegebenenfalls in zukiinftig revidierte Konsimientscheidungen umzusetzen. Kulturkonsum ist immaterieller Art. Er kostet Geld, Zeit und Miihe, stiftet bei gutem Gelingen im Gegenzug aber auch lang anhaltenden Nutzen und eine dauerhafte Aufstockung des Humankapitals. Auch bei Kulturkonsum geht es um den kompetenten Entscheidungsprozess mit den vier Phasen von Informationssuche, Entscheidungsfindung, Konsumausiibung und dem Einbringen der Erfahrungen in
Forderung der Kulturkonsumenten
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die neuen Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund steht Kulturkompetenz fiiir eine spezielle Auspragung der Befahigung ziim guten Konsum. Doch was bedeutet es, iiber Kiilturkompetenz zu verfiigen, welche Kriterien spielen eine Rolle, an welchem MaBstab wird die gewiinschte Befahigung gemessen? Es ist schwierig wenn nicht gar unmoglich, diese Fragen exakt zu beantworten. Kompetenz ist ein subjektives und relatives Konzept, das ia einem durch Konvention bestimmten Rahmen angesiedelt ist. • Subjektive Betrachtung. Die selbst ernannten Kenner der Kxmstszene mogen es anders sehen xind ihren eigenen Umgang mit Kunst zum MaB aller Dinge erheben wollen. Das aber ginge am individuellen Ansatz vorbei. Der Einzelne ist der Nutzenmaximierer, nicht nur in den materiellen Dingen des Alltags, sondern auch im Kunstkonsum. Hier wie dort gilt aber der Grundsatz des more valuefor the money. Die Effizienz der Entscheidung kann durch Maximierung der Teilkompetenzen in alien Phasen des Konsums erhoht werden. • Relative Bedeutung. Der subjektiven Basis entsprechend konnen Kompetenzveranderungen nur mit Eigenbezug festgestellt werden. Zuwachse an kultureller Kompetenz bedeuten, mit den vorhandenen Mitteki mehr Kunstgenuss zu empfinden. Gerade so, wie es im Konzept des erworbenen Geschmacks vorhergesagt wurde: Die Freude an Kunst, zumal an anspruchsvollen Darbietungen, will erst erlernt sein (Gafgen 1992, S. 187). Durch Wissensund Erfahrungserweiterimg kann der Einzelne mehr aus seinen eingebrachten Ressourcen machen. Sein Nutzenzuwachs steigt relativ iiberproportional zum Einsatz seiner Mittel. • KonventioneUe Eingrenzung. Trotz der individuellen Fundierung gibt es Grenzen fiiir den Kompetenzraum. Diese sind allerdings, wie die Diskussion um das Kulturbewusstsein gezeigt hat, von dynamisch-veranderlicher Natur und nicht fiiir alle Zeiten gegeben. In Verantwortlichkeit zu konsumieren heiBt, die Rechte anderer, der natiirlichen iind der sozialen Mtwelt, zu beriicksichtigen und keinesfalls zu verletzen. Kompetenter, verantwortHcher Kulturkonsum iimfasst auch, den sozialen Nutzen von Kulturgiitern zu respektieren und ihn in die eigenen Entscheidungen einzubeziehen. Die Forderung der Kulturkompetenz dient der sukzessiven Steigerung des Kunstgenusses, der Effizienz der eigenen Entscheidung sowie der verantwortlichen Riicksichtnahme auf die externen Effekte von Kulturgiitern. Doch es geht noch um weitere positive Wirkungen. In Analogue zum Umweltbereich spricht Hutter von Kimst als einer erschopfbaren Ressource (Hutter 1989b). Genau so, wie die Ubernutzung ohne adaquate Pflege ekien Kahlschlag in der Natur hinterlassen wird, verhielte es sich auch mit dem Reservoir an
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Konsequenzen fiiir Kunst und Kultur
Kreativitat in der Kimst. Ohne positive Aufinahme in dnem intellektuellen Kraftefeld der Zustimmimg wiirde dem kiinstlerischen Schaffen der Boden entzogen (ebenda, S. 76). Die fehlende Anerkennxing durch die Offentlichkeit, den Mangel an appreciation sieht Hutter als den Hauptengpassfaktor im kreativen Wachstumsprozess an. Er basiere auf einem Mangel an Kunsterziehung, der dazu fiihre, dass die Menschen es nicht gelernt hatten, Kunst zu entschliisseln. Der Aufbau von Kunstkompetenz sei deshalb zwingend: Stocking up on art competence may he an appropriate strate^ (ebenda, S. llii').
6,2.2 Forderschwerpunktjunge Konsumenten Warum gehen die einen zu Kulturveranstaltungen und die anderen nicht, welches siad die Beweggriinde fur den Kunstkonsiam? Eine Antwort auf diese Frage liegt in der Kindheit der betreffenden Personen begriindet. Der kanadische Kulturokonom Colbert nennt vier Faktoren, die die kulturellen Vorlieben der Erwachsenen aus der Anleitung, den Vorbildern iind den Erlebnissen in der Jugend erklaren. Es handelt sich im einzelnen um: 1) Wertvorstellungen, die in der Familie gepragt wurden. 2) Wertvorstellxingen, die in der Schule vermittelt wurden. 3) Die Konfrontation mit Kunst in jungen Jahren. 4) Das eigene Ausiiben von Kunst als Amateur (Colbert 2002, S. 44). Geschmack und Praferenzen der Handelnden werden bis zum zwanzigsten Lebensjahr fixiert. Unter diesen MaBgaben ist es von entscheidender Bedeutung, Kinder schon friihzeitig fiir Kunst zu interessieren (ebenda, S. 45). Das Medien- imd Freizeitverhalten der Eltern, deren Vorlieben fiiir bestimmte Kxilturdarbietungen werden gespeichert und auf dem Wege des Modellernens bei spaterem eigenen Bedarf abgerufen und umgesetzt. Aber auch die Schule hat einen maBgeblichen Anteil an der Entwicklung von Kulturpraferenzen in der jungen Generation. In eigenen Untersuchungen bei Theaterbesuchern konnten wir feststellen, dass sowohl die Familie als auch die Schule den fiiir die spatere Entwicklung entscheidenden AnstoB fiir den ersten Theaterbesuch geben konnen (Befragungsumfang von n=162, vgl. Wiinsch 1998). Die Chance, ein regelmaBiger Theaterbesucher zu werden, ist allerdings desto groBer, je friiher der erste Kontakt mit dem Theater stattfindet. Sind die Eltern die Initiatoren, dann liegt das Durchschnittsalter bei 10 Jahren. Findet der erste Theaterbesuch mit der Schule statt, dann sind die Jugendlichen im Schnitt drei Jahre alter. Die Motivation, durch Freunde oder Bekannte eine Vorstellung zu besuchen, trifft im Mittel auf junge Erwachsene, die schon 22 Jahre alt sind. Der spate Kontakt mit der Theaterwelt hat Folgen fiir die innere Haltung gegeniiber dem Theaterangebot.
Forderung der Kulturkonsumenten
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Die Hypothese, dass die Einstelliing zum Theater einen hoheren Wert hat, also positiver ist, wenn man mit der Familie oder der Schule zum ersten Mai mit dem Theater in Beruhrung kommt als mit Freunden oder Bekannten, konnte angenommen werden. Die Unterschiede in den Einstellungsmittelwerten je Gruppe sind signifikant, also im statistischen Sinne iiberzufallig. Die EinsteUung ist bei den von der Familie an das Theater Herangefuhrten nochmals positiver als bei denen, die ihre ersten Theaterbesuch mit der Schxile gemacht haben. In Verbindung mit dem jeweils imterschiedlichen Einstiegsalter gilt: Je jiinger die Befragten bei ihrem ersten Theaterbesuch waren, desto positiver stehen sie als Erwachsene dem Theater gegeniiber. Die Intention, ins Theater zu gehen, hangt folglich davon ab, wie alt man bei seiner eigenen Premiere mit dem Theater war. Die padagogischen Konsequenzen dieser Ergebnisse Hegen auf der Hand. Das Heranfuhren an die Welt des Theaters kann gar nicht friih genug passieren. Die FamiMen miissen dazu motiviert werden, ihren Beitrag zur Kulturerziehung ihrer Kinder zu leisten. Dazu konnten besondere Angebote, etwa Eltern-KindVorstellungen zu angemessenen Zeiten, beitragen. Sind die Eltern jedoch dazu nicht fahig oder wiUig, dann miissen die Erziehungsinstitutionen einspringen. Das durchschnittliche Einstiegsalter, in dem die Kinder mit der Schule ins Theater kommen, ist mit 13 Jahren zu hoch. Andere Wege der Kulturpadagogik liegen in den Kulturinstitutionen selbst. Viele groBe Museen verfugen traditionell iiber museumspadagogische Abteilungen mit speziellen Angeboten. Dass hier die Kleinen im Zentrum stehen, ist im Sinne der gerade genannten Ergebnisse richtig und wichtig. Auch an die Museen konnen die Kinder nicht friih genug herangefiihrt werden, um als Erwachsene den Museumsbesuch als selbstverstandlichen Teil des privaten Kulturprogramms zu empfinden. Dennoch scheint es, als seien die Heranwachsenden eine zu wenig beachtete Gruppe. Wenn Elternhaus und Schule an Einfluss verlieren und die Peers, die Gleichgesinnten in der Clique deren Platz einnehmen, ware es fiir die sich formierende EinsteUung forderlich, die jungen Leute hatten einen fiir sie gemachten „Museumstreff'. Das ware dann um so wichtiger, wenn sie zuvor noch keinen Kontakt mit der Kulturwelt gehabt hatten. AUein wiirde es ihnen dann vermutHch auch an Mut fehlen, wohl aber konnten sie im Schutz der Gruppe ihre Schwellenangst iiberwinden. Die schon erwahnten KunstNachte, die es in Stuttgart, aber auch in anderen GroBstadten in Deutschland gibt, bilden einen erfolgreichen Einstieg. Eine weitere Institutionalisieriing mit einem speziellen Angebot fiir junge Leute ware dariiber hinaus forderlich fiir das Kulturverstandnis. Empirische Untersuchungen in Amerika haben untermauert, dass die Museumsbesuche von Erwachsenen davon abhangen, ob sie durch Kunsterziehung in der Jugend dazu angeleitet wurden. Der Unterricht zeitigt in der Tat positive
166
Konsequenzen fiik Kunst und Kultur
Effekte. Dies schlagt besonders deutlich im Pre-Teen-Alter von unter 12 Jahren und bei den alteren Jugendlichen, den Post-Teens, zu Buche (Gray 1998).
