M. Birth T. H. Ittel P. L. Pereira Hepatobiliäre und Pankreastumoren
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Hepatobiliär...
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M. Birth T. H. Ittel P. L. Pereira Hepatobiliäre und Pankreastumoren
M. Birth T. H. Ittel P. L. Pereira
Hepatobiliäre und Pankreastumoren Mit 223 Abbildungen und 88 Tabellen
1 23
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Matthias Birth
Prof. Dr. med. Philippe L. Pereira
Hanse-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Allgemein-, Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Große Parower Str. 47–53 18435 Stralsund
SLK-Kliniken Heilbronn GmbH Am Gesundbrunnen 20–26 74078 Heilbronn
Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel Hanse-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Innere Medizin Große Parower Str. 47–53 18435 Stralsund
Ihre Meinung interessiert uns: www.springer.com/978-3-642-04934-7 ISBN 978-3-642-04934-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Planung: Dr. sc. hum. Sabine Höschele, Heidelberg Projektmanagement: Cécile Schütze-Gaukel, Heidelberg Lektorat: Kathrin Nühse, Mannheim Einbandgestaltung: deblik Berlin Satz: TypoStudio Tobias Schaedla, Heidelberg SPIN 11299158 Gedruckt auf säurefreiem Papier
2111 – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort Das hepatozelluläre Karzinom ist weltweit das häufigste Malignom, aber auch sekundäre Lebertumoren, Gallenwegs- und Pankreastumoren zeigen eine zunehmende Inzidenz. Mittlerweile steht das Pankreaskarzinom international schon an vierter Stelle krebsbedingter Todesfälle. Die gemeinsame Darstellung von hepatobiliären und Pankreastumoren ist mehr als sinnvoll, bedingt doch die Anatomie eine Funktionseinheit der behandelten Organe und führt zu einer breiten Überschneidung chirurgischer Therapieprinzipien. International hat sich innerhalb der Viszeralchirurgie längst eine Fokussierung auf Teilbereiche, wie speziell das hepatobiliäre System inklusive Pankreaschirurgie (HBP-Surgery), durchgesetzt. Alle an Diagnostik und Therapie beteiligten Fachgebiete haben in den letzten Jahren einen enormen Wissensschub erfahren, der sich häufig bereits in signifikanten Vorteilen für unsere Patienten widerspiegelt. Verbesserte Diagnostik und damit Patientenselektion, genaueres Verständnis der funktionellen Anatomie, selektive und verfeinerte Operationstechniken und eine Optimierung des perioperativen Managements haben Leber- und Pankreasresektionen zu Standardeingriffen mit niedriger Morbidität und Letalität werden lassen. Durch Einsatz der präoperativen portalvenösen Embolisation mit konsekutiver Leberhypertrophie, zweizeitige Resektionen und Kombination von Resektion und interventioneller Therapie aber auch neoadjuvante multimodale Protokolle lassen sich Resektabilitätsgrenzen ausweiten. Erhebliche Fortschritte in der Bildgebung, beispielhaft genannt seien neue MRTSequenzen und das PET-CT, führen zu einer differenzierten Indikationsstellung und lassen Vorstufen maligner Erkrankungen rechtzeitig kurativ angehen. In diesem Zusammenhang hat auch die totale Pankreatektomie eine Renaissance erlebt und bietet bei moderner Insulin- und Enzymtherapie eine gute Lebensqualität. Für die Behandlung von Lebertumoren stellen interventionelle Therapieverfahren unter Schnittbildsteuerung aufgrund geringer Invasivität und der Möglichkeit der wiederholten Anwendung bereits eine ergänzende Therapieoption dar. Eine weitere wesentliche Säule des Fortschritts besteht in der Verbesserung der systemischen Therapie. Neben hochpotenten Zytostatika spielen monoklonale Antikörper die entscheidende Rolle, wobei deren Einsatz über molekulare Prädiktoren zunehmend individualisiert erfolgt. Erkenntnisse aus der translationalen Forschung, die genauere Definition sowohl von regulatorischen intrazellulären Pfaden als auch der spezifisch veränderten Signaltransduktionen, die das Überleben von Tumorzellen und Tumorstammzellen bestimmt, werden zukünftig die individuelle Behandlung bestimmen. Eine Individualisierung der Tumortherapie ist erstrebenswert und geboten, schont sie doch Patienten vor unnötigen Komplikationen und die Solidargemeinschaft vor ausufernden Kosten. Insofern bietet das Management von HBP-Tumoren viel Raum und zugleich Notwendigkeit für Interdisziplinarität. Das Ausmaß des Wissenszuwachses macht eine aktuelle Standortbestimmung sinnvoll. Herausgeber und Verlag waren sich einig, dass neben einer umfangreichen, übersichtlichen und ausgewogenen Darstellung aller fachlichen Teilbereiche des Themenschwerpunktes Praxisrelevanz und Benutzerfreundlichkeit im Vordergrund stehen. Allen Autoren danken wir ausdrücklich für ihre kompetente Mitarbeit, dem SpringerVerlag, namentlich Frau Schütze-Gaukel und Frau Nühse, für die kritische wie engagierte Begleitung bei der Fertigstellung dieses Buches! September 2010 M. Birth, T.H. Ittel, P. L. Pereira
VII
Inhaltsverzeichnis Teil I Grundlagen 1
Anatomie und Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.3 1.3.1 1.3.2
S. Heinrich, M. Birth, S. König, P. M. Markus Anatomie der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Funktionelle Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Extrahepatische und portal-hiläre Anatomie . . . . . . . 5 Anatomie des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Pankreasabschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Pankreasgangsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Gefäßversorgung des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Regeneration der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Zytokine und Wachstumsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Leberstammzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4
3
3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1
Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14 E. Schott, A. Bergk, R. Büchsel, T. Berg, E. Schott, A. Aghdassi, F. U. Weiss, J. Mayerle, M. M. Lerch Hepatozelluläres Karzinom (HCC) . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems . . . . . . . 25 Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Inzidenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Präkanzerosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Prävention, Früherkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38 F. G. Bader, G. Auer, H.-P. Bruch, U. J. Roblick, J. K. Habermann Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Ätiologiespezifische genomische Alterationen . . . . 39 Ätiologieunspezifische genomische Alterationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Karzinome der Gallenblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Karzinome der Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Genetische Alterationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Teil II Diagnostik, Pathologie und Stadieneinteilung 4
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.5 4.5.1 4.5.2 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.7 4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.4
Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management . . . . . . . . . . . .54 M. Birth, P. L. Pereira, J. Wiskirchen, M. Hünerbein, P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Hoffmann, J. Spengler, C. Thomas, B. C. Manegold, G. F. B. A. Kähler, R. Krupski-Berdien, E. Shang Röntgendiagnostik und Schnittbildverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Endoskopie und Endosonographie, ERCP . . . . . . . . . 61 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Gallenwege und Gallenblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Staginglaparoskopie und laparoskopischer Ultraschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Intraoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Intraoperative Sonographie am offenen Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Stellenwert intraoperativer Schnellschnittuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Präoperative Blutuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Tumormarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Präoperatives Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Punktionen zur histologischen Tumorsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Präoperatives Management durch Endoskopie und Stenting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Prätherapeutische Interventionen . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Präoperative Malnutrition und Ernährungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Spezielle Stoffwechselsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Nährstoff-, Energie- und Flüssigkeitsbedarf . . . . . . . 84 Präoperative Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
VIII
Inhaltsverzeichnis
5
5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4
Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88 F.G. Bader, G. Auer, U.J. Roblick, H.-P. Bruch, J.K. Habermann Pathomorphologie und Prognosefaktoren . . . . . . . . 89 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation . . . . . . . . . . . . 91 TNM-Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Metastasierungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Tumormarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Teil III Chirurgische Therapie hepatobiliärer Tumoren
7.6.1 7.6.2 7.6.3 7.6.4 7.6.5 7.6.6 7.6.7 7.6.8
8
8.1 8.2 8.3 8.4
9
9.1 9.2 9.2.1
10 6
Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.4 7.4.1 7.4.2 7.5 7.5.1 7.5.2 7.6
Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 M. Birth, P. Hildebrand, J. Walter, D. C. Bröring Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Primäre Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Benigne primäre Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Maligne primäre Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Sekundäre Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Prognosefaktoren und Ergebnisse nach Resektion kolorektaler Metastasen . . . . . . . . . . . . . . 120 Prognosefaktoren und Ergebnisse nach Resektion nichtkolorektaler Metastasen . . . . . . . . . 123 Gallenblasentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Benigne Gallenblasentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Maligne Gallenblasentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Gallenwegstumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Benigne Gallenwegstumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Maligne Gallenwegstumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung . . . . . . . . . . . . . 143 D. C. Bröring, L. Müller Beurteilung der Leberfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Funktionelle Leberreserve, Volumetrie . . . . . . . . . 146 Präoperative Konditionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Lagerung und Zugangswege in der Leberchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Birth Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Zugangswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Inzisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Klassifikation und Technik der Leberresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
10.1.4 10.2 10.2.1 10.2.2
M. Birth, P. Hildebrand Allgemeine operative Schritte und präparatorisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Lebermobilisation und Situsexploration . . . . . . . . . 157 Leberhiluspräparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Pringle-Manöver und totale vaskuläre Okklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Abgangsoperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Resektionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Enukleationen und atypische Leberresektionen . . . 159 Anatomische Leberresektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
11
Parenchymdissektionsverfahren . . . . . . . . . . . 166
11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3
M. Birth, P. Hildebrand Selektive Parenchymdissektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Nicht-selektive Parenchymdissektion . . . . . . . . . . . . 167 RFA-unterstützte Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Staplerhepatektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Dissektion mit dem LigaSure® . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
12
Management der Resektionsflächen . . . . . . . 170
12.1 12.2
M. Birth, P. Hildebrand Thermokoagulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Versiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
10.1
H. Wolff
7
Allgemeine Faktoren der Operabilität . . . . . . . . . . . 136 Technische Resektabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Perioperatives Risiko nach Leberresektion . . . . . . . 137 Extrahepatischer Tumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Indikationsstellung und Ergebnisse beim hepatischen Rezidiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Leberresektionen im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Timing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Leberresektion nach präoperativer Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
10.1.1 10.1.2 10.1.3
IX Inhaltsverzeichnis
13
13.1 13.2 13.3 13.4 13.5 13.6
14
14.1 14.1.1 14.1.2 14.1.3 14.1.4 14.2 14.2.1 14.2.2 14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.4 14.4.1 14.4.2 14.5 14.5.1 14.6 14.6.1 14.6.2 14.6.3 14.6.4 14.6.5 14.7 14.7.1 14.7.2 14.7.3
15
15.1
Lymphadenektomie (LAD) bei hepatobiliären Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 M. Birth Allgemeine pathohistologische Grundlagen . . . . . 174 Hepatozelluläres Karzinom (HCC) . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Intrahepatisches Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Hiläres Cholangiozelluläres Karzinom (Klatskin-Tumor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Gallenblasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Kolorektale Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 H. Schrem, H. Bektas, T. Becker, J. Klempnauer, J. Scheele, A. Schilling Ex-situ und ante-situ-Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Präoperative Diagnostik, Vorbehandlung und Indikationsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Operatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Anteriore Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Konventionelle vs. anteriore Hemihepatektomie rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Vor- und Nachteile der anterioren Resektion . . . . . 182 Multiviszerale Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Tumorbedingte perihepatische Resektion . . . . . . . 183 Resektion synchroner Lebermetastasen beim kolorektalen Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Rezidivresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Operationstaktische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Onkologische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Besonderheiten beim Gallengangskarzinom . . . . . 189 Operationstaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Besonderheiten bei Klatskin-Tumoren . . . . . . . . . . . 190 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Aktuelle Resektionsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Alternative Resektionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Präoperative Konditionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber . . . . . . 196 Leberzirrhose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Cholestatische Hepatopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Chemotherapie-assoziierte toxische Leberschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Stellenwert der Transplantation bei hepatobiliären Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 C. Hillert, X. Rogiers Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
15.2 15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.2.4 15.3 15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5 15.3.6 15.3.7
16
16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6 16.7 16.8
17
17.1 17.2 17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4
18
Benigne Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Kavernöses Hämangiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Fokal noduläre Hyperplasie (FNH) . . . . . . . . . . . . . . . 205 Hepatozelluläre Adenome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Degenerativ polyzystische Lebererkrankung . . . . . 206 Maligne Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Hepatozelluläres Karzinom (HCC) . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Intrahepatisches cholangiozelluläres Karzinom (CCC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Extrahepatische Gallengangskarzinome (Klatskin-Tumor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Hämangioendotheliom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Hepatoblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Kolorektale Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Neuroendokrine Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Laparoskopische und laparoskopischassistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 M. Kleemann, H. P. Bruch, M. Birth Die Entwicklung der laparoskopischen Leberchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Vor- und Nachteile des minimal-invasiven Zugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Terminologie und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Methodenüberblick zur minimal-invasiven Leberresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Grundlagen der laparoskopischen Resektionstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Laparoskopische laterale Sektorektomie links . . . . 216 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Rekonstruktion nach ausgedehnter hepatobiliärer Resektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 M. Heise, P. Neuhaus Rekonstruktion des Galleabflusses nach erweiterten Resektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Gefäßrekonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Rekonstruktionen der V. cava . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Rekonstruktion der Lebervenen . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Rekonstruktion der Pfortader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Arterielle Rekonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Perioperatives und anästhesiologisches Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
M. Hoffmann, M. Birth, J. Werner, J. C. Lewejohann, E. Muhl 18.1 Antibiotika- und Thromboseprophylaxe . . . . . . . . . 226 18.1.1 Antibiotikaprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 18.1.2 Thromboseprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 18.2 Substitution von Gerinnungsfaktoren . . . . . . . . . . . 227
X
Inhaltsverzeichnis
18.2.1 18.2.2 18.2.3 18.2.4 18.3 18.3.1
Plasma/FFP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 PPSB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Antithrombin-III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Faktorenkonzentrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Transfusionsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Empfehlungen zum Transfusionsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 18.4 Anästhesiologisches Management in der Leberchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 18.5 Anästhesiologisches Management bei Pankreaseingriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 18.6 Spezielle postoperative Intensivmedizin . . . . . . . . 232 18.6.1 Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 18.6.2 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
19
Komplikationen und deren Management der hepatobiliären Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . 236
L. Müller, C. Wilms, D. C. Bröring 19.1 Allgemeine Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 19.1.1 Definition unerwünschter Ereignisse und Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 19.1.2 Klassifizierung von Komplikationen . . . . . . . . . . . . . 237 19.2 Spezielle Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 19.2.1 Leberinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 19.2.2 Galleleck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
22
P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Birth 22.1 Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 22.2 Zugangswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 22.2.1 Inzision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
23
23.1 23.1.1 23.1.2 23.1.3 23.1.4 23.1.5 23.1.6 23.2 23.2.1 23.2.2 23.3 23.3.1 23.3.2
Teil IV Chirurgische Therapie der Pankreastumoren 20
Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 H. Wolff
21
Lagerung und Zugangswege in der Pankreaschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
23.4 23.4.1 23.4.2 23.4.3 23.5 23.5.1
Resektionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 M. Birth , H.-J. Gassel, M. Ernst, K. H. Link, M. Roitman, T. Weber, M. Niedergethmann, S. Post, Papillenresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Symptomatik und Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Tumorentitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Endoskopische Papillenresektion . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Therapeutischer Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Technik der transduodenalen Papillenresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Tumorenukleation und Pankreassegmentresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Tumorenukleation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Pankreassegmentresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Pankreaskopfresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Partielle Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple und die partielle pyloruserhaltende Duodenopankreatomie nach Traverso-Longmire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Splenektomie oder Milzerhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Operationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Pankreasstumpfverschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Subtotale und totale Pankreatektomie . . . . . . . . . . 288 Operatives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Indikationsstellung zur Resektion . . . . . . . . . . 250
D. Henne-Bruns, T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger 21.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 21.2 Gutartige Pankreastumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 21.3 Papillenadenome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 21.4 Bösartige Pankreastumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 21.5 Maligne Tumoren der intrapankreatischen Gallenwege und der Papille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 21.6 Raumforderungen unklarer Genese, Raumforderung in Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 21.7 Endokrine Pankreastumore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 21.7.1 Nicht-funktionelle EPT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 21.7.2 Insulinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 21.7.3 Gastrinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 21.8 Pankreasmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
24
24.1 24.2 24.3
25
25.1
Lymphadenektomie in der Pankreaschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 A. Rehders, M. Peiper, W.T. Knoefel Anatomische Grundlagen und Einteilung der Lymphknotenstationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Ausmaß der Lymphadenektomie . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Wertigkeit einer erweiterten Lymphadenektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
Spezielle Situationen und taktische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 R. Grützmann, F. Ehehalt, H. D. Saeger Lokal fortgeschrittene Tumoren und multiviszerale Resektion bei Pankreasresektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
XI Inhaltsverzeichnis
25.2
Gefäßresektion/-rekonstruktion bei Pankreasresektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 25.3 Rezidivresektion bei Pankreastumoren . . . . . . . . . . 299 25.4 Resektionen nach neoadjuvanter Radio-/ Chemotherapie beim Pankreaskarzinom . . . . . . . . 299 25.5 Intraoperatives Nichtauffinden endokriner Tumoren des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 25.5.1 Insulinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 25.5.2 Gastrinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
26
Laparoskopische und laparoskopischassistierte Operationsverfahren in der Pankreaschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
E. Bärlehner, T. Benhidjeb 26.1 Staging-Laparoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 26.2 Resezierende laparoskopische Verfahren . . . . . . . . 303 26.2.1 Laparoskopische kephale Duodenopankreatektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 26.2.2 Laparoskopische Tumorenuklation und distale Pankreasresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 26.2.3 Laparoskopische palliative Bypass-Operationen beim Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
27
27.1 27.1.1 27.1.2 27.1.3 27.1.4 27.2 27.3 27.4
28
28.1 28.2 28.3 28.4 28.4.1 28.4.2 28.4.3 28.4.4 28.4.5 28.4.6 28.5
Rekonstruktionsverfahren in der Pankreaschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 J. R. Izbicki, T. Strate, Y. Vashist, O. Mann Versorgung der Pankreasresektionsfläche, Anastomosentechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Pankreasblindverschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Pankreasgangokklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Enterale Drainageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Pankreatikogastrostomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Rekonstruktion des Galleabflusses . . . . . . . . . . . . . . 310 Techniken der Magenanastomose . . . . . . . . . . . . . . . 310 Ein- und Mehrschlingenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 311
Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 M. Ernst, L. Müller Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Allgemeine Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Intraoperative Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Postoperative Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Blutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Wundinfektion und Abszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Anastomoseninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Pankreasfistel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Magenentleerungsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Seltene Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Postoperative Folgezustände und Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
Teil V Interventionelle Therapie 29
Allgemeine Aspekte der interventionellen Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 M. Birth, P. Hildebrand
30
Kryotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
30.1 30.2 30.3 30.4
P. Hildebrand Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
31
Perkutane Alkoholinjektion . . . . . . . . . . . . . . . 331
31.1 31.2 31.3 31.4 31.5 31.6 31.6.1 31.7
H.-P. Allgaier Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Indikationen und Kontraindikationen . . . . . . . . . . . 332 Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Nebenwirkungen und Komplikationen . . . . . . . . . . 333 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Langzeitüberleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 HCC-Rezidive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
32
Hypertherme Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336
M. Birth, P. Hildebrand, T. J. Vogl, R. Straub, K. Eichler, T. Lehnert, S. Zangos, M. G. Mack, A. Boss, P. L Pereira, M. Kleemann, H. P. Bruch 32.1 Radiofrequenzablation (RFA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 32.2 MR-gesteuerte Laser-induzierte Thermotherapie (LITT) zur minimalinvasiven Therapie von Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 32.2.1 Durchführung der laserinduzierte Thermotherapie (LITT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 32.2.2 Klinische Ergebnisse der LITT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 32.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 32.3 Fokussierter Ultraschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 32.4 Mirkrowellen-Ablation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 32.5 Elektro-chemische Verfahren – Elektrolyse . . . . . . . 348
33
33.1 33.2 33.3 33.4
Transarterielle Chemoembolisation (TACE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 K. Brechtel, P. L. Pereira Allgemeine Applikationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Embolisationsmaterialien und gängige Chemotherapeutika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Komplikationen transarterieller Therapien . . . . . . . 353 Indikation und Stellenwert der transarteriellen Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354
XII
Inhaltsverzeichnis
34
35
Kombination von Leberresektion und interventioneller Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
40
P. Hildebrand, M. Birth
G. Folprecht, C. Bokemeyer, M. Stahl, V. Heinemann, H.-J. Stemmler, M. Wolf 40.1 Kolorektales Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 40.1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 40.1.2 Neoadjuvante oder adjuvante Therapie von resektablen Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 40.1.3 Medikamentöse Therapie von nicht resektablen Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 40.1.4 Antikörper gegen den EGF-Rezeptor . . . . . . . . . . . . 389 40.1.5 Antikörper gegen VEGF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 40.1.6 Neoadjuvante Chemotherapie für nicht (optimal) resektable Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 40.1.7 Therapieintensität in der palliativen Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 40.1.8 Ältere Patienten, Patienten mit Begleiterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 40.1.9 Therapiedauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 40.2 Magenkarzinom und Ösophaguskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 40.2.1 Plattenepithelkarzinome des Ösophagus . . . . . . . . 395 40.2.2 Adenokarzinome des Ösophagus und des Magens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 40.3 Behandlung von Lebermetastasen beim Mammakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 40.3.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 40.3.2 Systemische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 40.3.3 Therapiestrategie bei isolierter Lebermetastasierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 40.3.4 Prognose der hepatischen Metastasierung . . . . . . 398 40.3.5 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 40.3.6 Indikation für ein lokales Therapieverfahren . . . . . 398 40.3.7 Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 40.3.8 Alternative lokoregionäre Therapieverfahren . . . . 399 40.3.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 40.4 Systemische Therapie des Lungenkarzinoms . . . . . 401 40.4.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 40.4.2 Best Supportive Care (BSC) vs. Kombinationschemotherapie und BSC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 40.4.3 Platinfreie versus platinhaltige Kombinationschemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 40.4.4 Cisplatin versus Carboplatin in der Kombinationschemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 40.4.5 Auswahl des Platinkombinationspartners . . . . . . . . 402 40.4.6 Histologie als Selektionskriterium zur Wahl der Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 40.4.7 Biologisch zielgerichtete Therapien . . . . . . . . . . . . . . 403 40.4.8 Dauer der Erstlinientherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 40.4.9 Zweitlinienbehandlung bei erneuter Tumorprogression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 40.4.10 Zusammenfassung und Fazit für die Praxis . . . . . . 408
Zugangswahl der thermischen Ablationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 M. Birth, P. Hildebrand
36
Interventionelle Verfahren zum Bridging vor Lebertransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 C. Hillert Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Perkutane Ethanol-Injektion (PEI) . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Radiofrequenzablation (RFA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Transarterielle Chemoembolistation (TACE) . . . . . . 364 Kombinationstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Effektivität der Bridgingverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 365 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
36.1 36.2 36.3 36.4 36.5 36.6 36.7
Teil VI Chemotherapie und Systemische Therapie 37
Chemotherapie bei primären Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
T. H. Ittel Prognostische Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Therapiealgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Systemische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Hormontherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Systemische Chemotherapie und molekular zielgerichtete Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 37.3.3 Therapiedurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 37.1 37.2 37.3 37.3.1 37.3.2
38
38.1 38.2 38.3
39
39.1 39.2 39.3 39.3.1 39.3.2 39.3.3
Chemotherapie bei Tumoren der Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . 375 H. Oettle, M. Sinn Adjuvante Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Neoadjuvante Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Palliative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376
Chemotherapie beim Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 H. Oettle, M. Sinn Adjuvante Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Neoadjuvante Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Palliative Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Lokal fortgeschrittenes Pankreaskarzinom . . . . . . . 382 Metastasiertes Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 382 »Second-line«-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
XIII Inhaltsverzeichnis
41
Lokoregionäre Chemotherapie . . . . . . . . . . . . 410 R. Zippel Lokoregionäre Chemotherapie beim hepatozellulären Karzinom (HCC) . . . . . . . . . . . . . . . 413 Lokoregionäre Chemotherapie beim duktalen Pankreaskarzinom: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Lokoregionäre Chemotherapie bei Lebermetastasen kolorektaler Karzinome . . . . . . . . 415 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
41.1 41.2 41.3 41.4
Teil VII Strahlentherapie 42 42.1 42.1.1 42.1.2 42.1.3 42.2 42.2.1 42.2.2 42.2.3 42.3 42.4 42.4.1 42.4.2
43
Grundlagen der Strahlentherapie . . . . . . . . . . 420 R. Fietkau Fraktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Hyperfraktionierte Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Hypofraktionierte Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Akzelerierte und akzelerierte-hyperfraktionierte Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Bestrahlungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Perkutane Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Extrakranielle Stereotaxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Brachytherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Nebenwirkungen der Strahlentherapie . . . . . . . . . . 424 Frühe Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Späte Strahlennebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 424
44.1
45
Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 R. Fietkau Patienten mit primär nicht metastasiertem, aber nicht resektablen Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . 438
Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) . . . . . 444
R.-T. Hoffmann, P. L. Pereira 45.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 45.2 Anatomische und physikalische Grundlagen . . . . . 445 45.2.1 Indikationen, Kontraindikationen und erste Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 45.2.2 Vorbereitende Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 45.3 Komplikationen der SIRT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 45.4 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 45.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448
Teil VIII Multimodale Therapiekonzepte und Clinical Pathways 46
46.1
Multimodale Therapiekonzepte und Clinical Pathways . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 H.-F. Weiser Interdisziplinäres Management von hepatobiliären und Pankreastumoren . . . . . . . . . . . 451
Teil IX Weitere Palliative Therapiemaßnahmen, Nachsorge und Rehabilitation
Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege . . . . . . . . . . . . 426
R. Fietkau 43.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 43.2 Palliative Ganzleberbestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 43.2.1 Strahlentherapie des Hepatozellulären Karzinoms (HCC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 43.3 Palliative Bestrahlung von Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . 429 43.4 Cholangiozelluläre Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 43.5 Behandlung von Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . . 432 43.5.1 Brachytherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 43.5.2 Stereotaktische Bestrahlung von Lebermetastasen . . 432
44
44.1.1 Einsatz der Strahlentherapie als palliative Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 44.1.2 Zielsetzung: Verbesserung der Resektabilität durch eine simultane Radiochemotherapie . . . . . . 440 44.2 Adjuvante Radiochemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
47
Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456
R. Zippel 47.1 Palliation beim malignen Verschlussikterus . . . . . . 457 47.1.1 Endoskopische und radiologisch interventionelle Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 47.1.2 Chirurgische Drainageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 47.2 Palliative Möglichkeiten beim mechanischen Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 47.2.1 Umgehungsanastomosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 47.2.2 Stentversorgung bei Magenausgangs- bzw. Duodenalstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 47.2.3 Ernährung im fortgeschrittenen Krankheitsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 47.3 Best Supportive Care . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463
XIV
Inhaltsverzeichnis
47.3.1 Lebensqualität und psychoonkologische Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 47.3.2 Behandlung ausgewählter Symptome . . . . . . . . . . . 464 47.4 Palliative Resektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
48
Rehabilitation nach hepatobiliärer und Pankreastumorchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
48.1 48.1.1 48.2 48.3 48.4 48.5
K.-H. Zurborn Somatische Rehabilitationsmaßnahmen . . . . . . . . . . 473 Ernährungsberatung und Kostaufbau . . . . . . . . . . . 474 Psychische Rehabilitationsmaßnahmen . . . . . . . . . 474 Gesundheitstraining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 Sozialmedizinische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476
Teil X Zukunftsperspektiven 49
Die Zukunft – Personalisierte Tumortherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 M. Birth, T. H. Ittel, P. L. Pereira
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
XV
Autorenverzeichnis Dr. med. Ali Aghdassi
PD Dr. med. Tahar Benhidjeb
Dr. med. Klaus Brechtel
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Department of Medicine A Friedrich-Löffler-Straße 23a 17487 Greifswald
Universitätsklinikum HamburgEppendorf Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, und Thoraxchirurgie Martinistraße 52 20246 Hamburg
Universitätsklinik Tübingen Dept. für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Hoppe-Seyler-Straße 4 72076 Tübingen
Prof. Dr. med. Hans-Peter Allgaier Evang. Diakoniekrankenhaus Viszeralmedizinisches Zentrum Wirthstraße 11 79110 Freiburg
Prof. Dr. med. Gert Auer Karolinska Universitetssjukhuset, Solna 171 76 Stockholm, Schweden
Dr. med. Franz G. Bader Universitätsklinikum SchleswigHolstein Klinik für Chirurgie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Dieter C. Bröring Prof. Dr. med. Thomas Berg Universitätsklinikum Leipzig Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie, Sektion Hepatologie Liebigstraße 20 04103 Leipzig
Prof. Dr. med. Hans-Peter Bruch Dr. med. Alexandra Bergk Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Matthias Birth Dr. med. Eckhard Bärlehner ehem. Chirurgische Klinik des Klinikum Berlin-Buch Bielckenweg 3 13125 Berlin
Hanse-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Große Parower Straße 47–53 18435 Stralsund
Prof. Dr. med. Thomas Becker
Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer
Medizinische Hochschule Hannover Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf II. Medizinische Klinik und Poliklinik Martinistraße 52 20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Hueseyin Bektas Medizinische Hochschule Hannover Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Carl-Neuberg-Straße 2 30625 Hannover
Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Arnold-Heller-Straße 3 (Haus 18) 24105 Kiel
PD Dr. Dr. med. Dr. sc. hum. Andreas Boss UniversitätsSpital Zürich Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Rämistraße 100 8091 Zürich, Schweiz
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Klinik für Chirurgie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Reinhard Büchsel DRK-Kliniken Berlin Medizinische Klinik I Spandauer Damm 130 14050 Berlin
Dr. med. Florian Ehehalt Universitätsklinikum Dresden Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Fetscherstraße 74 01307 Dresden
Dr. med. Katrin Eichler Klinikum der Goethe-Universität Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Prof. Dr. med. Michael Ernst Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäßund Thoraxchirurgie Allendestraße 30 17036 Neubrandenburg
XVI
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Rainer Fietkau
Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns
Prof. Dr. med. Thomas Heinz Ittel
Universitätsklinik Erlangen Strahlenklinik Universitätsstraße 27 91054 Erlangen
Universitätsklinikum Ulm Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Steinhövelstraße 9 89075 Ulm
Hanse-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Innere Medizin Große Parower Straße 47 – 53 18435 Stralsund
PD Dr. med. Gunnar Folprecht Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Medizinische Klinik und Poliklinik I Fetscherstraße 74 01307 Dresden
Prof. Dr. med. Heinz-Jochen Gassel Evangelisches Krankenhaus Mülheim GmbH Klinik für Chirurgie Wertgasse 30 45468 Mülheim/Ruhr
PD Dr. med. Robert Grützmann Universitätsklinikum Dresden Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Fetscherstraße 74 01307 Dresden
PD Dr. Dr. med. Jens-Karsten Habermann Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Klinik für Chirurgie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Volker Heinemann Klinikum Großhadern München Medizinische Klinik und Poliklinik III Marchioninistraße 15 81377 München
Dr. med. Stefan Heinrich Hanse-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thoraxund Gefäßchirurgie Große Parower Straße 47–53 18435 Stralsund
PD Dr. med. Michael Heise, MBA Friedrich-Schiller Universität Jena Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie Erlanger Allee 101 07747 Jena
Prof. Dr. med. Jakob R. Izbicki PD Dr. med. Philipp Hildebrand Universitätsklinikum SchleswigHolstein Klinik für Chirurgie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Universiätsklinikum Hamburg Eppendorf Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie Martinistraße 52 20251 Hamburg
PD Dr. med. Georg Kähler Dr. med. Christian Hillert Krankenhaus Reinbek, St. Adolf-Stift Chirurgische Klinik Hamburger Straße 41 21465 Reinbek
Dr. med. Martin Hoffmann Hanse-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Große Parower Straße 4753 18435 Stralsund
PD Dr. med. Ralf-Thorsten Hoffmann Klinikum der Universität München, Campus Großhadern Institut für Klinische Radiologie Marchioninistraße 15 81377 München
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Werner Hohenberger Universität Erlangen-Nürnberg Chirurgische Klinik mit Poliklinik Krankenhausstraße 12, Eingang Maximiliansplatz 91054 Erlangen
Prof. Dr. med. Michael Hünerbein HELIOS Klinikum Berlin-Buch Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Onkologische Chirurgie Schwanebecker Chaussee 50 13125 Berlin
Universitätsmedizin Mannheim Zentrale Interdisziplinäre Endoskopie Theodor-Kutzer-Ufer 13 68167 Mannheim
PD Dr. med. Markus Kleemann Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Klinik für Chirurgie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Jürgen Klempnauer Medizinische Hochschule Hannover Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
Prof. Dr. med. Wolfram Trudo Knoefel Universitätsklinikum Düsseldorf Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
Dr. med. Christian Knorr Universität Erlangen-Nürnberg Chirurgische Klinik mit Poliklinik Krankenhausstraße 12, Eingang Maximiliansplatz 91054 Erlangen
PD Dr. med. Sarah König Universitätsmedizin Göttingen Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen
XVII Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Gerrit Krupski-Berdien
Prof. Dr. med. Peter Markus
PD Dr. med. Helmut Oettle
Krankenhaus Reinbek St. Adolf-Stift Abt. f. Diagnostische und Interventionelle Radiologie Hamburger Straße 41 21465 Reinbek
Elisabeth-Krankenhaus Essen Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie Klara-Kopp-Weg 1 45138 Essen
Charité Universitätsmedizin Berlin CharitéCentrum für Tumormedizin/Med. Klinik m. S. Hämatologie und Onkologie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Dr. med. Thomas Lehnert
Prof. Dr. med. Julia Mayerle
Prof. Dr. med. Matthias Peiper
Klinikum der Goethe-Universität Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Department of Medicine A Friedrich-Löffler-Straße 23a 17487 Greifswald
Universitätsklinikum Düsseldorf Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
Prof. Dr. med. Markus M. Lerch
Prof. Dr. med. Thomas Meyer
Prof. Dr. med. Philippe L. Pereira
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Department of Medicine A Friedrich-Löffler-Straße 23a 17487 Greifswald
Klinikum Ansbach Chirurgische Klinik I, Allgemeinund Viszeralchirurgie, chirurgische Onkologie Escherich Straße 1 91522 Ansbach
SLK-Kliniken Heilbronn GmbH Klinik für Radiologie Am Gesundbrunnen 2026 74078 Heilbronn
Dr. med. Jan-Christoph Lewejohann Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Klinik für Chirurgie – Intensivstation 37a Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Karl-Heinrich Link Asklepios Paulinen Klinik Chirurgisches Zentrum Geisenheimer Straße 10 65197 Wiesbaden
Prof. Dr. med. Martin Mack Klinikum der Goethe-Universität Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Prof. Dr. med. Bernhard Christoph Manegold Universitätsmedizin Mannheim Chirurgische Klinik Theodor-Kutzer-Ufer 13 68167 Mannheim
PD Dr. med. Oliver Mann Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie Martinistraße 52 20251 Hamburg
PD Dr. med. Lars Müller Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Arnold-Heller-Straße 3 (Haus 18) 24105 Kiel
Prof. Dr. med. Elke Muhl Universitätsklinikum SchleswigHolstein Klinik für Chirurgie – Intensivstation 37a Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Peter Neuhaus Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum Klinik für Allgemein-, Viszeral-und Transplantationschirurgie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Stefan Post Universitätsmedizin Mannheim Chirurgische Klinik Theodor-Kutzer-Ufer 13 68135 Mannheim
Dr. med. Alexander Rehders Universitätsklinikum Düsseldorf Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
PD Dr. Dr. med. Uwe-Johannes Roblick Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Klinik für Chirurgie Ratzeburger Allee 160 23539 Lübeck
Prof. Dr. med. Xavier Rogiers University Hospital and Medical School Deptartment of Surgery and Transplantation Gent, Belgium
Prof. Dr. med. Marco Niedergethmann
Dr. med. Mark Roitmann
Universitätsmedizin Mannheim Chirurgische Klinik Theodor-Kutzer-Ufer 13 68135 Mannheim
Asklepios Paulinen Klinik Chirurgisches Zentrum Geisenheimer Straße 10 65197 Wiesbaden
XVIII
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Hans-Detlev Saeger
Dr. med. Jörg Spengler
Dr. med. Jessica Walter
Universitätsklinikum Dresden Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Fetscherstraße 74 01307 Dresden
Internistische Praxis Hainholzstraße 60 18435 Stralsund
Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Arnold-Heller-Straße 3 (Haus 18) 24105 Kiel
Prof. Dr. med. Michael Stahl
Klinikum Bad Hersfeld GmbH Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Seilerweg 29 36251 Bad Hersfeld
Ev. Huyssens-Stiftung/Knappschaft GmbH Klinik f. Internistische Onkologie und Hämatologie/Zentrum f. Palliativmedizin Henricistraße 92 45136 Essen
Dr. med. Astrid Schilling
PD Dr. med. Hans Joachim Stemmler
Prof. Dr. med. Hans-Fred Weiser
Klinikum Bad Hersfeld GmbH Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Seilerweg 30 36252 Bad Hersfeld
Klinikum Großhadern München Medizinische Klinik und Poliklinik III Marchioninistraße 15 81377 München
Diakoniekrankenhaus Rotenburg (Wümme) gGmbH Chirurgische Klinik I, Allgemein-, Viszeral-, Thoraxchirurgie Elise-Averdieck-Straße 17 27356 Rotenburg (Wümme)
Prof. Dr. med. Johannes Scheele
Prof. Dr. med. Tim Strate PD Dr. med. Eckart Schott Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Dr. med. Harald Schrem Medizinische Hochschule Hannover Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
Krankenhaus Reinbek, St. Adolf-Stift Chirurgische Klinik Hamburger Straße 41 21465 Reinbek
Dr. med. Ralf Straub Radiologische Gemeinschaftspraxis Hessenring 64 61348 Bad Homburg
Dr. med. Christoph Thomas Universitätsklinkum Tübingen Abt. für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Hoppe-Seyler-Straße 3 72076 Tübingen
Prof. Dr. med. Edward Shang Universitätsmedizin Mannheim Chirurgische Klinik Theodor-Kutzer-Ufer 13 68135 Mannheim
Dr. med. Marianne Sinn Charité Universitätsmedizin Berlin CharitéCentrum für Tumormedizin/Med. Klinik m. S. Hämatologie und Onkologie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Dr. med. Yogesh K. Vashist Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie Martinistraße 52 20251 Hamburg
Prof. Dr. med. Thomas J. Vogl Klinikum der Goethe-Universität Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
PD Dr. med. Thomas Weber Asklepios Paulinen Klinik Chirurgisches Zentrum Geisenheimer Straße 10 65197 Wiesbaden
Dr. med. F. Ulrich Weiss Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Department of Medicine A Friedrich-Löffler-Straße 23a 17487 Greifswald
Dr. med. Jörg Werner HANSE-Klinikum Stralsund GmbH Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Große Parower Straße 47-53 18435 Stralsund
Dr. med. Christian Wilms Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Arnold-Heller-Straße 3 (Haus 18) 24105 Kiel
PD Dr. med. Jakub Wiskirchen Franziskus Hospital gem. GmbH Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin Kiskerstraße 26 33615 Bielefeld
XIX Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Martin Wolf Klinikum Kassel GmbH Medizinische Klinik IV, Onkologie, Hämatologie, Immunologie Mönchebergstraße 4143 34125 Kassel
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Helmut Wolff em. Charité der Humboldt-Universität zu Berlin Rapsweg 26 12683 Berlin
PD Dr. med. Stephan Zangos Klinikum der Goethe-Universität Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Dr. med. Roland Zippel, MBA Elblandklinikum Riesa Weinbergstraße 8 01589 Riesa
Prof. Dr. med. Karl-Heinz Zurborn Reha-Klinik Ahrenshoop Dorfstraße 55 18347 Ostseebad Ahrenshoop
I
Teil I
Grundlagen
Kapitel 1
Anatomie und Physiologie – 2 S. Heinrich, M. Birth, S. König, P. M. Markus
Kapitel 2
Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese – 14 E. Schott, A. Bergk, R. Büchsel, T. Berg, E. Schott, A. Aghdassi, F. U. Weiss, J. Mayerle, M. M. Lerch
Kapitel 3
Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte – 38 F. G. Bader, G. Auer, H.-P. Bruch, U. J. Roblick, J. K. Habermann
1
Anatomie und Physiologie S. Heinrich, M. Birth, S. König, P. M. Markus
1.1
Anatomie der Leber – 3
1.1.1 1.1.2
Funktionelle Anatomie – 4 Extrahepatische und portal-hiläre Anatomie – 5
1.2
Anatomie des Pankreas – 6
1.2.1 1.2.2 1.2.3
Pankreasabschnitte – 6 Pankreasgangsystem – 8 Gefäßversorgung des Pankreas
1.3
Regeneration der Leber – 10
1.3.1 1.3.2
Zytokine und Wachstumsfaktoren – 10 Leberstammzellen – 12
– 8
3 1.1 · Anatomie der Leber
1.1
Anatomie der Leber
S. Heinrich, M. Birth Die Leber ist unterhalb des Zwerchfelles, im rechten Oberbauch lokalisiert und wird zu großen Teilen vom knöchernen Thorax umgeben. Chirurgisch relevant sind ihre unmittelbaren Nachbarschaftsbeziehungen zum Zwerchfell, zur V. cava inferior und zur Gallenblase, aber auch zu Magen, Duodenum, Colon transversum sowie rechter Niere und Nebenniere. Die Leber liegt intraperitoneal, wobei der peritoneale Überzug im Bereich ihrer Verwachsungsflächen mit dem Zwerchfell (Area nuda hepatis) und der Gallenblase fehlt. Der Rest des Mesohepaticum ventrale ist das an der vorderen Bauchwand fixierte Lig. falciforme hepatis, dessen abwärts ziehender Unterrand, das von der obliterierten linken Nabelvene gebildete Lig. teres hepatis, inseriert am Nabel. Kranial geht das Lig. falciforme hepatis beidseits in die Schenkel des Lig. coronarium über, ehe es in ein rechtes und linkes Lig. triangulare endet. Das Omentum minus, welches sich zwischen Leber und kleiner Magenkurvatur sowie dem Duodenum ausspannt, entsteht aus
dem Mesohepaticum dorsale. Im seinem freien rechten Rand, dem Lig. hepatoduodenale, verlaufen V. portae, A. hepatica propria sowie der Ductus choledochus zur Leberpforte. Die Oberfläche der Leber wird ventral durch den längs, nahezu in der Mittellinie des Körpers verlaufenden Ansatz des Lig. falciforme in zwei ungleich große Areale geteilt. Sie markiert die Grenzlinie der klassischen anatomischen Trennung in einen größeren rechten und kleineren linken Leberlappen. Die sich ihr anschließende sagittale Ebene wird an der Leberunterfläche durch den Verlauf des Ansatzes vom Lig. teres hepatis und dem sich in einer Linie fortsetzenden Lig. venosum abgegrenzt. Es handelt sich dabei nur scheinbar um die Trennungsebene zwischen den beiden Leberlappen, ihr Verlauf wird als Nebengrenzspalte (Fissura accessoria bzw. Fissura sagittalis sinistra) bezeichnet. Die wirkliche Lappengrenze (Hauptgrenzspalte, »Cantlie-Ebene«, Fissura principalis bzw. Fissura sagittalis dextra) stimmt an der Leberoberfläche in etwa mit der Cava-Gallenblasen-Linie überein. An der viszeralen Leberoberfläche entspricht sie dem Verlauf des Leberbettes der Gallenblase, gleichsinnig fortgesetzt zur V. cava inferior. Die beiden sagittalen Fissuren
⊡ Abb. 1.1 Topographie des Leberhilus und des Lig. Hepatoduodenale. Leber mit Lig. hepatoduodenale kranialwärts gezogen; Magen, Omentum minus sowie die Ligg. gastro- und phrenicosplenicum milzhilusnah entfernt (aus Lanz u. Wachsmuth 2004)
1
4
1
Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie
werden an der Leberunterfläche H-förmig von der Leberpforte, dem portalen Leberhilus, verbunden. Kranial dieser Verbindungslinie liegt der Lobus caudatus (Spiegheli), kaudal davon der Lobus quadratus (⊡ Abb. 1.1).
1.1.1
Funktionelle Anatomie
Für die moderne hepatobiliäre Chirurgie ist neben der klassischen, rein deskriptiv-morphologischen anatomischen Beschreibung der Leber die Kenntnis ihrer funktionellen Gliederung unabdingbar. Diese basiert auf den hämodynamisch abgrenzbaren, unabhängigen Organbezirken. Erst ihre Kenntnis gestattet die Resektion erkrankter Bereiche bei gleichzeitigem Erhalt möglichst großer Areale funktionsfähigen Parenchyms. Zudem minimiert sie die postoperativen Risiken, welche mit dem Belassen hämodynamisch und biliär isolierter Organbereiche verbunden sind. Die funktionelle Gliederung der Leber findet ihren Ausdruck in der dazu von C. Couinaud 1957 vorgeschlagenen Klassifikation. Die gemeinsam verlaufenden Aufzweigungen von Pfortader, Leberarterie und ableitenden Gallengängen können als portale Triade (Glisson’sche-Trias), welche von einer Glisson’schen Scheide umgeben ist, bis in den feingeweblichen Aufbau der Leber hinein verfolgt werden. Da innerhalb dieser Triade der Pfortaderast dominiert, wird im Rahmen der segmentalen Gliederung der Leber unter einem »Lebersegment« üblicherweise ein Pfortadersegment verstanden. Die Lebervenen drainieren das Blut aus den Vv. centrales in die V. cava inferior. Ihre jeweiligen Draina-
geregionen werden als Lebervenensegmente bezeichnet und deklarieren von den Pfortadersegmenten vollständig differierende Territorien. Neben den unterhalb des Zwerchfelles in die V. cava inferior einmündenden großkalibrigen oberen Lebervenen münden weitere, in Zahl und Größe variable, kleinere Lebervenen direkt in die untere Hohlvene. Die chirurgisch relevante Nomenklatur orientiert sich am Aufzweigungsmodus der zuführenden Lebergefäße und der Gallenwege und berücksichtigt den Verlauf der drainierenden Lebervenen. Von Scheele ist eine leichte Modifikation dieser Einteilung vorgestellt worden, die in idealer Weise die möglichen anatomisch-funktionellen Resektionsebenen und entsprechenden chirurgischen Eingriffe definiert. Danach wird die Leber in 2 Hälften, 5 Sektoren und 10 Segmente unterteilt (⊡ Abb. 1.2). Diese entsprechen wiederum funktionell unabhängigen Leberbezirken. Die intersektoralen Grenzebenen werden, ebenso wie die interlobäre Ebene, vom Verlauf der 3 Hauptstämme der Lebervenen, welche jeweils die angrenzenden Lebersegmente drainieren, markiert. Diese Grenzstrukturen können intraoperativ gut sonographisch dargestellt werden. Die Hauptgrenzspalte entspricht dem Verlauf der mittleren Lebervene und unterteilt die beiden funktionellen Leberhälften. Die rechte Lebervene markiert die Grenze (rechte intersektoriale Fissur) von (rechts-)posteriorem und (rechts-)anteriorem Sektor, die von den gleichnamigen rechtsseitigen vaskulären und biliären Ästen 2. Ordnung erreicht werden. Diese teilen sich jeweils nach 1-2 cm in einen kranialen und kaudalen Ast (3. Ordnung) zu den entsprechenden Segmenten V bis
⊡ Abb. 1.2 Schematische Gliederung der Lebersegmente (aus Lanz u. Wachsmuth 2004)
5 1.1 · Anatomie der Leber
VIII. Links werden, nach Teilung von Gallengang und Arterie im gleichen Sinne wie rechts, modifiziert durch die abweichende Aufzweigung des linken portalvenösen Hauptstammes, die Segmente II und III sowie IVa und b erreicht. Erstere bilden den (links-)lateralen Sektor, Letztere den (links-)medialen Sektor. Beide Sektoren werden in sagittaler Richtung durch den Verlauf des Lig. falciforme (linke intersektoriale Fissur, Recessus Rex) unterteilt. Der funktionell weitestgehend »autonome« Lobus caudatus (Spiegheli), nach der Couinaud-Nomenklatur als Segment I bezeichnet, stellt den 5. Sektor dar und wird aus dem Segmenten I rechts und I links gebildet, die den jeweiligen Leberhälften aufgrund ihrer Versorgung zugeordnet werden. An der Leberunterfläche ist er als das Areal sichtbar, das kranial des portalen Leberhilus zwi-
schen den beiden sagittalen Fissuren liegt. Seine ventrale Grenze zu den beiden Leberlappen ist jedoch unscharf. Deskriptiv-anatomisch ist er als das Areal zwischen den beiden Sagittalebenen der Haupt- und Nebengrenzspalte sowie dorsal einer durch die Leberpforte projizierten Horizontalebene definiert. Portalvenös und arteriell wird er in etwa einem Drittel der Fälle lediglich von links und in ca. 12% allein von rechts versorgt. Biliär besitzt er stets eine rechte und linke Drainage. Sowohl Blutversorgung wie auch Galleabfluss erfolgen über Pedikel erster Ordnung. Der venöse Abstrom erfolgt über eine variable Anzahl (normal etwa 5-20) direkter Äste in die V. cava inferior (⊡ Abb. 1.3).
1.1.2
a
b ⊡ Abb. 1.3 a Verzweigungsvarianten der Leberarterien (aus Lanz u. Wachsmuth 2004). b Lig. hepatoduodenale mit dorsal des D. hepaticus verlaufender rechter Leberarterie (Gefäß angezügelt, Gallenblase entfernt)
Extrahepatische und portal-hiläre Anatomie
Die Leitstruktur zum portalen Leberhilus ist das Lig. hepatoduodenale. Von Peritoneum umgeben verläuft darin ventral, im freien rechts-lateralen Rand der Ductus hepatocholedochus. Die V. portae liegt dorsal, medial des Gallenganges. Zwischen beiden zieht, weiter nach links versetzt, die A. hepatica propria. Umgeben sind diese Strukturen von einem Geflecht vieler Lymphbahnen und vegetativer Nervenfasern. Dabei über- oder seltener unterkreuzt die A. hepatica dextra den Ductus choledochus und gibt in ihrem Verlauf regelhaft eine unterschiedlich kaliberstarke A. cystica ab. Diese »Normalanatomie« findet sich allerdings nur in etwa 50% aller Fälle. In der anderen Hälfte muss mit anatomischen Normvarianten, insbesondere der arteriellen Äste und Gallenwege, seltener auch der Pfortader gerechnet werden. Aufgrund der zum Teil dramatischen Folgen einer Fehlidentifikation muss immer mit dem Vorliegen einer entsprechenden Variante gerechnet und ihre potenziellen Folgen für das operative Vorgehen strategisch und technisch berücksichtigt werden (⊡ Abb. 1.4). Chirurgisch relevant ist die Tatsache, dass die Hepatikusgabel durch direkte Äste aus der A. hepatica dextra, seltener auch der A. hepatica sinistra oder ihrer Äste versorgt werden. Das ausgeprägte venöse Geflecht um die Gallengangsteilung kann leicht unangenehme Blutungen mit sich bringen, zumal sich eine Elektrokoagulation selbiger zur Vermeidung von Gallenwegsstenosen in diesem Bereich verbietet. Die Lymphknoten im Ligamentum hepatoduodenale stellen die erste lymphatische Filterstation der Leber und Gallenblase dar und sind regelhaft im Calot’schen Dreieck sowie am rechten und linken latero-dorsalen Rand des Ligamentes in unmittelbarer Nähe zum Pankreaskopf lokalisiert.
1
6
Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie
1
a
g
b
h
c
i
d
j
e
f
k
l
⊡ Abb. 1.4 Varianten des Ductus cysticus. Typ e gilt als Regelfall, die Formen a, f, g und h sind häufig (aus Lanz u. Wachsmuth 2004)
1.2
Anatomie des Pankreas
S. Heinrich, M. Birth Das Pankreas ist im Retroperitoneum, zwischen dem Duodenum rechts und der Milz links, etwa in Höhe von 1. und 2. Lendenwirbelkörper lokalisiert. Es verläuft quer, zumeist gestreckt oder leicht S-förmig, schräg nach links zum Milzhilus hin ansteigend. In seiner Lage ist es vielseitig durch bindegewebige Strukturen sowie zusätzlich durch eine Vielzahl von Gefäßen verschiedener Stromgebiete fixiert, was lediglich eine eng begrenzte kraniokaudale Beweglichkeit des Organs gestattet. Die Bauchspeicheldrüse besitzt unmittelbare Nachbarschaftsbeziehungen zu den Oberbauchorganen. An seiner nahezu vollständig vom parietalen Peritoneum überzogenen Vorderfläche, welche die Hinterwand der Bursa omentalis bildet, sind dies von rechts nach links Duodenum, Leber, Colon transversum, Magen, Wurzel des Mesocolon transversum, Jejunum sowie links erneut das Colon transversum und abschließend die Milz. Dorsal grenzen von rechts nach links der rechte Nierenhilus, V. cava inf., Pfortader, V. mesenterica sup., Aorta, das kaudale Ende der linken Nebenniere und die obere Hälfte der linken Niere an das Pankreas. Kranial liegt der Truncus coeliacus, insbesondere mit der ihm entspringenden
und weiter am Pankreasoberrand nach links zum Milzhilus verlaufenden A. lienalis, dem Pankreas auf. Kaudal stellen die Stämme der oberen Mesenterialgefäße wichtige Nachbarstrukturen dar (⊡ Abb. 1.5).
1.2.1
Pankreasabschnitte
Nach internationaler Nomina Anatomica gliedert sich das Pankreas in Caput, Corpus und Cauda pancreatis. Im chirurgischen Alltag werden als gleichrangige Teile jedoch auch der Proc. uncinatus und das Collum pancreatis angesehen, welche streng genommen Teilareale des Pankreaskopfes bzw. dessen Übergangsbereich zum Pankreaskörper darstellen. Der Pankreaskopf (Caput pancreatis) ist der rechts von der das Organ unterkreuzenden V. mesenterica sup. und ihrer Mündung in die V. portae liegende Teil der Drüse. Er ist damit vor bzw. etwas rechts des 2. Lendenwirbelkörpers lokalisiert. Rechtsseitig wird er vom duodenalen »C« umfasst und ist insbesondere mit Pars descendens und horizontalis der Duodenalschlinge fest verbunden. Von seinem dorsal-kaudalen Bereich geht hakenförmig der Processus uncinatus (Pancreas minus od. Pancréas de Winslow) aus, der sich im Regelfall dorsal von V. mesenterica sup. und Pfortader, ventral
7 1.2 · Anatomie des Pankreas
a
b ⊡ Abb. 1.5 a Arterien am Pankreaskopf. b Die großen Venenstraßen am Pankreas (aus Lanz u. Wachsmuth 2004)
1
8
1
Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie
von V. cava inf. und Aorta bis zur A. mesenterica sup. nach links erstreckt. Pankreaskopf und Duodenum sind durch eine derbere avaskuläre Bindegewebsschicht, der Treitz’schen Faszie, mit der dorsalen Bauchwandung verklebt und fixiert. Zusammen mit dem durch ihn hindurchziehenden (85%) oder ihm dorsal in einer Parenchymmulde anliegenden (15%) terminalen Choledochus bilden Pankreaskopf und Duodenum eine untrennbare anatomische Einheit, welche sich aus ihrer embryonalen Entwicklung heraus begründet. Dies ist chirurgisch bedeutsam, da daher die vollständige Resektion des Pankreaskopfes nicht ohne die Entfernung von Duodenum und distalem Choledochus möglich ist. Der Grenzbereich zum Pankreaskörper wird als Pankreashals (Collum oder Isthmus pancreatis) bezeichnet. Es handelt sich dabei um den etwa 1,5- 2 cm breiten Parenchymstreifen des Pankreas vor den oberen Mesenterialgefäßen. Kranial wird dieses Areal vom Truncus coeliacus fixiert. Die von kaudal her hinter das Pankreas ziehende und dem Organ dorsal unmittelbar anliegende V. mesenterica sup. geht, nach ihrer Konfluenz mit der V. lienalis, kranial in die Pfortader über. Im Verlauf dieser mesenterikoportalen Venenachse hinterlassen die Gefäße eine Furche in der Pankreashinterwand, welche zu einer Taillierung des Organs führt. Diese Ebene stellt die wichtigste chirurgische Durchtrennungslinie des Pankreas dar. Üblicherweise gibt es hinter dem Pankreas keine ventralen Zuflüsse in diese Gefäße, sodass hier das Organ vor den Venenstämmen unterfahren werden kann. Dabei müssen jedoch die von rechts einmündenden kleinkalibrigen Venenäste unbedingt geschont werden, da ihre unbeabsichtigte Läsion zu schwer zu stillenden Blutungen führen kann. Als Pankreaskörper (Corpus pancreatis) wird der Teil der Bauchspeicheldrüse bezeichnet, der beginnend vor den superioren Mesenterialgefäßen nach links um die obere Lendenwirbelsäule herum ansteigt. Er wölbt sich ventral als Tuber omentale in die Hinterwand der Bursa omentalis vor. An seiner Hinterfläche verlaufen kranial die A. lienalis und kaudal von ihr die Milzvene, hinter der die A. mesenterica sup. und die Aorta kreuzen. Nach dorsal ist das Pankreaskorpus lediglich durch lockeres Bindegewebe fixiert und kann leicht ausgelöst werden. Ohne fest definierte Grenzlinie geht der Pankreaskörper in den zumeist relativ mobilen Pankreasschwanz (Cauda pancreatis) über. Er ist der am weitesten kranial, links des 12. Brustwirbelkörpers lokalisierte Teil des Organs. Zusammen mit den Milzgefäßen wird er von den beiden Blättern des Lig. phrenicosplenicum umhüllt. Sein intraperitoneal gelegenes Ende reicht bis nahe, zentral oder kaudal, an den Milzhilus heran.
1.2.2
Pankreasgangsystem
Die Verschmelzung der beiden embryonalen Pankreasanlagen führt zur Vereinigung ihrer beiden Gangsysteme. Im Regelfall resultieren daraus ein Hauptausführungsgang, der Ductus pancreaticus (Ductus pancreaticus major, Ductus Wirsungianus), sowie der Ductus pancreaticus accessorius (Ductus pancreaticus minor, Ductus Santorini), welche im Bereich des Pankreaskopfes miteinander in Verbindung stehen. Der Ductus pancreaticus drainiert üblicherweise Cauda, Corpus, Collum und den kaudalen Bereich des Caput pancreatis über die Papilla duodeni major in das Duodenum. Er beginnt im Pankreasschwanz und verläuft in der kraniokaudalen Mitte des Organs zum Caput hin zunehmend in dessen dorsalem Parenchymdrittel. Sein durchschnittliches Lumen beträgt im Pankreasschwanz ca. 2 mm und erweitert sich zum Pankreaskopf auf eine Stärke von 2,1-4,8 mm. Der Ductus pancreaticus accessorius sammelt das Sekret der ventrokranialen Region des Pankreaskopfes und leitet es über die oralseitig der Hauptpapille lokalisierte Papilla duodeni minor in das Duodenum. Neben dieser zu etwa 60% vorkommenden Normvariante des Gangsystems erfolgt in etwa 30% die gesamte Pankreasdrainage über den Ductus Wirsungianus, wobei der Santorini’sche Gang blind endet. In etwa 10% drainiert Letztgenannter die gesamte Sekretmenge, der Ductus Wirsungianus ist dann klein oder fehlt gänzlich. Überdies sind Varianten des intrapankreatischen Verlaufes der Gänge und ihrer Verbindungen möglich. Auch die Lagebeziehung der distalen Anteile von Ductus Wirsungianus und Ductus choledochus im Bereich ihrer gemeinsamen Mündung in das Duodenum, der Papilla duodeni major, variieren. Hier ist die Y-förmige Mündung mit kurzer gemeinsamer Endstrecke, häufiger mit aber auch ohne ampulläre Erweiterung (sog. Ampulla hepatopancreatica), die in ca. zwei Dritteln der Fälle auftretende übliche Konfiguration. Seltener sind getrennte Mündungen beider Gänge im Bereich der Papille oder an verschiedenen Stellen des Duodenums.
1.2.3
Gefäßversorgung des Pankreas
Arterien Das Pankreas erhält seine arterielle Blutversorgung sowohl aus dem Truncus coeliacus (über Äste der A. gastroduodenalis und kurze Seitenäste der A. lienalis) sowie die A. mesenterica superior (über die A. pancreaticoduodenalis inferior). Dabei sind beide Stromgebiete über eine Vielzahl variabler Anastomosen miteinander verbunden und auch die Konfiguration von Ursprung, Verlauf und Kaliberstärke
9 1.2 · Anatomie des Pankreas
der Pankreasarterien vielgestaltig. Regelhaft finden sich im Bereich von Pankreaskopf und konkaver Seite des Duodenums zwei Gefäßarkaden, welche ventral und dorsal beide Zustromgebiete miteinander verbinden. Pankreaskorpus und -schwanz erhalten ihre Blutversorgung über kurze Äste der oft geschlängelt am dorsalen Oberrand zur Milz verlaufenden A. lienalis, wobei als erster größerer Ast im Bereich des Pankreashalses die A. pancreatica dorsalis abzweigt und nach links hin am dorsalen Pankreasunterrand in die A. pancreatica inferior übergeht, welche ebenfalls reichlich Anastomosen zu den Ästen der Milzarterie sowie der A. gastroepiploica sinistra aufweist. Chirurgisch bedeutsam sind aberrierende oder akzessorische Leberarterien aus der A. mesenterica superior, welche Äste für das Pankreas abgeben können und bei Resektionen des Pankreas erhalten werden müssen. Dabei tritt der Abgang einer dann zumeist dorsal von Pfortader und Ductus choledochus verlaufenden rechten Leberarterie mit ca. 20% am häufigsten auf. Seltener sind die Abgänge der linken Leberarterie oder der A. hepatica communis aus der A. mesenterica inferior. Zu beachten ist ebenso ein möglicher pankreasnaher Abgang der A. colica media aus der A. mesenterica superior oder der A. pancreaticoduodenalis inferior bzw. ihr Hindurchtreten durch den Pankreaskopf. Die Möglichkeit des Vorkommens einer normabweichenden Variante der arteriellen Gefäße ist daher bei Eingriffen in dieser Region stets zu kalkulieren.
Venen Der venöse Abfluss des Pankreas erfolgt entweder direkt in die Pfortader oder zunächst in die V. mesenterica superior, die V. lienalis oder die V. mesenterica inferior. Dabei verlaufen die Pankreasvenen im Allgemeinen parallel zu den Arterien. Im Bereich des Pankreaskopfes sind dies, wie bei den Arterien, zwei Arkaden (Vv. pancreaticoduodenales), welche anterior und posterior jeweils nach kranial und kaudal drainieren. Dabei findet die ventrale Venenarkade von kranial her Anschluss an die V. gastroomentalis dextra. Die hierbei entstehende V. gastropancreatica überquert den Pankreaskopf und mündet am Proc. uncinatus in die V. mesenterica superior, nachdem sie zumeist die Vv. colica dextra oder media aufgenommen hat (Truncus gastropancreaticocolicus). Dabei ist chirurgisch bedeutsam, dass diese Venen, ebenso wie weitere feine, nicht benannte Venen des Pankreaskopfes stets von rechts her in V. mesenterica superior oder Pfortader münden. Die kurzen Venen des Pankreashalses, -körpers und -schwanzes drainieren segmental in zwei dorsal des Organs verlaufende Sammelgefäße, kranial die V. lienalis und kaudal die V. pancreatica inferior. Die V. lienalis ist fest mit dem dorsalen Pankreas verbunden und nimmt in etwa zwei Drittel der Fälle die V. mesenterica inferior kurz vor bzw. im Bereich ihres Zusammenflusses mit der V. mesenterica superior zur V. portae auf. Letztere entsteht hinter dem kranialen Pan-
⊡ Abb. 1.6 Lymphabflussregionen des Pankreas mit Lymphknotenstationen (aus Lanz u. Wachsmuth 2004)
1
10
1
Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie
kreashals und zieht, ventral von V. cava. inferior, weiter nach rechts oben zum Leberhilus, dorsal von Ductus choledochus und den Leberarterien verlaufend. Anomalien ihres Verlaufes sind selten, im Falle ihres dabei möglichen präduodenalen oder präpankreatisch-retroduodenalen Verlaufes jedoch für den Chirurgen bedeutsam.
Lymphgefäße Entsprechend seiner zentralen Lokalisation im Oberbauch ist das Pankreas in ein ausgedehntes, weitverzweigtes und verschaltetes System von Lymphbahnen und regionären Lymphknoten eingebettet. Daher verläuft die lymphatische Drainage des Pankreasparenchyms in alle Richtungen zu den nächstliegenden Lymphknoten, welche dabei auch anderen Organen benachbart sind. Regionäre Lymphknoten (Primärstationen) der Pankreaskopfregion sind ventral und dorsal periduodenal, gastroduodenalperipylorisch sowie entlang der A. mesenterica superior, die des Processus uncinatus auch interaortokaval, lokalisiert. Die Lymphe des Pankreaskorpus wird in den Lymphknoten entlang des oberen und unteren Pankreasrandes gesammelt. Aus dem Pankreasschwanz wird überwiegend in die Lymphknoten des Milzhilus aber auch in die der Korpusregion drainiert. Sekundärstationen sind die hepatischen und zöliakalen, die oberen mesenterialen sowie paraaortalen Lymphknoten (⊡ Abb. 1.6).
Literatur Bismuth H, Castaing D (1990) Leberanatomie und ihre intraoperative Anwendung. Chirurg 61, 679-684. Kozuschek W, Dittrich H (1992) Chirurgische Anatomie der Bauchspeicheldrüse. In: Kozuschek W, Paquet K-J (Hrsg.): Pankreas – Diagnostik, Therapie. Karger, Basel-München S.25-49. Kraus Th W, Golling M, Klar E (2001) Definition von chirurgischen Freiheitsgraden durch funktionelle Anatomie in der resezierenden Leberchirurgie. Chirurg 72, 794-805. Lanz Tv,/Wachsmuth W (2004/1993) Praktische Anatomie – Bauch. Springer Heidelberg Berlin Loeweneck H, Feifel G (1993/2004), Leber; sowie Pankreas. In: Loeweneck H, Feifel G: Bauch. Praktische Anatomie (Band II, 6.Teil) begründet von Lanz Tv, Wachsmuth W. Springer, Berlin-Heidelberg S. 213-266. sowie S. 291-321. Scheele J (1989) Die segmentorientierte Leberresektion. Chirurg 60; 251-265. Scheele J (2001) Anatomiegerechte und atypische Leberresektionen. Chirurg 72; 113-124. Scheuerlein H, Köckerling F (1999) Anatomie der Leber. In: Köckerling F, Waclawiczek HW: Leberchirurgie. Johann Ambrosius Barth, Heidelberg-Leipzig 1999, S. 9-37. Skandalakis JE, Gray SW, Rowe jr JS(1989) Leber. sowie Pankreas. In: Skandalakis JE, Gray SW, Rowe jr. JS: Anatomisch bedingte Komplikationen in der Allgemeinchirurgie. Thieme, Stuttgart-New York S. 95-115. sowie S. 135-159. Wiechel KL (1996) Klinische Bedeutung der Gallenganganatomie und Konsequenzen ihrer Variationen. In: Hahn EG, Riemann JF (Hrsg.): Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart-New York S. 1235-1253.
1.3
Regeneration der Leber
S. König, P. M. Markus Die Leber nimmt eine zentrale Aufgabe im Rahmen der Aufnahme und Verwertung von Nahrungsbestandteilen ein und sorgt für die Bereitstellung lebenswichtiger Eiweißstoffe. Daneben ist die Leber das wichtigste Organ für den Abbau stoffwechseleigener und stoffwechselfremder Substanzen. Die außergewöhnliche Regenerationseigenschaft der Leber beruht darauf, dass sie Zellverluste nach chirurgischer Entfernung oder infolge aufgenommener Gifte kompensieren und zudem ihre Zellzahl und damit Kapazität bei gesteigertem metabolischen Bedarf erhöhen kann.
1.3.1
Zytokine und Wachstumsfaktoren
Hepatozyten als Funktionszellen der Leber befinden sich normalerweise in der Ruhephase des Zellzyklus (G0). Durch Verlust von Leberparenchym, z.B. infolge einer Leberteilesektion, werden Regenerationsprozesse eingeleitet. Innerhalb von 48 h beginnt die Zellteilung der Hepatozyten, während die übrigen Leberzellarten (Gallengangsepithel, Endothelzellen, Kupffer-Sternzellen, Itozellen) innerhalb von fünf Tagen nachfolgen (Michalopoulos u. DeFrances 1997). Die verbliebenen Leberlappen wachsen nicht in ihrer ursprünglichen Form nach, sondern vergrößern sich, um die verlorene Lebermasse auszugleichen. Bei der Leberregeneration werden komplexe zelluläre und molekulare Vorgänge in Gang gesetzt, die wesentlich durch Zytokine und Wachstumsfaktoren gesteuert werden. Drei Phasen lassen sich in diesem komplexen Prozess definieren (⊡ Abb. 1.7): ▬ Die Priming-Phase steuert den Übergang ruhender Hepatozyten von der G0- in die G1-Phase des Zellzyklus. ▬ Die folgende Phase bestimmt den weiteren Verlauf zur Zellteilung und ist nicht mehr reversibel (Übergang von der G1- in die S-Phase). ▬ Die Terminierungsphase schließt die Zellteilung ab und es folgt der Umbau der Extrazellulärmatrix.
In allen drei Phasen sind Zytokine von zentraler Bedeutung: IL6 (interleukin-6) und TNFα (tumor necrosis factor-α) in der Priming-Phase, sowie HGF (hepatocyte growth factor) und TGFα (tumor growth factor-α) in der folgenden Teilungsphase. Die Terminierungsphase wird von durch TGFβ (tumor growth factor-β) und Activin A reguliert (Fausto 2000, Zimmermann 2004).
11 1.3 · Regeneration der Leber
Kupfferzelle NFĸB
TNF-α
IL-6
TNF-R1
Priming Le
TNF-R1
Teilung
STAT3
be
rs
ch
ad
en
Zytokine:
Wachstumsfaktoren:
TNF-α+ IL-6
HGF+TGF-β
G1
Hepatozyt
G 0= Ruhe
Zellzyklus
DNA-
Synthese
Terminierung Inhibitoren: TGF-α+ Activin A
Mitose
G2
Diese zytokinvermittelten Signale, sowie andere Faktoren, wie die Akkumulation freier Sauerstoffradikale, setzen schon kurze Zeit nach Leberteilresektion eine Kaskade intrazellulärer molekularer Ereignisse in Gang. TNF-α wird von Kupfferzellen freigesetzt und bindet an den Typ1-Rezeptor, der sowohl von Hepatozyten als auch von Kupfferzellen exprimiert wird. Infolge dessen kommt es zur Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFκB, der wiederum die Expression und Ausschüttung von IL-6 vermittelt. IL-6 bindet an seinen hepatozytären Rezeptor und führt zur Aktivierung von STAT3 (Wnt/β-CateninSignaltransduktionsweg), was über eine Abfolge von Protein-Protein-Interaktionen und Phosphorylierungsereignissen zu zahlreichen Veränderungen der Genexpression führt, wie sie bei Entzündungen, der Akut-Phase-Reaktion und der Mitogenese eine wichtige Rolle spielen. Die beschriebene Signaltransduktionskaskade bringt die Hepatozyten schließlich in einen proliferationserleichternden Zustand, sodass die Wachstumsfaktoren HGF und TGFα als potente Mitogene die Teilung der Hepatozyten bewirken können (Fausto u. Riehle 2005, Kaido u. Imamura 2001). HGF wird von den Nicht-Parenchymzellen der Leber produziert, was seinen sowohl endokrinen als auch parakrinen Effekt nahe legt. Der genaue Mechanismus der HGF-Wirkung ist allerdings bisher nicht geklärt. TGF-α gehört zur Familie der EGF (epidermal growth factor) -Liganden und bindet an den EGF-Rezeptor, was über die Aktivierung einer Phosphorylierungskaskade zur DNA-Replikation führt. Zur Beendigung der Regeneration üben TGFβ und Activin A einen proliferations-
⊡ Abb. 1.7 Drei-Phasen Modell der Leberregeneration; Zellzyklus und Zytokine/ Faktoren. Die Leberegeneration lässt sich in Priming-, Teilungs- und Terminierungsphase unterteilen. Priming ist ein reversibler Prozess, der durch die Zytokine IL6 und TNFα initiiert wird. Zellen werden sensibel gegenüber Wachstumsfaktoren gemacht. In der folgenden Teilungsphase sind Wachstumsfaktoren, wie HGF und TGFβ, notwendig, damit Hepatozyten von der G1- in die S-Phase des Zellzyklus eintreten. Die Terminierungsphase wird schließlich von TGFα und Activin A reguliert, die die DNA-Synthese in Hepatozyten hemmen
hemmenden Einfluss auf Hepatozyten aus, in dem sie die DNA-Synthese inhibieren. Zudem können von diesen Faktoren auch apoptotische Prozesse ausgehen, die zum Untergang von Hepatozyten und damit zur Reduktion der Lebermasse führen (Zimmermann 2004). Die Regenerationsfähigkeit der Leber ist eine wichtige Voraussetzung für die operative Therapie verschiedener Lebererkrankungen. Dabei steht die Wachstumskapazität der Leber in enger Relation zur Körpermasse. Wenn 40-70% der Lebermasse reseziert werden, besteht eine lineare Korrelation zur Proliferationsrate der Hepatozyten. Die Restleber vermag ihre Funktion innerhalb von wenigen Wochen zu rekonstituieren. Im Gegensatz zu den meisten Transplantationen (z.B. Herz, Lunge, Pankreas) ist die Lebendspende bei der Leber aufgrund der raschen Zellteilung möglich. Aber auch die Kadaverspende erfordert die Neubildung von Leberzellen, die infolge der Ischämie nach Explantation zugrunde gegangen sind. Bei der split-liver-Transplantation werden in der Regel nur gut konservierte Organe mit kurzer Ischämiezeit akzeptiert, die nicht kleiner als 50% der Ausgangslebergröße des Empfängers sind (Taub 2004). ! Cave! Die Regenerationskapazität der Leber zeigt aber auch Grenzen bei der small-for-size-Transplantation. Verpflanzte Organe, die weniger als 0,8-1% der Körpermasse des Empfängers ausmachen, können nicht genügend wachsen bzw. der initiierte Proliferationsstimulus versagt in den verbliebenen Zellen (Fausto u. Riehle 2005, Dahm et al. 2005).
1
12
1
Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie
Die weltweit größten Erfahrungen bei der Leberlebendspende liegen in Japan vor, da dort die Totenspende nur in Ausnahmefällen (<1%) durchgeführt wird. Jüngste Studien haben gezeigt, dass bei der Lebendspende ein Volumen von 30-35% der kalkulierten, erforderlichen Empfängerleber durchaus noch mit den metabolischen Erfordernissen vereinbar ist, wenngleich sich Hinweise mehren, dass die Transplantatgröße nicht alleinig für die Entwicklung eines small-for-size-Syndroms verantwortlich gemacht werden kann (Ikegami et al. 2009). Morbidität und Mortalität nach Leberresektion sind bei Patienten mit Zirrhose erhöht, da die Regenerationskapazität der Leber eingeschränkt ist. Die Regeneration der zirrhotischen Leber erfolgt verzögert (reduzierte Mitoserate) und die Ausgangsgröße wird in der Regel nicht mehr erreicht. Die Einschätzung der postoperativen Leberfunktion bei zirrhotischem Umbau sowie aber auch bei der Fettleber ist daher von zentraler Bedeutung in der Leberchirurgie (Black et al. 2004).
1.3.2
Leberstammzellen
Im Gegensatz zu den meisten durch Stammzellen regenerierenden Geweben (Knochenmark, Haut) basiert die Leberregeneration in erster Linie auf der Proliferation von reifen Parenchymzellen (Hepatozyten). Dennoch existieren auch Leber spezifische Stammzellen, die an der Organregeneration teilhaben, wenn das Wachstum der adulten Zellen eingeschränkt ist (⊡ Abb. 1.8).
⊡ Abb. 1.8 Stammzellen. Adulte Hepatozyten proliferieren, um den normalen Zellumsatz der Leber zu gewährleisten und um verlorene Lebermasse infolge toxischer Schädigung oder chirurgischer Resektion zu ersetzen. Bei chronischen Lebererkrankungen werden zudem intrahepatische Vorläuferzellen, sog. Ovalzellen, aktiviert. Ist die Eigenreserve der Leber erschöpft, so können extrahepatische Stammzellen rekrutiert werden. Hierzu gehören vom Knochenmark abgeleitete Vorläuferzellen (hämatopoetische und mesenchymale Stammzellen). In experimentellen Ansätzen existieren Stammzellen der embryonalen und fetalen Leberentwicklung sowie Stammzellen aus dem Nabelschnurblut und dem Fettgewebe. Die jeweiligen Stammzellkandidaten konkurrieren mutmaßlich in Abhängigkeit der Leberschädigung und der Konstitution des Organismus miteinander
Beim Menschen konnte bei einer Vielzahl von chronischen Lebererkrankungen die Aktivierung von intrahepatischen Vorläuferzellen gezeigt werden: ▬ submassive Lebernekrose, ▬ Zirrhose auf dem Boden einer Hepatitis B oder C, ▬ Autoimmunhepatitis, ▬ Alkohol-toxischer Leberschaden, ▬ primär biliäre Zirrhose und ▬ primär sklerosierende Cholangitis (Roskams et al. 2003). Im Tiermodell können die Leber-spezifischen Stammzellen durch gezielte Applikation von Karzinogenen stimuliert werden. Die außergewöhnliche Morphologie der kleinen Zellen mit ovalem Zellkern führte zur Bezeichnung der ‚Ovalzellen‘ (König et al. 2005). Auffällig ist, dass diese intrahepatischen Vorläuferzellen ein bipotentes Differenzierungspotenzial in Hepatozyten und Gallengangsepithelien aufweisen, das auch während der Leberentwicklung bei fetalen Leberepithelien und Hepatoblasten vorkommt (Shiojiri et al. 1991). Ovalzellen spielen wahrscheinlich auch bei der Entstehung von primären Lebertumoren wie dem hepatozellulären und dem cholangiozellulären Karzinom eine Rolle, denn Lebervorläuferzellen und Tumorzellen exprimieren ähnliche Zelloberflächenmarker. Es ist gut vorstellbar, dass durch den lang anhaltenden Proliferationsstimulus bei chronischen Lebererkrankungen (z.B. Virushepatitis) irreversible genetische Veränderungen in den aktivierten Zellen stattfinden. Die Hochregulation des Transkrip-
Embryonale Stammzellen
Adulte Hepatozyten Gallengangszellen
Ovalzellen
Fetale Leber
Fettgewebe
Nabelschnurblut
in vivo
Knochenmark
experimentell
13 1.3 · Regeneration der Leber
tionsfaktors NFκB durch TNFα, das von benachbarten Entzündungs- und Endothelzellen ausgeschüttet wird, mag wesentlich an dieser Tumorprogression beteiligt sein (Alison u. Lovell 2005). Insgesamt ist das regenerative Potential der Leber außerordentlich hoch. > Ist die Regenerationsreserve der lebereigenen Zellen erschöpft, können extrahepatische Stammzellen (z.B. aus dem Knochenmark) rekrutiert werden, in die Leber einwandern und dort differenzieren.
Sowohl hämatopoetische als auch mesenchymale Subpopulationen des Knochenmarks haben in Zellkultur- und Transplantationsexperimenten bei Nagern gezeigt, dass sie ein hepatisches Differenzierungspotenzial aufweisen. Hingegen ist die spontane Migration von Knochenmarkszellen in die Leber von Patienten mit schwerer Lebererkrankung eher gering und bisher ohne funktionelle Relevanz (Gilchrist et al. 2010). Gegenwärtig wird aber in verschiedenen tierexperimentellen Studien überprüft, inwieweit extrahepatische Stammzellen für die gezielte Zelltherapie bei Lebererkrankungen geeignet wären. Als vielversprechende somatische Stammzellen gelten in jüngster Zeit aber auch solche aus Fettgewebskompartimenten (z.B. Omentum und Subkutis), die aufgrund der relativ guten Verfügbarkeit für die autologe Zelltherapie in Erwägung gezogen werden könnten (Ochiya et al. 2009). Neben den adulten Kompartimenten können Stammzellen aus der fetalen Leber, aus Nabelschnurblut und aus der embryonalen Entwicklung herangezogen werden. Sie haben die Fähigkeit, Vorläuferzellen mit Lebereigenschaften zu generieren, jedoch ist ihr direktes Differenzierungspotenzial in erster Linie durch In-vitro-Versuche belegt (Laurson et al. 2005). Da nach Transplantation in ein Zielgewebe nicht alle Stammzellen gleichermaßen bzw. vollständig differenzieren, geht von den pluri- oder multipotenten Stammzellen insofern ein onkogenes Potenzial aus, als dass diese Zellen eine hohe Proliferationsbereitschaft aufweisen, in verschiedene Gewebetypen differenzieren und dabei nicht mehr die Eigenschaften des eigentlichen Empfängergewebes bzw. -organs respektieren.
Literatur Alison MR, Lovell MJ (2005) Liver cancer: the role of stem cells. Cell Prolif. 38(6):407-21. Black D, Lyman S, Heider TR, Behrns KE (2004) Molecular and cellular features of hepatic regeneration. J Surg Res. 117(2):306-15. Review. Dahm F, Georgiev P, Clavien PA (2005) Small-for-size syndrome after partial liver transplantation: definition, mechanisms of disease and clinical implications. Am J Transplant 5:2605-2610. Fausto N (2000) Liver regeneration. J Hepatol. 2000;32(1 Suppl):19-31.
Fausto N, Riehle KJ. Mechanisms of liver regeneration and their clinical implications (2005) J Hepatobiliary Pancreat Surg. 12(3):181-9 Gilchrist ES, Plevris JN (2010) Bone marrow-derived stem cells in liver repair: 10 years down the line. Liver Transpl. 16(2):118-29. Review. Ikegami T, Masuda Y, Ohno Y, Mita A, Kobayashi A, Urata K, Nakazawa Y, Miwa S, Hashikura Y, Miyagawa S (2009) Prognosis of adult patients transplanted with liver grafts < 35% of their standard liver volume.Liver Transpl. 15(11):1622-30. Kaido T, Imamura M (2001) Hepatocyte growth factor: clinical implications in hepatobiliary pancreatic surgery. J Hepatobiliary Pancreat Surg. 8(1):65-75. König S, Krause P, Markus PM, Becker H (2005) Role of stem cells in adult hepatic regeneration. Chirurg. 76(5):445-52 Laurson J, Selden C, Hodgson HJ (2005) Hepatocyte progenitors in man and in rodents--multiple pathways, multiple candidates. Int J Exp Pathol. 86(1):1-18. Michalopoulos GK and DeFrances MC (1997) Liver regeneration. Science 276(5309): 60-6. Ochiya T, Yamamoto Y, Banas A (2009) Commitment of stem cells into functional hepatocytes. Differentiation. 2010 Feb;79(2):65-73. Epub 2009 Nov 1. Roskams TA, Libbrecht L, Desmet VJ (2003) Progenitor cells in diseased human liver. Semin Liver Dis 23:385-396 Shiojiri N, Lemire JM, Fausto N (1991) Cell lineages and oval cell progenitors in rat liver development. Cancer Res 51: 2611-2620 Taub R (2004) Liver regeneration: from myth to mechanism. Nat Rev Mol Cell Biol. 5(10):836-47. Zimmermann A (2004) Regulation of liver regeneration. Nephrol Dial Transplant. 19 Suppl 4:iv6-10.
1
2
Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese E. Schott, A. Bergk, R. Büchsel, T. Berg, E. Schott, A. Aghdassi, F. U. Weiss, J. Mayerle, M. M. Lerch
2.1
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) – 15
2.1.1 2.1.2 2.1.3
Epidemiologie – 15 Ätiologie – 16 Pathogenese – 18
2.2
Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems – 25
2.2.1 2.2.2 2.2.3
Epidemiologie – 25 Ätiologie – 26 Pathogenese – 28
2.3
Pankreaskarzinom
2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4
Inzidenz – 32 Ätiologie – 33 Präkanzerosen – 35 Prävention, Früherkennung – 36
– 32
2
15 2.1 · Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
2.1
E. Schott, A. Bergk, R. Büchsel, T. Berg
Epidemiologie
2.1.1
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) gehört zu den fünf häufigsten Karzinomen bei Männern und den acht häufigsten Karzinomen bei Frauen. Jährlich treten mehr als 500.000 Neuerkrankungen auf, die Zahl der HCC-bedingten Todesfälle ist fast ebenso hoch (Parkin et al. 2000, ⊡ Abb. 2.1). Die Inzidenz variiert regional sehr stark, sie ist aufgrund der häufig zugrunde liegenden chronischen HBV-Infektion im südostasiatischen Raum mit bis zu 35,5/100.000 besonders hoch (⊡ Tab. 2.1). In Teilen Afrikas beträgt die Inzidenz bis zu 24,2/100.000. In Europa besteht ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit einer Inzidenz von 2,6/100.000 in Nordeuropa und 9,8/100.000 in Südeuropa (Parkin et al. 2000).
600 500
166
165
x1000
400 Frauen Männer
300 398
200
384
100 0
Neuerkrankungen
Todesfälle
⊡ Abb. 2.1 Weltweite HCC Inzidenz und Mortalität im Jahr 2000
In Deutschland sind 2,6 bis 2,8% aller Tumorerkrankungen bei Männern und 1,6 bis 2,4% aller Tumorerkrankungen bei Frauen hepatozelluläre Karzinome. Das HCC gehört damit in Deutschland zu den zehn häufigsten krebsbedingten Todesursachen (DKFZ 2006). Bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen stellt das HCC mit steigender Tendenz in 54-70% die Todesursache dar (Benvegnu et al. 2009, Fattovich et al. 2002), während andere Zirrhose-assoziierte Todesursachen abnehmen. Obwohl aus einigen Gebieten mit besonders hoher HCC-Inzidenz wie Südostasien in den letzten Jahren sinkende Inzidenzraten gemeldet wurden, wird weltweit und insbesondere in den industrialisierten Ländern, eine Zunahme der Erkrankungshäufigkeit registriert (Bosch et al. 2004). In Deutschland hat sich die Anzahl HCC-bedingter Todesfälle in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt (El-Serag 2004, ⊡ Abb. 2.2). Eine ⊡ Tab. 2.1 Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms in 100.000/Jahr (nach DKFZ-Krebsatlas 2006, Llovet et al. 2003) Männer
Frauen
Weltweit
14,9
5,5
Entwickelte Länder
8,7
2,8
Nordeuropa
2,6
1,3
Südeuropa
9,8
3,4
Deutschland (Ost)
2,6
2,4
Deutschland (West)
2,8
1,6
Nordamerika
4,1
1,6
Entwicklungsländer
17,4
6,7
Südostasien
18,3
5,7
Ostasien
35,4
12,6
Zentralafrika
24,2
12,9
1975-77
30
Inzidenz pro 100000
1978-80 1981-83
20
1984-86 1987-89 1990-92
10
1993-95 1996-98
0 2024
2529
3034
3539
4044
4549
5054
5559
6064
Alter der Patienten
6569
7074
7579
80- >85 84
⊡ Abb. 2.2 Zunehmende Häufigkeit des hepatozellulären Karzinoms zwischen 1975 und 1998
2
Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
ähnliche Entwicklung ist auch in den USA zu beobachten (El-Serag 2004). Die Ursache hierfür wird vor allem in der Zunahme chronischer Virushepatitiden gesehen, wobei die chronische HCV-Infektion führend ist. > Aus der Tatsache, dass bei der Mehrzahl der HCC-Fälle Marker einer HCV-Infektion gefunden werden und dass die höchste Prävalenz der HCVInfektion in der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren angetroffen wird, lässt sich extrapolieren, dass die Zahl der HCV-bedingten HCC in den nächsten Jahrzehnten weiter ansteigen wird (Alter et al. 1999).
In den USA sind Männer etwa 3- bis 4-fach häufiger betroffen als Frauen, der Erkrankungsgipfel liegt zwischen 75 bis 80 Jahren. Die größten Zuwachsraten werden allerdings bei jüngeren Patienten beobachtet. Asiatischstämmige Patienten und Schwarzafrikaner haben im Vergleich zu Kaukasiern ein erhöhtes Risiko, an einem HCC zu erkranken.
2.1.2
Ätiologie
80 HBV
HCV 25
% der Patienten mit viraler Hepatitis
16
60
40
27
53
20 30
0 Cirrhose
HCC
⊡ Abb. 2.3 HBV- und HCV-Infektion als Risikofaktoren für die weltweite Zirrhose- und HCC-Entwicklung
et al. 1997, Niederau et al. 1998, Kato et al. 1994, Okanoue et al. 1999).
> Die große Mehrzahl aller HCC entsteht auf dem Boden chronischer Lebererkrankungen. Dabei ist je nach geografischer Region die chronische HBV- oder die HCV-Infektion führend. An zweiter Stelle folgt die alkoholische Leberzirrhose.
> Auch bei der HBV-Infektion ist das Risiko, ein HCC zu entwickeln, 4,5-fach höher, wenn bereits eine Zirrhose vorliegt (Beasley 1988) und resultiert bei zirrhotischen Patienten in einem kumulativen Risiko von 15% in 5 Jahren.
Weltweit besteht bei über 80% aller HCC-Patienten eine chronische HBV- oder HCV-Infektion (⊡ Abb. 2.3, Perez 2004, Bosch et al. 1999). In Deutschland entsteht das HCC fast ausschließlich in zirrhotischen Lebern, während in Gebieten hoher HBV-Inzidenz oder hoher Aflatoxinbelastung viele HCC in nicht-zirrhotischen Lebern beobachtet werden. In Europa und Nordamerika entwickelt sich gut die Hälfte der HCC in HCV-bedingten Zirrhosen, an zweiter Stelle folgen die alkoholischen Zirrhosen. In Asien und Afrika entstehen etwa zwei Drittel der HCC bei HBV-infizierten Patienten, an zweiter Stelle folgen die HCV-assoziierten Zirrhosen, während alkoholbedingte Zirrhosen nur eine untergeordnete Rolle spielen (⊡ Abb. 2.4). Bei Patienten mit chronischer HCV-Infektion steigt das Risiko der HCC-Entstehung mit zunehmendem Fibrosegrad von 0,4/100 Personenjahre (Fibrosestadium 0) auf 6,9/100 Personenjahre (Fibrosestadium F4). Je nach geografischer Region beträgt das Risiko für zirrhotische HCV-Träger, innerhalb von 5 Jahren an einem HCC zu erkranken, zwischen 17% und 30% (Bruno
Das Risiko unterscheidet sich zwischen Regionen mit hoher und niedriger Prävalenz: ▬ in Asien erhöht sich das Risiko bei Patienten mit Zirrhose um den Faktor 3 gegenüber nicht-zirrhotischen Patienten und um den Faktor 16 gegenüber inaktiven Trägern, ▬ in Europa erhöht das Vorliegen einer Zirrhose das Risiko um den Faktor 16 gegenüber nicht zirrhotischen Patienten und um den Faktor 107 gegenüber inaktiven Trägern (Fattovich et al. 2004). Zwar ist das Risiko der HCC-Entstehung bei mit chronischen Virushepatitiden assoziierten Zirrhosen am stärksten erhöht, doch kommen auch alle anderen Formen der chronischen Lebererkrankung mit einer erhöhten HCCInzidenz vor. Dabei scheinen die hereditäre Hämochromatose (Limdi u. Crampton 2004) und die Porphyria cutanea tarda (Sarkany 2001) mit einem besonders hohen Risiko einherzugehen, während das HCC bei Patienten mit autoimmuner Hepatitis oder primär biliärer Zirrhose eher selten beobachtet wird (Jones et al. 1997, Park et al. 2000).
2
17 2.1 · Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
5% 10%
10%
19%
HCV
19% 57% 14%
HBV Alkohol
66%
Sonstiges
Europa/Nordamerika
> Das relative Risiko bei hereditärer Hämochromatose beträgt zwischen 20 (Elmberg et al. 2003) und 200 (Niederau et al. 1985). Daraus resultiert bei Patienten, die bereits eine Zirrhose entwickelt haben, ein kumulatives 5-Jahres-Risiko von 21% (Francanzani et al. 2001).
Aufgrund der großen Verbreitung der Grunderkrankung treten zahlenmäßig die meisten HCC in alkoholbedingten Zirrhosen (oder nicht-alkoholischen Fettleberzirrhosen (Farrell u. Larter 2006)) auf. Das Risiko für Alkoholiker, ein HCC zu entwickeln, liegt zwischen 0,01/100 Personenjahre für nicht-zirrhotische Patienten und 1,7/100 Personenjahre für Zirrhotiker, die in Schwerpunkteinrichtungen betreut werden (Kuper et al. 2001, Adami et al. 1992, Sorensen et al. 1998, Serra et al. 2003). Daraus resultieren kumulative 5-Jahres-Inzidenzen zwischen 0,9% und 8%. Männliches Geschlecht, Alter über 50 Jahre, Nikotinabusus, Adipositas, Diabetes mellitus und Alkoholkonsum (Fattovich et al. 2004) stellen zusätzliche Risikofaktoren für die Entstehung eines HCC dar (⊡ Abb. 2.5). Der Konsum von mehr als 60 g Alkohol pro Tag erhöht das Risiko für das Auftreten eines HCC bei Patienten mit einer chronischen HCV-Infektion um den Faktor 2 (Donato et al. 2002). In einer französischen Studie zeigte sich ein dosisabhängiger Effekt des BMI auf die HCC-Entstehung bei HCV-infizierten Patienten: Ein BMI zwischen 25 und 30 erhöhte das Risiko auf das 1,7-fache, ein BMI über 30 sogar auf das 2,9-fache (N’Kontchou et al. 2006). Möglicherweise stellt auch der langjährige Gebrauch hormoneller Antikonzeptiva einen Risikofaktor für die Entstehung des HCC (Thorgeirsson u. Grisham 2002) dar. > Die Rolle von Leberadenomen als Vorläuferläsionen hepatozellulärer Karzinome ist weiterhin nicht vollständig geklärt.
Asien/Afrika
Chronische Lebererkrankungen
Alkoholkonsum
⊡ Abb. 2.4 Prozentuale Verteilung der zugrunde liegenden chronischen Lebererkrankungen bei Auftreten eines hepatozellulären Karzinoms in Europa und Nordamerika sowie in Asien und Afrika
Leberzirrhose
HCC
Alter > 50 Jahre
Männliches Geschlecht
Nikotinabusus
Diabetes mellitus Adipositas
⊡ Abb. 2.5 Faktoren, die mit der Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms assoziiert sind
Anhand anekdotischer Berichte wurde immer wieder eine Adenomkarzinom-Sequenz analog der Entstehung von Kolonkarzinomen postuliert. Eine prospektive Untersuchung dieser Hypothese ist jedoch nie erfolgt. Mittlerweile haben sich molekulargenetische Hinweise auf eine Heterogenität von Leberadenomen ergeben, die darauf hindeuten, dass sporadische Adenome, die gehäuft bei Frauen unter dem Einfluss von Sexualhormonen (orale Kontrazeption) entstehen, keine Neigung zur malignen Transformation aufweisen (Flemming et al. 2006). Hingegen weisen Adenome, die multifokal (Adenomatose der Leber) oder im Rahmen von Systemerkrankungen (Glykogenose Typ I) auftreten, gehäuft Mutationen im Wnt-Signaltransduktionsweg oder im β-Catenin-Gen auf (Torbenson et al. 2002, Chen et al. 2002) und müssen als Präkanzerosen angesehen werden. Auch Mutationen im hepatocyte nuclear factor α-Gen sind mit der Entstehung von Leberadenomen assoziiert (Bluteau et al. 2002) und können die Entwicklung eines HCC begünstigen. Eine Sonderrolle bei der Entstehung des HCC stellen Aflatoxine dar, die bei der unsachgemäßen Lagerung
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Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
von Lebensmitteln entstehen. Dieser Mechanismus spielt insbesondere in Afrika eine große Rolle, wo zusätzlich eine hohe HBV-Prävalenz besteht. HBV und Aflatoxine wirken bei der Tumorgenese synergistisch.
2.1.3
Pathogenese
HBV > Bei der HBV-Infektion sind virale Faktoren mit der Entstehung eines HCC assoziiert: Ist das HBs-Antigen nachweisbar, steigt das Risiko für ein HCC um den Faktor 10, sind HBs und Hbe-Antigen nachweisbar, steigert sich das Risiko sogar um den Faktor 60 (Yang et al. 2002).
Auch die Menge des nachweisbaren Virusgenoms eignet sich zur Risikostratifizierung. Sogar bei Patienten, bei denen die Transaminasen nicht erhöht sind, steigt das Risiko mit steigender HBV-DNA an (Chen et al. 2006). Aber selbst nach erfolgter HBs-Serokonversion bleibt das Risiko bei anti-HBc positiven Individuen erhöht, insbesondere dann, wenn eine zusätzliche HCV-Infektion besteht (Pollicino et al. 204). Auch der HBV-Genotyp hat einen Einfluss auf das Risiko der HCC-Entstehung. Die Genotypen C (Chan et al. 2004) und F (Livingston et al. 2007) werden gehäuft bei Patienten mit HCC gefunden. Außerdem bestimmen spezifische Mutationen im Core-Promoter wie die T1762/ A1764-Mutation beim Genotyp C (Tanaka et al. 2006) oder Genotyp übergreifend (Kao et al. 2003) das Risiko der HCC-Entstehung. Mutationen in der pre-S-Region führen hingegen zur Retention des Virus in der Leberzelle, was zu einem vermehrten Leberzellschaden führt und klinisch mit fortgeschrittenen Erkrankungsstadien assoziiert ist (Chen et al. 2006). Zusätzliche Risikofaktoren, die die Entstehung eines HCC begünstigen, sind höheres Alter bei Diagnosestellung, männliches Geschlecht, Schweregrad der Leberfunktionsstörung und Alkoholkonsum (Fattovich et al. 1995). HBV ist ein teils doppelsträngiges DNA-Virus, dessen DNA stabil ins Wirtsgenom integriert wird und das die Tumorgenese über mindestens drei verschiedene Mechanismen antreibt. ▬ Erstens kann bei der Integration genetische Instabilität entstehen (Aoki et al. 1996). ▬ Zweitens kann die Integration zu Mikrodeletionen führen, die für die Karzinogenese relevante Gene betreffen (Tokino et al. 1991) oder Onkogene aktivieren. Dazu gehören unter anderem platelet derived growth factor receptor -β (PDGFRβ), telomerase rever-
se Transcriptase (TERT) und mitogen activated protein kinase 1 (MAPK1) (Ferber et al. 2002, Horikawa u. Barrett 2003, Murakami et al. 2005). ▬ Drittens spielt das HBx-Protein eine wichtige Rolle bei der Karzinogenese. Transgene Mäuse, bei denen das Protein HBx überexprimiert wird, entwickeln spontan multiple hepatozelluläre Karzinome (Kim et al. 1991). HBx beeinflusst die transkriptionelle Aktivität verschiedener Proto-Onkogene wie c-myc und c-myb (Terradillos et al. 1997) und wachstumsrelevanter Kinasen, darunter SRC-Kinasen, Raf, MAPK, ERK und JNK (Tarn et al. 2001, Nijhara et al. 2001). Außerdem bindet und inaktiviert HBx die Tumorsuppressoren p53 (Ueda et al. 1995) und APC (Wu et al. 2001) und beeinflusst die Aktivität des Proteasoms (Zhang et al. 2000), was zu verminderter Präsentation viraler Antigene im MHC-I Kontext führen kann. Über diese HBV-spezifischen Mechanismen hinaus führt die chronische Inflammation mit erhöhtem Zellumsatz zur Akkumulation prokarzinogener Mutationen und zu Telomerverkürzung und genetischer Instabilität (Miura et a. 1997). Ein weiterer Mechanismus, der die Tumorentstehung begünstigen kann, ist die Stimulation von oxidativem Stress durch Interaktionen mit dem endoplasmatischen Retikulum (Kojima 1982). Dabei entstehen freie Sauerstoffradikale, die die wachstumsfördernden und prokarzinogenen Signalwege aktivieren (Bartsch u. Nair 2004) sowie DNA-Brüche fördern (Dandri et al. 2002). Außerdem kommt es durch freie Sauerstoffradikale zur Aktivierung von Sternzellen, die eine vermehrte Bildung von Bindegewebe bewirken und damit zur Ausbildung einer Leberzirrhose beitragen.
HCV Bei der HCV-Infektion unterscheiden sich die verschiedenen Virusgenotypen nicht hinsichtlich ihres Potenzials der Tumorinduktion (Bruno et al. 1997), auch hat die Höhe der Viruslast keinen Einfluss auf die Tumorentstehung (Yoshida et al. 1999). > Co-Infektionen von HCV mit HBV (Pollicino et al. 2004) oder HIV (Garcia-Samaniego et al. 2001) führen zu einer Erhöhung des Risikos, ein HCC zu entwickeln.
Daneben erhöhen männliches Geschlecht, höheres Alter bei Diagnosestellung und Anzeichen einer Zirrhose wie erniedrigte Thrombozyten oder erhöhtes Bilirubin (Degos et al. 2000) sowie Alkoholkonsum (Donato et al. 2002, Hassan et al. 2002) das Risiko, an einem HCC zu erkranken.
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Das Hepatitis C-Virus unterscheidet sich insofern von HBV, als es ein RNA-Virus ist und damit keine stabile Integration ins Wirtsgenom erfolgt. > HCV führt vergleichsweise häufiger als HBV zur chronischen Infektion (50-80% vs. 10%) und zur Zirrhoseentwicklung (30% vs. 5%).
Die molekularen Mechanismen, die bei der HCV-Infektion zur Karzinogenese führen, sind weniger gut untersucht als bei der HBV-Infektion. Das Core-Antigen aktiviert zelluläre Proto-Onkogene wie c-myc (Ray et al. 1995), interagiert mit zellulären Kinase-Signalwegen wie dem MAPK/ERK-Signalweg und beeinflusst dadurch die Zellproliferation (Hayashi et al. 2000). Das Core-Protein hemmt außerdem die durch Fas und TNFα induzierte Apoptose (Marusawa et al. 1999). Die Expression des Core-Antigens in transgenen Mäusen führt zur Entstehung von Adenomen, die sich zu hepatozellulären Karzinomen weiter entwickeln (Moriya et al. 1998). HCV okkupiert das endoplasmatische Retikulum für seine Replikation und führt dadurch zu erheblichem oxidativem Stress, der wiederum zu genetischer Instabilität führt. Dieser Mechanismus ist zumindest im Tiermodell unabhängig von einer zusätzlichen inflammatorischen Komponente (Moriya et al. 2001) und möglicherweise direkt mit der Entstehung einer Steatose unter dem Einfluss des Core-Proteins assoziiert. Auch die NS3- und NS5A-Antigene haben ein direktes onkogenes Potenzial. Sie interagieren mit zellulären Kinasen wie der zyklinabhängigen Kinase und dem MAPK/ERK-Signalweg (Macdonald et al. 2003) und führen zur Transformation von Zelllinien (Sakamuro et al. 1995) durch transkriptionelle Hemmung von p21. Dabei interagiert NS5A direkt mit dem Tumorsuppressor p53 und führt zu seiner Sequestration an der perinukleären Membran (Majumder et al. 2002). Außerdem inhibiert NS5A ebenso wie das Core-Antigen die durch TNFα induzierte Apoptose (Majumder et al. 2002). Natürlich spielen bei der HCV-Infektion ebenso wie bei der HBV-Infektion virusunspezifische Mechanismen der Tumorentstehung im Rahmen entzündlicher Prozesse eine Rolle, die durch wiederholte Zyklen hepatozellulärer Apoptose und Regeneration, kontinuierliche Aktivierung des angeborenen und erworbenen Immunsystems und die Freisetzung reaktiver Sauerstoffradikale charakterisiert sind.
> Alkohol schädigt die Leber über verschiedene Mechanismen, die auch tumorfördernde Effekte haben.
Zum einen führt die Aktivierung von Monozyten zur vermehrten Freisetzung proinflammatorischer Zytokine wie TNFα (McClain et al. 2002), zum anderen zeigen Hepatozyten eine erhöhte Empfindlichkeit auf eben diese Zytokine (Hoek u. Pastorino 2002). Auch die vermehrte Freisetzung von Endotoxin, das über die Pfortader die Leber erreicht, führt indirekt zur Zytokinfreisetzung (Siegmund et al. 2005). Neben diesen zytokinabhängigen Mechanismen führt chronischer Alkoholkonsum zu oxidativem Stress. Dieser stimuliert einerseits die Sternzellen zu erhöhter Produktion extrazellulärer Matrix (Comporti et al. 1967). Daraus resultierten Fibrose und Zirrhose, die die Grundlage für die Entstehung des HCC darstellen. Andererseits zeigt oxidativer Stress durch Alkoholeinwirkung einen direkten Einfluss auf Signaltransduktionswege, die bei der Karzinogenese relevant sind: Der STAT-1-Signaltransduktionsweg wird unterdrückt, was in verminderter Interferon-γ-Sensitivität und vermehrter Apoptose resultiert (Osna et al. 2005). Außerdem blockiert Alkohol die Generierung antigener Peptide durch das Proteasom, was zur verminderten Präsentation z.B. viraler Epitope führen könnte (Osna et al. 2007). Auch bei der Hämochromatose wird oxidativer Stress als Mechanismus der Tumorentstehung diskutiert: Im Rattenmodell der Hämochromatose kommt es zur Akkumulation reaktiver Moleküle wie 4-Hydroxy-2-Nonenal und Malondialdehyde, die zytotoxische und genotoxische Auswirkung haben (Toyokuni et al. 1994, Esterbauer et al. 1991). Gleichzeitig findet sich eine verminderte Aktivität protektiver reduzierender Systeme wie dem Gluthationsystem und der Superoxiddismutase (Dabbagh et al. 1994). Weiterhin bewirkt oxidativer Stress die Verkürzung von Telomeren, was zur chromosomalen Instabilität führt (Kurz et al. 2004). Es ist aber noch ungeklärt, in wieweit dieser Mechanismus bei chronischen Lebererkrankungen eine Rolle spielt. Darüber hinaus scheint Eisen einen autonomen wachstumsfördernden Effekt auf Hepatomzellen zu haben (Hann et al. 1990). Alle diese Mechanismen führen zur Akkumulation von p53-Mutationen (Marrogi et al. 2001, Vautier et al. 1999). Ähnliche Mechanismen scheinen auch beim α1-Antitrypsin-Mangel eine Rolle zu spielen (Hussain et al. 2000).
Aflatoxin Andere chronische Lebererkrankungen Die Mehrzahl der nicht mit chronischen Virusinfektionen assoziierten HCC entsteht in alkoholbedingten Leberzirrhosen.
Aflatoxin ist ein von Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus gebildetes Mycotoxin, das bei der unsachgemäßen Lagerung von Lebensmittel entsteht. Aspergillen sind in Asien und Afrika weit verbreitet, wo sie Getreide
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und Nüsse besiedeln, die nicht ausreichend trocken gelagert werden. Aflatoxin wird durch hepatisches Cytochrom p450 in sein exo-8,9-Epoxid konvertiert, das mit Guanosin-Nukleotiden reagiert und nukleäre Addukte bildet (Smela et al. 2001). > In der Leber bewirken Aflatoxine die Akkumulation spezifischer p53-Mutationen (Aguilar et al. 1994, Ozturk 1991, Bressac et al. 1991, Hsu et al. 1991) und führen zur Aktivierung zellulärer Protoonkogene wie HRAS (Riley et al. 1997). Im Gegensatz zu den meisten anderen Mechanismen der HCC-Entstehung besteht bei der Aflatoxintoxizität keine Korrelation mit der Leberzirrhose.
Aufgrund der geografischen Häufung der HBV-Infektion besteht nicht selten zusätzlich zur Aflatoxinbelastung eine chronische HBV-Infektion, die synergistisch auf die HCC-Entwicklung einwirkt. Bei HBV-Infektion und Aflatoxinbelastung ist das Risiko der HCC-Entstehung um den Faktor 5 bis 10 gegenüber solchen Individuen erhöht, die nur einen der Risikofaktoren aufweisen (Kew 2003).
Molekulare Mechanismen bei der Entstehung des HCC Mit Hilfe von Genexpressionsanalysen wie Microchiparrays konnten spezifische Signaturen definiert werden, die HCC charakterisieren, HCC unterschiedlicher Ätiologie differenzieren (Okabe et al. 2001), frühe von späten Rezidiven nach Resektion unterscheiden (Iizuka et al. 2003) oder mit der Prognose assoziiert sind (Lee et al. 2004). Obwohl diese genomweiten Analysen noch am Anfang stehen, ist eine Reihe spezifischer molekularer Mechanismen, die an der HCC-Entstehung beteiligt sind, gut charakterisiert:
Der p53 Signalweg p53-Mutationen spielen eine zentrale Rolle bei der Tumorgenese in verschiedenen Organen (Hollstein et al. 1991). Keimbahnmutationen sind mit familiären Tumorsyndromen assoziiert (Malkin et al. 1990). > P53 ist ein multifunktionaler Transkriptionsfaktor, der den Zellzyklus, die Zelldifferenzierung, die Replikation, die DNA-Reparatur und die Aufrechterhaltung der genomischen Stabilität reguliert.
Bei der HCC-Entstehung ist allerdings bislang ungeklärt, ob p53-Mutationen an der Initiierung oder dem Progress des HCC beteiligt sind. Zumindest im Kontext der Aflatoxin-Toxizität scheinen p53-Mutationen die Tumorentstehung zu initiieren (Aguilar et al. 1994), während bei den übrigen Formen des HCC eine höhere Anzahl von p53-Mutationen bei fortgeschrittenen Erkrankungen
bzw. größeren Tumorknoten beobachtet werden, was für eine Rolle bei der Tumorprogression spricht (Minouchi et al. 2002). In mehr als der Hälfte aller Aflatoxin-exponierten Patienten mit HCC findet sich die spezifische R249S Mutation im p53-Gen (Bressac et al. 1991), während Mutationen im p53-Gen nur bei 20-30% der nicht Aflatoxinexponierten Patienten beobachtet werden und bei ihnen die R249S-Mutation selten ist. Auch bei Patienten mit Hämochromatose finden sich gehäuft p53-Mutationen, insbesondere am Codon 220 (Vautier et al. 1999). Die Bedeutung von p53-Mutationen wurde in verschiedenen Mausmodellen nachgewiesen: Bei der HBx transgenen Maus findet sich die Inaktivierung von p53 in Tumorknoten (Ueda et al. 1995), in HBs-Ag transgenen Mäusen entwickeln sich HCC gehäuft bei Mäusen, die zusätzlich p53-Mutationen tragen (Ghebranious u. Sell 1998).
WNT/β-Catenin-Signalweg β-Catenin hat zwei Funktionen: ▬ Es wirkt als Adhäsionsmolekül. ▬ Es ist es ein Aktivator verschiedener Transkriptionsfaktoren, die tumorrelevante Gene regulieren, darunter MYC, Zyklin D1, COX und Metalloproteinase MMP7 (Gregorieff u. Clevers 2005). Die Aktivierung von β-Catenin erfolgt durch den WntSignaltransduktionsweg. Aktivierende Mutationen im β-Catenin-Gen finden sich sowohl beim HCC im Menschen als auch im Tiermodell (Miyoshi et al. 1998, de La Coste et al. 1998, Ishizaki et al. 2004). In verschiedenen Serien wurden β-Catenin-Mutationen in 13-43% aller HCC beobachtet (de La Coste et al. 1998, Legoix et al. 1999, Nhieu et al. 1999). Auch bei 15% der hepatischen Adenome lassen sich β-Catenin-Mutationen nachweisen, und es sind diese Adenome, die gehäuft eine Transformation zu HCC durchlaufen (Zucman-Rossi et al. 2006). Bei den HCVassoziierten Tumoren finden sich häufiger β-CateninMutationen als bei den HBV-assozierten Tumoren (Huang et a. 1999). Es ist bislang unklar, ob β-Catenin- und p53-Mutationen unabhängig voneinander wirksam sind oder sich bei der Tumorgenese ergänzen (Torbenson et al. 2004, Prange et al. 2003).
Familie der ErbB-Rezeptor-Tyrosinkinasen ErbB stellt eine Familie von Rezeptor-Tyrosinkinasen dar. ERBB1 wird auch als epidermal growth factor receptor (EGFR) bezeichnet. Eine Überexpression von ERBB1 findet sich bei 68% aller HCC, eine Überexpression von ERBB3 bei 84%, von ERBB2 (HER2) bei 21% und von ERBB4 bei 61% aller
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HCC. Die Expression von ERBB1 und ERBB3 ist außerdem mit einem aggressiven Tumorverhalten assoziiert (Ito et al. 2001). Im Mausmodell führt die Überexpression des ErbB-Liganden TGFα zur Entstehung von HCC (Jhappan et al. 1990, Sandgren et al. 1990) und bewirkt eine vermehrte Tumorgenese bei HBs-Ag transgenen Mäusen (Jakubczak et al. 1997). Die Überexpression von ErbB-Kinasen ist vor allem insofern von Bedeutung, als solche Rezeptor-Tyrosinkinasen durch spezifische Inhibitoren blockiert werden können. Tatsächlich zeigen Studien für ein Ansprechen von HCC auf Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Gefitinib (Schiffer et al. 2005), Erlotinib (Philip et al. 2005) oder Sorafenib (Abou-Alfa et al. 2006).
Retionblastom-Suppressor RB1 Bei etwa 30% der HCC wird ein Verlust des Chromosoms 13 beobachtet (Boige et al. 1997). Hier befindet sich das Gen für das Retinoblastom-Suppressor-Gen RB1. Es stellt einen zentralen Regulator des Zellzyklus und der Zelldifferenzierung dar. RB1-Mutationen werden bei einer Vielzahl verschiedener Tumore beobachtet. In einer Serie von 21 HCC wurde ein Verlust der RB1-Expression bei 9 HCC festgestellt, der meist auf einen Verlust der Heterozygotie, d.h. auf eine genetische Deletion, zurückzuführen war. Auch die Regulation des RB1-Signalwegs durch p16 aufgrund genetischer oder epigenetischer Veränderungen scheint beim HCC gestört zu sein (Boige et al. 1997, Liew et al. 1999).
Telomerverkürzung und Telomeraseaktivität Durch die Regenerationsvorgänge bei chronischen Lebererkrankungen und die damit einhergehende Hyperproliferation kommt es zur Verkürzung der Telomere und zur Ausbildung genomischer Instabilität (Miura et al. 1997, Urabe et al. 1996, Plentz et al. 2004). Außerdem wird bei 90% aller HCC eine Aktivierung der Telomerase beobachtet (Nagao et al. 1990). Auch im Mausmodell zeigt sich, dass die Dysfunktion von Telomeren zur Tumorentstehung führt (Farazi et al. 2003). Die Bedeutung der Telomerase wird durch die Beobachtung gestützt, dass bei HCC-Patienten eine Integration des HBV-Genoms im TERT-Lokus erfolgt, der für die Telomerase codiert (Ferber et al. 2003), und so möglicherweise zur vermehrten Transkription und Expression der Telomerase führt. Die gegenwärtig verfügbaren Daten sprechen für die Entstehung genetischer Instabilität durch Telomerverkürzung, die in den frühen Stadien der Tumorgenese eine kanzerogene Wirkung hat. In späteren Stadien führt die Reaktivierung der Telomerase zur Stabilisierung der Chromosomen, die für das Überleben der Tumorzellen notwendig ist (Farazi u. DePinho 2006).
Genetische Veränderungen beim HCC > Ähnlich wie bei anderen Tumorentitäten entsteht das HCC als Folge eines mehrschrittigen Prozesses, bei dem es zur Akkumulation genetischer Veränderungen kommt, die letztlich zur Tumorentstehung führen. Dabei entstehen aus Regeneratknoten in der zirrhotischen Leber zunächst prämaligne dysplastische Knoten, aus denen sich dann das HCC entwickelt.
Es liegt eine Vielzahl von Daten vor, aus denen hervorgeht, dass beim HCC zahlreiche genetische Deletionen und Additionen vorliegen, die teilweise mit dem Fortschreiten des Tumors oder mit spezifischen Ätiologien assoziiert sind (Farazi u. DePinho 2006). Für eine Reihe dieser Loci sind die entsprechenden Tumorsuppressoren oder Onkogene bekannt, darunter RB (13q), ERBB2 (17q), TP53 (17p) und MYC (8q). Generell findet sich bei fortgeschrittenen Tumoren ein größeres Ausmaß genetischer Instabilität (Wilkens et al. 2004).
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Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
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25 2.2 · Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems
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2.2
Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems
A. Bergk, E. Schott, R. Büchsel, T. Berg Die insgesamt relativ seltenen Karzinome des Gallenwegssystems zeigen weltweit eine langsam steigende Inzidenz. Sie werden unterteilt in intra- und extrahepatische cholangiozelluläre Karzinome, Gallenblasenkarzinome und Karzinome der Papilla Vateri.
2.2.1
Epidemiologie
Cholangiozelluläres Karzinom Das cholangiozelluläre Karzinom (CCC) wurde erstmals 1840 von Durand-Fardel beschrieben. Es stellt weltweit den fünfthäufigsten Tumor des Gastrointestinaltraktes dar und ist für ca. 3% der gastrointestinalen Krebserkrankungen verantwortlich. Die jährliche Inzidenz beträgt ca. 1-2 pro 100.000. In den USA werden ca. 3.000 Neuerkrankungen pro Jahr geschätzt, für Deutschland liegen keine diesbezüglichen Daten vor. In Autopsiestudien findet sich eine Prävalenz zwischen 0,01% und 0,46% (Vauthey u. Blumgart 1994). ▬ Etwa 70% der CCC entstehen im Bereich der Hepatikusgabel und werden als Klatskin-Tumore bezeichnet. ▬ Etwa 20% der CCC entwickeln sich im extrahepatischen Anteil des Ductus hepatococholedochus und an der Papille. ▬ Nur etwa 10% entwickeln sich intrahepatisch. Diese intrahepatischen CCCs werden gemeinsam mit dem hepatozellulären Karzinom als primäre Lebertumoren gewertet, sie machen insgesamt aber nur ca. 10-20% der primären Lebertumoren aus.
Der Erkrankungsgipfel findet sich in der siebten Lebensdekade, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen (zwischen 1,3 und 3,3-fach), jedoch ist der Geschlechtsunterschied kleiner als beim hepatozellulären Karzinom (HCC). Die Häufigkeit intrahepatischer CCC (einschließlich der in der Gabel gelegenen Tumore) hat in den letzten Jahren zugenommen. So zeigt sich in den USA ein Anstieg der intrahepatischen CCC zwischen 1975-79 und 1995-99 um 165% (Shaib et al. 2004). Die Gründe für diese Entwicklung sind unklar. Ein Effekt, der allein durch eine frühere Diagnosestellung zu erklären ist, erscheint jedoch unwahrscheinlich, da es nicht zu einer Häufung von Erkrankungen in frühen Stadien gekommen ist. Außerdem scheint der Anstieg der Häufigkeit bislang kein Plateau zu erreichen, was ebenfalls gegen eine verbesserte Frühdiagnostik als Ursache des Anstiegs zu werten ist. Auch ein Anstieg der Inzidenz der primär sklerosierenden Cholangitis als Hauptrisikofaktor für die Entwicklung eines CCC liegt nicht vor. Weltweit ist die Inzidenz intrahepatischer CCC sehr unterschiedlich, was auf die geografische Häufung bestimmter Risikofaktoren zurückzuführen ist. Die höchste Inzidenz findet sich mit 96/100.000 in Thailand, China und anderen Teilen Asiens (Shaib u. El-Serag 2004), die niedrigsten Zahlen werden mit 0,1/100.000 aus Australien berichtet. Im Gegensatz zum intrahepatischen CCC finden sich für das extrahepatische CCC weltweit sinkende Inzidenzzahlen. In den USA etwa hat die Inzidenz von 0,6/100.000 im Jahr 1979 auf 0,3/100.000 im Jahr 1998 abgenommen (Shaib u. El-Serag 2004, Patel 2001). Insgesamt muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass die Daten für das CCC weniger robust sind als für andere Tumorentitäten, da intrahepatische Tumore häufig als primäre Lebertumore und extrahepatische Tumore häufig als Gallenblasentumore codiert werden, was eine statistische Auswertung erschwert. Das Langzeitüberleben von Patienten mit CCC ist schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate hat sich über die letzten 20 Jahre kaum verbessert und liegt für intrahepatische CCC unter 5% (Shaib et al. 2004). Für extrahepatische Tumore konnte das Langzeitüberleben auf deutlich über 10% gesteigert werden (Carriaga u. Henson 1995).
Gallenblasenkarzinome Gallenblasenkarzinome stellen mit etwa zwei Dritteln die häufigsten Karzinome des Gallenwegssystems dar. Die Inzidenz beträgt in den westlichen Ländern etwa 1,2 pro 100.000 Einwohner und ist in den letzten Jahren langsam steigend (National Cancer Institute 2004). In den USA rechnet man mit etwa 6.500 Neuerkrankungen pro Jahr, genaue Angaben für Deutschland fehlen.
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Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
Der Erkrankungsgipfel liegt in der siebten Lebensdekade, wobei Frauen im Gegensatz zum cholangiozellulären Karzinom mit einer Ratio von etwa 4:1 deutlich häufiger betroffen sind als Männer (Zatonski et al. 1997). Weltweit ist die Inzidenz des Gallenblasenkarzinoms sehr unterschiedlich, wobei insbesondere eine Häufung im südamerikanischen Raum (Chile und Bolivien) sowie in Japan und Indien zu beobachten ist (Misra et al. 2003). Die höchste Inzidenz wird unter Aymara-sprechenden Südamerikanern beobachtet, die ein 15,4-fach erhöhtes Gallenblasenkarzinom-Risiko tragen; die Inzidenz beträgt hier ca. 20/100.000 (Strom et al. 1995).
Schweregrad einer Colitis und dem Auftreten eines CCC zu bestehen (Broome et al. 1996). Lediglich ein Nikotinabusus erhöht das Risiko von PSC-Patienten an einem CCC zu erkranken (Chalasani et al. 2000). Für die Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms scheint zwar eine primär sklerosierende Cholangitis selbst keine Rolle zu spielen, dafür jedoch möglicherweise die häufig mit ihr assoziierten chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, und zwar insbesondere der Morbus Crohn, bei dem das Risiko einer Gallenblasensteinentstehung gegenüber der Normalbevölkerung verdoppelt ist (Parente et al. 2007).
Fibropolyzystische Lebererkrankungen 2.2.2
Ätiologie
Die Ätiologie des cholangiozellulären Karzinoms ist ungeklärt. Der weitaus größte Teil der Erkrankungen entsteht sporadisch bei Patienten ohne eruierbare Risikofaktoren. Die bei Risikopatienten auftretenden Erkrankungen scheinen sich alle auf einen chronisch entzündlichen Prozess zurückführen zu lassen. Ein solcher Risikofaktor lässt sich aber nur bei ca. 10% der Patienten mit CCC erfassen. Im Gegensatz hierzu sind Gallenblasenkarzinome in der Mehrzahl der Fälle mit einem prädisponierenden Risikofaktor assoziiert, insbesondere mit einer chronischen Cholezystolithiasis, einer Porzellangallenblase oder Gallenblasenpolypen
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) Die PSC stellt den wichtigsten Risikofaktor für die Entwicklung eines CCC dar. Das Risiko, an einem CCC zu erkranken, ist bei PSC-Patienten deutlich erhöht. Die Prävalenz maligner Veränderungen bei PSC Patienten beträgt je nach untersuchter Kohorte zwischen 4,8 und 36,4% (Helzberg et al. 1987, Miros et al. 1991). > Das jährliche Risiko, an einem CCC zu erkranken, wird auf 0,6 bis 1,5% pro Jahr geschätzt, das Lebenszeitrisiko beträgt 10-15% (Bergquist et al. 1998, Bergquist et al. 2002).
PSC-Patienten, die ein CCC entwickeln, sind in der Regel deutlich jünger als solche, die ein sporadisches CCC entwickeln (Broome et al. 1996). In Autopsieserien finden sich bei bis zu 30% der PSC-Patienten ein CCC (Rosen et al. 1991). Etwa ein Drittel der PSC-Patienten, die an einem CCC erkranken, erhalten diese Diagnose in den ersten zwei Jahren, nachdem die PSC festgestellt wurde. Die Dauer der Erkrankung bzw. das Vorhandensein einer Zirrhose scheint keinen weiteren Einfluss auf das Erkrankungsrisiko zu haben. Ebenso scheint kein Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein und dem
Patienten mit angeborenen Anomalien des Gallenbaums wie Choledochuszysten oder dem Caroli-Syndrom haben ein Risiko von etwa 10%, an einem CCC zu erkranken. Bleiben Choledochuszysten unbehandelt, erhöht sich das Risiko sogar auf 28% (Lipset et al. 1994). Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei nur 34 Jahren (Chapman 1999, Khan et al. 2005). Auch die kongenitale hepatische Fibrose geht mit einem erhöhten Risiko der CCC-Entstehung einher (Scott et al. 1980).
Cholangiolithiasis In westlichen Ländern ist die Cholangiolithiasis nicht mit einem erhöhten Risiko der CCC-Entstehung assoziiert. Möglicherweise spielen Gallensteine und Übergewicht jedoch eine Rolle bei der Untergruppe des extrahepatischen CCC (Ahrens et al. 2007). > Im Gegensatz zur klassischen Cholangiolithiasis in den westlichen Ländern ist die intrahepatische Hepatolithiasis im asiatischen Raum oder die orientalische Cholangiohepatitis ein klarer Risikofaktor.
Die Genese dieser Erkrankung ist unbekannt, es wird aber vermutet, dass rezidivierende Infektionen durch Parasiten oder Bakterien eine pathogenetische Rolle spielen. Bis zu 10% der Patienten mit diesem Krankheitsbild entwickeln ein CCC (Kubo et al. 1995), und bei bis zu 70% der Patienten in Taiwan, die aufgrund eines CCC reseziert werden, finden sich Anzeichen einer Hepatolithiasis (Su et al. 1997).
Cholecystolithiasis Die Inzidenz der Cholecystolithiasis nimmt nach prospektiven epidemiologischen Studien nach dem 20. Lebensjahr etwa alle 5 Lebensjahre um 3% zu und liegt damit im 75. Lebensjahr bei Männern bei etwa 20% und bei Frauen bei etwa 35% (Jensen 1991). Bei etwa 80% der Patienten mit Gallenblasenkarzinomen lässt sich eine Cholecystolithiasis nachweisen (Zatonski et al. 1997, Okamoto et al. 1999).
27 2.2 · Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems
> Angesichts der hohen Inzidenz von Gallenblasensteinen in der Normalbevölkerung ist das Risiko der Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms bei asymptomatischen Gallensteinträgern zwar erhöht, aber insgesamt ist die Inzidenz mit 3,2 pro 100.000 sehr niedrig.
Im besonderen Falle eines Mirizzi-Syndroms, der Kompression des Ductus hepaticus communis durch einen im Gallenblasenhals impaktierten Stein oder eine konkrementbedingte Infundibulitis, scheint das Risiko eines koinzidentiellen Gallenblasenkarzinoms jedoch deutlich erhöht zu sein. In einer retrospektiven schweizerischen Fallstudie fand sich bei 28% aller Patienten mit einem Mirizzi-Syndrom ein gleichzeitig vorliegendes Gallenblasenkarzinom. Es bleibt jedoch unklar, ob das MirizziSyndrom kausal durch das Gallenblasenkarzinom bedingt ist oder umgekehrt (Redaelli et al. 1997).
Porzellangallenblase > Die Assoziation der sog. Porzellan-Gallenblase, einer Verkalkung der Gallenblasenwand, mit dem Gallenblasenkarzinom wird in der Literatur in verschiedenen Studien mit 12% bis 61% angegeben.
Eine große retrospektive Studie des Massachusetts General Hospital von 1962-1999 ergab eine relativ geringe Inzidenz von lediglich 7%, womit sich jedoch immer noch eine Odds Ratio von 13,9 ergibt. Allerdings ist hierbei ausschließlich eine selektive mukosale Verkalkung mit einem erhöhten Karzinomrisiko assoziiert, eine diffuse komplette intramurale Kalzifizierung, die am ehesten dem morphologischen Bild einer Porzellangallenblase entspricht, war in dieser Studie nicht mit einem erhöhten Karzinomrisiko verbunden (Stephen u. Berger 2001). Möglicherweise sind jedoch regionale geografische Unterschiede der auslösenden Faktoren von Gallenblasenkalzifikationen ursächlich für die große Variabilität der berichteten Koinzidenzraten verantwortlich.
Chronische Infektionen > Die erhöhte Inzidenz des CCC im asiatischen Raum lässt sich auch auf die Infektion mit Leberegeln zurückführen. Dabei spielt vor allem Opisthorchis viverrini eine Rolle, die Bedeutung von Clonorchis sinensis ist weniger gut etabliert (Watanapa u. Watanapa 2002).
Durch diesen Zusammenhang lässt sich wahrscheinlich auch die weltweit höchste Inzidenz des CCC in Thailand erklären, wo 7 Mio. Menschen an Infektionen mit Leberegeln leiden. Die Egel werden durch ungekochten Fisch
übertragen, sie leben im Gallengangssystem und legen dort ihre Eier ab. Wahrscheinlich spielt die Ingestion von Nitrosaminen eine zusätzliche tumorfördernde Rolle bei diesen Patienten (Thamavit et al. 1978). Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen einer chronischen Besiedlung mit Salmonella typhi und der Entstehung von Gallensteinen, Gallenblasenkarzinomen oder cholangiozellulären Karzinomen (Strom et al. 1995, Vaishnavi 2005). Schließlich scheinen chronisch entzündliche Vorgänge in Folge einer biliodigestiven Anastomose sowohl das Risiko für die Entwicklung eines CCC als auch eines Gallenblasenkarzinoms zu erhöhen (Tocchi et al. 2001).
Familiäre Syndrome Die seltene biliäre Papillomatose (Taguchi et al. 1993) ist als Präkanzerose zu werten, da die Mehrzahl der adenomatösen Läsionen eine maligne Transformation durchläuft (Lee et al. 2004). Ebenso sind sporadische Adenome im Gallengangssystem als Präkanzerosen zu werten (Khan et al. 2005). Beim Lynch-Syndrom (hereditäres nicht-polypöses Darmkrebssyndrom, HNPCC) treten gehäuft CCC auf (Mecklin et al. 1992). Die Polyposis coli ist mit einer erhöhten Inzidenz von Gallenblasenkarzinomen assoziiert.
Toxine Es besteht eine eindeutige Häufung von CCC bei Patienten, die mit dem Kontrastmittel Thorotrast behandelt wurden. In einer deutschen Studie entwickelten 454 von 2.326 exponierten Patienten ein CCC (van Kaick et al. 1999). Für eine Reihe anderer Substanzen wie Beiprodukte der Gummiverarbeitung und Chemikalien wie Dioxin und Nitrosamine (Berquist et al. 1998, Hardell et al. 1984) wurden Assoziationen beschrieben, jedoch von wesentlich schwächerer Auswirkung als bei Thorotrast. Die Daten hinsichtlich Alkohol- und Nikotinkonsums sind widersprüchlich (Berquist et al. 1998, Chalasani et al. 2000). Die Exposition gegenüber bestimmten Karzinogenen wie Methylcholanthren, O-Aminoazotoluol und Nitrosamine sowie die Einnahme oraler Kontrazeptiva, Methyldopa oder Isoniazid erhöhen das Risiko, an einem Gallenblasenkarzinom zu erkranken.
Chronische Lebererkrankungen > Eine Leberzirrhose gleich welcher Genese stellt einen Risikofaktor für die Entstehung nicht nur des HCC, sondern auch des CCC dar.
Eine dänische Studie zeigte, dass Patienten mit einer Leberzirrhose ein 10-fach erhöhtes Risiko haben, ein
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Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
CCC zu entwickeln (Sorensen et al. 1998). Dabei scheint eine chronische HCV-Infektion einen größeren Einfluss zu haben, als eine chronische HBV-Infektion (Shin et al. 1996, Kobayashi et al. 2000). Das Risiko, an einem Gallenblasenkarzinom zu erkranken, scheint durch eine Leberzirrhose nicht erhöht zu sein. Eine weitere Assoziation der CCC-Entstehung besteht mit der HIV-Infektion (Shaib et al. 2005).
Gallenblasenpolypen Gallenblasenpolypen sind in der Regel < 5 mm große benigne cholesterinhaltige oder entzündliche Polypen, die häufig multipel auftreten. Im Gegensatz hierzu treten maligne Polypen eher solitär auf und zeichnen sich durch eine Größe > 5-10 mm aus. Nach einer japanischen Analyse der Anzahl und Größe von Gallenblasenpolypen liegt das Risiko eines Karzinoms bei weniger als drei Polypen und einer Größe von 5-10 mm bei 37%, bei Polypen > 10 mm sogar bei 50% und bei Polypen > 15 mm bei 100% (Shinkai et al. 1998). > Bei Polypen >6 mm ist eine engmaschige sonographische Kontrolle und bei Polypen >10 mm eine Cholezystektomie indiziert.
2.2.3
Pathogenese
Unabhängig von den oben aufgeführten Risikofaktoren liegen der Entstehung des CCC zwei grundlegende Mechanismen zugrunde: ▬ die chronische Entzündung, ▬ die chronische Schädigung der biliären Epithelzellen. Diese beiden Mechanismen führen zur Veränderung des Zytokinmilieus im Gallengang und seiner direkten Umgebung und bedingen eine vermehrte Regeneration des Epithels. Dabei wirken Zytokine wie IL-6 zunächst parakrin auf benachbarte Zellen, zunehmend entstehen durch die Expression der entsprechenden Rezeptoren aber auch autokrine Mechanismen, die die Zellen der Wachstumskontrolle entziehen. Bei der Entstehung des CCC gehen maligne aus prämalignen Läsionen hervor. Für die Entwicklung dieser bei prämalignen Läsionen und ihre Transition zum Malignom spielen neben der Initiation der Proliferation vor allem Mechanismen eine Rolle, die zur Vermeidung von Apoptose und Umgehung normaler Seneszenzmechanismen führen. Im späteren Verlauf werden auch die Invasion und Metastasierung begünstigt, sodass von einem ähnlichen Mechanismus wie bei der Adenom-Karzinom-Sequenz des Kolonkarzinoms auszugehen ist.
Initiation der Proliferation Wie am Tiermodell der Gallengangsligatur belegt wurde, gehört die vermehrte Freisetzung von Interleukin (IL)-6 und hepatocyte growth factor (HGF) zu den frühesten Vorgängen nach Induktion einer entzündlichen Reaktion in den Gallengängen (Liu et al. 1998). IL-6 ist ein potentes Mitogen für normale und transformierte biliäre Epithelzellen (BEC) (Matsumoto et al. 1994), das unter normalen Bedingungen nur in geringem Maße von BEC sezerniert wird. Im Rahmen einer Entzündungsreaktion wird es aber sowohl von BEC als auch von infiltrierenden Entzündungszellen sezerniert und bewirkt eine Aktivierung des MAPK/STAT-Signalwegs (Heinrich et al. 2003). Zu einem späteren Zeitpunkt wird der IL-6 Rezeptor auf BEC exprimiert und führt zur autokrinen Wirkung auf BEC (Okada et al. 1994). HGF wird initial von Sternzellen produziert und bewirkt eine reaktive Proliferation der BEC. Zunehmend kommt es auch zur Expression und Hyperphosphorylierung des Rezeptors c-met auf BEC und zur Etablierung einer weiteren autokrinen Schleife, die proliferationsfördernd wirkt (Boccaccio et al. 1994, Yokomuro et al. 2000). Ein weiterer Wachstumsfaktor ist der epidermal growth factor (EGF). Er wirkt über verschiedene Rezeptoren der EGF-Rezeptor-Superfamilie. Darunter hat cerb-B2 (c-neu) die größte Bedeutung. In transformierten BEC findet sich eine Überexpression dieses Rezeptorhomologs (Radaeva et al. 1999). Im Mausmodell der Überexpression von c-erb-B2 entwickeln die Tiere spontan Gallenblasenkarzinome. Die Überexpression der erwähnten Faktoren bewirkt eine vermehrte Produktion reaktiver Sauerstoffspezies durch iNOS, ein Mechanismus, der möglicherweise mit der vermehrten Expression von Notch-1 korreliert und zu DNA-Schäden führt (Ishimura et al. 2005), die wiederum eine Mutation von Tumorsuppressorgenen und eine Aktivierung von Protoonkogenen nach sich ziehen kann. Die Wirkung dieser Wachstumsfaktoren wird mindestens teilweise durch Produkte der Cyclooxygenase (COX)-2 vermittelt (Wu et al. 2002). COX-2 wird durch eine Vielzahl von Zytokinen reguliert. Bei CCC findet sich eine Überexpression von COX-2, aber nicht in normalen BEC (Williams et al. 1999). Beim Vorliegen von CCC scheint die COX-2-Expression mit Proliferationsstimuli durch IL-6, HGF oder EGF zu korrelieren (Kiguchi et al. 2001). Bisher ist ungeklärt, welche Faktoren zur Überexpression der COX-2 führen. Möglicherweise spielen Oxidationsprodukte des Cholesterins (Yoon et al. 2004) eine Rolle, wobei Gallensäuren wie Deoxycholsäure den EGF-Rezeptor stimulieren (Werneburg et al. 2003). Schließlich finden sich bei 20-100% der CCC-Mutationen im Protoonkogen k-ras (Ohashi et al. 1995). Dabei
29 2.2 · Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems
scheint das Vorhandensein von k-ras-Mutationen mit der Histologie zu korrelieren und sich auf die periduktalen Tumoren zu beschränken, wohingegen Mutationen in peripheren CCC selten sind. Mutationen im k-ras-Gen gehen mit einer schlechten Prognose des Tumors einher (Rashid et al. 2002). Im Gegensatz zur Überexpression proliferationsfördernder Faktoren finden sich im CCC gehäuft Mutationen, die wachstumshemmende Faktoren in ihrer Funktion beeinträchtigen. Dazu zählt vor allem der transforming growth factor β (TGFβ), der einen wachstumshemmenden und differenzierenden Effekt hat. Beim CCC finden sich sowohl Mutationen des TGFβ-Rezeptors als auch des Signaltransduktionswegs (Yazumi et al. 2000). Beim Gallenblasenkarzinom finden sich analog zum CCC mutierte Onkogene wie K-ras-Mutationen (ca. 50%), die über eine COX-2-Überexpression und konsekutive c-ERB-B1- als auch AKT-Aktivierung die Tumorzellproliferation steigern. Bei etwa zwei Drittel der Gallenblasenkarzinome können Tumorsuppressor-Gen-Mutationen nachgewiesen werden, die vor allem p53 betreffen und eine gestörte Apoptose auslösen (Misra et al. 2000, Lazcano-Ponce et al. 2001).
Verhinderung von Apoptose Normalerweise schützt der programmierte Zelltod vor einer übermäßigen Zellproliferation. Eine zentrale Rolle beim Mechanismus der Apoptose spielen der Tumorsuppressor p53 und das anti-apoptotische Molekül Bcl-2. p53 bewirkt einen Arrest im Zellzyklus und blockiert Bcl-2. Die Häufigkeit von p53-Mutationen beim CCC erreicht bis zu 80% und findet sich gehäuft beim periphären CCC, das von den kleinen intrahepatischen Cholangien ausgeht (Berthiaume u. Wands 2004). Neben seiner Inaktivierung durch Mutationen kann die Funktion von p53 aber auch durch Bindung an Inhibitoren wie mdm-2 blockiert werden, ein Protein, das bei einer Vielzahl der CCC vermehrt gefunden wird (Furubo et al. 1999). p53 vermittelt seine Wirkung auf den Zellzyklus über den CDK4/Cyklin D-Komplex, der auch durch den Inhibitor p16INK4a blockiert wird. p16INK4a stellt ein weiteres Ziel für Mutationen dar, die die Tumorgenese fördern. Mutationen kommen bei bis zu 83% der CCC (Taniai et al. 2002) vor, und bei einer Vielzahl der Tumore findet sich eine verminderte Expression des Proteins (Tannapfel et al. 2000). Das anti-apoptotische Molekül Bcl-2 wird von kleinen intrahepatischen Gallengängen exprimiert, während sich in den großen extrahepatischen Gallengängen keine Expression findet (Skopelitou et al. 1996). Die Überexpression von Bcl-2 in CCC führt zu einer verminderten Apoptoserate im Vergleich zu untransformierten BEC (Harnois et al. 1997).
Verminderung von Seneszenzmechanismen Normalerweise führt die kontinuierliche Verkürzung der Telomere zu einer endlichen Anzahl möglicher Zellteilungen, da es durch die Verkürzung der Telomere zu einer chromosomalen Instabilität und zur Inhibierung der DNA-Replikation kommt. Die Überexpression von Telomerase verhindert diese Telomerverkürzung. Tatsächlich findet sich bei der Mehrzahl der CCC eine Überexpression von Telomerase (Ozaki et al. 1999). Möglicherweise stimuliert IL-6 die Aktivität der Telomerase (Yamagiwa et al. 2006).
Infiltration/Angiogenese CCC sind stark infiltrativ wachsende Tumore. Dementsprechend findet sich in CCC eine starke Expression von Matrix-Metallo-Proteinasen (Terada et al. 1996) und humaner Aspartyl β-Hydroxylase (HAAH) (Lavaissiere et al. 1996, Maeda et al. 2003). Die Expressionsstärke dieser Moleküle korreliert mit dem Invasionsgrad der Tumore. Ein weiteres Molekül aus der Gruppe der Wachstumsfaktoren ist WISP1v, das Homologien mit extrazellulären Matrixproteinen aufweist. Die Expression von WISP1v findet sich präferenziell in CCC (Tanaka et al. 2003) und korreliert mit einer lymphatischen und perineuralen Invasion. Die Expression von Adhäsionsmolekülen ist im CCC gegenüber dem umliegenden normalen Gewebe deutlich vermindert. Es findet sich eine verminderte Expression von E-Cadherin, α-Catenin und β-Catenin in transformierten BEC (Ashida et al. 1998), allerdings ohne dass dieser Befund einen Einfluss auf klinische Parameter zeigt. Schließlich findet sich bei CCC eine starke Neovaskularisierung, die mit hohen Expressionsspiegeln des angiogenetischen Faktors VEGF einhergehen (Benckert et al. 2003).
Epigenetische Mechanismen Die Inaktivierung genetischer Loci durch den Verlust der Heterozygotie (loss of heterozygosity, LOH) stellt einen weiteren Mechanismus dar, der bei der Entstehung der Karzinome des Gallenwegssystems eine Rolle spielt. Solche LOH wurden für verschiedene Genloci belegt, darunter der APC-Locus (sowohl bei CCC als auch bei Gallenblasenkarzinom (in 3% der Fälle) (Kang et al. 1999)). Beim Gallenblasenkarzinom finden sich LOH außerdem im DCC- (45%), RB- (13%) und NM23-H1- (7%) Locus (Yoshida et al. 2000). Auch DNA-Reparaturgene wie hMLH1, deren Fehlfunktion zu Mikrosatelliteninstabilität führt, spielen eine Rolle beim CCC und beim Gallenblasenkarzinom. Ihre Fehlfunktion kann durch LOH bedingt sein. Dieser Mechanismus scheint sowohl bei den durch Thorotrast ausgelösten Tumoren (Liu et al. 2002) als auch bei den mit
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Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
parasitären Infektionen assoziierten Formen des CCC (Limpaiboon et al. 2002) eine Rolle zu spielen. Die Methylierung bestimmter Chromosomenabschnitte und die damit verbundene Inaktivierung der betroffenen Gene stellt einen weiteren Mechanismus dar, der für die CCC-Entstehung relevant ist. Es wurde eine Vielzahl von Genen beschrieben, die über diesen Mechanismus inaktiviert werden (Tischoff et al. 2006) und deren Expression mit der Prognose der Erkrankung korreliert, darunter APC und p16 (Lee et al. 2002, Yang et al. 2005).
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31 2.2 · Bösartige Tumoren des Gallenwegsystems
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2
2
Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
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2.3
Pankreaskarzinom
A. Aghdassi, F. U. Weiss, J. Mayerle, M. M. Lerch
2.3.1
Inzidenz
Das Pankreaskarzinom ist mit jährlich über 37.000 Neuerkrankungen einer der häufigsten Tumoren des Gastrointestinaltraktes. Allein in Deutschland erkranken jährlich über 10.000 Menschen an einem Pankreaskarzinom, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Bei einer ähnlich hohen Sterberate liegen Inzidenz und Mortalität etwa gleichauf (Statistisches Bundesamt 2006; Jemal et al. 2007). Nach Angaben des Saarländischen Krebsregisters betrug die altersstandardisierte Inzidenz im Jahr 2004 bei Männern 8,4 und bei Frauen 5,1 pro 100.000 Einwohner (⊡ Abb. 2.6). Weltweit beobachtet man regionale Unterschiede der Mortalitätsrate: Stagnierende Werte zeichnen sich in Nordamerika sowie Nordund Westeuropa ab, wohingegen in Südeuropa und im asiatischen Raum ein Anstieg der Mortalität verzeichnet wird (Levi et al. 2003; Sahmoun et al. 2003). Die Erkrankung tritt meistens zwischen dem 60. und dem 70. Lebensjahr auf; Fälle von Patienten unter 40 Jahren mit einem Pankreaskarzinom sind extrem selten (Lüttges et al. 2004). Mit einer medianen Überlebensrate von nur 3 Monaten nach Diagnosestellung und einer 5-JahresÜberlebensrate von weniger als 5% gehört das Pankre-
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10 Fälle pro 100.000 Einwohner
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8 Männer 6
4
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Frauen
Inzidenz Inzidenz Mortalität Mortalität
0 1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2004
Jahr ⊡ Abb. 2.6 Inzidenz- und Mortalitätsraten des Pankreaskarzinoms in den Jahren 1970 bis 2004, die auf die Weltbevölkerung altersstandardisiert wurden (mit freundl. Genehmigung des Saarländischen Krebsregisters)
33 2.3 · Pankreaskarzinom
askarzinom zu den Erkrankungen mit der schlechtesten Prognose überhaupt. Ein sehr aggressives Wachstum, eine frühzeitige Metastasierung und eine hohe Resistenz gegenüber fast allen Formen der Therapie sind entscheidend für die schlechte Prognose. Die einzig kurative Therapie ist eine frühzeitige Operation. Oft sind frühe Symptome unspezifisch und eine Diagnostik verzögert sich (Rosewicz u. Wiedenmann 1997; Neoptolemos et al. 2003). Das Erkennen von Risikofaktoren sowie die Suche nach Möglichkeiten der Früherkennung stellen deshalb eine große Herausforderung dar, mit dem Ziel, den Tumor noch im kurablen Stadium diagnostizieren und therapieren zu können.
2.3.2
Ätiologie
Der Entstehung des Pankreaskarzinoms werden mehrere Risikofaktoren zugeschrieben. Dies sind einerseits Umweltfaktoren und Lebensgewohnheiten, andererseits Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für einen Pankreastumor einhergehen. Nicht zuletzt begünstigen auch hereditäre Prädispositionen die Inzidenz des Pankreaskarzinoms (s. Übersicht). Mehrere ätiologische Faktoren für das Pankreaskarzinom konnten in den 80er Jahren in multizentrischen Studien der IARC (International Agency for Research on Cancer) identifiziert und näher untersucht werden (Boyle 1990).
Risikofaktoren für ein Pankreaskarzinom (mod. nach Germanos et al. 2006) Umweltfaktoren/Lebensgewohnheiten
▬ Rauchen ▬ Pestizide (Organochloride) ▬ Fettreiche Ernährung Vorerkrankungen
▬ Chronische Pankreatitis ▬ Diabetes mellitus ▬ Adipositas Hereditäre Erkrankungen
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Familiäres Pankreaskarzinom Hereditäre Pankreatitis Zystische Fibrose Brust-Ovarial-Karzinom-Syndrom (HBOC) Hereditäres Nicht-Polypöses Kolonkarzinom Syndrom (HNPCC) ▬ Peutz-Jeghers Polypose ▬ Familial Atypical Multiple Mole-Melanoma Syndrom (FAMMM)
Zigarettenkonsum Der am häufigsten untersuchte und durch Studienergebnisse am besten belegte Risikofaktor ist das Zigarettenrauchen. Die genauen Mechanismen, die für die Karzinogenese verantwortlich sind, sind allerdings noch nicht vollständig geklärt; tierexperimentelle Arbeiten konnten jedoch zeigen, dass exokrine Pankreastumore durch tabakspezifische N-Nitrosamine ausgelöst werden (Rivenson et al. 1988). Diese Karzinogene gelangen entweder über den Blutweg ins Pankreas oder, dies wurde allerdings für den Menschen nie belegt, durch einen Reflux von Galle in die Pankreasgänge (Wynder et al. 1973; Fuchs et al. 1996). > Der überwiegende Teil der Studien, die in Europa, den USA und Japan durchgeführt worden sind, konnte zeigen, dass Zigarettenkonsum das Risiko, ein Pankreaskarzinom zu entwickeln, um das etwa 1,5- bis 2-fache erhöht (Muscat et al. 1997; Lowenfels u. Maisonneuve 2004).
Raucher haben grundsätzlich ein höheres Erkrankungsrisiko als Nichtraucher, unabhängig von der Nikotinmenge (Boyle et al. 1996). Eine Hochrechnung bis zum Jahr 2015 ergab, dass ein sofortiger Verzicht auf Nikotin die Anzahl der in der Europäischen Union aufgetretenen neuen Fälle von Pankreaskarzinom um etwa 15%, das entspricht ca. 150.000 Patienten, reduzieren könnte (Mulder et al. 2002). Ob eine Korrelation zwischen der Nikotinmenge und der Inzidenz des Pankreaskarzinoms existiert, ist widersprüchlich: Einige Studien belegten ein Dosis-abhängiges Risiko, andere konnten einen Zusammenhang nur für bestimmte Subgruppen oder für eine bestimmte Zeitspanne beschreiben, weitere Studien zeigten überhaupt keinen signifikanten Anstieg (Boyle et al. 1996; Fuchs et al. 1996; Muscat et al. 1997; Lin et al. 2002) > Bei Personen, die das Rauchen aufgeben, fällt das Risiko wieder ab, an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, sofern sie lange genug abstinent bleiben.
Eine japanische prospektive Studie mit 110.792 Patienten aus der Japan Collaborative Cohort Study for Evaluation of Cancer Risk (Lin et al. 2002) konnte zeigen, dass das Risiko von Personen, die seit 10 Jahren nicht mehr rauchten, dem von Individuen, die noch nie geraucht haben, angeglichen ist. In einer norwegischen bzw. einer amerikanischen Arbeit war eine Nivellierung nach 5 Jahren bzw. eine Risikoreduktion von 48% nach 2 Jahren Abstinenz zu beobachten (Fuchs et al. 1996; Nilsen u. Vatten 2000).
Ernährung Das Pankreas tritt zwar nicht wie andere Abschnitte des Gastrointestinaltrakts in direkten Kontakt mit Nahrungsbestandteilen, doch stehen einige Ernährungsgewohnhei-
2
34
2
Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
ten unter dem Verdacht, die Entstehung des Pankreaskarzinoms zu begünstigen. Als mögliche Risikofaktoren gelten Fettleibigkeit und Überernährung: Eine Metaanalyse zeigte ein ansteigendes Risiko mit zunehmendem Body Mass Index, wobei ein BMI von >30 kgm-2 mit einem um 19% erhöhten Risiko assoziiert ist (Berrington de Gonzalez et al. 2003). Auch fettreicher Nahrung mit gesättigten Fettsäuren wird eine begünstigende Rolle zugeschrieben (Stolzenberg-Solomon et al. 2002). Ob Obst und Gemüse eine protektive Rolle haben, ist ebenfalls noch nicht eindeutig geklärt. Eine Nahrungsergänzung mit den Vitaminen α-Tocopherol (Vitamin E) und β-Carotin blieb ohne signifikante Risikoreduktion (Rautalahti et al. 1999; Larsson et al. 2006). Zusammenfassend können noch keine eindeutigen Risikofaktoren für das Pankreaskarzinom, die auf bestimmte diätetische Gewohnheiten zurückzuführen sind, epidemiologisch gesichert werden, nicht zuletzt deswegen, weil viele bisherige Aussagen lediglich auf Fall-Kontroll-Studien beruhen, sodass weitere Untersuchungen abgewartet werden müssen.
Diabetes mellitus Der erste Fallbericht eines Patienten mit Diabetes mellitus und Pankreaskarzinom stammt aus dem Jahr 1833 (zitiert bei Murphy u. Smith 1963). Bis jetzt belegen mehrere Studien ein erhöhtes Risiko von Diabetikern für ein Pankreaskarzinom. Die Prävalenz eines Diabetes mellitus bei Patienten mit einem Pankreaskarzinom ist im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich erhöht und beträgt zwischen 8,5-33,3% (Noy u. Bilezikian 1994). Eine große Metaanalyse aus dem Zeitraum von 1975 bis 1994 an Patienten, bei denen ein Diabetes mellitus mindestens ein Jahr vor Diagnosestellung eines Pankreaskarzinoms bekannt war, konnte zeigen, dass Diabetiker gegenüber Nicht-Diabetikern ein relatives Risiko von 2,1 (95% Konfidenzintervall 1,6-2,8) für ein Pankreaskarzinom hatten (Everhart u. Wright 1995). Eine kanadische Arbeit zeigte, dass bei Patienten mit einem Pankreaskarzinom ein Diabetes mellitus etwa dreimal häufiger als in den Kontrollen beobachtet wurde, vor allem ein seit mehreren Jahren bestehender Diabetes gilt als ein Risikofaktor (Ekoe et al. 1992). Da aber weniger als 1% der neu diagnostizierten Diabetiker innerhalb der nächsten 3 Jahre nach Diagnosestellung ein Pankreaskarzinom entwickeln, lässt sich bis heute keine Screening-Strategie auf diesem Zusammenhang aufbauen (Chari et al. 2005). Umgekehrt behauptet eine andere Hypothese, dass das Pankreaskarzinom selbst einen diabetogenen Faktor darstellt. Patienten mit einem Pankreaskarzinom weisen oft eine gestörte Glukosetoleranz auf; eine subtotale Pankreatektomie führt in einigen Fällen wieder zu einer Normalisierung des Glukosemetabolismus (Permert et al. 1993).
Alkohol Alkohol gilt als gesicherter ätiologischer Faktor einer chronischen Pankreatitis. Ein direkter Zusammenhang zum Pankreaskarzinom konnte jedoch bis jetzt nicht gezeigt werden (Ye et al. 2002). Ein limitierender Faktor ist, dass viele Patienten mit Alkoholabusus zugleich Raucher sind und ein eventuell erhöhtes Risiko letztendlich auf den Nikotinkonsum zurückgeführt werden muss.