6.3 Auswege aus det Finanzierungskfise 6.3.1 Analyse von Krisenherden Vor vierzig Jahren haben Baiimol und Bowen die Griinde fiir die krisenhafte Zuspit2ung bei der Finanzierung von Kulturinstitutionen dargelegt (Baumol und Bowen 1966; vgl. 2.2). Die aktueUen Entwicklungen scheinen ihre Prognose zu untermauern. Theater werden geschlossen, Museen stehen ohne Ankaufsetats da oder reduzieren aus Personalmangel Offnungszeiten, Sparzwange fuhren zu einer drastischen Reduzierung des kultureUen Programms. Die Kosten der Bereitstellung des Kulturangebots konnen durch die Beitrage der Nachfrager nicht gedeckt werden, es entsteht ein Defizit in der Kulturfinanzierung, das krisenhaft ist, da es sich nicht selbst beheben kann. Doch wo liegen die Ursachen fur diese Zuspitzung? Abbildung 44 zeigt auf, wo Ansatzpunkte fur ein Ungleichgewicht zwischen den Anbietern und den Nachfragern von Kunstgiitern auszumachen sind. Bei beiden Parteien, ebenso bei den dazwischen Hegenden und weniger fassbaren, aber nichtsdestotrotz beetnflussenden GroBen Medien und Kunstkdtik sind problematische Situationen diagnostizierbar. Die Nachfrageseite, in Abbildung 44 verkorpert dxirch die Kulturkonsumenten, die Unternehmen und den Staat, wird moglicherweise durch ZahlungsunwiUigkeit Analyse der Krisensituation Zahlungsunwillig, Freizeitstress?
Unverstandene Kunst?
Monopolisierer, Preistreiber?
Abbildung 44: Analyse der Krisensituation
Eventkultur, j Disneylandisierung?!
Zahlungsunfahig, Status Quo?
167
Auswege aus der Finanzierungskrise
oder Zahlungsunfahigkeit in ihrem Wirkungsgrad dezimiert. Bei den Konsumenten konnte ein UbermaB an Freizeitalternativen, bei den Unternehmen eine stdkte Shareholder-value-Orientienrng, beim Staat das generelle Haushaltsdefizit negativ zu Buche schlagen. Die Anbieterseite, hier dargestellt durch die Kunstler, die Kulturinstitutionen wie beispielsweise Theater und Museen imd die Kunstagenten, etwa Galerien, schaffen ihrerseits Probleme, wenn sie unverstandene, nicht gewiinschte oder zu teure Kunst offerieren. Medien und Kunstkritik konnen dariiber hinaus in ihrem Zusammenspiel zur weiteren Verunsicherung des Kunstmarktes beitragen. Beispielsweise indem sie zersetzende, nur fiir hohe Bildungsschichten verstandliche Kunstinterpretationen abgeben oder umgekehrt die reine Eventorientierung, im Extrem die „Disneylandisierung" fordern. Die Angste vor Massenkultur und Verflachung der Kiinste werden jedoch von einem Teil der Kritiker hervorgerufen. Sie wollen sich selbst mit ihrer Vorliebe fur die hohe Kunst zum MaBstab aller machen, und sie beklagen den Verlust an Authentizitat und das durch die elektronischen Medien geschiirte Abgleiten in einen rein passiven Konsum. Die Verfasser dieses „weltuntergangsnahen Unsinns" {doom-laden nonsense) wiirden sich nach Meinung des Oxforder Literaturprofessors John Carey natiirlich nicht selbst betroffen sehen (Carey 2005, S. 56). Der britische Autor brandmarkt diese Haltung als unertraglich arrogant: The arrogance of this is breathtaking (Carey 2005, S. 58). Statt mit der eigenen, am Schreibtisch erdachten Vorstellung zu argumentieren, ware es notwendig, herauszugehen und die Vorlieben der Bevolkerung zu erfragen (ebenda S. 54). Systematisierung von Krisenherden
Krisenherde der Kulturfinanzierung
I
1 Anbieter r Struktur
1
Nachfrager IC
1
Ablauf
Struktur
JI
^ Cost disease (1)
Managementfehler (3)
Abbildung 45: Systematisierung von Krisenherden
Ablauf
Schwarzfahrerverhalten (2)
Crowding out (4)
168
Konsequenzen fur Kunst und Kultur
Die Kritik und die Medien miissen sich selbst aus der Krise fiiihren. Was aber kann konstruktiv auf Seiten der Marktpartner getan werden? Warxrni kommt es inuner wieder zu krisenhaften Entwicklungen im Bereich von Kunst und Kultur? Eine Systematisierung der Ursachen von Krisenherden kann am besten unter Beibehaltung des Anbieter-/Nachfragerschemas erfolgen, unter Differenzierung in StrukturgroBen und AblaufgroBen. Wie Abbildung 45 zeigt, konnen schwerpunktmaBig vier Erklarungsansatze herausgearbeitet werden. Auf der Anbieterseite entsteht das strukturelle Problem eines relativen Produktivitatsnachteils, wie es in der „Baumorschen Kostenkrankheit" thematisiert worden ist. In den Ablauf konnen sich Managementfehler wie der einer mangelnden Kundenorientierung, generell eines fehlenden Kulturmarketings einschleichen. Auf der Nachfragerseite liegt das Strukturproblem, wie schon erwahnt, in dem durch die NichtausschHeBbarkeit von Nutzen begriindbaren Schwarzfahrerverhalten, dem offentlichen Gut-Problem. Es wird dann noch verscharft, wenn der Ablauf zwischen offentlichem Eingreifen und privater Teilhabe derart gestort wird, dass die Verantwortung der Privaten weiter verdrangt wird und cro2Pdmg-out-^££ekte auftreten.
(1) Cost disease
Wie dringlich es ist, einer Losung der Finanzierungskrise naher zu kommen, unterstreicht nicht nur die aktuelle Notsituation, sondern ist auch bedingt durch strukturelle Gegebenheiten, die eine permanente und sich tendenziell verscharfende Krise nach sich ziehen werden. Die dieser Prognose zugrundeliegende kulturokonomische Pionierstudie wurde vor vierzig Jahren am Beispiel der darsteUenden Kunst veroffentlicht: Performing arts, the economic dilemma (Baumol und Bowen 1966). Das Hauptergebnis ihrer Analyse fand unter dem Schlagwort der cost disease^ der (Baumol'schen) Kostenkrankheit weite Verbreitung und wurde von den Anbietern im Kulturbereich gern aufgegriffen (vgl. 2.2). Endlich konnten sie etwaige Verdachtsmomente iiber mangelnde Effizienz xind Misswirtschaft fundiert von sich weisen und weitere Unterstiitzungen anmahnen. Die Autoren hatten dargelegt, dass die Defizite im Kultursektor vermutHch anwachsen wiirden, wenn nicht Ausgleich von dritter Seite kame (Baumol und Bowen 1966, S. 10). Und selbst wenn im Laufe der Diskussion verschiedene Ideen ins Spiel gebracht wurden, wie durch Einsatz von Technik und Medien die Auslastung und der Verbreitungsgrad von Kulturleistungen erhoht und damit der Produktivitatsnachteil entscharft werden konnte, so blieb die Logik der Kostenkrankheit in ihrem Grundsatz jedoch unangetastet (Throsby 1994, S. 15f.).
Auswege aus der Finanzierungskrise
169
(2) Schwarzfahrerverhalten Doch selbst wenn derartige Produktivitats- und Kostennaditeile bei den Kulturanbietern angenommen warden miissen, warum setzt man dann nicht auf der Nadifragerseite an? Weshalb lasst man die Kunden nicht mehr bezahlen, fiiihrt kostenbedingte Preisanhebungen durch? Die Argumentation von Baumol und Bowen lautet, dass die Masse der Kunden den Mehrpreis vermutlich nicht zahlen wiirde und Einschrankungen im Kunstangebot die Folge waren (Baumol und Bowen 1966, S. 174). Ohne Unterstiitzung der Kunst, sei es in Form von offentlichen oder pdvaten Mitteln, konnten sich nur noch die Reichen den Kulturgenuss leisten (ebenda, S. 378). Nun scheint diese Art der Preisreagibilitat auf den ersten Blick marktwirtschaftliche Gegebenheit, aber kein grundsatzlicher Hinderungsgrund zu sein. Teure Angebote des Konsumbereichs konnen sich in der Kegel nur die Wohlhabenden leisten, ohne dass dariiber diskutiert wiirde. Bisher ist niemand auf die Idee gekommen, begehrte Luxusgiiter durch Subventionierung fiir die breite Masse erschwinglich zu machen. Das Problem liegt woanders. Es geht nicht nur um die distributive, sondern auch um die allokative Komponente. Nicht nxir der einzelne, auch die Gesamtheit leidet, wenn Individuen vom Kunstkonsum Ab stand nehmen und das Kunstangebot dezimieren. Der Grund liegt in den schon dargelegten gesamtgesellschaftHchen, sozialen und okonomischen Wirkungen der Bereitstellung von Kunst. Sie sind abhangig von der Bereitstellung, aber unabhangig von der effektiven individuellen NutznieBung. Diese positiven externen Effekte geben den Ausschlag dafiir, dass das AusmaB des Kxmstangebots nicht allein aktueller individueller Neigung und einem Lavieren nach Schwarzfahrermanier iiberlassen werden kann. Das Kunstangebot per se zieht unverzichtbare gesamtgesellschaftliche Wirkungen nach sich, die in Form von fiinf Werten gekennzeichnet wurden: Optionswert, Existenzwert, Vermachtniswert, Prestigewert und Bildungswert (vgl. 1.3.2).
(3) Managementfehler Den Vorwurf, in der Vergangenheit durch falsches Management auch einen Beitrag zur Kulturfinanzierungskrise geleistet zu haben, horen die Kunstieute verstandlicherweise gar nicht gern. Doch auch in Kulturkreisen wird bemangelt, dass Kundenorientierung und der Einsatz von Kulturmarketing lange Zeit kein Thema fiir Kulturanbieter waren. Vor dem Plintergrund garantierter offentlicher Defizitzuwendungen schienen leere Range oder Ausstellungsraume fiir manche Beteiligten sogar als Zeichen besonderer Avantgarde zu gelten.
170
Konsequenzen fiir Kunst und Kultur
Die Not offentlicher Kassen machte diesem Denken zwangslaufig ein Ende, Kulturmarketing gilt nicht mehr als Fremdkorper, sondern als zwingend. Hier wurden Ansatze wie das Value Marketing vorgeschlagen, dessen zentraler MaBstab im Wert der dargebrachten Leistung fur den Kunden liegt (vgl. 5.1.1). Zudem wurden im Kulturmarketing spezielle Konzepte entwickelt, die den Besonderheiten der ErsteUung von Kulturleistungen im Zusammenspiel mit dem Publikum Rechnung tragen (vgl. Colbert 2003; Klein 2001, 2002; Lenders 1995; Holch 1995). Der Kulturkonsument steht uneingeschrankt im Vordergrund der Analyse. Dies ist schon deswegen zwingend, da der Nachfrager in die von der Kulturinstitution zu erbringende Dienstleistung der Vermitdung von Kultur eingebunden werden muss. Ohne den Besucher geht es nicht, er ist ein unabdingbares Element im Produktionsprozess (Lenders 1995, S. 24). Dabei kann das Verhalten des Kunden die Qualitat der erbrachten kulturellen Diensdeistung nachhaltig beeinflussen. Beispielsweise hangt die Giite einer Konzert- oder Theaterauffuhrung auch maBgeblich davon ab, ob imd wie das Publikum mitgeht (Holch 1995, S. 29).
(4) Crowding-out Die crowding theory entstammt dem Gedankengebaude der kognitiven Psychologie (vgl. Deci 1971; Deci und Ryan 1985; Frey und Jegen 1999). Sie liefert eine Erklarimgsgrundlage fiiir die Situationen, in denen Individuen entgegen der erwarteten okonomischen Reaktion handeln. Konkret geht es um MaBnahmen, mit denen in beeinflussender Absicht externe Anreize fur den Handelnden geschaffen werden. Dies konnen Belohnungen, vornehmlich finanzieller Art, fiir ein gewiinschtes, GeldbuBen oder sonstige Strafen zur Eindammung eines unerwiinschten Handelns sein. Im okonomischen Sinne unerwartet reagieren die Handelnden dann, wenn sie das belohnte Verhalten nicht nur nicht ausweiten sondern moglicherweise sogar noch verringern und das gestrafte Tun nicht einschranken, sondern vielleicht sogar noch verstarken. Der in bester Absicht Intervenierende muss miterleben, dass sein Eingriff die Sache noch verschlimmert hat und die zu Beeinflussenden genau entgegengesetzt reagieren. Der Grund liegt darin, dass die psychischen Kosten die okonomischen Vorteile iiberkompensieren. Man spricht von hidden costs of reward^ versteckten Verdrangungskosten. Gemeint ist, dass diurch die Honorierung von auBen die ureigene, intrinsische Motivation, etwas Gutes zu tun, fiiir andere, fiiir die Familie, die Umwelt oder die Kiiltur, verdeckt wird. Die externen Anreize verdrangen die internen Anreize. Unter bestimmten Umstanden wird deshalb der relative Preiseffekt, der zunachst dafiir spricht, dass Handeln ausgeweitet wird, wenn es endohnt wird
Auswege aus der Finanzierungskrise
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bzw. eingeschrankt wird, wenn es sich verteuert, durch den crowdrng-out-B^ffokt dominiert. Es sind im Wesentlichen zwei psychologische Mechanismen, iiber die der Verdrangungseffekt greift (Frey und Jegen 1999, S. 6). Ziun einen reduziert der externe Eingriff bei den Handlungen, die dem Individuum wichtig sind, das Gefuhl der Selbstbestimmung {impaired self-determination). Die Kontrolle von auBen wird unter diesen Umstanden dazu benutzt, die kognitive Belastung der internen Kontrolle abzxilegen. Intrinsische Motivation wird durch extrinsische Aktivitat substituiert: Der locus of control, das Kontrollzentrum fur das eigene Tun, wandert von innen nach auBen (Rotter 1966). Zum anderen wirkt sich die externe MaBnahme mindernd auf die Selbsteinschatzung des einzelnen aus {impaired self-esteem). Der einzelne erfahrt, dass man seine Haltung nicht anerkennt und ihm selbst das gewiinschte Handeln nicht zutraut. Im Spiegel der anderen vermindert er seine Selbsteinschatzung und reduziert seine Anstrengungen. Es gilt aber auch der umgekehrte Zusammenhang. Uber genau gegenlaufige Mechanismen ist auch ein crowding-in, das heiBt nicht Verdrangen, sondern Hineindrangen, Unterstiitzen und Befliigeln von intrinsischer Motivation durch externe MaBnahmen moglich (vgl. Frey und Jegen 1999, S. 7). Auf den Punkt gebracht passiert crowding-out dann, wenn sich der einzelne als von auBen kontroUiert empfindet Selbstbestimmung und Selbsteinschatzung werden dann gleichermaBen beeintrachtigt und die intrinsische Motivation wird zuriickgenommen. Umgekehrt kommt es zu crowding-in, sofern sich der einzelne nachhaltig bestarkt fiiihlt. Selbstbestimmung imd Selbstbild werden gefordert, das Individuum fiihlt, dass es noch mehr Freiheit erhalt, die gute Tat aus eigenem Antrieb zu vollbringen. Die Verdrangungstheorie konnte einen interessanten Erklarungsansatz dafiiir liefern, dass das offentliche Eingreifen im Kiilturbereich auch unerwiinschte Effekte wie den einer Verdrangung von Verantwortlichkeit gebracht hat. Die aktuelle Finanzierungskrise von Kunst und Kultur hat sicher vielfaltige Ursachen. Dazu konnten auch ungeklarte Zustandigkeiten bzw. verdrangte Verantwortlichkeiten gehoren. Denn wer sich nicht verantwortlich fuhlt, sieht auch keinen Anlass, zu zahlen. Die hier vorgetragene Hypothese heiBt, dass der Staat, trotz bester Absicht, durch sein Kulturengagement unter Umstanden kontraproduktiv wirkt, da er private Initiative und individuelle Kulturverantwortung verdrangt: Crowding-out of responsibility.