Chronische Pankreatitis Die chronische Pankreatitis, unabhängig von ihrer Ätiologie, ist als progressiver, destruktiver Prozess der Bauchspeicheldrüse ein gesicherter Risikofaktor für das Pankreaskarzinom. Im Jahr 1993 konnten Lowenfels et al. in einer multinationalen Kohortenstudie zeigen, dass das Risiko für ein Pankreaskarzinom bei Patienten mit einer chronischen Pankreatitis signifikant höher und unabhängig von Geschlecht, Land und Genese der Pankreatitis ist (Lowenfels et al. 1993). Das kumulative Risiko für ein Pankreaskarzinom betrug demnach 10 Jahre nach Diagnose einer chronischen Pankreatitis 1,8% (95% Konfidenzintervall 1,0-2,6%) und 20 Jahre danach sogar 4% (95% Konfidenzintervall 2,0-5,9%). Kein Unterschied konnte zwischen alkoholisch und nicht-alkoholisch bedingten Formen der chronischen Pankreatitis in Bezug auf das Karzinomrisiko gefunden werden. ! Cave! Unter den verschiedenen Formen der chronischen Pankreatitis haben die hereditäre und die tropische Pankreatitis ein besonders hohes Risiko für ein Pankreaskarzinom. Zusätzlicher Zigarettenkonsum potenziert das Risiko.
Die hereditäre Pankreatitis, der Mutationen des kationischen Trypsinogengens (PRSS1) zugrunde liegen, ist eine seltene Form der Pankreatitis, die etwa 1% aller Patienten betrifft und autosomal-dominant mit inkompletter Penetranz vererbt wird. Das Erkrankungsalter ist im Gegensatz zu den anderen Formen der Pankreatitis deutlich früher und liegt im Kindheits- und Jugendalter.
Studien Zwei große epidemiologische Studien der International Hereditary Pancreatitis Study Group und des European Registry of Hereditary Pancreatitis and Pancreatic Cancer (EUROPAC) konnten ein 50- bis 70-fach erhöhtes Karzinomrisiko bei Patienten mit hereditärer Pankreatitis feststellen. Beide Untersuchungen zeigten einen Anstieg, insbesondere zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, mit einer kumulativen Inzidenz von ca. 40% nach dem 70. Lebensjahr (Lowenfels et al. 1997; Howes et al. 2004)
35 2.3 · Pankreaskarzinom
Die tropische Pankreatitis ist eine Variante der nichtalkoholischen chronisch kalzifizierenden Pankreatitis, die vor allen in den tropischen Regionen Afrikas und Asiens beobachtet wird. Sie ist mit einem deutlich erhöhten Karzinomrisiko assoziiert (Chari et al. 1994). Darüber hinaus ist das Erkrankungsalter für das Pankreaskarzinom bei Patienten mit tropischer Pankreatitis deutlich niedriger als bei anderen Patienten (47 vs 61 Jahre) (Augustine u. Ramesh 1992). Die Zystische Fibrose (CF), eine der häufigsten autosomal-rezessiven Erkrankungen, kann zu einer chronischen Pankreatitis mit exo- und endokriner Insuffizienz führen. Neglia et al. konnten zeigen, dass Patienten mit CF ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale Tumoren aufweisen, darin enthalten ist auch das Pankreaskarzinom, nicht jedoch für andere Arten von malignen Tumoren (Neglia et al. 1995).
Erblich bedingte Syndrome Dem Einfluss hereditärer Ursachen werden etwa 5% der Pankreaskarzinome zugeschrieben. Dieser Zusammenhang wurde im Jahr 1967 von Lynch entdeckt wurde, als er bei Patienten mit familiär gehäufter Inzidenz von Adenokarzinomen des Kolons auch das Auftreten von Pankreaskarzinomen beobachtete (Lynch et al. 1967). Mehrere Erberkrankungen sind mit einem höheren Pankreaskarzinomrisiko assoziiert, vor allem ▬ das hereditäre Brust-Ovarialkarzinom-Syndrom (HBOC Syndrom), gekennzeichnet durch BRCA1 und BRCA2 Mutationen, ▬ das Peutz-Jeghers-Syndrom bzw. das mit Mutationen des Tumor-Suppressor-Gens CDKN2A/p16 einhergehende Familial Atypical Multiple Mole-Melanoma Syndrome (FAMMM Syndrom) und ▬ die bereits erwähnte hereditäre Pankreatitis (Brand u. Lynch 2006) (⊡ Tab. 2.2).
Familien, die in der Verwandtschaft ersten Grades mindestens zwei Angehörige mit Pankreaskarzinom haben und die nicht die Kriterien anderer hereditärer Syndrome erfüllen, werden auch unter dem Begriff Familiäres Pankreaskarzinom zusammengefasst (Hruban et al. 1998). Bei zwei betroffenen Familienmitgliedern besteht ein 18-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko für einen Angehörigen; bei drei betroffenen Mitgliedern ist es sogar 57-fach erhöht (Tersmette et al. 2001). Leider sind die genetischen Veränderungen, die dem Familiären Pankreaskarzinom zugrunde liegen, noch nicht bekannt. Eine Linkage-Analyse vermutet einen Bezug zum Chromosom 4q32-34 als möglichen verantwortlichen Locus (Eberle et al. 2002). Bei einer Familie in Seattle konnte inzwischen als Ursache eine Mutation im Palladingen (P230S) identifiziert werden (Pogue-Geile et al. 2006). Das Pankreaskarzinom vererbt sich in dieser Familie mit besonders hoher Penetranz.
Zusammenfassung Rauchen und eine langjährige chronische Pankreatitis, besonders die hereditäre und die tropische Pankreatitis, gelten als gesicherte Risikofaktoren für das Pankreaskarzinom. Mehrere Studien weisen außerdem auf den Diabetes mellitus als weiteren Risikofaktor hin. In manchen Fällen beobachtet man additive kanzerogene Effekte wie z.B. bei Rauchern mit chronischer Pankreatitis. Eine Reihe weiterer Risikofaktoren, auf die hier nicht genauer eingegangen werden konnte, werden ebenfalls als ursächlich für das Pankreaskarzinom vermutet. Weitere Arbeiten müssen abgewartet werden, um die Ätiologie des Pankreaskarzinoms umfassender zu verstehen.
2.3.3
⊡ Tab. 2.2 Hereditäre Tumorsyndrome und das erhöhte Risiko für ein Pankreaskarzinom (modifiziert nach (Brand u. Lynch 2006) Syndrom
Risiko erhöht
Hereditäres Brust-Ovarialkarzinom Syndrom (HBOC)
3- bis 4-fach
Hereditäre Pankreatitis
70- bis 100-fach
Peutz-Jeghers Syndrom
über 100-fach
Familial Atypical Multiple Mole-Melanoma Syndrome (FAMMM)
13 bis 52-fach
Familiäres Pankreaskarzinom
57-fach
Präkanzerosen
Duktale Adenokarzinome machen den überwiegenden
Teil der Pankreaskarzinome aus. Da diese Tumoren einen duktalen Phänotyp aufweisen, werden die pankreatischen Gangzellen als Ausgangspunkt der Karzinogenese angesehen. Hyper- und metaplastische Veränderungen des Gangepithels konnten häufig bei duktalen Adenokarzinomen gefunden werden, insbesondere sog. papilläre epitheliale Hyperplasien sind besonders eng mit einem Karzinom assoziiert. Jedoch können auch in der chronischen Pankreatitis und sogar im gesunden Pankreas Läsionen des Gangepithels vorhanden sein (Klöppel et al. 1980). Basierend auf dem Grad der Dysplasie gelang im Jahr 2000 die Einführung einer einheitlichen Nomenklatur dieser Gangveränderungen, die
2
36
2
Kapitel 2 · Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
als pankreatische intraepitheliale Neoplasien (PanIN’s) bezeichnet werden und aus drei Kategorien bestehen: PanIN 1A und 1B, PanIN 2 und PanIN 3 (Hruban et al. 2001). ! Cave! PanIN 3 gilt als Hoch-Risiko-Läsion, weil sie neben dem Grad der Dysplasie ein ähnliches Spektrum genetischer Mutationen wie bereits manifeste invasive Karzinome aufweist (Lüttges u. Klöppel 2000).
Risikofaktoren von »High-Risk«-Individuen mit einem mindestens 10-fach erhöhten Risiko für ein Pankreaskarzinom, denen ein Früherkennungsprogamm empfohlen werden sollte (Brand et al. 2007) ▬ mindestens drei Verwandte ersten, zweiten oder dritten Grades mit Pankreaskarzinom
▬ zwei Verwandte mit Pankreaskarzinom, davon mindestens einer ersten Grades
▬ FAMMM Syndrom und mindestens ein Verwandter Mutationen im p16-Tumor-Suppressor-Gen wurden bei über 90% der Patienten mit schweren Dysplasien gefunden. 80 bzw. 88% wiesen Alterationen im p53 und DPC4 Gen auf (Yamano et al. 2000). Eine Rolle in den frühen Stadien der Karzinogenese wird dem K-ras-Onkogen zugeschrieben, welches in einer Vielzahl von intraduktalen Läsionen vorhanden ist. Da es jedoch auch in den noch nicht dysplastischen Läsionen PanIN 1A und 1B vorkommt, ist der Stellenwert der K-ras-Mutationen in der Tumorentwicklung noch offen und muss nicht notwendigerweise zu einer Präkanzerose führen (Moskaluk et al. 1997; Lüttges u. Klöppel 2000). Eine bewiesene Adenomkarzinom-Sequenz ähnlich der beim Kolonkarzinom lässt sich noch nicht für das dukatale Pankreaskarzinom, wohl aber für die intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN) postulieren.
2.3.4
Prävention, Früherkennung
> Im Gegensatz zu den Präkanzerosen an der Cervix uteri oder des Kolons können PanIN-Läsionen im Pankreasgang klinisch nicht sicher diagnostiziert werden. Auch gibt es bislang keine verlässlichen molekularen Marker zur Früherkennung. K-Ras kann nicht alleine zur molekularen Diagnostik verwendet werden, da es auch in nicht-dysplastischen PanINLäsionen vorkommt.
Auf Zigarettenrauchen und zu fettreicher Ernährung sollte nicht nur wegen des Risikos für ein Pankreaskarzinom verzichtet werden (Maisonneuve u. Löwenfels 2002). In den Leitlinien der U.S. Preventive Services Task Force wird das routinemäßige Screening auf ein Pankreaskarzinom bei asymptomatischen Personen nicht empfohlen. Nach Vorschlag einer Expertenkonsensuskonferenz des Third International Symposium of Inherited Diseases of the Pancreas sollten sog. »High-Risk« Patienten (s. Übersicht) jedoch im Rahmen von prospektiven klinischen Studien besonders beachtet werden (Brand et al. 2007).
ersten oder zweiten Grades mit Pankreaskarzinom
▬ BRCA1- oder 2-Mutation und mindestens ein Verwandter ersten oder zweiten Grades mit Pankreaskarzinom ▬ Peutz-Jeghers Syndrom ▬ Hereditäre Pankreatitis
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37 2.3 · Pankreaskarzinom
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2
3
Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte F. G. Bader, G. Auer, H.-P. Bruch, U. J. Roblick, J. K. Habermann
3.1
Leber
– 39
3.1.1 3.1.2
Ätiologiespezifische genomische Alterationen – 39 Ätiologieunspezifische genomische Alterationen – 41
3.2
Gallenblase und Gallenwege – 42
3.2.1 3.2.2
Karzinome der Gallenblase – 42 Karzinome der Gallenwege – 43
3.3
Pankreas
3.3.1
Genetische Alterationen – 44
– 44
39 3.1 · Leber
Durch die Fortschritte in der Molekularbiologie und deren Applikation in der Tumorforschung können die molekularen Mechanismen analysiert werden, die zu unkontrolliertem Zellwachstum führen und damit die Karzinogenese induzieren. Die Definition neuer molekularer Pathways eröffnet Möglichkeiten, neue Strategien für Diagnostik, Intervention und Behandlung von Malignomen zu entwickeln. Das molekulare Verständnis der Tumorentstehung zeigt, weshalb die Behandlung häufig hoch komplex ist. Es wird uns aber in Zukunft helfen, individuelle Diagnostik durchzuführen und eine patientenbezogene Behandlungsstrategie zu entwickeln.
3.1
Leber
Der häufigste maligne Primärtumor der Leber ist das hepatozelluläre Karzinom HCC. Die Hauptursachen und Risikofaktoren dieser Erkrankung sind die Hepatitis B und C-Infektionen mit konsekutiver Leberzirrhose, Exposition mit Aflatoxin B1 und Vinylchlorid, chronischer Alkoholabusus und nichtalkoholische Steatohepatitis. In Verbindung mit diesen Erkrankungen lassen sich auch zahlreiche genetische Alterationen der Hepatokarzinogenese ableiten. Grundsätzlich können die genetischen Veränderungen in zwei Hauptgruppen unterteilt werden: Die erste Gruppe der genetischen Veränderungen geht mit den bereits erwähnten Risikofaktoren einher und kann somit als ätiologiespezifisch bezeichnet werden. Diese Gruppe subsumiert die Integration von Hepatitis B und C-Virus-DNA in Hepatozyten, Aflatoxin B1 bzw. Vinylchlorid assoziierte Mutationen von P53 und K-ras sowie Mutationen von HNF1α (hepatocyte nuclear factor-1) im Zusammenhang mit hepatozellulären Adenomen. Die zweite Gruppe ist ätiologieunspezifisch und beinhaltet u.a. Veränderungen des p53-Gens, Aktivierung bzw. Inaktivierung verschiedener Pathways, wie den WNT/β-Catenin-Pathway durch CTNNB1/β-Catenin und AXIN (axis inhibition protein), P16, RB1 und IGFR2 (insuline like growth factor receptor).
3.1.1
Ätiologiespezifische genomische Alterationen
Hepatitis B-Virus Infektionen Die HBV-Infektion wird für 80% aller weltweit diagnostizierten hepatozellulären Karzinome verantwortlich gemacht. Bislang wurden drei verschiedene Mechanismen beschrieben, über die eine Hepatitis B-Virus Infektion die hepatozelluläre Karzinogenese katalysieren kann:
▬ So kann die Integration von viraler DNA in das Hepatogenom eine chromosomale Instabilität initiieren (Aoki et al. 1996). ▬ Darüber hinaus konnten durch Hepatitis B-Virus induzierte Mutationen beschrieben werden, die zur Aktivierung von Zellzykluskomponenten wie retinoic acid β-receptor, Cyclin A und Mevalonatkinase führen (Dejean et al. 1986; Graef et al. 1994; Wang et al. 1990). Neuere Arbeiten konnten 15 neue Gene identifizieren, die durch die Integration von Hepatitis B-Virus DNA in hepatozellulären Karzinomen alteriert waren. (Ferber et al. 2003; Horikawa and Barrett 2003; Paterlini-Brechot et al. 2003). Etwa ein Drittel aller mit Hepatitis B-Virusinfektionen vergesellschafteten hepatozellulären Karzinome scheinen mit derartigen Mutationen einherzugehen. ▬ Der dritte Mechanismus dieser virusinduzierten Karzinogenese basiert auf der Expression viraler Proteine, die sowohl Zellproliferation als auch Zellzyklusregulation modulieren. Hierbei scheint das sogenannte HBx-Protein von besonderer Bedeutung, da es an den Tumorsuppressor p53 binden kann und somit in der Lage ist, die p53-vermittelte Apoptose zu inaktivieren (Andrisani u. Barnabas 1999; Diao et al. 2001; Feitelson et al. 1993).
Aflatoxin B1 und p53 Aflatoxine sind Mykotoxine des Aspergillus flavus und des Aspergillus parasiticus und gehören zu den stärksten natürlich vorkommenden Karzinogenen. Um die Schädigung der hepatozellulären DNA zu induzieren, wird das ingestierte Aflatoxin B1 durch hepathisches Cytochrom P450 an seinem 8,9-Epoxidende konvertiert (Miller 1978; Smela et al. 2001). Über sekundäre DNA-Läsionen mündet dies letztlich in der malignen Transformation der Hepatozyten (Smela et al. 2001). Die Analyse von Aflatoxin B1 exponierten Zellen zeigt, dass die Transversion von Guanin-Cytosin zu Thymin-Adenin die am häufigsten zu erkennende Mutation darstellt. Hierbei ist bemerkenswert, dass die Hauptmutation des p53-Gens in hepatozellulären Karzinomen die Transversion von Guanin-Cytosin zu Thymin-Adenin zeigt, also die identische Punktmutation, die durch Aflatoxin B1 induziert wird (Hsu et al. 1991a; Puisieux et al. 1991). In verschiedenen Studien, die sich mit der Häufigkeit von p53-Mutationen in hepatozellulären Karzinomen befassen, reichen die Häufigkeitsangaben von 0% (HCC in Spanien) bis weit über 60% in Südostasien bzw. Westafrika und verdeutlichen die erheblichen geografischen Unterschiede (Boix-Ferrero et al. 1999; Coursaget et al. 1993). Insbesondere dort, wo Nüsse und Getreide häufig nur unsachgemäß unter feuchten und
3
40
3
Kapitel 3 · Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte
heißen Bedingungen gelagert werden können und somit das Wachstum von Aspergillen begünstigen, ist die Inzidenz an hepatozellulären Karzinomen hoch und scheint zusammen mit der hohen Prävalenz an HBV-Infektionen einen synergistischen Effekt zu haben (Albano et al. 1999; el-Serag 2001). Bezüglich p53-Mutationen im Zusammenhang mit klinischer und histopathologischer Differenzierung konnten unterschiedliche Raten an p53-Mutationen in hepatozellulären Karzinomen Grad I und IV nach Edmundson (0% vs. 60%) nachgewiesen werden (Tanaka et al. 1993). Weiterhin wurden unterschiedliche Raten an p53Mutationen in frühen bzw. fortgeschrittenen Tumoren publiziert (0% vs. 36%) (Murakami et al. 1991).
Vinylchlorid und K-ras Vergleichbare Mechanismen liegen den K-ras-Alterationen durch Vinylchlorid zugrunde. Das karzinogene Vinylchlorid scheint vor allem eine Rolle bei der Entwicklung von Angiosarkomen der Leber, seltener jedoch bei der Pathogenese hepatozellulärer Karzinome zu spielen. Weihrauch und Mitarbeiter bemessen die Rate an K-rasMutationen in hepatozellulären Karzinomen mit 30-35% (Weihrauch et al. 2001). Der direkte Mechanismus der K-ras-Mutationsinduktion scheint durch Chlorethylenoxid – einem karzinogenen Metaboliten von Vinylchlorid – induziert zu werden. Die Tatsache, dass K-ras-Mutationen nur selten in nicht Vinylchlorid-assoziierten HCC nachgewiesen werden können, unterstreicht die Bedeutung von K-ras-Mutationen in der Tumorgenese.
Alkohol Chronischer, exzessiver Alkoholkonsum und daraus resultierende Leberfunktionsstörungen bzw. sich daraus entwickelnde Lebermalignome stehen in bekanntermaßen engem Zusammenhang (Longnecker 1995; McKillop and Schrum 2005). Trotz wachsender Evidenz und besserem Verständnis der ethanolbedingten Lebererkrankungen sind die genauen Mechanismen der hieraus resultierenden Zellschädigung bzw. Zelltransformation weiter unklar. Abhängig von Ausmaß und Dauer des Alkoholkonsums reichen die hepatischen Veränderungen von der einfachen Steatosis hepatis bis hin zur akuten, alkoholtoxischen Hepatitis und bei ausreichend langem und exzessivem Konsum bis hin zur Entwicklung einer Leberzirrhose (Hoek and Pastorino 2004). Erstaunlicherweise ist epidemiologischen Studien hinsichtlich Alkoholkonsum und Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms zu entnehmen, dass das Risiko der Malignomentwicklung für ehemalige, jetzt »trockene« Alkoholiker größer ist, als für manifeste, schwere Alkoholiker (Donato et al. 2002; Voigt 2005).
Dieses Paradoxon ist wohl nur dadurch zu erklären, dass ehemalige Alkoholiker bereits eine alkoholbedingte Lebererkrankung entwickelt haben, auf deren Boden dann ein Malignom entstehen kann und manifeste Alkoholiker bereits vor der Diagnose eines hepatozellulären Karzinoms aufgrund anderer, alkoholbedingter Erkrankungen versterben (McKillop and Schrum 2005; Voigt 2005). Die genaue Analyse der Pathophysiologie und der der Tumorentstehung zugrunde liegenden Ursachen wird weiter durch die hohe Coinzidenz anderer Noxen wie Zigarettenkonsum, unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten und Qualität des zugeführten Alkohols erschwert (Holmes-McNary 2001; Yamada et al. 1992; Yu et al. 1988). Einigkeit besteht darüber, dass der hepatische Alkoholmetabolismus, nicht aber der Alkohol selbst zur Verletzung der zellulären Integrität des Hepatozyten führt. Der hepatische Alkoholmetabolismus führt bekanntermaßen über Alkoholdehydrogenase (ADH), das Ethanol oxidierende System (MEOS) und die Induktion von Cytochrom P450 2E1 (CYP2E1) zu einer ganzen Reihe von Stoffwechselvorgängen, die letztlich in erhöhtem Sauerstoffverbrauch und Induktion von sog. ROS (reaktive oxygen species) münden. Diese ROS führen zur Schädigung von Lipiden, Proteinen und DNA (Albano et al. 1999; Ekstrom et al. 1989; Wu u. Cederbaum 2003). Die durch chronischen Alkoholkonsum getriggerte Induktion von CYP2E1 unterstützt die Bildung freier Radikale, führt zu zellulärer Transformation und resultiert in Veränderungen des Zellzyklus und der Immunkompetenz. Hierdurch besteht eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber viralen Infektionen (Hepatitis B und C) (Djordjevic et al. 1998; Dupont et al. 1998; Guengerich et al. 1994; Lieber and Leo 1998; Morimoto et al. 1993). Darüber hinaus führt chronischer Alkoholkonsum neben diesen direkten Effekten zu einer Erschöpfung der Reserven von körpereigenen Antioxidantien wie Glutathion (GSH) (Fernandez-Checa et al. 1998; Lu 2000). Das Auftreten von so depletiertem mitochondrialem Glutathion führt als Folge eines verminderten GSH-Transports in das Mitochondrium zu einer gesteigerten Empfindlichkeit des Hepatozyten gegenüber ROS (Fernandez-Checa et al. 1998). Eine Reihe anderer Zelltypen werden ebenfalls durch Ethanol negativ beeinflusst. Ethanol steigert die Permeabilität des Intestinaltraktes für Bakterien und Lipopolysacharide und die daraus resultierende Aktivierung von Kupfferschen Sternzellen (Bode and Bode 2003; Sato et al. 2003). Wie auch für Aflatoxin B1 ist für Ethanol eine synergistische Wirkung für Hepatitis B- und C-Virus induzierte hepatozelluläre Karzinome belegt (McKillop and Schrum 2005; Stickel et al. 2002; Voigt 2005).
41 3.1 · Leber
Steatosis hepatis
β-Catenin- und Wnt-Pathway
Die steigende Inzidenz an Steatosis hepatis mit sekundär einhergehender Steatohepatitis ist als Risikofaktor für die Entwicklung eines hepatischen Malignoms zu werten. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind auch hier noch nicht völlig geklärt, scheinen aber Teile des hepatozellulären Regenerationsapparates zu betreffen und letztlich in der konsekutiven Zirrhoseentwicklung zu münden (Caldwell et al. 2004; Smedile u. Bugianesi 2005).
Trotz der enormen Datenmengen, die durch Genexpressionsanalysen bei hepatozellulären Karzinomen generiert werden konnten, bleibt der genaue Ablauf der Karzinogenese von der Normalzelle hin zur Tumorzelle unklar. Wnt hat seine Funktion in Zelldifferenzierung, Proliferation sowie Apoptose und wurde mit der Karzinogenese hepatozellulärer Karzinome in Zusammenhang gebracht (Lepourcelet et al. 2004). Die Wnt/β-CateninSignaltransduktion beinhaltet die Verlagerung des β-Catenins von der Zellmembran in den Zellkern. Hier fungiert es als Co-Aktivator einiger Transkriptionsfaktoren und reguliert spezifische Ziel-Gene wie C-MYC, Cyclin D und Survivin. Diese nukleäre Lokalisation von β-Catenin kann als Beginn der Onkogenese betrachtet werden. Die meisten Mutationen innerhalb des WntPathways, die zur Karzinomentwicklung führen, inaktivieren zum einen das APC-Gen und stabilisieren zum anderen die β-Catenin Struktur durch Verhinderung eines zytoplasmatischen Abbaus. Die Wnt-Signaltransduktion ist bei kolorektalen Karzinomen, die in 90% mit APC-Genmutationen einhergehen, gut untersucht (Giles et al. 2003). Alterationen des β-Catenin-Gens wurden in etwa der Hälfte aller kolorektalen Karzinome ohne APC-Mutation beobachtet. In hepatozellulären Karzinomen hingegen ist eine APCMutation nur selten anzutreffen (Ishizaki et al. 2004; Taniguchi et al. 2002). Die Wnt-Signaltransduktion bzw. β-Catenin-Alterationen sind entscheidend für die Karzinogenese des hepatozellulären Karzinoms und konnten in einer ganzen Reihe von Studien belegt werden. Insbesondere dem β-Catenin kommt hier eine entscheidende Bedeutung zu, scheinen doch präneoplastische hepatozelluläre Adenome mit β-Catenin Veränderungen ein um ein vielfach höheres Malignitätspotenzial zu besitzen. (Cui et al. 2003; Elmileik et al. 2005; Laurent-Puig et al. 2001; Legoix et al. 1999; Park et al. 2005; Taniguchi et al. 2002). Insgesamt sind in hepatozellulären Karzinomen β-Catenin-Mutationsraten von bis zu 44% beschrieben, die hauptsächlich auf Exon 3 des CTNNB1-Gens lokalisiert sind (Cui et al. 2003; Elmileik et al. 2005; ZucmanRossi et al. 2006).
HNF1α Eine weitere ätiologiespezifische Alteration lässt sich in Leberadenomen nachweisen. Der Transkriptionsfaktor 1 (TCF1), der für den sog. HNF1α (hepatocyte nuclear factor 1α) codiert, lässt sich als biallelische Mutation in 60% aller Leberadenome nachweisen (Bluteau et al. 2002). HNF1α ist ein Transkriptionsfaktor, der an der Synthese einer ganzen Reihe von leberspezifischen Genprodukten, wie β-Fibrinogen, Albumin und α1-Antitrypsin, beteiligt ist (Baumhueter et al. 1990; Chouard et al. 1990). Erst kürzlich konnte die HNF1α-Mutation als die in Adenomen der Leber am häufigsten vorkommende Alteration bestätigt werden und scheint somit eine Schlüsselrolle in der Adenomentstehung einzunehmen (Zucman-Rossi et al. 2006).
3.1.2
Ätiologieunspezifische genomische Alterationen
p53 Die bis heute am häufigsten beobachtete genetische Veränderung in Karzinomzellen ist die Alteration des Tumorsuppressorgens p53 (Hollstein et al. 1991). Das p53-Gen spielt eine herausragende Rolle als multifunktionaler Transskriptionsfaktor und ist verantwortlich für die Kontrolle des Zellzyklus, den programmierten Zelltod (Apoptose), DNA-Replikation und Reparatur sowie für die Aufrechterhaltung der genomischen Stabilität. Im Gegensatz zu hepatozellulären Karzinomen auf dem Boden einer Aflatoxin B1-Exposition, welche in etwa 50% der Fälle eine spezifische p53-Mutation auf Codon 249 nach sich zieht, findet sich bei nicht-exponierten Patienten eine p53-Mutation lediglich in 10-30% der Fälle. Eine Alteration des Codon 249 ist nur selten vorhanden (Bressac et al. 1991; Hsu et al. 1991a; Hsu et al. 1991b). Hinweise auf eine p53-Mutation auf Codon 220 im Zusammenhang mit einer hereditären Hämochromatose werden unterschiedlich bewertet (Laurent-Puig et al. 2001; Vautier et al. 1999). Eine de novo p53-Mutation ohne Nachweis eines auslösendes Agens scheint in der Karzinogenese hepatozellulärer Karzinome eine eher untergeordnete Rolle zu spielen (Buetow et al. 1992).
AXIN1 Ein weiteres Gen, das für die Transkription anderer Komponenten des Wnt-Pathways entscheidend verantwortlich ist, ist das AXIN1-Gen. Das Gen ist auf dem kurzen Arm des Chromosom 16 lokalisiert, in dieser Region sind in bis zu 30% aller hepatozellulären Karzinome Deletionen nachzuweisen (Laurent-Puig et al. 2001). AXIN1 codiert für ein Protein des zytoplasmatischen GSK3β-Komplexes (glycogene synthase kinase 3β), welches die Wnt-Sig-
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Kapitel 3 · Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte
naltransduktion inhibiert. In hepatozellulären Karzinomen kann in etwa 10% der Fälle eine Inaktivierung beider Allele des AXIN1-Gens beobachtet werden (Satoh et al. 2000). Der Funktionsausfall von AXIN1 verhindert wiederum die Phosphorylierung von β-Catenin durch GSK3β und führt hierdurch zu einer Akkumulation mit konsekutiver Wnt-Zielgenaktivierung.
RB1 Chromosomale Aberrationen von Chromosom 13 sind in etwa einem Drittel aller hepatozellulären Karzinome zu finden. Diese Aberrationen betreffen häufig den Genlokus für RB1 (Retinoblastoma-Gen 1) auf 13q14. Diese chromosomale Aberration auf 13q14 korreliert mit der Abwesenheit einer RB1-Expression, was den Verlust beider Allele nahe legt (Laurent-Puig et al. 2001; Nagai et al. 1997; Zhang et al. 1994b). Punktmutationen hingegen konnten nur in wenigen Fällen nachgewiesen werden, was eine Inaktivierung durch einen epigenetischen Mechanismus vermuten lässt.
p16 Das p16-Gen codiert für die Proteine CDKN2 (cyclin D dependent kinase inhibitor 2) und ARF. Diese beiden Proteine fungieren als Tumorsuppressorgene innerhalb des RB-Pathways (Hickman et al. 2002). Der Verlust von Heterozygotie des kurzen Armes von Chromosom 9 (Genlokus von p16 auf 9p21) kann in etwa 20% aller hepatozellulären Karzinome nachgewiesen werden (Laurent-Puig et al. 2001; Nagai et al. 1997). Somatisch inaktivierende Mutationen dieses Gens sind jedoch selten im Zusammenhang mit hepatozellulären Karzinomen beschrieben (Biden et al. 1997; Jin et al. 2000). Einige weitere molekulare Alterationen und Veränderungen von Signaltransduktionswegen sind im Zusammenhang mit der Hepatokarzinogenese beschrieben, jedoch wesentlich seltener anzutreffen als die hier aufgeführten (Lee et al. 2005; Motyka et al. 2000; Oka et al. 2002; Yakicier et al. 1999; Yoshikawa et al. 2001).
3.2
Gallenblase und Gallenwege
3.2.1
Karzinome der Gallenblase
Das Gallenblasenkarzinom gehört zu den seltenen Tumorentitäten. Das Wissen um die genauen molekularen und biologischen Mechanismen dieses hochmalignen Tumors ist limitiert. Dennoch finden sich einige Ansätze, die die Karzinogene, genetische Alterationen sowie den Verlust chromosomaler Integrität während der Karzinogenese des Gallenblasenkarzinoms in den Fokus rücken.
Karzinogene, Anomalien und genetische Alterationen Karzinogene Die Rolle von Karzinogenen in der Entwicklung von Gallenblasenkarzinomen wird zunehmend evident. Nicht nur im Tiermodel, wo z.B. 3-Methylcholantren und Nitrosamin Gallenblasenkarzinome induzieren konnten, sondern auch bei Arbeitern der Öl-, Papier-, Chemieund Textilindustrie, die sich solchen Substanzen exponieren, wurden gehäuft Gallenblasenkarzinome beobachtet (Enomoto et al. 1974; Kowalewski and Todd 1971; Lazcano-Ponce et al. 2001). Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms ist auch für Minenarbeiter durch Radon-Exposition beschrieben (Darby et al. 1995). Keine dieser Assoziationen konnte bisher definitiv bewiesen werden. Die chronische Entzündung scheint eine Promotorfunktion zu besitzen. So scheint die Cholezystolithiasis in Kombination mit konsekutiver chronischer Entzündung den Karzinoseprozess einleiten zu können. Vor allem Cholesterolkonkremente scheinen hier eine Rolle zu spielen. Dies zeigten experimentelle Arbeiten von Kowalewski und Todd, bei denen Gallenblasenkarzinome durch Cholesterolinjektion in Hamstergallenblasen induziert werden konnten. Nach Kombination mit dem Karzinogen Dimethylnitrosamin entwickelten 68% der behandelten Versuchstiere ein Gallenblasenkarzinom (Kowalewski u. Todd 1971)
p53 Hinsichtlich molekularer Veränderungen innerhalb der Gallenblasenkarzinogenese beziehen sich die Angaben hauptsächlich auf Daten aus Chile und Japan, wo diese Tumorentität gehäuft auftritt. Wie auch in anderen Tumoren, so finden sich auch beim Gallenblasenkarzinom Mutationen des Tumorsuppressors p53, Aktivierung des Protoonkogen K-ras und eine gestörte Zellzyklus Regulation (Wistuba and Albores-Saavedra 1999). Bei den Gallenblasenkarzinomen scheinen Mutationen im p53Gen relativ früh aufzutreten und gehen der Dysplasie voraus. Die meisten p53-Mutationen im Zusammenhang mit Gallenblasenkarzinomen sind Nonsens-Mutationen, die zu einem Funktionsverlust des Proteins mit verminderter Halbwertszeit führen (Pfeifer 2000). Die meisten Untersuchungen hinsichtlich immunhistochemisch nach zu weisendem, inkompetentem p53, beschreiben eine Frequenz von über 50%, mit jedoch großer Spannbreite zwischen 35 und 92% (Fujii et al. 1996; Wistuba and Albores-Saavedra 1999; Wistuba et al. 1996). Aus einigen Serien zu p53-Mutationsanalysen lässt sich entnehmen, dass es sich in fast der Hälfte der Fälle um Mutationen im Exon 5 handelt (Olivier et al. 2002). Allelverluste auf dem p53-Genlokus 17p13 scheinen häufig mit Gallenblasen-
43 3.2 · Gallenblase und Gallenwege
karzinomen assoziiert. Zusammengefasst lässt sich der publizierten Literatur entnehmen, dass p53 eine Schlüsselrolle in der Karzinogenese des Gallenblasenkarzinoms einnimmt. Eine klinisch relevante Korrelation zwischen Mutationsrate und Prognose bzw. Rezidiv konnte bislang nicht aufgezeigt werden (Wistuba and Gazdar 2004).
Kongenitale Anomalien und K-ras Ein zweiter Mechanismus zur Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms setzt eine kongenitale Anomalie des Gallen- und Pankreasgangsystems voraus. Diese als APBDJ (abnormal pancreatobiliary duct junction) bezeichnete Anomalie führt zu Reflux von Pankreassekret in die Gallenblase mit daraus resultierender Hyperplasie des Gallenblasenepithels. Diese chronische Konfrontation mit Pankreassekret scheint eine K-ras-Aktivierung nach sich zu ziehen (Wistuba and Gazdar 2004). Die zu K-ras-Aktivierung führenden Punktmutationen der Codons 12, 13 und 61 resultieren in einem überschießenden Wachstumssignal, einem entscheidenden Vorgang der Malignomentstehung. Werden in westlichen Ländern bis zu 10% K-ras-Mutationen bei Gallenblasenkarzinomen beschrieben, sind es in Japan fast 60%, mit jedoch großer Varianz innerhalb der einzelnen Berichte (Ajiki et al. 1996; Almoguera et al. 1988; Tada et al. 1990; Wistuba et al. 1995; Yoshida et al. 1995). Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in japanischen Serien die Frequenz von K-ras-Mutationen bei Patienten mit APBDJ mit 50-80% angegeben wird. Dies lässt vermuten, dass pankreatogener Reflux einen wesentlichen Beitrag zu K-ras-Mutationen leistet (Hanada et al. 1996; Hanada et al. 1999; Iwase et al. 1997; Masuhara et al. 2000; Matsubara et al. 1996). Wie auch von anderen Tumorentitäten bekannt, treten K-ras-Mutationen bei Gallenblasenkarzinomen fast ausschließlich auf Codon 12 auf (Cowgill u. Muscarella 2003).
ERBB2 und Cyclin D1/Cyclin E Die Überexpression von ERBB2 und die der Cyclin D1 und Cyclin E codierenden Gene ist für einige Tumorentitäten beschrieben. Das Protoonkogen ERBB2 verschlüsselt einen transmembranen Tyrosinkinase-Rezeptor, welchem eine wichtige Rolle in der Regulation von DNAReparatur, Zellzyklusregulation und Apoptose zufällt. Die Überexpression von ERBB2 lässt sich in etwa 30-60%, die Amplifikation sogar in 70% von Gallenblasenkarzinomen nachweisen (Chow et al. 1995; Kim et al. 2001; Suzuki et al. 1993). Eine Überexpression von Cyklin D1- und Cyklin E-Proteinen konnte mittels Immunhistochemie in 41% bzw. 49% detektiert werden, was die wichtige Rolle dieser Zellzyklus Regulatoren in der Pathogenese des Gallenblasenkarzinoms unterstreicht (Eguchi et al. 1999; Hui et al. 2000).
3.2.2
Karzinome der Gallenwege
Analog dem Vogelsteinmodell der Kolonkarzinogenese wird auch für Gallenblasenkarzinome und Karzinome der Gallenwege eine Malignomentstehung über prämaligne Vorstufen diskutiert. Die genauen Mechanismen sind aber noch weitgehend unklar. Für die Karzinogenese werden eine ganze Reihe von Faktoren und Mechanismen verantwortlich gemacht, die unter anderem Entzündungsreaktionen, Alterationen von Tumorsuppressorgenen und die Aktivierung von Onkogenen sowie die Beteiligung von Wachstumsfaktoren beinhalten.
Entzündungsreaktionen Der Zusammenhang von Entzündungsreaktion und Malignomentstehung wurde erstmals 1927 von Virchow beschrieben (Balkwill and Mantovani 2001). Hierbei spielen verschiedene Zytokine, Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) und proangiogene Substanzen eine Rolle, die insbesondere an Zellproliferation, Zelldifferenzierung und Zellmigration beteiligt sind (Coussens and Werb 2002). Die Überexpression von Wachstumsfaktorrezeptoren wie EGFR (epithelial growth factor) und die Aktivierung von Onkogenen wie K-ras können in der Transformation prämaligner Läsionen hin zum invasiven Karzinom beobachtet werden. Alterationen von Tumorsuppressorgenen wie p53 und pathologische Expression von Zellzyklusregulatoren wie Cyklin E sowie Regulatoren der Apoptose wie Bc1-2 scheinen an der Entwicklung von Malignomen der Gallenwege beteiligt zu sein.
Cyklooxigenasen und EGF-Rezeptor Cyklooxigenasen katalysieren die Reaktion von Arachidonsäure zu Prostaglandinen, einem Hauptvermittler der Entzündung. Die beiden Isoformen Cyklooxigenase 1 und 2 (COX-1 und COX-2) werden von den für sie codierenden Genen auf verschiedenen Transkriptionslevels reguliert. Die Überexpression von COX-2 ist in einer Vielzahl von gastrointestinalen Karzinomen nachweisbar (Eberhart et al. 1994). Wie bereits beschrieben, wird Entzündungsvorgängen im Zusammenhang mit der Malignomentstehung in den Gallenwegen eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Obwohl der Signalweg zur Stimulierung von COX-2 nicht bekannt ist, wird angenommen, dass die durch Entzündung induzierte COX-2-Expression die Karzinogenese der Gallenwege beeinflusst (Hayashi et al. 2001). Einige Studien berichten von COX-2-Überexpression in Gallenwegskarzinomen. Hier war die Überexpression sowohl in ihrer Häufigkeit als auch in ihrer Ausprägung deutlich erhöht (92% bzw. 9%) (Chariyalertsak et al. 2001; Hayashi et al. 2001; Ninomiya et al. 2002). Auch hier scheinen Gallen-
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Kapitel 3 · Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte
säuren die Karzinogenese zu begünstigen. In Analysen an Cholangiokarzinom-Zelllinien konnten Gallensäuren EGFR und COX-2-Expression induzieren. Darüber hinaus kann aktivierter EGFR direkt die COX-2-Expression, vermittelt über eine MAPK-Kaskade (mitogen activated protein kinases), induzieren. (Sirica et al. 2001; Yoon et al. 2002a; Yoon et al. 2002b). Die EGFR-Famlie besteht aus 4 Rezeptorketten und kann als Protoonkogen-Familie bezeichnet werden: EGFRezeptor (EGFR oder ErbB-1), Her-2/neu (ErbB-2), Her-3 (ErbB-3) und Her-4 (ErbB-4). Die Bindung der Liganden löst Homo- oder Heterodimisierung der Rezeptoren, Autophosphorylierung und Aktivierung nachgeschalteter Signalwege aus. Die Aktivierung des EGFR erfolgt durch extrazelluläre Bindung der Liganden an epidermal growth factor (EGF) und transforming growth factor (TGFα), deren Signal er über Autophosphorylierung und die Rekrutierung von Signalmolekülen wie Akt/PKB, MEK oder STAT ins Zellinnere leitet (Signaltransduktion), die letztendlich das Zellwachstum stimulieren und den apoptotischen (programmierten) Zelltod verhindern.
c-myc und Her-2/neu In einer Untersuchung an Gallenwegskarzinomen konnten c-myc-Überexpression (95%), C-ras Überexpression (75%) und Her-2/neu (73%) nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu war in den aus intrahepatischem Gallengangsepithel und fetalen Lebern bestehenden Kontrollgruppen kein immunreaktiver Nachweis von Her-2/ neu zu führen. Überexpression von Her-2/neu konnte in chemisch induziertem, neoplastisch verändertem Gallengangsepithel in verschiedenen Studien nachgewiesen werden (Chow et al. 1995; Ninomiya et al. 2002; Sirica et al. 1997). Sirica et al. gelang im Tiermodel der Nachweis von Co-exprimiertem und pathogenetisch relevantem COX-2 und Her-2/neu (Sirica et al. 2002).
p16 Der p16/Cyklin D1/Rb-Pathway ist einer der wichtigsten Regulatoren des Zellzyklus im Zusammenhang mit unterschiedlichen Tumorentitäten (Sherr 1996). P16 hat durch Bindung und Inaktivierung der Cyklin-abhängigen Kinasen 4-6 Tumorsuppressorfunktion (Liggett and Sidransky 1998). Eine reduzierte Expression von p16Proteinen konnte in intraductalen, papillären Neoplasien der Leber in Zusammenhang mit Hepatolithiasis detektiert werden. Diese intraductalen Neoplasien können als Vorläuferläsionen von Cholangiokarzinomen bezeichnet werden. Demnach kann die Inaktivierung von p16 als frühes Ereignis der Karzinogenese von Gallenwegskarzinomen gewertet werden (Ishikawa et al. 2004; Kang et al. 2001; Klump et al. 2003; Tannapfel et al. 2002).
K-ras und p53 Die Aktivierung von K-ras durch Punktmutationen ist für Cholangiokarzinome beschrieben (Watanabe et al. 1994). Diese Punktmutationen werden häufig auf Codon 12, seltener auf Codon 13 und 61 angetroffen (Ohashi et al. 1994; Tsuda et al. 1992). Die Inzidenz von K-ras-Mutationen in Gallenwegskarzinomen unterscheidet sich dramatisch. So werden in Westeuropa nahezu 100% der Gallengangskarzinome positiv für K-ras getestet, in Japan und Thailand reicht die Spannbreite von 4-60% (Furubo et al. 1999; Levi et al. 1991; Tada et al. 1992). Interessanterweise steigt die Rate an K-ras-Mutationen, je weiter distal das Karzinom im Gallengangssystem gelegen ist. Hierin könnte eine Erklärung für die unterschiedlich hohen Inzidenzen liegen, da distale Gallenwegskarzinome nahe der Hepatikusgabel in der westlichen Welt weitaus häufiger sind als proximale (Harnois et al. 1997; Kang et al. 1999; Ohashi et al. 1995). Auch Veränderungen des p53-Pathway sind ein entscheidender Schritt in der Karzinogenese von Cholangiokarzinomen. Dysfuktionen dieses Tumorsuppressors durch Mutation oder mdm-2-Gen-Amplifikation können bei 50% der intrahepatischen Cholangiokarzinome nachgewiesen werden (Furubo et al. 1999).
3.3
Pankreas
Pankreaskarzinome stehen an vierter Stelle der krebsbedingten Todesfälle und zeichnen sich durch ihre schlechte Prognose aus (Jemal et al. 2005). Die Mehrzahl der Patienten hat bei Diagnosestellung bereits ein weit fortgeschrittenes Krankheitsstadium mit distanter Metastasierung bzw. Irresektabilität erreicht. Wie für das colorektale Karzinom, so sind auch für das Pankreaskarzinom spezifische Alterationen von Onkogenen und Tumorsuppressorgenen beschrieben. Klinisch als Frühkarzinom eingestufte Malignome sind unter genetischen Gesichtspunkten betrachtet bereits weit fortgeschritten, da K-ras und Her-2/neu Mutationen schon sehr früh in der Karzinogenese des Pankreaskarzinoms zu beobachten sind. Diese Aberrationen werden von p16-Expressionsveränderungen, p53- und DPC4-Alterationen gefolgt (Ebert et al. 2001; Hruban et al. 1999; Inoue et al. 2001).
3.3.1
Genetische Alterationen
K-ras Die typische Mutation von K-ras in Pankreaskarzinomen ist eine Punktmutation des Codon 12 und kann in 75-90% der Fälle nachgewiesen werden (Dergham et al. 1997a; Dergham et al. 1997b; Inoue et al. 2001; Lemoine et al.
45 3.3 · Pankreas
1992). In keiner anderen Tumorentität ist ein solch hoher Anteil an frühen K-ras Mutationen beschrieben und kann durch die fast ausschließlich auf Codon 12 begrenzte Lokalisation als charakteristisch für das Pankreaskarzinom bezeichnet werden (Ebert et al. 2001). Die seltenen Mutationen des Codon 13 werden bei Pankreaskarzinomen mit familiärer Häufung beobachtet (Evans et al. 1995). Wie auch in der Colonkarzinogenese, so ist auch beim Pankreaskarzinom ein frühes Auftreten von K-ras-Mutationen zu beobachten. Diese frühe Alteration konnte als unabhängiger prognostischer Faktor hinsichtlich kürzerer Überlebenszeit und dem gehäuften Auftreten von Rezidiven identifiziert werden (Castells et al. 1999; Niedergethmann et al. 2002). Die Tatsache, dass K-ras-Mutationen nicht nur aus Pankreasgewebe, sondern auch in Pankreassekret, Bürstenzytologien und Feinnadelaspiraten detektierbar sind, unterstreicht deren Wertigkeit als potentieller Marker in der Diagnose von Pankreaskarzinomen, insbesondere in Grenzfällen, in denen nur schwer zwischen chronischer Entzündung und Malignität unterschieden werden kann (Shibata et al. 1990; van Heek et al. 2002; Yamaguchi et al. 1999). Weiterhin gelang der Nachweis von K-ras in Stuhl und Serumproben von Patienten mit Pankreaskarzinomen (Caldas et al. 1994; Tada et al. 1993). Diese Daten werden jedoch kontrovers diskutiert. Die Prävalenz von K-ras Mutationen bei chronischer Pankreatitis wird mit 0-40% beziffert, sodass eine klare Aussage hierzu nur schwer zu treffen ist (Boadas et al. 2001; Costentin et al. 2002; Rivera et al. 1997; Talar-Wojnarowska et al. 2005). Dem Nachweis von K-ras-Mutationen könnte jedoch die Aufgabe zufallen, eine Subgruppe von Patienten mit chronischer Pankreatitis zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Malignoms tragen und somit engmaschigen Screeningprogrammen zugeführt werden sollten (Wong et al. 2001).
EGFR-Familie Wie bereits für Karzinome der Gallenwege beschrieben, spielt die EGFR-Familie auch in der Karzinogenese des Pankreaskarzinoms eine tragende Rolle. Die Überexpression von EGFR ist ein häufiges Charakteristikum von Pankreaskarzinomen (Durkin et al. 2003; Yamanaka et al. 1993b). Werden auch in Normalgewebe von Pankreasresektaten EGFR-Konzentrationen nachgewiesen, so sind sie bei chronischer Pankreatitis und insbesondere in Karzinomzellen signifikant erhöht (Friess et al. 1993a; Korc et al. 1994). EGFR scheint auch prognostischen Wert zu haben, da die Überexpression mit signifikant kürzerem Überleben korreliert (Yamanaka et al. 1993a). Her-2/neu, ein weiteres Mitglied der EGFR-Protoonkogen-Familie, ist in einer ganzen Reihe von Tumorentitäten amplifiziert und überexprimiert (Auranen et al. 1997;
Somerville et al. 1992; Weiner et al. 1990). Die Inzidenz von Überexpression von Her-2/neu und seiner Proteine in Pankreaskarzinomen variiert mit 10-60% sehr stark. Es konnte jedoch eine positive Korrelationen zwischen dem Grad an Hyperplasie/Carzinoma in situ und dem Grad an Her-2/neu Expression hergestellt werden (Safran et al. 2001; Stoecklein et al. 2004; Zhang and Yuan 2002). Eine Beziehung von Her-2/neu-Expression und Überleben – wie dies für Mamakarzinome nachgewiesen ist – kann für das Pankreaskarzinom nicht konstatiert werden (Dugan et al. 1997). Eine ganze Reihe anderer Wachstumsfaktoren wie VEGF (vascular endothelial growth factor), TGF-β (transforming growth factor) und NGF (nerve growth factor) konnten in erhöhten Konzentrationen in Pankreaskarzinomen nachgewiesen werden (Friess et al. 1993b; Madro et al. 2004). In Pankreaskarzinomen spielt VEGF als potenter Initiator der Angioneogenese eine große Rolle. Hohe VEGF-Expressionsraten waren vergesellschaftet mit einer erhöhten Rate an Lymphknoten und Fernmetastasen und somit schlechterem Überleben. Konsekutiv hat sich VEGF als Ziel molekularer Therapiestrategien etabliert (Bruckner et al. 2005; Kurahara et al. 2004; Li et al. 2004; von Marschall et al. 2005).
p16 P16 inhibiert als Tumorsuppressorgen u.a. die Cyklin D-Cdk4- und Cyklin D-Cdk6-Komplexe, die als Zellregulatoren fungieren (Liggett and Sidransky 1998). In etwa 95% aller Pankreaskarzinome findet sich mutiertes p16 (Hu et al. 1997; Wilentz et al. 1998). Die zur Verfügung stehende Literatur schreibt p16-Mutationen eine spezifische Signifikanz für Pankreaskarzinome zu. Dies wird durch die Tatsache unterstützt, dass Mutationsanalysen von p16 an Material von chronischer Pankreatitis in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle negativ ausfallen (Gerdes et al. 2001; Klump et al. 2003). P16-Alterationen werden in einer ganzen Reihe anderer Tumorentitäten beobachtet und können durch Allelverlust, homozygote Deletion und Hypermethylierung begründet sein (Attri et al. 2005; Hussussian et al. 1994; Mori et al. 1994; Quesnel et al. 1995). Der häufigste Mechanismus einer p16-Inaktivierung scheint die Hypermethylierung des p16-Promotors zu sein, gefolgt von Sequenzmutationen und homozygoter Deletion (Attri et al. 2005). Diese früh in der Karzinogenese des Pankreaskarzinoms auftretende Alteration kann bereits in intraductalen Neoplasien nachgewiesen werden und spiegelt die biologische Aggressivität dieser Tumorentität wider, da die Überlebenszeiten für Patienten mit Pankreaskarzinomen auf dem Boden einer p16-Mutation als deutlich kürzer angegeben werden. Weiterhin sind Pankreaskarzinome mit nachgewiesner p16-Mutation histopathologisch deutlich schlechter differenziert. (Hu et al. 1997; Ohtsubo et al. 2003).
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46
Kapitel 3 · Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte
p53
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Die Inaktivierung von p53, dem wohl wichtigsten Tumorsuppressor überhaupt, kann in etwa 75% aller Pankreaskarzinome nachgewiesen werden (Casey et al. 1993; Dong et al. 2005; Itoi et al. 2005; Zhang et al. 1994a). Die Abgrenzung zur chronischen Pankreatitis ist ebenso deutlich, da p53Mutationen hier nur sehr selten beschrieben sind (TalarWojnarowska et al. 2006). Es wird vermutet, dass durch die Kombination von p53-Mutationsnachweis aus Feinnadelaspiraten/endosonographisch gesteuerten Biopsien sowie herkömmlichen histopathologischen Methoden die Sensitivität und Spezifität der Diagnose signifikant gesteigert werden kann (Itoi et al. 2005). Der prognostische Wert des Nachweises einer p53-Mutation in Pankreaskarzinomen ist weiterhin unklar und wird trotz einiger Publikationen, die eine schlechtere Prognose für Pankreaskarzinome mit dem Nachweis einer p53-Mutation konstatieren, kontrovers diskutiert (Dong et al. 2005; Ghaneh et al. 2001).
DPC4 DPC4 gehört zu den häufigsten inaktivierten Tumorsuppressorgenen in Pankreaskarzinomen und ist in etwa 5% der Fälle beschrieben. Diese Genmutation tritt fast ausschließlich in Pankreaskarzinomen auf und wird nur sehr selten in Kolon-, Mamma- und Ovarialkarzinomen angetroffen (Hahn et al. 1998; Schutte et al. 1996; Takagi et al. 1996; Wilentz et al. 2000a; Wilentz et al. 2000b). Das Genprodukt des DPC4-Gens spielt eine Rolle in Transkription und Wachstumsregulation und entfaltet seine Wirkung in einer signalabhängigen Phosphorylierung, die entscheidend ist für den TGFβ-Signalweg. Dies führt zur Überexpression von TGFβ-Isoformen und TGFβ-Rezeptoren, welche die Karzinogenese des Pankreaskarzinoms in Zusammenhang mit DPC4-Mutationen unterstützen könnte (Dai et al. 1998; Grau et al. 1997). Im Gegensatz zu sehr früh in der Karzinogenese auftretenden K-ras-Mutationen sind DPC4-Alterationen späte Ereignisse der Karzinogenese des Pankreaskarzinoms. Dies unterstreicht die Tatsache, dass DPC4-Mutationen häufig in fortgeschrittenen und entdifferenzierten Karzinomen nachgewiesen werden können (Hua et al. 2003; Tang et al. 2002). Auch für DPC4-Mutationen scheint ein negativer prognostischer Effekt hinsichtlich Langzeitüberleben vorzuliegen (Tascilar et al. 2001).
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Kapitel 3 · Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte
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3
50
3
Kapitel 3 · Tumorbiologische und molekulargenetische Aspekte
insertional mutagenesis occurs frequently in human liver cancers and recurrently targets human telomerase gene. Oncogene 22: 3911-6 Pfeifer GP (2000) p53 mutational spectra and the role of methylated CpG sequences. Mutat Res 450: 155-66 Puisieux A, Lim S, Groopman J, Ozturk M (1991) Selective targeting of p53 gene mutational hotspots in human cancers by etiologically defined carcinogens. Cancer Res 51: 6185-9 Quesnel B, Preudhomme C, Philippe N, Vanrumbeke M, Dervite I, Lai JL, Bauters F, Wattel E, Fenaux P (1995) p16 gene homozygous deletions in acute lymphoblastic leukemia. Blood 85: 657-63 Rivera JA, Rall CJ, Graeme-Cook F, Fernandez-del Castillo C, Shu P, Lakey N, Tepper R, Rattner DW, Warshaw AL, Rustgi AK (1997) Analysis of K-ras oncogene mutations in chronic pancreatitis with ductal hyperplasia. Surgery 121: 42-9 Safran H, Steinhoff M, Mangray S, Rathore R, King TC, Chai L, Berzein K, Moore T, Iannitti D, Reiss P, Pasquariello T, Akerman P, Quirk D, Mass R, Goldstein L, Tantravahi U (2001) Overexpression of the HER-2/neu oncogene in pancreatic adenocarcinoma. Am J Clin Oncol 24: 496-9 Sato M, Suzuki S, Senoo H (2003) Hepatic stellate cells: unique characteristics in cell biology and phenotype. Cell Struct Funct 28: 105-12 Satoh S, Daigo Y, Furukawa Y, Kato T, Miwa N, Nishiwaki T, Kawasoe T, Ishiguro H, Fujita M, Tokino T, Sasaki Y, Imaoka S, Murata M, Shimano T, Yamaoka Y, Nakamura Y (2000) AXIN1 mutations in hepatocellular carcinomas, and growth suppression in cancer cells by virus-mediated transfer of AXIN1. Nat Genet 24: 245-50 Schutte M, Hruban RH, Hedrick L, Cho KR, Nadasdy GM, Weinstein CL, Bova GS, Isaacs WB, Cairns P, Nawroz H, Sidransky D, Casero RA, Jr., Meltzer PS, Hahn SA, Kern SE (1996) DPC4 gene in various tumor types. Cancer Res 56: 2527-30 Sherr CJ (1996) Cancer cell cycles. Science 274: 1672-7 Shibata D, Almoguera C, Forrester K, Dunitz J, Martin SE, Cosgrove MM, Perucho M, Arnheim N (1990) Detection of c-K-ras mutations in fine needle aspirates from human pancreatic adenocarcinomas. Cancer Res 50: 1279-83 Sirica AE, Lai GH, Endo K, Zhang Z, Yoon BI (2002) Cyclooxygenase-2 and ERBB-2 in cholangiocarcinoma: potential therapeutic targets. Semin Liver Dis 22: 303-13 Sirica AE, Lai GH, Zhang Z (2001) Biliary cancer growth factor pathways, cyclo-oxygenase-2 and potential therapeutic strategies. J Gastroenterol Hepatol 16: 363-72 Sirica AE, Radaeva S, Caran N (1997) NEU overexpression in the furan rat model of cholangiocarcinogenesis compared with biliary ductal cell hyperplasia. Am J Pathol 151: 1685-94 Smedile A, Bugianesi E (2005) Steatosis and hepatocellular carcinoma risk. Eur Rev Med Pharmacol Sci 9: 291-3 Smela ME, Currier SS, Bailey EA, Essigmann JM (2001) The chemistry and biology of aflatoxin B(1): from mutational spectrometry to carcinogenesis. Carcinogenesis 22: 535-45 Somerville JE, Clarke LA, Biggart JD (1992) c-erbB-2 overexpression and histological type of in situ and invasive breast carcinoma. J Clin Pathol 45: 16-20 Stickel F, Schuppan D, Hahn EG, Seitz HK (2002) Cocarcinogenic effects of alcohol in hepatocarcinogenesis. Gut 51: 132-9 Stoecklein NH, Luebke AM, Erbersdobler A, Knoefel WT, Schraut W, Verde PE, Stern F, Scheunemann P, Peiper M, Eisenberger CF, Izbicki JR, Klein CA, Hosch SB (2004) Copy number of chromosome 17 but not HER2 amplification predicts clinical outcome of patients with pancreatic ductal adenocarcinoma. J Clin Oncol 22: 4737-45
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51 3.3 · Pankreas
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3
II
Teil II
Diagnostik, Pathologie und Stadieneinteilung
Kapitel 4
Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management – 54 M. Birth, P. L. Pereira, J. Wiskirchen, M. Hünerbein, P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Hoffmann, J. Spengler, C. Thomas, B. C. Manegold, G. F. B. A. Kähler, R. Krupski-Berdien, E. Shang
Kapitel 5
Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren – 88 F.G. Bader, G. Auer, U.J. Roblick, H.-P. Bruch, J.K. Habermann
4
Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management M. Birth, P. L. Pereira, J. Wiskirchen, M. Hünerbein, P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Hoffmann, J. Spengler, C. Thomas, B. C. Manegold, G. F. B. A. Kähler, R. Krupski-Berdien, E. Shang
4.1
Röntgendiagnostik und Schnittbildverfahren – 55
4.1.1 4.1.2 4.1.3
Leber – 55 Gallenblase und Gallenwege Pankreas – 60
4.2
Endoskopie und Endosonographie, ERCP – 61
4.2.1 4.2.2 4.2.3
Leber – 62 Gallenwege und Gallenblase Pankreas – 64
4.3
Staginglaparoskopie und laparoskopischer Ultraschall – 66
4.3.1 4.3.2 4.3.3
Leber – 66 Gallenblase und Gallenwege Pankreas – 69
– 59
– 63
– 67
4.4
Intraoperative Diagnostik
4.4.1 4.4.2
Intraoperative Sonographie am offenen Abdomen – 71 Stellenwert intraoperativer Schnellschnittuntersuchungen
– 71
4.5
Präoperative Blutuntersuchungen – 73
4.5.1 4.5.2
Labor – 73 Tumormarker – 73
– 72
4.6
Präoperatives Management
4.6.1 4.6.2 4.6.3
Punktionen zur histologischen Tumorsicherung – 74 Präoperatives Management durch Endoskopie und Stenting – 78 Prätherapeutische Interventionen – 80
– 74
4.7
Präoperative Malnutrition und Ernährungstherapie – 82
4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.4
Einleitung – 82 Spezielle Stoffwechselsituationen – 83 Nährstoff-, Energie- und Flüssigkeitsbedarf Präoperative Ernährung – 85
– 84
55 4.1 · Röntgendiagnostik und Schnittbildverfahren
4.1
Röntgendiagnostik und Schnittbildverfahren
4.1.1
Leber
P. L. Pereira, J. Wiskirchen Leberzysten und Leberhämangiome stellen die häufigsten gutartigen Läsionen der Leber dar. Man unterscheidet zwischen erworbenen Leberzysten, z.B. bei Zustand nach Trauma und den kongenitalen oder dysontogenetischen Leberzysten. Histologisch handelt es sich um flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, die durch ein Epithel begrenzt werden. Entsprechend stellen sich Leberzysten im Ultraschall (US), in der Computertomographie (CT) sowie in der Kernspintomographie (MRT) glatt berandet dar. Im US sind Leberzysten echofrei und weisen meistens eine dorsale Schallverstärkung auf. In der CT erscheinen Leberzysten hypodens mit Dichtewerten bis max. 15-20 Houndsfield Einheiten. In der MRT treten klassische Leberzysten hypointens auf T1- und homogen hyperintens auf T2-gewichteten Bildern in Erscheinung. > Im Gegensatz zum Hämangiom wird bei Leberzysten weder in der CT noch in der MRT eine Kontrastmittelaufnahme beobachtet. ! Cave! In Abweichung zum klassischen Erscheinungsbild können Leberzysten andersartig zur Darstellung kommen, z.B. nach Einblutung, nach Superinfektion etc. In diesem Fall wird von komplizierten Zysten gesprochen.
Das kavernöse Hämangiom ist der häufigste gutartige Lebertumor, bei dem es sich histologisch um Gefäßbündel handelt, die meistens durch ein flaches Endothelium ausgekleidet sind. Ähnlich wie Zysten können Leberhämangiome solitär oder multiple auftreten. Sie werden gehäuft in Assoziation mit einer fokal-nodulären Hyperplasie (FNH) oder im Zusammenhang mit einem Morbus Rendu-Osler beobachtet. Die Mehrheit der Hämangiome stellt sich im US glatt berandet und homogen echoreich dar (⊡ Abb. 4.1). ! Cave! Partiell fibrosierte oder thrombosierte – meistens zentral – Hämangiome können auch echoarm oder inhomogen echoförmig zur Darstellung kommen.
In der CT und der MRT sind hepatische Hämangiome glatt berandet und weisen klassischerweise bei Kontrastmittelgabe ein »Zufließen« der Hämangiome von außen nach innen und bilden hiermit das sog. »Irisblendenzei-
⊡ Abb. 4.1 Typischer Aspekt eines Hämangioms: im Ultraschall: homogen echoreich und glatt berandet (Pfeil)
chen« (⊡ Abb. 4.2). In der MRT erscheinen Hämangiome hypointens auf T1-gewichteten Sequenzen und homogen hyperintens auf T2-gewichteten Sequenzen.
Fokal noduläre Hyperplasie (FNH) Die fokal noduläre Hyperplasie (FNH) stellt eine weitere benigne Leberraumforderung dar. Histopathologisch handelt es sich um Läsionen, die aus meistens vermehrten Hepatozyten bestehen. Während Gallenwege und Kupffersche Sternzellen sich in diesen Läsionen nachweisen lassen, sind Venenstrukturen und portale Äste meistens nicht vorhanden. Im Ultraschall kann eine FNH sehr atypisch zur Darstellung kommen. FNH können iso-, hypooder hyperechogen erscheinen. Manchmal geben zu- und abführende Gefäße Hinweise auf die Läsion sein. Sowohl in der CT als auch in der MRT fällt eine FNH durch ihr kräftiges Kontrastmittel-Enhancement in der arteriellen Phase mit einem oftmals leberisointensen Erscheinungsbild in der venösen Phase auf. Das Vorhandensein von Kupfferschen Zellen und funktionellen Hepatozyten wird bei der MR-Bildgebung mithilfe leberspezifischer Kontrastmittel ausgenutzt. > Die zentrale fibrotische Narbe, die in bis zu 2/3 aller Fälle beobachtet wird, ist ein pathognomonisches Zeichen der FNH (⊡ Abb. 4.3). In der spätvenösen Phase kann die zentrale Narbe vermehrt Kontrastmittel anreichern.
In der Nativ-CT ist die FNH leicht hypodens und oft nur durch indirekte raumfordernde Effekte zu erkennen. Das starke und rasche Kontrastmittel-Enhancement weist auf eine FNH hin. Die zentrale Narbe ist in
4
56
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
4
a
b
c
⊡ Abb. 4.2 Nativ und dynamische T1-gewichtete Sequenz nach Gadolinium-DTPA i.v. In der nativen T1-gewichteten Sequenz Darstellung von 2 homogen hypointens Läsionen im Segment 5 der Leber (a). Nach Kontrastmittelgabe »fließen« die Hämangiome von der Peripherie zum Zentrum hin zu und bilden das sog. »Irisblendenzeichen« bis zum kompletten homogenen hyperintensen Signal (b-c)
Kontrastmittel wie Multihance (Bracco) oder Primovist (Bayer-Schering) führen zu einer raschen Kontrastmittelaufnahme in der biliären Phase. Verwendet man eisenhaltige Kontrastmittel wie z.B. das SPIO-Kontrastmittel Resovist (Bayer-Schering), dann beobachtet man in der Regel in den T2- und T2*-gewichteten Sequenzen durch die Absorption der Eisenpartikel eine entsprechende Signalabnahme innerhalb der FNH.
Leberzelladenom
⊡ Abb. 4.3 Arterielle Phase einer FNH in der Computertomographie: hyperperfundierte Leberraumforderung im Segment 4 der Leber mit typischer zentraler Narbe (Pfeil)
der CT schwieriger abzugrenzen als in der MRT. In den nativen T1-gewichteten MR-Sequenzen erscheint die FNH verglichen zum gesunden Lebergewebe nur diskret hypointens und ist auf T2-gewichteten Aufnahmen oftmals leicht hyperintens. Aufgrund des Vorhandenseins von Gallenwegen sowie Kupfferschen Sternzellen können leberspezifische Kontrastmittel zur Diagnosestellung verwendet werden. Über die Gallenwege ausgeschiedene
Beim Leberzelladenom handelt es sich histologisch um irreguläre, teils vermehrt Fett enthaltende Hepatozyten mit vereinzelten Gefäßstrukturen, Gallengängen und meist funktionsreduzierten Kupferzellen. In der CT können Adenome aufgrund des Fettgehaltes hypodens erscheinen, teilweise bei größerem Adenom mit nekrotischen Anteilen. Hyperdense Areale sind meist Ausdruck einer Einblutung. Nach Kontrastmittelgabe zeigen sie in der arteriellen Phase eine Kontrastmittelaufnahme. In den portalvenösen Bildern sind Adenome kaum vom normalen Lebergewebe abzugrenzen. In der MRT zeigen sie – in Abhängigkeit vom Anteil möglicher Nekrosen, Einblutungen oder Fetteinlagerungen – sowohl in den T1- als auch in den T2-gewichteten Sequenzen ein insgesamt inhomogenes Bild. > Beim Leberzelladenom ist ein deutliches Enhancement in der arteriellen Phase in der MR-, ähnlich wie in der CT-Bildgebung zu beobachten.
Die Differenzierung vom HCC kann schwierig sein. Nach Gabe spezifischer eisenhaltiger Kontrastmittel (z.B. Resovist®, Bayer Schering) wird auf den T2-gewichteten
57 4.1 · Röntgendiagnostik und Schnittbildverfahren
Sequenzen eine Signalabnahme beobachtet, was in der Regel bei dem HCC nicht der Fall ist. So lässt sich das Vorliegen von noch funktionsfähigen Kupfferzellen beim Adenom nutzen.
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) Das hepatozellulläre Karzinom (HCC) findet man in den überwiegenden Fällen bei Patienten, die an einer viralen (Hepatitis B oder C) oder äthyltoxischen Leberzirrhose leiden. Seltener wird das HCC bei Patienten mit Hämochromatose beobachtet (⊡ Abb. 4.4). Patienten, die eine Leberzirrhose basierend auf einer Hämochromatose entwickeln, weisen jedoch ein erhöhtes Risiko auf, an einem HCC zu erkranken (ca. 15-30% aller Patienten). Das HCC kann sich solitär oder multimodular, diffus infiltrativ oder entkapsuliert – durch eine Pseudokapsel berandet – darstellen. Inhomogenitäten durch intratumorale Einblutungen und spontane Nekrosen, besonders bei größeren Tumoren, sind nicht selten. Auch amorphe Verkalkungen oder fokale Fetteinlagerungen können entdeckt werden. Pathognomonisch und meistens bei fortgeschrittenem Tumorleiden zeigt sich zudem oftmals eine Infiltration der V. portae mit begleitendem Tumorthrombus, die als pathognomonisch für das HCC gilt. > Aufgrund des variablen makropathologischen Erscheinungsbildes treten HCCs in der Bildgebung in verschiedenen Formen in Erscheinung.
So imponieren HCCs im Ultraschall hypoechogen oder hyperechogen, häufig aber gemischtförmig echogen (⊡ Abb. 4.5a). Im Gegensatz zum gesunden Lebergewebe werden hepatozelluläre zu 90-95% arteriell perfundiert! Entsprechend erschienen sie in der arteriellen Phase oftmals arteriell heterogen hyperperfundiert, sowohl in der Computertomographie (⊡ Abb. 4.5b) als auch in der MRT (⊡ Abb. 4.5c). In der portalvenösen Phase kommt – bei umschriebenen Prozessen – die periphere Pseudokapsel besonders gut zur Darstellung. Aufgrund der gestörten Mikroarchitektur der HCCs können magnetresonanztomographische leberspezifische Kontrastmittel zur Diagnosestellung hilfreich sein. Eine fehlende biliäre Ausscheidung von z.B. Gadolinium-BOPTA-Derivaten oder die fehlende Aufnahme von eisenhaltigen Kontrastmitteln bei Fehlen von Gallengängen oder Kupfferschen Sternzellen weisen auf das Vorhandensein einer Neoplasie hin. Allerdings hängt dieses Phänomen von dem Differenzierungsgrad ab: Hoch differenzierte HCCs können noch funktionelle Hepatozyten enthalten und nachfolgend spezifische MR-Kontrastmittel aufnehmen. Eine Sonderform des HCC speziell bei jüngeren Patienten stellt das fibrolamelläre Hepatokarzinom (FLC)
⊡ Abb. 4.4 T2-gewichtete MR-Aufnahme. Deutliches Hyposignal des Leberparenchyms und der Milz bei Hämochromatose. Bei der autosomal rezessiven primären Form der Hämochromatose wird Eisen vermehrt im Duodenum und Jejunum resorbiert und in den Zielorganen (Leber, Pankreas und Herz) gespeichert. Zwei HCCs demarkieren sich ohne weitere Kontrastmittelgabe.
dar. In 90% der Fälle erscheint das FLC solitär, eine Zirrhose liegt in der Regel nicht vor. In der CT und der MR kann meistens ein arterielles Enhancement nachgewiesen werden, welches sich jedoch heterogener darstellt als bei der FNH. Eine zentrale Narbe kann vorliegen, ist aber häufiger als bei der FNH verkalkt oder nimmt in den Spätphasen Kontrastmittel auf. Stellt das HCC den häufigsten primären Lebertumor des Erwachsenenalters dar, so ist das Hepatoblastom der häufigste maligne primäre Lebertumor des Kindesalters. Die Mehrzahl der betroffenen Kinder ist unter 5 Jahren alt; das Hepatoblastom kann jedoch bis in die Pubertät beobachtet werden. Da sich das Hepatoblastom aus fetalen Leberzellen zusammensetzt, ist in mehr als 50% der Fälle das Alfa-Feto-Protein (AFP) signifikant erhöht. Aufgrund von vorliegenden Verkalkungen und Nekrosen zeigt ein Hepatoblastom in der Bildgebung ein heterogenes Muster. In der Sonographie können diese Tumore echoreich oder
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Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
4 a
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⊡ Abb. 4.5 a Ultraschall-B-Bild eines inhomogen HCCs mit echoarmen und echoreichen Arealen. b Typischer Aspekt in der Computertomographie eines entkapsulierten HCCs in einer zirrhotischen Leber mit starkem Enhancement in der früharteriellen Phase. c Dynamische T1-gewichtete Sequenz in der arteriellen Phase. Diffus infiltratives HCC mit inhomogenem Enhancement, peripheren Perfusionsstörungen und Nachweis eines weiteren subkapsulären Herdes
echoarm sein. In der CT stellt sich das Hepatoblastom in der nativen Serie verglichen zum gesunden Lebergewebe eher hypodens dar. Amorphe Verkalkungen kommen im Nativ-Scan als fokale dichte Areale zur Darstellung. Nach intravenöser Kontrastmittelgabe zeigen die Tumore vor allem in der Peripherie eine deutliche Kontrastmittelaufnahme. In der Kernspintomographie erscheinen Hepatoblastome inhomogen hypointens im T1-gewichteten Bild, unterschiedlich hyperintens im T2-Bild und hypervaskularisiert in der dynamischen Phase.
Metastasen Die häufigsten malignen Tumoren der Leber stellen die Metastasen dar. Diese sog. sekundären Leberläsionen können singulär oder multipel auftreten, scharf oder unscharf abgrenzbar sein, oft infiltrativ, gar konfluierend imponieren. Metastasen können solide oder insbesondere nach antiangiogenetischer Therapie zystisch zur Darstellung kommen.
a
! Cave! Metastasen können fast jeden morphologischen Aspekt und jedes Perfusionsmuster zeigen.
Wenn das klassische Erscheinungsbild einer Lebermetastase das einer isoechogenen Raumforderung mit einem peripheren hypoechogenen Randsaum ist (⊡ Abb. 4.6a), so kann eine Lebermetastase sonographisch alle bekannten Bilder bieten. Läsionen können hypo-, iso- oder hyperechogen oder rein zystisch, scharf oder infiltrativ imponieren und single oder multipel auftreten. In der CT können sich Lebermetastasen ebenfalls extrem unterschiedlich darstellen, das Gleiche gilt für die MRT (⊡ Abb. 4.6). Bei anamnestisch bekannter maligner
b
⊡ Abb. 4.6 a Isoechogene Raumforderung mit einem peripheren hypoechogenen Randsaum als klassisches Erscheinungsbild einer Lebermetastase vom Adenokarzinom. a Lebermetastase T1w nativ. b T1w in der arteriellen Phase nach Kontrastmittelgabe. Die Metastase ist andeutungsweise abgrenzbar im T1-gewichteten Bild (Pfeil)
59 4.1 · Röntgendiagnostik und Schnittbildverfahren
Grunderkrankung sollten bestehende Leberläsionen immer genau betrachtet werden.
J. Wiskirchen, P. L. Pereira
langallenblase Risikofaktoren darstellen. In allen bildgebenden Modalitäten imponiert das Gallenblasenkarzinom zu 2/3 als umschriebene Raumforderung im Bereich der Gallenblasenwand, während in ca. 1/3 die Wand diffus infiltriert erscheint (⊡ Abb. 4.7). Das quasi vollständige Aufbrauchen der Gallenblase durch den Tumor ist keine Seltenheit und kann in bis zu 50% beobachtet werden. Aufgrund der relativ unspezifischen Klinik wird das Gallenblasenkarzinom oftmals sehr spät diagnostiziert, sodass zum Zeitpunkt der Diagnose meist ein fortgeschrittenes Tumorstadium, häufig bereits mit bereits Lebermetastasen und / oder einer Peritonealkarzinose vorliegt.
Gallenblasenkarzinom
Cholangioläres Karzinom (CCC)
Das Gallenblasenkarzinom entsteht bevorzugt bei Frauen, wobei neben der chronischen Cholezystitis, auch die familiäre Polyposis, die Cholezystolithiasis sowie die Porzel-
Beim cholangiolären Karzinom (CCC) wird zwischen der intrahepatischen und der extrahepatischen Form mit einem Verhältnis von 9:1 differenziert. Das CCC stellt den zweithäufigsten primären Lebertumor nach dem HCC dar. Das intrahepatische CCC kann sich periduktal-infiltrativ oder periduktal-nodulär von intrahepatisch hilär ausbreiten. Der Altersgipfel der am CCC erkrankten Patienten liegt bei ca. 50–60 Jahren, Männer erkranken häufiger als Frauen. Sowohl in der Sonographie als auch in der CT (⊡ Abb. 4.8a) und MRT (⊡ Abb. 4.8b) können CCCs als solide, umschriebene Tumore imponieren, die inhomogen und verzögert das intravenöse Kontrastmittel aufnehmen. Diese inhomogene und verzögerte Kontrastmittelaufnahme kann hilfreich sein bei vorliegender lokaler Cholestase und fehlendem soliden Tumor. Eine fokale Leberatrophie, die sogenannte biliäre Atrophie, bei gleichzeitig fokalen Gallengangsdilatationen ist ein indirektes Zeichen eines CCC.
> Letztendlich gilt: Kann die Dignität eines Lebertumors bei unterschiedlichen bildgebenden Verfahren nicht sicher beurteilt werden, ist eine histologische Sicherung anzustreben.
4.1.2
Gallenblase und Gallenwege
⊡ Abb. 4.7 Darstellung eines polypös/intraluminal wachsenden Gallenblasenkarzinoms in der Sonographie. In der Maximalform kann der Tumor die komplette Gallenblase infiltrieren
a
b
c
⊡ Abb. 4.8 a Arterielle Phase eines intrahepatischen cholangiolären Karzinoms. Inhomogene Kontrastmittel-Aufnahme, zentrale diffuse Nekrose und raumfordernder Effekt mit Verdrängung der A. hepatica dextra. b T1-gewichtete MR-Aufnahme nach i.v. Gadolinium-DTPA. Inhomogener Tumor mit girlandenförmigem Enhancement und unregelmäßigen intratumoralen Septen. c Darstellung eines kontrastmittelaufnehmenden intraluminalen cholangiolären Karzinoms im Ductus hepaticocholedochus.
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Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Das extrahepatische CCC (ca. 20% der Fälle) stellt eine Erkrankung des Ductus hepaticocholedochus dar und tritt überwiegend bei Patienten fortgeschrittenen Alters auf. Weitere Risikofaktoren sind vor allem eine sklerosierende Cholangitis, der Morbus Caroli und die Infektion mit Clonorchis sinensis. Klinisch liegt zumeist ein schmerzloser Ikterus vor. In der Sonographie lässt sich oftmals nur die Dilatation der intrahepatischen Gallenwege als Ausdruck der peripheren Obstruktion darstellen, während der Tumor selbst zumeist nicht sicher identifiziert werden kann. Vor allem die direkte Darstellung der Gallenwege und die Schnittbildmodalitäten mit intravenöser Kontrastmittelgabe führen zur Diagnose. Vorzugsweise mittels MRT und MRCP lässt sich der Ort der Obstruktion nachweisen, in manchen Fällen sogar der intraluminale Tumor identifizieren (⊡ Abb. 4.8c). Zielführend ist bei dieser Tumorentität eine perkutane transhepatische Cholangiographie ggf. mit Drainage in gleicher Sitzung sowie die ERCP. Mit beiden Verfahren kann nicht nur die Höhe der Gallengangsobstruktion exakt bestimmt, sondern auch Gewebeproben entnommen werden.
4.1.3
Pankreas
P. L. Pereira, T. Helmberger Von den eigentlichen zystischen Tumoren des Pankreas müssen blande dysontogenetische intrapankreatische Zysten und Pseudozysten, die meist bei Patienten mit chronischer Pankreatitis auftreten, abgegrenzt werden. Pankreaszysten und Pseudozysten sind hypodens und scharf abgrenzbar in der CT, erscheinen homogen mit hypersignal im T2-gewichteten, hypointens im T1-gewichteten MR-Bild. Die Kapsel kann in manchen Fällen Kontrastmittel aufnehmen. Die Differenzialdiagnose zwischen dem therapeutisch relevanten Zystadenom und dem Zystadenokarzinom kann nur selten mit Ultraschall oder CT gestellt werden. Indirekte Zeichen der Malignität wie eine peripankreatische Tumorinfiltration, vergrößerte Lymphknoten oder der Nachweis von Lebermetastasen weisen auf ein Zystadenokarzinom hin. Auch das benigne mikrozystische Zystadenom muss vom potenziell malignen makrozystischen Zystadenom oder gar dem malignen Zystadenokarzinom differenziert werden. Die MRT, insbesondere die dynamische Untersuchung mit Fettsaturation und Kontrastmittelgabe ermöglicht, wenn auch nicht in allen Fällen, die richtige Diagnosestellung. Das mikrozystische meist seröse Zystadenom ist durch multiple kleine Zysten charakterisiert. Dieser Tumor – meist kleiner als 30 mm
– wächst raumfordernd, nicht infiltrativ und stellt sich hypointens im T1- und hyperintens im T2-gewichteten Bild dar (⊡ Abb. 4.9a). Die makrozystische Form enthält keine intratumoralen Knoten, eventuell vorhandene Septen sind dünn. Das makrozystische muzinöse Zystadenom hat eine potenzielle Malignität und wird häufig bei Frauen beobachtet. Dieser seltene Tumor präsentiert sich meist mit einer Gesamtgröße zwischen 3 und 5 cm, selten bis 10 cm. Es ist bildmorphologisch mit Wandverdickungen, gelegentlich mit Septen und intratumoralen Nodularitäten von einem Zystadenokarzinom in der Regel nicht zu differenzieren (⊡ Abb. 4.9b). Die intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien entwickeln sich entlang des Ductus Wirsungianus und werden häufig bei Patienten mit chronischer Pankreatitis beobachtet. Das Signal dieser Tumore in der MRT ist ähnlich wie das multipler zystischer Raumforderungen. Mit zunehmender Tumorgröße wächst das Risiko einer Entartung. Das duktale Adenokarzinom ist der häufigste maligne Tumor des Pankreas. Die Prognose ist extrem ungünstig, da eine frühe Infiltration der benachbarten neurovaskulären Strukturen oftmals zu einer Irresektabilität führt. Der transabdominelle Ultraschall kann meist den Tumor zeigen, ist aber bei der Beurteilung von Gefäßinfiltrationen sehr limitiert. Die endoskopische Sonographie erlaubt demgegenüber insbesondere im Fall einer Tumorlokalisation im Pankreaskopf eine genaue Erkennung der Tumorinfiltration und bei Verwendung von Linearscannern sogar eine sonographiegestützte Punktion zur Diagnosesicherung. Die Gefäßinvasion und damit die Resektabilität eines Pankreaskarzinoms lässt sich in der CT und MRT in bis zu 90% der Fälle richtig vorhersagen. Zum Staging ist die Spiral-CT mit Kontrastmittel die Methode der Wahl und bietet dem Chirurgen durch die Möglichkeit der multiplanaren Rekonstruktion eine hervorragende Übersicht. In der MR erscheint das Adenokarzinom hypointens im T1-gewichteten Bild und ist in der T2-Gewichtung meist unscharf abgrenzbar (⊡ Abb. 4.9c). Die intravenöse Kontrastmittelgabe kombiniert mit der Fettsättigung helfen regelmäßig bei der Diagnosestellung. Der Tumor demarkiert sich nach 30-60 s nach Injektion von Gadolinium hypointens und nimmt in der Spätphase unregelmäßig Kontrastmittel auf. Im Sinne eines »one-stopshoppings« kann die Darstellung des Ductus Wirsungianus mit MRCP (⊡ Abb. 4.9d) und der Gefäßstrukturen mit MR-Angiographie nach den dynamischen Sequenzen erfolgen. Sehr kleine Adenokarzinome im Bereich des Pankreaskopfes können im Anfangsstadium, ähnlich wie beim Papillen-Karzinom, ausschließlich zu einer isolierten Dilatation des Ductus Wirsungianus führen.
61 4.2 · Endoskopie und Endosonographie, ERCP
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⊡ Abb. 4.9 a Seröses Zystadenom im fettgesättigten T2-gewichteten MR-Bild. Raumfordernder hyperintenser Tumor im Pankreaskopf mit Nachweis von mehreren kleinen Zysten. Keine intratumorale Septenverdickung oder Knoten. b CT nach i.v. Kontrastmittelgabe. Zystische Raumforderung im Pankreaskopf neben dem dilatierten Ductus hepaticocholedochus. Achten Sie auf die kontratmittelaufnehmende Zystenwandverdickung. c-d Die dynamische MRT in der spät-arteriellen Phase nach Gadolinium-Injektion zeigt ein Adenokarzinom im Pankreaskopf als inhomogene KM-aufnehmende Raumforderung (c). Gangabbruch bei der MRCP (d)
4.2
Endoskopie und Endosonographie, ERCP
M. Hünerbein Naturgemäß sind von den biliopankreatischen und hepatischen Tumoren lediglich Karzinome der Ampulla Vateri für die direkte endoskopische Beurteilung zugänglich. Dementsprechend war die Entwicklung der endoskopisch
retrograden Cholangiopankreatikographie (ERCP) ein
historischer Meilenstein in der endoskopischen Diagnostik dieser Tumoren, da hierdurch die radiologische Beurteilung des biliären und pankreatischen Gangsystems und die intraduktale Biopsieentnahme ermöglicht wurden. Die ERCP erlaubt eine hochsensitive Untersuchung des Gangsystems mit der Darstellung charakteristischer Gangveränderungen als Korrelat für maligne oder benigne Tumoren. Nicht zuletzt aufgrund der Invasivität der
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62
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
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a
b
⊡ Abb. 4.10 a ERCP mit einem dilatierterten intra- und extrahepatischen Gallenwegen bei präpapillärer Stenose durch ein Pankreaskarzinom. b MRCP mit einer vergleichbaren Darstellung des biliopankreatischen Gangsystems
ERCP mit einer Morbidität von bis zu 5% insbesondere nach Sphinkterotomie, die auch schwere Komplikationen wie retroperitoneale Perforationen, Blutungen und die gefürchtete post-ERCP-Pankreatitis einschließt, wurden verschiedene andere diagnostische Methoden für die Abklärung von Tumoren der Gallenwege, des Pankreas und der Leber entwickelt (Brugge und Van Dam 1999). Als nicht-invasive Methode ermöglicht inzwischen die Magnetresonanzcholangiopankreatikographie (MRCP) eine der ERCP vergleichbare Darstellung des Pankreasganges und der Gallenwege (Stroszczynski und Hünerbein 2005). Darüber hinaus erlauben die MRT-Daten eine Darstellung der abdominellen und retroperitonealen Organe in multiplanaren Schnittbildern sowie dreidimensionale Rekonstruktionen der Gefäße im Sinne einer MR-Angiographie. In den letzten Jahren wurde die Indikation zur diagnostischen ERCP durch die Verfügbarkeit der MRCP als nicht-invasivem Diagnoseverfahren stark zurückgedrängt, da sie vergleichbare cholangiographische Bilder erzeugen kann (⊡ Abb. 4.10). Aufgrund der Biopsieentnahmemöglichkeit besitzt die ERCP jedoch weiter einen hohen Stellenwert in der Differenzialdiagnostik von benignen und malignen biliopankreatischen Tumoren. Die Mehrzahl dieser Tumoren ist einer kurativen chirurgischen Therapie nicht mehr zugänglich und bedarf
daher vor Einleitung einer palliativen Therapie einer definitiven histopathologischen Abklärung. Neben der transpapillären Biopsie im Rahmen der ERCP stehen mit der Cholangio- und Pankreatikoskopie weitere endoskopische Verfahren für die gezielte Abklärung und Biopsieentnahme von intraduktalen Tumoren zur Verfügung. Für die spezielle Diagnostik bilipankreatischer Tumoren können der endoskopische Ultraschall (EUS) mit ultraschallgestützter transmuraler Feinnadelaspirationsbiopsie sowie der intraduktale Ultraschall (IDUS) ergänzend eingesetzt werden.
4.2.1
Leber
Intraparenchymatöse Tumoren der Leber wie das hepa-
tozelluläre Karzinom oder Lebermetastasen lassen sich durch eine Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) nicht nachweisen. Indirekt können intrahepatische Raumforderungen bei Patienten mit Ikterus durch den Nachweis von Gallenwegsstenosen vermutet werden. Werden bei Patienten mit Ikterus und einer malignen Grunderkrankung multiple segmentale Stenosen der intrahepatischen Gallenwege nachgewiesen, muss eine metastasierte Situation angenommen werden. Die lokale Stenose im Bereich des D. choledochus durch Kompression einer solitären
63 4.2 · Endoskopie und Endosonographie, ERCP
Raumforderung im Bereich des Leberhilus stellt eine seltene Ausnahme dar. Generell werden intraparenchymale Raumforderungen durch eine entsprechende Schnittbildgebung wie transkutane Sonographie oder Computertomographie nachgewiesen, sodass die ERCP zumeist nur unter therapeutischen Gesichtspunkten zur Implantation eines Stents erfolgt. Eine histologische Sicherung von Lebertumoren mit Anschluss an das Gallengangssystem kann im Rahmen der ERCP z.B. durch eine Zangenbiopsie erfolgen, meist wird jedoch eine transkutane, sonographisch gestützte Biopsie durchgeführt. Zumeist können der linke Leberlappen und Teile des rechten Leberlappens endosonographisch eingesehen werden, sodass prinzipiell auch kleine Raumforderungen der Leber durch endoskopische Sonographie nachweisbar sind. Theoretisch sollte die Endosonographie in den einsehbaren Bereichen durch die bessere Auflösung der Transducer (7,5-12 MHz) eine höhere Sensitivität haben als andere bildgebende Verfahren. Aufgrund der Invasivität des EUS und des limitierten Sichtfensters hat sich diese Methode jedoch nicht generell durchsetzen können und bleibt speziellen Fragestellungen vorbehalten. Es gibt sporadische Berichte über die histologische Sicherung von Lebertumoren durch eine erfolgreiche transgastrale endosonograpische Punktion. Diese Berichte sind jedoch eher dem anekdotischen Formenkreis zuzuordnen und spiegeln nicht die generelle klinische Situation wieder. > Eine sinnvolle Indikation für den Einsatz der Endosonographie bei primären oder sekundären Lebertumoren stellt jedoch der Nachweis bzw. Ausschluss einer extrahepatischen Tumormanifestation dar.
Lymphknotenmetastasen im Bereich des Lig. hepatoduodenale lassen sich minimal invasiv mittels Endosonographie darstellen und können unproblematisch durch transduodenale Feinnadelaspirationsbiopsie verifiziert werden. Da deren Nachweis jedoch Patienten nicht prinzipiell von einem chirurgischen Vorgehen ausschließt, ist die klinische Relevanz sehr begrenzt.
4.2.2
Gallenwege und Gallenblase
Trotz der Verfügbarkeit verschiedener Schnittbildverfahren einschließlich der MRCP besitzt die ERCP in der Diagnostik und Therapie von malignen und benignen Gallenwegstenosen einen unbestrittenen Stellenwert. Eine maligne Stenose, z.B. durch ein cholangiozelluläres Karzinom, kann beim Nachweis einer isolierten irregulären Stenose angenommen werden. Eine eindeutige Diagnose kann jedoch lediglich durch eine zytologische oder besser histologische Sicherung erzielt werden. Hierfür stehen
⊡ Abb. 4.11 Transpapilläre Choledochoskopie mit Nachweis einer malignen Stenose im Bereich des Gallengangs
vielfältige Methoden wie die Aspirations- und Bürstenzytologie sowie verschiedene Biopsiemethoden, wie z.B. Zangenbiopsie und Biopsiespirale, zur Verfügung. Die Sensitivität der Bürstenzytologie ist mit 40-50% etwas höher als die der Aspirationsbiopsie (Selvaggi et al. 2004). Die Zangenbiopsie besitzt mit einer Sensitivität von etwa 65% im Gallengang eine deutlich höhere Aussagekraft als die Bürstenzytologie. Durch eine Kombination von Bürstenzytologie und Biopsie kann die Sensitivität auf 80% bzw. 60% gesteigert werden (de Bellis et al. 2002). Teilweise wird der Soehendra Stent-Retriever zur Gewinnung von zytologischem Material eingesetzt. ! Cave! Eine Biopsie ohne Nachweis von malignen Zellen schließt ein Malignom selbstverständlich nicht aus; ggf. muss unter Berücksichtigung klinischer Gesichtspunkte eine chirurgische Exploration und/oder Resektion erfolgen.
Bei Stenosen unklarer Dignität kann die direkte Inspektion und gezielte Biopsieentnahme aus der Stenose durch eine Cholangioskopie weiterführend sein (⊡ Abb. 4.11). In spezialisierten Zentren kann durch die Cholangioskopie mit Biopsie die Dignität mit einer Genauigkeit von über 90% korrekt klassifiziert werden (Fukuda et al 2005). Darüber hinaus kann die Cholangioskopie die Resektabilitätsbeurteilung von Klatskin-Tumoren verbessern, da sie eine genauere Beurteilung der Tumorausbreitung in der Bifurkation oder den Nachweis einer intraduktalen Dissemination ermöglicht (Bourke u. Haber 1996).
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Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Die Cholangioskopie kann entweder perkutan nach Anlage einer perkutanen transhepatischen Cholangiodrainage oder transpapillär erfolgen. Bei der transpapillären Technik wird ein dünnes Endoskop über den Instrumentierkanal eines Träger-Duodenoskopes in den Gallen- bzw. Pankreasgang eingebracht. Hierzu müssen zwei erfahrene Endoskopiker verfügbar sein. Unter Sicht können Gewebeproben aus verdächtigen Läsionen entnommen werden. Die Probengröße ist deutlich kleiner als bei der konventionellen transpapillären Biopsie. Neben der Abklärung von unklaren Läsionen in den Gallenwegen und dem Staging von Klatskin-Tumoren ist die Hauptindikation der Cholangioskopie therapeutisch, insbesondere die Lithotrypsie. Die intraduktale Sonographie (Intraduktaler Ultraschall, IDUS) wird mit hochfrequenten Minisonden (15-30 MHz) durchgeführt. Die Sonden werden wie ein ERCP-Katheter in das Gangsystem eingeführt. Aufgrund des geringen Durchmessers der Sonden ist eine Papillotomie nicht generell erforderlich. Hauptindikation für den IDUS ist neben der Abklärung von unklaren Gangstenosen der Nachweis bzw. Ausschluss einer Mikrolithiasis. Obwohl die meisten Stenosen sich durch IDUS darstellen lassen (Sensitivität 90%) ist eine Differenzierung von benignen und malignen Stenosen nur bedingt möglich. > Die Spezifität der IDUS beträgt lediglich 50-70% (Menzel u. Domscke 1999). Das Staging von Tumoren wird durch die geringe Eindringtiefe des hochfrequenten Ultraschalls begrenzt, sodass nur kleine Tumoren vollständig visualisiert werden können.
⊡ Abb. 4.12 Endosonographische Darstellung einer Raumforderung im Bereich des Pankreaskopfes mit einem Linearschallkopf
Die Infiltrationstiefe wird in etwa 60-70% der Fälle richtig eingeschätzt, Lymphknoten lassen sich nur in der direkten Umgebung des Gangsystems darstellen (⊡ Abb. 4.12). Im Hinblick auf die Beurteilung der Gefäßinfiltration bestehen Limitationen in der Darstellung der linken Leberarterie während die Pfortader und die rechte Leberarterie gut visualisiert werden können. > Die intraduktale Sonographie findet sinnvolle Anwendung für das Staging von Papillentumoren, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit einer lokalen Exzision von frühen Karzinomen.
4.2.3
Pankreas
Die ERCP ermöglicht mit dem charakteristischen Nachweis des double duct signs oder der Darstellung einer Pankreasgangstenose mit hoher Genauigkeit (ca. 90%) den Nachweis eines Pankreaskarzinoms (Brugge und van Dam 1999). Eine transpapilläre Biopsie mit Biopsiezangen ist möglich, die Ergebnisse sind jedoch teilweise unbefriedigend. Dementsprechend sind andere Methoden für die histologische Sicherung von Pankreasraumforderungen verstärkt in den Vordergrund gerückt. Abgesehen davon geht eine präoperative ERCP bei Patienten mit einem resektablen Pankreaskarzinom mit einer erhöhten Rate an perioperativen Komplikationen im Rahmen der Duodenopankreatektomie einher, sodass der rein diagnostische Einsatz nicht mehr empfohlen wird (Baron und Fletcher 2002). Die Endosonographie mit hochauflösenden Sonden erlaubt eine sehr sensitive Evaluation des Pankreasparenchyms. Die Sensitivität für den Nachweis eines Pankreaskarzinoms beträgt etwa 90%, wobei die Spezifität insbesondere bei gleichzeitigem Vorliegen einer chronischen Pankreatitis deutlich niedriger liegt (Kahl u. Malfertheiner 2004). Diagnostische Zweifel können durch eine transgastrale oder transduodenale EUS gestützte Feinnadelaspirationsbiopsie ausgeräumt werden (⊡ Abb. 4.13) Eine korrekte Diagnose in der Klassifikation von Raumforderungen des Pankreas kann in mehr als 90% der Fälle durch endosonographische Punktion erzielt werden (Chang et al 1997, Hünerbein et al 1998). Neben der histologischen Differenzierung von benignen und malignen Raumforderungen des Pankreas ermöglicht die Endosonographie ein akkurates Staging des Pankreaskarzinoms. Sowohl die T-Kategorie als auch der Lymphknotenstatus können mit einer Genauigkeit von 80-90% vorhergesagt werden (Gress et al 1999). Neben dem TNM-Staging kann die Resektabilität im Hinblick auf die Infiltration relevanter Gefäße wie der Pfortader oder V. mesente-
65 4.2 · Endoskopie und Endosonographie, ERCP
rica superior gut beurteilt werden (Brugge et al 1996). Aufgrund der hohen Auflösung ist eine Stärke der Endosonographie die Lokalisationsdiagnostik von kleinen endokrinen Pankreastumoren mit einem Durchmesser von weniger als 2 cm. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit extrapankreatischer Manifestationen werden z.B. für Gastrinome und Insulinome hohe Detektionsraten von etwa 70% berichtet (Rösch et al 1992). Die perorale Pankreatikoskopie kann zur Diagnostik unklarer Pankreasgangstenosen insbesondere bei Patienten mit chronischer Pankreatitis eingesetzt werden. Die Pankreatikoskopie stellt eine Spezialuntersuchung dar, die nur in selektierten Fällen ergänzend zu den vielfältigen diagnostischen Maßnahmen, einschließlich Endosonographie und MRCP, indiziert ist. Hierdurch wird auch ohne Papillotomie eine direkte optische Beurteilung des Pankreasgangsystems ermöglicht. Allerdings liegt die Sensitivität für die Detektion eines Pankreaskarzinoms lediglich bei ca 50%. Im Gegensatz dazu lassen sich intraduktale muzinöse Pankreastumoren (IPTM) in mehr als 90% der Fälle nachweisen (Yamao et al 2003). Diese schleimbildenden Tumoren sind mit anderen bildgebenden Verfahren nur schwer zu differenzieren, sodass die Pankreatikoskopie hier einen hohen Stellenwert besitzt, während diese Methode für die Primärdiagnostik des Pankreaskarzinoms nur in Einzelfällen indiziert ist. Obwohl die intraduktale Sonographie auch im Pankreasgang eingesetzt werden kann, gibt es nur wenige Indikationen wie z.B. unklare anderweitig nicht diffe-
⊡ Abb. 4.13 Intraduktaler Ultraschall des D. choledochus mit Darstellung eines 4 mm großen periduktalen Lymphknoten bei unauffälliger Wandschichtung
renzierbare Strikturen, die diese invasive Untersuchung rechtfertigen würden. Die Datenlage zur Aussagekraft des IDUS im Pankreas ist begrenzt, sodass diese Untersuchungstechnik in der Regel im Rahmen von prospektiven Untersuchungen zur Anwendung kommen sollte.
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4
66
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
4.3
Staginglaparoskopie und laparoskopischer Ultraschall
M. Birth, P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Hoffmann
4
In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Staginglaparoskopie erstmals bei primären Lebertumoren und -metastasen durchgeführt, um ein multifokales Tumorwachstum und insbesondere eine ggf. vorliegende peritoneale Dissemination, die der präoperativen bildgebenden Diagnostik entgangen war, nachzuweisen bzw. auszuschließen (⊡ Abb. 4.14). Während zum damaligen Zeitpunkt nur die Möglichkeit einer Resektion vs. Feststellung der Inoperabilität erwartet werden konnte, ist die Laparoskopie heute sinnvoller Bestandteil einer erweiterten Diagnostik, um ein individuell »maßgeschneidertes«, regelhaft multimodales Vorgehen festzulegen. > Vorrangiges Ziel ist die Verifizierung palliativer Situationen (lokale Irresektabilität, Peritonealkarzinose, multiple Lebermetastasierung), um Patienten unnötige Laparotomien zu ersparen.
Im Rahmen der Inspektion aller vier Quadranten des Abdomens können dabei peritoneale Absiedlungen bis zu einer Größe von 0,5-1 mm sicher identifiziert werden. Durch atraumatische Manipulation des Intestinums mit einem Stieltupfer sowie Positionsveränderungen des Tisches lassen sich die parakolischen Rinnen, der subphrenische Raum beidseits und das Beckenperitoneum sicher beurteilen. Da die alleinige Laparoskopie relevante Limitationen aufweist, wie den Verlust der taktilen Sensibilität, lediglich zweidimensionale Situsdarstellung, eingeschränkte Visualisierung von Lymphknoten und fehlende Beurteilbarkeit der Gefäßstrukturen inclusive
ihrer Lagebeziehung zu den Tumoren wird zusätzlich der laparoskopische intraoperative Ultraschall (LIOU) eingesetzt, um die erwarteten Fragestellungen zu beantworten (John et al 1994, Birth u. Weiser 2000). Den sonographischen Anforderungen genügen dafür nur hochauflösende semiflexible Sonden mit Farbdopplermodus (Birth u. Weiser 2000).
4.3.1
Leber
Nach optischer Inspektion erfolgt eine mäanderförmige Führung des Schallkopfes über die Leberoberfläche zur systematischen Durchmusterung des gesamten Parenchyms. Im Vergleich zum offenen Ultraschall ist der LIOU Limitationen durch die eingeschränkte Zugänglichkeit der rechts-apikalen Lebersegmente ausgesetzt. > Sinnvolle Indikationen für die laparoskopischsonographische Untersuchung sind ▬ Lebertumoren unklarer Dignität, die einer transkutanen Punktion aufgrund ihrer Lage nicht zugänglich sind, ▬ subkapsuläre Tumoren wegen der Gefahr von Tumorzellverschleppung und Nachblutung sowie ▬ kleine Raumforderungen mit unmittelbarem Kontakt zu sensiblen Nachbarorganen.
Bei geplanter laparoskopischer Leberresektion oder Thermoablation ist die LIOU analog zum offenen Vorgehen eine conditio sine qua non. Eine Vielzahl von Studien verglich die Staginglaparoskopie (inkl. laparoskopischem Ultraschall) mit der präoperativ durchgeführten Bildgebung (CT, MRT, transkutaner Ultraschall, PET, PET-CT) (Milsom et al 2000, Rahusen et al 2000, Kienle et al 2002, Wakelin et al 2002, Chen et al 2003, Sarela et al 2006). Trotz der großen Fortschritte
der bildgebenden Diagnostik im letzten Jahrzehnt ließen sich zusätzliche Befunde durch den LIOU zum Nachweis einer Peritonealkarzinose und insbesondere beim Nachweis von kleinen Lebermetastasen (<1 cm) darstellen (⊡ Abb. 4.15, ⊡ Tab. 4.1). > Hierbei ist entscheidend, dass bei einem interventionellen Vorgehen mit z.B. geplanter Radiofrequenzablation jede der zusätzlich nachgewiesenen Metastasen zu 100% therapierelevant ist.
⊡ Abb. 4.14 Ausgeprägte Peritonealkarzinose
Entsprechend weist eine umfangreiche Metaanalyse eine deutliche Überlegenheit des laparoskopischen oder offenen Zugangsweges gegenüber der perkutanen Ablation von Lebertumoren in Bezug auf die Lokalrezidivrate
67 4.3 · Staginglaparoskopie und laparoskopischer Ultraschall
nach (Mulier et al 2005). Ursächlich hierfür ist auch der intraoperativ häufig zusätzliche Nachweis weiterer bisher unbekannter Lebermetastasen. Im eigenen Patientenkollektiv konnten trotz hochqualitativer präoperativer Bildgebung bei 33% der laparoskopierten Patienten zusätzliche Metastasen nachgewiesen werden (Birth et al 2003, Hildebrand et al 2005). Vorliegendes Schrifttum zusammenfassend und unter Berücksichtigung fehlender Daten vom Evidenzlevel 1 finden sich durch Laparoskopie und LIOU zusätzliche therapierelevante Befunde in 4,8-38% und eine Steigerung der Resektabilitätsrate um 9-27%. Dies führt gerade bei Patienten mit HCC in Zirrhose zu einer Senkung der Morbidität und Letalität durch Vermeidung explorativer Laparotomien (Lo et al 2001, Montorsi 2001) Generelle Empfehlungen zur prinzipiellen Durchführung einer Staginglaparoskopie mit LIOU bei Lebertumoren sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch umstritten, da die Rate falsch negativer Befunde bezüglich der Resektabilität bei bis zu 15% liegt. Insofern gilt die offene Exploration inklusive intraoperativer Sonographie nach wie vor als Goldstandard. Großzügig sollte die Indikation bei Verdacht auf extrahepatische, intraabdominelle Tumorabsiedlungen, insbesondere eine Peritonealkarzinose gestellt werden.
a
4.3.2
b
⊡ Abb. 4.15 Lebertumor unklarer Dignität. 6 mm großer präoperativ unentdeckter Lebertumor unklarer Dignität (Metastase oder Hämangiom?) laparokopische sonographiegestütze Punktion des entsprechenden Tumors (b) Schnellschnittdiagnose: Metastase eines Adenokarzinoms
Gallenblase und Gallenwege
Biliäre Tumoren sind aggressive Malignome, die zum Zeitpunkt der Exploration häufig ein fortgeschrittenes und inkurables Stadium aufweisen. Trotz extensiver präoperativer Bildgebung konnte die Resektabilitätsrate nach Exploration nicht über 40-60% gesteigert werden (Connor et al 2005, Dixon et al 2005, Hemming et al 2005, Lang et al 2005, Weber et al 2002).
⊡ Tab. 4.1 Ergebnisse der Staginglaparoskopie bei primären und sekundären Lebertumoren (mod. nach Feußner 2006) Autor
Patienten
zusätzliche Informationen LK-Befall
Lebertumor
Peritonealmetastasen
Gesamt
Falsch-negative Befunde
John 1994
50 LSK 43 LIOU
5
11 14
–
26/43 (60%)
–
Feld 1996
19 LIOU
–
–
–
6/19 (32%)
2/19 (11%)
Foroutani 2000
55
4
11
–
11/55 (20%)
–
Montorsi 2001
70
Thaler 2005
136
Goere 2006
39
14 11 (8%)
39/70 (57%)
8 (5,9%)
15 (11%)
66/136 (48%)
5 (13%)
11 (28%)
16/39 (41%)
4
68
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Schon frühzeitig ist versucht worden durch eine explorative Laparoskopie unnötige Laparotomien zu ver-
4
meiden. Ältere Arbeiten, die den Einsatz der Staginglaparoskopie bei Patienten mit Gallenblasenkarzinomen untersuchten, fanden zusätzliche Befunde in bis zu 80%, wobei zuvor jedoch meist nur eine eingeschränkte Diagnostik durchgeführt wurde (Dagnini et al 1984, Kriplani et al 1992). Selbstverständlich ist die Qualität der bildgebenden Diagnostik entscheidend, wenn der Wert einer Laparoskopie geprüft wird. Mittlerweile liegen aktuelle Arbeiten vor, die im Anschluss an eine umfassende und qualitativ hochwertige präoperative Bildgebung eine Staginglaparoskopie z.T. mit laparoskopischem Ultraschall anschlossen. Im Memorial Sloan-Kettering Cancer Center wurden zwischen 1997 und 2001 100 potenziell resektable Gallenblasenkarzinome (n=44) bzw. hiläre cholangiozelluläre Karzinome (n=56) vor der offenen Exploration laparoskopiert. Die Laparoskopie identifizierte 35 Patienten als irresektabel (35%), darunter 23 Patienten mit Peritonealkarzinose, 10 Patienten mit Lebermetastasen, sowie 2 mit systemischen Lymphknotenmetastasen. Der alleinige Nachweis positiver Lymphknoten in der Leberpforte galt dabei nicht als Inoperabilitätskriterium. In der nachfolgenden offenen Exploration erwiesen sich weitere 34 der 65 Patienten kurativ inoperabel wegen eines lokal fortgeschrittenen Tumors (n=19) und/oder peritonealer (n=3), Leber(n=4) bzw. systemischen Lymphknotenmetastasen (n=8). Damit lag die overall accuracy der Laparoskopie bezüglich des Nachweises der Irresektabilität bei nur 51%. Sensitivität und Gesamtgenauigkeit der Laparoskopie waren bei Gallenblasenkarzinomen (48% respektive 58%) deutlich
höher als bei Klatskin-Tumoren (25% respektive 42%) (Weber 2002). Die französische Arbeitsgruppe um Belghiti evaluierte prospektiv 39 Patienten mit Gallenblasenkarzinomen sowie intrahepatischen und hilären Cholangiokarzinomen. Nach Ultraschall, triphasischer CT und MRT wurden die Patienten laparoskopiert. 14 Patienten (36%) wiesen einen inkurablen Befund wegen einer Peritonealkarzinose (n=11) und/oder Lebermetastasierung (n=5) auf. In der nachfolgenden offenen Exploration von 24 der verbliebenden Patienten fanden sich weitere 9 Patienten (37%) als inkurabel wegen lokaler Irresektabilität (n=6) und/oder intraabdominellen Fernmetastasen (n=6) (Goere et al 2006). Sensitivität und Richtigkeit der Laparoskopie lagen insgesamt bei 38% bzw. 61% und differenzierten ebenso zwischen den einzelnen Tumorentitäten (⊡ Tab. 4.2) Ähnlich wie beim Pankreaskarzinom ist die Laparoskopie übereinstimmend nicht geeignet die lokal fortgeschrittenen, irresektablen Gallenwegstumoren zu identifizieren. Auch der laparoskopische Ultraschall kann dieses Dilemma nur unbefriedigend verbessern, zumal die sekundäre Inflammation durch biliäre Stents die sonographische Bewertbarkeit zusätzlich verschlechtert (Weber 2002, Van Delden et al 1997). Zusammenfassend kann die Laparoskopie zur Erfassung distanter intraabdomineller Tumorabsiedlungen insbesondere bei Gallenblasenkarzinomen und fortgeschrittenen cholangiozellulären Karzinomen empfohlen werden (⊡ Tab. 4.2), aber nicht die lokale Resektabilität klären. In etwa einem Drittel der Fälle ist so eine Laparotomie vermeidbar und der stationäre Aufenthalt zu ver-
⊡ Tab. 4.2 Sensitivität und Gesamtgenauigkeit der Laparoskopie zum Nachweis einer inoperablen Situation (mod. nach Weber 2002 und Goere et al 2006) Studie
Tumortyp
Goere 2006
Weber 2002
N
Sensitivität Laparokopie
Gesamtgenauigkeit Laparoskopie
GBC
8
62% (5/8)
83% (5/6)
IHC
11
36% (4/11)
67% (4/6)
HC
20
25% (5/20)
45% (5/11)
HC
56
25% (14/56)
42% (14/33)
GBC
44
48% (21/44)
58% (21/36)
T1
23
9% (2/23)
29% (2/7)
T2
29
38% (11/29)
50% (11/22)
T3
4
25% (1/4)
25% (1/4)
HC
Tumorstadium
GBC Gallenblasenkarzinom, IHC intrahepatisches cholangiozelluläres Karzinom, HC hiläres cholangiozelluläres Karzinom
69 4.3 · Staginglaparoskopie und laparoskopischer Ultraschall
kürzen. Insbesondere Kandidaten für komplexe invasive Prozeduren, etwa einer portalvenösen Embolisation zur Leberhypertrophie vor geplanter erweiterter Resektion, sollten zuvor laparoskopiert werden. Bei der Indikationsstellung müssen jedoch auch nachfolgende palliativchirurgische Maßnahmen Berücksichtigung finden, da deren Notwendigkeit eine vorgeschaltete Laparoskopie unsinnig macht ( Kap. 37.1).
4.3.3
Pankreas
Aufgrund der nach wie vor unzuverlässigen Abgrenzbarkeit entzündlicher gegenüber tumoröser Pankreasprozesse und der schwierigen präoperativen Bewertung einer Resektabilität (Gefäßinfiltration, peritoneale sowie periphere Lymphknoten- und Lebermetastasen) ist die »erweiterte diagnostische Laparoskopie« (EDL) inclusive LIOU und Peritoneallavage wiederholt propagiert worden (Feußner et al 2006). Mittlerweile liegen umfangreiche Daten vor, die eine relativ valide Bewertung zulassen.
Demgegenüber haben jedoch nahezu alle aktuellen Studien gezeigt, dass die EDL in einem erheblichen Ausmaß zusätzliche, präoperativ trotz moderner Bildgebung unerkannte Fernmetastasen und insbesondere eine Peritonealkarzinose aufdecken kann (⊡ Tab. 4.3). Entscheidend ist dabei, inwieweit das therapeutische Konzept tatsächlich geändert wird, insbesondere unter dem Aspekt notwendiger palliativer operativer Maßnahmen bei Magenausgangsstenose und Ikterus ( Kap. 37). Insofern erklärt sich die Suche nach Selektionskriterien für Patienten, die in besonderem Maße von einer EDL profitieren könnten. Dazu gehören wahrscheinlich Patienten mit einem fortgeschrittenen Tumor (Camacho et al 2005, Lavonius et al 2001, Thomson 2006), mit Corpus- oder Schwanzkarzinomen (Camacho et al 2005, Bairreiro et al 2002, Farnell et al 2001) sowie mit stark erhöhtem CA 19-9 (Connor at al 2005). Zusammenfassend sollte immer dann, wenn der Verdacht auf eine Peritonealkarzinose besteht und palliative Eingriffe nicht erforderlich sind unbedingt eine EDL vorgeschaltet werden.
Literatur > Das Problem der lokalen Resektabilität kann auch am Pankreas durch die EDL nicht gelöst werden, da trotz des Einsatzes hochauflösender Sonographiesonden kaum zwischen Infiltration und peritumoröser Entzündung zu differenzieren ist.
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⊡ Tab. 4.3 Wertigkeit der erweiterten diagnostischen Laparoskopie im Staging des Pankreaskarzinoms (aus Feußner u. Härtl 2006) Autor
Anzahl Patienten
Nachweis
M1
Änderung der therapeutischen Strategie
Cuschieri 1988
73
55 (6)
73 (8)
5%
Warshaw 1990
40
15
35
n.a.
Meduri 1994
56
31
55
55
John 1995
40
14
35
n.a.
Bemelman 1995
70
16
23
n.a.
Sand 1996
29
11
38
Reddy 1999
109
39
36
29
Jimenez 2000
125
39
31
–
Taylor 2001
51
13
25
53
White 2001
90
21
23
n.a.
Nieeven van Dijkum 2003
297
39
13
13
Shoup 2004
100
37
37
n.a.
Thomson 2006
152
25
16,4
37
4
70
4
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Birth M, Hildebrand P, Leibecke T, Bruch HP (2003) Das hepatisch metastasierte kolorektale Karzinom – chirurgische und interventionelle Therapieoptionen. Viszeralchirurgie 38: 267-275 Birth M, Weiser HF (2000) in: Weiser HF, Birth M (ed) Viszeralchirurgische Sonographie, Springer 449-484 Camacho D, Reichenbach D, Duerr GD et al (2005) Value of laparoscopy in the staging of pancreatic cancer. JOP 6(6): 552-561 Carrere N, Sauvanet A, Goere D, Kianmanesh R, Vullierme MP, Couvelard A, Ruszniewski P, Belghiti J (2006) Pancreaticoduodenectomy with mesentericoportal vein resection for adenocarcinoma of the pancreatic head. World J Surg 30(8): 1526-1535 Chen F, Ni YC, Zheng KE, Ju SH, Sun J, Ou XL, Xu MH, Zhang H, Marchal G (2003) Spiral CT in gastric carcinoma: comparison with barium study, fiberoptic gastroscopy and histopathology. World J Gastroenterol 9(7):1404-8. Connor S, Barron E, Wigmore SJ, Madhavan KK, Parks RW, Garden OJ (2005) The utility of laparoscopic assessment in the preoperative staging of suspected hilar cholangiocarcinoma. J Gastrointest Surg. 9(4):476-80 Connor S, Bosonnet L, Alexakis N et al. (2005) Serum CA19-9 measurement increases the effectiveness of staging laparoscopy in patients with suspected pancreatic malignancy. Dig Surg 22(1-2): 80-85 Dagnini G, Marin G, Patella M, et al. Laparoscopy in the diagnosis of primary carcinoma of the gallbladder (1984) A study of 98 cases. Gastrointest Endosc 30: 289-291 Dixon E, Vollmer CM Jr, Sahajpal A, Cattral M, Grant D, Doig C, Hemming A, Taylor B, Langer B, Greig P, Gallinger S (2005) An aggressive surgical approach leads to improved survival in patients with gallbladder cancer: a 12-year study at a North American Center. Ann Surg. 241(3):385-94 Farnell MB, Nagorney DM, Sarr MG (2001) The mayo clinic approach to the surgical treatment of adenocarcinoma of the pancreas. Surg Clin N Am 81(3): 611-623 Feußner H, Härtl F (2006) Staginglaparoskopie in der Onkologie. Chirurg 77: 971-980 Goere D, Wagholikar GD, Pessaux P, Carrère N, Sibert A, Vilgrain V, Sauvanet A, Belghiti J (2006) Utility of staging laparoscopy in subsets of biliary cancers. Laparoscopy is a powerful diagnostic tool in patients with intrahepatic and gallbladder carcinoma. Surg Endosc 20: 721-725 Hemming AE, Reed AI, Fujita S, Foley D, Howard RJ (2005) Surgical management of hilar cholangiocarcinoma. Ann Surg 241: 693702 Henne-Bruns D, Vogel I, Schröder S, Schreiber HW, Kremer B (1993) Resection of liver metastases of colorectal cancers. Results and prognostic factors. Chirurg Apr 40(2): 145-9 Hildebrand P, Kleemann M, Bruch HP, Birth M (2005) Laparoskopische Radiofrequenzablation von primären und sekundären Lebertumoren. Minimal Invasive Chirurgie 14: 215-219 Ishak KG (1988) Benign tumors and pseudotumors of the liver. Appl Pathol. 6: 41-52 John TG, Greig JD, Cosbie JL et al (1994) Superior staging of liver tumors with laparoscopy and laparoscopic ultrasound. Ann Surg 220:711-719 Kienle P, Buhl K, Kuntz C, Dux M, Hartmann C, Axel B, Herfarth C, Lehnert T (2002) Prospective comparison of endoscopy, endosonography and computed tomography for staging of tumours of the oesophagus and gastric cardia. Digestion. 66(4):230-6.
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71 4.4 · Intraoperative Diagnostik
4.4
Intraoperative Diagnostik
M. Birth, M. Hoffmann
4.4.1
Intraoperative Sonographie am offenen Abdomen
Die Durchführung einer intraoperativen Ultraschalluntersuchung der Leber ist integraler Bestandteil jedes leberchirurgischen Eingriffes. Während die Organinspektion und -palpation nur oberflächliche Strukturen erfassen kann, ermöglicht die systematische intraoperative Lebersonographie die Lokalisation von in der Organtiefe gelegenen Prozessen und deren topografische Abgrenzung vom intrahepatischen Gefäß- und Gallengangssystem. Mit der differenzierten Beurteilung der Echotextur hepatischer Läsionen können zystische von soliden Prozessen unterschieden und ein Rückschluss auf die Art der vorliegenden Läsion getroffen werden. Neben dem in der Operationsroutine notwendigen Ausschluss pathologischer Veränderungen besteht der Vorteil der intraoperativen Lebersonographie vor allem in der Erfassung okkulter Prozesse, die unter der Grenzauflösung präoperativer diagnostischer Verfahren liegen. Entsprechendes gilt gerade für gastrointestinale Tumoren mit bevorzugt hepatischer Metastasierung. Die komplexe Überlagerung der intrahepatischen anatomischen Strukturen erfordert eine Standardisierung der Untersuchungsdurchführung. Bezüglich der Befundzuordnung hat sich die internationale Nomenklatur nach Couinaud bewährt (Couinaud 1981). Zur suffizienten Durchführung des intraoperativen Ultraschalls ist eine Durchtrennung des Lig. falciforme hilfreich. Die Untersuchung wird sowohl von der Leberoberfläche als auch von der Leberunterfläche durchgeführt. Zur Untersuchungstechnik und zum Ablauf der Untersuchung wird auf entsprechende Kapitel spezialisierter Lehrbüchern verwiesen (Harms 1999, Birth u. Weiser 2000). Trotz des sonographischen Nachweises hepatischer Läsionen bleibt die definitive Diagnosestellung der histologischen Untersuchung vorbehalten. Dennoch lassen sich pathologische Leberbefunde aufgrund ihrer spezifischen Sonomorphologie, die sich beim transkutanen Vorgehen nicht wesentlich unterscheiden, voneinander differenzieren. Eindeutige Kriterien für das Vorliegen einer benignen Läsion existieren nicht, auch wenn Komprimierbarkeit des Herdes sowie ein verdrängendes Wachstum eher dafür sprechen. Metastasen können prinzipiell alle Echogenitäten aufweisen und gerade unter Chemotherapie diese auch verändern ( Kap. 3.1). Unspezifische Malignitätskriterien sind das Vorliegen einer unscharfen Randbegrenzung, Imkompressibilität sowie der Nachweis eines hypoecho-
genen Randsaums (»Halo«) der einer fibrösen Reaktion am Tumorrand entspricht (Shinagawa 1984). Bei einem Fehlen des Halos ist häufig von einer etwas über die sonographisch erkennbare Metastasengrenze hinausgehende Infiltration des Lebergewebes auszugehen (Visconi 1981). Der Einsatz der farbcodierten Duplexsonographie oder gar einer kontrastmittelunterstützten Sonographie kann in Einzelfällen hilfreich sein (⊡ Abb. 4.16). Die im vorhergehenden Abschnitt gemachten Ausführungen zum laparoskopischen intraoperativen Ultraschall
a
b
⊡ Abb. 4.16 Die enge Lagebeziehung zwischen der Metastase und der mittleren Lebervene lässt eine R0-Resektion nur durch erweiterte Hemihepatektomie erwarten. Durch die farbcodierte Duplexsonographie (a) kann allerdings eine Infiltration ausgeschlossen werden
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72
4
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
bei der Klärung einer möglichen Infiltration biliärer oder vaskulärer Strukturen und bei der Einhaltung eines Sicherheitsabstandes gelten selbstverständlich auch für das offene Vorgehen in gleicher Weise (Velasco 1990). So ist die Durchführung segmentaler oder subsegmentaler parenchymsparender Leberresektionen mit onkologisch vergleichbaren Langzeitergebnissen wie bei ausgedehnten Resektionen erst unter sonographischer Diskriminierung anatomisch-funktioneller Grenzen möglich (Castaing 1989, Gozetti 1988, Gozetti 1986, Makuuchi 1984, Nagasue 1989, Trayour 1988) (⊡ Abb. 4.16). Während sich Gallenblasenkarzinome aus sonographischer Sicht wie Lebertumoren verhalten, stellen hiläre Cholangiokarzinome eine besondere Herausforderung dar, weil ihre Abgrenzung vom umgebenen Lebergewebe bzw. den Gefäßstrukturen der Leberpforte zumeist nur in fortgeschrittenen Fällen gelingt. Die bevorzugte Ausbreitung der Tumoren periduktal als auch entlang der Perineuralscheiden ist sonographisch praktisch nicht zu erfassen. Darüber hinaus ist ein diskontinuierliches und multifokales Wachstum möglich (Wittekind u. Tannapfel 1999). Hier hat der intraoperative Schnellschnitt einen besonderen Stellenwert, nicht selten kann jedoch erst am Resektat über eine erfolgreiche oder R1-Resektion entschieden werden. Analog ist die Situation beim Pankreaskarzinom. Fortgeschrittene Tumoren mit Gefäß- oder Umgebungsinfiltration sind regelhaft in der präoperativen Diagnostik nachzuweisen. Problematisch ist die Abgrenzung von Tu-
⊡ Abb. 4.17 Sonographischer Nachweis eines vergrößerten Lymphknotens im Ligamentum hepatoduodenale (roter Pfeil) sowie einer kleinen Lebermetastase (grüner Pfeil)
mor zu peritumoröser Entzündung, wozu die Sonographie keinen relevanten Beitrag leisten kann. Allenfalls der sonographische Nachweis von Lebermetastasen bzw. das sonographiegestützte Auffinden befallener systemischer Lymphknoten (⊡ Abb. 4.17) kann in Einzelfällen eine Resektionsentscheidung beeinflussen.
4.4.2
Stellenwert intraoperativer Schnellschnittuntersuchungen
Die Schnellschnittuntersuchung einer repräsentativen Tumorprobe ermöglicht es zumeist, zwischen benignen und malignen Raumforderungen sowie zwischen primären und sekundären Lebermalignomen zu unterscheiden. Aktuelle Daten dokumentieren eine Dignitätsfestlegung mit einer Sensitivität von 96,9% bei einer Spezifität von 99,1%. Leberhamartome wurden im Schnellschnitt am ehesten als maligne Raumforderung fehlinterpretiert (Rakha 2006). Therapierelevanz hat insbesondere die Untersuchung von im Rahmen des leberchirurgischen Eingriffes festgestellten weiteren hepatischen Raumforderungen (bis zu 50% bei primär multipler Metastasierung), da bei Feststellen einer diffusen Metastasierung ggf. von einer Resektion abgesehen werden muss. > Bei Problemen einer eindeutigen Diagnosestellung im Schnellschnitt besteht Meinungskonsens hinsichtlich einer intraoperativen Festlegung zugunsten einer Resektion des Tumors unter kurativen Gesichtspunkten (Nagasue 1984, Lechago 2005).
Besondere Bedeutung hat der Schnellschnitt bei der Untersuchung extrahepatischer Herdsetzungen des Peritoneums oder von nicht lokalen Lymphknoten. Der Nachweis einer generalisierten Tumorerkrankung (Peritonealkarzinose) oder systemischer Lymphknotenstationen ermöglicht frühzeitig dem Patienten einen invasiven Eingriff zu ersparen und verringert das Zeitfenster bis zum postoperativen Beginn palliativer Maßnahmen. Des Weiteren ist häufig eine Verdachtsdiagnose bezüglich des wahrscheinlichen Primarius der hepatischen Metastasen im Schnellschnitt möglich, sofern diese nicht bekannt ist. Die weitaus häufigste Ursache einer malignen Raumforderung in der Leber sind Metastasen der Adenokarzinome von Kolorektum, Magen oder Pankreas (Nakazawa 1968). Nach erfolgter Resektion besteht eine weitere Indikation für eine intraoperative Schnellschnittanforderung in der Untersuchung des Schnittrandes zum Nachweis einer R0-Resektion. Durch die Bestätigung eines tumorfreien Schnittrandes oder den Nachweis einer Invasion durch Tumorzellen wird das weitere therapeutische Vorgehen
73 4.5 · Präoperative Blutuntersuchungen
(Nachresektion, Beendigung des Eingriffes, Palliation) festgelegt.
Literatur Birth M, Weiser HF (2000) in: Weiser HF, Birth M (ed) Viszeralchirurgische Sonographie, Springer 449-484 Castaing D, Gardus JO, Bismuth H (1989) Segmental liver resection using ultrasound guided selective portal occlusion. Ann Surg 210: 20-29 Couinaud C (1981) Controlled hepatectomies and exposure of the hepatic ducts. In: Couinaud C (ed) Anatomical and technical study. Couinaud, Paris, p 27 Gozetti G, Mazziotti A, Belondi L, Cavallari A et al. (1986) Intraoperative ultrasonography in surgery for liver tumors. Surgery 99: 573-581 Gozetti G, Mazziotti A, Cavallari A, Bellusci R et al. (1988) Clinical experience with liver resections for hepatocellular carcinoma in patients with cirrhosis. Surg Gynecol Obstet 166: 503-510 Harms JH, Siewert JR, Stadler J, Feussner H (1999) Intraoperative sonography. In: Weiser HF, Birth M (ed) Viszeralchirurgische Sonographie, Springer 431-437 Lechago J (2005) Frozen Section Examination of Liver, Gallbladder and Pancreas. Arch Pathol Lab Med 129: 1610-1618 Makuuchi M (1984) Abdominal intraoperative ultrasound. In: Makuuchi M (ed) Abdominal ultrasound in abdominal surgery. IgakuShou, Tokyo, p217 Nagasue N, Akamizu H, Yukaya H, Yuuki I (1984) Hepatocellular pseudotumor in the cirrhotic liver: report of three cases. Cancer. 1984; 54: 2487-2494 Nagasue N, Kohno H, Chang YC (1989) Intraoperative ultrasonography in resection of small hepatocellular carcinoma associated with cirrhosis. Am J Surg 158: 40-45 Nakazawa H, Rosen P, Lane N, Lattes R (1968) Frozen section experience in 3000 cases: accuracy, limitations, and value in residence training. Am J Clin Pathol. 49: 41-52 Rakha E, Ramaiah S, Mc Gregor A (2006) Accuracy of frozen section in the diagnosis of liver mass lesions J Clin Pathol. 59(4): 352-4 Shinagawa T, Ohto M, Okuda K (1984) Diagnosis and features of small hepatocellular carcinoma with emphasis on the utility of realtime ultrasonography. Gastroenterology 86: 495-502 Trayour O, Castaing D, Bismuth H (1988) Preoperative ultrasonography in the surgery of hepatic tumors. Br J Surg 75: 197-202 Velasco JM, Montana LL, Vallina V (1990) Intraoperative endoscopy and ultrasonography. Probl Gen Surg 7: 352-356 Visconi GN, Gonazalez R, Taylor KJ (1981) Histopathological correlation of ultrasound appearances of hepatic liver metastases. J Clin Gastroenterol 3: 395-400
4.5
Präoperative Blutuntersuchungen
M. Hoffmann, J. Spengler, M. Birth Die präoperativ durchzuführende Labordiagnostik gliedert sich einerseits in ein Routinelabor, welches an die Erfordernisse der Leber- und Pankreaschirurgie anzupassen ist und anderseits die Bestimmung von »Tumormarkern« mit denen unter bestimmten Bedingungen (s.u.) ein Monitoring des Verlaufs der Tumorerkrankung möglich ist.
4.5.1
Labor
Zum präoperativen Routinelabor gehört im Wesentlichen die Bestimmung der folgenden Parameter: ▬ Hämoglobin/Hämatokrit: zur Abschätzung eines ggf. bestehenden Transfusionsbedarfs von Erythrozytenkonzentraten ▬ weißes Blutbild: insbesondere auch nach Chemotherapie ▬ Gerinnungsstatus: der Quick- und der AT III-Wert sollten auf mindestens 50% angehoben werden ▬ Thrombozyten: unter anderem auch Abklärung einer Thrombozytopenie bei Zirrhose und vor ggf. geplantem rückenmarksnahen Anästhesieverfahren ▬ Elektrolyte: u.a. Verschiebungen bei Zirrhose und Hyperaldosteronismus, ▬ Serum-Kreatinin, -Harnstoff: Nierenerkrankungen / kardiovaskuläre Erkrankungen / Diabetes mellitus / Diuretika-Therapie / Digitalis-Medikation ▬ Blutglucose: Diabetes mellitus ▬ Leberenzyme, Cholinesterase, Bilirubin: u.a. Abschätzung des Ausmaßes einer hepatischen Schädigung, ▬ Gesamt-Eiweiß, Albumin, Quick: Abschätzung der Synthesekapazität der Leber Bezüglich der Besonderheiten einzelner Laborparameter wird auf weiterführende Literatur verwiesen.
4.5.2
Tumormarker
Tumormarker sind messbare im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten zirkulierende Proteine oder Glykoproteine. Sie sind entweder Bestandteil der Zellmembran oder des Zytoplasmas der Tumorzelle, z.B. tumorassoziierte Antigene, oder werden von gesundem Gewebe als Reaktion auf das maligne Wachstum gebildet. So kann der Nachweis von Tumormarkern sowie ihre Konzentrationsänderung ein Indikator für malignes Wachstum sein, allerdings sind sie nicht hochspezifisch für ein malignes Geschehen, sondern werden auch unter reaktiven physiologischen Bedingungen gebildet. ! Cave! Alle heute bekannten Tumormarker eignen sich nicht zu Screening-Untersuchungen aufgrund ihrer mangelnden Sensitivität und Spezifität.
Daher besteht die Indikation zur Bestimmung von Tumormarkern im Wesentlichen im Rahmen der Therapie und Verlaufskontrolle maligner Tumoren. Die Markerspiegel im Blut haben definierte Halbwertszeiten (z.B. AFP ca. 5 Tage), sodass eine sofort postoperativ durchgeführ-
4
74
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
te Markerbestimmung nicht immer aussagekräftig ist. Im Umkehrschluss lassen sich aber aus der Dynamik der Tumormarkerspiegel im Blut Rückschlüsse auf das Wachstum und die Aggressivität des Tumors ziehen (Demke 2006).
Einteilung der Tumormarker
4
1. Onkofetale und onkoplazentare Antigene: z.B. CEA, AFP, βHCG 2. Hybridom definierte Antigene: z.B. CA 19-9, CA 125, CA 15-3, CA 72-4 3. Differenzierungs- und Proliferationsantigene: z.B. NSE, PAP, ß-Mikroglobulin, CYFRA 21-1, PSA 4. Ektopisch gebildete Hormone: z.B. βhCG, ACTH, Calcitonin, Insulin, Parathormon, VIP 5. Ektopisch gebildete Proteine: z.B. Bence-JonesProtein, Ferritin, monoklonales Immunglobulin
Cancer Antigen 19-9 (CA 19-9) Das CA 19-9 besitzt die höchste Sensitivität in der Diagnostik des Pankreaskarzinoms. Bei Tumoren größer 3 cm liegt die Sensitivität bei 85-90%, bei Tumoren kleiner 3 cm bei ca. 50% (Duraker et al 2007). Auch für das Gallenwegskarzinom ist das CA 19-9 der Tumormarker mit der höchsten Sensitivität, die bei ca. 70% liegt (Nehls et al 2004). Benigne Erkrankungen der Leber, der ableitenden Gallenwege und des Pankreas gehen äußerst selten mit einer Erhöhung des CA 19-9 über 100 U/l einher.
Alpha-Fetoprotein (AFP) Das AFP stellt den Tumormarker der ersten Wahl beim hepatozellulären Karzinom dar. Bei dieser Tumorentität weist es eine Sensitivität von bis zu 85% auf. Allerdings ist das AFP auch bei der Leberzirrhose ohne HCC häufig erhöht (Zhou et al 2006).
Literatur Die Tumormarkerkonzentration hängt von verschiedenen biologischen Kriterien ab: ▬ Gesamtzahl der markerbildenden Zellen ▬ Tumormasse ▬ Tumorausbreitung ▬ Tumorstadium ▬ Tumormetabolismus ▬ Tumorexpression, Syntheserate des Tumormarkers: Trägt der Tumor den assoziierten Marker? ▬ Freisetzungsrate: Sekretor oder Non-Sekretor? ▬ Blutversorgung: Gelangen Marker in die Zirkulation? ▬ Tumorkatabolismus ▬ Gewebenekrosegrad ▬ Zerfall unter Therapie: Radiatio oder Zytostase ▬ Insuffizienz abbauender Organe wie Leber, Niere, Galleabflussstörung Gerade auf dem Gebiet der Tumormarker wurden weitreichende Anstrengungen unternommen, um weitere in der Zusammenschau die Sensitivität erhöhende Tumormarker nachzuweisen. Nachfolgend beschriebene Tumormarker werden im klinischen Alltag am häufigsten eingesetzt ( auch Kap. 5.1.1.4).
Carcinoembryonales Antigen (CEA) Das CEA ist der gebräuchlichste Marker zur Therapieüberwachung des kolorektalen Karzinoms als auch kolorektaler Lebermetastasen. Hierbei weist es eine Sensitivität von bis zu 71% auf. Während Raucher eine geringfügige Erhöhung des CEA aufweisen, kann es zu CEA-Erhöhungen bei Leberzirrhose (bis zu 70%), bei entzündlichen Lungenerkrankungen (30-50%) sowie bei Colitis ulcerosa (ca. 30%) kommen (Fakih et al 2006).
Dempke W (2006) Tumormarker in: Dempke W (Hg.) Lehrbuch Hämato-Onkologie Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern 41-44 Duraker N, Hot S, Polat Y, Hobek A, Gencler N, Urhan N (2007) CEA, CA 19-9, and CA 125 in the differential diagnosis of benign and malignant pancreatic diseases with or without jaundice. J Surg Oncol. 95(2): 142-7 Fakih MG, Padmanabhan A (2006) CEA monitoring in colorectal cancer. What you should know. Oncology (Williston Park). 20(6): 579-87 Nehls O, Gregor M, Klump B (2004) Serum and bile markers for cholangiocarcinoma. Semin Liver Dis. 24(2): 139-54 Zhou L, Liu J, Luo F (2006) Serum tumor markers for detection of hepatocellular carcinoma. World J Gastroenterol. 12(8): 1175-81
4.6
Präoperatives Management
4.6.1
Punktionen zur histologischen Tumorsicherung
C. Thomas, P. L. Pereira Computertomographie- (CT), Ultraschall- (US) und Magnetresonanz (MR)-tomographiegesteuerte Punktionen gehören heute zu den Standardverfahren zur Gewinnung histologischen oder zytologischen Materials bei fokalen Leber- oder Pankreastumoren.
Allgemeine Aspekte zur Wahl des Punktionsverfahrens Die CT gilt als schnelles und robustes Verfahren zur Durchführung von bildgesteuerten perkutanen Eingriffen. Vorteile sind insbesondere der freie Patientenzugang sowie die hohe räumliche Auflösung, die eine präzise Lokalisation der Pathologie sowie der Instrumentenspit-
75 4.6 · Präoperatives Management
ze ermöglicht. Im Gegensatz zur Sonographie sind unter CT- oder MR-Bildgebung lufthaltige und knöcherne Strukturen ohne Weiteres zugänglich. Nachteile der CT sind der eingeschränkte Weichteilkontrast, die Bindung an eine axiale oder paraaxiale Schichtführung sowie die Strahlenexposition für den Patienten und – bei der Verwendung fluoroskopischer Techniken – auch des Interventionalisten. Seit der Einführung offener MR-Scanner (z.B. »Panorama«, 1 T, Philips oder »OpenSpeed«, 0,7 T, General Electrics) und von Geräten mit offenem kurzem Magnet (»Magnetom Espree«, 1,5 T, Siemens) und damit verbessertem Patientenzugang bietet sich die MR-Tomographie zunehmend als Modalität zur Steuerung von Interventionen im klinischen Alltag an. Vorteile der MRT gegenüber der CT sind die freie Wahl der Schichtangulierung und damit erweiterte Möglichkeiten zur Planung und Steuerung der Intervention, der bessere Weichteilkontrast, der die Lokalisation der Läsionen und die Differenzierung zwischen vitalen und avitalen Tumoranteilen sowie perifokaler Entzündung vereinfacht und die fehlende Strahlenexposition für Patient und Personal. Nachteile sind der erhöhte Zeitaufwand, die Notwendigkeit für die Verwendung von Spezialmaterialien und damit erhöhte Kosten sowie die gegenüber der CT eingeschränkte räumliche Auflösung und Ungenauigkeiten bei der Darstellung der verwendeten Materialien durch Suszeptibilitätsartefakte. Durch den Einsatz fluoroskopischer Techniken kann der Zeitaufwand reduziert werden, die Modalität erreicht bislang aber bislang trotzdem nicht die Schnelligkeit der CT. Die Ergebnisse der CT- oder ultraschallgesteuerter Verfahren in der Literatur zeichnen sich für Leberbiopsien durch hervorragende Sensitivitäten und Spezifitäten (> 90%) aus, z.B. bei Lüning et al. mit einer Sensitivität von 92% und bei Sundaram et al. mit einer Sensitivität von 95% (Sundaram et al. 1982, Luning 1984). Die Sensitivität für Pankreasbiopsien wird niedriger angegeben, z.B. durch Lüning et al. mit 71% und bei Neuerburg et al. mit 69% (Luning et al. 1985, Neuerburg u. Günther 1991). Für MR-gesteuerte Leberbiopsien im Hochfeld werden in bisher veröffentlichten, kleineren Patientenkollektiven gute Ergebnisse (Sensitivität 96%, Spezifität 100% (Stattaus et al. 2008)) beschrieben. Ebenso existieren Machbarkeitsstudien in der Literatur, die von guten Ergebnissen bei der MR-gesteuerten Biopsie retroperitonealer Läsionen berichten (Zangos et al. 2006, König et al. 2003). Eine Arbeit aus dem Jahr 2009 gibt die Sensitivität und Spezifität MR-gesteuerter Biopsien bei 322 Patienten mit 86% und 87% an.
Technik Für die meisten fokalen Leber- und Pankreasläsionen eignet sich die Computertomographie zur Steuerung der Biopsie. Bei Läsionen, die in der nativen Computertomographie oder im Ultraschall nicht oder nur schlecht abzugrenzen sind, beim Vorliegen von Kontraindikationen gegen die Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel oder bei ungünstigen Lokalisationen kann eine MRT-gesteuerte Technik erwogen werden. Im Gegensatz zu CT- und ultraschallgesteuerten Ansätzen ist bei ihr meist keine intravenöse Kontrastmittelgabe erforderlich. Der Zugangsweg wird bei MR- und CT-gesteuerten Punktionen abhängig von der Lage der zu punktierenden Läsionen geplant. Wenn möglich ist eine Rückenlage des Patienten anzustreben, in Ausnahmefällen ist auch eine Bauch- und Seitenlage möglich. Aufgrund der Gefahr einer extrahepatischen Verschleppung von Tumorzellen und möglicher postinterventioneller Blutungen sollte, wenn möglich, ein genügend weiter Vorlauf durch gesundes Lebergewebe geplant und ein koaxiales System verwendet werden. MR-gesteuert ist durch die Möglichkeit auch extremer Schichtangulierungen in fast allen Fällen ein extrapleuraler Zugang möglich; bei Läsionen im Leberdom ist unter CT-Kontrolle gelegentlich ein transpleuraler Zugang notwendig. Abhängig von der Lage der Läsion kann die Biopsie in Inspiration oder Expiration durchgeführt werden. Die Inspirationslage erhöht durch eine Verschiebung der Leber nach kaudal die Wahrscheinlichkeit einer Möglichkeit eines extrapleuralen Zugangs, während die Expirationslage in der Regel besser reproduzierbar ist und bei transpleuralen Zugängen eine Schonung der Lunge ermöglicht. Vor Beginn der Biopsie sollten in jedem Fall die Kompatibilität von Führungskanüle und Biopsiepistole sowie die Länge des Vorschubes der Biopsiepistole überprüft werden (zur Technik des bildgesteuerten Einbringens des Biopsiesystems s.u.). Beim Vorführen des Instrumentes sollte stets auf die korrekte Atemlage geachtet werden, die CT- oder MRFluoroskopie kann hier zur Kontrolle hilfreich sein. Bei zentral nekrotischen Läsionen ist die Probeentnahme vom vitalen Tumorrand, nicht aber von perifokalen Entzündungssäumen anzustreben. Nach Dokumentation der korrekten Nadellage vor dem zu punktierenden Herd empfehlen sich mehrfache Probenentnahmen mit unterschiedlichen Angulationen und der Miterfassung von gesundem Gewebe. Die Biopsate werden üblicherweise in Formalin fixiert. Zur Vermeidung einer Nachblutung oder einer Verschleppung von Tumorzellen durch den Punktionskanal kann der Stichkanal vor Rückzug der Führungskanüle durch diese hindurch mit Gelatineschwämmen (z.B. Gelfoam, Pfizer, New York) embolisiert werden. Nach einer Leber- oder Pankreasbiopsie werden
4
76
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
die Patienten in unserer Klinik für 24 h unter Kontrolle der Vitalparameter beobachtet. Besteht die Gefahr einer Verletzung des Pleuraraums, führen wir eine RöntgenThorax-Untersuchung in Expiration nach 4 h durch.
Technik CT-gesteuerte Punktion
4
Zunächst wird ein kontrastmittelangehobener Planungsscan (portalvenöse Phase) durchgeführt. Hierzu sollte ein Markierungsgitter auf der Haut befestigt werden. Anschließend wird der Punktionsweg am Monitor geplant und die Punktionsstelle unter Zuhilfenahme des Gitters und des Laservisiers des Scanners auf der Haut markiert. Es folgen Hautdesinfektion und steriles Abdecken sowie eine tiefe Lokalanästhesie. Nach einer kleinen Hautinzision wird die Führungskanüle eingebracht. Vor der Penetration der Leberkapsel sollte die richtige Angulierung überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
Technik MR-gesteuerte Punktion Nach der Durchführung geeigneter Planungssequenzen wird die Fluoroskopiesequenz mit dem besten Läsionskontrast ermittelt. Nach Planung des Punktionsweges wird eine Flexible-Loop-Spule oder ein ähnliches System, das einen Patientenzugang ermöglicht, am Patienten in geeigneter Position befestigt. Zur Verbesserung des SNR können weitere Körper- und Tischspulen eingesetzt werden. Zur Steuerung und Kontrolle der Intervention an Hochfeldscannern kommen schnelle Fluoroskopiesequenzen (true fast imaging with steady state precession (TRUFI)- oder fast low angle shot (FLASH)-Sequenzen mit Akquisitionszeiten von ca. 0,4 bis 1,0 s/Frame) bzw. FLASH- (Akquisitionszeit ca. 10 s/5 Schichten) und turbo spin echo (TSE)-Sequenzen (Akquisitionszeit ca. 40 s/5 Schichten) zum Einsatz. Für die Lokalisation der Einstichstelle empfiehlt sich eine Fingerpointing-Technik
a
b
c
d
⊡ Abb. 4.18 Patient nach Lebertransplantation bei HCC und neuaufgetretener Raumforderung in der Transplantatleber. a,b Axiale und koronare T1w GRE-Sequenz. Bei wenig kooperativem Patienten besteht die Gefahr, unter CT-Steuerung in axialer Technik den Pleurarecessus zu punktieren. Daher MR-gestütztes Vorgehen. c Paraaxiale TueFISP-MR-Fluoroskopie. d T1w GRE-Sequenz: Kontrolle der Nadellage vor Biopsie. Histologie: differenziertes hepatozelluläres Karzinom.
77 4.6 · Präoperatives Management
unter Fluoroskopie, bei der die visuellen Informationen durch sensorische Eindrücke ergänzt werden. Alternativ können MR-kompatible Markierungsgitter analog zur CT eingesetzt werden. Es folgen Hautdesinfektion, steriles Abdecken, Lokalanästhesie und eine kleine Hautinzision, die mit herkömmlichen Materialien außerhalb des Magneten durchgeführt werden können. Das Vorschieben des MR-kompatiblen Instruments erfolgt am offenen Gerät unter MR-Fluoroskopie.
Materialien Zur Gewebegewinnung im hepatobiliären Bereich kommen Feinnadelsysteme (0,7-0,9 mm / 20-23 G) zur Feinnadelaspirationsbiopsie und Stanzsysteme (1,2–2 mm / 14-18 G) zur Stanzbiopsie zum Einsatz. Biopsate aus Stanzsystemen ermöglichen zumeist eine histologische Untersuchung, während Feinnadelaspirate oft nur eine Zytologie zulassen. Somit sollten bei unkomplizierten Zugangswegen und bei großen Herden möglichst großkalibrige Stanzsysteme zum Einsatz kommen, da sie eine sicherere Diagnose zulassen. Bei hohem Risiko des Zugangsweges wie bei Zugängen durch Hohlorgane sind Feinnadelsysteme vorzuziehen. Aus Gründen des Schutzes vor dem Verschleppen von malignen Zellen gelten koaxiale Tru-Cut-Systeme heutzutage als Mittel der Wahl. Für MR-gesteuerte Biopsien müssen MR-kompatibel Materialien, meist aus Titanlegierungen, verwendet werden.
a
b
Kontraindikationen Eine suffiziente Blutgerinnung (INR <1,7, Quick >50%) ist Voraussetzung für eine bildgebende perkutane Punktion. Somit stellen Blutgerinnungsstörungen und medikamentöse Antikoagulation Kontraindikationen für eine perkutane Punktion dar. Zusätzlich gelten selbstverständlich die bekannten Kontraindikationen für die Modalitäten.
Komplikationen Mindestens 24 h vor einer elektiven Leber- oder Pankreasbiopsie ist der Patient über die Prozedur und ihre möglichen Komplikationen aufzuklären. Das Spektrum möglicher Komplikationen bei hepatobiliären und pankreatischen Probengewinnungen ist abhängig vom Zugangsweg und umfasst die Induktion von Pneumothorax insbesondere bei transpleuralen Zugängen (selten), Blutungen, Infektionen und Nervenverletzungen (sehr selten) sowie die Gefahr einer Verschleppung von Tumorzellen und der Verletzung benachbarter Organe (sehr selten). Der Patient sollte nach dem Eingriff 24 h zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben (⊡ Abb. 4.18, ⊡ Abb. 4.19).
c
⊡ Abb. 4.19 Patientin mit größenprogredienter Leberraumforderung unklarer Genese. Da sich die Läsion zentral nekrotisch darstellt, sollte Probengewebe aus der Tumorperipherie gewonnen werden. a Kontrastmittelangehobene Planungsspirale. Es wird ein ventraler Zugang mit Vorlauf durch gesundes Lebergewebe gewählt. Das Gitter zum Anbringen der Hautmarkierung wurde auf der Haut fixiert. b Sequenzielle Kontrollaufnahme der Nadelposition. c Die postinterventionelle Kontrollspirale zeigt Lufteinschlüsse im Bereich des Stichkanals. Histologie: Metastase eines Plattenepithelkarzinoms der Zervix uteri.
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78
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Literatur
4
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4.6.2
Präoperatives Management durch Endoskopie und Stenting
B. C. Manegold, G. F. B. A. Kähler Die präoperative Drainage gestauter Gallenwege bei periampullären Tumoren geht auf Whipple 1935 zurück, damals in Form einer Cholezystogastrostomie, der 3-4 Wochen später die partielle Duodenopankreatektomie folgte. Die Rationale war, den Allgemeinzustand der meist hochgradig ikterischen und kachektischen Patienten zu bessern, sowie deren Leberschaden und hämorrhagische Diathese präoperativ auszugleichen. Seit Einführung der endoskopischen transpapillären Choledochus-Drainage (TPCD) durch Soehendra 1979 galt es, gestaute Galle bei malignem Gallenwegsverschluss nun minimal invasiv und prinzipiell durch transpapilläres Stenting abzuleiten, unabhängig von der Operabilität des Tumors bzw. des Patienten, vom Patientenalter und von der Zeitdauer des Bestehens der Gelbsucht. Das sichtbar rasche Abklingen von Ikterus und Pruritus innerhalb weniger Tage sowie die messbare allmähliche Besserung von Leberfunktion, Hypalbuminämie und Gerinnungsstörung innerhalb von 3-6 Wochen waren überzeugend. Die Reduktion des Interleukins 8 (IL-8) und der Endotoxin-bindenden Proteine im Blut durch präoperative 3-wöchige Drainage (Kimmings et al. 2000) sowie die Besserung der kardialen Funktion bereits wenige Tage nach biliärem Stenting (Padillo et al 2001) ist derzeit noch nicht ausreichend bewertet. Es mehrten sich jedoch Meldungen über Früh- und Spätkomplikationen nach TPCD mit Stentverschlüssen, Stentdislokationen, Erschwernissen bei Operationen an den Gallenwegen durch Wandfibrose, Hyperämie und Ödem im kleinen Netz, mit häufigeren postoperativen Wundhei-
lungsstörungen, intraabdominalen Abszessen und Anastomoseninsuffizienzen (Chaudhary 2003, Verma 2004). > Einzelbeobachtungen erhöhter postoperativer Morbidität nach präoperativem Stenting wurden in der Folge durch Metaanalysen (Aly u. Johnson 2001, Sewnath et al. 2002), retrospektive (Heslin 1998, Post u. Niedergethmann 2003), prospektive (Jagannath et al. 2005) und prospektiv randomisierte Studien (Lai et al. 1994, Sohn et al. 2000) bestätigt (⊡ Tab. 4.4).
Bakteriobilie nach TPCD war nahezu ausnahmslos nachweisbar und das bakterielle Spektrum im postoperativen Wundabstrich entsprach in den meisten Fällen dem intraoperativen Galleabstrich (Hochwald et al. 1999). Die berührungsfreie und sich kontinuierlich verbessernde Schnittbilddiagnostik mit hochauflösender Spiral-CT und MRCP umgeht die Gefahren der invasiv-diagnostischen ERCP: post-ERCP-Pankreatitis und Kontrastmittel-Cholangitis. Die Indikation zur präoperativen diagnostischen ERCP bei malignem Verschlussikterus mit ihren zusätzlichen Risiken der routinemäßigen Sphinktertomie der Papilla Vateri (EST) und TPCD zur Prophylaxe der Kontrastmittel-Cholangitis hat an Bedeutung verloren. Durch die moderne Schnittbilddiagnostik hat sich, wo sie verfügbar ist, das präoperative Intervall beim malignen Verschlussikterus erheblich verkürzt, sodass eine Strategie der Frühoperation (innerhalb einer Woche) ohne Stenting verfolgt werden kann. > Eine Indikation zum präoperativen endoskopischen Stenting gilt heute nur noch bei purulenter Cholangitis, Cholangiosepsis, schwerer Cholostase mit Serum-Bilirubinwerten >10 mg% oder dekompensierter Koagulopathie (Sewnath et al. 2002).