Es ist schwer, fiiir diese Hypothese einen Beleg zu finden. Eine methodisch exakte empirische Uberpriifung miisste zunachst zeigen, dass es das Empfinden von
172
Konsequenzen fiir Kunst und Kultur
Maximale Preisbereitschaften
Freizeitaktivitat
• • • • •
Musical Museum Kino Theater/Oper Sportveranstaltung
Maximaler Betrag x
90,- DM 13,-DM 14,- DM 60,- DM 45,- DM
Befragung 1996, n = 86 Abbildung 46: Maximale Preisbereitschaft
Verantwortung fiiir den Kulturbereich gibt, etwa analog zu den rational unerklarbaren niedrigen Steuerhinterziehiingsraten aufgtimd von civic duty. Im Weiteren ware nachzuweisen, dass dieses Verantwortungsempfinden dort systematisch weniger vorhanden ist, wo der Staat (ceteris paribus) mehr eingreift^ Ein interessantes Indiz fur den Plausibilitatscharakter der Verantwortungsverdrangungshypothese liefert eine eigene Studie von 1996 (n=86, vgl. Bauer und Miiller 1996). In dieser Untersuchung ging es im Wesentlichen iim Museumseintrittspreise, aber auch um Fragen im Umkreis dieser Thematik. So sollten die Befragten Angaben zu ihrer Preisbereitschaft bei unterschiedlichen Freizeitbeschaftigungen in Kultur und Sport geben. Es war jeweils ein konkreter Geldbetrag bei der Frage anzugeben: Wie hoch ist der maximale Betrag bei folgenden Freizeitaktivitaten, den Sie jeweils entrichten wiirden? Als BezugsgroBen wurden der Eintritt ins Musical, ins Museum, ins Kino, ins Theater/die Oper bzw. fur sportHche Aktivitaten genant. Interessant ist, dass trotz relativer Erhohimg der ZahlungswiUigkeit im Vergleich zu den tatsachlichen Preisen von Kulturereignissen die Angaben der Befragten ein Spiegelbild tatsachlicher Gegebenheiten, d.h. der Relationen von Markt- und Subventionspreisen, darstellen. Eigentlich scheint ja gar nicht einsehbar zu sein, warum der einzelne geneigt sein sollte, mehr fiiir den Besuch eines Musicals als fiiir einen Theater- oder Opernbesuch auszugeben. Jedoch zeigte sich bei unserer Befragung, dass der maximale Preis fiir das Theater oder die Oper im Durchschnitt mit rund 60,— DM veranschlagt wurde, wahrend der Musicalbesuch im Schnitt
Diesen Hinweis verdanke ich Reto Jegen vom Institut fiir Empirische Wirtschaftsforschung, Lehrstuhl Prof. Bruno S. Frey, an der Unitversitat Zurich.
Auswege aus der Finanzierungskrise
173
mit rund 90,- DM zu Buche schlug (vgl. Abbildimg 46). Diese Relation entspricht diirchaus den tatsachlichen Gegebenheiten. Es liegt die Vermutung nahe, dass die individuelle Preisverantwortung durch den kontrollierenden Eingriff des Staates verdtangt wurde. Die individuelle Motivation, sich auch finanziell fiir die Kultur zu engagieren, wxirde partiell auf die Kulturtatigkeit des Staates ausgelagert.
6.3.2 Private Initiative fordern
Angesichts notwendiger drastischer MaBnahmen zur EingrenzuQg des Haushaltsdefizits sind Einschnitte in das Kulturbudget die logische und auch reale Folge (vgl. 6.1.1). Fallen aber offentliche Mittel weg, dann miissen die Privaten einsptingen, soil das Kulturangebot nicht Schaden nehmen. Im Grundsatz stehen zwei Wege zur Verfugung. Erstens geht es um die Aufwertung des Kulturkonsums, zweitens um die ditekte Beteiligung der Privaten. 1) Die Kulturkonsutnenten miissen bereit sein, iiber verstarkte Nachfrage, die Akzeptanz hoherer Preise sowie die Aufstockung von Spenden die Ausfalle offentlicher Mittel zu kompensieren. Gelingt es den Kulturinstitutionen, durch Ausweitung ihres earned income ihre Selbstfinanzierungsquote zu erhohen, dann bieten sich Moglichkeiten zum Ausgleich der wegbrechenden offentlichen Mittel. Wie an verschiedenen Stellen schon hervorgehoben, sind die Stimulierung des Kulturinteresses und der individuellen Zahlungsbereitschaft jedoch MaBnahmen, die Uberzeugungsarbeit erfordern und Zeit kosten. Kulturpraferenzen lassen sich nicht auf Knopfdruck umdirigieren. Preise miissen verdient werden und dem Kunden, auch im Vergleich zu anderen Leistungen, als gerechtfertigt erscheinen. Zudem kann, wie im vorigen Abschnitt ausgefuhrt, das vertraut niedrige Niveau der Eintrittspreise in Kulturveranstaltungen einen Gewohnungseffekt mit crowding-out-llQXMdLtia.z^VL bewirken,
Dennoch zeigen die Ergebnisse aus einer anderen eigenen Erhebung, dass die Kulturkonsumenten zwar gern Subventionspreise in Anspruch nehmen, aber eine grundsatzHche Verantwortimg fiir Kunst und Kultur durchaus bei sich selbst suchen. Sie tun dies mehr als erwartet und im Vergleich zu den Kulturanbietern auch mit deutlich anderen Akzenten. In unseren Befragungen zum ModeU der Kulturkarte wurde deutUch, dass die Kulturinstitutionen die offentliche Hand sehr viel starker in die Pflicht nehmen wollen als die Kulturkonsumenten (vgl. 5.3.2). Die Kulturanbieter sind der Meinung, dass die Halfte der Finanzierungslast vom Staat zu tragen ist. Die Kiinstier selbst wollen sie nur zu 2 Prozent beteiligen. Demgegeniiber sehen die Nachfrager die
174
Konsequenzen fur Kunst imd Kultur
Anteilige Kulturfinanzierung Die Kunst sollte finanziert werden durch
Kulturkonsumenten i.v.H.
Kulturanbieter i.v.H.
Staat
24
49
Unternehmen
20
17
Konsumenten
20
17
Stiftungen
18
15
Kilnstler
18
2
Gesamt
100
100
Abbildung 47: Anteilige Kiolturjfinanzierimg
2)
Verantwortiing 2ur Finanzierimg nur zu einem Viertel beim Staat imd zu rund 18 Prozent bei den Kunstschaffenden selbst (vgl. Abbildung 47). Die deutlich sichtbare Tendenz auf der Nachfragerseite, den Staat zu entlasten und stattdessen sich selbst und die anderen pnvaten Institutionen wie Stiftungen und Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, ist ein hilfreiches Signal fur den zweiten, direkten Weg privater Initiative. Er beschreibt das Eintreten fur die Kunst aus individuellem, biirgerschaftlichem Engagement. In diesem Bereich wurde bereits viel geleistet, aber das Potenzial ist sicher noch nicht ausgeschopft. Doch wie werden Sponsorenmotivation, MitgHedschaften in Kunstvereinen und das Ehrenamt im Dienste der Kunst in ihrer positiven Wirkung gefordert, ohne zugleich neuen offendichen Finanzierungsbedarf auszulosen? Prominente Beispiele zeigen, dass durch Privatinitiativen Kunst und Kultur nachhaltig stimuliert werden konnen. • Bereitschaft zum Sponsoring. Hinter Sponsoring steht ein „Do ut des"Ansatz: Ich gebe, damit du gibst. Es handelt sich um ein Geben und Nehmen auf Gegenseitigkeit. Dabei muss die Aquivalenz keinen buchhalterischen Anspriichen geniigen. Es reicht, wenn der Nutzen der gesponserten MaBnahme den Unternehmenseignern, dem Management, den Partnern und nicht zuletzt den Kunden glaubhaft vermittelt werden kann. Die Kultudnstitutionen mils sen diesem gestiegenen Erklarungsbedarf Rechnung tragen. Kunst hat zweifellos ihren Eigenwert, aber der Sponsoringpartner will die individuellen Vorteile betont sehen. Doch worin liegt der spezielle Nutzen des Kultursponsorings, welche Griinde geben den Ausschlag, dass Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen Kunst und Kultur finanzieren?
Auswege aus der Finanzienmgskrise
175
Die Ergebnisse einer Studie von O'Hagan iind Harvey, die auf einer Befragung von 69 Unternehmen im Jahr 1996 beruht, bestatigen den im vorigen Kapitel schon dargelegten Trend, dass Sponsoring durchaus unterschiedlich motiviert sein kann, aber primar eigenen Zielen dienen will (O'Hagan xind Harvey 2000; vgl. 5.3.1). Das Autorenteam nennt vier Schliisselergebnisse. Am weitaus wichtigsten sei der gewiinschte Werbeeffekt, die Steigerung des Images in der OffentHchkeit. An zweiter Stelle werden Effizienzsteigerimgen genannt. Kimstsponsoring konnte die Mitarbeiter anspornen iind die Beziehxingen zu Zulieferern irnd Kiinden starken. Schwiedger nachzuweisen, aber immer noch nennenswert seien drittens die gewiinschte Beeinflussung des politischen Umfeldes, die Lobby-Tatigkeit vor Ort fiiir den political goodwill^ sowie viertens der nichtmonetare Nutzen fiiir das leitende Management, das selbst kunstliebend ist (dieselben,S. 211£). Ehrenamtliche Arbeit. Viele Dienstleistungen, die bei der Prasentation von Kunstgiitern anfaUen, etwa bei Museen oder in Theatern, waren ohne den Einsatz ehrenamtlicher Krafte nicht moglich. Dazu gehoren beispielsweise die Besucherbetreuung an Informationsstanden, bei der Garderobe und der Pausenbewirtung oder im Museiimsshop. Auch die Uberwachungsund Kontrollfimktionen waren ohne die Mitarbeit vieler freiwilliger Heifer gar nicht mehr moglich und finanzierbar. Vergleicht man allerdings das AusmaB ehrenamtlicher Einsatze zwischen europaischen Landern und den Vereinigten Staaten von Amerika, wie es eine Anfang der neunziger Jahre in den USA durchgefuhrte Studie tut, dann werden erhebliche Differenzen deutlich. Europa hat hier noch einiges aufzuholen. Wahrend in den USA praktisch jeder Zweite im Jahr 1991 in irgendeiner Form ehrenamtlich tatig war (48,5 Prozent), waren es in Frankreich rund 19 Prozent und in Deutschland 13 Prozent (Anheier et al. 1997, S. 200). Zwar war die durchschnittlich geleistete Einsatzdauer in Stunden innerhalb eines Jahres mit 235 Stunden in Deutschland am hochsten (USA 202 Stunden, Frankreich 200 Stunden). Dennoch erscheinen die Moglichkeiten, auch im Vergleich zu dem in Amerika bereits realisierten Potenzial, bei weitem noch nicht ausgeschopft zu sein. Moglicherweise mangelt es bisher in Europa an der positiven Riickkoppelimg und den individuellen Gestaltungsmoglichkeiten, die die Freude am Ehrenamt maBgebUch bestimmen. Positive Beispiele, wie das der freiwilligen Helferinnen und Heifer, die in Eigenregie den Museums shop der Kunsthalle Mannheim bestiicken, zeigen, was moglich ist. Zwar ist das Ehrenamt von vomherein nicht
176
Konsequenzen fiir Kimst und Kultur
auf die Gegengabe fixiert. Es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Ehrenamtlichen Erfolge fiiii: sich selbst imd ihre Akzeptanz im sozialen Umfeld erhoffen. Diese kann es aber nur geben, wenn die freiwillige Leistung gemessen, beim Namen genannt und publik gemacht witd (vgl. Zimmer 1996, S. 360). Wirken von Kunstveireinen. Kunstvereine sind keine Erfindung rniseter Zeit. Deren positives Wirken hat sich vielmehr bereits liber eia ganzes Jahrhundert in sichtbaren Etfolgen niedergeschlagen. Als ein herausragendes Beispiel sei, stellvertretend fiiir andere, die Arbeit des Stuttgarter Galerievereins gewiirdigt. Im Jahr 2006 blicken der Galerieverein und die Freunde der Staatsgalerie Stuttgart auf ihr hundertjahriges Bestehen zuriick. In dieser Zeit wurden neben der Organisations- und Koordinationstatigkeit bedeutsame Ankaufe fur die standige Kunstsammlung des Hauses getatigt. Als besonders herausragendes Werk ist das bereits im Griindungsjahr erworbene Gemalde „Felder im Friihling" zu nennen, das Claude Monet im Jahr 1887 gemalt hat. Dieses Kunstwerk steht im Zentrum der thematisch entsprechenden Monet-Ausstellung des Jahres 2006. Andere bedeutende Ankaufe fanden u.a. im Jahr 1979 statt, als die 1920/21 erschaffenen Figurinen des Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer erworben wurden, oder im Jahr 1995, als ein blaues Schwammrelief von Yves Klein (ohne Titel, 1961 gemalt) aus Anlass des neunzigjahrigen Bestehens des Galerievereins der Staatsgalerie als Dauerleihgabe iibergeben wurde (Stuttgarter Galerieverein e.V.; von Maur 2006).
6.4 Fazit und Ausblick Kulturokonomik etabliert den okonomischen Ansatz in einem Bereich, der auf den ersten Blick mit okonomischem Denken wenig zu tun zu haben scheint. Konnen Kunst und Kultur und Okonomik eine harmonische Beziehung eingehen, oder sehen sie sich eher zwangsweise vereint? Am Anfang dieser Gemeinschaft musste die Okonomik viel Ablehnung erfahren. Die Kulturanbieter wehrten sich gegen vermeintliche Versuche der Eingrenzimg und Gangelei. Die Darlegung und Entwicklung der Kulturokonomik als eigenstandige Diszipliti konnte dagegen den Abbau von Vorbehalten bewirken. Zwar mag es auch heute noch als revolutionar erscheinen, auch bei Kunst und Kultur von Markten, von Anbietern und Nachfragern zu sprechen. Dabei geht es nicht um ein Aufstiilpen von fremder Terminologie. Entscheidend ist der neu gewonnene Blickwinkel. Auf
Fazit iind Ausblick
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alien Seiten entstehen Rechte imd Pflichten, die so akzentuieft vorher nicht gesehen wurden (vgl. Gottschalk 1998b). 1) Anbieterseite. Kundenfreundlichkeit sollte nicht allein ein Schliisselwort fiiir die kommerziellen Anbieter bleiben. Auch die Kulturinstitutionen ohne Gewinnorientiening miissen sich beziiglich ihrer Organisation, den Inhalten und der Finanzierung ihres Angebots starker nach den Bediirfnissen ihrer Nachfrager richten Im organisatorischen Teil reicht das Spektrum von Offnungszeiten iiber Parkplatze, Garderobe, Kinderbetreuung, die gesamte Informationspolitik bis bin zum gastronomischen Service. Viele Teilnehmer an Kulturveranstaltungen bringen ihren Arger iiber die Kosten fiir die Abgabe der Garderobe, iiber teure und inhaltsleere Programmhefte, imfreundliches Personal und schlechten Service bei Erfrischungen, die ihren Preis nicht wert sind, zum Ausdruck. Diese Kritik gilt sicher nicht flachendeckend, bietet aber in einer Reihe von Fallen ausbaufahige Anhaltspunkte, derer sich die Kulturorganisationen annehmen sollten. Beziiglich des inhaltlichen Teils fallt es sehr viel schwerer, auf Abstimmung mit den Nachfragerpraferenzen zu pochen. Kann ein Kulturkonsument iiberhaupt souveran sein — in dem Sinne, dass seine Wiinsche und Vorstellungen langfristig das Angebot lenken sollen? Es scheint, als sei der Bereich von Kunst und Kultur, ebenso wie der der Medizin oder Technik so konzipiert, dass die Konsumenten ihren Einfluss willentlich an Kompetentere delegierten, mit einer geteilten Souveranitat einverstanden waren. Doch selbst wenn diese Vorstellung zutreffend ware, wiirde sie das andere Extrem nicht rechtfertigen. Selbst geteilte Souveranitat heiBt namlich nicht, die Wiinsche der Nachfrager mutwiUig zu ignorieren, wie es manchmal den Anschein hat, wenn Publikumslieblinge bewusst aus dem Repertoire ausgespart werden. Anbieter sind aber gehalten, um die Gunst ihres Publikums zu ringen, auch mit Produktionen, deren avantgardistischer Charakter eine breite Apriori-Zustimmung nicht erwarten lassen kann. Der Erfolg von Erlauterungen und von Diskussionen mit dem Publikum beweist, dass derartige Wege mit Gewinn fur alle Seiten beschritten werden konnen. Auch der finanzielle Teil erfordert eine Neustrukturierung, darunter ein Zugehen auf die Nachfrager, das Kulturanbieter bisher kaum gekannt haben. Folgende Punkte aus dem Bereich von Preispolitik und Finanzierung seien beispielhaft genannt: • Preismoral. Preise muss man sich verdienen, man kann sie nicht verordnen. Preisanhebungen, auch hohe Preise, sind durchsetzbar, sofern sie als angemessen und glaubhaft begriindbar sind. 1st dies nicht der Fall, reagieren
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2)
Konsequenzen fur Kunst imd Kultur
die Kiinden mit empfindlicher Kaufzuriickhaltung und Abwanderung zu Alternativen. • Preisdifferenzierimg. Warum bei Einheitspreisen verharren, wenn Preisabstuflingen Kapazitaten besser auslasten wikden und zudem sozial gerechter waren, well Bediirftige ihre Nachfrage zu kostengiinstigeren besuchsschwachen Zeiten entfalten konnten. Der Preis als Marketingfaktor wurde bisher bei Kulturanbietern erst ansatzweise erkannt. • Fimdraising. Was in der amerikanischen Kultiirwelt gang und gebe ist, hat hier doch noch mehr das Image des Klingelbeutels oder der Sammelbuchse. Das Sammeln von Geld vor Ort, wie es beispielsweise durch das Aufstellen von Glasbehaltern in Kunstmuseen zu beobachten ist, wirkt eher laienhaft anstelle von professionell. Hier sind etliche Deiizite kn Detail zu beobachten. Dazu gehort der WHle, um iinanzielle Unterstiitzung zu bitten, aber auch die Bereitschaft, Respekt und Ehrbezeugung gegeniiber den Geldgebern zu zeigen. Insgesamt wird es darum gehen, eine sinnvolle Spendenkonzeption fur Kulturinstitutionen zu entwickeki. Nachfragerseite. Die staatliche Fiirsorge fiiir die Entstehung, die Darbietung und den Erhalt von Kunstgixtern bedarf eines zumindest partiellen Perspektivenwechsels. In einer Marktwirtschaft und unter dem Postulat der Konsumentensouveranitat sollte der Kulturkonsument mehr Beachtung erfahren imd ein gesteigertes Mtspracherecht genieBen. Dies kann beispielsweise durch das System der Konsumentensubventionierung geschehen, die in Form von Kulturgutscheinen oder im Modell der Kulturkarte konzeptioniert und in ModeUversuchen und durch Marktforschung getestet wurden. Zur Starkung der Verbraucherposition gehoren aber auch staatliche MaBnahmen, die die Befahigung zum Kulturgenuss, das heiBt die Kulturkompetenz, fordern und ausbauen. Hier fehlt es insbesondere an geeigneter Ansprache von Problemgruppen wie weniger gebildeten und materieU schlechter ausgestatteten Mitbiirgern. Auch die Kulturbildung von jimgen Konsumenten diirfte nicht allein den wenigen Schulstunden iiberlassen bleiben. Gesucht sind Konzepte, die junge Leute auf den von ihnen bevorzugten Kommunikationswegen iiber Kulturthemen anzusprechen helfen. Auch die Kulturnachfrager miissen ihren Teil beitragen, um das Bestehen und die Fortentwicklung von Kunst und Kultur dauerhaft zu sichern. Sie miissen es lernen, ihren aktiven Beitrag einzubringen, indem sie • Kulturveranstaltungen strategisch in ihren Terminplan einbauen, • die Bereitschaft zeigen, Preise zu entrichten, die fur alternative kommerzieUe oder sportliche Veranstaltungen auch an der Tagesordnung sind.