Allerdings wird in der Peripherie, bei überlieferter Anwendung der diagnostischen ERCP beim Verschlussikterus, noch immer nach dem »Barber-Phänomen« verfahren: Geht man zum Friseur, so werden die Haare geschnitten (Lillemoie 1999). Dasselbe Szenario könnte sich bei Expansion der interventionellen Radiologie wiederholen, wenn ein Radiologe den ikterischen Patienten zuerst sieht und zur perkutanen Gallenwegsdrainage greift. Die Indikation zum präoperativen Stenting der ableitenden Gallenwege wäre neu zu stellen, wenn sich zum Vorteil der Patienten zeigen sollte, dass sich bei pankreatischen oder hepatobiliären Tumoren eine neue evidenzbasierte, aber zeitaufwendige Strategie durchsetzt ( Übersicht). Neue Strategien müssen ihre Überlegenheit über die bekannten Risiken einer präoperativen interventionellen Endoskopie: ERCP + EST + TPCD aber erst noch beweisen (Pisters et al. 2001, van der Gaag u. Gouma 2006) (⊡ Tab. 4.5).
79 4.6 · Präoperatives Management
⊡ Tab. 4.4 Komplikationsraten ikterischer Patienten in Abhängigkeit von einer präoperativen biliären Drainage, Chirurg. Univ. Klinik Mannheim 1980-2000, n=420 (Post u. Niedergethmann 2003) Kein Ikterus (n=136)
Ikterus kein Stent (n=124)
Ikterus mit Stent (n=160)
Kein Ikterus vs. Ikterus mit Stent p
Kein Stent vs. Ikterus mit p
Gesamtmorbidität
44 (32%)
42 (34%)
69 (43%)
n.s.
0,03
Septische Komplikationen (Wundinfekt, intraabdominaler Abszess, Pankreatitis)
18 (13%)
19 (15%)
42 (26%)
n.s.
0,001
Relaparotomie
12 (9%)
7 (6%)
24 (15%)
n.s.
0,006
Mortalität
3 (2%)
2 (2%)
4 (3%)
n.s.
n.s.
⊡ Tab. 4.5 Komplikationen nach interventioneller ERCP (Gilbert et al. 1992, Manegold 2004) ERCP-bedingte Pankreatitis
ca. 4%, davon ≤1% tödlich
EST-bedingte Duodenalperforation
1%, davon ca. 14% tödlich
TPCD-bedingte FrühCholangitis
ca. 2-3% bei distalen Tumoren 8-10% bei hilären Tumoren
Indikationen zum präoperativen biliären Stenting durch transpapilläre Choledochusdrainage (TPCD) bei malignem Verschlussikterus Notfallmäßige Indikationen:
▬ purulente Cholangitis, Cholangiosepsis ▬ schwere Cholostase ▬ dekompensierte Koagulopathie Elektive Indikationen:
▬ zur präoperativen neoadjuvanten Radiochemotherapie, z.B. bei Gefäßinvasion
▬ zur präoperativen Laparoskopie aus – diagnostischer oder therapeutischer Indikation – aus logistischen Zwängen zur Überbrückung von Wartefristen bis zum Transfer in tertiäre Operationszentren
Ein wichtiger Aspekt ist die Tumorlokalisation an den Gallenwegen und das davon abhängige präoperative und definitiv operative Management. Ein Tumor an den distalen Gallenwegen oder ein Pankreaskopfkarzinom mit Obstruktion des Ductus hepatocholedochus kann gegebenenfalls durch partielle Duodenopankreatektomie beseitigt werden. Dagegen erfordern operable perihiläre und intrahepatische Gallenwegskarzinome leberchirurgische Verfahren.
Ein ikterischer Patient (Bili ≥3,0 mg%) mit perihilärem Tumor und gestauten Gallenwegen in den zu erhaltenden Lebersegmenten profitiert von einer präoperativen Drainage dieser Segmente, indem sich die cholestatisch eingeschränkte Leberfunktion vor der Resektion erkrankter Segmente rekompensiert (Seyama et al. 2003, Schoppmeyer et al. 2004) und die Regenerationsfähigkeit der Restleber erhalten bleibt. Eine transpapilläre segmentselektive Drainage hilärer Tumorstenosen ist aber ein schwieriges und anspruchsvolles Manöver, das keinesfalls von vornherein erfolgsversprechend ist. Die Galleableitung wird in solchen Fällen meist perkutan-transhepatisch vorgenommen, allerdings mit dem Risiko der Tumorzellverschleppung und dem Auftreten von Impfmetastasen im Punktionskanal. Daher ist auch diese Empfehlung nicht unwidersprochen (Cherqui et al. 2000, Aly u. Johnson 2001). Eine kurative endoskopische Therapie maligner Tumoren an den Gallenwegen, z.B. cholangioskopisch und photodynamisch oder durch endosonographisch gesteuerte Injektion geeigneter Therapeutika mit oder ohne passagerem Stenting ist derzeit nicht etabliert, obwohl in ersten Serien eine deutlich bessere Palliation durch photodynamische Therapie erzielt wurde als durch Stent allein (u.a. Zöpf 2005).
Literatur Aly EAH, Johnson CD (2001) Preoperative biliary drainage before resection in obstructive jaundice. Digest Surg 18: 84-89 Chaudhary A (2003) Why do surgeons love to hate stents? Indian J Gastroenterol 22: 163-163 Cherqui D, Benoist S, Malassagne B, Humeres R, Rodriguez V, Fagniez PL (2000) Major liver resection for carcinoma in jaundiced patients without preoperative biliary drainage. Arch Surg 135: 302-308 van der Gaag NA, Gouma DJ (2006) A study of the value of preoperative biliary-tract drainage in the treatment of periampullary tumours: the DROP-trial. Ned Tijdschr Geneeskd 150: 509-511 Gilbert DA, DiMarino AJ, Jensen DM, Katon RM, Kimmey MB, Laine LA, MacFadyen BV, Michaletz PA, Zuckerman G (1992) Status evaluation: biliary stents. Gastrointest Endosc. 38: 750-752
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80
4
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Heslin MJ, Brooks AD, Hochwald SN, Harrison LE, Blumgart LH, Brenan MF (1998) A preoperative biliary stent is associated with increased complications after pancreatoduodenectomy. Arch Surg 133: 149-154 Hochwald SN, Burke EC, Jarnagin WR, Fong Y, Blumgart LH (1999) Association of preoperative biliary stenting with increased postoperative infectious complications in proximal cholangiocarcinoma. Arch Surg 134:261-266 Isenberg G (2002) The ongoing debate about preoperative biliary drainage in jaundiced patients undergoing pancreaticoduodenectomy. Gastrointest Endosc 56: 310-315 Jagannath P, Dhir V, Shrikhande S, Shah RC, Mullerpatan P, Mohandas KM (2005) Effect of preoperative biliary stenting on immediate outcome after pancreaticoduodenectomy. Brit J Surg 92: 356-361 Kimmings AN, van Deventer SJH, Obertop H, Rauws EAJ, Huibregtse K, Gouma DJ (2000) Endotoxin, cytokines and endotoxin binding proteins in obstructive jaundice and after preoperative biliary drainage. Gut 46: 725-731 Lai CS, Mok FPT, Fan ST, Lo CM, Chu KM, Liu CL, Wong J (1994) Preoperative endoscopic drainage for malignant obstructive jaundice. Br J Surg 81: 1195-1198 Lillemoe KD (1999) Preoperative biliary drainage and surgical outcome (editorial). Ann Surg 230: 143-144 Lygidakis NJ, van der Heyde MN, Lubbers MJ (1987) Evaluation of preoperative biliary drainage in the management of pancreatic head carcinoma. Acta Chir Scand 153: 665-668 Manegold BC (2004) Duodenalperforation nach EST/EPT: wann operieren? Endo heute 17: 205-212 Padillo J, Puente J, Gomez M, Dios F, Naranjo A, Vallejo JA, Mino G, Pera C, Sitges-Serra A (2001) Improved cardiac function in patients with obstructive jaundice after internal biliary drainage. Ann Surg 234: 652-656 Pisters PW, Hudec WA, Hess, KR, Lee JE, Vauthey JN, Lahoti S, Raijman I, Evans DB (2001) Effect of preoperative biliary decompression on pancreaticoduodenectomy-associated morbidity in 300 consecutive patients. Ann Surg 234: 47-55 Post S, Niedergethmann M (2003) Die Resektion des Pankreaskopftumors. In: Büchler MW, Löhr JM (Hrsb) Das Pankreaskarzinom. UniMed, Bremen, S. 100-108 Povosci SP, Karpeh MS jr, Conlon KC, Blumgart LH, Brennan MF (1999) Association of preoperative biliary drainage with postoperative outcome following pancreaticoduodenectomy. Ann Surg 230: 131-42 Schoppmeyer K, Wiedmann M, Mössner J, Caca K (2004) Konservative und interventionelle Therapie des Gallenwegskarzinoms. Internist 45: 49-55 Sewnath ME, Karsten TM, Prins MH, Rauws EJA, Obertop H, Gouma DJ (2002) A meta-analysis on the efficacy of preoperative biliary drainage for tumors causing obstructive jaundice. Ann Surg 236: 17-27 Seyama Y, Kubota K, Sano K, Noie T, Takayama T, Kosuge T, Makuuchi M (2003) Long-term outcome of extended hemihepatectomy for hilar bile duct cancer with no mortality and high survival rate. Ann Surg 238: 73-83 Soehendra N, Reynders-Frederix V (1979) Palliative Gallenwegsdrainage. Eine neue Methode zur endoskopischen Einführung eines inneren Drains. Dtsch Med Wschr 104: 206-207 Sohn TA, Yeo CJ, Cameron JL, Pitt HA, Lillemoe KD (2000) Do preoperative biliary stents increase post pancreatoduodenectomy complications? J Gastrointest Surg 4: 258-267 Verma GR (2004) Why do surgeons love to hate stents? Indian J Gastroenterol 23: 35-36
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4.6.3
Prätherapeutische Interventionen
R. Krupski-Berdien Das Ziel prätherapeutischer Interventionen ist – neben der Diagnosesicherung (s. Biopsie) – die Tumortherapie zu erleichtern oder zu ermöglichen. Dieses gilt sowohl für eine etwaige Resektion als auch eine systemische Therapie. Die wesentlichen Verfahren sind die perkutane Gallengangsdekompression (perkutane transhepatische Cholangiographie/Drainage PTC/D) beim mechanischen Ikterus und die Pfortaderembolisation. Auf die perkutanen und operativen Verfahren der Pfortaderokklusion ggf. in Kombination mit einer Leberarterienembolisation zur Konditionierung vor ausgedehnten Leberresektionen wird im Kapitel 8 eingegangen.
Prinzipien der perkutanen Gallengangsdekompression Die Behandlung eines Verschlussikterus ist sowohl vor einer Leberresektion als auch vor einer systemischen Therapie obligatorisch, da Serum-Bilirubinkonzentrationen >3 mg/dl die Toxizität von Chemotherapeutika als auch die Gefahr eines postoperativen Leberversagens erhöhen. Ebenso muss bedacht werden, dass eine Konditionierung der Leber (»Regeneration«) durch eine Hyperbilirubinämie inhibiert wird. > Die extrahepatische oder partiell intrahepatische Cholestase mit resultierendem Verschlussikterus stellt zwar primär eine ERC-Indikation dar, bei vorbestehenden biliodigestiven Anastomosen, Duodenalstrikturen, nicht darstellbarer Papille und beim KlatskinTumor vor erweiterter Rechtsresektion ergibt sich jedoch die Indikation zur perkutanen Dekompression.
Es werden externe Drainagen, kombinierte intern-externe Drainagen (⊡ Abb. 4.20) und interne (Kunststoff- oder Metallstents) unterschieden. Soll ein längerfristiger Zugangsweg zum Gallengangssystem geschaffen werden (Bougierung von Stenosen, photodynamische Therapie), hat sich die sog. Yamakawa-Prothese bewährt (⊡ Abb. 4.21). Bei nicht darstellbarer oder sondierbarer Papilla Vateri kann via PTC ein Draht in das Duodenum eingelegt werden, über welchen dann ein endoskopischer Zugang erleichtert wird (»Rendez-vous-Verfahren«, ⊡ Abb. 4.22).
81 4.6 · Präoperatives Management
⊡ Abb. 4.20 PCT/D. Der »klassische« Zugang vor Gallenwegsdrainage
⊡ Abb. 4.23 PTC/D rechtsseitig. Bei einem liegenden endoskopischen Stent links wird der Draht in den Dünndarm geführt
Technik
⊡ Abb. 4.21 Yamakawa-Prothese. Eine in diesem Beispiel von links subxiphoidal eingebrachte Yamakawa-Drainage, die einen längerfristigen Zugang von perkutan ohne externe Drainage gestattet.
⊡ Abb. 4.22 Rendez-vous-Verfahren. Der perkutan eingebrachte Draht wird mittels Endoskop aufgesucht, gefasst und als Führung für die Papillotomie als auch Drainageeinlage genutzt
Abhängig von der Lage des Verschlusses kann ein rechtsseitiger intercostaler oder linksseitiger subxiphoidaler Zugang, singulär, in Kombination oder multipel gewählt werden. Primär werden kombinierte intern-externe Kunststoffdrainagen (7-10F) eingebracht, um einem Gallensäure-Verlust-Syndrom vorzubeugen. Vor Resektionen insbesondere beim zentralen Gallengangstumor sollte rein extern drainiert werden, um ein Tangieren des Tumors zu vermeiden. Das Vorgehen bei einer rechtsseitigen PTC/D stellt ⊡ Abb. 4.23 dar. Bei ausgeprägter Cholestase ist es oft nicht möglich, primär eine kombinierte intern-externe Drainage einzubringen, sodass zunächst eine externe Drainage erfolgen muss. Nach Dekompression für 5-7 Tage lohnt es sich häufig, die Passage durch den tumorösen Verschluss zu versuchen, um sekundär eine intern-externe Drainage zu erreichen. In der Palliativsituation und im Rahmen systemischer Therapien kann die primär eingebrachte rein externe oder kombinierte intern-externe Drainage gegen einen permanenten Stent ausgetauscht werden. Zur Verfügung stehen Kunststoffstents (Mueller Double-Mushroom) und Metallstents mit und ohne Kunststoffummantelung. Neueste Typen selbstexpandierbarer Metallstents und die Kunststoffstents sind entgegen den gecoverten Metallstents (Wallgraft® oder Gore-Stent) wieder entfernbar. Kontrovers wird das Prozedere beim zentralen Gallengangstumor diskutiert. Während in den USA und Europa die bilaterale endoskopische Stentversorgung gleich bei der primären Diagnostik proklamiert wird,
4
82
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Literatur: Chun HJ, Hyun JJ, Kwon YD, KEum B, Kim CD (2010) Gastrointestinal an biliary stents, J Gastroenterol Hepatol. 25(2):234-43. van der Gaag NA, Rauws EA, van Eijck CH, Bruno MJ, van der Harst E, Kubben FJ, Gerritsen JJ, Greve JW, Gerhards MF, de Hingh IH, Klinkenbijl JH, Nio CY, de Castro SM, Busch OR, van Gulik TM, Bossuyt PM, Gouma DJ. (2010) Preoperative biliary drainage for cancer of the head of the pancreas. N Engl J Med. 14;362(2):129-37
4 4.7
⊡ Abb. 4.24 Stentbeispiel. Sog. Double-Mushroom-Stent; perkutane, entfernbare Kunststoff-Prothese
E. Shang
4.7.1
wird in Japan die multisegmentale perkutane Dekompression bevorzugt. Sie führt schneller und effektiver zu einer Senkung der Bilirubinwerte und ermöglicht so die zügige Konditionierung und erweiterte Leberresektion, während endoskopisches Vorgehen mit wiederholten Re-Interventionen längerwierig, aber für den Patienten weniger belastend ist. Hinsichtlich der Ausbreitungsdiagnostik besitzt die multisegmentale Drainagebehandlung den Vorteil, exakt die distalen Grenzen der Gallenwegsokklusionen abzubilden und damit eine exakte Einteilung gemäß der Bismuth-Klassifikation sowie konsekutiv Therapieplanung zu ermöglichen ! Cave! Bei der Entfernung eines Gallengangszuganges oder Internalisierung mittels Stent ist eine Traktembolisation mit Buthyl-Cyanoacrylat und Lipiodol® obligat. Sie senkt die durch eine (wenn auch sonst meist nur passagere) Gallefistelung hervorgerufene Morbidität signifikant.
Zusammenfassung: Perkutane Dekompressionsverfahren bei Galleabflussstörung haben ihren festen Platz bei der Therapie von hepatobiliären Tumoren. Die Indikation zur präoperativen primären Gallengangsdekompression beim Pankreaskarzinom wird nach jüngsten Publikationen wegen der erhöhten perioperativen Morbidität zumindest kontrovers diskutiert. Sie können alternativ, in Ergänzung zur Endoskopie, als Wegbereiter für die Endoskopie und bei fehlender Möglichkeit der endokopischen Drainage durchgeführt werden. Die Wahl der geeigneten Drainageform als auch des Materials hängt von der geplanten Therapie und individuellen Situation des Patienten ab. Die Traktembolisation nach Entfernung des perkutanen Zugangs ist obligat.
Präoperative Malnutrition und Ernährungstherapie
Einleitung
Schwerwiegende Malignomerkrankungen äußern sich in vielfältiger Weise, sehr häufig jedoch durch unbeabsichtigten Gewichtsverlust des betroffenen Patienten (Dewys et al. 1980, Wigmore et al. 1997, Jeevanadam et al. 1994). Besonders häufig ist der Gewichtsverlust als Prodromalsyndrom bei Magen- und Pankreastumoren zu beobachten (Dewys et al. 1980). Die Entstehung einer Tumorkachexie ist als multifaktoriell anzusehen. Es werden verschiedene Aspekte unterschieden: ▬ Einflüsse des Tumors selbst, ▬ Einflüsse der Anti-Tumor-Therapie und ▬ Gründe, die beim Patienten und in seiner Fähigkeit, mit der Krankheit und deren Auswirkungen einschließlich der Therapie umzugehen, zu suchen sind. Aber auch chronische oder akute Erkrankungen des Pankreas und der Leber gehen häufig mit einer Mangelernährung einher. Wobei man bei den Faktoren, die die Mangelernährung auslösen, zwischen metabolischen Veränderungen, der Grunderkrankung und dem Lifestyle unterscheiden muss. Die drohende oder manifeste Mangelernährung ist ein entscheidender Faktor, der die postoperative Morbidität und auch Mortalität erheblich negativ beeinflusst (Ritter et al. 2006, Kuzu et al. 2006, Sungurtekin et al. 2004). Untersuchungen haben gezeigt, dass die Mangelernährung auch heute in deutschen Kliniken noch ein präsentes Problem darstellt (Pirlich et al. 2006). Jeder vierte Patient ist bereits bei Aufnahme mangelernährt und 30% entwickeln innerhalb der ersten Woche nach Hospitalisierung eine Mangelernährung. Insbesondere durch diagnostisch oder therapeutisch bedingte Nahrungskarenzen werden bei Patienten Mangelernährungszustände induziert. In der klinischen Praxis kann die Ermittlung des
83 4.7 · Präoperative Malnutrition und Ernährungstherapie
tatsächlichen Gewichtsverlusts erschwert sein. Deswegen sind Fragen nach zu weit werdender Kleidung häufig sehr hilfreich, um eine Mangelernährung zu eruieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) hat eine Mangelernährung folgendermaßen definiert (Leitlinien der DGEM): ▬ BMI <19 kg/m2 oder ▬ Unfreiwilliger Gewichtsverlust von 10% des üblichen Körpergewichts in 6 Monaten (5% in 3 Monaten) oder ▬ Nachgewiesener Eiweißmangel oder ▬ Nachgewiesener spezifischer Nährstoffmangel
Screening-Tools, wie z. B. der »Nutritional Risk Score (NRS 2002)« (Kondrup et al. 2003), können der Diagnostik der Mangelernährung hilfreich sein.
4.7.2
Spezielle Stoffwechselsituationen
Für eine adäquate und suffiziente präoperative Ernährungstherapie müssen metabolische Besonderheiten bei malignen und benignen Pankreas- wie Lebererkrankungen Beachtung finden. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die folgende Aspekte.
Tumorkachexie Tumorkachexie ist weit komplexer als ein einfacher chronischer Hungerzustand. Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass im Hungerzustand bevorzugt Fett verbrannt wird und Skelettmuskulatur erhalten bleibt, wohingegen bei Krebspatienten Fett und Muskelmasse gleichermaßen abgebaut werden. Zahlreiche Forschungsgruppen haben im Laufe der letzten Jahre die Prozesse während einer Tumorerkrankung untersucht, die in ihrer Komplexität bisher letztendlich nur unvollkommen verstanden sind. Derzeit wird angenommen, dass der Organismus im Rahmen einer Immunreaktion auf den Tumor verschiedene Zytokine, wie z. B. Interleukin-1 (Moldawer et al. 1988, Moldawer et al. 1987), TNF α (Moldawer et al. 1992, Fong et al. 1989), Interleukin-6 (Strassmann et al. 1992a, Strassmann et al. 1992b), Interferon-γ und ein Differenzierungsfaktor D (McNamara et al. 1992) vermehrt ausschüttet. Die chronische Produktion dieser Substanzen führt zu einer inflammatorischen Antwort mit katabolen Auswirkungen auf den Stoffwechsel des Patienten. Sie besteht bereits vor der eigentlichen Manifestation der
Kachexie und betrifft sowohl Kohlehydrat- als auch Protein- und Fettstoffwechsel. Lipolyse, Serumtriglyzeride, Glucose- und Proteinumsatz sind gesteigert, es besteht eine negative Stickstoffbilanz; Insulinsensibilität und Glukosetoleranz sind herabgesetzt. Letztendlich bedingen diese Zytokine einen erhöhten Energiebedarf, der durch eine normale Ernährung nur unzureichend gedeckt werden kann. Gleichzeitig verändern sich auch Geruchs- und Geschmackswahrnehmung (Carson u. Gormican 1977, Dempsey et al. 1988, DeWys u. Walters 1975, Trant et al. 1982), ebenso wie die zentralnervöse Steuerung der Nahrungsaufnahme, begleitet von einem frühzeitigen Eintreten des Sättigungsgefühls (von Meyerfeldt et al. 1982). Zusätzlich können tumorbedingte Obstruktionen eine Hemmung der Nahrungsaufnahme bzw. eine schlechtere Resorption und damit Verwertung der aufgenommenen Nahrung vorliegen.
Exokrine und endokrine Pankreasinsuffizienz Die exokrine und/oder endokrine Pankreasinsuffizienz ist häufig Begleiterkrankung der chronischen Pankreatitis, weniger bei den Pankreastumoren. Es sollten deswegen präoperativ eine Störung des Glukosestoffwechsels und auch Fettstühle als Symptom der exokrinen Pankreasinsuffizienz ausgeschlossen werden. Ein vorbestehender pankreogener Diabetes mellitus kann durch Tumorkatabolie oder eine durchgeführte Intervention bzw. Operation noch verstärkt werden. Eine engmaschige Serumglukosekontrolle und ggf. eine adaptierte Insulintherapie sind daher, vor allem bei einer parenteralen Ernährung, notwendig. Der Mangel an Pankreasenzymen erschwert eine präoperative Ernährungsintervention erheblich, da die enteral zugeführten Proteine und Fette nicht suffizient aufgeschlüsselt bzw. resorbiert werden. Eine vorbestehende Mangelernährung kann insofern sogar noch unterhalten oder verstärkt werden.
Cholestase Die durch Tumorobstruktion oder Lebersynthesestörung induzierte Cholestase führt unweigerlich dauerhaft zu einer Störung der Fettresorption, sodass die Aufnahme von Fetten an sich, aber auch von fettlöslichen Substraten, wie die Vitamine A, E, D und K vermindert ist. Zum Ausgleich von Mangelzuständen ist eine parenterale Substitution präoperativ angezeigt.
Leberinsuffizienz Die gestörte Syntheserate der Leber äußert sich vor allem in einem manifesten Eiweißmangel. Dieser Proteinmangel ist häufig durch eine alleinige Ernährungsintervention nicht zu therapieren. Zunächst sollte versucht werden,
4
84
4
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
durch verstärkte Nahrungszufuhr und eine eventuelle qualitative Umstellung der Ernährung die Situation des Patienten zu verbessern. Durch die gestörte hepatische Glukoseutilisation besteht häufig eine periphere Insulinresistenz. Bei 15-37% der Patienten entwickelt sich ein manifester Diabetes als prognostisch ungünstiger Faktor (Müller et al. 1994). Manifestationen in der Skelettmuskulatur sind reduzierte Glukoseaufnahme und eine Störung des nichtoxidativen Glukoseumsatzes mit reduzierter Glykogensynthese, während Glukoseoxidation und Laktatproduktion nach exogener Glukosegabe normal sind. In dieser Situation sollte die Hyperglykämie durch Reduktion der Glukosezufuhr behandelt werden, da höhere Insulindosen zu keiner Verbesserung der Glukoseoxidation führen (Wolfe et al. 1979).
4.7.3
Nährstoff-, Energie- und Flüssigkeitsbedarf
Zur Durchführung einer effektiven künstlichen Ernährung muss der individuelle Bedarf an Energie, Nährstoffen und Flüssigkeit berechnet werden.
! Cave! Die üblichen Algorithmen zur Berechnung des BEE sind für extremes Unter- und Übergewicht nicht geeignet.
Berechnung des Grundumsatzes und des Energieverbrauchs Harris und Benedict Formel für den Grundumsatz (REE) BEE (männl.) = 66 + (13,7 × kg) + (5 × l) – (6,8 × A) BEE (weibl.) = 655 + (9,6 × kg) + (1,8 × l) – (4,7 × A
Long Formel für den Energieverbrauch (EE) EE (männl.) = [66,47 + (13,75 × kg) + (5 × l) – (6,76 × A)] × AF × TF EE (weibl.) = [655,1 + (9,56 × kg) + (1,85 × l) – (4,68 × A)] × AF × TF kg = Köpergewicht in kg, l = Körperlänge in cm, A = Alter in Jahren, AF = Aktivitätsfaktor (1,2 = bettlägerig, 1,3 = nicht bettlägerig), TF = Traumafaktor (1,2 = kleine OP, 1,35 = schweres Trauma, 1,6 = Sepsis, 2,1 = schwere Verbrennung)
Nährstoffbedarf Richtwerte für die Nährstoffzufuhr werden in den DACHReferenzwerten deutschsprachiger Ernährungsfachgesellschaften definiert (DACH 2000). Diese Referenzwerte gelten nur für die orale Ernährung. > Signifikante Abweichungen v. a. bei der parenteralen Ernährung tumorkranker Patienten müssen bei der Bedarfsberechnung beachtet werden.
Der Richtwert für den Energiebedarf eines normalgewichtigen Mannes (Alter 25–51 Jahre, Größe 176 cm, Gewicht 74 kg) beträgt 2.900 kcal/Tag, für die gleichaltrige Frau (Größe 164 cm, Gewicht 59 kg) 2.300 kcal/ Tag). Der Energiebedarf sollte zu 55 % aus Kohlenhydraten, zu 30–35% aus Fett und zu 10–15% aus Eiweiß gedeckt werden.
Besonderheiten des Stoffwechsels
Energiebedarf Grundumsatz und Gesamtenergieverbrauch hängen von
verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Temperatur, der metabolischen Situation und dem Aktivitätsfaktor ab. Zur Berechnung werden zurzeit mehrere Algorithmen verwendet (Berechnung s. Übersicht). Die Definitionen der Energieumsätze lauten: ▬ Ruhe- oder Grundumsatz (resting energy expenditure, REE) ist der minimale Basisstoffwechsel, der am liegenden Patienten, nüchtern, in völliger körperlicher Ruhestellung und indifferenter Umgebungstemperatur bestimmt wird. ▬ Gesamtumsatz (energy expenditure, EE) setzt sich aus Grundumsatz und den zusätzlichen energetischen Leistungen zusammen. Er ist abhängig von Geschlecht, Alter, Nahrungsaufnahme, Klima, Körpertemperatur, hormonellem Zustand (Wachstum, Gravidität, usw.), körperlicher Aktivität.
Mangelernährte Patienten sind kranke Patienten. Sie unterliegen meist einem pathologischen Stoffwechsel. Dieser Stoffwechsel ist nicht mit dem Hungerstoffwechsel gleichzusetzen. Bei Schwer- oder Tumorkranken ist ein Gewichtsverlust zu verzeichnen, der durch eine Erhöhung der Fettoxidation sowie des Energieverbrauchs und einer simultanen, verminderten Fettspeicherung zu erklären ist. Daraus resultiert ein Verlust des KG, der zum größten Teil durch eine Reduktion der Fettmasse hervorgerufen wird. Der Verlust an KG unterliegt einer großen interindividuellen Varianz. Allerdings sind v. a. einige Tumorentitäten, wie das Pankreas- und Ösophaguskarzinom (Sungurtekin et al. 2004, Leitlinien der DGEM), mit einem ausgeprägt hohen Verlust von KG vergesellschaftet. Die durch eine ausgeprägte Katabolie ausgelöste Tumorkachexie ist mit nutritiven Maßnahmen nur sehr schwer zu beeinflussen.
85 4.7 · Präoperative Malnutrition und Ernährungstherapie
! Cave! Eine Hyperalimentation ist strikt zu vermeiden, da sie nur zu einer Erhöhung der Morbidität führt.
Flüssigkeitsbedarf Patienten mit einer klinischen Ernährung sind nicht nur auf eine künstliche Zufuhr von Nährsubstraten angewiesen, sondern meist auch auf eine bedarfsdeckende Flüssigkeitssubstitution. Der tägliche Gesamtbedarf an Flüssigkeit setzt sich zusammen aus dem Basisbedarf, d. h. den durchschnittlich benötigten Mengen bei normaler Stoffwechsellage und dem zusätzlichen Korrekturbedarf, der ungewöhnliche Verluste berücksichtigt: Gesamtbedarf = Basisbedarf + Korrekturbedarf
Der Basisbedarf an Wasser beträgt beim Erwachsenen ca. 30 ml/kg KG. Der Korrekturbedarf umfasst alle, im Basisbedarf nicht berücksichtigten Verluste. Die zusätzlichen Verluste über Niere, Lunge, Haut, Magen-DarmTrakt müssen streng bilanziert werden. In die Bilanzierung werden ebenfalls Verluste über Wunden, Drainagen, Stomata und Fisteln miteinbezogen. Zu beachten ist der zusätzliche Verlust an Wasser bei Erhöhung der Körpertemperatur über 37°C, z. B. bei Fieber. Hier gilt: Erhöhung der Körpertemperatur um 1°C = 500 ml/m2 Körperoberfläche Mehrbedarf. Die Körperoberfläche wird hierbei nach Dubois berechnet:
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) hat in Ihren Leitlinien folgende Empfehlungen zur präoperativen künstlichen Ernährung herausgegeben: ▬ Eine nicht ausreichende Nahrungszufuhr für mehr als 14 Tage ist mit einer erhöhten Letalität assoziiert.
▬ Die Indikation zur künstlichen Ernährung besteht daher auch bei Patienten ohne Zeichen der Mangelernährung, die perioperativ voraussichtlich mehr als 7 Tage keine orale Nahrungszufuhr oder mehr als 14 Tage oral eine nicht bedarfsdeckende Kost (weniger als 60-80%) erhalten. Hier wird ohne Verzögerung der Beginn mit einer enteralen und gegebenenfalls auch parenteralen Ernährung empfohlen. ▬ Nur bei absoluten Kontraindikationen für eine enterale Ernährung, wie bei einer chronischen Darmobstruktion mit relevanter Passagestörung, z.B. einer Peritonealkarzinose, besteht die Indikation zur ausschließlich totalen parenteralen Ernährung (TPE). ▬ Wenn der Energie- und Nährstoffbedarf durch orale und enterale Zufuhr allein nicht gedeckt werden kann, ist eine kombinierte enterale und parenterale Ernährung indiziert. ▬ Zur Sicherung einer effektiven Ernährungstherapie sollten klinikintern standardisierte Schemata erstellt werden.
KO [m2] = Gewicht0,425 × Größe0,725 × 0,0071 Es gilt die Formel: X°C × 500 ml × KO m2 Beispiel: Größe 1,76 cm, Gewicht 65 kg, 1,78 m2 KO, Erhöhung der Körpertemperatur um 1°C auf 38°C: 1 × 500 × 1,78 = 890 ml. Verluste in den »dritten Raum«, also in Form eines Ödems, Körperhöhlen (z. B. Pleuraerguss) oder Verschiebungen in den Darm beim Ileus sind schwer bilanzierbar, müssen aber in die Gesamtbilanz miteinbezogen werden. Sollte anhand der Gesamtbilanz die Flüssigkeitszufuhr nicht ausreichend sein, muss diese zusätzlich oral oder über eine enterale Sonde oder parenteral substituiert werden.
Inwieweit eine präoperative Ernährung begonnen werden kann, hängt entscheidend von der Ernährungsanamnese ab. Nur durch diese Anamnese kann festgelegt werden, wie viel der Patient oral, enteral und parenteral erhalten kann. Natürlich sollte eine künstliche Ernährung immer mit der normalen oralen Ernährung kombiniert werden. > Da präoperative Ernährungsinterventionen erst nach ca. 7-10 Tagen Wirkung zeigen, sollte diese Therapie bereits ambulant begonnen werden.
Hilfreich ist die Organisation einer solchen präoperativen Ernährung über ein Ernährungsteam.
Orale Ernährung 4.7.4
Präoperative Ernährung
Eine präoperative Ernährungstherapie sollte auf alle Fälle bei einer drohenden bzw. manifesten Mangelernährung begonnen werden.
Die orale Normalkost sollte ausgewogen sein und den Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen abdecken. Die Richtwerte für die Nährstoffzufuhr wurden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und den deutschsprachigen Ernährungsgesellschaften (DACH) definiert (DACH 2000).
4
86
Kapitel 4 · Prä- und intraoperative Diagnostik, prätherapeutisches Management
Enterale Ernährung
4
Sollte eine Mangelernährung vorliegen, ist die normale orale Ernährung durch eine enterale Ernährung zu ergänzen. Ist eine orale Zufuhr nicht möglich, muss das Substrat via Sonde (z. B. transnasale Sonde, PEG) dem Intestinum zugeführt werden. Auch hier gibt es Empfehlungen der DGEM (Leitlinien der DGEM): ▬ Die Verschiebung einer Operation zur Durchführung einer gezielten enteralen Ernährungstherapie ist bei schwerer Mangelernährung angezeigt. ▬ Die präoperative Ernährungstherapie sollte möglichst prästationär, ambulant durchgeführt werden, um das Risiko nosokomialer Infektionen zu senken. ▬ Bei Tumorpatienten wird der Einsatz einer Trink-/ Sondennahrung mit immunmodulierenden Substraten (Arginin, Ω-3-Fettsäuren, Ribonukleotide) über 5-7 Tage präoperativ empfohlen. > Orale Glucoselösungen bis 2 h präoperativ verbessern die postoperative Insulinresistenz, verkürzen damit den Postaggressionsstoffwechsel (Soop et al. 2007, Ljungqvist et al. 2003. Nygren et al. 1998) und somit die postoperative Morbidität.
Dieses Konzept der oralen Flüssigkeitszufuhr bis kurz vor OP ist derzeit schon im Rahmen der kolorektalen »fast track-Chirurgie« verbreitet und kann auch auf die Pankreas- und Leberchirurgie angewandt werden.
Parenterale Ernährung Die Indikation für eine präoperative parenterale Ernährung ist laut DGEM (Leitlinien der DGEM) folgendermaßen definiert: ▬ Die Verschiebung einer Operation zur Durchführung einer gezielten Ernährungstherapie (enteral und parenteral) ist nur bei schwerer Mangelernährung angezeigt. ▬ Eine präoperative PE ist bei den Patienten indiziert, bei denen enteral der Kalorienbedarf nicht adäquat gedeckt werden kann. ▬ Bei enteral nicht ernährbaren Patienten wird in der Nacht präoperativ die intravenöse Zufuhr von 200 g Glukose empfohlen. ▬ Bei mangelernährten Patienten sollte die präoperative Ernährungstherapie möglichst prästationär durchgeführt werden, um das Risiko nosokomialer Infektionen zu senken. Durch eine präoperative parenterale Ernährung lassen sich rasche Erfolge (Verbesserung der katabolen Stoffwechsellage, Gewichtszunahme) erzielen, sie eignet sich daher für eine schnelle präoperative Ernährungsinterven-
tion. Die Patienten müssen allerdings engmaschig überwacht werden, da metabolische Komplikationen (Hyperglykämien, Ketonämie und -urie, Azetatämie) und Katheterinfektionen auftreten können. Als idealer Zugangsweg hat sich das intravenöse Portsystem bewährt.
Parenterale Supplementernährung Die Kombination von oraler Normalkost, enteraler Zusatzernährung und einer parenteralen Supplementernährung scheint die Vorteile aller Ernährungsformen, bei gleichzeitiger Minimierung der Nebenwirkungen, zu vereinen (Shang et al. 2006). Lediglich die parenterale Supplementierung von 30 % des errechneten Energie- und Proteinbedarfs führt zu einer Verbesserung der Körperzusammensetzung und Stabilisierung des Proteinstoffwechsels.
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87 4.7 · Präoperative Malnutrition und Ernährungstherapie
Moldawer LL, Rogy MA, Lowry SF (1992) The role of cytokines in cancer cahexia. J Parenter Enteral Nutr 16(Suppl6):43S-46S Müller MJ, Pirlich M, Balks HJ, Selberg O (1994) Glucose intolerance in liver cirrhosis: role of hepatic and non−hepatic influences. Eur J Clin Chem Clin Biochem 32: 749±758 Nygren J, Soop M, Thorell A, Efendic S, Nair KS, Ljungqvist O (1998) Preoperative oral carbohydrate administration reduces postoperative insulin resistance. Clin Nutr. 17(2):65-71 Pirlich M, Schütz T, Norman K, Gastell S, Lübke HJ, Bischoff SC, Bolder U, Frieling T, Güldenzoph H, Hahn K, Jauch KW, Schindler K, Stein J, Volkert D, Weimann A, Werner H, Wolf C, Zürcher G, Bauer P, Lochs H (2006) The German hospital malnutrition study. Clin Nutr 25(4):563-72. Epub 2006 May 15. Rittler P, Bolder U, Hartl WH, Jauch KW (2006) Nutritional therapy. Indication and approaches. Chirurg 77(11):1063-78; quiz 1079-80. Shang E, Weiß C, Post S, Kähler G (2006) The influence of early supplementation of parenteral nutrition on quality of life and body composition in patients with advanced cancer. JPEN J Parenter Enteral Nutr. 30(3):222-30 Soop M, Nygren J, Thorell A, Ljungqvist O (2007) Stress-induced insulin resistance: recent developments. Curr Opin Clin Nutr Metab Care 10(2):181-6 Strassmann G, Fong M, Kenney JS (1992a) Evidence for the involvement of interleukin-6 in experimental cancer cachexia. J Clin Invest 89:1681-1684 Strassmann G, Jacob CO, Evans R (1992b) Mechanisms of experimental cancer cachexia: Interaction between mononuclear phagocytes and colon-26 carcinoma and its relevance to IL-6 mediated cancer cachexia. J Immunol 148:3674-3678 Sungurtekin H, Sungurtekin U, Balci C, Zencir M, Erdem E (2004) The influence of nutritional status on complications after major intraabdominal surgery. J Am Coll Nutr 23(3):227-32. Trant AS, Serin J, Douglass HO (1982) Is taste related to anorexia in cancer patients? Am J Clin Nutr 36: 45-58 Von Meyenfeldt M, Chance WT, Fischer JE (1982) Correlation of changes in brain indoleamine metabolism with onset of anorexia in rats. Am J Surg 143: 133-138 Wigmore SJ, Plester CE Richardson RA, Fearon KC (1997) Changes in nutritional status associated with unresectable pancreatic cancer. Br J Cancer 75(1): 106-109 Wolfe RR, Allsop JR, Burke JF (1979) Glucose metabolism in man: responses to intravenous glucose infusion. Metabolism 28: 210±220
4
5
Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren F.G. Bader, G. Auer, U.J. Roblick, H.-P. Bruch, J.K. Habermann
5.1
Pathomorphologie und Prognosefaktoren – 89
5.1.1 5.1.2 5.1.3
Leber – 89 Gallenblase und Gallenwege Pankreas – 91
– 90
5.2
Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation – 91
5.2.1 5.2.2 5.2.3
TNM-Klassifikation – 91 Gallenblase und Gallenwege Pankreas – 98
5.3
Metastasierungswege
5.3.1 5.3.2 5.3.3
Leber – 99 Gallenblase und Gallenwege Pankreas – 100
5.4
Tumormarker
5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4
Leber – 100 Gallenblase und Gallenwege Pankreas – 102 Zusammenfassung – 103
– 93
– 99 – 99
– 100 – 101
89 5.1 · Pathomorphologie und Prognosefaktoren
5.1
Pathomorphologie und Prognosefaktoren
die Leberfunktion eingehen, gibt eine stadienübergreifende 1-Jahres-Überlebensrate von 3-39% an.
5.1.1
Leber
Cholangiokarzinom
Zu den primären Leberzelltumoren zählen das hepatozelluläre Karzinom (HCC), das Cholangiokarzinom (CC) sowie das Hepatoblastom und Hämangioendothelsarkom.
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) Das HCC wird vorwiegend in China, Südostasien und Afrika, seltener in Europa diagnostiziert. Makroskopisch werden großknotige, multizentrische Wachstumsmuster und diffuse Karzinome unterschieden. Histologisch unterscheidet man folgende Typen: ▬ trabekulärer Typ, ▬ pseudoglandulärer Typ, ▬ szirrhöser Typ, ▬ solider Typ. Eine Sonderform stellt das seltene fibrolamelläre Leberzellkarzinom dar. Mit Ausnahme des fibrolamellären Karzinomtyps ist die Prognose des HCC als schlecht zu beurteilen. Als Prognosefaktor wird überwiegend der Serumspiegel des Alpha-Fetoproteins (AFP) bestimmt. > Eine AFP-Konzentration >400 ng/ml scheint mit größeren Tumorvolumina, Beteiligung des biliären Systems und/oder dem Vorliegen einer Portalvenenthrombose und einem geringeren medianen Überleben vergesellschaftet zu sein (Tangkijvanich et al. 2000).
Einige Studien diskutieren die AFP-Isoform L3 als Prognoseparameter, der in Beziehung zu Tumorgröße, Differenzierungsgrad, Metastasierung und dem klinischen Verlauf steht (Hayashi et al. 1999, Tada et al. 2005). Erhöhte des-gamma-carboxy-prothrombin-Spiegel (DCPSpiegel) wurden im Zusammenhang mit erhöhtem Invasivitätspotenzial des Malignoms insbesondere bei Tumoreinbruch in die Portalvene beschrieben (Koike et al. 2001). Auch die Überexpression von granulin-epithelin precursor (GEP) im Tumorgewebe scheint mit einer Invasion in das venöse System sowie intrahepatischem Rezidiv assoziiert zu sein (Cheung et al. 2004). Generelle Aussagen zu Überlebensraten sind schwierig, da ihnen oft verschiedene Klassifikationssysteme zugrunde liegen. Darüber hinaus sind die dem Malignom zugrunde liegenden Ursachen respektive die entsprechenden Begleiterkrankungen der Patienten entscheidend für die Prognose. Die Okuda-Klassifikation, in die mehrere Faktoren wie z.B. die Ausprägung des Tumorbefalls und
Das Cholangiokarzinom nimmt seinen Ursprung von den intrahepatischen Gallengangsstrukturen. Diese Entität tritt seltener auf als das hepatozelluläre Karzinom mit ca. 4.000 Neuerkrankungen pro Jahr in den USA. Aufgrund des hohen Bindegewebsgehaltes lässt sich makroskopisch eine derb-weißliche Schnittfläche erkennen. Histologisch werden meist hoch differenzierte, sklerosierende Adenokarzinome mit kubisch-zylindrischen Tumorzellen in gallengangsartiger Formation nachgewiesen. Die Prognose ist mit einer medianen 5-Jahres-Überlebensrate von 15–25% als schlecht zu beurteilen.
Seltene primäre Lebermalignome Das Hämangioendothelsarkom ist ein maligner mesenchymaler Tumor. Diese Entität kann an den verschiedensten Lokalisationen, so auch in der Leber vorkommen. Eine weitere seltene Tumorentität ist das Hepatoblastom, das einen der häufigsten Tumoren im Kindesalter repräsentiert.
Sekundäre Lebertumoren In mehr als 80% der Fälle von Lebertumoren werden sekundäre metastatische Absiedelungen nachgewiesen. Entsprechend dem portalen Metastasierungstyp siedeln sich Primärtumorzellen von Malignomen des Intestinums durch hämatogene Streuung im »Filterorgan« Leber ab. Pathomorphologisch entsprechen die Befunde den Primarien. Lebermetastasen vor allem kolorektaler Karzinome können als singuläre Absiedelungen oder auch multilokulär auftreten. Darüber hinaus finden sich auch Metastasen von Karzinomen der Gallenwege sowie des Magens und des Pankreas, deren Absiedlung häufig auf eine lymphogene Ausbreitung zurückzuführen ist. Das carcinoembryonic antigen (CEA) wurde in vielen Studien ob seiner Wertigkeit als Tumormarker und Prognoseparameter evaluiert ( auch Kap. 4.5.2). Hauptargument für den »Erfolg« als Tumormarker war die Tatsache, dass der Serum-CEA-Wert akkurat, reproduzierbar und kostengünstig bestimmt werden kann. Verschiedene Studien konnten jedoch zeigen, dass die Bestimmung des CEA-Werts weder die Sensitivität noch die Spezifität besitzt, um als valider Tumormarker in der Frühdiagnose oder Prognosestellung zu fungieren (Moertel et al. 1993, Slentz et al. 1994, Harrison et al. 1997, Korenaga et al. 1997, Chapman et al. 1998). In einer groß angelegten Untersuchung evaluierten Moertel et al. die Sensitivität und Spezifität des CEA-Tests zur Diagnose von Kolonkarzinom-Rezidiven. Aus der Gesamtzahl von 1216 Patienten nach kurativer Resektion wurden 1017 Pa-
5
90
5
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
tienten einem CEA-Monitoring unterzogen. Von 417 Patienten, die ein Tumorrezidiv entwickelten, zeigten nur 59% ein erhöhtes Serum-CEA. Darüber hinaus wiesen 16% der Patienten falsch positiv erhöhte CEA-Werte auf (Moertel et al. 1993). Die Evidenz für CEA-Serumuntersuchungen zur Detektion von Lebermetastasen ist ähnlich niedrig. Glover und Mitarbeiter führten eine prospektive Studie durch, in der Serum-CEA Tests nur 33% der Lebermetastasen nachweisen konnten (Glover et al. 2002). Mori et al. publizierten ähnliche Ergebnisse für den Nachweis pulmonaler Metastasen. Nur 6% aller kolorektaler Karzinompatienten mit einer pulmonalen Metastasierung zeigten ein erhöhtes CEA-Niveau (Mori et al. 1991). Diese Daten zeigen, dass der CEA-Test eine ausreichende Sensitivität und Spezifität vermissen lässt und eine hohe Zahl falsch positiver Ergebnisse produziert. Die Konsequenz dieser falsch positiven Untersuchungen darf nicht unterschätz werden, da sie eine erhebliche psychische Belastung für die Betroffenen darstellt, die sich unnötigerweise teuren und zeitintensiven Untersuchungen unterziehen müssen. Einigkeit besteht über den Einsatz des CEA als Verlaufsparameter nach kurativer Resektion mit postoperativ abfallendem CEA-Niveau und Wiederanstieg des Wertes bei Rezidiv und/oder Metastasierung (Chapman et al. 1998). Auch die tumorassoziierten Antigene CA 72 und CA 19-9 wurden als potenzielle Marker kolorektaler Karzinome evaluiert. Wie CEA zeigen auch CA 72 und CA 19-9 eine geringe Sensitivität und Spezifität und sind daher für Diagnostik und Screening ungeeignet (Crawford et al. 2003). Hinsichtlich der Prognose stellen Lebermetastasen des Kolorektums sowie die Metastasen von neuroendokrinen Karzinomen eine eigene Gruppe im Vergleich zu anderen Tumoren dar. Die Resektion von kolorektalen Lebermetastasen hat sich als Therapie der Wahl etabliert, jedoch können nur ca. 20% der kolorektalen Lebermetastasen einer kurativen Resektion zugeführt werden. Auch wenn die Fortschritte der Chemotherapie dazu geführt haben, dass heute bei Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen mediane Überlebenszeiten von bis zu 14–20 Monaten erreicht werden, sind die Langzeitergebnisse mit einer 5-JahresÜberlebensrate zwischen 0 und 3% als extrem schlecht zu beurteilen. Nach R0-Resektion isolierter Lebermetastasen hingegen überleben nach fünf Jahren heute zwischen 20 und 45% der Patienten (Malafosse et al. 2001).
5.1.2
Gallenblase und Gallenwege
Gallenblasenkarzinome Auch das Gallenblasenkarzinom stellt eine relativ seltene Tumorentität dar. Karzinome der Gallenblase sind
zum überwiegenden Anteil schleimbildende Adenokarzinome. Histologisch lassen sich infiltrative, noduläre, papilläre oder kombinierte Formen unterscheiden. Am häufigsten ist die infiltrative oder kombiniert nodulärinfiltrative Wachstumsform. Die Tumoren können unterschiedlich hoch differenziert sein und lassen sich zusätzlich durch eine szirrhöse Stromareaktion und eine Nervenscheideninfiltration charakterisieren. Etwa 80% der Gallenblasenkarzinome sind im Fundus/Corpusbereich lokalisiert. Während die Klassifikation nur von akademischem Interesse sein kann, ist der einzige histologische Subtyp mit einer relativ guten Prognose das papilläre Adenokarzinom. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 85% im Stadium I, im Stadium IV hingegen weniger als 5%.
Polypen und seltene Tumoren der Gallenblase Die Majorität der Gallenblasenpolypen ist benigne. Es werden epitheliale Tumoren (Adenome), mesenchymale Tumore (Fibrome, Lipome, Hämangiome) oder Pseudotumore (Cholesterolpolyp, inflammatorischer Polyp und Adenomyom) unterschieden. > Die einzigen Polypen, die als Präkanzerosen angesehen werden müssen, sind die Adenome. Generell ist hier die maligne Transformation bei sessilem Wachstumsmuster und einer Größe von mehr als 1 cm wahrscheinlich.
Zu den selteneren Tumorentitäten der Gallenblase zählen Sarkome, Klarzelltumore und Granularzelltumore.
Gallenwegskarzinome Cholangiokarzinome können im gesamten Gallenwegssystem auftreten. Histologisch sind sie in 95% durch tubulo-papilläre Strukturen gekennzeichnet. Bei szirrhösen Wachstumsmustern stellen sie sich als Strikturen oder diffuse Wandverdickungen dar und imponieren histologisch mit einer desmoplastischen Stromareaktion. Ca. 10% entwickeln sich intrahepatisch. Die extrahepatische Variante ist häufiger und kann entlang des gesamten Choledochus von der Konfluenz bis zur Papille auftreten. Verschieden Arbeitsgruppen haben diese extrahepatischen Tumoren in hiläre, mittlere und distale Gallengangstumoren unterteilt. Im Gegensatz dazu wurde von Nakeeb eine Einteilung dieser Entitäten nach intrahepatisch, perihilär und einer distalen Subgruppe favorisiert (Nakeeb et al. 1996). Das Malignom der Hepatikusgabel nimmt eine Sonderstellung ein und wird auch als Klatskintumor bezeichnet. Er wird häufig als entzündliche Stenose fehlgedeutet, wächst langsam und zeigt häufig Verkalkungen. Diese Cholangiokarzi-
91 5.2 · Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation
nome repräsentieren die größte diagnostische und therapeutische Herausforderung, da auch kleine Läsionen die in unmittelbarer Nähe liegenden vitalen Strukturen infiltrieren können. Distale Gallengangskarzinome sind selten und werden auch als periampulläre Karzinome bezeichnet. Es handelt sich hierbei nahezu ausschließlich um Adenokarzinome. Die Manifestation direkt an der Papille ist häufiger als die Lokalisation im intrapankreatischen Gangverlauf. Daher wird in der Majorität der Fälle eine Tumormasse im Pankreaskopf diagnostiziert. Die Unterscheidung zwischen einem distalen Gallengangskarzinom vom Adenokarzinom des Pankreas hat prognostische Implikationen, da die Prognose dieser Entität besser als beim Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse ist. Dennoch können die auftretenden Symptome nicht von denen des Pankreaskopfkarzinoms unterschieden werden. Einige dieser Tumoren exprimieren CEA und/oder das Carbohydratantigen CA 19-9. Die Wertigkeit dieser Marker wird jedoch auch hier kontrovers diskutiert (Pitt et al. 1995). Das mittlere Überleben nach Resektion distaler Cholangiokarzinome wird in der Literatur mit 11-33 Monaten angegeben (Fong et al. 1996).
5.1.3
Pankreas
Das normale Pankreas zeigt eine drüsentypische Zytoarchitektur. So stellen azinäre Zellen etwa 80% aller Pankreaszellen dar. Ein bis zwei Prozent entfallen auf die endokrinen Inselzellen, der Rest auf duktale und Stromazellen. Etwa 95% der Malignome der Bauchspeicheldrüse entstehen aus dem dominierenden exokrinen Anteil der Drüse und zeigen die Charakteristika von Adenokarzinomen. Diese Tumoren sind derb-weißlich und weisen häufig zentrale Nekrosen, perifokale Bindegewebsneubildungen und Aufweitungen der Gangabschnitte proximal des Tumors auf. Histologisch zeigen die duktalen Adenokarzinome je nach Differenzierungsgrad gut ausgebildete Drüsenschläuche mit Zylinderepithel. Charakteristisch ist weiterhin eine intensive desmoplastische Stromareaktion sowie in 90% der Fälle eine Nervenscheideninvasion. Aufgrund ihrer ausgeprägten Metastasierungsfähigkeit und ihrer zumeist späten Diagnose im fortgeschrittenen Tumorstadium haben duktale Adenokarzinome des Pankreas eine überwiegend schlechte Prognose. Verschiedene klinische Untersuchungen konnten die Tumorprogression von der mild dysplasia zur high grade dysplasia sowie von der high grade dysplasia hin zum invasiven Adenokarzinom belegen (Furukawa et al. 1994; Brat et al. 1998). Seltene Entitäten stellen die endokrinen Langerhans-Tumoren
dar. Lymphome und mesenchymale Tumore sind extrem selten. Aktuelle Untersuchungen untermauern die Hypothese, dass diese maligne Transformation durch die Akkumulation genetischer Veränderungen und biochemischer Alterationen gekennzeichnet ist. Zum Beispiel können bereits in präneoplastischen Läsionen Mutationen nachgewiesen werden, die typischerweise bei invasiven Pankreaskarzinomen gefunden werden und z.B. p16- oder p53-Genmutationen betreffen. Auch eine Telomeraseaktivierung kann nachgewiesen werden. Dennoch ist es heute noch nicht möglich, auf der Basis von Mutationsanalysen high-risk-Patienten sicher zu definieren oder gar Aussagen über die individuelle Prognose zu treffen ( Kap. 3.3).
5.2
Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation
5.2.1
TNM-Klassifikation
Die Einteilung der Karzinome erfolgt nach der klinischen TNM-Klassifikation (Wittekind 2005). Die pathologischen »pT«- und »pN«-Kategorien nach histopathologischer Begutachtung entsprechen den klinischen T- und N-Kategorien.
Leber Die nachfolgende TNM-Klassifikation ist gleichermaßen für hepatozelluläre Karzinome (ICD-O C22.0) und intrahepatische Gallengangskarzinome (ICD-O C22.1) zutreffend (⊡ Abb. 5.1).
T – Tumorklassifikation TX: der Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0: es besteht kein Anhalt für einen Primärtumor T1: es liegt ein solitärer Tumor ohne Gefäßinvasion vor T2: es liegt entweder ein solitärer Tumor mit Gefäßinva-
sion oder mehrere Tumoren, deren Größe jeweils 5 cm nicht übersteigt, vor T3: es liegen entweder mehrere Tumoren mit einer Größe von mehr als 5 cm oder Tumoren mit Befall eines größeren Astes der V. porta oder der Vv. hepaticae vor T4: es lieg(t)en entweder ein Tumor(en) mit direkter Invasion von Nachbarorganen ausgenommen der Gallenblase oder ein Tumor(en) mit Perforation des viszeralen Peritoneums vor
N – Regionäre Lymphknoten Zu den regionären Lymphknoten zählen die des Leberhilus, die hepatischen (entlang der A. hepatica propria),
5
92
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
T1
T2
pT1
pT2
Gefäßinvasion
5 T2
pT2
< 5 cm
T3
pT3
< 5 cm < 5 cm < 5 cm > 5 cm
pT3
T3
T3
pT3
N1
pN1
< 5 cm
< 5 cm
Gefäßinvasion
T4
T4 Magen
T = pT
perforiertes viszerales Peritoneum
⊡ Abb. 5.1 Tumorklassifikation für die Leber
Lig. hepatoduodenale
93 5.2 · Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation
⊡ Tab. 5.1 UICC-Stadieneinteilung für Karzinome der Leber UICC-Stadieneinteilung
T – Tumor Klassifikation
N – Lymphknoten Klassifikation
M – Metastasenbefall
I
T1
N0
M0
II
T2
N0
M0
IIIA
T3
N0
M0
IIIB
T1/2/3
N1
M0
IVA
T4
jedes N
M0
IVB
jedes T
jedes N
M1
die periportalen (entlang der V. portae) und diejenigen entlang der abdominalen V. cava inferior oberhalb der Vv. renales (ausgenommen die Lymphknoten unterhalb des Zwerchfells, inferior phrenic nodes). Üblicherweise werden mindestens 3 regionäre Lymphknoten histologisch untersucht. Falls die untersuchten Lymphknoten tumorfrei sind, die Mindestanzahl von 3 aber nicht erreicht wird, soll als pN0 klassifiziert werden. NX: regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0: es liegen keine regionären Lymphknotenmetastasen vor N1: es liegen regionäre Lymphknotenmetastasen vor
T1a: der Tumor infiltriert die Schleimhaut T1b: der Tumor infiltriert die Muskulatur T2: der Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe, es
liegt aber keine Ausbreitung jenseits der Serosa oder in die Leber vor T3: der Tumor perforiert die Serosa (viszerales Peritoneum) und/oder infiltriert direkt die Leber und/oder ein(e) Nachbarorgan/-struktur (z.B. Magen, Duodenum, Kolon, Netz, extrahepatische Gallengänge) T4: der Tumor infiltriert den Stamm der V. portae oder der A. hepatica oder infiltriert 2 oder mehr Nachbarorgane/Strukturen
M – Fernmetastasen MX: das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden M0: es liegen keine Fernmetastasen vor M1: es liegen Fernmetastasen vor
Die Stadieneinteilung richtet sich nach dien und korreliert mit der Prognose In ⊡ Tab. 5.1 wird die Stadieneinteilung der Leber nach der International Union (UICC) beschrieben.
5.2.2
den TNM-Stader Patienten. für Karzinome Against Cancer
Gallenblase und Gallenwege
N – Regionäre Lymphknoten Zu den regionären Lymphknoten zählen die am Ductus cysticus und die pericholedochalen, hilären, peripankreatischen (nur am Pankreaskopf), periduodenalen, periportalen, zöliakalen und die an der A. mesenteria superior. Üblicherweise werden mindestens 3 regionäre Lymphknoten histologisch untersucht. Falls die untersuchten Lymphknoten tumorfrei sind, die Mindestanzahl von 3 aber nicht erreicht wird, soll als pN0 klassifiziert werden. NX: regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0: es liegen keine regionären Lymphknotenmetastasen vor N1: es liegen regionäre Lymphknotenmetastasen vor
Gallenblase
M – Fernmetastasen
Die nachfolgende TNM-Klassifikation gilt für Karzinome der Gallenblase (ICD-O C23.9) (⊡ Abb. 5.2).
MX: das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden M0: es liegen keine Fernmetastasen vor M1: es liegen Fernmetastasen vor
T – Tumorklassifikation TX: der Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0: es besteht kein Anhalt für einen Primärtumor Tis: es liegt ein Carcinoma in situ vor T1: der Tumor infiltriert die Schleimhaut oder Musku-
latur
Die Stadieneinteilung richtet sich nach den TNM-Stadien und korreliert mit der Prognose der Patienten. In ⊡ Tab. 5.2 wird die Stadieneinteilung für die Karzinome der Gallenblase nach der UICC beschrieben.
5
94
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
T1a
T1b
T2 T = pT Lamina propria Muskulatur
T = pT
perimuskuläres Bindegewebe Serosa
T2
5
T3
pT3
T3 T = pT
T3
T4
T4
pT4
T = pT
T4 V. porta A. hepatica
⊡ Abb. 5.2 Tumorklassifikation für die Gallenblase
⊡ Tab. 5.2 UICC-Stadieneinteilung für Karzinome der Gallenblase UICC-Stadieneinteilung
T – Tumor Klassifikation
N – Lymphknoten Klassifikation
M – Metastasenbefall
0
Tis
N0
M0
I
T1
N0
M0
II
T2
N0
M0
III
T1 – 2
N1
M0
T3
N0, N1
M0
IVA
T4
N0 – 1
M0
IVB
jedes T
N2
M0
jedes T
jedes N
M1
5
95 5.2 · Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation
Extrahepatische Gallengänge Die nachfolgende TNM-Klassifikation gilt für Karzinome der extrahepatischen Gallengänge (ICD-O C24.0). Diese werden je nach der anatomischen Lokalisation unterteilt (Ductus hepaticus dexter, C24.01 / Ductus hepaticus sinister, C24.02 / Ductus hepaticus communis, C24.03 / Ductus choledochus, C24.04 / Ductus cysticus, C24.05) (⊡ Abb. 5.3).
T – Tumorklassifikation TX: der Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0: es besteht kein Anhalt für einen Primärtumor
T1
pT1
Tis: es liegt ein Carcinoma in situ vor T1: der Tumor ist auf den Gallengang beschränkt T2: der Tumor infiltriert jenseits des Gallengangs T3: der Tumor infiltriert Leber, Gallenblase, Pankreas
und/oder unilaterale Äste der V. portae oder der A. hepatica propria T4: der Tumor infiltriert eine oder mehrere Nachbarstruktur(en) (z.B. Hauptstamm der V. portae oder ihre Äste bilateral, A. hepatica communis, Kolon, Magen, Duodenum)
T3
pT3 Leber
T1
pT1
perifibromuskuläres Bindegewebe
T4
pT4
fibromuskuläre Schicht Leber
subepitheliales Bindegewebe
T2
pT2
Ast der V. portae oder Ast der V. hepatica Infiltration Duodenum
perifibromuskuläres Bindegewebe
⊡ Abb. 5.3 Tumorklassifikation für die extrahepatische Gallengänge
96
5
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
N – Regionäre Lymphknoten
Bismuth IV: Die sekundären Zusammenflüsse rechts und
Zu den regionären Lymphknoten zählen die am Ductus cysticus und die pericholedochalen, hilären, peripankreatischen (nur am Pankreaskopf), periduodenalen, periportalen, zöliakalen und die an der A. mesenteria superior. Üblicherweise werden mindestens 3 regionäre Lymphknoten histologisch untersucht. Falls die untersuchten Lymphknoten tumorfrei sind, die Mindestanzahl von 3 aber nicht erreicht wird, soll als pN0 klassifiziert werden. NX: regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0: es liegen keine regionären Lymphknotenmetastasen vor N1: es liegen regionäre Lymphknotenmetastasen vor
links sind betroffen
M – Fernmetastasen MX: das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden M0: es liegen keine Fernmetastasen vor M1: es liegen Fernmetastasen vor
Papilla Vateri Die nachfolgende TNM-Klassifikation gilt für Karzinome der Papilla Vateri (ICD-O C24.1) (⊡ Abb. 5.4).
T – Tumorklassifikation TX: der Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0: es besteht kein Anhalt für einen Primärtumor Tis: es liegt ein Carcinoma in situ vor T1: der Tumor ist begrenzt auf die Papilla Vateri oder den
Oddi-Sphinkter T2: der Tumor infiltriert in die Duodenalwand T3: der Tumor infiltriert in den Pankreas T4: der Tumor infiltriert in das peripankreatische Weichgewebe und/oder in andere Nachbarorgane/-strukturen
N – Regionäre Lymphknoten Die Stadieneinteilung richtet sich nach den TNM-Stadien und korreliert mit der Prognose der Patienten. In ⊡ Tab. 5.3 wird die Stadieneinteilung für die Karzinome der extrahepatischen Gallengänge nach der UICC beschrieben.
Proximaler Choledochus und Hepatikusgabel (Klatskin-Tumor) Tumoren des proximalen Choledochus und der Hepatikusgabel werden nach der Bismuth- Klassifizierung eingeteilt, nach der sich das operative Vorgehen richtet: Bismuth I: Der Tumor betrifft nur den proximalen Choledochus, nicht die Hepatikusgabel Bismuth II: Der Tumor betrifft auch die Hepatikusgabel, nicht jedoch die sekundären Aufzweigungen rechts und links Bismuth III: Der Tumor reicht auf einer Seite (rechts oder links) bis an die sekundären Zusammenflüsse
Die regionären Lymphknoten werden eingeteilt in superior (oberhalb von Pankreaskopf und -korpus),inferior (unterhalb von Pankreaskopf und -korpus), anterior (vordere pankreatikoduodenale, pylorische und proximale mesenteriale Lymphknoten) und posterior (hintere pankreatikoduodenale Lymphknoten, Lymphknoten am Ductus choledochus und proximale mesenteriale Lymphknoten). Die Milzlymphknoten und die am Pankreasschwanz lokalisierten Lymphknoten werden nicht als regionäre Lymphknoten, sondern als Fernmetastasen (M1) klassifiziert. Üblicherweise werden mindestens 10 regionäre Lymphknoten histologisch untersucht. Falls die untersuchten Lymphknoten tumorfrei sind, die Mindestanzahl von 10 aber nicht erreicht wird, soll als pN0 klassifiziert werden. NX: regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0: es liegen keine regionären Lymphknotenmetastasen vor N1: es liegen regionäre Lymphknotenmetastasen vor
⊡ Tab. 5.3 UICC-Stadieneinteilung für Karzinome der extrahepatischen Gallengänge UICC-Stadien-einteilung
T – Tumor Klassifikation
N – Lymphknoten Klassifikation
M – Metastasen-befall
0
Tis
N0
M0
I
T1
N0
M0
II
T2
N0
M0
III
T1 – 2
jedes N
M0
IVA
T3
jedes N
M0
IVB
jedes T
jedes N
M1
5
97 5.2 · Klassifikation, Stadien, R-Klassifikation
T1
T1
pT2
T2
T = pT
T4
pT3
T3
pT4
⊡ Abb. 5.4 Tumorklassifikation für die Papilla Vateri
⊡ Tab. 5.4 UICC-Stadieneinteilung für Karzinome der Papilla Vateri UICC-Stadieneinteilung
T – Tumor Klassifikation
N – Lymphknoten Klassifikation
M – Metastasenbefall
0
Tis
N0
M0
I
T1
N0
M0
II
T2 – 3
N0
M0
III
T1 – 3
N1
M0
IV
T4
jedes N
M0
jedes T
jedes N
M1
98
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
M – Fernmetastasen MX: das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beur-
teilt werden M0: es liegen keine Fernmetastasen vor M1: es liegen Fernmetastasen vor (hierzu gehören auch Metastasen in den Milzlymphknoten und/oder in den Lymphknoten am Pankreasschwanz)
5
Die Stadieneinteilung richtet sich nach den TNM-Stadien und korreliert mit der Prognose der Patienten. In ⊡ Tab. 5.4 wird die Stadieneinteilung für die Karzinome der Papilla Vateri nach der UICC beschrieben:
5.2.3
Pankreas
Die nachfolgende TNM-Klassifikation trifft auf Karzinome des exokrinen Pankreas zu (ICD-O C25). Diese werden unterteilt in Karzinome des Pankreaskopfes (rechter Hand des linken Rands der V. mesenterica superior, C25.0), des Pankreaskörpers (zwischen linkem Rand der
T1
pT1
T2
V. mesenterica, superior und linkem Rand der Aorta, C25.1) und des Pankreasschwanzes (zwischen linkem Rand der Aorta und Milzhilus, C25.2) (⊡ Abb. 5.5).
T – Tumorklassifikation TX: der Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0: es besteht kein Anhalt für einen Primärtumor Tis: es liegt ein Carcinoma in situ vor T1: der Tumor ist auf den Pankreas begrenzt und nicht
größer als 2 cm T2: der Tumor ist auf den Pankreas begrenzt jedoch größer als 2 cm T3: der Tumor breitet sich jenseits des Pankreas aus, infiltriert aber nicht den Truncus coeliacus oder die A. mesenterica superior T4: der Tumor infiltriert den Truncus coeliacus oder die A. mesenterica superior
N – Regionäre Lymphknoten Zu den regionären Lymphknoten werden die peripankreatischen Lymphknoten gerechnet, die sich unterteilen
pT2
T3
pT3 Peripankreatisches Gewebe
≤ 2 cm
> 2 cm
⊡ Abb. 5.5 Tumorklassifikation für den Pankreas
⊡ Tab. 5.5 UICC-Stadieneinteilung für Karzinome des Pankreas UICC-Stadien-einteilung
T – Tumor Klassifikation
N – Lymphknoten Klassifikation
M – Metastasen-befall
I
T1
N0
M0
T2
N0
M0
II
T3
N0
M0
III
T1/2/3
N1
M0
IVA
T4
jedes N
M0
IVB
jedes T
jedes N
M1
99 5.3 · Metastasierungswege
lassen in superiore (oberhalb von Pankreaskopf und -korpus), inferiore (unterhalb von Pankreaskopf und -korpus), anteriore (vordere pankreatikoduodenale, pylorische (nur bei Kopftumoren) und proximale mesenteriale Lymphknoten), posteriore (hintere pankreatikoduodenale Lymphknoten, Lymphknoten am Ductus choledochus und proximale mesenteriale Lymphknoten), lienale (Lymphknoten am Milzhilus und um den Pankreasschwanz herum, allerdings nur bei Tumoren des Korpus und Schwanzes) und coeliakale (bei Pankreaskopftumoren). Üblicherweise werden mindestens 10 regionäre Lymphknoten histologisch untersucht. Falls die untersuchten Lymphknoten tumorfrei sind, die Mindestanzahl von 10 aber nicht erreicht wird, soll als pN0 klassifiziert werden. NX: regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0: es liegen keine regionären Lymphknotenmetastasen vor N1: es liegen regionäre Lymphknotenmetastasen vor
M – Fernmetastasen MX: das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden M0: es liegen keine Fernmetastasen vor M1: es liegen Fernmetastasen vor (hierzu gehören auch Metastasen in den Milzlymphknoten und/oder in den Lymphknoten am Pankreasschwanz)
Die Stadieneinteilung richtet sich nach den TNM-Stadien und korreliert mit der Prognose der Patienten. In ⊡ Tab. 5.5 wird die Stadieneinteilung für Karzinome des Pankreas nach der UICC beschrieben:
R – Klassifikation (Residualtumor – Klassifikation) Die R-Klassifikation beschreibt das Fehlen oder Vorhandensein von Residualtumoren (Resttumor) nach der Behandlung. Sie spiegelt den Tumorstatus nach der Therapie wider und beeinflusst das weitere therapeutische Vorgehen. Die R-Klassifikation liefert darüber hinaus zuverlässige Vorhersagen für die Prognose der Betroffenen. Mit der R-Klassifikation werden sowohl der lokoregionäre Resttumor als auch die entfernt liegenden Residualtumoren in Form zurückbleibender Fernmetastasen beschrieben. Die Einteilung der R-Klassifikation, unabhängig von der Tumorentität, lautet im Einzelnen: RX: das Vorhandensein von Residualtumoren kann nicht beurteilt werden R0: es liegt kein Resttumor vor R1: es liegt ein mikroskopischer Residualtumor vor R2: es liegt ein makroskopischer Residualtumor vor
5.3
Metastasierungswege
5.3.1
Leber
Die Tumorgröße stellt einen signifikanten Risikofaktor für intrahepatische und extrahepatische Metastasierung dar. Die Frequenz intrahepatischer Metastasen liegt bei HCCs ≤5 cm bei etwa 60%, wohingegen sie bei Raumforderungen über 5 cm bei etwa 90% anzusiedeln ist. Die Rate an portalvenösen Tumorinfiltrationen liegt für Läsionen über 5 cm bei etwa 75%. Somit haben Patienten mit kleinen HCCs (≤5 cm) eine bessere Prognose als Patienten mit größeren Malignomen. Das hepatozelluläre Karzinom breitet sich überwiegend über die intrahepatischen Venen aus und metastasiert nur spät lymphogen in die regionalen Lymphknoten der Leberpforte. Hämatogene Fernmetastasen in Knochen, Lunge oder Nebennieren werden nur selten beobachtet. Cholangiokarzinome breiten sich zunächst intrahepatisch aus, metastasieren dann lymphogen und erst in fortgeschrittenem Stadium auch hämatogen. Die lymphogene Metastasierung wird häufiger bei den peripheren Cholangiokarzinomen diagnostiziert. In einer vergleichenden Serie von 65 peripheren und 27 hilären Cholangiokarzinomen konnten Nakajima und Mitarbeiter eine Lymphknotenmetastasierung in 86% aller peripheren CCs beschreiben (Nakajima et al. 1988). Im Gegensatz dazu waren bei den hilären CCs in nur 33% der Fälle die Lymphknoten betroffen.
5.3.2
Gallenblase und Gallenwege
Gallenblasenkarzinome werden häufig erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium entdeckt. Sie disseminieren über alle vier Wege der Tumorausbreitung: ▬ direkte Organinvasion, ▬ lymphatisch, ▬ hämatogen und ▬ durch peritoneale Abtropfmetastasen. Durch die anatomische Lokalisation ist eine Infiltration der Segmente 4b und 5 typisch. Häufig entsteht durch Einengung der Gallengänge der typische schmerzlose Ikterus. Häufig führen Tumore, die im Infundibulum oder dem Ductus cysticus lokalisiert sind, zur Infiltration der Leberarterien, Portalvene oder den extrahepatischen Gallengängen und verhindern so die Resektion auch im noch frühen Tumorstadium. Sobald das Gallenblasenkarzinom die dünne Muskelschicht durchdringt, findet es Anschluss an das lymphatische System. Die lymphogene
5
100
5
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
Metastasierung ist daher häufig. Diese Metastasierung kann konsekutiv retropankreatische, interaortokavale und mesenteriale Lymphknoten in das Krankheitsgeschehen mit einbeziehen. Im Spätstadium der Erkrankung ist die Rate an Lungenmetastasen und Hirnmetastasen mit etwa 30% bzw. 5% zu beziffern. Auch die peritoneale Aussaat wird häufig gesehen und eine erhöhte Anzahl von Trokarkanalmetastasen beobachtet. Gallengangskarzinome infiltrieren frühzeitig die Leber und metastasieren vorwiegend in die regionären Lymphknoten, Leber, Lunge, ins Peritoneum und entlang der Nervenscheiden.
Tumorlokalisation sowie zur Therapiekontrolle. Darüber hinaus finden sie in Screening- und Surveillanceprogrammen Anwendung, um vor allem Risikogruppen zu definieren. Auch wurde immer wieder versucht, Tumormarker in der individuellen Prognosestellung heranzuziehen. In diesem Kapitel wird auf die Anwendung von Tumormarkern im Rahmen von Screening-Programmen fokussiert. Aufgrund der Praktikabilität und der besseren Patientencompliance werden serologische Marker besonders beleuchtet.
Definition »Tumormarker« 5.3.3
Pankreas
Tumoren des Pankreas (duktale Adenokarzinome) metastasieren in erster Linie lymphogen in die regionären Lymphknoten. Hämatogene Metastasen finden sich hauptsächlich in Leber und Lunge. Durch eine späte Diagnose in zumeist fortgeschrittenen Tumorstadien haben die Karzinome häufig bereits die Organgrenze überschritten und das peripankreatische Gewebe infiltriert. Eine intrakanalikuläre Ausbreitung im Ductus pancreaticus beträgt meist weniger als 2 cm und sollte bei entsprechender Resektion durch Schnellschnitt ausgeschlossen werden. > Von besonderer Bedeutung beim Pankreaskarzinom ist die Feststellung von residualem Tumorgewebe. Der Chirurg sollte deshalb von allen verdächtigen Veränderungen außerhalb der Resektionslinien Probeexzisionen zur histologischen Untersuchung entnehmen.
Zum Zeitpunkt der Operation bestehen abhängig von der Tumorgröße in über 50% der Fälle bereits Lymphknotenmetastasen. Fernmetastasen finden sich primär fast immer in der Leber (66%), in den Lymphknoten (20%) und erst später in der Lunge.
5.4
Tumormarker
Nach der Definition des National Cancer Institute (http:// www.cancer.gov/dictionary/) beschreibt der Begriff »Tumormarker« Substanzen, die im Blut, anderen Körperflüssigkeiten oder im Gewebe vorkommen können und durch ihr vermehrtes Vorkommen das Vorliegen eines Malignoms anzeigen können. Die Begriffe Biomarker, biologischer Marker und Markerprotein werden synonym angewendet. Die Bestimmung solcher Tumormarker erfolgt zur Diagnose, zum Staging, zur Bestimmung der
Der Begriff Tumormarker beschreibt eine Substanz, die im Blut, in anderen Körperflüssigkeiten oder im Gewebe vorkommen kann und durch ein vermehrtes Vorkommen das Vorliegen eines bestimmten Tumors im Körper anzuzeigen vermag. Tumormarker können eingesetzt werden zur Diagnose und Prognose, zum Staging, zur Tumorlokalisation, zum Überwachen des Therapieansprechens in Surveillanceprogrammen nach Operation des Primärtumors und zum Screening in der Gesamtbevölkerung oder in Risikogruppen im Rahmen von Vorsorgeprogrammen. Der Begriff Biomarker wird synonym verwendet.
5.4.1
Leber
Alpha-Fetoprotein (AFP) Beim Alpha-Fetoprotein (AFP) handelt es sich um ein Glykoprotein, das in der fetalen Leber synthetisiert wird. Die Serumspiegel von AFP fallen direkt post partum auf physiologisch niedrige Werte ab. Bei mehr als 70% der Patienten mit hepatozellulärem Karzinom können unphysiologisch erhöhte Serumspiegel nachgewiesen werden, da das hepatozelluläre Karzinom AFP zu synthetisieren vermag. AFP ist der am häufigsten verwendete serologische Tumormarker für das hepatozelluläre Karzinom (Schwellenwert: 20 ng/ml), auch wenn in der Literatur nur eine Sensitivität von 39% bis 65% und eine Spezifität von 76% bis 97% beschrieben wird (Sherman et al. 1995, Collier u. Sherman 1998, Trevisani et al. 2001, Nguyen et al. 2002). Auch ethnische Unterschiede sind beschrieben. Während ca. 70% der HCC Patienten in Asien erhöhte Serumspiegel aufweisen, werden erhöhte Werte in den USA und Europa nur bei ca. 50% der Betroffenen gefunden. Einschränkend muss gesagt werden, dass bildgebende Verfahren für die Diagnostik hepatozellulärer Karzinome eine signifikant höhere Sensitivität im Vergleich zur AFP-Serumspiegel-Bestimmung aufweisen
101 5.4 · Tumormarker
(Kanematsu et al. 1985, Cottone et al. 1988). Darüber hinaus kann das AFP-Niveau auch bei gutartigen sowie entzündlichen Leberläsionen erhöht sein, was die Wertigkeit der AFP-Bestimmung als Screeningparameter limitiert. Die Arbeitsgruppen von Khien und Oka untersuchten 3 Isoformen des AFP (AFP-L1-3). Insbesondere dem AFP-L3 wurde bei einer Sensitivität von 96% und einer Spezifität von 92% ein hohes diagnostisches Potenzial in der Diagnostik des HCC beigemessen (Khien et al. 2001, Oka et al. 2001). Dennoch hat das AFP-L3 bislang noch keinen Eingang in die klinische Routinediagnostik gefunden.
SCCA (squamous cell carcinoma antigen) Das SCCA zählt zur Familie der Serin-Protease-Inhibitoren (Suminami et al. 1991). Erhöhte Expressionsniveaus wurden bei epithelialen Tumoren der Zervix, der Lunge und verschiedenen HNO-Tumoren bereits in den 70er Jahren beschrieben (Kato u. Torigoe 1977). Später hat das SCCA in der immunhistochemischen Diagnostik sowie dem Nachweis von Mikrometastasen bei HCC Bedeutung erlangt. Zeitgleich wurde das Potenzial dieses Antigens als Serummarker zur Differenzierung von HCC und Zirrhosepatienten evaluiert (Giannelli et al. 2005a). Aufgrund seiner hohen Sensitivität (bis zu 84%), aber geringen Spezifität (48%) wurde sein Potenzial als zum AFP komplementäres Markerprotein untersucht. Gianelli und Mitarbeiter konnten nach Kombination von SCCA und AFP hepatozelluläre Karzinome in 90% der von ihnen untersuchten Patienten serologisch diagnostizieren (Giannelli et al. 2005b).
Weitere potenzielle Tumormarker Ein weiterer potenzieller Biomarker insbesondere bei Vorliegen von AFP-seronegativen Tumoren ist Glypican-3 (GPC3). Untersuchungen zeigten, dass etwa 33% der AFP-negativen Tumoren detektiert werden konnten (Capurro et al. 2003, Hippo et al. 2004). Auch das Isoenzym II der Gamma-glutamyl Transferase (GGTII) zeigt eine Sensitivität, die je nach Größe der Läsion zwischen 43 und 74% beträgt. Auch hier kann durch Kombination mit AFP eine erhöhte Sensitivität erreicht werden (Cui et al. 2003). Ein weiterer potenzieller Marker, der mit AFP kombiniert werden kann, ist der transforming growth factor-β 1 (TGFβ 1). Alleine erreicht er eine ähnliche Spezifität wie AFP, besitzt dabei aber eine 68%ige Sensitivität, die bei AFP-seronegativen Tumoren noch bei etwa 23% liegt (Song et al., 2002). Die Screeningergebnisse für HCCR (human cervical cancer oncogene), hTERT mRNA (human telomerase reverse transferase) und IGF-II (insulin-like growth factor-II) sind viel versprechend, müssen aber durch unabhängige Analysen validiert werden (Yoon
et al. 2004, Miura et al. 2005, Tsai et al. 2005). Andere Marker wie das Golgiprotein GP73 scheinen zwar Potenzial als biologische Marker zu besitzen, werden jedoch wegen der aufwendigen Quantifizierungsmethoden nur schwer in die klinische Routine eingeführt werden können (Marrero et al. 2005).
5.4.2
Gallenblase und Gallenwege
Die Gemeinsamkeit von Tumoren der Gallenblase und Gallenwege liegt in ihrer Seltenheit, aber auch in ihrer äußerst schlechten Prognose mit 13% Überlebensraten nach 2 Jahren (Patel 2002). Wie bei den meisten Tumorerkrankungen hängt auch hier der klinische Verlauf der Betroffenen von einer frühen Diagnose ab, sodass sensitive und spezifische Tumormarker helfen könnten, die Heilungschancen zu verbessern.
Serum Carbohydrate Antigen (CA) 19-9 CA 19-9 wird routinemäßig als Tumormarker sowohl für Karzinome der Gallenblase als auch der Gallenwege verwendet. Für Gallenblasenkarzinome liegen Sensitivität und Spezifität bei 79%, sobald der Serumspiegel 20 U/ml übersteigt (Strom et al. 1990). Für vergleichbare Resultate (Sensitivität 89%, Spezifität 86%) müssen bei Gallenwegstumoren Schwellenwerte von 100 U/ml erreicht werden (Siqueira et al. 2002). Dennoch ist auch hier die Wertigkeit des Markers für die Frühdiagnose limitiert, da hohe Serumspiegel auch bei gutartigen Erkrankungen wie beispielsweise bakterieller Cholangitis, primärer biliärer Zirrhose oder bei Alkoholabusus gefunden werden können (Maestranzi et al. 1998).
Weitere serologische Marker Der Nachweis erhöhter CEA Serumspiegel besitzt eine nur geringe Sensitivität und hat dazu geführt, dass die alleinige CEA-Messung nicht in der Klinik etabliert wurde (Siqueira et al. 2002). Auch die Kombination von CEA mit CA 19-9 ergab keine befriedigenden Ergebnisse und fand daher keine Anwendung in der klinischen Routine (Bjornsson et al. 1999). CA 125 und Interleukin-6 wurden als zusätzliche Marker beschrieben (Nehls et al. 2004). Weitere potenzielle Marker wie beispielsweise das mac2-binding protein wurden durch Genom- und Proteomstudien identifiziert (Koopmann et al. 2004). Zum Screening für insbesondere Gallengangskarzinome könnten sich zudem CA 242, CA 72-4, CA 50 und MUC5AC anbieten. Keiner dieser Marker scheint jedoch die Effektivität von CA 19-9 zu übertreffen und für die meisten steht eine Validierung als solitärer Marker oder in Kombination mit z.B. CA 19-9 noch aus (Hultcrantz
5
102
Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
et al. 1999, Carpelan-Holmstrom et al. 2002, Ozkan et al. 2003, Wongkham et al. 2003).
5.4.3
5
Pankreas
Ungefähr 80% der Pankreaskarzinome werden erst in einem späten Tumorstadium entdeckt, wenn eine kurative Sanierung kaum mehr möglich ist (Yeo et al. 2002). Die frühe Diagnose beeinflusst somit unmittelbar die Heilungschancen der Betroffenen. Die Suche nach frühdiagnostischen Tumormarkern für das Pankreaskarzinom ist somit von ausgesprochener klinischer Relevanz. Vor allem Proteinbiomarker, die im Serum oder Plasma bestimmt werden können, sind Fokus vieler experimenteller Untersuchungen, um eine Basis für sensitive, entitätsspezifische und vor allem wenig invasive Testverfahren zu entwickeln.
Serum Carbohydrate Antigen (CA) 19-9 Das CA 19-9 ist der einzige Marker, der für das Adenokarzinom des Pankreas als Routineparameter genutzt wird. In der Literatur wird die Sensitivität mit 70-90% und die Spezifität mit 70-98% beschrieben (Nazli et al. 2000). Ähnlich dem CEA scheint sich auch CA 19-9 eher als Marker zum Monitoring des Therapieverlaufes bei anfänglich hohen Serumspiegeln zu eignen (Abrams et al. 1999; La’ulu u. Roberts 2007). Dennoch zeigen ca. 10 bis 15% aller Pankreaskarzinompatienten keine Erhöhung des CA 19-9-Serumspiegels. Vor allem bei kleinen Läsionen können die Serumwerte im Normbereich liegen. Falsch positive Werte wurden auch bei gutartigen Erkrankungen des Pankreas oder des biliären Systems beschrieben (Tanaka et al. 2006).
Serologische Marker in Ergänzung zu CA 19-9 Verschiedene Studien haben versucht, CA 19-9 mit anderen Markern zu kombinieren, um so eine höhere Sensitivität und Spezifität zu erreichen. In mehreren Studien derselben Arbeitsgruppe wurden erfolgsversprechende Screeningergebnisse erzielt, wenn entweder Serumspiegel des macrophage-colony stimulating factor (M-CSF) allein oder in Kombination mit CA 19-9 untersucht wurden (Mroczko et al. 2004, 2005, Groblewska et al. 2007). Bessere Ergebnisse erzielten Matsugi et al. mit der Messung der Serumkonzentrationen der inaktiven Form der serum carboxypeptidase A (F-CPA), die bei 77% der Pankreaskarzinome unter 2 cm Größe bereits erhöhte Serumspiegel ergab (Matsugi et al., 2007). Ozkan und Ni führten vergleichende Studien zur Sensitivität und Spezifität von CA 19-9 und CA 242 durch. Die Analyse ihrer Daten ergab eine niedrigere Sensitivität des CA 242 bei höherer
Spezifität. Darüber hinaus ergab die Kombination der Serum-CA 19-9-Bestimmung und des CEA-Levels eine höhere Spezifität und Sensitivität im Vergleich zum CEAWert allein (Ozkan et al. 2003, Ni et al. 2005). CA 50, CA 72-4 und CEACAM1 sind Marker, die in Kombination mit CA 19-9 untersucht wurden. Die Resultate erscheinen vielversprechend. Eine Validierung der Ergebnisse an größeren Patientenkollektiven steht jedoch noch aus (Jiang et al. 2004, Simeone et al. 2007). Mehrere Proteine überexprimierter Gene, darunter macrophage inhibitory cytokine 1 (MIC-1), Synucleingamma, Mesothelin und Osteopontin wurden als potenzielle Serummarker untersucht, konnten in ihrer Effektivität bislang aber noch nicht bestätigt werden (Koopmann et al. 2004a; Koopmann et al., 2004b, Li et al. 2004). Takehara et al. berichteten über REG4 als potenziellen Tumormarker, der aufgrund von cDNA-Screeninguntersuchungen eine erhöhte Genexpression in Pankreaskarzinomen zeigte. Für REG4 konnten mittels eines spezifischen ELISA-Tests auch erhöhte Serumspiegel in Patienten mit kleinsten Tumorläsionen gefunden werden (Takehara et al. 2006). Zusätzlich konnte in vitro gezeigt werden, dass eine Hemmung der REG4-Expression wachstumshemmend wirkt. Es bleibt abzuwarten, ob REG4 die hohen Erwartungen als Tumormarker für einen innovativen Screening- und Therapieansatz erfüllt.
Sekretorische Marker Verschiedene Studien haben sich damit befasst, Pankreassekret durch z.B. ERCP zu gewinnen und potenzielle Biomarker zu isolieren. Ziel war es, die molekulare Diagnostik aus dem Pankreassekret mit den Ergebnissen der CT und des endoluminalen Ultraschalls zu korrelieren, um so die Sensitivität und Spezifität der Pankreasdiagnostik zu erhöhen. Diese aufwendigen Ansätze sind noch weit davon entfernt, in Screeningprogramme integriert zu werden. Besonderen Stellenwert könnte eine solche molekulare Diagnostik in der Zukunft für diejenigen Patienten haben, bei denen von einem hereditären Risiko ausgegangen werden muss (Vitone et al. 2006). So enthält das Pankreassekret neben einer großen Anzahl an Protein auch DNA-Mengen, die ausreichen, um sie auf Mutationen bzw. abnorme DNA-Methylierungsmuster zu untersuchen. Insbesondere für SPARC, ppENK, p16 und TSLC1 wurden karzinomspezifische Methylierungen beschrieben (Sato et al. 2003). Auch Genexpressionsstudien könnten zukünftig bei der Beurteilung des Pankreassekretes hilfreich sein. Ohuchida und Mitarbeiter konnten z.B. eine erhöhte Expression von S100P und S100A6 beim Pankreaskarzinom nachweisen (Ohuchida et al. 2006; Ohuchida et al. 2007). Auch wenn die Spezifität molekularer Untersuchungen des Pankreassekrets einen ent-
103 5.4 · Tumormarker
scheidenden Vorteil darstellt, werden sich diese aufwendigen Untersuchungen vor allem wegen ihrer Invasivität kaum als Screeningmethoden der ersten Wahl durchsetzen. Dennoch ergänzen sie das diagnostische Armentarium, um Hochrisikogruppen definieren zu können.
5.4.4
Zusammenfassung
Obwohl eine Vielzahl verschiedenster Marker allein oder in Kombination vielversprechende Ergebnisse geliefert haben, erfolgte bislang aufgrund mangelnder Validierung kaum eine Integration in die klinische Routine. Da viele der Marker auch bei entzündlichen Prozessen und benignen Erkrankungen erhöhte Serumspiegel zeigen, wird es unabdingbar sein, Markerpanels zu entwickeln, die dem Anspruch eines biologischen Markers auf leichte Zugänglichkeit, hohe Spezifität und Sensitivität genügen.
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Kapitel 5 · Histopathologie, Tumorklassifikationen und Prognosefaktoren
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III Teil III Chirurgische Therapie hepatobiliärer Tumoren Kapitel 6
Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie – 108 H. Wolff
Kapitel 7
Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie – 116 M. Birth, P. Hildebrand, J. Walter, D. C. Bröring
Kapitel 8
Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung – 143 D. C. Bröring, L. Müller
Kapitel 9
Lagerung und Zugangswege in der Leberchirurgie – 153 P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Birth
Kapitel 10
Klassifikation und Technik der Leberresektion – 156 M. Birth, P. Hildebrand
Kapitel 11
Parenchymdissektionsverfahren – 166 M. Birth, P. Hildebrand
Kapitel 12
Management der Resektionsflächen
– 170
M. Birth, P. Hildebrand
Kapitel 13
Lymphadenektomie (LAD) bei hepatobiliären Tumoren – 173 M. Birth
Kapitel 14
Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise – 178 H. Schrem, H. Bektas, T. Becker, J. Klempnauer, J. Scheele
Kapitel 15
Stellenwert der Transplantation bei hepatobiliären Tumoren – 204 C. Hillert, X. Rogiers
Kapitel 16
Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie – 211 M. Kleemann, M. Birth
Kapitel 17
Rekonstruktion nach ausgedehnter hepatobiliärer Resektion – 219 M. Heise, P. Neuhaus
Kapitel 18
Perioperatives und anästhesiologisches Management – 225 M. Hoffmann, M. Birth, J. Werner, JC Lewejohann, E. Muhl
Kapitel 19
Komplikationen und deren Management der hepatobiliären Chirurgie – 236 L. Müller, C. Wilms, D. C. Bröring
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Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie H. Wolff
109 Kapitel 6 · Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie
Die Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie beginnt mit Kenntnissen der Anatomie der Leber, des Gallengangssystems und der schrittweisen Erforschung ihrer Organfunktion. In den ältesten Dokumenten aus Mesopotamien etwa um 3.500 v. Chr. sind auf Keilschrifttafeln eindeutige Hinweise zur Leberanatomie der Sumerer, Babylonier und Akkader überliefert, wobei einzelne Organe beschrieben und mit bestimmten Funktionen bzw. Eigenschaften belegt worden sind. So war dem Herzen der Sitz der Intelligenz und dem Blut der Sitz des Lebens zuerkannt. Der Leber wurde eine besondere Bedeutung beigemessen, sie wurde als das schicksalstragende Organ bezeichnet. Priester, die sich zugleich als Hellseher und Wahrsager verstanden, haben die Leber der geopferten Tiere besonders untersucht und beschrieben. Nach der Beschaffenheit der Oberfläche, Konfiguration und Konsistenz wurde die Vorhersage getroffen und als schicksalsbestimmend angesehen. Gefundene Tafeln aus dieser Zeit etwa 2.000 v. Chr. zeigen Felder mit verschiedenen Deutungen belegt, welche die Priester zu lesen und zu deuten verstanden und somit Vorhersagen treffen konnten. Eine solche Vorhersage ist auch in der Bibel nachzulesen. Vor der Eroberung Jerusalems 587 v. Chr. durch das Neubabylonische Reich findet sich im Alten Testament bei Hesekiel Kapitel 21, Vers 26/27 Folgendes vermerkt:
»
Denn der König von Babel wird sich an die Wegscheide stellen vorn an den zwei Wegen, dass er sich wahrsagen lasse, mit den Pfeilen das Los werfe, seinen Abgott frage, und schaue die Leber an. Und die Wahrsagung wird auf die rechte Seite gen Jerusalem deuten,…
«
Auch die Ägypter maßen beim Einbalsamieren ihrer Könige insofern der Leber eine Bedeutung zu, indem sie die Leber mit den inneren Organen sorgfältig präparierten und in einem separaten Gefäß neben dem einbalsamierten Körper aufstellten. So galt die Leber im Altertum als der Sitz der Lebenskraft. Platon sah in der Leber den Sitz der »Organseele«. Ausgehend von Mesopotamien fanden die Kenntnisse zur Leberanatomie (Delmas 1990) in teils mystischer Verbrämung ihre Verbreitung nach Griechenland, Ägypten und Rom. Im alten Griechenland waren die mystischen Deutungen noch am stärksten ausgeprägt, wie auch die Prometheus-Sage andeutet. Bekanntlich stahl Prometheus den Göttern das Feuer, das symbolisch für Fortschritt, Entfaltung schöpferischer Kräfte etc. stand, und brachte es den Menschen. Dafür bestrafte ihn Zeus, Prometheus wurde an einen Felsen geschmiedet, wo ihm ein Adler am Tage die nachts nachwachsende Leber abfraß, bis schließlich Herakles den Adler tötete (⊡ Abb. 6.1). In
⊡ Abb. 6.1 Der gefesselte Prometheus
den Überlieferungen wird immer wieder auf den unermesslichen Schmerz hingewiesen, den Prometheus zu erleiden hatte, um damit die Bedeutung der Leber als Sitz des Seelenheils herauszustellen. Abgesehen von diesen teils religiösen Deutungen der Kenntnisse zur Leberanatomie, war es jedoch Herophilos aus Kalchedon (334–280 v. Chr.), der als Erster eine genaue Beschreibung über Lage, Größe, Konturen und Blutversorgung der Leber gab (Rüster 1984). Bei Aulus Cornelius Celsus (25 v. Chr. – 50 n. Chr.), dem wichtigsten Medizinschriftsteller am Beginn unserer Zeitrechnung, findet man schon spezielle Hinweise zum Leberkarzinom (Wolff 1911). Etwa einhundert Jahre später war es ein Arzt am Caesarenthron von Marcus Aurelius, der aus Pergamon stammende Galenos (129-199) (Lyons u. Petrucelli 1980), der nicht nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse bis dato zusammenfasste, sondern durch seine umfassenden schriftlichen Werke die medizinischen und anatomischen Grundlagen schuf, die bis in das 15. Jahrhundert als unübertroffen galten. Er beschrieb auch den Scirrhus der Leber als »lapidosus, durus, indolens, immobilis« und er
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110
6
Kapitel 6 · Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie
grenzte den Scirrhus von der Inflammatio ab. Aus dem Altertum wurde auch berichtet, dass große Echinococcuszysten und Amöbenabszesse perkutan mit Glüheisen eröffnet wurden. Oreibasios von Pergamon (325–403), griechischer Arzt der byzantinischen Zeit weist ebenfalls auf den Leberkrebs hin und beschreibt als Symptom den Aszites (Wolff 1911). Bekannt auch als Leibarzt des Kaisers Julian, auf dessen Befehl er aus den Werken Galenos und anderer Berichte eine Enzyklopädie von 72 Bänden schuf. In den vielen darauffolgenden Jahrhunderten sind kaum neue Erkenntnisse publiziert worden. Lediglich aus dem 13. Jahrhundert ist eine Reposition eines traumatischen Leberprolapses durch Rolando Da Parma bekannt geworden (Toellner 1990). Erst Jean F. Fernel (1497–1558) beschäftigte sich wieder eingehender mit dem Leberkrebs und stellte den Ikterus als ein wichtiges Symptom heraus (Wolff 1911). Im 15. Jahrhundert wurden durch den Italiener Carpi (1470-1530) (Lyons u. Petrucelli 1990), den Franzosen Vesal (1514-1564) (Toellner 1990) u.a. neue anatomische Kenntnisse und Bildtafeln veröffentlicht, die genaue Beschreibungen der Leber beinhalteten und die besonders durch die wissenschaftlichen Arbeiten von Harvey (1578-1656) (Harvey 1957) und Glisson (1592-1656) (Lyons u. Petrucelli 1990) eine neue Sicht auch in der Leberanatomie eröffneten, die in ihren Grundzügen bis heute Gültigkeit hat. Die verklärende Betrachtung der Leber im Altertum als Organ der Seele des Menschen fand im Mittelalter im europäischen Raum dahin gehend eine Veränderung, dass nunmehr der Sitz der Seele in das Herz verlagert wurde. Lediglich im Volksempfinden galt die Leber noch als Ort des Gemütslebens und Redensarten, wie »frisch von der Leber weg« bzw. »eine Laus über die Leber gelaufen«, blieben bis heute erhalten und lassen uns über die Bedeutung der Leber sinnieren. Im 16. und 17. Jahrhundert sollen Versuche zur Resektion partiell abgelöster Leberteile schon unternommen worden sein, so auch von Fabricius Hildanus 1560-1634, dem damals berühmten deutschen Chirurgen aus Hilden bei Düsseldorf (Toellner 1990). Die Leberchirurgie im eigentlichen Sinne begann erst im 17./18. Jahrhundert, wie die Angabe von MacPerson /England 1688 (MacPerson 1956) und die Mitteilung von Berta / Italien 1716 (Forster 1991) über erfolgreiche Entfernungen von prolabierten Leberteilen nach abdominalen Verletzungen belegen. In Deutschland berichtete Garré 1889 über die Entfernung eines prolabierten Leberteils bei einem Soldaten in den letzten Kriegstagen 1871/72 durch Paul von Bruns (Garré 1889). Im Ganzen gesehen lag die Sterblichkeit nach Leberverletzungen in
den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts sehr hoch. Edler gab 1887 (Edler 1886/7) in Deutschland eine Sterblichkeitsrate von 56% an, Terrier 1886 (Terrier 1896) in Frankreich von 31% und Tilton 1895 (Tilton 1905) in den USA von 44%. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielt die Leberchirurgie eine Indikationserweiterung, der sog. Schnürlappen und die Wanderleber kamen hinzu. Gesicherte Berichte über planmäßig durchgeführte Leberresektionen finden sich ab dem 8. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Die erste erfolgreiche intraabdominale Leberresektion in Deutschland wurde 1886 von Karl Johann August Langenbuch vorgenommen. Langenbuch, 1846 in Kiel geboren, studierte in Kiel und Berlin und war seit 1873 Chefarzt des Lazarus-Krankenhauses in Berlin. Bekanntlich wurde von ihm 1882 die erste Cholezystektomie ausgeführt. Bei der Leberteilresektion handelte es sich um die Entfernung eines sog. Schnürlappens. Langenbuch schreibt dazu (Langenbuch 1888):
»
Dies ist wohl der erste Fall, wo ein größeres Stück der menschlichen Leber (370 g) mit dem Messer entfernt worden ist. Er lehrt, daß die Schnürlappen der Leber in den seltenen Fällen, wo sie zu ernsten Beschwerden Anlaß geben, und wo es nicht anders geht, auf operativem Wege mit Erfolg entfernt werden können.
«
Die Abtrennung des Schnürlappens bewerkstelligte Langenbuch mit Hilfe von Durchstichligaturen; eine Nachblutung wenige Stunden nach der Operation beherrschte er durch Umstechungen. Eine genaue Falldokumentation liegt auch von Lius, Italien, aus dem Jahre 1886 vor (Lius 1903). Er entfernte einen gestielten kinderkopfgroßen Lebertumor bei einem 67-jährigen Mann, jedoch misslang die Versorgung des Gefäßstiels und der Patient verstarb 6 Stunden nach der Operation an einer Nachblutung. In den USA wurde die erste Leberresektion 1891 von Williams Keen im Jefferson Medical College in Philadelphia durchgeführt, es handelte sich um ein gestieltes Cystadenom der Leber, das erfolgreich entfernt werden konnte (Keen 1892). Doch diese ersten Verläufe dürfen nicht über die großen Schwierigkeiten hinwegtäuschen, die sich bei den Resektionen einstellten und die es zu meistern galt. Vor allem war es die Gefahr der Verblutung, der zu hohe Blutverlust, der die Zahl der Leberresektionen limitierte und das hohe Risiko bedingte. Die Durchtrennung des Leberparenchyms wurde also nach simplen Abschnürungen mit Durchstichligaturen, durch Kompression der Wundränder mit weichen Klemmen und intrahepatischen Ligaturen von Gefäßen und Gallengängen bewerkstelligt. Tumore im linken Leberlappen versuchte
111 Kapitel 6 · Geschichte der hepatobiliären Tumorchirurgie
man damals, durch das Anlegen von Gummischläuchen und anderen Abschnürungen blutarm zu operieren. So hat Langenbuch schon 1894 eine temporäre Okklusion der A. mes. sup. empfohlen mit einer en-bloc-Umschnürung des Lig. hepatoduodenale. Letzteres ist uns heute als Pringle-Manöver (Pringle 1908) bekannt. Die Technik der Parenchymdurchtrennung wäre »ganz von den Gewohnheiten des Operateurs« abhängig, wie Anschütz (Anschütz 1903) schon 1903 betonte und vorschlug, die Parenchymdurchtrennung mit Hilfe von stumpfen Instrumenten und den Fingern vorzunehmen. Die Technik ging dann als »finger-fracture-technic« nach Lin 1958 (Lin 1974) in die Literatur ein. Anschütz war es auch, der schon 1907 über die erste Serie von 20 Resektionen berichtete, die mithilfe einer besonderen Abschnürligatur gelang. James Israel nahm 1911 die Exstirpation eines Leberkavernoms vor (Israel 1911). Israel, 1848 geboren, studierte in Berlin, war Schüler von Langenbeck und ab 1880 Chefarzt des Jüdischen Krankenhauses. Er begann die Resektion an der Grenzlinie zwischen beiden Lappen mit sukzessiv angelegten großen Umstechungsnähten und bediente sich »zur Abschnürung des Parenchyms eines Gummischlauches«, der in situ blieb und dessen Enden aus der Bauchwunde herausgeführt wurden. Nach 14 Tagen wurde der Knoten durchschnitten und der Schlauch entfernt, danach war die Patientin geheilt und von ihren Beschwerden befreit. Ende des 19. Jahrhunderts wurde fast ausschließlich das Abschnürungsverfahren zur Exstirpation des Lebertumors eingesetzt. Nach einer festen Umschnürung des tumortragenden Leberanteils wurde die Nekrose und Abstoßung des Tumors abgewartet, nach Möglichkeit erfolgte die extraperitoneale Verlagerung des Tumors nach Hochenegg 1889 (Wolff 1911) oder das zweizeitige Vorgehen nach Lücke 1891 (Lücke 1891) wurde favorisiert. Die erzielten Ergebnisse waren durchweg wenig erfolgreich, sodass Poppert (Wullstein u. Wilms 1918) im Lehrbuch für Chirurgie noch 1918 vermerkte, dass man beim Leberkrebs, sobald er Leber oder Gallengänge weit infiltriert hat, am besten jeden operativen Eingriff unterlässt. Ein weiterer Fortschritt ergab sich aufgrund weiterer Kenntnisse auf dem Gebiet der Leberanatomie. Durch Rex 1888 (Rex 1888) in Deutschland und durch Cantlie 1898 (Cantlie 1898) in England wurde die Aufteilung der Leber in einzelne Lappen und deren Blutversorgung beschrieben. Wendel nahm 1911 im Krankenhaus Magdeburg/Sudenburg die erste erfolgreiche anatomische rechtsseitige Lappenresektion wegen eines Leberzellkarzinoms vor, wobei er in der Leberpforte den rechten Ast der A. hep. propria nach dem Abgang der A. cystica ligierte (Wendel 1911). Da er die zentrale Unterbindung des rechten Pfortaderastes unterließ, legte er im Bereich der Resektionsfläche Durchstichligaturen mit-
hilfe einer Öhrsonde. Diese sog. anatomische Resektion, die 1920 von ihm eine weitere Begründung erfuhr (Wendel 1920), fand jedoch vorerst keine größere Verbreitung. Bis nach dem zweiten Weltkrieg stagnierte die Resektionschirurgie an der Leber, obwohl methodisch möglich, blieben die Operationen eine Seltenheit. Das Vorliegen von primären Tumoren wurde unter 2% aller Lebertumoren festgestellt und war im resektablen Stadium kaum zu diagnostizieren. Erst nach dem zweiten Weltkrieg häuften sich in der Literatur Angaben über durchgeführte anatomische Leberlappenresektionen. Unzählige Kliniken in der Welt begannen mit der Leberchirurgie; in Frankreich 1952 durch Lortat-Jakobs (Lortat-Jacob u. Robert 1952), in Japan 1955 durch Honjo (Honjo u. Araki 1955), in den USA 1952 durch Quattelbaum (Quattlebaum 1985), 1954 durch Brunschwig (Brunschwig 1954) und andere (Foster 1991). Der große Sprung in der Leberchirurgie in den 50er und 60er Jahren war natürlich verbunden mit genaueren Erkenntnissen über die Lappen- und Segmentaufteilung der Leber sowie über die entsprechende arterielle, portale und venöse Versorgung mit den dazugehörigen intrahepatischen Gallengängen, die schließlich zu der heute bekannten Segmentaufteilung der Leber durch Claude Couinaud im Jahre 1954 führte (Couinaud 1954). Kenntnisse zur Leberischämie und der Einsatz protektiver Maßnahmen, sowie ein optimiertes Regime bei Narkose und Intensivtherapie trugen ebenso zur Senkung der Sterblichkeitsrate bei, wie die Verbesserung der operativen Technik, angefangen bei simplen Abschnürungen, Durchstichligaturen, über die anatomische Resektion, bis zu gezielten Gefäßunterbindungen. Die Parenchymdurchtrennung begonnen mit stumpfen Instrumenten ist heute durch Ultraschalldissektion, Lasereinsatz und Water-Jet erweitert. Auch die Versorgung der Resektionsfläche fand durch unterschiedliche Koagulationsformen, begonnen mit dem Thermokauter, der Heißluftkauterisation von Hollaender 1898 angegeben (Wolff 1928), bis zur Fibrinklebung in den letzten Jahrzehnten eine positive Ergänzung. Im Ausland wurde die Entwicklung der Leberchirurgie schon gleich nach dem zweiten Weltkrieg stark vorangetrieben, während sie in Deutschland einen recht zögerlichen Einzug hielt. Obwohl Reifferscheid 1957 eine Monographie zur Chirurgie der Leber herausbrachte und unter der Rubrik Ausblick (Reifferscheid 1957) betonte:
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wir werden noch lange Zeit nicht an einen Vorstoß in die zentrale Stoffwechselchirurgie, der Leber denken dürfen!
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Mit wachsenden operativen Erfahrungen, verbesserter Diagnostik und Intensivtherapie verringerten sich die Sterblichkeitsraten von etwa 15% in den 60er Jahren auf
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etwa 10% in den Jahren 1975 bis 1981 und konnten in den 90er Jahren auf etwa 5% gesenkt werden (McClusky III et al.1997). Vereinzelt waren in diesen Jahrzehnten auch noch hohe Mortalitätsraten von 20 bis 40% zu verzeichnen. 1990 war die Leberchirurgie jedoch weitgehend etabliert. In den 90er Jahren konnten 5-Jahres-Überlebensraten beim Leberkarzinom von 25–35% erreicht und die Letalität bis unter 5% gesenkt werden. Damit kann auf eine recht beachtliche Entwicklung in den 100 Jahren zurückgeblickt werden. Der Beginn der Chirurgie an dem extrahepatischen Gallengangssystem bzw. an der Gallenblase wird meistens mit dem Jahr 1882 in Verbindung gebracht, mit der ersten Cholezystektomie durch Langenbuch. Jedoch waren Entzündungen am Gallengangssystem und Gallensteine seit Urzeiten bekannt. Auch spontane Perforationen von vereiterten Gallenblasen nach außen mit Steinabgang wurden beobachtet, doch bis in das 19. Jahrhundert war nur ein konservatives Vorgehen angesagt. Im 18. Jahrhundert beschäftigte sich Jean-Louis Petit (1674 -1760) mit Fragen der Gallenblasenerkrankung und er schlug 1743 vor, den Gallenblasenhydrops zu punktieren und u.U. auch die Steine zu entfernen (Toellner 1990). J. S. Bobbs (Häring 1992) nahm 1867 die einzeitige Cholezystostomie in Indianapolis vor. Voraussetzung zur Durchführung der Cholezystostomie war die eingetretene Verwachsung zwischen Gallenblase und Peritoneum bzw. Bauchdecke, um die Ausbreitung der Infektion intraperitoneal zu verhindern. Es war also oft ein zweizeitiges Vorgehen notwendig. Auch die Eröffnung der Gallenblase und die Entfernung der Steine mit Verschluss der Inzision wurden sehr häufig vorgenommen. Diese operativen Vorgehensweisen waren bis in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein vorherrschend. Natürlich mit einer hohen Komplikationsrate als Folge der verbliebenen Gallenblase. Langenbuch nahm nach Studien an der Leiche und technischer Erprobung der Gallenblasenentfernung 1882 die erste erfolgreiche Cholezystektomie bei einer chronischen Cholezystolithiasis vor (Langenbuch 1882). 1923 bemerkte Trendelenburg (Trendelenburg 1925)
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Die Operationen Langenbuchs haben die bis dahin ängstlich verschlossene Tür zur Behandlung des Gallensteinleidens eröffnet.
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Neben Carl Langenbuch hat noch ein Gallenchirurg in der damaligen Zeit Weltruf erlangt und die Gallenchirurgie entscheidend nach vorne gebracht: Hans Kehr (1862-1916), der 1885 das Staatsexamen in Jena ablegte, dann eine chirurgische Ausbildung in Gotha bei dem Chirurgen Dr. Meusel erhielt und sich im Juli 1888 als Spezialarzt in einer Privatklinik in Halberstadt niederließ
⊡ Abb. 6.2 Hans Kehr (1862-1916)
(⊡ Abb. 6.2). Am 22. Mai 1890 führte Kehr seine erste Gallenblasensteinoperation als Autodidakt durch, die er nach Gallenblaseneröffnung und Steinentfernung in Form der bereits bekannten Cystendyse, d.h. Cholezystotomie, abschloss. Aufgrund der schlechten Ergebnisse wandte er sich schon 1895/1896 von der Cholezystotomie und Cholezystostomie ab und befürwortete die frühzeitige Cholezystektomie. Gallengangssteine entfernte Kehr nach Eröffnung des Ganges, die Inzision versorgte er anfangs durch eine primäre Naht doch die Ergebnisse waren aufgrund von Komplikationen an der Nahtstelle schlecht, so dass Kehr 1897 als Erster in Deutschland ein Drain in die Inzision einlegte. Diese Drainage des Hauptgallenganges von ihm in den folgenden Jahren mehrfach modifiziert. Die noch heutige Form des Kehr’schen T-Rohrs, das eine internationale Verbreitung erlangte, entstand wohl in den Jahren 1907/1909, wurde aber erst 1912 publiziert (Kehr 1912). Aufgrund seiner großen Erfahrungen in der Gallensteinchirurgie führte er auch palliative Eingriffe, wie die Hepatico-Duodenostomie 1903, die Hepato-Cholangio-Enterostomie 1904 und die Sphinkterotomie mit Plastik als Erster in Deutschland aus (Kehr 1905) Das Gallenblasenkarzinom selbst wurde schon 1777 von Maximilian de Stoll (Gall et al. 1986) angegeben und von Maxime Durand-Fardel des Hospitals Salpêtrière Paris folgte 1840 eine zusammenhängende klinische Darstellung des Krebses mit den diagnostischen Zeichen und den Beziehungen zu umgebenden Organen (DurandFardel 1858). In Deutschland hat Riesenfeld bereits 1868 über 7 Kranke mit einem Gallenblasenkarzinom berichtet, obwohl es sich um einen seltenen Tumor handelte, galt er als das häufigste Neoplasma des Gallengangssystems (Riesenfeld 1868). Heinrich Zenker hat sich schon 1889 eingehend mit der Krebsbildung und Steinnachweis in der Gallenblase beschäftigt, außer dass dieser in ho-
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hem Prozentsatz (70 bis 90%) mit dem Tumorgeschehen vergesellschaftet war, konnte kein gesicherter Zusammenhang festgestellt werden (Zenker 1889). Die tumorösen Gallenblasen wurden um die Wende 19./20. Jahrhundert vereinzelt operiert, jedoch mit geringem Erfolg. A. W. Mayo Robson berichtete über 12 Gallenblasentumorexstirpationen, von denen 10 Patienten die Operation überlebten, 5 Operierte davon waren noch nach 1 bis 5 Jahren rezidivfrei (Wolff 1928). H. Steindl bemerkte 1925 wohl zu Recht, dass bei fortgeschrittenen Karzinomen der Gallenblase und das sind weit mehr als die Hälfte der operierten Fälle, jede Radikalbehandlung aussichtslos ist (Steindl 1925). Auch nach weiteren 20 Jahren stellten sich keine Fortschritte ein, es kamen immer noch 70-90% in inoperablem Zustand zur Aufnahme. Lediglich die verstärkte Hinwendung zur Frühoperation der Cholezystolithiasis führte auch zu mehr Eingriffen und häufigeren Zufallsbefunden an Gallenblasentumoren, jedoch blieb die Dauerheilung im Gesamtkollektiv unter 5%, während in der Serie von Zufallsbefunden eines Karzinoms die 5-Jahres-Überlebensrate 14,9% betrug (Piehler u. Crichlow 1978). Unter Berücksichtigung der Tumorausdehnung wurde in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bei fortgeschrittenen Tumoren mit tiefer Gallenblasenwandinfiltration, eine 2 bis 3 cm Keilexzision des Gallenblasenbettes und die Lymphknotendissektion im Lig. hepatoduodenale empfohlen (Jones 1982, Wolff 1978). Wurden die Gallenblasenkarzinome nach dem TNM-System klassifiziert, so waren im Stadium T1 5-Jahres-Überlebensraten bis 60%, T2 bis 39% und T3 bis zu 20% zu erreichen, vorausgesetzt, dass eine R0-Resektion unter Mitnahme des IV. und V. Segments angestrebt wurde. Bei Tumoren in Stadien Tis und T1a lag die 5-Jahres-Überlebensrate bei 90%. So wurde in den letzten Jahrzehnten ein wichtiger Fortschritt in der Differenzierung der Gallenblasenkarzinome erreicht, wohl weniger in der Komplexbetrachtung. Die erste Erwähnung des Gallengangskarzinoms erfolgte 1840 auch durch Maxime Durand-Fardel im Zusammenhang mit der Beschreibung des Gallenblasentumors (Durand-Fardel 1858). In Deutschland beschrieb F. T. Frerichs (Frerichs 1872) 1872 den Gallengangstumor und stellte besorgt fest;
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Neubildungen dieser Art lassen sich während des Lebens nicht erkennen, sie entziehen sich der Palpation vollständig und veranlassen, ähnlich wie die Obliteration des D. hep. com., die Zufälle einer mit dem Tode endenden Gallenerkrankung.
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Schüppel hat 1878 (Wolff 1911) das Hepatikuskarzinom genauer beschrieben und Julius Schreiber gab 1877 einen
genauen Bericht über einen Tumor des Ductus hepaticus,
der bis in die Bifurkation reichte bei freiem Ductus Choledochus (Schreiber 1877). Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Karzinom der Gallenwege weitgehend als inoperabel angesehen und so kamen fast ausschließlich galleableitende Operationen in Form von biliodigestiven Anastomosen zur Anwendung. Winniwarter führte 1882 die erste Verbindung zwischen Gallenblase und Kolon aus (Häring 1992). Riedel nahm 1888 die erste Choledochoduodenostomie vor (Häring 1992). H. Kehr resezierte 1903 ein Choledochuskarzinom mit Entfernung des Duktus hepaticus samt Gallenblase und legte die erste Hepatico-Duodenostomie an. Der Verlauf gestaltete sich erfolgreich und der Patient war nach 9 Monaten noch rezidivfrei (Kehr 1903). Aufgrund der sehr geringen Inzidenz der extrahepatischen Gallengangstumore, die etwa nur 1/3 der Gallenblasentumore ausmachten, finden sich in der Literatur der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts nur vereinzelt Fallberichte und wenig aussagekräftige Statistiken. Die Versuche, den Gallengangstumor zu entfernen, gelangen nur in wenigen Fällen, wegen fortgeschrittener Infiltration waren nur Palliativeingriffe möglich. Neibling et al. analysierten über 14.000 Eingriffe am Gallenwegssystem der Jahre von 1936 bis 1947 und fanden darunter 66 Tumore, eine Inzidenz von etwa 0,5% (Neibling et al. 1949). Als operative Eingriffe kamen; Biopsien, galleableitende Verfahren und Tumorresektionen zur Anwendung mit medianen Überlebenszeiten von 3 bis 4 Monaten. Erst in den 50er und 60erJahren des vergangenen Jahrhunderts war ein gesteigertes Interesse an diesen Tumorentitäten zu verzeichnen. Goldenberg berichtete 1953 über eine 24jährige Periode der Gallenchirurgie mit einem Anteil von 1,8% Gallenwegskarzinomen (Goldenberg 1953). Die in den 70er und 80er Jahren publizierten Ergebnisse zeigten Resektionsquoten bei extrahepatischen Gallengangstumoren von etwa 35% (Gebhardt 1986) und mediane Überlebenszeiten von 10 bis 30 Monaten (Akwari u. Kelly 1979, MacDonald et al. 1982, Wagner et al. 1987). Werden die extrahepatischen Gallengangstumore nach ihrer Lokalisation eingeteilt, so findet sich der proximale Tumor an der Hepatikusgabel am häufigsten und mit der schlechtesten Prognose, während seine Resektabilität gegenüber den distal gelegenen Tumoren am niedrigsten liegt. Die Behandlung dieses Tumors, der von Altemeier (Altemeier et al. 1966) 1966 und Klatskin (Klatskin 1965) 1965 explizit beschrieben wurde, ist nach wie vor eine Herausforderung für die Chirurgen. Die niedrigen Resektionsquoten von etwa 30% bei Patienten, die unter kurativer Zielstellung laparotomiert wurden, lassen erkennen, dass eine große Notwendigkeit besteht, verstärkt nach multimodalen Konzepten zu suchen und palliative Eingriffe und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebens-
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qualität für den großen Rest der Nichtresezierten besser voranzubringen. Tompkins et al. konnten aufgrund ihrer Ergebnisse bei resezierten Tumoren im distalen Abschnitt 5-Jahres-Überlebensraten von 25% erreichen, im mittleren Teil von 12% und beim hiliären Sitz überlebte keiner der Resezierten (Tompkins et al. 1981). Der hohe Schwierigkeitsgrad bei der Resektion der KlatskinTumore bedingte, dass sich die Fortschritte in der kurativen Behandlung nur in großen Zentren entwickelten, hier werden Resektionsraten von 10 bis 50% und mediane Überlebenszeiten von 10 bis über 80 Monate bei einer 30-Tage-Mortalität von 5% bis 25% erreicht (Wagner et al. 1987, Wolff et al. 1990, Bismuth et al. 1992, Stain et al. 1992, Neuhaus u. Blumhard 1994, Pichlmayr et al. 1995, Beckurts et al. 1997). Die in den letzten 20 Jahren angestrebte kurative R0-Resektion des Klatskin-Tumors in einer chirurgisch aggressiven Vorgehensweise und enbloc-Leberteilresektion erreicht erst bei einer Operationsmortalität unter 5% ihre volle Berechtigung. Zu dieser insgesamt erfolgreichen Entwicklung der chirurgischen Behandlung der hepatobiliären Tumore hat auch die Lebertransplantation (LT) wesentlich beigetragen, durch Starzl 1963 in die Klinik eingeführt (Starzl et al. 1963) (⊡ Abb. 6.3), fand sie seit 1968 - jedoch verstärkt seit Ende der 80er Jahre - auch in der Behandlung von Leberkarzinomen Anwendung. Das European Liver Register weist in den Jahren von 1988 bis 2007 9.071 Lebertransplantationen wegen Tumoren aus, das sind 14% aller durchgeführten Leberübertragungen in Europa. Bei Berücksichtigung der Klassifizierung der 9.048 Malignome, wurde die Indikation zur LT wegen hepatozellulärem in 82% und wegen eines cholangiozellulären Karzinoms nur in 3% gestellt. In 5% erfolgte die LT wegen Metastasen und in 3% wegen Karzinomen des biliären Trakts. Die
⊡ Abb. 6.3 Thomas Starzl führte 1963 die erste Lebertransplantation durch
restlichen 8% LT konnten nicht zugeordnet werden. Die 5-Jahres-Überlebens-zeiten nach der LT wegen eines Karzinoms liegen bei 57%, nach 10 Jahren leben noch 44% der Transplantierten. In einem Bericht der Deutschen Transplantationszentren von 2009 (Kaiser et al. 2008) über 47 Lebertransplantationen wegen eines cholangiolären Hiluskarzinoms wurden mediane Überlebenszeiten von 35 Monaten erreicht. Im Vergleich dazu lagen die 5-Jahres-Überlebensraten wegen Cirrhosis hepatis erfolgter LT bei 72% und bei akutem Leberversagen bei 63% und nach 10 Jahren bei 62 bzw. 58%. Insgesamt gesehen hat der Einsatz der Lebertransplantation bei der Krebserkrankung der Leber durchaus seine Berechtigung.
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6
7
Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie M. Birth, P. Hildebrand, J. Walter, D. C. Bröring
7.1
Einleitung
– 117
7.2
Primäre Lebertumoren
7.2.1 7.2.2
Benigne primäre Lebertumoren – 117 Maligne primäre Lebertumoren – 118
7.3
Sekundäre Lebertumoren
7.3.1 7.3.2
Prognosefaktoren und Ergebnisse nach Resektion kolorektaler Metastasen – 120 Prognosefaktoren und Ergebnisse nach Resektion nichtkolorektaler Metastasen – 123
7.4
Gallenblasentumoren – 130
7.4.1 7.4.2
Benigne Gallenblasentumoren – 130 Maligne Gallenblasentumoren – 131
7.5
Gallenwegstumoren
7.5.1 7.5.2
Benigne Gallenwegstumoren – 133 Maligne Gallenwegstumoren – 133
– 117
– 120
– 133
7.6
Allgemeine Aspekte – 136
7.6.1 7.6.2 7.6.3 7.6.4 7.6.5 7.6.6 7.6.7 7.6.8
Allgemeine Faktoren der Operabilität – 136 Technische Resektabilität – 136 Perioperatives Risiko nach Leberresektion – 137 Extrahepatischer Tumor – 137 Indikationsstellung und Ergebnisse beim hepatischen Rezidiv Leberresektionen im Alter – 138 Timing – 138 Leberresektion nach präoperativer Chemotherapie – 139
– 138
117 7.2 · Primäre Lebertumoren
7.1
Einleitung
M. Birth, P. Hildebrand Auch nach der Erstbeschreibung einer Leberresektion durch von Langenbuch vor über 100 Jahren galt die Leber viele Chirurgengenerationen lang als »operationsfeindliches« Organ. Bis in die 70er Jahre blieben Leber resezierende Eingriffe insbesondere wegen des hohen operativen Risikos die Ausnahme. Das Verständnis der funktionellen Leberanatomie, onkologischer Grundlagen sowie entscheidende Verbesserungen der operativen Taktik und Technik und des perioperativen Managements haben mittlerweile zu einem konzeptionellen Umbruch geführt. Die Sinnhaftigkeit jeglicher onkologischer Resektion wird insbesondere durch den erreichbaren Langzeitverlauf bestimmt. Aufgrund des Fehlens randomisierter Studien richten sich aktuelle Empfehlungen zur Indikationsstellung resezierender Maßnahmen im Wesentlichen
nach Prognosefaktoren, die in verschiedenen »high-volume-Zentren« identifiziert wurden ( Abschn. 7.2, Abschn. 7.3, Abschn. 7.4). Hier kommt dem Nachweis bzw. Ausschluss extrahepatischer Tumormanifestationen eine überragende Bedeutung zu.
7.2
Primäre Lebertumoren
M. Birth, P. Hildebrand
7.2.1
Benigne primäre Lebertumoren
Lebertumoren zunächst unklarer Dignität werden durch den großzügigen Einsatz bildgebender Verfahren zunehmend häufiger entdeckt. Die sichere Zuordnung ihrer Entität ( Kap. 4.1.1) ist für das weitere Vorgehen entscheidend (Übersicht ⊡ Tab. 7.1)
⊡ Tab. 7.1 Einteilung primärer Lebertumore und tumorähnlicher Läsionen nach WHO (Auswahl) (modifiziert nach Allgaier 2002) Benigne
Maligne
Epitheliale Tumoren
− Hepatozelluläres Adenom − Fokal noduläre Hyperplasie − Intrahepatisches Gallengangsadenom bzw. Zystadenom − Biliäre Papillomatose
− Hepatozelluläres Karzinom − Intrahepatisches Cholangiokarzinom (peripheres Gallengangskarzinom) − Gallengangszystadenokarzinom − Kombiniertes hepatozelluläres und Cholangiokarzinom − Hepatoblastom − Undifferenziertes Karzinom
Epitheliale Anomalien
− Leberzelldysplasie: − groß-, kleinzelliger Typ − Dysplastische Knoten (adenomatöse Hyperplasie): − niedrig- oder hochgradig − Gallengangsanomalien: − Hyperplasie − Dysplasie
− Gallengangsanomalien: Intraepitheliales Karzinom − (Carcinoma in situ)
Nicht-epitheliale Tumoren
− − − −
Angiomyolipom Lymphangiom, -angiomatose Hämangiom Infantiles Hämangioendotheliom
− − − −
Epitheloides Hämangioendotheliom Angiosarkom Embryonales Sarkom Rhabdomyosarkom
Heterogene Tumoren
− Solitärer fibröser Tumor − Teratom (unsicheres biologisches Verhalten)
− − − −
Dottersacktumor Karzinosarkom Kaposi Sarkom Rhabdoidtumor
Heterogene Läsionen
− Mesenchymales Hamartom − Noduläre Transformation (noduläre regeneratorische Hyperplasie) − Inflammatorischer Pseudotumor
Hämatopoetische/lymphoide Tumoren
− Primäres Marginalzonen-B-NHL vom MALT-Typ (WHO, 2001)
7
118
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
Primär gutartige Tumoren sind nur bei zweifelhafter Dignität und Symptomen sowie Komplikationen zu resezieren. Dabei sind, sofern Größe und Lage dies zulassen, parenchymsparende Resektionsformen anzuwenden.
Hämangiom
7
Das kavernöse Hämangiom ist mit einer Prävalenz von 5-7% der häufigste gutartige Tumor (Nufer et al 1999). In seltenen Fällen, insbesondere bei sogenannten »Riesenhämangiomen« (ab 10 cm Größe) können Symptome wie unspezifische Oberbauchschmerzen, zumeist durch Druck auf Nachbarorgane zu einer Therapie Anlass geben, nachdem infrage kommende Differenzialdiagnosen ausgeschlossen wurden. Eine Tumorruptur mit Hämoperitoneum zwingt zur sofortigen Notfall-OP. Relative Indikationen bestehen bei rascher Größenzunahme (Cave: Hämangiosarkom!) und der Notwendigkeit einer medikamentösen Gerinnungstherapie, sofern Riesenhämangiome, die nicht parenchymbedeckt sind, vorliegen (Weimann 1997, Nufer et al 1999). Die Prognose des Hämangioms ist gut, eine maligne Transformation bis dato nicht beschrieben.
Adenom Hepatozelluläre Adenome sind deutlich seltener, jedoch weit häufiger klinisch manifest als die anderen benignen Lebertumoren. Dies ist v.a. durch ihre in bis zu 30% auftretende Blutungsneigung bedingt, wobei Tumoreinblutungen, aber auch -rupturen mit Hämoperitoneum vorkommen. Darüber hinaus sind maligne Transformationen in ein hepatozelluläres Karzinom in bis zu 10% beschrieben, kontrollierte Verlaufsbeobachtungen fehlen jedoch (Nufer 1999, Chuang 2002, Cherqui 2001). Da weder Größe, Anzahl, Lokalisation oder Symptomatik auf den natürlichen Verlauf schlussfolgern lassen, ist bereits der begründete Verdacht eine ausreichende Indikation für eine komplette Resektion. Der Zusammenhang mit körpereigenen Hormonen und der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva ist unbestritten, sodass diese abgesetzt und eine Schwangerschaft vermieden werden sollte (Cobey et al 2004). Die Prognose ist nach radikaler Resektion sehr gut.
Fokal-noduläre Hyperplasie Die FNH ist mit einer Prävalenz von etwa 2% überwiegend bei Frauen vertreten und wird ebenso mit hormonellen Kontrazeptiva, nicht jedoch mit Schwangerschaft, in Zusammenhang gebracht (Cherqui 2001, Kammula et al 2001, Nufer et al 1999). Die Prognose ist ausgezeichnet, Komplikationen extrem selten, sodass eine Indikation zum chirurgischen Vorgehen den wenigen Fällen mit einer symptomatischen FNH oder bei raschem Wachstum vorbehalten ist.
7.2.2
Maligne primäre Lebertumoren
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) > Bei der Behandlung hepatozellulärer Karzinome ist streng zwischen einem HCC auf dem Boden einer Zirrhose (ca. 80%) und einem HCC in nicht zirrhotischer Leber zu unterscheiden.
Bei einem HCC in nicht zirrhotischer Leber ist die formal kurative Resektion unzweifelhaft die Therapie der Wahl und unabhängig von der Größe auch bei fortgeschrittenen Tumorstadien (UICC III und IVa) unter Ausnutzung aller modernen Möglichkeiten anzustreben (Birth u. Broering 2003a). Legt man die Daten größerer Zentren zugrunde, bedeutet dies in 45 bis über 50% der Fälle die Durchführung einer Hemihepatektomie und sogar in 20-43% einer erweiterten Leberresektion (Bismuth et al. 1995, Neuhaus et al. 2000, Jonas u. Neuhaus 2006). Selbst ante-situm- oder ex-situ-Resektionen unter Perfusion der Leber mit gekühlten Konservierungslösungen sind bei Erzielung einer R0-Resektion gerechtfertigt. Entscheidendes Grenzkriterium ist lediglich die Belassung einer ausreichenden funktionellen Parenchymreserve, die bei nicht vorgeschädigter Leber 0,5% des Körpergewichtes nicht unterschreiten sollte und durch eine präoperative Volumetrie mittels CT oder MR relativ exakt abgeschätzt werden kann. Selbstverständlich müssen Einschränkungen der Leberfunktion beim Resektionsausmaß berücksichtigt werden, sind aber in der zirrhosefreien Leber selten und von ihrem Ausmaß geringer. Durch dieses Vorgehen werden 5-Jahres-Überlebensraten von 40-45% bei einer postoperativen Mortalität von 2-3% erzielt (Bismuth et al. 1995, Iwatsuki et al. 1999). Das Vorliegen eines solitären HCC-Herdes gilt als prognostisch günstig (5-Jahres-Überlebensrate: 58%) (Jonas u. Neuhaus 2006). Demgegenüber ist die totale Hepatektomie und Transplantation allenfalls in Ausnahmefällen indiziert und führt nach Schrifttumsangaben zu höheren Rezidiv- und schlechteren Überlebensraten (26%). Dies wird auf den Einfluss der Immunsuppression zurückgeführt (Iwatsuki et al. 1999, Weimann et al. 1997) ( Kap. 15). Deutlich bessere Ergebnisse sind beim seltenen fibrolamellären HCC zu erwarten. Eine vergleichende Untersuchung aus Pittsburgh ergab 5-Jahres-Überlebensraten nach Resektion von 82% (nur Stadium IVa: 66%!) und Transplantation von 38% (Pinna et al. 1997). Ganz anders ist die Situation beim HCC auf dem Boden einer Zirrhose, welche eindeutig als Risikofaktor für eine maligne Transformation angesehen werden muss. Entsprechend sind die Ergebnisse nach Resektion aufgrund der hohen de-novo-HCC-Rate von über 50% schlecht (Belghiti et al. 1999b). Zudem sind die Möglich-
119 7.2 · Primäre Lebertumoren
keiten der Resektion durch die zumeist deutlich eingeschränkte Leberfunktion limitiert. Durch eine Transplantation kann nicht nur eine komplette Tumorentfernung erreicht, sondern auch die Grundkrankheit therapiert werden (Neuhaus et al. 2000, Iwatsuki et al. 1999, Weimann et al. 1997, Pinna et al. 1997, Lang u. Broelsch 2000) ( Kap. 15). Bei Vorliegen eines funktionell gut resektablen HCC in einer geringer ausgeprägten Leberzirrhose ist primär die Resektion zu favorisieren, die zugleich in Abhängigkeit vom pathohistologischen Ergebnis (Ausschluss von Gefäßinfiltration) sowie dem weiteren klinischen und onkologischen Verlauf die Möglichkeit einer sekundären Transplantation offen lässt. Daten umfangreicher Patientenkollektive dokumentieren beim HCC in Zirrhose nach Leberteilresektion 5-Jahres-Überlebensraten, die selektionsbedingt zwischen 15– 50% schwanken (Jonas et al. 2006). Allerdings kommt die Resektion schätzungsweise nur für etwa 20% der Zirrhosepatienten infrage und geht zugleich mit einer erhöhten Letalitäts- (5-15%) und Mortalitätsrate einher (Jonas et al. 2006).
Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) Das CCC ist ein seltener Lebertumor mit einer offenbar jedoch zunehmenden Inzidenz (Jonas et al. 2006). Da er in einem viel geringeren Ausmaß mit einer chronischen Lebererkrankung assoziiert ist, entspricht das CCC in vielen Belangen dem HCC in nicht zirrhotischer Leber. Dies betrifft die häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium erfolgende Diagnosestellung, aber auch die formal kurative Leberresektion als Therapie der Wahl, zumal alternative oder adjuvante Optionen nicht zur Verfügung stehen. Der Anteil ausgedehnter Leberresektionen ist ähnlich hoch, die publizierten Ergebnisse sind jedoch deutlich unbefriedigender als beim HCC. Dies scheint v.a. an der Tumorbiologie im Sinne einer frühzeitigen Lymphknotenmetastasierung zu liegen. Auch wenn einige Arbeiten ein 5-Jahres-Überleben im Einzelfall dokumentieren, ist die Prognose bei tumorpositiven Lymphknoten dramatisch schlecht (Tsuji et al. 2001, Isa et al. 2001). Ebenso wird die Rate an R0-Resektionen mit 40-60% deutlich niedriger beziffert. Gelingt die komplette Tumorentfernung, so schwankt das Überleben nach 5 Jahren zwischen 22 und 71% (Chu u. Fan 1999, Uenishi et al. 2001). Warum auch die postoperative Morbidität und Letalität (3–17%) nach Leberresektionen eines CCC im Schrifttum wiederholt höher angegeben wird, ist nicht ganz klar (Janargin u. Shoup 2004, Huang et al. 2004). Mitverantwortlich scheint die häufiger nicht klare Unterteilung zwischen hilären (Klatskin-Tumoren) und peripheren intrahepatischen CCC bei Publikationen der Ergebnisse zu sein.
Literatur Allgaier (23002) Das HCC. Uni-med Verlag Belghiti J, Noun R, Malafosse R, Jagot P (1999a). Continuous versus intermittent portal traid clamping for liver resection: a controlled study. Ann Surg 229: 369 Belghiti J, Panis Y, Farges O, Benhamou JP, Fekete F (1999b) Intrahepatic recurrence aftervresection of hepatocellular carcinoma complicating cirrhosis. Ann Surg 214:114 Birth M, Broering DC (2003a) Differenzierung wichtig. Diskussion zu: Therapie des hepatozellulären Karzinoms. Deutsches Ärzteblatt 36: B 1929-1930 Bismuth H, Chiche L, Castaing D (1995) Surgical treatment of hepatocellular carcinomas in noncirrhotic liver: experience with 68 liver resections. World J Surg 19: 35-41 Cherqui D (2001) Benign liver tumors. J Chir (Paris) 138(1): 19-26 Chu KM, Fan ST (1999) Intrahepatic cholangiocarcinoma in Hong Kong. J Hepatobiliary Pancreat Surg 6: 149-153 Chuang WY, Chen TC, Hsu HL, Lee WC, Jeng LB,Huang SF (2002) Liver cell adenoma with concomitant hepatocellular carcinoma: report of two cases. J Formos Med Assoc. 101(11): 798-802 Cobey FC, Salem RR (2004) Review of liver masses in pregnancy and a proposed algorithmn for their diagnosis and management. Am J Surg. 187(2): 181-91 Huang JL, Biehl Tr, Lee FT (2004) Outcomes after resection of cholangiocellular carcinoma. Am J Surg 187:612-617 Isa T, Kusano T, Shimoji H, Takeshita Y (2001) Predictive factors for longterm survival in patients with intrahepatic cholangiocarcinoma. Am J Surg 181:507-511 Iwatsuki S, Starzl TE, Sheahan DG et al. (1999) Hepatic resection versus transplantation for hepatocellular carcinoma. Ann Surg 214: 221-228 Janargin WR, Shoup M (2004): Surgical management of cholangiocarcinoma. Semin Liv Dis 24: 189-199 Jonas S, Neuhaus P (2006): Chirurgische Therapie primärer maligner Lebertumoren. In Siewert et al. Praxis der Viszeralchirurgie – Onkologische Chirurgie.Springer-Verlag, S 541-569 Kammula US, Buell JF, Labow DM, Rosen S, Millis JM, Posner MC (2001) Surgical management of benign tumors of the liver. Int J Gastrointest Cancer. 30(3): 141-6 Lang H, Broelsch CE (2000) Leberresektion und Lebertransplantation als Therapie primärer Lebertumoren. Der Onkologe 4: 311-317 Neuhaus P, Jonas S, Bechstein WO (2000) Hepatoma of the liver – resection or transplantation? Langenbeck’s Arch Surg 385: 171-178 Nufer M, Stuckmann G, Decurtins M (1999) Benigne Tumoren der Leber: Diagnose und Therapie – eine Übersicht. Schweiz Med Wochenschr 129: 1257-1264 Pinna AD, Iwatsuki S, Lee RG et al: (1997) Treatment of fibrolamenar hepatoma with subtotal hepatectomy or transplantation. Hepatology 26: 877-883 Rodgers MS, McCall (2000) Surgery for colorectal liver metastasis with hepatic lymphnode involment: a systematic review. Br J Surg 87:1142-1155 Scheele J, Altendorf-Hofmann, Grube T, Hohenberger W, Stangl R, Schmidt K (2001) Resektion colorektaler Lebermetastasen – Welche Faktoren bestimmen die Patientenselektion?. Chirurg 72: 547-560 Scheele J, Altendorf-Hofmann A (2003). Indikationsstellung und Prognosefaktoren bei der Resektion kolorektaler Lebermetastasen. Chir Gastroenterol 19: 315-323
7
120
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
Scheele J, Stangl R, Schmidt K, Altendorf-Hofmann A (1995) Das Tumorrezidiv nach R0-Resektion kolorektaler Lebermetastasen. Häufigkeit, Resektabilität und Prognose. Chirurg 66: 965-973 Scheele J, Altendorf-Hofmann A (1999) Resection of colorectal liver metastases. Lang Arch Surg 384(4): 313-327 Tsuji T, Hiraka T, Kaneomitsu K, Takamori H, Tanabe D, Tashiro S (2001) Lymphatic spreading pattern of intrahepatic cholangiocarcinoma. Surgery 129: 401-407 Uenishi T, Hirohashi K, Kubo S, Yamamoto T, Yamazaki O, Kinoshita H (2001) Clinicopathological factors predicting outcome after resection of mass-forming intrahepatic cholangicarcinoma. Br J Surg 88:969-974 Weimann A, Raab R, Pichelmayr R (1997) Chirurgische Therapie maligner Lebertumoren: Resektion und Transplantation. Internist 38: 963-969
7.3
7
Sekundäre Lebertumoren
M. Birth, P. Hildebrand Die Tatsache, dass Lebermetastasen bei nahezu allen Malignomen unabhängig ihrer Lokalisation auftreten können und die operative Entfernung derzeit die einzige potenziell kurative Behandlungsoption darstellt, erklärt die prinzipielle Bedeutung der Metastasenchirurgie. Entscheidender Prognosefaktor ist zunächst die Entität des Primärtumors. Lebermetastasen kolorektaler Karzinome aber auch anderer Tumorentitäten wie neuroendokriner Tumoren stellen danach eine gute Indikation zur Operation dar. Bei nicht-kolorektalen, nicht-neuroendokrinen Tumoren findet sich derzeit ein uneinheitliches Bild in der Literatur. Zwar gibt es in größeren Serien resezierter Patienten nur bei wenigen Tumorentitäten ein signifikantes 5-Jahres-Überleben, jedoch wird die Überlebensdauer einzelner Patienten gerade bei der Resektion isolierter Metastasen deutlich verlängert. Da evidenzbasierte Daten fehlen, bleibt die Entscheidung zur Resektion von Lebermetastasen vieler Tumorentitäten eine individuelle Festlegung, die unter Einbeziehung des Patienten multidisziplinär abgewogen werden muss. Berücksichtigt werden sollte dabei auch der Fakt, dass Leberresektionen heute mit einer geringen perioperativen Letalität und Morbidität durchgeführt werden. Weitgehende Literatureinigkeit herrscht darüber, dass nur dann, wenn durch den Eingriff eine R0-Situation erzielt werden kann und zugleich kein extrahepatischer Tumor vorliegt (mit Ausnahme resezierbarer Lungenfiliae) eine potenzielle Chance zur Heilung besteht und die Indikation zur Resektion überprüft werden sollte. Letztlich bestimmen bei operativ erreichbar scheinender R0-Resektion zum gegenwärtigen Zeitpunkt Entität des Primärtumors und individuelle Risikofaktoren, d.h. die Komorbidität des Patienten und das notwendige Resektionsausmaß die Indikationsstellung.
7.3.1
Prognosefaktoren und Ergebnisse nach Resektion kolorektaler Metastasen
Die am besten validierten Ergebnisse liegen für die chirurgische Resektion kolorektaler Lebermetastasen vor. 23 bis 61% der Patienten überleben 5 Jahre bei einer medianen ÜLZ von 27 bis 81 Monaten (⊡ Tab. 7.2) Die abweichenden Ergebnisse sind darauf zurückzuführen, dass einige Serien die erzielte R-Situation nicht spezifizieren und Patienten mit Residualtumor einschließen (Scheele u. Altendorf-Hofmann 1999). Bei klarer Differenzierung wird die Prognoserelevanz der R-Klassifikation mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von lediglich 0-6% nach R1/R2-Resektion eindrucksvoll deutlich. Die verbesserten Überlebensraten in den letzten Jahren sind zweifelsfrei auch auf die zunehmend multimodalen Therapiekonzepte zurückzuführen. Aufgrund der überragenden Bedeutung tumorfreier Resektionsränder macht eine Aufarbeitung von weiteren Prognoseindikatoren nur bei R0-resezierten Patientenkollektiven Sinn. Dies ist u.a. in beispielhafter Weise durch Scheele und Mitarbeiter an einem umfassenden Patientengut bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren erfolgt (⊡ Tab. 7.3). Univariate Analysen des vorliegenden Schrifttums zeichnen ein buntes Bild, da viele Autoren die oben genannte Prämisse nicht berücksichtigen und auch nicht R0-resezierte Patienten einschließen. Verschiedene patienten- und tumorgebundene Faktoren sind wiederholt als prognoserelevant herausgestellt worden (Scheele et al. 2001, Lehnert u. Golling 2001, Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Hamady et al. 2006, Pawlik et al. 2006): ▬ Alter, ▬ Karnofsky-Index, ▬ Stadium und Grading des Primärtumors, ▬ Metastasierungszeitpunkt (synchron vs. metachron), ▬ Metastasengröße und -anzahl, ▬ prozentualer Leberbefall, ▬ Vorliegen von Satellitenmetastasen, ▬ exzessiv hohe CEA-Werte ▬ operationsdeterminierte Faktoren wie – Sicherheitsabstand, – Blutverlust und Transfusionsbedarf bzw. intraoperative hypotensive Phasen – Resektionsverfahren (anatomisch vs. atypisch) Die Bedeutung des Resektionsverfahrens ist dabei in Diskussion und muss nach den Daten einer retrospektiven Multicenterstudie von 235 Patienten aus verschiedenen amerikanischen und europäischen Zentren infrage ge-
121 7.3 · Sekundäre Lebertumoren
⊡ Tab. 7.2 Prognostische Bedeutung der R-Klassifikation nach Lebermetastasenresektion kolorektaler Karzinome, Patientenkollektive seit 1990 mit mehr als 100 Patienten (mod. nach Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Golling u. Bechstein 2005) Autor
R-Klassifikation
Anzahl der Patienten
5-Jahres-Überlebensrate (%)
Medianes Überleben (Monate)
Mortalität
Ringe 1990
0 1/2/X
119 38
27 0
35,1 18,4
-
Savage u. Malt 1992
0 1/2/X
-
23 0
-
-
Sugihara 1993
0+ 1
109 17
47,9 0
17
-
Henne-Bruns 1993
0 1/2
66 16
37 0
31 -
-
Gayowski 1994
0 1/2
187 17
37 0
-
0%
Lehnert 1995
0
182
24
-
2,8%
Scheele 1996
0 1/2
376 65
39 2
41,3 14,8
-
Jaeck 1997
0
1818
26
-
5,6%
Rees 1997
0
107
37
-
1%
Jenkins 1997
0 1/2
107 27
30 0
36 21
-
Beckurts 1997
0 1/2
119 7
15 0
-
-
Balalakos 1998
0
301
29
-
1,1%
Fong 1999
0 1/2
895 106
37 20
45 23
2,8%
Scheele 2001
0 1/2
473 109
41 0
43,5 15,2
-
Mala 2001
0
137
29
-
3%
Lindner 2003
0
147
33
-
2,7%
Kato 2003
0
585
33
-
-
Zorzi 2006
0
235
61
81
-
stellt werden. Hier waren die 5-Jahres-Überlebensraten nach Wedge- bzw. anatomischen Resektionen mit 61% vs. 60% vergleichbar (Zorzi et al. 2006). Multivariate Analysen (⊡ Tab. 7.5) zeichnen bei den verschiedenen Faktoren kein eindeutiges Bild und sind bezüglich der patientendeterminierten Merkmale für die individuelle Resektionsentscheidung häufig nicht hilfreich. Beispielsweise bringt das Vorliegen multipler unilobärer Lebermetastasen keinen Überlebensvorteil gegenüber einer vergleichbaren bilobären Metastasenzahl. Weder ein bilobärer Befall noch das Vorliegen von
mehr als 4 Metastasen oder eine direkte Infiltration per kontinuitatem von Nachbarstrukturen, insbesondere dem Zwerchfell, sind somit heute noch als prinzipielle Kontraindikation zur Resektion haltbar. So betrug in einer retrospektiven Untersuchung von Pawlik et al. bei Patienten mit median 5 (bis max. 14) Metastasen die 5-Jahres-Überlebensrate erstaunliche 50,9%. Dabei waren die überwiegende Anzahl der Patienten neoadjuvant chemotherapiert und anschließend zumeist durch eine Kombination von Resektion und lokaler RFA behandelt worden (Pawlik et al. 2006).
7
122
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
⊡ Tab. 7.3 Prognosefaktoren nach R0-Resektion, OP-Letalität ausgeschlossen (nach Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003)
7
nicht signifikant, p > 0,05
signifikant, 0,01 < p < 0,05
hoch signifikant, p < 0,01
persönliche Charakteristika
Alter (60 Jahre) Geschlecht präoperatives Hb: 8,5 mmol/l)
präoperative Leukozyten ≥6,5 Gpt/l
Karnofsky-Index <80 RRsys bei OP-Beginn >120 mmHg
Primärtumor
pN (bei metachronen Metastasen) pN1 vs. pN2
Tumorstadium (stetig) Primärtumor im Rektum
pN1,2 (bei synchronen Metastasen) Malignitätsgrad III/IV Typ muzinöses Adenokarzinom
Lebermetastasen
Anzahl (1 vs. >1) 1-3 vs. >4 Verteilung (Bilateralität) tumorfreies Intervall bei metachronen Metastasen (Grenzen 12/24 Monate)
CEA >5 ng/ml
synchrones Auftreten Satellitenmetastasen max. Durchmesser >5 cm Tumorbefall d. Leber ≥10% extrahepatischer Tumor
therapeutisches Vorgehen
OP-Dauer Sicherheitsabstand (10 mm) Standard- vs. Segmentresektion postoperative Komplikationen Dekade d. Leberresektion
Konserven intraoperativ
Atypische Resektion Simultane Resektion bei synchronen Metastasen Blutverlust ≥1.000 ml RR-Abfall ≥20% Gabe von frischgefrorenem Plasma Blutprodukte insgesamt im Verlauf
⊡ Tab. 7.4 Klinische Scoring-Systeme zur Abschätzung der Prognose von Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen (mod. nach Rosenberg et al. 2006, Golling u. Bechstein 2005) Merkmale
Gayowski et al. 1994
Cady et al. 1996
Nordlinger et al 1996
Fong et al. 1999
Iwatzuki et al. 1999
Alter (Jahre)
-
-
59, >60
-
-
T-Stadium
-
-
>T3
-
-
N-Stadium
-
-
N+
N+
-
Rezidivfreies Intervall
-
0–12, >12 Monate
<2 Jahre
0–12, >12 Monate
<30 Monate
Leberbefallsmuster
nein/ja
-
-
-
Bilobär
Metastasen (n)
1/>1
1—3, >4
1-3, >4
1, >1
>2
Metastasendurchmesser
2/>2 cm
-
<5, >5 cm
<5, >5 cm
>8 cm
CEA (ng/ml)
-
<200, >200
-
<200, >200
-
Resektionsrand (mm)
-
pos, 0-10, >10
pos. -10, >10
-
-
Gruppierung
Komplex
Komplex
1 Punkt/Faktor
1 Punkt/Faktor
1 Punkt/Faktor
Anhaltend diskutiert wird die Bedeutung hiliärer Lymphknotenmetastasen, mit denen bei systematischer Dissektion in 7% bis 20% aller Resektionen zu rechnen ist (Jacek et al. 2002, Ekberg et al. 1986). Galt es noch vor Kurzem diesen Lymphknoten im Lig. hepatoduodenale als erster lymphatischer Filterstation besondere Aufmerk-
samkeit zu widmen, um Resektionen ohne Prognosegewinn zu vermeiden (Rodgers u. McCall 2000), vertreten Elias und Quellet mittlerweile eine positivere Sicht. Zwar ist nach ihren aktuellen Daten die Prognose der N+-Situation deutlich schlechter, aber bei alleinigem Befall der Leberpforte mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 21%
123 7.3 · Sekundäre Lebertumoren
keine absolute Kontraindikation für die Resektion. Eine darüber hinausgehende Lymphknotenmetastasierung zusätzlicher aortaler Lymphknoten wird allerdings auch von diesen Autoren als »prognostische« Kontraindikation zur Leberresektion angesehen. Die prognostische Relevanz einer systemischen Lymphknotendissektion war in einer umfangreichen Literaturübersicht nicht abschließend zu bewerten (Rodgers u. McCall 2000). Auch ein systematisches Review von 30 Studien zur chirurgischen Resektion von Lebermetastasen konnte nicht zur Klärung der Frage beitragen, welche Patienten langfristig tumorfrei bleiben und bei welchen ein Rezidiv auftritt (Simmonds et al. 2006). Um dem indikatorischen Dilemma bezüglich der unterschiedlichen Prognoseindikatoren zu entgehen, sind Scoring-Systeme, wie beispielsweise durch die Association Francaise de Chirurgie oder das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center entwickelt worden, deren prospektive Evaluierung jedoch noch aussteht (Nordlinger et al. 1996, Fong et al. 1999) (⊡ Tab. 7.4).