Fazit und Ausblick
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fiir die Kultur hinstehen, Interesse zeigen, andere motivieren, insbesondere die nachwachsende Generation. In der Siimme geht es darum, ein Kiilturklima aufbauen zu helfen, das die private und offentliche Unterstiitzung der Kulturangebote als selbstverstandlich begreift. Nur die gemeinsame Wahrnehmung der kidturellen Verantwortung aller beteiligten Gruppen bietet die Chance fiiir eine erfolgreiche Ziikimft des Kulturkonsiims. Zur Losimg der Zukunftsaufgaben im Kiiltiirbereich miissen alle betroffenen Gruppen und Institutionen ihren Teil beitragen. Es macht keinen Sinn, die Federfiiihrung nur der einen oder der anderen Seite zuschieben zu wollen. Der Staat als Hiiter des Kulturlebens steht ebenso in der Verantwortung wie die Anbieter und Nachfrager nach Kunst und Kiiltur selbst. Sind Kultur und Okonomik hilfreiche Partner oder unversohnliche Gegner? Werden Kunst und Kultur durch okonomische Ideen befliigelt oder durch Kramerdenken und buchhalterische Vorgaben bedroht? Diese Fragen standen am Anfang von Kapitel 1. Es sollte keiner Uberlegung mehr bediirfen, dass hier das Partnerschaftsmodell propagiert iind fiiir alle Beteiligten als sinnvoll, das heiBt effizient und verantwortlich zugleich, betrachtet wird. Imjuli 2006 wurde pubHk, dass der Rechnungshof des Landes Baden-Wiirttemberg die Haushalts- und Wirtschaftsfuhrung sowie die Wirkungen des eingeschlagenen Modernisierungskurses der Stuttgarter Staatsgalerie fur das Jahr 2005 gepriift hat und ihr als Ergebnis der Priifung eine Reihe von Versaumnissen vorwicft (Rechnungshof Baden-Wiirttemberg 2006, S. 184f£; Breining 2006). Auf etwas mehr als sechs Seiten werden u. a. die Vorwiirfe erhoben, dass die Staatsgalerie Stuttgart Personal unbefristet ohne notwendige haushaltsrechtliche Ermachtigung beschaftige, die zur Verfiigung stehende Software zur Erfassung der Bestande nicht einsetze, Kunstwerke ohne exakte Uberwachung verleihe sowie aufgrund innerer Widerstande nur zogerlich ein modernes Management einfuhre (ebenda). Im Ubrigen sei ein maBvoller Abbau der vorhandenen Sammlungsbestande, darunter insbesondere Dubletten, Ladenhiiter oder Objekte auBerhalb der Sammlungsschwerpunkte, anzuraten (Rechnungshof Baden-Wiirttemberg 2006, S. 190). Diese Steilvorlage bereitet Schwierigkeiten mit ihrer Annahme. 1st das eigene Pladoyer fur ein harmonisches Mteinander von Kunst und Okonomik nur Makulatur, ist die Behauptung, die Okonomik wolle in dienender Funktion hilfreich sein, ohne in das Kunstgeschehen selbst einzugreifen, nur vorgeschoben? Das ist ganz gewiss nicht der FaU. SicherUch gibt es hier wie dort Ubertreibungen, die relativiert gehoren. Zu Recht weist der Direktor der Staatsgalerie den Vorschlag zum Abbau der Sammlungsbestande als „grotesk" zuriick (von Hoist und Sayah 2006). Andere Verbesserungsansatze sieht er konstruktiv und mochte die Empfehlungen des Rechnungshofes gern aufgreifen (ebenda). In seiner ambivalenten Haltimg
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Konsequenzen fiir Kunst und Kultur
bekonunt er Unterstiitzung von der Stuttgarter Zeitung, die den Vorgang mit der lakonischen Bemerkimg kommentiert, dass auch ein Rechnungshofbericht keine „heilige Offenbarung" sei (Schleider 2006). In der Tat geht es urn den behutsamen Dialog zwischen zwei Disziplinen, die sich auf den ersten Blick fremd zu sein scheiaen. Voraussetziing fur dessen Erfolg sind das gegenseitige Erlernen von Denkweise und Sprache, die Akzeptanz unterschiedlicher Gewichtungen bei aktuellen Zielsetzungen und die gemeinsame Abstimmung iiber langfristig angestrebte Zustande. Allein der sensible Umgang miteinander kann und wird die gewiinschten positiven Wirkungen fiiir alle Beteiligten hervorbringen.
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8 Register
8.1 Sachtegister acquired taste 105 Aktivierungseffekt 58,71 AUokationseffekt 71 Allokationseffizienz 39 allokative Ineffizienz 107 Angebotsfreiheit 39 Anteilsfinanzierung 55 Arbeitsteilimg 18 Bavimorsche Kostenkrankheit 46ff., 168 Bedarfsreflexion 162 Bediiffnispyramide 91 ff., 96 Bedikfnisse 88, 9Iff. BeHefs 98,117 besser informierte Gruppe 43,100 Beschaftigungswirkungen 79 betriebswirtschaftliche Perspektive 32£ Bildxmgswert 30 Budgetinzidenzanalyse 108 Contingent valuation 85 cost disease 46f£, 168 crowding-in 171 crowding-out 168,170f£ crowding theory 176 Culture Card l^ii. Defizitmotive 92 demeritorische Giiter 44,100 Denkmalpflege 84
Distdbutionseffekt 71 distributive Wirkungen 107 Doppelnatur 27ff ^i^7:Mtx^2. 38,48,75 ehrenamtliche Arbeit 175£ Eigenfinanzierung 136 Einsatz-/Energiekosten 113 Einstellimg zum Kultursponsoring 137 Einstellung zrnn Verhalten 97 Einstellxings- und Verhaltensforschung 130 Eintretenswahrscheinlichkeit 98 Eintrittspreise fiir Kultiirveranstaltungen 136 Entscheidimgs- imd Handlungsfreiheit 38 Entscheidungskompetenz 162 Erfolg der Fordervereine 141 Ergebnisiiberzeugimgen 98f. Erhalt des Kulturgutes 84£ Erhaltungswert 83 Erlebnisfaktor 93 Erlebniskonsum 93f£ Existenzwert 29 Externalitaten 41 f£ exteme Anreize 170 externe Effekte 41f£, 169 externe Hemmnisse 98 Fehlallokation 132 Fehlbedarfsfinanzierung 55
197
Sachregister
Fehlbetragsfmanzierung 55 Finanzierung iiber Sponsoring 139 Finanzierung von Kultimnstitutionen 144,166 Forderung des Kulturangebots 156ff. Forderung von Kiinst und Kultur 32, 49 Forderverein 140f. Free Rider 28,40 freie Marktwirtschaft 38 Fundraising 142,178 Gemeinschaftsaufgabe 41 gemischtes Gut 42 gesamtgesellschaftliche Wirkungen des Kulturangebots 29ff., 106 Gesamtwert einer Konsumentscheidung 102 Geschmacksbildung 93 Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen 102,105 geteilte Souveranitat 100,177 ^/W«-//^^-Strategie 101 Grenznutzen 104 Giiterkategorien 39ff. Haushaltsproduktionsmodell 104 Humankapital 90, 94,104 Image von Kunstmuseen 119,128 Imagetransfer 70 immaterielle Bediirfnisse 88 immaterieller Konsum 88, 92 Informationskompetenz 161 Informationssuche 96 Informationsverarbeitungsniodell 149f£ institutionelle Finanzierung 55 institutionelle Kreativitat 63 ff.