7.3.2
Prognosefaktoren und Ergebnisse nach Resektion nichtkolorektaler Metastasen
Im Gegensatz zu den kolorektalen Metastasen fehlen für alle sonstigen Tumorentitäten Ergebnisse großer Serien, welche evidenzbasierte Schlussfolgerungen über Prognosefaktoren und eine sinnvolle Patientenselektion zulassen. Viel seltener als beim Kolonkarzinom ist die Leber einzige Lokalisation hämatogener Tumorabsiedlungen. Nicht immer ist klar, wie sehr extrahepatische Tumormanifestationen unterschiedlicher Lokalisation die Prognose bestimmen. Die Langzeitergebnisse nach Resektion nicht-kolorektaler Lebermetastasen schwanken insbesondere in Abhängigkeit vom Primärtumor erheblich.
u. Altendorf-Hofmann 2003, Shoup et al. 2003, Yigitler et al. 2003, Chiche et al. 2003, Rosenberg et al. 2006, Scheele et al. 2001, Jacek et al. 2002, Ekberg et al. 1986, Rodgers u. McCall 2000, Ahlman et al. 1996) (⊡ Tab. 7.6). Dabei gelang eine Symptomkontrolle zuverlässig (Que et al. 2002). Als Prognosefaktoren sind beschrieben: ▬ der chirurgische Eingriff selbst (Ahlman et al. 1996, Chen et al. 1998, Soreide et al. 1992), ▬ die Lokalisation des Primärtumors als auch der Metastasen sowie ▬ das Tumorgrading (Nave et al. 2001, Elias et al. 2003, Dejong et al. 2002).
Mammakarzinom Mehr als 50% nodal positiver Mammakarzinompatienten entwickeln im weiteren Verlauf eine Leberfilialisierung (Liersch et al. 2002). Die Prognose des hepatisch metastasierten Mammakarzinoms ist prinzipiell ungünstig. Unbehandelt ist mit einem medianen Überleben von 4-10 Monaten zu rechnen, welches auch durch systemische oder regionale Chemotherapien bzw. Hormontherapie nur um wenige Monate verlängert werden kann (Baur et al. 2001, Arai et al. 1994, Schneebaum et al. 1994, Podnos u. Wagman 2005, Dematteo et al. 2001). Nur in 3-12% ist die Leber isoliert betroffen, von denen wiederum maximal die Hälfte potenziell R0-resektabel ist (Liersch et al. 2002, Maskan et al. 2000). Diesen Patientinnen sollte die Chirurgie nicht versagt werden, da eine signifikante Verbesserung des Überlebens erreicht wird. Auch das gleichzeitige Vorliegen einzelner Knochenmetastasen ist nicht prinzipiell als Kontraindikation anzusehen, da selbige die Überlebensprognose kaum beeinflussen. Das gegenwärtige Schrifttum zusammenfassend überleben immerhin 20–61% der resezierten Frauen 5 Jahre bei einer medianen Überlebenszeit von 24–63 Monaten (Lehnert u. Golling 2001, Vlastos et al. 2004).
Neuroendokrine Tumoren Günstige Verläufe sind nach kompletter Entfernung neuroendokriner Leberfiliae mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 62-100% zu erreichen (Lehnert u. Golling 2001, Schlag et al. 1991, Que et al. 1995, Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Shoup et al. 2003, Yigitler et al. 2003, Chiche 2003, Rosenberg et al. 2006, Scheele et al. 2001, Jacek et al. 2002, Ekberg et al. 1986, Rodgers u. McCall 2000, Ahlman et al. 1996). Selbst palliative Resektionen zur Therapie der Symptomatik hormonaktiver neuroendokriner Tumoren gehen mit einer signifikanten Langzeitprognose (5-Jahres-Überlebensrate von 26-65%) einher (Lehnert u. Golling 2001, Scheele
Sarkome Sarkome machen zwar nur 2-4% der soliden Malignome aus, metastasieren jedoch abhängig von Größe und Lokalisation in 30-80 % in die Leber (Dematteo et al. 2001). Die schlechte Prognose unbehandelter Patienten mit einem medianen Überleben um 1 Jahr und die fehlende Wirksamkeit systemischer Chemotherapien sollten in jedem Fall Anlass zur Abklärung einer möglichen R0-Resektion geben. Das größte Patientenkollektiv mit resezierten Sarkomlebermetastasen aus dem MSKCC New York umfasst 56 Patienten mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 30% (⊡ Tab. 7.7).
7
J
N
1988
100
116
117
280
219
434
1568
456
107
1001
168
235
85
174
135
473
72
123
226
160
Hughes 1988
Doci 1991
Younes 1991
Van Ooijen 1992
Rosen 1992
Doci 1995
Scheele 1995
Nordlinger 1996
Fong 1997
Rees 1997
Fong 1999
Ambiru 1999
Minagawa 2000
Ueno 2000
Kokudo 2001
Liese 2001
Scheele 2001
Liu 2002
Moroz 2002
Choti 2002
Jaeck 2002
-
N
-
N
N
N
-
-
N
N
N
-
N
-
N
N
N
N
-
N
N
-
-
N
N
N
N
-
-
N
N
N
N
N
-
N
N
-
N
J
N
-
GeLokalischlecht sation
-
N
-
N
J
J
-
J
J
J
J
N
N
J
J
J
J
N
N
J
J
Stadium
-
-
-
-
J
-
-
-
-
-
N
N
-
-
J
N
-
-
-
-
-
Grading
-
N
-
-
-
-
-
J
-
-
J
-
-
-
-
-
-
-
-
-
J
Interv
J
N
-
-
J
N
J***
J
N
N
J
N
N
J
J
N
J
N
N
N
J
Synch./ meta.
Lebertumor
-
N
-
N
J
J
J
-
N
N
J
J
J
J
J
J
N
-
N
J
J*
Größe
J
J
N
N
N
N
N
-
-
N
-
-
J# N
-
N
N
N
N
N
-
N
N
-
N
-
N
N
Bilat.
J
J
J
J
N
J
N
N
N
J
J
J
N
J
Zahl
-
-
-
-
J
-
-
-
-
-
-
-
-
-
J
-
-
-
-
-
-
Satelliten
-
-
J
-
J
-
J
-
N
-
J
-
J
-
N
-
J
J
-
-
N
EHD
-
J
-
J
N
N
-
J
N
N
J
-
N
J
N
N
-
-
J
N
N
CEA
-
-
-
N
J
N
N
-
N
-
N
-
-
-
J
N
N
N
-
N
-
Anat.
-
N**
-
N
-
N
-
-
-
-
N
-
N
-
-
-
J**
J**
N
-
-
Transfusion
-
-
-
N
J
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
J
-
-
-
-
N
N
-
N
-
-
-
J
-
-
N
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
N
N
N
J
N
-
N
J
-
J
N
-
N
-
-
N
-
-
-
HypoChemo- Abtension therapie stand
Operatives Vorgehen
IC
-
IC
J
IC
-
IC
-
IC
IC
J
-
IC
-
IC
IC
-
-
-
IC
-
RD
J ja, N nein, - keine Angabe, Lokal Lokalisation d. Primärtumors, bilat. bilobärer Befall, anat. anatomisches Vorgehen, *Ausmaß des Leberbefalls anstelle von Tumordurchmesser, ** Blutverlust anstelle von Transfusionsbedarf, *** 0-3 Monate nach Entfernung d. Primärtumors, # innerhalb von 12 Monaten nach Entfernung des Primärtumors, besseres Ergebnis für die Gruppe mit »synchronen« Metastasen
-
-
-
N
N
N
-
-
N
N
N
-
N
J
N
-
-
-
-
Anzahl Alter der Patienten
Primärtumor
7
Autor
Patienten
⊡ Tab. 7.5 Prognosefaktoren nach Leberresektion von Lebermetastasen (mod. nach Fenn u. Potts 2002, Guarneri u. Conte 2004)
124 Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
125 7.3 · Sekundäre Lebertumoren
⊡ Tab. 7.6 Überlebenszeiten nach Leberresektion aufgrund metastasierender neuroendokriner Tumoren (mod. nach Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003) Autor
Therapie
Anzahl der Patienten
Ahlman1996
alle Patienten
64
70
R0-Resektion
14
100
R0-Resektion
14
-
100
Nichtradikale Resektion
40
-
63
Chemotherapie
10
-
*
Chemotherapie
8
33
*
R0-Resektion
12
26
62
Nichtradikale Resektion
5
18
0
R0-Resektion
15
>96
73
Nichtradikale Resektion
23
27
29
R0-Resektion
10
50
86
Nichtradikale Resektion
21
-
26
R0-Resektion
5
-
100
Nichtradikale Resektion
7
41
29
Wangberg 1996
Dousset 1996
Chen 1998
Nave 2001
Altendorf-Hofmann 2003
Mediane Überlebensdauer (Monate)
5-Jahresüberlebensrate (%)
* kein Patient so lange beobachtet
⊡ Tab. 7.7 Überlebenszeiten nach Lebermetastasenresektion bei Sarkomen (nach Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Golling u. Bechstein 2005) Autor
Anzahl der Patienten
Mediane Überlebensdauer (Monate)
5-Jahres-Überlebensrate
Ng et al. 1992
5
33
Jacques et al. 1995
14
30
0%
Hafner et al. 1995
4
40
25%
Chen et al. 1998
6
53
Elias et al. 1999
13
Lang et al. 1999
15
32
17%
DeMatteo et al. 2001
56
39
30%
Shima et al. 2003
10
39 (1–96)
18%
Sonstige Tumorentitäten Die Daten zu allen weiteren Tumorentitäten sind spärlich, variieren erheblich und lassen keine generellen Empfehlungen zu. Fehlende Langzeitprognosen rechtfertigen eine Resektion bei Metastasen eines Pankreaskarzinom bzw. eines nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms allenfalls in Ausnahmesituationen (Miyazaki et al. 1997, Laurent et al. 2001,
Lang et al. 1999, Yamada et al. 2001) (⊡ Tab. 7.10). Demgegenüber weisen publizierte 5-Jahres-Überlebensraten nach Resektion hepatisch metastasierter Magenkarzinome (etwa 20%) darauf hin, dass die individuelle Operationsindikation durchaus häufiger geprüft werden sollte (⊡ Tab. 7.8) (Miyazaki et al. 1997). Die Miteinbeziehung möglicher Prognosefaktoren kann dabei hilfreich sein (⊡ Tab. 7.9).
7
126
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
⊡ Tab. 7.8 Überlebenszeiten nach Lebermetastasenresektion beim Adenokarzinom des Magens (mod. nach Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Golling/Bechstein 2005)
7
Autor
Anzahl der Patienten
mediane Überlebensdauer (Monate)
Flanagan u. Foster 1967
9
17
0
Bines et al. 1993
4
8
30
Ochiai et al. 1994
8* 13**
19
0 40
Saito et al. 1996
14
22
Miyazaki et al. 1997
21
11
Elias et al. 1998
11
Lang et al. 1999
4
Okano et al. 2002
19
34
34
Imamura et al. 2001
15
22
0
Ambiru et al. 2001
40
Nashimoto et al. 2002
30
Shirabe et al. 2003
36
Sakamoto et al. 2003
22
Altendorf-Hofmann 2003
4
3-Jahres-Überlebensrate (%)
5-Jahres-Überlebensrate (%)
21 20
16
33
18 23***
26 26
26
21 (1–71)
38
38
21 (9–48)
50
0
*mit Serosabefall, **ohne Serosabefall, ***Mittelwert
⊡ Tab. 7.9 Prognostische Faktoren nach der Resektion von Lebermetastasen eines Magenkarzinoms (mod. nach Scheele u. AltendorfHofmann 2003) Autor
Patienten
Serosabefall bei Primärtumor
pN0 bei Primärtumor
synch./ metach. Metast.
Anzahl der Metastasen
Ochiai 1994
21
+
Ambiru 2001
40
Nashimoto 2002
30
Okano 2002
19
Shirabe 2003
36
+
Sakamoto 2003
22
++
Uni-/ bilobär
Differenzierungsgrad der Metastasen
Lymph-/ Veneninvasion
+ + + + +
+ statistisch signifikant bei univariater Analyse, ++ statistisch signifikant bei multivariater Analyse
⊡ Tab. 7.10 Überlebenszeiten nach Lebermetastasenresektion bei Adenokarzinom des Pankreas (mod. nach Golling u. Bechstein 2005) Autor
Patienten
mediane Überlebensrate (Monate)
1-Jahres-Überlebensrate
Klempnauer 1996
23
7
40%
Takada 1997
11
6
Howard 1997
11
11
Lang 1999
11
19
5-Jahres-Überlebensrate
10%
127 7.3 · Sekundäre Lebertumoren
⊡ Tab. 7.11 Überlebenszeiten nach Lebermetastasenresektion bei Nierenzellkarzinom (Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Golling u. Bechstein 2005) Autor
Patienten
mediane Überlebensrate (Monate)
3-Jahres-Überlebensrate
5-Jahres-Überlebensrate
Fujisaki 1997
3
10,12,21*
-
-
Stief 1997
13
16**
-
-
Lang 1999
10
25
Kawata 2000
4
12, 18+, 30, 40*
-
Alves 2003
14
26 (6–96)
26
Altendorf-Hofmann 2003
8
15
50
10 -
50
* Einzelwerte, ** Mittelwerte
⊡ Tab. 7.12 Überlebenszeiten nach Lebermetastasenresektion nach gynäkologischem Primärtumor (mod. nach Golling u. Bechstein 2005) Autor
Patienten
mediane Überlebensrate (Monate)
Kaseki et al. 1992
1
(22)
Savage et al. 1992
3
6
Chi et al. 1997
7
27
Elias et al. 1999
6
Lang et al. 1999
1
5-Jahres-Überlebensrate
21% (48)
Auch für Nierenzellkarzinome, mit einem 5-JahresÜberleben von bis zu 50%, scheint eine aktive Indikationsstellung analog dem Kolonkarzinom gerechtfertigt (Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Golling u. Bechstein 2005) (⊡ Tab. 7.11) Berichte über Leberresektionen aufgrund von Pri-
unsicheren Datenlage der Resektion bei einigen nichtkolorektalen Metastasen kann die risikoärmere interventionelle Tumorablation, sofern eine sichere Tumorzerstörung inklusive Sicherheitssaum gelingt, ( Kap. 5.2) möglicherweise eine attraktive Therapiealternative darstellen.
märtumoren der inneren weiblichen Geschlechtsorgane
Literatur
sind weitestgehend kasuistisch und scheinen prognostisch kaum vertretbar (Elias et al. 1998, Chi et al. 1997, Kaseki et al. 1992) (⊡ Tab. 7.12).
Abdalla EK, Hicks ME, Vauthey JN (2001) Portal vein embolization: rationale, technique and future prospects. Br J Surg 88:165-175 Ahlman H, Westberg G, Wangberg B, Nilsson O, Tylen U, Schersten T, Tisell LE (1996) Treatment of liver metastases of carcinoid tumors. World J Surg 111: 48-54 Altendorf-Hofmann A, Scheele J (2003) Indikationsstellung und Prognosefaktoren bei der Resektion nichtkolorektaler Lebermetastasen. Chir Gastroenterol 19: 324-331 Arai Y, Sone Y, Inaba Y, Ariyoshi Y, Kido C (1994) Hepatic arterial infusion chemotherapy for liver metastases from breast cancer. Cancer Chemother Pharmacol 33(suppl): S142-144 Baur M, Schlappack O, Havelec L, Wrba F, Dittrich C (2001) Prognostic significance of liver metastases as first site of generalisation in patients with breast cancer: A retrospective analysis. Acta Med Austriaca 28: 135-140 Bechstein WO, Golling M (2005) Standard surgical resection of colorectal liver metastases. Chirurg 76: 543-551 Birth M, Weiser HF ( 2000). Visceralchirurgische Sonographie – Lehrbuch und Atlas. Springer Verlag Berlin Heidelberg New York
! Cave! Anderseits gibt es auch die Meinung, das mit Hinblick auf das relativ geringe operative Risiko und das Fehlen von Behandlungsalternativen mit kurativem Ansatz prognostische Faktoren für die Indikationsstellung nur eine untergeordnete Rolle spielen sollten, sofern Aussicht auf eine vollständige Metastasenresektion besteht. Konsequenterweise wird die Indikation zur Resektion in hepatobiliär spezialisierten Zentren eher weit gestellt (Golling u. Bechstein 2005).
Schlussfolgernd aus der prinzipiellen Sinnhaftigkeit einer Metastasenentfernung bei vielen Tumorentitäten und der
7
128
7
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
Birth M, Hildebrand P, Kleemann M, Oevermann E, Bruch HP (2003b) The resection of colorectal liver metastases – a therapeutic option even in very old patients. Oral Presentation Birth M, Iblher P, Hildebrand P, Nolde J, Bruch HP (2003c) Ultraschallgesteuerte Interventionen unter virtueller Führung. Ultraschall in Med 2003; 24:90-95 Birth M, Kleemann M, Hildebrand P, Bruch HP (2004) Intraoperative online navigation of dissection of the hepatical tissue – a new dimension in liver surgery? International Congress Series 1268 770-774. Proceedings of the 18th International Congress and Exhibition: Computer Assisted Radiology and Surgery; Elsevier B.V. Blackall JM, King AP, Penney GP, Adam A, Hawkes DJ (2001) A Statistical Model of Respiratory Motion and Deformation of the Liver. MICCAI 1338-1340 Bro-Nielsen M (1996) Medical image registration and surgery simulation, IMM-DTU PhD thesis Bro-Nielsen M: Simulation techniques for minimally invasive surgery, Journal of Minimally Invasive Therapy & Allied Technologies (MITAT), 1997;6:106-110, Chen H, Hardacre JM, Uzar A, Cameron JL, Choti MA (1998) Isolated liver metastases from neuroendocrine tumors: Does resection prolong survival? J Am Coll Surg 187: 88-92 Chi DS, Fong Y, Venkatraman ES, Barakat RR (1997) Hepatic resection for metastatic gynecologic carcinomas. Gynecol Oncol 66: 45-51 Chiche L (2003). Recommendations pour la pratique clinique. Prise en charge thérapeutique des métastases hépatique des cancers colorectaux. Gastroenterol Clin Biol 27 Hors série II Masson: 35-55 Choti M, Bulkey G (1999). Management of Hepatic Metastases. Liver Transplantation and Surgery, Vol 5, No 1: pp65-80 Dejong CH, Parks RW, Currie E, Piris J, Redhead DN, Garden OJ (2002) Treatment of hepatic metastases of neuroendocrine malinancies: A 10-year experience. J R Coll Surg Edinb 47: 495-499 Couinaud W (1954) Bases anatomique des hepatectomies gauche et droite reglees, techniques qui en deroule. J Chir 70:933-966 Dematteo RP, Shah A, Fong Y, Jarnagin WR, Blumgart LH, Brennan MF (2001) Results of hepatic resection for sarcoma metastatic to liver. Ann Surg 234: 540-547 Descottes B, Glineur D, Lachachi F (2003) Laparoscopic liver resection of benign liver tumors. Surg Endosc, 17(1):23-30 Dousset B, Saint-Marc O, Pitre J, Soubrane O, Houssin D, Chapuis Y (1996) Metastatic endocrine tumors: Medical treatment, surgical resection or liver transplantation. World J Surg 20: 908-914 Ekberg H, Tranberg KG, Andersson R, Lundstedt C, Hagerstrand I, Ranstam J, Bengmark S (1986) Determinants of survival in liver resection for colorectal secondaries. Br J Surg 73: 727-731 Elias D, Cavalacanti A, de Baere T, Roche A, LasserP (1999). Resultates carcinologiques a long term des hepatectomies realisees apres embolisation portale selective. Ann Chir 53: 559-564 Elias D, Baere T de, Roche A, Leclere DJ, Lasser P (1999) During liver regeneration following right portal embolization the growth rate of liver metastases is more rapid than that of the liver parenchyma. Br J Surg 86:784-788 Elias D, Lasser P, Ducreux M, Duvillard P, Ouellet J, Dromain C, Schlumberger M, Pocard M, Boige V, Miquel C, Baudin E (2003) Liver resection (and associated hepatic resections) for metastatic well-differentiated endocrine tumors: A 15-year-single center prospective study. Surgery 133: 375-382 Elias D, Cavalcanti de Albuquerque A, Eggenspieler P, Plaud B, Ducreux M, Spielmann M, Theodore C, Bonvalot S, Lasser P (1998) Resection of liver metastases from a noncolorectal primary: Indications and results based on 147 monocentric patients. J Am Coll Surg 187: 487-493
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129 7.3 · Sekundäre Lebertumoren
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7
130
7
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
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7.4
Gallenblasentumoren
J. Walter, D. C. Bröring
7.4.1
Benigne Gallenblasentumoren
Die gutartigen Tumoren der Gallenblase umfassen ein Spektrum an histologischen Formen. Einen Großteil dieser polypösen Läsionen stellen die Gallenblasenpolypen dar, gefolgt von den adenomatösen Hyperplasien und Adenomen (Yang et al. 1992). Seltener dagegen handelt es sich um Hämangiome, Lipome, Leiomyome und Heterotopien. Es gibt unterschiedliche Berichte über die Entartungstendenz der benignen polypösen Läsionen. Chinesische Studien mit großen Fallzahlen geben eine Malignitätsinzidenz von etwa 3-8% für polypöse Gallenblasentumoren an. > Für Polypen, die größer als 1 cm sind oder die symptomatisch werden, gilt generell die Indikation zur Cholezystektomie, da diese scheinbar eine höhere Entartungstendenz aufweisen.
Als zusätzliche Risikofaktoren bei Polypen <1 cm wurden die Assoziation mit Gallensteinen, Alter >50 Jahre und das Auftreten von Symptomen (Yang et al. 1992) beschrieben, sodass auch für diese Patienten eine Cholezystektomie in Erwägung zu ziehen ist. Es sollten zumindest halbjährliche Kontrollsonographien durchgeführt werden, um bei einer Progredienz des Befundes frühzeitig handeln zu können. Das chirurgische Vorgehen der Wahl ist heutzutage die laparoskopische Cholezystektomie bei fehlenden Kontraindikationen. Sollte der histologische Befund einen Karzinomnachweis erbringen, ist abhängig vom Tumorstadium die weitere Therapie einzuleiten.
131 7.4 · Gallenblasentumoren
Vorgehen bei Gallenblasenpolypen Indikation zur Cholezystektomie:
▬ Symptomatische Polypen ▬ Polypen >1 cm Relative Indikation zur Cholezystektomie:
▬ Polypen <1cm + einer der folgenden Faktoren: – Alter >50 Jahre, – zusätzliches Vorhandensein von Gallensteinen
Empfehlung zu halbjährigen Verlaufskontrollen:
▬ Asymptomatische Polypen <1 cm
7.4.2
Maligne Gallenblasentumoren
Die einzige kurative Option in der Therapie der Gallenblasenkarzinome ist die vollständige Resektion (R0). Das Ausmaß des chirurgischen Vorgehens ist dabei abhängig zu machen vom vorliegenden Tumorstadium. > Insgesamt besteht nicht für alle Tumorstadien ein allgemeingültiger Konsens bezüglich der notwendigen oder anzustrebenden Radikalität der Resektion.
Ob ein Gallenblasenkarzinom präoperativ diagnostiziert wurde oder, wie in fast 70% der Fälle, als Zufallsbefund nach einer Cholezystektomie aus anderen Gründen vorliegt, spielt in der Wahl des Resektionsverfahrens keine Rolle. In weniger als 1% aller Cholezystektomien findet sich ein inzidentelles Karzinom. Bei Patienten mit Gallenblasenkarzinomen, die als Tis oder T1a klassifiziert wurden, also auf die Schleimhaut begrenzt sind, ist die einfache Cholezystektomie die Therapie der Wahl und in ca. 95% der Fälle als kurativ anzusehen (Shirai et al. 1992; de Aretxabala et al. 1997). Der histologische Nachweis von tumorfreien Resektionsrändern ist in jedem Fall obligat. Das laparoskopische Vorgehen stellt in diesen frühen Tumorstadien keinen Überlebensnachteil gegenüber der offenen Cholezystektomie dar (Paolucci et al. 2003). Prinzipiell sollte jedoch bei präoperativem Malignitätsverdacht das offene Vorgehen favorisiert werden. Wenn sich während einer Laparoskopie der Verdacht auf ein Karzinom ergibt, und das Risiko einer Gallenblasenruptur erhöht erscheint, sollte die Konversion zum offen chirurgischen Vorgehen erfolgen, um die Verstreuung von Tumorzellen zu vermeiden. Sogenannte PortsiteMetastasen wurden mit einer Häufigkeit von ca. 7% beschrieben (Lundberg 2000; Paolucci et al. 2003). Durch die Verwendung von Bergebeuteln kann das Risiko sol-
cher Tumorrezidive deutlich minimiert werden (Johnson et al. 1997). > Wird nach laparoskopischer Cholezystektomie ohne Verwendung eines Bergebeutels ein inzidentelles Karzinom nachgewiesen, ist, unabhängig vom Tumorstadium, die Nachexzision der jeweiligen Trokareintrittstelle indiziert (Giuliante et al. 2006).
Über das Vorgehen bei T1b-Tumoren, die die Muskulatur infiltrieren, besteht keine Einigkeit. Während in den Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie von 2002 für alle T1-Karzinome die einfache Cholezystektomie empfohlen wird, berichten einige Autoren über ein erhöhtes Rezidivrisiko und eingeschränkte Überlebensraten bei T1b-Tumoren, die auf eine lymphatische Tumorinvasion in 15-30% der Fälle zurückgeführt wird (Ouchi et al. 1994; de Aretxabala et al. 1997). Ein radikales Vorgehen, bei Inzidentalomen auch zweizeitig, welches eine Lymphadenektomie des Lig. hepatoduodenale und die atypische oder anatomische Resektion des Gallenblasenbettes einschließt, scheint diesen Patienten einen Überlebensvorteil zu bieten und sollte daher auch empfohlen werden (Wagholikar et al. 2002; Ott u. Hauss 2006; Foster et al. 2007). Die Empfehlung zu dieser »erweiterten Cholezystektomie« ist soweit als kritisch zu betrachten, als dass die vorliegenden Studien bisher nur geringe Fallzahlen beinhalten, sodass die Evidenz dieser Operationsstrategie noch sehr gering ist. Bei höhergradigen Tumoren ist in jedem Fall, wenn möglich, eine radikale Resektion anzustreben. Insbesondere die Patienten mit T2-Tumoren scheinen von einer radikalen Resektion zu profitieren. Lymphknotenmetastasen werden in ca. 40% aller T2-Tumoren beschrieben (Ogura et al. 1991) und sind als signifikante Prognosefaktoren identifiziert worden (Chijiiwa et al. 2001). Früher wurde die einfache Cholezystektomie für Karzinome im Stadium T2N0 als ausreichend propagiert (Cubertafond et al. 1994), inzwischen konnten auch für diese Patienten verbesserte Überlebensraten nach radikaler Resektion, verglichen mit den Ergebnissen nach einfacher Cholezystektomie, gezeigt werden. Während das 5-Jahres-Überleben der T2N0-Tumore nach einfacher Cholezystektomie unter 40% liegt (Miyazaki et al. 1996), konnten die Überlebensraten nach radikaler Resektion auf 80-100% gesteigert werden (Bartlett 2000). Diese Zahlen rechtfertigen ein radikales Vorgehen bei allen Patienten mit Gallenblasenkarzinomen im Stadium T2N0. Der Zeitpunkt der Resektion spielt keine Rolle, das zweizeitige Vorgehen im Falle von inzidentellen Karzinomen bietet keinen Überlebensnachteil (Shii et al. 2007). Die radikale Resektion beinhaltet mindestens die atypische Leberresektion von etwa 3 cm des angrenzenden Lebergewebes oder aber die anatomische Resektion der
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Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
Lebersegmente V und IVb. In einzelnen Fällen kann auch die Ausweitung des Eingriffes zur formalen Hemihepatektomie rechts oder erweiterten Hemihepatektomie rechts sinnvoll sein, wenn hierdurch bei fehlender Fern- und lymphogener Metastasierung eine R0-Resektion ermöglicht wird. Bei Infiltration des D. hepatocholedochus ist zudem dessen Resektion und die Anlage einer biliodigestiven Anastomose indiziert. Die Lymphknotendissektion am Lig. hepatoduodenale ist obligat, wobei allgemein über das Ausmaß der Lymphadenektomie kein Konsens besteht. Während noch vor 10 Jahren Patienten mit T2N1oder T2N2-Tumoren von einigen Chirurgen als nicht kurativ resektabel eingestuft wurden (Bartlett et al. 1996; Benoist et al. 1998), konnte später eine deutliche Prognoseverbesserung nach Resektion mit Lymphknotendissektion gezeigt werden (Chijiiwa et al. 2001). Das Ausmaß des Lymphknotenbefalles (N1 oder N2) war dabei unerheblich. Aktuell gibt es einzelne Berichte über eine komplette Heilung von Patienten mit T2N1- und T2N2-Tumoren, Voraussetzung hierzu ist zum einen die vollständige Lymphadenektomie, die auch die Lymphknoten entlang der A. mesenterica superior, der A. hepatica communis, der V. portae und die hinteren pankreatikoduodenalen Lymphknotenstationen einschließt (Shimada et al. 1997; Shimada et al. 2000). Die Kombination mit einer adjuvanten Chemotherapie (Foster et al. 2007) schien im Einzelfall erfolgreich, ist aber prinzipiell in ihrem Wert noch nicht belegt. Aufgrund des kleinen Patientenkollektivs gilt auch hier keine allgemeine Evidenz, und größere Studien, insbesondere bezüglich der multimodalen Ansätze sind noch ausstehend. Diese ermutigenden Daten sollten jedoch in der individuellen Entscheidung unter Berücksichtigung der allgemeinen Verfassung des Patienten für eine radikale Resektion herangezogen werden, was wiederum die zentrale Bedeutung der Betreuung dieser Patienten durch ein hepatobiliäres Zentrum unterstreicht. Die Indikationsstellung zur Operation im Falle der fortgeschrittenen T3- und T4-Tumore wird ausgesprochen kontrovers diskutiert. Die Prognose dieser Patienten ist als sehr schlecht einzustufen, selbst bei radikaler Resektion ist eine Kuration im Allgemeinen nicht möglich. Eine Ausnahme bildet eventuell die Gruppe der T3N0-Karzinome, die bei R0-Resektion profitieren. Oft liegt bei T3-Karzinomen bereits ein N2-Stadium vor, also der Befall der coeliacalen, aortocavalen Lymphknoten und Lymphknoten entlang der A mesenterica superior. Für T3N2- und T4-Tumore, unabhängig vom N-Stadium, ist das 5-Jahres-Überleben auch nach Resektion praktisch 0% (Chijiiwa u. Tanaka 1994; Foster et al. 2007). Es gibt allenfalls vereinzelte Berichte über ein 5-JahresÜberleben nach radikaler Resektion der fortgeschrittenen Gallenblasenkarzinome (Fong et al. 2000; Muratore et
al. 2000), sodass abschließend das jeweilige Vorgehen eine Einzelfallentscheidung bleibt und der Situation des Patienten, ggf. unter Einbeziehung adjuvanter Therapiekonzepte, angepasst werden sollte. Die hohe Morbidität und Mortalität des notwendigen ausgedehnten Eingriffes in diesen Fällen muss gegenüber den eingeschränkten Erfolgsaussichten gerechtfertigt und diskutiert werden. Insgesamt sollte aufgrund fehlender Therapiealternativen auch für die fortgeschrittenen Gallenblasenkarzinome die Resektion angestrebt werden, sofern eine R0-Situation möglich erscheint.
Wahl des chirurgischen Vorgehens beim Gallenblasenkarzinom ▬ Tis-, T1a-Tumor – laparoskopische oder konventionelle Cholezystektomie – bei Karzinomverdacht offen chirurgisch planen – obligat: tumorfreie Resektionsränder
▬ T1b-Tumor – ggf. erweiterte Cholezystektomie mit Gallenblasenbettresektion und Lymphadenektomie am Lig. hepatoduodenale
▬ T2-Tumor – radikale Resektion mit kurativem Ansatz: atypische oder anatomische Leberresektion, ggf. (erweiterte) Hemihepatektomie rechts, ggf. biliodigestive Anastomose – Voraussetzung: R0-Resektion – ab N1 zusätzlich adjuvante Therapien
▬ T3N0-Tumor – radikale Resektion in Erwägung ziehen
▬ Ab T3N1-, jeder T4-Tumor – Einzelfallentscheidungen – multimodalesVorgehen
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133 7.5 · Gallenwegstumoren
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7.5
Gallenwegstumoren
J. Walter, D. C. Bröring
7.5.1
Benigne Gallenwegstumoren
Benigne Gallenwegstumoren sind mit einer Inzidenz von 0,02-0,1% (Chu 1950; Burhans u. Myers 1971) extrem selten. In den meisten Fällen der gutartigen extrahepatischen Gallenwegsläsionen handelt es sich um Adenome, gefolgt von Papillomen, Mucosa-Polypen, Fibromen, Neurino-
men, Leiomyomen, Hamartomen, Myoblastomen, Lipomen, Granulomen, Karzinoiden und Adenomyomen. Die biliäre Papillomatose, aber auch Gallengangszysten, können selbst zu Obstruktionssymptomatiken führen oder die Bildung von Adenomen begünstigen (Satoh et al. 1999). Aufgrund der fehlenden Erfahrung, die aus der Rarität dieser Tumor-Entität resultiert, gibt es keine allgemeingültigen Behandlungsrichtlinien. Es wurde jedoch beschrieben, dass Gallenwegsadenome ein hohes Rezidivrisiko bei unvollständiger Entfernung tragen bzw. ohne Behandlung zu einem Cholangiokarzinom entarten können und somit als präkanzeröse Läsionen zu werten sind (Burhans u. Myers 1971; Kozuka et al. 1984; Foucar 1985). > Als adäquate Therapie ergibt sich die vollständige chirurgische Resektion, die situationsgemäß für alle symptomatischen benignen Tumoren der Gallenwege gelten sollte, da oft präoperativ die Unterscheidung zu malignen Läsionen schwierig ist.
7.5.2
Maligne Gallenwegstumoren
Die vollständige chirurgische Resektion mit dem Nachweis histologisch negativer Resektionsränder (R0) ist die einzig kurative Therapieoption für Patienten mit Gallenwegskarzinomen. Leider wird die Diagnose oft erst spät gestellt, da die Tumoren erst im fortgeschrittenen Stadium symptomatisch werden. In einer Serie mit 225 Patienten mit extrahepatischem Gallenwegskarzinom waren 30% der Patienten nicht resektabel, von den restlichen 70%, die einer chirurgischen Therapie zugeführt wurden, konnten lediglich 50% kurativ reseziert werden (Jarnagin et al. 2001). Dies verdeutlicht die Diskrepanz des intraoperativen Befundes zur präoperativ diagnostizierten Tumorausdehnung, wie sie bei diesen Tumoren sehr häufig ist. Das Ausmaß des chirurgischen Vorgehens ist abhängig von der Lokalisation und Ausdehnung des Tumors. Generell sollte ein Sicherheitsabstand von 10-20 mm angestrebt werden (Seyama u. Makuuchi 2007) und eine regionale Lymphadenktomie erfolgen. Es wird von einigen Autoren empfohlen, eine offene Durchtrennung von Gallengängen zu vermeiden, da es durch Kontamination mit tumorzellhaltiger Galle zu vermehrtem Auftreten von peritonealen Metastasen kommen soll (Tanaka et al. 1997). Der Stellenwert der Lymphadenektomie ist bisher nicht abschließend geklärt. Während die lokale Lymphknotendissektion am Lig. hepatoduodenale als Standard gelten darf, scheint die Entfernung der paraaortalen Lymphknoten lediglich bei der Einschätzung der Prognose hilfreich zu sein, aber den Patienten kaum Überlebensvorteil bringen. Nur 1-5% der Patienten mit positiven para-
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134
7
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
aortalen Lymphknoten erreichen ein 5-Jahres-Überleben, trotz radikaler Lymphknotendissektion in diesem Bereich (Klempnauer et al. 1997; Kosuge et al. 1999; Neuhaus et al. 1999; Todoroki 2000; Kitagawa et al. 2001). Dem gegenüber stehen Einzelberichte, in denen die Patienten von der Lymphadenektomie profitieren (Kitagawa et al. 2001). Bei Nachweis eines N2-Stadiums, bzw. des Befalles der interaortokavalen Lymphknotenstation (M1lym) ist von einer disseminierten Tumoraussaat auszugehen, die eine ausgedehnte Resektion infrage stellen muss. Bei Karzinomen des distalen und mittleren Drittels des Ductus choledochus besteht die Indikation zur partiellen Duodenopankreatektomie nach Whipple mit Resektion des Gallenganges bis knapp unterhalb der Hepatikusgabel. Obligat ist die Bestätigung des tumorfreien proximalen Absetzungsrandes durch die Schnellschnittdiagnostik. Die Therapie der proximalen Gallenwegskarzinome (Klatskin-Tumore) lässt sich gemäß der Bismuth-Klassifikation unterscheiden. Typ I-Karzinome nach Bismuth sind durch die komplette Resektion der extrahepatischen Gallenwege einschließlich der Gallenblase und der enbloc-Dissektion des angrenzenden pericholedochalen Weich- und Lymphgewebe suffizient behandelt. Es gibt jedoch auch Autoren, die ein radikaleres Vorgehen bei Typ I- und II-Tumoren mittels erweiterter Hemihepatektomie propagieren, um diese Patienten sicher kurativ zu behandeln (Kondo et al. 2004). Zukünftige Daten an größeren Kollektiven sind zur Evidenzerhebung dieses Vorgehens allerdings noch ausstehend. Typ II-Karzinome erfordern zusätzlich zur Entfernung der extrahepatischen Gallenwege die Ausdehnung der Resektion auf die angrenzenden Anteile der Leber, mindestens des Lobus caudatus, da oft eine Beteiligung der Segment I-Äste vorliegt. Die inferioren Areale von Segment IV sollten aufgrund ihrer kleinen, hilusnahen Gallengänge, die tumorinfiltriert sein könnten, ebenfalls exzipiert werden. Wird für den Typ II-Tumor eine ausgedehntere Resektion zum Erhalt sicher tumorfreier Resektionsgrenzen notwendig, wird dies in den meisten Fällen die erweiterte Hemihepatektomie rechts bedingen. Grund hierfür ist der im Vergleich zum rechten Hauptgallengang meist längere extrahepatische Verlauf des linken Hauptgallenganges, der optimale Bedingungen zum Erlangen einer R0-Situation und der notwendigen Rekonstruktion bietet. Dem Lobus caudatus kommt aufgrund seiner besonderen anatomischen Lage und Nähe zur V. cava und der Gallengangskonfluenz eine besondere Rolle zu. Es hat sich gezeigt, dass bei Rezidiven nach Leberresektion bei Klatskin-Tumoren der Lobus caudatus am häufigsten betroffen ist (Nimura et al. 1990; Baer et al. 1993) und das 5-Jahres-Überleben nach Segment I-Resektion signifi-
kant höher war verglichen mit den Resektionen, in denen Segment I belassen wurde (Sugiura et al. 1994). > Die Resektion des Lobus caudatus sollte somit generell bei allen Klatskin-Typen ab Typ II in Betracht gezogen werden.
Ein Klatskin-Tumor vom Typ IIIA, also mit Hauptausdehnung des Tumors nach rechts, erfordert neben der Resektion der extrahepatischen Gallenwege mindestens die Hemihepatektomie rechts, oft aufgrund der lokalen Invasion die erweiterte Hemihepatektomie (Trisektorektomie) rechts. Dementsprechend wird der Typ IIIB mit der Hemihepatektomie oder Trisektorektomie links behandelt. Die Trisektorektomien sind aufgrund des hohen Parenchymverlustes mit einer hohen Morbidität und Mortalität behaftet, sie ermöglichen jedoch häufiger eine R0-Situation als die »einfache« Hemihepatektomie (Shimada et al. 2005; Nagino et al. 2006). Dementsprechend konnte die 5-Jahres-Überlebensrate nach erweiterten Leberresektionen auf etwa 40% verbessert werden (Seyama u. Makuuchi 2007). > Im präoperativen Vorfeld dieser ausgedehnten Eingriffe kommt der Einschätzung des prospektiv verbleibenden funktionellen Restlebervolumens ein besonderer Stellenwert zu.
Bei kritischem prospektivem Restlebervolumen hat sich die Pfortaderembolisation/-ligatur oder auch die arterielle Embolisation/Ligatur zur Volumeninduktion durchgesetzt ( Kap. 8). Hierdurch konnte die Rate des postoperativen Leberversagens von 10-20% auf nahezu 0% gesenkt werden (Seyama u. Makuuchi 2007). Bei den fortgeschrittenen Klatskin-Tumoren findet man nicht selten auch umschriebene Infiltrationen von Pfortader oder A. hepatica, die einen segmentalen Gefäßersatz zur Erlangung eines R0-Stadiums erfordern, was zu einer Erhöhung der 5-Jahres-Überlebensraten zu führen scheint (67% vs. 28%) (Jonas et al. 2001) ( Kap. 14.6). Typ IV-Karzinome sind häufig nicht kurativ resezierbar. Durch eine Trisektorektomie kann in Einzelfällen ein R0-Status erreicht werden, wobei in der Operationsstrategie (Trisektoerektomie rechts oder links) jeweils der individuellen Gallengangsanatomie und Tumorausdehnung Rechnung getragen werden muss. Nach ausgedehnten Resektionen der Typ III- oder IV-Tumoren zeigt sich in der abschließenden histologischen Aufarbeitung nicht selten ein positiver Resektionsrand. Um bei positiven distalen Absetzungsrändern einen R0-Status zu erreichen, kann, abhängig von der allgemeinen Verfassung des Patienten, eine partielle Duodenopankreatektomie angeschlossen werden. Im Falle von R1-Hilusresektionen müsste eine vollständige Hepatektomie, also die Lebertransplantation,
135 7.5 · Gallenwegstumoren
vorgenommen werden, um Tumorfreiheit zu erlangen. Doch selbst das Belassen einer R1-Situation nach ausgedehnter Resektion kann einen Überlebensvorteil (Hemming et al. 2005) oder (laut der Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft/ der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 2002) zumindest eine länger anhaltende Palliation für die Patienten bedeuten, verglichen mit Patienten, die nicht oder palliativ operiert wurden. Die Indikationsstellung zur Lebertransplantation und deren Rolle in der Behandlung extrahepatischer Gallengangskarzinome sind in den letzten Jahren neu überarbeitet worden. Die Rationale der Lebertransplantation für die Therapie der Gallengangskarzinome ergibt sich aus den Grenzen der resektionschirurgischen Möglichkeiten (Pandey et al. 2007): ▬ Irresektable Bimuth-Typ IV ohne extrahepatische Manifestation ▬ Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis, die aufgrund der eingeschränkten Leberqualität keine erweiterten Resektionen tolerieren ▬ Invasion der bilateralen Gefäßhauptstämme von Pfortader oder A. hepatica ▬ Vermeidung von Rezidiven durch geringere Tumorzellverstreuung und sichere, zirkumferenzielle tumorfreie Resektionsränder Die inital publizierten Serien der Lebertransplantation für diese Indikation erbrachten enttäuschende Ergebnisse. Das Europäische Lebertransplantations-Register berichtete ein 1-Jahres-Überleben von 40% und 5-Jahreserleben von 0% (Bismuth et al. 1987), die Serie aus Pittsburgh zeigte ein 1- und 5-Jahres-Überleben von 59% und 36% (Iwatsuki et al. 1998), was ähnlich dem 5-Jahres-Überleben von 38% des Berliner »no-touch-Prinzips«, der Kombination aus Lebertransplantation und partiellen Pankreatektomie (Neuhaus et al. 1999), war. Hinsichtlich der geringen Verfügbarkeit von Spenderorganen und aufgrund der Überlebensraten und der hohen Gefahr der Tumorrezidive unter Immunsuppression sahen die meisten Zentren diesen Eingriff als nicht gerechtfertigt an. Durch das Konzept der Kombination der Transplantation mit neoadjuvanter Radio-Chemotherapie, das die Mayo-Clinic 2000 vorstellte, konnten die Überlebensraten nach dieser Prozedur deutlich verbessert werden. Aktuell wurden 1-, 3- und 5-Jahres-Überleben von 92%, 82% und 82% aus diesem Zentrum berichtet, wobei die Selektion der Patienten sehr sorgfältig ist, und zu beachten bleibt, dass von 71 Patienten, die die diese Behandlung begannen, lediglich 38 letztendlich transplantiert werden konnten. Trotzdem ist das Überleben dieser Patienten dem der R0-resezierten, lymphknotennegativen Patienten
dieser Arbeitsgruppe deutlich überlegen (Rea et al. 2005). Die Nachteile der Lebertransplantation, die bestehende Organknappheit und die Problematik der Tumorrezidive unter der immunsuppressiven Therapie bleiben weiter bestehen. Die Anwendung der Leber-LebendspendeTransplantation und die Entwicklung immuntoleranzinduzierender Methoden in der Zukunft könnten die Anwendung und Indikationsstellung der Lebertransplantation für diese mit ansonsten ungünstiger Prognose behafteter Tumorentität erweitern.
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136
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Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
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7.6
Allgemeine Aspekte
M. Birth, P. Hildebrand
7.6.1
Allgemeine Faktoren der Operabilität
Bezüglich der allgemeinen Operabilität gelten die gleichen Regeln, wie für alle größeren onkologischen Resektionen. Pulmonale und kardiale Risikofaktoren sind detailliert zu berücksichtigen und eine präoperative Optimierung des Patienten ist wenn immer möglich anzustreben. Durch die Verbesserung des chirurgisch-anästhesiologischen Managements ist eine Risikokonstellation bezüglich der Komorbidität jedoch nur noch in wenigen Fällen eine generelle Kontraindikation zum operativen Vorgehen ( Kap. 18). Mangelhafte Patientencompliance und ein deutlich reduzierter, nicht verbesserbarer Allgemeinzustand des Patienten relativieren die Indikation zur Operation.
7.6.2
1. Wie ist die Lagebeziehung des Tumors zu den intraund extrahepatischen Blutgefäßen und den Gallenwegen? 2. Wie groß ist das verbleibende Restlebervolumen nach Resektion? ( Kap. 8) 3. Liegt bereits eine Parenchymschädigung vor (Fettleber, Fibrose, Zirrhose, Z. n. präoperativer Chemotherapie)? Bezüglich der Viszeralgefäße ist arteriellem, portalvenösem als auch venösem System gleichermaßen Aufmerksamkeit zu schenken. Neben dem Verlauf der Gefäße und Gallenwege sind insbesondere vor erweiterten Resektionen funktionelle Parenchymbereiche zu definieren, um neben der arteriell/portalvenösen Versorgung auch die ausreichende venöse und biliäre Drainage des Restparenchyms zu garantieren. Der Ersatz extrahepatischer Arterien durch ein Venen- oder Protheseninterponat ist technisch gut möglich, wenn auch selten erforderlich. Die umfangreiche Infiltration der Leberpforte mit intrahepatischer Beteiligung beider Leberarterien ist einer formal kurativen Resektion nicht mehr zugänglich. Bei einer kurzstreckigen Beteiligung des zu erhaltenen Pfortaderastes kann eine umschriebene Pfortaderresektion sinnvoll sein. Zu beachten ist, dass das OP-Risiko damit deutlich zunimmt, bedingt durch die Komplikationsmöglichkeiten der Gefäßanastomose und mehr noch die längere Ischämie des geringen Restparenchyms (⊡ Abb. 7.1). Auch eine intrahepatische Tumorinfiltration aller drei Lebervenen ist regelhaft nicht mehr R-0-resektabel. Al-
Technische Resektabilität
Ist eine Tumorresektion aus prognostischer Sicht sinnvoll, muss im nächsten Schritt die prinzipielle Machbarkeit der Resektion geklärt werden. Die Beurteilung dieser technischen Resektabilität erfolgt präoperativ auf der Basis aktueller bildgebender Modalitäten ( Kap. 4), ggf. unter Nutzung der erweiterten diagnostischen Laparoskopie und abschließend nach Laparotomie im Rahmen der intraoperativen Exploration inklusive Ultraschalluntersuchung. Dabei gilt es, zusammenfassend 3 entscheidende Fragen zu klären:
⊡ Abb. 7.1 Zustand nach erweiterter Hemihepatektomie rechts mit partieller Resektion von Pfortader und linkem Pfortaderast sowie Rekonstruktion mit PTFE-Prothese, Resektionsfläche mit TachoSil-Vliesen versiegelt
137 7.6 · Allgemeine Aspekte
lenfalls in Ausnahmesituationen können bei einem umschriebenen Befall des Lebervenenkonfluenz nach einer ex-situ-Resektion ( Kap. 14.1) einzelne Lebervenen in die V. cava reanastomosieren oder partiell mit Interponaten ersetzt werden. Technisch besser gelingt eine partielle Resektion der retrohepatischen V. cava, die durch direkte Naht, Patchplastik oder Interposition einer Prothese rekonstruiert werden kann. Bei Vorliegen kaliberstarker retrohepatischer Venen, die größere Parenchymbezirke direkt in die V. cava drainieren, sollte ihre Reanastomosierung in die Prothese erwogen werden. Johnson erreichte bei 11 Patienten mittels Leberteilresektion und en-bloc-Resektion der V. cava immerhin ein medianes Überleben von 34 Monaten (Johnson et al. 2006). > Ohne Frage ist die Erzielung einer R-0-Resektion das entscheidende, weil prognoserelevanteste Ziel. Der lange Zeit als conditio sine qua non angesehene Sicherheitssaum von 1 cm ist jedoch nicht länger zu fordern (Scheele et al. 2001). Sofern eine komplette Tumorentfernung gelingt, ist es sowohl in Hinblick auf die Rezidivrate wie auch die Überlebensrate unerheblich, ob der histologisch tumorfreie Schnittrand 1, 2, 5 oder 10 mm beträgt (Hamady et al. 2006). Dieses gilt analog auch für primäre Lebertumoren (Poon et al. 1999).
Bei der Bewertung des Sicherheitsabstandes muss zudem berücksichtigt werden, dass selektive Parenchymdissektionen mittels CUSA oder Waterjet einen etwa 2-5 mm breiten Parenchymsaum dissezieren. Eine zusätzliche Thermokoagulation der verbleibenden Resektionsfläche verbreitert den tumorfreien Schnittrand zusätzlich, geht aber nicht in die histologische Bewertung ein. Dies trifft analog auch auf eine Resektion mittels HABIB-Sealer zu. Zur Vermeidung einer akzidentellen Tumorzelldissemination darf jedoch vitaler Tumor durch die Präparation selbst keinesfalls verletzt werden. In prognostischer Hinsicht muss nach dem Langzeitverlauf auch das unmittelbare perioperative Risiko bei der Indikationsstellung Berücksichtigung finden.
7.6.3
Perioperatives Risiko nach Leberresektion
Das primäre Operationsrisiko, am besten definiert durch die 30-Tages-Letalität liegt bei Patienten ohne Zirrhose zwischen 0-5% (Scheele et al. 2001, Lehnert u. Golling 2001, Fong et al. 1999, Lehnert et al. 1995, Jaeck et al. 1997). In aktuellen Serien konnte die operationsbezogene Letalität bei entsprechender Erfahrung des Operateurs dabei zumeist unter 3% gesenkt werden (Scheele et al.
2001, Lehnert u. Golling 2001, Fong et al. 1999, Lehnert et al. 1995, Jaeck et al. 1997). Dies betrifft alle Standardresektionen bis zur Hemihepatektomie bei normal großer und gesunder Restleber. Darüber hinausgehende, erweiterte Resektionen mit einem deutlich größeren Parenchymverlust führen zu einem graduell erhöhten Letalitätsrisiko (Scheele u. Altendorf-Hofmann 2003, Shoup et al. 2003, Yigitler et al. 2003). Entsprechend unterteilt die französische gastroenterologische Krebsgesellschaft zur Einschätzung des perioperativen Risikos Klasse IResektionen (Standardresektionen) mit Entfernung von bis zu 4 Segmenten und einem funktionellem Residualvolumen von mindestens 40% von Klasse II-Resektionen (erweiterte Resektionen) mit Entfernung von mehr als 4 Segmenten und einem funktionellem Residualvolumen von weniger als 40% (Chiche 2003). Die Morbidität wird mit 7-66 % angegeben, wobei therapierelevante (major) Komplikationen aktuell in etwa 7-15% zu erwarten sind ( Kap. 19). Auch das hepatische Rezidiv, mit dem nach jeder zweiten potenziell kurativen Metastasenresektion gerechnet werden muss, lässt sich mit nahezu vergleichbaren Ergebnissen, wenn auch nur bei etwas mehr als 10% der Patienten operativ entfernen (Scheele u. Altendorf-Hofmann 1999, Lehnert u. Golling 2001).
7.6.4
Extrahepatischer Tumor
Das Vorliegen extrahepatischer Tumormanifestationen ist bei vielen Tumorentitäten nicht mehr gleichbedeutend mit einer prinzipiellen Kontraindikation zur Resektion von Lebertumoren oder -metastasen. Insbesondere komplett resezierbare Lungenmetastasen verschlechtern z.B. beim Kolon- oder Nierenzellkarzinom die Prognose nicht signifikant (Ashley et al. 2006, Avital u. DeMatteo 2006, Hofmann et al. 2005, Watanabe et al. 2003). Knochenmetastasen können gerade beim Mammakarzinom durch eine Kombination von systemischen Therapiemodalitäten und lokaler Behandlung bei Symptomatik lange stabil gehalten werden und sind für die Gesamtüberlebenszeit selten bestimmend (Guarneri u. Conte 2004, Koswig et al. 1999, Lipton 2005). Primärtumorrezidive, z.B. eines Rektumkarzinoms oder Sarkoms, sind prinzipiell vorher bezüglich ihrer R0-Resektabilität zu prüfen. Ist diese nicht gegeben, liegt konsequenterweise eine absolute Kontraindikation zur Metastasenresektion vor. Auch ein ausgedehnter Lymphknotenbefall ( Kap. 13) sowie eine Peritonealkarzinose sind zumeist mit einer so schlechten Prognose behaftet, dass eine Tumorresektion als nicht sinnvoll anzusehen ist.
7
138
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
> Eine spezielle Form der extrahepatischen Tumormanifestation ist die direkte Ausbreitung von Lebertumoren per continuitatem in Nachbarorgane. Dies betrifft v.a. das Zwerchfell, das parietale Peritoneum der Bauchwand und seltener Hohlorgane wie Magen, Darm oder Gallenblase. Gelingt eine komplette en-bloc-Resektion, so ist die Prognose gegenüber einer auf die Leber beschränkten Tumormanifestation nicht signifikant schlechter (Cavallari et al. 2003, Scheele u. Altendorf-Hofmann 1999, Minagawa u. Makuuchi 2003).
Auch die Morbidität und Mortalität sind durch eine entsprechend umschriebene Eingriffserweiterung nicht erhöht.
7
7.6.5
Indikationsstellung und Ergebnisse beim hepatischen Rezidiv
Verständnis der Anatomie nach sekundärer Hypertrophie der Leber ist eine conditio sine qua non für den Erfolg beim Rezidiveingriff. Solange eine R-0-Resektion gelingt, gelten prinzipiell alle Aussagen für den Ersteingriff sowohl bezüglich der Ergebnisse als auch der Risiken beim hepatischen Rezidiv analog. Bedingt durch die ausgesprochene Selektion der Patienten sind die Überlebensraten nicht nur vergleichbar, sondern im Einzelfall sogar besser (Nordlinger et al. 1994, Petrowsky et al. 2002, Pessaux et al. 2006, Shaw et al. 2006, Sakaguchi et al. 2006). Dies trifft offensichtlich nicht nur auf das hepatische Rezidiv, sondern auch auf metachrone Lungenmetastasen zu (Labow et al. 2002, Mineo et al. 2003). Patienten mit nachgewiesener Lymphknotenmetastasierung stellen eine prognostisch ungünstige Untergruppe für eine erneute Resektion dar (Sakaguchi et al. 2006).
7.6.6
Bei etwa 30–60% der leberresezierten Patienten ist im weiteren Verlauf ihrer Erkrankung mit einem hepatischen Rezidiv zu rechnen (Scheele et al. 1995, Nordlinger et al. 1994, Scheele et al. 1995, Adam et al. 1997, Tuttle et al. 1997, Petrowsky et al. 2002, Bläker et al. 2001). Bei etwa der Hälfte dieser Patienten treten zusätzlich extrahepatische »Tumorrezidive«, vornehmlich Lungenmetastasen auf. Für die Bewertung der Resektabilität sind das Ausmaß der ersten Leberresektion und Umfang sowie Lokalisation der Rezidivtumoren entscheidend (⊡ Abb. 7.2). Eine ausgewiesene operative Kompetenz und ein sicheres
Das kalendarische Alter ist mittlerweile als Indikationsbzw. Kontraindikationsmarker nicht mehr geeignet. Verschiedene Autoren haben eindrucksvoll nachweisen können, dass die Ergebnisse bei über 70- oder gar 75-jährigen Patienten mit denen jüngerer Patientenkollektive absolut vergleichbar sind (⊡ Tab. 7.13) (Lehnert et al. 1998, Brunken et al. 1998, Birth et al. 2003, Menon et al. 2006). Selbstverständlich ist das Ausmaß des geplanten operativen Eingriffs dem erwarteten Benefit unter Berücksichtigung des biologischen Alters des Patienten anzupassen.
7.6.7
⊡ Abb. 7.2 Zentrale, nicht resezierbare Rezidivlebermetastase mit Beteiligung der intrahepatischen linken Lebervene bei Zustand nach Hemihepatektomie rechts
Leberresektionen im Alter
Timing
Kolorektale Lebermetastasen treten jeweils etwa zur Hälfte synchron (0-6 Monate nach Primärtumordiagnose bzw. -OP) bzw. metachron (>6 Monate nach OP des Primärtumors) auf (Herfarth 1995, Hughes 1986, Jaeck 1997, Lise 2001). Letztere Manifestation ist übereinstimmend mit einer besseren Langzeitprognose vergesellschaftet ( Abschn. 7.3). Liegen synchrone Lebermetastasen vor, stellt sich grundsätzlich die Frage des ein- oder zweizeitigen Vorgehens. Zwar haben einzelne Autoren nachgewiesen, dass das Risiko bei simultaner kolorektaler und hepatischer Resektion nicht erhöht sein muss (Martin et al. 2003), generell kann dieses Vorgehen jedoch nicht empfohlen werden. Vielmehr ist das Ausmaß jeder einzelnen Resektion bei der Entscheidung für oder gegen eine Simultan-OP zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Therapie des Pri-
139 7.6 · Allgemeine Aspekte
⊡ Tab. 7.13 Morbidität, Letalität und medianes Überleben nach Resektion kolorektaler Lebermetastasen Autor Menon 2006
Birth (eigene Daten 2006)
Brand 2000
Brunken 1998
<70 Jahre
>70 Jahre
Letalität
5,4%
7,9%
disease free survival
59%
57%
overall survival
60%
55%
Morbidität
15%
19%
Letalität
2,6%
0%
medianes Überleben
43 Monate
39 Monate
Morbidität
29%
17,5%
Letalität
7,3%
2,4%
33,5 Monate
22,9 Monate
Morbidität
27%
28%
Letalität
3,6%
4%
Kurativ
28 Monate
49 Monate
palliativ
22 Monate
12 Monate
medianes Überleben
Fong 1995
Zieren 1994
Morbidität
42%
Letalität
4%
medianes Überleben
40 Monate
Morbidität
28%
Letalität
6%
medianes Überleben
märtumors, da Gesamtbelastung und Operationsrisiko beispielsweise zwischen einer Hemikolektomie rechts und einer tiefen anterioren Rektumresektion oder gar -amputation deutlich differieren. Noch evidenter bestimmt das hepatische Resektionsausmaß Morbidität und Mortalität des Gesamteingriffs. Insofern ist mehrheitlich nur bei kleiner, gut zugänglicher Metastase und der Notwendigkeit einer begrenzten Leberresektion ein kombiniertes Vorgehen zu empfehlen (Rosenberg et al. 2006, Iesalnieks et al. 2000, Thelen et al. 2006). Jede große Leberresektion (d.h. Entfernung von mehr als 1-2 Lebersegmenten) wird im eigenen Vorgehen zweizeitig angegangen, mit einer Pause von 4-6 Wochen zwischen den Operationen.
7.6.8
Leberresektion nach präoperativer Chemotherapie
Das notwendige Resektionsausmaß befindet sich im Spannungsfeld der onkologischen Radikalität auf der
einen und einer ausreichenden Parenchymreserve zur Vermeidung der wichtigsten postoperativen Mortalitätsursache - dem Leberversagen - auf der anderen Seite. Die mit 25-30% des verbleibenden Lebervolumens bereits knapp gesetzten Sicherheitsgrenzen sind allerdings nur empirisch erhoben. Zwar ist das Regenerationsvermögen der gesunden Leber beträchtlich, sodass rechtsseitige Lobektomien (Parenchymverlust ca. 60%) in aller Regel, im Einzelfall auch Trisektorektomien mit bis zu 80% Parenchymverlust, kompensiert werden können, dies ändert sich jedoch dramatisch, wenn ein struktureller Parenchymdefekt vorliegt, der nicht nur die Zirrhose, sondern v.a. auch das durch Verschlussikterus vorgeschädigte Gewebe und nicht zuletzt die Fettleber einschließt. Dies gilt besonders für eine exzessive präoperative Chemotherapie, welche zunehmend bei primär eingeschätzter oder fraglicher Irresektabilität eingesetzt wird. Gerade oxaliplatin- und irinotecanhaltige Protokolle können zu einer erheblichen Leberparenchymschädigung führen, die schon makroskopisch (»blue liver«) erkennbar ist (⊡ Abb. 7.3).
7
140
Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
! Cave! Das Risiko postoperativer Komplikationen ist dabei mit der Dauer der präoperativen Chemotherapie assoziiert (Aloia et al. 2006).
⊡ Abb. 7.3 »blue liver«
7
Da nach präoperativer Chemotherapie auch verstärkt eine Atrophie von Hepatozyten und vermehrte Zellnekrosen nachzuweisen waren, ist postoperativ auch von einer verminderten funktionellen Parenchymreserve und Regenerationspotenz auszugehen (Karoui et al. 2006). Dokumentiert die präoperative bildgebende Diagnostik oder der intraoperative Aspekt eine erhebliche Leberparenchymschädigung, so ist besonders in Bezug auf ausgedehnte Resektionen Zurückhaltung zu üben (⊡ Abb. 7.4). Zur Bewertung von Vorschädigung, Kompensationsvermögen und Regenerationspotenz sind Laborparameter (CHE, Albumin, Quick) nur bedingt geeignet, da sie erst spät abfallen. Auch die verschiedenen Leberfunktionstests wie beispielsweise die Indozyanin-Grün-Clearance werden heute von den meisten Zentren nicht mehr angewandt bzw. bleiben wenigen Fällen mit Zirrhose vorbehalten ( Kap. 8). > Nach breiter Übereinstimmung kommt der Erfahrung des Chirurgen die größte Bedeutung bei der Festlegung des zumutbaren Resektionsausmaßes zu.
⊡ Abb. 7.4 Kombination aus Hemihepatektomie links und RFA zur Vermeidung einer erweiterten Hemihepatektomie bei extrem eingeschränkter Leberqualität nach extensiver Chemotherapie
Mehrere Arbeitsgruppen zeigten eine zugrunde liegende oxaliplatininduzierte sinusoidale Dilatation ähnlich einer venookklusiven Erkrankung im nicht tumorbefallenen Lebergewebe. Nach Gabe von Irinotecan entwickelt sich in etwa 20% eine Steatohepatitis, welche einer nicht alkoholischen Fettleberentzündung (NASH) ähnelt. Hierdurch werden das operative Blutungsrisiko und die Gesamtmorbidität deutlich erhöht. Leberresektionen bei Patienten mit nachgewiesener Steatohepatitis gingen mit einer erhöhten postoperativen Infektionsrate und einer deutlich erhöhten 90-Tage-Mortalität (14,7% vs. 1,6%) einher (Vauthey et al. 2006, Aloia et al. 2006). Ursache ist v.a. die verstärkte Vulnerabilität und verminderte Ischämietoleranz des Leberparenchyms (Nordlinger u. Benoist 2006, Wein et al. 2003, Benoist et al. 2006, Karoui et al. 2006).
Zunehmend häufiger wird der Chirurg mit der Frage konfrontiert, wie auf eine bildmorphologisch-komplette Response im Rahmen einer neoadjuvanten oder palliativen Chemotherapie zu reagieren ist. Die Arbeitsgruppe um Nordlinger konnte eindrucksvoll zeigen, dass Metastasen nach Chemotherapie, welche im CT nicht mehr nachweisbar waren, intraoperativ und/oder histologisch in der überwiegenden Mehrzahl (83%) trotzdem vitales Tumorgewebe enthielten oder aber ein frühes Tumorrezidiv an gleicher Stelle auftrat (Benoist et al. 2006). Insofern sollte der Zeitraum einer guten Response nicht als dauerhaft angesehen, sondern viel mehr zur Leberteilresektion oder Ablation genutzt werden.
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142
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Kapitel 7 · Indikationsstellung, Prognosefaktoren und Ergebnisse der Resektion in der Leberchirurgie
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8
Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung D. C. Bröring, L. Müller
8.1
Beurteilung der Leberfunktion – 144
8.2
Funktionelle Leberreserve, Volumetrie
8.3
Präoperative Konditionierung
8.4
Zusammenfassung
– 151
– 147
– 146
144
Kapitel 8 · Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung
Die Leber hat unersetzliche, lebenswichtige biochemische Funktionen für den Organismus. Es ist daher essenziell, dass sich im Falle einer möglichen anstehenden Leberresektion das Behandlungsteam schon im Stadium der Indikationsstellung die mögliche Beeinträchtigung der Leberfunktion und deren Folgen für den Patienten mit einbezieht.
8.1
8
Beurteilung der Leberfunktion
In den letzten Jahren wurde die Indikation zur operativen Behandlung von Lebertumoren, insbesondere der in den westlichen Ländern so häufigen kolorektalen Metastasen, fortwährend ausgeweitet. Gleichzeitig wurden die chemotherapeutischen Behandlungsoptionen und -indikationen derart fortentwickelt, sodass zur optimalen Behandlung in vielen Fällen ein multimodaler, multidisziplinärer Therapieansatz zu fordern ist. Aktuelle Daten zeigen, dass alle Patienten, unabhängig vom Befallsmuster, Metastasenanzahl, Rezidivtumor und z.T. extrahepatischem Befall immer dann profitieren, wenn es gelänge, alle Metastasen zu entfernen oder komplett zu abladieren (Sperti et al. 2006, Mentha et al. 2006, Shimada et al. 2006, Abdalla et al. 2004, Komprat et al. 2007, Wei et al. 2006, Elias et al. 2003, Elias et al. 1998). > Daher ist die entscheidende Determinante in der Beurteilung der Operabilität die Funktionalität des prospektiven Restlebergewebes nach der Leberresektion.
Dieser allgemein und international unter Leberchirurgen und Onkologen akzeptierte Paradigmenwechsel resultiert aus den Fortentwicklungen der Leberchirurgie innerhalb der letzten Jahre und widerspricht teilweise den Ausführungen in älteren Lehrbüchern. Die Einschätzung der Qualität und damit der Funktionalität des Lebergewebes hat eine wichtige Bedeutung für die Operationsplanung. Es ist allgemein akzeptiert, dass im Falle von gesundem Lebergewebe ein Resektionsausmaß von bis zu 70% des Lebergewebes tolerabel ist (Madoff et al. 2002). Je nach Ausmaß einer Leberqualitätsbeeinträchtigung, z. B. durch Steatose, Fibrose, Zirrhose, oder aber Cholestase wird die Toleranz hinsichtlich des zumutbaren Parenchymverlustes eingeschränkt, und das Risiko der Entstehung eines Posthepatektomie-Leberversagens steigt (Mullin et al. 2005, Anderson et al. 2004). Die Beurteilung der Leberqualität basiert auf mehreren Parametern und ist in der Mehrzahl der Fälle aus einer gezielten Anamnese kombiniert mit einem Routinelabor und einer Bildgebung (Sonografie oder Computertomografie) möglich. Spezielle Leberfunktionstests,
wie zum Beispiel die Bestimmung der Indocyanin-GrünRetention, sind nach unserer Auffassung in Einzelfällen nützlich, jedoch nicht hinreichend etabliert und validiert, um generell die Operationsplanung zu beeinflussen. Mit der gezielten Anamnese kann in den meisten Fällen das Vorliegen einer relevanten Leberfunktionseinschränkung erfasst werden: ▬ Ist z.B. beim Patienten eine Lebererkrankung, z.B. eine Fettleberhepatitis oder eine Virushepatitis bekannt? ▬ Hat der Hausarzt mal erhöhte Leberwerte festgestellt? ▬ Liegt ein Alkoholabusus vor? ▬ Gibt es Aufzeichnungen (alte Arztbriefe, Laborbefunde, radiologische Befunde, endoskopische Befunde), die das Vorliegen einer Leberfunktionseinschränkung, z.B. durch Leberzirrhose, belegen? ▬ Hatte der Patient eine Chemotherapie erhalten, und wie lange liegt sie zurück? Weiter sind in der Anamnese Beobachtungen des Patienten zu erfragen, die eine mögliche sekundäre Veränderung der Leberfunktion durch die Tumormanifestation nahelegen. So ist zu eruieren, ob dem Patienten eine Stuhlentfärbung oder eine Dunkelfärbung des Urins als Hinweis auf eine mechanische Cholestase aufgefallen ist. Ebenso ist gezielt nach Schmerzen (Leberkapselschmerz) sowie nach Bauchumfangvermehrung (Aszites) oder Beinödemen zu fragen, welche einzeln oder zusammengenommen Ausdruck einer tumorbedingten Beeinträchtigung der Leberperfusion und damit der Leberfunktion sein können. Bei der körperlichen Untersuchung des Patienten können gegebenenfalls wichtige Hinweise auf das Vorliegen eines Leberparenchymumbaus erkannt werden. Hier ist zum einen auf eine Cholestase zu achten (Skleren- oder Hautikterus?). Weiter sollte auf sekundäre Zeichen eines portalen Hypertonus (Spider Naevi, Umgehungskreisläufe, Aszites?) sowie auf konstitutionelle Veränderungen durch eine Lebererkrankung (Gynäkomastie? Muskelatrophie?) geachtet werden. Auch kann ggf. eine Vergrößerung der Leber durch Steatose oder eine Verhärtung durch Fibrose oder Zirrhose durch Palpation der Leber unterhalb vom Rippenbogen diagnostiziert werden. Ebenso kann im Falle einer Leberzirrhose mit portaler Hypertension und Hypersplenismus die Milz tastbar vergrößert sein. Das Routinelabor gibt uns sehr wichtige Informationen zur Leberfunktion. Patienten mit einer fortgeschrittenen Leberzirrhose weisen häufig aufgrund eines Hypersplenismus eine Hämoglobin-Erniedrigung und eine Thrombozytopenie auf. Da die Leber ein wichtiger Syntheseort für Gerinnungsfaktoren darstellt, ist eine Leberfunktionsstörung je nach Ausmaß durch eine Erniedrigung des Quick-Wertes in den unteren Normbereich
145 8.1 · Beurteilung der Leberfunktion
oder darunter festzustellen. Nützlich ist in diesem Zusammenhang auch die Bestimmung hepatischer Faktoren wie Faktor V, Fibrinogen oder Antithrombin III. Ebenso ist eine Erniedrigung des Albumins beziehungsweise des Eiweißspiegels ein Hinweis auf eine erniedrigte Syntheseleistung. Ein weiterer hilfreicher Lebersynthese-Parameter aus der klinischen Chemie ist die Cholinesterase. Die Konzentration des Serum-Bilirubins bzw. des direkten Bilirubins korreliert bei biliären Formen der Zirrhose mit dem Ausmaß der Erkrankung und ist darüber hinaus bei Obstruktionen der extrahepatischen und intrahepatischen Gallenwege ein Indikator für den Grad der Cholestase. Deutlich erhöhte Bilirubinkonzentrationen (>5 mg/ dl) durch Behinderungen des Galleabflusses stellen ggf. eine Kontraindikation für eine größere Leberteilresektion dar. Es ist daher wichtig, bei einer tumorbedingten Cholestase mit Ikterus präoperativ eine Konditionierung dahin gehend durchzuführen, dass interdisziplinär durch geeignete Maßnahmen über eine interne oder externe Drainage eine Entlastung erreicht wird. Die Bildgebung durch Sonografie und Computeroder Kernspintomografie dient zum einen der Bestimmung der Größe des tumorfreien Areals, dem prospektiven Restlebergewebe. Für die Beurteilung der Funktionalität des Lebergewebes sind zum anderen die Echogenität der Leber im Ultraschall und die Dichtewerte im CT bedeutsam. In Zusammenschau dieser Indikatoren (Anamnese/ körperliche Untersuchung/Labor/Bildgebung) ist die präoperative Einschätzung der Leberqualität und -funktion in den meisten Fällen hinreichend aussagekräftig und zusammen mit der Volumetrie des prospektiven Restlebergewebes ausreichend etabliert für die Indikationsstellung und Operationsplanung. Die klinischen und laborchemischen Parametern erlauben, den Child-Pugh-Score (CPS) zu errechnen. Patienten mit einem CPS von 7-9 (Klassifikation Child B) sowie höhergradig Vorerkrankte weisen eine klinisch signifikante, mindestens kompensierte portale Hypertension und Lebersynthesestörung auf (Schneider 2004). In solchen Fällen ist im Allgemeinen bereits eine Segmentresektion oder größere atypische Resektion kontraindiziert. Schwieriger hingegen ist die Einschätzung des Risikos einer Hemihepatektomie oder erweiterten Hemihepatektomie bei einer subklinischen Lebergewebsveränderung bis hin zur Zirrhose im Stadium Child A. Solche Patienten, aber auch Patienten mit stattgehabter Chemotherapie oder Steatose haben möglicherweise keinerlei klinische Anzeichen und normale Leberfunktionswerte im Blutlabor. Darüber hinaus ist die Bildgebung hinsichtlich einer Steatose oder Fibrose nicht immer sensitiv.
> Letztlich sind vielfach der intraoperative optische sowie der palpatorische Befund entscheidend und somit abhängig von der Einschätzung des Operateurs, der in einem solchen Fall auch weitere prognostische Faktoren, wie z. B. Alter, Komorbidität und die onkologische Situation in die Entscheidungsfindung für oder gegen eine Resektion berücksichtigt.
Eine Aufklärung des Patienten über eine explorative Laparoskopie und ein vom intraoperativen Befund der Leberqualität abhängiges weiteres Vorgehen ist in vielen Fällen der sinnvollste Weg. Als weiteres Kriterium kann im Rahmen einer Laparoskopie auch eine Leberhistologie zur mikroskopischen Parenchymbeurteilung entnommen werden. Um die Beurteilung der Leberfunktion zu verbessern beziehungsweise zu erweitern, wurden verschiedene Leberfunktionstests etabliert und mit prä- und postoperativen klinischen Parametern korreliert. Die genannten Testverfahren sind aus Sicht der Autoren derzeit nicht hinreichend validiert, um im Algorithmus zur Indikationsstellung und Operationsplanung Verwendung zu finden. Beim Indocyanin-Grün-Retentionstest (ICGR) wird dem Patienten 0,5 mg ICG pro kg KG injiziert. ICG wird biliär ausgeschieden. 15 min nach der Injektion wird die Retention des ICG im Blut (ICGR) spektrophotometrisch gemessen. Propagiert wird dieser Test von einigen Autoren bei Patienten mit einer Leberzirrhose im Stadium Child A zur Entscheidungsfindung, ob eine Hemihepatektomie oder erweiterte Hemihepatektomie vertretbar ist oder ob das mögliche Resektionsausmaß limitiert ist (Poon u. Fan 2005, Fazakas et al. 2006). Problematisch ist, dass die ICGR sowohl von mehreren Faktoren wie Durchblutung, Hepatozytenfunktion und vorhandener Cholestase abhängt und dass die Validität des Tests noch nicht ausreichend durch kontrollierte Studien belegt ist. Bei der Technetium-99m Galaktosyl Serum Albumin Szintigraphie (99mTc-GSA) wird den Patienten ein Bolus von Technetium-99m markiertem Galaktosyl Serum Albumin peripher-venös appliziert und die hepatische Anreicherung mittels einer Gammakamera gemessen. 99mTcGSA bindet spezifisch an Asialoglycoprotein-Rezeptoren, welche auf der Plasma-Membran der Hepatozyten lokalisiert sind. Mit der 99mTc-GSA ergibt sich die zusätzliche, interessante Möglichkeit der Abbildung von Leberfunktion bezogen auf ein bestimmtes Areal, z. B. des prospektiven Leberrestes nach Konditionierung (Schneider 2006, Kwon et al. 2001, Mitsumori et al. 1998). Letztlich muss aber auch diese Methode weiter validiert werden. Weitere Leberfunktionstests sind die Bestimmung der arteriellen Ketonkörper (AKBR), der Hyaluronsäure, die Monoethylglyinexylidine (MEGX) Bildung nach Gabe
8
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Kapitel 8 · Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung
von Lidocain, oder die 11C-Methionon-Positronen-Emissions-Tomografie (PET), eine Messung der Proteinsynthese in vivo.
8.2
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Funktionelle Leberreserve, Volumetrie
Die funktionelle Leberreserve (FLR) ist das funktionelle Lebergewebe, welches nach einer Leberresektion für den Organismus als Anteil des normalen Lebervolumens zur Verfügung steht. Demgegenüber ist die prospektive FLR das geschätzte, wahrscheinliche funktionelle Restlebervolumen, welches im Rahmen der Operationsplanung ermittelt wird. Für die Ermittlung der FLR (in Prozent) ist es bedeutsam, ob vom errechneten Standardlebervolumen (SLV) ausgegangen wird, oder von dem tatsächlichen totalen Lebervolumen (TLV) des speziellen Patienten. Da gezeigt werden konnte, dass es eine erhebliche interindividuelle Schwankung des Lebervolumens gibt, ist es bei kleinen Tumoren ratsam, für die Operationsplanung die FLR auf das individuelle TLV zu beziehen. Dies kann jedoch unter Umständen bei Patienten, die eine tumoröse Durchsetzung größerer Leberabschnitte haben, nicht sinnvoll sein, da dadurch auch die Gesamtlebergröße im speziellen Fall beeinträchtigt wird. > Dabei wird im Falle einer gesunden Leber und einer erweiterten Resektion von einer minimalen benötigten FLR von 25% und in einer vorgeschädigten Leber von 40% ausgegangen (Tucker u. Heaton 2005, Shoup et al. 2003, Vauthey et al. 2000). Eine größere FLR wird benötigt bei Patienten mit Steatose, Fibrose, Zirrhose, eine stattgehabte Chemotherapie oder aber einen Diabetes mellitus.
Letzteres ist jedoch nicht so zu verstehen, dass für jede Form einer Leberschädigung im Vorhinein ein bestimmter »Aufschlag« an individuell benötigter FLR festgelegt werden kann. Selbstverständlich kann eine milde Steatose oder eine stattgehabte Chemotherapie bei normaler Leber nicht mit einer manifesten Leberzirrhose im Stadium Child A, die gleichfalls normale Funktionsparameter aufweist, verglichen werden. In der Festlegung, welche FLR benötigt wird, ist hier wieder in hohem Maße die Erfahrung und letztlich die intraoperative makroskopische und histologische Beurteilung vonnöten. Einige Autoren aus dem asiatischen Raum setzen genau an dieser Stelle einen Leberfunktionstest (ICGR) an und legen anhand dessen fest, wie groß die FLR nach einer Resektion mindestens zu sein hat (Poon u. Fan 2005). Neben dem TLV ist auch die Verteilung des Lebergewebes auf die unterschiedlichen Segmente interindividu-
ell sehr unterschiedlich. So variiert der Anteil des rechten Leberlappens vom TLV von 45% bis 80%. Der Anteil des linken Leberlappens variierte zwischen 15 und 45% des TLV. Der linkslaterale Leberanteil lag zwischen <10% und 25% des TLV. In mehr als 75% der Fälle betrug er unter 20% vom TLV (Abdalla et al. 2004). Aus dem bislang Gesagten resultieren einige einfache Grundlagen der Leberchirurgie: ▬ Bei normalem oder weitgehend intaktem Leberparenchym ist eine Hemihepatektomie links in den allermeisten Fällen möglich, geht man von einer minimalen FLR von 25% aus. ▬ Ebenso ist die Hemihepatektomie rechts im Allgemeinen möglich. ▬ Anders sieht es jedoch im Falle einer erweiterten Hemihepatektomie rechts oder Trisegmentektomie rechts aus; hier würde in den meisten Fällen die akzeptierte minimale FLR von 25% unterschritten. Um das totale Lebervolumen sowie die anatomische Volumenverteilung auch vor dem Hintergrund der individuellen Erkrankung und Vorgeschichte zu detektieren, ist es erforderlich, vor einer geplanten Leberresektion ein aktuelles Bildgebungsverfahren (Computertomografie, Kernspintomografie) zur Verfügung zu haben, mit dem gegebenenfalls eine dreidimensionale Rekonstruktion zur Volumenbestimmung (Volumetrie) eines bestimmten Leberanteils durchgeführt werden kann. Sie ist dann erforderlich, wenn erwartet wird, dass die anatomisch und chirurgisch-technisch angestrebte prospektive Residualleber nach Resektion in den Bereich der minimalen geforderten FLR heranreicht oder diese unterschreitet. In unserer Praxis hat es sich dabei bewährt, dass die Volumetrie des prospektiven Restlebergewebes gemeinsam durch einen Radiologen und Chirurgen, welcher die wahrscheinlichen Dissektionslinien kennt, am elektronischen Basisdatensatz vollzogen wird. Dabei erhält der Chirurg bei einer Durchsicht des gesamten Datensatzes am Monitor einen deutlich besseren Eindruck von der Anatomie der Leber, der Lokalisation der Tumoren in Bezug auf wichtige Gefäße sowie der Leberqualität. Die FLR wird noch über weitere Faktoren beeinflusst: Liegt beispielsweise eine weitgehende tumoröse Durchsetzung eines Areals der Leber vor, so ist davon auszugehen, dass der nicht befallene Anteil eine höhere Funktion aufweist, als er sonst möglicherweise hätte. Konsequenterweise kann bei Bedarf das Resektionsausmaß möglicherweise erhöht werden. Umgekehrt kann in speziellen Fällen der nicht befallene Anteil indirekt durch einen Tumor in Mitleidenschaft gezogen worden sein, sodass die minimale FLR nach einer Resektion größer als normal anzusetzen ist. Dies ist beispielsweise der Fall,
147 8.3 · Präoperative Konditionierung
wenn durch ein intraduktales Karzinom im Bereich des Leberhilus eine Galleabflussbehinderung im prospektiven Restlebergewebe vorhanden ist. Die hierdurch bedingte Cholestase und mögliche Cholangitis können die FLR erheblich minimieren. ! Cave! In der Literatur wurden zur Berechnung des erwarteten SLV verschiedene Formeln beschrieben, die entweder die Körperoberfläche oder das Gewicht des Menschen berücksichtigen sowie darüber hinaus Geschlecht und Alter. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die gefundenen Formeln jeweils nur für die spezifische ethnische Gruppe, die zugrunde gelegt wurde, galten.
So konnte gezeigt werden, dass die Urata-Formel, welche zur Berechnung des SLV 1995 beschrieben wurde (Urata et al. 1995), die Lebervolumina der kaukasischen Menschen als zu klein berechnet (Heinemann et al. 1999, Vauthey et al. 2002). In unserem eigenen Patientengut haben wir mit dem Ziel einer individualisierten und praktikablen Lösung zur Berechnung der minimalen erforderlichen FLR eine Berechnungsformel gewählt, welche in erster Linie das Körpergewicht des Patienten berücksichtigt sowie die Tatsache, dass die Lebermasse normalerweise etwa 2 bis 2,5% vom Körpergewicht ausmacht: der Lebergewebe zu Körpergewichtsindex (remnant liver weight to body weight ratio LWBWR). > Die minimale LWBWR bei gesundem Lebergewebe sollte nach Resektion 0,5% nicht unterschreiten (Broering et al. 2002, Truant et al. 2007).
Als Beispiel: ein Patient mit einem Körpergewicht von 80 kg und einem volumetrisch gemessenen Lebervolumen der linkslateralen Segmente (Segment II und III) von 250 ml benötigt vor einer Trisegmentektomie rechts nach unserer Auffassung eine Konditionierung der linkslateralen Segmente durch eine Pfortaderembolisation, da das minimale geforderte prospektive Restlebergewebe 400 ml betragen müsste. Im Falle von bekannten Vorschädigungen der Leber kann anstatt 0,5% eine minimale LWBWR von z. B. 0,8% oder höher gefordert werden. Tipp
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Für die Verwendung der LWBWR anstelle der FLR vom TLV ist es darüber hinaus ratsam, die Lebermasse nicht automatisch mit Leberfunktion gleichzusetzen.
Würde man beispielsweise bei einem normalgewichtigen Mann mit einem Gewicht von 80 kg vor einer Trisegmentektomie rechts ein linkslaterales Volumen von 450 ml messen, so kann dies neben einer zufälligen günstigen
anatomischen Verteilung auch Ausdruck einer generellen Vergrößerung der Leber sein, und dies wiederum könnte auf das Vorliegen einer Fettleber mit relativ geringerer Funktionskapazität hindeuten. Eine Leberverfettung wiederum kann vermutet werden, wenn in der Computertomographie oder Sonographie der linkslaterale und der rechts-kaudale Rand der Leber nicht scharf zulaufend, sondern abgerundet imponieren. Abnorme Volumenverteilungen einzelner Leberabschnitte oder eine Hypertrophie des Lobus caudatus sind darüber hinaus unter Umständen als verdächtig auf das Vorliegen einer Leberfibrose oder Zirrhose anzusehen. Im Zweifel sollte eine diagnostische Laparoskopie gegebenenfalls mit Biopsie vorgeschlagen werden. Zusammengefasst ist die Ermittlung der prospektiven funktionellen Leberreserve mit Volumetrie vor einer anstehenden formalen Hemihepatektomie bei normaler Leberfunktion nicht erforderlich. Allerdings kann sie bei vorgeschädigter Leber (Fettleber, Fibrose, Chemotherapie, Zirrhose) je nach Einschätzung derjenigen, die Indikation und Operationsplanung vornehmen auch vor einer formalen Hemihepatektomie erforderlich werden. Im Falle einer erweiterten Hemihepatektomie oder Trisegmentektomie ist sie jedoch aufgrund der natürlichen Variationsbreite der anatomischen Lebervolumenverteilung auch bei völlig normaler Leberfunktion indiziert, um zur Verminderung des Risikos eines Posthepatektomie-Leberversagens eine Konditionierung durch Pfortaderembolisation planen und durchführen zu können.
8.3
Präoperative Konditionierung
Es ist generell akzeptiert, dass ein Leberresektionsausmaß, welches die funktionelle Leberreserve von 20-25% unterschreitet, mit einer drastisch erhöhten Morbidität und Mortalität vergesellschaftet ist. Eine kontrollierte randomisierte Studie zur definitiven Klärung, welches Resektionsausmaß am Menschen vertretbar ist, liegt aus naheliegenden Gründen nicht vor. Die hier formulierte und geforderte minimale FLR von 20-25% ergibt sich daher ausschließlich aus Fallanalysen und retrospektiven Fall-Kontrollstudien aus einzelnen Zentren. Der aus einer zu ausgedehnten Resektion resultierende Zustand eines Posthepatektomie-Leberversagens ist bislang nicht einheitlich definiert und in seinen pathophysiologischen Grundlagen noch nicht hinreichend verstanden. Es sind jedoch aus experimentellen und klinischen Untersuchungen eine Reihe von Charakteristika des Posthepatektomie-Leberversagens bekannt. So konnte gezeigt werden, dass es nach einer ausgedehnten Hepatektomie prinzipiell über eine Verminderung des portalen
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Kapitel 8 · Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung
Stromgebietes zu einem relativ erhöhten portalen Fluss kommt, welcher wiederum über eine Reizung der sinusoidalen Endothelien und Kupfferzellen zu einer Freisetzung von inflammatorischen Mediatoren führt. Hierüber könnten zelluläre Signalkaskaden in Gang gesetzt werden, die letztlich in eine Leberzellnekrose einmünden (Trucker u. Heaton 2005, Panis et al. 1997). Weiter wird diskutiert, dass die portale Hyperperfusion eine kompensatorische arterielle Minderperfusion bedingt und dass diese wiederum eine verminderte Mikrozirkulation und verschlechterte Oxygenierung nach sich zieht. Als histologisches Korrelat dieser schädlichen portalen Hyperperfusion wurden Schwellungen der Hepatozyten, Aufweitungen und Blutstau in den Sinusoiden, vergrößerte Zwischenräume zwischen sinusoidalen Endothelzellen, und ein Kollaps des perisinusoidalen Raums gewertet (Panis et al. 1997, Demetris et al. 2006). Eine messbare systemische Auswirkung eines Posthepatektomie-Leberversagens ist die hepatische Koagulopathie, die allerdings durch Substitution von Gerinnungsfaktoren beherrscht werden kann. Weitere Veränderungen sind eine protrahierte Enzephalopathie, die im Einzelfall zu einer drastisch prolongierten postoperativen Ventilationspflichtigkeit führt, sowie ein erhöhtes Risiko für septische Komplikationen. Mit der präoperativen Pfortaderokklusion kann ein Teil des Stresses, der auf der Restleber nach erweiterter Resektion lastet, ohne Risiko für den Patienten gewissermaßen vorweggenommen werden. Die Methode geht auf eine Beobachtung von Rous und Larimore von 1920 zurück, die im Kleintier nach segmentaler Ligatur der Pfortader eine Atrophie des portal-ligierten Areals bei gleichzeitiger kompensatorischer Regeneration des nicht-ligierten Leberanteils fanden. Die Methode, welche zwischenzeitlich in den 70ern als palliative Maßnahme bei Lebertumoren ohne Erfolg evaluiert wurde, ist dann von Makuuchi 1990 in Form einer präoperativen Pfortaderembolisation (PPVE) zur Erhöhung der Sicherheit von erweiterten Hemihepatektomien beschrieben worden (Makuuchi et al. 1990). Seither hat sie sich weltweit durchgesetzt. Im Folgenden sollen einige pathophysiologische Grundlagen der Pfortaderokklusion herausgestellt werden, die hauptsächlich tierexperimentell erhoben wurden und die für das Verständnis dieser Methode essenziell sind. Die Leber zeichnet sich durch ein hohes Maß an Regenerationsfähigkeit nach einem plötzlichen Parenchymverlust, beispielsweise durch akutes Leberversagen oder Hepatektomie, aus. Die pathophysiologischen Grundlagen, die die Regeneration der Leber steuern, wurden und werden seit vielen Jahren erforscht, sind aber in ihrem Zusammenspiel noch nicht vollständig verstanden. Mehrere Faktoren und Einflussgrößen werden anhand experimenteller
und klinischer Daten diskutiert. Zum einen wird der metabolische Stress nach Ausfall von Parenchym als entscheidende Determinante des Regenerationsausmaßes angesehen. Dies wird durch einfache experimentelle Ergebnisse untermauert, die zeigen, dass die Regenerationsdynamik nach einer Hepatektomie vom Ausmaß des Parenchymverlusts abhängt und dass das Ausgangslebergewicht mehr oder weniger wieder hergestellt wird. Weiter ist für die Leberregeneration ein komplexes Zusammenspiel einer Vielzahl von Zytokinen und Wachstumsfaktoren, wie z. B. Interleukin-6 (IL-6), Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α), hepatocyte growth factor (HGF) und transforming growth factor (TGF-) α und β, vonnöten, die wiederum in den unterschiedlichen Zellpopulationen der Leber vielfältige intrazelluläre Mechanismen in Gang setzen (Pahlavan et al. 2006, Traub 2004). Eine plötzliche Veränderung der Hämodynamik im Sinne einer Erhöhung des portalen Flusses und dadurch vermittelte Scher- und Druckkräfte wird weiter als bedeutsamer Triggermechanismus der Regeneration diskutiert (Schoen et al. 2001). Nach der partiellen (70%) Hepatektomie (PH) der Ratte kommt es zu einer schnellen Regeneration innerhalb von ein bis zwei Wochen. Dieser liegen synchronisierte DNA-Synthesepeaks der einzelnen hepatischen Zellpopulationen sowie eine Lebergewebsreorganisation zugrunde, wobei es zu einer messbaren, für den Organismus jedoch nicht kritischen, Leberinsuffizienz kommt. Analog kommt es nach Ligatur von 70% des Pfortaderstromgebiestes der Ratte ebenfalls zu einer Regeneration des nicht-ligierten Anteils, mit einer deutlichen, allenfalls im Vergleich zur PH etwas abgeschwächten mitotischen Antwort. Gleichzeitig schrumpft der ligierte Leberanteil durch Atrophie allmählich innerhalb von 2 Wochen auf ein Viertel seiner ursprünglichen Größe (Lambotte et al. 2000, Mueller et al. 2002). Die metabolischen Auswirkungen für den Organismus hingegen sind hierbei weniger ausgeprägt als bei der PH (Mueller et al. 2003). Deutlicher wird der Unterschied zwischen beiden Methoden, wenn man anstatt 70% einen größeren Leberanteil (z.B. 90%) reseziert bzw. portal okkludiert. Die nach Ligatur durchgeführte Resektion von 90% des Lebergewebes in der Ratte ist mit einer erheblich geringeren Mortalität vergesellschaftet (Nagano et al. 2002). > Es zeigt sich somit, dass die zukünftige Restleber und somit der Organismus durch präoperative Konditionierung geschützt werden. Letztere beinhaltet dabei die vorherige Anpassung an den erhöhten portalen Fluss oder die de facto-Vorwegnahme einer Regeneration, die mit einem passageren Leberfunktionsverlust und einer Lebergewebsreorganisation auf zellulärer Ebene einhergeht.
149 8.3 · Präoperative Konditionierung
In der klinischen Situation liegt diese Form der Konditionierung in manchen Fällen im Stadium der Operationsplanung bereits vor, wenn z.B. ein großer Tumor weitgehend ein bestimmtes Areal der Leber einnimmt und der nicht befallene Leberanteil hypertrophiert. Gelegentlich kann auch ein Pfortaderhauptast durch Tumorwachstum okkludiert sein und es kann kontralateral bereits eine erhebliche Hyperplasie vorliegen. Daher ist es erforderlich, mit der Bildgebungstechnik vor geplanten Resektionen auch die Gefäßsituation zu beachten. In Einzelfällen kann die auf der Tumormanifestation beruhende Konditionierung weitere Maßnahmen überflüssig oder unmöglich machen. > Die Indikation zur präoperativen Konditionierung durch Ligatur oder Embolisation ist gegeben, wenn vor einer erweiterten Hemihepatektomie die Volumetrie die prospektive FLR der Restleber unter den minimal geforderten 25% vorhersagt. Des Weiteren ist sie je nach Einschätzung des Operateurs auch oberhalb von 25% im Falle einer vorgeschädigten oder fibrotisch oder zirrhotisch veränderten Leber gegeben, die prinzipiell jedoch noch keine Kontraindikation zur größeren Resektion darstellt (unterhalb Child Stadium B).
In der Klinik stehen zwei Methoden der präoperativen Konditionierung durch partielle portale Okklusion zur Verfügung: ▬ die portale Ligatur durch Naht sowie ▬ die Pfortaderembolisation Wobei Letztere eine radiologisch-interventionelle Methode darstellt. Die portale Ligatur kann im Rahmen einer explorativen Laparotomie und Präparation des Ligamentum hepatoduodenale und der Pfortadergabel durchgeführt werden. Die Pfortaderembolisation erfolgt perkutan in Lokalanästhesie am Angiografie-Arbeitsplatz unter Zuhilfenahme von jodhaltigem Kontrastmittel. Dabei wird nach Kanülierung und Zugang des Pfortadersystems transhepatisch die Embolisation der relevanten Pfortaderäste mit einem Lipiodol-Histoacrylgemisch vollzogen. In einer retrospektiven Vergleichsstudie zur Effektivität der beiden Verfahren konnte gezeigt werden, dass zwar beide Techniken geeignet sind, die Volumenzunahme nach Pfortaderembolisation jedoch größer ist als nach Ligatur. Bei der Pfortaderembolisation ist der Radiologe in der Lage, eine vollständigere und langstreckigere Okklusion des Pfortaderstromgebietes zu erzeugen, wodurch sich die Möglichkeiten eines Kollateralflusses einschränken. Vor einer anstehenden Trisegmentektomie rechts ist es zudem bedeutsam, die portale Perfusion von Segment IV
zu okkludieren. Da dieses Segment aber portale Zuflüsse sowohl vom rechten als auch vom linken Pfortaderast erhält, ist eine Ligatur nur des rechten Pfortaderastes hier weniger effektiv. Allerdings ist die radiologisch-interventionelle Pfortaderembolisation selbst ein sehr anspruchsvolles Verfahren, welches dem Radiologen ein hohes Maß an Erfahrung abverlangt. Dies ist einer der wesentlichen Gründe dafür zu plädieren, Patienten mit anstehenden erweiterten Resektionen in spezialisierten und erfahrenen Zentren zu behandeln. In unserem eigenen Patientenkollektiv wurde darüber hinaus in Einzelfällen die Schleuse ins Pfortadersystem über eine Mesenterialvene chirurgisch platziert. Der potenzielle Vorteil einer Pfortaderligatur liegt darin, dass diese im Rahmen einer Exploration vorgenommen werden kann und damit dem Patienten eine weitere Intervention erspart bleibt. Zu einer explorativen Laparotomie mit der Option der Resektion, ggf. nach Laparoskopie, kann man sich in vielen Fällen dann entschließen, wenn in der Bildgebung das prospektive Restlebergewebe als wahrscheinlich ausreichend angenommen werden kann. Zeigt dann der intraoperative Befund, dass die Leberqualität oder das tatsächlich vorhandene Volumen der Restleber gegen eine sofortige Resektion sprechen, so ist eine Ligatur und die erweiterte Resektion zu einem späteren Zeitpunkt eine denkbare Alternative. Mit steigenden Fallzahlen und größerer Routine mit der transhepatischen Pfortaderembolisation haben wir diesen Weg in den letzten Jahren jedoch verlassen, hauptsächlich aufgrund des höheren Volumenzuwachses nach Pfortaderembolisation. Die Wartezeit zwischen Konditionierung und Resektion richtet sich derzeit nach dem beobachteten Volumenzuwachs. Wünschenswert wäre es, weitere Parameter zu validieren (z.B. 99mTc-GSA), die außer dem Volumenzuwachs die Funktion des nicht-okkludierten Anteils sicher vorhersagt, da das Volumen möglicherweise nicht allein ausschlaggebend für die Funktionalität sein muss. In aller Regel zeigt sich bereits nach vier bis sechs Wochen eine deutliche Hypertrophie, die durch erneute Volumetrie (durch denselben Untersucher!) dokumentiert werden sollte. Die durchschnittliche Volumenzunahme, umgerechnet auf jeden einzelnen Tag in der Wartezeit lag im eigenen Patientenkollektiv nach Ligatur bei 1,72 ml und nach Pfortaderembolisation bei 3,89 ml (Broering et al. 2002). Die Komplikationsrate und Mortalität beider Methoden ist gering, und eine kritische Leberfunktionsstörung normalerweise nicht zu erwarten. Ein milder Anstieg der Transaminasen in den ersten Tagen nach Pfortaderokklusion ist normal. Viele Patienten entwickeln nach der Pfortaderokklusion erhöhte Temperaturen. Die Komplikationsrate der Pfortaderembolisation wird in der Lite-
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Kapitel 8 · Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung
ratur zwischen 0 und 12% angegeben (Di Stefano et al. 2005, Covey et al. 2005). In der Arbeit mit der höheren Komplikationsrate wurden Fälle beobachtet und als Komplikation gewertet, wo es inzidentell zur Embolisation von Arealen der späteren Restleber kam. Auch Leberhämatome wurden selten beobachtet. Mitentscheidend für ein optimales Ergebnis einer Konditionierung vor einer Resektion, insbesondere bei ikterischen Patienten, sind das Timing und nachträgliche klinische und laborchemische Kontrollen. Hierbei ist eine sofortige Entlastung des Ikterus vor jeder weiteren Konditionierung essenziell, da ikterische Lebern vermindert regenerieren und sich mit der Zeit umbauen, was letztlich die funktionelle Parenchymreserve beeinträchtigt. Ebenso ist anzustreben, möglichst alle Abschnitte des Gallenwegssystems zu drainieren, da nicht drainierte Areale einen septischen Fokus darstellen. Vorgehen der ersten Wahl ist die interne Drainage mittels geeigneter nicht-permanenter Kunststoff-Stents via Endoskopisch-Retrograder-Cholangiografie (ERC). Gelingt dies aufgrund einer vollständigen Verlegung der Gallenwege nicht, so ist sobald als möglich eine Perkutane Transhepatische Cholangio-Drainage (PTCD) durchzuführen. Auch hierbei gilt es, möglichst alle Abschnitte der intrahepatischen Gallenwege zu drainieren. Eine Pfortaderembolisation sollte erst nach einem deutlichen Abfall des Serum-Bilirubins auf etwa 5 mg/ dl erfolgen. Ehemals ikterische Patienten sind in der Zeit zwischen Pfortaderembolisation und Resektion engmaschig ambulant zu überwachen hinsichtlich der Cholestase- und Entzündungsparameter, um ggf. bei einem Anstieg die Drainagemaßnahmen zu überprüfen und zu modifizieren. Zur Detektierung segmentaler oder lobärer Galleabflusshindernisse dienen engmaschige sonographische Kontrollen. Besonders wichtig ist es, sich vor einer Trisegmentektomie zu versichern, dass der prospektive Restleberanteil keine gestauten Gallenwege aufweist, die auch ohne signifikante Bilirubin-Erhöhungen im Labor auftreten können. ! Cave! Ein wichtiger Punkt, der bei der Indikationsstellung zur Konditionierung durch Pfortaderembolisation berücksichtigt werden sollte, ist, dass nach eigenen Erfahrungen etwa ein Drittel der Patienten später nicht reseziert werden kann.
Als Ursache hierfür muss in erster Linie der natürliche Fortgang der Tumorerkrankung angesehen werden. Es ist stets zu berücksichtigen, dass die Indikation zur Pfortaderembolisation meistens bei Patienten erfolgt, bei denen eine relativ fortgeschrittene Metastasierung in der Leber oder etwa ein Klatskin-Tumor vorliegt. Ohnehin
ist die Mehrzahl der Patienten, die zum Beispiel kolorektale Lebermetastasen haben, zum Zeitpunkt dieser Diagnose chirurgisch-technisch nicht operabel. Häufig liegt die spätere Inoperabilität in einer Peritonealkarzinose begründet, die primär mit der Bildgebung nicht detektierbar war. In vielen Fällen ist auch der ortsständiger Fortschritt der Lebermetastasen ausschlaggebend für die spätere Inoperabilität. Hin und wieder reicht auch die Hypertrophierate nach Pfortaderembolisation nicht aus, wodurch sich die Wartezeit und damit die Möglichkeit zum Tumorprogress erhöht. Es wurde in diesem Zusammenhang von einigen Autoren die Hypothese aufgestellt, dass durch die Konditionierung eine Progression der Tumoren im portal okkludierten Areal getriggert werden kann, beispielsweise über eine kompensatorische arterielle Hyperperfusion oder über die Freisetzung tumorwachstumsfördernder Mediatoren oder intrazellulärer Stress-Response-Mechanismen (Kokudo et al. 2001, Mueller et al. 2005). Diese könnte sich dann dahin gehend äußern, dass Patienten nach einer Resektion nach vorheriger Pfortaderembolisation ein niedrigeres (rezidivfreies) Überleben hätten als Patienten ohne vorherige Pfortaderembolisation. Aus unserer eigenen Erfahrung ist ein solcher Zusammenhang nicht bewiesen; er kann aber auch trotz aktueller retrospektiver Untersuchungen (Lindner et al. 2006, Oussoultzoglou et al. 2006) nicht hinreichend ausgeschlossen werden und erfordert sicherlich noch weitere experimentelle und klinische Analysen. Zusammengefasst zeigen diese Bedenken, die zum Teil auch durch klinische Beobachtungen untermauert sind, dass die Indikation zur Pfortaderokklusion nur solchen Fällen vorbehalten werden sollte, die eine solche Maßnahme auch tatsächlich erfordern. In einzelnen, jedoch sehr selektierten Fällen, ist es gelungen, mithilfe der Pfortaderembolisation zwischen 2 Leberresektionen auch Patienten mit ausgedehntem bilobären Befall mit kolorektalen Lebermetastasen zu resezieren. Diese sog. zweizeitige Leberresektion beinhaltet zunächst die Eradikation von einzelnen Lebermetastasen durch atypische Resektionen im später verbleibenden Leberanteil und dann nach Pfortaderembolisation und Hypertrophie die formale Hemihepatektomie oder Trisegmentektomie des hauptsächlich befallenen Leberanteils (Jaeck et al. 2004). > So ist davon auszugehen, dass sich durch den Einsatz mehrmaliger Operationen in Kombination mit der Konditionierung die Limits dessen, was bislang als »resektabel« eingestuft wurde, allmählich weiter verschieben.
Eine wichtige Rolle wird hierbei auch der Einsatz der adjuvanten bzw. neo-adjuvanten Chemotherapie spielen.
151 8.4 · Zusammenfassung
Die Frage, ob und inwieweit eine neo-adjuvante Chemotherapie auch im zeitlichen Zusammentreffen mit einer portalen Okklusion erwogen werden kann, wird derzeit noch kontrovers beurteilt. Es besteht ein breiter Expertenkonsens, dass eine Chemotherapie rechtzeitig vor und zwischen einer Pfortaderembolisation und Resektion ausgesetzt werden sollte, um die Hypertrophieleistung und die Leberqualität nicht negativ zu beeinträchtigen. Allerdings konnten Goere et al. keinen Nachteil einer Chemotherapie mit 5-FU und entweder Oxaliplatin oder Irinotecan, die jeweils eine Woche vor und nach einer Pfortaderembolisation abgesetzt/wieder aufgenommen wurde, im Vergleich zum vollständigen Verzicht der Chemotherapie über einen längeren Zeitraum vor Pfortaderembolisation und nach Resektion bezüglich Hypertrophie und perioperativer Morbidität feststellen (Goere et al. 2006). Somit beinhaltet möglicherweise die Kombinationen aus neoadjuvanter Chemotherapie, Konditionierung mit Pfortaderembolisation sowie mehrzeitiger Resektion ein gewisses Potenzial, die Limits des »machbaren« weiter zu verschieben. Weitere Techniken, die im Zusammenhang mit einer Induktion einer präoperativen Hypertrophie der Restleber vor erweiterten Hemihepatektomien Verwendung fand, sind die arterielle und venöse Embolisation. Erstere beinhaltet eine interventionell-radiologische Embolisation der segmentalen arteriellen Perfusion im später zu resezierenden Areal. Die Methode ist auch zur palliativen Behandlung von Lebertumoren, welche quantitativ vorwiegend arteriell perfundiert sind, evaluiert worden. Die verwandte Chemoembolisation des irresektablen hepatozellulären Karzinoms wird derzeit zur palliativen Behandlung sowie als Bridging-Verfahren bei Patienten, die aufgrund des HCC auf eine Lebertransplantation warten, angewandt. Die arterielle segmentale Embolisation bietet den Vorteil einer guten Zugänglichkeit über die A. femoralis. Letztlich ist sie jedoch weit weniger verbreitet als die portale Okklusion, da ihre Wirksamkeit in Bezug zur Erreichung einer Hypertrophie der späteren Restleber umstritten. Nachteil ist in jedem Fall, dass ein kompletter arterieller Perfusionsausfall zu einer hypoxischen Schädigung der Gallengangsepithelien führt, woraus häufig Cholangitiden und Leberabszesse resultieren. Eine kombinierte segmentale arterielle und portale Embolisation ist ebenfalls an noch zu kleinen Kollektiven beschrieben worden, um über Nutzen und Risiken Aussagen machen zu können (Gruttadauria et al. 2006). Allerdings ist dieser Ansatz sehr interessant im Hinblick auf das Ziel, die Wartezeit zwischen präoperativer Konditionierung und Resektion so kurz wie möglich zu gestalten, unter Inkaufnahme ausgeprägter Nekrosen.
8.4
Zusammenfassung
Die radiologisch-interventionelle Pfortaderembolisation ist derzeit die Standardmethode zur präoperativen Konditionierung, die sich durch größtmögliche Effektivität und zufriedenstellende Sicherheit auszeichnet. Die Volumeninduktion setzt bei ikterischen Patienten eine Galleableitung durch interne oder externe Drainage sowie eine enge ambulante Anbindung und Verlaufsbeurteilung voraus. Indikationsstellung, Operationsplanung, Präkonditionierungsmaßnahmen und die Erstellung eines langfristigen, individualisierten Behandlungsprotokolls bei Patienten mit hepatobiliären Tumoren, der ggf. auch neoadjuvante Chemotherapie miteinschließt, ist als interdisziplinäre Aufgabe zwischen Chirurgen, Radiologen, Gastroenterologen, Onkologen und Endoskopikern zu verstehen.
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8
152
8
Kapitel 8 · Leberfunktion, Parenchymreserve, präoperative Konditionierung
Gruttadauria S, Luca A, Mandala’ L, Miraglia R, Gridelli B (2006) Sequential preoperative ipsilateral portal and arterial embolization in patients with colorectal liver metastases. World J Surg 30:576-8 Heinemann A, Wischhusen F, Puschel K, Rogiers X (1999) Standard liver volume in the Caucasian population. Liver Transpl Surg 5:366-8 Jaeck D, Oussoultzoglou E, Rosso E, Greget M, Weber JC, Bachellier P (2004) A two-stage hepatectomy procedure combined with portal vein embolization to achieve curative resection for initially unresectable multiple and bilobar colorectal liver metastases. Ann Surg 240:1037-49 Kokudo N, Tada K, Seki M, Ohta H, Azekura K, Ueno M, Ohta K, Yamaguchi T, Matsubara T, Takahashi T, Nakajima T, Muto T, Ikari T, Yanagisawa A, Kato Y (2001) Proliferative activity of intrahepatic colorectal metastases after preoperative hemihepatic portal vein embolization. Hepatology 34:267-72 Kornprat P, Jarnagin WR, Gonen M, Dematteo RP, Fong Y, Blumgart LH, D’Angelica M (2007) Outcome after hepatectomy for multiple (four or more) colorectal metastases in the era of effective chemotherapy. Ann Surg Oncol 14:1151-60 Kwon AH, Matsui Y, Ha-Kawa SK, Kamiyama Y (2001) Functional hepatic volume measured by technetium-99m-galactosyl-human serum albumin liver scintigraphy: comparison between hepatocyte volume and liver volume by computed tomography. Am J Gastroenterol 96:541-6 Lambotte L, Li B, Leclercq I, Sempoux C, Saliez A, Horsmans Y (2000) The compensatory hyperplasia (liver regeneration) following ligation of a portal branch is initiated before the atrophy of the deprived lobes. J Hepatol 32:940-5 Lindner P, Cahlin C, Friman S, Hafstrom L, Klingenstierna H, Lonn L, Olausson M, Rizell M (2006) Extended right-sided liver resection for colorectal liver metastases--impact of percutaneous portal venous embolisation. Eur J Surg Oncol 32:292-6 Madoff DC, Hicks ME, Vauthey JN, Charnsangavej C, Morello FA Jr, Ahrar K, Wallace MJ, Gupta S (2002) Transhepatic portal vein embolization: anatomy, indications, and technical considerations. Radiographics 22:1063-76 Makuuchi M, Thai BL, Takayasu K, Takayama T, Kosuge T, Gunven P, Yamazaki S, Hasegawa H, Ozaki H. (1990) Preoperative portal vein embolization to increase safety of major hepatectomy for hilar bile duct carcinoma: A preliminary report. Surgery 107:521-27 Mentha G, Majno PE, Andres A, Rubbia-Brandt L, Morel P, Roth AD (2006) Neoadjuvant chemotherapy and resection of advanced synchronous liver metastases before treatment of the colorectal primary. Br J Surg 93:872-8 Mitsumori A, Nagaya I, Kimoto S, Akaki S, Togami I, Takeda Y, Joja I, Hiraki Y (1998) Preoperative evaluation of hepatic functional reserve following hepatectomy by technetium-99m galactosyl human serum albumin liver scintigraphy and computed tomography. Eur J Nucl Med 25:1377-82 Mueller L, Broering DC, Meyer J, Vashist Y, Goettsche J, Wilms C, Rogiers X (2002) The induction of the immediate-early-genes Egr-1, PAI-1 and PRL-1 during liver regeneration in surgical models is related to increased portal flow. J Hepatol 37:606-12 Mueller L, Goettsche J, Abdulgawad A, Vashist YK, Meyer J, Wilms C, Hillert C, Rogiers X, Broering DC (2005) Tumor growth-promoting cellular host response during liver atrophy after portal occlusion. Liver Int 25:994-1001 Mueller L, Grotelueschen R, Meyer J, Vashist YK, Abdulgawad A, Wilms C, Hillert C, Rogiers X, Broering DC (2003) Sustained function in atrophying liver tissue after portal branch ligation in the rat. J Surg Res 114:146-55
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9
Lagerung und Zugangswege in der Leberchirurgie P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Birth
9.1
Lagerung
– 154
9.2
Zugangswege
9.2.1
Inzisionen – 154
– 154
154
Kapitel 9 · Lagerung und Zugangswege in der Leberchirurgie
9.1
Lagerung
Jede Lagerung des Patienten sollte auf der einen Seite eine optimale Exposition des Situs gewährleisten, auf der anderen Seite sicherstellen, dass der Patient auch bei mehrstündigen Operationen keinen Schaden nimmt. Im eigenen Vorgehen wird eine leicht überstreckte Rückenlagerung mit Auslagerung des rechten Arms bevorzugt (⊡ Abb. 9.1). Durch die Benutzung einer Lagerungsrolle bzw. eines aufblasbaren Kissens unter dem unteren Thoraxbereich auf Höhe des Xiphoids zur Betonung der dorsolumbalen Lordose kann eine verbesserte Exposition der Oberbauchorgane erreicht werden. > Immer dann, wenn ein Eingriff an den Gallewegen geplant oder möglich ist, sollte ein Operationstisch verwand werden, der eine intraoperative Röntgenuntersuchung (Cholangiographie) zulässt.
9
Die Fixierung des Patienten muss dabei jederzeit eine Drehung des Operationstisches in die linke oder rechte Halbseitenlage zulassen. Bei ausgedehnten Rechtsresektionen mit thorakaler Erweiterung wird der Patient nahe der rechten Tischkante gelagert und der rechte Arm an einem Querbügel vor dem Kopf befestigt. Der sterile Bereich dehnt sich von der hinteren Axillarlinie über das gesamte Abdomen bis zur unteren Thoraxapertur aus.
9.2
Zugangswege
9.2.1
Inzisionen
Die Wahl des operativen Zugangs wird wesentlich vom geplanten operativen Vorgehen bestimmt. Zu beachten ist dabei, dass gerade in der Metastasenchirurgie häufig
⊡ Abb. 9.1 Lagerung
eine Änderung des Operationsausmaßes aus dem tatsächlichen Situs gegenüber der präoperativen Bildgebung resultiert. Im Prinzip kommen drei Inzisionstypen in Betracht. Die L-förmige Inzision, die Mercedes-Stern-Inzision und die mediane Längsinzision (⊡ Abb. 9.2).
L-förmige Inzision Als Standardzugang kann die L-förmige rechtsseitige Oberbauchlaparotomie bzw. J-Inzision angesehen werden, über die alle Standardresektionen an der Leber durchführbar sind. Hierfür wird ein rechtsseitiger subcostaler Rippenbogenrandschnitt angelegt, welcher in der Medianen bis zum Xyphoid verlängert wird. Der Operateur steht auf der rechten, beide Assistenten auf der linken Patientenseite. Der Zugang wird durch ein selbsthaltendes Retraktorsystem erweitert. Durch Kippung des OP-Tisches nach links kann die Zugänglichkeit der rechten dorsalen Abschnitte verbessert werden. Eine abdominothorakale Zugangserweiterung kann z.B. bei einer transdiaphragmalen Tumorausdehnung oder einem V. cava-Ersatz mittels einer schräg nach laterokranial verlaufenden transcostalen Inzision rasch die Übersicht optimieren.
Mercedes-Stern Inzision: Eine Erweiterung der L-förmigen Inzision ist die quere Oberbauchlaparotomie mit Erweiterung in der Medianlinie bis zum Xyphoid (Mercedes-Stern-Inzision). Dieser Zugang galt früher als Standardinzision ist jedoch lediglich bei überdimensionalen Tumoren insbesondere des linken Leberlappens bzw. zur Lebertransplantation erforderlich. Nachteilig ist die erhöhte Rate an Narbenhernien insbesondere im zentralen Zusammentreffen zwischen Quer- und Längsinzision.
155 9.2 · Zugangswege
Mediane Längsinzision: Dieser Zugang, beschränkt auf den Oberbauch, ist bei umschriebenen Resektionen insbesondere der linkslateralen Segmente oft ausreichend. Der wesentliche Vorteil besteht zudem in der Möglichkeit der Schnitterweiterung nach kaudal. Die mediane Laparotomie bietet somit bei simultaner operativer Versorgung eines extrahepatischen Primarius und vorhandener Lebermetastasen (z.B. kolorektales Karzinom mit synchroner Lebermetastasierung) eine gute Alternative. Nachteilig ist die eingeschränkte Zugänglichkeit der Leber, insbesondere der rechtslateralen Areale, sowie eine erhöhte Rate von Narbenhernien gegenüber Querinzisionen. Die pararektale bzw. transrektale Längsinzision bietet keine Vorteile gegenüber der Medianlaparotomie, kann schlechter erweitert werden und sollte aufgrund der möglichen Denervation der Bauchmuskulatur nicht mehr durchgeführt werden.
1 3
2
⊡ Abb. 9.2 Zugangswege. 1 L-förmige Inzision, 2 Mercedes-SternInzision, 3 mediane Längsinzision
9
10
Klassifikation und Technik der Leberresektion M. Birth, P. Hildebrand
10.1
Allgemeine operative Schritte und präparatorisches Vorgehen – 157
10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4
Lebermobilisation und Situsexploration – 157 Leberhiluspräparation – 157 Pringle-Manöver und totale vaskuläre Okklusion – 158 Abgangsoperation – 159
10.2
Resektionsverfahren
– 159
10.2.1 Enukleationen und atypische Leberresektionen 10.2.2 Anatomische Leberresektionen – 161
– 159
157 10.1 · Allgemeine operative Schritte und präparatorisches Vorgehen
Leberresektionen sind mittlerweile gut standardisierte Operationen, die sich in eine Reihe einander abfolgende operationstechnische Einzelschritte untergliedern lassen: ▬ Lagerung und Zugang ( Kap. 9) ▬ Exploration und intraoperative Sonographie ( Kap. 4.4) ▬ Mobilisation der Leber ▬ Präparation im Lig. hepatoduodenale/Leberhilus ▬ Präparation der Lebervenen incl. Einmündung in die V. cava ▬ Dissektion des Leberparenchyms ▬ Versorgung der Resektionsfläche ▬ Fakultativ: Anlage biliodigestiver Anastomose(n) ▬ ggf. Refixation der Restleber, Spülung, Drainage, Abdomenverschluss Außer der Präparation von Leberhilus und Lebervenen, auf die bei umschriebenen Minor-Resektionen verzichtet werden kann, sind o.g. Operationsschritte bei jeder Major-Resektion obligat.
10.1
Allgemeine operative Schritte und präparatorisches Vorgehen
10.1.1
Lebermobilisation und Situsexploration
extrem hilfreich sein. Bei der Dissektion des kleinen Netzes ist streng auf eine akzessorische linksseitige Leberarterie zu achten. Die Durchtrennung der rechtsdorsalen Ligamenta ist bis auf die V. cava auszudehnen. Die rechte Nebenniere ist nach dorsal abzupräparieren, ggf. müssen einmündende Nebennierenvenen abgesetzt werden. Von kaudal nach kranial teils scharf, teils stumpf präparierend wird der venöse Blutleiter langstreckig semizirkulär freigelegt. Kleinere direkt in die Hohlvene ziehende Äste werden dabei mit Metallclips oder zarten Durchstichligaturen versehen und durchtrennt. Die ausreichende Exposition der Einmündung der rechten Lebervene in die retrohepatische Hohlvene gelingt erst nach Durchtrennung des Lig. venae cavae, welches von Unerfahrenen mit der rechtsseitigen Lebervene verwechselt werden kann. Anschließend wird das Peritonealblatt über dem suprahepatischen, subphrenischen Hohlvenenabschnitt inzidiert und die Mündung der Lebervenen dargestellt. Vorteilhaft für die Kontrolle venöser Rückblutungen ist das Unterfahren und Anschlingen der zu resezierenden Vene. Dies ist jedoch keinesfalls zu erzwingen, insbesondere der Versuch die Vene von dorso-kaudal mit dem Overholt zu umfahren ist verletzungsträchtig. Nur ein besonders subtiles Vorzugehen vermeidet zentrale Venenverletzungen und damit stärkere, schlecht zugängliche Blutungen.
10.1.2
Nach Durchtrennung der Ligamenta teres hepatis et falciforme und Situseinstellung mit geeigneten Haltesystemen ist zu Beginn jeder Leberresektion durch Exploration der gesamten Peritonealhöhle mit großzügiger Indikation zur Schnellschnittuntersuchung ein extrahepatischer Tumor auszuschließen. Dem folgt das systematische sonographische Durchscannen des gesamten Leberparenchyms, um weitere präoperativ unerkannte Tumoren zu verifizieren. Solche finden sich trotz Verbesserungen von CT und MRT bei Einsatz sonographischer High-End-Geräte und entsprechender Erfahrung des Untersuchers in bis zu 35% der Fälle (Birth u. Weiser 2000). Ergeben sich daraus keine Kontraindikationen zur Resektion, so gilt es, sonographisch die Lagebeziehung des Tumors zu den vaskulären Strukturen zu klären, um unter Mitberücksichtigung des makroskopischen Leberaspektes über die operative Strategie definitiv zu entscheiden. Im eigenen Vorgehen schließt sich die Mobilisation zumindest der zu resezierenden Leberhälfte an, wobei die Indikation zu einer umfassenden Mobilisation der gesamten Leber großzügig gestellt wird. Das Mobilisationsausmaß wird zwar wesentlich durch das geplante Resektionsausmaß bestimmt, ein mehr an Mobilisation kann jedoch gerade in Notfallsituationen bei massiver Blutung
Leberhiluspräparation
Die Hilusphase beginnt im eigenen Vorgehen mit der Lymphadenektomie des Lig. hepatoduodenale ( Kap. 13). Unter Berücksichtigung möglicher anatomischer Variationen werden die Aufzweigungen von Gallengang, Leberarterie und Pfortader dargestellt und in Abhängigkeit vom geplanten Vorgehen ggf. angezügelt (⊡ Abb. 10.1). Die Präparation der ligamentären Arterien sollte streng auf der Adventitia des Gefäßes erfolgen. Lymphgefäße und nervale Strukturen sowie kleinere Venen werden bipolar koaguliert oder zwischen feinen Ligaturen, respektive Clips alternativ mit Versiegelungssystemen, durchtrennt. ! Cave! Zurückhaltung ist mit der Präparation und insbesondere der Anwendung von Stromkoagulation in Nähe des Gallenganges zu waren, um eine Denudierung und sekundäre Leckage bzw. Striktur zu vermeiden.
Ein probeweises Ausklemmen der vaskulären Strukturen kann bestehende Zweifel in der Versorgungszuordnung ausräumen, wobei regelhaft nur bei gleichzeitiger arterieller und portalvenöser Blockade eine entsprechende Demarkierung auf der Leberkapsel zu erreichen ist (⊡ Abb. 10.2). Bringt dieses Vorgehen keine ausreichende
10
158
Kapitel 10 · Klassifikation und Technik der Leberresektion
die portalen Gefäßstrukturen vom umgebenen Bindegewebe gut trennen und schrittweise »entwickeln«. Nicht selten entspringen in diesem Bereich bereits kleinere Abgänge, deren Durchtrennung oft erst eine gute Exposition des jeweiligen Pfortaderastes zulässt. Hierfür sollten feine Stechungen (6/0) und keinesfalls Metallclips verwandt werden, sofern eine Pfortader-Durchtrennung mit Staplern geplant ist ( Kap. »Parenchymdurchtrennung«).
10.1.3
⊡ Abb. 10.1 Arteria hepatica dextra dorsal (!) der Pfortader kreuzend
10
⊡ Abb. 10.2 Demarkation in der Cantlie-Linie nach Durchtrennung von A. hepatica sinistra und linken Pfortaderast vor geplanter Hemihepatektomie links
Sicherheit, so müssen weiter bestehende Unklarheiten durch eine intraoperative Duplexsonographie bzw. auch Angiographie zweifelsfrei ausgeräumt werden, da Fehler in dieser OP-Phase dramatische und potenziell letale Folgen haben können. Bei der portalvenösen Präparation ist zu berücksichtigen, dass der rechte Hauptast sich als fast geradlinige Verlängerung der Pfortader fortsetzt, während der linke Ast in einem nahezu rechten Winkel aus der Pfortadergabel hervorgeht. Die präparatorische Darstellung des rechten Portalastes erfolgt von rechts und ventral, die des linken vorzugsweise kombiniert von links und rechts. Durch ein vorsichtiges stumpfes Abdrängen bis »Ausrollen« der Gefäßwand mit einem kleinen Präpariertupfer lassen sich
Pringle-Manöver und totale vaskuläre Okklusion
Im Anschluss wird das Ligamentum hepatoduodenale für ein späteres eventuelles Pringle-Manöver angezügelt, wobei wir vorzugsweise den Ductus choledochus aussparen, um eine akzidentelle Druckschädigung des selbigen auszuschließen. Das Ausklemmen des Leberhilus trägt wesentlich zur Verminderung des Blutverlustes bei, sollte jedoch bei signifikanter Vorschädigung des Leberparenchyms, insbesondere Zirrhose, sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Ist eingriffsbedingt mit einer längeren (>30 min) Dissektionsphase zu rechnen, reduzieren die intermittierende Hilusokklusion (Wechsel zwischen 15-minütigem Abklemmen und 5- bis 10-minütiger Reperfusion) bzw. das »ischemic preconditioning« (initial 10-minütiges Abklemmen mit 5- bis 10-minütiger Reperfusion vor der abschließenden Pringle-Phase) die durch Ischämie und Reperfusion bedingte Parenchymschädigung einschließlich sekundärer pulmonaler Schäden im Vergleich zu einem kontinuierlichen Abklemmen (Scheele 2001, Belghiti et al. 1999, Nilsson et al. 2000, Clavien et al. 2003). Eine medikamentöse Präkonditionierung u.a. mit Antioxidantien scheint ähnlich positive Effekte zu bewirken, muss jedoch klinisch noch weiter evaluiert werden (Clavien et al. 2007a). Im eigenen Vorgehen wird um so zurückhaltender »gepringlet«, je ausgedehnter reseziert wird, um den verbleibenden unter Umständen nur geringen Leberrest nicht zusätzlich zu schädigen. Insbesondere bei Hemihepatektomien und erweiterten Resektionen verzichten wir im Normalfall vollständig auf jede Ausklemmung. Im Einzelfall kann hier auch ein partielles Pringle-Manöver (z.B. Hemi-Pringle) sinnvoll sein (Belghiti et al 2006). > Auch wenn ein Pringle-Manöver prinzipiell nicht geplant ist, ist eine standardmäßige lockere Anzügelung des gesamten Lig. hepatoduodenale zu empfehlen, um im Falle einer Inflow-bedingten Massenblutung durch sofortiges Anziehen des Zügels den Gesamtblutverlust reduzieren zu können.
Ausgedehntere Resektionen, aufwendige intraparenchymale Präparationen und insbesondere Resektionen und
159 10.2 · Resektionsverfahren
Ersatz größerer venöser Gefäße bzw. der V. cava selbst können eine totale vaskuläre Okklusion (TVO) sinnvoll machen. Dazu ist neben der oben beschriebenen inflowOkklusion eine Blockade des venösen Rückstroms erforderlich, was am einfachsten und sichersten durch ein Anzügeln und Ausklemmen der V. cava inferior ober- sowie unterhalb der Leber erfolgt. Zusätzlich sind venöse Äste der Nebennieren, welche direkt in die Hohlvene drainieren, zu unterbrechen, da deren Perfusionsvolumen nicht unerheblich ist. Eine gleichzeitige inkomplette InflowOkklusion ist unbedingt zu verhindern, um eine massive Stauung der Leber zu vermeiden. Voraussetzung für den Einsatz der TVO ist, dass der Patient eine Unterbrechung des kompletten unteren venösen Rückstroms toleriert. Diesbezüglich ist eine enge Absprache mit dem Anästhesisten erforderlich. Ist voraussichtlich eine längere TVO erforderlich, sollte ein passagerer venöser Bypass von unterer zu oberer Körperhälfte angelegt werden. Zu beachten ist auch, dass der ischämische Schaden der Leber durch das Fehlen einer retrograden venösen Leberperfusion gegenüber einem Pringle-Manöver deutlich größer ist (Lang et al. 2007, Belghiti et al. 2006). Die alleinige präparatorische Unterminierung und Anzügelung aller 3 großen Lebervenen ist nicht nur aufwendig, sondern auch gefährlich hinsichtlich einer Massenblutung (s.o.). Zudem erfolgt ein unterschiedlich großer Anteil der venösen Leberdrainage über bis zu 20 Venen aus den dorsalen Parenchymanteilen direkt in die untere Hohlvene. Da jedoch der Blutfluss in der V. cava bei diesem Vorgehen unbeeinträchtigt bleibt, stellt es eine Alternative zur TVO dar, wenn deren hämodynamische Konsequenzen nicht toleriert werden.
10.1.4
Abgangsoperation
Nach Durchführung ausgedehnter rechtsseitiger Resektionen muss vor Verschluss der Laparotomie eine Fixierung des verbliebenen Leberrestes an der ventralen Bauchwand (Naht des Lig. falciforme hepatis mit 1-2 Einzelstichen) erfolgen. Dieses Vorgehen verhindert eine Verlagerung des linksseitigen Restparenchyms in den rechten Oberbauch bzw. ein Abkippen mit gefährlicher Torquierung der hilären Gefäßachse und nachfolgendem delitären Pfortaderverschluss. Abschließend wird im eigenen Vorgehen das Omentum majus an die Resektionsfläche geschlagen, um dessen immunologische und resorbierende Kompetenz zu nutzen. Gegebenenfalls ist dazu die Präparation einer gestielten Netzplastik erforderlich. Art und Ausmaß der Drainageneinlage differieren nach Schrifttumsangaben erheblich. Daten der Arbeits-
gruppe um Fong und Brennan konnten zeigen, dass bei unkomplizierten Elektivresektionen auf eine Drainage komplett verzichtet werden kann. So wurde in dem untersuchten Patientenkollektiv die Inzidenz interventionspflichtiger Flüssigkeitsansammlungen nicht reduziert, jedoch das Risiko aszendierender Infektionen erhöht (Fong u. Brennan 1996). Im eigenen Vorgehen wird zumindest bei jeder Major-Resektion routinemäßig ein einzelner »Easy-FlowDrain« eingelegt, welcher als postoperative Blutungsdrainage und zur Detektion frühpostoperativer Galleleckagen verwandt und spätestens nach 2-3 Tagen entfernt wird. Auch wenn die Drainage keinerlei Prophylaxe darstellt, wird durch das zeitige Erkennen jegliche Verzögerung zur frühpostoperativen Intervention oder Relaparotomie vermieden. Zugleich können kleinere Gallefisteln, ggf. in Kombination mit einer transpapillären Stentung ausbehandelt werden ( Kap. 19.4).
10.2
Resektionsverfahren
> Die sichere Kenntnis der funktionellen Anatomie der Leber, d.h. der Abgrenzbarkeit hämodynamisch unabhängiger Parenchymbezirke entsprechend der Couinaud-Klassifikation, ist eine conditio sine qua non für jede Leberresektion.
Von Scheele ist eine leichte Modifikation dieser Einteilung vorgestellt worden, die in idealer Weise die möglichen anatomisch-funktionellen Resektionsebenen und entsprechenden chirurgischen Eingriffe definiert (Scheele 2001). Das alleinige Wissen um die Normalverhältnisse ist jedoch nicht ausreichend. Vielmehr muss die auch funktionell höchst variable Anatomie in jedem individuellen Fall intraoperativ »erarbeitet«, d.h. vor Erreichen des »point of no return« mit der notwendigen Sicherheit präparatorisch dargestellt werden. Dies wird umso wichtiger, je mehr man indikatorische und operativ-technische Grenzbereiche auslotet (⊡ Abb. 10.3).
10.2.1
Enukleationen und atypische Leberresektionen
! Cave! Reine Enukleationen sind nur erlaubt und möglich, solange gutartige Tumoren (Hämangiom, FNH) nicht vollständig von Lebergewebe umgeben sind.
Der präparative Einstieg erfolgt direkt an der Grenze zwischen Tumor und gesundem Lebergewebe. Regelhaft liegt
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Kapitel 10 · Klassifikation und Technik der Leberresektion
rechte Leberhälfte
VII
VIII
VI
V
linke Leberhälfte
Ir
II
IVa
IVb
II
III
⊡ Abb. 10.3 Anatomisch-funktionelle Einteilung der Leber nach Scheele
10
⊡ Abb. 10.4 Randständige Wedge-Resektion bei fibrotischen bis zirrhotischen Leberumbau
eine fibröse Tumorkapsel vor, die als Leitstruktur für die weitere Präparation dient. Nicht selten wachsen größere Tumoren unter Verdrängung intrahepatischer Gefäße, sodass nur durch die strenge Einhaltung dieser Präparationsschicht unmittelbar auf der Kapsel eine Verletzung solcher verdrängten Gefäße vermieden werden kann. Die Gewebedissektion sollte unbedingt selektiv ( Kap. 11) erfolgen, vorzugsweise mit dem Ultraschall- oder Hydrojet-Skalpell. Unter atypischen Resektionen werden nur am pathologischen Befund orientierte Resektionen ohne Berücksichtigung funktioneller Grenzen verstanden. Dieses auch als Metastasektomie bezeichnete Verfahren entfernt oberflächliche kleine Herde durch muldenförmige Ausschälungen (Wedge-Resektionen) (⊡ Abb. 10.4) oder rand-
ständige Tumoren durch Keilresektionen (⊡ Abb. 10.5). Dabei sollten vorher die Resektionsgrenzen unter einem angestrebten Sicherheitssaum von etwa 1 cm mittels intraoperativer Sonographie festgelegt werden. Vorteil der atypischen Resektion ist der geringe Verlust funktionsfähigen Leberparenchyms. Konsequenterweise ist es das Vorgehen der Wahl bei einer erheblich vorgeschädigten Leber, insbesondere bei Leberzirrhose. Nachteilig ist das Handling gerade bei nicht randständigen Befunden, sodass Tumoreinrisse und positive Schnittränder häufiger sind als bei anatomischen Resektionen. Zudem drohen tiefere Wedge-Resektionen größere Gefäße oder Gallenwege zu verletzen und nachgeschaltete Parenchymbezirke »funktionell abzuhängen« – mit
161 10.2 · Resektionsverfahren
⊡ Abb. 10.6 Aufgeschnittenes Resektat nach Hemihepatektomie rechts, deutlich erkennbar sind die »sekundären« Satellitenknoten um die »Primärmetastase« a
b ⊡ Abb. 10.5 Keilresektion (a) bei randständiger Metastase und Verschluss des Parenchymdefektes durch Nahtadaptation (b)
der Folge konsekutiver Parenchymnekrosen oder biliärer Stauungsareale. Auch die Blutungsneigung ist bei nicht-anatomischem Vorgehen häufig stärker, wobei der geringe Parenchymverlust ein großzügiges Pringle-Manöver erlaubt, sofern kein struktureller Parenchymdefekt vorliegt. Diese Nachteile und unten genannte onkologische Aspekte ( Abschn. 10.2.2) erklären die Beschränkung auf kleine und randständige bzw. oberflächlich gelegene Befunde.
10.2.2
Anatomische Leberresektionen
> Als anatomische Resektionen bezeichnet man die komplette Entfernung funktionell autonomer Parenchymbezirke die von einem zugehörigen Pedikel (Ast der V. portae, der A. hepatica und des D. hepaticus) versorgt werden.
In Abhängigkeit der Tumorlokalisation zu den größeren Segment- oder Lappengefäßen führt eine Infiltration selbiger zu einer embolischen Verschleppung von Tumorzellen in das zugehörige Segment bzw. verschiedene Segmente des gleichseitigen Leberlappens. Makroskopisches Korrelat einer bereits fortgeschrittenen »sekundären« Metastasierung sind Satellitenknoten um den Hauptbefund (⊡ Abb. 10.6). Auch ohne Satellitenknoten muss nach Yamamoto et al. in 20% mit einer entsprechenden intrahepatischen Streuung gerechnet werden. Diese pathophysiologische Erklärung ist die Basis für die Bevorzugung des anatomischen Vorgehens und erklärt zugleich die Bedeutung der anatomischen Resektion als positiver Prognoseindikator gegenüber einem atypischen Vorgehen, wobei deren Relevanz nach aktuellen retrospektiven Untersuchungen neu hinterfragt werden muss (Zorzi et al. 2006). Entsprechend o.g. Scheele-Klassifikation lassen sich bei die »anatomischen«, d.h in den beschriebenen Grenzebenen verlaufenden Resektionen, folgendermaßen unterteilen: ▬ sektororientierte Resektionen (Hemihepatektomie re./li., linkslaterale und rechtsposteriore Sektorektomie, zentrale Sektorektomien und rechts- bzw. linksseitige Trisektorektomien) ▬ segmentorientierte Resektionen (Mono-, Bi- und Polysegmentektomien, verschiedene Kombinationen) Das Ausmaß der Resektion von Segment I wird in dieser Nomenklatur additiv vermerkt (Scheele 2001). Derzeit noch weit verbreitet und synonym gebraucht sind die Bezeichnungen Bisegmentektomie (laterale oder mit Segmentbezeichnung), Hemihepatektomie links für die linkslaterale Sektor-/Bisegmentektomie, Trisegment-
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162
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Kapitel 10 · Klassifikation und Technik der Leberresektion
Hemihepatektomie rechts
Hemihepatektomie links
rechts anteriore Sektorektomie
rechts posteriore Sektorektomie
links mediale Sektorektomie
links laterale Sektorektomie
erweiterte Hemihepatektomie rechts
erweiterte Hemihepatektomie links
Segmentektomie
Bisegmentektomie
⊡ Abb. 10.7 Schematische Darstellung der anatomischen Leberresektionen (modifiziert nach Clavien et al. 2007b)
ektomie bzw. erweiterte Hemihepatektomie für die Trisektorektomie (⊡ Abb. 10.7).
Segment- und Bisegmentektomien Prinzipiell kann jedes Lebersegment allein oder in Kombination mit anderen Segmenten ohne funktionelle Beeinträchtigung benachbarter Segmente reseziert werden. Dieses gelingt in der Praxis jedoch unterschiedlich gut und kann sehr anspruchsvoll sein (insbesondere Seg. VIII und IVa). Die Segmentgrenzen sind primär auf der Leberkapsel nicht zu erkennen, weiterhin kann die Segmentebene in der Tiefe davon zum Teil erheblich abweichen. Gerade bei Entfernung einzelner zentraler Lebersegmente ist eine präoperative exakte Zuordnung der Gefäße durch eine dreidimensionale Darstellung mit farbiger Segmentzuordnung sehr hilfreich und es gilt, dieses Wissen intraoperativ zu übertragen. Eine vom Leberhilus peripher gerichtete Präparation zum Auffinden der portalen Segmentäste ist sehr aufwendig, verletzungsträchtig und oftmals unpraktikabel. Häufiger werden die Segmentgrenzen unter sonograpischer Sicht definiert und dann eine nach zentral gerich-
tete Parenchymdissektion vorgenommen, bis man auf den in das Segment einstrahlenden Gefäßpedikel trifft, welcher abschließend abgesetzt wird. In Einzelfällen kann eine sonographisch gezielte Punktion des jeweiligen segmentalen Pfortaderastes und Anspritzung mit Methylenblau hilfreich sein. Die großen Lebervenen sind, wenn immer möglich, zu erhalten, da sie die Drainage der benachbarten Segmente gewährleisten. Die Präparation entlang der zentralen Venenabschnitte muss entsprechend subtil erfolgen, um die zahlreichen kleinen Segmentvenenäste clippen und durchtrennen zu können. Keinesfalls sollten minderdurchblutete oder venös gestaute Parenchymbereiche zurückbleiben. Entsprechend ist eine Bisegmentektomie der Segmente VII und VIII nur bei Vorliegen einer kräftigen inferioren Vene direkt in die V. cava erlaubt. Viel einfacher ist die Segment- oder Bisegmentektomie der linkslateralen Segmente, bedingt durch die klare anatomische Grenze entlang der Umbilikalfissur. Nach Durchtrennung der Parenchymbrücke zwischen Segment II/III und IV werden die nach links verlaufenden Segmentäste abgesetzt und anschließend die Parenchymdurchtrennung knapp links des Recessus Rex vorgenom-
163 10.2 · Resektionsverfahren
men. Die linke Lebervene wird dabei am Ende durchtrennt, eine präliminäre Dissektion ist meist verzichtbar. Gerade die linkslaterale Sektorektomie ist eine ideale Indikation zur laparoskopischen Stapler-Resektion, da die Parenchymfläche klein ist, die Resektionsebene gerade und in antero-kaudaler Richtung verläuft und die Vene in gleicher Staplernaht mit versorgt werden kann ( Kap. 11.3). Demgegenüber liegt der technische Anspruch bei der isolierten Segment I-Resektion nicht so sehr in der Abgrenzung zu den Nachbarsegmenten, sondern vielmehr in seiner Zugänglichkeit und der Nähe zur V. cava sowie den linksseitigen Hilusgefäßen, die schonend abpräpariert werden müssen. Neben einem kräftigen linksseitigen Portalast zum Lobus caudatus finden sich in abweichender Zahl und Stärke zumeist auch kleinere Äste direkt aus der Pfortadergabel und/oder dem rechten Ast ( Kap. 1). Diese sind ebenso wie die zahlreichen Spieghel-Venen subtil zu dissezieren, wobei die V. cava abwechselnd von links und rechts exponiert werden muss.
Hemihepatektomie rechts/links Bei geplanter Hemihepatektomie und Vorliegen einer »Normalanatomie« schließt sich am Ende der Hilusphase ( Abschn. 10.1.2) die resektatseitige Durchtrennung des jeweiligen arteriellen und portalen Hauptastes an. Der arterielle Lappenast wird möglichst peripher durchtrennt, um Äste zu den extrahepatischen Gallenwegen zu erhalten. Die Versorgung der Arterie erfolgt mittels Durchstichligatur unter Verwendung von monofilem Nahtmaterial der Stärke 4-0 bis 5-0, alternativ mit Clips. Der portale Hauptast wird im eigenen Vorgehen vorzugsweise mit einem endoskopischen 35 mm-Linear-Vaskularstapler (schmales, gut platzierbares Andruckblatt) versorgt, bei guter Zugänglichkeit mit fortlaufender Naht (Prolene 5/0). Ersteres Vorgehen vermeidet zuverlässig unangenehme Rückblutungen aus dem peripheren, häufig kurzen und z.T. schwer zugänglichen Pfortaderstumpf. Zudem gelingt ein bündiges Absetzen ohne verbleibenden Reststumpf (Cave! Turbulenzen und Thrombose) respektive Einengung der Pfortader. Sicherheit und Zeitgewinn rechtfertigen aus unserer Sicht die zusätzlichen Kosten. Linksseitig bestimmt eine eventuelle Mitresektion von Segment I, ob die Durchtrennung direkt an der Pfortadergabel oder distal des Segment I-Astes erfolgt. Der biliäre Hauptast wird wenn immer möglich offen abgesetzt, auch wenn die Präparation wegen des peribiliären Venengeflechts aufwendig ist. Die nachfolgende Intubation des gegenseitigen Ductus hepaticus mit einer Knopfkanüle bietet anatomische Sicherheit. Erst bei absoluter Eindeutigkeit, deren Erreichung im Einzelfall eine intraoperative Cholangiographie erfordert, wird der zentrale Stumpf mit 6-0 resorbierbarer Naht verschlossen.
⊡ Abb. 10.8 Absetzen der rechten Lebervene vor Einmündung in die V. cava unter Verwendung eines endoskopischen 35 mm-LinearVascular-Staplers
Alternativ bringt die Absetzung des Gallenganges erst nach der Parenchymdurchtrennung relativ sicher ein Erkennen anatomischer Varianten. Durch das Anspritzen des offenen Stumpfes mit Kochsalz können zudem kleine Gallelecks an der Parenchymfläche detektiert und sofort mit feiner Naht verschlossen werden. Nun erfolgt die Durchtrennung der jeweiligen Lebervene, erneut unter Verwendung eines laparoskopischen Endo-GIA (Vascular-Magazin) (⊡ Abb. 10.8), alternativ über Overholt-Klemmen und mit fortlaufender Naht. Ähnlich wie bei der TVO gilt es, eine unangenehme venöse Stauung zu vermeiden, indem nur »korrespondierende« Venen abgesetzt werden, d.h. deren drainierte Leberareale keine Durchblutung mehr aufweisen! In modifizierter Technik nach Belghitis »liver hanging manoeuvre« wird anschließend ein kräftiger Gummizügel dorsal der rechten Leber, direkt rechts der mittleren Lebervene und vor der V. cava nach kaudal zum Leberhilus geführt. Ein dosierter Zug am Zügel hebt die Leber an und exponiert die Dissektionsebene in idealer Weise (Belghiti et al 2001). Nach regelhaft gut ausgeprägter Demarkation in der Cantlie-Linie, wird exakt entlang dieser Grenze die Leberkapsel mit dem Elektrokauter durchtrennt und die Parenchymdissektion angeschlossen.
Erweiterte, zentrale und kombinierte Resektionen Ähnlich wie bei den Rezidivresektionen nach vorausgegangener Major-Leberresektion stellen die erweiterten Resektionen und insbesondere die Lebermittenresektion (Mesohepatektomie) eine besondere Anforderung an das anatomische Verständnis und die operative Kompetenz
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Kapitel 10 · Klassifikation und Technik der Leberresektion
(⊡ Abb. 10.7). Erfahrungen aus der Split-Liver-Technik und der Leberlebendspende haben die Techniken der Leberresektion bereichert und die Indikationsstellungen erweitert. Die Grenze bei der Trisektorektomie rechts (rechts erweiterte Hemihepatektomie) entspricht der Fissura sagitalis sinistra (Fissura umbilicalis). Entsprechend schließt sich an die standardisierte Hilusphase wie bei einer Hemihepatektomie die weitergehende Dissektion entlang dem linken Portalast an. Erst nach Durchtrennung der unterschiedlich starken Gewebebrücke zwischen Segment IV und II/III öffnet sich der Recessus Rex und gibt den Zugang auf die Resektionsebene frei, die entlang der rechten Seite des linken Pfortaderastes beginnt und nach dorso-kaudal entlang dem einstrahlenden Lig. falciforme hepatis verläuft. Von hier gehen die einzeln abzusetzenden Segment IV-Äste retrograd, d.h. von lateral nach medial, ab. Die klare anatomische Grenze erleichtert die Orientierung wesentlich und minimiert das Risiko devitalisiertes Lebergewebe zu belassen. Die mittlere Lebervene wird regelhaft nach Parenchymdissektion durchtrennt und versorgt, wobei ein gemeinsamer Hauptstamm mit der linken Lebervene nicht tangiert werden darf. Bei hilusferner Tumorlokalisation kann relativ dicht an den linksseitigen Hilusstrukturen, aber unter Erhalt des linken Ductus hepaticus, präpariert werden (Cave! akzidentelle Schädigung). Das passagere Einlegen einer Sonde über den offen abgesetzten rechten Hepaticus kann in dieser Phase hilfreich sein (Lang 2007). Bei hilusnaher Tumorlage oder Klatskin-Tumoren schließt sich eine enbloc-Resektion des linken Hepaticus bis zur hilären Platte und dem Abgang des Segment II/III-Gallenganges an. In diesem Fall ist nachfolgend die Anlage einer biliodigestiven Anastomose mit 6/0 resorbierbarer, monofiler Naht vorteilhafterweise unter Verwendung der Lupenbrille erforderlich. Ebenso ist die en-bloc Resektion des Segmentes I in diesem Fall obligat ( Abschn. 10.2.2.1). Zeigt sich am Ende eine Überlänge der Pfortader mit funktionell wirksamen Kinking, so muss ggf. eine Korrektur im Sinne einer Pfortadersegmentresektion vorgenommen werden (Lang 2007). Selbige wird bei der Trisektorektomie aufgrund des Klatskin-Tumors mittlerweile als fester Operationsbestandteil zur Verbesserung der onkologischen Radikalität angesehen. ( Kap. 14.6 »Besonderheiten beim Klatskin-Tumor«, Kap. 7.5 »Gallenwegstumoren«) Noch anspruchsvoller ist eine Trisektorektomie links wegen des schwierigen Auffindens der linkslateralen Sektorgrenze zwischen den Segmenten VI/VII und V/VIII, da diese nicht mit einer klaren anatomischen Landmarke wie linksseitig einhergeht. Auch hier ist die präliminäre Durchtrennung der Äste zum paramedianen Doppelsegment V/VIII vom Leberhilus aus kommend
nicht immer praktikabel. Gelingt dies, kann eine sich ausbildende Demarkationslinie zur Orientierung genutzt werden. Andernfalls muss die Parenchymdurchtrennung primär erfolgen unter strenger Orientierung an den sonographisch dargestellten »landmarks« im Sinne der funktionellen Couinaud-Einteilung. Entscheidend ist die Vermeidung einer Verletzung der rechtslateralen Pfortader- und Segmentäste der A. hepatica dextra, welche im dorsalen Abschnitt der Resektionsebene aufzufinden sind. Trotzdem ist die Gefahr, minderdurchblutetes oder venös gestautes Parenchym zu belassen, bei Resektionen in dieser Ebene am größten. Deshalb müssen durch die präoperative Diagnostik relevante Pfortadervarianten unbedingt aufgedeckt werden. Intraoperativ gilt es zu beachten, dass die Resektionsebene nahezu frontal verläuft und im kranialen Abschnitt der linken Seite der rechten Lebervene folgt. Im Ergebnis wird eine wesentlich größere Resektionsfläche als nach erweiterter Rechtsresektion hinterlassen. Zu berücksichtigen sind auch die z.T. extrem schmalkalibrigen Segmentgallengänge VI und VII, welche zumeist separat, ggf. als gemeinsamer Bisegmentgallenast an einer Jejunalschlinge anastomosiert werden müssen. Konsequenterweise führen erweiterte Resektionen immer zu einem postoperativen passageren Pfortaderhochdruck, da das gesamte hepatische Blutvolumen nunmehr durch das Stromgebiet zweier lateraler Segmente gepresst wird. Dies ist bei Bewertung der Drainagemengen und im postoperativen Flüssigkeitsmanagement zu berücksichtigen. Die Lebermittenresektion (Mesohepatektomie, Resektion der zentralen Segmente IVa/b, V und VIII ± I) stellt eine Alternative zur erweiterten Leberresektion dar (⊡ Abb. 10.9). Vorteilhaft ist der geringere Leberparen-
⊡ Abb. 10.9 Situs nach Mesohepatektomie, deutlich erkennbar auf der rechtsseitigen Schnittfläche sind die Segmentgallengänge zu den Segmenten VI und VII
165 10.2 · Resektionsverfahren
chymverlust, sodass ihr bei grenzwertigem Residualvolumen der Vorzug gegeben werden sollte, stellt doch das postoperative Leberversagen gerade bei erweiterten Rechtsresektionen die relevanteste Letalitätsursache dar. Neben dem hohen operationstechnischen Anspruch liegt der Nachteil der Mesohepatektomie in der langen Operationszeit und insbesondere den großen Resektionsflächen, die konsekutiv ein erhöhtes Risiko von Gallefisteln mit sich bringen. Dieses ergibt sich zusätzlich durch die Mehrzahl notwendiger Gallengangsanastomosen bei gleichzeitiger zentraler en-bloc-Hepaticusgabelresektion (⊡ Abb. 10.7). Die Operation setzt sich aus den oben beschriebenen Einzelschritten bei links- bzw. rechtsseitiger Trisektorektomie zusammen. > Eine Kombination verschiedener anatomischer Resektionen ist prinzipiell häufig möglich und immer gegenüber einer erweiterten Resektion abzuwägen. Anderseits kann auch hier die Ausweitung der Parenchymdissektionsflächen die potenzielle Komplikationsrate bezüglich Nachblutung, Gallenfistel und Wundrandnekrose erhöhen.
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10
11
Parenchymdissektionsverfahren M. Birth, P. Hildebrand
11.1
Selektive Parenchymdissektion
11.2
Nicht-selektive Parenchymdissektion – 167
11.2.1 RFA-unterstützte Resektion – 167 11.2.2 Staplerhepatektomie – 168 11.2.3 Dissektion mit dem LigaSure® – 168
– 167
167 11.2 · Nicht-selektive Parenchymdissektion
Für die eigentliche Durchtrennung des Lebergewebes steht eine Reihe von Dissektionsverfahren zur Verfügung. Grundsätzlich ist zwischen selektiver Dissektion, d.h. Zerstörung der Hepatozyten unter Belassen der Gangstrukturen und nicht-selektiven Verfahren ohne Möglichkeit der Gewebediskriminierung zu unterscheiden. Alle Verfahren weisen Vor- und Nachteile auf und der Einsatz sollte von Befundlokalisation, Resektionsausmaß und Gewebebeschaffenheit, aber auch von der Erfahrung des Operateurs und letztlich Verfügbarkeit abhängig gemacht werden. Unabhängig von der Art der Parenchymdissektion kann, neben der schon erwähnten Absenkung des ZVD und einem Pringle-Manöver, die manuelle Kompression der Leber den Blutverlust während der Dissektion reduzieren (Belgithi et al. 2006).
11.1
Selektive Parenchymdissektion
! Cave! Immer dann, wenn in der Nähe unbedingt zu erhaltener oder wegen einer geplanten Anastomose darzustellender intrahepatischer Gefäße und/oder Gallenwege disseziert wird, ist eine selektive Parenchymdurchtrennung zu bevorzugen, da nur so eine tatsächliche Kontrolle über die Strukturen möglich ist.
Die 1958 erstmals von Lin beschriebene »fingerfracture«Technik hat in der modernen onkologischen Leberchirurgie keinen Platz mehr, da das grobe Vorgehen Einrisse an der Resektionsfläche hinterlässt, die bei Tumornähe zu einer R1-Situation führen können (Lin et al. 1958). Darüber hinaus gibt diese Technik die Möglichkeit der Schonung und gezielten Versorgung kleinerer Gangstrukturen unnötig preis, was Nachblutungen und Gallefisteln Vorschub leistet. Nicht zuletzt kann die unregelmäßige Resektionsfläche mit minderperfundierten Arealen Ursache postoperativer Nekrosen und Abszesse an der Resektionsfläche sein. Eine Weiterentwicklung stellt die Crush-Clamp-Technik dar, bei der das Lebergewebe mit einem feinen Klemmchen zerdrückt wird und die dabei zurückbleibenden Gangstrukturen selektiv mit Naht oder Clip versorgt werden. Dieses kann auch mit den Branchen einer Schere oder dem Ultracision-Haken erfolgen, wobei in Abhängigkeit von der gewählten Energie auch größere Gefäße durchtrennt werden. Von den selektiven Verfahren wird im eigenen Vorgehen der Ultraschalldissektor favorisiert, wobei ergonomisch geformte, abgewinkelte Handstücke (Fa. Söring) ein exzellentes Arbeiten erlauben. Dieses Vorgehen hinterlässt eine saubere Schnittfläche unter Schonung re-
levanter Strukturen, die wir mit Titanclips verschließen und anschließend durchtrennen. Dies gilt auch für den Hydrojet-Dissektor, der bei 30-50 bar Schneidedruck ein zügiges Vorgehen gestattet. Rau et al. fanden 2001 in einer umfangreichen klinischen Studie Vorteile für den Jet-Cutter gegenüber den anderen selektiven Verfahren bezüglich einer Verkürzung von Resektions- und PringleZeit und signifikant geringerem Blutverlust (Rau et al. 2001).