intangible kulturelle Werte 83 interne Anreize 170 interne Hemmnisse 98 Internet als Informationsmedium 149ff. Internetauftritt 119f. Internetshops 121 intrinsische Motivation 171 kameralistische Buchfuhrung 54 Kernbereich von Kunst und Kultur 76ff. Knappheit 16,19 kognitive Effizienz 101 kognitive Entlastung 101 kognitive Psychologie 101 Komplementarausgaben 79 Komplementarfinanzierung 66 Konsum 88 Konsumaufgabe 161 Konsument 89,96 Konsumentenpraferenzen 44, 58 Konsumentensouveranitat 18,39,42, 99 Konsumentensubventionierung 57ff. Konsumentenverhalten 98 Konsumentenwiinsche 40,128 Konsumentscheidung 95£ Konsumforschung 144 Konsumfreiheit 38 Konsumgesellschaft 88 Konsumkompetenz 99,161ff Konsumnutzen 88 Konsumphase 161ff Konsumprozess 161ff. Konsumtheorie 91,104 Kontrolliiberzeugungen 98£ Kostenkrankheit 47 f£ Kosten-Nutzen-Vergleich 102,112,114
198 kreativer Prozess 62 Kreativitat 62f., 164 Kreislaufbetrachtung 78 Kreislaufmodell 79 Kreislauftheorie 78 Krisenherde 166ff. Kultur 21 £ Kultur als Staatsziel 156f. Kxiltur in der Gesellschaft 159 Kultur-und Stadtmarketing 82 Kulturanbieter 46,57, 58 Kulturangebot 62ff., 69,173 Kulturausgaben 56f., 108 KulturBarometer 158 Kulturbesucher 158 Kulturbewusstsein 52, 60,157ff. Kultutbildung 60 Kultxirbudget 56 kvilturelle Kompetenz 128,134 kultureUe Werte 62, 83 kulturelles Umfeld 81 Kulturerbe 17, 83f. Kulturerziehung 165 Kultur-Event 82 Kulturfinanzbericht 55f£. Kulturfinanzienmg 32, 64,136 Kulturforderung 49f£ KulturgeseUschaft 83 Kulturgiiter 27 Kultxirgutscheine 52, 57£, 71 Kulturhandeki des Einzelnen 159 Kulturhaushalt 56 kulturinduzierter Umsatz 81 Kulturinstitutionen 26, 55, 57,110££ Kulturinteresse 173 Kulturkarte 70££, 143f£ Kulturkarte, Akzeptanz 143££, 147 Kulturkarte, ModeU 72f£ Kulturkarte, Nachteile 146
Register
Kulturkarte, Vorteile 145 Kulturklima 179 Kultxirkompetenz 161f£ Kulturkonsum 95,98,102 Kulturkonsument 28, 57, 88f£, 121££, 161££ Kulturkonsument, souveran 177 Kulturleben 160 Kultxirleistung 112 Kulturmanagement 33 Kulturmarketing 110,170 Kulturnach£rage 57, 88f£ Kulturnation 157,160 Kulturokonomik 19,24£, 176 kulturpadagogische MaBnahmen 102, 165 Kulturpolitik 80 Kulturpra£erenzen 173 Kulturschutz 157 Kultursektor 21,47,75 Kultursponsoring 68££, 136££ Kulturstaat 158 Kultursubvention 108 Kulturverhalten 158 Kulturziele 156 Kundenorientierung 57, 70,127, 132 Kundenwert 110 Kundenwiinsche im Kulturbereich 110, 121 Kunst 22£ Kunst als Idee 35£ Kunst als Materie 35£ Kunst und Kultur 13, 20f£, 31, 34 Kunstangebot 80 Kunsterlebnis 94 Kunsterziehung 107 Kunst£orderung 30 Kunstgenuss 73,104,114,163 Kunstgiiter 24, 27, 29, 89££
199
Sachregister
Kunstkonsum 91f., 102,104f£ Kimstkonsiiment 57, 99,102 Kimstkonsument als Rezipient 89£ Kxmstkonsument als Sammler 89f. Kiinstler 28, 62 kiinstlerische Idee 35, 89f. Kunstmatkt 89f. Kunstnachfrage 102 Kunstokonomik 24f. Kunstpass 7If. Kimstsammler 90 Kimstvereine 141 £, 176 Kunstvermittlung im Internet 148f£
Mischgut 41 f£ mixed goods 41 monetary cost 111 Multiplikatoreffekte 79£ Museumsbesuch 112f£, 128,132f£ Museumseintrittspreise 128f£ Museumsladen 116,119 Museumsmarketing 112 museumspadagogische Abteilungen 165 Museumsshops 116f£ Musikdownloads 151f£ Musikindustrie 151f£
Lebens- und StandortquaHtat 82 legaler Download 152 Lerneffekt 58,71 locus of control 171
Nachfrage nach Kimst und Kultur 102 nachgelagerte Bereiche 76f£ Nachhaltigkeit 17,83 natiirliche Mitwelt 99 net surplus 103 Nettoiibertragungen 77 Nettowert 111 Netzwerkmodelle 101 nicht-ausschlieBbarer Konsum 27£, 40 Nicht-AusschlieBbarkeit 40f£ nicht-rivalisierender Konsum 27 £, 40 Nicht-Rivalitat 40f£ nonuser benefits 86 normative Uberzeugungen 98£ Nutzungskompetenz 162
Marketing 110f£ Markte, reale 38 Markte, virtueUe 38 Marktforschung 128 Marktkorrekturen 54f£ Marktmechanismus 39 Marktunvollkommenheiten 39 Marktversagen 39, 51 Marktwirtschaft 38 matchingfunds 66 matching grants 66 materielle Bediirfnisse 88 materielle Kiilturwerte 22 materieller Konsum 88 Maximalprinzip 17 Mazen 68,139 meritorisches Gut 18, 43f£, 100 Meta-Praferenzen 15 methodologischer IndividuaHsmus 84 Minimalprinzip 17
offentUche Aufgabe 32, 83 offentliche Giitereigenschaften 32 offentHche Kulturausgaben 56 offentliche Kulturfinanzierung 57 offentHches Gut 27, 32, 40f£ Okonomik 20 okonomische Analyse 16f£, 24, 62f£ okonomische Wohlfahrt 38 okonomischer Ansatz 176
200 okonomisches Denken 16 okonomisches Piinzip 17 Onlineshops 116 Online-Verkauf 119 Opportunitatskosten 17, 83,103 optionalgoods 29 Optionswert 29
Register
relativer Preiseffekt 170 Rentabilitat 78 Ressourcen 15 Restriktionen 15 Rezipient 90
Quantifizierung von externen Effekten 81
Sammler 89 Schattenpreise 104 Schwarzfahrer 28, 40,169 Sekundarausgaben 79 Selbstverwirklichung 9Iff. SelbstverwirkHchungsbediirfnisse 92 Sicherheitsbediirfnisse 91 soziale Bediirfnisse 91 soziale Marktwirtschaft 38 soziale Mitwelt 99 soziale Relevanz 42 soziales Umfeld 98 Spendenbereitschaft 139 SpendenbeschaffungsmaBnahmen 140 Spendenmodell 139f£ spezifisch offentliche Giiter 42 spezifische EgaHtat 107 Sponsor 67, 68,124 Sponsoring 68£, 174 Sponsoringmodell 136 staatHche Kulturausgaben 78 staatliche Kulturforderung 49f£ Staatsversagen 49 Standortentscheidungen 81 Standortfaktor 81 f Subjektive Norm 97 Subventionen 54f£ Subventionspreise 74
rationales Handeln 40, 64 Regressionswirkung 109 rein offentliche Giiter 32, 39ff. rein private Giiter 39ff.
tangible Kulturgiiter 83 Tauschborsen im Internet 151 Teilfinanzierung 55 Theaterbesucher 124f£
personliche Kreativitat 64 physiologische Bediirfnisse 91 postmoderner Konsum 93 Praferenzen 14,40 Preisdifferenzieriing 115,178 Preiselastizitat der Nachfrage 103f., 129 Preis-Leistungs-Verhaltnis 114,136 Preismechanismus 39 Preismoral 177f. Prestigewert 30 Primarausgaben 79 private Kulturforderung 68 privates Gut 27 privat-offentliche Kooperationen 67£ product value 111 Produktivitatsfalle 46f. Produktivitatssteigerung 47 Projektfinanzierimg 55 psychische Kosten 113 Public Private Partnership 64f£ PubUkumsbefragungen 121 Publikumseinrichtungen 127 pure public goods 41
201
Sachregister
Theoiie des durchdachten Handelns 97,117 Theorie des geplanten Verhaltens 98, 117 Theorie offentliche Giiter 39ff.