11.2
Nicht-selektive Parenchymdissektion
Aufgrund der komplexen intrahepatischen Gefäßstruktur ist eine einfache Durchtrennung des Lebergewebes ohne gleichzeitige Versiegelung nur unter heftiger Blutung möglich. Im Bereich der Leberperipherie ist eine Dissektion mit monopolarem Koagulationsstrom, aber auch mit der Ultracision®-Schere gut möglich. Bereits ab einer Eindringtiefe von 1,5-2 cm werden jedoch größere Gefäße nicht mehr zuverlässig verschlossen, sodass Blutungen umstochen werden müssen. Neuere Verfahren, wie beispielsweise der »floatingball«, dessen Wirkprinzip der von Yamamoto entwickelten bipolaren Kauterpinzette mit Wasserzulauf (Yamamoto et al. 2001) entspricht, konnten sich nicht durchsetzen.
11.2.1
RFA-unterstützte Resektion
Interessant ist die 2002 erstmals von der Arbeitsgruppe um Nagy Habib beschriebene RFA-unterstützte Resektion (Weber et al. 2002). Der sogenannte HabibSealer® entspricht einem Handstück mit 4 quadratisch angeordneten Einzelsonden, die als bipolare Radiofrequenzsonden wirken und einen Stromfluss jeweils zwischen 2 Einzelsonden ermöglichen. In Analogie zur RFA-Tumor-Ablation erfolgt damit zunächst eine Thermokoagulation einer etwa 1-2 cm breiten Parenchymbrücke im Verlauf der geplanten Resektionsfläche. Im Anschluss wird das koagulierte Gewebe etwa in der Mitte vorzugsweise mit dem Skalpell durchtrennt, sodass zu beiden Seiten eine Koagulationszone verbleibt (⊡ Abb. 11.1). Durch diese »prädissektive« Thermokoagulation kann der Blutverlust deutlich reduziert werden. Insofern scheint der Einsatz gerade bei vulnerablen und/oder zu Blutungen neigenden Leberparenchymverhältnissen (Zirrhose, erhebliche Steatosis, Zustand nach Chemotherapie) sinnvoll. Nach Erfahrung des Heraus-
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168
Kapitel 11 · Parenchymdissektionsverfahren
Leberpforte muss strikt abgeraten werden, da eine thermokoagulatorische Schädigung zu erhaltener Strukturen droht. Mittlerweile existiert bereits eine laparoskopische Variante, deren Evaluierung mit Spannung abzuwarten bleibt (⊡ Abb. 11.2).
11.2.2
⊡ Abb. 11.1 Atypische, RFA-unterstützte (Habib-Sealer®) Resektion bei kapselnaher kleiner Metastase
11
⊡ Abb. 11.2 Laparoskopischer Habib-Sealer® (mit freundl. Genehmigung von RITA Medical Systems)
gebers wird die Parenchymdissektion gegenüber selektiven Verfahren deutlich vereinfacht und der Blutverlust bei den genannten komplizierten Gewebeverhältnissen und geplanter atypischer Resektion tatsächlich drastisch reduziert. Insbesondere bei Zirrhose gehört diesem Verfahren unzweifelhaft die Zukunft. Zurückhaltung sollte nach eigener Erfahrung bei der Koagulation größerer Gefäßäste und Segmentpedikel geübt werden. Trotz der von Nagy Habib empfohlenen Technik zur Thermokoagulation größerer Gefäße scheint der Blutverlust in dieser Operationsphase nicht geringer als mit herkömmlichen Präparationstechniken. Auch der fehlende Verschluss der Segmentgallengänge mittels Clip oder Naht muss beachtet werden. Die Thermokoagulation als einzige Maßnahme zum definitiven Gallengangsverschluss bei Segmentresektionen ist nach Erfahrungen des Herausgebers unzureichend. Da derzeit vorliegende Erfahrungen eine abschließende Bewertung dieses sehr innovativen Verfahrens nicht zulassen, ist beim Einsatz des Habib-Sealers® ein Naht-, Clip- oder Staplerverschluss von Segment- oder größeren Gallengängen zu empfehlen. Auch von einer Anwendung in der
Staplerhepatektomie
Eine hervorragende Bereicherung im chirurgischen Armamentarium der Parenchymdissektion stellt die »StaplerResektion« dar. Hierbei wird mit einer weichen Darmklemme eine Parenchymportion von etwa 1-2 cm Dicke im Verlauf der Resektionsebene gefasst und gequetscht (⊡ Abb. 11.3a). Anschließend wird die gleiche Portion mit einem Linearstapler unter Verwendung eines »Vascularmagazins« übernommen und durchtrennt. Besonders gut eignet sich dafür das Endo GIA II 60-2,5 (Vascularmagazin) der Fa. Tyco-Healthcare aufgrund des schmalen Andruckblattes, welches problemlos in den mittels Darmklemme geschaffenen Parenchymspalt vorgeschoben werden kann (⊡ Abb. 11.3b). Durch Drehung des Stapler-Kopfes kann eine optimale Positionierung der Klammern quer zur Dissektionsebene erfolgen. Nach dem Auslösen verbleiben beidseitig 60 mm lange dreireihige Klammernahtreihen, die auch kleine intrahepatische Gefäße und Gallengänge zuverlässig verschließen. Dieses Vorgehen gestattet eine besonders rasche Parenchymdissektion, welche auch für eine Hemihepatektomie nur 3-5 min benötigt. Damit ist das Verfahren besonders in Notfallsituationen (traumatische Leberruptur, intraoperative Parenchymblutung) zu bevorzugen. Aber auch bei vulnerabler Leber, z.B. nach neoadjuvanter Chemotherapie oder hohen intraoperativen zentralvenösen Drücken, überzeugt die Staplerresektion durch einen geringen Blutverlust und erhebliche Zeiteinsparung. Sowohl bei der Parenchymdurchtrennung als auch beim Absetzen von Gefäßen mittels Stapler ist zu beachten, dass in dem zu durchtrennendem Bereich zuvor keine Metallclips appliziert wurden. Andernfalls kann die Stapler-Funktion beeinträchtigt oder nicht möglich sein und zu einer schwierigen Situation führen, wenn eine Komplettierung der Staplernaht »auf halber Strecke« an blockierenden Clips scheitert.
11.2.3
Dissektion mit dem LigaSure®
Aufgrund der Breite des Instrumentes und der erheblichen Gewebeverklebung ist mit der 10 mm-LigaSure®Atlas-Klemme die Parenchymdissektion nicht ausreichend auszuführen. Dies hat sich mit der Einführung
169 11.2 · Nicht-selektive Parenchymdissektion
a
⊡ Abb. 11.4 Parenchymdissektion mit dem 5 mm-Ligasure®-Gerät
Literatur
b ⊡ Abb. 11.3 a Quetschen einer 1-2 cm dicken Parenchymportion mit der weichen Darmklemme vor Stapler-Resektion. b Übernahme der gequetschten Parenchymportion mit dem Andruckblatt des 60 mm Endo-GIA zur anschließenden Durchtrennung
der 5 mm-Klemme komplett verändert. In Kombination mit einer intermittierenden Kochsalzbeträufelung des zu dissezierenden Lebergewebes erlaubt das Instrument ein rasches und zugleich sehr blutungsarmes Vorgehen. Aufgrund der Effektivität und Sicherheit gehört es für den Autor mittlerweile zum Dissektionsverfahren der ersten Wahl. Dies gilt insbesondere auch für die laparoskopische Leberresektion (⊡ Abb. 11.4). Zu beachten ist, dass bei größeren Gefäßen nur ein partielles Fassen und Versiegeln z.B. der Unterkante einer kräftigen intrahepatischen Lebervene möglich ist und dann beim Öffnen der Klemme ein Einreißen der unmittelbar angrenzenden Gefäßwand droht. Insofern sollten entsprechend kaliberstarke Venen selektiv frei disseziert und gezielt umstochen bzw. geclippt werden.
Belghiti J, Scatton O, Varma D (2006) Vascular isolation techniques in liver resection. In Blumgart LH, Belghiti J, Büchler M (eds) Surgery of the liver, biliary tract and pancreas. 4 rd edn. WB Saundrs Company Ltd, London Edinburgh New York Philadelphia st. Louis Toronto, pp 1427-1439 Lin TY(1974). A simplified technique for hepatic resection the crush method. Ann Surg. Sep;180(3):285-90. Rau HG, Schauer R, Pickelmann S, Beyer BCM, Angele MK, Zimmermann A, Meimarakis G, Heizmann O, Schildberg FW (2001). Dissektionstechniken in der Leberchirurgie. Chirurg 72: 105-112 Weber JC, Navarra G, Jiao LR, Nicholls JP, Jensen SL, Habib NA (2002): New Technique for Liver Resection using Heat Coagulative Necrosis. Ann Surg; 236(5):560-563 Yamamoto Y, Ikai I, Kume M, Sakai Y, Yamauchi A, Shinohara H, Morimoto T, Shimahara Y, Yamamoto M, Yamaoka Y (1999). New simple technique for hepatic parenchymal resection using a Cavitron Ultrasonic Surgical Aspirator and bipolar cautery equipped with a channel for water dripping. World J Surg 23: 1032-1037
11
12
Management der Resektionsflächen M. Birth, P. Hildebrand
12.1
Thermokoagulation
12.2
Versiegelung
– 171
– 171
171 12.2 · Versiegelung
Nach Abgabe des Resektats erfolgt bei noch bestehender kapillärer Blutung eine kurzfristige Tamponade mit einem feucht-heißen Bauchtuch. Es schließt sich eine sorgfältige Überprüfung der Resektionsfläche hinsichtlich persistierender kleinerer Blutungen und Galleleckagen an, die subtil mit 6-0 PDS übernäht oder kleinen Titanclips verschlossen werden. Bezüglich des weiteren Managements der Resektionsfläche existieren verschiedene Möglichkeiten.
12.1
Thermokoagulation
Ein häufig praktiziertes Vorgehen ist die Thermokoagulation der Resektionsfläche. Diese erfolgt v.a. mittels monopolaren Strom unter Bevorzugung des Spraymodus, zwischen den Branchen einer bipolaren Koagulationspinzette oder mit dem Lichtkoagulator. Derzeit laufende Studien untersuchen die Wertigkeit verschiedener Formen der Resektionsflächenversorgung. Zunehmenden Einsatz findet der Argon-Beamer, bei welchem durch den Einsatz eines ionisierenden Gases der Stromfluss noch gerichteter auf die Leberoberfläche einwirken kann. Vorteile bieten die geringere Tiefenwirkung bei guter Oberflächenverschorfung durch die karbonisierte Koagulationsnekrose. Ziel aller Thermokoagulationsverfahren ist das Erzielen einer bluttrockenen Resektionsfläche, welches bei entsprechend subtilem Vorgehen zuverlässig gelingt. Neben der primären Blutstillung und Verhinderung einer Nachblutung ist die Vermeidung einer postoperativen Gallefistel ein weiteres, aus Sicht des Autors mindestens ebenso wichtiges Ziel. Diesbezüglich bietet die Thermokoagulation jedoch keinen weiteren Schutz. Viel mehr kann sich eine entsprechende Oberflächennekrose nach kurzer Zeit sogar abstoßen und so einer entsprechenden Gallefistel Vorschub leisten. Hier bietet nur eine effektive Oberflächenversiegelung eine zusätzliche Sicherung.
12.2
Versiegelung
! Cave! Auch bei trockener Resektionsfläche halten wir aufgrund der typischen Gerinnungsveränderungen mit sekundärer Abschwemmung von Plättchenpfropfen und Fibrinolyseaktivierung sowie insbesondere zur Prophylaxe von Gallefisteln eine Versiegelung der Resektionsfläche für absolut sinnvoll (Köckerling et al. 1999).
Die Flüssigversiegelung subsumiert eine Spritz-, eine Injektions- und/oder eine Sprayapplikation sich schnell verfestigender Flüssigkeiten, insbesondere von Fibrin.
Zumeist werden die beiden Fibrinkleberkomponenten Fibrinogen und Thrombin über ein Doppelkanülensystem im Sinne einer Zweikomponentenklebung appliziert, wobei Sprühsysteme unter Verwendung von Luftdruck eine gleichmäßige und dünne Aufbringung ermöglichen. Mittlerweile stehen alternativ synthetische Flüssigkleber zur Verfügung, wobei Effektivitäts- oder Verträglichkeitsvergleiche zur Fibrinklebung fehlen. Grundsätzliches Ziel ist es, einen elastischen aber gut haftenden Versiegelungsfilm zu erzielen. Vorteil der Flüssigversiegelung ist die einfache Applikation auch auf ungleichmäßigen Oberflächen. Sie setzt aber eine weitgehende Bluttrockenheit des Gewebes voraus, da sonst eine erhebliche Abschwemmung des Klebers erfolgt. Demgegenüber lässt sich mittels vliesgebundener Klebung, d.h. nach Aufbringung und unter kurzfristiger Kompression entsprechender Sealants eine sofortige effiziente Versorgung auch leicht diffus blutender Resektionsflächen erzielen (⊡ Abb. 7.1, Kap. 7). Hierzu werden bevorzugt 0,5 cm dicke Kollagenschwämme unterschiedlicher Größe verwendet, die bereits in trockener Form mit den Gewebekleberkomponenten beschichtet sind (Tachosil®, Nycomed Pharma). Nach Kontakt mit physiologischen Flüssigkeiten werden die Komponenten gelöst, diffundieren z.T. in die Wundoberfläche und initiieren über die einsetzende Fibrinogen-Thrombin-Reaktion die letzte Phase der physiologischen Blutgerinnung. Nach Umwandelung des Fibrinogens in Fibrinmonomere polymerisieren diese zu einem Fibringerinnsel, welches sich unter Einfluss des endogenen Faktors XIII weiter vernetzt. Das sich ausbildende Netzwerk sorgt für die gute und stabile Adhäsion des Kollagenschwamms an der Resektionsfläche (Rychlik 2006). Vorteile von TachoSil® sind die sofortige Einsetzbarkeit ohne Vorbereitung, exzellente Gebrauchseigenschaften und die hohe Effektivität. Keinesfalls kann diese Versorgung eine insuffiziente chirurgische Technik kompensieren, aber durchaus den Erfolg einer exakten Resektion durch eine stabile und doch elastische Versiegelung sichern helfen. Seit der Standardisierung des beschriebenen Vorgehens bezüglich Dissektion und Versiegelung des Parenchyms sind im eigenen Krankengut keine Galleleckagen oder Nachblutungen aus der Resektionsfläche beobachtet worden. Eine systematische Literaturübersicht, welche 73 Publikationen zu TachoSil® bewertet, dokumentiert multiple patientenrelevante Vorteile, wie insbesondere die Reduktion von Komplikationen, Bluttransfusionen, Liegezeiten auf Intensivstation und Gesamtkrankenhausaufenthalt (Rychlik 2006). Ähnliche Ergebnisse erbrachte eine prospektive, nicht randomisierte Versorgungsforschungsstudie zum praxisnahen Einsatz an 185 Zentren.
12
172
Kapitel 12 · Management der Resektionsflächen
Die monetäre Bewertung der Vorteilsfaktoren führte trotz Mehrkosten durch den TachoSil®-Einsatz sogar zu einer Gesamtkostensenkung für die Leistungserbringer. Die höchste Nutzerbewertung erfuhr die vliesgebundene Klebung dabei für den Einsatz in der Leberchirurgie (Kallinowski et al. 2005).
Literatur Kallinowski F., Pfeil T., Ulbrich W.(2005) Qualitätsmanagement in der chirurgischen Intervention –eine prospektive versorgungsforschungsstudie zu vliesgebunden Gewebeklebung (TachoSil®). Gesundh ökon Qual manag; 10: 151-160 Köckerling F, Schneider C, Scheidbach H, Hohenberger W (1999) Stellenwert der Fibrinklebung in der Leberchirurgie. In Köckerling F und Waclawiczek HW: Leberchirurgie. Anatomie-Operationstechniken-Komplikationsvermeidung.Johann Ambrosius Barth Verlag. Heidelberg-Leipzig. S 103-111 Rychlik R (2006). Zur Nutzenbewertung der Gewebeklebung in der Chirurgie – das Beispiel TachoSil®. Krankenhauspharmazie; 27(5): 199-204
12
13
Lymphadenektomie (LAD) bei hepatobiliären Tumoren M. Birth
13.1
Allgemeine pathohistologische Grundlagen – 174
13.2
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) – 175
13.3
Intrahepatisches Cholangiozelluläres Karzinom (CCC)
13.4
Hiläres Cholangiozelluläres Karzinom (Klatskin-Tumor) – 176
13.5
Gallenblasenkarzinom
13.6
Kolorektale Lebermetastasen – 176
– 176
– 176
174
Kapitel 13 · Lymphadenektomie (LAD) bei hepatobiliären Tumoren
13.1
13
Allgemeine pathohistologische Grundlagen
Das Ausmaß des Lymphknotenbefalls stellt auch bei hepatobiliären Tumoren neben der R0-Resektion den entscheidenden prognostischen Parameter dar. Die abdominelle Lymphknotendissektion ist nach chirurgischem Verständnis fester Part der operativen Therapie gastrointestinaler Malignome (Weitz u. Büchler 2010). Die Bedeutung der Entfernung des lokalen Lymphabstromgebietes als therapeutischer Bestandteil jeder onkologischen Leberresektion ist derzeit nicht abschließend geklärt. Die Evidenz zu diesem Thema ist spärlich, insbesondere bezüglich der Fragestellung, ob durch eine LAD en principe bei primären und sekundären Lebertumoren die Prognose verbessert und/oder nodale, nicht selten symptomatische Rezidive im Leberhilus verhindert werden können. In diagnostischer Intention zur Festlegung des Lymphknotenstatus wird nach der UICC für alle hepatobiliären Tumoren mit Ausnahme der distalen Gallengangstumoren (12 Lymphknoten) die Entnahme und histologische Untersuchung von mindestens 3 Lymphknoten aus dem Ligamentum hepatoduodenale gefordert (UICC 2009). Da sich Karzinome der distalen Gallenwege biologisch eher wie Pankreaskopfkarzinome verhalten und auch wie solche operativ behandelt werden, wird diesbezüglich auf die entsprechenden Kapitel (u.a. Kap. 24 »Lymphadenektomie beim Pankreaskarzinom«) verwiesen. Die regionären Lymphknoten (LK) sind für die hepatobiliären Tumorentitäten in ⊡ Tab. 13.1 dargestellt. Nur Metastasen in den so definierten Lymphknoten werden in der N-Kategorie der jeweiligen Tumoren erfasst, während ein Lymphknotenbefall außerhalb dieser Bereiche als Fernmetastasen klassifiziert wird und regelhaft einem UICC-Stadium IV entspricht (Wittekind u. Oberschmid 2010).
Eine präzise topographische Beschreibung der hepatobiliären Lymphknotenstationen (Stationen 8a/b, 9, 12, 13) erlaubt die japanische Lymphknoten-Klassifikation für das Magenkarzinom (Japanese gastric cancer 1998) (⊡ Abb. 13.1). Die Japanese Society of Biliary Surgery hat darauf basierend eine erweiterte N-Klassifikation mit insgesamt 4 unterschiedlichen N-Kategorien erarbeitet, die sich aufgrund ihrer Komplexität jedoch international nicht durchgesetzt hat (Japanese Society of Biliary Surgery 1997, Bork et al 2010). Der Befall regionärer Lymphknoten geht in unterschiedlicher Weise in die UICC-Stadiengruppierung ein (⊡ Tab. 13.2). Die Bedeutung der Lymphknoten-Ratio (Verhältnis von befallenen zu untersuchten Lymphknoten) ist ebenso
⊡ Tab. 13.2 Regionäre Lymphknotenmetastasen und Stadiengruppierung (nach UICC 2009 sowie Wittekind u. Oberschmid 2010) Hepatozelluläres Karzinom und intrahepatisches Cholangiozelluläres Karzinom Stadium IVA
Jedes T
N1
M0
Stadium IVB
Jedes T
Jedes N
M1
Perihiläre Gallenwege (Klatskin-Tumore) Stadium IIIB
T1-T3
N0, N1
M0
Stadium IVA
T4
Jedes N
M0
Stadium IVB
Jedes T
Jedes N
M1
Gallenblasenkarzinom Stadium IIIB
T1-T3
N1
M0
Stadium IVA
T4
Jedes N
M0
Stadium IVB
Jedes T
Jedes N
M1
⊡ Tab. 13.1 Hepatobiläre Primärtumoren und Definitionen der regionären Lymphknoten (modifiziert nach UICC 2009 sowie Wittekind u. Oberschmid 2010) HCC
LK des Leberhilus, hepatische LK (entlang der A. hepatica propria), periportale LK (entlang der V. portae), LK entlang der abdominellen V. cava inferior oberhalb der Vv. renales (ausgenommen die LK unterhalb des Zwerchfells)
Intrahepatisches CCC
Rechte Leberseite: hiläre LK (entlang des Ductus choledochus, der A. hepatica communis, der V. portae und des Ductus cysticus), periduodenale und peripankreatische LK Linke Leberseite: hiläre LK ( unter rechts) und gastrohepatische Lymphknoten
Perihiläres CCC (Klatskin-Tumor)
hiläre und pericholedochale LK im Lig. hepatoduodenale
Gallenblasenkarzinom
Hiläre LK (entlang des Ductus choledochus, der A. hepatica , der V. portae und des Ductus cysticus)
175 13.2 · Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
110
111 20 2
4sa
1 19 7 12 12
12 8a
9
9
11
3
9
5
10
3
10 11 4sb
8b 16 13
18
14a 6
16
4sb
16
16
4d
Parakardial (Zwerchfellschenkel)
No. 2
Parakardial (Zwerchfellvene)
No. 3
Kleine Magenkurvatur
No. 4 sa
Gastricae breves
No. 4 sb
Gastroepiploische Arkade links
No. 4d
Gastroepiploische Arkade rechts
No. 5
Suprapylorisch
No. 6
Infrapylorisch
No. 7
Arteria gastrica sinistra
No. 8a
Arteria hepatica communis
No. 8b
Arteria hepatica communis
No. 9
Truncus coeliacus
No. 10
Milzhilus
No. 11p
Proximale Milzarterie
No. 11d
Distale Milzarterie
No. 12a
Lig. hepatoduodenale (Leberarterie)
No. 12b,p No. 13
Lig. hepatoduodenale (Pfortader/Gallengang) Retropankreatisch
No. 14v
V. mesenterica superior
No. 14a
A. mesenterica superior
No. 15
V. colica media
No. 16a1
Paraaortal (oberhalb Nierenvene)
No. 16a2,b1
Paraaortal (Nierenvene)
No. 16b2
Paraaortal (unterhalb Nierenvene)
No. 17
Pankreaskopf
No. 18
Pankreasunterrand
No. 19
Infradiaphragmatisch
No. 20
Hiatus oesophageus
No. 110
Paraösophageal
No. 111
Zwerchfelloberrand
4d
4d 17
No. 1
14v 13
15
⊡ Abb. 13.1 Japanische Lymphknoten-Klassifikation mit exakter topographischer Stationszuordnung (aus Bork et al. 2010).
wie die des Sentinellymphknotens für die hepatobiliären Tumoren nicht ausreichend geklärt (Wittekind u. Oberschmid 2010).
13.2
Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Die Inzidenz von Lymphknotenmetastasen beim HCC in nicht-zirrhotischer Leber wird mit bis zu 13% beziffert (Jonas 2002). Die theoretische Überlegung einer Prognoseverbesserung durch komplette Tumorentfernung auch in der N1-Situation hat ebenso wie die geringe Morbidität einer systemischen LAD zu deren überwiegender Durchführung in Leberzentren geführt, ohne dass evidenzbasierte Daten dieses Vorgehen stützen können. Dies gilt insbesondere auch für das fibrolamilläre HCC, welches wegen der erhöhten Inzidenz regionärer nodaler Metastasen Anlass zur prinzipiellen Lymphknotendissektion geben sollte (Liu et al 2009).
! Cave! Bei Vorliegen einer Leberzirrhose sollte grundsätzlich auf eine Dissektion des Lig. hepatoduodenale zur Vorbeugung von Lymphfisteln sowie auf eine Zerstörung von Umgehungskreisläufen wegen portaler Hypertension und nachfolgender Aszitesbildung verzichtet werden (Hillert 2000).
Zudem ist die Häufigkeit einer lokalen Lymphknotenmetastasierung deutlich geringer (Lang u. Mischinger 2008). Der zugrunde liegende zirrhotische Leberumbau als entscheidende Präkanzerose bleibt durch die Resektion unbeeinflusst und erklärt die hohe intrahepatische Rezidivrate von bis zu 80% nach 5 Jahren (Chen et al. 2004). Damit spielen die hepatobiliären Lymphknoten für die Rezidiventstehung und somit prognostisch eine unbedeutende Rolle (Schwartz et al 2007). Auch für die systemische LAD im Sinne einer Eingriffserweiterung der Hepatektomie zur geplanten Lebertransplantation als chirurgische Therapie
13
176
Kapitel 13 · Lymphadenektomie (LAD) bei hepatobiliären Tumoren
von HCC und Zirrhose existieren keine ausreichenden Pro- oder Kontra-Daten (Bork et al 2010).
13.3
Intrahepatisches Cholangiozelluläres Karzinom (CCC)
Neben der kompletten Tumorentfernung stellt der Umfang einer etwaigen Lymphknotenmetastasierung den zweitwichtigsten Prognosefaktor beim Cholangiokarzinom dar (Deoliviera et al. 2007, Shimada et al. 2009, Tamandl et al. 2009). Trotzdem sind sowohl Indikation aber auch das Ausmaß einer LAD in Diskussion, da der Einfluss auf die Prognoseverbesserung umstritten ist. Während es Choi et al. sowie Uenishi et al. durch eine über die Entfernung der regionären Lymphknoten hinaus erweiterte LAD gelang, das Überleben seiner Patienten mit nodal positivem intrahepatischen CCC zu verlängern, konnten andere Arbeitsgruppen dies nicht bestätigen (Choi et al. 2009, Uenishi et al. 2008, Yang u. Yan 2008, Tamandl et al. 2009). > Deshalb kann derzeit eine Lymphknotendissektion über unklare Einzelfälle zu Staging-Zwecken hinaus nicht empfohlen werden (Deoliveira et al 2007, Bork et al 2010).
13.4
13
Hiläres Cholangiozelluläres Karzinom (Klatskin-Tumor)
Durch ein optimales präoperatives Management mit konsequenter Drainage und portalvenöser Embolisation sowie anschließendem radikalen operativen Vorgehen konnten die Überlebensraten beim Klatskin-Tumor in der letzten Dekade überzeugend verbessert werden (Sano et al. 2006). Das standardisierte Vorgehen umfasst zumeist die erweiterte Rechtsresektion inklusive Segment I (Trisektorektomie rechts) mit en-bloc-Resektion der extrahepatischen Gallenwege sowie der Pfortadergabel als auch eine regionäre Lymphknotendissektion (Sano 2006, Deoliviera et al. 2007), (vergl. Kap. 14.6).
13.5
Gallenblasenkarzinom
Das Gallenblasenkarzinom ist ein extrem aggressiver Tumor. Dies kommt im desaströsen Langzeitüberleben nach kurativer Resektion von gerade mal 5-12% zum Ausdruck (Carriaga u. Henson 1995, Dixon et al. 2005). Frühzeitige intrahepatische und/oder peritoneale Herdsetzungen, aber auch eine lymphatische Metastasierung bei mehr als der Hälfte der Patienten zum Diagnosezeitpunkt sind für
die ungünstige Prognose hauptverantwortlich (Mekeel u. Hemming 2007, Bork et al. 2010). Die Therapie der Gallenblasenkarzinome ist aufgrund guter Daten weitestgehend standardisiert und stadienabhängig. Frühbefunde (Stadium T1a, Tumor auf die Mukosa bzw. Lamina propria begrenzt), wie sie in der laparoskopischen Ära zunehmend diagnostiziert werden, sind durch eine Cholezystektomie adäquat zu behandeln. Auch durch Leberwedgeresektion und LAD konnte die Prognose von Patienten dieses Tumorstadiums nicht verbessert werden (Wakai et al. 2001, Ito et al. 2004). Ab Tumorstadium T1b (Tumor infiltriert die Muscularis propria) steigt die lymphatische Metastasierung drastisch an (T1b: 15-20%), sodass neben der Leberresektion (Wedgeresektion bzw. Bisegmentektomie IVb/V) auch eine regionäre LAD obligat ausgeführt werden sollte. Der positive Einfluss auf Lokalrezidivrate und Langzeitüberleben durch dieses Vorgehen darf für alle Stadien mit lokalen LK als gesichert gelten (Ouchi et al. 1994, Fong et al. 2000, Behari et al. 2003, Dixon et al. 2005, Wang et al. 2009) (vergl. Kap. 7.4 Gallenblasentumoren). > Metastasen in den zöliakalen, periduodenalen, peripankreatischen und Lymphknoten entlang der A. mesenterica superior werden beim Gallenblasenkarzinom als Fernmetastasen (M1) klassifiziert (Wittekind u. Oberschmid 2010).
Ein Verlauf mit darüber hinaus gehendem, als Fernmetastasierung anzusehenden Lymphknotenbefall war jedoch auch durch eine paraaortale LAD zumeist nicht positiv zu beeinflussen (Kondo et al. 2000, Mekeel et al. 2007).
13.6
Kolorektale Lebermetastasen
Unter Wertung tierexperimenteller Daten darf man heute davon ausgehen, dass ein Befall perihepatischer Lymphknoten auf die Lebermetastasen und nicht den Primärtumor selbst zurückzuführen ist (Rashidi et al. 2000). Dies legt die Sinnhaftigkeit einer systematischen LAD im Rahmen der Metastasenresektion nahe (Bork et al. 2010). Aufgrund fehlender Evidenz durch randomisierte Studien wird die Bedeutung hiliärer Lymphknotenmetastasen, mit denen bei systematischer Dissektion in zwischen 7% und 20% der Fälle zu rechnen sind, anhaltend diskutiert (Jacek et al. 2002). Galt es noch bis vor Kurzem insbesondere diesen Lymphknoten im Lig. hepatoduodenale als erster lymphatischer Filterstation besondere Aufmerksamkeit zu widmen, um Resektionen ohne Prognosegewinn zu vermeiden (Rodgers u. McCall 2000), vertreten mittlerweile andere Autoren eine positivere Sicht. Zwar ist nach aktuellen Daten die Prognose der N+-Situation deutlich schlechter, aber bei alleinigem Befall der
177 13.6 · Kolorektale Lebermetastasen
Leberpforte mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 21% keine absolute Kontraindikation für die Resektion. Eine darüber hinausgehende Lymphknotenmetastasierung zusätzlicher aortaler Lymphknoten wird allerdings auch von diesen Autoren als »prognostische« Kontraindikation zur Leberresektion angesehen. Trotz signifikanter prognostischer Relevanz einer hilären LK-Metastasierung bewerteten neuere Literaturübersichten die einer systemischen Lymphknotendissektion nicht abschließend (Rodgers/McCall 2000) bzw. dokumentierten einen fehlenden Prognosevorteil durch regionäre, aber auch radikal erweiterte LAD (Gurusamy et al. 2008). > Aktuelle Studien insbesondere unter Einsatz moderner perioperativer Chemotherapieregime geben Anlass zum Umdenken und legen einen Überlebensvorteil nach systemischer LK-Dissektion nahe (Adam et al. 2008, Fahy et al. 2009, Oussoultzoglou et al. 2009).
Literatur Adam R, De Haas RJ, Wicherts DA et al (2008) Is hepatic resection justified after chemotherapy in patients with colorectal liver metastases and lymph node involvement? J Clin Oncol 26:3672-3680 Behari A, Sikora SS, Wagholikar GD et al (2003) Longterm survival after extended resections in patients with gallbladder cancer. J Am Coll Surg 196:82-88 Bork U, Koch M, Büchler MW, Weitz J (2010) Hepatobiliäre Tumorchirurgie. Indikation und Ausmaß der Lymphknotendissektion. Chirurg 81: 111-116 Carriga MT, Henson DE (1995) Liver, gallbladder, extrahepatic bile ducts and pancreas. Cancer 75:171-190 Chen WT, Chau GY, Lui WY et al (2004) Recurrent hepatocellular carcinoma after hepatic resection: prognostic factors and long-term outcome. Eur J Surg Oncol 30: 414-420 Choi SB, Kim KS, Choi JY (2009) The prognosis and survival outcome of intrahepatic cholangiocarcinoma following surgical resection: Association of lymph node metastasis and lymph node dissection with survival. Ann Surg Oncol 16:3048-3056 Deoliviera MI, Cunnigham SC, Cameron JL et al (2007) Cholangiocarcinoma: thirty-one-year experience with 564 patients at a single institution. Ann Surg 245:755-762 Dixon E, Vollmer CMJr, Sahajpal A (2005) An aggressive surgical approach leads to improved survival in patients with gallbladder cancer: a 12 year study at a North American Center. Ann Surg 241:385-394 Fahy BN, D’angelica M, Dematteo RP et al (2009) Synchronous hepatic metastases from colorectal cancer: changing treatment strategies and results of surgical Fong Y, Jarnagin W, Blumgart LH (2000). Gallbladder cancer: comparison of patients presenting initially for definitive operation with those presenting after prior noncurative intervention. Ann Surg 232:557-569 Gurusamy KS, Imber C, Davidson BR (2008) Management of the hepatic lymph nodes during resection of liver metastases from colorectal cancer: a systemic review. HPB Surg 6:41-50 Hillert C, Rogiers X (2000) Die kurative Therapie des hepatozellulären Karzinoms (HCC) Resektion oder Transplantation. Der Internist 41:191-197
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13
14
Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise H. Schrem, H. Bektas, T. Becker, J. Klempnauer, J. Scheele, A. Schilling
14.1
Ex-situ und ante-situ-Resektion – 179
14.1.1 14.1.2 14.1.3 14.1.4
Allgemeines – 179 Präoperative Diagnostik, Vorbehandlung und Indikationsstellung Operatives Vorgehen – 179 Zusammenfassung – 181
14.2
Anteriore Resektion – 181
14.2.1 Konventionelle vs. anteriore Hemihepatektomie rechts 14.2.2 Vor- und Nachteile der anterioren Resektion – 182
14.3
Multiviszerale Resektion
– 179
– 181
– 183
14.3.1 Definition – 183 14.3.2 Tumorbedingte perihepatische Resektion – 183 14.3.3 Resektion synchroner Lebermetastasen beim kolorektalen Karzinom
14.4
Rezidivresektion
– 186
14.4.1 Operationstaktische Aspekte – 186 14.4.2 Onkologische Gesichtspunkte – 187
14.5
Besonderheiten beim Gallengangskarzinom – 189
14.5.1 Operationstaktik – 190
14.6
Besonderheiten bei Klatskin-Tumoren – 190
14.6.1 14.6.2 14.6.3 14.6.4 14.6.5
Historisches – 190 Aktuelle Resektionsstrategie – 192 Operationstechnik – 193 Alternative Resektionsverfahren – 193 Präoperative Konditionierung – 194
14.7
Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber – 196
14.7.1 Leberzirrhose – 196 14.7.2 Cholestatische Hepatopathie – 198 14.7.3 Chemotherapie-assoziierte toxische Leberschädigung
– 199
– 184
179 14.1 · Ex-situ und ante-situ-Resektion
14.1
Ex-situ und ante-situ-Resektion
H. Schrem, H. Bektas, T. Becker, J. Klempnauer
14.1.1
Allgemeines
Die Limitationen aller resezierenden Verfahren an der Leber werden maßgeblich durch die funktionellen Grenzen der hepatischen Reserve nach der Resektion bestimmt. Die hepatische Reserve hängt vom verbleibenden Leberparenchymvolumen nach der Resektion im Verhältnis zur Gesamtkörpermasse und dem funktionellen Zustand des verbleibenden Lebergewebes ab ( Kap. 8). Alle Leberparenchymerkrankungen (z.B. Leberfibrose, Leberzirrhose, chronische virale Hepatitis, Fettleber, Fettleberhepatitis, Hämochromatose, Glykogenose usw.) sind dazu geeignet, den funktionellen Zustand des Restleberparenchyms nach der Resektion entscheidend zu beeinträchtigen. In Abhängigkeit vom Resektionsausmaß, der Dauer der warmen Ischämie während der Resektion und dem Ausmaß des damit verbundenen Ischämie-Reperfusions-Schadens steigt das Risiko für ein Restleberversagen an. Bei operationstechnisch besonders schwierigen Resektionen, z.B. bei Tumoren am Lebervenenstern und/oder im zentralen Leberhilus und/oder mit Tumorinfiltration der retrohepatischen V. cava, muss mit verlängerten warmen Ischämiezeiten bei partieller oder totaler vaskulärer Okklusion gerechnet werden. In diesen Fällen stellt sich die Frage, wo die Grenzen einer sinnvollen Resektion liegen und wie diese ggf. im Einzelfall ausgeweitet werden können. Mit der ex-situ- und ante-situ-Resektion mit hypothermer Perfusion wurden operative Methoden entwickelt, die eine Ausweitung dieser Grenzen in gut ausgewählten Fällen durch eine Begrenzung des warmen Ischämieschadens erlauben können. Bei der Einschätzung der Indikation zu diesen erweiterten Methoden ist in jedem Einzelfall ausreichende Erfahrung auf dem Gebiet der Leberchirurgie und der Lebertransplantation unbedingt erforderlich.
14.1.2
Präoperative Diagnostik, Vorbehandlung und Indikationsstellung
der Ausschluss etwaiger begleitender Leberparenchymerkrankungen oder anderer wesentlicher Risikofaktoren sind bei der Indikationsstellung ebenso zu beachten wie das Ausmaß des voraussichtlichen Leberparenchymverlustes durch eine geplante Resektion und die Lagebeziehungen des Tumors zu den entscheidenden Lebergefäßen im Leberhilus (Leberarterien, Pfortader) und im Lebervenenstern. Das Ausmaß des voraussichtlichen Leberparenchymverlustes und die Lagebeziehungen des Tumors zu den entscheidenden Lebergefäßen können mithilfe der modernen CT- bzw. MRT-Bildgebung mit 3-D-Rekonstruktion und virtueller Resektion zuverlässig präoperativ eingeschätzt werden. Vor einer endgültigen Entscheidung für ein ausgedehnt resezierendes Verfahren ist es empfehlenswert zu prüfen, ob eine präoperative Pfortaderembolisation des erkrankten Leberanteils mit dadurch induzierter kompensatorischer Hypertrophie des gesunden Leberanteils dazu geeignet sein könnte, die voraussichtliche hepatische Reserve nach ausgedehnter Resektion im Vorfeld so zu verbessern, dass ein Restleberversagen möglichst vermieden werden kann ( Kap. 8). Weiterhin sollte z.B. bei multilokulären kolorektalen Metastasen präoperativ geprüft werden, inwieweit realistische Aussichten bestehen, durch eine neoadjuvante Chemotherapie mit möglichem Downsizing des Tumorbefalls und/oder durch ein kombiniertes ein-, zwei-, oder gar dreizeitiges Vorgehen mit Radiofrequenzablation und Resektion eine konventionelle Resektabilität mit ausreichender hepatischer Reserve des Restleberparenchyms zu erreichen ( Kap. 34 sowie 37ff). Leider gibt es bis heute keinen Leberfunktionstest, der eine zuverlässige präoperative Einschätzung der hepatischen Reserve erlaubt, sodass hierbei umfangreiche klinische Erfahrungen des Operateurs auch heute noch maßgeblich sind. Auf der Basis möglichst aller oben genannten Faktoren ist es dann letztlich in erster Linie die Aufgabe des Operateurs zu entscheiden, ob eine unkonventionelle Resektion mit hypothermer Perfusion im Einzelfall indiziert ist. In den meisten Fällen wird die endgültige Entscheidung erst intraoperativ zu treffen sein. Hierbei ist die intraoperative Ultraschalluntersuchung der Leber in der Hand des Operateurs ebenso unverzichtbar wie eine erfahrene intraoperative Einschätzung des Leberparenchyms, z.B. hinsichtlich seiner Verfettung.
14.1.3
In den allermeisten Fällen können maligne Lebertumore abhängig vom Tumorstadium und der Lagebeziehung zu den wesentlichen Lebergefäßen konventionell mit und ohne partielle oder totale vaskuläre Okklusion sinnvoll reseziert oder gar mittels Lebertransplantation (z.B. beim hepatozellulären Karzinom) erfolgreich behandelt werden. Die Feststellung und genaue klinische Einschätzung, bzw.
Operatives Vorgehen
Resektionen mit hypothermer Perfusion können grundsätzlich ante situ oder ex situ durchgeführt werden. Zur Entscheidungsfindung über das Vorgehen tragen neben der Lokalisation des Tumors und seiner operativen Zugänglichkeit für die Resektion auch das Risiko der Rekonstruktion bei.
14
180
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
Ante-situ-Resektion mit hypothermer Perfusion
14
Die Leber wird komplett vaskulär ausgeklemmt und über die V. portae und ggf. zusätzlich auch über die A. hepatica propria via eines in die A. gastroduodenalis eingeführten Katheters mit kalter Konservierungslösung (HTK, 4°C) in regelmäßigen Abständen perfundiert bis sie vollständig blutleer und abgekühlt ist. Diese Perfusion muss ggf. alle 30 min wiederholt werden, um ein Erwärmen der Leber weitestgehend zu vermeiden. Das Perfusat fließt über die knapp unterhalb des Zwerchfells durchtrennte suprahepatische V. cava in den Situs ab, bis es blutleer ist. Für die Resektion kann die Leber nach Mobilisation der retrohepatischen V. cava mit Durchtrennung der Nebennierenvenen nach vorne geklappt werden, sodass ein geeigneter Zugang zum Lebervenenstern ermöglicht wird. Bei zusätzlicher Durchtrennung der infrahepatischen V. cava kann die Leber zudem noch seitlich rotiert werden. Bei der ante-situ-Resektion wird das Lig. hepatoduodenale nicht durchtrennt. Allerdings muss die Pfortader durchtrennt werden, um die Perfusionskanüle leberwärts und die Bypass-Kanüle für den notwendigen veno-venösen Bypass mesenteriumwärts einführen zu können. Ein extrakorporaler veno-venöser Bypass des Pfortaderblutes in die linke V. axillaris mit Biopumpe, wie er bis vor 10– 15 Jahren routinemäßig bei allen Lebertransplantationen angewandt wurde, bzw. ein analoger Bypass, der über eine Herz-Lungenmaschine betrieben wird, sollte bei derartigen Operationen vorbereitet sein. Ein derartiger venovenöser Bypass wurde bei den allermeisten publizierten Fällen verwendet, um eine venöse Mesenterialischämie während der teilweise recht langen Resektionszeiten an der Leber zu vermeiden. Ursprünglich wurde in Anlehnung an das Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts übliche Vorgehen bei der Lebertransplantation ein veno-venöser Bypass von V. portae und V. femoralis in die V. axillaris mit Biopumpe angelegt während beim vereinfachten veno-venösen Bypass lediglich das Blut aus der V. portae mit Biopumpe in die V. axillaris umgeleitet wird. Das Einbringen der Bypasskanülen in die V. femoralis und die V. axillaris kann transkutan in Seldinger-Technik erfolgen, um den präparativen Aufwand beim offenen Einbringen zu reduzieren. > Je nach Erfahrung und Einschätzung des Operateurs kann ggf. auch auf einen veno-venösen Bypass verzichtet werden, wenn es intraoperativ absehbar gelingen wird, die Resektion an der Leber so durchzuführen, dass die venöse Entlastung des Mesenteriums innerhalb von max. 40–60 min durch portalvenöse Reperfusion der Leber gelingen wird (⊡ Abb. 14.1).
⊡ Abb. 14.1 MRT-Aufnahme des Abdomens einer 56-jährigen Frau, die ein cholangiozelluläres Karzinom mit Infiltration aller drei Lebervenen hat, das nur mittels ante-situ-Resektion erfolgreich entfernt werden konnte. Drei Jahre später trat leider ein Lokalrezidiv auf und die Patientin verstarb 4 Jahre nach Durchführung der ante-situ-Resektion, die ohne Perfusion mit Organkonservierungslösung (HTK) der Leber und ohne veno-venösen Bypass in totaler vaskulärer Exklusion durchgeführt wurde
Darüber hinaus ist bei Patienten ohne Leberzirrhose beim Abklemmen des Lig. hepatoduodenale nicht mit einer venösen Entlastung des Darmes durch Kollateralen zu rechnen. In diesen Fällen sollte im Zweifel aus Sicherheitsgründen grundsätzlich ein veno-venöser Bypass angelegt werden, da bei der ante-situ- bzw. der exsitu-Resektion mit erheblich längeren Klemmzeiten der venösen Mesenterialstrombahn zu rechnen ist als bei der Lebertransplantation. Als alternatives Vorgehen für eine ante-situ-Resektion können anstatt der Durchtrennung der suprahepatischen V. cava auch die Lebervenen einzeln durchtrennt werden, sodass die Kontinuität der V. cava während der Operation mit dem entsprechenden venösen Rückstrom zum Herzen erhalten bleibt. Das jeweilige Vorgehen muss im Einzelfall vom Operateur je nach den operativen Erfordernissen für eine erfolgreiche Resektion des Tumors gewählt werden.
Ex-situ-Resektion Bei der ex-situ-Resektion wird weitgehend ein analoges Vorgehen wie bei der ante-situ-Resektion gewählt. Der wesentliche Unterschied ist die vollständige Durchtrennung des Lig. hepatoduodenale mit Durchtrennung der supra- und infrahepatischen V. cava für die komplette Entfernung des Organs zur Resektion auf einem Beistelltisch. Der Hauptvorteil dieses Vorgehens ist der optimale operative Zugang an alle Seiten der Leber, die dreidimensional beliebig im Raum gedreht werden kann. Ein weiterer bisher klinisch nicht relevanter und theoretischer
181 14.2 · Anteriore Resektion
heutigen multimodalen Therapieoptionen gibt es keine evidenzbasierten Daten. Aus heutiger Sicht kommen diese unkonventionellen Verfahren nur in ausgewählten Einzelfällen unter Berücksichtigung bzw. Ausschöpfung aller Therapiealternativen bzw. Kombinationen der Therapiemodalitäten infrage. Die Durchführung einer antesitu- oder ex-situ-Resektion erfordert von operativer und anästhesiologischer Seite umfangreiche Erfahrungen in der Leberchirurgie und der Lebertransplantation.
Literatur
⊡ Abb. 14.2 Eine für die ex-situ-Resektion entnommene Leber mit noch in der Pfortader einliegender Perfusionskanüle für die Perfusion mit Organkonservierungslösung (HTK). Die sehr große Lebermetastase eines malignen Melanoms war in situ technisch nicht mehr sinnvoll resektabel. Der Patient hat den Eingriff 9 Monate überlebt
Vorteil ist die Möglichkeit einer zusätzlichen isolierten extrakorporalen Tumorbehandlung der gesamten Leber (z.B. Bestrahlung, Chemoperfusion usw.). Der Hauptnachteil dieses Vorgehens ist, dass es erforderlich ist, zusätzliche Anastomosen für die Rekonstruktion bzw. Autotransplantation anlegen zu müssen mit den damit verbundenen Komplikationsmöglichkeiten (z.B. Leberarterienthrombose, Galleleck an der Gallengangsanastomose) (⊡ Abb. 14.2). Aus diesen Gründen und weil die ex-situ-Resektion tendenziell eher für ungünstigere Tumorstadien gewählt wurde, sind die Langzeitergebnisse nach ex-situ-Resektionen in den bisher veröffentlichten kleinen Serien hinsichtlich Morbidität und Mortalität deutlich schlechter als nach ante-situ-Resektionen.
14.1.4
Zusammenfassung
> Zusammenfassend bleibt aus heutiger Sicht festzustellen, dass nur in Ausnahmefällen eine Indikation zur ex-situ-Resektion besteht.
Unserer Meinung nach ist eine ex-situ-Resektion nur noch dann indiziert, wenn Gefäßanteile sowohl im Leberhilus als auch im Lebervenenkonfluenz-/V. cava-Bereich tumorinfiltriert sind. Für Tumore, die ausschließlich im Bereich der Lebervenenkonfluenz und/oder der retrohepatischen V. cava infiltrierend wachsen, kann in bestimmten Fällen die ante-situ-Resektion indiziert sein. Für den aktuellen Stellenwert der ante-situ-Resektion und der ex-situ-Resektion vor dem Hintergrund der
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14.2
Anteriore Resektion
H. Schrem, T. Becker, H. Bektas und J. Klempnauer
14.2.1
Konventionelle vs. anteriore Hemihepatektomie rechts
Bei der Hemihepatektomie rechts kann der anteriore Zugang durch das Leberparenchym mit Isolation und Durchtrennung der Lebervenen des rechten Leberlappens von vorne alternativ zum konventionellen Vorgehen gewählt werden. Bei Letzterem wird vor der Parenchymdurchtrennung der rechte Leberlappen vollständig mobilisiert, die V. cava von lateral freigelegt und die einmündenden Venen der rechten Leberhälfte extrahepatisch isoliert und durchtrennt ( Kap. 10.2.2). Dazu muss für die Isolation und Durchtrennung der Lebervenen des
14
182
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
rechten Leberlappens die Leber durch den Assistenten relativ stark nach medial über die Mittellinie hinaus rotiert und luxiert werden. > Die anteriore Resektion wird routinemäßig bei der Leber-Lebendspendeoperation durchgeführt, bei der sich eine präliminäre Isolation und Durchtrennung der Lebervenen und der Pfortaderäste sowie der Leberarterienäste vor der Parenchymdurchtrennung wie beim konventionellen Vorgehen zur Vermeidung eines warmen Ischämieschadens des Transplantates verbietet.
dem rechten Leberlappen mit Zerreißen der retrohepatischen V. cava in der Regel mit dem konventionellen Vorgehen für eine Hemihepatektomie rechts im Sinne einer Debridementresektion ausreichend beherrscht werden. Voraussetzung dafür ist die Anwendung der Prinzipien der Blutungskontrolle bis hin zur totalen vaskulären Okklusion durch Ausklemmen der supra- und infrahepatischen V. cava und des Leberhilus, die auch beim anterioren Vorgehen in diesen Situationen ebenfalls erforderlich wären. Aus unserer Sicht gehört die anteriore Resektion zum Repertoire der grundlegenden leberchirurgischen Techniken. Tipp
14.2.2
14
Vor- und Nachteile der anterioren Resektion
Bei exzessiv großen Lebertumoren im rechten Leberlappen ggf. mit Infiltration in das Zwerchfell oder andere benachbarte Organe wie die rechte Niere und Nebenniere oder in seltenen Fällen mit spontan rupturiertem Lebertumor im rechten Leberlappen und starker Blutung kann eine übersichtliche Exposition der V. cava und der Lebervenen von rechts besonders schwierig sein. Durch extremen Zug an der Leber kann es dabei zu Einrissen an der V. cava oder auch zu einer Verstärkung der bereits bestehenden Blutung und damit zur Kreislaufdepression kommen. Einige Autoren postulieren, dass es bei der konventionellen Hemihepatektomie rechts durch den notwendigen Zug am rechten Leberklappen für die Exposition bei der Mobilisation des rechten Leberlappens zu einem erhöhten Risiko für eine intraoperative Tumorzellaussaat bzw. Mobilisation eines Tumorthrombus in den Lebervenen (z.B. beim fortgeschrittenen HCC mit Infiltration der Lebervenen) und zu einem erhöhten Risiko für eine Tumorperforation kommt. Aus diesen Gründen bevorzugen vor allem einige asiatische Zentren die anteriore Resektion bei der Hemihepatektomie rechts insbesondere bei der operativen Behandlung des hepatozellulären Karzinoms.
Studie In einer prospektiv randomisierten Studie aus Hongkong konnte 2006 gezeigt werden, dass das anteriore Vorgehen im Vergleich zur konventionellen Resektion bei großen hepatozellulären Karzinomen zu einem signifikant besseren Überleben führt (Liu et al., 2006).
Nach unseren umfangreichen Erfahrungen in der Leberchirurgie kann eine traumatisch bedingte Blutung aus
I
I
Die anteriore Resektion bietet eine ernst zu nehmende Alternative für das Vorgehen bei Tumoren mit ausgedehnten Infiltrationen in retroperitoneale Nachbarorgane, die eine sinnvolle Mobilisation des rechten Leberlappens von rechts onkologisch nicht sinnvoll erscheinen lassen.
Bei großen hepatozellulären Karzinomen im rechten Leberlappen legen die oben genannten Daten aus Hongkong nahe, bei der Resektion ein anteriores Vorgehen zu wählen. Der Hauptnachteil der anterioren Resektion ist die teilweise technisch deutlich schwierigere Beherrschung von Blutungen aus im Rahmen der Parenchymdurchtrennung von vorne eröffneten Lebervenen. Ursächlich sind die durch die fehlende Mobilisation des rechten Leberlappens deutlich erschwerten Verhältnisse für ein Anschlingen bzw. Abklemmen der supra- und infrahepatischen V. cava für eine definitive Blutungsbeherrschung im Falle einer ausgedehnteren Blutung aus den Lebervenen. Aus diesem Grund ist beim anterioren Vorgehen bei der Hemihepatektomie rechts mit einem höheren Blutverlust zu rechnen. Dies muss gegen die Vorteile des anterioren Vorgehens mit präliminärer Isolation und Durchtrennung der Lebervenen vor der Parenchymdurchtrennung abgewogen werden.
Literatur Hohenberger W, Ott R (2001) The anterior approach to hemihepatectomy. Chirurg 72(2):125-30 Liu CL, Fan ST, Cheung ST, Lo CM, Ng IO, Wong J (2006) Anterior approach versus conventional approach right hepatic resection for large hepatocellular carcinoma: a prospective randomized controlled study. Ann Surg. 2006; 244(2):194-203 Yamamoto J, Kosuge T, Shimada K, Yamasaki S, Takayama T, Makuuchi M (1999) Anterior transhepatic approach for isolated resection of the caudate lobe of the liver. World J Surg. 1999; 23(1):97-101
183 14.3 · Multiviszerale Resektion
14.3
Multiviszerale Resektion
14.3.2
Tumorbedingte perihepatische Resektion
J. Scheele, A. Schilling
14.3.1
Definition
Eine multiviszerale Leberresektion schließt neben dem eigentlichen Lebereingriff die Entfernung weiterer Organe oder Strukturen ein. Die Mitentfernung einer nicht erkrankten Gallenblase, wie sie routinemäßig bei den größeren Standardresektionen erfolgt, wird dabei nicht berücksichtigt. Solche Eingriffserweiterungen können zum einen benachbarte Strukturen bzw. Organteile betreffen, insbesondere das Zwerchfell, den Magen, adhärente Kolon- bzw. Dünndarmabschnitte, Gallengang und Pankreas, die rechte Niere bzw. Nebenniere oder vaskuläre Strukturen des Lig. hepatoduodenale. Entsprechende, möglichst en bloc vorgenommene Operationen lassen sich als perihepatische Resektionserweiterung klassifizieren. Eine zweite Gruppe, die als extrahepatische Resektionserweiterung zu klassifizieren ist, umfasst diskontinuierliche Zusatzoperationen. Hier ist in erster Linie die simultane Resektion eines Primärtumors und synchroner Lebermetastasen zu nennen, vorzugsweise beim kolorektalen Karzinom. Formal würde in diese Gruppe jedoch auch die zeitgleiche Entfernung erkrankter Organe fallen, die in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Anlass der Leberresektion stehen, etwa eine Begleitappendektomie, die Entfernung eines Meckel’schen Divertikels oder erkrankter Adnexe und Ähnliches mehr. ! Cave! Das heute mit global ca. 1% Mortalität sehr geringe Risiko einer Leberresektion bei intaktem Parenchym wird durch derartige Operationserweiterungen naturgemäß belastet.
Dies zeigt sich deutlich an der Analyse einer konsekutiven Serie von 747 Patienten des Hôpital Beaujon, Paris Clichy, aus den Jahren 1990-97. Die 5 Todesfälle bei 478 Patienten mit normalem Parenchym betrafen ausschließlich multiviszeral erweiterte Eingriffe wegen maligner Tumoren und waren durch Komplikationen der extrahepatischen Komponente verursacht oder getriggert (Belgithi et al. 2000). Nachfolgend seien zwei Aspekte näher beleuchtet: ▬ die tumorbedingte perihepatische Resektionserweiterung und ▬ die simultane Resektion von Dickdarm und Leber.
Die Mitentfernung unmittelbar benachbarter Strukturen im Rahmen einer Leberresektion erfolgt nahezu ausnahmslos unter onkologischen Gesichtspunkten, d.h. bei Nachweis bzw. unter dem Verdacht, dass ein maligner Tumor sich sowohl innerhalb der Leber als auch im benachbarten Organ ausbreitet. Hier sind auch Patienten eingeschlossen, bei denen die Ablösung eines vermutlich nur adhärenten Tumors eine Dissemination von Tumorzellen mit sich bringen könnte. Grundsätzlich kann sowohl ein Lebertumor auf eine Nachbarstruktur übergreifen (z.B. Infiltration des Zwerchfells durch eine Metastase bzw. ein HCC in Seg. VII oder VIII) als auch – umgekehrt – ein extrahepatischer Primärtumor die Leber erfassen (z.B. Adhäsion/Infiltration des links-lateralen Sektors durch ein Magenkarzinom). Für die operative Strategie ist es gleichgültig, ob eine eindeutige Tumorinfiltration vorliegt oder »nur« eine Tumoradhäsion. Diese Frage lässt sich ohnehin häufig erst in der histologischen Beurteilung klären. ! Cave! Da das entscheidende onkologische Erfolgs- und Prognosekriterium bei nahezu allen malignen Tumoren dieser Region in der R0-Resektion ohne Einriss des Tumors liegt, sollte jeder Versuch eines »Ablösens« unterbleiben und stets eine hinreichend weit dimensionierte en blocResektion vorgenommen werden.
Für den relativ häufigen Fall der Adhäsion (mit fraglicher Infiltration) eines Lebertumors am Zwerchfell erwächst aus der strikten Anwendung dieses Prinzips – unabhängig vom Ausmaß des Lebereingriffs – keine wesentliche Risikoerhöhung. Selbst ausgedehnte Zwerchfelldefekte mit einem Durchmesser des Exzidats von 10 cm oder mehr lassen sich, ggf. nach dorsaler Mobilisation, nahezu stets direkt verschließen. Alternativ kann ein Kunststoffnetz eingebracht werden. Auch der vorstehend erwähnte umgekehrte Fall einer Adhäsion bzw. Infiltration des links-lateralen Lebersektors durch ein Magenkarzinom ist sowohl technisch als auch in Hinblick auf das zusätzliche Operationsrisiko unproblematisch. Je nach Ausdehnung der Kontaktfläche und Größe des lateralen Leberanteils erfolgt entweder eine tangentiale atypische Resektion oder die anatomische Entfernung des lateralen Sektors. Komplexer sind Resektionserweiterungen in den biliopankreatischen Bereich, speziell die Kombination einer ausgedehnten Leberresektion mit einer Pankreaskopfresektion. Diese Situation kann sich bei einem langstreckigen Gallengangskarzinom ergeben, das einerseits den
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184
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
Suprahepatische Vena cava
Segmente II / III Linke Pfortader Segmente VI / VII
Linke Leberarterie
Rechte Pfortader und Leberarterie Pankreas ⊡ Abb. 14.3 Kombination einer zentralen Leberresektion und einer Whipple‘schen Resektion bei langstreckigem Gallengangskarzinom mit Einbeziehung der Konfluenz (Typ Bismuth-Corlette II)
Vena cava mit Mündung der linken Nierenvene
intrapankreatischen Abschnitt betrifft, andererseits bis an die Leberpforte reicht. Die Kombination einer erweiterten Rechtssektion mit Pankreatikoduodenektomie geht mit einer erheblichen Mortalität einher. Deshalb sollte zur Risikoreduktion versucht werden, das Ausmaß der Leberresektion auf einen Parenchymverlust von maximal 50% zu limitieren. Ein adäquater Lösungsvorschlag hierfür ist die Kombination einer zentralen Leberresektion mit der Whipple’schen Resektion (⊡ Abb. 14.3). Diese Variante erhöht
14
zwar die technische Komplexität, besonders hinsichtlich der abschließenden Gallengangsrekonstruktion, verdoppelt jedoch die Masse an funktioneller Restleber und damit die Kompensationsmöglichkeit im Falle postoperativer Störungen (Lang et al. 2004, Scheele 2001).
14.3.3
Resektion synchroner Lebermetastasen beim kolorektalen Karzinom
Die Entscheidung zwischen simultaner bzw. etappenweiser Resektion eines Dickdarmkarzinoms und zusätzlicher Lebermetastasen gründet sich auf onkologischen Erwägungen, Risikoaspekte und – leider zunehmend – wirtschaftlichen Überlegungen.
Onkologische Aspekte Die onkologische Situation lässt sich an Daten verschiedener, teils älterer Kohortenstudien unter Einbeziehung neuerer innovativer Entwicklungen verdeutlichen:
Vena mes. superior und Pfortader
In nahezu allen Untersuchungen zur Prognose nach R0-Resektion kolorektaler Lebermetastasen schneiden Patienten mit metachronem Auftreten der Metastasen besser ab als Patienten mit synchronem Leberbefall. Im eigenen Krankengut war dieser negative Prognoseeffekt der synchronen Metastasen jedoch nicht mehr nachweisbar, wenn sie verzögert reseziert wurden (⊡ Tab. 14.1). Ganz offensichtlich führt dieser »test of time« zwischen Primärtumorentfernung und definitiver Entscheidung hinsichtlich der Leberresektion zur Selektion prognostisch günstiger Patienten bzw. – im Umkehrschluss – zum Ausschluss vermutlich von Beginn an aussichtsloser Tumorsituationen (Scheele et al. 2001). Die neoadjuvante Chemotherapie mit modernen Therapieschemata (FOLFOX IV bzw. FOLFIRI +/- Bevacizumab) scheint die Rate sekundärer R0-Resektionen und die langfristigen Erfolgsaussichten zu verbessern (Barone et al. 2007). Da ohnehin bei der Mehrzahl entsprechender Patienten infolge eines mesenterialen Lymphknotenbefalls eine – in Bezug auf den Primärtumor – adjuvante Chemotherapie indiziert ist, bietet das Konzept des operativen Splittings den Vorteil einer zeitlich verzahnten multimodalen Behandlung.
Risikoerwägungen Wägt man das Risiko ab, so erscheint es nicht vertretbar, einen komplikationsträchtigen Primäreingriff mit einer ausgedehnten Parenchymreduktion an der Leber zu kombinieren. Die Kompensationsfähigkeit entsprechender Patienten ist gerade bei Entwicklung einer Sepsis massiv eingeschränkt.
185 14.3 · Multiviszerale Resektion
⊡ Tab. 14.1 Zeitliche Verhältnisse bei kolorektalen Lebermetastasen (nach Scheele et al. 2001) Metastasentyp / Resektionszeitpunkt
Patienten
5-Jahres-Überlebensrate (%)
10-Jahres-Überlebensrate (%)
medianes Überleben (Monate)
metachron
298
45,8
33,3
49,9
synchron/verzögert reseziert
91
43,3
30,2
39,6
synchron/simultan reseziert
84
24,3
16,4
24,8
Im konkreten Fall geht es hier besonders um die Anastomosensicherheit. Unter diesem Aspekt wurden im eigenen Krankengut in der Ära offener kolorektaler Chirurgie bei anderweitig »gesunden« Patienten linksseitige Kolonresektionen, namentlich eine (tiefe) anteriore Sigma-/Rektumresektion, nur mit Leberresektionen von bis zu 30% Parenchymverlust kombiniert, also beispielsweise mit einer links-lateralen Sektorektomie. Demgegenüber erfolgten bei rechtsseitigen Kolonresektionen – auch bei einer subtotalen Kolektomie mit ileo-sigmoidaler bzw. hoher ileorektaler Anastomose – Leberresektionen jeden Ausmaßes im Einzelfall auch simultan. Die jeweilige individuelle Entscheidung wurde durch das Ausmaß der Komorbidität und den Ablauf der stets einleitend vorgenommenen Resektion des Primärtumors geprägt (Scheele et al. 2001).
Studie Dieses empirisch – z.T. aus negativer Erfahrung – festgelegte Konzept wird durch neuere Publikationen validiert. So fand die Berliner Arbeitsgruppe um Neuhaus trotz erheblicher Patientenselektion nach kombinierter Dickdarm- und Leberresektion zwar eine vergleichbare Komplikationsrate, jedoch eine mit 10% signifikant höhere Operationsletalität. Todesfälle wurden stets nach ausgedehnten Leberresektionen und überwiegend bei über 70-jährigen Patienten beobachtet (Thelen et al. 2007). Aus dem umgekehrten Blickwinkel der Leberresektion führte eine zusätzliche Dickdarmresektion in einer aktuellen Analyse der Duke University in Durham bei »kleineren« Leberresektionen in Hinblick auf Letalität (1% vs. 0,5%) und Morbidität (14,1% vs. 12,5%) zu vergleichbaren Resultaten, während das Risiko einer größeren Leberresektion durch diese Operationserweiterung für beide Parameter (8.3% vs. 1.4% bzw. 36.1% vs. 15.1%) signifikant und inakzeptabel anstieg (Reddy et al. 2007).
Inzwischen werden kolorektale Resektionen zunehmend laparoskopisch vorgenommen, am eigenen Haus in über 90% der Fälle. Hier bietet es sich bereits aus praktischen
Gesichtspunkten an, die Leberresektion verzögert über einen Oberbauchquerschnitt vorzunehmen. Dank der laparoskopischen Voroperation ist das Ausmaß von Verwachsungen gegenüber der früher üblichen totalen medianen Laparotomie deutlich reduziert. Somit kann die vormals häufige technische Erschwernis der verzögerten Leberresektion vernachlässigt und das kumulative Risiko beider Eingriffe gesenkt werden. Ein Nebenaspekt betrifft die Frage einer histologischen Sicherung von Metastasen im Rahmen des Primäreingriffs, sofern die Leberresektion verzögert erfolgen soll. Liegen mehrere Tumorherde vor, von denen sich einer infolge günstiger Lage problemlos im Gesunden entfernen lässt, ist dessen komplette Exzision – auch laparoskopisch – zu erwägen. Nadelbiopsien hingegen sind angesichts des nach wie vor ungeklärten Risikos einer Tumorzelldissemination und des in der Regel geringen Informationsgewinns bei resektablen Patienten aus meiner Sicht kaum je indiziert. Schließlich bieten moderne bildgebende Verfahren, ein evtl. erhöhter Tumormarker und das makroskopische Urteil eines erfahrenen Chirurgen eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die spätere Leberresektion. Ist eine histologische Sicherung unumgänglich, sollte sie im Sinne einer ausreichend dimensionierten Stanzbiopsie durch später mit zu resezierende Leberareale erfolgen.
Wirtschaftliche Überlegungen Wirtschaftliche Überlegungen decken sich mit den vorstehenden Ausführungen zur geänderten Grundsituation in der Ära der laparoskopischen kolorektalen Chirurgie. Werden beide Eingriffe kombiniert, geht die Leberresektion der Klinik wirtschaftlich »verloren«, wohingegen ihre Kosten und die (auch finanziellen) Risiken eines komplizierten Verlaufs erhalten bleiben. Insofern erscheint es derzeit im deutschen Gesundheitssystem sinnvoll, die Primärtumorresektion voranzustellen, eine Phase (neo-) adjuvanter Chemotherapie zwischenzuschalten und anschließend die Leberresektion vorzunehmen. Sofern sich die in der modernen Bildgebung erkennbare hepatische Metastasierung auf einen günstig gele-
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14
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
genen solitären Herd bzw. auf den links-lateralen Sektor beschränkt, kann selbstverständlich die laparoskopische kolorektale Resektion mit einer ebenfalls laparoskopischen Leberresektion kombiniert werden. Ob sich dies – in der Fläche – künftig auch für die Hemihepatektomie durchsetzen wird, erscheint derzeit sowohl unter Risikoerwägungen als auch unter Kostenaspekten eher zweifelhaft.
Formal sind zwei Situationen zu unterscheiden: ▬ die Komplettierung einer unradikalen oder unzureichenden Erstoperation (R1-Exzision eines Lebertumors, inzidenzielles Gallenblasenkarzinom ab pT2) und ▬ die Entfernung eines nach vorangegangener R0Resektion und tumorfreiem Intervall aufgetretenen Rezidivtumors. Größerer Zeitvorschub (wie oben).
Literatur
Gelten für die erstgenannte Situation ausschließlich die Kriterien des Ersteingriffs, sind im zweiten Fall Fragen der Tumordynamik (Dauer des krankheitsfreien Intervalls), der hepatischen Rezidivmanifestation (solitär oder multifokal), zwischenzeitlicher bzw. simultaner extrahepatischer Tumormanifestationen (Lokalrezidiv, Lungenmetastase(n), sonstige Metastasen, peritoneale Absiedlungen) und das Ausmaß der Erstresektion an der Leber von Bedeutung. Ähnlich wie beim Ersteingriff spielen multimodale Konzepte eine zunehmende Rolle, beispielsweise die neoadjuvante Chemotherapie bei kolorektalen Metastasen (Ishiguro et al. 2006), eine kombiniert transarterielle/ portalvenöse Embolisation beim HCC bei noch nicht fortgeschrittenem zirrhotischem Umbau (Ogata et al. 2006) oder die Kombination von Resektion und ablativer Tumorzerstörung.
Barone C, Nuzzo G, Cassano A, Basso M, Schinzari G, Giuliante F, D‘Argento E, Trigila N, Astone A, Pozzo C (2007) Final analysis of colorectal cancer patients treated with irinotecan and 5-fluorouracil plus folinic acid neoadjuvant chemotherapy for unresectable liver metastases. Br J Cancer 97:1035-9. Belghiti J, Hiramatsu K, Benoist S, Massault P, Sauvanet A, Farges O (2000) Seven hundred forty-seven hepatectomies in the 1990s: an update to evaluate the actual risk of liver resection. J Am Coll Surg 191:38-46 Lang H, Sotiropoulos GC, Frühauf NR, Radtke A, Malagó M, Broelsch CE (2004) Mesohepatektomie – Eine Alternative zur erweiterten Hemihepatektomie bei zentralen Lebertumoren. Chirurg 75: 424-9 Reddy SK, Pawlik TM, Zorzi D, Gleisner AL, Ribero D, Assumpcao L, Barbas AS, Abdalla EK, Choti MA, Vauthey JN, Ludwig KA, Mantyh CR, Morse MA, Clary BM (2007) Simultaneous resections of colorectal cancer and synchronous liver metastases: a multi-institutional analysis. Ann Surg Oncol. 14:3295-6. Rerknimitr R, Kladcharoen N, Mahachai V, Kullavanijaya P (2004) Result of endoscopic biliary drainage in hilar cholangiocarcinomA. J Clin Gastroenterol. 38:518-23 Scheele J (2001) Anatomiegerechte und atypische Leberresektionen. Chirurg 72:113-24 Scheele J, Altendorf-Hofmann A, Grube T, Hohenberger W, R. Stangl R Schmidt K (2001) Resektion colorectaler Lebermetastasen Welche Prognosefaktoren bestimmen die Patientenselektion? Chirurg 72:547-560 Thelen A, Jonas S, Benckert C, Spinelli A, Lopez-Hänninen E, Rudolph B, Neumann U, Neuhaus P (2007) Simultaneous versus staged liver resection of synchronous liver metastases from colorectal cancer. Int J Colorectal Dis. 22:1269-76
14.4
Rezidivresektion
J. Scheele, A. Schilling > Die Indikation zu einer Zweitresektion der Leber entspricht grundsätzlich der des Ersteingriffs.
Bei den meisten Tumorentitäten, speziell den kolorektalen Metastasen und dem hepatozellulären Karzinom, verspricht nur die komplette Tumorentfernung einen prognostischen Gewinn. Somit erscheint die erneute Operation auch nur dann gerechtfertigt, wenn dieses Ziel erreichbar ist.
14.4.1
Operationstaktische Aspekte
> Technische Schwierigkeit und Risiko einer Reresektion werden vom Ausmaß des Ersteingriffs, vom Zustand des Leberparenchyms und vom erforderlichen Umfang der neuerlichen Resektion bestimmt.
Die Komplettierung einer sehr limitierten Voroperation beinhaltet in der Regel die Anforderung eines Ersteingriffs. So ist beispielsweise lange gesichert, dass bei einem zufällig im Präparat nachgewiesenen Gallenblasenkarzinom ab einer Infiltration des perimuskulären Bindegewebes (pT2) die Reoperation indiziert ist. Neben der Entfernung der angrenzenden Lebersegmente IVb und V sollte eine ausgedehnte Lymphknotendissektion von Lig. hepatoduodenale und der beiden Abflusswege entlang der A. hepatica communis zum Truncus coeliacus sowie retropankreatisch zu den interaortocavalen Lymphknoten kaudal der linken Nierenvene erfolgen. Durch diese Strategie ließ sich die 5-Jahres-Überlebensrate von 40,5% auf 90% steigern (Shirai et al.1992a). Abgesehen von Verwachsungen, die bei der heute meist vorangegangenen minimal-invasiven Cholezystektomie unproblematisch sind, ergeben sich gegenüber einer primär adäqua-
187 14.4 · Rezidivresektion
ten Operation kaum zusätzliche Anforderungen. Ähnlich entspricht die Komplettierung nach der (meist als kleine atypische Exzision vorgenommenen) R1-Entfernung einer Lebermetastase in operationstechnischer Hinsicht den Anforderungen einer von vornherein onkologisch korrekten primären Leberresektion. Schwieriger kann sich die Reoperation im echten Rezidivfall gestalten, sofern eine ausgedehnte Erstoperation vorangegangen ist. So ist der anatomische Aufbau der Restleber durch Regenerationsvorgänge häufig verändert bzw. infolge postoperativer Vernarbungen kaum zu erkennen. Auch das Leberparenchym stellt sich nach einer Volumenregeneration anders dar – schwammig, brüchig und gelegentlich mit einer deutlichen venösen Blutungsneigung. Schließlich ist der Effekt einer entweder zum Zeitpunkt des Ersteingriffs oder im Vorfeld der anstehenden Reoperation applizierten Chemotherapie – speziell mit modernen Schemata – zu berücksichtigen. ! Cave! Die besonders nach Gabe von Irinotecan beobachtete sog. chemotherapieassoziierte Steatohepatitis (CASH) kann das Ausmaß der möglichen Parenchymreduktion beeinträchtigen (Fernandez et al. 2006).
Auf der anderen Seite ermöglichen gerade diese neuen Präparate dank erhöhter Responserate und zum Teil dramatischer Tumorrückbildung überhaupt erst sinnvolle Überlegungen hinsichtlich einer Reresektion. In der eigenen Praxis wird daher die Operation – auch bei einer Erstresektion – frühestens 3 Wochen nach der letzten Chemotherapie vorgenommen; monoklonale Antikörper sollten nur bis 8 Wochen präoperativ verabreicht werden. Ein sonographischer Verdacht auf CASH lässt sich im computertomographischen Dichtevergleich gegenüber der Milz genauer abschätzen und so die weitere therapeutische Strategie modifizieren (Panicek et al. 1997). Von der operativen Strategie sind Rezidive am Resektionsrand von Tumormanifestationen an neuer Lokalisation abzugrenzen. > Im ersten Fall sollten – wie bei der multiviszeralen Resektion ausgeführt – adhärente Strukturen nie abgelöst, sondern stets en bloc mit reseziert werden, um die sonst drohende Tumorzelldissemination zu vermeiden.
Bei Rezidivtumoren an bislang nicht tangierter Stelle entfallen solche Zusatzmaßnahmen. Was das Resektionsausmaß betrifft, sollte bei gesundem Parenchym nach kleineren atypischen Voroperationen eher eine anatomiegerechte Reresektion vorgenommen werden, sei es in Form einer Standardresektion
oder als segmentorientiertes Vorgehen. Dies ist auch nach einer rechtsseitigen Hemihepatektomie möglich, etwa mittels Komplettierung zur rechtsseitigen Trisektorektomie durch Entfernung des tumorbefallenen Sektor IV (Segmente IVa und IVb). Gerade bei der gelegentlich anatomisch veränderten Rezidivsituation gelingt so eine technisch saubere und onkologisch adäquate Tumorentfernung (Scheele 2001). Anspruchsvoller können sich die Voraussetzungen nach einer vorangegangenen linksseitigen Hemihepatektomie darstellen, da die verbliebene rechte Leberhälfte nicht die von der linken Seite bekannte äußere Gliederung erkennen lässt. Eine präliminäre Präparation sektoraler Gefäße im Leberhilus verbietet sich meist wegen der massiven Vernarbungen, sodass die Möglichkeit einer selektiven Gefäßabklemmung zur Abgrenzung von gut durchbluteten und avaskulären Parenchymbereichen entfällt. Hier ist nur bei günstiger Lage des Rezidivtumors eine in etwa anatomiegerechte Mono- bzw. Bisegmentektomie durchführbar; meist jedoch erlaubt die global hypertrophierte rechte Leberhälfte mangels anatomischer »Landmarken« nur eine an der Tumorausdehnung orientierte atypische Resektion. Gerade wegen dieser schwierigeren anatomischen Orientierung ist bei einer solchen Reresektion die Verfügbarkeit der intraoperativen Sonographie zwingend geboten.
14.4.2
Onkologische Gesichtspunkte
Auch hier ist zwischen Komplettierungseingriffen und Operationen wegen eines erneuten hepatischen Tumorleidens nach früherer R0-Resektion zu unterschieden. > Komplettierungsoperationen sind nachgewiesenermaßen prognostisch sinnvoll.
So wurden im eigenen Krankengut kolorektaler Lebermetastasen nach Korrektur einer initialen R1-Resektion mehrere über 5-jährige tumorfreie Verläufe beobachtet. Die Anzahl derartiger Patienten ist allerdings in allen Serien so gering, dass belastbare statistische Aussagen in der Literatur fehlen. Dennoch lassen solche kasuistischen Verläufe einen positiven Effekt der R0-Komplettierung äußerst wahrscheinlich erscheinen, waren doch derart lange Überlebenszeiten nach R1-Resektion in früheren Jahren nicht beobachtet worden (Scheele et al. 2001). Selbst heute dürften sie trotz deutlich effizienterer Chemotherapie Ausnahmen darstellen. Beim Gallenblasenkarzinom ist sowohl die Effizienz einer adäquaten Operationsausweitung nach vorangegangener alleiniger (R0)-Cholezystektomie im Falle der pT2-Tumore als auch die Komplettierung bei zunächst
14
188
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
unradikaler Tumorentfernung in zahlreichen Serien belegt (Shirai et al. 1992a, Bartlett et al. 1996). ! Cave! Nach eigenen unpublizierten Daten wird jedoch die Überlebensrate halbiert, sofern beim Ersteingriff durch den Tumor geschnitten wurde. Daher sollten Teilentfernungen bzw. diagnostische Exzisionen aus tumorverdächtigen Veränderungen – etwa als Basis für eine Verlegung in ein hepatobiliäres Zentrum – unbedingt unterbleiben.
14
Für die Frage einer Reresektion nach initialer R0-Resektion liegen im Wesentlichen Daten für kolorektale Lebermetastasen vor. Die publizierten 5-Jahres-Überlebensraten ab dem Zeitpunkt der Zweitresektion bewegen sich in größeren Serien zwischen 21% und 49% und sind dem Ergebnis entsprechender Zentren ab der initialen Leberresektion mindestens vergleichbar, häufig sogar besser. (Scheele et al. 1995, Shaw et al. 2006, Ishiguro 2006, Yan et al. 2007). Dies mag einen höheren Selektionsgrad bei Patienten mit einem erneut resektablen Zweitbefall signalisieren. Zudem entfällt für die Reresektion auch der negative statistische Einfluss von synchronen Metastasen. Diese Beobachtung eines gleichwertigen, ja tendenziell sogar günstigeren Resultats hält im Übrigen bei Betrachtung von Patienten nach Dritt- oder Viertresektionen an, sodass auch bei wiederholter Rezidiventwicklung ein aktives chirurgisches Vorgehen empfohlen wird (Adam et al. 2003). Wenngleich in westlichen Ländern von geringerer Bedeutung, sei hier auf die praktisch identische Datenlage hinsichtlich wiederholter Leberresektionen – meist allerdings umschriebenen lokalen Exzisionen – beim hepatozellulären Karzinom in Japan hingewiesen.
Studie In einer Untersuchung der Universität von Tokyo aus den Jahren 1994-2000 lag das 1-, 3- und 5-JahresÜberleben von 334 Patienten nach der ersten Leberresektion bei 94%, 75% und 56%, das von 67 Patienten ab der 2. Resektion bei 93%, 70% und ebenfalls 56%. Patienten, die beim Ersteingriff einen solitären Befall zeigten, mehr als 1 Jahr tumorfrei blieben und beim Zweiteingriff keine Tumorinvasion in Pfortaderäste aufwiesen, zeigten ab der Reoperation sogar ein 5-JahresÜberleben von 86%. Nach 11 dritten und 6 vierten Resektionen leben noch alle Patienten, wenngleich mit sehr kurzer Nachbeobachtungszeit. (Minagawa et al. 2003).
In Abhängigkeit vom Ausmaß des Ersteingriffs, dem Zirrhosestadium zum Rezidivzeitpunkt und der Lokalisation des Rezidivtumors ist eine Abwägung zwischen erneuter Resektion und perkutaner ablativer Therapie geboten (Taura et al. 2006). Da zudem gerade beim Zirrhosepatienten der Parenchymverlust betont gering gehalten wird, bieten sich bei entsprechender Tumorgröße und Lokalisation sowohl für den Erst- als auch den Rezidiveingriff laparoskopische Tumorenukleationen bzw. Segmentresektionen an (Cherqui et al. 2006). Diese Verfahren kommen inzwischen – unabhängig von der Frage einer Leberzirrhose – auch bei ausgedehnten anatomischen Resektionen zum Einsatz (Gigot et al. 2003, Dagher et al. 2007).
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189 14.5 · Besonderheiten beim Gallengangskarzinom
Scheele J, Altendorf-Hofmann A, Grube T, Hohenberger W, R. Stangl R Schmidt K (2001) Resektion colorectaler Lebermetastasen Welche Prognosefaktoren bestimmen die Patientenselektion? Chirurg 72:547-560 Scheele J, Stangl R, Schmidt K, Altendorf-Hofmann A (1995) Das Tumorrezidiv nach R0-Resektion kolorektaler Lebermetastasen. Häufigkeit, Resektabilität und Prognose. Chirurg 66:965-73. Shaw IM, Rees M, Welsh FKS, Bygrave S, John TG (2006) Repeat hepatic resection for recurrent colorectal liver metastases is associated with favourable long-term survival: Br J Surg 93:457-64 Shirai Y, Yoshida K, Tsukada K, Mutto T (1992a) Inapparent carcinoma of the gallbladder. An appraisal of a radical second operation after simple cholecystectomy. Ann Surg 215: 326. Taura K, Ikai I, Hatano E, Fujii H, Uyama N, Shimahara Y (2006) Implication of frequent local ablation therapy for intrahepatic recurrence in prolonged survival of patients with hepatocellular carcinoma undergoing hepatic resection: an analysis of 610 patients over 16 years old. Ann Surg. 244:265-73 Yan TD, Sim J, Black D, Niu R, Morris DL, MD (2007) Systematic Review on Safety and Efficacy of Repeat Hepatectomy for Recurrent Liver Metastases from Colorectal Carcinoma Ann Surg Oncol 14:2069-77
14.5
Besonderheiten beim Gallengangskarzinom
Zahlenmäßig steht hierbei die Resektionserweiterung Richtung Leber ganz im Vordergrund, da ca. 2/3 aller extrahepatischen Gallengangskarzinome im proximalen Drittel lokalisiert sind.
Studie Zur Festlegung der Tumorausdehnung und damit des erforderlichen Resektionsausmaßes sind nach einer bei 53 Patienten durchgeführten verblindeten Vergleichsstudie die MRC und die PTC der ERC signifikant überlegen. Hinsichtlich der proximalen Tumorgrenze und damit der Klassifikation nach BismuthCorlette war bei 20 Patienten mit kompletter Diagnostik die PTC mit 53% korrekten Ergebnissen den beiden nicht-invasiven Verfahren (29% bzw. 36%) überlegen. Unabhängig vom Bildgebungsverfahren wurde die Tumorausdehnung in 30-40% über- und in weniger als 10% unterschätzt (Romaneehsen et al. 2005). Die in dieser Beobachtung dokumentierte Gefahr, den Patienten fälschlich als irresektabel einzustufen, stützt ein aktives chirurgisches Vorgehen auch bei präoperativ als fraglich eingeschätzter Resektabilität.
J. Scheele, A. Schilling > Das operativ-strategische Problem des Gallengangskarzinoms beruht auf seiner lymphogenen Ausbreitung.
Diese betrifft nicht nur das Auftreten von Lymphknotenmetastasen im Lig. hepatoduodenale sowie entlang der vorstehend beschriebenen Abflusswege in Richtung des Truncus coeliacus und des interaortocavalen Bereichs. Sie umfasst auch den häufigen Nachweis von Tumorzellen in Lymphgefäßen, der sich entlang des Gallengangs weit über die makroskopischen Tumorgrenzen in Richtung Pankreas bzw. Leberpforte ausdehnen kann. Daher ist bei der Resektion eine möglichst ausgedehnte Entfernung des Gallengangs nebst en bloc-Entfernung der genannten Lymphabflussgebiete anzustreben. > Je nach Lokalisation und Ausdehnung des Tumors am Gallengang selbst, sowie je nach Wuchsform in der bildgebenden Diagnostik (polypoid und scharf begrenzt, infiltrativ mit konisch zulaufender Stenosierung), ist neben der Entfernung des extrahepatischen Gallengangs die Operationserweiterung auf den Pankreaskopf, die Leberpforte nebst angrenzenden Parenchymbereichen oder in beide Richtungen erforderlich.
Die Langzeitergebnisse nach Gallengangsresektion waren in der Ära einer restriktiven Operationstaktik mit 5-Jahres-Überlebensraten um 10% äußerst enttäuschend. Hier mag ein wesentlicher Grund für die – zumindest früher – sehr zurückhaltende Überweisungspolitik entsprechender Patienten seitens der interventionellen Endoskopiker liegen. Dank einer liberaleren Indikationsstellung hinsichtlich einer Operationserweiterung in Richtung Leber (vgl. nachfolgender Abschnitt) bzw. Pankreas konnten die Resultate zwischenzeitlich mit einem 5-Jahresergebnis von 40-60% nach R0-Resektion deutlich verbessert werden (Übersicht bei Witzigmann et al. 2008). Nachfolgend sei das operationstaktische Vorgehen bei einer geplant isolierten Gallengangsresektion umrissen, wie sie für (seltene) kurzstreckige Tumoren des mittleren Drittels mit hinreichendem Abstand zur Konfluenz von rechtem und linkem Ductus hepaticus und ohne Befall der intrapankreatischen Region indiziert ist. Die hier dargestellten Schritte laufen in der eigenen Praxis initial auch bei Operationsausweitung in Richtung Leber, Pankreaskopf oder beide Bereiche identisch ab. Ganz wesentlich erscheint daher der Hinweis, dass die endgültige Entscheidung für bzw. gegen eine solche Operationserweiterung bis zum Ende der nachfolgend dargelegten Präparation hinausgeschoben werden kann.
14
190
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
14.5.1
Operationstaktik
> Methodisch ist es sinnvoll, nicht den tumorbefallenen Gallengang zu fokussieren und damit auch zu präparieren, sondern jene Strukturen, die am Ende des Eingriffs verbleiben sollen, also im Wesentlichen die vaskulären Strukturen des Lig. hepatoduodenale.
14
Da sich der Gallengang eher an dessen rechts-anteriorer Kante findet, beginnt die Präparation von der meist weniger betroffenen linken Kante des Ligaments. Vorbereitend werden zum distalen Magen bzw. Duodenum führende Strukturen magennah präpariert, so u.a. die A. gastrica dextra. Danach lässt sich die Pylorusregion über den Pankreaskopf weit nach caudal verlagern. Es folgt die suprapankreatische Lymphknotendissektion von A. hepatica communis und Truncus coeliacus bis zum rechten Zwerchfellschenkel. Anschließend wird das Lymph-/Nervengewebe an der linken Kante der linken Leberarterie längsinzidiert und diese dann durch Abschieben des Dissektats nach posterior bzw. anterior freigelegt. In gleicher Weise wird die linke Kante der Pfortader freigelegt und dieses Gefäß ebenfalls nach links zu aus dem Ligament gelöst. An der rechten Leberarterie ist zu prüfen, ob dieses Gefäß wegen eines innigen Tumorkontakts im Kreuzungsbereich des Gallengangs reseziert werden muss. Ist dies erforderlich, bietet sich entweder eine simultane (erweiterte, s.u.) rechtsseitige Hemihepatektomie oder – nach zentraler Leberresektion – die abschließende Rekonstruktion der rechten Leberarterie mit dem Ast zum posterioren Sektor an (Beispiel in Scheele, 2001). Sobald auf diese Weise die zu erhaltenden vaskulären Strukturen befreit sind, folgt unter Kocher’scher Mobilisation des Duodenums die Dissektion des retroduodenalen Lymphabflussgebiets. Entsprechend japanischen Empfehlungen beim Gallenblasenkarzinom sollte dies die kaudal der linken Nierenvene gelegenen interaortocavalen Lymphknoten einschließen (Shirai et al. 1992b). Nach diesen Schritten sind der tumortragende Gallengangsabschnitt und das ihn umgebende Lymphknotendissektat nur noch an Leberpforte und Pankreasoberrand fixiert. Erscheinen beide Bereiche makroskopisch und bei zarter Palpation unverdächtig, ist unter Risiko-/ Nutzenabwägung die isolierte Gallengangsresektion gerechtfertigt. Hierbei sollte die zentrale Resektion den Konfluenz von rechtem und linkem Gallengang stets mit entfernen, während die distale Durchtrennung geringfügig nach intrapankreatisch verlagert werden kann. Die abschließende biliodigestive Rekonstruktion erfolgt meist mit der nach Y-Roux ausgeschalteten obersten Jejunumschlinge. Hierbei wird die biliodigestive Anastomose je nach Lumen und Wandstärke des Gallengangs mit einem
resorbierbaren monofilen Faden der Stärke 4-0 bis 6-0 angelegt. In der eigenen Praxis erfolgt diese Naht nahezu ausnahmslos einreihig fortlaufend mit einer zusätzlichen Ecknaht der Gegenseite. Für diese Rekonstruktion werden der rechte und linke Gallengang – sofern zwischen ihnen keine Gewebebrücke mehr besteht – durch 2-4 Einzelknopfnähte zunächst zu einem gemeinsamen Lumen vereinigt. Bei sehr zartem Gallengang kann der linke Gang im Sinne der Rekonstruktion nach Hepp-Couinaud 10-15 mm weit inzidiert werden. Routinemäßig erscheint dies jedoch bei der heute üblichen, sehr delikaten einreihigen Nahttechnik unter Verwendung der oben genannten zarten monofilen Fäden nicht mehr erforderlich.
Literatur Romaneehsen B, Otto G, Lohse AW, Bittinger F, Herber S, Oberholzer K, Pitton MB, Thelen M (2005) Die Diagnostik des hilären Cholangiokarzinoms: Wertigkeit von präoperativer ERC, MRC und PTC im Vergleich zur Histopathologie. Tumordiagn u Ther 26: 30-8Scheele J (2001) Anatomiegerechte und atypische Leberresektionen. Chirurg 72:113-24 Shirai Y, Yoshida K, Tsukada K, et al. (1992b) Identification ofthe regional lymphatic system of the gallbladder by vital staining. Br J Surg 79:659-662. Witzigmann H, Berr F, Ringel U, Caca K, Uhlmann D, Schoppmeyer K, Tannapfel A, Wittekind C, Mossner J, Hauss J, Wiedmann M (2006) Surgical and palliative management and outcome in 184 patients with hilar cholangiocarcinoma: palliative photodynamic therapy plus stenting is comparable to r1/r2 resection. Ann Surg. 244:230-9
14.6
Besonderheiten bei Klatskin-Tumoren
J. Scheele, A. Schilling
14.6.1
Historisches
Die moderne operative Strategie beim Klatskin-Tumor stellt letztlich eine konsequente Weiterführung der eben dargelegten Entscheidungsschritte bei einer Tumorentität mit deutlich höheren, gelegentlich maximalen operationstechnischen und -takischen Anforderungen dar. Diese erstmals 1965 von dem Hepatologen Gerald Klatskin beschriebenen hilusnahen Tumoren der extrahepatischen Gallenwege wurden später von Bismuth und Corlette unter dem Aspekt chirurgischer Eingriffsmöglichkeiten morphologisch klassifiziert (⊡ Tab. 14.2, ⊡ Abb. 14.4). Die operative Strategie war allerdings bis Beginn der 90er Jahre äußerst defensiv. So wurde unter dem Begriff der sog. »Skelettonisation« meist nur der Gallengang aus dem Lig. hepatoduodenale ausgeschält und entfernt, wobei selbst die vorstehend beschriebene en bloc-Dissektion
191 14.6 · Besonderheiten bei Klatskin-Tumoren
⊡ Abb. 14.4 Einteilung des Klatskin-Tumors nach Bismuth-Corlette und operativer Therapie (Schema zu ⊡ Tab. 14.2)
⊡ Tab. 14.2 Einteilung des Klatskin-Tumors nach Bismuth-Corlette und operativer Therapie (s.a. ⊡ Abb. 14.4) Typ
Beschreibung
Operation
I
Tumor des Ductus hepaticus communis ohne Einbeziehung der Konfluenz
isolierte Gallengangsresektion (bei Risiko), zentrale Leberresektion (Seg. I, IVa, IVb, V und VIII)
II
Konfluenz von rechtem und linkem Hauptgallengang in den Tumor einbezogen
zentrale Leberresektion Trisektorektomie rechts + PV-Resektion
III
Ein Hauptgallengang vom Tumor betroffen
IIIa
Tumor erstreckt sich in den rechten Hauptgallengang
Trisektorektomie rechts + PV-Resektion
IIIb
Tumor erstreckt sich in den linken Hauptgallengang
Trisektorektomie rechts + PV-Resektion Trisektorektomie links / Transplantation
Beide Hauptgallengänge vom Tumor betroffen
Trisektorektomie rechts + PV-Resektion / Transplantation
IV
Die Abgrenzung der Typen III und IV gegenüber Typ II bzw. untereinander erfolgt etwas uneinheitlich. Teils wird ein klar erkennbarer, jedoch nur einige mm in den entsprechenden Hauptgallengang reichender Befall als Definitionskriterium gewertet (so in diesem Kapitel), teils nur eine Tumorausbreitung bis zur »Aufteilung 2. Grades« (dies könnte links der Zufluss aus Sektor IV sein oder der Zusammenfluss von Seg. II und III)
des Lymphabflussgebiets vielfach unterblieb bzw. nur eingeschränkt vorgenommen wurde. Eine (umschriebene) Leberresektion erfolgte meist nur, wenn während der Präparation eine Infiltration nachweisbar war. Diese Strategie musste zwangsläufig zu häufiger Tumorzelldissemination führen. Die zurückhaltende Indikationsstellung zur Leberresektion war mit einer geringen Resektionsrate und – bei den resezierten Patienten – mit einer niedrigen R0-Quote verbunden. Die Ergebnisse der restriktiven Operationsstrategie waren enttäuschend. Mehr als 5-jähriges Überleben war häufig auf Patienten mit Typ I oder II-Tumoren begrenzt (Gerhards et al. 1999) und lag nur selten über 10% (Cameron et al. 1990, Lygidakis et al., 2001). Auch Patienten mit zusätzlicher Leberresektion schneiden in verschiedenen dieser von defensiver operativer Strategie geprägten Mitteilungen nicht besser ab als jene mit alleiniger Gallengangsresektion (Launois et al. 1999). Schließlich handelte es sich hier um fortgeschrittenere bzw. weiter in die Leber hinein entwickelte Tumore.
Ab Ende der 80er Jahre etablierte sich – initiiert durch bessere Ergebnisse der asiatischen Chirurgie – eine liberalere, heute fast grundsätzliche, Kombination von Gallengangs- und Leberresektion. Dies führte in zahlreichen Untersuchungen zu einer höheren Resektionsquote, einem steigenden Anteil von R0-Eingriffen und einer signifikanten Verbesserung des Langzeitüberlebens (⊡ Tab. 14.3, Saldinger u. Blumgart 2000, Jarnagin et al. 2001, Dinant et al. 2006). Besonders die Längsschnittuntersuchung von Saldinger und Blumgart verdeutlicht, dass dieser Strategiewandel in Richtung zunehmender kombinierter Gallengangs-/Leberresektionen zu einer höheren R0-Rate und einem Anstieg von medianer Überlebenszeit bzw. 5-Jahres-Überlebensrate führte (⊡ Abb. 14.5). Gelegentlich wird in entsprechenden Publikationen aus dieser Umstellungsphase als Maximalvariante der Leberresektion die »Hemihepatektomie« mitgeteilt (Lygidakis et al., 2001) – aus heutiger Sicht eine inadäquate Verfahrenswahl.
14
192
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
⊡ Tab. 14.3 Entwicklung der Therapie beim hilären Gallengangskarzinom (nach Saldinger u. Blumgart 2000) Periode I
Periode II
Periode III
Behandlungszeitraum
1/1977 – 9/1985
10/1986 – 10/1990
3/1991 – 4/1997
Patienten
131
48
90
Tumorresektion
27 (20%)
21 (43%)
30 (33%)
davon mit Leberresektion
16 (60%)
9 (43%)
22 (73%)
Tumorfreier Resektionsrand
15 (56%)
14 (67%)
25 (83%)
OP-Letalität
7,4%
5%
6%
Med. Überlebenszeit
25 Monate
36 Monate
40 Monate
5-Jahresüberleben
22%
-
56%
I Hammersmith Hospital London, II Inselspital Bern. III Memorial Sloan-Ketering Cancer Center New York
14.6.2
Aktuelle Resektionsstrategie ▬ Der rechte Hauptgallengang verläuft bis zur Kon-
Eine rationale Operationsplanung muss zentral berücksichtigen, dass beim Klatskin-Tumor nur die R0-Resektion zu einem Prognosegewinn führt. Sowohl R2- als auch R1-Resektionen zeigen gegenüber einer aktiven palliativen Behandlung, etwa der Kombination von photodynamischer Therapie und Stentimplantation, keinen signifikanten Überlebensvorteil (Witzigmann et al. 2006). Das Ziel, eine R0-Situation zu erreichen, wird einerseits durch die Tumorausbreitung limitiert, andererseits durch Präparationsschritte während des Eingriffs gefährdet.
14
Folgende Aspekte erscheinen wesentlich: ▬ Die intramurale Tumorausbreitung kann deutlich über die intraoperativ makroskopisch und palpatorisch oder die präoperativ in der bildgebenden Diagnostik vermutete Grenze hinausgehen; dies gilt besonders für den diffus infiltrierenden Wuchstyp. Noch weiter reicht häufig die Tumorausbreitung in perineuralen Lymphspalten. ▬ Im Bereich der Konfluenz und der benachbarten Abschnitte von rechtem und linkem Hauptgallengang münden mehrere kleine Gallengänge aus dem Lobus und Prozessus caudatus. Entsprechend ist deren terminaler Abschnitt bzw. Mündungsbereich ab einem Karzinom vom Typ II nach BismuthCorlette nahezu regelhaft tumorbefallen. Somit ist die komplette Entfernung des gesamten Sektor I ab diesem Ausbreitungsstadium zwingend erfor▼ derlich.
fluenz nur wenige Millimeter extrahepatisch. Auch die periphere Aufzweigung liegt stets nahe an der Konfluenz; in über 20% der Fälle erfolgt der Galleabfluss aus der rechten Leberhälfte über 2-3 eigenständige Gänge. Eine Tumorentfernung im Gesunden durch eine linksseitige Leberresektion ist daher bereits wegen der limitierten Resektionsstrecke am rechten Gallengang und der komplizierten biliären Rekonstruktion problematisch. ▬ Der linke Hauptgallengang verläuft ca. 2-3 cm weit extrahepatisch; in diesem Abschnitt mündet – neben Gängen aus Sektor I – der Gallengang von Sektor IV (Segmente IVa und IVb), während die Gänge von Segment II und III links der Fissura umbilicalis zusammenfließen. Eine Durchtrennung in diesem Bereich sichert somit einen Resektionsabstand zur Konfluenz von etwa 3 cm. ▬ Jeder Dissektionsschritt in Tumornähe – etwa zum Erhalt wichtiger Gefäßstrukturen – birgt die Gefahr einer Eröffnung tumorbefallener lymphatischer Strukturen und damit einer Tumorzelldissemination.
Angesichts dieser Überlegungen muss die Tumorresektion zumindest ab Typ II nach Bismuth-Corlette den Sektor I komplett entfernen, den intrahepatischen Gallengang möglichst weit entfernt von der Konfluenz durchtrennen und eine Präparation im Bereich der Konfluenz selbst unterlassen. Dieses Ziel weiter Sicherheitsabstände in Kombination mit »no-touch-Präparation« ließe sich am einfachsten durch die komplette Hepatektomie unter Durchtrennung
193 14.6 · Besonderheiten bei Klatskin-Tumoren
aller Strukturen des Lig. hepatoduodenale am Oberrand des Pankreas mit nachfolgender Lebertransplantation realisieren. Die 5-Jahres-Überlebensraten früherer kleinerer Serien waren mit 27% bis 36% jedoch enttäuschend (Pichlmayr et al. 1996, Iwatsuki et al. 1998). Die Möglichkeit der Leber-Lebendspende sowie exzellente Ergebnisse eines von der Mayo-Clinic initiierten multimodalen Konzepts mit 82% der Fälle, die nach 5 Jahren noch überleben, eröffnen hier in hoch-selektierten Einzelfällen eine der Resektion überlegene Perspektive (Rea et al. 2005). Allein schon angesichts des Mangels an Spenderorganen sowie vielfältiger ethischer und praktischer Probleme der Leber-Lebendspende wird die Transplantation bei dieser Erkrankung eine Ausnahmetherapie bleiben. Unter den resezierenden Verfahren ohne nachfolgenden Organersatz lassen sich die genannten Ziele in Form einer rechtsseitigen Trisektorektomie mit Resektion der Pfortaderbifurkation erreichen. Gegenüber der Transplantation ist die Dissektion supraduodenal und im Tumorbereich nur gering vermehrt, sodass letztlich nur der limitierte Sicherheitsabstand in Richtung des linksseitigen Gallengangs nebst dortigem Perigewebe als »Nachteil« zu werten ist. Bei konsequenter Umsetzung dieses Prinzips erreichte die Berliner Gruppe unter Ausschluss der Operationsletalität ein 5-JahresÜberleben von 72% (Neuhaus et al. 2003). Das genannte Resektionsverfahren ist für KlatskinTumoren Typ II und IIIa optimal geeignet. Auch bei beginnender Beteiligung des linksseitigen Gallengangs, speziell bei einem polypös intraluminalen Wuchstyp, ist diese Resektionsform technisch meist günstiger zu realisieren als eine erweiterte Linksresektion. Daher eignen sich im Einzelfall auch Patienten mit Tumortyp IIIb oder IV nach Bismuth und Corlette für dieses Vorgehen.
14.6.3
Operationstechnik
Der Eingriff beginnt mit der Mobilisation der rechten Leberhälfte und der kompletten Ablösung der Leber von der V. cava. Wie vorstehend detailliert ausgeführt werden dann im Rahmen der systematischen Lymphdissektion Truncus coeliacus und A. hepatica communis disseziert, anschließend die linke Leberarterie von links her – und damit ohne wesentlichen »Dissektionsschaden« – aus dem Lig. hepatoduodenale frei präpariert. Die rechte Leberarterie und ein evtl. von links abgehender Ast für Sektor IV werden zentral ligiert und durchtrennt. Es folgt – wiederum von links – die zirkuläre Freilegung der Pfortader suprapankreatisch, wobei deren Präparation nach kranial allenfalls bis zur Mitte des Lig. hepatoduodenale reicht. Jetzt werden der Gallengang distal direkt am Pankreasoberrand durchtrennt
(aus Risikoerwägungen nicht wie bei der isolierten Gallengangsresektion etwas intrapankreatisch) und die retropankreatische Lymphknotendissektion bis in den interaortocavalen Bereich komplettiert. Das spätere Präparat haftet jetzt nach kaudal zu nur noch an der Pfortader. In der Fissura umbilicalis wird von peripher der linke Pfortaderhauptast dargestellt. Zum Sektor IV und I abgehende Äste werden zwischen Ligaturen durchtrennt, bis auf der linken Seite nur noch der laterale Sektor portalvenös (und arteriell) versorgt ist. Es folgt die Durchtrennung des Leberparenchyms entlang des Lig. falciforme bis in Höhe der Kerbe zwischen lateralem Sektor und Lobus caudatus. Hier wendet sich die Durchtrennungsebene nach links, um den Lobus caudatus am Präparat zu belassen. Erst zu diesem relativ späten Zeitpunkt der Parenchymdurchtrennung wird der aus dem linkslateralen Sektor kommende Gallengang möglichst peripher frei präpariert, nach rechts ligiert und durchtrennt. Tipp
I
I
Bei den abschließenden Präparationsschritten mit Durchtrennung der rechten und mittleren Lebervene sollte ganz kranial eine kleine Portion des Lobus caudatus erhalten werden, um den Mündungsbereich der linken Lebervene von dorsal her zu stabilisieren und so den optimalen Blutabfluss aus der Restleber sicherzustellen.
Das Präparat hängt jetzt nur noch an der von kaudal einstrahlenden Pfortader und deren linkem Hauptast im Bereich der Resektionsebene. Beide Gefäße werden durchtrennt, das Präparat abgelegt und abschließend eine End-zu-End-Anastomose in fortlaufender Nahttechnik mit etwa 1,5 cm »growth-factor« an beiden Seiten angelegt. Dank der Resektion der Pfortadergabel resultiert ein wesentlich besserer Verlauf dieses Gefäßes ohne »Kinking« (⊡ Abb. 14.5). Den Abschluss des Eingriffs bildet die biliodigestive Anastomose mit der nach Roux ausgeschalteten obersten Jejunumschlinge.
14.6.4
Alternative Resektionsverfahren
Das dargestellte, onkologisch sicher optimale Resektionsverfahren führt zu einem massiven Verlust an funktionellem Leberparenchym und birgt daher – auch in führenden hepatobiliären Zentren – ein erhebliches Letalitätsrisiko um 10% (Launois et al. 1999, Neuhaus et al. 2003, Zervos et al. 2004, Rea et al. 2005, Otto 2006). Im Einzelfall kann daher eine parenchymsparendere Resektionsform gewählt werden, speziell die zentrale Leberresektion
14
194
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
Linkslaterale Gallengänge
Pfortaderdurchtrennung ⊡ Abb. 14.5 Trisektorektomie rechts mit kompletter Entfernung von Sektor I. Nach ausgedehnter Lymphknotendissektion Durchtrennung des Leberparenchyms entlang der linken intersektorialen Fissur und des linken Gallengangs möglichst peripher am Eintritt in den links-lateralen Sektor. Anschließend Resektion der Pfortaderbifurkation. Kleines Bild: Situs nach Reanastomosierung der Pfortader vor der biliodigestiven Rekonstruktion
14
(⊡ Abb. 14.3). Auch hier wird Sektor I komplett entfernt, was rechts die Entfernung des anterioren Sektors (Seg. V und VIII), links wegen des optimalen Sicherheitsabstands am Gallengang die Entfernung von Sektor IV beinhaltet. Onkologisch erscheint dieses Verfahren bei einem die Konfluenz gerade noch nicht oder eben erreichenden Tumor (Typ I und II) bzw. bei beginnender Beteiligung des linksseitigen Gallengangs (Typ IIIb) fast gleichwertig, sofern die Pfortader sich nach dorsal völlig problemlos freilegen lässt. Die rechte Leberarterie sollte in Abhängigkeit von Tumorkontakt und allgemeinen Risiken im Einzelfall reseziert und mit dem peripheren Stumpf des posterioren Astes reanastomosiert werden. Auch und gerade unter Risikoaspekten ist dieses Resektionsverfahren gelegentlich vorzuziehen, etwa bei erheblicher cholestatischer Parenchymschädigung oder bei Beteiligung des distalen Gallengangs mit der Notwendigkeit einer zusätzlichen Whipple’schen Resektion. Noch stärkere Resektionseinschränkungen, etwa die Beschränkung auf die Segmente IVb, V und den kaudalen Anteil von Sektor I sind unter Risikogesichtspunkten im Einzelfall zu diskutieren, stellen jedoch onkologisch zweifelsfrei einen Kompromiss dar. > In jedem Fall muss im unmittelbaren Hilusbereich bei der Parenchymdurchtrennung ein Abstand zur Gallengangskonfluenz von mindestens 1 cm gewahrt werden.
Sofern sich einzelne Gallengänge aus Sektor I nicht mehr anastomosieren lassen, bietet eine sichere Umstechung die Perspektive einer Atrophie der abhängigen Parenchymbe-
reiche, beinhaltet jedoch auch das Risiko einer langwierigen und gelegentlich revisionsbedürftigen Gallefistel.
14.6.5
Präoperative Konditionierung
In der onkologischen Strategie beim operablen KlatskinTumor werden derzeit verschiedene neoadjuvante Therapieprotokolle evaluiert, etwa eine Radiochemotherapie (speziell vor Transplantation), bisher im randomisierten Vergleich kaum überzeugende Verfahren der alleinigen Strahlen- oder Chemotherapie oder die in der Palliativsituation in ersten Studien effektive photodynamische Therapie. Diese konzeptionell wichtigen Aspekte sollen hier jedoch nicht näher erörtert werden. Im Folgenden seien zwei interventionelle Maßnahmen beleuchtet, die sich unter dem Aspekt der Risikominimierung als unverzichtbarer Bestandteil der vorgestellten Resektionsstrategie erwiesen haben.
Stentimplantation Die Diagnose eines Klatskin-Tumors wird häufig anlässlich eines schmerzlosen Ikterus gestellt, gelegentlich in Kombination mit rezidivierender Cholangitis. Entsprechend findet sich zum Diagnosezeitpunkt eine cholestatische Vorschädigung der Leber, die das Risiko jeder größeren Leberresektion massiv erhöht. Dies erfordert eine präoperative Gallengangsdekompression mit dem Ziel, den Bilirubinwert vor jeder Leberresektion unter 5 mg/dl zu senken, vor der beschriebenen Trisektorektomie besser auf Werte unter 2 mg/dl. Im Falle einer Cholangitis
195 14.6 · Besonderheiten bei Klatskin-Tumoren
müssen zwingend alle betroffenen Leberabschnitte durch bilaterale – gelegentlich multiple – Stenteinlage drainiert werden. Liegt keine Cholangitis vor, sollte im Vorfeld einer erweiterten Trisektorektomie nur die linke Leberhälfte abgeleitet werden. Für das Absinken des Bilirubinspiegels ist dies meist ausreichend; die fortbestehende Obstruktion der rechtsseitigen Gallenwege unterstützt die Atrophie dieser Leberhälfte, während sich die dekomprimierte linke Leberhälfte regeneriert und besser als bei kompletter Dekompression kompensatorisch hypertrophiert (Ishizawa et al. 2007). Diese Volumenverschiebung lässt sich bei Patienten mit tumorbedingt einseitig komplettem Gallengangsverschluss oft schon in der initialen Bildgebung beobachten.
Pfortaderembolisation Eine noch ausgeprägtere Volumenverschiebung zugunsten der späteren »Restleber« gelingt durch die erstmals von Makuuchi angeregte Embolisation der präparateseitigen Pfortader (Makuuchi et al. 1990, Nagino et al. 2006), die meist perkutan transhepatisch erfolgt. Beim KlatskinTumor erfolgt fast ausnahmslos eine Embolisation der rechten Pfortader als Vorbereitung der nachfolgenden erweiterten rechtsseitigen Trisektorektomie. Einen noch besseren Effekt verspricht die zusätzliche Embolisation der Pfortaderäste zu den Segmenten IVa und IVb (Nagino et al. 2000, Madoff et al. 2005). Hier wurden in der eigenen Erfahrung jedoch auch Fehlembolisationen des linkslateralen Sektors beobachtet, die den geplanten operativen Eingriff dann nicht mehr zuließen. Die Resektion kann 3 bis (besser?) 6 Wochen nach dieser Maßnahme erfolgen, sofern die Kontrollvolumetrie eine hinreichende Volumenzunahme des links-lateralen Sektors belegt. Diese Maßnahme ist, mit deutlichen Unterschieden in der Literatur, bei einem errechneten Restlebervolumen von unter 350–400 ml bzw. weiniger als 25-40% des funktionellen Gesamtlebergewebes gesehen (Hemming et al. 2003, Yigitler et al. 2003, Imamura et al. 2003, Nagino et al. 2006, Witzigmann et al. 2008). Nach Erfahrungen mit der Leberlebendspende sollten alternativ bei sonst guter Leberfunktion mindestens 5 g Lebergewebe pro kg Körpergewebe verbleiben, was bei einem 80 kg schweren Patienten ebenfalls einem Restlebervolumen von ca. 400 ml entspricht.
Literatur Cameron JL, Pitt HA, Zinner MJ, Kaufman SL, Coleman J (1990) Management of proximal cholangiocarcinomas by surgical resection and radiotherapy. Am J Surg 159: 91-7 Dinant S, Gerhards MF, Rauws EA, Busch OR, Gouma DJ, van Gulik TM (2006) Improved outcome of resection of hilar cholangiocarcinoma (Klatskin tumor). Ann Surg Oncol. 2006;13:872-80
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14
196
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
neoadjuvant chemoradiation is more effective than resection for hilar cholangiocarcinomA. Ann Surg 242:451–8 Saldinger PF, Blumgart LH (2000) Resection of hilar cholangiocarcinoma--a European and United States experience. J Hepatobiliary Pancreat Surg. 7:111-4 Witzigmann H, Wiedmann M, Wittekind C, Mössner J, Hauss J (2008): Therapiekonzepte und Ergebnisse bei Klatskin-Tumoren. Dtsch Arztebl 105:156-61 Yigitler C, Farges O, Kianmanesh R, Regimbeau JM, Abdalla EK, Belghiti J (2003) The small remnant liver after major liver resection: how common and how relevant? Liver Transpl. 9:18-25 Zervos EE, Pearson H, Durkin AJ, Thometz D, Rosemurgy P, Kelley S, Rosemurgy AS (2004) In-continuity hepatic resection for advanced hilar cholangiocarcinomA. Am J Surg. 188:584-8
14.7
Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber
J. Scheele, A. Schilling Bei intaktem Parenchym kann der Erhalt von 20% des funktionellen Lebervolumens (Gesamtlebervolumen abzgl. Tumorvolumen) ausreichen, um die kritische postoperative Phase zu überstehen. Binnen weniger Tage setzt eine massive Regeneration des verbliebenen Lebergewebes ein, durch die langfristig wieder ca. 80% des Ausgangsvolumens erreicht werden. Somit muss der verbliebene Leberrest im Grunde die unmittelbare postoperative Phase bis zu der durch die Regeneration vermittelten Stabilisierung überbrücken. ! Cave!
14
Jede Störung des früh-postoperativen Verlaufs, insbesondere das Auftreten einer septischen Komplikation, kann dies labile Funktionsbalance der initialen Regenerationsphase destabilisieren – dann häufig mit tödlichem Ausgang.
So lässt sich – als Daumenregel – formulieren, dass bei normaler Leberfunktion und unauffälligem Parenchym nach Resektion von bis zu 50% des Lebergewebes kaum eine signifikante Funktionsstörung droht. Oberhalb dieser Grenze, also etwa ab der rechtsseitigen Hemihepatektomie, wird eine funktionelle Einbuße klinisch fassbar, etwa an einem erheblichen Einbruch der spontanen Gerinnungsparameter, einer progredienten und langdauernden Bilirubinerhöhung oder konsekutiven Veränderungen von Vigilanz, motorischer Aktivität und psychosozialer Orientierung. Mit dem Grad der Parenchymreduktion steigt dieses Risiko zunächst linear, später exponentiell an. Diese im Rahmen einer zunehmenden operativen »Aggressivität« gewonnene Erkenntnis war Anlass für die Entwicklung protektiver Strategien, etwa der vorstehend beschriebenen Pfortaderembolisation oder der
Aufteilung einer bilateralen Resektion auf zwei getrennte Eingriffe (sog. »staged hepatectomy«). Weit problematischer ist ein hohes Resektionsausmaß naturgemäß bei vorgeschädigter Leber zu werten. Zum einen reichen mangels hinreichender Regenerationsfähigkeit die hier verbleibenden 20% des Parenchyms nahezu nie und 50% kaum aus, um den Patienten über die Hürden der initialen postoperativen Phase zu bringen. Zum anderen sind, aus gleichem Grund, auch die genannten protektiven Maßnahmen meist nicht effektiv. Somit stellt sich für die chirurgische Strategie die Frage, inwieweit die Vorschädigung durch geeignete Maßnahmen und ein intelligentes Zeitmanagement beseitigt oder zumindest gemildert werden können, welche Parameter das im Einzelfall mögliche Resektionsausmaß vorhersehen lassen und welche »rescue«-Techniken ein sich postoperativ abzeichnendes progredientes Leberversagen ggf. abfangen können. Im Folgenden seien 3 Hauptvertreter der hepatischen Vorschädigung näher beleuchtet: ▬ die Leberzirrhose, ▬ die cholestatische Hepatopathie und ▬ die chemotherapie-assoziierte toxische Leberschädigung.
14.7.1
Leberzirrhose
Resektionen bei Leberzirrhose gelten allgemein als technisch schwierig, äußerst blutungsgefährdet und insgesamt risikoreich. Zudem sind heute verbreitete Geräte zur Parenchymdurchtrennung wie Ultraschalldissektor oder Water-Jet kaum sinnvoll verwendbar. Die Dichte des Lebergewebes unterscheidet sich so gering von jener der darin verlaufenden Gefäße und Gallengänge, dass die Selektivität dieser Techniken nicht zur Geltung kommt. Vom operativen Eindruck ist die verbreitete Furcht vor einer überschießenden diffusen Blutung bei dem sehr festen und eher schlecht vaskularisierten Zirrhoseparenchym unbegründet. Allenfalls die kleineren und mittleren Lebervenen bereiten Probleme, da sie angesichts der Rigidität des Gewebes nicht hinreichend kollabieren können. Dank des Bindegewebsreichtums sind andererseits sowohl zarte Umstechungen als auch Koagulationsverfahren mittels bipolarer (Wasser)-Pinzette oder Argon-GasKoagulation im Regelfall erfolgreich. Wenngleich schwerwiegende intraoperative Probleme selten auftreten, war die Zirrhoseresektion über Jahrzehnte hinweg durch den schwierigen postoperativen Verlauf charakterisiert. Begleitet von einer progredienten Aszitesbildung, besonders bei vorbestehender portaler Hypertension, entwickelt sich gegen Ende der ersten Wo-
197 14.7 · Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber
⊡ Tab. 14.4 Entwicklung der Resektion beim HCC in Japan Autor, Jahr
Zeitraum
Patienten
Letalität (%)
5-Jahres-Überleben (%)
5-J-NED-Überleben (%)
Yamasaki et al. 1991
1974-1981 1982-1988
89 (78*) 338 (300*)
10,1 1,5
25,6 46,1
22 19
Taura et al. 2006
1985-1990 1991-2000
212 398
39,1 58,0
26,2 27,8
Lam et al. 1999
1994-1997
117**
1,7
Imamura et al. 2005
1995-2004
685
0,2
*11 bzw. 38 Patienten mit nicht-kurativer Resektion oder Reresektion bei Überlebensrate ausgeschlossen ** nur »major hepatectomies«
che eine schleichend progrediente Leberfunktionsstörung mit Bilirubinanstieg, Absinken der Gerinnungsaktivität, nachfolgenden renalen, pulmonalen und zerebralen Dysfunktionen und schließlich – getriggert durch bakterielle Translokation – Übergang in ein septisches Multiorganversagen. Das damit verbundene, trotz vielfältiger indikatorischer und therapeutischer Fortschritte auch heute erhöhte Risiko wird in der Serie des Hôpital Beaujon von 1990–1997 deutlich. Die Letalität bei 239 Zirrhosepatienten war mit 8,7% gegenüber 1% bei 478 Patienten mit normaler Leber signifikant erhöht (Belghiti et al. 2000). In Japan lag die 30-Tage-Letaliät nach Daten der Liver Cancer Study Group of Japan in den Jahren 1969–77 bei 361 resezierten Patienten sogar bei 27,5%. Seit den 80er Jahren wurde diese exzessive Operationssterblichkeit deutlich gemindert, am eindruckvollsten ersichtlich aus den Daten führender Zentren aus Japan und Hongkong (⊡ Tab. 14.4). Dieser Rückgang der Operationsletalität ist, neben verfeinerter Operationstechnik, standardisierter Intensivbehandlung und optimiertem Komplikationsmanagement (Imamura et al. 2003), einer konsequenten Patientenselektion zu verdanken. So fällt in zahlreichen neueren Publikationen auf, dass Zirrhose-Patienten nahezu ausnahmslos im Child-Pough-Stadium A operiert wurden (Cherqui et al. 2006, Chik et al. 2007). Besonders bewährt hat sich – auch in der eigenen Praxis – ein von Makuuchi inaugurierter Algorithmus (⊡ Abb. 14.6, Makuuchi et al. 1993), der anhand der Parameter Aszites, Bilirubinspiegel und ICG-Retention nach 15 min nicht nur die grundsätzliche Operationsentscheidung, sondern auch die Festlegung des im Einzelfall maximalen Resektionsausmaßes erlaubt (Makuuchi et al. 1993). Unter strikter Anwendung dieser Kriterien trat in Makuuchis Arbeitsgruppe seit 1995 bei 1.429 konsekutiven Leberresektionen – davon 685 wegen eines HCC
– nur ein einziger Todesfall auf (Imamura et al. 2005). Auch von anderen Gruppen wurde, trotz einzelner gegenteiliger Mitteilungen (Lam et al. 1999), die Validität dieser Regeln bestätigt. > In einer bis 1986 zurückreichenden Analyse der Universität Nagoya war die Operationsletalität für Patienten innerhalb der Makuuchi-Kriterien mit 4,4% gegenüber 12,5% signifikant geringer (Kure et al. 2007).
In Hinblick auf die Langzeitprognose erscheint bemerkenswert, dass die 5-Jahres-Überlebensrate bei zwei Arbeiten in ⊡ Tab. 14.4 für spätere Zeiträume signifikant besser ausfällt, während sich das tumorfreie Überleben nicht ändert. Dies deutet darauf hin, dass – neben der Selektion günstigerer Tumorstadien – besonders die konsequente Rezidivtherapie und die Auswahl von Patienten mit besserer Leberfunktion für die längere Lebenserwartung verantwortlich sind (Yamasaki et al. 1998, Taura et al. 2006). Die detaillierte Festlegung des individuell vertretbaren Resektionsausmaßes in Makuuchis Algorithmus eröffnet derzeit bei Zirrhosepatienten eine Modifikation der Operationsstrategie gerade beim kleinen bzw. solitären HCC. Schien man lange die kleinstmögliche Operation anzustreben, also die sparsame lokale Exzision, findet sich in neueren multivariaten Analysen nach anatomiegerechten Eingriffen – vornehmlich Segmentresektionen – eine signifikante Verbesserung sowohl des Überlebens als auch des tumorfreien Überlebens (Hasegawa et al. 2006, Wakai et al. 2007). Einige Autoren sehen diesen Effekt generell belegt, andere allerdings nur für Patienten mit einem HCC in nicht-zirrhotischer Leber (Yamashita et al. 2007). Dieser Befund, der mit eigenen Untersuchungen zur Prognose bei kolorektalen Metastasen übereinstimmt (Scheele et al. 2001), wird dahin gehend interpretiert,
14
198
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
Aszites keiner / kontrollierbar
nicht kontrolliert
Bilirubin normal
1,11,5 mg/dl
1,61,9 mg/dl
limitierte Resektion
Enukleation
≥ 2,0 mg/dl
ICG-Retention nach 15 min < 10%
10%19%
20%29%
30%39%
> 40%
jede Resektion
li. Hemihepatektomie rechts 1 Sektor
1 Segment (Couinaud)
limitierte Exzision
Enukleation
KEINE RESEKTION
⊡ Abb. 14.6 Resektionsentscheidung bei Leberzirrhose
dass die anatomiegerechten Verfahren neben dem erkennbaren Haupttumor auch portalvenöse Tumorthromben und dadurch bedingte umgebende Satellitenknoten entfernen.
14.7.2
Cholestatische Hepatopathie
»
14
Das postoperative Leberversagen auf dem Boden einer cholestatischen Funktionsstörung spielt überwiegend in der resezierenden Pankreaschirurgie, daneben jedoch auch beim hilären Gallengangskarzinom (Klatskin-Tumor) mit einer Häufigkeit von 2,5% bis 29% eine herausragende Rolle (zit. nach Imamura et al. 2003).
«
Frühe randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer präoperativen endoskopischen oder transhepatischen Galleableitung sichern. Sie umfassten jedoch nur kleine Fallzahlen, ein meist inhomogenes Krankengut von hilären und distal gelegenen Stenosen und zeigten gerade bei hilären Stenosen eine geringe Erfolgsquote der interventionellen Maßnahme und eine hohe Rate an stentinduzierter Cholangitis (McPherson et al. 1984, Lai et al. 1984, Pit et al. 1985). Diese kann selbst in spezialisierten Einrichtungen ein massives iatrogenes Risiko für den Patienten mit einer Letalität von bis zu 29% darstellen (Ozden et al. 2005). Sofern jedoch eine effektive Ableitung gelingt, sinken bereits nach früheren Untersuchungen –
mehr noch in neueren Berichten mit wesentlich höherer primärer Erfolgsrate – Bilirubinspiegel und ICG-Retention signifikant (Lai et al. 1984). Zur Verbesserung der präoperativen Konditionierung tragen verfeinerte Techniken wie unilaterale Drainage des zu erhaltenden Leberanteils, Ersatz der ERCP durch nicht-invasive MRCP und die Kombination der Galleableitung mit der gegenseitigen bzw. trisektoriellen Pfortaderembolisation bei. Die präoperative Konditionierung für eine geplante Leberresektion, besonders für die beim hilären Gallengangskarzinom heute empfohlene erweiterte Trisektorektomie, erfordert im Falle einer manifesten Cholestase zwingend deren Korrektur. Diese Position wird von der Mehrzahl der Autoren vertreten, wenngleich einzelne Serien mit niedriger Letalität trotz ausgedehnter sofortiger Leberresektion publiziert wurden (Cherqui et al. 2000). Die überwiegende Tendenz für eine präoperative Galleableitung beruht zum einen auf der vor ausgedehnten Resektionen nahezu routinemäßig simultan vorgenommenen Pfortaderembolisation. Allein dadurch ist eine erhebliche Wartezeit erforderlich, die der Entwicklung einer Cholestase Vorschub leisten könnte. Im Fall der manifesten Cholestase erfordert deren angestrebte komplette Normalisierung mindestens 4-6 Wochen. Da hiläre Gallengangskarzinome langsam wachsen und nicht zur frühen hämatogenen Metastasierung neigen, wird die onkologische Erfolgsaussicht nicht beeinträchtigt (Makuuchi et al. 2003). Zudem steht nach adäquater Resektion
199 14.7 · Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber
⊡ Tab. 14.5 Präoperative Galleableitung vor ausgedehnter Leberresektion bei cholestatischer Funktionsstörung (nach Makuuchi et al. 2003, Nagino et al. 2008) Kriterium
Empfehlung
Kommentar
Ableitungsmethode
Endoskopischer Stent (intern)
Komfortabel für den Patienten, Standard bei freier Konfluenz (distale Stenose) und langer Ableitungsdauer
Nasobiliäre Sonde NBS (extern)
Reduktion des duodenohepatischen Refluxes, dadurch weniger retrograde Cholangitis, Rückführen der Galle für enterohepatischen Kreislauf empfohlen
PTCD (extern)
Bilateral in die Leber reichende Stenosen (Typ IV) mit sektoraler Cholangitis/ Abszess, ggf. in Kombination
Unilateral
Als Resektionsvorbereitung bei Patienten ohne schwere Cholangitis mit geplanter erweiterter Trisektorektomie
Bilateral
Bei unklarem Ausmaß der späteren Leberresektion, Auftreten einer schweren Cholangitis nach unilateraler Drainage, unzureichendem Cholestaserückgang, in der Palliativsituation
Bakteriologie
Initial und Verlauf
Kultur und Resistogramm für perioperative Antibiose
Gallerückführung
Bei externen Verfahren
Vor ausgedehnter Leberresektion zur Verbesserung der intestinalen Barrierefunktion empfohlen
Fieber nach Drainage
Cholangitis!
Korrektur der bestehenden Drainage, Drainage bisher nicht abgeleiteter Segmente (bilateraler Stent, zusätzlich PTCD)
Umfang Ableitung
eines Klatskin-Tumors für die postoperative Erholung nicht – wie in der resezierenden Chirurgie distal gelegener Stenosen – die komplette Leber zur Verfügung. Insofern wird auch die jetzt laufende randomisierte Multicenterstudie zur Frage der präoperativen Ableitung bewusst auf periampulläre Tumorstenosen fokussiert (van der Gaag et al. 2007). Die Erfolgsquote einer endoskopischen Galleableitung liegt inzwischen selbst bei Hiluskarzinomen vom Typ III und IV nach Bismuth und Corlette bei über 80%, die dadurch induzierte Cholangitisrate für die chirurgisch erfolgversprechenden Stadien kaum über 10%. Lediglich bei weit in die Peripherie reichenden Tumorobstruktionen, die eine komplette Drainage der jeweiligen Leberhälfte über einen einzigen Stent nicht mehr erlaubt, werden Raten bis 50% beschreiben (Perknimitr et al. 2004). Wesentliche Empfehlungen der präoperativen Galleableitung vor einer kombinierten Leber-/Gallengangsresektion sind in ⊡ Tab. 14.5 zusammengefasst.
14.7.3
Chemotherapie-assoziierte toxische Leberschädigung
Die Einbettung der Leberresektion in ein multimodales Therapiekonzept ist heute unstrittig. Bei den in westlichen Ländern dominierenden kolorektalen Metastasen beinhaltet dies häufig eine initiale neoadjuvante Che-
motherapie, gefolgt von der Operation und einer daran anschließenden adjuvanten Konsolidierungsphase. Mit diesem Konzept wurde unter Einbeziehung von Oxaliplatin und/oder Irinotecan bei primär nicht resektabler Tumorausdehnung in 6% bis 37,5% eine spätere Leberresektion möglich (Übersicht bei Kemeny 2007). Zunehmend wird eine solche neoadjuvante Chemotherapie – ungeachtet fehlender prospektiv-randomisierter Daten – auch bei primär resektablem Tumorbefall durchgeführt (Pawlik et al. 2007). Wenngleich selbst retrospektive Analysen allenfalls für ungünstige Subgruppen einen prognostischen Gewinn andeuten (Kemeny 2007), erscheint die dadurch mögliche in-vivo Sensitivitätsprüfung attraktiv. Sie erlaubt unter Einbeziehung radiologischer, nuklearmedizinischer und laborchemischer Verlaufskriterien sowie histologischer Befunde die individuelle Planung der späteren adjuvanten Komplettierungstherapie. Daneben lässt das initiale Ansprechen auch eine Abschätzung der generellen Erfolgsaussichten zu. So ist beispielsweise die Prognose nach R0-Leberresektion im Falle einer Tumorprogression unter der vorgeschalteten neoadjuvanten Therapie signifikant schlechter (Adam 2004, Kemeny 2007). > Ein wesentliches Problem der neoadjuvanten Chemotherapie liegt in ihrer Lebertoxizität.
Leichtere morphologische Veränderungen wurden bereits nach systemischer Applikation von 5-FU beschrieben
14
200
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
⊡ Tab. 14.6 Lebertoxizität nach neoadjuvanter Chemotherapie (oberer Teil nach Vauthey et al. 2006, unterer Teil nach Pawlik et al. 2007) Patienten
Sinusoidale Dilatation
Steatose >30%
Steatohepatitis
Keine Chemotherapie
158
1,9%
8,9%
4,4%
5-Fluorouracil
63
0%
16,6%
4,8%
Irinotecan
94
4,3%
10,6%
20,2%
Oxaliplatin
79
18,9%
3,8%
6,3%
Keine Chemotherapie
57
0%
3,4%
0%
5-Fluorouracil
67
3%
14,9%
1,5%
Irinotecan
55
3,6%
27,3%
3,6%
Oxaliplatin
31
9,7%
9,6%
0%
Vauthey et al. 2006
Pawlik et al. 2007
14
– verstärkt unter Zugabe von Leukovorin. Unter Anwendung neuer Substanzen wie Oxaliplatin oder Irinotecan wurden häufigere und gravierendere Folgen berichtet. Sie reichen von einer ausgeprägten Steatose über die sinusoidale Dilatation bis zu einer chemotherapieassoziierten Steatohepatitis (CASH) und der hämorrhagischen zentrilobulären Nekrose (HCN). Während die sinusoidale Dilatation besonders häufig nach Gabe von Oxaliplatin beobachtet wurde, ist die klinisch weitaus schwer wiegendere Steatohepatitis für irinotecanhaltige Therapieschemata typisch. Die histologische Abgrenzung gegenüber der Steatose scheint einer erheblichen Variation zu unterliegen, was die in neueren Untersuchungen unterschiedliche Gewichtung beider Störungen bei konstanter Gesamtrate um 30% erklären mag (⊡ Tab. 14.6). In extremen Fällen kann eine Steatohepatitis morphologische Bilder bis hin zur Leberfibrose, ja Leberzirrhose mit massiver Splenomegalie und anderen Zeichen der portalen Hypertention generieren und so jede resezierende Operation unmöglich machen (Fong u. Bentrem 2005, Zorzi et al. 2007, Kemeny 2007). > Das individuelle Risiko, eine chemotherapieassoziierte Lebertoxizität zu entwickeln, wird vornehmlich durch die Medikamentenwahl geprägt, daneben durch männliches Geschlecht, Therapiedauer und Komorbidität mit Diabetes mellitus oder hohem BMI negativ beeinflusst (Welsh et al. 2005, Kaouri 2006, Fernandez et al. 2006).
So lag in der Untersuchung aus dem Texas M.D. Anderson Cancer Center, Houston, die Inzidenz einer Steatohepatitis für Patienten mit einem BMI unter bzw. über
25 kg/m2 nach Irinotecan bei 12,1% und 24,6%, nach Oxaliplatin bei 0% und 11,9%. Die 90-Tage-Letalität entsprechender Patienten war mit 14,7% gegenüber 1,6% ohne Steatohepatitis massiv erhöht. Vier der fünf Todesfälle bei Patienten mit Steatohepatitis betrafen allerdings ausgedehnte Resektionen mit zusätzlicher Ablation der Gegenseite, was zum einen wenig Leberparenchym belässt, zum anderen eine Infektion und so die Entwicklung eines septisch überlagerten Leberversagens begünstigen mag. Im Gegensatz zum negativen Effekt der Steatohepatitis wurden bei der nach Verwendung von Oxaliplatin häufigen sinusoidalen Dilatation keine Todesfälle beobachtet (Vauthey et al. 2006). Eine derart signifikante Häufung letaler Verläufe nach neoadjuvanter Therapie wird von der Mehrzahl der Autoren nicht bestätigt. Dies hat freilich überwiegend methodische Gründe, da die Letalität meist in Abhängigkeit von Applikation vs. Unterlassen einer neoadjuvanten Therapie analysiert wird, nicht bezogen auf Patienten mit tatsächlicher Entwicklung einer Steatohepatitis. So fand eine Studie aus Toronto, bei der überwiegend ein 5-FU/ Leukovorin-Protokoll zur Anwendung kam, bei chemotherapeutisch vorbehandelten Patienten keinen Anstieg der Operationsletalität (Sahajpal et al., 2007). Auch in Basingstoke waren die Operationsletalitäten bei 252 Patienten mit präoperativer Chemotherapie und 245 Patienten ohne Vorbehandlung mit jeweils 2% identisch (Welsh et al. 2007). Am John Hopkins Hospital, Baltimore, wurden bei 212 Patienten der Jahre 1999 bis 2005 keine Todesfälle entsprechender Patienten innerhalb von 60 Tagen beobachtet; allerdings wurden hier – bei 55 Patienten mit irinotecanhaltiger Vorbehandlung – insgesamt nur 3 Fälle
201 14.7 · Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber
⊡ Tab. 14.7 Einfluss der Steatose auf die postoperative Komplikationsrate (nach Kooby et al. 2003) Komplikation
Keine Steatose
Milde Steatose
Deutliche Steatose
p
Wundprobleme
1%
9%
23%
<0,01
Biliäre Komplikation
13%
22%
25%
0,01
Infektion
14%
24%
43%
<0,01
Komplikationen gesamt
35%
48%
62%
<0,01
einer Steatohepatitis beschreiben, davon 2 nach FOLFIRI (Pawlik et al. 2007). Auch das Risiko nicht-letaler postoperativer Komplikationen neoadjuvant behandelter Patienten wird unterschiedlich beurteilt. So berichtete Kooby bereits bei unterschiedlich ausgeprägter Steatose eine signifikant ansteigende postoperative Komplikationsrate, besonders in Hinblick auf Infektionen und Wundheilung (⊡ Tab. 14.7). Andererseits fand Pawlik bei 212 Patienten, davon 72,2% mit einer neoadjuvanten Chemotherapie, identische Komplikationsraten von 30,5% vs. 35,3% (p=0,79) (Pawlik et al. 2007). In einer Subanalyse von Patienten mit ausgedehnter Leberresektion, die eine totale vaskuläre Exklusion erforderlich machte, stieg die postoperative Komplikationsrate am Hôpital Ambroise Paré, Boulogne, nach längerer neoadjuvanter Chemotherapie mit 38% vs. 13,5% (p=0,03) signifikant an (Karoui et al. 2006). Relativ übereinstimmend wird für vorbehandelte Patienten ein höherer intraoperativer Blutverlust berichtet, meist mit entsprechend steigendem Konservenbedarf, der wesentlich auf vaskuläre Veränderung des nicht-tumorbefallenen Lebergewebes zurückgeführt wird (Aloia et al. 2006, Sahajpal et al. 2007). Als prophylaktische Gegenmaßnahme ist besonders nach längerer neoadjuvanter Chemotherapie das Pringle’sche Manöver einer totalen vaskulären Exklusion vorzuziehen (Benoist et al. 2006). Auch eine höhere Rate lokaler Infektionen und respiratorischer Störungen wurde berichtet (Welsh et al. 2007). Entsprechend stieg die Reoperationsrate in der Erfahrung des Paul-Brousse Hôpital nach Verabreichung von über 12 Kursen Chemotherapie von 0% auf 11% signifikant (p=0,04) an (Aloia et al. 2006). Monoklonale Antikörper gegen epithelial growth factor (EGF) oder vascular endothelial growth factor (VEGF) wie Cetuximab bzw. Bevacizumab beinhalten angesichts ihrer langen biologischen Halbwertszeit von ca. 3 Wochen potenzielle Gefahren für die Wundheilung und – letzterer nach tierexperimentellen Daten – für die Leberregeneration (Drixler et al. 2002). Eine direkte Lebertoxizität ist jedoch nicht belegt. Daher betreffen Bedenken gegen diese Substanzen weniger eine toxische Limitierung der Re-
sektionsmöglichkeiten, sondern vielmehr eine Erhöhung postoperativer Komplikationen. Bisher liegen nur wenige klinische Erfahrungsberichte vor, nahezu ausschließlich mit Bevacizumab in Kombination mit FOLFOX oder FOLFIRI. Sofern die Operation 6-8 Wochen nach der letzten Applikation erfolgte, wurde kein Anstieg von Morbidität oder Letalität beobachtet (D’Angelica et al. 2007, Reddy et al. 2008). Insgesamt gesehen verursacht eine neoadjuvante Chemotherapie protokollspezifische histopathologische Leberveränderungen. Diese sind nach Einschluss von Oxaliplatin zwar mit erhöhter Blutungsneigung, jedoch nicht mit einer signifikant erhöhten Morbidität oder Letalität verbunden. Demgegenüber steigt bei der besonders durch Irinotecan induzierte Steatohepatitis nach ausgedehnter Resektion – zumal mit kontralateraler Ablation – das Letalitätsrisiko. > Im Einzelfall sollte das vermutlich nötige Resektionsausmaß die Medikamentenauswahl der neoadjuvanten Therapie leiten, am besten unter Einbeziehung eines erfahrenen Leberchirurgen in die initiale Festlegung der Strategie. Hierbei sind neben einer evtl. vorbestehenden Steatose andere Komorbiditätsaspekte wie BMI oder Diabetes mellitus einzubeziehen.
Sobald sich im Rahmen der neoadjuvanten Therapie eine Leberschädigung andeutet, muss in gemeinsamer Abstimmung das Therapieschema modifiziert und/oder die Behandlungsdauer limitiert werden. Bei etablierten morphologischen Veränderungen wird von einigen Autoren eine Leberbiopsie empfohlen (Fernandez et al. 2000), von anderen jedoch angesichts der erheblichen Intraund Interobserver-Variation bei der Beurteilung einer Steatose (Fiorini et al. 2005, Farrell u. Larter 2006) als wenig hilfreich eingeschätzt. Stattdessen wurde in Anlehnung an Erfahrungen aus der Leber-Lebendspende empfohlen, in Grenzfällen eine Laparoskopie mit direkter makroskopischer Beurteilung der Leber vorzunehmen. Vor größeren Resektionen sollte zudem die vorstehend diskutierte Pfortaderembolisation großzügig eingesetzt werden (Vauthey et al. 2006).
14
202
Kapitel 14 · Spezielle operative Situationen und taktische Vorgehensweise
> Bei Patienten mit nachgewiesener toxischer Leber-schädigung kann neben der individuellen Anpassung des Resektionsausmaßes ein behutsames Timing der Operation zur Risikominimierung beitragen.
So fand die Gruppe in Basingstoke eine direkte Abhängigkeit chirurgischer Komplikationen vom Intervall zwischen Chemotherapieende und Leberresektion (unter 4 Wochen: 11%, 5-8 Wochen: 5,5%, 9-12 Wochen: 2,6%, p=0,009, Welsh et al. 2007).
Literatur
14
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203 14.7 · Besonderheiten bei vorgeschädigter Leber
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14
15
Stellenwert der Transplantation bei hepatobiliären Tumoren C. Hillert, X. Rogiers
15.1
Einleitung
– 205
15.2
Benigne Lebertumoren
15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.2.4
Kavernöses Hämangiom – 205 Fokal noduläre Hyperplasie (FNH) – 205 Hepatozelluläre Adenome – 205 Degenerativ polyzystische Lebererkrankung
15.3
Maligne Lebertumoren – 206
15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5 15.3.6 15.3.7
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) – 207 Intrahepatisches cholangiozelluläres Karzinom (CCC) – 208 Extrahepatische Gallengangskarzinome (Klatskin-Tumor) – 208 Hämangioendotheliom – 208 Hepatoblastom – 208 Kolorektale Metastasen – 209 Neuroendokrine Metastasen – 209
– 205
– 206
205 15.2 · Benigne Lebertumoren
15.1
Einleitung
Die Lebertransplantation hat sich in den letzten Jahren zur Therapie von zahlreichen Lebererkrankungen etabliert. Dank der besseren peri- und postoperativen Betreuung sowie neuer chirurgischer Techniken und Präparate zur Immunsuppression konnte das Langzeitüberleben deutlich verbessert werden. In der Therapie von Lebertumoren konnte sich aufgrund des stetigen Organmangels die Transplantation nur beim hepatozellulären Karzinom (HCC) durchsetzen. Mit der Leberlebendspende können hier mittlerweile Überlebenszeiten von bis zu 70% nach 5 Jahren erreicht werden. Bei anderen primären und sekundären bösartigen Leber- und Gallengangstumoren hat die Lebertransplantation nur eine untergeordnete Bedeutung.
15.2
Benigne Lebertumoren
Die meisten gutartigen Lebertumoren werden als Zufallsbefund im Rahmen von abdominellen Ultraschalluntersuchungen gefunden. Die häufigsten Entitäten sind das kavernöse Hämangiom, die fokal noduläre Hyperplasie (FNH), das Leberzelladenom und dysontogenetische Leberzysten. Der Anteil der gutartigen Lebertumoren an allen Lebertransplantationen beträgt nur ca. 0,37% (Tepetes et al. 1995). Die Indikation bestand in einer schweren Symptomatik und dem Verdacht auf eine Neoplasie. Gutartige Lebertumore können insbesondere bei zentraler Lage im Bereich des Leberhilus oder der Lebervenenkonfluenz mit Kompression der Gefäßstrukturen in Einzelfällen eine Transplantation erforderlich machen. Aufgrund der immer größer werdenden Diskrepanz zwischen der Anzahl der auf eine neue Leber wartenden Patienten sowie dem immer kleiner werdenden Angebot an Spenderorganen ist eine selektive Patientenauswahl und Indikationsstellung von übergeordneter Bedeutung. Deshalb sollte gerade bei gutartigen Lebertumoren eine strenge Indikationsstellung zur Transplantation erfolgen. Nicht nur aufgrund der postoperativen Morbidität und Mortalität, sondern auch der mit der Transplantation verbundenen lebenslangen Einnahme von Immunsuppressiva.
15.2.1
Kavernöses Hämangiom
Hämangiome sind die häufigsten primären Neubildungen in der Leber. Meistens handelt es sich um einen sonographischen Zufallsbefund. Eine Operationsindikation besteht selten (Yoon et al. 2003, Weimann et al. 1997).
Hämangiome können jedoch durch Ruptur, Thrombosierung und Druck auf die benachbarten Organe symptomatisch werden. Auch bei symptomatischen monströsen (Giant-) Hämangiomen gelingt häufig eine Enukleation der umkapselten Hämatome aus dem Leberbett. Bei symptomatischen nicht operablen Befunden kann eine transarterielle Embolisation die Herde verkleinern und somit die Symptome lindern (Giavroglou et al. 2003). Da die Prognose der kavernösen Hämangiome ausgezeichnet ist und eine maligne Transformation bisher nicht beobachtet wurde, ist die Indikation zur Lebertransplantation sehr selten gegeben. > Die Hauptindikation betrifft nicht-resektable Hämangiome, die fast die gesamte Leber einnehmen und die mit lebensbedrohlichen Koagulopathien oder Druckkomplikationen einhergehen.
In der Literatur sind nur wenige Einzelfälle beschrieben (Kumashiro et al. 2002, Tepetes et al. 1995). Bei schnellem Wachstum sollte jedoch an ein Hämangiosarkom der Leber gedacht werden.
15.2.2
Fokal noduläre Hyperplasie (FNH)
Aufgrund der charakteristischen Darstellung in den Schnittbildverfahren lässt sich die FNH mit einer Sensitivität von über 82% und einer Spezifität von 97% durch die Kombination von Ultraschall und CT sicher darstellen. Lebertransplantationen bei FNH sind nur in einzelnen Fällen beschrieben. > Indiziert ist die Lebertransplantation nur bei Patienten mit nicht-resektablen Tumoren und schweren Symptomen wie dem Verschluss der Lebervenen (Budd Chiari-Syndrom) oder unklarer Dignität (Weimann et al. 1997).
15.2.3
Hepatozelluläre Adenome
Die Therapie des hepatozellulären Adenoms ist derzeit umstritten. Da Adenome im Verdacht standen, zu einem hepatozellulären Karzinom entarten zu können (Flemming et al. 2006), wurde bis vor wenigen Jahren schon bei Verdacht auf ein Adenom ein radikales Vorgehen nach onkologischen Kriterien mit einem Sicherheitsabstand empfohlen. Da bisher kein einziger Fall einer malignen Transformation bewiesen werden konnte, wird mittlerweile in vielen Zentren eine konservative Therapie bei asymptomatischen Adenomen mit engmaschiger Beobachtung favorisiert. Die Tumorruptur mit Hämoperitoneum wird
15
206
Kapitel 15 · Stellenwert der Transplantation bei hepatobiliären Tumoren
in 15–30% der Fälle berichtet (Capussotti et al. 2007) und stellt eine sofortige Operationsindikation dar. > Bei nicht operablen Adenomen ist eine abwartende Haltung unter engmaschiger Kontrolle sinnvoll. In seltenen Fällen wurde auch bei nicht symptomatischem Befund eine Lebertransplantation durchgeführt, insbesondere bei Patienten multiplen Adenomen.
Hier ist die Gefahr einer Entartung, gerade in Verbindung mit der Glykogenose Typ 1 deutlich erhöht, sodass die Indikation in der Prävention einer malignen Transformation besteht (Weimann et al. 1997). Der Einfluss der hormonellen Kontrazeptiva ist derzeit umstritten. Im Zweifelsfall sollten hormonelle Kontrazeptiva abgesetzt werden, da Hormone im Verdacht stehen, die Erkrankung zu begünstigen (Giannitrapani et al. 2006).
Adenomatose der Leber Die Leberadenomatose ist eine seltene Erkrankung, die 1985 erstmals in einer Serie von 13 Fällen beschrieben wurde (Flejou et al. 1985). Bislang sind ca. 40 Fälle publiziert. Leberadenomatose ist definiert als das Vorhandensein von mehr als 10 Adenomen in ansonsten normalem Leberparenchym. Der natürliche Verlauf ist nicht bekannt. Das Geschlechtsverhältnis ist im Gegensatz zu normalen Leberadenomen gleich, es gibt keinen Anhalt für eine Assoziation zur Einnahme von oralen Kontrazeptiva, auch Blutungen oder Nekrosen werden nicht beschrieben. Zurzeit wird eine Lebertransplantation als indiziert angesehen, wenn die Patienten hochsymptomatisch sind oder ein rapides Wachstum in Anzahl und Größe beobachtet wird (Chiche et al. 2000).
15.2.4
15
Degenerativ polyzystische Lebererkrankung
Die Lebertransplantation erfährt in der Therapie von polyzystischen Lebererkrankungen eine zunehmende Akzeptanz, spielt jedoch insgesamt noch eine untergeordnete Rolle, da die Mehrzahl der Patienten eine normale Leberfunktion hat und die interventionellen oder resektiven Maßnahmen eine adäquate Therapie darstellen. > Die Indikation zur Lebertransplantation besteht insbesondere bei Patienten mit diffusen kleinen zystischen Läsionen, begleitet von Zeichen der Leberinsuffizienz oder massiver Druckproblematik.
In diesem Fall bietet die Lebertransplantation die definitive Heilung der Grunderkrankung. Dennoch muss in Anbetracht der Organknappheit auch hier eine stren-
ge Indikationsstellung erfolgen. Hauptindikationen sind im Einzelfall insbesondere Kachexie, Gewichtsverlust, rekurrierende Zysteninfektionen, portale Hypertension, Aszites und massive Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Schwierig ist das Abschätzen des richtigen Zeitpunktes zur Transplantation. Insgesamt gilt: je schlechter der Allgemeinzustand des Patienten, desto schlechter ist auch das postoperative Outcome, welches insbesondere durch die hohe Infektionsrate beeinflusst wird (Lang et al. 1997). Die frühzeitige Durchführung einer Lebertransplantation bietet dagegen ein deutlich verbessertes Outcome mit Wiederherstellung der Lebensqualität (Pirenne et al. 2001). Insofern sollte zwischen den Risiken der Operation, Langzeitimmunsuppression und Verschlechterung der Nierenfunktion abgewogen werden. Bei begleitender polyzystischer Nierenerkrankung mit terminaler Niereninsuffizienz ist eine Kombinationstransplantation sinnvoll. In einer Serie von 16 Patienten wurde eine Mortalität nach Transplantation von 12,5% beschrieben, die Patienten- und Transplantatüberlebensrate wurde mit 87,5% und einem Follow-up von 3-10 Jahren angegeben. (Russell u. Pinson 2007). Aufgrund der besseren und postoperativen Betreuung sowie von neuen immunsuppressiven Strategien ist eine weitere Besserung des postoperativen Überlebens und der Lebensqualität zu erwarten, sodass die Lebertransplantation bei der Therapie von polyzystischen Lebererkrankungen einen noch höheren Stellenwert gewinnen wird.
15.3
Maligne Lebertumoren
Die Therapie von bösartigen Lebertumoren mittels Lebertransplantation hat sich in den letzten Jahren von einer exotischen und oft kritisierten Therapie zu einer gut dokumentierten und akzeptierten Option entwickelt. Frühe Ergebnisse haben gezeigt, dass nur wenige hoch selektionierte Patientengruppen von der Lebertransplantation profitieren. Dies hat dazu geführt, dass zurzeit nur etwa 10% aller Lebertransplantationen wegen des HCC durchgeführt werden. Andere bösartige primäre und sekundäre Lebertumoren werden zurzeit nur in Ausnahmefällen transplantiert. Einig ist man sich jedoch, dass das Hepatoblastom eine exzellente Indikation bei pädiatrischen Patienten mit unresektablen Tumoren darstellt, das Patienten mit HCC innerhalb der Mailand-Kriterien gute Ergebnisse erzielen, dass das Hämangioendotheliom in Einzelfällen transplantiert werden kann. Lebermetastasen sind in der Regel keine Indikation zur Lebertransplantation mit Ausnahme von neuroendokrinen Tumoren als Primarius. In seltenen Fällen können das cholangiozelluläre intrahepatische Karzinom und der Klatskin-Tumor
207 15.3 · Maligne Lebertumoren
in Kombination mit einer aggressiven neoadjuvanten und adjuvanten Therapie eine Therapieoption darstellen (Hertl u. Cosimi 2005).
15.3.1
Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Beim hepatozellulären Karzinom ist das Vorhandensein einer Leberzirrhose, die in über 70% der Fälle mit einem HCC assoziiert ist, von entscheidender Bedeutung für die weitere Therapieplanung. Eingeschränkte Leberfunktion, reduzierte Parenchymreserve sowie portale Hypertension limitieren die resektiven Möglichkeiten. Weiterhin ist bei Zirrhose die Regenerationsfähigkeit der Leber erheblich eingeschränkt, was zu einer dauerhaften Verschlechterung des Zustandes des Patienten nach Resektion führen kann. > Deshalb hat sich in den letzten Jahren die totale Hepatektomie und orthotope Lebertransplantation zur gleichzeitigen Therapie sowohl des HCC als auch der Grunderkrankung etabliert (Klintmalm 1998). Nach wie vor umstritten ist jedoch das Ausmaß der Tumorerkrankung, welches gerade noch die Lebertransplantation rechtfertigt.
Mazzaferro aus Mailand (Mazzaferro et al. 1996) präsentierte einen Meilenstein in der Patientenselektion. In dieser Studie wurden 48 Patienten mit einem HCC evaluiert, denen Tumore kleiner als 5 cm (singulär) oder 3 cm (maximal 3 Herde) zugrunde lagen. Bei 35 Patienten, die diese Kriterien erfüllten, lag die Rezidivfreiheit bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 26 Monaten mit 85% signifikant höher als bei Patienten, die diese Kriterien nicht erfüllten. Es folgte eine weltweite Akzeptanz der Parameter als »Mailand-Kriterien«. In der letzten Zeit gibt es jedoch Tendenzen, die engen Mailand-Kriterien aufzuweichen und zu erweitern. Yao (Yao et al. 2002) entwickelte die sogenannten UCSF-Kriterien (University of California, San Francisco) durch Analyse am eigenen Patientengut über 12 Jahre. Er fand, dass Patienten mit singulären Tumoren <6,5 cm oder 3 Herden mit dem größten von maximal 4,5 cm und einem Gesamtdurchmesser von 8 cm vergleichbare Ergebnisse wie bei den Mailand-Kriterien hatten. Allgemeingültige Ausschlusskriterien sind die Infiltration großer Gefäße sowie der extrahepatische Tumorbefall (Llovet et al. 2004). Entscheidender und limitierender Faktor ist jedoch die Wartezeit bis zur Transplantation, die aufgrund des progredienten Tumorwachstums bei vielen Patienten zu einem sekundären Ausschluss von der Transplantation führt. So beträgt bei einem Stadium UICC 1 die Mortali-
tät auf der Warteliste zum Zeitpunkt der Listung nur 8% und steigt nach einer Wartezeit von 2 Jahren auf 88%. > Zur Überbrückung der Wartezeit haben sich, im Sinne einer lokalen Tumorkontrolle, die perkutane oder offene Thermoablation und die transarterielle Chemoembolisation, alleine oder in Kombination, bewährt (Wong et al. 2004).
Einen entscheidenden Überlebensvorteil hat die Einführung der Erwachsenen-Leberlebendspende gebracht. Wenn ein adäquater Leberlebendspender zur Verfügung steht, kann durch den elektiven und früheren Operationstermin der Empfänger optimal konditioniert und die Wartezeit und somit auch das Tumorwachstum minimiert werden (Lo et al. 2004). Dadurch erhöht sich die durchschnittliche Überlebenszeit von 7,8 Jahren nach Kadavertransplantation auf 12,2 Jahre nach Lebendspende (Cheng 2001). Die 5-Jahres-Überlebensrate wird mit 68 vs. 42% angegeben. Immer noch in der Diskussion steht die Durchführung einer Leberlebendspende bei Patienten, die die MailandKriterien überschreiten (erweiterte Indikation). Bei erforderlicher frühzeitiger Retransplantation aufgrund einer Minderfunktion des gespendeten Transplantates würde dies den Organspendepool dann doch belasten. Zudem ist das Spenderrisiko streng gegenüber dem hohen Rezidivrisiko abzuwägen. Aufgrund einer Bevorzugung der HCC-Patienten im Vergabemodus von Eurotransplant und der Einführung neuer immunsuppressiver Substanzen, die wie Rapamycin einen antiproliferativen Effekt haben, ist für Patienten innerhalb der Mailand-Kriterien mit einer weiteren Verbesserung des Überlebens zu rechnen (Hertl u. Cosimi 2005).
Fibrolamelläres HCC Das fibrolamelläre HCC ist eine seltene, weniger aggressive Form des HCC. Sie scheint nicht mit Leberzirrhose oder Virushepatitis assoziiert zu sein, sodass zunächst die radikale Resektion als kurativer Ansatz gilt. Nur in seltenen Fällen ist bei fortgeschrittenen, nicht mehr resektablen Tumoren eine Lebertransplantation außerhalb der Mailand- oder San Francisco Kriterien beschrieben. Insofern fehlt es an prospektiv randomisierten Studien zur Evaluation der Transplantation gegenüber der Resektion. Einzelne Single-Center-Studien beschreiben ein 5-Jahres-Überleben von 44,5% nach Resektion und 28,5% nach Transplantation bei jedoch deutlich fortgeschrittenem Tumorstadium (Ringe et al. 1992) und einem 10-Jahres-Überleben von 70% vs. 28% (Pinna et al. 1997). Das Vorliegen einer extrahepatischen Tumormanifestation ist eine Kontraindikation zur Lebertransplantation.
15
208
Kapitel 15 · Stellenwert der Transplantation bei hepatobiliären Tumoren
15.3.2
Intrahepatisches cholangiozelluläres Karzinom (CCC)
Das cholangiozelluläre Karzinom (CCC) ist ein Adenokarzinom der intrahepatischen Gallengänge mit einer geschätzten Inzidenz von 0,01 bis 0,8%. Es sollte vom extrahepatischen Gallengangskarzinom deutlich abgegrenzt werden, da sich die Tumorbiologie und der therapeutische Ansatz wesentlich unterscheiden (Shimoda u. Kubota 2007). Beim CCC stellt die Resektion die einzige potenziell kurative Therapie dar, sodass ein radikaler chirurgischer Ansatz vertretbar ist (Jarnagin u. Shoup 2004). Aufgrund der schnellen Wachstumsrate, der zunächst oft okkulten Herde und der späten Diagnosestellung sind die meisten Patienten jedoch nicht mehr operabel. Früherfahrungen in der Transplantation von Patienten mit nicht-resektablen CCCs zeigten schnelle Lokalrezidive mit massivem Progress unter der Immunsuppression und einen 3- bis 5-Jahres-Überleben von nur 20, respektive 5-15% (O’Grady 2000), sodass das inoperable CCC keine Indikation zur Lebertransplantation darstellt.
15.3.3
15
Extrahepatische Gallengangskarzinome (Klatskin-Tumor)
Die frühen Erfahrungen mit der Lebertransplantation bei Klatskin-Tumoren beziehen sich im Wesentlichen auf die fortgeschritteneren, lebernäheren Typen (Typ 3 und 4). Zu beobachten waren eine hohe Lokalrezidivrate, frühe Fernmetastasierung und ein mittleres Überleben von weniger als 2 Jahren (Casavilla et al. 1997). Eine mögliche Erklärung hierfür ist die häufige Infiltration der Perineuralscheiden, sodass in Kombination mit der postoperativen Immunsuppression das Wachstum beschleunigt wird. Zum Ausschluss der hohen Lokalrezidivrate erfolgte in einigen Zentren die Kombination mit einer partiellen Pankreato-Duodenektomie (Whipple-OP). Mit diesem Verfahren konnte die R0-Resektion zwar auf über 90% erhöht werden, aufgrund der Größe des Eingriffes lag die Langzeitüberlebensrate jedoch nur zwischen 15 und 30% (Jonas et al. 2001). Erfolg versprechend könnte die Durchführung einer multimodalen Therapie sein, wie sie von der Mayo-Klinik propagiert wird. Die Studie aus der Mayo-Klinik mit einem multimodalen Ansatz bei Patienten mit hilären Gallengangskarzinomen gibt Anlass zur Neubewertung. Nach externer Bestrahlung in Kombination mit einer transduktalen Bestrahlung und systemischer Chemotherapie mit 5 FU sowie Durchführung einer explorativen Laparotomie zum Ausschluss von extrahepatischen Tumormanifestationen wurde der Patient auf der Warteliste
unter Fortführung der 5FU-Therapie aktiviert. Von 19 Patienten konnten 11 Patienten einer Transplantation zugeführt werden, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch lebten (De Vreede 2000). In einer Studie von mittlerweile 38 transplantierten Patienten betrugen das 1-, 3- und 5 Jahres-Überleben 91, 87 und 87% (Rea et al. 2005). Unklar bleibt, ob die guten Zahlen auf dem Boden der neoadjuvanten Multimodaltherapie oder der strengen Indikationsstellung zustande kommen. > Die Verfügbarkeit neuer onkologischer Therapieprotokolle sowie die Möglichkeit der Leberlebendspende könnten dafür sprechen, dass ein genereller Ausschluss von Patienten mit Klatskin-Tumoren von einer Transplantation nicht gerechtfertigt ist, sondern dass dies im Rahmen prospektiver Studien neu zu evaluieren ist.
15.3.4
Hämangioendotheliom
Das epitheloide Hämangioendotheliom ist eine 1982 erstmals beschriebene Erkrankung, die hauptsächlich junge Frauen betrifft, wobei eine Assoziation mit der Einnahme von oralen Kontrazeptiva bisher nicht bewiesen ist. Primär sollte die Resektabilität geprüft werden. Da der Tumor in der Regel jedoch spät entdeckt wird, ist häufig eine Resektion trotz nicht-zirrhotischer Leber unmöglich. Die größte Single-Center-Studie aus Pittsburgh mit 16 transplantierten Patienten, bei einem medianen Follow-up von 4,5 Jahren, beschreibt ein 5-Jahres-Überleben von 73% sowie eine krankheitsfreie Zeit von 60% (Madariaga et al. 1995). Weiterhin umstritten ist das Vorliegen von extrahepatischen Tumormanifestationen, was von einigen Autoren als nicht absolute Kontraindikation angesehen wird (Lerut et al. 2004, Ben-Haim et al. 1999). Dennoch wird gerade bei diesen Patienten häufig auch ein rapides Rezidivieren nach Transplantation beobachtet, sodass eine adjuvante Chemotherapie zu empfehlen ist (Ben-Haim et al. 1999).
15.3.5
Hepatoblastom
Das Hepatoblastom ist der häufigste bösartige Lebertumor bei Kindern. Er tritt gehäuft bei Jungen im Alter <3 Jahren auf und wird spät diagnostiziert. Die Einführung der Chemotherapie mit Cysplatin und Doxorubicin hat in Kombination mit der Resektion zu einem 5-Jahres-Überleben von ca. 80% geführt. Lebertransplantation spielt bei diesen Patienten nur eine Rolle, wenn
209 15.3 · Maligne Lebertumoren
der Tumor nicht komplett nach chemotherapeutischem Downstaging entfernt werden kann. In einem Review von 147 Patienten aus dem Eurotransplant-Bereich beschreibt Otte (Otte et al. 2004) allerdings einen Überlebensvorteil für Patienten nach direkter Transplantation von 82% vs. 30% bei Patienten, bei denen vorher eine Leberresektion versucht wurde.
15.3.6
Kolorektale Metastasen
Generell gilt die Lebertransplantation bei metastasiertem kolorektalen Karzinom aufgrund der hohen Rezidivrate und dem schlechten Langzeitüberleben (Fahy u. Jarnagin 2006) als kontraindiziert. In einer der wenigen kleinen Fallserien erzielten Mühlbacher (Mühlbacher et al. 1991) Anfang der 90er Jahre bei 17 Patienten ein medianes Überleben von 13,1 Monaten. Nur 3 der Patienten lebten länger als 2 Jahre. Erklärt wird der schlechte Verlauf unter anderem dadurch, dass mögliche extrahepatische Mikrometastasen durch die Immunsuppression aktiviert werden.
15.3.7
Neuroendokrine Metastasen
Neuroendokrine Tumoren bestehen aus einer sehr heterogenen Gruppe von Karzinomen mit variabler Klinik. Häufig sind die Patienten über eine lange Zeit zunächst beschwerdefrei und präsentieren sich dann bei auftretender Symptomatik mit einer inkurablen multifokalen Metastasierung. Gerade Primärmanifestationen im Gastrointestinaltrakt metastasieren häufig in die Leber. Aufgrund des z.T. sehr langsamen Wachstums der Lebermetastasen können diese Patienten ggf. geeignete Kandidaten für eine Lebertransplantation sein. Einige Autoren unterscheiden zwischen karzinoidartigen und anderen neuroendokrinen Tumoren. Erstere haben einen deutlichen Überlebensvorteil mit einem 5-Jahres-Überleben von 69% vs. 8% nach 4 Jahren (Le Treut et al. 1997). Unabhängig davon ist die Beseitigung des Primarius von übergeordneter Bedeutung (Lang et al. 1997). > Die Lebertransplantation bietet sich als Alternative bei extensiven, nicht resektablen Metastasen an.
Zwei Multicenterstudien berichten über eine 5-JahresÜberlebensrate von 36% und rekurrenzfreie 5-JahresÜberlebensrate von 17% bei 31 Patienten (Let Treut et al. 1997) sowie 47% und 24% bei 103 Patienten (Lehnert 1998). Neue Studien zeigen eine prognostische Bedeutung von immunhistochemischen Markern. Frilling (Frilling et al. 2006) beschreibt an 15 Patienten den Einfluss von
Ki 67. Das 1- und 5-Jahres-Überleben betrug 78,3 und 67,2%. Insgesamt empfiehlt die Essener Arbeitsgruppe eine strikte Selektion der Patienten sowie im Falle einer Rekurrenz einer Erkrankung nach Transplantation eine aggressive chirurgische Therapie, ggf. begleitet von einer systemischen Radiopeptidtherapie. Eine Ki67-Expression über 10% wird als negativer Einflussfaktor des Überlebens angesehen. Zwingende Voraussetzung zur Transplantation ist der Ausschluss extrahepatischer Tumormanifestationen.
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15
210
15
Kapitel 15 · Stellenwert der Transplantation bei hepatobiliären Tumoren
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16
Laparoskopische und laparoskopischassistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie M. Kleemann, H. P. Bruch, M. Birth
16.1
Die Entwicklung der laparoskopischen Leberchirurgie – 212
16.2
Vor- und Nachteile des minimal-invasiven Zugangs – 212
16.3
Terminologie und Definitionen – 215
16.4
Methodenüberblick zur minimal-invasiven Leberresektion – 215
16.5
Grundlagen der laparoskopischen Resektionstechnik – 215
16.6
Laparoskopische laterale Sektorektomie links – 216
16.7
Komplikationen
16.8
Fazit
– 217
– 216
212
Kapitel 16 · Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie
16.1
16
Die Entwicklung der laparoskopischen Leberchirurgie
Nach der ersten laparoskopischen Cholezystektomie 1985 durch Mühe wurde mit Beginn des folgenden Jahrzehnts die minimal invasive Chirurgie auf alle Viszeralorgane mit unterschiedlichem Erfolg ausgeweitet (Schwandner et al. 2004, Friedmann et al. 1996, Gagner et al. 1997, Gagner u. Pomp 1997). Für einige abdominelle Eingriffe entwickelte sich das laparoskopische Vorgehen dabei zum Verfahren der Wahl. Ursächlich waren vor allem Studien mit »low level evidence«, die an ausgewählten Patienten »weiche« Vorteile wie weniger Schmerzen sowie kürzere Liege- und Erholungszeiten bei gleicher Sicherheit nachwiesen. Vor allem die Angst einer reduzierten onkologischen Effizienz sowie der möglichen Assoziation zwischen Pneumoperitoneum und erhöhter Wahrscheinlichkeit der Tumorimplantation führte anfänglich zur verzögerten Akzeptanz onkologischer Eingriffe. Diese Befürchtungen konnten für die laparoskopische onkologische Kolonresektion durch mehrere randomisierte kontrollierte Studien ausgeräumt werden (Larson et al. 2008, Fleshman et al. 2007). Als laparoskopischer Lebereingriff wurde bereits 1991 die Fenestration von solitären großen Leberzysten beschrieben (Fabiani et al. 1991). Ein Jahr später folgte die laparoskopische Wedge-Resektion einer fokal-nodulären Hyperplasie (Gagner et al. 1992) sowie 1996 die laparoskopische laterale Sektorektomie links (Azagra et al. 1996). Vier Jahre später wurde erstmals eine größere Patientenpopulation mit laparoskopischer Leberresektion beschrieben (Descottes et al. 2000). Trotz einzelner Berichte über die minimal-invasive Leberteilresektion bei malignen Erkrankungen ist dieses Vorgehen nach wie vor umstritten und derzeit nicht abschließend beurteilbar (Gagner et al. 2004). Eine Multicenterstudie untersuchte in jüngerer Vergangenheit Machbarkeit, Sicherheit und Patientenoutcome der laparoskopischen Resektionstechniken (Descottes et al. 2003). Insbesondere kleinere Tumore in den linkslateralen Segmenten (Seg. II, Seg. III) und den anterioren Lebersegmenten des rechten Leberlappens (Seg. IVb, Seg. V, Seg. VI) sind danach für den minimal-invasiven Zugang geeignet (⊡ Abb. 16.1). Laparoskopische Lebereingriffe variieren in der Komplexität und dem Schwierigkeitsgrad, wobei eine Einteilung in drei Kategorien sinnvoll erscheint: 1. Biopsien und kleine Keilresektionen, 2. links laterale Segmentektomien oder vordere Segmentektomien (IVb, V, VI), und 3. Hemihepatektomien, Trisektorektomien (»große Leberresektionen«) und Resektionen der schwierigen hinteren Segmente IVa, VII oder VIII.
⊡ Abb. 16.1 Laparoskopisch zugängliche linkslaterale und anteriore Segmente (aus Clavien et al. 2007)
Über die letzten 15 Jahre wurden die ersten zwei Kategorien der o.g. Resektionen im klinischen Alltag eingeführt, nachdem Fallberichte die bekannten Vorteile minimalinvasiver Verfahren ohne eine Reduktion der Effektivität darlegten. Selbst nachdem Cherqui und Kollegen an einer prospektiven Kohortenstudie mit 30 Patienten die Machbarkeit der laparoskopischen Leberchirurgie demonstrieren (⊡ Abb. 16.2), ist die Verbreitung zurückhaltend (Cherqui et al. 2000). Mittlerweile existieren große laparoskopische Serien über Hemihepatektomien einschließlich der Resektion des rechten Leberlappens für die Lebendspende (Koffron et al. 2007).
16.2
Vor- und Nachteile des minimal-invasiven Zugangs
Auch an der Leber lassen sich die Vorteile der minimal invasiven Therapie im Vergleich zur Laparotomie nachweisen: ▬ verringerte Notwendigkeit einer postoperativen Analgesie, ▬ bessere postoperative Lungenfunktion, ▬ Reduktion postoperativer immunologischer Einschränkungen (Rau et al. 1998, ⊡ Abb. 16.3), ▬ zügigerer Kostaufbau, ▬ verkürzter Krankenhausaufenthalt und ▬ schnellere Erholung der Serum-TransaminasenWerte (Burpee et al. 2002). Kontrovers diskutiert wird auch in der Leberchirurgie die Gefahr der Tumorzellverschleppung und der Trokarkanalmetastasen bei malignen Prozessen, wobei vergleichende
16
213 16.2 · Vor- und Nachteile des minimal-invasiven Zugangs
⊡ Abb. 16.2 Platzierung der Trokare für eine laparoskopische Resektion einer Läsion in den Segmenten II-V nach Cherqui (Gigott et al. 2002). Die Zahlen an den Trokaren beschreiben den Durchmesser der Trokare. Des Weiteren sind die für laparoskopische Resektionen gut zugänglichen Segmente der Leber (II, III, IVb, V und VI) hervorgehoben (aus Clavien et al. 2007)
2.5
16
CRP
Cortisol
p=0.202
p=0.111
14
2 12
p=0.229
p=0.108
10
1.5
8 p=0.064
1
p=0.571
p=0.540
p=0.130
POD #2
POD #7
6 p=0.701
p=0.620
4
0.5
2 0
PREOP
POSTOP
POD #1
POD #2
350
POD #7 p=0.04
TNF
0
PREOP
POSTOP
14
300
12
250
10
200
8
POD #1 p=0.013
p=0.494
p=0.218 p=0.003
150
p=0.72
6 4
100 p=0.35
p=0.25
p=0.39
POSTOP
POD #1
2
50 0
IL-6
p=0.047
PREOP
POD #2
POD #7
0
PREOP
POSTOP
POD #1
POD #2
POD #7
⊡ Abb. 16.3 »Weiche« Vorteile der laparoskopischen Leberchirurgie, gemessen an den immunologischen Parametern CRP, Cortisol, TNF und Interleukin 6 (hellblau: offene Resektion, dunkelblau: laparosk. Resektion, PREOP: präoperativ, POSTOP: postoperativer Tag)
214
Kapitel 16 · Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie
⊡ Tab. 16.1 Potenzielle Vor- und Nachteile bzw. erwartete Probleme des laparoskopischen Vorgehens bei Leberresektionen Vorteile
Nachteile bzw. erwartete Probleme
Reduktion der postoperativen Schmerzen
Einschränkung der Taktilität
Verbesserung der postoperativen Lungenfunktion
Einschränkung der Tiefenwahrnehmung
Verkürzte Liegedauer
Erhöhtes Blutungsrisiko bei Verletzung von relevanten Gefäßstrukturen
Immunologische Vorteile
Erschwerte Blutungskontrolle
Verringerung von peritonealen Adhäsionen
Erhöhtes Risiko einer Gasembolie
Kosmetische Aspekte
Höhere Rate von R1-Resektionen
Weniger postoperative Komplikationen bei Patienten mit Zirrhose
Probleme bei der Mobilisierung der Leber
Probleme bei der Parenchymdissektion Erhöhte Gefahr von Galleleckagen Präparatebergung erfordert erweiterten Zugang
⊡ Tab. 16.2 Ergebnisse laparoskopischer Leberresektionen von Serien mit einer Fallzahl von mind. 15
16
Autor
Jahr
Fallzahl (n)
benigne/ maligne
Metastasen CRC (%)
OP-Dauer (min)
Konversionsrate (%)
intraoperativer Blutverlust (ml)
Mortalität (%)
Rau et al. 1998
1998
17
gemischt
6
183
6
457
0
Huscher et al. 1998
1998
38
gemischt
44
189
5
380
3
Huscher et al. 1997
1997
20
gemischt
15
193
0
397
5
Cherqui et al. 2000
2000
30
gemischt
0
214
7
300
0
Lesurtel et al. 2003
2003
18
gemischt
6
202
11
236
0
Descottes et al. 2000
2000
16
gemischt
6
232
6
–
0
Shimada et al. 2001
2001
17
maligne
0
325
0
400
0
Gigot et al. 2002
2002
37
maligne
32
–
13,5
–
0
Farges et al. 2002
2002
21
benigne
0
177
0
218
0
Morino et al. 2003
2003
30
gemischt
17
148
0
320
0
Descottes et al. 2003
2003
87
benigne
0
–
10
–
0
Buell et al. 2005
2005
100
gemischt
35
135
0
–
1
Buell et al. 2004
2004
17
gemischt
6
168
0
288
6
Mala et al. 2005
2005
53
gemischt
79
187
6
700
0
Kaneko et al. 2005
2005
30
maligne
0
182
3
350
0
Dulucq et al. 2005
2005
32
gemischt
35
115
9
210
0
Koffron et al. 2007
2007
300
gemischt
20
99
6
102
9,3
Cai et al. 2008
2008
31
maligne
9
140
3,2
502
0
Chen et al. 2008
2008
116
maligne
0
152
–
101/329
0
Sasaki et al. 2009
2009
82
gemischt
47,6
177
1,2
64
3,7
215 16.5 · Grundlagen der laparoskopischen Resektionstechnik
Untersuchungen zur konventionellen offenen Leberchirurgie fehlen. Kurzzeitdaten belegen jedoch, dass bei entsprechender Patientenselektion vergleichbare Ergebnisse erzielt werden können (Mala et al. 2002). Der Gefahr einer Gasembolie kann mit entsprechenden Bauchdeckenhalterungen ohne Notwendigkeit eines Pneumoperitoneums prinzipiell begegnet werden. Aufgrund der schlechteren Raumbildung haben sich diese Systeme jedoch nicht durchsetzen können. Insofern wurden eine Verringerung des intraabdominellen Druckes unter 10 mmHg, die intraoperative Sonographie der linken V. hepatica und das engmaschige anästhesiologische Monitoring des endexpiratorischen CO2-Gehaltes zur Steigerung der Operationssicherheit und Qualitätskontrolle gewählt (⊡ Tab. 16.1). Aktuelle Daten zeigen eine Mortalität zwischen 0 und 6% bei laparoskopischem Vorgehen und eine Morbidität von bis zu 5%. ! Cave! Die Blutung bleibt die häufigste intraoperative Komplikation, ähnlich der offenen Operation, ist aber minimalinvasiv erheblich schwieriger zu beherrschen und in 80% der Fälle Grund zur Konversion (⊡ Tab. 16.2).
16.3
Terminologie und Definitionen
Nach der internationalen Konsensuskonferenz in Louisville, Kentucky werden die Begriffe ▬ »pure« Laparoskopie, ▬ handassistierte Laparoskopie und ▬ Hybrid-Technik, zur Beschreibung laparoskopischer Lebereingriffe unterschieden (Buell et al. 2009). Bei der Ersteren wird die Leberresektion komplett laparoskopisch via Trokare durchgeführt, mit Ausnahme einer Minilaparotomie zur Präparatextraktion. Die handassistierte Laparoskopie wird über die elektive Platzierung eines Handports zur Unterstützung des Eingriffs definiert. Die nicht geplante Platzierung eines solchen Handports während eines »puren« laparoskopischen Eingriffs, entweder aufgrund einer intraoperativen Komplikation oder wegen eines fehlenden Operationsfortschritts, sollte »pure Laparoskopie mit Konversion zum Handport« genannt werden. Die Hybridtechnik wird als Eingriff definiert, der als »purer« laparoskopischer oder handassistierter Eingriff anfängt und in dem die Resektion über eine Mini-Laparotomie beendet wird. In der handassistierten Version wird dabei regelhaft die Handport-Inzision, ggf. nach Verlängerung für den offenen Operationsteil verwendet. Dieses Vorgehen wurde zumeist für die laparoskopische SpenderHemihepatektomie rechts gewählt.
16.4
Methodenüberblick zur minimal-invasiven Leberresektion
Derzeit bestehen durchaus regionale Schwerpunkte auf dem anspruchsvollen Gebiet der laparoskopischen Leberchirurgie. Französische Gruppen operieren auch Major-Resektionen sowie Erwachsene-zum-Kind-Spenderhepatektomien komplett laparoskopisch. Dabei werden zur Parenchymdissektion und Versorgung der Gefäßpedikel die aus der offenen Leberchirurgie bekannten Techniken verwandt. In Großbritannien liegt der Schwerpunkt auf der kontrollierten Einführung der laparoskopischen hepatischen Resektionstechniken. Die Leberchirurgie wird deshalb in spezialisierten Zentren konzentriert, wozu Chirurgen und entsprechende operative Einrichtungen eine Zertifizierung vom National Health Service benötigen. In anderen europäischen Ländern werden durch Zentren Ausbildungsprogramme für die laparoskopische Leberchirurgie jedoch ohne Kontrolle einer zentralen Meldungs- oder Zertifizierungsbehörde angeboten. Asiatische Gruppen operieren in wenigen spezialisierten Krankenhäusern häufig laparoskopisch mit traditionellen operativen Techniken aus der offenen Chirurgie in einem engmaschig kontrollierten System. In Australien und Nordamerika haben Spezialisten verschiedener fachlicher Ausrichtungen über ihre Erfahrungen mit dem laparoskopischen Vorgehen berichtet, so u.a. Transplantationschirurgen, hepatobiliäre Chirurgen, chirurgische Onkologen und ausschließlich laparoskopisch tätige Chirurgen. Dabei haben Kollegen aus Nordamerika sehr schnell die handassistierten und Hybrid-Techniken übernommen. Die Parenchymdissektion wurde dabei meist elektrochirurgisch oder als Klammergerät-Hepatektomie durchgeführt und unterschied sich damit stark von der traditionellen Verwendung des »clamp and crush« oder CUSA-Dissektion mit vaskulärer Clip-Kontrolle (Buell et al. 2009). Wie bei der offenen Leberresektion wurden verschiedene Dissektionstechniken eingesetzt, ohne dass die eindeutige Überlegenheit eines Verfahrens nachweisbar war. Als conditio sine qua non jeder laparoskopischen Resektion muss gelten, dass sie nur dann gewählt werden darf, wenn mit gleicher Sicherheit eine R0-Resektion erzielt werden kann. Insofern müssen Langzeitüberlebensraten von Patienten mit primären und sekundären Lebertumoren vergleichbar sein.
16.5
Grundlagen der laparoskopischen Resektionstechnik
Nach Rückenlagerung, Trokarpositionierung und Anlage des CO2-Pneumoperitoneums, vorzugsweise nur bis
16
216
16
Kapitel 16 · Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie
10 mmHg, erfolgt die Exploration der gesamten Abdominalhöhle sowie eine laparoskopische Lebersonographie zur Festlegung der Lagebeziehung zwischen Tumor und relevanten intrahepatischen Gefäßstrukturen. Die in Abschn. 16.2 dargestellten potenziellen Probleme und Komplikationsmöglichkeiten haben die handassistierte laparoskopische Leberchirurgie (HALS) verstärkt in den Fokus gerückt (Rau et al. 1998, Huscher et al. 1998). Der Vorteil der HALS liegt in der besseren Exploration der Anatomie einschließlich der palpatorischen Untersuchung der Leber. Entscheidend ist die Möglichkeit einer sofortigen manuellen Blutstillung durch Kompression. Auch die Kompression der Lebervenen im Abstromgebiet der Resektionsfläche zur Vermeidung einer Luftembolie ist beschrieben. Die »pure« laparoskopische Resektion solider Tumoren kann im auch 4-händigen Verfahren durchgeführt werden, welches zwei Chirurgen zum simultanen Arbeiten befähigt. Dies setzt jedoch eine enge Abstimmung im Team voraus. Auch laparoskopisch wird die Leber, insbesondere der tumortragende Leberlappen, nach Durchtrennung der Haltebänder komplett mobilisiert. Mittels Ultraschall werden der Tumor lokalisiert und die Resektionsgrenzen festgelegt. Selbige werden mittels Elektrokauter auf der Leberkapsel markiert und diese anschließend durchtrennt. Die Parenchymdissektion wird im eigenen Vorgehen laparoskopisch vorzugsweise mit dem 5 mm-Ligasure-Gerät vorgenommen. Dies erlaubt eine blutungsarme Dissektion und zugleich eine sichere Versiegelung kreuzender Gefäß- und Gallengangsstrukturen. Eine Versorgung oberflächiger Blutungen an der Dissektionsfläche kann auch mit einem Argon-Beamer erfolgen. Größere Strukturen werden zwischen Clips oder mittels Linearstaplern durchtrennt. Lebervenen sollten aus Sicherheitsgründen prinzipiell mit einem linearen endovaskulären Stapler durchtrennt werden. Die Anwendung von Fibrinkleber bzw. fibrinbeschichteten Auflagen an der Resektionsfläche kann zur Hämostase beitragen und vermag vor Galleleckagen zu schützen ( Kap. 12 »Management der Resektionsfläche«) (Huscher et al. 1997, Cherqui et al. 2000).
16.6
Laparoskopische laterale Sektorektomie links
Dieser Eingriff ist in idealer Weise für ein laparoskopisches Vorgehen geeignet und wird deshalb exemplarisch umfänglicher dargestellt. Die Operation beginnt mit der Durchtrennung des Lig. falciforme und des Lig. triangulare sinistrum bis zur Darstellung der Einmündung der
linken Lebervene in die V. cava inferior. Eine Dissektion des Lig. hepatoduodenale ist nicht erforderlich. Allenfalls kann ein Tourniquet um die Leberpforte gelegt werden, um bei eventuellen intraoperativen Blutungen ein Pringle-Manöver durchzuführen. Die Leberkapsel wird anschließend knapp links vom einstrahlenden Lig. falciforme auf der anterioren und inferioren Seite inzidiert. Das Parenchym kann mit allen aus der offenen Chirurgie bekannten Dissektionstechniken durchtrennt werden, im eigenen Vorgehen favorisieren wir die 5 mm-LigasureKlemme. Die vaskulären und biliären Stümpfe von Segment II und III werden eindeutig identifiziert und ggf. nacheinander mit Clips verschlossen. Die linke Lebervene wird innerhalb des Leberparenchyms mit einem endoskopischen Linearcutter durchtrennt. Der hämodynamische Status, das endexpiratorische CO2 sowie die Sauerstoffsättigung werden kontinuierlich überwacht, um eine CO2-Embolie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Das Präparat wird dann über eine vorzugsweise quere suprapubische Minilaparotomie geborgen.
16.7
Komplikationen
Prinzipiell ist die laparoskopische Chirurgie der Leber den gleichen Komplikationen ausgesetzt, wie die offene Leberchirurgie ( Kap. 19 Komplikationen und deren Management). Im Folgenden wird daher nur auf die typisch laparoskopischen Komplikationen eingegangen. Eine der gefürchtetsten Komplikation ist die Verletzung großer venöser Strukturen der Leber mit massiver Blutung und insbesondere nachfolgender Luftembolie, welche zu einem akuten Herztod führen kann. Bei offenen Resektionen würde bei einer derartigen Verletzung eine sofortige manuelle Kompression erfolgen, sodass Zeit für weiteres geplantes und umsichtiges Handeln bleibt und der Blutverlust begrenzt wird. In der Laparoskopie kann die passagere Blutungskontrolle und notfallmäßige Konversion schwierig sein, wobei jegliche Verzögerung potenziell fatale Folgen haben kann. Der handassistierte Zugang macht die rasche Konversion zum offenen Vorgehen erheblich leichter, ermöglicht er doch die manuelle Kompression der Blutung und damit einen Zeitgewinn. Das Risiko einer Gasembolie durch das CO2-Pneumoperitoneum ist in der Literatur vielfach erwähnt, es scheint jedoch bei der Durchsicht der aktuellen Literatur eher gering, da nur vereinzelt Fälle zitiert werden. Zwar erhöht ein anästhesiologisch gesteuerter, erniedrigter zentralvenöser Druck (zur Minimierung des Blutverlustes) das Risiko eines Gaseintritts in eröffnete Venen, möglicherweise führt der intraabdominelle Druck jedoch zu einer Kompression der verletzten Vene und reduziert
217 16.8 · Fazit
dadurch die Gefahr der Gasembolie. Pathophysiologische Untersuchungen zeigen jedoch, dass im Tiermodell mittels transösophagealer Ultraschalluntersuchung Gasembolien regelhaft detektiert werden können (Schmandra et al. 2002). ! Cave! Besteht der Verdacht auf eine Gasembolie, muss die verletzte Vene rasch kontrolliert, der Patient in Rechtsseitenlage mit Trendelenburgposition (Kopf tief - Fuß hoch) versetzt und aggressiv bewässert werden. Über einen eingelegten zentral-venösen Katheter kann der Anästhesist versuchen, Luft zu aspirieren. Das erweiterte intraoperative Monitoring mittels permanenter Echokardiographie erleichtert und sichert die Diagnose.
Aus der Schwierigkeit heraus laparoskopisch einen Zugund Gegenzug aufzubauen, durch den Verlust der taktilen Information, den Verlust der Tiefeninformation und der eingeschränkten Funktionalität der laparoskopischen Leberretraktorsysteme können – leichter als in der offenen Chirurgie - Parenchymeinrisse resultieren. Auch hier bietet der Handport Vorteile, bleibt doch die Hand des Operateurs der beste und schonendste Leberretraktor und vermittelt zugleich die taktile Information der Leberoberfläche bzw. etwaige Resistenzen und kann sanften Zug ausüben. Falsch platzierte Clips oder brüske laparoskopische Dissektionen können im mechanischen Ikterus mit Cholangitis oder biliärer Leckage münden. Während biliäre Lecks in der offenen Chirurgie durch direkte visuelle Kontrolle auffallen oder kleinere Leckagen im Rahmen der Operation durch gallige Auflagerungen aus dem Leberparenchym evident werden, kann dies laparoskopisch wegen fehlender Farbtreue bzw. Farbechtheit der Monitore schwierig sein. Weiterhin erfolgt die visuelle Kontrolle oft aufgrund der eingeschränkten laparoskopischen Freiheitsgrade aus einem suboptimalen Blickwinkel.
16.8
Fazit
Die laparoskopische Resektion von Lebertumoren ist an einem ausgewählten Patientenklientel sicher durchführbar und die Ergebnisse sind mit denen der offenen Leberchirurgie zu vergleichen. Nachgewiesen sind immunologische Vorteile für den Patienten und die postoperativen Vorteile eines minimal-invasiven Zugangs bezüglich der Lungenfunktion und des Schmerzmittelbedarfes. Insbesondere Tumoren in den linkslateralen Segmenten II und III als auch in den anterioren Segmenten (IVb, V, VI) sind laparoskopisch gut zugänglich. Zentrale und dorsale Befunde
bleiben meist der offenen Resektion vorbehalten. Der Handport bietet wegen der Möglichkeit einer sofortigen Gefäßkompression bei Blutung oder dem Verdacht auf eine Luftembolie Sicherheitsvorteile. Die Einführung von dreidimensionaler prä- und intraoperativer Bildgebung in Verbindung mit der ultraschallgeführten Navigationstechnologie kann möglicherweise derzeitige Nachteile der minimalinvasiven Operation aufheben.
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16
218
16
Kapitel 16 · Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Leberchirurgie
Fleshman J, Sargent DJ, Green E, Mehran A, Stryker S, Beart RW JR et al. (2007) Laparoscopic colectomy for cancer is not inferior to open surgery based on 5-year data from the Cost Study Group Trial. Ann Surg 246: 655–664 Friedman RL; Fallas MJ; Carroll BJ; Hiatt JR; Phillips EH (1996) Laparoscopic splenectomy for ITP. The gold standard. Surg Endosc 10(10):991-5 Gagner M; Pomp A; Heniford BT; Pharand D; Lacroix A (1997) Laparoscopic adrenalectomy: lessons learned from 100 consecutive procedures. Ann Surg 226(3):238-46; discussion 246-7 Gagner M; Pomp A (1997) Laparoscopic Pancreatic Resection: Is It Worthwhile? J Gastrointest Surg 1(1):20-26 Gagner M, Rheault M, Dubuc J (1992) Laparoscopic partial hepatectomy for liver tumor. Surg Endosc Abstract 6:99 Gagner M, Rogula T, Selzer D (2004) Laparoscopic liver resection: benefits and controversies. Surg Clin N Am 84:451-462 Gigot JF; Glineur D; Santiago Azagra J; Goergen M; Ceuterick M; Morino M; Etienne J; Marescaux J; Mutter D; van Krunckelsven L; Descottes B; Valleix D; Lachachi F; Bertrand C; Mansvelt B; Hubens G; Saey JP; Schockmel R (2002) Laparoscopic liver resection for malignant liver tumors: preliminary results of a multicenter European study. Ann Surg 236(1):90-7 Huscher CG, Lirici MM, Chiodini S (1998) Laparoscopic liver resections. Semin Laparosc Surg (United States), 5(3) p204-10 Huscher CG; Napolitano C; Chiodini S; Recher A; Buffa PF; Lirici MM (1997) Hepatic resections through the laparoscopic approach Ann Ital Chir 68(6):791-7 Kaneko H; Takagi S; Otsuka Y; Tsuchiya M; Tamura A; Katagiri T; Maeda T; Shiba T (2005) Laparoscopic liver resection of hepatocellular carcinoma. Am J Surg 189(2):190-4 Katkouda N, Hurwitz M, Gugenheim J (1999) Laparoscopic management of benign solid and cystic lesions of the liver. Ann Surg 229:460-466 Koffron AJ; Auffenberg G; Kung R; Abecassis M (2007) Evaluation of 300 minimally invasive liver resections at a single institution: less is more. Ann Surg 246(3):385-92 Larson DW, Marcello PW, Larach SW et al. (2008) Surgeon Volume Does Not Predict Outcomes in the Setting of Technical Credentialing Results From a Randomized Trial in Colon Cancer. Ann Surg 248:746-750 Lesurtel M; Cherqui D; Laurent A; Tayar C; Fagniez PL (2003) Laparoscopic versus open left lateral hepatic lobectomy: a case-control study. J Am Coll Surg 196(2):236-42 Mala T, Edwin B, Gladhaug I, Fosse F, Soireide O, Bergan A (2002) A comparative study of the short term outcome following open and laparoscopic liver resection of colorectal metastasis. Surg Endosc 16(7):1059-1063 Mala T; Edwin B; Rosseland AR; Gladhaug I; Fosse E; Mathisen O (2005) Laparoscopic liver resection: experience of 53 procedures at a single center. J Hepatobiliary Pancreat Surg 12(4):298-303 Morino M; Morra I; Rosso E; Miglietta C; Garrone C (2003) Laparoscopic vs open hepatic resection: a comparative study. Surg Endosc 17(12):1914-8 Rau HG; Buttler E; Meyer G; Schardey HM; Schildberg FW (1998) Laparoscopic liver resection compared with conventional partial hepatectomy--a prospective analysis. Hepatogastroenterology 45(24):2333-8 Schmandra TC, Mierdl S, Bauer H, Gutt C, Hanisch E (2002) Transoesophageal echocardiography shows high risk of gas embolissm during laparoscopic hepatic resection under carbon dioxide pneumoperitoneum. BJSurg 89:870-876
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17
Rekonstruktion nach ausgedehnter hepatobiliärer Resektion M. Heise, P. Neuhaus
17.1
Rekonstruktion des Galleabflusses nach erweiterten Resektionen – 220
17.2
Gefäßrekonstruktion
17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4
Rekonstruktionen der V. cava – 220 Rekonstruktion der Lebervenen – 221 Rekonstruktion der Pfortader – 222 Arterielle Rekonstruktionen – 222
– 220
220
Kapitel 17 · Rekonstruktion nach ausgedehnter hepatobiliärer Resektion
17.1
17
Rekonstruktion des Galleabflusses nach erweiterten Resektionen
Nach erweiterten Leberteilresektionen, speziell bei Resektionen aufgrund von Gallenwegskarzinomen, wird häufig eine Rekonstruktion des Galleabflusses der verbleibenden Lebersegmente notwendig (Hemming et al. 2005). Ist der distale Gallengang ischämisch – insbesondere nach ausgiebiger Lymphadenektomie im Lig. Hepatoduodenale oder besteht ein Substanzdefekt aus onkochirurgischer Notwendigkeit von mehr als 10 mm zwischen den proximalen und distalen Gallengängen, wird der Operateur zu einer Rekonstruktion im Sinne einer biliodigestiven Anastomose mit einer nach Roux-Y ausgeschalteten Jejunumschlinge tendieren. Die Anastomose wird dabei zwischen dem Segmentgallengang und der Jejunalschlinge mit resorbierbarem Nahtmaterial hergestellt, wobei sowohl Einzelknopf- als auch fortlaufende Nahttechniken verwendet werden können. Müssen mehrere Segmentgallengänge anastomosiert werden, so ist es vorteilhaft, die Gänge vor der Anastomose zu vereinigen, um lediglich eine Anastomose mit dem Dünndarm herstellen zu müssen. Sind die Ostien zu weit voneinander entfernt, müssen separate Anastomosen angelegt werden. Mit der Anzahl der Anastomosen steigt naturgemäß jedoch die Gefahr einer Anastomoseninsuffizienz (Lang et al. 2003, Sondenaa et al. 2004). Um die Anastomosen offenzuhalten, zu entlasten sowie eine narbige Schrumpfung zu verhindern, können vorübergehend kleinlumige Silikonsplints als interne Drainage und Schienung der Anastomose eingelegt werden (Lillemoe u. Cameron 2000). Um eine frühzeitige Dislokation der Splints zu verhindern, werden diese auf Anastomosenhöhe mit einem resorbierbaren Faden im Gallengang fixiert. Alternativ bietet sich die Platzierung sogenannter »verlorener« Drainagen an, welche aus der abführenden Schlinge herausgeführt und durch die Bauchwand nach außen geleitet werden. Auch diese Drainagen sollten an der Gallengangswand fixiert werden, um eine vorzeitige Dislokation zu verhindern. Die Drainagen können nach Ablauf von 2 Wochen entfernt werden, sofern keine Anastomoseninsuffizienz klinisch oder radiologisch nachgewiesen wurde. Im Falle einer R1- oder R2-Resektion sollten die Drainagen dauerhaft in situ verbleiben, um einen tumorbedingten Verschluss oder eine Stenose zu verhindern. Um die Viskosität der Gallenflüssigkeit ausreichend niedrig zu halten und die Fließeigenschaften der Galle zu verbessern, ist die dauerhafte Gabe von Ursodesoxycholsäure sowie für die Zeit der Schienung über die Drainagen eine Antibiotikaprophylaxe zu empfehlen.
17.2
Gefäßrekonstruktion
17.2.1
Rekonstruktionen der V. cava
Tumorinfiltrationen der V. cava sollten prognostisch immer als M1-Situation gewertet werden. Es gibt aber nach Resektionen in diesem Stadium durchaus Patienten mit Langzeitüberleben (Azoulay et al. 2006). Die Indikation zur - aus unserer Sicht – palliativen Resektion wird auch bei subakuter Verschlusssymptomatik mit Stauung im Bereich der unteren Körperhälfte gestellt, welches sich mitunter als subakutes Budd-Chiari-Syndrom manifestieren kann. Eine Resektion der V. cava ist nur in etwa 2% aller Leberteilresektionen erforderlich (Azoulay et al. 2006). Häufiger werden dagegen Teilresektionen der Hohlvene durchgeführt. Die Indikation zur Resektion der V. cava wird oft erst intraoperativ nach Klärung der Resektabilität des Lebertumors gestellt. > Sind weniger als 30% der Zirkumferenz der V. cava beteiligt, kann teilreseziert werden. Der Defekt wird in diesem Fall durch eine direkte Längsnaht verschlossen. Es gibt Empfehlungen, bei Infiltrationen, welche zwischen 30% und 50% der Zirkumferenz umfassen, eine transversale Naht durchzuführen (Lodge et al. 2000). Besteht die Gefahr der iatrogenen Stenosierung, so sollte dem Komplettersatz bzw. dem alloplastischen Interponat der Vorzug gegeben werden.
Wir favorisieren für den Ersatz der retrohepatischen V. cava ringverstärkte PTFE-Prothesen mit einem Durchmesser von 18-20 mm (⊡ Abb. 17.1). Das große Lumen der Prothese ermöglicht es, die Prothese tangential mit einer Satinsky- oder Derra-Klemme auszuklemmen und trotzdem die Durchblutung durch die V. cava aufrecht zu erhalten. Hierdurch lassen sich Leber- und Nierenvenen bei Bedarf in die PTFE-Prothese auch unter erhaltenem Durchfluss reinserieren. Als Material für den Ersatz der V. cava eignet sich PTFE gut (Herring et al. 1984; Hemming et al. 2004). Bei den früher ebenfalls verwendeten, gewebten Polyesterprothesen (Dacron) war es durch die entstandenen Vernarbungen und der regenerationsbedingten Kompression der Grafts durch die wachsende Restleber vereinzelt zu thrombotischen Verschlüssen gekommen (Madariaga et al. 2000). Durch die Ringverstärkung wird die Kompression der Prothesen wirksam verhindert. Die in der Literatur behandelte Frage der notwendigen Antikoagulation nach Implantation eines künstlichen Gefäßes als Ersatz der V. cava ist nicht eindeutig beantwortet, ebenso die Dauer einer etwaigen medikamentösen Therapie (Lodge et al. 2000). Im eigenen Vorgehen
221 17.2 · Gefäßrekonstruktion
⊡ Abb. 17.1 Ersatz der retrohepatischen V. cava mit einer ringverstärkten ePTFE-Prothese (expanded polytetrafluoroethylene)
wird perioperativ eine low-dose-Hepariniserung mit anschließender Markumarisierung für 6 Monate verwendet (Settmacher et al. 2005). Die Implantation eines alloplastischen Gefäßersatzes ist naturgemäß mit der Gefahr eines Protheseninfektes verbunden, insbesondere wenn eine Gallengangsrekonstruktion oder die Anlage einer biliodigestiven Anastomose im Rahmen der Leberteilresektion erforderlich wurde. Insgesamt scheint das Risiko jedoch gering. In mehreren publizierten Serien wurde bisher lediglich ein einzelner Fall einer Infektion in Cavaposition berichtet (Bower et al. 2000, Madriaga et al. 2000, Azoulay et al. 2006). Für die Teilresektion der V. cava unter Erhalt des Flusses sowohl unter- als auch oberhalb der Lebervenenmündung ist in der Regel ein tangentiales Ausklemmen der Vene ausreichend. Bei der kompletten Unterbrechung des Flusses über die V. cava für die Teilresektion ist je nach Tumorausdehnung und Beziehung des Tumors zur Hohlvene folgendes Vorgehen empfehlenswert:
Partielle Aufrechterhaltung der Leberperfusion Wenn es möglich ist, die V. cava unterhalb der Lebervenenmündungen und oberhalb der Nierenveneneinmündungen abzuklemmen, so kann die Leberperfusion aufrecht erhalten werden, da der Abfluss zumindest im erhaltenen Teilresektat bestehen bleibt. Es bietet sich bei dieser Tumorlokalisation an, die Resektion der tumortragenden Segmente der Hohlvene erst nach der Parenchymdurchtrennung der Leber durchzuführen.
Komplette Unterbrechung der Leberperfusion mit Pringle-Manöver Sollte die Tumornähe zu den Lebervenen eine Platzierung der kranialen Cava-Klemme unterhalb der Lebervenenmündung unmöglich machen, dann ist eine vor-
übergehende komplette Unterbrechung der Leberperfusion unumgänglich (Lodge et al. 2000). Hierzu wird die V. cava zunächst sowohl supra- als auch infrahepatisch geklemmt. Die Leber wird anschließend «vaskulär« komplett isoliert und der Einstrom über ein Pringle-Manöver unterbrochen. Es bietet sich an, nach der Resektion der Hohlvene zunächst die kraniale Anastomose zwischen Vene und Interponat herzustellen und anschließend die hiläre und Lebervenenperfusion wieder freizugeben, bevor die kaudale Anastomose fertiggestellt wird (Mardariaga et al. 2000). Bei diesem Vorgehen muss die V. cava supra- und infrahepatisch komplett mobilisiert werden. Obwohl ein kurzdauerndes tangentiales und auch komplettes Clamping der V. cava vom Patienten durchaus toleriert werden kann, ist unter Umständen die temporäre Verwendung eines veno-venösen Bypass zu befürworten. > Insbesondere in Fällen, in denen mit einer Abklemmzeit von mehr als einer Stunde gerechnet werden muss, als auch bei einem arteriellen Druckabfall von mehr als 30%, resp. einem Abfall des Cardiac-Index von mehr als 50% sollte ein extrakorporales Bypass-System implantiert werden.
Auch bei einer ex-situ-Resektion der Leber mit anschließender Gefäßrekonstruktion sollte man auf einen venovenösen Bypass zurückgreifen. Üblicherweise wird hier ein femoro-porto-axillärer Bypass unter Verwendung einer Zentrifugalpumpe eingesetzt. Dieser Bypass leitet das Blut der unteren Extremitäten, der Nieren sowie der Mesenterialvenen zur V. axillaris um. Ist der Tumor bis in den Vorhof gewachsen, kann die Resektion nur mit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine im Herzstillstand erfolgen.
17.2.2
Rekonstruktion der Lebervenen
Eine Rekonstruktion der Lebervenen ist selten erforderlich und durchführbar, oft nur, wenn die Vene der zu erhaltenden Lebersegmente segmental zentral tumorbefallen ist. Die zunehmenden Erfahrungen mit der Leberlebendspende ermutigen zur Neubewertung technischer Möglichkeiten bei den erweiterten Leberresektionen und insbesondere bei ex-situ-Resektionen. So häufen sich gerade in letzter Zeit die Berichte über ex-vivo-Resektionen mit konsekutiver Autotransplantation der resezierten Leber (Hemming et al. 2006; Fusai et al. 2006). Bei der Rekonstruktion der venösen Drainage der Leber gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Zum einen bietet sich häufig die Direktnaht zwischen dem Lebervenenstumpf im verbliebenen Parenchymrest und der entsprechenden Einmündung in die V. cava an. Sollte die direkte Anasto-
17
222
Kapitel 17 · Rekonstruktion nach ausgedehnter hepatobiliärer Resektion
reicht die Gabe von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure als ausreichend angesehen.
17.2.3
⊡ Abb. 17.2 Insertion der rechten Lebervene in die V. cava über ein Beckenveneninterponat
17
mose aus technischen Gründen nicht herzustellen sein, dann werden eine Reihe von Gefäßersatzmaterialien genutzt, die im Wesentlichen denen bei der Rekonstruktion der V. portae verwendeten entsprechen (⊡ Abb. 17.2). Neben der V. iliaca externa, welche als Ersatzgefäß in erster Linie infrage kommt, bietet sich die V. saphena magna oder die V. femoralis superficialis des Oberschenkels an (Kaneoka et al. 2000, Sato et al. 2005). Man kann auch durchaus eine Vene der resezierten Leber als Leberveneninterponat in Betracht ziehen, sofern diese keinen Kontakt zum tumortragenden Teil aufwies. Hier eignet sich beispielsweise ein Portalvenenhauptstamm. Es ist auch von der erfolgreichen Verwendung der linken Nierenvene für ein derartiges Interponat, ohne Folgen für die Nierenfunktion, berichtet worden (Suzuki et al. 2006). Von einer japanischen Arbeitsgruppe wurde außerdem ein aufwendiges Patchgraft unter Verwendung der rechten V. ovaria vorgestellt (Kubota et al. 1998). Auch die Verwendung einer rekanalisierten Umbilikalvene oder eines entarterektomieren arteriellen Homografts ist möglich und erfolgreich durchgeführt worden (Soejima et al. 2006; Hwang et al. 2007). Um eine Stenose der venösen Ausstrombahn zu verhindern und einen möglichst großen Anastomosenquerschnitt zu gewährleisten, wurde von Hashimoto eine spezielle Technik vorgestellt (Hashimoto et al. 2007). Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Venenplastik und Venenpatch. Bei diesem Verfahren wird eine zuvor entnommene Vene (s.o.) mit einer einzelnen Lebervene vereinigt. Das parenchymferne Drittel der Vene wird längs inzidiert und mittels interponiertem Venenstreifen zu einem großen Trichter rekonstruiert. Im eigenen Vorgehen wird zur postoperativen Antikoagulation eine low-dose-Heparinisierung und im Intervall
Rekonstruktion der Pfortader
Die Resektion und Rekonstruktion der Pfortader wird bei Tumorinfiltration im Bereich des Lig. hepatoduodenale oder im Leberhilus erforderlich. Die Pfortaderteilresektion wird heute regelhaft im Rahmen von erweiterten Leberresektionen bei zentralen Gallengangskarzinomen zur Erhöhung der Radikalität und Verbesserung der Langzeitprognose empfohlen. Bei ausreichender Mobilisation des Pfortaderhauptstamms ist in der Regel eine Direktnaht der Pfortaderstümpfe ohne Spannung möglich. Dieses Vorgehen ist für die Anastomose mit dem linken Pfortaderast meist leichter, da dieser im Hilus besser präpariert werden kann. Ist der Abstand für eine direkte und spannungsfreie Naht zu groß, wird für den Pfortaderersatz in erster Linie die Verwendung autologer Venen empfohlen. Hier kommen vor allem die V. iliaca externa oder V. femoralis superficialis in Betracht, welche ohne größere Spätfolgen über eine Länge von mehreren Zentimetern reseziert werden können. Auch die proximale V. saphena magna hat mitunter eine ausreichende Lumenweite für die portalvenöse Rekonstruktion. > Für die elektive Resektion sollte präoperativ das geeignete Gefäß duplexsonographisch identifiziert werden.
Weitere Gefäßersatzmaterialien sind kryokonservierte Gefäße sowie die linke Nierenvene, wobei diese Alternativen lediglich in Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen sind (Suzuki et al. 2006). Nicht durchsetzen konnte sich hingegen der prothetische Gefäßersatz der V. portae (Nishibe et al. 1998). Eine dauerhafte Markumarisierung ist nach einem Pfortaderersatz unter Verwendung körpereigner Venen bei ausreichenden Flussraten nicht erforderlich, empfohlen wird jedoch eine perioperative low-dose-Heparinisierung.
17.2.4
Arterielle Rekonstruktionen
Die Prognose von Patienten mit zentralen Gallengangskarzinomen hat sich in den letzten Jahren durch die Weiterentwicklung der chirurgischen Technik ständig verbessert. Die Fortschritte spiegeln sich im Konzept der multimodalen Konditionierung zur Hypertrophieinduktion wider und umfassen die präoperative Gallengangsdrainage, die portalvenöse Embolisation und in erster Linie die
223 17.2 · Gefäßrekonstruktion
konsequente Durchführung der Trisektorektomie rechts (Nimura et al. 1995, Makuuchi et al. 1990, Neuhaus et al. 1999). Die perioperative chirurgische Mortalität ist in sogenannten »high-volume«-Zentren deutlich gesunken (Seyama et al. 2003; Kondo et al. 2004). Um eine onkologisch sinnvolle Resektion mit tumorfreien Absetzungsrändern zu erreichen, kann es in Einzelfällen erforderlich werden, eine kombinierte portalvenöse und arterielle Resektion durchzuführen. > Zur Aufrechterhaltung insbesondere der peribiliären arteriellen Durchblutung und zur Verhinderung der Entwicklung von Leberabszessen sollte jedoch, wann immer möglich, eine Rekonstruktion der Leberarterien angestrebt werden.
Hierbei ist in der überwiegenden Zahl der Fälle eine direkte Rekonstruktion der Arterie mittels End-zu-EndAnastomose möglich (Sakamoto et al. 2006). Sollte die Direktnaht auch nach einer entsprechenden Mobilisierung der Arterien nicht spannungsfrei durchzuführen sein, dann steht eine Vielzahl von Möglichkeiten der Rekonstruktion zur Verfügung. Gut geeignet sind lumenkongruente Venen, wie die V. mesenterica inferior, welche folgenlos entfernt werden kann oder die V. saphena magna, welche insbesondere am Unterschenkel ein vergleichbares Lumen wie die A. hepatica aufweist (⊡ Abb. 17.3). Als direktes arterielles Ersatzgefäß kommen freie arterielle Transplantate, wie die rechte A. gastroepiploica oder die distal abgesetzte und eingeschwenkte A. gastroduodenalis in Betracht (Sakamoto et al. 2006). Ebenfalls denkbar ist die Implantation von arteriellen Homografts (⊡ Abb. 17.4). Während der Hauptstamm der A. hepatica propria durchaus mit Hilfe von PTFE-Prothesen als aorto-hepatisches Interponat revaskularisiert werden kann, so konnten sich künstliche Gefäße als Ersatzmaterial für die schmaleren Hauptstämme der A. hepatica wegen des deutlich kleinen Lumens und der damit verbundenen höheren Verschlussrate nicht durchsetzen (Muralidharan et al. 2004). Tipp
I
I
Sollte eine arterielle Rekonstruktion technisch nicht durchführbar sein, etwa bei Retraktion des Anschlusssegmentes in die Resektionsfläche, so kann die Herstellung einer arterio-portalen Fistel als Zwischenlösung bis zur Ausbildung von ausreichenden hepatopetalen Kollateralen dienen.
Hierbei wird eine temporäre End-zu-Seit-Verbindung zwischen dem Stamm der A. hepatica propria oder der A. gastroduodenalis und der V. portae angelegt. Nach radiologisch bestätigter Ausbildung der Kollateralen
⊡ Abb. 17.3 Interponat der V. saphena magna zur Rekonstruktion der Leberarterie
⊡ Abb. 17.4 Interposition eines arteriellen Homografts als Ersatz für die A. hepatica
4-5 Wochen postoperativ kann die Fistel interventionell wieder verschlossen werden (Kondo et al. 2004). Neben einer postoperativen low-dose-Heparinierung ist eine vorübergehende Applikation von Prostaglandinen (z.B. Iloprost) durchaus sinnvoll, um einen Frühverschluss des Interponates zu verhindern. Auf eine dauerhafte Antikoagulation oder die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern verzichten wir im eigenen Vorgehen.
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17
224
17
Kapitel 17 · Rekonstruktion nach ausgedehnter hepatobiliärer Resektion
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18
Perioperatives und anästhesiologisches Management M. Hoffmann, M. Birth, J. Werner, J. C. Lewejohann, E. Muhl
18.1
Antibiotika- und Thromboseprophylaxe – 226
18.1.1 Antibiotikaprophylaxe – 226 18.1.2 Thromboseprophylaxe – 226
18.2
Substitution von Gerinnungsfaktoren – 227
18.2.1 18.2.2 18.2.3 18.2.4
Plasma/FFP – 227 PPSB – 227 Antithrombin-III – 228 Faktorenkonzentrate – 228
18.3
Transfusionsmanagement – 228
18.3.1 Empfehlungen zum Transfusionsmanagement – 229
18.4
Anästhesiologisches Management in der Leberchirurgie – 230
18.5
Anästhesiologisches Management bei Pankreaseingriffen – 232
18.6
Spezielle postoperative Intensivmedizin
18.6.1 Überwachung – 232 18.6.2 Therapie – 233
– 232
226
Kapitel 18 · Perioperatives und anästhesiologisches Management
18.1
Antibiotika- und Thromboseprophylaxe
18.1.2
Thromboseprophylaxe
Indikation zur Thromboseprophylaxe M. Hoffmann, M. Birth
18.1.1
Antibiotikaprophylaxe
Indikation zur Antibiotikaprophylaxe Operationen an der Leber führen nicht zwangsläufig, wie z.B. in der kolorektalen Chirurgie, zu einer Eröffnung stark bakteriell besiedelter Kompartimente. Daher werden aseptische leberchirurgische Eingriffe der Kategorie »sauber« zugeordnet, mit einem Gesamtinfektionsrisiko von etwa 1,5% (NRZ 2004). Bei der Durchtrennung von Gallengängen kann es bei Vorliegen einer Cholangitis bzw. einer Cholecystitis zu einer bakteriellen Kontamination der Bauchhöhle kommen. Die zu erwartenden Bakterienspezies stellen eine aerob/anaerobe Mischflora dar, wobei E. coli, Enterokokken und Klebsiellen im Vordergrund stehen. > Die Durchführung einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe mit einem lebergängigen Acylaminopenicillin in Kombination mit einem β-LaktamaseInhibitor (z.B. Mezlocillin) oder einem lebergängigen Cephalosporin der Gruppe 3a (z.B. Rocephin) wird für alle heptobiliären Eingriffe empfohlen (Ebner et al. 2000).
Dauer der Antibiotikaprophylaxe > Während der Kontaminationsphase muss ein wirksamer Gewebespiegel erreicht und bis zum Ende der Operation aufrecht gehalten werden.
18
Sowohl die verfrühte (Ebner et al. 2000) oder über mehrere Stunden präoperativ erfolgte Applikation von Antibiotika wie auch deren verspätete Gabe erhöht die Rate der infektiösen Komplikationen nachweislich, wobei das Risiko mit zunehmender Dauer der Operation ansteigt. Dabei hat sich die intravenöse Applikation nach Narkoseeinleitung durchgesetzt. Hierdurch ist eine im Vergleich zur präoperativen oralen Gabe höhere Bioverfügbarkeit des Pharmakons gewährleistet. Die Effektivität einer Einmalgabe wurde dabei in mehreren Studien nachgewiesen (Aberg u. Thore 1991). Nur bei langen Operationszeiten im Vergleich zur Halbwertszeit des Antibiotikums ist eine Wiederholung der Gabe im Sinne einer kalkulierten Antibiotikatherapie sinnvoll. Eine postoperative Fortsetzung der Prophylaxe entspricht einer Therapie und ist im Allgemeinen nicht indiziert, sondern riskiert die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen.
! Cave! Bei allgemein- und abdominalchirurgischen Patienten ohne eine spezielle Thromboembolieprophylaxe wurde mittels des Radiofibrinogentests eine Thromboserate von bis zu 25% nachgewiesen (Geerts et al. 2001).
Nach der aktuellen interdisziplinären S2-Leitlinie zur Thromboseprophylaxe in der Chirurgie und perioperativen Medizin wird die abdominelle Malignomchirurgie als hohes Risiko eingestuft (DGC 2003). Daher wird die Durchführung einer Thromboseprophylaxe sowohl aufgrund der expositionellen Faktoren (Dauer und Invasivität der Operation) und als auch der dispositionellen Faktoren (Malignom) der Patienten empfohlen. Bei zuvor Lebergesunden mit prä- und postoperativ normalen Werten von Quick, Thrombozytenzahl und Antithrombin-III sollte daher eine Prophylaxe, z.B. mit einem niedermolekularen Heparin (NMH) in Hochrisikodosierung in Kombination mit Antithrombosestrümpfen und/oder intermittierender Kompression erfolgen.
Dauer der Thromboseprophylaxe Für mehrere niedermolekulare Heparine wurde nachgewiesen, dass durch eine für insgesamt 4 Wochen durchgeführte prolongierte Gabe nach abdominalchirurgischen Eingriffen die phlebographisch nachzuweisenden Spätthrombosen hochsignifikant verringert wurden. Hierbei wurde die Hochrisikodosierung der Präparate verwendet (Rasmussen et al. 2006, Bergqvist et al. 2002).Die Studien wiesen darüber hinaus nach, dass die prolongierte Gabe sicher war und die Nachblutungsrate unter der Therapie sich nicht signifikant von der unter Placebo unterschied. > Bei Fehlen von Kontraindikationen sollte die Prophylaxe mit dem NMH daher für einen Zeitraum von 28 Tagen durchgeführt werden.
Nach inkompletter Tumorresektion aber auch sich anschließender Chemotherapie ist die Thromboseprophylaxe aufgrund des persistierend stark erhöhten Risikos einer venösen Thromboembolie ggf. lebenslang fortzuführen.
Dosierungseinschränkungen niedermolekularer Heparine Aufgrund der Produktion und des Abbaus nahezu aller Gerinnungsfaktoren durch die Leber muss die Anwendung eines NMH im postoperativen Setting bei einem Teil der Patienten mit besonderer Vorsicht erfolgen. Patienten mit Lebererkrankungen haben eine verminderte
227 18.2 · Substitution von Gerinnungsfaktoren
Heparintoleranz. Größere operative Eingriffe insbeson-
dere an Leber und Pankreas bewirken eine Aktivierung sowohl der Gerinnung als auch der Fibrinolyse mit einem fragilen Gleichgewicht einer auf niedrigem Niveau funktionsfähigen Hämostase – allerdings mit dem ständigen Risiko eines Ungleichgewichtes in Richtung einer disseminierten intravasalen Gerinnung (DIG) oder dem Entstehen einer Hyperfibrinolyse. Dies gilt insbesondere für Patienten mit zirrhotisch veränderter Leber, da hier bereits präoperativ häufig eine gerade kompensierte Hyperfibrinolyse besteht, die postoperativ aufgrund eines hochsignifikanten Absinkens praktisch aller Gerinnungsfaktoren und der Thrombozyten entgleisen kann (Almersjö et al. 1967, Mammen 1992, Keegan u. Plevak 2005). Die Ursache der Entgleisung in Richtung einer Hyperfibrinolyse liegt extrahepatisch in der Produktion des Gewebe-Plasminogen-Aktivators durch Endothelzellen. Durch die Störung der Clearance-Funktion der Leber wird dieser vermindert abgebaut und führt so zu einer Hyperfibrinolyse die konsekutiv auch Gerinnungsfaktoren zerstören kann. Analoges gilt für die zuvor gesunde Leber nach ausgedehnten Resektionen. Eine Normalisierung der erniedrigten Gerinnungsfaktoren und der Thrombozyten erfolgt bei Patienten ohne Hepatopathie erst um den 7.–18. postoperativen Tag, bei Patienten mit Zirrhose ist der physiologische Reaktionsbereich der Leber hingegen deutlich eingeschränkt, was zu einer vitalen Gefährdung des Patienten führen kann (Conard et al. 1976, Coppa et al. 1985).
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18.2
Substitution von Gerinnungsfaktoren
M. Hoffmann, M. Birth Der Einsatz von Produkten zur Verbesserung der Gerinnung kann im Rahmen der Leber- und Pankreaschirurgie bei klinischer Blutungsneigung und oder messbar verringerten Gerinnungsfaktoren jederzeit notwendig werden. Dafür stehen verschiedene Produkte zur Verfügung.
18.2.1
Plasma/FFP
Gefrorenes Frischplasma (FFP) enthält alle Hämostasefaktoren im physiologischen Verhältnis, d.h. 1 Einheit/ml jedes Gerinnungsfaktors und Inhibitors. > Plasma ist bei Lebererkrankungen in einer Dosierung von 10-20 ml/kg Körpergewicht alle 12–24 h und nach klinischer Situation im operativen Setting das Mittel der ersten Wahl (Blauhut 1980).
Auch eine Substitution des häufig bei Lebererkrankungen verminderten Faktors V ist nur durch die Gabe von FFP möglich, da derzeit kein Konzentrat von Faktor V verfügbar ist.
18.2.2
PPSB
In diesem Faktorenkonzentrat sind die Faktoren II, VII, IX und X sowie die physiologischen Inhibitoren Protein C und Protein S enthalten. Durch die Schädigung der Synthesefunktion der Leber kommt es zu einer globalen Erniedrigung aller die Hämostase begünstigenden und inhibierenden Faktoren. Insofern kann die alleinige Gabe von PPSB eine prothrombogene Situation hervorrufen. Konsequenterweise sollte PPSB nur bei einer nicht durch Vitamin K-Substitution und FFP allein behandelbaren Hämostasestörung, und wenn in Kombination mit FFP, appliziert werden (Manucci et al. 1976).
18
228
Kapitel 18 · Perioperatives und anästhesiologisches Management
! Cave! Vor der Gabe von PPSB muss der bei Lebererkrankungen häufig erniedrigte Antthrombin III-Spiegel kontrolliert und ggf. auf einen Wert >80% angehoben werden.
18.2.3
Antithrombin-III
Bei Gabe von PPSB sollte die Antithrombin III-Dosis in jedem Fall dem Doppelten der Menge der PPSB-Einheiten entsprechen. Neben der Substitution vor Gabe anderer Gerinnungsfaktoren wird Antithrombin bei Patienten mit disseminierter intravasaler Gerinnung (DIG) oder im manifesten septischen Schock substituiert. Hier zeigt sich ein klarer Überlebensvorteil für Patienten nach hoch dosierter Antithrombingabe (Baudo et al. 1998, Lamy et al. 1996, Calori et al. 1997).
18.2.4
Faktorenkonzentrate
Bei suffizienter Substitution von Gerinnungsfaktoren mit FFP ist in der Praxis selten eine Gabe von Konzentraten der Faktoren I (Fibrinogen) und XIII notwendig. Im Rahmen schwerer Lebererkrankungen, bei Hyperfibrinolyse oder bei akutem hohen Substitutionsbedarf kann die Gabe von Faktorenkonzentraten notwendig werden. Tipp
I
I
Im Rahmen einer differenzierten Substitutionstherapie von Hämostasefaktoren wird zunehmend die Thrombelastographie eingesetzt, die eine gezielte Substitution einzelner Gerinnungsfaktoren ermöglicht (Traverso et al. 1995).
Dieses Vorgehen zielt in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen auch auf eine Ökonomisierung der Substitutionstherapie mit Gerinnungsfaktoren ab.
Literatur
18
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18.3
Transfusionsmanagement
M. Hoffmann, M. Birth Jede Form der Leber- und Pankreaschirurgie kann prinzipiell mit einem akuten und/oder chronisch dekompensierenden Blutverlust einhergehen. Bereits präoperativ sind mit Anästhesisten und Intensivmedizinern kritische Schwellen (KS) als Transfusionstrigger für die unterschiedlichen Blutbestandteile zu definieren ( Abschn. 18.4, ⊡ Tab. 18.1). Da nur die komplexen Interaktionen zwischen den einzelnen Blutbestandteilen eine suffiziente Hämostase bewirken, ist eine Fokussierung auf einzelne Bestandteile unter Ignorierung anderer nicht zulässig und gerade in der Akutsituation potenziell lebensbedrohend. Blutverluste führen in Abhängigkeit vom Ausmaß und Vorschädigung zu einer kardiopulmonalen Belastung bis hin zur hämodynamischen Dekompensation. Der Hämatokrit als Ausdruck zur Verfügung stehender Sauerstoffträger kann durch die Transfusion einer halben Einheit (150 ml) eines Erythrozytenkonzentrates um etwa 5% pro 1.000 ml Blutvolumen des Empfän-
⊡ Tab. 18.1 Kritische Schwellen für die Substitution von Blutkomponenten (mod. nach Blauthut 1996) Meßgröße
Norm
KS (absolut)
KS (% der Norm)
Blutvolumen
Nach cm und kg KG
Hämatokrit
43%
35–25%
80–60
Fibrinogen
3 g/l
(1,0-) 1,5 g/l
50
Quick/PTT
100%/28–36s
40-50%/≥50s
40-50
Thrombozyten
200.000/μl
(50-) 100.000/μl
25
229 18.3 · Transfusionsmanagement
gers angehoben werden. Als Standarddosis von FFP bei abnormer Blutung lassen sich 10–20 ml/kg/KG veranschlagen (Blauhut 1980). Praktisch ausgedrückt ist nach der Transfusion von einer halben Einheit (125 ml) FFP pro 1.000 ml Blutvolumens des Empfängers ein Anstieg der Faktoren V und VIII um etwa 8%, ein Anstieg der Faktoren II–X sowie des Antithrombin III um etwa 10% zu erwarten. Zur Anhebung des Fibrinogenspiegels um etwa 0,5 g/l ist die Transfusion einer ganzen Einheit FFP pro 1.000 ml Blutvolumen indiziert (⊡ Tab. 18.2). Gerade bei älteren und Risikopatienten ist die Substitution von FFP allein daher möglicherweise ungenügend und die Gabe von Fibrinogenkonzentrat sinnvoll. Auch wenn eine besonders rasche und klinisch effektive Normalisierung der Hämostase angestrebt wird, muss die zusätzliche Gabe gerinnungsaktiver Präparate wie PPSB unter Kontrolle der AT III-Spiegel erwogen werden, da FFP pro Milliliter lediglich eine Einheit der physiologisch aktiven Gerinnungsparameter und deren Gegenspieler enthalten. In der Leberchirurgie ist eine kritische Schwelle von 100.000 Thrombozyten/μl anzustreben. > Hierbei ist zusätzlich zu beachten, dass der Thrombozytenanstieg nach Substitution häufig geringer als bei Lebergesunden ausfällt.
Dies gilt insbesondere für Operationen bei an Leberzirrhose erkrankten Patienten. Bei der Transfusion von Thrombozytenkonzentraten ist neben dem tatsächlichen Wirkungsanteil (normalerweise 65%) (Eisenstaedt 1986) ein Mehrbedarf bei abnorm niedrigem Wirkungsanteil (z.B. bei Zirrhose oder DIC) und bei der Transfusion
größerer Blutvolumina zu bedenken. Wenn trotz erfolgreicher Thrombozytensubstitution und Erreichen der kritischen Schwelle die Störung der primären Hämostase fortbesteht, sollte eine Anwendung des Vasopressin-Analogons Desmopressin (Minirin) in Erwägung gezogen werden.
18.3.1
Empfehlungen zum Transfusionsmanagement
Die Transfusion von Blut- und Blutprodukten unterliegt dem Transfusionsgesetz und folgt den Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion (Transfusionsgesetz 1998, Wissenschaftl. Beirat der BÄK 1996). Der Einsatz von Blut- und Blutprodukten ist rationell zu erfolgen und eindeutig zu dokumentieren. Nachfolgend sind wichtige Kriterien für das Transfusionsmanagement in der hepatobiliären und Pankreas-Chirurgie aufgeführt. ▬ Dokumentation aller eingesetzten Blutprodukte und der Ergebnisse von Laboruntersuchungen ▬ präoperative Hämostasediagnostik ▬ Vitamin-Substitution (Vitamin K, Folsäure) ▬ Durchführung einer Analytik und dann möglichst gezielte Substitution ▬ bei Blutung: Kontrolle der Thrombozytenzahl und -funktion ▬ bei Massentransfusion: ggf. Fibrinogen und Faktor XIII substituieren ▬ bei Gabe von PPSB: mindestens doppelt so viele Einheiten AT III substituieren, Ziel: AT III >80% ▬ bei DIG: hoch dosierte AT III-Gabe
Literatur ⊡ Tab. 18.2 Linzer Konzept der abgestuften Komponententherapie akuter Blutverluste (mod. nach Blauhut 1996) Stufe
Verlust (% des SV)
Therapie
I
bis 20
Plasmaersatz: ½ Kolloid, Volumenverhältnis 1:1, ½ Kristalloid, Volumenverhältnis 3:1 (je 1/3 Ringer-Laktat, 5% Glucose und 5% Lävulose, beide mit Elektrolytzusatz halb isoton)
II
20-67
EK (1 E = 300 ml) + FFP (1 E = 250 ml), Portionen zu 1 + 1 Einheit, zusätzlich Kristalloide wie I, Volumenverhältnis 1:1
III
> 67
EK + FFP 1 + 1 Einheit wie II, zuzüglich Thrombozytenkonzentrate nach Plättchenzahl, Kristalloide wie I, Volumenverhältnis 1:1.
Blauhut B, Lundsgaard-Hansen P (1996) Akuter Blutverlust und Verbrennungen in der operativen Medizin. In: Mueller-Eckhardt C (Hrsg) Transfusionsmedizin, 2. Auflage Springer, Berlin, Heidelberg, New York, S. 291-315 Blauhut B (1980) Die Therapie mit Blutkomponenten im Bereich der Intensivmedizin. In: Ahnefeld FW, Bergmann H, Burri C, Dick W, Halmagyi M, Hossli G Rügheimer E (Hrsg) Therapie mit Blutkomponenten. Klinische Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bd. 21. Springer Heidelberg, New York, S. 152-168 Eisenstaedt R (1986) Blood component therapy in the treatment of platelet disorders. Sem Hematol 23:1-7 Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz) vom 1. Juli 1998. Bundesgesetzblatt I; 1752 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer und Paul-Ehrlich-Institut (1996) Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion (Hämotherapie). Deutscher-Ärzte-Verlag, Köln
18
230
Kapitel 18 · Perioperatives und anästhesiologisches Management
18.4
Anästhesiologisches Management in der Leberchirurgie
J. Werner
18
Die Leberchirurgie ist mit einem nicht unerheblichen perioperativen Risiko behaftet. Die durchschnittliche Mortalitätsrate nach elektiven Major-Resektionen beträgt 4-6% (Belghiti et al. 2000). Der intraoperative Blutverlust hat neben anderen Risikofaktoren (kardiopulmonale Begleiterkrankungen, Lebensalter und chronische Lebererkrankungen wie Zirrhose, Verschlussikterus oder Cholangitis) einen erheblichen Einfluss auf die postoperative Morbidität und Mortalität (Farges et al. 1999). Die sorgfältige präoperative Vorbereitung des Patienten ist von essenzieller Bedeutung. Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung, Hypertonus, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz sollten hinsichtlich ihrer Beschwerdesymptomatik präoperativ therapeutisch optimiert werden. Bei bereits bestehenden Leberfunktionsstörungen muss auch die Optimierung einer beeinträchtigten Gerinnungssituation (Vitamin K-Substitution, Gabe von Gerinnungsfaktoren wie Frischplasma oder Faktorenkonzentraten in Einzelfällen) in Betracht gezogen werden. Elektrolytstörungen sind präoperativ auszugleichen (Mittelstaedt u. Kerger 2004). Erythrozytenkonzentrate, gerinnungsaktives Plasma und Thrombozytenkonzentrate müssen, in Abhängigkeit vom Ausmaß des geplanten Eingriffes und der Gerinnungssituation, in ausreichendem Maße präoperativ bereitgestellt werden. Physiologisch besteht eine enge Wechselwirkung zwischen Leberperfusion und Leberfunktion. Der Anteil der Leberdurchblutung beträgt ca. 25% des Herzzeitvolumens (HZV). Hierbei entfallen etwa 75% auf den Zufluss aus der Pfortader und ca. 25% auf die A. hepatica. Allerdings erhält die Leber aufgrund des höheren Sauerstoffpartialdrucks über 50% des benötigten Sauerstoffs aus der A. hepatica (Puccini u. Nöldge-Schomburg 2001). Zur Sicherstellung einer ausreichenden Leberperfusion, unabhängig vom systemischen Blutdruck, unterliegt der Blutfluss der A. hepatica einer Autoregulation. Da diese im Nüchternzustand des Patienten jedoch größtenteils aufgehoben ist, kann unter anästhesiologischen Bedingungen ein Abfall des systemischen Blutdrucks eine eingeschränkte Leberdurchblutung zur Folge haben (Puccini u. Nöldge-Schomburg 2001). Die intraoperative Überwachung bei Leberresektionen setzt ein erweitertes Standardmonitoring voraus. Neben der kontinuierlichen invasiven arteriellen Blutdruckmessung empfiehlt sich die routinemäßige Messung des zentralvenösen Drucks (ZVD). Aufgrund der möglichen
intraoperativen Blutungskomplikationen sollten möglichst großlumige venöse Zugänge vorhanden sein. Ein neuromuskuläres Monitoring (»train-of-four«-Stimulation) optimiert den Einsatz der verwendeten nicht depolarisierenden Muskelrelaxanzien. Bei kardiopulmonalen Risikopatienten sollte ein erweitertes hämodynamisches Monitoring (Pulmonalarterienkatheter, Picco-Messung) berücksichtigt werden. Kriterien zur Wahl des optimalen Anästhesieverfahrens stellen die pharmakologischen Eigenschaften der Anästhetika hinsichtlich der Beeinflussung von Leberdurchblutung und Leberfunktion dar. Nach Puccini und Nöldge-Schomburg empfiehlt sich eine balancierte Anästhesie mit Isofluran oder Sevofluran und der repetitiven Gabe von Fentanyl oder kontinuierlichen Applikation von Remifentanil. Grundsätzlich sind alle mittellang und kurz wirkenden nicht depolarisierenden Muskelrelaxanzien unter Einsatz eines neuromuskulären Monitorings verwendbar (Puccini u. Nöldge-Schomburg 2001). Zur intravenösen Narkoseeinleitung sind Hypnotika wie Thiopental oder Etomidate gut geeignet. Unter der Beachtung von stabilen und normotonen Kreislaufverhältnissen und einer adäquaten Nierenfunktion sollte die intraoperative Volumenzufuhr möglichst restriktiv gehalten werden. Verschiedene Autoren haben nachgewiesen, dass der intraoperative Blutverlust bei Leberresektionen direkt mit dem intravasalen Volumenstatus des Patienten korreliert (Johnson et al. 1998, Jones et al. 1998, Chen et al. 2000). Die klinischen Untersuchungen von Jones et al. zeigten, dass der perioperative Blutverlust ansteigt, wenn der intraoperative ZVD höher als 5 mmHg ist (Jones 1998). Negative ZVD-Werte müssen aufgrund einer möglichen intraoperativen Luftembolie unbedingt vermieden werden. Johnson et al. wiesen einen Zusammenhang zwischen dem Druck in der V. cava inferior und dem Blutverlust nach (Johnson et al. 1998). ! Cave! Der ZVD ist bei jeder Leberresektion unter 5 mmHg zu halten!
Entsprechende Möglichkeiten zur Optimierung des intraoperativen ZVD bestehen in einer Vorlastsenkung durch eine Vasodilatation mittels kontinuierlicher Nitroglyceringabe (1-3 μg/kg/min). Dieses venöse »pooling“ führt nicht zwangsläufig zu einem ausgeprägten systemischen Blutdruckabfall. Die Reduzierung des positiv endexspiratorischen Drucks (PEEP) unter 5 mmHg führt zu einer intrathorakalen Druckerniedrigung und ZVD-Abfall. Die Steuerung des intraoperativen Volumenmanagements sollte aber immer unter Berücksichtigung von Herzfrequenz, arteriellem Blutdruck, Diurese, Blutgasanalysen (BGA) und des ZVD-Trends erfolgen. Aller-
231 18.4 · Anästhesiologisches Management in der Leberchirurgie
dings ist zu beachten, dass ein zu restriktives Volumenmanagement bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz zu Tachykardien mit einer koronaren Minderperfusion führen kann. Ein Abfall des systemischen Blutdruckes wird vorzugsweise mit Noradrenalin in typischer Dosierung therapiert. Blutungen gehören zu den häufigsten Komplikationen bei Leberresektionen. Dies macht in ca. 50% der Fälle die Gabe von Transfusionen erforderlich. Hierbei ermöglichen Schnellinfusionssysteme (u.a. Level 1, SIMS Inc.) die Gabe großer Volumina in kürzester Zeit über großlumige venöse Zugänge. Eigenblutspende und isovolämische Hämodilution sind nur in begrenztem Umfang präoperativ einsetzbar. Aufgrund des restriktiven Volumenmanagements bei Leberresektionen können Blutungen bei einem hypovolämen Patienten sehr schnell zu einer hämodynamischen Dekompensation führen. Nach Puccini und NöldgeSchomburg sollte ein durch normotone normovolämische Hämodilution erreichter Hämatokritwert von 20–25% nicht unterschritten werden (Puccini u. Nöldge-Schomburg 2001). Auf jeden Fall ist nach erfolgter Resektion wieder eine Normovolämie mit ZVD-Werten zwischen 5–10 cm H2O anzustreben. Hierzu können kristalloide bzw. kolloidale Lösungen infundiert werden. Die Indikation zur Transfusion von Blut und/oder Blutprodukten ist streng zu stellen. Aus der Literatur ist kein einheitlicher absoluter minimaler Hämoglobin- oder Hämatokritwert bekannt. Es gilt, hierbei in jedem Fall die Einflüsse kardiopulmonaler Begleiterkrankungen zu berücksichtigen ( Abschn. 18.3). Laut Mittelstaedt und Kerger stellt ein Hämoglobinwert von 7 g/dl bei kreislaufstabilen, normothermen und isovolämischen Verhältnissen noch keine zwingende Transfusionsindikation dar. Allerdings kann bei hämodynamischer Instabilität oder dem Vorliegen von schweren kardiopulmonalen Begleiterkrankungen bereits bei höheren Hämoglobinwerten ein absoluter Transfusionsbedarf erforderlich sein (Mittelstaedt u. Kerger 2004). Die Indikationen zur Gabe von Frischplasma (FFP) liegen bei massiven Blutverlusten, einer fortbestehenden diffusen Blutungsneigung und bei Patienten mit einer geringen Lebersyntheseleistung bei ausgedehnter Resektion vor. Die Empfehlungen der Bundesärztekammer und der American Society of Anesthesiologists sehen derzeitig vor, dass bis zu einer Hb-Konzentration von 10 g/dl (6,21 mmol/l) auch bei alten Patienten und Patienten mit kardiopulmonalen Begleiterkrankungen eine Transfusion von Erythrozyten in der Regel nicht notwendig ist und eine Transfusion bei jungen, gesunden Patienten ohne kardiopulmonale Begleiterkrankungen (einschließ-
lich Schwangeren und Kindern) erst ab einer Hb-Konzentration von <6 g/dl (<3,72 mmol/l) notwendig wird (Habler et al. 2006). Diese Empfehlungen sind allerdings auch im Kontext der vorhergehenden Ausführungen zu sehen. Postoperativ ist eine intensivmedizinische Überwachung zur Vermeidung von Komplikationen häufig sinnvoll oder gar erforderlich. Nach Zalunardo gehen folgende Faktoren mit einer erhöhten postoperativen Morbidität einher (Zalunardo et al. 2003): ▬ Alter über 55 Jahre, ▬ ASA-Klasse II oder mehr, ▬ Bilirubinkonzentration über 80 μmol/l, ▬ hohe Aktivität der alkalischen Phosphatase, ▬ Malignität des Tumors, ▬ pathologisches Leberparenchym, ▬ zusätzliche chirurgische Eingriffe, ▬ Operationszeit über 4 h, ▬ perioperative Bluttransfusionsmenge über 600 ml. Neben einem entsprechenden hämodynamischen Monitoring und der Stabilisierung der Leberfunktionen ist eine effiziente postoperative Schmerztherapie von besonderer Bedeutung. Tipp
I
I
Unter Berücksichtigung der aktuellen Gerinnungssituation stellt die thorakale Periduralanalgesie (Th 6-9) das Mittel der Wahl in der Schmerztherapie dar.
Allerdings müssen der mögliche Abfall des mittleren arteriellen Blutdrucks und die daraus resultierende Abnahme der Leberdurchblutung berücksichtigt werden.
Literatur Belghiti J, Hiramatsu K, Massault P, Sauvanet A, Farges O: Seven hundred forty- seven hepatectomies in the 1990s; an update to evaluate the actual risk of liver resection. J Am Coll Surg 2000 Jul; 191(1): 38-46 Chen H, Merchant NB, Didolkar MS: Hepatic resection using intermittent vascular inflow occlusion and low central venous pressure anesthesia improves morbidity and mortality. J Gastrointest Surg 2000 Mar-Apr;4(2): 162-7 Farges O, Malassagne B, Flejou JF et al.: Risk of major liver resection in patients with underlying chronic liver disease: a reappraisal. Ann Surg 1999; 229: 210-21 Habler O, Meier J, Pape A, Kertscho H, Zwißler B: Perioperative Anämietoleranz – Mechanismen, Einflussfaktoren, Grenzen. Anaesthesist 2006; 55: 1142-1156 Johnson M, Mannar R, Wu AVO: Correlation between blood loss and inferior vena caval pressure during liver resection. Br J Surg 1998; 85: 188-190 Jones RM, Moulton CE, Hardy KJ: Central venous pressure and its effect on blood loss during liver surgery. Br J Surg 1998; 85: 1058-1060
18
232
Kapitel 18 · Perioperatives und anästhesiologisches Management
Mittelstaedt H, Kerger H: Perioperatives Management bei elektiven Leberresektionen. Anästh Intensivmed 2004; 45: 403-413 Puccini M, Nöldge-Schomburg G: Anästhesie und Leber. Anästh Intensivmed 2001; 42: 895-905 Zalunardo MP: Anästhesiologisches Management bei Leberresektion und Kryochirurgie der Leber. Anaesthesist 2003; 52: 89-96
aber keine überzeugenden Beweise für eine Reduzierung postoperativer Komplikationen wie Anastomoseninsuffizienz oder Pankreasfisteln. Die postoperative Nachbetreuung der Patienten erfolgt auf der Intensivstation.
Literatur Rossaint R, Werner C, Zwißler B: Die Anästhesiologie. pp. 1040-1042. Springer-Verlag. Berlin Heidelberg New York 2004
18.5
Anästhesiologisches Management bei Pankreaseingriffen 18.6
J. Werner
18
Das anästhesiologische Prozedere bei Tumoroperationen des Pankreas entspricht der anästhesiologischen Vorgehensweise anderer großer viszeralchirurgischer Eingriffe. Massive Blutverluste, erhebliche Flüssigkeitsverschiebungen, Hypothermie und pulmonale Gasaustauschstörungen können als intraoperative Komplikationen auftreten. Dies erfordert ein erweitertes hämodynamisches Monitoring mittels arterieller Kanüle und/oder PiCCO-Katheter und eines ZVK. Temperaturmessung, Blasenkatheter, Magensonde und neuromuskuläres Monitoring sind obligatorisch. Wärme- und Schnellinfusionssysteme (u.a. Level 1 / SIMS Inc.) sowie 2-3 großlumige periphere i.v.-Zugänge ermöglichen hohe Volumenumsätze in kurzer Zeit. Je nach Ausmaß des operativen Eingriffes sind 3-6 Erythrozytenkonzentrate bereitzustellen. Grundsätzlich kommt eine Intubationsnarkose mittels balancierter Anästhesie und Muskelrelaxation zum Einsatz. Die Kombination mit einem thorakal angelegten Periduralkatheter erweist sich für eine suffiziente intraund postoperative Schmerztherapie als äußerst vorteilhaft. Patienten mit einer Duodenalobstruktion müssen mit einer Ileuseinleitung versorgt werden. Postoperativ können verschiedene Komplikationen auftreten. Diese umfassen u.a. pulmonale Gasaustauschstörungen, Pankreasfisteln und ggf. ein Alkoholentzugsdelir. Vor allem bei Patienten mit einer Pankreatitis gestaltet sich eine adäquate Schmerztherapie oft schwierig. Die thorakale Periduralanalgesie stellt auch hier das Mittel der Wahl dar. Nach ausgedehnteren Pankreaslinksresektionen ist die Insulinsekretion regelhaft kritisch vermindert und erfordert ein intensives Monitoring der Glukosekonzentration im Plasma. Bei einer vollständigen Entfernung des Pankreas müssen postoperativ Pankreasenzyme und Insulin substituiert werden. Die Freisetzung von Pankreasenzymen durch das operative Vorgehen stellt eine Besonderheit in der postoperativen Phase dar. Perioperative Somatostatingaben können die exokrine Pankreassekretion vermindern. Nach Welte (Rossaint et al. 2004) gibt es
Spezielle postoperative Intensivmedizin
J. C. Lewejohann, E. Muhl
18.6.1
Überwachung
Die intensivmedizinische Überwachung nach der Resektion hepatobiliärer und Pankreastumore dient der frühzeitigen Erkennung und Therapie postoperativer Probleme, die potenziell oder tatsächlich den Patienten
bedrohen. Diese sind speziell bei diesen Eingriffen: ▬ Nachblutung ▬ Galle-Leckage aus der Leberresektionsfläche ▬ Galle-Leckage aus Anastomosen ▬ Leberinsuffizienz bei ausgedehnten Leberresektionen mit grenzwertig großer Restleber ▬ Durchblutungsprobleme der Restleber/ Nekrosen. ▬ Insuffizienzen der Pankreas- oder Darminzuffizienzen ▬ Akute Pankreatitis im Restpankreas ▬ Blutzuckerentgleisungen (insbesondere Hyperglykämie) ▬ Pankreasfistel Ob ein arterieller Katheter zur kontinuierlichen Blutdrucküberwachung und ein zentraler Venenkatheter postoperativ erforderlich sind, hängt ab vom Risikoprofil der Operation und dem Ausmaß der Resektion sowie von den Vorerkrankungen des Patienten (kardiopulmonal, aber auch hepatisch) ab (Lentschener u. Ozier 2002). Bei hoher (Nach-) Blutungsgefahr sollten großlumige periphere Venenzugänge zunächst postoperativ belassen werden. Intraabdominelle Drainagen dienen der Ableitung von Sekreten im Operationsfeld und zeigen Blutungen und Galleleckagen in der Regel an. Wenn innerhalb von 24-48 h keine gallige Sekretion und keine Blutung aufgetreten sind und sonographisch keine intraabdominellen Flüssigkeitsverhalte nachgewiesen werden, können die Drainagen entfernt werden. Zieldrainagen an biliären
233 18.6 · Spezielle postoperative Intensivmedizin
und Pankreasanastomosen sollten erst nach ca. 6-8 Tagen entfernt werden, wenn die Anastomosenheilung eingetreten ist. Eine Leckage kleinster Gallengänge aus der Leberresektionsfläche sistiert in der Regel spontan innerhalb von zwei bis drei Tagen. Die Drainagemengen betragen i.d.R. 200-300 ml/Tag, niemals die gesamte Tagesproduktion an Galle, und sie sind rasch rückläufig. Die Galleleckage bei der Nahtinsuffizienz einer bilidigestiven Anastomose hat eine andere Qualität: Hier lassen sich neben der Galle/ dem Bilirubin auch hohe Lipasewerte im Drainagesekret nachweisen. Problematisch ist die Bewertung erhöhter Lipasewerte im Drainagesekret, wenn am Pankreasrand z.B. lymphadenektomiert wurde und die erhöhte Lipase nicht Ausdruck einer Nahtinsuffizienz, sondern einer Pankreasfistel ist. Bei einer solchen Pankresfistel kann eine Therapie mit Somatostatin (2-mal 100 μg) über zwei Wochen die exokrine Pankreassekretion vermindern (von der Ohe et al. 1992) und ein Versiegen der Fistel unterstützten. Die gallige Sekretion bei Insuffizienz einer bilidigestiven Anastomose ist in der Regel zunehmend und persistierend. Eine chirurgische Intervention ist dann anzustreben, wenn galliges Sekret nicht nur von der Zieldrainage, sondern auch von anderen Drainagen im Abdomen gefördert wird, wenn es Zeichen einer galligen Peritonitis gibt und wenn trotz suffizienter Ableitung des Sekrets die Sekretion nicht innerhalb weniger Tage zurückgeht. > Bei jeglicher Galleleckage aus Drainagen ist durch Sonographie sicherzustellen, dass eine komplette Sekretableitung gegeben ist.
(Nach-)Blutungen aus dem OP-Gebiet treten in der Regel innerhalb der ersten 24 h auf und können massiv sein, insbesondere nach Absetzung großer Lebergefäße (Lebervenen, Pfortaderäste). Es ist daher eine kontinuierliche Kreislaufüberwachung (Blutdruck, Pulsfrequenz, ZVD) nach ausgedehnten Leber- und Pankreasresektionen unabdingbar. Auch postoperativ sollten Blutkonserven
in den ersten 24 h noch für den Patienten bereitstehen. Großlumige Venenzugänge, für ausgedehnte Leberresektionen ohnehin intraoperativ erforderlich, sollten wegen der Nachblutungsgefahr bis zu 48 h nach dem Eingriff belassen werden. Blutungen werden nicht immer komplett über einliegende Drainagen abgeleitet. Hier kann die Sonographie intraabdominelle freie Flüssigkeit schnell und noninvasiv nachweisen. Laborchemisch sind Kontrollen folgender Parameter sinnvoll (in den ersten 24 h alle 8-12 h, bei Problemen, Blutung, Kreislaufinstabilität, Organversagen auch öfter, danach in den ersten drei Tagen zweimal täglich, mindestens aber täglich):
▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Kleines BB mit Thrombozyten Quick, PTT Bilirubin im Serum (direkt und indirekt) Se-Albumin/ Gesamteiweiß Transaminasen Gamma-GT Serum-Laktat Lipase und Bilirubin aus den Drainagen und im Serum ▬ Bei transfusionspflichtiger Blutung zusätzlich: Antithrombin, Fibrinogen, Fibrinmonomere, Fibrinspaltprodukte, Faktor XIII ▬ Bei Massentransfusion zusätzlich: ggf. Rotem-Analyse, Nachweis/Ausschluss einer Hyperfibrinolyse ▬ Evtl. Serum-Cholinesterase ! Cave! Die Bestimmung der S-Cholinesterase (ChE) wird vielfach zur Abschätzung der Leberfunktion mit herangezogen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die ChE starke intraund interindividuelle Schwankungen aufweist, sodass sie allenfalls als Verlaufsparameter zu gebrauchen ist.
Die Synthese von ChE in der Leber ist an die Synthese von Albumin gekoppelt. Entwickeln sich ChE und Se-Albumin nicht gleichsinnig, sind die ChE-Veränderungen nicht leberbedingt (ChE wird z.B. reversibel gehemmt durch Prostigmin oder Physostigmin, oder irreversibel durch viele andere Medikamente) (Thomas 1998). Die Indocyaningrün-Verschwindensrate (Clearance) ist ein Maß für die Stoffwechselleistung der Leber und kann für die postoperative Messung und Veränderung der Funktionsleistung der Leber genutzt werden (Sugimoto et al. 2006). Die Methode wird auch zur Messung der Funktionsreserve der Leber vor Resektionen angewandt (Okochi et al. 2002). Für die Messung steht ein noninvasives Messsystem zur Verfügung (LiMON®), bei dem mit einem transkutanen Sensor via Puls-FarbstoffDensitometrie gemessen wird, ähnlich wie bei der Pulsoximetrie. Die nichtinvasive Methode ist der invasiven Messung vergleichbar (Faybik et al. 2004).
18.6.2
Therapie
Eine intraoperative Antibiotikaprophylaxe zur Vermeidung einer Translokation intestinaler Keime in die Zirkulation, bzw. bei Eröffnung bakterienbesiedelter Kompartimente, ist indiziert (Lentschener u. Ozier 2002). Ein Routineeinsatz von Antibiotika postoperativ vermindert nicht die Inzidenz nosokomialer Infektionen und ist somit unnötig, teuer und zudem möglicherweise mit Nebenwirkungen assoziiert (Wu et al. 1998).
18
234
18
Kapitel 18 · Perioperatives und anästhesiologisches Management
Vermeidung zusätzlicher schädigender Einflüsse auf die Leber. Nach jeder Resektion hepatobiliärer Tumore sollte bei der Auswahl von Medikamenten (z.B. Antibiotika) deren Lebertoxizität berücksichtigt werden. Unbedingt vermieden werden sollte alles, was die Leberdurchblutung negativ beeinflusst, u.a. Blutdruckabfälle, kritisch hoher Hämatokrit, hohe Beatmungsmitteldrucke und extrem hoher PEEP, sowie vasokonstriktorisch wirkende Medikamente. Postoperativer Aszites, respektive Verlust von Aszites über die Drainagen tritt auch bei lebergesunden Patienten auf und muss in der Volumenbilanz berücksichtigt werden. Intra- und postoperative Volumenrestriktion sind nicht angebracht, da sie die Aszitesbildung nicht verhindern und darüber hinaus einem Nierenversagen Vorschub leistet. Es hat im Gegenteil eine Volumenexpansion, frühzeitige Diuretikatherapie und die Aufrechterhaltung ausreichender Perfusionsdrucke für die Niere einen hohen Stellenwert in der Vermeidung der postoperativen Niereninsuffizienz. (Lentschener u. Ozier 2002) Forcierte Diurese wird nach ausgedehnten Radiofrequenzablationen oder Kryotherapien von intrahepatischen Malignomen durchgeführt unter der Vorstellung, toxische Metabolite aus den Nekrosen via Niere zu eliminieren und vielleicht auch die Inzidenz eines akuten Nierenversagens zu vermindern. Valide Daten, die einen solchen therapeutischen Ansatz belegen, sind derzeit nicht existent. Patienten, die nach Leberresektionen verstarben, haben hochsignifikant häufiger (p<0,0001) als die Überlebenden Se-Bilirubin- (78% vs. 36,5%), Se-Kreatininanstiege (98% vs. 2,2%) auf mehr als das Doppelte des Ausgangswertes und ein akutes Nierenversagen (26% vs. 0,7%) (Schroeder et al. 2006). Die Vermeidung von Minderperfusion der Nieren und von nephrotoxischen Medikamenten hat bei diesem Krankengut damit wahrscheinlich große Bedeutung. Eine niedrig dosierte Dopamintherapie ist nicht geeignet, einem akuten Nierenversagen vorzubeugen (Kellum u. Decker 2001, Friedrich et al. 2005). In der Ernährung und Infusionstherapie gelten für Patienten nach hepatobiliärer Chirurgie keine besonderen Aspekte. Es sollte frühestmöglich mit einer enteralen Ernährung begonnen werden (Plauth et al. 2006). Zudem ist insbesondere nach ausgedehnten Resektionen der Blutzuckerspiegel noch normal zu halten. In der parenteralen Ernährung sind Aminosäurelösungen mit vermehrt verzweigtkettigen Aminosäuren, sog, »Hepar-Lösungen«, nur bei einer hepatischen Enzephalopathie, die auf die Pharmakotherapie nicht anspricht, angezeigt (Plauth et al. 2006). Patienten mit einer Leberzirrhose (aber auch Patienten mit Herzinsuffizienz) weisen nicht selten eine
Hyponatriämie auf, der eine primäre Natriumzunahme
(durch sekundäre Wasserzunahme überdeckt) zugrunde liegt. Diese kann postoperativ noch verstärkt werden, z.B. schmerzbedingt durch das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH). Bei Vorhandensein neurologischer Symptome ist eine Natrium-Korrektur erforderlich, jedoch nicht mehr als 12 mmol/L/Tag (Braunwald et al. 2002). Für Patienten mit euvolämischer oder hypervolämischer Hyponatriämie steht ein oraler Vasopressin V2-Rezeptorantagonist, das Tolvaptan, zur Verfügung (Schrier et al. 2006). Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat im August 2009 den Wirkstoff Tolvaptan (SamscaTM 15 und 30 mg Tabletten, Otsuka Pharma) zur Behandlung einer Hyponatriämie beim Syndrom der inadäquaten Sekretion des antidiuretischen Hormons (SIADH) zugelassen. Ein erniedrigtes Serum-Albumin ist bei lebergesunden Patienten ein Zeichen der Malnutrition. Bei Patienten mit Leberinsuffizienz, Leberzirrhose ist sie zudem Ausdruck einer Synthesestörung.
Studie Auch eine massive Hypalbuminämie von unter 2,5 g/ dl ist per se keine Indikation für eine Albuminsubstitution. In einer Metaanalyse der Cochrane-Gruppe von 30 kontrollierten klinischen Studien konnte kein positiver Effekt für die Gabe von Humanalbumin bei den Indikationen Hypovolämie, Hypalbuminämie und Verbrennung gefunden werden. Im Gegenteil fand sich ein um 6% erhöhtes Risiko zu versterben in den Gruppen mit Humanalbuminsubstitution im Vergleich zur Kontrollgruppe (Cochrane 1998, Pulimond u. Prak 2000).
Die Gabe von Humanalbumin muss somit eine wohlüberlegte Einzelfallentscheidung bleiben. Im chirurgischen Krankengut von Patienten mit hepatobiliären Tumoren findet sich überdurchschnittlich häufig eine bereits präoperativ bestehende Malnutrition. In der Ernährung dieser Patienten ist somit eine ausreichende Vitamin- und Spurenelement-Substitution besonders wichtig. Ein Vitamin K-Mangel kann mit 3-mal 10 mg über 3 Tage ausgeglichen werden. Steigt der Quick-Wert nicht an, ist ein Vitamin K-Mangel nicht die Ursache der hepatischen Gerinnungsstörung und die Therapie mit Vitamin K kann abgebrochen werden. Molecular adsorbent recirculating system (MARS®),
eine Albumin-Dialyse, steht als Bridging-Device vor Lebertransplantation, bei frühem Lebertransplantatversagen und bei schwerer postoperativer Leberinsuffizienz
235 18.6 · Spezielle postoperative Intensivmedizin
nach ausgedehnten Resektionen zur Verfügung. Erreicht wurde in kleineren Fallstudien eine Absenkung von SeBilirubin, eine Absenkung des Kreatinins und einen Anstieg der Indocyaningrün-Verschwindensrate (ICGPDR), während eine Anhebung des Se-Albumins und des Quick-Wertes, sowie der Thrombozytenzahlen meist nicht gelingt. Bei schwerer Leberinsuffizenz, Leberversagen nach Leberresektionen ist die Datenlage für den Einsatz dieser Systeme widersprüchlich. Randomisierte kontrollierte multizentrische Studien hierfür stehen noch aus (Rittler et al. 2004, Hetz et al. 2006).
Literatur Braunwanld E, Fauci AS, Kasper DL, Hauser SL, Longo DL, Jameson JL (2002) Harrisons Innere Medizin, 15. Auflage, Mc Graw Hill, ABW Wissenschaftsverlag, Berlin pp 308-311) Cochrane Injuries Group Albumin reviewers.(1998) Human albumin administration in critically ill patients: systematic review of randomized controlled trials. BMJ 1998, 25: 235-40 Faybik P, Krenn CG, Baker A, Lahner D, Berlakovich G, Steltzer H, Hetz H (2004) Comparison of invasive and noninvasive measurement of plasma dissapearance rate of indocyanine green in patients undergoing liver transplantation: a prospective investigatorblinded study. Liver Tranpl. 10,8: 1060-4 Friedrich JO, Adhikari N, Herridge MS, Beyene J. (2005) Meta-analysis: low-dose dopamine increases urine output but does not prevent renal dysfunction or death. Ann Intern Med 142,7:510-24. Hetz H, Faybik P, Berlakovich G, Baker A, Bacher A, Berghuber C, Sandner SE, Steltzer H, Krenn CG (2006) Molecular adsorbent recirculating system in patients with early allograft dysfunction after liver transplantation: a pilot study. Liver Transpl 2006, 12,9: 1357-64 Kellum JA, Decker J. (2001) Use of dopamine in acute renal failure: a meta-analysis. Crit Care Med 29,8: 1526-31 Lentschener C, Ozier Y. (2002) Anaesthesia for elective liver resection: some points should be revisited. Eur. J Anaesthesiol. 19,11: 780-8 Okochi O, Kaneko T, Sugimoto H, Inoue S, Takeda S, Nakao A (2002) ICG pulse spectrophotometry for perioperative liver function in hepatectomy. J Surg Res. 103,1:109-13 Plauth M, Cabré E, Riggio O, Assis-Camilo M, Pirlich M, Kondrup J, Ferenci P, Holm E, vom Dahl S, Müller MJ, Nolte W (2006) ESPEN Guidelines on enteral nutrition: liver disease. Clinical Nutrition 25: 285-94 Pulimood TB, Park GR (2000) Debate: Albumin administration should be avoided in the critically ill. Crit Care 2000, 4: 151-55 Rittler P, Ketcher C, Inthorn D, Jauch KW, Hartl WH (2004) Use of the molecular adsorbent recycling system in the treatment of postoperative hepatic failure and septic multiple organ dysfunction – preliminary results. Liver Int 24,2:136-41 Schrier RW, Gross P, Gheorghiade M, Berl T, Verbalis JG, Czerwiec FS, Orlandi C, for the SALT Investigators (2006) Tolvaptan, a selective oral vasopressin V2-Receptor antagonist, for hyponatriemia. N Engl J Med 355, 20: 2099-2112 Schroeder RA, Marroquin CE, Phillips-Bute B, Khuri S, Henderson WG, Kuo PC (2006) Predictive indices of morbidity and mortality after liver resection. Annals of Surgery 2006, 243,3: 373-379 Sugimoto H, Okochi O, Hirota M, Kanazumi N, Nomoto S, Inoue S, Takeda S, Nakao A (2006) Early detection of liver failure after hepatectomy by indocyanine green elimination rate measured by pulse dye-densitometry. Hepatobiliary Pancreat. Surg. 13,6: 543-6
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18
19
Komplikationen und deren Management der hepatobiliären Chirurgie L. Müller, C. Wilms, D. C. Bröring
19.1
Allgemeine Komplikationen – 237
19.1.1 Definition unerwünschter Ereignisse und Komplikationen 19.1.2 Klassifizierung von Komplikationen – 237
19.2
Spezielle Komplikationen – 238
19.2.1 Leberinsuffizienz – 239 19.2.2 Galleleck – 240
– 237
237 19.1 · Allgemeine Komplikationen
19.1
Allgemeine Komplikationen
19.1.1
Definition unerwünschter Ereignisse und Komplikationen
Im Bereich der hepato-pankreato-biliären Chirurgie wie auch in anderen chirurgischen Disziplinen besteht ein zunehmendes Interesse an einem transparenten und suffizienten Qualitätsmonitoring und Qualitätsmanagement. Dies beruht u.a. auf der stetig zunehmenden Anzahl von alternativen Strategien zur Behandlung benigner oder maligner Erkrankungen sowie der wachsenden gesundheitspolitischen Verpflichtung, kosteneffiziente Behandlungsstrategien zu identifizieren und umzusetzen. Bei der Bewertung der prä- und postinterventionellen Morbidität sind insbesondere die Entdeckung und Beurteilung unerwünschter Ereignisse wichtig, da diese potenziell vermeidbar sind. Ein standardisiertes und reproduzierbares Evaluationsprozedere unerwünschter Ereignisse sollte die Möglichkeit einer zeit- und zentrumsübergreifenden Analyse therapieabhängiger Negativereignisse bieten, sodass etwaige behandlungsspezifische Risiken identifiziert und eliminiert werden können, womit dann die medizinische Qualität der jeweiligen Behandlungsabläufe optimiert werden kann. Der Begriff des unerwünschten Ereignisses wurde erstmals 1991 durch Brennan et al. (Brennan et al. 1991) geprägt. Hierbei wurden bei 50.000 Patienten aus 51 Kliniken des Staates New York fachunabhängig Behandlungsabläufe auf iatrogene Verletzungen jedweder Art analysiert. Unerwünschte Ereignisse wurden in diesem Zusammenhang definiert als: »Verletzung, verursacht durch eine medizinische Handlung, welche den Krankenhausaufenthalt verlängert oder zum Zeitpunkt der Entlassung eine Behinderung hervorruft bzw. beides« (Brennan et al. 1991). Vergleichbar mit dem variabel verwandten Begriff des unerwünschten Ereignisses ist die Terminologie des Begriffs Komplikation in der Literatur mehrdeutig. Einige Autoren definieren Komplikation als »jede Abweichung vom Idealkurs« (Clavien et al. 1994). Strasberg und Clavien bewerteten eine Komplikation als unerwünschtes Ereignis. Sie grenzen den Begriff der Komplikation jedoch gegenüber dem Aspekt des unverschuldeten Therapieversagen (bedingt durch das zugrunde liegende Primärleiden des Patienten, failure to cure) und gegenüber therapieinhärenten Nebenwirkungen einer Intervention (sequela) ab, sodass der Begriff Komplikation als separat zu bewertenden Bestandteil unerwünschter Ereignisse interpretiert wird (Clavien et al. 1992). Nach unserer Auffassung stellen Komplikationen ebenfalls ein Qualitätsmerkmal unerwünschter Ereignis-
se dar, das jedoch gegenüber anderen Qualitätsmerkma-
len unerwünschter Ereignisse abgegrenzt und spezifiziert werden sollte. Demnach sind Tod oder Invalidität infolge eines Therapieversagens nicht zwangsläufig eine vermeidbare Folge therapeutischen Handels, sondern eine Folge der Grunderkrankung und von bestehender Komorbidität. Das Eintreten von Tod oder Invalidität ist zweifelsohne unerwünscht, aber unter Umständen nicht beeinflussbar. > Ein wesentlicher Bestandteil im Rahmen des Qualitätsmonitorings unerwünschter Ereignisse ist die Analyse des ▬ Therapieversagens aufgrund des Grundleidens des Patienten ▬ Auftretens einer therapieinhärenten Nebenwirkung einer spezifischen Therapie
Durch das Qualitätsmonitoring wird zum einen die Effektivität des Verfahrens geprüft und zum anderen kann damit eine Stratifizierung des Patientenkollektivs für ein spezifisches Verfahren vorgenommen werden. Jedoch sollte diese Form unerwünschter Ereignisse gegenüber der Analyse von Komplikationen abgegrenzt werden. Die Gestaltung und Anwendung einer Definition des Begriffs Komplikation ist somit problematisch. Vielmehr sollte die Auslegung und Bewertung einer Komplikation anhand folgender Charakteristika im Einzelfall geprüft werden: 1. Tritt als Folge einer Intervention im Rahmen einer spezifischen Therapie auf. 2. Steht in zeitlichem und kausalem Zusammenhang der durchgeführten Intervention und ist unabhängig von der behandelnden Fachdisziplin. 3. Bietet ein morphologisches, physisches oder psychisches Korrelat, welches den Gesundungsprozess des Patienten negativ beeinflusst. 4. Bewirkt eine Änderung des Behandlungskonzeptes. 5. Ist keine therapieinhärente Nebenwirkung der spezifischen Behandlung. 6. Ist nicht ursächlich für die Verschlechterung des zugrunde liegenden Primärleidens.
19.1.2
Klassifizierung von Komplikationen
In Hinblick auf die Systematik und Methodik der Berichterstattung chirurgischer Komplikationen weist die Fachliteratur der vergangenen zwei Dekaden ebenfalls ein sehr heterogenes Bild an Bewertungs- und Graduierungsschemata auf. Eine häufig verwandte Form der Kategorisierung postoperativer Komplikationen erfolgte anhand einer Einteilung in geringfügige (minor) und schwerwiegende (major) Komplikationen. Andere Au-
19
238
Kapitel 19 · Komplikationen und deren Management der hepatobiliären Chirurgie
toren kategorisierten Komplikation anhand der Begriffe mild, moderat, signifikant. Eine Präzisierung dieser Terminologie existiert nicht, sodass eine hohe Bandbreite an Interpretationsmöglichkeiten des Schweregrads einer Komplikation gegeben ist und der subjektiven Einschätzung des Autors unterliegt. Hierdurch ist ein zentrumsübergreifender Vergleich der Ergebnisse erschwert. 1992 wurde durch Strasberg und Clavien eine objektivierbare Komplikationsklassifikation (Clavien et al. 1992) vorgeschlagen, welche sich an der Intensität eines Therapieregimewechsels orientiert, der erforderlich ist, um eine Komplikation zu behandeln; d.h. je schwerwiegender die Intervention zur Behandlung der Komplikation ist, desto höhergradiger ist die Komplikation zu klassifizieren. Weitere objektivierbare Kriterien der Klassifikation sind Tod und Invalidität, da deren Risiko mit dem Schweregrad der Komplikation und Intensität zur Behandlung derselben korrespondiert. Die Einteilung der Komplikationen erfolgt in vier Schweregrade. ▬ Grad I-Komplikationen klassifizieren vereinfacht dargestellt solche geringen Risiken, die lediglich einen geringen therapeutischen Aufwand bedürfen, wie z.B. Wundspülung eines oberflächlichen Wundinfektes. ▬ Grad II-Komplikationen sind potenziell lebensbedrohliche Komplikationen. ▬ Grad IIa-Komplikationen bedürfen einer spezifischen pharmakologischen Therapie, z.B. eine antibiotische Therapie zur Behandlung einer Pneumonie. ▬ Grad IIb-Komplikationen erfordern eine invasive Intervention, z.B. Relaparotomie bei Nachblutung. ▬ Grad III-Komplikationen sind Komplikationen, die mit bleibenden Schäden einhergehen, z.B. ein Herzinfarkt, oder eine terminale dialysepflichtige Niereninsuffizienz in Folge einer Sepsis. ▬ Grad IV-Komplikationen stellen den Tod infolge einer Komplikation dar.
19
Basierend auf dieser Klassifikation erfolgten durch weitere Autoren Modifikationen. Zur Analyse allgemeinchirurgischer postoperativer Komplikationen wurde 2004 durch Dindo et al. (Dindo et al. 2004) eine modifizierte Klassifikationsvariante vorgestellt. Hierbei wurde die Originalklassifikation auf fünf Schweregrade und sieben Kategorien erweitert und zudem durch zehn internationale Zentren auf Praktikabilität, Validität überprüft und bestätigt. 2009 wurde durch Strasberg et al. die Accordion Severity Classifcation vorgestellt (Strasberg et al. 2009). Diese berücksichtigt Modifikationen der Originalklassifikation von 1992 durch andere Autoren und soll durch eine Reduktion auf vier Kategorien die Praktikabilität und Anwenderakzeptanz erhöhen und somit zur Vereinheit-
lichung der Darstellung postoperativer Komplikation beitragen. Die Einteilung der Klassifikation erfolgt in die Kategorien geringe Komplikationen, moderate Komplikationen, schwere Komplikationen und Tod ( Übersicht).
Accordion Severity Classification nach Strasberg (Strasberg et al. 2009) 1. Milde Komplikationen bedürfen lediglich geringfügiger invasiver Maßnahmen, welche am Krankenbett vorgenommen werden können: Einbringen einer Magensonde, eines venösen Zugangs, Urin-Dauerkatheter, Durchführen einer Wundtoilette. Physiotherapie und folgende Pharmaka sind erlaubt: Antiemetika, Analgetika, Antipyretika, Diuretika, Elektrolyte.
2. Moderate Komplikationen bedürfen der o.g. Pharmaka und einer spezifischen pharmakologischen Therapie, beispielsweise Antibiotika. Bluttransfusionen und eine parenterale Ernährung sind ebenfalls eingeschlossen.
3. Schwerwiegende Komplikationen bedürfen einer endoskopischen, radiologischinterventionellen Therapie oder einer erneuten Operation. Komplikationen, die in einem Ein- oder Mehr-Organ-Versagen münden, sind ebenfalls eingeschlossen.
4. Tod Postoperativer Tod
Nach unserer Auffassung stellt die Accordion-Klassifikation eine geeignete Klassifikation zur Analyse postoperativer Komplikationen in der hepato-pankreato-biliären Chirurgie dar. Die Accordion-Klassifikation vereinfacht gegenüber anderen modifizierten Varianten die Darstellung der Ergebnisse, da sie nur vier Kategorien aufweist. Durch selbsterklärende Definitionen der vier Kategorien ist die Zuordnung einer Komplikation einfach und objektivierbar. Im Rahmen des Qualitätsmonitorings einer hepato-pankreato-biliären Prozedur sollte die Accordion-Klassifikation Anwendung finden, da postoperative Komplikationen systematisch und standardisiert analysiert werden können.
19.2
Spezielle Komplikationen
Damit Ergebnisse einer Prozedur zentrums- und zeitübergreifend verglichen werden können ist die Nomenklatur und Definition spezifischer Komplikationen von großer Bedeutung. Für die hepato-pankreato-biliäre Chirurgie gilt dies insbesondere für prozedurspezifische Komplika-
239 19.2 · Spezielle Komplikationen
tionen wie Leberinsuffizienz, Galleleckagen, Pankreasfistel und Blutung ( Kap. 28). Hierbei ist anzumerken, dass es für die Leberinsuffizienz nach Leberresektion und das Galleleck noch keine allgemein akzeptierte und einheitliche Definition gibt.
19.2.1
Leberinsuffizienz
Die Leberinsuffizienz, synonym auch als portales Hyperperfusionssyndrom oder small-for-size-Syndrom bezeichnet, kennzeichnet die inadäquate Leistung der verbliebenden Restleber nach einer Resektion an die an sie gestellte Anforderungen. Diese Anforderungen bzw. Insuffizienzen sind teilweise leicht klinisch und laborchemisch messbar (Enzephalopathie, Ammoniakspiegel, Glukosestoffwechsel, Gerinnung, Serumalbumingehalt, Bilirubinexkretion, Urinausscheidung), teilweise sind sie auch zunächst weniger evident (Infektabwehr). Eine einheitliche Definition dieser Störung steht derzeit aus. Unter Leberinsuffizienz können sowohl passagere Zustände verminderter Leberfunktion, aber auch nicht reversible Funktionsstörungen, die letal verlaufen, verstanden werden. Da zum Zeitpunkt der Erkennung einer Funktionsstörung der weitere Verlauf unbestimmt ist, jedoch weitere diagnostische und therapeutische Schritte unternommen werden müssen, liegt ein großes Interesse in der Validierung prognostischer Faktoren. > Bei der Validierung prognostischer Faktoren hat es sich bewährt, die sog. 50-50-Kriterien anzuwenden, d.h. Senkung der Prothrombin-Zeit (Quick-Wert) unter 50% (entspricht INR 1,7) sowie Anstieg des Serum-Bilirubins über 50 mmol/l (entspricht 2,9 mg/ dl) am 5. postoperativen Tag (Balzan et al. 2005).
Es konnte gezeigt werden, dass Patienten, die die 50-50Kriterien erfüllen, eine Mortalität von 59% aufwiesen gegenüber einer Mortalitätsrate von 1,2% bei Fällen, in denen die Kriterien nicht erreicht wurden (Balzan et al. 2005). In einer weiteren Validierung dieser Parameter anhand von 1059 Patienten konnte ebenfalls gezeigt werden, dass eine Bilirubin-Erhöhung auf 7 mg/dl als Prädiktor für postoperative Mortalität durch Leberinsuffizienz anzusehen ist (Mullen et al. 2007). Die Häufigkeit einer Leberinsuffizienz nach Leberresektion wird in der Literatur uneinheitlich angegeben, sie liegt zwischen 0,7 und 9% (van der Broek et al. 2008). Die Leberinsuffizienz ist zugleich die häufigste Mortalitätsursache nach Leberresektionen. Entscheidend für die Vermeidung einer Leberinsuffizienz sind sorgfältige Indikationsstellung, Operationsplanung, ggf. Konditionierung (z.B. Optimierung der Galledrainage, Volumeninduktion durch Pfortaderokklusion) sowie
eine suffiziente technische Durchführung der Leberresektion (Yigitler et al. 2003, Garcea et al. 2009). Als pathogenetische Mechanismen bzw. Risikofaktoren für die Leberinsuffizienz gelten das zu geringe Leberrestvolumen, übermäßiger intraoperativer Blutverlust, venöse Kongestion, Ischämie/Reperfusionsschäden, Steatose, Cholestase, Zirrhose und präoperative Chemotherapie (van den Broek et al. 2008, Yigitler et al. 2003, Garcea et al. 2009). In der Regel resultiert die Leberinsuffizienz nach Leberresektion aus einer Summation einzelner Risikomomente. Klinisch präsentiert sich die Leberinsuffizienz häufig durch eine Mehrorgan-Dysfunktion mit Kreislauf-, Nieren- und pulmonaler Insuffizienz. Dazu kommt das Problem des infektiologischen Risikos. Eine kleinere Restleber nach Resektion hat eine geringere Kapazität zur Phagozytose von Bakterien durch die Verminderung des hepatischen retikuloendothelialen Systems (Schindl et al. 2006, van Leeuwen et al. 1991). Zusätzlich wird die Fähigkeit zur Bildung von Akut-Phase-Proteinen verringert. Aufgrund dieser die Infektabwehr insgesamt negativ beeinflussenden Konstellation ist es nach Leberresektionen im Allgemeinen, nach einer Major- oder kritischen Leberresektion im Besonderen, notwendig, ein lückenloses Infektionsmonitoring durchzuführen. Eine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe über mehrere Tage über die intraoperative single-shot-Antibiose hinaus nehmen wir bei kritischen Leberresektionen wie die erweiterte Hemihepatektomie rechts vor, oder aber bei Major-Resektionen mit klinisch begründetem Anhalt für eine Leberdysfunktion. In der ⊡ Tab. 19.1 sind Behandlungsziele
⊡ Tab. 19.1 Behandlungsziele bei Leberinsuffizienz nach Leberresektion (nach van den Broek et al. 2008). Organsystem/ Funktion
Behandlungsziel
Kreislauf
ZVD: 8-12 mmHg MAD: 65-90 mmHg Pulmonalkapillärer Verschlussdruck: 4-12 mmHg Hämatokrit: >30%
Nieren
Urinausscheidung: >0,5 ml/kg/h
Lunge
Arterielle Sauerstoffsättigung: >93% Zentralvenöse Sauerstoffsättigung: >70%
ZNS
Hepatische Enzephalopathie: ≤Grad 2
Blutgerinnung
Thrombozyten: ≥50 × 109/l INR: ≤1,5
Energieversorgung
Enterale Energiezufuhr: 2000 kcal/Tag
19
240
Kapitel 19 · Komplikationen und deren Management der hepatobiliären Chirurgie
der postoperativen und intensivmedizinischen Therapie bei Leberinsuffizienz aufgelistet, die als ein wesentlicher Stützpfeiler in der Therapie anzusehen sind. Kausale Behandlungsansätze der manifesten Leberinsuffizienz nach Leberresektion sind bezüglich ihrer Wirksamkeit nicht abschließend validiert. Passagere Unterstützung bieten das Molecular absorbent recirculating system (MARS®, Gambro, Lund, Sweden) oder aber das Prometheus®System (Fresenius Medical Care, St. Wendel, Germany), deren Einsatz aufgrund enormer Kosten bei einer fraglichen Prognose jedoch umstritten ist. Denkbar ist auch der Einsatz eines bioartifiziellen Systems mit porcinen oder humanen Hepatozyten zur Unterstützung der Leberfunktion. Hierzu liegen jedoch bislang keine Daten vor. Letztlich gibt es im Falle eines Leberversagens nach Resektion als kausalen Ansatz nur die Möglichkeit der Lebertransplantation, soweit hierzu keine medizinischen oder onkologischen Kontraindikationen vorliegen.
19.2.2
Galleleck
Ebenso wie bei der Leberinsuffizienz nach Resektion existiert für das Galleleck keine allgemein akzeptierte Definition. Auch beim Galleleck gibt es potenziell reversible Ausprägungen. Aus diesem Grund gibt es bislang auch keine allgemeingültigen Leitlinien zum Management des Gallelecks. Zur Verhütung einer Flüssigkeits- oder Gallekollektion (Biliom) nach Leberresektion werden weit verbreitet Drainagen eingelegt, entweder als geschlossene Systeme oder als offene Systeme. Drainagen dienen auch als Methode der frühzeitigen Erkennung einer übermäßigen
biliären Sekretion. Allerdings fangen hier die Probleme einer einheitlichen Definition des Gallelecks an, da viele Autoren keine Drainagen nach Leberresektionen verwenden. Die Datenlage der Literatur scheint ihnen Recht zu geben, tatsächlich konnte in einer aktuellen Metaanalyse kein Vorteil bezüglich Morbidität, Mortalität und Reoperationsrate bei den Patienten mit Drainage festgestellt werden (Gurusamy et al. 2007). Dies sollte bei der Beschreibung der eigenen diagnostischen und therapeutischen Strategie, welche das Legen von Zieldrainagen bei größeren Leberesektionen vorsieht, vorausgeschickt werden. Um die Definitionsvariabilität des Gallelecks zu verdeutlichen, sind in ⊡ Tab. 19.2 einige aus größeren Studien verwendete Definitionen sowie die Häufigkeiten und das Management, aufgelistet. Aus allen genannten Arbeiten geht hervor, dass ein signifikanter Anteil der Fälle mit Galleleck konservativ durch Abwarten, d.h. hier durch adäquate Drainage aus der Bauchhöhle, gemanagt wurde. Dies gilt hauptsächlich für kleine Gallelecks aus der Resektionsfläche. Größere Leckagen erfordern gegebenenfalls die Einlage eines Gallenwegsstents oder einer nasobiliäre Drainage, oder aber die operative Revision. In der eigenen Klinik wird das Galleleck diagnostiziert, sobald eine signifikante biliäre Sekretion der intraoperativ gelegten Drainagen auftritt. Eine signifikante biliäre Sekretion ist makroskopisch erkennbar, und die gemessene Bilirubin-Konzentration liegt deutlich über der Serum-Bilirubin-Konzentration. Im Falle eines bereits ikterischen Patienten ist natürlich die Sekretion über die Drainage ebenfalls gallig verfärbt. Bei Fällen ohne Resektion der extrahepatischen Gallenwege wird zunächst
⊡ Tab. 19.2 Verwendete Definitionen des Gallelecks, Häufigkeiten, Management
19
Autor
Definition
Häufigkeit
Management
Erdogan et al. 2008
Gallige Sekretion in der Drainage oder Detektion einer Leckage mittels ERC oder Diagnose eines Bilioms im Rahmen einer perkutanen oder operativen Entlastung
16/234 (6,8%)
3/16 konservativ 4/16 perkutane Entlastung 9/16 endoskopische Drainage
Capussotti et al. 2006
> 50 ml/Tag Galle in der Drainage oder von einer punktierten Kollektion über mind. 3 Tage
22/610 (3,6%)
15/22 konservativ 5/22 endoskopisch 2/22 Reoperation
Tanaka et al. 2002
Bilirubin-Konzentration >20 mg/dl in der Drainage über 2 Tage
26/363 (7,2%)
18/26 konservativ 4/26 nasobiliäre Drainage 2/26 Fibrinklebung 2/26 Reoperation
Nagano et al. 2003
Gallige Sekretion aus der Drainage oder Wunde mit einer Bilirubin-Konzentration >5 mg/dl bzw. 3-fache Konzentration des Serumbilirubins oder intraabdominelle Gallekollektion bestätigt durch perkutane Drainage oder Detektion einer Leckage mittels ERC
17/313 (5,4%)
Nicht für das gesamte Kollektiv angegeben
241 19.2 · Spezielle Komplikationen
eine ERC durchgeführt. Sollte sich hierbei eine begrenzte Leckage aus der Parenchymdissektionsfläche zeigen, so ist der Versuch einer alleinigen Papillotomie zur Verbesserung des orthograden Galleabflusses gerechtfertigt. Größere Leckagen aus der hilären Platte oder aus dem Hauptgallengang können durch Einlage eines Gallenwegsstents wirksam versorgt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die gallige Sekretion ausreichend drainiert wird, und dass die Qualität und Menge des Sekretes im Verlauf engmaschig kontrolliert wird. Sollte im Verlauf nach ERC und Stenteinlage das Sekret nicht seröser werden, so ist die erneute ERC, oder aber eine frühzeitige operative Revision indiziert. ! Cave! Eine operative Revision ist nach unserer Auffassung früh indiziert bei Galleleckagen nach Leberresektionen und Resektion der extrahepatischen Gallenwege, um eine lokale oder generalisierte gallige Peritonitis zu verhindern.
Bereits intraoperativ wird größter Wert darauf gelegt, Galleleckagen zu detektieren und zu versorgen. Hierzu wird die Absetzungsstelle der hilären Platte unter Verwendung einer Lupenbrille durch den Operateur fortlaufend übernäht. Anschließend, vor Verschluss der Bauchdecken, erfolgt ein Test auf Galleleckagen, indem eine weiße Kompresse an die Absetzungsstelle für einige Minuten gelegt wird und diese anschließend auf gallige Verfärbungen hin untersucht wird. Bei sehr komplexen Resektionen mit großer Parenchymdissektionsfläche, z.B. zentralen Resektionen, ist die Wahrscheinlichkeit für Galleleckagen größer. Deshalb verwenden wir mitunter T-Drainagen, um die Gallenwege bereits im Vorfeld zu dekomprimieren. Zusammengefasst plädieren wir für ein proaktives Vorgehen bei Verdacht oder auch Nachweis eines Gallelecks: frühzeitige, adäquate Diagnostik durch sorgfältige Dokumentation der Drainagensekretion und Qualität, Bestimmung der Bilirubinkonzentration in den Drainagen bei Verdacht, Bildgebung durch Sonografie oder CT bei klinischem Verdacht (Drainagen können auch suboptimal liegen oder verlegt sein!), ERC und ggf. Stenteinlage, und schließlich die frühzeitige Operation. Eine abwartende Haltung ist nur gerechtfertigt, wenn das Galleleck klein ist und sich im Rahmen engmaschiger weiterer Kontrollen signifikant reduziert.
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19
IV
Teil IV Chirurgische Therapie der Pankreastumoren
Kapitel 20
Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas – 244 H. Wolff
Kapitel 21
Indikationsstellung zur Resektion – 250 D. Henne-Bruns, T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger
Kapitel 22
Lagerung und Zugangswege in der Pankreaschirurgie – 262 P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Birth
Kapitel 23
Resektionsverfahren – 264 H.-J. Gassel, M. Ernst, K. H. Link, M. Roitman, T. Weber, M. Niedergethmann, S. Post, M. Birth
Kapitel 24
Lymphadenektomie in der Pankreaschirurgie – 291 A. Rehders, M. Peiper, W.T. Knoefel
Kapitel 25
Spezielle Situationen und taktische Vorgehensweise
– 296
R. Grützmann, F. Ehehalt, H. D. Saeger
Kapitel 26
Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Pankreaschirurgie – 302 E. Bärlehner, T. Benhidjeb
Kapitel 27
Rekonstruktionsverfahren in der Pankreaschirurgie – 307 J. R. Izbicki, T. Strate, Y. Vashist, O. Mann
Kapitel 28
Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie – 314 M. Ernst, L. Müller
20
Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas H. Wolff
245 Kapitel 20 · Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas
Das Pankreas als Organ galt bis in das 19. Jahrhundert für die Chirurgie als unantastbar, obwohl es in der Medizingeschichte schon von Hippokrates 400 v. Chr. erwähnt wurde (Wolff 1911). Rufus von Ephesus, ein griechischer Arzt, der lange in Ägypten lebte und unter Kaiser Trajan im 2. Jahrhundert n. Chr. wirkte, hat aufgrund anatomischer Studien an Affen das Pankreas relativ genau beschrieben (Wolff 1911). Auch Galen im 2. Jahrhundert n. Chr. kannte das Organ (Wolff 1911); er konnte zwar noch keine genaue anatomische Beschreibung geben, jedoch sprach er wohl als Erster dem Pankreas eine physiologische Funktion zu, nämlich die Sekretion eines speichelähnlichen Saftes. Auch in der Mischna, den Ergänzungsschriften zur Thora, verfasst im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. ist das Pankreas erwähnt. Hier wird es als eine Fettansammlung hinter dem Magen gelegen beschrieben. Erst im 16. Jahrhundert wurde das Pankreas durch den französischen Anatomen Günther von Andernach (Toellner 1990) genauer beschrieben und so gilt er als Entdecker dieses Organs. Im beginnenden Mittelalter wurden fantastische Auffassungen über die Funktion und Krankheiten des Pankreas vertreten, so von Alberti (Wolff 1911) 1578, Joh. Heurnius (Heurnius 1609) 1599 u.a. Es wurde als ubiquitär für die Melancholie, Wechselfieber und für viele andere Krankheiten befunden. Der bekannte Entdecker der Blinddarmklappe Caspar Bauhin (1560-1624) schrieb dem Pankreas noch folgende Aufgaben zu (Bauhin 1590, ⊡ Abb. 20.1): ▬ die zarten Venen, Arterien und Nerven unverletzt und ungeschädigt zu erhalten, ▬ dass der Magen durch die Berührung mit dem Rückgrat nicht verletzt wird. ▬ dass die Arterien nicht übermäßig durch den Magen zusammengedrückt werden und, ▬ dass damit der leere Raum zwischen Magen und Leber ausgefüllt wird. Diese spekulativen Ansichten fanden jedoch ein jähes Ende mit der Entdeckung des Ausführungsganges der Drüse. Moritz Hofmann, Professor für Anatomie und Botanik an der Hochschule in Altdorf Mittelfranken, fand diesen Gang 1641 beim Truthahn und demonstrierte ihn Georg Wirsung, der als Pathologe in Padua wirkte (Hoffmann 1703). 1642 beschrieb dann Wirsung den Gang beim Menschen (Wirsung 1642). Damit war auch die Bestätigung der physiologischen Funktion des Pankreas erbracht, die ja schon von Galen vorausgesagt worden war. Obwohl im Allgemeinen die mystischen Ansichten erhalten blieben, glaubte man mehr an Erkrankungen, die ursächlich mit einer Verstopfung des Ausführungsganges
⊡ Abb. 20.1 Caspar Bauhin (1560-1624) (aus Eckart u. Gradmann 2006)
in Verbindung stehen würden. Man sprach von einer »Retentitis excrementis« und sah einen Zusammenhang zu Erkrankungen der Leber und der Milz. Trotz vieler experimenteller Untersuchungen im 17. und 18. Jahrhundert kam man zu keinen neuen Erkenntnissen über die Bedeutung und über die Funktion des Pankreassaftes. Erst 1856 konnte Claude Bernard die Verdauungsfunktion durch seine experimentellen Untersuchungen nachweisen und besonders die Spaltung von neutralen Fetten und auch Wirkungen auf Eiweiß und Kohlehydrate feststellen (Bernard 1856). Es vergingen aber doch noch mehr als 30 Jahre bis Mehring und Minkowski 1890 ihre Befunde zur Entstehung des Diabetes mellitus nach Exstirpation des Pankreas veröffentlichten (Mehring u. Minkowski 1890). Inzwischen hatte Langerhans 1869 in seiner Dissertation bei Virchow eigenartige Zellhaufen im Pankreas gefunden und beschrieben, über deren Bedeutung damals aber keine Aussage gemacht werden konnte (Langerhans 1869). Hinsichtlich des Krebsgeschehens wurden schon im 16. Jahrhundert bei Sektionen szirrhöse Veränderungen am Pankreas nachgewiesen, so auch von Fabricius Hildanus, dem damals berühmtesten deutschen Chirurgen aus Hilden bei Düsseldorf (Toellner 1990). Giovanni Battista Morgagni (⊡ Abb. 20.2), der Anatom aus Padua wird wohl
20
246
Kapitel 20 · Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas
⊡ Abb. 20.2 Giovanni Battista Morgagni. Anatom in Padua, beschrieb ausführlich primäre und sekundäre krebsige Veränderungen am Pankreas (aus Eckart u. Gradmann 2006)
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zu Recht als einer der großen Mediziner des 18. Jahrhunderts angesehen, der in Stille seinen anatomischen Studien nachging und dann doch 1761 ein großes Werk »De sedibus et causis morborum per anatomen indagatis libri quinque« in Form von 5 Büchern herausbrachte und versuchte so, Auskunft zu geben über Lokalisation und Ursachen der Krankheiten. Dort wurden auch eindeutig primäre und sekundäre krebsige Veränderungen am Pankreas beschrieben (Morgagni 1761). Auch Joseph Lieutaud (1703-1780), der Begründer der pathologischen Anatomie in Frankreich, differenzierte schon zwischen Szirrhus und Tumor (Wolff 1911); er erkannte die entzündlichen Veränderungen und fand dabei auch Konkremente in den Gängen der Bauchspeicheldrüse. Claesen, ein praktischer Arzt aus Köln, hat 1842 in seinem Buch «Die Krankheiten der Bauchspeicheldrüse« die bis 1800 publizierten Fälle zusammengestellt (Claesen 1842). Er fand 123 tumoröse Prozesse, von denen er 43 als nicht krebsig verändert ansah. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Verhärtung und Vergrößerung des Pankreas - der Szirrhus - so häufig beschrieben und
irrtümlich als Krebs diagnostiziert, sodass der Chirurg Philibert Joseph Roux (Roux 1809) 1809, Josef Engel (Engel 1823) 1823 u.a. noch Anfang des 19. Jahrhunderts alles anzweifelten und eine Krebserkrankung des Pankreas überhaupt infrage stellten. Im Allgemeinen muss man jedoch davon ausgehen, dass im 19. Jahrhundert die Pankreaserkrankungen Szirrhus, chronische Pankreatitis, Pankreaskrebs, Zysten und akute Affektionen bekannt waren. Da man aber diagnostisch diese Erscheinungsbilder und Befunde nicht differenzieren und zuordnen konnte, war eine sichere Diagnosestellung schwierig, ja im Einzelnen wohl unmöglich. Eine sehr zutreffende Beschreibung der klinischen Symptome des Pankreaskrebses erfolgte von dem Arzt Napoleons, Gaspar-Laurent Bayle (1774-1816), aufgrund seiner anatomischen Studien und klinischen Beobachtungen in geradezu klassischer Form (Bayle 1833). Nach Bayle begann die Krebserkrankung mit allgemeinem Unbehagen, Schwäche und bald einsetzendem Gewichtsverlust, ohne Fieber, erst später stelle sich ein graugelblicher Teint ein, unter Umständen wird dann der Tumor tastbar. Der Ikterus verstärkt sich, der Urin erscheint dunkelrot und die Fäzes grau. Die Krankheit schreitet dann schnell voran, die Leber schwillt an und der Magen ist durch Gasbildung aufgetrieben. Oft stellen sich heftige Schmerzen in der Tiefe des Epigastriums ein, die Kachexie nimmt zu und schließlich kann am Ende der Krankheit auch Fieber auftreten. Jedoch nahm sich die Therapie des Carcinoma pancreatis, die im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts vorgeschlagen wurde, dagegen sehr bescheiden aus. Im chirurgischen Lehrbuch von Albert (Albert 1887) 1887 werden Operationen am Pankreas gar nicht erwähnt. Im Therapiebuch für die Berliner Universitätskliniken, herausgegeben 1911 von Croner unter Mitarbeit der Chirurgen Hildebrand und Bier (Croner 1911), heißt es,
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Geschwülste (solide) werden nur selten diagnostiziert und sind noch seltener operabel. Sind Kompressionserscheinungen seitens des Ductus choledochus vorhanden, so kann eine Cholecystenterostomie der Galle wieder freien Abfluss verschaffen.
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Chirurgische Eingriffe beim Pankreaskarzinom wurden also kaum in Betracht gezogen, obwohl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit ersten Operationen am Pankreas begonnen wurde. Der erste Versuch eine Pankreaszyste zu exstirpieren, wird dem bekannten amerikanischen Gynäkologen Nathan Bozemann zuerkannt, der als Spezialist für Urethro-Vaginal-Fisteln galt und 1881 auch eine Pankreaszyste operierte (Bozemann 1882). Ein Jahr später versorgte Gussenbauer wohl als Erster in Europa eine Pankreaszyste durch externe Marsupialisation, wobei die oft lang anhaltenden Fistelungen in Kauf genommen
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247 Kapitel 20 · Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas
Chirurgen, die mögliche Methoden zur Pankreasentfernung an der Leiche erarbeiteten. Desjardin (Desjardin 1907) exstirpierte 1907 den tumorösen Pankreaskopf mit Duodenum und Sauve (Hollender u. Peiper 1988) beschrieb 1910 die Technik der Duodenopankreatektomie. Jedoch schon vor 1909 führte Walter Kausch am Auguste-Viktoria-Krankenhaus (Berlin) eine erfolgreiche Pankreaskopfresektion durch, der Patient überlebte 9 Monate und verstarb während einer Reoperation. Kausch veröffentlichte sein zweizeitiges Vorgehen erst 1912 in den »Beiträgen zur klinischen Chirurgie«. In der ersten Sitzung legte er die Cholezystojejunostomie an und nach etwa 4 Wochen erfolgte dann in zweiter Sitzung die Pankreaskopfresektion mit Entfernung des Duodenums (Kausch 1912, Specht u. Stinshoff 2001). Leider blieb diese operative Leistung international unbekannt, eben-so wie die zweizeitige erfolgreiche Duodenopankreatektomie 1922 von Ernani (Italien) (Hollender u. Peiper 1988). Wie wenig die Karzinomchirurgie des Pankreas bis zum zweiten Weltkrieg entwickelt war, zeigen die Lehrbücher dieser Zeit, so schrieb Leusden aus Greifswald schreibt in seiner Operationslehre von 1925 (Leusden 1925): ⊡ Abb. 20.3 Friedrich Trendelenburg (1844-1924)
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Geschwülste des Pankreas können, wenn sie dem Schwanzteil angehören, vielleicht, sonst wohl kaum radikal entfernt werden.
«
wurden (Gussenbauer 1883). Vor einer Zystenresektion wurde jedoch ausdrücklich gewarnt. In Europa war es Trendelenburg (⊡ Abb. 20.3), der 1882 ein mannskopfgroßes Spindelzellsarkom durch Pankreasschwanzresektion entfernte (Hollender u. Peiper 1988). Das Pankreaskarzinom selbst war bis Anfang des 20. Jahrhunderts selten einer Radikaloperation zugänglich. 1898 stellte Körte 9 Operationen wegen Pankreastumoren aus der Literatur zusammen, darunter waren 3 Karzinome, 4 Sarkome und jeweils ein Fibroadenom und tuberkulöses Lymphom (Körte 1901). Die exstirpierten Tumoren waren siebenmal im Corpus oder Cauda des Pankreas lokalisiert und nur zweimal lagen die entfernten Tumoren (Fibroadenom bzw. Angiosarkom) im Pankreaskopf. Die erste Duodenopankreaskopfektomie wurde von A. Codivilla 1898 in Imola (Italien) vorgenommen; der Patient verstarb am 24. postoperativen Tag (Codivilla 1986). Franke berichtete 1901 über eine sog. totale Pankreatektomie, die er unter Erhalt des Duodenums ausführte und postoperativ keine Zeichen eines Diabetes feststellen konnte. Die Patientin verstarb 5 Monate nach der Operation am Rezidivtumor (Franke 1901). Sehr verdient gemacht haben sich im ersten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts auch die französischen
1935 beschrieben Whipple et al. ihre Technik der Duodenopankreatektomie, ebenfalls noch zweizeitig (Whipple et al. 1935). 1940 gab Whipple die partielle Duodenopankreatektomie bekannt, die mit seinem Namen in die Literatur einging. 1942 folgte dann durch Priestley die erste totale Duodenopankreatektomie (Priestley et al. 1944). Aber noch 1949 heißt es im Lehrbuch von Sonntag zur chirurgischen Behandlung des Pankreaskarzinoms (Sonntag 1949):
»
Therapie: nur ausnahmsweise Radikaloperation: totale oder partielle Pankreasexstirpation [..].
«
Erst im 6. bis 8. Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts zeigte die Chirurgie des Pankreaskarzinoms einen deutlichen Fortschritt. Durch die Publikationen von 95 in der Literatur bekannt gewordenen Pankreatektomien durch Barret und Bowers (Hollender u. Peiper 1988) 1957 und die Veröffentlichung von Frey und Child (Frey u. Child 1965) 1965 erlangte die Pankreasexstirpation auch wegen Tumoren eine weltweite Aufmerksamkeit und führte zu einer größeren Verbreitung in Deutschland. Wesentlich dazu beigetragen hat der enorme Fortschritt in der Diagnostik des Pankreaskarzinoms. Mithilfe der Sonographie, der CT, der ERCP und später durch die Bestimmung von CA 19-9, bis hin zur PET heute, konnte
248
20
Kapitel 20 · Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas
die differenzialdiagnostische Sicherung des Karzinoms vorangetrieben werden. Auch stellten sich in dieser Zeit weitere methodische Entwicklungen ein, so die subtotale Pankreatektomie für die chronische Pankreatitis, bei der etwa 95% der Drüse reseziert werden und nur ein schmaler Saum am Duodenum erhalten bleibt. Fortner hat 1973 die erweiterte regionale Duodenopankreatektomie unter Mitentfernung von Gefäßen beschrieben (Fortner 1973). Nach einer Sammelstatistik von Jordan Jr lag 1986 die Operationsletalität bei partieller Duodenopankreatektomie in den Jahren von 1964 bis 1984 noch bei 17,8% und die 5-Jahres-Überlebensraten unter 5% (Jordan 1986). Dazu bemerkte der Autor, dass die Radikaloperation des Pankreaskarzinoms heute noch mehr Leben vernichtet als heilt, d.h. in seiner Sammelstatistik standen 89 5-Jahresheilungen 286 operativen Todesfällen gegenüber. Und so finden sich in den 70er Jahren Publikationen, in welchen palliative Eingriffe auch in der Behandlung operabler Pankreaskarzinome vorgeschlagen werden (Crile 1970, Shapiro 1975). In den 80er Jahren nehmen die Radikalresektionen weiter zu, die Operationsletalität liegt um 10% und die 5-Jahres-Überlebenszeit unter 5% (Hollender u. Peiper 1988, Trede 1985, Warren et al. 1983, Wolff u. Lippert 1987). Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts stagnierte leider die Resektabilität, nur etwa 30% der Krebskranken konnten nach Büchler radikal operiert werden (Büchler et al. 1996). Jedoch wurde die Operationsletalität in den letzten 3 Jahrzehnten von über 15% auf unter 5% gesenkt. Leider ließ sich die 5-Jahres-Überlebenszeit nur wenig steigern, obwohl punktuell auch Anstiege über 20% angegeben werden (Cameron 1995, Hanyu et al. 1993), wobei zu berücksichtigen ist, dass auch mit einer 5-jährigen Überlebensfrist keine endgültige Heilung verbunden ist (Bradley 2002). Ungeklärt blieb bisher der Einfluss der erweiterten Lymphknotendissektion auf die Überlebenszeit (Hohenberger et al. 2001). Auch die pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie – von Beger favorisiert (Beger u. Bittner 1987) -, die in den 80er Jahren eingeführt wurde, stellt eine interessante Variante dar und bedarf ebenso wie die Radio- und Chemotherapie einer weiteren Evaluierung. Unwidersprochen bleibt jedoch, dass sich die partielle Duodenopankreatektomie über 100 Jahre bewährt hat und heute noch die meist eingesetzte Methode darstellt. Von den Hinweisen auf das Pankreas in der Antike über die sichere Erkennung des Organs im Mittelalter und die Deutung der Funktion in den letzten Jahrhunderten, bis zur Erkennung und Verifizierung von Pankreaserkrankungen, war eine lange und verworrene Wegstrecke zurückgelegt worden. Erst im 19. Jahrhundert kam man zur Diagnosestellung des Pankreaskarzinoms
und am Ausgang des Jahrhunderts auch zu den ersten chirurgischen Eingriffen, die lediglich mit einge-schränkten lokalen Tumorentfernungen einhergingen. Schon 1898 wurde von dem Italiener Codivilla die Methode beschrieben, die noch heute als Grundkonzeption für die Entfernung des Pankreaskopfes gilt. Nur marginale Veränderungen kamen hinzu, die jedoch den Kern des operativen Vorgehens unbeeinflusst ließen. Die Besonderheit in der chirurgischen Behandlung des Pankreaskarzinoms liegt in der langen Zeitspanne von etwa 40 Jahren, bis 1935 die nach Whipple benannte Methode Beachtung fand. Und es vergingen wiederum mehrere Jahrzehnte bis Ende des 20. Jahrhunderts sich erkennbare Erfolgsziffern einstellten mit einer Resektionsquote bei 30%, einer Klinikletalität in ausgewiesenen Zentren unter 5%, und einer 5-Jahres-Überlebenszeit zwischen 1,10 bis 20%. Auch nach 100 Jahren haben die Chirurgen allein das Pankreaskarzinom nicht besiegt, sodass ein multimodales Vorgehen umso dringender wird.
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249 Kapitel 20 · Geschichte der Tumorchirurgie des Pankreas
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20
21
Indikationsstellung zur Resektion D. Henne-Bruns, T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger
21.1
Einleitung
– 251
21.2
Gutartige Pankreastumoren
21.3
Papillenadenome
21.4
Bösartige Pankreastumoren – 254
21.5
Maligne Tumoren der intrapankreatischen Gallenwege und der Papille – 256
21.6
Raumforderungen unklarer Genese, Raumforderung in Pankreatitis – 257
21.7
Endokrine Pankreastumore – 258
– 253
21.7.1 Nicht-funktionelle EPT – 258 21.7.2 Insulinome – 259 21.7.3 Gastrinome – 259
21.8
– 251
Pankreasmetastasen
– 260
251 21.2 · Gutartige Pankreastumoren
21.1
Einleitung
D. Henne-Bruns > Die Indikationsstellung zur exakten Diagnostik besteht bei allen zufällig oder aufgrund einer bestehenden Symptomatik diagnostizierten Raumforderungen.
Dabei muss mittels CT und/oder MRT evaluiert werden, welcher Tumorentität der Prozess zugeordnet werden kann, ob es sich um eine benigne, malignitätsverdächtige oder maligne Läsion des Pankreas handelt, bzw. ob bei malignen Raumforderungen Zeichen der Irresektabilität (z.B. Gefäßinvasion, Fernmetastasen, Peritonealkarzinose) vorliegen. Für die Operationsindikationsstellung ergeben sich entsprechend des Malignitätspotenzials, der klinischen Symptomatik sowie des Allgemeinzustandes des Patienten die folgenden Kriterien.
21.2
a
Gutartige Pankreastumoren
D. Henne-Bruns Bezogen auf alle Tumore des Pankreas sind die benignen (sowie Borderline-) Tumore mit ca.10% selten: Nach der WHO-Klassifikation (Hamilton u. Aaltonen 2000) gehören zu den gutartigen Tumoren des exokrinen Pankreas: ▬ das seröse Zystadenom, ▬ das muzinöse Zystadenom, ▬ das intraduktal papillär muzinöse Adenom ▬ sowie das reife Teratom. Als Borderline-Tumore werden ▬ die muzinöse zystische Neoplasie mit mäßiger Dysplasie, ▬ die IPMN (intraduktales papilläres muzinöses Neoplasma) mit mäßiger Dysplasie sowie ▬ die solide-pseudopapilläre Neoplasie klassifiziert. Seröse Zystadenome sind in ca. 2/3 der Fälle im
Pankreaskorpus/-schwanzbereich lokalisiert, in 1/3 der Fälle im Kopfbereich. Die mikrozystische Variante, welche häufiger als die makrozystische Form ist, findet sich hauptsächlich bei Frauen. Zystadenome werden entweder als Zufallsbefund entdeckt oder aufgrund von unspezifischen abdominellen Beschwerden, wie Schmerzen, Übelkeit, Druckgefühl diagnostiziert (⊡ Abb. 21.1). Das maligne Entartungsrisiko ist bei diesen Tumoren minimal (Capella et al. 2000).
b
c ⊡ Abb. 21.1 a CT: seröses Zystadenom im Pankreaskorpus (mikrozystischer Tumor). b Intraoperativer Befund bei serösem Zystadenom. c Seröses Zystadenom, fixiertes Resektat
Eine Indikation zur Resektion besteht bei allen symptomatischen Tumoren. Bei kleinen Tumoren, welche als Zufallsbefund diagnostiziert werden, muss eine sichere Abgrenzung zu anderen zystischen Pankreasprozessen erfolgen, da diese ein höheres Malignitätspotenzial haben können (Verbesey u. Munson 2010).