Vor- und Nachteile von Museumsshops 117f vorgelagerte Bereiche 76ff Voucher-Modell 57ff
theory of planned behavior 98 theory of reasoned action 97 total customer cost 111 total customer value 111
Wachstumsmotive 92 weiche Standortfaktoren 81 Wert eines Museumsbesuchs 114 Werteanalyse 111 Wertekompetenz 162 Wertmarketing 112 Wertmaximierer 111
Uberzeugungen 98 Umwegrentabilitat 78 Umwegrentabilitatsrechnungen 78ff. unsichtbare Hand 38 Unterhaltungswert 105 Value Marketing 11 Off. Verbraucher 89,96 Verdrangung von VerantwortHchkeit 171 Verdrangungseffekt 171 Verdrangungskosten 170 Verdrangungstheorie 171 Verflechtungsmodell 69f Verhaltenintentionsmodell 96ff, 124 Verhaltensplanungsmodell 98 Vermachtniswert 29 Verteilungswirkiingen 109 virtueller Einkaufskorb 121 virtueller Kunstgenuss 149 volkswirtschafdiche Kennziffern fiir Kultur 75 volkswirtschafdiche Perspektive 3Iff volkswirtschafdicher Beitrag 75ff Vollfinanzierung 55 Vor- und Nachteile eines Museumsbesuchs 132f Vor- und Nachteile eines Theaterbesuchs 125f
willingness-to-pay values 85
Wirkungen des Kulturangebots 75ff Wirkungen des Kulturkonsums 105ff. Wirtschaften 19 Wirtschafdichkeitsprinzip 17 Wirtschaftswissenschaft 20 wohlfahrtsokonomisch 40 Wiinsche von Kunstkonsumenten 128 Zahlungsbereitschaft 84ff Zahlungswilligkeit 85,172 Zeit-und Geldkosten 113
202 8.2 Autotenregister Aj2enl991 98 AJ2enundFishbeinl980 97 Ammann2001 112 Andreae 1994 28 Andteae und Wilflingsedet 1980 90, 109 Anheier et al. 1997 155,157,175 Bacherl997 84 Baigentl975 13 Bauer und MiiUer 1996 128,172 Baumoll979 59 Baumol2003 49 Baumol und Baumol 1985 49 Baumol und Baumol 1997 82 Baumol vind Bowen 1966 24, 29, 46, 47,48,49,166,168,169 Becker 1996 15 Becker 2000 149 van der Beek 2002 48, 60,108,109 Benkertl989 80 Bianchil997 89 BiUe Hansen 1997 86 Binder 1996 99 BlackweU et al. 2001 149 BlackweU et al. 2006 22,149 Borrusl999 155 Bouldingl977 37 Braun und GaUus 1999 21 Breining2006 179 Bridge 1976 58,60 Brito und Barros 2005 104 Brodbeckl996 143 Brosio 1994 26 Brulinl989 70 Budaus und Griining 1997 65, 66 Cameron 1997 84 Carey 2005 167,180
Register
Colbert 2002 109,164 Colbert 2003 170 Computerwelt 2006 152 Cooper und Tower 1992 106,135 Cuccia2003 85 Cwi 1980 49 Decil971 170 Deci und Ryan 1985 170 DiMaggiol994 15 dpa2006 156 Dube und Schauerte 1988 127 van Eimeren und Frees 2005 149 Endres 1994 42 Feltonl989 102 Feltonl992 103 Frankfurter Allgemeine Zeitung 1996 72 Freyl996 48 Freyl997 83,85 Freyl999 63,64 Frey2001 29,80,86,100 Frey2003 37,62 Frey und Busenhart 1997 64, 87 Frey und Jegen 1999 170,171 Frey und Pommerehne 1989 50 Fullerton 1991 30 Gafgen 1992 37,107,109,163 Gold 1983 100 Gorsch2001 140 Gottschalk 1998a 70,143 Gottschalk 1998b 109,177 Gottschalk 1999 161 Gottschalk 2001a 93,109 Gottschalk 2001b 45 Gottschalk 2001c 97,98 Gottschalk 2003 161 Gottschalk und HoUy 2002 118 Gottschalk und Klotz 2004 153 Gray 1998 166,180
Autorenregister
Gregol996 122 Grunertl982 101 G n m e r t l 9 9 0 101 Haibachl998 140 Heilbrun2003 46,61 Heilbrun und Gray 1993 49, 50, 57, 102,103,104 Heinrichs 1997 21, 25, 64, 67,141 Heinnchs und Klein 1996 54, 55, 76, 77 Heinnchs etal. 1997 82 Helmstadter 1992 78, 87, 89 Hendonl979 106,127 H e n d o n l 9 9 0 155 Holbrookl987 104 Holchl995 170 HoUy2002 117 von Hoist und Sayah 2006 179 Holub und Eberharter 1994 80 Horowitz 1998 61 Hummel 1992 81,87 Hummel und Berger 1988 75, 76, 77 Hummel und Berger 1989 77, 78, 87 Hummel und Brodbeck 1991 75 Hummel und Waldkirchner 1992 75,76 Hummel etal. 1997 131,155 Hutter 1989a 24,28,29 Hutter 1989b 163,164 Hutter 1994 37 Hutter 1995 65 Hutter 1996 15,24 Hutter 1997 83 Hutter 1999 116 Institut der deutschen Wirtschaft Koln 2006 67 Jeskel997 157 Kesenne 1994 48, 49 Kirschl991 159,160 Klamerl997 31,84
203 Klamer und Throsby 2000 84 Klein 2001 121,170 Klein 2002 170 Klot2 2003 153 Kossnerl996 70 Kotlerl972 110 Kotlerl978 110 Kotler2000 110,111 Kotler2002 110 Krat2ert2002 119 Kriegerl996 13 Kubicek2002 150 Lehnerl996 136 Lenders 1995 170 Leupoldl994 116 Locher\mdStemmlerl998 121 Mankiwl998 16,20,38 Mankiw2001 20 Marshall 1891 105 Maslowl953 91 McCain 2003 93 Mirowl997 66 Miiller, Martin und Bose 1997 81, 87 Miinnich 1980 23, 24, 27, 28 Muschiol2002 20 Musgrave 1956/57 45 Nagel2003 139 O'Hagan 1998 30, 31, 52, 53,108 O'Hagan und Harvey 2000 175 Peacock 1973 30,58,61 Peacock 1992 20,109,180 Peacock 1993 101 Peacock und Rizzo 1994 24, 25 Pesando 1993 90 Pommerehne 1983 24 Pommerehne und Frey 1993 23,24,29, 37,45, 61, 78, 90,157 Priddatl998 15 Prosil996 100
204 Rangell999 147 Rechnungshof Baden-Wiirttemberg 2006 179 Ridley 1983 49 Roth 1994 137 Rotter 1966 171 Rottgers2006 152 Rubinstein 2005 20 Ruhll999 139 Rushtonl999 49 Rushton2000 49 Samuelson und Nordhaus 2005 13 Schaferl997 95 Schenkerl990 131 Scherhom 1992 89 Scherhom 1993 99 Scherhom 1994 88 Schilling 1994 80 Schleider 2006 180 SchmidjeU und Gaubinger 1980 81 Schmidt 1970 45 Schnabell979 91,92 Schuck-Wersig 2000 151 Schuster 1999 52 Schwaiger 2003 155 Schwaiger 2006 69 Schwarz 1992 49 Scitovsky 1972 180 Scitovsky 1989 37 Seaman 2003 87 Semenik und Bamoss 1987 180 Shanahanl980 82 Shaw, zitiert 2006 19 Shethetal. 1999 94 Siebenmorgen 1999 16 Smekall992 54 Smith 1776/1974 38 Statistisches Bundesamt 2001 56 Statistisches Bundesamt 2004 56
Register
Statistisches Bundesamt 2006a 156 Statistisches Bundesamt 2006b 158 Staun2006 151,152 Stuttgarter Galerieverein e.V. 176 StuttgarterZeitungl997 81 Terlutter 1999 110 Terlutter und Weinberg 1995 155 Throsby 1994 45, 61,102,104,105, 109,168 Throsby 2001 19,62,180 Throsby 2003 85 Throsby und Withers 1983 85, 86 Tiet2ell995 27 Toeplerl991 140 Tofflerl973 89,90 Uusitalol994 128,134 Vanhaverbeke 1992 138,139 Vautravers-Busenhart 1998 104 von Maur 2006 176 Walter 1995 132 Welke2006 152,153 West 1986 60 White 1959 161 WilHamsetal. 1995 82 Wiswede2000 95 Wunschl998 124,164 Yorke und Jones 1987 110,127 Zentrum fiir Kulturforschung 2000 158 Zimmerl996 176