21
252
Kapitel 21 · Indikationsstellung zur Resektion
Der Tumor kann symptomatisch (unspezifische Symptome häufig bedingt durch die Tumorgröße) oder asymptomatisch sein. Da es benigne, borderline und maligne Formen dieses Tumors gibt und eine Adenom-KarzinomSequenz vermutet wird, sollten alle muzinösen Zystadenome reseziert werden. Die IPMN (intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie) kommt bevorzugt im Pankreaskopf und Prozessus unicinatus vor. Entsprechend der Hauptlokalisation dieses Tumors unterscheidet man zwei Formen: ▬ die Hauptgang-IPMN und ▬ die Seitenast-IPMN.
21
a
b
c ⊡ Abb. 21.2 a CT: muzinöses Zystadenom des Pankreascorpus/schwanzes. b Aufgeschnittenes Resektat nach En-bloc-Resektion des linksseitigen Pankreas und der Milz. c Muzinöses Zystadenom, fixiertes Präparat
Das muzinöse Zystadenom (⊡ Abb. 21.2) und seine malignen Varianten machen ca. 2-5% aller exokrinen Pankreastumore aus. Die Neoplasie ist bevorzugt im Pankreaskorpus- und -schwanzbereich lokalisiert und weist eine Pseudokapsel auf (Zamboni et al. 2000).
Die IPMN wird häufiger bei Männern als bei Frauen beobachtet (Longecker et al. 2000). In einigen Studien wird das Geschlechterverhältnis auch als gleich angegeben. Während bei dem selteneren Seitenasttyp der Übergang in ein invasives Karzinom nur in 9-27% der Fälle (Matsumoto et al. 2003, Sugyiama et al. 2003) nachgewiesen wurde, wurde für die IPMN des Hauptganges ein invasives Wachstum in bis zu 50% beschrieben. Die Hauptgang-IPMN kann sich bis auf die Papille und den distalen Gallengang ausdehnen. Die IPMN kann vollkommen asymptomatisch sein (Zufallsbefund) oder aufgrund von Schmerzen, Gewichtsverlust, Pankreatitis oder eines Ikterus diagnostiziert werden. Da die Wahrscheinlichkeit eines invasiven Wachstums mit der Größe der Läsion zunimmt, wird die Indikation zur Resektion beim Seitenasttyp bei einer Größe von 3 cm gesehen (Furukawa et al. 2005, Tanaka et al. 2006). Bei einer IPMN des Hauptganges ist in die Indikationsstellung zusätzlich die bestehende klinische Symptomatik sowie das Wissen um die höhere Inzidenz von invasiven Karzinomen einzubeziehen, sodass auch Tumore unter 3 cm reseziert werden sollten (Hines u. Reber 2009, Woo et al. 2009). > Bei allen Resektionen wegen einer IPMN sollte der Absetzungsrand intraoperativ mittels Schnellschnitt untersucht werden bzw. frei von Gangveränderungen sein, da Rezidive bei befallenem Absetzungsrand auftreten können.
Literatur Capella C, Solcia E, Klöppel G, Hruban RH (2000) Serous cystic neoplasms of the pancreas. In: Hamilton SR, Aaltonen LA. World Health Organization Classification of Tumours. Pathology and Genetics of the Digestive System. IARC Press, Lyon, 231-233. FurukawaT, Klöppel G, Volkan Adsay N, Albores-Saavedra J, Fukushima N, Horii A, hruban RH, Kto Y, Klimstra DS, Longnecker DS, Lüttges J, Offerhaus GJ, Shimizu M,Sunamura M, Suriawinata A, Takaori K, Yonezawa S (2005) Classification of types of intraductal papillarymucinous neoplasm of the pancreas: a consensus study. Virchows Arch 447(5), 794-799.
253 21.3 · Papillenadenome
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21.3
Papillenadenome
a
b ⊡ Abb. 21.3 a Duodenostomie bei großem periampullären Adenom; Sondenplatzierung über den D. choledochus zur Papille. b Kontrollendoskopie drei Monate nach vollständiger Resektion des periampullären Adenoms und Reinsertion des D. pankreaticus (oben) und des D. choledochus (unten)
D. Henne-Bruns An der Papilla Vateri können, wenn auch insgesamt selten, verschiedene Tumorentitäten entstehen (Adenome, Karzinome, neuroendokrine Tumore, Leiomyome etc.). Die Häufigsten sind Adenome. Da bei Papillenadenomen eine Adenom-Karzinom-Sequenz nachgewiesen ist, sollten auch kleinere Tumore vollständig entfernt werden (Schorr et al. 2009). Mögliche Verfahren zur Entfernung eines Papillenadenoms sind die endoskopische Abtragung/Papillektomie, die chirurgische Resektion mittels transduodenaler Ampullektomie bzw. bei Nachweis einer malignen Entartung die partielle Duodenopankreatektomie. Tubulovillöse oder villöse Adenome <5 cm sind in Abhängigkeit von der Erfahrung des Untersuchers der endoskopischen Entfernung zugängig. Die Resektate müssen aber sorgfältig bezüglich invasiver Anteile untersucht werden. Ferner müssen durch endoskopische Nachuntersuchungen Rezidive ausgeschlossen werden bzw. der erneuten Therapie zugeführt werden (Bohnacker et al. 2005).
Große Adenome, die einer endoskopischen Entfernung nicht zugänglich sind, sowie Adenome mit hochgradigen Dysplasien/pTis können durch transduodenale Resektion entfernt werden. Bei ausgedehntem Befund ist nach Ampullektomie eine Reinsertion des Gallen- und Pankreasganges erforderlich. (⊡ Abb. 21.3) (Posner et al. 2000). Bei allen entweder in einer Biopsie oder im lokalen Resektat nachgewiesen Karzinomen ist eine Duodenopankreatektomie indiziert, wobei bei bereits lokal resezierten T1-Tumoren die Indikationsstellung zur Operation in Zusammenschau aller Risikofaktoren interdisziplinär getroffen werden sollte. Die perioperative Letalität liegt nach Duodenopankreatektomie in Zentren bei ca. 5%. Die Prognose nach dieser Operation ist anhängig vom Tumorstadium, jedoch in den meisten Studien günstiger als beim Pankreaskarzinom (Schorr et al. 2009).
21
254
21
Kapitel 21 · Indikationsstellung zur Resektion
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21.4
Bösartige Pankreastumoren
D. Henne-Bruns Der häufigste bösartige Tumor der Bauchspeicheldrüse ist das duktale Adenokarzinom und seine histologischen Varianten. Dieser Tumor macht ca. 85-90% aller Neubildungen des Pankreas aus. In ca. 2/3 der Fälle ist der Tumor im Pankreaskopfbereich, in 1/3 der Fälle im Pankreaskorpus/-schwanzbereich lokalisiert. Seltene maligne Tumorentitäten des exokrinen Pankreas sind das muzinöse nicht-zystische Karzinom, das Siegelringzellkarzinom, das adenosquamöse Karzinom, das undifferenzierte Karzinom, das Azinuszellkarzinom und weitere histologische Entitäten (Klöppel et al. 2000). Da maligne Tumore des Pankreaskorpus/-schwanzes meist erst bei organüberschreitendem Wachstum Symptome (Schmerzen) verursachen, werden sie häufig erst in einem irresektablen Tumorstadium diagnostiziert. Bei malignen Tumoren des Pankreaskopfes, welche häufig durch das Auftreten eines schmerzlosen Ikterus symptomatisch werden, liegt die Resektionsrate bei ca. 20-25%. Die Indikation zur Pankreaskopfresektion (partielle Duodenopankreatektomie) wird bei allen Tumoren gestellt, bei denen sichere Zeichen der Irresektabilität wie z.B. diffuse Metastasierung hepatisch/peritoneal, Infiltration von A. mesenterica superior und/oder Truncus coeliacus (⊡ Abb. 21.4) ausgeschlossen sind (Cascinu u. Jelic 2009). Der Nachweis einer Tumorinfiltration/Einengung der V. porta/V. mesenterica superior ist nicht per se mit Irresektabilität gleichzusetzen, da dieser Gefäßabschnitt en bloc mit reseziert werden kann (⊡ Abb. 21.4). Da die Infiltration der portal-venösen Gefäße, sofern sie histologisch bestätigt wird und nicht nur einen Kompressionseffekt darstellt, ein fortgeschrittenes Tumorstadium repräsentiert, muss im individuellen Fall geprüft werden, in wel-
chem Verhältnis das Operationsrisiko zu der erreichbaren Überlebenszeitverbesserung steht (S3-Leitlinie, Adler et al. 2007, Nakao et al. 2004). In Zentren liegt die perioperative Letalität nach partieller Duodenopankreatektomie unter 5%. > Auch wenn bei allen resektablen Pankreaskarzinomen die 5-Jahres-Überlebensrate lediglich bei 15-25% liegt, so kann die Resektion im Vergleich zur primär palliativen Therapie (z.B. Gallenwegsdrainage) eine Überlebenszeitverlängerung bewirken; zumal außer der Resektion keine potenziell kurativen Therapieansätze existieren (Nakao et al. 2004, Hines et al. 2009).
Die Indikationsstellung zur potenziell kurativen Resektion unterliegt heute aufgrund der Möglichkeiten der Narkoseführung und postoperativen Intensivtherapie keiner Altersbegrenzung, sondern ist vielmehr in Abhängigkeit von der begleitenden Komorbidität (z.B. ASA IV-Patienten) zu sehen. Bei der Laparotomie wird nach der Exploration der Bauchhöhle die Resektabilität erst definitiv zu klären sein, da eine diffuse Infiltration im Bereich der Mesenterialwurzel, eine umschriebene peritoneale Metastasierung sowie eine diffuse kleinknotige Lebermetastasierung mittels der präoperativen Diagnostik häufig nicht zu erfassen sind. Ob eine Pankreasresektion bei singulärer Lebermetastasierung durchgeführt werden soll, wird kontrovers diskutiert und ist eine individuelle Entscheidung des Operateurs, die unter der Abwägung des operativen Risikos (Erfahrung des Chirurgen) in Relation zu dem potenziellen Überlebenszeitgewinn des Patienten getroffen werden kann. In Ermangelung sonstiger effektiver Therapieoptionen wird eine Entscheidung für die Resektion im Wesentlichen bei jungen Patienten ohne Begleiterkrankungen diskutiert. Das Ausmaß der notwendigen Lymphadenektomie bzw. ihr Einfluss auf die Prognose wird ebenfalls nach wie vor kontrovers diskutiert. Da nur durch eine Lymphadenektomie im Lig. hepatoduodenale, entlang der A. hepatica und am Truncus coeliacus die definitive Tumorausbreitung histologisch verifiziert werden kann und diese mit keiner Morbiditätsratensteigerung verbunden ist, sollte sie durchgeführt werden (⊡ Abb. 21.5). Eine ausgedehnte paraaortale Lymphadenektomie ebenso wie die langstreckige, zirkumferentielle Dissektion der A. mesenterica superior erhöht hingegen die postoperative Morbidität und sollte daher m.E. nicht durchgeführt werden, zumal eine Prognoseverbesserung nicht nachgewiesen ist (Henne-Bruns u. Vogel 2002, S3-Leitlinie, Adler et al. 2007).
255 21.4 · Bösartige Pankreastumoren
a
b
c
⊡ Abb. 21.4 a CT: duktales Adenokarzinom des Pankreaskopfes mit Infiltration der V. lienalis. b Duktales Adenokarzinom des Pankreaskopfes mit Infiltration des Truncus coeliacus. c Duktales Adenokarzinom des Pankreaskopfes mit Aufstau des Pankreasganges
⊡ Abb. 21.5 Situs nach partieller Duodenopankreatektomie mit Lymphadenektomie an der A. hepatica bis zum Truncus coeliacus, Freilegung der Pfortader, partieller Lymphadenektomie entlang der A. mesenterica superior und Vorderfläche der Aorta
21
256
21
Kapitel 21 · Indikationsstellung zur Resektion
Literatur Adler G, Seufferlein T, Bischoff SC , Brambs HJ, Feuerbach S, Grabenbauer G, Hahn S, Heinemann V, Hohenberger W, Langrehr JM, Lutz MP, Micke O, Neuhaus H, Neuhaus P, Oettle H, Schlag PM, Schmid R, Schmiegel W, Schlottmann K, Werner J, Wiedenmann B, Kopp I (2007) S3-Leitlinie «Exokrines Pankreaskarzinom«. Z. Gastroenterol 45: 487-523 Cascinu S, Jelic S (2009) Pancreatic cancer: ESMO Clinical recommendations for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 20 Suppl.4: 37-40 Henne-Bruns D, Vogel I (2002) Does the extent of Lymphadenectomy have an impact on the prognosis of patients with pancreatic cancer? Onkologie (2002) 25: 69-71 Hines OJ, Reber HA (2009) Pancreatic surgery. Current Opinion in Gastroenterology 25, 460-465. Klöppel G, Hruban RH, Longnecker DS, Adler G, Kern SE, Partanen TJ (2000) Ductal adenocarcinoma oft the pancreas. In: Hamilton SR, Aaltonen LA. World Health Organization Classification of Tumours. Pathology and Genetics of the Digestive System. (2000) IARC Press, Lyon, 221-230 Longnecker DS, Adler G, Hruban RH, Klöppel G (2000) Intraductal papillary-mucinous neoplasms of the pancreas. In: Hamilton SR, Aaltonen LA. World Health Organization Classification of Tumours. Pathology and Genetics of the Digestive System IARC Press, Lyon, 237-240 Nakao A, Takeda S, Sakai M, Kaneko T, Inoue S, Sigimoto H, Kanazumi N (2004)Extended radical resection versus standard resection for pancreatic cancer. Pancreas 28 (3) 289-292.
⊡ Tab. 21.1 Resektabilität, Stadienverteilung und Prognose duktaler Pankreaskopfkarzinome, distaler Choledochuskarzinome und ampullärer Karzinome (Chirurg. Univ.-Klinik Erlangen, 1990-2004). Duktales Pankreaskopfkarzinom
Ampulläre und distale Choledochuskarzinome
Alle
461
93
Resektionen
139
82
R0
104
78
R1/R2
35
5
Exploration ohne Resektion (± GE, ± biliodig. Anastomose)
218
7
UICC I*
13
39
UICC II*
103
38
UICC III*
-
5
UICC IV*
23
1
Mediane Überlebenszeit (R0, alle)
19 Monate (n=104)
51 Monate (n=78)
5-Jahres-Überlebenszeit (R0, alle)
25,4 ± 4,7
47,4 ± 6,0
Mediane Überlebenszeit (R0, pN0, M0)
39 Monate (n=36)
72 Monate (n=41)
T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger
5-Jahres-Überlebenszeit (R0, pN0, M0)
44,0 ± 8,5
55,7 ± 8,1
> Karzinome des intrapankreatischen Gallengangs und Pankreaskarzinome der periampullären Region können aufgrund der Lokalisation und des damit verbundenen Metastasierungsmusters zusammengefasst werden. Auch unter therapeutischen Aspekten sind sie als einheitlich zu betrachten.
Mediane Überlebenszeit (R0, pN+, M0)
15 Monate (n=22)
20 Monate (n=20)
5-Jahres-Überlebenszeit (R0, pN+, M0)
13,2 ± 6,0
29,2 ± 9,2
Mediane Überlebenszeit (R1/2)
16 Monate (n=35)
28 Monate (n=5)
5-Jahres-Überlebenszeit (R1/2)
0
20,0 ± 17,9
21.5
Maligne Tumoren der intrapankreatischen Gallenwege und der Papille
Zu den Karzinomen der Ampulla Vateri zählen die Tumoren, die von der Schleimhaut der Ampulle ausgehen oder am Rand der Plica longitudinalis duodeni entstehen. Sie sind abzugrenzen vom duktalen Pankreaskopfkarzinom, vom distalen Choledochuskarzinom und vom Duodenalkarzinom, wobei eine Zuordnung zum jeweiligen Ursprung in fortgeschrittenen Stadien schwierig sein kann. Die therapeutische Strategie ist analog zu den Pankreaskopfkarzinomen und zielt auf eine kurative Resektion mittels partieller Duodenopankreatektomie einschließlich einer Dissektion der regionären Lymphknoten ab (im eigenen Vorgehen umschriebene Dissektion der in-
*Sämtliche Patienten wurden nach der aktuell gültigen UICC-Klassifikation (6. Auflage 2002) reklassifiziert. T4-Tumoren (UICC III) mit Infiltration des Truncus coeliacus bzw. der A. mesenterica sup. sind in der Regel irresektabel
teraortocavalen Lymphknoten, vollständige Dissektion des Lig. hepatoduodenale, der A. hepatica comm., des Tr. coeliacus zirkulär und mindestens dorsal und rechts der A. mesenterica sup. unter Erhalt des autonomen Nervenplexus). Eine Pylorus-erhaltende Resektion ergibt im
257 21.6 · Raumforderungen unklarer Genese, Raumforderung in Pankreatitis
Vergleich zur magenresezierenden Duodenopankreatektomie (klassische Operation nach Kausch-Whipple) keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Überlebensrate in größeren Serien. Wie beim duktalen Pankreaskopfkarzinom ist der Stellenwert einer ausgedehnten, insbesondere retroperitonealen Lymphknotendissektion nicht belegt (Riall et al. 2005). > In sehr frühen Fällen von Karzinomen der Ampulla Vateri (pT1, G1/G2, L0, R0) kann eine lokale Exzision in kurativer Absicht diskutiert werden (Klein et al. 1996). Irresektabilität besteht fast immer bei Infiltration der retroperitonealen großen Gefäße, der Mesenterialwurzel, der A. mesenterica sup. und des Tr. coeliacus. Eine Resektion der Pfortader ist sinnvoll, wenn dadurch eine R0-Situation erreichbar ist, seltener ist dies bei einer Infiltration der V. mesenterica sup. möglich. Bei Vorliegen von Fernmetastasen – am häufigsten betroffen sind Leber, Peritoneum und Lymphknoten – führt eine Resektion des Primärtumors, auch wenn technisch möglich, nicht mehr zu einer Prognoseverbesserung im Vergleich zur reinen Exploration. Bei drohender Obstruktion des Magenausgangs bzw. des Duodenums und/oder nicht suffizienter Galleableitung durch einen Stent sollte eine hintere Gastroenterostomie und/oder biliodigestive Anastomose über eine nach Roux-Y ausgeschaltete Jejunumschlinge angelegt werden. Prognostisch unterscheiden sich die Karzinome deutlich vom duktalen Pankreaskopfkarzinom (⊡ Tab. 21.1). Für ampulläre Karzinome werden 5-Jahres-Überlebensraten um 40%, für das distale Choledochuskarzinom um 25% angegeben (Bahra et al 2006, Lesurtel et al. 2006, Riall et al. 2005, Ridwelski et al. 2005).
Literatur Bahra M, Langrehr JM, Neuhaus P. (2006) Carcinomas of the distal bile duct.Chirurg Apr; 77: 335-40. Klein P, Reingruber B, Kastl S, Dworak O, Hohenberger W. (1996) Is local excision of pT1-ampullary carcinomas justified? Eur J Surg Oncol 22: 366-71. Lesurtel M, Dehni N, Tiret E, Parc R, Paye F (2006) Palliative surgery for unresectable pancreatic and periampullary cancer: a reappraisal. J Gastrointest Surg 10: 286-91 Riall TS, Cameron JL, Lillemoe KD, Campbell KA, Sauter PK, Coleman J, Abrams RA, Laheru D, Hruban RH, Yeo CJ (2005) Pancreaticoduodenectomy with or without distal gastrectomy and extended retroperitoneal lymphadenectomy for periampullary adenocarcinoma-part 3: update on 5-year-survival. J Gastrointest Surg 9: 1191-204 Ridwelski K, Meyer F, Schmidt U, Lippert H (2005) Results of surgical treatment in ampullary and pancreatic carcinoma and its prognostic parameters after R0-resection. Zentralbl Chir 130: 352-61.
21.6
Raumforderungen unklarer Genese, Raumforderung in Pankreatitis
T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger In bis zu 3% findet man bei Patienten mit Pankreaskarzinom anamnestisch eine oder mehrere Attacken einer akuten Pankreatitis. Andererseits wird bei 1-2% aller Fälle mit akuter Pankreatitis ein Pankreaskarzinom diagnostiziert, ohne dass eine weitere Ursache identifizierbar ist (Gambhill 1971, Kennedy et al. 2006, Trapnell 1971, van Gulik et al. 1999). Auch eine Koinzidenz von Pankreatitis und neuroendokrinen Tumoren wurde vereinzelt beschrieben (Shrikhande et al. 2001). Ein Zusammenhang zwischen Karzinom und Pankreatitis ist mehr als zufällig, allerdings ist die kausale Beziehung unklar (tumorbedingte intraduktale Stase, Sekretion von autodigestiven Faktoren etc.). > Patienten ohne anamnestisch klar definierbare Ursache einer akuten Pankreatitis (»idiopathische Pankreatitis«) sollten ausführlich auf das Vorliegen eines Tumors hin untersucht werden.
Die chronische Pankreatitis scheint als chronischer Entzündungsreiz mit erhöhtem Zellumsatz ähnlich der Colitis ulcerosa und der Refluxösophagitis ätiologisch von Bedeutung für das Pankreaskarzinom zu sein. Das kumulative relative Risiko beträgt insgesamt 2,7% (2% nach 10 Jahren, 5,9% nach 20 Jahren (Balthazar 2005, Lowenfels et al. 1993). ! Cave! Patienten mit einer hereditären Pankreatitis (Cowgill u. Muscarella 2003) haben ein über 80-fach erhöhtes Risiko für ein Pankreaskarzinom.
Bei chronischer Pankreatitis ist insbesondere im Verlauf immer eine qualitativ hochwertige Bildgebung indiziert. Bei einer abgrenzbaren Raumforderung besteht grundsätzlich Malignomverdacht. Mit den derzeit verfügbaren Mehrzeilen-Spiral-Computertomographen können Tumoren von 1-2 cm Größe mit einer Sensitivität von 89-97% diagnostiziert werden (Tamm et al. 2003, Vargas et al. 2004). Bei Raumforderung unklarer Dignität bei Pankreatitis ergeben sich prinzipiell drei Möglichkeiten: 1. Versuch einer histologischen Sicherung durch Punktion (perkutan mittels Sonographie oder CT, transluminal mittels Endosonographie), wobei falschnegative Ergebnisse möglich sind. 2. Verlaufskontrolle mit erneuter Bildgebung in 3 Monaten, wenn Anamnese, Klinik und Tumormarker eher für einen entzündlichen Prozess sprechen.
21
258
21
Kapitel 21 · Indikationsstellung zur Resektion
3. Chirurgische Exploration, ggf. Resektion, auch mit dem Risiko, dass es sich in 5-10% der Fälle um eine benigne Läsion handelt (van Gulik et al.1999).
⊡ Tab. 21.2 Resektabilität und Prognose endokriner Pankreastumoren (Chirurg. Univ.-Klinik Erlangen, 1978-2004), * p=0,160 N
Mediane ÜLZ (Mo.)
5-J-ÜLZ (% + SE)
Alle
68
52
44,9 + 6,4
Resektionen
52
60
50,1 + 7,2
R0, alle
39
101
58,4 + 8,2
R1/R2
13
19
25,0 + 12,5
R0, pN0
22
55
47,4 + 11,6
R0, pN+
12
215
75,0 + 12,5*
Literatur Balthazar EJ. (2005) Pancreatitis associated with pancreatic carcinoma. Preoperative diagnosis: role of CT imaging in detection and evaluation. Pancreatology 5: 330-44. Cowgill SM, Muscarella P (2003) The genetics of pancreatic cancer. Am J Surg. 186: 279-86. Gambhill EE (1971) Pancreatitis associated with pancreatic carcinoma: a study of 26 cases. Mayo Clin Proc 46: 174-7. Kennedy T, Preczewski L, Stocker SJ, Rao SM, Parsons WG, Wayne JD, Bell RH, Talamonti MS (2006) Incidence of benign inflammatory disease in patients undergoing Whipple procedure for clinically suspected carcinoma: a single-institution experience. Am J Surg 191: 437-41. Lowenfels AB, Maisonneuve P, Cavallini G, Ammann RW, Lankisch PG, Andersen JR, Dimagno EP, Andren-Sandberg A, Domellof L (1993) Pancreatitis and the risk of pancreatic cancer. International Pancreatitis Study Group. N Engl J Med 328: 1433-7 Shrikhande S, Kleeff J, Zimmermann A, Friess H, Buchler MW (2001) Co-existent chronic pancreatitis and pancreatic neuroendocrine tumor. Case report and review of the literature Pancreatology 1: 117-22. Tamm EP, Silverman PM, Charnsangavej C, Evans DB (2003) Diagnosis, staging, and surveillance of pancreatic cancer. Am J Roentgenol 180: 1311-23. Trapnell J (1971) Management of the complications of acute pancreatitis. Ann R Coll Surg Engl 49: 361-72. Van Gulik TM, Moojen TM, van Geenen R, Rauws EA, Obertop H, Gouma DJ (1999) Differential diagnosis of focal pancreatitis and pancreatic cancer. Ann Oncol 10 Suppl 4: 85-8 Van Gulik TM, Gerhards M, de Vries J, van Geenen R, de Wit LT, obertop H, Gouma DJ (1999) Local resection of biliopancreatic cancer. Ann Oncol 10 Suppl 4: 243-6. Vargas R, Nino-Murcia M, Trueblood W, Jeffrey RB Jr (2004) MDCT in pancreatic adenocarcinoma: prediction of vascular invasion and resectability using a multiphasic technique with curved planar reformations. Am J Roentgenol 182: 419-25.
21.7
Endokrine Pankreastumore
on (Insulinom, Gastrinom, Glukagonom, Vipom, Somatostatinom), Letztere sind in dieser Hinsicht »klinisch stumm«, obwohl durchaus erhöhte Hormonspiegel im Serum oder immunhistochemisch nachgewiesen werden können. Funktionell inaktive Tumoren werden aufgrund ihrer Größe, der Invasion benachbarter Organe oder durch das Auftreten von Metastasen, selten auch durch eine akute Pankreatitis manifest. > Ein Stagingsystem existiert bisher nicht. Weit akzeptiert ist das Klassifikationssystem nach Capella (1995).
Bei vergleichbarer Tumormasse unterscheidet sich die Prognose von Patienten mit nicht funktionellen Pankreastumoren nicht von der für Patienten mit funktionell aktiven (Jordan 1999, Kang et al. 2006, Schwab et al. 1997). EPT weisen häufig ein langsames Tumorwachstum, auch im metastasierten Stadium auf, Lymphknotenmetastasen sind im Gegensatz zum exokrinen Pankreaskarzinom von geringerer prognostischer Relevanz, sofern sie bei der Operation mit entfernt werden (⊡ Tab. 21.2).
Nicht-funktionelle EPT
T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger
21.7.1
Der Begriff »endokrine Pankreastumoren« ersetzt die frühere Bezeichnung »neuroendokrine Pankreastumore«. Im Vergleich zum duktalen Adenokarzinom des Pankreas sind endokrine Pankreastumoren (EPT) deutlich seltener (Inzidenz 1-2/100.000) mit einem Anteil von 1-2% aller Pankreastumoren (Frankel 2006, Plockinger u. Wiedenmann 2004). Nach klinischen Kriterien werden funktionell aktive (functioning) and inaktive (non-functioning) EPT unterschieden. Erste sind assoziiert mit einem klinischen Syndrom aufgrund einer übermäßigen Hormonsekreti-
Funktionell inaktive EPT stellen die größte Gruppe mit einem Anteil von 35-50%. Häufig wird die Diagnose erst in einem lokal fortgeschritten oder auch metastasierten Tumorstadium gestellt. Bis zu 25% werden als Inzidentalome diagnostiziert. > Die operative Entfernung ist die Therapie der Wahl. Anzustreben ist eine kurative Resektion, die die Resektion des Primärtumors, die Dissektion der regionären Lymphknoten und, falls möglich, die Resektion von Lebermetastasen umfasst.
259 21.7 · Endokrine Pankreastumore
Letztere können, sofern resektabel, ein- oder zweizeitig angegangen werden. Mit Ausnahme von sehr kleinen (<1 cm) Tumoren ohne Anhalt für eine Metastasierung kommen nur resezierende Verfahren in Betracht. Bei Lokalisation im Pankreaskopf bzw. Proc. uncinatus bedeutet dies die partielle Duodenopankreatektomie, die auch pyloruserhaltend durchgeführt werden kann. Bei Lokalisation im Pankreaskorpus/-schwanz erfolgt eine entsprechend nach rechts erweiterte Linksresektion. Das Ausmaß der Lymphknotendissektion ist nicht klar definiert, im eigenen Vorgehen wird sie analog zum duktalen Pankreaskarzinom vorgenommen. Bei inoperablen Lebermetastasen ist eine palliative Operation des Primärtumors nur bei ausgeprägten Symptomen und gutem Allgemeinzustand (Schmerzen, GIBlutung, Obstruktion) indiziert. Eine palliative Resektion von Lebermetastasen ist nicht mit einer Verlängerung der Überlebenszeit verbunden. Die 5-Jahres-Überlebenrate wird zwischen 44-63% angegeben, nach kurativer Resektion sogar länger. Bei Vorliegen von Fernmetastasen liegt sie um 38% (Dralle et al. 2004, Jarufe et al. 2005, Panzuto et al. 2005, Sarmiento et al. 2003).
21.7.2
Insulinome
> Insulinome sind überwiegend (80%) benigne Tumoren und gleichmäßig auf alle Pankreasregionen verteilt. Vor allem im Rahmen eines MEN-I Syndroms sind multiple Tumoren möglich. Die Inzidenz wird mit 0,5/Million/Jahr angegeben. Das klassische Symptom ist die Nüchtern-Hypoglykämie (<40 mg/%) bei autonomer Insulinsekretion (Doherty 2005, Grant 2005).
Die operative Entfernung ist die einzige kurative Behandlungsmethode. Das operative Vorgehen erfordert eine komplette Freilegung des Pankreas mit bimanueller Palpation, ggf. eine intraoperative hochauflösende Sonographie, da in bis zu 10% multiple Tumoren auch bei leerer Familienanamnese vorliegen. Primär wird eine parenchymsparende, möglichst lokale Exzision/Enukleation bei oberflächlicher Lage empfohlen. Bei tiefer, auch gangnaher Lokalisation sowie bei Malignitätsverdacht muss reseziert werden. Die endokrine Histologie sollte zusammen mit der kompletten Entfernung in der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung bestätigt werden. Bei multiplen Tumoren im Rahmen des familiären Auftretens bzw. MEN-1 wird die erweiterte Pankreaslinksresektion mit Enukleation einzelner Läsionen aus dem Pankreaskopf favorisiert.
Die Exzision von Insulinomen ist in 85% der Fälle kurativ. Bei malignen Insulinomen werden 5-JahresÜberlebensraten von 60% angegeben. Zur palliativ-symptomatischen Therapie Kap. 47.
21.7.3
Gastrinome
Gastrinome manifestieren sich typischerweise als Zollinger-Ellision-Syndrom (ZES) mit Hypergastrinämie, übermäßiger Säureproduktion des Magens und Ulzerationen im oberen GI-Trakt. Sporadische Gastrinome sind in 38% im Pankreas, ebenso häufig im Duodenum lokalisiert. > 80-90% der Tumoren befinden sich im sogenannten Gastrinomdreieck (Pankreaskopf/-korpus, postpylorisches Duodenum und P. descendens duodeni). In 25% der Fälle liegt ein MEN-1-Syndrom vor, dann gehäuft mit multiplen Gastrinomen, die überwiegend im Duodenum (80-90%) vorzufinden sind.
Die Operation ist die einzige kurative Option und Therapie der Wahl. Bei Patienten mit ZES finden sich bei Diagnosestellung bereits in 50% Lymphknoten- und in 10% Lebermetastasen (Farley et al. 1994, McIntyre et al. 2002, Zhang et al. 1999). Bei diffusen, häufig sehr kleinen Lebermetastasen ist eine weitere Primärtumorsuche nicht sinnvoll. Bei resektablen Befunden und gutem Allgemeinzustand sollten die Lebermetastasen ein- oder zweizeitig entfernt werden. Wie beim Insulinom wird das Pankreas komplett freilegt und palpiert. Tumoren im Pankreaskopf werden vorzugsweise enukleiert, bei Eröffnung des Pankreashauptganges mit Ableitung des Exzisionsdefektes über eine nach Roux-Y ausgeschaltete Jejunumschlinge. Bei den selteneren Tumoren im Pankreaskorpus und -schwanz wird eine Linksresektion, ggf. milzerhaltend durchgeführt ( Kap. 23.4). > Bei Multiplizität im Rahmen von MEN-1 wird eine Längsduodenotomie mit Exzision der Tumorknoten, eine Pankreaslinksresektion und regionäre Lymphknotendissektion (sog. Norman-ThompsonOperation) empfohlen, da regelhaft eine diffuse Hyperplasie der Inseln oder multiple kleine Tumoren vorhanden sind.
Bei fehlendem kurativem Ansatz kommen lokal ablative Verfahren, Biotherapie, Chemotherapie, Chemoembolisation und Radio-Rezeptor-Therapie sowie die medikamentöse Säureblockade mittels Protonenpumpeninhibitoren zur Anwendung. Letztere sollte auch nach kurativer Operation wegen der noch bestehenden Hyperplasie der Parietalzellen vorübergehend angesetzt werden (Beginn mit 60-80 mg/Tag, dann 40 mg/Tag).
21
260
21
Kapitel 21 · Indikationsstellung zur Resektion
Bei wenig aggressivem Tumorwachstum, das in etwa 75% der Fälle besteht, wird eine 10-Jahres-Überlebensrate von 96% berichtet, bei aggressivem Tumorwachstum fällt diese auf 30%. Bei lokalisierten Lebermetastasen wird eine 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von 90%, bei diffuser Metastasierung von lediglich 16% angegeben. > Patienten mit Gastrinomen im Rahmen von MEN-1 weisen eine signifikant bessere Prognose als Patienten mit sporadischem Gastrinom auf.
Die biochemische Heilungsrate mit normalisiertem Gastrinspiegel beläuft sich auf 40-70% und ist umso höher, je geringer der Anteil an Patienten mit MEN-1 ist (Delcore et al. 1988, Norton et al. 1986, Norton et al. 1992, Stabile u. Passaro 1985).
Literatur Capella C, Heitz PU, Hofler H, Solcia E, Kloppel G (1995) Revised classification of neuroendocrine tumours of the lung, pancreas and gut. Virchows Arch 425: 547-60 Delcore R Jr, Cheung LY, Friesen SR (1988) Outcome of lymph node involvment in patients with the Zollinger-Ellison syndrome. Ann Surg 208: 291-8 Doherty GM (2005) Rare endocrine tumours of the GI tract. Best Pract Res Clin Gastroenterol 19: 807-17 Dralle H, Krohn SL, Kargas W, Boehm BO, Brauckhoff M, Gimm O (2004) Surgery of resectable nonfunctioning neuroendocrine pancreatic tumors. World J Surg 28: 1248-60 Farley DR, van Heerden JA, Grant CS, Thompson GB (1994) Extrapancreatic gastrinomas. Surgical experience. Arch Surg 129: 506-11 Frankel WL (2006) Update on pancreatic endocrine tumors. Arch Pathol Lab Med 130: 963-6 Grant CS (2005) Insulinoma. Best Pract Res Clin Gastroenterol 19: 783-98 Jarufe NP, Coldham C, Orug T, Mayer AD, Mirza DF, Buckels JA, Bramhall SR (2005) Neuroendocrine tumours of the pancreas: predictors of survival after surgical treatment. Dig Surg 22: 157-62 Jordan PH Jr (1999) A personal experience with pancreatic and duodenal neuroendocrine tumors. J Am Coll Surg 189: 470-82 Kang TW, Lee KT, Ryu MK, Moon W, Lee SS, Lee SY, Hwang JY, Lee JK, HeoJS, Choi SH, Kim SH, Paik SW, Rhee JC (2006) Clinical features of neuroendocrine tumor of the pancreas: single center study. Korean J Gastroenterol 48: 112-8 McIntyre TP, Stahlfeld KR, Sell HW Jr (2002) Gastrinoma. Am J Surg 183: 666-7 Norton JA, Sugarbaker PH, Doppman JL, Wesley RA, MAton PN, Gardner JD, Jensen RT (1986) Aggressive resection of metastatic disease in selected patients with malignant gastrinoma. Ann Surg 203: 352-9. Norton JA, Doppman JL, Jensen RT (1992) Curative resection in Zollinger-Ellison syndrome. Results of a 10-year prospective study. Ann Surg 215: 8-18. Panzuto F, Nasoni S, Falconi M, Corleto VD, Capurso G, Cassetta S, DI Fonzo M, Tornatore V, Milione M, Angeletti S, CAttaruzza MS, Ziparo V, Bordi C, Pederzoli P, Delle Fave G (2005) Prognostic factors and survival in endocrine tumor patients: comparison between gastrointestinal and pancreatic localization. Endocr Relat Cancer 12: 1083-92. Plockinger U, Wiedenmann B (2004) Neuroendocrine tumours of the gastrointestinal tract. Z Gastroenterol 42: 517-27.
Sarmiento JM, Heywood G, Rubin J, Ilstrup DM, Nagorney DM, Que FG (2003) Surgical treatment of neuroendocrine metastases to the liver: a plea for resection to increase survival. J Am Coll Surg 197: 29-37. Schwab M, Knoll MR, Jentschura D, Hagmuller E (1997) Hormone inactive neuroendocrine tumors of the pancreas. Chirurg 68: 705-9. Stabile BE, Passaro E Jr (1985) Benign and malignant gastrinoma. Am J Surg 149: 144-50. Zhang T, Zhao Y, Xu X, Yang B, Cai L, Zhu Y (1999) The diagnosis and treatment of gastrinoma: report of 17 cases. Chin Med Sci J 14: 185-8.
21.8
Pankreasmetastasen
T. Meyer, C. Knorr, W. Hohenberger Die Inzidenz von isolierten Absiedlungen extrapankreatischer Primärtumoren im Pankreas ist sehr niedrig, der Nutzen einer Metastasenresektion ist schlecht definiert, da größere Serien fehlen. Überwiegend handelt es sich um Kasuistiken, wobei viele Tumoren als primäre Pankreastumoren fehldiagnostiziert und reseziert wurden. > Einheitliche Empfehlungen können nicht gegeben werden.
Selektierte Patienten mit isolierten Pankreasmetastasen können in Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Tumorentität, Tumorbiologie und Dynamik der Tumorerkrankung durchaus prognostisch von einer Resektion profitieren, unter der Voraussetzung einer kurativen Resektion ohne weitere Organmetastasen. So wurden für Nierenzellkarzinommetastasen rezidivfreie Überlebenszeiten von über 4 Jahren beschrieben (Ghavamian et al. 2000, Hiotis et al. 2002, Sellner et al. 2006, Sperti et al.
⊡ Abb. 21.6 Blutende Metastase eines malignen Melanoms im Pankreaskopf mit Einbruch in das Duodenum (Überleben nach partieller Duodenopankreatektomie >10 Jahre).
261 21.8 · Pankreasmetastasen
2003). In der eigenen Erfahrung überlebte ein Patient die partielle Duodenopankreatektomie wegen einer blutenden Metastase eines malignen Melanoms im Pankreaskopf mit Einbruch in das Duodenum rezidivfrei inzwischen mehr als 10 Jahre (⊡ Abb. 21.6). Solche individuellen Entscheidungen setzen ein ausführliches Tumorstaging voraus und sollten interdisziplinär in Zentren mit entsprechender Erfahrung in der operativen Behandlung von Pankreastumoren (niedrige Morbidität und Mortalität) getroffen werden.
Literatur Ghavamian R, Klein KA, Stephens DH, Welch TJ, LeRoy AJ, Richardson RL, Burch PA, Zincke H (2000) Renal cell carcinoma metastatic to the pancreas: clinical and radiological features. Mayo Clin Proc 75: 581-5. Hiotis SP, Klimstra DS, Conlon KC, Brennan MF (2002) Results after pancreatic resection for metastatic lesions. Ann Surg Oncol 2002; 9: 675-9. Sellner F, Tykalsky N, De Santis M, Pont J, Klimpfinger M (2006) Solitary and multiple isolated metastases of clear cell renal carcinoma to the pancreas: an indication for pancreatic surgery Ann Surg Oncol 13: 75-85. Sperti C, Pasquali C, Liessi G, Pinciroli L, Decet G, Pedrazzoli S (2003) Pancreatic resection for metastatic tumors to the pancreas. J Surg Oncol 83: 161-6.
21
22
Lagerung und Zugangswege in der Pankreaschirurgie P. Hildebrand, M. Kleemann, M. Birth
22.1
Lagerung
– 263
22.2
Zugangswege
22.2.1 Inzision – 263
– 263
263 22.2 · Zugangswege
22.1
Lagerung
Die im Kapitel 9 ausgeführten allgemeinen Aussagen zur Lagerung gelten analog auch für die Pankreaschirurgie. Die Standardlagerung bei offenen und laparoskopischen Pankreasoperationen ist die Rückenlagerung des Patienten mit ausgelagertem rechten Arm auf einem Operationstisch, der vorzugsweise eine intraoperative Röntgenuntersuchung zulässt. Durch die zusätzliche Benutzung einer Lagerungsrolle unter den unteren Thoraxbereich auf Höhe des Xiphoids zur Betonung der dorsolumbalen Lordose kann eine verbesserte Exposition der Oberbauchorgane erreicht werden (⊡ Abb. 9.1).
> Die Querinzision bietet eine exzellente Exposition des Pankreas vom Kopf bis zum Schwanz. Zugleich bietet sie pathophysiologisch unter Berücksichtigung der Bauchwandinnervation und der nachfolgenden Schmerzintensität die besten Ergebnisse. Auch bezüglich der Narbenhernieninzidenz ist sie allen medianen Laparotomieformen überlegen. Eine Kombination von Querinzision und medianer Laparotomie sollte nach Möglichkeit vermieden werden.
Bogenförmige Oberbauchquerinzision
22.2
Zugangswege
Als Alternative zur horizontalen Oberbauchquerinzision kann eine abgerundete Inzision durchgeführt werden, welche beiderseitig subcostal leicht gekrümmt bzw. dachförmig angelegt wird und ebenfalls eine gute Übersicht bietet.
22.2.1
Inzision
Längsinzision
Auch in der Pankreaschirurgie orientiert sich der Zugang am geplanten Eingriff unter gleichzeitiger Berücksichtigung einer maximalen Schonung des Patienten. Insbesondere aktuelle Untersuchungen zu Fast-TrackKonzepten (Schwenk et al. 2006) haben gezeigt, dass durch die Zugangswahl das postoperative Outcome nicht unwesentlich mitbestimmt wird. Neben der Dignität sowie Lage der Pankreasläsion und dem damit verbundenen operativen Vorgehen wird die Auswahl der Inzision auch vom Habitus des Patienten, der Größe des kostoxiphoidalen Winkels und der Tiefe des Abdomens bedingt. Im Prinzip kommen vier Inzisionstypen in Betracht: ▬ mediane Längsinzision, ▬ horizontale Oberbauchquerinzision, ▬ bogenfömige Oberbauchquerinzision, ▬ Schräginzision Subkostalschnitt links. Als Standardzugang zum Pankreas dient die quere Oberbauchlaparotomie, bei erwarteter Operationserweiterung auch die mediane Oberbauchlaparotomie, die bei Bedarf über den Nabel hinaus beliebig symphysenwärts verlängert werden kann.
Horizontale Oberbauchquerinzision/ Transversale Inzision Die supraumbilikale Querinzision läuft zwei Querfinger oberhalb des Nabels, in der Höhe der 10. bis 12. Rippe je nach Breite der unteren Thoraxöffnung, von einer Seite zur anderen. Bei Prozessen am Pankreasschwanz kann der transversale Zugang auch auf eine linksseitige Inzision beschränkt werden.
Der wesentliche Vorteil der Längsinzision besteht in der Möglichkeit der Schnitterweiterung bei unvorhergesehener Ausdehnung der Operation. Die mediane Laparotomie gilt daher insbesondere bei allen unklaren Prozessen von Kopf- und Corpus der Bauchspeicheldrüse als sinnvolle Alternative. Prozesse im Schwanzbereich sind gerade bei adipösen Patienten nur erschwert zu erreichen. Nachteilig ist auch die erhöhte Rate von Narbenhernien im Verlauf. Pararektale bzw. transrektale Längsinzisionen sollten wegen der im Kapitel 9 aufgeführten Gründe vermieden werden.
Schräginzision Die Schräginzision läuft von rechts nach links entsprechend der Pankreasachse bzw. dem Verlauf des linken Rippenbogens (subkostal) und kann alternativ für limitierte Resektionen bzw. Drainage-Operationen am distalen Pankreas gewählt werden (Guillemin 1968). Sie bietet aus unserer Sicht jedoch keine Vorteile gegenüber der Standard-Querlaparotomie.
Literatur Guillemin G (1968) Duodeno-pancreatectomie cephalique pour pancreatite chronique. Technique chirurgicale. Encycl Med Chir 46: 1 Schwenk W, Neudecker J, Raue, Hasse O, Müller JM. (2006) Fast-track« rehabilitation after rectal cancer resection. Int J Colorectal Dis 21: 547–553
22
23
Resektionsverfahren M. Birth, H.-J. Gassel, M. Ernst, K. H. Link, M. Roitman, T. Weber, M. Niedergethmann, S. Post
23.1
Papillenresektion
23.1.1 23.1.2 23.1.3 23.1.4 23.1.5 23.1.6
Einleitung – 265 Symptomatik und Diagnostik – 265 Tumorentitäten – 265 Endoskopische Papillenresektion – 266 Therapeutischer Algorithmus – 266 Technik der transduodenalen Papillenresektion
– 265
23.2
Tumorenukleation und Pankreassegmentresektion – 268
– 266
23.2.1 Tumorenukleation – 268 23.2.2 Pankreassegmentresektion – 269
23.3
Pankreaskopfresektion
– 271
23.3.1 Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion – 271 23.3.2 Partielle Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple und die partielle pyloruserhaltende Duodenopankreatomie nach Traverso-Longmire – 276
23.4
Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzresektion – 282
23.4.1 Splenektomie oder Milzerhalt – 282 23.4.2 Operationstechniken – 283 23.4.3 Pankreasstumpfverschluss – 287
23.5
Subtotale und totale Pankreatektomie – 288
23.5.1 Operatives Vorgehen – 289
265 23.1 · Papillenresektion
23.1
Papillenresektion
H.-J. Gassel
23.1.1
Einleitung
Bei der bereits 1899 von Halstaedt beschriebenen transduodenalen Papillenresektion handelt es sich um ein Verfahren zur lokalen Resektion von Tumoren im Bereich der Papilla Vateri. > Auch wenn dieses Verfahren bezüglich der Mortalitäts- und Morbiditätsraten den radikalen Resektionsverfahren wie der partiellen Duodenopankreatektomie überlegen ist, kommt die Papillenresektion unter kurativen Gesichtspunkten nur für einen Teil der benignen Entitäten wie Adenomen ohne Highgrade-Dysplasien infrage.
Nach der Entwicklung und technischen Verbesserung der endoskopischen Papillenresektion besteht diesbezüglich eine Konkurrenz zur konventionellen transduodenalen Papillenresektion. Die Indikationsstellung für die Papillenresektion ist durch die nur unzureichende Aussagekraft präoperativer diagnostischer Verfahren hinsichtlich der Dignität von Papillentumoren erschwert, sodass hierzu ein differenzierter diagnostischer und therapeutischer Algorithmus herangezogen werden muss.
23.1.2
Symptomatik und Diagnostik
Aufgrund der Lokalisation der Papillentumoren treten bereits in einem frühen Stadium Ikterus, biliäre Kolikschmerzen und Begleitpankreatitiden auf. In einem Kollektiv von 103 Patienten führten in 59% der Fälle Ikterus, Cholangitis und Schmerzen, in 18% eine Pankreatitis und in 12% eine obere gastrointestinale Blutung zur Diagnose eines Papillentumors (Catalano et al. 2004). Aufgrund der guten Prognose bei frühzeitiger Therapie ist die umgehende und konsequente Durchführung adäquater diagnostischer Schritte von großer Bedeutung. Die Standarddiagnostik bei oben genannter Symptomatik und davon unabhängig bei laborchemisch cholestatischen Veränderungen besteht aus: ▬ transabdomineller Sonographie, ▬ endoskopischer retrograder Cholangiopankreatikographie (ERCP), ▬ endoluminaler Sonographie und ▬ Magnetresonanztomographie mit Magnetresonanzcholangiopankreatikographie (MRT/MRCP).
Die Bedeutung der transabdominellen Sonografie besteht in der Darstellung einer intra- und extrahepatischen Cholestase sowie von hepatischen metastatischen Veränderungen und weniger in der Darstellung eines häufig sehr kleinen Papillentumors. Durch eine ERCP können exophytisch in das Darmlumen wachsende Tumoren zur Darstellung kommen. ! Cave! Im Rahmen einer ERCP durchgeführte Biopsien haben bezüglich der Dignitätsabklärung eine geringe Aussagekraft.
Kobayashi et al. (2006) wiesen bei 73% der Patienten mit der präoperativ bioptisch gestellten Diagnose eines Papillenadenoms nach lokal resezierenden Verfahren histologisch ein Papillenkarzinom nach. Durch eine endoskopische Papillotomie kann die Sensitivität zwar erhöht werden, übersteigt in der Literatur jedoch nicht Werte von 40% (Menzel et al. 1999). Auch die Spezifität liegt lediglich bei 45% (Bucher et al. 2007). Auf eine Biopsie aus einem Papillentumor kann daher verzichtet werden. Malignitätskriterien, z.B. Infiltration in Duodenalwand, Pankreaskopf oder Portalvene und eine intraduktale Ausdehnung eines Papillenadenoms, werden durch die endoluminale Sonographie dargestellt. In diesen Fällen kann eine vollständige endoskopische Tumorresektion nur eingeschränkt, oder gar nicht, erfolgen. Mithilfe einer MRT werden darüber hinaus eine arterielle Infiltration, eine Vergrößerung entfernterer Lymphknotenvergrößerungen und Metastasen diagnostiziert. Die MRCP bietet die Möglichkeit der nichtinvasiven Darstellung von Gallen- und Pankreasgang, was insbesondere bei nicht intubierbarer Papille zum Tragen kommt.
23.1.3
Tumorentitäten
Neoplasien der Papilla Vateri sind mit einer Inzidenz von bis zu 0,2% im Sektionsgut selten. Bei den Adenomen der Papille handelt es in 40% um tubulo-villöse, in 30% um villöse und in 10% um tubuläre Adenome. Abhängig vom Dysplasiegrad muss hier zwischen High-grade- und Low-grade-Adenomen unterschieden werden. Lipome, Leiomyome, Hämangiome, Lymphangiome, Neurinome und Karzinoide sind seltene Entitäten im Bereich der Papille. Bei der familiären Polyposis coli und dem GardnerSyndrom besteht eine Häufung von periampullär lokalisierten Adenomen. Für Papillenadenome konnte eine AdenomkarzinomSequenz nachgewiesen werden. Das höchste Entartungsrisiko besteht mit 30% für das villöse Adenom. Bei den Karzinomen wird zwischen intestinalen und pankrea-
23
266
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
tikobiliären sowie undifferenzierten Adenokarzinomen unterschieden. Hierbei zeigen die intestinalen Karzinome im Vergleich zu den anderen histologischen Typen die beste Prognose.
23
23.1.4
Endoskopische Papillenresektion
Bei fehlenden endoskopischen Malignitätskriterien und bei endosonografischem Ausschluss einer intraduktaler Ausdehnung eines Papillentumors stellt der nächste diagnostische bzw. therapeutische Schritt die vollständige endoskopische Tumorresektion dar. Hierbei erfolgt nach Tumorunterspritzung und biduktaler Sphinkterotomie sowie Stenteinlage die vollständige Abtragung mit der Diathermieschlinge. In erfahrener Hand ist dieses Verfahren in einem hohen Prozentsatz erfolgreich. Bei fehlendem intraduktalen Wachstum kann eine endoskopische Resektion in etwa 80% und bei intraduktalem Nachweis in bis zu 46% der Fälle erfolgen (Bohnacker et al. 2005). Die häufigsten Komplikationen sind postinterventionelle Pankreatitiden und Blutungen, die mit einer Häufigkeit von 5-15% bzw. 3% auftreten. Andere schwerwiegende Komplikationen wie Perforationen sind extrem selten (Bohnacker et al. 2006).
23.1.5
Therapeutischer Algorithmus
Das weitere therapeutische Vorgehen ist im Wesentlichen von dem Ergebnis der histologischen Aufarbeitung des endoskopischen Resektates und dem Allgemeinzustand sowie der Komorbidität des Patienten abhängig. In etwa 10% der endoskopischen Resektate ist mit einem Karzinomnachweis zu rechnen (Cheng et al. 2004). Schon bei einem T1-Stadium lassen sich bei Diagnosestellung bereits in bis zu 10% der Fälle Lymphknotenmetastasen nachweisen (Beger et al. 2004). Aufgrund der damit verbundenen schlechten Prognose lokaler endoskopischer und offen chirurgischer Verfahren sollte unter kurativem Ansatz, falls die Komorbidität des Patienten dies zulässt, eine Pankreaskopfresektion mit systematischer Lymphadenektomie durchgeführt werden. Abhängig vom Tumorstadium lassen sich so 5-JahresÜberlebenraten von über 70% erreichen. > Sollte ein Papillentumor endoskopisch nicht vollständig abtragbar sein, so muss aufgrund der Häufigkeit eines kleinen Karzinomes im Adenom von bis zu 40% der Fälle eine konventionelle Papillenexzision mit Schnellschnittuntersuchung durchgeführt werden.
Aufgrund der nachgewiesenen Adenomkarzinom-Sequenz und einer Redzidivrate von etwa 30% nach endoskopisch reseziertem Papillentumor (Cheng et al. 2004) gilt Gleiches für den Nachweis von hochgradigen Dysplasien in einem endoskopisch resezierten Adenom. Nur bei fehlendem Nachweis von Dysplasien ist ein endoskopisches Follow-up ausreichend. Die Entwicklung von Adenomrezidiven und von Karzinomen nach konventioneller lokaler Adenomresektion hängt im Wesentlichen von dem Dysplasiegrad ab. In einer Untersuchung von Heidecke et al. (2002) kam es nach einer Nachbeobachtungszeit von 45 Monaten in der Gruppe der Low-grade-Adenome zu keinem Rezidiv, während in der High-grade-Gruppe 58% der Patienten ein Rezidiv bzw. ein Karzinom entwickelten. Unter Berücksichtigung der Komorbidität sollte in diesen Fällen eine Pankreaskopfresektion durchgeführt werden (⊡ Abb. 23.1).
23.1.6
Technik der transduodenalen Papillenresektion
Erster Schritt der Papillenresektion ist die Mobilisation des Duodenums von lateral im Sinne eines Kocher’schen Manövers. Unter Palpation zwischen Zeigefinger und Daumen können größere Tumore im Bereich der Papille identifiziert werden. Bei unsicherer Lokalisation der Papille insbesondere nach Voroperationen in diesem Bereich kann es sinnvoll sein, vor einer Duodenotomie eine supraduodenale Choledochotomie durchzuführen, über die ein Ballonkatheter in Richtung des Duodenums eingeführt wird. Über dem palpablen Tumor bzw. über dem Katheterballon erfolgt eine längsverlaufende Duodenotomie. > Mithilfe einer über die Choledochotomie eingeführten Treppensonde oder eines von Seiten der Papille eingebrachten Ballonkatheters lässt sich die Papille unter Zug eindeutig darstellen. Die Unterspritzung der Papille mit verdünnter Adrenalinlösung kann hier zusätzlich hilfreich sein.
In einem Abstand von etwa 5 mm zum Papillentumor erfolgt die schrittweise Inzision der Duodenalmukosa und tieferer Wandschichten von lateral beginnend mit der Diathermienadel. Mittels Haltenähten an der Duodenalwand, die für die spätere Reinsertion des Ductus choledochus benutzt werden können, wird die Übersichtlichkeit zusätzlich verbessert. Bei der weiteren Exzision der Papille muss medial der Ductus pancreaticus identifiziert werden. Nach vollständiger Exzision der Papille sollte eine histologische Schnellschnittuntersuchung durchge-
267 23.1 · Papillenresektion
Papillentumor
Diagnostik
Endoskopische Exzision nicht möglich
Karzinom
Endoskopische Exzision möglich
Adenom High-grade-Dysplasie
Adenom Low-grade-Dysplasie
Adenom keine Dysplasie
Transduodenale Papillenresektion
Partielle Duodenopankreatektomie
Follow up
⊡ Abb. 23.1 Diagnostischer und therapeutischer Algorithmus zur Papillenresektion
führt werden. Bei Nachweis eines Karzinoms sollte sich, falls dies die Komorbidität des Patienten zulässt, eine partielle Duodenopankreatektomie mit Lymphadenektomie anschließen. Die Differenzierung zwischen einem High- oder Low-grade-Adenom ist in der Schnellschnittuntersuchung in der Regel nicht möglich. Mithilfe von Einzelknopfnähten bzw. der vorgelegten Haltenähte erfolgt die Reinsertion des Ductus choledochus und pancreaticus in das Duodenum. In den Ductus pancreaticus kann eine dem Lumen entsprechende Silikondrainage eingebracht und mit schnell resorbierbarem Nahtmaterial fixiert werden, um einer Heilungsstörung der Anastomose vorzubeugen. Über die Choledochotomie kann eine T-Drainage eingebracht werden. Eine simultane Cholezystektomie erfolgt zur Prävention einer Cholecystitis bei aszendierender Cholangitis wegen zerstörter Sphinkterfunktion des Sphinkter Oddi.
Literatur Beger HG, Thorab FC, Liu Z, Harada N, Rau BM. J (2004) Pathogenesis and treatment of neoplastic diseases of the papilla of Vater: Kausch-Whipple procedure with lymph node dissection in cancer of the papilla of Vater.Hepatobiliary Pancreat Surg.;11(4):232-8.
Bohnacker S, Seitz U, Nguyen D, Thonke F, Seewald S, deWeerth A, Ponnudurai R, Omar S, Soehendra N. (2005) Endoscopic resection of benign tumors of the duodenal papilla without and with intraductal growth.Gastrointest Endosc. 62(4):551-60. Bohnacker S, Soehendra N, Maguchi H, Chung JB, Howell DA. (2006) Endoscopic resection of benign tumors of the papilla of vater. Endoscopy. 38(5):521-5. Bucher P, Chassot G, Durmishi Y, Ris F, Morel P. (2007) Long-term results of surgical treatment of Vater’s ampulla neoplasms. Hepatogastroenterology. 54(76):1239-42. Catalano MF, Linder JD, Chak A, Sivak MV Jr, Raijman I, Geenen JE, Howell DA. (2004) Endoscopic management of adenoma of the major duodenal papilla. Endosc. 59(2):225-32. Cheng CL, Sherman S, Fogel EL, McHenry L, Watkins JL, Fukushima T, Howard TJ, Lazzell-Pannell L, Lehman GA. (2004) Endoscopic snare papillectomy for tumors of the duodenal papillae. Gastrointest Endosc. 60(5):757-64. Heidecke CD, Rosenberg R,Bauer M, Werner M, Weigert M, Ulm K, Roder JD, Siewert JR, (2002), Impact of Grade of Dysplasia in Villous Adenomas of Vater’s PapillaWorld J. Surg. 26, 709–714 Kobayashi A, Konishi M, Nakagohri T, Takahashi S, Kinoshita T. (2006) Therapeutic approach to tumors of the ampulla of Vater. Am J Surg. 192(2):161-4. Menzel J, Poremba C, Dietl KH, Bäcker W, Domschke W. (1999) Tumors of the papilla of Vater--inadequate diagnostic impact of endoscopic forceps biopsies taken prior to and following sphincterotomy. Ann Oncol. 10(10):1227-31.
23
268
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
23.2
Tumorenukleation und Pankreassegmentresektion
M. Ernst
23
Parenchymsparende Resektionen am Pankreas können bei Tumoren benigner Natur oder niedrigem Malignitätsgrad eingesetzt werden, um das Risiko postoperativer Folgezustände im Sinne einer endokrinen oder exokrinen Pankreasinsuffizienz zu minimieren. Voraussetzungen sind einerseits die anatomische Lokalisation der Läsion und andererseits die intraoperative histologische Sicherung der Pathologie durch Schnellschnittuntersuchung und ggf. histologischer Überprüfung der Resektionsgrenzen. Am häufigsten kommen parenchymsparende Resektionsverfahren bei serösen und muzinösen Zystadenomen, neuroendokrinen Tumoren, insbesondere bei Insulinomen und Pankreasmetastasen des Nierenzellkarzinoms zur Anwendung. Unterschieden wird zwischen Tumorenukleationen und Pankreassegmentresektionen.
23.2.1
Tumorenukleation
Die Enukleation ist eines der Standardverfahren für die Entfernung oberflächennahe gelegener neuroendokriner Pankreastumoren, insbesondere des Insulinoms. > Voraussetzung für die Anwendung der Technik ist die fehlende Beziehung des Tumors zum Pankreasgangsystem. Der Ausschluss erfolgt in der Regel durch die Anwendung der intraoperativen Sonographie (⊡ Abb. 23.2).
⊡ Abb. 23.2 Intraoperative Sonographie eines Insulinoms
Bei der konventionellen Technik erfolgt der Zugang im eigenen Vorgehen über eine beidseitige subcostale Laparotomie, aber auch die mediane Laparotomie kann angewendet werden. Bei erfolgloser präoperativer Lokalisationsdiagnostik oder multiplen Tumoren ist die Rundumfreilegung des Pankreas zur umfassenden digitalen und sonographischen Untersuchung obligat. Die Arbeitsschritte sind im Einzelnen: ▬ Mobilisierung der rechten Kolonflexur ▬ ausgiebige Mobilisation des Duodenums nach Kocher ▬ breite Eröffnung der Bursa omentalis, ggf. Ligatur und Durchtrennung der rechten gastroomentalen Gefäße ▬ Inzision des Retroperitoneums am Pankreasunterrand mit Mobilisierung von Pankreaskörper und –schwanz ▬ Inspektion und systematische bidigitale Palpation sowie Sonographie Die Eröffnung der Bursa omentalis kann durch Skelettierung des Ligamentum gastrocolicums erfolgen; im eigenen Vorgehen wird das gesamte Omentum majus vollständig vom Querkolon abgelöst, sodass Durchblutungsstörungen des Omentum majus sicher vermieden werden können. Ist die Läsion, die sich in der Regel auch durch eine dunklere Verfärbung vom umgebenden Parenchym abhebt, eindeutig lokalisiert, wird sie mit einem feinen Instrument (Spatel, Schere, Dissektor) sukzessive ausgelöst (⊡ Abb. 23.3). Die feinsten einstrahlenden Gefäße werden bipolar koaguliert oder mit feinen Titanclips versorgt; ggf. müssen auch feine Umstechungen mit monofilem Nahtmaterial (5-0) durchgeführt werden. Nach Entfernung der Läsionen erfolgt abschließend eine genaue Inspektion zum Ausschluss einer Pankreasgangverletzung. Beim Vorliegen einer Gangeröffnung muss eine formale Resektion oder bei geeigneter Lokalisation eine Pankreassegmentresektion durchgeführt werden. Bei in der Regel weichem Pankreas ist das Risiko einer postoperativen Fistel größer, sodass der Resektionsbereich ausreichend drainiert werden sollte (»Easy-flow«Drainage). Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung schließt eine Malignität aus. Hinweisend auf die benigne Natur des Insulinoms ist ein »Halo« bei der intraoperativen Sonographie. Der Erfolg der Operation kann durch einen neu entwickelten Quick Insulin Assay intraoperativ überprüft werden (Strong et al. 2007). Entsprechend der Quick-Parathormon-Untersuchung kann hier intraoperativ bei extrem kurzer Halbwertzeit des Insulins der effektive Abfall in den Normbereich bestätigt werden.
269 23.2 · Tumorenukleation und Pankreassegmentresektion
⊡ Abb. 23.4 Seröses Zystadenom Pankreashals, -korpus
⊡ Abb. 23.3 Technik der Enukleation
Aufgrund des großen Zugangstraumas mit Entfernung eines in der Regel sehr kleinen Tumors bietet sich die laparoskopische Vorgehensweise an (Langer et al. 2009). Obligate Voraussetzung sind die eindeutige präoperative Lokalisation des Tumors und die Möglichkeit zur intraoperativen laparoskopischen Sonographie (operationstechnische Aspekte Kap. 26 »Laparoskopische Pankreaschirurgie«).
23.2.2
Pankreassegmentresektion
Tumore des Pankreashalses und des proximalen Körpers (zentrale Pankreastumore) erfordern bei eindeutiger Malignität oder entsprechender Ausdehnung die Pankreaskopfresektion oder die Linksresektion mit Splenektomie. Nach diesem Schema werden auch heute noch viele gutartige oder auch Tumore mit niedrigem Malignitätsgrad reseziert. In diesen Fällen ist aber eine der Standardresektionsverfahren mit einem sehr großen Parenchymverlust und den entsprechenden Folgen sowohl hinsichtlich der postoperativen Morbidität als auch der Langzeitmorbidität behaftet. Eine gute Alternative ist die Pankreassegmentresektion, bei der der zentrale Abschnitt des Pankreas reseziert
wird. In aller Regel kann der Eingriff milzerhaltend ausgeführt werden. Geeignete histologische Formen sind ▬ das seröse Zystadenom (⊡ Abb. 23.4), ▬ das muzinöse Zystadenom, ▬ intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien (IPMNs), ▬ neuroendokrine Tumoren (Insulinome), die aufgrund ihrer Beziehung zum Pankreasgangsystem für die Enukleation nicht geeignet sind und ▬ solitäre Metastasen des Nierenzellkarzinoms. Während die rechtsseitige Resektionsebene zum Kopf hin blind verschlossen werden kann, muss der linksseitige Pankreasanteil drainiert werden. Dies kann sowohl mit einer nach Roux-Y ausgeschalteten Jejunumschlinge (Letton u. Wilson 1959) als auch mit einer Magenableitung geschehen. > Im eigenen Vorgehen wird die Ableitung in die Magenhinterwand präferiert, da es sich um ein technisch einfaches und schnelleres Verfahren handelt. Auch im internationalen Schrifttum wird diese Variante zunehmend favorisiert (Cameron u. Sandone 2007).
Operationstechnik Der Zugang erfolgt wiederum über eine beidseitige subcostale Laparotomie oder auch über eine Medianlaparotomie. Es folgt der Ausschluss weiterer Pathologien und die Freilegung des Pankreas über die Bursa omentalis. Auch bei der Pankreassegmentresektion empfiehlt sich die breitflächige Ablösung des Omentum majus vom Querkolon. Die Mobilisierung entspricht der o.g. beschriebenen Rundumfreilegung zum Ausschluss weiterer Befunde im Pankreas und zur sicheren Durchführung der Resektion. Nach der o.g. beschriebenen Rundumfreilegung des Pankreas und exakter Lokalisation des Tumors
23
270
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
23
⊡ Abb. 23.5 Intraoperativer Situs des serösen Zystadenoms
⊡ Abb. 23.6 Rekonstruktion nach Pankreassegmentresektion
(⊡ Abb. 23.5) wird die V. mesenterica superior am Unterrand dargestellt, das Pankreas in der mesenterico-portalen Achse untertunnelt und angezügelt. Unter leichter Anhebung nach vorne wird die Milzvene identifiziert und schrittweise vom Pankreas abpräpariert. Die zahlreichen feinen Venen werden jeweils skelettiert und zwischen Clips oder feinen Ligaturen durchtrennt. Die Milzarterie ist in der Regel einfacher abzulösen, aber auch hier sind mehrere Versorgungsäste des Pankreas in gleicher Weise zu versorgen. Sobald die zentrale Absetzungsebene zirkulär frei präpariert ist, kann diese durchtrennt werden. Ein Sicherheitsabstand von mindestens 2 cm zum Tumorrand sollte
eingehalten werden. Die Durchtrennung kann scharf mit dem Messer oder monopolar elektrisch erfolgen, wobei ein fischmaulförmiger Zuschnitt für die spätere Versorgung günstig ist. Der in der Regel leicht zu identifizierende Pankreasgang wird mit einer feinen monofilen Naht umstochen (3-0 oder 4-0). Als Nahtmaterial ist Prolene, aber auch PDS geeignet. Der Verschluss des zentralen Stumpfes erfolgt dann mit Einzelknopfnähten PDS 3-0 als Z-Naht oder Matratzennaht. Die Art der Stichführung hat keinen Einfluss auf die postoperative Fistelrate. Im eigenen Vorgehen erfolgt die Abtrennung mit einem linearen Stapler (Gefäßmagazin). Die Erfahrungen mit der laparoskopischen Pankreaschirurgie haben eine geringere Fistelrate unter Anwendung der Linearstapler gezeigt (Gumbs et al. 2008). Eine zusätzliche Sicherung der Klammernahtreihe kann durch bioresorbierbare Klammernahtverstärkung (z.B. Seamguard, Fa. Gore) erfolgen (Jimenez et al. 2007). Die distale Resektionsebene wird scharf durchtrennt, um die kleinen spritzenden Blutungen optimal identifizieren zu können. Diese werden jeweils mit Prolene 5-0 umstochen. Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung muss die Beurteilung des eigentlichen Tumors und der Schnittebenen einschließen. Bei Tumorbefall der proximalen Resektionsebene erfolgt die Erweiterung um eine partielle Pankreatoduodenektomie, bei Befall der distalen Resektionsebene die Erweiterung um eine Pankreaslinksresektion inkl. Splenektomie. Sollten beide Schnittränder befallen sein (z.B. bei Hauptast-IPMN) muss eine totale Pankreatektomie erfolgen. Die drainierende Ableitung des Pankreasrestes erfolgt im eigenen Vorgehen mit der Pankreatogastrostomie (⊡ Abb. 23.6). So erfolgt die Implantation in die Magenhinterwand über eine vordere Längsgastrotomie, für die Aufnahme des Pankreasstumpfes wird eine Tabaksbeutelnaht mit Vicryl 2-0 an der Hinterwand korrespondierend zur Position des Pankreasrestes vorgelegt, im Zentrum der Tabaksbeutelnaht wird inzidiert und leicht »bogiert«. > Auf eine sorgfältige bipolare Blutstillung der Magenschleimhaut ist großer Wert zu legen.
Das Pankreas sollte mindestens 1 cm in den Magen hinein ragen, dann wird die Tabaksbeutelnaht geknotet und der Pankreasrest zusätzlich mit Einzelknopfnähten Vicryl 3-0 in der Magenwand fixiert. Eine zuvor eingelegte feine Knopfsonde muss sich nach Knüpfen der Nähte problemlos entfernen lassen. Der Verschluss der Gastrotomie mit fortlaufender Naht Vicryl 2-0 beendet die Rekonstruktion. Andere Autoren verzichten auf die Gastrotomie und stülpen das Pankreas lediglich durch eine hintere Gast-
271 23.3 · Pankreaskopfresektion
rotomie ein und führen die Anastomosierung von außen durch (Gumbs u. Inabnet 2010). Auch die Pankreassegmentresektion ist aufgrund der geringen Größe des Resektats ideal für das laparoskopische Vorgehen geeignet (Gumbs u. Inabnet 2010). Zentrale Absetzungsstelle und die Pankreasanastomose sollten getrennt drainiert werden, da aufgrund der bei diesen Tumoren häufig weichen Pankreasbeschaffenheit Fisteln häufiger auftreten.
Literatur Cameron JL, Sandone C (2007) Central pancreatectomy with pancreaticogastrostomy. In: Atlas of Gastrointestinal Surgery, Vol 1, 2nd edition p 317-320, BC Decker Inc, Hamilton Gumbs AA, Gres P, Madureira F, Gayet B (2008) Laparoscopic vs. open resection of pancreatic endocrine neoplasms: Single institution’s experience over 14 years. Langenbecks Arch Surg 393: 391-395 Gumbs AA, Inabnet WB (2010) Laparoscopic pancreatic enucleation or resection for neuroendocrine tumor. In: Duh, Q.-Y.; Clark, O.H.; Kebebew, E.(ed.): Atlas of Endocrine Surgical Techniques. Saunders Elsevier, Philadelphia, p. 220-229 Jimenez RE, Mavanur A, Macaulay WP (2007) Staple line reinforcement reduces postoperative pancreatic stumo leak after distal pancreatectomy. J Gastrointest Surg 11: 345-349 Langer P, Fendrich V, Bartsch DK (2009) Minimal-invasive Resektion neuroendokriner Pankreas-tumoren. Chirurg 80: 105-112 Letton A, Wilson J (1959) Traumatic severance of pancreas treated by Roux-Y anastomosis. Surg Gynecol Obstet 109: 473-478 Strong VE, Shifrin A, Inabnet WB (2007) Rapid intraoperative insulin assay: a novel method to differentiate insulinoma from nesidioblastosis in the pediatric patient. Ann Surg Innov Res I: 6
23.3
Pankreaskopfresektion
23.3.1
Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
K. H. Link, M. Roitman, T. Weber
Einleitung Während bei den Adenokarzinomen des Bauchspeicheldrüsenkopfes die partielle Duodenopankreatektomie nach Traverso-Longmire (pyloruserhaltend) oder auch die konventionelle Resektion nach Kausch-Whipple mit regionärer Lymphdissektion der Kompartimente D1 und D2 die Methoden der Wahl sind, sollte für gutartige entzündliche Tumore des Bauchspeicheldrüsenkopfes nicht mehr das radikale Resektionsverfahren, sondern die organ- und funktionsschonende duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion (DEPKR) nach Beger gewählt wer-
den. Unter bestimmten klinischen, diagnostischen und operationstechnischen Prämissen ist die Beger-OP das Verfahren der Wahl für die kurative chirurgische Therapie der chronisch rezidivierenden Pankreatitis (CRP) mit
entzündlichen Veränderungen des Bauchspeicheldrüsenkopfes, die im langen Verlauf den Funktionsverlust der gesamten Drüse hervorrufen können.
Pathogenese, Klinik und Diagnostik der chronisch rezidivierenden Pankreatitis (CRP) Die chronisch rezidivierende Pankreatitis (CRP) ist eine Erkrankung, die aufgrund ihrer überwiegend (>80%) ethanolinduzierten Pathogenese hauptsächlich bei Männern in relativ jungem Alter (<40 Jahre) entstehen kann. Seltenere Ursachen können ein bei 1-6% der Menschen vorliegendes Pankreas divisum oder auch eine Choledocholithiasis sein. Mehr als 30% der Patienten mit CRP bilden einen entzündlichen Pankreaskopftumor aus, der aufgrund der morphologischen Veränderungen im Gangsystem und Drüsenparenchym immer wiederkehrende Entzündungsschübe unterhält, die auch den Rest der Bauchspeicheldrüse chronisch entzündlich verändern. Klinisch leiden die Patienten unter stärksten, therapieresistenten Schmerzen (gürtelförmig, Oberbauch; >80%). Der narbig-entzündliche Drüsenumbau im Kopf kann darüber hinaus zum Erstdiagnosezeitpunkt bereits zu Stenosen des (intrapankreatischen) Gallengangssegments, bei <20% der Patienten zu einengenden Veränderungen der Gefäße (V. mesenterica superior (VMS), V. portae (VP), V. lienalis (VL) oder der A. mesenterica superior (AMS) und/oder auch bei 10-15% der Fälle zur klinisch relevanten Einengung des Duodenums geführt haben (Beger et al. 1999, 2004). Mikroskopisch findet sich eine ausgedehnte Fibrosierung mit Verlust der zunächst exokrinen, dann auch der endokrinen Drüsenanteile, die mit Mikroverkalkungen sowie Zystenformationen unterschiedlicher Ausprägung einhergehen. Die sensorischen Nerven sind verdickt, weisen einen Verlust des Perineuriums und Infiltrationen von Entzündungszellen in Nervenfasern, also Korrelate zur CRP-assoziierten Neuritis, auf. Die präoperative Morbidität bei über 460 Patienten der Chirurgischen Universitätsklinik Ulm mit CRP und entzündlichem Bauchspeicheldrüsenkopftumor bestand im Wesentlichen aus abdominellen Schmerzen (91%), die gelegentlich (einmal monatlich; 12%), häufiger (43%) oder sogar täglich (46%), z.T. stark (32%), auftraten. Die endokrine Funktion war bei 51% der Patienten mit einem latenten (26%) oder insulinpflichtigen (25%) Diabetes mellitus eingeschränkt. Die exokrine Funktion, gemessen mit dem Pancreolauryltest, war bei 86% der Patienten reduziert. Die Schmerzen bestanden, teilweise auch unter konservativer Therapie, bei fast 50% der Patienten länger als 5 Jahre. Stenosen des Pankreasgangs lagen bei 37% der Patienten, des Gallengangs bei 43% und des Duodenums bei 23% (radiologisch nachgewiesen) vor. Eine Gefäßbeteiligung
23
272
23
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
hatte bei 18% der Patienten zu VP- oder VL-Thrombosen geführt. Pankreasgangsteine, Pseudozysten oder Nekroseareale waren bei 20%, 32% bzw. 9% der Patienten im Pankreas-CT zu finden. Die chronisch entzündlichen Kopfalterationen mit Gangstenosen und konsekutivem Sekretaufstau sind als Motor der chronischen Erkrankung erkannt, woraus sich die konservativen und auch die modernen chirurgischen Therapieprinzipien ableiten. Letztlich führen der Schweregrad der morphologischen Veränderungen und die dazugehörige Klinik zur Entscheidung über ein primär konservatives oder chirurgisches Vorgehen. Diese Entscheidung wird auf dem Boden einer adäquaten Diagnostik getroffen. Die morphologische Diagnosemethode der Wahl sind das Pankreasdünnschicht-CT, die abdominale Sonographie und ggf. die Endosonographie und die ERCP/MRCP. Zur Beurteilung der Funktion empfiehlt sich der Pancreolauryltest und, bei noch nicht manifestem Diabetes mellitus, der orale Glukosetoleranztest (OGTT). > Die genannten Veränderungen können über kurze oder längere Zeit zu schwerwiegenden chronischen Krankheitsbildern führen, vor allem, wenn die Patienten ihre Schmerzen und soziale Desintegration mit zusätzlichem Alkoholkonsum bekämpfen bzw. zu kompensieren suchen. Die Letalität der Erkrankung liegt unbehandelt bei 20%!
Um die klinischen Symptome zu lindern und dem vorprogrammierten Funktionsverlust oder gar dem tödlichen Ausgang der Erkrankung zuvorzukommen, besteht letztendlich bei 55-70% der CRP-Patienten eine Operationsindikation.
⊡ Abb. 23.7 Intraoperativer Situs nach Resektion des Pankreaskopfes. 1 schalenförmige Pankreaskopfresektion. 2 Duodenum. 3 gelb angezügelter Ductus choledochus. 4 V. porta. 5 V. mesenterica superior. 6 Ductus Wirsingianus mit einliegender Sonde, Halte-Nähte
Ziele der chirurgischen Therapie Die Operation zielt, sofern kein Malignomverdacht vorliegt, auf die Schmerzbeseitigung bzw. -linderung, die Kontrolle der pankreatitisassoziierten Komplikationen, die Erhaltung der exokrinen und endokrinen Funktion, die soziale und berufliche Rehabilitation und, mit allem verbunden, die Verbesserung der Lebensqualität. Hierzu wurden mehrere Operationsmethoden entwickelt. Zur Gangdrainage führt die Längsanastomose der prästenotischen Gangdilatation im Korpus mit einer nach Y-en-Roux ausgeschalteten Jejunumschlinge (PartingtonRochelle bzw. Mercadier), die zusätzliche Kopfentdeckelung mit Einschluss des Kopfganges in die Anastomose (Frey) oder auch, bei großen Zysten, die Zystojejunostomie. Bei der Beger-OP werden die zentralen Kopfanteile, der Motor der Entzündung, nach Durchtrennung des Kopf-Korpus-Überganges über der VMS/VP, reseziert (⊡ Abb. 23.7). Die verbleibende Kopfschale und das Pankreaskorpus mit (dilatiertem) D. Wirsungianus werden
mit der ausgeschalteten Jejunumschlinge anastomosiert. Bei besonderen Konstellationen können auch die Traverso-Longmire- bzw., seltenst, die Kausch-Whipple-Operation durchgeführt werden. Dies ist bei differenzialdiagnostisch nicht ausschließbarem Kopfkarzinom oder bei höchstgradiger Duodenalstenose bzw. (seltenen) großen Duodenalwandzysten erforderlich.
Durchführung der Beger-Operation Die Vorteile der Beger-OP liegen in der Beseitigung der morphologischen Entzündungsursache, des entzündlichen Kopftumors mit Entlastung umgebender Strukturen wie intrapankreatischem DHC, VMS/VP oder der behinderten Duodenalpassage sowie der Drainage des peripher dilatierten D. Wirsungianus unter Erhaltung von Magen, der Duodenalpassage, der Gallenwege sowie der Insulinsekretionskapazität. Je nach Besonderheit des morphologischen Befunds ist die Beger-OP mit geringfügigen
273 23.3 · Pankreaskopfresektion
a
b
d
c
e
⊡ Abb. 23.8 Die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion. Untertunnelung und Transsektion des Pankreas über der Pfortader (a), Rotation des Pankreaskopfes in die ventrodorsale Ebene nach Transsektion (b), subtotale Resektion des Pankreaskopfes nach Pankreaskopfrotation: die Resektion wird vom dorsalen Pankreaskopf zum Processus uncinatus und zum intrapankreatischen Choledochus geführt (c), Situs nach Entfernung des Pankreaskopfes zwischen duodenaler Pfortaderkante und intrapankreatischem Choledochussegment (d), Rekonstruktion des Pankreaskopfes mit einem Jejunuminterponat (e)
Erweiterungen sehr flexibel einzusetzen. Schematisch skizziert wird das Beger-Verfahren (Beger et al. 1997) wie in ⊡ Abb. 23.8 dargestellt ausgeführt. Nach über die Aorta nach links hinaus ausgedehnter Kocher’scher Mobilisation des Duodenums/Pankreaskopfes aus seiner entzündlichen Umgebung wird die VMS am Bauchspeicheldrüsenunterrand dargestellt und dieser Pankreasteil mit Haltefäden markiert. Leitschiene dieses Präparationsschrittes ist der rechtslaterale Ast der VMS. Anschließend werden Verwachsungen des Magens, peripylorisch zum Bauchspeisendrüsenkopf, gelöst und es erfolgt die Darstellung mit Anzügelung der Ligamentstrukturen. Die A. gastroduodenalis wird durchtrennt und monofil ligiert. Danach wird die PV am Bauchspeicheldrüsenoberrand frei präpariert, Haltefäden werden bauchspeicheldrüsenseits am VP-Kanal platziert. Analog zur Traverso-Longmire bzw. Kausch-Whipple-Operation wird nun der »Pfortader/VMS-Kanal« untertunnelt. Der darüberliegende Kopf-Korpus-Übergang wird angezügelt und rechts der VP/VMS durchtrennt. Der linksseitige D. Wirsungianus sollte steinfrei und mehr als 8 cm tief
problemlos sondierbar sein. Danach wird der Kopf von der VMS/VP mobilisiert. Dieses Manöver zielt darauf ab, den Kopf zu ventralisieren sowie in der Frontalebene nach rechts zu positionieren. Der Kopf muss schließlich mit einer Hand dorsal zu umfassen sein. Dies ist äußerst wichtig für die Blutstillung durch manuelle Kompression bei der nun vorzunehmenden Kopfresektion. Hierzu wird zunächst die häufig mit dem Kopf verbackene Wand des Duodenum-C vom Bauchspeicheldrüsenkopf abpräpariert. Danach werden zirkulär Haltenähte (3-0) angebracht. Jetzt kann der Kopf mit dem Skalpell reseziert werden, wobei zirkulär ein 7-10 mm breiter Rand als Steg für die spätere Kopfanastomose stehen bleibt. Man beginnt von duodenalseits, führt den Schnitt bogenförmig entlang der Uncinatus-Basis nach medial und markiert danach die zirkuläre Resektionsgrenze kranial zum suprapankreatischen DHC, der angezügelt gut zu erkennen ist. Schließlich ist der Kopf bis auf einen schalenförmigen Rest reseziert. Das Resektat wird inspiziert und im Schnellschnitt untersucht, nicht zuletzt um ein Malignom auszuschließen. Mit monofilen Durchstichnähten (4-0
23
274
23
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
bzw. 5-0) wird, unter digitaler Kompression, Kontrolle auf Bluttrockenheit erzielt. Anschließend wird die Korpusresektionsfläche für die Anastomose mit der nach Y-en-Roux ausgeschalteten rechts der A. colica media durch einen Mesokolonschlitz geführte Jejunumschlinge vorbereitet, indem die Verwachsungen zur VP und VL gelöst werden. Jetzt erfolgt die Pankreatikojejunostomie nach Warren-Cattell, anschließend die Kopfanastomose. Folgende Variationen sind, je nach Befund möglich: Bei irreversibler DHC Stenose im intrapankreatischen Verlauf (ca. 20% der Fälle) wird der Gallengang längs inzidiert, sodass der Gallefluss frei in die Kopfanastomose ermöglicht wird. Der ventral eröffnete DHC wird allschichtig in die inneren kranialen Nahtreihen der Jejunumschlinge einbezogen und damit offen gehalten. Falls im Bauchspeicheldrüsenkorpus der D. Wirsungianus nicht frei ist (ca. 7% der Fälle), kann das Pankreasparenchym über dem Gang keilförmig inzidiert und (zweireihig) in die Korpusanastomose (analog einer Gangdrainage nach Puestov bzw. Partington/ Rochelle) einbezogen werden. Irreversible Duodenalstenosen (bei ca. 4%) können plastisch erweitert werden.
⊡ Tab. 23.1 Pankreaskopfresektion bei chronischer Pankreatitis lokale Komplikationen nach DEPKR, 603 Patienten Komplikationen
Patienten (n)
Häufigkeiten
Pankreasfistel
20
3,3%
Anastomoseninsuffizienz der Pankreasanastomose
9
1,5%
Galleleck
3
0,5%
Intraabdominaler Abszess
17
2,8%
Intraabdominale Blutung
17
2,8%
Anastomoseninsuffizienz GI
2
0,3%
spätere GE
9
1,5%
Häufigkeit der Reoperationen
34
5,6%
Krankenhausmortaliät
5
0,82%
zusammen
5/1982-5/2000, Dept. of General Surgery, University of Ulm, Germany (Beger et al. 2004)
Ergebnisse Morbidität und Mortalität sind in ⊡ Tab. 23.1 dargestellt. Postoperativ, auch im Langzeitverlauf schmerzfrei waren 89-93% der Patienten, je nach Beobachtungsdauer (2,0-5,7 Jahre) (Beger 1999). Ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus trat nach duodenumerhaltender Pankreaskopfresektion bei 5,4-21% der operierten Patienten neu auf; dagegen kam es zu einer postoperativen Verbesserung des Glukosemetabolismus (OGTT) gegenüber der präoperativen metabolischen Situation bei 6-16% der Operierten, je nach dem Zeitpunkt der postoperativen Evaluation (Beger et al. 1999). Im Hinblick auf den sozialen Status blieben 86% im 2. und noch 63% im 6. Nachbeobachtungsjahr berufstätig. Zu diesen Zeitpunkten waren 3,6% bzw. 8,9% der Operierten verstorben (Beger et al. 1997).
Stellenwert der operativen Verfahren im chirurgischen Therapiespektrum Mittlerweile wird die Beger-OP von den interdisziplinären Leitliniengruppen der Fachgesellschaften bei OPIndikation nach Versagen der konservativen Therapiemöglichkeiten empfohlen (Mössner et al. 1998, Leitlinien Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, ⊡ Tab. 23.2). Ergebnisse randomisierter Studien im Vergleich der unterschiedlichen OP-Verfahren sind in ⊡ Tab. 23.3 zusammengefasst. Die Beger-OP kann auch hinsichtlich der geringeren Morbidität/Mortalität bei chronischer Pankreatitis mit/ ohne Pankreaskopftumor, bei Pankreas divisum sowie
⊡ Tab. 23.2 Aktuelle Empfehlungen der interdisziplinären Leitlinien der Fachgesellschaften bei chron. Pankreatitis Therapie
Empfehlung
Operation bei entzündlichem Kopftumor oder bei Komplikationen
Ja
Whipple oder Traverso-Longmire
Nein (3 Phase III-Studien: Klempa, Büchler, Izbicki)
Beger
Ja (Leitlinien)
Frey – Izbicki
Phase III
Büchler
Phase III
Andersen
Phase III
Konservativ
Nein (1 Phase III-Studie: Dite et al. 2003)
bei benignen Prozessen im Bauchspeicheldrüsenkopf, wie z.B. Zystadenome oder endokrine Tumoren, sicher sowie organ- und damit funktions-/lebensqualitätserhaltend eingesetzt werden. Mittlerweile ist belegt, dass die chronisch rezidivierende Pankreatitis zu den Präkanzerosen zählt, sodass die chirurgische Therapie des chronischen Entzündungsprozesses auch präventiv gegen die Ausbildung eines Pankreaskarzinoms gesehen werden kann (Beger u. Rau 2007).
275 23.3 · Pankreaskopfresektion
⊡ Tab. 23.3 Ergebnisse randomisierter Studien betreffend der unterschiedlichen Operationsverfahren bei chronischer Pankreatitis Operation
Ergebnisse
n
Nachuntersuchungszeitraum (Monate)
Autor
DEPKR vs. pp-Whipple
> postoperative Mortalität > Glucosestoffwechsel > Magenpassage > Rehospitalisationsrate
40
6
Büchler et al. 1995
DEPKR vs. Whipple
> postoperative Mortalität > Glucosestoffwechsel > Rehospitalisationsrate
43
3-5,5
Klempa et al. 1995
DEPKR = Frey
= Schmerzkontrolle = Glucosestoffwechsel = postoperative Mortalität < Lebensqualität
42
18
Itzbicki et al. 1995
Frey vs. pp-Whipple
> postoperative Mortalität > Magenpassage > Lebensqualität
61
24
Itzbicki et al. 1998
DEPKR vs. Whipple
> postoperative Mortalität > Erhaltung endokriner Funktion > Rehospitalisationsrate > Lebensqualität
70
34
Witzigmann et al. 2003
DEPKR Duodenum erhaltende Pankreaskopfresektion nach Beger; pp-Whipple Pylorus erhaltende partielle Duodenopankreatektomie; Whipple klassische partielle Duodenopankreatektomie; Frey Duodenum erhaltende Pankreaskopfresektion bis auf die Ebene der Gangstrukturen (D. choledochus und Wirsungianus) mit longitudinaler Pankreatikojejunostomie
Literatur Beger HG, Schoenberg MH, Link KH, Berger D (1997) Die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion – ein Standardverfahren bei chronischer Pankreatitis. Chirurg 68:874-880 Beger HG, Schlosser W, Friess HM, Buchler MW (1999) Duodenumpreserving head resection in chronic pancreatitis changes the natural course of the disease: a single-center 26-year experience. Ann Surg 230: 512-523 Beger HG, Kunz R, Poch B (2004) The Beger procedure – duodenum preserving pancreatic head resection. J Gastrointest Surg 8: 1090-97 Beger HG, Rau BM (2007) New advances in pancreatic surgery. Curr Opin Gastroenterol. 23(5): 522-34 Buchler MW, Friess H, Muller MW, Wheatley AM, Beger HG (1995) Randomized trial of duodenum-preserving pancreatic head resection versus pylorus-preserving Whipple in chronic pancreatitis. Am J Surg 169:65-70 Díte P, Ruzicka M, Zboril V, Novotný I (2003) A prospective, randomized trial comparing endoscopic and surgical therapy for chronic pancreatitis. Endoscopy Jul; 35(7): 553-8 Frey CF, Amikura K (1994) Local resection of the head of the pancreas combined with longitudinal pancreaticojejunostomy in the management of patients with chronic pancreatitis. Ann Surg 220: 492-507 Izbicki JR, Bloechle C, Broering DC, Knoefel WT, Kuechler T, Broelsch CE (1998) Extended drainage versus resection in surgery for
chronic pancreatitis: a prospective randomized trial comparing the longitudinal pancreaticojejunostomy combined with local pancreatic head exzision with the pylorus-preserving pancreatoduodenectomy. Ann Surg 228: 771-779 Izbicki JR, Bloechle C, Knoefel WT, Kuechler T, Binmoeller KF, Broelsch CE (1995) Duodenum-preserving resection of the head of the pancreas in chronic pancreatitis: a prospective randomized trial. Ann Surg 221: 350-358 Klempa I, Spatny M, Menzel J, Baca I, Nustede R, Stockmann F et al. (1995) Pancreatic function and quality of live after resection of the head of the pancreas in chronic pancreatitis: a prospective, randomized comparative study after duodenum preserving resection of the head of the pancreas versus Whipple’s operation. Chirurg 66: 350-359 Mössner J, Keim V, Niederau C, Büchler M, Singer MV, Lankisch PG, Göke B (1998) Leitlinien zur Therapie der chronischen Pankreatitis. Z Gastroenterol 36: 359-367 Witzigmann H, Max D, Uhlmann D, Geissler F, Schwarz R, Ludwig S, et al. (2003) Outcome after duodenum-preserving pancreatic head resection is improved compared with classic Whipple procedure in the treatment of chronic pancreatitis. Surgery 134: 53-62
23
276
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
23.3.2
23
Partielle Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple und partielle pyloruserhaltende Duodenopankreatomie nach Traverso-Longmire
M. Niedergethmann, S. Post
Indikation Die partielle Duodenopankreatektomie ist der Standardeingriff bei resektablen Malignomen des Pankreaskopfes, der Papille, des distalen Ductus choledochus und des Duodenums (Richter et al. 2003, Trede et al. 2001). Deutlich seltener wird diese Prozedur bei benignen Tumoren, chronischen Pankreatitiden und sog. »Dilemma«-Fällen, wenn Bildgebung und Klinik nicht sicher zwischen entzündlichem und malignem Pankreaskopftumor differenzieren können, eingesetzt (Richter et al. 2003). Prinzipiell besteht bei Malignomen oder hinreichendem Malignomverdacht die Indikation zur Pankreaskopfresektion immer dann, wenn prä- und intraoperativ zumindest die Aussicht besteht, den Tumor in toto zu resezieren und der Patient in einem für diesen Eingriff ausreichenden Allgemeinzustand ist. Bei der chirurgischen Erstvorstellung erweisen sich ca. 35% aller Pankreaskopfkarzinome als resektabel und dies lässt noch den Selektionsaspekt außer Acht, dass viele Patienten einem Chirurgen nicht vorgestellt werden (Trede et al. 2001). In einer Analyse des US-amerikanischen Tumorregister SEER (surveillance, epidemiology and end results tumor registry) zeigt sich in den letzten Jahren ein stetiger Anstieg lokaler und regionaler Krankheitsstadien, die einer Resektion zugeführt werden konnten. In der Folge führte dies zu einer signifikanten Verbesserung der 2-JahresÜberlebenszeit nach Resektion auf 46,5% bei lokal begrenztem und 28,9% bei regionalem Tumorwachstum, wobei das Jahr der Diagnosestellung sich als der wesentliche Prognosefaktor erwies (Riall et al. 2006). Die präoperative Diagnostik mittels Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) sollte einen potenziell resektablen Lokalbefund ohne arterielle Gefäßinfiltration (A. hepatica, A. mesenterica, Truncus coeliacus) und Fernmetastasierung (Leber, Lunge) nachweisen ( Kap. 4.2.3). Als Standard der CT muss eine Multi-Detektor-Spiral-CT gefordert werden, die eine exakte Gefäßdarstellung im Sinne einer CT-Angiographie und multiplanare Rekonstruktionen erlaubt (Li 2005). Auf der Basis dieser Diagnostik kann die Resektabilität zu 94% vorhergesagt werden (Karmazanovsky et al. 2005). Die MRT ist sensitiver im Nachweis peritonealer und Leberfiliae und kann in einem Untersuchungsgang auch die Morphologie der Gallen- und Pankreasgänge (MRCP,
»one-stop shopping«) klären (Trede 1997, Richter et al. 2001). Die Staging-Laparoskopie wird weiterhin kontrovers diskutiert und kann selbst in der Kombination mit laparoskopischem Ultraschall nur in 80% die Resektabilität vorhersagen ( Kap. 4.3). Die Vermeidung »unnötiger« Laparotomien wird durch dieses Verfahren nur marginal reduziert. So lag in der Serie des Johns Hopkins Hospitals der Anteil der Patienten, bei denen durch eine Laparoskopie eine Laparotomie hätte vermieden werden können, nur bei 4 von 171 Patienten mit Pankreaskopftumor (2,3%) (Barreiro et al. 2002). Persönlich führen wir eine Staging-Laparoskopie nur bei indirektem Verdacht auf eine Peritonealkarzinose durch, z.B. in der Konstellation »Aszites ohne sicheren Metastasennachweis«. Im Falle einer Infiltration großer Venen (V. mesenterica superior, V. lienalis oder V. portae) sollte die Resektion angestrebt werden, wenn nötig mit Gefäßrekonstruktion, da die präoperative Diagnostik meist nicht zwischen entzündlicher Adhäsion und Tumorinfiltration differenzieren kann (Harrison et al. 1996, Hartel et al. 2002, Trede et al. 1998, Yekebas et al. 2008). In unserem Patientengut zeigte sich statistisch kein unterschiedliches 5-Jahres-Überleben zwischen Patienten mit und ohne venöse Gefäßresektion bei gleicher Morbidität und Mortalität (Hartel et al. 2002). Die Indikation zur Resektion bei arterieller Infiltration (Truncus, A. mesenterica superior, A. hepatica) sollte zurückhaltend gestellt werden – eine Prognoseverbesserung durch die Resektion ist für diese Patienten nicht erwiesen (Hartel et al. 2002) ( Kap. 26.2). Vor allem bei ikterischen Patienten sollte die Indikationsstellung zur OP zeitnah und vor der Durchführung endoskopischer Maßnahmen erfolgen. ! Cave! Für eine präoperativ angelegte Gallenwegsdrainage (transpapillär oder perkutan-transhepatisch) besteht nach den Ergebnissen einer aktuellen prospektiv-randomisierten Studie (van der Gaag et al. 2010) und einer Metaanalyse kein Vorteil (Sewnath et al. 2002, Gurusamy et al. 2005). Aufgrund der prozedurabhängigen Komplikationen (Pankreatitis, Cholangitis) und einer erhöhten postoperativen Morbidität sollte im Falle einer Resektabilität auf diese Maßnahme verzichtet werden (van der Gaag et al. 2010, Lillemoe 1999, Povoski et al. 1999, Sewnath et al. 2002).
Nur bei Patienten mit erheblichen Sekundärkomplikationen des Ikterus (entgleiste plasmatische Gerinnung, Lebersynthesestörung, reduzierte zelluläre Abwehr), kann eine präoperative endoskopische Gallengangsdrainage erwogen werden, um Zeit zu gewinnen und eine bessere Ausgangssituation für die Operation zu schaffen.
277 23.3 · Pankreaskopfresektion
Darüber hinaus muss bei der chirurgischen Indikationsstellung die Komorbidität als wesentlicher Faktor des postoperativen Outcome berücksichtigt werden. Patienten mit schweren kardiovaskulären Begleiterkrankungen tragen ein erhöhtes Operationsrisiko, jedoch ist ein hohes Lebensalter per se keine Kontraindikation gegen die Pankreaskopfresektion. Im eigenen Krankengut machen über 70-jährige Patienten heute 40% aus (1972-1989 unter 20%) und haben bei gleicher Komplikationsrate eine zum jüngeren Patienten nicht unterschiedliche Prognose (Richter et al. 2002).
Operatives Vorgehen und technische Aspekte Die Exploration wird über eine initial nicht zu große, quere Oberbauchlaparotomie durchgeführt bis zur endgültigen Klärung der Resektabilität. Ist der Tumor resektabel, erfolgt die großzügige Erweiterung. Nach Eröffnung des Abdomens erfolgt die Palpation der Bauchhöhle und der Leber mit anschließender Kocher’scher Mobilisation des Duodenums und Eröffnung der Bursa omentalis. Es folgt die bimanuelle Palpation des Pankreaskopfes sowie der Lymphabflusswege und der großen Gefäße. Bei Erfüllung einer der folgenden Kriterien muss die Indikation zur Pankreaskopfresektion überprüft werden: ▬ Fernmetastasen (Peritoneum, Leber, große paraaortale Lymphknoten), ▬ Infiltration der Mesenterialwurzel sowie ▬ Ummauerung des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior. Suspekte Befunde sollten durch eine Biopsie und einen Schnellschnitt gesichert werden. Nicht sinnvoll ist aber die Biopsie regionärer Lymphknoten, da ihr Befall die Operationstaktik nicht beeinflusst. > Wegen möglicher Tumorzellverschleppung sowie der Gefahr falsch negativer Befunde sollte keine bioptische Sicherung des Tumors bei ausreichendem prä- und intraoperativen Verdacht durchgeführt werden.
Die En-bloc-Resektion umfasst die Entfernung des Pankreaskopfes zusammen mit dem Ductus choledochus und der Gallenblase, das Duodenum (bzw. die distale Magenhälfte bei Kausch-Whipple) mit den proximalen 5 cm des Jejunums, die peripankreatischen Lymphknoten am Lig. hepatoduodenale und rechts der A. mesenterica superior. Wenn die Indikation zur Resektion gestellt ist, wird zunächst die Cholezystektomie durchgeführt. Zur Vermeidung einer aszendierenden Cholangitis nach biliodigestiver Anastomose wird sie von den meisten Chirurgen aus funktionellen Gründen als obligat angesehen.
Hinzu kommt, dass nach Resektion der Papille eine Reservoirfunktion der Gallenblase nicht mehr möglich ist.
Pyloruserhalt (PPPD) oder klassische Kausch-Whipple-Resektion? Zur besseren Übersicht, insbesondere für die Lymphadenektomie, wird frühzeitig bei der pyloruserhaltenden Duodenopankreatektomie nach Traverso-Longmire das Duodenum ca. 2 cm postpylorisch mit einem Klammernaht-Schneidegerät abgesetzt, nachdem zuvor die Vasa gastroeploica dextra und die A. gastrica dextra ligiert und durchtrennt wurden (⊡ Abb. 23.9). Bei der klassischen Kausch-Whipple-Resektion werden darüber hinaus die distale Magenhälfte (mindestens das komplette Antrum) und die rechte Hälfte des Omentum majus reseziert. Hierzu erfolgt die Skelettierung und Durchtrennung der A. gastroepiploica dextra nicht abgangsnah, sondern großkurvaturseitig auf Höhe der Magenabsetzung. Der Magen wird mit einem Klammernaht-Schneidegerät (100 mm) abgesetzt. Der Magen (bzw. sein proximaler Rest) kann nun problemlos in den linken Oberbauch verbracht werden. Die Frage der distalen Magenresektion markiert den Unterschied zwischen der klassischen Operation nach Kausch-Whipple (⊡ Abb. 23.10a) und der pyloruserhaltenden partiellen Pankreatikoduodenektomie (PPPD) nach Traverso-Longmire (⊡ Abb. 23.10b). Bereits 1908 wurde von Walter Kausch, Berlin, die erste »onkologische« Pankreaskopfresektion durchgeführt (Kausch 1912). Der Eingriff wurde in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts durch Allen O. Whipple, New York, standardisiert (Whipple 1942). Die Pyloruserhaltung ist ebenfalls ein alter Bestandteil der Pankreaschirurgie und
Pylorus Leber
Duodenum ⊡ Abb. 23.9 Postpylorisches Absetzen des Duodenums bei PPPD mittels Klammerschneidegerät nach Ligatur der Vasa gastroepiploica dextra und der A. gastrica dextra
23
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Kapitel 23 · Resektionsverfahren
23 ⊡ Abb. 23.10 a Rekonstruktion nach KauschWhipple (2-SchlingenTechnik) b Rekonstruktion nach pyloruserhaltender partieller Pankreatikoduodenektomie nach TraversoLongmire (PPPD), einSchlingentechnik
a
wurde 1944 erstmals durch Watson (Watson 1944) beschrieben, bevor Traverso und Longmire, Los Angeles, dieses Verfahren 1978 wieder aufgriffen und es populär machten (Traverso u. Longmire 1978). Anders als bei der Kausch-Whipple-Resektion wird das Duodenum ca. 2 cm postpylorisch abgesetzt und die Passage durch eine Duodenojejunostomie rekonstruiert (⊡ Abb. 23.10). Neben der verkürzten Operationszeit durch Wegfall der distalen Magenresektion spricht für den Pyloruserhalt vor allem die annähernd »physiologische« Nahrungspassage. In der Mannheimer Serie (n=239), in der 128 klassische Resektionen gegen 111 pyloruserhaltende Resektionen verglichen wurde, zeigte sich bei Letzteren eine schnellere Gewichtszunahme postoperativ, ein insgesamt besserer postoperativer Ernährungsstatus, gemessen an Körperfett und -wassergehalt, und ein höheres Serumalbumin postoperativ, was die Theorie der annähernd physiologischen Passage und Nahrungsabsorption unterstützt (Niedergethmann et al. 2006).
Studie Die beiden prospektiv-randomisierten Studien, eine niederländische Multicenterstudie mit 170 Patienten und eine Schweizer Monocenterstudie mit 214 Patienten, konnten für die postoperative Phase keine unterschiedliche Gewichtsentwicklung herausstellen (Tran et al. 2004, Seiler et al. 2005). Es zeigte sich jedoch ein signifikanter Vorteil des Pyloruserhaltes in der Schweizer Monocenterstudie hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit nach 6 Monaten (Seiler et al. 2005).
In der Mannheimer Serie zeigten sich mit 6% bei Pyloruserhalt vs. 12% beim klassischen Whipple-Verfahren
b
weniger Magenentleerungsstörungen, als zuvor durch andere Autoren berichtet (Warshaw u. Torchiana 1985), was wir auf die antekolische Rekonstruktion mit Verlagerung der Anastomose in den Mittelbauch zurückführen (⊡ Abb. 23.11, Niedergethmann et al. 2006, Langenbecks Arch Surg). Ein weiterer Vorteil der antekolischen Rekonstruktion ist die Kompartimentierung im Falle von Abszessen infolge einer Anastomoseninsuffizienz der Pankreatikojejunostomie (Niedergethmann et al. 2004). Neben weiteren funktionellen Vorteilen (Dumping-Syndrom, Diarrhoe und dyspeptische Beschwerden) sollte auch die größere Patientenakzeptanz (»Magenerhalt«) berücksichtigt werden (Niedergethmann et al. 2006). Ein klarer Vorteil des Pyloruserhaltes ist die verkürzte Operationszeit gegenüber der Kausch-Whipple-Resektion (Tran et al. 2004, Seiler et al. 2005, Lin u. Lin 1999, Di Carlo et al. 1999, Niedergethmann et al. 2006, Diener et al. 2007). Der geringere Blutverlust und Transfusionsbedarf beim Pyloruserhalt in den Schweizer und Mannheimer Daten ist wohl eher Ausdruck dessen, das im Rahmen der KauschWhipple-Resektion häufiger erweiterte Resektionen durchgeführt werden (z.B. mit Gefäßresektion) (Seiler et al. 2005, Niedergethmann et al. 2006). Letztlich konnte weder in Studien noch in Metaanalysen ein Vorteil für das eine oder andere Verfahren hinsichtlich der postoperativen Morbidität und Mortalität gezeigt werden, weshalb diesbezüglich beide Verfahren als gleichwertig einzuschätzen sind (Diener et al. 2007, Karanicolas et al.2007, Iqbal et al. 2008). Sowohl die prospektiv-randomisierten Studien (Tran et al. 2004, Seiler et al. 2005, Lin u. Lin 1999), als auch die Monocenterserien (Di Carlo et al. 1999, Niedergethmann et al. 2006), zeigen bezüglich der onkologischen Radikalität gleichwertige Langzeit-Ergebnisse zwischen der Kausch-Whipple- und Traverso-LongmireOperation. Sowohl für das duktale Adenokarzinom als
279 23.3 · Pankreaskopfresektion
C. transversum
⊡ Abb. 23.11 Situs nach PPPD mit antekolischer Rekonstruktion (Duodenojejunostomie) und Verlagerung der Anastomose in den Mittelbauch (Ansicht von links kranial)
⊡ Tab. 23.4 Vor- und Nachteile von PPPD vs. Kausch-WhippleResektion PPPD
Kausch-Whipple
OP – Zeit
+
-
Blutverlust
+/●
●
Gesamtmorbidität
●
●
Mortalität
●
●
Hospitalisation
●
●
Magenentleerungsstörungen
+/●
+/●
Diabetes postoperativ
●
●
Exokrine Insuffizienz postoperativ
●
●
Gewichtszunahme postoperativ
+/●
●
Ernährungsstatus postoperativ
+/●
●
Arbeitsfähigkeit postoperativ
+/●
●
Medianes Überleben
●
●
5-Jahres-Überlebensrate
●
●
+ Vorteile in den meisten Studien, - Nachteile in den meisten Studien, ● gleichwertig in allen Studien, + / ● in wenigen Studien Vorteile, sonst gleichwertig
auch für Papillenkarzinome oder distale Gallengangskarzinome besteht hinsichtlich des medianen Überlebens und der 5-Jahres-Überlebensrate kein Unterschied. Die einzige Limitation der Traverso-Longmire-Operation sind anterosuperior gelegene sowie große Pankreaskopfkarzinome, die aufgrund ihrer Nähe zum Pylorus den Magenerhalt verbieten. Hier sollte immer eine Kausch-
Whipple-Resektion durchgeführt werden. Die einzigen Lymphknotenstationen, die bei der PPPD nicht entfernt werden, sind die der kleinen und großen Magenkurvatur, die nur äußert selten tumorokkupiert sind und in den hierzu vorliegenden Studien nie befallen waren (Cubilla et al. 1978, Ohta et al. 1993). Da Tumoren des Pankreaskopfes meist in das Retroperitoneum infiltrieren (Willet et al. 1993) ist die pyloruserhaltende Resektion als onkologisch gleichwertig anzusehen. Die wesentlichen Vor- und Nachteile beider Verfahren sind in ⊡ Tab. 23.4 dargestellt. Es schließt sich die Lymphadenektomie an ( Kap. 24). Beginnend vom Leberhilus wird das Lig. hepatoduodenale denudiert, sodass letztlich nur noch die A. hepatica, die V. portae und der D. choledochus verbleiben. Der Ductus hepato-choledochus sollte aus Durchblutungsgründen hilusnah, proximal der Ductus cysticus Einmündung, abgesetzt werden. Nach distal wird der Choledochus ligiert, nach proximal belassen wir den Gang eröffnet und legen einen Streifen ein. Die oft deutlich blutenden Gallengangsarterien (typischerweise bei 3 und 9 Uhr im Querschnitt) bedürfen häufig einer feinen, gezielten Umstechung mit resorbierbarem Nahtmaterial (Elektrokoagulation sollte an der Gallengangswand vermieden werden). Nach proximal werden rechter und linker Hepatikusgang sondiert. > Bei der Gallengangspräparation ist auf einen tiefen Konfluenz eines getrennt einmündenden rechtsdorsalen Gallengangs ebenso zu achten wie auf eine aberrierend verlaufende A. hepatica dextra, die dorsal des Gallengangs verläuft (26% aller Fälle) (Trede u. Carter 1997).
Die Lymphadenektomie setzt sich en bloc fort bis zum Truncus coeliacus, die A. gastroduodenalis wird in diesem Zusammenhang ligiert und abgesetzt. Eine Erweiterung der Lymphadenektomie über diesen Bereich hinaus (paraaortal, linksseitig der A. mesenterica sup.) hat keinen Effekt auf die Prognose, erhöht allerdings die Morbidität des Eingriffs (Michalski et al. 2007). Es folgt die Präparation des Pankreasunterrandes und der Mesenterialwurzel, wobei der Processus uncinatus und die V. mesenterica sup. dargestellt werden (⊡ Abb. 23.12). Die mesentericoportale Achse des Pankreaskopf/-korpusüberganges (sog. »Pankreashals«) kann nun mit einem Overholt vorsichtig unterfahren werden und mit einem Silikonzügel markiert werden. > Dieses Manöver birgt das Risiko einer Pfortaderverletzung und sollte bei unübersichtlichem Situs vermieden werden. Die Absetzung des Pankreas kann dann auch schrittweise von ventral nach dorsal auf die Venenkonfluenz durchgeführt werden.
23
280
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
3
23
2
2
1
3 1
⊡ Abb. 23.12 Darstellung des Pankreashalses (1), der A. hepatica (2), der V. mesenterica sup. (3) vor Absetzen des Pankreas (Ansicht von rechts lateral)
In diesem Zusammenhang erfolgt die nochmalige Überprüfung der R0-Resektabilität (Infiltration Pfortader / Venenkonfluenz, Mesenterialwurzel, A. mesenterica sup.). Die erste Jejunalschlinge wird diaphanoskopisch hinsichtlich ihrer Randarkade begutachtet und an geeigneter Stelle skelettiert und mit einem Klammernaht-Schneidegerät abgesetzt. Neben einer suffizienten Durchblutung sollte auf eine ausreichende Länge zur Rekonstruktion der Pankreatikojejunostomie und der Hepatikojejunostomie geachtet werden. Wir übernähen den Jejunalstumpf mit monofilem Nahtmaterial (4-0). Für den späteren retrokolischen Durchzug der Schlinge wird ein Mesokolonfenster im avaskulären Bereich, rechts von der A. colica media eröffnet. Das orale Ende der Jejunalschlinge wird nach Skelettierung bis in die Pars horizontalis duodeni und nach Ablösung vom Treitz’schen Ligament hinter der Mesenterialwurzel nach rechts paraduodenal luxiert. Der letzte Schritt der Resektion umfasst das Absetzen des Pankreashalses auf Höhe des Venenkonfluenz (bei Tumoren mit Beteiligung des Pankreaskorpus auch weiter links in Richtung auf den Pankreasschwanz). Dies kann mit dem Skalpell, aber auch mit dem Elektrokauter oder der bipolaren Schere erfolgen. Häufig wird erst zu diesem Zeitpunkt der Operation eine Veneninfiltration sichtbar (⊡ ##Kap. 26.2). Eine umschriebene Infiltration über wenige Zentimeter lässt sich durch tangentiale Ausklemmung resezieren. Der Verschluss sollte mit monofilem nichtresorbierbarem Nahtmaterial der Stärke 6-0 fortlaufend durchgeführt werden. Größere Infiltrationen oder Okklusionen der Pfortader können durch Abklemmung nach proximal und distal mit einer geraden Gefäßklemme reseziert werden. Je nach Resektionslän-
⊡ Abb. 23.13 Infiltration der Venenkonfluenz, tangentiale Resektion und Rekonstruktion mittels Venenpatch (1) (V. saphena magna, Prolene 5-0) (Ansicht von rechts lateral; (2) A. hepatica, (3) Pankreasrest)
4 3 1 2 5
⊡ Abb. 23.14 Situs nach Abschluss der Resektion mit denudierter Pfortader (1), A. hepatica (2), Absetzung A. gastroduodenalis (3), Pankreasstumpf mit D. wirsungianus (4), V. cava inferior (5) (Ansicht von rechts lateral)
ge des Segmentes kann der Defekt mittels End-zu-EndAnastomose (monofiles nichtresorbierbares Nahtmaterial, 6-0, fortlaufend), Venenpatch (z.B. V. saphena magna, ⊡ Abb. 23.13) oder durch ein Venen- (V. saphena magna oder auch V. jugularis interna) oder Kunststoffinterponat (12 mm Durchmesser) rekonstruiert werden. Eine Mobilisation der Mesenterialwurzel respektive des rechten Hemikolons ist für Venenrekonstruktionen sinnvoll und erlaubt eine spannungsfreie Anastomose. Eine Scheibe des Pankreasresektionsrandes wird mittels Skalpell abgetrennt und zur histopathologischen Schnellschnittuntersuchung übersandt. Bei mikroskopischer Infiltration
281 23.3 · Pankreaskopfresektion
sollte unbedingt eine Nachresektion des Pankreasstumpfes angestrebt werden, um eine R0-Situation zu sichern, was den wesentlichen prognostischen Marker darstellt (Richter et al. 2003). Die Schnellschnittuntersuchungen der Pankreasabsetzung und des Gallenganges sind für die Autoren in der Regel die einzige intraoperative histologische Begutachtung. Die retroperitoneale Absetzungszone (sog. »Mesopankreas«) sollte zur besseren histologischen Aufarbeitung für den Pathologen tuschemarkiert werden. Nach Entfernung des Resektates stellt sich der Situs wie in ⊡ Abb. 23.14 dar, wobei die A. hepatica und die Pfortader komplett, die A. mesenterica sup. allerdings nur rechtsseitig denudiert sind.
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23
282
23
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
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23.4
Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzresektion
M. Birth Pankreaskarzinome sind zu etwa 2/3 im Kopf lokalisiert, das weitere Drittel verteilt sich mit etwa gleicher Häufigkeit auf Korpus, Schwanz und einen multifokalen Sitz (Ghaneh et al. 2007). Anatomisch topographisch gilt dabei der linke Rand der V. mesenterica superior bzw. die Einmündung der V. lienalis in die Pfortader als Kopf-/Korpusgrenze und der linke Rand der Aorta als Korpus-/Schwanzgrenze ( Kap. 1.1). Die Nähe der operativ zu respektierenden Gefäße insbesondere in der Mesenterialwurzel erklärt die frühe Irresektabilität bei Korpuskarzinomen gegenüber einem distalen Sitz. Da Karzinome dieser Lokalisation zudem keinen Ikterus verursachen, erfolgt ihre Erkennung meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium. Entsprechend betrug in einer großen unizentrischen Studie mit 616 Patienten der Anteil an Schwanz- bzw. Korpuskarzinomen mit konsekutiver Linksresektion nur 9%. Die 1- und 5-JahresÜberlebensraten lagen in diesem Patientenkollektiv mit 50 vs. 64% und 15 vs. 17% tendenziell schlechter als nach Kopfresektionen (Sohn et al. 2000). Operationsverfahren der Wahl bei einer Tumorlokalisation im Schwanz ist die Pankreaslinksresektion oder distale Pankreatektomie. Dies gilt auch für die meisten Korpuskarzinome, da operativer Aufwand und Risiken geringer sind als bei der kephalen Pankreatikoduodenektomie. Bei kopfnaher Lokalisation ist in Einzelfällen eine erweiterte Whipple’sche Resektion vorzuziehen, wobei eine Ausdehnung der Resektionsgrenze nach links problemlos möglich ist, solange keine Infiltration der V. lienalis vorliegt. Resektion und Rekonstruktion erfolgen in die-
⊡ Abb. 23.15 Radikale Pankreaslinksresektion mit Splenektomie, Enbloc-Lymphadenektomie und Resektion der Milzgefäße bei kleinen distalem Karzinom (Pfeil)
sem Fall wie unter Abschn. 23.3. beschrieben, lediglich die längerstreckige Freipräparation der Milzvene von der dorsalen Pankreasfläche kennzeichnet den Unterschied. Besteht bereits eine Infiltration der Milzvene oder aber des Konfluens muss individuell über das Resektionsausmaß bis hin zur Pankreatektomie (s.u.) entschieden werden.
23.4.1
Splenektomie oder Milzerhalt
Die klassische Pankreaslinksresektion, wie sie 1882 durch Trendelenburg in Bonn erstmals durchgeführt wurde, beinhaltet die Mitresektion der Milzgefäße auf gleicher Länge sowie die en-bloc-Splenektomie (Witzel 1886). > Aufgrund der Radikalität der Lymphadenektomie im Milzhilus sowie der Mitnahme des perivaskulären Lymphgewebes entlang der das Pankreas begleitenden Milzgefäße wird dieses Vorgehen bei malignen Tumoren auch heute noch übereinstimmend empfohlen (⊡ Abb. 23.15) (Chromik et al. 2008).
Demgegenüber bietet die milzerhaltene Linksresektion bei gutartigen oder niedrig malignen Schwanztumoren häufig eine sinnvolle Alternative. Die Rationale für den Milzerhalt liegt v.a. in den potenziell nachteiligen Folgen
283 23.4 · Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzresektion
einer Splenektomie. Die am meisten gefürchtete Komplikation ist dabei das sogenannte OPSI-Syndrom (Overwhelming postsplenctomy infection syndrome), welches durch den Verlust der immunologischen Abwehrfunktion der Milz gegenüber bekapselten Bakterien, insbesondere Streptococcus pneumoniae, Neisseria menigitidis und Hemophilus influenzae Kapseltyp B, bedingt ist (Altamura et al. 2001, Lynch u. Kapila 1996). ! Cave! Bei einer jährlichen Inzidenz von 0,23–0,42% beträgt das Lebenszeitrisiko immerhin 5%, bei einer Mortalität des OPSI-Syndroms von 40-70% (Davidson u. Wall 2001, Chromik et al. 2008). Diese Daten sind die Grundlage für die generelle Empfehlung des Robert-Koch-Instituts zur Impfprophylaxe nach Splenektomie (RKI-Mitteilungen 2005).
Zudem existieren verschiedene Hinweise für ein erhöhtes Malignomrisiko nach nicht traumatischer Splenektomie (Cadili u. Gara 2008). Ungeklärt ist weiterhin, ob die Milzentfernung einen prognostischen Einfluss auf den onkologischen Krankheitsverlauf nach Pankreasresektion hat. Zwar dokumentieren die Daten eines umfassenden Patientenkollektivs der Arbeitsgruppe um Brennan ein signifikant vermindertes Überleben in der Gruppe mit Splenektomie (12,2 Monate) versus Milzerhalt (17,8 Monate), jedoch bleibt unklar, ob dies lediglich einem fortgeschritteneren Tumorstadium geschuldet war, welches zur Splenektomie zwang (Schwarz et al. 1999). Letztlich sind auch die erhöhte Morbidität und das gesteigerte Thromboserisiko nach Splenektomie Argumente für einen Milzerhalt.
23.4.2
Operationstechniken
Die unterschiedlichen Resektionsausmaße bzw. Operationstechniken sind in ⊡ Abb. 23.16 schematisch dargestellt. Wie bei jeder onkologischen Pankreasresektion sind nach Laparotomie zunächst intraabdominelle Fernmetastasen insbesondere am Peritoneum auszuschließen, um prognostisch sinnlose Resektionen zu vermeiden. Dies gilt umso mehr für das distale Karzinom, da im Gegensatz zum Kopfkarzinom weder Ikterus noch Duodenalstenose zum palliativen Vorgehen zwingen. Grundsätzlich werden die Pars libera des Omentum majus vom Querkolon abgetrennt und die Bursa omentalis breit eröffnet. Die Infiltration der V. lienalis peripher des Venenkonfluens stellt bezüglich der Resek-
tabilität des Pankreasschwanzes und -korpus keinerlei Einschränkung dar. Ist ein milzerhaltenes Vorgehen geplant, ist aus unserer Sicht die Technik nach Warshaw zu favorisieren. Arteria und Vena lienalis sind dazu möglichst hilusfern zu durchtrennen, unter striktem Erhalt der Vasa gastricae breves sowie der Arkade zur A. gastroepiploica sinistra (Warshaw 1988) (⊡ Abb. 23.17). Die Notwendigkeit einer sekundären Splenektomie wegen ischämischer Infarzierung scheint im einstelligen Prozentbereich zu liegen (Rodriguez et al. 2007, Pryor et al. 2007). Gegen die Warshaw-Technik spricht eine offensichtliche Begünstigung der Ausbildung von Magenfundusvarizen, wie sie in bis zu 70% der Fälle CT-morphologisch und in 20% endoskopisch nachgewiesen wurden (Miura et al. 2005). Obwohl deren Relevanz noch unklar ist, sollte insofern bei vorbestehenden Zeichen einer portalen Hypertension eher en-bloc splenektomiert werden. Tipp
I
I
Auch wenn Pankreaslinksresektionen unter Erhalt beider Milzgefäße beschrieben sind (Kimura et al. 1996), ist dieses Vorgehen in der eigenen Bewertung aufwendig, häufig unpraktikabel, onkologisch fraglich und schlicht nicht notwendig. Auch die Ergebnisse nach diesem »gefäß- und milzerhaltenen« Vorgehen konnten nicht überzeugen und zeigten höhere Fistelund Abszessraten als nach radikaler distaler Resektion inklusive Splenektomie (Benoist et al. 1999).
Verschiedene Publikationen haben neben der Machbarkeit der milzerhaltenen Pankreaslinksresektion unter anderem einen Vorteil bei Blutverlust und stationärem Aufenthalt nachgewiesen (Rodriguez et al. 2007, Shoup et al. 2002). Dies gilt insbesondere auch für das laparoskopische Vorgehen (Pryor et al. 2007, vergl. auch Kap.26). In ⊡ Tab. 23.5 sind die Daten vorliegender Publikationen, deren Kollektive, Patienten mit benignen und malignen Tumoren, inkludieren zusammengefasst. Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse in mit einer Ausnahme retrospektiven Kohortenstudien und dem Fehlen prospektiv-randomisierter Vergleiche ist das Pro und Kontra der Operationstechniken noch nicht abschließend zu bewerten (Rodriguez et al. 2007, Pryor et al. 2007, Carrere et al. 2007, Sledzianowski et al. 2005, Shoup et al. 2002, Aldridge u. Williamson 1991). Im operationstaktischen Sinn ist primär ein »distaler« oder »zentraler« Beginn möglich. Beim ersteren werden als nächste Schritte die linke Kolonflexur unter Erhalt der Gerota’schen Faszie mobilisiert und zur Splenektomie schließlich die dorsalen peritonealen Aufhängebänder der
23
23
Mal. 14,8% Ben.70,5% CP 9,8% Sonstige 4,9%
2007/ 1987-2006
2007/ 1993-2006
2006/ 1991-2003
2005/ 1991-2001
2002/ 1983-2000
Koukoutsis et al.
Kleeff et al.
Pannegeon et al.
Sledzianowski et al.
Shoup et al.
▼
Ben 33,1% Mal 34,9% CP 24,6% Sonstige 7,4%
2007/ 1990-2005
Carrere et al.
Mal. 11,2% Ben 72,0% CP 7,2% Sonstige 9,6%
Ben. + Mal. 84,4% CP 11,9% Sonstige 3,3%
Ben. 48% CP 52%
Ben. + »low grade«-Mal. 80% CP 8% Sonstige 12%
Ben. 44% Mal. 17% CP 15% Sonstige 24%
2007/ 1994-2004
Rodriguez et al.
Indikation
Jahr/ Zeitraum
Autor
15
6
175
61
46
59
193#6
125
20
79
55
160
134
29
38
38 (VSx)#3
76
49
185
350 (50-2.000) vs. 600 (50-3.250)**
k.A.
k.A.
500 (300-1.000) vs. 500 (300-1.000) n.s.
k.A.
100 (40–1.200) vs. 180 (50-1.100) n.s.
300 vs. 500***
Blutverlust Pankreas(ml) linksresektion mit Splenektomie
74 (VSx)
Milzerhaltende Pankreaslinksresektion
259
Pankreaslinksresektion
6 vs. 7***
Verweildauer (Tage)
174 (60-360) vs. 186 (60-420) n.s.
k.A.
k.A.
200 (170-267) vs. 220 (180-295) n.s.
k.A.
7 (5-26) vs. 9 (5-41)**
k.A.
k.A.
10 (8-12) vs. 11 (9-15) n.s.
k.A.
10 (7-30) 170 vs. 11 (100-350) (7-46) n.s. vs. 180 (90-300) n.s.
150 vs. 186***
Operationsdauer (min)
6 vs. 7 n.s.
16,7 vs. 9,1 n.s.
20,0 vs. 23,1 n.s.
5,1 vs. 11,2*
k.A.
7,9 vs. 13,1 n.s.
36 vs 33 n.s.#1
Fistelrate (%)
9 vs. 28** #7 2 vs. 11* #8
16,7 vs. 20,0 n.s.
41,7 (gesamt)
22,0 vs. 23,9 n.s.
15 vs. 24,1 n.s.
l vs. 1,1 (gesamt)
k.A.
6,8 vs. 6,7 n.s.
0 vs. 2,9 n.s.#5
0 vs. 7,9 n.s.
2,7 vs. 1,1 n.s.
18 vs. 25 n.s.#2
13,2 vs. 34,2*
Reoperationsrate (%)
Chirurgische Majorkomplikationsrate (%)
0 vs. 2,5 n.s.
0 vs. 3,6 n.s.
0 (gesamt)
0 vs. 0 n.s.
0 vs. 2,9 n.s.#5
0 vs. 2,6 n.s.
0 vs. 1,1 n.s.
Mortalitätsrate (%)
21#9
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
65 (6-180)
f/u
⊡ Tab. 23.5 Vergleich offene Milzerhaltende Pankreaslinksresektion (MEPL) vs. Pankreaslinksresektion mit Splenektomie (PLSx), wobei die Ergebnisse von MEPL und PLSx direkt gegenübergestellt werden (MEPL vs. PLSx) (mod. nach Chromik et al. 2008)
284 Kapitel 23 · Resektionsverfahren
1999 1992-1997
1999 1994-1997
2004-2008
Benoist et al.
Lillemoe et al.
Chromik et al.
Ben. 28,3% Mal. 44,2% CP 24,8% Sonstige 2,7%
Ben. 36% Mal. 21% CP 30% Sonstige 13%
Ben. 95% Sonstige. 5%
Indikation
15
37
21 (5 VSx)
235
113
Milzerhaltende Pankreaslinksresektion
40
Pankreaslinksresektion
566±652 vs. 952±1.411 n.s.
500±305 vs. 853±662*
92 #14
k.A.
198
25
Blutverlust Pankreas(ml) linksresektion mit Splenektomie
308±82 vs. 339±85 n.s.
15±6 vs. 18±10 n.s.
9,5 vs. 13,0 n.s.
5 (gesamt)
306±102 vs. 21±21 vs. 13±14** 276±156 n.s.
Fistelrate (%)
40 vs. 12*
Verweildauer (Tage)
19 (6-46) vs. 12 (7-45)*
k.A.
Operationsdauer (min)
19,0 vs. 37,0 n.s.
0 vs. 4,3 n.s.
6 (gesamt)
k.A.
27 vs. 4* #12
30 vs. 29 n.s.
Reoperationsrate (%)
Chirurgische Majorkomplikationsrate (%)
0 vs. 2,2 n.s.
0 vs. 1 n.s.
0 (gesamt)
Mortalitätsrate (%)
k.A.
34m #13
f/u
Ben. Benigne Tumoren, Mal. Maligne Tumoren, CP Chronische Pankreatitis (inklusive Pankreaspseudozysten), VSx Resektion der Vasa splenica, n.s. nicht signifikant, k.A. keine Angabe. Signifikanzniveaus: * p≤0,05, ** p≤0,01,*** p≤0,001 #1 Pankreasfistel assoziierte Komplikationen: Pankreasfistel, Verhalt (Amylase/Lipase haltig), Abszess, Wunddehiszenz. #2 Sonstige chirurgische Majorkomplikationen. #3 MEPL-VSx bei 38 Patienten versucht, bei 36 Patienten erfolgreich (2-mal Splenektomie bei Ischämie der Milz am Ende der OP). #4 Kein »overwhelming postsplenectomy infection (OPSI) syndrome«, keine thromboembolischen Komplikationen. Bei milzerhaltender Pankreaslinksresektion (MEPL) kein Hinweis für Spätischämie/ Hyposplenismus. #5 Bezieht sich auf 35 Patienten, davon 29-mal Pankreaslinksresektion mit Splenektomie (PLSx) und 6-mal totale Pankreatektomie mit Splenektomie. #6 Daten der 109 Patienten mit multiviszeraler Pankreaslinksresektion (mit Milzerhalt bei 12 Patienten) wurden nicht aufgeführt. #7 Bezogen auf perioperative infektiöse Komplikationen (Wundinfekt, Abszess, Pneumonie, Harnwegsinfekt etc.). #8 Bezogen auf schwere perioperative Komplikationen (Grad III-IV). #9 Kein Patient entwickelt Postsplenektomie Sepsis (medianes f/u von 21 Monaten). #10 PLSx 16-mal, davon 7 mit Autotransplantation der Milz. #11 Während f/u 1 Patient trotz Autotransplantation der Milz an OPSI verstorben. #12 Bezogen auf subphrenische Abszesse. #13 Kein Patient entwickelt Postsplenektomiesepsis (medianes f/u von 34 Monaten). #14 PLSx 92-mal, davon 22 multiviszerale Resektionen.
Jahr/ Zeitraum
Autor
⊡ Tab. 23.5 Fortsetzung
23.4 · Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzresektion 285
23
286
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
23
⊡ Abb. 23.16 Schematische Darstellung der unterschiedlichen Operationstechniken für die Pankreaslinksresektion. a Operativer Situs nach Pankreasexploration und Eröffnung der Bursa omentalis bei hochgeklapptem Magen (M). b Pankreaslinksresektion mit Splenektomie (PLSx). c Milzerhaltende Pankreaslinksresektion mit Erhalt der Vasa splenica (MEPL). d Milzerhaltende Pankreaslinksresektion mit Resektion der Vasa splenica (MEPL-VSx). Vp V. portae, Tc Truncus coelicaus, As A. splenica, Vs V. splenica, Vms V. mesenterica superior, Ams A.mesenterica superior, M Magen, Ages A. gastro-epiplocia sinistra, Aegb Aa. gastricae breves (aus Chromik et al. 2008)
Milz sowie das Ligamentum gastrolienale durchtrennt. Unter sachtem manuellen Zug an der Milz wird nun das distale Pankreas inklusive V. lienalis schrittweise aus dem Retroperitoneum, teils scharf teils stumpf, ausgelöst. Sofern die Tumorlokalisation dies zulässt, kann die Parenchymdurchtrennung distal der Einmündung der V. mesenterica inferior erfolgen, eine Ligatur und Durchtrennung selbiger sind jedoch ohne Nachteil für den Patienten jederzeit möglich. Der makroskopisch anzustrebende tumorfreie Resektionsrand beträgt dabei 2 cm. Eine histologische Bestätigung der karzinomnegativen Resektionsflächen sollte in jedem Fall per Schnellschnitt erfolgen, ggf. ist nachzuresezieren. Auf Höhe der geplanten Absetzung wird dann möglichst die Milzvene separiert und getrennt mittels Hand- oder Klammernaht versorgt. Um eine venöse Stauung des Milzparenchyms zu vermeiden, sollte
⊡ Abb. 23.17 Milzerhaltene Pankreaslinksresektion unter Mitnahme der Milzgefäße in der Technik nach Warshaw
287 23.4 · Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzresektion
zuvor die A. lienalis mindestens auf dieser Höhe, besser abgangsnah, ligiert und durchtrennt werden. Die weitere Präparation entlang des Pankreasoberrandes belässt die lokoregionären Lymphknoten en-bloc am Resektat.
23.4.3
Pankreasstumpfverschluss
Im eigenen Vorgehen werden schließlich am oberen und unteren Rand des Pankreas durchgreifende Haltenähte angelegt, die zugleich arterielle Randarkaden ligieren. Als letztes wird das Parenchym zwischen den Haltefäden fischmaulförmig durchtrennt und mit 5/0 monofiler Naht fortlaufend verschlossen (⊡ Abb. 23.18). Eine vorausgehende gezielte Umstechung des Ductus pancreaticus mit feiner nicht resorbierbarer Naht wurde zur Senkung der Fistelrate wiederholt empfohlen (Sendler u. Siewert 2006). Verschiedene alternative Verschlusstechniken inklusive enteraler Drainage in Dünndarmschlingen sind beschrieben und zeigen zugleich, dass eine in jeder Situation sichere, Fistel vermeidende Verschlusstechnik nicht existiert. Die hohe Relevanz des Vorgehens erklärt sich zum einen aus der Häufigkeit von Pankreasfisteln nach Linksresektion in bis zu 40% der Fälle inklusive deren z.T. erheblichen Folgen für betroffene Patienten (Benoist et al. 1999). Zum anderen scheint neben patientendeterminierten Faktoren (Ernährungsstatus, Malignom) und Organqualität (Fibrosegrad, lipomatöser Umbau) v.a. die operative Technik die Fistelrate zu bestimmen (Knaebel et al. 2005, DeOliveira et al. 2006). Vorliegende Studiendaten sind jedoch nicht ausreichend valide, sodass generelle Empfehlungen derzeit nicht gemacht werden können. Auch die Parenchymdurchtrennung mit einem linearen Stapler ist prinzipiell möglich, sollte aber auf ventrodorsal schlanke und weiche Pankreata beschränkt werden. Eine Metaanalyse aus dem Jahre 2005 zum Vergleich unterschiedlicher Verschlussarten nach Linksresektion ergab keinen Vorteil für ein Verfahren bei unbefriedigender Fistelrate von bis zu 30% (Knaebel et al. 2005). Aktuelle Daten dokumentieren jedoch höhere Fistelraten nach Staplerverschluss gegenüber der Handnaht, wobei eine prospektiv-randomisierte Studie (DISPACT-Trial) zu dieser Fragestellung derzeit läuft (Kleef et al. 2006, Reissfelder et al. 2007). Ebenso unbelegt ist, ob eine zusätzliche Weichteildeckung z.B. durch das Mesokolon oder Gewebeklebung das Ergebnis sichern hilft. Im eigenen Vorgehen wird der fortlaufend übernähte Pankreasstumpf mittels TachosilVlies oder Fibrin-Kleber versiegelt und anschließend eine Omentumplastik zur weiteren Deckung und Kompartimentierung auf die Resektionsfläche gelegt.
⊡ Abb. 23.18 Fischmaulförmiger Absetzungsrand vor Nahtverschluss
Beim »zentralen Zugang« wird analog zur Kopfresektion die V. mesenterica superior inclusive Venenkonfluenz präparatorisch von der dorsalen Pankreasseite mobilisiert und der Kopf-/Korpusübergang auf dieser Höhe untertunnelt. Nach zentraler Ligatur der A. lienalis wird das Pankreas wie oben beschrieben durchtrennt und versorgt sowie anschließend die V. lienalis vor Einmündung in die Pfortader abgesetzt. Die weitere Mobilisation des distalen Pankreas en-bloc mit Milz und lokalen Lymphknoten kann antegrad oder besser retrograd wie oben beschrieben unter Versorgung der V. mesenterica inferior erfolgen. Bezüglich der sich anschließenden systemischen Lymphadenektomie wird auf das Kapitel 24 verwiesen. Die Operation endet mit der Positionierung einer Drainage in die Bursa möglichst nahe an die Resektionsfläche.
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23
288
23
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
DeOliveira ML, Winter JM, Schafer M, Cunningham SC, Cameron JL, Yeo CJ, MD, Clavien PA (2006) Assessment of Complications After Pancreatic Surgery. A Novel Grading System Applied to 633 Patients Undergoing Pancreaticoduodenectomy. Ann Surg. 244(6): 931–939. Ghaneh P, Costello E, Neoptolemos JP (2007) Biology and management of pancreatic cancer, Gut 56: 1134-1152 Kimura W, Inoue T, Futakawa N, Shinkai H, Han I, Muto T (1996) Spleen-preserving distal pancreatectomy with conservation of the splenic artery and vein. Surgery Nov;120(5):885-90 Kleef J, Diener MK, Z’graggen K et al. (2006) Distal pancreatectomy: risk factors for surgical failure in 302 consecutive cases. Ann Surg 245: 573- 582 Knaebel HP, Diener MK, Wente MN, Büchler MW, Seiler CM (2005) Systematic review and metaanalysis of technique for closure of the pancreatic remnant after distal pancreatectomy (review). Br J Surg 92: 539-546 Lynch AM, Kapila R (1996) Overwhelming postsplenectomy infection. Infect Dis Clin North Am. 10(4):693-707 Miura F, Takada T, Asano T, Kenmochi T, Ochiai T, Amano H, Yoshida M (2005) Hemodynamic changes of splenogastric circulation after spleen-preserving pancreatectomy with excision of tne splenic artery and vein. Surgery 138(3):518-22 Pryor A, Means JR, Pappas TN (2007) Laparoscopic distal pancreatectomy with splenic preservation. Surg Endosc 21(12): 2326-30 Reissfelder C, Koch M, Büchler MW, Weitz J (2007) Pankreaskarzinom, Chirurg 78:1059-1072 Robert Koch-Institut (2005) Mitteilungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin, November 2005 Rodriguez JR, Madanat MG, Healy BC, Thayer SP, Warshaw AL, Fernandez-de Castillo C (2007). Distal pancreatectomy with splenic preservation revisited. Surgery 141 (5): 619-25 Schwarz RF, Harrison LE, Conlon KC, Klimstra DS, Brennan MF (1999): The impact of splenectomy on outcomes after resection of pancreatic adenocarcinoma. J Am Coll 188:516–521 Shoup M, Brennan MF, McWhite K, Leung DH, Klimstra D, Conlon KC (2002) The value of splenic preservation with distal pancreatectomy. Arch Surg137(2):164-8 Sledzianowski J, Duffas J, Muscari F, Sue B, Fourtanier F (2005): Risk factors for mortality and intra-abdominal morbidity after distal pancreatectomy. Surgery; 137:180-185 Sohn TA, Yeo, CJ, Cameron JL etal (2000) Resected adenocarcinoma of the pancreas – 616 patients: results, outcomesand prognosticindicators. J Gastrointest Surg 4:567 Witzel O (1886) Aus der Klinik des Herrn Prof. Trendelenburg. Beiträge zur Chirurgie der Bauchorgane. Dtsch Z Chir 23:326-354
23.5
Subtotale und totale Pankreatektomie
M. Birth Die Tumorausdehnung kann primär (multifokaler Sitz eines Malignoms, diffuse intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie des Hauptgangs) oder nach intraoperativem Schnellschnitt zur subtotalen oder totalen Entfernung der Bauchspeicheldrüse zwingen. Daneben hat die
Restpankreatektomie (sog. »rescue-pancreatectomy«) bei Insuffizienzen der Pankreasanastomose oder schwerer Pankreatitis des Restpankreas nach wie vor einen festen Stellenwert im Notfallmanagement zur Komplikationsbeherrschung (Büchler et al. 2003, de Castro et al. 2005) (s. auch Kap. 28). Die erste totale Pankreatektomie (TP) wurde 1942 durch Rockey durchgeführt, der Patient überlebte jedoch nur 15 Tage. Priestley nahm im gleichen Jahr wegen eines Inselzelladenoms an der Mayo-Klinik eine komplette Entfernung der Bauchspeicheldrüse vor und bewies bei Langzeitüberleben des Patienten die grundsätzliche Möglichkeit einer erfolgreichen Operation (Trede 1976). Howard berichtete 1960 über eine perioperative Letalität von 37%, sodass dieser Maximaleingriff in chirurgischen Kreisen lange nicht akzeptiert wurde (Friess et al. 2003). Später nahm das Interesse wieder zu, da man sich eine bessere Prognose und eine verminderte Komplikationsrate durch den Verzicht auf die Pankreasanastomose erhoffte. Entscheidend für die Neubewertung war jedoch die Reduktion der Letalität. Mittlerweile beträgt der Anteil totaler Drüsenentfernungen in größeren Resektionskollektiven immerhin 6% (Sohn et al. 2000). Aktuell kann das Verfahren bei der differenzierten Indikationsstellung nicht mehr völlig aus dem Repertoire der elektiven Resektion verbannt werden. Beim klassischen Adenokarzinom sollte die TP Ausnahmefällen (s.u.) vorbehalten bleiben, da sich die erwarteten Hoffnungen bezüglich einer verbesserten onkologischen Prognose nicht erfüllt haben (Ihse et al. 1996). Im Gegenteil, Morbidität und Letalität sind gegenüber Standardresektionen in den meisten Serien noch erhöht, auch wenn erfahrene Arbeitsgruppen akzeptable Ergebnisse vorweisen können (Letalität 4,8%) (Müller et al. 2006, 2007). Insbesondere der komplette Ausfall der endokrinen Pankreasfunktion (pankreopriver Diabetes) mit einem nicht selten schwer einstellbaren Blutzucker (sog. »Brittle-Diabetes«) und gefürchteten nächtlichen Hypoglykämien (gleichzeitiger Ausfall des Glukagons und pankreatischen Polypeptids) sind hierfür verantwortlich zu machen. Der instabile Blutzuckerverlauf wird durch Veränderung der physiologischen Resorbtionsverhältnisse und die exokrine Pankreasinsuffizienz weiter begünstigt. Zugleich führen zerebrale Regulationsmechanismen zu einer verminderten Adrenalinausschüttung und damit einem deletären fehlenden subjektiven Empfinden der Hypoglykämie (Tattersall 1997, Keck u. Hopt 2008). Ob derartige postoperative Komplikationen oder ein vergleichsweise fortgeschritteneres Tumorstadium für berichtete kürzere mediane Überlebensdauern verantwortlich zu machen sind, bleibt unklar (Karpoff et al. 2001).
289 23.5 · Subtotale und totale Pankreatektomie
! Cave! Ein verbleibender Residualtumor verschlechtert jedoch die Prognose so dramatisch, dass die Option der kompletten Drüsenentfernung bei erreichbarer R0-Resektion in jedem Fall ausgeschöpft werden sollte.
Durch ein entsprechend aggressives Vorgehen inklusive Gefäßresektion konnte unter randomisierten Bedingungen ein deutlicher Überlebensvorteil im Vergleich zum palliativen Doppelbypass erzielt werden. Das 2- bzw. 5-Jahres-Überlegen betrug in der Resektionsgruppe 82% bzw. 19%, während in der palliativ operierten Gruppe alle Patienten nach 2 Jahren trotz Chemotherapie verstorben waren (Lygidakis et al. 2004). Auch der positive Resektionsrand im intraoperativen Schnellschnitt kann zur Restpankreatektomie zwingen. Die Arbeitsgruppen um Cameron und Yeo konnten zeigen, dass das Überleben dadurch gegenüber einer R1-Kopfresektion signifikant zu verbessern war (Schmidt et al. 2007). Die Lebensqualität nach TP ist zwar reduziert, entspricht aber der Insulinabhängiger Diabetiker anderer Ursache (Billings et al. 2005) bzw. annähernd der von Patienten mit pyloruserhaltener Whipple-Resektion (Müller et al. 2007). Auch haben einzelne Publikationen gezeigt, dass Häufigkeit und Ausmaß des gefürchteten »Brittle-Diabetes« bei einer intensivierten Substitutionstherapie unter Einsatz moderner Verzögerungsinsuline deutlich gesenkt werden konnten (Jethwa et al. 2006). Insofern ist es nur konsequent, dass die totale Pankreatektomie eine gewisse Renaissance erlebt und insbesondere in der chirurgischen Behandlung der intraduktal papillär muzinösen Neoplasien mit diffuser Hauptgangbeteiligung bzw. bereits ausgebildeten invasiven Karzinomen auf dem Boden einer IPMN, aber auch bei neuroendokrinen Tumoren und familiären Pankreaskarzinomen zunehmend gefordert wird (Keck u. Hopt 2008). Linksresektionen, die bis an die o.g. Orientierungslinie des linken Pfortaderrandes reichen, werden als »klassisch« bezeichnet, wohingehend »erweiterte Linksresektionen« nach rechtslateral reichende Resektionen umfassen. Als »subtotale Pankreasresektion« wird eine erhebliche Ausdehnung des Standardresektionsausmaßes auf den Pankreaskopf unter Belassen eines geringen Restparenchyms verstanden. Bei der Operation nach Child handelt es sich um eine subtotale Linksresektion von bis zu 95% des Parenchyms (Friess et al. 2003). Dabei ist zu beachten, dass bei einer Unterschreitung der kritischen Restmasse von 10-20% und/oder einer erheblichen Pankreasvorschädigung schon nach subtotaler Resektion ein pankreopriver Diabetes resultieren kann. Insofern sind vor allem bei der erweiterten Whipple’schen Resektion die zusätzlichen Risiken einer Pan-
kreasanastomose bei Belassen eines nur geringfügigen Restparenchyms gegenüber dessen totaler Entfernung abzuwägen. Durch eine subtotale Linksresektion werden jedoch gegenüber der Pankreatektomie die physiologischen Passageverhältnisse belassen, wobei eine Resektion von Kopfanteilen unbedingt die Blutversorgung des Duodenums respektieren muss.
23.5.1
Operatives Vorgehen
Technisch vereint die TP klassischerweise eine Whipple’sche Operation mit einer Linksresektion inklusive Splenektomie und Lymphadenektomie entlang der A. lienalis, des Truncus coeliacus und des Abgangs der A. mesenterica superior, wobei das Pankreas nicht durchtrennt, sondern en-bloc entfernt werden sollte. Bei der Pankreatektomie und geplantem pyloruserhaltenen Vorgehen ist die V. coronaria ventriculi (V. gastrica sinistra) möglichst zu schonen, um den venösen Magenabstrom in die Pfortader zu gewährleisten. Andernfalls ist zusätzlich eine subtotale Magenresektion durchzuführen, wobei sich der verbleibende Magenanteil über die Cardiavenen in das periosophageale Venennetz drainiert. Aufgrund der bekanten Nachteile der Splenektomie propagieren einzelne Autoren auch einen Milzerhalt bei der totalen Pankreatektomie, ohne dass valide Vergleichsdaten vorliegen (Keck u. Hopt 2008). Dieses darf jedoch keinesfalls mit einem onkologischen Kompromiss einhergehen, sodass eine TP wegen Malignom zumeist die Splenektomie inkludieren wird. Die für die chronische Pankreatitis beschriebene »duodenumerhaltene TP« spielt aufgrund der eingeschränkten Radikalität für onkologische Indikationen keine Rolle, zumal sie ihren Überlegenheitsnachweis noch schuldig blieb (Alexakis et al. 2003). Bei benignen oder low-grade-Neoplasien bildet die isolierte Pankreaskorpusresektion (Pankreassegmentresektion, middle pancreatectomy) eine gute Alternative zu den erweiterten Resektionen. Die Arbeitsgruppe um Warshaw und Fernandez-de Castillo aus Boston konnte zeigen, dass sie trotz des operationstechnisch hohen Anspruchs mit gleicher Morbidität wie erweiterte Linksresektionen (Fistelrate Grad B/C: 17 vs. 13%) durchführbar sind. Dabei war die postoperative endokrine (4 vs. 38%) als auch exokrine (5 vs. 15,6%) Insuffizienzrate signifikant geringer (Crippa et al. 2007).
Literatur Alexakis N, Ghaneh P, Connor S, et al. (2003). Duodenum- and spleenpreserving total pancreatectomy for end-stage chronic pancreatitis. Br J Surg 90: 1401-1408
23
290
23
Kapitel 23 · Resektionsverfahren
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24
Lymphadenektomie in der Pankreaschirurgie A. Rehders, M. Peiper, W.T. Knoefel
24.1
Anatomische Grundlagen und Einteilung der Lymphknotenstationen – 292
24.2
Ausmaß der Lymphadenektomie – 293
24.3
Wertigkeit einer erweiterten Lymphadenektomie – 294
292
24
Kapitel 24 · Lymphadenektomie in der Pankreaschirurgie
Das Pankreaskarzinom ist ein aggressiver Tumor, der zu einer frühzeitigen lymphogenen Dissemination neigt. Zum Operationszeitpunkt weisen über 50% der Patienten bereits makroskopische Lymphknotenmetastasen auf (Nagakawa et al. 1996). Neben klinisch pathologischen Merkmalen wie Tumorlokalisation, Durchmesser, DNAGehalt, Infiltration von Gefäßen und Perineuralscheiden, ist das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen ein etablierter prognostischer Indikator (Geer et al. 1993). Das primäre Ziel einer onkologischen Pankreasresektion ist die vollständige Entfernung allen Tumors im Gesunden. Eine Pankreasresektion unter Hinterlassung residualer Tumoranteile (R1/2) bewirkt keinen Überlebensvorteil im Vergleich zu einer primär palliativen Operation (Wagner et al. 2004). Somit ist der behandelnde Chirurg, neben tumorbiologischen Parametern, ein entscheidendes prognostisches Kriterium. Das Pankreaskarzinom weist trotz operativer Therapie in kurativer Intention einen überraschend hohen Anteil lokoregionärer Rezidive auf (Sperti et al. 1997, Todoroki et al. 2003), was eine Verbesserung der Heilungschancen durch eine radikalere Resektion mit erweiterter Lymphadenektomie nahe legt (Peiper et al. 2007). Andererseits könnte die hohe Rezidivrate Ausdruck eines besonders aggressiven Tumorwachstums mit frühzeitiger okkulter Dissemination sein, welche einer alleinigen chirurgischen Therapie nicht zugänglich ist (Hosch et al. 1997, Traverso 2006). Eine Erhöhung des Operationstraumas durch Erweiterung der Lymphadenektomie würde in diesem Fall den klinischen Verlauf der Erkrankung nicht wesentlich beeinflussen. Dementsprechend ist das Ausmaß einer onkologisch adäquaten Lymphadenektomie beim Pankreaskarzinom einer der Schwerpunkte der klinischen Forschung und nach wie vor Gegenstand kontroverser Diskussionen.
24.1
Anatomische Grundlagen und Einteilung der Lymphknotenstationen
Experimentelle Studien über die lymphatischen Abflusswege des Pankreas zeigen, dass der Pankreaskopf sowohl zu den anterioren als auch zu den posterioren pankreatoduodenalen Lymphknotenstationen drainiert. Der weitere Abfluss der anterioren pankreatoduodenalen Lymphknoten verläuft über die Lymphknoten des Lig. hepatoduodenale bis zu den paraaortalen Lymphknotenstationen, während der Abfluss der posterioren Lymphknoten über die Lymphknotenstationen entlang der A. mesenterica superior zum Truncus coeliacus bis zu den interaortocavalen Stationen verläuft.
⊡ Tab. 24.1 Klinische Beobachtungen über die Häufigkeit einer lymphatischen Metastasierung in bestimmten Lymphknotenstationen Lymphknotenstation (Befall in %)
Nagakawa et al. 1993
Kayahara et al. 1992
Nakao et al. 1997
Post. pancreatoduodenale
69
51
51
Ant. pancreatoduodenale
40
33
39
A. mesenterica superior
38
37
23
Paraaortal
17
18
26
A. hepatica communis
14
12
13
Lig. hepatoduodenale
21
12
19
Der Lymphabfluss von Pankreascorpus und Cauda zieht über die Lymphknoten an der A. lienalis und der A. mesenterica superior zum Truncus coeliacus und zu den paraaortalen Stationen. Klinische Beobachtungen über die Häufigkeit einer lymphatischen Metastasierung in bestimmten Lymphknotenstationen belegen die hohe Relevanz der Kenntnis dieser Anatomie und Ausbreitungsmuster (⊡ Tab. 24.1), wobei Letzteres eher einen linearen Charakter aufwies. Das Phänomen einer SkipMetastasierung, mit Überspringen peripankreatischer Lymphknotenstationen und dem Befall entfernterer Stationen wurde nur selten beobachtet (Sakai et al. 2005). Die lymphatische Drainage und die relevanten Lymphknotenstationen des Pankreas wurden insbesondere von japanischen Arbeitsgruppen ausgiebig untersucht und von der »Japan Pancreas Society« (JPS) klassifiziert (JPS 2003) (⊡ Abb. 24.1, Kayahara et al. 1999). Weitere Lymphknotenstationen der JPS: 1 Cardia rechts, 2 Cardia links, 3 entlang der kleinen Magenkruvatur, 4 entlang der großen Magenkurvatur, 5 suprapylorisch, 6 infrapylorisch, 7 entlang der A. gastrica sinistra. Die JPS kategorisiert das Ausmaß des Lymphknotenbefalls in 4 Stadien N0 bis N3, wobei eine Beteiligung der N3-Lymphknoten bereits als lymphogene Fernmetastasierung gewertet wird. Bezogen auf ein Karzinom des Pankreaskopfes fallen die Lymphknotenstationen 1–11 sowie 15, 16 und 18 unter die Kategorie N3. > Die UICC verlangt lediglich die histopathologische Aufarbeitung von 10 entnommenen Lymphknoten und unterteilt hierbei in ein N0- bzw. ein
293 24.2 · Ausmaß der Lymphadenektomie
⊡ Abb. 24.1 Einteilung der Lymphknotenstationen der JPS. 8 LK Art. hepatica communis, 9 LK Truncus coeliacus, 10 LK Milzhilus, 11 LK Art. Lienalis, 12 LK Ligamentum hepatoduodenale, 13 Post. pancreatoduodenale LK, 14 LK Art. mesenterica superior, 15 LK Art. colica media, 16 Paraaortale LK, 17 Anteriore pancreatoduodenale LK, 18 LK Unterkante Pankreasschwanz
N1-Stadium bei regionaler Lymphknotenmetastasierung, wobei zwischen solitären (N1a) und multiplen Lymphknotenfiliae (N1b) differenziert wird.
Zu den regionalen Lymphknoten zählen, nach UICCKlassifikation, ▬ die superioren und inferioren peripankreatischen Lymphknoten sowie ▬ anteriore und posteriore pankreatoduodenale Lymphknoten, ▬ pylorische Lymphknoten, ▬ proximale Lymphknoten an der A. mesenterica superior, ▬ Lymphknoten entlang des Ductus choledochus und ▬ Lymphknoten am Truncus coeliacus. Eine Lymphknotenmetastasierung an entfernteren Stationen wird als lymphogene Fernmetastasierung gewertet. ! Cave! Infolge dieser unterschiedlichen Stagingsysteme und entsprechend verschiedener Überlebensdaten (Isaji et al. 2004), sind die Ergebnisse japanischer Arbeitsgruppen häufig nur schwer mit denen westlicher Studien zu vergleichen.
24.2
Ausmaß der Lymphadenektomie
Während bei der klassischen Pankreaskopfresektion nach Whipple keine systematische Lymphadenektomie beschrieben war, propagierte Fortner 1973 erstmalig eine erweiterte Lymphadenektomie (Fortner 1973). Weitere Studien zeigten, dass durch eine Erweiterung der Lymphadenektomie bei einem Drittel der Patienten Lymphknotenmetastasen detektiert wurden, die bei einer Standardresektion nach Whipple nicht erkannt und in situ verblieben wären (Cubilla et al. 1978). In einer retrospektiven Studie an 59 Patienten berichtete Ishikawa erstmalig über eine signifikante Reduktion der Lokalrezidivrate und eine höhere kumulative Überlebensrate bei erweiterter Lymphadenektomie im Vergleich mit einer Standardresektion (Ishikawa et al. 1988). Bei anderen Studien (Riall et al. 2005, Farnell et al. 2005) zeigten sich dagegen nur geringe prognostische Unterschiede, wobei lediglich die Subgruppe der pN1-Patienten von der erweiterten Lymphadenektomie signifikant profitierte (Pedrazzoli et al. 1998). Da das vergleichsweise neue Konzept der erweiterten Lymphadenektomie bereits mehrere Interpretationen aufweist und die verschiedenen Radikalitätsgrade der Lymphadenektomie beim Pankreaskarzinom nach wie vor nicht standardisiert sind, wurden 1998 im Rahmen
24
294
24
Kapitel 24 · Lymphadenektomie in der Pankreaschirurgie
einer internationalen Konsensuskonferenz drei Vorgehensweisen definiert: Standard-, radikale- und erweitert radikale Lymphadenektomie (Pedrazzoli et al. 1999). Bei Vorliegen eines Pankreaskopfkarzinoms beinhaltete die Standardlymphadenektomie die en-bloc-Resektion der regionalen peripankreatischen und duodenalen Lymphknoten sowie die Entnahme der rechtsseitigen Lymphknoten aus dem Ligamentum hepatoduodenale und der rechtsseitig gelegenen Lymphknoten an der A. mesenterica superior bis zur A. pancreatoduodenalis inferior. Die superioren Lymphknoten an der A. hepatica communis werden gesondert entnommen. Bei der radikalen Lymphadenektomie wird die Standardlymphadenektomie um eine Skeletonisationsdissektion im Ligamentum hepatoduodenale, an der A. hepatica communis, am Truncus coeliacus und an der A. mesenterica superior sowie um die Entnahme der anterolateralen paracavalen und interaortocavalen Lymphknoten erweitert. Bei der erweitert radikalen Lymphadenektomie wird die radikale Lymphadenektomie um die Entnahme der paraaortalen Lymphknoten vom Zwerchfell bis zur Aortenbifurkation erweitert.
24.3
Wertigkeit einer erweiterten Lymphadenektomie
Trotz der scheinbar eindeutigen Ergebnisse der Studie von Ishikawa aus dem Jahre 1988 (Ishikawa et al. 1988), ist die Datenlage zur erweiterten Lymphadenektomie uneinheitlich. Die meisten Publikationen zu diesem Thema behandeln Daten, die retrospektiv über viele Jahre an kleinen Fallzahlen gewonnen wurden. Darüber hinaus ist die Interpretation und Vergleichbarkeit der Ergebnisse durch die unterschiedlichen Stagingsysteme der japanischen und westlichen Fachgesellschaften deutlich erschwert. Während die erweiterten Formen der Lymphadenektomie in vielen japanischen Untersuchungen mit einer niedrigeren Rezidivrate und besseren Prognose assoziiert sind (Manabe et al. 1989, Imaizumi et al. 1998, Nakao et al. 2004), lassen sich diese Resultate in westlichen Untersuchungen häufig nicht bestätigen (Farnell et al. 2005, Kremer et al. 1990, Richter et al. 2003). Die erste randomisierte Studie ergab, dass lediglich die Subgruppe der nodal positiven Patienten von einer erweiterten Lymphadenektomie profitierte. In einer neueren prospektiv randomisierten Studie, mit einer deutlich höheren Fallzahl (Yeo et al. 2002), fand sich weder bezüglich des 1-Jahres- noch des 3-Jahres- oder des 5-JahresÜberlebens ein signifikanter prognostischer Unterschied
zwischen erweitert- oder konventionell-lymphadenektomierten Patienten. Auch die nach T- und N-Stadium stratifizierte Subgruppenanalyse ergab keine prognostischen Unterschiede. Bezüglich der postoperativen Mortalität finden sich nur geringe Unterschiede zwischen den beiden Verfahren. Bekannt ist jedoch eine höhere Rate von Lymphfisteln und vor allem persistierende Diarrhöen mit entsprechenden Flüssigkeits- und Proteinverlusten sowie eine Einschränkung der Lebensqualität (Farnell et al. 2005, Schniewind et al. 2006). > Aufgrund der wenigen randomisierten Studien und der erschwerten Vergleichbarkeit der Stagingsysteme ist die Wertigkeit der erweiterten Lymphadenektomie zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu beurteilen. Nach jetziger Datenlage profitiert, wenn überhaupt, lediglich eine Patientensubgruppe von diesem Verfahren.
Dennoch ist die Anzahl der entnommenen Lymphknoten für die Prognose der Patienten nicht irrelevant. Mehrere Studien zeigen, dass das Verhältnis zwischen befallenen und resezierten Lymphknoten einen unabhängigen prognostischen Parameter beim Pankreaskarzinom darstellt (Berger et al. 2004, Sierzega et al. 2006). In einer multiinstitutionalen Studie an 1.666 Patienten erwies sich die Anzahl der dissezierten Lymphknoten, insbesondere bei Patienten im Stadium pN0, als signifikanter Indikator für ein längeres postoperatives Überleben (Schwarz u. Smith 2006). > Auch aus Gründen der Staginggenauigkeit empfiehlt sich, insbesondere im Hinblick auf mögliche adjuvante Therapieverfahren, zumindest die Entnahme einzelner retroperitonealer Lymphknoten, im Sinne eines »lymph node sampling« (Shimada et al. 2006).
Wir führen daher die Lymphadenektomie als en-blocResektion der regionalen peripankreatischen und duodenalen Lymphknoten, als Skeletonisationsdissektion im Ligamentum hepatoduodenale, an der A. hepatica communis, am Truncus coeliacus und der rechtsseitig gelegenen Lymphknoten an der A. mesenterica superior bis zur A. pancreatoduodenalis inferior sowie mit Entnahme der anterolateralen paracavalen und interaortocavalen Lymphknoten vom Zwerchfell bis zur A. mesenterica inferior durch. Trotz aller Bemühungen für eine kurative Therapie des Pankreaskarzinoms ist die Langzeitprognose der Patienten nahezu unverändert schlecht. Es muss daher angenommen werden, dass in den meisten Fällen trotz radikalster Operationstechniken okkulte residuale Tu-
295 24.3 · Wertigkeit einer erweiterten Lymphadenektomie
morzellen vorhanden sind (Hosch et al. 1997, Thorban et al. 1999, Ishikawa et al. 2003) und die Erkrankung durch operative Verfahren allein nicht heilbar ist. Dennoch sollte die residuale Tumorlast so gering wie möglich sein, um für notwendige multimodale Therapieverfahren günstige Ausgangsbedingungen zu schaffen. Vor diesem Hintergrund sollte das Ausmaß der Lymphadenektomie und des entsprechenden operativen Traumas abgewogen werden.
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24
25
Spezielle Situationen und taktische Vorgehensweise R. Grützmann, F. Ehehalt, H. D. Saeger
25.1
Lokal fortgeschrittene Tumoren und multiviszerale Resektion bei Pankreasresektionen – 297
25.2
Gefäßresektion/-rekonstruktion bei Pankreasresektionen – 297
25.3
Rezidivresektion bei Pankreastumoren – 299
25.4
Resektionen nach neoadjuvanter Radio-/Chemotherapie beim Pankreaskarzinom – 299
25.5
Intraoperatives Nichtauffinden endokriner Tumoren des Pankreas – 300
25.5.1 Insulinom – 300 25.5.2 Gastrinom – 300
297 25.2 · Gefäßresektion/-rekonstruktion bei Pankreasresektionen
25.1
Lokal fortgeschrittene Tumoren und multiviszerale Resektion bei Pankreasresektionen
Aufgrund der fehlenden Frühsymptome werden Pankreaskarzinome häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Vor allem bei Tumoren des Pankreaskörpers oder des Pankreasschwanzes sind daher bei der Diagnosestellung zumeist bereits umliegende retroperitoneale, zum Teil auch intraperitoneale Strukturen wie Magen, Dickdarm und teilweise auch Dünndarm in den Tumorprozess einbezogen. Von einem lokal fortgeschrittenen Pankreastumor spricht man, wenn der Tumor Pankreas überschreitend gewachsen ist und z.B. die Mesenterialvene infiltriert hat. Diese Tumoren können trotzdem lokal resektabel sein. Die Einschätzung der Resektabilität bei grenzwertigen Befunden variiert beträchtlich in Abhängigkeit von Erfahrung und Kompetenz des Operateurs. In Pankreaszentren werden teilweise Karzinome reseziert, welche in anderen Kliniken als primär nicht resektabel eingestuft wurden. Das Pankreaszentrum der John-Hopkins-Universität konnte bei 67% der Patienten, die anderswo als inoperabel eingestuft wurden, erfolgreich eine Tumorresektion vornehmen (Sohn et al. 1999). Beim duktalen Pankreaskarzinom besteht aus onkologischer Sicht lediglich im Einzelfall eine Indikation für eine multiviszerale Resektion. Wenn das duktale Pankreaskarzinom in Nachbarorgane wie die Leber oder das Kolon eingewachsen ist, ist der Tumor meist auch lokal retroperitoneal irresektabel, sodass aus operativer Sicht lediglich eine Palliation zu erzielen ist, wenn diese nicht bereits vorher endoskopisch erreicht werden konnte (Adler et al. 2007). Anders sieht das bei selteneren Tumoren, wie neuroendokrinen oder zystischen Tumoren aus. Hier sind bei kompletter Entfernung (R0-Resektion) auch nach multiviszeralen Resektionen lange Überlebenszeiten erreichbar (Jagad et al. 2008). Eine en-bloc-Resektion ist ebenso wie ein Pankreas-Parenchym-Sicherheitsabstand von 1 cm anzustreben. Tumorfreie Resektionsränder sollten mit einem intraoperativen Schnellschnitt bestätigt werden.
25.2
Gefäßresektion/-rekonstruktion bei Pankreasresektionen
Die großen Oberbauchgefäße sind aufgrund der engen Lagebeziehung zum Pankreas bei der Diagnosestellung häufig bereits in den Tumorprozess einbezogen.
> Handelt es sich um eine Infiltration der Pfortader oder der V. mesenterica superior, besteht der aktuellen Studienlage nach keine Kontraindikation für eine Resektion (Empfehlungsgrad C, Adler et al. 2007).
Die Mehrzahl der vorliegenden Studien zeigt, dass die venöse Infiltration keinen Einfluss auf die perioperative Morbidität und Mortalität oder das Langzeitüberleben hat. Entscheidend ist, dass durch die Mitresektion der betroffenen Gefäßbereiche eine R0-Situation erreicht wird (Adham et al. 2006). Zur Durchführung einer Gefäßresektion muss zunächst eine komplette Blutungskontrolle erzielt werden. Wenn die Gefäßinfiltration nur ein kleines Areal betrifft, ist dies durch das tangentiale Ausklemmen mit einer atraumatischen Gefäßklemme möglich. Ein Anzügeln der Pfortader oberhalb des Pankreas, der V. lienalis sowie der V. mesenterica superior sollte immer erfolgen. Nachfolgend wird das infiltrierte Gefäßsegment exzidiert und der Tumor reseziert. Der Gefäßdefekt wird mit einem 5×0 oder 6×0 monofilen Faden fortlaufend quer verschlossen, ohne dass dabei eine zu starke Einengung des Gefäßes entsteht. Wenn das Ausmaß der Infiltration größer ist, kann nach Anzügeln der V. portae und der V. mesenterica superior zunächst das Pankreas vorsichtig durchtrennt werden. Dann lässt sich auch die Milzvene anzügeln und ausgeklemmen. Nachfolgend kann eine ausgedehntere tangentiale Resektion (⊡ Abb. 25.1) oder auch ein komplettes Venensegment
⊡ Abb. 25.1 Operationssitus nach tangentialer Resektion der unteren Konfluenz und proximaler V. mesenterica superior bei Tumorinfiltration. Der Wanddefekt wurde mit einer fortlaufenden Naht verschlossen, wobei die Lumen-Einengung so gering wie möglich gehalten wurde (Pfeile markieren die kraniokaudale Ausdehnung der Naht; * Truncus coeliacus; ** Pankreasresektionsfläche mit OverholtKlemme im Ductus pancreaticus)
25
298
25
Kapitel 25 · Spezielle Situationen und taktische Vorgehensweise
(⊡ Abb. 25.2) mit dem Tumor reseziert werden. Häufig ist die V. mesenterica superior allein infiltriert, sodass der Konfluenz von Milzvene und Pfortader erhalten werden kann. Wenn dies nicht möglich ist, muss nach Rekonstruktion des mesenterico-portalen Flusses auch die Milzvene End-zu-Seit reanastomosiert werden. Bei venösen Segmentdefekten bis ca. 3-4 cm kann, ggf. nach Mobilisation der Mesenterialwurzel, meist eine direkte spannungsfreie End-zu-End-Anastomose erreicht werden. Diese Naht erfolgt ebenfalls mit 5×0 oder 6×0 monofilem Nahtmaterial. Bei ausgedehnteren Resektionen oder fixierter Mesenterialwurzel kann es notwendig sein, den Defekt mit einem Interponat zu überbrücken (⊡ Abb. 25.3). Viele Pankreaschirurgen verwenden hier ringverstärkte PTFE-Gefäßprothesen mit einem Durchmesser von 10 mm. Die Verwendung von autologem Venenmaterial (z.B. V. saphena magna) ist zeitaufwendiger und führt z.T. zu einem nicht unerheblichen Kalibersprung. Darüber hinaus wurden bei der Verwendung von PTFE-Prothese nur selten Probleme beschrieben (Stauffer et al. 2009). Eine letzte Möglichkeit ist die Anastomose der V. mesenterica superior in die V. cava, wie durch McDermott vorgeschlagen (McDermott 1952).
⊡ Abb. 25.2 Operationssitus nach Segmentresektion der V. mesenterica superior knapp distal der Konfluenz bei Tumorinfiltration. Der Defekt wurde mit einer spannungsfreien End-zu-End-Anastomose ohne Kalibersprung in fortlaufender Nahttechnik rekonstruiert (Pfeil Anastomose der V. mesenterica superior; * A. lienalis; ** A. hepatica communis)
! Cave! Obwohl die Anastomose technisch einfach durchführbar ist, sollte sie aufgrund von potenziellen Leberfunktionsstörungen und einer möglichen Enzephalopathie nur im Ausnahmefall erfolgen.
Im Gegensatz zur Infiltration der Pfortader oder V. mesenterica superior stellt die Infiltration der großen Oberbaucharterien (A. mesenterica superior, Truncus coeliacus) zumeist eine Kontraindikation für eine Tumorresektion dar, da fast immer auch eine Infiltration des sympathischen Nervenplexus vorliegt und somit eine Resektion im Gesunden oft nicht möglich ist (Adler et al. 2007). In wieweit eine Verlängerung des Überlebens oder eine Verbesserung der Lebensqualität mit Reduktion beispielsweise der Schmerzsymptomatik erzielt werden können, ist derzeit jedoch noch unklar. Intraoperative Komplikationen im Sinne von Gefäßverletzungen können bei jeder Pankreasresektion auftreten. Eine gefäßchirurgische Ausbildung ist deshalb für den Pankreaschirurgen von Vorteil. Besonders portalvenöse Blutungen können rasch ein großes Ausmaß erreichen und lebensbedrohlich werden. In diesem Fall sollte durch lokalen Druck zunächst eine temporäre Blutstillung angestrebt werden. Unter fortbestehender Kompression erfolgen die Freilegung und das Ausklemmen des betroffenen Gefäßsegmentes. Bei nun guter Übersicht kann der Defekt durch Naht mit einem monofilen Nahtmaterial der Stärke 5×0 oder 6×0 verschlossen werden. Die A. hepatica und ihre Äste sowie die A. mesenterica superior können bei
⊡ Abb. 25.3 Operationssitus nach Segmentresektion der V. mesenterica superior bei histologisch nachgewiesener Tumorinfiltration. Der Defekt war langstreckig und konnte nur durch ein Interponat zwischen V. mesenterica superior und Pfortader überbrückt werden
299 25.4 · Resektionen nach neoadjuvanter Radio-/Chemotherapie beim Pankreaskarzinom
der Präparation ebenfalls verletzt werden. Wichtig ist hier eine genaue Kenntnis sowohl der normalen Anatomie als auch möglicher Varianten, die relativ häufig im Gebiet der A. hepatica zu finden sind. Falls sie durchtrennt wird, erfolgt zur Rekonstruktion eine spannungsfreie Seit-zu-Seitoder angeschrägte End-zu-End-Anastomose. Die A. mesenterica superior ist bei der retroperitonealen Dissektion durch Zug am Präparat nach rechts und konsekutiver Verlagerung des Gefäßes besonders gefährdet. Die Reparation erfolgt durch eine End-zu-End-Anastomose. Ein größerer Defekt wird durch ein Interponat (V. saphena magna oder Gefäßprothese) überbrückt.
25.3
Rezidivresektion bei Pankreastumoren
Innerhalb der ersten zwei Jahre nach kurativer Resektion entwickeln 80% aller Patienten mit einem Pankreaskarzinom ein Rezidiv. Als Grund hierfür scheinen bei der primären Tumorresektion bereits vorhandene Mikrometastasen verantwortlich zu sein (Sperti et al. 1997). Die Interpretation der derzeit vorliegenden, sporadischen Daten erweist sich als schwierig. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte, dass Rezidivresektionen mit einer geringen Morbidität und akzeptablen Mortalität durchgeführt werden können. Allerdings handelt es hierbei vor allem um Lymphknotenmetastasen, nicht um Lokalrezidive im Anastomosenbereich oder im Pankreas (Kleeff et al. 2007). Hinsichtlich des medianen Überlebens wurde gezeigt, dass am ehesten die Patienten von einer Rezidivresektion profitieren, bei denen das Rezidiv später als 9 Monate nach kurativer Resektion auftrat. Das mediane Überleben war in diesem Fall mit 17,4 Monaten signifikant verlängert. Im Vergleich dazu lebten Patienten mit einem Rezidiv innerhalb der ersten 9 Monate nach Rezidivresektion im Median nur 7,4 Monate. Allerdings könnte eine günstigere Biologie der Tumoren beim späteren Rezidiv ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen. > Grundsätzlich besteht nach vorliegenden Daten derzeit nur in sehr ausgewählten Einzelfällen eine Indikation zur Re-Exploration bei Tumorrezidiv nach Resektion eines duktalen Pankreaskarzinoms (Seelig et al. 2007).
Im Gegensatz zum duktalen Pankreaskarzinom kann bei endokrinen und zystischen Tumoren, wie z.B. dem IPMN eine Re-Resektion sinnvoll sein, wenn dadurch eine R0-Resektion erreichbar erscheint (Niedergethmann et al. 2008). Bei neuroendokrinen Tumoren kann dies auch aufgrund von ausgeprägten Symptomen als Palliation erwogen oder notwendig werden (Fendrich et al. 2007).
25.4
Resektionen nach neoadjuvanter Radio-/Chemotherapie beim Pankreaskarzinom
Neoadjuvante Therapiekonzepte mit präoperativer Chemo-, Radio- oder kombinierter Radiochemotherapie werden bei der onkologischen Behandlung des duktalen Pankreaskarzinoms eingesetzt, um den Primärtumor zu verkleinern und somit die Zahl der kurativen Tumorresektionen zu erhöhen (Satoi et al. 2009). Mögliche Vorteile einer neoadjuvanten Radio-/Chemotherapie liegen in einer höheren R0-Resektionsrate vor allem im Bereich des retroperitonealen Resektionsrandes. Darüber hinaus kann die präoperative Radiochemotherapie allen Patienten zugänglich gemacht werden, während ca. 25% der Patienten aufgrund einer verzögerten postoperativen Erholung keine adjuvante Therapie erhalten. Anfänglich befürchtete erhöhte Komplikations- und Letalitätsraten bestätigten sich in den meisten Studien nicht. In retrospektiven und prospektiven Studien waren auch die Operationszeiten vergleichbar (Satoi et al. 2009, Stessin et al. 2008, Golcher et al. 2008, Chandler et al. 2003, Evans 2001). Daten aus vergleichenden randomisiert kontrollierten Studien, die eine neoadjuvante Behandlung mit einer primären Resektion bei lokal fortgeschrittenen Pankreaskopfkarzinomen vergleichen, liegen nicht vor. Zahlreiche Phase-I/II- sowie einige retrospektive Studien ergaben, dass eine neoadjuvante Chemo- oder Radiochemotherapie sicher durchführbar ist und durch Downsizing zu einer Resektionsrate von bis zu 51% bei primär nicht resektablen Tumoren führen kann (Satoi et al. 2009, Stessin et al. 2008, Golcher et al. 2008, Chandler et al. 2003, Evans 2001). Damit steht eventuell diesen Patienten eine onkologische R0-Resektion mit verbessertem Überleben im Vergleich zur rein palliativ-konservativen Behandlung in Aussicht. Verschiedene Autoren haben darüber berichtet, dass die Rate an Fisteln und Anastomoseninsuffizienzen der Pankreatojejunostomie nach neoadjuvanter Therapie vermindert war. Als ursächlich hierfür wird eine zunehmende Fibrosierung des Pankreas durch die Radiochemotherapie postuliert (Satoi et al. 2009, Golcher et al. 2008, Chandler et al. 2003). Aktuell liegen jedoch keine eindeutigen Daten bzgl. des therapeutischen Nutzens der neoadjuvanten (Radio-) Chemotherapie vor. Die bisher vorliegenden Daten sind teilweise widersprüchlich. > Aufgrund der unzureichenden Evidenzstärke der verfügbaren Daten besteht insofern außerhalb von Studien derzeit keine Indikation zur neoadjuvanten Behandlung.
25
300
Kapitel 25 · Spezielle Situationen und taktische Vorgehensweise
25.5
25
Intraoperatives Nichtauffinden endokriner Tumoren des Pankreas
Nichtfunktionelle neuroendokrine Tumoren des Pankreas fallen aufgrund der Tumormassensymptomatik klinisch auf oder werden zufällig bei der Sonografie, im CT oder MRT entdeckt. Sie stellen deshalb meist kein Problem bei der präoperativen und intraoperativen Tumorlokalisation dar. Funktionelle Tumoren werden aufgrund des hormonellen Syndroms mittels Anamnese und endokrinologisch-biochemischer Tests diagnostiziert, sind häufig kleiner als 2 cm und entziehen sich bei einer Größe von <0,5 cm in aller Regel der präoperativen Lokalisation (Dixon u. Pasieka 2007). Zudem besteht insbesondere im Rahmen von genetisch bedingten neuroendokrinen Tumoren (z.B. im Rahmen eines MEN-1-Syndroms) die Möglichkeit der Multifokalität. Die Strategie bei den häufigen neuroendokrinen Tumoren des Pankreas hängt dabei wesentlich von der histologischen Entität ab.
25.5.1
Insulinom
Die präoperative Lokalisationsdiagnostik umfasst Dünnschicht-Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), (kontrastmittelverstärkte Endo-) Sonographie und Somatostatin-Rezeptorszintigraphie/ Ga-DOTATOC-PET (de Herder et al. 2006).
portalvenösen Insulinbestimmung nach einem Primärtumor gesucht und dieser reseziert werden.
25.5.2
Gastrinom
> Die meisten Gastrinome (>90%) liegen im sogenannten »Gastrinom-Dreieck« (⊡ Abb. 25.4), meistens im Duodenum und/oder Pankreaskopf/korpusBereich (Howard et al. 1990).
Es muss daran gedacht werden, dass primäre Lymphknoten-Manifestationen beschrieben wurden (Bhagavan et al. 1986, Jensen et al. 2006), die allerdings von manchen Autoren als Metastasen eines duodenalen Mikrogastrinoms eingestuft werden (Klöppel et al. 1996). Die präoperative Lokalisationsdiagnostik beim Gastrinom sollte routinemäßig eine Ösophagogastroduodenoskopie, einen transkutanen Ultraschall (ggf. kontrastmittelverstärkt), eine kontrastmittelverstärkte Computertomographie und einen Somatostatinrezeptor-Scan (Szintigraphie oder Positronen-Emmisions-Tomographie mit 67Ga-DOTA-DPhe1-Tyr3-octreotide) umfassen. Wenn diese Untersuchungen keinen Tumornachweis erbringen, sollte eine Endosonographie (ggf. kontrastmittelverstärkt) angeschlossen werden. Eine selektive Angiographie mit Sekretinstimulation und portalvenöser Gast-
> Von zahlreichen Autoren wird diese Diagnostik vor einem Primäreingriff als entbehrlich abgelehnt, da die chirurgische Exploration mit Palpation und intraoperativem Ultraschall nahezu mit 100% Sensitivität ein Insulinom nachweisen kann (Hashimoto u. Walsh 1999).
Sollte sich trotz subtilster intraoperativer Exploration kein Tumor nachweisen lassen, ist differenzialdiagnostisch die Nesidioblastose (Inselzellhyperplasie) sowie eine extrapankreatische Insulinomlokalisation (<3% aller Insulinome) zu erwägen. Der Eingriff muss als Exploration beendet werden. Eine Pankreasbiopsie sollte entnommen werden, um ggf. eine Nesidioblastose zu sichern (Kenney et al. 2008). ! Cave! Blinde Pankreas-Teilresektionen sind nicht erlaubt (de Herder et al. 2006).
Bei histologisch gesicherter Nesidioblastose ist ein Reeingriff im Sinne einer subtotalen Pankreasresektion indiziert. Sollte keine Nesidioblastose nachzuweisen sein, dann muss unter Ausschöpfung sämtlicher diagnostischer Mittel inklusive der selektiven arteriellen Stimulation und
⊡ Abb. 25.4 Schematische Darstellung des »Gastrinomdreiecks«. In dieser Region sind die meisten Gastrinome lokalisiert (aus Siewert, Rothmund, Schumpelick 2010)
301 25.5 · Intraoperatives Nichtauffinden endokriner Tumoren des Pankreas
rinbestimmung bleibt besonderen Indikationen, wie zum Beispiel Reoperationen, vorbehalten (Jensen et al. 2006). Während manche Autoren bei sporadischem Zollinger-Ellison-Syndrom die Indikation zur Operation erst bei einem Tumornachweis >2 cm sehen (Norton u. Jensen 2004), plädieren andere in Anbetracht der hohen Malignitäts- und Metastasierungsrate für eine chirurgische Exploration, auch ohne präoperativen Tumornachweis (Skogseid et al. 1998). Ebenso kontrovers werden die Indikation zur Operation und das Resektionsausmaß beim MEN-1-assoziierten Zollinger-Ellison-Syndrom gesehen. Hierbei muss die gute Langzeitprognose (Jensen et al. 2006) gegen das Risiko der Operation, die Multifokalität der Tumoren und die hohe, oft die Lebenszeit limitierende hepatische Metastasierungsrate abgewogen werden (Bartsch et al. 2005). Die chirurgische Exploration umfasst einen intraoperativen Ultraschall (Leber und Pankreas sowie das umgebende Retroperitoneum), die sorgfältige Palpation des gesamten Pankreas, die endoskopische Transillumination des Duodenums und eine Längsduodenotomie. Findet sich hierbei kein Tumor, ist eine Lymphadenektomie um den Pankreaskopf, im Ligamentum hepatoduodenale und interaortokaval zu erwägen, die bei einem Primärtumornachweis obligat ist. Blinde Resektionen des Duodenums oder des Pankreas dürfen nicht durchgeführt werden. Ist der Tumor nicht zu entdecken, wird die Operation als explorativer Eingriff beendet und der Patient einer symptomorientierten Therapie mit engmaschiger bildgebender Kontrolle zugeführt. Die erneute Operation sollte durchgeführt werden, sobald ein Tumornachweis gelungen ist.
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25
26
Laparoskopische und laparoskopischassistierte Operationsverfahren in der Pankreaschirurgie E. Bärlehner, T. Benhidjeb
26.1
Staging-Laparoskopie – 303
26.2
Resezierende laparoskopische Verfahren – 303
26.2.1 Laparoskopische kephale Duodenopankreatektomie – 303 26.2.2 Laparoskopische Tumorenuklation und distale Pankreasresektion – 304 26.2.3 Laparoskopische palliative Bypass-Operationen beim Pankreaskarzinom – 306
303 26.2 · Resezierende laparoskopische Verfahren
Die Anwendung minimal-invasiver Verfahren bei benignen und malignen Pankreaserkrankungen hat in der letzten Dekade an Bedeutung zugenommen. Trotz aller erzielten Fortschritte werden laparoskopische Pankreaseingriffe nach wie vor kontrovers diskutiert. Das betrifft sowohl die Indikationsstellung als auch das taktische Vorgehen.
26.1
tionen durch die Staging-Laparoskopie eine entscheidende Rolle. Eine alleinige intraabdominelle Inspektion genügt nicht. Der Eingriff sollte standardisiert durchgeführt werden ( Kap. 4.3).
26.2
Resezierende laparoskopische Verfahren
26.2.1
Laparoskopische kephale Duodenopankreatektomie
Staging-Laparoskopie
Das exakte Staging beim Pankreaskarzinom stellt auch heute noch ein Problem in der Diagnostik dar. Zum Zeitpunkt der Diagnose haben 40% aller Patienten ein lokoregionär fortgeschrittenes Tumorleiden und 50% bereits Fernmetastasen. Lediglich in 10% der Fälle ist der Tumor auf das Pankreas beschränkt. Eine potenziell kurative Resektion kommt in nur 10-20% der Patienten infrage (Nakeeb 2005). Mit der Einführung neuerer und effektiverer multimodaler Therapiekonzepte beim Pankreaskarzinom stellt das prätherapeutische Staging eine Voraussetzung für eine stadiengerechte Therapie und für die Vergleichbarkeit verschiedener Behandlungsverfahren dar. Das Hauptziel der Staging-Laparoskopie als komplementäres Verfahren ist die Detektierung okkulter Metastasen, die der konventionellen Diagnostik entgehen und einen direkten Einfluss auf die Resektabiltität und Kurabilität haben. Der technische Ablauf und der Einsatz des intraoperativen Ultraschalls spielen bei der Steigerung der Treffsicherheit und dem Gewinn von Zusatzinforma-
Der erste laparoskopisch-resezierende Eingriff am Pankreas erfolgte 1992 durch Gagner. Er führte eine pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie bei einem Patienten mit chronischer Pankreatitis durch (Gagner u. Pomp 1992). Angesichts einer Operationszeit von 6-10 h, einer Komplikationsrate von bis zu 80%, einer Konversionsrate von 40% und einer Krankenhausaufenthaltsdauer von 28-60 Tagen wurde die Sinnhaftigkeit selbst von den laparoskopischen Experten infrage gestellt (Gagner u. Pomp 1997, Cuschieri 1996). In ⊡ Tab. 26.1 sind die Ergebnisse bisheriger Publikationen laparoskopischer Whipple-Operationen zusammengefasst. Eine große Serie wurde 2006 von Dulucq et al. publiziert (Dulucq et al. 2006). Sie berichteten von 25 Patienten, bei denen eine Resektion nach Whipple laparoskopisch durchgeführt wurde. Von diesen Patienten hatten 21 ein Malignom. In 3 Fällen (12%) musste wegen Tumorinfiltrati-
⊡ Tab. 26.1 Ergebnisse nach laparoskopischer kephaler Duodenopankreatektomie Autor (Jahr)
Pat (n)
Dignität
Konversion n (%)
Komplikationen n (%)
Mittlere OP-Dauer (min)
Krankenhausaufenthaltsdauer (Tage)
Gagner u. Pomp 1994
1
Chronische Pankreatitis
nein
ja
600
30
Uyama et al. 1996
1
Gallengangs-Ca
nein
nein
373
8
Gagner u. Pomp 1997
10
4 Pankreas-Ca 3 Papillen-Ca 1 chronische Pankreatitis
4 (40)
2 (20)
510
22,3
Bärlehner et al. 2002
1
Chronische Pankreatitis
nein
ja
540
21
Masson et al. 2003
1
Zystischer Tumor
nein
nein
480
12
Ammori 2004
1
Papillen-Ca
nein
nein
660
9
Staudacher et al. 2005
4
1 Pankreas-Ca 2 neuroendokriner Tumor 1 Melanomfilia
nein
nein
416
12
Dulucq et al. 2006
25
21 maligne 4 benigne
3 (12)
7 (28)
287
16
26
304
26
Kapitel 26 · Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Pankreaschirurgie
⊡ Abb. 26.1 Durchtrennung des linken Pankreas mit einem Linearcutter
on der großen Gefäße konvertiert werden. In 13 Fällen wurde die Anastomose intrakorporal hergestellt, d.h., die Resektion nach Whipple war total laparoskopisch (Gruppe 1). Bei 9 Patienten war der Eingriff laparoskopisch-assistiert durchgeführt worden (Gruppe 2). Die mittlere Operationsdauer betrug 295 min in der Gruppe 1 und 276 min in Gruppe 2. Die Komplikationsrate betrug 38% vs. 22%. Die mittlere Krankenhausaufenthaltsdauer war mit 16 Tagen in beiden Gruppen gleich. Alle Patienten mit einem Malignom hatten tumorfreie Resektionsränder (Dulucq et al. 2006). Die Arbeit von Dulucq et al. zeigt lediglich, dass die laparoskopische Pankreaskopfresektion bei gleichzeitig vorhandener Expertise auf dem Gebiet der Pankreas- und minimal-invasiven Chirurgie ein effektives Verfahren mit akzeptablen Ergebnissen darstellt. Dennoch wird heute die Diskussion über die laparoskopische Pankreaskopfresektion weiterhin kontrovers ablehnend geführt und nach wie vor als experimentelles Verfahren eingestuft.
26.2.2
Laparoskopische Tumorenuklation und distale Pankreasresektion
Anders die Situation bei der Teilresektion und Enukleation zystischer und solider Pankreastumoren. Zahlenmäßig ist hier vor allem die distale Pankreasresektion hervorzuheben, sodass im Folgenden auf diese Technik näher eingegangen wird.
Technik der laparoskopischen Pankreaslinksresektion mit Splenektomie Wir operieren standardisiert in einer 45°-Rechtsseitenlagerung und 4-Trokartechnik. 10 mm-Trokare werden im Nabel (Optik) und zwischen Nabel und Xyphoid platziert. Ein 12 mm-Trokar wird im linken Mittelbauch (Nabel, vordere Axillarlinie) und ein 5 mm-Trokar links subcostal eingebracht (Bärlehner et al. 2002).
Nach Ablösung der linken Kolonflexur und linksseitiger Ablösung des Omentum majus von Querkolon wird der Zugang zur Bursa omentalis geschaffen. Am Unterrand des Pankreas erfolgt linksseitig die Ablösung des Mesocolon transversum bis in Höhe der Mesenterialgefäße und Darstellung der V. mesenterica superior. Mit der Kranialverlagerung des Omentum majus und der großen Magenkurvatur ist die übersichtliche Darstellung des Truncus coeliacus und der A. lienalis möglich. Diese wird vorsorglich mit einem Endoclip trunkulär verschlossen. Die Untertunnelung des Pankreas erfolgt in Höhe der V. mesenterica superior. Nach Isolierung der V. lienalis erfolgt die Pankreasdurchtrennung mit einem Linearcutter (⊡ Abb. 26.1). In Abhängigkeit von Konsistenz und Volumen kommt das weiße oder blaue Magazin zur Anwendung. Die Absetzungsfläche wird mit einer fortlaufenden LahodnyNaht zusätzlich gesichert. Nach Entfernung des Endoclips von der A. lienalis werden beide Stammgefäße ebenfalls mit einem Linearcutter (weißes Magazin) durchtrennt. Die Versorgung der V. mesenterica inferior orientiert sich an der Pankreasabsetzungsebene. Unter Mitentfernung der paralienalen Lymphknoten erfolgt mit Durchtrennung des Ligamentum gastrolienale und der retrolienalen peritonealen Umschlagfalte die Isolierung der Milz. Das freie Pankreas-Milz-Präparat wird in einen Bergebeutel gebracht und durch Erweiterung des 12 mm-Trokarkanals geborgen. Eine subtile Kontrolle des Operationsgebietes und eine links subphrenische Drainage beenden den Eingriff. Bei der Indikationsstellung zur laparoskopischen Pankreaslinksresektion kommen heute sowohl benigne als auch maligne Tumore infrage (⊡ Tab. 26.2). In einer Multicenterstudie mit insgesamt 127 Patienten aus 25 europäischen Zentren hatten 87% (n=111) aller Patienten ein benignes Leiden (Mabrut et al. 2005). Am häufigsten kamen Zystadenome, Insulinome und neuroendokrine Tumore vor (⊡ Tab. 26.3). In 11% der Fälle (n=16) wurde der Eingriff wegen folgender Malignome durchgeführt: ▬ maligner neuroendokriner Tumor (n=5), ▬ duktales Adenokarzinom (n=4), ▬ malignes Insulinom (n=2), ▬ malignes Zystadenokarzinom (n=2) und ▬ Nierenmetastasen (n=2). ! Cave! Da bei 5 Patienten (4%) die Malignomdiagnose erst postoperativ als Überraschungsbefund festgestellt wurde, empfehlen wir immer eine Schutzfolie bzw. ein Bergebeutel vor der Extraktion des Präparates zu verwenden.
26
305 26.2 · Resezierende laparoskopische Verfahren
empfehlen einige Autoren, neben einer Übernähung der Klammernahtreihe zusätzlich eine gezielte Suche und eine selektive Ligatur des Ductus pancreaticus. Die mittlere Operationszeit betrug 190 min, die Konversionsrate 14%. Gründe für den Umstieg waren vor allem intraoperative Komplikationen wie Blutung sowie technische Probleme. Die mittlere Krankenhausaufenthaltsdauer lag bei 7 Tagen (Mabrut et al. 2005). Sowohl Serien aus einzelnen Institutionen (⊡ Tab. 26.2) als auch die große europäische Multicenterstudie (⊡ Tab. 26.3) haben die Machbarkeit der laparoskopischen Pankreasresektion, insbesondere der Pankreaslinksresektion eindeutig belegt.
Bei benignen Erkrankungen stellt die laparoskopische Linksresektion unter Erhalt der Milz die bessere Alternative dar. Technische Voraussetzungen sind moderne Dissektionsinstrumente. Aufgrund der Unmöglichkeit einer Fingerpalpation ist die Verwendung eines intraoperativen Ultraschalls von großer onkochirurgischer Bedeutung, um die Lagebeziehung des Tumors zu umgebenden großen Gefäßen zu ermitteln und die Resektionsgrenze sicher festzulegen. In der Multicenterstudie von Mabrut et al. traten Komplikationen bei 31% der Patienten auf, wobei mit 17% die Pankreasfistel am häufigsten vorkam. Daher
⊡ Tab. 26.2 Ergebnisse nach laparoskopischer Tumorenuklation und distaler Pankreasresektion Autor (Jahr)
PAT (n)
Histologie (n)
Operation (n)
Insulinom
NET
CA
CP
En
DP
KONV (%)
KOMPL (%)
Fistel (%)
Gagner u. Pomp 1997
13
12
-
-
1
3
6
31
38
0
Cuschieri u. Jakomovicz 1998
14
6
-
1
7
3
10
22
40
15
Berends et al. 2000
10
10
-
-
-
4
1
50
36
20
Patterson et al. 2001
19
7
-
10
2
4
13
16
26
16
Fernandez-Cruz et al. 2002
18
10
-
8
-
4
12
12
28
28
Fabre et al. 2002
13
1
1
9
1
-
11
15
30
8
Park u. Heniford 2002
54
9
-
6
4
2
21
8
16
2
Bärlehner et al. 2002
7
-
1
5
1
-
7
14
0
0
Shimizu et al. 2004
15
4
2
4
5
2
9
13
28
15
Edwin et al. 2004
32
13
11
2
-
7
12
25
38
11
Lo et al. 2004
10
10
-
-
-
2
2
60
50
33
Matsumoto et al. 2005
7
1
1
5
-
-
4
43
50
43
KONV Konversionsrate, KOMPL Komplikationsrate, NET neuroendokriner Tumor, CA Karzinom, CP chronische Pankreatitis, En Enukleation, DP distale Pankreasresektion
⊡ Tab. 26.3 Ergebnisse einer Europäischen retrospektiven Multicenterstudie zur laparoskopischen Pankreasresektion (25 Zentren, 127 Patienten) Autor (Jahr)
Mabrut et al. 2005
Pat. (n)
127
Histologie (n)
Operation (n)
Zystadenome
Insulinom
NET
CP
CA
DP
En
ZR
47
22
20
11
16
82
21
1
OP-Dauer (min)
KONV (%)
KOMPL. (%) Fistel (%)
190 (65-400)
14
31
17
KONV Konversionsrate, KOMPL: Komplikationsrate, NET neuroendokriner Tumor, CA Karzinom, CP chronische Pankreatitis, En Enukleation, DP distale Pankreasresektion, ZR Zystenresektion
306
Kapitel 26 · Laparoskopische und laparoskopisch-assistierte Operationsverfahren in der Pankreaschirurgie
Des Weiteren zeichnet sich die Tendenz ab, bei entsprechender Selektion, die Indikation auf maligne Tumorentitäten auszudehnen. Eine Herausforderung stellt die adäquate Versorgung des Pankreasstumpfes und die Vermeidung einer Fistel dar. Eine endgültige Aussage über den Stellenwert der laparoskopischen Pankreasresektion kann erst dann gemacht werden, wenn valide Daten entsprechender Vergleichsstudien vorliegen.
26.2.3
26
Laparoskopische palliative Bypass-Operationen beim Pankreaskarzinom
Eine Umgehungsanastomose kommt bei Patienten mit Magenausgangsstenose bzw. Verschlussikterus infrage. Die laparoskopische Gastrojejunostomie wird weltweit als effektives Verfahren angesehen. Morbidität, Krankenhaus-Aufenthaltsdauer und Anastomosenstenoserate sind niedriger im Vergleich zum offenen Vorgehen (Croce et al. 2005). > Die Überwindung einer Duodenalstenose mittels Metallstents ist mit einer Re-Stenoserate von bis zu 35% verbunden, sodass diese Maßnahme keine echte Alternative zur laparoskopischen Gastrojejunostomie darstellt (Adler u. Baron 2002).
Beim Gallengangsverschluss ist die laparoskopische Cholezystojejunostomie, im Vergleich zur laparoskopischen Hepatikojejunostomie technisch zwar einfacher, aber aufgrund der höheren Stenoserate weniger wirksam (Urbach et al. 2003). Im Gegensatz zur Magenausgangsstenose stellt der Einsatz von Metallstents bei Verschlussikterus eine echte Alternative zu den biliodigestiven Verfahren dar, wobei unter dem Aspekt der aszendierenden Cholangitis der operative Bypass eine bessere Lebensqualität verspricht.
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27
Rekonstruktionsverfahren in der Pankreaschirurgie J. R. Izbicki, T. Strate, Y. Vashist, O. Mann
27.1
Versorgung der Pankreasresektionsfläche, Anastomosentechniken
27.1.1 27.1.2 27.1.3 27.1.4
Pankreasblindverschluss – 308 Pankreasgangokklusion – 308 Enterale Drainageverfahren – 309 Pankreatikogastrostomie – 309
27.2
Rekonstruktion des Galleabflusses
27.3
Techniken der Magenanastomose – 310
27.4
Ein- und Mehrschlingenverfahren – 311
– 310
– 308
308
Kapitel 27 · Rekonstruktionsverfahren in der Pankreaschirurgie
In Abhängigkeit von der Dignität und der Lokalisation der zugrunde liegenden Bauchspeicheldrüsenerkrankung kommen unterschiedliche Resektionsverfahren zur Anwendung. Entsprechend des Resektionsausmaßes werden nachfolgend differenzierte Rekonstruktionsverfahren notwendig, um einen regelrechten Abfluss zu gewährleisten.
27.1
27
Versorgung der Pankreasresektionsfläche, Anastomosetechniken
Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten die Letalität nach Pankreasresektion, insbesondere nach partieller Pankreatoduodenektomie, in vielen »centers of excellence« bis unter 5% gesenkt werden konnte, bleibt die postoperative Morbidität immer noch ein kritischer Faktor und wird vornehmlich bestimmt durch die Rate an Pankreasfisteln (Trede et al. 1998, Cameron et al. 2006, Miedema et al. 1992, Talamini et al. 1997). Die niedrige Mortalität heutzutage ist Ausdruck einer besseren Anästhesie, Intensivmedizin, Weiterentwicklungen im Bereich der Operationstechniken, verkürzter Operationszeit und geringerem Blutverlust. Dies führte zur Ausweitung des operativen Therapieangebotes, auch für Patienten, die aufgrund ihrer Komorbidität bisher als nicht operabel galten (Yekebas et al. 2008, DiCarlo et al. 1998, Fong et al. 1995). Die häufigsten speziellen postoperativen Komplikationen sind ▬ Pankreasfisteln, ▬ Nachblutungen, ▬ Magenentleerungsstörungen und ▬ Wundheilungsstörungen (Yeo et al. 1997). In der Literatur variiert die Inzidenz von postoperativen Fisteln in den einzelnen Studien. Dieses ist neben der individuellen Erfahrung auch auf die Definition der Pankreasfistel zurückzuführen (Bassi et al. 2004, Bassi et al. 2005). Allerdings scheint die Häufigkeit einer Pankreasfistel mit der Technik der Versorgung der Resektionsfläche vergesellschaftet zu sein. Die Versorgung der Pankreasresektionsfläche beginnt zunächst mit der Blutstillung. Nur bei absoluter Bluttrockenheit kann eine exakte Anastomose angefertigt werden. Hierbei sollte eine exakte Umstechung der kleinen Gefäße mit feinem monofilem Nahtmaterial erfolgen. > Die Blutstillung mittels Diathermie sollte vermieden werden, da dies nicht selten die Gefahr einer (sekundären) Nachblutung in sich birgt (Yekebas et al. 2007).
Zur Drainage der Resektionsfläche sind eine Okklusion des Pankreasganges, eine Drainage nach außen sowie die Anlage von pankreatiko-enteralen Anastomosen beschrieben.
27.1.1
Pankreasblindverschluss
Der alleinige Blindverschluss eignet sich nur bei Patienten ohne Gangpathologie im verbleibenden Pankreas. Nach einer Pankreaslinksresektion bei Tumoren des Pankreaskorpus oder -schwanzes erfolgt in Abhängigkeit von der genauen Tumorlokalisation die Transsektion links der Pfortader/V. mesentrica superior. Der Blindverschluss kann entweder durch eine Handnaht oder mit dem Stapler vorgenommen werden. Erfolgt die Resektion mit dem Skalpell oder der Diathermie, so wird in der Regel eine fischmaulförmige Resektionsfläche geschaffen, welche dann – nach subtiler Blutstillung – mittels Einzelknopfoder fortlaufender Naht unter Verwendung von zartem monofilem, absorbierbarem Nahtmaterial verschlossen wird. Zusätzlich kann eine Versiegelung mit Fibrinkleber oder eine plastische Deckung mittels seromuskulärem Patch erfolgen. Die Frage, welche Verschlusstechnik weniger Komplikationen birgt, konnte abschließend noch nicht geklärt werden, allerdings scheint die Versorgung mittels Stapler mit höheren Fistelraten verbunden zu sein (Kleef et al. 2007, Knaebel et al. 2005).
27.1.2
Pankreasgangokklusion
Die Originalfassung von Allen O. Whipple beschreibt eine Okklusion des Pankreasganges. Später jedoch nahm der Autor eine Modifikation vor und befürwortete die Anlage einer Pankreatikojejunostomie. Die Okklusion des Ductus pancreaticus mit Fibrinkleber, Neoprene® oder Ethibloc®, soll die Inzidenz postoperativer Fisteln senken. Hierfür wird intraoperativ, z.B. im Rahmen einer Duodenopankreatektomie oder auch der Pankreaslinksresektion, mit entsprechender Rekonstruktion, eine der o.g. Substanzen über einen Katheter direkt in den Hauptgang appliziert (DiCarlo et al. 1989, Konishi et al. 1995, Gall et al. 1990). Theoretisch soll durch diese Technik die Aktivität der Pankreasproteasen reduziert und die Ausheilung der Anastomosen oder des blind verschlossenen Pankreasstumpfes unterstützt werden. Eine protektive Wirkung konnte allerdings bisher nicht nachgewiesen werden. Insbesondere die direkte Ligatur des Pankreasganges ist mit signifikant hohen Fistelraten vergesellschaftet. Eine prospektive randomisierte
309 27.1 · Versorgung der Pankreasresektionsfläche, Anastomosetechniken
Studie ergab zwar keinen wesentlichen Unterschied zwischen Gangokklusion und enteraler Ableitung bezüglich Mortalität und exokriner Insuffizienz, aber eine signifikant höhere Diabetes mellitus-Rate in der Gangokklusionsgruppe (Tran et al. 2002).
27.1.3
Enterale Drainageverfahren
Diese Variante ist derzeit sicherlich die am häufigsten angewandte Methode zur Drainage der Pankreasresektionsfläche nach Pankreasresektionen wie der klassischen Whipple-Operation oder der pyloruserhaltenden partiellen Pankreatoduodenektomie. Die Drainage des Pankreas wird bei dieser Technik durch eine nach Roux-Y ausgeschalteten Jejunumschlinge, die durch das Mesokolon oder dorsal der Mesenterialwurzel zum Pankreas geführt wird, gewährleistet. Je nach operativer Strategie wird für die Rekonstruktion eine separate Dünndarmschlinge verwendet (2- oder 3-Schlingenrekonstruktion) oder dieselbe Schlinge für die Anastomosen zu Pankreas, Gallengang und Magen (1-Schlingenrekonstruktion) (Papadimitriou et al. 1999). Die Pankreatikojejunostomie ist die am häufigsten verwendete Form der Wiederherstellung der pankreatiko-enteralen Passage. Die Rekonstruktion kann wahlweise als End-zu-End mit Invagination des Pankreasstumpfes ins Jejunum (Teleskopanastomose) oder aber als eine End-zu-Seit Pankreatikojejunostomie mit oder ohne Duct-to-mucosa-Adaptation erfolgen. Einige Chirurgen bevorzugen zusätzlich die Einlage einer Drainage in den Pankreasgang zum Schutz der Anastomose (Greene et al. 1991) (⊡ Abb. 27.1). Bei der Teleskopanastomose wird als erster Schritt der Rekonstruktionsphase die erste Jejunalschlinge präpariert. Diese wird dann blind verschlossen retrokolisch so in das ehemalige Duodenalbett transponiert, dass sie dem Pankreasabsetzungsrand End-zu-End gegenüber liegt. Unter Sondierung des Pankreasganges wird dann das Organ angehoben und der Gang während der Anastomosierungsphase sicher visualisiert. Dann wird in zweireihiger Nahttechnik die sich teleskopartig einstülpende Anastomose mit 3/0 oder 4/0 atraumatischen, resorbierbaren monofilen Einzelknopfnähten gefertigt. Dabei verlaufen die Stiche der zweiten Nahtreihe am Darm allschichtig, am Pankreas schräg durch die hintere Kante der Resektionsfläche. Im Bereich des Pankreasganges wird dieser in die Naht mit einbezogen, um so eine Okklusion zu verhindern. In umgekehrter Weise wird nach Komplettierung der Hinterwand auch die Anastomosenvorderseite zweireihig einstülpend angelegt. Auch hier wird der Ductus pancreaticus durch 2-3 Nähte mitgefasst.
⊡ Abb. 27.1 End-zu-Seit-Pankreatikojejunostomie. Naht der Vorderwand-Pankreaskapsel nach Erstellung der Duct to MucosaAnastomose
Alternativ kann die Pankreatikojejunostomie auch termino-lateral mittels einreihiger fortlaufender Nahttechnik oder doppelreihig mit Einzelknopfnähten gefertigt werden. Auch hier wird empfohlen, den Ductus pancreaticus durch je 2-3 Nähten im Bereich der Vorderund Hinterwand mitzufassen. Viele Chirurgen favorisieren eine Duct-to-mucosa-Adaptation, um eine sichere Drainage des Ganges zu gewährleisten (Aston u. Longmire 1974, Marcus et al. 1995, Roder et al. 1999). Hierzu wird zunächst eine Nahtreihe, welche die dorsale Hemizirkumferenz der Pankreasresektionskante sowie der Seromuskularis des Jejunums folgt, angelegt. Gegenüber dem Pankreasgang wird dann eine punktförmige Jejunotomie vorgenommen. Anschließend wird die Ductto-mucosa-Naht mit 4-8, 6-0-Einzelknopfnähten unter Verwendung einer Lupenbrille erstellt. Die vordere Naht, analog zur dorsalen Nahtreihe zwischen Pankreasflächen und Jejunumwand, komplettiert die Rekonstruktion. Schlussendlich bleibt aber die Inzidenz der Pankreasfistel nach Pankreatikojejunostomien mit zwischen 6 und 25% relativ hoch (Hayashibe u. Kameyama 2007, Bassi et al. 2003, Ohwada et al. 2001).
27.1.4
Pankreatikogastrostomie
Bereits 1946 wurde von Waugh und Clagett die Drainage des Pankreasstumpfes in den Magen eingeführt. Zuvor wurden die technischen Voraussetzungen bereits 1936 durch Tripodi und Sherwin in einem Hundemodell etabliert (Cooper Person Jr. u. Glenn 1934, 1939). Obwohl es bislang nur eine einzige prospektiv randomisierte Studie zwischen Pankreatikojejunostomien
27
310
27
Kapitel 27 · Rekonstruktionsverfahren in der Pankreaschirurgie
und Pankreatikogastrostomien gibt, favorisieren viele Chirurgen zunehmend die Pankreatikogastrostomie als pankreatiko-enterale Drainage bei Versorgung der Pankreasresektionsfläche (Yeo et al. 1995, O’Neil et al. 2001, Delcore et al. 1990, Schlitt et al. 2002). Die Vorteile beinhalten die örtliche Nähe der Magenhinterwand zur anterioren Pankreasfläche und damit eine größere Spannungsfreiheit der Anastomose sowie die hervorragende Blutversorgung des Magens, welche als Vorteil für eine bessere Anastomosenheilung angesehen wird. Zusätzlich kann über eine nasogastrale Sonde eine kontinuierliche Dekompression des Magens und damit eine Entlastung der Anastomose herbeigeführt werden. Für die Durchführung dieser Anastomose zwischen Pankreas und Magenhinterwand muss zunächst das Pankreas so weit wie möglich insbesondere von den Milzgefäßen mobilisiert werden. Bei der Pankreatikogastrostomie wird nach klassischer Whipple’scher Resektion oder der pyloruserhaltenden partiellen Duodenopankreatektomie (PPPD) ca. 5-7 cm proximal des Pylorus oder der Klammernahtreihe zwischen der großen und kleinen Kurvatur eine hintere Gastrotomie durchgeführt. Danach wird dann mittels in der Magenwand vorgelegten Nähten das Pankreas über die Gastrotomie verankert. Eine zirkuläre Vernähung findet nicht statt. Die Anastomose kann alternativ auch über eine zusätzlich angebrachte vordere Gastrostomie unter Sicht angelegt werden. Es wird postuliert, dass sowohl der niedrige pH-Wert im Magen als auch die Abwesenheit der Enzym aktivierenden Enterokinasen zu einer eingeschränkten Aktivität der exokrinen Pankreasenzyme führt. Die Anastomose soll durch diesen Effekt weniger vulnerabel sein.
27.2
Rekonstruktion des Galleabflusses
Die Galleableitung ist im Allgemeinen der zweite Schritt in der Rekonstruktionsphase. Nach der Whipple’schen Operation wird die Rekonstruktion des Galleabflusses durch Anlage einer Choledochojejunostomie (distal der Einmündung des Ductus cysticus) oder einer Hepatikojejunostomie (proximal der Einmündung des Ductus cysticus) ermöglicht. Die Anastomose wird dabei entweder an der Jejunumschlinge, die auch zur Pankreatikojejunostomie genutzt wird (1-Schlingen-Rekonstruktion), oder an einer separaten Schlinge (2- oder 3-SchlingenRekonstruktion) angelegt. Entscheidend zur Vermeidung einer Stenose der späteren Anastomose ist die Kenntnis der Blutversorgung des Gallenganges unabdinglich (A. hepatica). Daher sollte eine allzu weite proximale Dissektion vermieden werden. Die Gallengangsanastomo-
⊡ Abb. 27.2 Pankreatikogastrostomie
se wird nach spannungsfreier Mobilisation der entsprechenden Jejunumschlinge und kleiner Inzision an deren antimesenterialen Seite mittels End-zu-Seit-Anastomose mit sero-submucösen Nähten mit PDS 5/0 oder 6/0 in Einzelknopfnahttechnik angelegt. Die biliodigestive Anastomose kann auch mithilfe fortlaufender Naht erfolgen, allerdings scheint die Rate späterer Anastomosenstenosen höher. Perioperative chirurgische Komplikationen beinhalten das Auftreten eines Gallelecks, Anastomosenstrikturen und/oder Cholangitiden sowie biliäre Peritonitiden (Warshaw et al. 1976, Launois et al. 1995, Izbicki et al. 1994, Cataldegirmen et al. 2007).
27.3
Techniken der Magenanastomose
Die Wiederherstellung der gastrointestinalen Kontinuität erfolgt mittels einer Gastrojejunostomie. Diese Verbindung hat die geringsten Komplikationsraten nach Whipple-Operationen. Die enterale Speisepassage wird als eine Gastrojejunostomie entweder mit einer sog. Omega-Schlinge oder als Roux-Y-Anastomose wiederhergestellt. Bei der Rekonstruktion mittels Omega-Schlinge wird zunächst eine Schlinge des proximalen Jejunums aufgesucht, die sich spannungsfrei zum aboralen Anteil der Hinterwand des Magenrestes mobilisieren lässt. Die Schlinge kann entweder ante- oder retrokolisch zum Magenstumpf geführt werden, wobei in jedem Fall auf die Spannungsfreiheit des Mesenteriums geachtet werden muss. Retrokolisch wird die Jejunumschlinge durch eine Schlitzung im Mesokolon transversum geleitet. Die Gastrojejunostomie wird auf einer Strecke von 5-6 cm durchgeführt, um Strikturen der Anastomose zu vermei-
311 27.4 · Ein- und Mehrschlingenverfahren
den. Dabei werden der Magenrest an seiner Hinterwand und die Jejunumschlinge an der antimesenterialen Seite eröffnet. Zur Anastomosierung werden sowohl Einzelknopfnähte oder fortlaufende Nahttechniken als auch Klammernahtgeräte mit gleichem Erfolg verwendet. Die Anlage einer Braun-Fußpunkt-Anastomose an der Basis der Schlinge soll den permanenten Kontakt der Galle- und Pankreassekrete mit der Magenschleimhaut verhindern. Daher empfiehlt sich die Anlage der Anastomose 40-60 cm hinter der Gastrojejunostomie. Der Braun’sche Fußpunkt wird als eine Seit-zu-Seit-Anastomose in Einzelknopf-, fortlaufender Nahttechnik oder mit Klammernaht angelegt. Zur Durchführung der Roux-Y-Rekonstruktion wird 40-50 cm aboral des Treitz’schen Bands das Jejunum abgesetzt. Die Verwendung eines Klammernahtgeräts bietet hierbei nicht nur die schnelle und einfache Handhabung, sondern auch einen sauberen temporären Verschluss des Jejunums. Die blinden Enden werden aber in jedem Fall mit Einzelknopfnähten oder fortlaufender Naht übernäht bzw. verschlossen. Die aborale Jejunumschlinge wird nun zur Hinterwand des Magenstumpfs entweder ante- oder retrokolisch mobilisiert. Die Gastrojejunostomie erfolgt wie oben beschrieben. Wurde bei der Resektion allerdings der Pylorus erhalten (z.B. pyloruserhaltende Whipple’sche Operation), wird die Jejunumschlinge antekolisch hoch geführt und postpylorisch Seit-zu-End oder End-zu-End anastomosiert (Yilmaz et al. 2001). Die primär oral gelegene Jejunumschlinge, über die je nach gewähltem Rekonstruktionsverfahren das Pankreassekret, die Galle oder beides zugeführt wird, wird nun 40-60 cm von der Gastrojejunostomie Seit-zu-End oder Seit-zu-Seit als Jejunojejunostomie angeschlossen. Perioperative chirurgische Komplikationen sind insbesondere Anastomosendehiszenz oder Anastomsenstrikturen. Als typische Folgekrankheiten können das Dumping-Syndrom, das Blind-Loop-Syndrom sowie die Ausbildung einer Refluxösophagitis, eines Anastomosenulkus oder gar eines Magenstumpfkarzinoms auftreten (Hartel et al. 2005, Muller et al. 1997, Horstmann et al. 2004).
27.4
ruktion gestaltet sich bei stauungsbedingter Gangerweiterung nicht selten technisch einfacher. Die Anastomose sollte mindestens 6 cm aboral der Pankreasanastomose zu liegen kommen. Schließlich erfolgt dann die termino-laterale Gastrojejunostomie mit Braun’scher Fußpunktanastomose. Hierfür wird die nächste lange Jejunumschlinge in der Regel retrokolisch (bei Pyloruserhalt besser antekolisch) zum Magen hochgeführt. Wir bevorzugen für diese Anastomose eine einreihige fortlaufende Naht mit monofilem Faden, aber auch andere Nahttechniken sind problemlos möglich. Schließlich erfolgt dann die Anlage der Fußpunktanastomose über eine latero-laterale Jejunojenunostomie, um so sowohl einen Reflux von Gallenund Pankreassekret in den Magenstumpf zu verhindern. Die 1-Schlingenrekonstruktion beinhaltet das Risiko, dass im Falle einer nicht seltenen Insuffizienz der Pankreasanastomose auch die nachgeschalteten beiden Anastomosen sekundär gefährdet sind. Insbesondere
Ein- und Mehrschlingenverfahren
Im Rahmen der Rekonstruktionsphase stehen 1-, 2- oder 3-Schlingenverfahren zur Verfügung. Bei der 1-Schlingenrekostruktion beginnt die Wiederherstellung der Abflusswege, wie oben beschrieben, mit der Pankreatikojejunostomie. Danach erfolgt in der Regel die Wiederherstellung des Gallenabflusses mittels termino-lateraler Hepatikojejunostomie. Dieser zweite Teil der Rekonst-
⊡ Abb. 27.3 2-Schlingenkonstruktion nach Whipple’scher Operation
27
312
27
Kapitel 27 · Rekonstruktionsverfahren in der Pankreaschirurgie
kann jedoch eine punktförmige Insuffizienz, welche im Sinne einer Pankreasfistel konservativ zu beherrschen wäre, durch den Galleaustritt mit nachfolgender Peritonitis eine Revision erfordern. Daher bevorzugen wir die 2-Schlingenrekonstruktion (⊡ Abb. 27.3). Hierbei wird das Jejunum ca. 40 cm hinter der Pankreasanastomose mit dem Klammernahtgerät durchtrennt. Nach Übernähung der beiden Klammernahtreihen wird dann die aborale Schlinge im Sinne einer Roux-Y-Rekonstruktion retrokolisch zum Gallengang transpositioniert und danach eine termino-terminale Hepatikojejunostomie hergestellt. Die Wiederherstellung des Magenabflusses erfolgt dann analog der 1-Schlingenrekostruktion. Bei der 3-Schlingenrekostruktion erfolgt auch die Magenanastomose durch eine separate, nach Roux-Y ausgeschaltete Dünndarmschlinge. Letzteres Verfahren kann aus technischen Gründen erforderlich werden, bietet aber aus unserer Sicht keine zusätzliche Sicherheit im Vergleich zur 2-Schlingenrekostruktion.
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313 27.4 · Ein- und Mehrschlingenverfahren
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27
28
Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie M. Ernst, L. Müller
28.1
Einleitung
– 315
28.2
Allgemeine Komplikationen – 315
28.3
Intraoperative Komplikationen – 316
28.4
Postoperative Komplikationen – 317
28.4.1 28.4.2 28.4.3 28.4.4 28.4.5 28.4.6
Blutung – 317 Wundinfektion und Abszess – 318 Anastomoseninsuffizienz – 319 Pankreasfistel – 320 Magenentleerungsstörung – 321 Seltene Komplikationen – 321
28.5
Postoperative Folgezustände und Lebensqualität – 321
315 28.2 · Allgemeine Komplikationen
28.1
Einleitung
28.2
Allgemeine Komplikationen
M. Ernst
M. Ernst
Resektionen am Pankreas gehen mit einer substanziellen Morbidität und Mortalität einher. Gründe hierfür sind die Komplexität des chirurgischen Eingriffs, die Notwendigkeit einer Anastomosierung, eines Nahtverschlusses des verbleibenden Pankreasrestes und bei Patienten mit Pankreaskarzinom die in der Regel vorhandene Co-Morbidität. Über die letzten Jahrzehnte hinweg konnte die postoperative Letalität in den Zentren für Pankreaschirurgie auf unter 5% reduziert werden (Makowiec et al. 2005), während die postoperative Morbidität bei ebenfalls rückläufiger Tendenz mit ca. 40% immer noch erheblich ist (Cameron et al. 2006). Die Analyse von Sammelstatistiken konnte eine statistisch signifikant niedrigere Letalität in Kliniken mit hohen Fallzahlen bestätigen (⊡ Tab. 28.1). Dies wird insbesondere auch auf das verbesserte Komplikationsmanagement in erfahrenen Zentren zurückgeführt. Dabei wird die Definition eines high-volume-Zentrums willkürlich gehandhabt und beträgt zwischen 10 und 50 resezierenden Pankreaseingriffen pro Jahr.
Postoperative Störungen der kardiopulmonalen Funktion, Nachblutung, Wundinfektion und postoperative Ausbildung eines paralytischen oder mechanischen Ileus stellen allgemeine Komplikationen dar, die auch bei jedem anderen größeren Abdominaleingriff auftreten können. Patienten nach resezierenden Pankreaseingriffen werden in aller Regel postoperativ intensivmedizinisch überwacht, sodass kardiopulmonale Funktionsstörungen rechtzeitig erkannt und sofort therapiert werden können. Zu beachten ist, dass Herzrhythmusstörungen auch Frühzeichen einer beginnenden Peritonitis darstellen können und daher besondere Aufmerksamkeit verdienen. Bei postoperativ auftretenden Atelektasen und Sekretverhalt ist frühzeitig eine Bronchoskopie erforderlich. Gleichzeitig kann hierbei Sekret für eine mikrobiologisch gezielte Antibiotikatherapie gewonnen werden. Wundinfektionen treten in einer Frequenz von ca. 5% auf (Halloran et al. 2002). Für die Durchführung der perioperativen Antibiotikaprophylaxe besteht der Evidenzgrad A, empfohlene Medikation ist die Kombination eines Zweitgenerationscephalosporins mit Metronidazol (Kujath et al. 2006). Postoperative Nachblutungen treten ebenfalls mit einer Frequenz von ca. 5% auf und sind der dem Eingriff entsprechend großen Wundfläche anzulasten (Halloran et al. 2002).
> Der statistische Zusammenhang zwischen hoher Operationsfrequenz und geringer Letalität hat seinen Niederschlag in der Festlegung von Mindestmengen für resezierende Pankreaseingriffe (10 pro Jahr) gefunden und unterstützt die Forderung nach Konzentration von Pankreaseingriffen in Zentren mit überdurchschnittlich hoher Operationsfrequenz und entsprechender Erfahrung im prä-, intra- und postoperativen Management (Keck et al. 2007).
> Insbesondere bei Patienten mit länger bestehendem Verschlussikterus ist für eine präoperative parenterale Substitution von Vitamin K Sorge zu tragen, um das Blutungsrisiko intra- und postoperativ zu vermindern.
⊡ Tab. 28.1 Hospitalvolumen und Krankenhausletalität Literatur
Zeitraum
Anzahl d. Patienten
Volumendefinition
Ergebnis
Glasgow u. Mulvihill 1996
1990-1994
1705
GV: 1-5 HV: >50
14% vs. 3,5% GV vs. HV
Gouma et al. 2000
1994-1998
1126
GV: <5 HV: >25
20% vs. 3% GV vs. HV
Finlayson et al. 2003
1995-1997
3414
GV: <3 MV: 3-13 HV: >13
13,1% vs. 2,5% GV vs. HV
Imperato et al. 1996
1991-1994
579
GV: 1-5 HV: >25
14,3% vs. 2,2% GV vs. HV
GV geringes Volumen, MV mittleres Volumen, HV hohes Volumen
28
316
Kapitel 28 · Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie
28.3
Intraoperative Komplikationen
M. Ernst Auch bei gewissenhafter Indikationsstellung und optimaler Vorbereitung des Patienten sind intraoperative Komplikationen nicht immer zu vermeiden. Schlüssel zum erfolgreichen Management einer eingetretenen Komplikation sind ▬ die mentale Vorbereitung auf den Eingriff, ▬ die frühzeitige Erkennung des Gefährdungspotenzials eines präparatorischen Schrittes und ▬ die Beherrschung des technisch-chirurgischen Repertoires zu deren Vermeidung. Tipp
28
I
I
Unüberlegtes und überhastetes Präparieren sind ebenso unangebracht wie der Versuch, durch einen »heroischen« Eingriff die inoperable Situation in eine operable überführen zu wollen. Bei eingetretener Komplikation sind Ruhe und Besonnenheit die besten Ratgeber, um sich zunächst Klarheit über das Schadensausmaß und die Möglichkeiten der Korrektur zu verschaffen.
Im zeitlichen Ablauf der Operation sind drei Phasen zu unterscheiden:
1. explorative Phase Die intraoperative histologische Sicherung durch Stanzbiopsie hat zwar nur ein sehr geringes Risiko der Tumorzellverschleppung und Implantation (Ernst 1995), kann aber durch die akzidentelle Punktion eines größeren Gefäßes oder eines größeren Pankreasganges eine entsprechende Blutung oder eine Pankreasfistel aus dem Punktionskanal verursachen. Bei weicher Pankreaskonsistenz kann dabei die Versorgung durch direkte Naht schwierig oder auch unmöglich sein, besser ist zunächst die passagere Kompression bei Blutung. Persistierende Fisteln resultieren in der Regel nur, wenn ein gestauter Gangabschnitt punktiert wurde. Die hohe Rate falsch negativer Punktionshistologien und die Komplikationsgefahr haben viele Pankreaschirurgen dazu veranlasst, auf die intraoperative Histologiesicherung ganz zu verzichten und die Indikation zur Resektion in erster Linie von der Klinik des Patienten und der Bildgebung abhängig zu machen. Ist eine Punktion unverzichtbar, sollte diese wenn immer möglich transduodenal durchgeführt werden, wobei der Einstich am Duodenum mit einer Einzelknopfnaht zu übernähen ist.
> Während der explorativen Phase sind alle Präparationsschritte so durchzuführen, dass jederzeit die Beendigung des Eingriffs als Probelaparotomie möglich ist.
Definitive Gefäßunterbindungen und Durchtrennung anatomischer Strukturen sind zu unterlassen. Eine Ausnahme stellt die Cholezystektomie und die quere Durchtrennung des Ductus hepaticus communis dar, wenn im Falle der Inoperabilität die palliative Anlage einer biliodigestiven Anastomose geplant ist. In der Präparationsschicht zwischen distalem Choledochus und der Pfortader kann eine breitflächige Tumorinfiltration gut erkannt werden. ! Cave! Bei fortgeschrittenen Tumoren mit fraglicher Infiltration von Nachbarorganen muss der Einriss des Tumors durch unvorsichtige Präparation unbedingt vermieden werden.
Neben der Aussaat von Tumorzellen können durch brüske Präparation Hohlorgane oder Gefäße eröffnet werden. Insbesondere bei fraglicher Infiltration der Pfortader empfiehlt es sich, die zuführenden Venen (V. mesenterica superior, V. mesenterica inferior, V. lienalis) und die V. portae frühzeitig anzuzügeln.
2. Resektionsphase Akut am bedrohlichsten ist die Gefäßverletzung, und sie ist am gefährlichsten in der mesentericoportalen Achse. Zu beachten ist, dass jeder Präparationsschritt so ausgeführt wird, dass eine evtl. Blutung jederzeit kontrolliert werden kann. Wurden die Gefäße in der Explorationsphase angezügelt, kann die Massivblutung aus der Pfortader sofort durch das Anlegen von Gefäßklemmen zum Stillstand gebracht werden. Eine intraoperative Heparingabe ist bei Abklemmzeiten bis zu 30 min in der Regel nicht erforderlich. Ist die Blutung eingetreten, bevor die Venen angezügelt wurden, sollte eine direkte Kompression des Einrisses mit Stieltupfern durchgeführt und die Präparation und das Anzügeln der Gefäße nachgeholt werden. ! Cave! Keinesfalls sollten Gefäßnähte oder größere Umstechungen ohne Kontrolle des Einstroms durchgeführt werden.
Eine korrekte Nahtführung wird durch die Blutung behindert oder aber es kommt durch unkontrolliertes Mitfassen von Pankreasgewebe oder weiteren Gefäßwandanteilen zu einer erheblichen Kompression des Pfortaderlumens. Bei Linksresektion und Verletzung der V. lienalis kann die Blutungsintensität durch Ausklemmen der A. lienalis gedrosselt werden.
28
317 28.4 · Postoperative Komplikationen
Zusammenfassend ist mit Gefäßverletzungen im Bereich des mesentericoportalen Stromgebietes insbesondere bei peritumorösen Entzündungen/Infiltrationen und pankreatitischen Veränderungen durch vorausgegangene diagnostische Manipulationen (ERCP) oder tumorobstruktionsbedingter Pankreatitis zu rechnen. Für Verletzungen im Bereich der Arterien (Arteria hepatica, Arteria gastroduodenalis, Arteria mesenterica superior) gilt Ähnliches. Die Beurteilung einer Infiltration der Arteria mesenterica superior sollte bei lokal fortgeschrittenen Tumoren im Rahmen der Exploration von inframesocolisch links erfolgen (artery first approach). Zu beachten ist der relativ häufige Verlauf einer atypischen Arteria hepatica dextra mit Ursprung aus der Arteria mesenterica superior, die immer am Unterrand des Ligamentum hepatoduodenalis verläuft. Diese Anomalie wird bei optimaler präoperativer Bildgebung (HR-CT, MRT) präoperativ erkannt, anderenfalls sollte zu Beginn der Lymphadenektomie am Unterrand des Ligamentum hepatoduodenale gezielt nach der Arterie gesucht werden. > Intraoperative Ischämien im Stromgebiet des Truncus coeliacus können nach Absetzen der Arteria gastroduodenalis auftreten, wenn eine Truncussstenose vorlag und eine Kollateralversorgung über die Arteria gastroduodenalis erfolgte.
Auch diese Situation wird sich präoperativ durch CT/MRAngio erkennen lassen und ggf. zur präoperativen PTA des Truncus coeliacus führen. Einen weiteren Hinweis auf die Truncusstenose wird man durch ein ungewöhnlich großes Kaliber der Arteria gastroduodenalis erhalten. Ist die interventionelle Reperfusion des Truncus nicht möglich und die Ischämie der Oberbauchorgane ausgeprägt, so muss nach Abschluss der resektiven Phase eine offene Gefäßrekonstruktion durch TEA oder Bypass erfolgen. Ein Verwechslung der A. gastroduodenalis mit der A. hepatica propria kann durch präparatorische Darstellung der Leberarterie ausgeschlossen werden.
Bei Durchführung einer Pankreatogastrostomie kann ein Mitfassen des Pankreasganges sicher vermieden werden, wenn vor Stechen der Einzelknopfnähte eine Knopfsonde zart in das Lumen des Pankreasganges eingeführt wurde. Nach Abschluss der Anastomosierung muss sich die Knopfsonde mühelos entfernen lassen.
28.4
Postoperative Komplikationen
M. Ernst Das Komplikationsspektrum (⊡ Tab. 28.2) im postoperativen Verlauf nach Pankreasresektionen ist groß und für die Morbidität und Letalität verantwortlich (Halloran et al. 2002). Viele der Komplikationen können durch radiologische und endoskopische Interventionen beherrscht werden, bei reoperationspflichtigen Komplikationen steigt die Letalität signifikant auf über 30% an (Yeo et al. 1997). Den größten Anteil haben hämorrhagische und septische Komplikationen.
28.4.1
Blutung
M. Ernst Postoperative Blutungen treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf und machen ca. 5% der Gesamtkomplikationsrate aus. Frühpostoperative Blutungen innerhalb der ersten 24 Stunden sind auf inadäquate intraoperative
⊡ Tab. 28.2 Komplikationshäufigkeit nach Pankreasresektion (Sammelstatistik n=2456) (nach Halloran et al. 2002) Komplikation
Anzahl der Patienten
%
Blutung
117
4,8
Komplikationen im engeren Sinne können während der Anastomosierung kaum auftreten. Die technischen Probleme werden in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben. Die Achillesferse der Rekonstruktion stellt die Pankreasanastomosierung dar. Daher ist bei dieser Anastomose besondere Vorsicht geboten.
Wundinfektion
118
4,8
Abszess
95
3,9
Cholangitis
38
1,5
Fistel
256
10,4
Sepsis
5
0,2
! Cave!
Pankreatitis
12
0,5
Magenentleerungsstörung
243
9,9
Andere
261
10,6
3. Rekonstruktive Phase
Bei zu tiefer Nahtverankerung im Pankreasrest kann der Ductus pancreaticus mitgefasst und ligiert werden, als Folge kann eine schwerste Restpankreatitis ausgelöst werden.
318
Kapitel 28 · Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie
Blutstillung, abgerutschte Ligaturen oder eine Anastomosenblutung zurückzuführen. Nach Ausschluss bzw. Korrektur einer Koagulopathie wird die Reintervention vom Ausmaß des Blutverlustes abhängen. Anastomosenblutungen treten am ehesten aus dem Pankreasrest auf, bei Anlage einer Pankreatogastrostomie (⊡ Abb. 28.1) besteht die Möglichkeit einer endoskopischen Blutstillung. > Im spätpostoperativen Verlauf auftretende Blutungen sind häufig durch eine Nahtinsuffizienz mit Gefäßarosion bedingt und haben daher eine hohe Letalität.
! Cave Ein signifikanter Risikofaktor für eine Bakteriämie ist der Austritt infizierter Galle bei der biliären Rekonstruktion nach präoperativer Stenteinlage in den gestauten Ductus hepatocholedochus. Die präoperative Stentung wird daher kontrovers beurteilt und von vielen Chirurgen aufgrund der höheren septischen Komplikationsrate abgelehnt (Sewnath et al. 2002). Im eigenen Vorgehen wird präoperativ nur bei Pruritus oder laborchemisch nachweisbarer Synthesestörung der Leber gestentet.
Bei Arrosionsblutungen im spätpostoperativen Verlauf ist der Versuch einer angiographischen Darstellung und Therapie mittels Embolisation oder überbrückenden Stentung oftmals einer primären Relaparotomie vorzuziehen, da mit massiven intraabdominellen Verwachsungen zu rechnen ist.
28 28.4.2
Wundinfektion und Abszess
M. Ernst Septische Zustände sind am häufigsten durch eine intra-
abdominelle Abszessbildung oder eine Anastomoseninsuffizienz bedingt. Intraabdominelle Abszesse treten bei Bakteriämie oder im Zusammenhang mit einer gedeckten Anastomoseninsuffizienz auf. Sie können durch eine Computertomographie erkannt und in gleicher Sitzung interventionell behandelt werden (⊡ Abb. 28.2, ⊡ Abb. 28.3).
⊡ Abb. 28.2 Retropankreatische Abszessbildung
⊡ Abb. 28.1 Aktive Blutung aus einer Pankreatogastrostomie
⊡ Abb. 28.3 CT gestützte Punktion und Drainage
28
319 28.4 · Postoperative Komplikationen
Seltenere Ursachen einer Sepsis können ein bakteriell besiedelter zentraler Venenkatheter und eine bakteriämische Streuung bei Pneumonie sein. Die Behandlung hat kausal zu erfolgen.
28.4.3
Anastomoseninsuffizienz
M. Ernst Anastomoseninsuffizienzen betreffen die Pankreasanastomose (Pankreatikogastrostomie oder Pankreatikojejunostomie), die Hepatikojejunostomie und die gastrointestinalen Anastomosen. Die Insuffizienz der Pankreasanastomose ist ganz wesentlich für die Morbidität und Letalität verantwortlich und stellt damit den Hauptrisikofaktor der Operation dar. > Bezüglich der Definition einer Pankreasfistel oder Anastomoseninsuffizienz gibt es in der Literatur unterschiedliche Auffassungen, aus praktischen Gründen ist die Unterscheidung in konservativ zu behandelnde und operationspflichtige Insuffizienzen sinnvoll.
Bei gutem Zustand des Patienten, eher späterem Auftreten der Fistelung und geringem Sekretionsvolumen kann bei ständiger Reevaluation klinisch und bildgebend abgewartet werden. Bei Revisionspflichtigkeit erfolgt die
Neuanlage der Pankreasanastomose bzw. im Extremfall die Resektion des Restpankreas. Die Prognose nach totaler Pankreatektomie im Spätverlauf ist durch das Risiko einer bedrohlichen Hypoglykämie ungünstig (Meyer et al. 1988) ( Kap. 23.5). Eine interessante Alternative zur Pankreatikojejunostomie stellt die Pankreatogastrostomie dar, die erstmals 1946 durchgeführt wurde (Waugh et al. 1946) und im letzten Jahrzehnt eine zunehmende Verbreitung gefunden hat. Die aktuellen Daten einer Metaanalyse (MacKay et al. 2006) zeigen sowohl eine geringere Rate an Pankreasfisteln bzw. -insuffizienzen als auch eine geringere Morbiditäts- und Letalitätsrate an (⊡ Tab. 28.3). ! Cave! Ein höheres Risiko der Insuffizienz besteht bei weicher Pankreaskonsistenz, die Prophylaxe durch die perioperative Gabe von Octreotid ist zweifelhaft (Yeo et al 2000, Hesse et al. 2005).
Die Insuffizienz der biliodigestiven Anastomose ist selten und kündigt sich frühzeitig durch galliges Drainagesekret an. Im Einzelfall kann abgewartet werden, wenn der Galleaustritt durch feinste Einrisse der Stichkanäle bei zarten Wandverhältnissen des Ductus hepaticus bedingt ist. Voraussetzung ist der unauffällige klinische Zustand des Patienten und der Ausschluss freier intraabdomineller Flüssigkeit. In allen anderen Fällen ist die operative Revision der Anastomose obligat.
⊡ Tab. 28.3 Vergleich Pankreatikojejunostomie und Pankreatogastrostomie Literatur
Pankreasfistel (%)
Morbidität (%)
Letalität (%)
Gesamt
PJ
PG
Gesamt
PJ
PG
Gesamt
PJ
PG
Adloff et al. 1992
7
2
13
24
18
47
6
4
13
Andivot et al. 1966
14
13
14
39
25
44
5
6
5
Aranha et al. 2003
13
14
12
67
81
55
2
4
0
Amaud et al. 1999
9
13
4
18
23
13
8
12
4
Kim et al. 1997
8
16
2
26
34
19
6
8
4
Mason u. Freeark 1995
7
17
0
-
-
-
7
13
6
Miyagawa et al. 1992
14
19
5
50
45
57
-
6
0
Oussoultzoglou et al 2004
-
20
2
-
63
38
-
2
3
Schlitt et al. 2002
31
13
3
16
22
12
8
13
4
Takano et al. 2000
6
13
0
17
30
6
-
3
0
Yeo et al. 1995
11
11
12
46
45
49
0
0
0
PJ Pankreatikojejunostomie, PG Pankreatikogastrostomie
320
Kapitel 28 · Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie
Die Insuffizienz der gastrointestinalen Anastomosen tritt demgegenüber in den Hintergrund, bei Nachweis von Intestinalsekret in den Drainagen wird in aller Regel die Reoperation notwendig. Generell kann gesagt werden, dass bei unklarer Zustandsverschlechterung des Patienten im postoperativen Verlauf auch ohne fassbaren Nachweis einer Insuffizienz relaparotomiert werden sollte.
28.4.4
Pankreasfistel
L. Müller, C. Wilms, D. C. Bröring
28
Pankreasfisteln treten in einer Häufigkeit von 5-20% auf und sind mit einer erhöhten Inzidenz lebensbedrohlicher Komplikationen wie intraabdominale Abszesse, Blutungen und Sepsis assoziiert (DeOliveira et al. 2006, van Berge Henegouwen et al. 1997). Es existierten unterschiedliche Definitionen der Pankreasfistel. Allerdings wurde durch eine internationale Studiengruppe, der International Study Group on Pancreatic Fistula Definition (ISGPF), eine einheitliche Klassifikation erarbeitet (Bassi et al. 2005). Die Definition der Pankreasfistel ist demnach eine abnorme Kommunikation zwischen dem Pankreasgangsystem und einer anderen epithelialen Oberfläche, welche Pankreassaft enthält. Eine Pankreasfistel entsteht ursächlich entweder aus einer Pankreasanastomoseninsuffizienz oder aus einem Parenchymdefekt, welcher nicht mit einer Anastomose in Verbindung steht. Die Diagnose einer Pankreasfistel wird gestellt, wenn sich vom dritten postoperativen Tag
an Sekret mit einer dreifach über dem Serumwert liegenden Amylasekonzentration durch die Drainage entleert. Die Ausprägung und die daraus folgenden therapeutischen Konsequenzen werden durch das folgende Graduierungsschema weiter unterteilt (⊡ Tab. 28.4). Die häufigste Ausprägung einer Pankreasfistel ist Grad A. Die Grad A-Pankreasfistel ist spontan reversibel und der Patient ist üblicherweise nicht oder nur minimal eingeschränkt. Nach der Accordion-Klassifikation würde man diese Ausprägung als milde Komplikation ( Kap. 19) einordnen. Die eingebrachte Drainage verbleibt länger. Im Ultraschall oder CT erkennt man gewöhnlich keine signifikante Flüssigkeitsansammlung. Der orale Kostaufbau kann fortgesetzt werden. Die Grad B-Pankreasfistel erfordert eine Änderung des therapeutischen Regimes, wie z.B. parenterale Ernährung, Belassen der Drainage über einen längeren Zeitraum, Antibiose (bei Infektzeichen). In der Bildgebung erkennt man häufig eine intraabdominelle Flüssigkeitsansammlung. Nach Accordion-Klassifikation liegt eine moderate Komplikation vor. Eine Grad C-Pankreasfistel ist als eine schwerwiegende Komplikation zu werten. Diese erfordert eine signifikante Therapieänderung (Überwachung, parenterale Ernährung, perkutane Drainage bzw. Re-Operation). Der Krankenhausaufenthalt ist deutlich verlängert. Kommt es bei Vorliegen einer Grad C-Fistel zu einer weiteren Verschlechterung, so ist die Indikation zur erneuten Operation mit der Option der Übernähung der Pankreasanastomose, oder aber der Restpankreatektomie großzügig zu stellen (Bassi et al. 2005).
⊡ Tab. 28.4 Klinische Einteilung der Pankreasfisteln nach ISGPS (nach Bassi et al. 2005) Grad
A
B
C
Klinischer Zustand
Stabil
Meistens stabil
Verschlechtert bis instabil
Spezifische Behandlung*
Nein
Ja/Nein
Ja
US/CT
Negativ
Negativ/Positiv
Positiv
Persistierende Drainage nach 3 Wochen
Nein
Häufig
Ja
Reoperation
Nein
Nein
Ja
Tod durch Pankreasfistel
Nein
Nein
Möglicherweise Ja
Infektzeichen
Nein
Ja
Ja
Sepsis
Nein
Nein
Ja
Wiederaufnahme
Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
*Parenterale Ernährung, Antibiotikagabe, perkutane Drainage
321 28.5 · Postoperative Folgezustände und Lebensqualität
28.4.5
Magenentleerungsstörung
M. Ernst Eine häufige und für den Patienten belastende Komplikation im späteren postoperativen Verlauf stellt die verzögerte Magenentleerung dar. Sie tritt in einer Frequenz von ca. 10% auf und ist nach zunehmender Anwendung der pyloruserhaltenden Rekonstruktion häufiger geworden. Die Frequenz scheint auch nach Anlage der Pankreatogastrostomie höher zu sein (Lermite et al. 2007). Als Risikofaktoren für das Auftreten der verzögerten Magenentleerung wurden neben der Wahl des Rekonstruktionsverfahrens postoperative Komplikationen, höheres Lebensalter (über 70 Jahre), frühzeitiger oraler Kostaufbau (Lermite et al. 2007) und Durchführung einer erweiterten Lymphadenektomie (Michalski et al. 2007) identifiziert. Therapeutisch werden Prokinetika und Erythromycin (Yeo et al. 1993) eingesetzt. Auch die Durchführung einer antekolischen gastrointestinalen Rekonstruktion (Sugiyama et al. 2004) scheint das Risiko dieser Komplikation mindern zu können. Im eigenen Vorgehen (Pankreatogastrostomie) hat sich die Endoskopie mit vorsichtiger Passage der Anastomose ab dem 10. postoperativen Tag als günstig erwiesen.
28.4.6
Seltene Komplikationen
M. Ernst Seltene Komplikationen sind Pankreatitis, Chylaskos und Ileus. Eine Restpankreatitis ist mit einer Frequenz von unter 1% selten, kann aber durch unsachgemäße Operationstechnik ausgelöst werden. > Größte Aufmerksamkeit ist der Integrität des Ductus pancreaticus zu widmen.
Die präparatorische Behandlung des Restpankreas muss atraumatisch erfolgen. Kommt es trotz Anwendung aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Restpankreatitis, so entspricht das Management dem üblichen Prozedere wie bei biliär-/ alkoholinduzierter Pankreatitis. Nur im Extremfall kann es notwendig sein, das Restpankeas zu exstirpieren. Ein Chylaskos kann postoperativ entstehen, wenn die Cysterna chyli verletzt wurde. Bleibt dies unbemerkt, so kann es auch noch nach Monaten zu einer entsprechenden Symptomatik kommen. Die Behandlung ist operativ, die Leckage muss aufgefunden und sicher umstochen werden.
I
Tipp
I
Zur Identifizierung des Lecks ist die unmittelbar präoperative Gabe von Schlagsahne sinnvoll. Eine Vermischung mit blauen Farbstofflösungen wie z.B. Patentblau hat zu unterbleiben, da es durch die austretende Blaulösung zu einer Verfärbung des gesamten Situs kommt und damit die Identifikation eher erschwert wird.
Bei retromesokolischer Hochführung der Jejunumschlinge für die gastrointestinale bzw. biliäre Rekonstruktion kann es zu einer Luxation beträchtlicher Dünndarmanteile in den rechten Oberbauch kommen und ein mechanischer Ileus entstehen. Diese Komplikation wurde mehrfach mündlich mitgeteilt und lässt sich durch Fixierung der Jejunumschlinge im Treitzschen Ligament vermeiden.
28.5
Postoperative Folgezustände und Lebensqualität
M. Ernst Im Langzeitverlauf nach Pankreasresektion sind endokrine und exokrine Funktionseinschränkungen durch den Parenchymverlust zu erwarten. Das Risiko eines neu auftretenden Diabetes mellitus ist nach der Kopfresektion gering und wird mit max. 10% veranschlagt (Reding 1988). Bei der Linksresektion und der totalen Pankreatektomie ist das Risiko wegen der im Schwanzbereich deutlich höheren Inselzellkonzentration höher. Auch die (heute kaum noch übliche) Pankreasgangokklusion geht mit einem erhöhten Diabetesrisiko einher und sollte schon aus diesem Grund unterlassen werden ( Kap. 27.1). Allerdings kommt es auch bei offenen Gangverhältnissen im Spätverlauf zu einer Fibrosierung der Pankreasganganastomose mit konsekutiver Zunahme des Diabetesrisikos. > Eine exokrine Insuffizienz ist fast regelhaft zu erwarten und muss schon beim postoperativen Kostaufbau durch die Gabe von Pankreasenzymen berücksichtigt werden. Die Enzymsubstitution ist lebenslang fortzusetzen und hoch zu dosieren.
Im eigenen Vorgehen hat sich die Entnahme des Pulvers/ Granulats aus der handelsüblichen Kapselform und direkte Einnahme während jeder Mahlzeit als vorteilhaft erwiesen.
28
322
Kapitel 28 · Komplikationen und deren Management in der Pankreaschirurgie
Nachuntersuchungen über die postoperative Lebensqualität haben kaum schlechtere Ergebnisse als in einer Vergleichsgruppe nach laparoskopischer Cholezystektomie gezeigt (Huang et al. 2000). Eine normale körperliche Aktivität war bei über 90% der Patienten nach Resektion eines Adenokarzinoms zu verzeichnen. Die pyloruserhaltende Resektion ergab in drei von acht Parametern der Lebensqualität signifikant bessere Resultate (Melvin et al. 1998).
Literatur
28
Adloff M, Schloegel M, Ollier JC, Cuvelier G (1992) Pancreaticojejunostomy or pancreatogastrostomy after cephalic pancreaticoduodenectomy. Chirurgie 118: 63-70 Andivot T, Cardoso J, Dousset B, Soubrane O, Bonnichon P, Chapuis Y (1996) Complications of two types of panreatic anastomosis after pancreaticoduodenectomy. Ann Chir 50: 431-437 Aranha GV, Hodul P, Golts E, Oh D, Pickleman J, Creech S (2003) A comparison of pancreaticogastrostomy and pancreaticojejunostomy following pancreaticoduodenectomy. J Gastrointest Surg 7: 672-682 Arnaud JP, Tuech JJ, Cervi C, Bergamaschi R (1999) Pancreaticogastrostomy compared with pancreaticojejunostomy after pancreaticoduodenectomy.Eur J Surg 165: 357-362 Bassi C, Dervenis C, Butturini G, et al. (2005) International Study Group on Pancreatic Fistula Definition. Postoperative pancreatic fistula: an international study group (ISGPF) definition. Surgery 138:8-13 Cameron JL, Riall TS, Coleman J, Belcher KA (2006) One thousand consecutive pancreaticoduodenectomies. Ann Surg 244: 10-15 DeOliveira ML, Winter JM, Schafer M, et al. (2006) Assessment of complications after pancreatic surgery: A novel grading system applied to 633 patients undergoing pancreaticoduodenectomy. Ann Surg. 2006; 244:931–937; discussion 937–939 Ernst M (1995) Punktionsdiagnostik. In: R. Häring, H. Zilch (Hrsg.): Diagnose und Differentialdiagnose in der Chirurgie. 2. Auflage Chapman & Hall Verlag, Weinheim Finlyason EV, Goodney PP, Birkmeyer JD (2003) Hospital volume and operative mortality in cancer surgery: a national study. Arch Surg 138: 721-725 Glasgow RE, Mulvihill SJ (1996) Hospital volume influences outcome in patients undergoing pancreatic resections for cancer. West J Med 165: 294-300 Gouma DJ, van Geenen RC, van Guilk de Haan RJ, de Wit LT, Busch OR et al. (2000) Rates of complications and death after pancreatoduodenectomy: risk factors and the impact of hospital volume. Ann Surg 232: 786-795 Halloran CM, Ghaneh P, Bosonnet L (2002) Complications of pancreatic cancer resections. Dig Surg 19: 138-146 Hesse UJ, DeDecker C, Houtmeyers P, Demetter P, Wim Ceelen PD, Pattyn P, Troisi R, deHemptinne B (2005) Prospectively randomized trial using perioperative low-dose octreotide to prevent organrelated and general complications after pancreatic surgery and pancreatico-jejunostomy. World J Surg 29: 1325-1328 Huang JJ, Yeo CJ, Sohn TA, Lillemoe KD, Sauter PK, Coleman J, Hruban RH, Cameron JL (2000) Quality of life and outcomes after pancreaticoduodenectomy. Ann Surg 231: 890-898 Imperato PJ, Nenner R P, Starr HA, Will TO, Rosenberg CR, Dearie MB (1996) The effects of regionalization on clinical outcomes for a
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323 28.5 · Postoperative Folgezustände und Lebensqualität
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28
V
Teil V
Interventionelle Therapie
Kapitel 29
Allgemeine Aspekte der interventionellen Therapie – 326 M. Birth, P. Hildebrand
Kapitel 30
Kryotherapie
– 328
P. Hildebrand
Kapitel 31
Perkutane Alkoholinjektion
– 331
H.-P. Allgaier
Kapitel 32
Hypertherme Verfahren – 336 M. Birth, P. Hildebrand, T. J. Vogl, R. Straub, K. Eichler, T. Lehnert, S. Zangos, M. G. Mack, A. Boss, P. L Pereira, M. Kleemann, H. P. Bruch
Kapitel 33
Transarterielle Chemoembolisation (TACE) – 350 K. Brechtel, P. L. Pereira
Kapitel 34
Kombination von Leberresektion und interventioneller Therapie – 356 P. Hildebrand, M. Birth
Kapitel 35
Zugangswahl der thermischen Ablationsverfahren – 359 M. Birth, P. Hildebrand
Kapitel 36
Interventionelle Verfahren zum Bridging vor Lebertransplantation – 363 C. Hillert
29
Allgemeine Aspekte der interventionellen Therapie M. Birth, P. Hildebrand
327 Kapitel 29 · Allgemeine Aspekte der interventionellen Therapie
Die chirurgische Resektion stellt nach wie vor den Goldstandard für die Therapie von primären und sekundären Lebermalignomen dar. Die Sinnhaftigkeit jeglicher onkologischen Resektion wird bei vertretbarem perioperativen Risiko v.a. durch den erreichbaren Langzeitverlauf bestimmt. Weitgehende Einigkeit herrscht in der Literatur darüber, dass nur dann, wenn durch den Eingriff eine R0Situation erzielt werden kann und zugleich kein extrahepatischer Tumor vorliegt (mit Ausnahme resezierbarer Lungenfiliae), eine potenzielle Chance zur Heilung besteht und die Indikation zur Resektion überprüft werden sollte. Jedoch kommen nur maximal 5–15% der Patienten mit neu diagnostiziertem hepatozellulärem Karzinom bzw. 20–25% aller Metastasenträger für eine Resektion in Betracht (Bläker et al. 2001, Lehnert u. Golling 2001). Zudem beträgt die Rate an intrahepatischen Rezidiven nach potenziell kurativer R0-Resektion von Lebermetastasen ca. 50% (Scheele et al. 1995). Aufgrund der fehlenden kurativen Therapieoptionen des HCC bei Irresektabilität versterben 94% der Patienten im Verlauf an ihrer Erkrankung (Frilling et al. 2003). Bleiben nicht resektable Lebermetastasen unbehandelt, beträgt die mediane Überlebenszeit wenige Monate, nur einzelne Patienten überleben unbehandelt zwei Jahre (Frilling et al. 2003). Systemische Therapien mit einer Kombination verschiedener Medikamente sind mittlerweile auch in der adjuvanten und neoadjuvanten Situation fest etabliert. Insbesondere bei gastrointestinalen Tumoren konnten in den letzten Jahren überzeugende Überlebenszeitverbesserungen erzielt werden (Fernandez et al. 2004, Hurwitz et al. 2004). Eine langfristige Heilung primärer Lebertumore bzw. von hepatischen Metastasen solider gastrointestinaler Tumoren ist jedoch durch eine Chemotherapie derzeit nicht möglich. Auf der Suche nach alternativen Therapien sind in den letzten zwei Dekaden eine Reihe von Verfahren entwickelt worden, die über unterschiedliche Wirkprinzipien eine Devitalisierung von Lebertumoren zum Ziel haben. Im Vordergrund steht dabei die Erzielung einer Tumorzellnekrose bzw. -apoptose sowie die Unterbrechung der Tumorvaskularisation durch ein lokales Vorgehen (⊡ Tab. 29.1). > Vorteilhaft für die lokale-interstitielle Therapie von Lebertumoren sind die gute Zugänglichkeit und ausgeprägte Reservekapazität der Leber, die auch wiederholte Anwendungen ermöglichen.
Unterteilt man die Verfahren nach dem bestimmenden zytotoxischen Wirkprinzip, so lassen sich thermische, elektro-chemische, mechanisch-chemische und radiogene Therapieformen abgrenzen, wobei in vielen Fällen deren kombinierte Wirkungen ausgenutzt werden. Auch
⊡ Tab. 29.1 Lokoregionäre Therapieformen bei malignen Lebertumoren thermisch
hypertherm
Radiofrequenzablation (RFA) Laserinduzierte Thermotherapie (LITT) Mikrowellen-Therapie Fokussierter Ultraschall
hypotherm
Kryotherapie
elektochemisch
Elektrolyse
mechanischchemisch
intratumorale Injektion (Ethanol, Essigsäure, heißes Kochsalz, Zytostatika) Transarterielle Chemoembolisation (TACE)
radiogen
Selektive intraarterielle Radiotherapie (SIRT)
eine Kombination mit resezierenden Verfahren hat zunehmend an Bedeutung gewonnen. Grundprinzip aller thermischen Verfahren ist die Zerstörung von biologischem Gewebe durch lokale Temperaturveränderung. Gegenüber den chemischen Verfahren zeichnen sich die thermischen Verfahren durch eine bessere Steuerbarkeit aus. Die hyperthermen Ablationsverfahren (insbesondere RFA) haben derzeit klinisch die größte Bedeutung und sind experimentell grundlegender untersucht.
Literatur Bläker H, Hofmann WJ, Theuer D, HF Otto (2001) Pathohistologische Befunde bei Lebermetastasen. Radiologe 41:1 – 7 Fernandez FG, Drebin JA et al. (2004) Five-year survival after resection of hepatic metastases from colorectal cancer in patients screened by positron emission tomography with F-18 fluorodeoxyglucose (FDG-PET). Ann Surg 240 (3):438–447; discussion 447–450 Frilling A, Frühauf N, Sotiropoulos GC, Cicinnati V, Malago M, Broelsch CE (2003) Surgical therapy of hepatocellular carcinoma. Zentralbl Chir 128: 900 – 905 Hurwitz H, Fehrenbacher L et al. (2004) Bevacizumab plus irinotecan, fluorouracil, and leucovorin for metastatic colorectal cancer. N Engl J Med 350 (23):2335–2342 Lehnert T, Golling M (2001) Indikation und Ergebnisse der Lebermetastasenresektion. Radiologe 41(1): 40 – 48 Scheele J, Stangl R, Altendorf-Hofmann A, Paul M (1995) Resection of colorectal liver metastases World J Surg 19: 59 – 71
29
30
Kryotherapie P. Hildebrand
30.1
Verfahren
– 329
30.2
Bildgebung
30.3
Komplikationen
30.4
Fazit für die Praxis – 330
– 329 – 329
329 30.3 · Komplikationen
Die destruktive Wirkung der Kryotherapie bei Malignomen wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts von James Arnott beschrieben. Den klinischen Durchbruch erreichte Irving Cooper 1961, welcher erstmals die Effektivität dieses Verfahrens in der Thalamektomie bei ParkinsonPatienten und in der Tumorchirurgie belegen konnte (Cooper u. Lee 1961). Diese grundlegenden Untersuchungen waren die Basis für den Einsatz der Kryotherapie als eine der ersten Methoden zur lokalen Destruktion von Lebertumoren. Bereits 1988 wurden die ersten LangzeitDaten zur Kryotherapie bei hepatozellulären Karzinomen mit erstaunlichen 5-Jahres-Überlebensraten von 38% publiziert (Zhou et al. 1988).
30.1
Verfahren
Die Kryotherapie nutzt als hypothermes Ablationsverfahren die komplexen physikalischen Abläufe bei rascher Abkühlung von biologischen Geweben. Durch Kristallisation von intra- als auch extrazellulärem Wasser resultieren direkte und indirekte Zellschädigung, eine mechanische Zerstörung des Interstitiums sowie eine Ruptur kleinerer Gefäße. Die Höhe der Kühlrate ist hierbei ausschlaggebend für die Eisbildung in den verschiedenen Kompartimenten. Bei hohen Kühlraten von unter -100°C/ min überwiegt der Anteil der intrazellulären Eisbildung, welche zu einer direkten Schädigung und Nekrose der Zelle führt. Dieser Effekt lässt sich jedoch nur in unmittelbarer Nähe der Sonde beobachten. Der Hauptanteil der Eisbildung findet jedoch im Extrazellularraum statt. Die zunehmende Elektrolytkonzentration im extrazellulären Wasser bewirkt durch osmotische Gradienten eine Zelldehydratation. Diesem Phänomen wird ein wesentlicher Teil der Zellzerstörung bei der Kryotherapie zugeschrieben. Die zusätzliche Gefäßschädigung durch kälteinduzierte Thrombosen führt zu einer additiven ischämischen Destruktion nicht zerstörter Zellverbände (Haage u. Tacke 2001). Das Prinzip der Kryotherapie basiert auf der kontrollierten Abkühlung eines definierten Gewebeareals über ein speziell gekühltes Sondensystem. Die für eine effektive Kryotherapie erforderlichen Temperaturen von bis zu -180°C werden entweder über das Einbringen eines geeigneten Kühlmittels (i.d.R. Flüssigstickstoff) oder unter Ausnutzung der bei Expansion bestimmter Gase (Argon, Stickoxydul) auftretenden Abkühlung (Joule-ThomsonEffekt) erreicht. > Für eine effektive Devitalisierung werden zumeist eine zweimalige rasche Abkühlphase und eine langsamere Auftauphase gefordert.
30.2
Bildgebung
Um die Lokalisation und Ausdehnung der Destruktionszone während der Applikation der Kryotherapie zu dokumentieren, bedarf es präziser bildgebender Verfahren. Prinzipiell ist die Online-Bildgebung sowohl mittels Sonographie als auch mittels CT oder MRT möglich. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch insbesondere die Kernspintomographie durch einen hohen Eis-/GewebeKontrast bei fehlender Strahlenbelastung zum TherapieMonitoring der Kryotherapie bewährt. Darüber hinaus erlaubt die multiplanare Darstellung eine exakte Platzierung der Kryotherapiesonde, insbesondere in anatomisch kritischen Lokalisationen. In den letzten Jahren sind auch die Navigation und 3D-Bildgebung zunehmend in den Fokus wissenschaftlicher und technischer Untersuchungen gerückt. So dokumentieren aktuelle Arbeiten bereits den Einsatz MRT-basierter 3D-Navigationssysteme mit intraoperativer Darstellung der Temperaturverteilung zur Steigerung der Punktionsgenauigkeit und Verbesserung der intraoperativen Therapiekontrolle (Samset et al. 2005).
30.3
Komplikationen
Das Verfahren kann auf die längste klinische Erfahrung bei der Behandlung von primären und sekundären Lebertumoren zurückblicken. Mehrere retrospektive und prospektive Langzeitstudien zeigen dabei für die Kryotherapie ähnliche bis geringfügig schlechtere onkologische Langzeiterfolge wie bei den hyperthermen Ablationsverfahren. Die berichteten medianen Überlebenszeiten für primäre und sekundäre Lebertumoren betragen zwischen 18-32 Monate bei einer 1-, 3- und 5- Jahresüberlebensrate von 59-82%, 22-48% und 13-30% (Seifert et al. 2001, Kerkar et al. 2004). ! Cave! Die berichteten Komplikationsraten der Kryotherapie liegen mit bis zu 40% weit über denen der hyperthermen Verfahren (insbesondere LITT und RFA) mit Komplikationsraten zwischen 2,4 und 7,2% (Pearson et al. 1999, Mulier et al. 2002).
Insbesondere wurden inkomplette Ablation nahe intrahepatischen Gefäßen, fatale Blutungen durch Einrisse von Lebervenen, akutes Nierenversagen bei «Crushniere« sowie akute Lungenfunktionsstörungen durch Induktion systemischer Entzündungsreaktionen berichtet (Goodie et al. 1992, Washington et. al 2001). Des Weiteren wurde bei bis zu 1% der Behandelten ein sogenanntes Kryoshock-Phänomen beschrieben, welches durch freiwerden-
30
330
Kapitel 30 · Kryotherapie
⊡ Abb. 30.1 Eiskristall-Bildung um die Kryoablationssonde bei Sondenkühlung
30
de intrazelluläre Produkte zu einer systemischen Inflammationsreaktion führt und eine vitale Bedrohung für den Patienten darstellen kann (Seifert et al. 1999). Insgesamt ist die perioperative Mortalität mit bis zu 1,5% deutlich höher als bei anderen thermischen Verfahren (Seifert et al. 1999). Die berichtete Rate an Lokalrezidiven nach Kryotherapie schwankt in Abhängigkeit von der abladierten Tumorgröße von 7–50%, wobei nur Tumoren ≤3 cm derzeit als sicher abladierbar gelten (Seifert et al. 2001).
30.4
Fazit für die Praxis
Die Applikation der Kryotherapiesonde kann sowohl perkutan als auch chirurgisch (offen oder laparoskopisch) erfolgen und bietet somit dem Therapeuten die Möglichkeit einer individuell angepassten Anwendung der lokalen Tumordestruktion. > Hierbei kommt der Wahl des Applikationsmodus eine entscheidende Bedeutung für den Therapieerfolg und die Komplikationsrate zu ( Abschn. 30.7)
Das Vorgehen wird dabei insbesondere durch Lage und Anzahl der Metastasen bestimmt, deren bildgebender Darstellbarkeit und dem Guiding der Elektroden-Applikation (Sonographie, CT oder MRT), dem einzusetzenden Anästhesieverfahren (Lokalanästhesie, Analgosedierung oder Allgemeinanästhesie) sowie zusätzlichen Eingriffen (Kombination von Resektion und Ablation) aber auch der persönlichen Erfahrung des Therapeuten und dem Patientenwunsch.
Literatur: Cooper IS, Lee ASJ (1961) Cryostatic congelation: a system for producing limited, controlled region of cooling or freezing of biologic tissue. J Nerv Ment Dis 133: 259 – 263
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31
Perkutane Alkoholinjektion H.-P. Allgaier
31.1
Einleitung
– 332
31.2
Indikationen und Kontraindikationen – 332
31.3
Technik
31.4
Nebenwirkungen und Komplikationen – 333
31.5
Nachsorge
31.6
Langzeitüberleben
– 332
– 333 – 333
31.6.1 HCC-Rezidive – 334
31.7
Fazit für die Praxis – 334
332
Kapitel 31 · Perkutane Alkoholinjektion
31.1
Einleitung
Zu Beginn der achtziger Jahre wurde in Japan und Italien die Behandlung des kleinen hepatozellulären Karzinoms (HCC) bei Leberzirrhose durch wiederholte ultraschallgesteuerte perkutane Alkoholinjektionen (percutaneous ethanol injection, PEI) mit Feinnadeln eingeführt (Livraghi et al. 1986). Das Wirkprinzip der PEI basiert auf den zytotoxischen Eigenschaften des Alkohols, der eine Nekrose durch Proteindenaturierung, zelluläre Dehydratation und Thrombose der kleinen tumorversorgenden Gefäße mit konsekutiver Ischämie induziert.
31.2
31
Indikationen und Kontraindikationen
Die Alkoholinjektion zur Erzielung einer Tumornekrose ist mit wenigen Ausnahmen nur zur Therapie des hepatozellulären Karzinoms indiziert. Da HCC-Gewebe im Vergleich zur umgebenden, zirrhotisch veränderten Leber weich ist, resultiert bei nodulären HCCs nach PEI eine gute Alkoholverteilung bei gleichzeitiger Schonung des umgebenden tumorfreien Gewebes. Demgegenüber wiesen die meisten Metastasen solider Tumore einen im Gegensatz zur Leber deutlich erhöhten Bindegewebeanteil auf, sodass die Alkoholaufnahme gering und unkontrollierbar ist und meistens mit einem erheblichen Abstrom ins Gewebe einhergeht. Ausnahmen bilden allenfalls kleine Metastasen mit extrem weicher Konsistenz. Diese stellt jedoch zugleich eine ideale Indikation für hypertherme interstitielle Verfahren dar, sodass sich hier nur selten eine Indikation zur PEI ergibt. Die Indikationsstellung zur PEI ist von mehreren Faktoren abhängig: Lage, Größe und Anzahl der Läsionen, Vorhandensein einer Leberzirrhose bzw. Grad der Leberfunktionsstörung sowie Alter und Allgemeinzustand des Patienten. Die PEI ist bei Patienten mit maximal drei HCC-Läsionen mit einem Durchmesser ≤ 5 cm bei guter Leberfunktion (Child-Pugh A oder B) indiziert (Vilana et al. 1992). Optimal sind noduläre HCCs mit gut abgrenzbarer Kapsel. Der Quickwert sollte >40-50% und die Thrombozytenzahl >40.000/μl sein. ! Cave! Fernmetastasen, therapierefraktäre große Aszitesmengen, Verschlussikterus, schwere Leberfunktionsstörung (Child-Pugh C) und maligne Gefäßinfiltration sind Kontraindikationen für eine PEI. Grundsätzlich sollten Vor- und Nachteile zu anderen lokalen Therapieverfahren (insbesondere TACE, RFA) abgewogen werden.
31.3
Technik
Eine exakte präinterventionelle Diagnostik, Prüfung der Indikation und Kontraindikationen sind Voraussetzungen einer erfolgreichen Durchführung der PEITherapie. Die PEI erfolgt beim nüchternen Patienten unter Ultraschallkontrolle nach Durchführung einer Lokalanästhesie des Stichkanals. In Abhängigkeit von der Patiententoleranz wird eine Sedoanalgesie (z.B Midazolam, Pethidin i.v.) durchgeführt. Die ultraschallgesteuerte Punktion ermöglicht eine präzise und damit sichere sowie schnelle Platzierung der Nadelspitze. Bei der ersten PEI wird in der Regel das HCC zentral punktiert. Bei den folgenden Sitzungen werden in der Regel verschiedene Tumorlokalisationen punktiert, bei der Nadelplatzierung kann die farbcodierte Dopplersonographie hilfreich sein, um pathologische Arterien zu lokalisieren. > Während der PEI sollte die homogene Verteilung des Alkohols kontinuierlich sonographisch überwacht werden.
Die Verteilung des Alkohols, erkennbar an einer »echogenen Wolke« im Tumor, wird foto- oder videodokumentiert. Basierend auf der Dokumentation sollte innerhalb eines PEI-Zyklus versucht werden, alle Tumorareale gleichmäßig zu behandeln. Während einer Sitzung werden zwischen 1-10 ml steril filtrierten 96%-igen Alkohol langsam injiziert bis entweder Schmerzen auftreten oder Alkohol (erkennbar als echogene Reflexe) außerhalb der Tumorläsion detektiert wird. Diese Vorgehensweise verhindert das Abströmen größerer Mengen des Alkohols in Gefäße oder Gallengänge und damit potenzielle Komplikationen. Tipp
I
I
Nach der PEI sollte die Nadelposition für 1-2 min nicht verändert werden, um den im Tumor entstandenen Überdruck absinken zu lassen.
Diese Maßnahme dient dazu, den Rückfluss von Alkohol durch den Punktionskanal in die Peritonealhöhle zu minimieren, da der Alkohol hier durch einen chemischen Reiz erhebliche Schmerzen verursachen kann. Danach sollte die Nadel sehr langsam in mehreren Etappen entfernt werden. In Abhängigkeit vom Tumorvolumen und der Patientencompliance wird ein Zyklus mit 4-8 PEIs im Abstand von mindestens 1 Tag und maximal 7 Tagen durchgeführt.
333 31.6 · Langzeitüberleben
a
b
⊡ Abb. 31.1 Hepatozelluläres Karzinom vor (a) und nach (b) perkutaner Alkoholinjektion
31.4
Nebenwirkungen und Komplikationen
Die PEI ist insgesamt sicher und komplikationsarm. > Häufige Nebenwirkungen sind Schmerzen und postinterventionelles Fieber.
Fieber wird insbesondere nach der ersten PEI beobachtet, da hier das Ausmaß der erzielten Nekrose am größten ist. Die Beschwerden sind selbstlimitierend, die Behandlung erfolgt symptomatisch. Die Leberfunktion wird selten negativ und dann nur passager beeinflusst, auch wenn häufig ein transienter Anstieg der Transaminasen beobachtet werden kann. In einer MulticenterStudie mit 1.066 HCC-Patienten wurden die Nebenwirkungen und Komplikationen bei 8.118 PEIs analysiert (Di Stasi et al. 1997). Dabei traten bei 13,5% bzw. 24% der Patienten analgetikapflichtige Schmerzen bzw. Fieber auf. Nur 3,4% der Patienten wiesen eine passagere Verschlechterung der Leberfunktion auf. Bei 5 Patienten trat ein Hämatoperitoneum auf, einmal mit tödlichem Ausgang. Stichkanal-Metastasen traten bei 7/1.066 Patienten (0,7%) auf.
31.5
Nachsorge
Zur Therapieerfolgskontrolle erfolgt 1 Woche nach Abschluss des PEI-Zyklus eine dynamische Spiral-Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT). Das Ergebnis wird folgendermaßen interpretiert: 1. komplette Tumornekrose, hypodense und nicht KM-aufnehmende Läsion in der früharteriellen und portal-venösen Phase; 2. Resttumor, KM-aufnehmende Läsion (-en) (Ebara et al. 1995).
Bei Nachweis eines Resttumors wird ein neuer PEI-Zyklus durchgeführt, mit der Intention primär das Resttumorgewebe zu erfassen. Nach erfolgreicher kompletter Tumorablation erfolgen eine standardisierte ambulante Nachsorge mit Ultraschalluntersuchungen und AFPBestimmungen in 3-monatlichen Intervallen sowie CToder MRT-Kontrollen in 6-monatlichen Abständen.
31.6
Langzeitüberleben
In zahlreichen Studien konnte die Wirksamkeit der PEI mit einer Verbesserung der Überlebensraten im Vergleich zu historischen Kontrollen gezeigt werden. Die Langzeitergebnisse nach PEI sind aber von verschiedenen Faktoren abhängig. Einer der wichtigsten prognostischen Faktoren ist der Schweregrad der Leberfunktionsstörung bei meist zugrunde liegender Leberzirrhose. Ferner spielt der AFP-Wert bei Erstdiagnose sowie die Anzahl und Größe der HCC-Läsionen eine wichtige prognostische Rolle. Die 3-Jahresüberlebensraten nach PEI betragen beim kleinen HCC (solitäres HCC <3 cm) bei guter Leberfunktion (Child-Pugh A) ca. 75% und entsprechen denen nach Tumorresektion (Castells et al. 1993; Kotoh et al. 1994). Unter optimalen Bedingungen kann in 90% der Fälle mit PEI eine komplette Tumornekrose erzielt werden (Lencioni et al. 1995). Die wichtigsten PEI-Studien sind in ⊡ Tab. 31.1 zusammengefasst. Kürzlich wurde die PEI vs. Resektion bei der Behandlung des kleinen HCC‘s in einer prospektiv-randomisierten Studie verglichen (Huang GT et al. 2006). Insgesamt wurden 76 Patienten mit einem HCC-Durchmesser ≤3 cm (max. 2 Läsionen) bei chronischer Hepatitis oder kompensierter Leberzirrhose (Child-Pugh A oder B) eingeschlossen. Die 1- bis 5-Jahres-Überlebensraten betrugen jeweils 100%; 100%; 96,7%; 92,1% und 46% in
31
334
Kapitel 31 · Perkutane Alkoholinjektion
⊡ Tab. 31.1 Langzeitüberleben von HCC-Patienten nach PEI Studie
n
Tumordurchmesser (cm)
Tumoranzahl
ChildPugh
1-Jahres-Überlebensrate
3-Jahres-Überlebensrate
5-Jahres-Überlebensrate
Ebara et al. 1992
60 33 19
<3 <3 <3
s+m s+m s+m
A B C
96 90 94
72 72 25
51 48 0
Livraghi et al. 1992
162 45
<5 <5
s m
A-C A-C
90 90
63 31
NV NV
Shiina et al. 1993
98
<6,5
s+m
A-C
85
62
52
Castells et al. 1993
30
<4
s
A-C
83
55
NV
Lencioni et al. 1995
64 41 52 30 23
<5 <5 <3 3.1-5 <3
s+m s+m s s m
A B A+B A+B A+B
100 91 100 92 94
87 53 81 60 54
55 13 54 21 0
Livraghi et al. 1995
293 149 20 121 63
<5 <5 <5 <3 <3
s s s m m
A B C A B
98 93 64 94 93
79 63 0 68 59
47 29 0 36 0
Lencioni et al. 1997
127 57 94 50 40 70
<5 <5 <3 3.1-5 <3 <3
s+m s+m s s m s
A B A+B A+B A+B A
98 88 100 90 91 100
79 50 78 61 51 89
53 28 54 32 21 63
Orlando et al. 2000
115 81 34
<5 <5 <5
s+m s+m s+m
A+B A B
89 96 73
43 63 12
NV NV NV
31
s solitär; m mehrere (maximal 3 Läsionen); NV nicht verfügbar
der PEI-Gruppe bzw. 97,4%; 91,3%; 88,1%; 88,1% und 81,8% in der Resektionsgruppe. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Ferner bestand bezüglich des tumorfreien Überlebens bzw. des Auftretens eines Rezidivs im Verlauf kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen.
31.6.1
primär behandelten HCC. Um die Prognose langfristig zu verbessern, ist eine regelmäßige Nachsorge der Patienten erforderlich. So können neue HCC-Läsionen möglichst frühzeitig diagnostiziert und ggf. eine erneute Therapie durchgeführt werden. Eine zusätzliche medikamentöse Therapie mit Sorafenib (Nexavar®) ist in jedem Einzelfall zu prüfen.
HCC-Rezidive 31.7
> HCC-Rezidive treten bei bestehender Leberzirrhose mit einer Häufigkeit von ca. 15-20% pro Jahr, unabhängig von der primären Therapie auf.
Dabei handelt sich in der Mehrzahl der Fälle um echte de novo HCCs, in anderen Segmenten lokalisiert als dem
Fazit für die Praxis
Zusammengefasst stellt die PEI von den nicht-resektiven Verfahren aufgrund ihrer Effektivität, Sicherheit, Einfachheit der Durchführung und damit Kostengünstigkeit eine etablierte Alternative der Behandlung kleiner HCCs dar. Die Prognose der Patienten hängt sowohl vom
335 31.7 · Fazit für die Praxis
Grad der Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Stadium) als auch von Tumorcharakteristika (Größe und Anzahl der Läsion (-en)) ab. Gute Langzeitergebnisse mit der PEI sind bei Patienten mit kompensierter Leberfunktion (Child-Pugh A) und solitärem HCC ≤ 3 cm im Durchmesser zu erzielen. Im direkten Vergleich zur Resektion scheinen mit der PEI gleiche Überlebensraten erreichbar. Alternative lokale Verfahren sind jedoch stets zu prüfen. Für Patienten mit großen HCCs (>5 cm) und multilokulären Läsionen (n>3) ist die PEI nicht geeignet.
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31
32
Hypertherme Verfahren M. Birth, P. Hildebrand, T. J. Vogl, R. Straub, K. Eichler, T. Lehnert, S. Zangos, M. G. Mack, A. Boss, P. L Pereira, M. Kleemann, H. P. Bruch
32.1
Radiofrequenzablation (RFA)
– 337
32.2
MR-gesteuerte Laser-induzierte Thermotherapie (LITT) zur minimalinvasiven Therapie von Lebertumoren – 340
32.2.1 Durchführung der laserinduzierte Thermotherapie (LITT) 32.2.2 Klinische Ergebnisse der LITT – 342 32.2.3 Zusammenfassung – 345
32.3
Fokussierter Ultraschall
– 345
32.4
Mirkrowellen-Ablation
– 347
32.5
Elektro-chemische Verfahren – Elektrolyse – 348
– 341
32
337 32.1 · Radiofrequenzablation (RFA)
32.1
Radiofrequenzablation (RFA)
Bei monopolaren Systemen wird das Gewebe durch Anlegen großflächiger Neutralelektroden Bestandteil des elektrischen Stromkreises. Mittlerweile existieren auch bipolare Nadelelektroden, bei denen der Strom zwischen den mindestens 2 nicht-isolierten Elektrodenabschnitten eines oder mehrerer Nadelapplikatoren (multipolares System) fließt (⊡ Abb. 32.1).
M. Birth, P. Hildebrand Legt man die Häufigkeit nach aktuellem Schrifttum zu lokalen Tumorablationstechniken zugrunde, ist die Radiofrequenzablation (RFA) gegenwärtig das weltweit am weitesten verbreitete Verfahren. Dabei ist diese Technik prinzipiell nicht neu – bereits 1911 wurde durch Clark erstmals hochfrequenter Strom zur Gewebekoagulation an der menschlichen Haut eingesetzt. Zwischen 1922 und 1928 erarbeiteten der Physiker W.T. Bovie und der Neurochirurg H. Cushing wesentliche technisch-physikalische Grundlagen, um das Verfahren 1928 erstmals bei der Operation eines Hirntumors zur Blutstillung anzuwenden. In den 60er Jahren wurden radiofrequente Wellen unter stereotaktischer Steuerung zur Behandlung intrazerebraler Tumoren eingesetzt (Vogl et al. 2000). Durch Weiterentwicklung der Applikatoren und Generatoren ließen sich eine therapierelevante Größenordnung des Hyperthermieareals und damit eine signifikante Destruktion von Tumorformationen auch in parenchymatösen Organen erzielen.
! Cave! Ein zu schneller Temperaturanstieg im Leberparenchym kann aber über Dehydrierung und insbesondere Karbonisation zum Verlust der elektrischen Gewebsleitfähigkeit führen und damit das Ablationsvolumen limitieren.
Um dieses methodenspezifische Phänomen zu umgehen, sind technisch verschiedene Wege beschritten worden: der Einsatz von Multiapplikatorsystemen, das Einbringen von Flüssigkeit in das Gewebe sowie die Nadelkühlung. Bei den Multiapplikatorsystemen handelt es sich um Hohlnadeln, über die nach Einbringen in den Tumor bis zu 9 Einzelelektroden ausgefahren werden können. Durch die Anordnung in Form eines Schirmes oder Fächers konfluieren die um die Einzelapplikatoren entstehenden kleineren Destruktionsareale zu einem größeren Ablationsvolumen (⊡ Abb. 32.2). Eine weitere Möglichkeit, um der Dehydrierung und dem Verlust der Leitfähigkeit vorzubeugen, ist die permanente Perfusion des Tumors mit Kochsalz, welche über Mikrobohrungen in der Elektrode in das Gewebe übertritt. Eine Kombination beider Verfahren kann das Ablationsvolumen weiter vergrößern. Schließlich kann durch Elektrodenkühlung selbst eine Gewebsüberhitzung und damit Karbonisation direkt am Applikator verhindert und Stromfluss sowie Wärmeausbreitung in die Peripherie gewährleistet werden. Über 2 innen liegende Kanäle der Elektrode, die miteinander verbunden sind, werden dazu pro Minute 60-80 ml kalte Flüssigkeit im Sinne eines halb offenen Systems gepumpt.
> Das Prinzip der RFA beruht auf der physikalischen Wechselwirkung hochfrequenter Stromfelder (zumeist 350–480 kHz) mit biologischem Gewebe.
Dazu werden Nadelapplikatoren mit unterschiedlichem Design in die Tumoren eingebracht. In der Umgebung des Applikators verdichten sich die hochfrequenten Ströme, führen zu Schwingung der »Gewebs-Ionen« und damit zu einer Widerstandserwärmung. Bei Temperaturen über 60°C denaturieren intrazelluläre Proteine, Zellmembranen werden durch Schmelzprozesse zerstört. Es kommt zur direkten Zellschädigung und Koagulationsnekrose (Albrecht et al. 1998). Durch Zerstörung bzw. Thrombosierung kleinerer Gefäße wird darüber hinaus insbesondere im Randbereich eine Devitalisierung durch Ischämie erzielt.
a
Tu
b
Leber
Tu
c
Leber
Neutralelektrode ⊡ Abb. 32.1 Schematische Darstellung der monopolaren (a), bipolaren (b) und multipolaren (c) RFA
Tu
Leber
338
Kapitel 32 · Hypertherme Verfahren
a
b
⊡ Abb. 32.2 Fächer- (a) bzw. Schirmdesign (b) von RFA-Multiapplikatoren
32
Je nach Elektrodendesign (Anzahl und Länge der Einzelelektroden, zusätzliche Gewebeperfusion, aktive Elektrodenlänge, Mono- oder Clusterelektroden) lassen sich mit einmaliger Platzierung und bei optimalen Verhältnissen Koagulationsnekrosen von max. 5-7 cm Größe erzielen. Diese haben dabei jedoch keinesfalls eine ideale sphärische Form, sondern sind vielmehr in Abhängigkeit von den Gewebeverhältnissen unregelmäßig konfiguriert. Bei Erzielung kleinerer Destruktionsareale sind durch wiederholte Anwendungen nach Wechsel der Applikatorlage auch größere Läsionen behandelbar, wobei jedoch eine exakte Punktionsplanung notwendig ist, um die Tumoren komplett abzudecken. Tipp
I
I
Einschränkungen erfährt das Ablationsergebnis durch die Nähe zu großen Gefäßen, da der blutstrombedingte Kühleffekt (»heat sink«) zu einem Überleben von Tumorzellen direkt an der Gefäßwand führen kann. In diesen Fällen ist eine passagere Gefäßokklusion während des Ablationsvorganges sinnvoll (Albrecht et al. 1998, Germer et al. 1999).
Bei unmittelbarer Nähe zu thermosensiblen Strukturen, wie den zentralen Gallenwegen oder der retrohepatischen V. cava ist Zurückhaltung geboten. Bei einer pathologischen Gerinnungskonstellation und/oder Hinweisen für eine fortgeschrittene Leberinsuffizienz ist die Indikation besonders streng zu stellen. Der Thermoablationsvorgang wird geräteabhängig unterschiedlich kontrolliert und gesteuert. Multiapplikatoren mit Schirmdesign erlauben durch Thermistoren
direkt an den Sondenspitzen eine Online-Temperaturmessung und temperaturabhängige Energiezufuhr. Werden die notwendigen Temperaturen nicht erreicht, sollte neu platziert oder länger abladiert werden. Ein anderer methodischer Ansatz ist die kontinuierliche Messung der Impedanz und Steuerung der Energieabgabe in Abhängigkeit vom Impedanzverlauf während der Ablation. Durch Energierücknahme bei Anstieg der Impedanz entsprechend einem Verlust an elektrischer Gewebsleitfähigkeit kann einer Karbonisierung vorgebeugt und eine gleichmäßige Erwärmung erreicht werden. Die OnlineAblationskontrolle wird soweit möglich sonographisch, CT-gesteuert oder, sofern MR-kompatible Systeme verwendet werden, auch unter MR-Kontrolle durchgeführt. Während Ultraschall und CT den Ablationserfolg an morphologischen Veränderungen, wie dem Verlust der Mikrovaskularisation einer Läsion nur indirekt erkennen lassen, erlaubt die MRT mit temperatursensitiven Sequenzen (z.B. Proton Resonanz Frequency [PRF]) das direkte »Beobachten« der Wärmeausbreitung, hiermit ist eine Aussage zur Höhe der erzielten Temperatur an ausgewählten Schichten möglich. Zur Dokumentation der erreichten Koagulationsnekrose sollte ein kontrastmittelunterstütztes MRT oder CT postablativ durchgeführt werden. Bei der RFA handelt es sich um ein sehr sicheres Verfahren, das mit einer geringen Komplikationsrate einhergeht. Neben punktionsbedingten Komplikationen (z.B. Hämatom, Pneumothorax) ist ein Leberkapsel- oder peritonealer Schmerz durch direkte thermische oder elektrische Reizung möglich, der sich jedoch durch Analgetikagabe im Regelfall gut beherrschen lässt. Bei kapselnaher Lage favorisieren wir im eigenen Vorgehen
32
339 32.1 · Radiofrequenzablation (RFA)
⊡ Tab. 32.1 Ergebnisse der RFA von Lebermetastasen Autor
Patienten
Primärtumor
Tumorgröße cm
Tumoranzahl
Zugang
Erfolg (%)
Lokalrezidiv (%)
Neue Metastasen (%)
Follow-up (Monate)
JahresÜberlebensrate (JÜR)
Solbiati et al. 2001
117
kolorektal
2,8 (0,6-9)
2 (1-5)
perkutan
98
39
57
24
1/2/3 JÜR 93/69/46%
Abdalla et al. 2004
57
kolorektal
2,5
1–8
OP
-
9
-
21
4 JÜR 22%
Abitabile et al. 2007
47
kolorektal
33
1/2/3 JÜR 88/80/57%
Siperstein et al. 2007
235
kolorektal
3,9
2,8
Lap.
De Baere et al. 2000
86
gemischt
<4,5
121 1,8 / pat.
Perkutan OP
90 94
21 9
-
14
MÜL 79% MÜL 85%
Helmberger et al. 2001
37
gemischt
74 gesamt
Perkutan
100
0
10
5,4
100% tumorfreies ÜL
Eigene Daten 2006
88
gemischt
3,5 (1-14)
Perkutan OP Lap
91 99
16,3 10,4
23,9
21
1/2/3 JÜR 89/62/38%
147 gesamt
3,5 (1-5)
8,8
3/5 JÜR 20/18%
⊡ Tab. 32.2 Ergebnisse der RFA von Hepatozellulären Karzinomen (HCC) Autor
Patienten
Primärtumor
Tumorgröße cm
Tumoranzahl
Zugang
Erfolg (%)
Lokalrezidiv (%)
Follow-up (Monate)
Hänsler et al. 2003
20
HCC
<3,5 3,5–5 >5
29 gesamt
Percutan
98 91 70
25
15
Lencioni et al. 2005
187
HCC
Percutan
83
5
24
Raut et al. 2005
194
HCC
3,3
289 gesamt
Percutan OP
Tateishi et al. 2005
664
HCC
2,6
2140 gesamt
Percutan
Khan et al. 2007
228
HCC
155: < 3 73: 3-5
die präinterventionelle Anlage eines thorakalen Periduralkatheters, der eine sehr effektive Analgesie bietet. Das seltene »Postablationssyndrom« ist durch Resorptionsfieber gekennzeichnet und lässt sich durch die Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika leicht beherrschen. Abszessbildungen sind äußerst selten, scheinen jedoch bei Patienten mit Zustand nach Anlage einer biliodigestiven Anastomose aufgrund der retrograden Keimaszension in den Gallenwegen gehäuft vorzukommen. Blutungen im Stichkanal der Sonden sowie eine potenzielle Tumorzellverschleppung lassen sich durch eine Ablation während des Rückzugs der Sonden relativ sicher vermeiden ( Kap. 5.2.1.3).
Perkutan OP Perkutan OP
4,6
1/3/5 JÜR = 97/67/41% 1/3/5 JÜR = 84/68/55%
28 95 95 92 95
Überlebensrate (JÜR)
1/3/5 JÜR = 95/78/54% 1/3 JÜR = 91/71% 1/3 JÜR = 89/57% 1/3 JÜR = 81/42% 1/3 JÜR = 92/68%
Die bisherigen Therapieergebnisse in der Literatur mit 1-, 2- und 3-Jahres-Überlebensraten von 90-95%, 60-80% und 40-60% für Lebermetastasen sowie 1-, 3- und 5-Jahres-Überlebensraten von 85-100%, 65-80% und 40-55% für das HCC bei allerdings selektionierten Patienten sind vielversprechend (siehe auch ⊡ Tab. 32.1, ⊡ Tab. 32.2). > Der wichtigste Faktor für eine vollständige Ablation und somit für eine adäquate onkologische Therapie ist die Größe des zu behandelnden Tumors.
So ist eine technisch erfolgreiche (komplette) Ablation in >90% der Fälle bei Tumoren <2,5 cm, in 70-90% bei Tumoren zwischen 2,5 und 3,5 cm, in 50-70% für Tumoren
340
Kapitel 32 · Hypertherme Verfahren
zwischen 3,5 und 5 cm und in weniger als 50% der Fälle bei einem Tumordurchmesser >5 cm zu erwarten (Solbiati et al. 2001, De Baere et al. 2000). Darüber hinaus spielt die Zugangswahl und die Erfahrung des Therapeuten bzgl. Indikation und technischer Durchführung der Punktion eine entscheidende Rolle für die Langzeitergebnisse der Radiofrequenzablation (Hildebrand et al. 2006) Leider stehen Daten aus prospektiv-randomisierten Studien, die den Wert des Verfahrens belegen bis dato noch aus. Prospektiv erhobene Verlaufsbeobachtungen dokumentieren jedoch sehr gute Therapieergebnisse, sodass das Verfahren bei kompletter Abladierbarkeit eines Lebertumors immer diskutiert werden sollte. > Selbstverständlich ist die palliative Chemotherapie weiterhin der therapeutische Standard und die RFA gegenwärtig als additives, nicht jedoch konkurrierendes Verfahren anzusehen.
Als Vorteile der RFA erwies sich eine nahezu beliebige Wiederholbarkeit, sodass erneute Ablationen im Fall des Neuauftretens von Lebermetastasen möglich sind.
Khan MR, Poon RT, NG KK et al. (2007) Comparison of percutaneous and surgical approaches for raiofrequency ablation of small and medium hepatocellular carcinoma. Arch Surg 142: 1136 – 1343 Lencioni R, Cioni D, Crocetti L, Franchini C, Pina CD, Lera J, Bartolozzi C (2005) Early-stage hepatocellular carcinoma in patients with cirrhosis: long-term results of percutaneous image-guided radiofrequency ablation. Radiology 234: 961 – 967 Raut CP, Izzo F, Marra P et al. (2005) Significant long-term survival after radiofrequency ablation of unresectable hepatocellular carcinoma in patients with cirrhosis. Ann Surg Oncol 12: 616 – 628 Siperstein AE, Berber E, Ballem N, Parikh RT (2007) Survival after radiofrequency ablation of colorectal liver metastases: 10-year experience. Ann Surg 246: 559 – 565 Siperstein AE, Rogers SJ, Machi J, Goldstein R, Sielaff T, Rosato E (2002) Long-term follow-up of patients undergoing radiofrequency thermal ablation of primary metastatic liver tumors: a multi-center study. Vorgestellt auf dem ACS 88th Annual Clinical Congress 2002, San Fransisco, CA, USA, 9. Oktober Solbiati L, Livraghi T, Goldberg SN, Ierace T et al. (2001) Percutaneous Radio-frequency Ablation of Hepatic Metastases from Colorectal Cancer: Long-term Results in 117 Patients. Radiology 221:159-166 Tateishi R, Shiina S, Teratani T et al. (2005)Percutaneous radiofrequency ablation for hepatocellular carcinoma. An analysis of 1000 cases. Cancer 103: 1201 – 1209 Vogl TJ Mack M, Straub R, Eichler K et al. (2000) Perkutane interstitielle Thermotherapie maligner Lebertumoren. Fortschr. Röntgenstr 172:12-22
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32
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32.2
MR-gesteuerte Laser-induzierte Thermotherapie (LITT) zur minimalinvasiven Therapie von Lebertumoren
T. J. Vogl, R. Straub, K. Eichler, T. Lehnert, S. Zangos, M. G. Mack Die Strategie zur Therapie eines onkologischen Krankheitsbildes im metastasierten Stadium basiert auf der Analyse einer Vielzahl von Faktoren wie dem zugrunde liegenden Primärtumor, Lokalisation, Tumorstadium, Befallsmuster und allgemeinen Faktoren. Beim Vorliegen von Lebermetastasen stellt das einzige potenziell kurative Therapieverfahren bisher die Leberresektion dar. Jedoch kommen kaum mehr als 1/5 der betroffenen Patienten aus verschiedenen Gründen für einen chirurgischen Eingriff infrage. Als problematisch gelten weiterhin die hohe Rate an intrahepatischen Rezidiven und eine mögliche Potenzierung des intrahepatischen Metastasenwachstums im Rahmen der Tumorstimulation durch freigesetzte Wachstumsstoffe. Vor diesem Hintergrund haben in den letzten Jahren Neu- und Weiterentwicklungen minimal-invasiver Verfahren wie der Laser- oder der Radiofrequenzablation großes klinisches Interesse gefunden (Mayo u. Pawlik 2010). Nach den physikalischen Prinzipien der Gewebezerstörung sind folgende Methoden verfügbar:
341 32.2 · MR-gesteuerte Laser-induzierte Thermotherapie (LITT) zur minimalinvasiven Therapie
1. Laser, RF-Wellen, Mikrowellen, fokussierter Ultraschall 2. Kryotherapie 3. Perkutane stereotaktische Bestrahlung 4. Chemische Agenzien (Alkohol) Mit diesen Verfahren können besonders in soliden parenchymatösen Organen umschriebene Koagulationsnekrosen erzeugt werden. Der perkutane Zugang in Lokalanästhesie, ein kurzer ambulanter Aufenthalt und die Schonung normaler Gewebestrukturen wie der Leber sind die wesentlichen Vorteile, um den sehr belasteten Patienten eine komplikationsarme Therapieoption zu bieten. Die Laser-induzierte interstitielle Thermotherapie (LITT) stellt die Methode dar mit der derzeit größten klinischen Erfahrung in der praktischen Anwendung (Vogl et al. 2008). Wegen der hohen Eindringtiefe der Photonen und der Möglichkeit der problemlosen Strahlungsübertragung durch Lichtleiter werden Nd:YAG-Laser (1064 nm) zur LITT verwendet. Bei der Radiofrequenztherapie (RF) wird über hochfrequente Wechselströme Wärme im Gewebe erzeugt, die ebenfalls eine Koagulationsnekrose verursachen. Ohne Verletzung der Haut kommen derzeit nur die stereotaktische Bestrahlung und der fokussierte Ultraschall aus, wobei bereits präklinische Ansätze vorliegen. Technisch kann eine thermische Zerstörung von Tumoren realisiert werden entweder durch verschiedene Temperaturprotokolle in einem Bereich von 40°C bis 41°C, durch eine moderate Hyperthermie (42°C bis 45°C für 15 bis 16 min.) oder durch thermische Ablation mit hohen Temperaturen von mehr als 50°C zwischen 4 und 6 min. Während die moderate Hyperthermie zahlreiche diskrete Veränderungen in der Gewebephysiologie aufweist, wie die Steigerung der Perfusion und der vaskularen Permeabilität, zeigen die Ergebnisse, dass die Hyperthermie in der Regel kombiniert werden muss mit anderen Tumorbehandlungsstrategien wie der Bestrahlung (Radiatio und Chemotherapie). Die thermische Ablation mit hohen Temperaturen (mehr als 50°C) resultiert dagegen in einer schnellen Gefäßstase, einer Denaturierung der Proteine, einer zellulären Koagulation und schließlich einer Gewebenekrose. Dies bedeutet drastische und irreversible Gewebeeffekte, die zu einem nahezu sofortigen Zelltod führen und sich damit grundsätzlich von der moderaten Hyperthermie unterscheiden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Möglichkeit einer nicht-invasiven in vivo-Temperaturmessung der entscheidende Faktor für eine exakte Durchführung der thermischen Zerstörung. Nur das Verfahren der MRT-gesteuerten thermischen Ablation erlaubt dabei in vivo durch die Veränderungen der Signalintensität im Gewebe eine direkte Messung der
Temperaturveränderung unter Echtzeitbedingungen und die Dokumentation, inwieweit bei der Tumorzerstörung alle zentralen und peripheren Tumorabschnitte auch wirklich durch eine Temperaturerhöhung auf über 50°C zerstört werden. Durch die zusätzliche technologische Entwicklung von Lasern, mit denen homogen über einen perkutanen Zugang mit den entsprechenden Abstrahlcharakteristika eine Erwärmung der umgebenden Gewebestrukturen erreicht werden kann, steht ein minimalinvasives Therapieverfahren zur Verfügung mit kleinen Zugängen, minimalem Sondendurchmesser und maximalem Effekt, der dann MR-tomographisch visualisiert werden kann. Damit zeigt sich in der lokalen Ortskontrolle dieses Verfahren derzeit allen anderen vergleichbaren Verfahren zur thermischen Ablation überlegen. Im Rahmen der folgenden Übersicht sollen die Methoden, Entwicklungen und Ergebnisse dieser minimalinvasiven Therapiemaßnahmen aus 10-jähriger Erfahrung und anhand von Literaturdaten vorgestellt werden.
32.2.1
Durchführung der laserinduzierte Thermotherapie (LITT)
Mit der laserinduzierten Thermotherapie (LITT) steht eine photothermische Tumordestruktionstechnik zur Verfügung, die es erlaubt, solide Tumorkonfigurationen innerhalb parenchymatöser Organe zu zerstören. Um der Zielstellung der Tumorkoagulation gerecht zu werden, muss ein angenähert sphärisches Gewebevolumen gleichmäßig erhitzt werden können. Deshalb sind Applikationssysteme definierter Raum-Abstrahlcharakteristik entwickelt worden, die an ihrem distalen Ende derart präpariert sind, dass sich eine gleichmäßige, zirkumferente Abstrahlung ergibt. Mit den herkömmlichen Applikatoren können annähernd kugelförmige Koagulationszonen mit einem Durchmesser von 20-25 mm erzielt werden.
Applikationstechniken Die perkutan applizierbaren Applikationssysteme bestehen aus einem »Scattering dome«-Applikator, einem Schleusensystem sowie einem thermostabilen Hüllkatheter, über den der LITT-Applikator steril und beliebig positionierbar ist (⊡ Abb. 32.3). Durch Weiterentwicklung des gespülten Applikationssystems gelingt eine deutliche Vergrößerung der induzierbaren Nekrose und damit eine Therapieoptimierung. Das aktuell gebräuchliche System besteht aus einem 9-French-Schleusensystem mit speziellen Markierungen sowie einem 7-French-Hüllkatheter mit gespültem Doppellumen. Neben einzelnen Applikatoranwendungen kommen auch Mehrfachanwendungen (Multiapplikationen) zum Einsatz. Dabei werden zwischen 2 und 5 Ap-
32
342
Kapitel 32 · Hypertherme Verfahren
laserapplicator (active zone)
silica fiber (400 μm)
O
⊡ Abb. 32.3 Darstellung eines gekühlten Power-Laser Systems
sheath
cooling (inflow) cooling (outflow)
plikatoren parallel in eine oder mehrere Läsionen geführt und simultan betrieben. Eine Voraussetzung hierfür ist die entsprechende Anzahl von Lasergeräten oder Strahlenteilern. Dadurch kann die Therapie von größeren malignen Prozessen zeitlich wesentlich verkürzt werden. Aktuell beträgt die durchschnittliche Interventionszeit in unserem Institut etwa 1 h pro Patient. An einem Interventionstag werden bis zu 12 Patienten behandelt.
Therapiemonitoring
32
double-tube protective catheter
Möglichst alle Tumorzellen inklusive eines Sicherheitssaumes von 5-10 mm müssen dem koagulativen Effekt ausgesetzt sein. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass sich in unmittelbarer Umgebung eines Tumors einerseits weitere sensible Strukturen befinden können, die nicht geschädigt werden dürfen, andererseits aber auch Gefäße durch ihren Blutfluss einen starken Wärmeabtransport verursachen. Damit ergibt sich die Notwendigkeit eines effektiven Monitoringverfahrens. Nach bisherigen Erfahrungen stellen die Magnetresonanztomographie (MRT) und die MR-Thermometrie (MR-TE) das optimale bildgebende Verfahren zum Therapiemonitoring dar. Dies beruht auf mehreren Faktoren wie der multiplanaren Darstellung und dem hohen Weichteilkontrast der MRT. Da zahlreiche bildgebende MRT-Parameter temperaturabhängig sind, können Sequenzen, die diese Parameter betonen, prinzipiell zur nicht-invasiven Temperaturmessung benutzt werden. Vor und nach der LITT dient ein Messprotokoll von T1- und T2-gewichteten Sequenzen zur Therapieentscheidung und Therapiekontrolle (⊡ Abb. 32.4).
Einschlusskriterien für die LITT ▬ Der Primärtumor muss vollständig reseziert sein ▬ Metastasengröße ≤5 cm im Durchmesser ▬ Anzahl der Läsionen weniger als 5
▬ Schriftliche Einverständniserklärung des Patienten nach mündlicher und schriftlicher Aufklärung mindestens 24 h vor dem Eingriff ▬ Volles Bewusstsein und vollendetes 18. Lebensjahr ▬ Dignität der Läsion muss bioptisch, bildmorphologisch und klinisch verifiziert sein
Ausschlusskriterien für die LITT ▬ Vorliegen extrahepatischer und extrapulmonaler Metastasierung
▬ Absolute Kontraindikationen für eine MRT-Untersuchung
▬ Gerinnungsparameter unterhalb der Normwerte
32.2.2
Klinische Ergebnisse der LITT
Die Ergebnisse entsprechen den Daten aus einem Kollektiv von 1.624 Patienten mit Lebermetastasen von kolorektalen Primärtumoren und 6.201 Läsionen. Lokale Tumorkontrollraten, mittels kontrastmittelverstärkter MRT nach 3 und 6 Monaten kontrolliert, zeigen inaktive Läsionen in 98% bzw. 97%. Nach Kaplan-Meier kalkulierte Überlebensraten errechnen für kolorektale Lebermetastasen eine mittlere Überlebenszeit von 3,8 Jahren und 1-, 3- und 5-Jahres-Überlebensraten von 93%, 50% und 28%. Damit ergeben sich ähnliche Werte wie bei chirurgisch behandelten Patienten, wobei beim chirurgischen Patientenkollektiv wahrscheinlich die Selektion größer ist. Die Berliner Arbeitsgruppe um Reither et al. demonstrierte die Möglichkeit der LITT am offenen 0,2 T MR Open System (Reither et al. 2000). Die gesamte Behandlung wurde an 25 Patienten mit der beschriebenen Lasertechnik mit Punktion und Laserapplikation im offenen MRT durchgeführt. Ohne klinisch relevante Komplikationen konnten 41 Lebermetastasen unter MR-Thermometrie koaguliert werden, die Follow-up Ergebnisse stehen noch aus.
343 32.2 · MR-gesteuerte Laser-induzierte Thermotherapie (LITT) zur minimalinvasiven Therapie
a
c
b
d
e
f
g
h
i
⊡ Abb. 32.4 62-jährige Patientin mit Lebermetastasen bei Brustkrebs. a Native T1-gewichtete GE-Abbildung (TR/TE=74/2,6) in transversaler Schichtorientierung 2 Wochen vor der Laserbehandlung zeigt eine Lebermetastase (Pfeile) im Segment 7 mit einem maximalen Durchmesser von 3,8 cm. b Kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete GE-Abbildung (TR/TE=74/2,6) in transversaler Schichtorientierung 2 Wochen vor der Laserbehandlung zeigt eine Kontrastmittelanreicherung in der Peripherie der Metastasen (Pfeile). c Koronare kontrastmittelangereicherte T2-gewichtete GE-Abbildung (TR/ TE=4,5/2,2) 2 Wochen vor der Laserbehandlung zeigt eine Lebermetastase (Pfeile) im Segment 7 mit einem maximalen Durchmesser von 3,8 cm. d Native T1-gewichtete FLASH-2D-Abbildung (TR/TE=4,5/2,2) in sagittaler Schichtorientierung unmittelbar vor der LITT-Behandlung zeigt die Metastasen (Pfeile) und die positionierten Laserfasern (Pfeilspitzen). Zur besseren Visualisierung der Applikationssysteme wurde ein Magnetit-Marker in den Hüllkatheter platziert. e Native sagittale und transversale T1gewichtetete Abbildungen 20 min nach Beginn der Laserbehandlung zeigen in Bereich der Läsion und des umgebenden Gewebes einen deutlichen Signalabfall, bedingt durch den Anstieg der Temperatur im Gewebe. Die Temperatur im Zentrum der Läsion beträgt ca. 110°C, im Randbereich ca. 60-70°C. f Native T1-gewichtete Abbildung in transversaler Schichtorientierung 24 h nach der Laserbehandlung zeigt eine induzierte Koagulationszone (Pfeile) mit entzündlichen Veränderungen. g Kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete Aufnahme in transversaler Schichtorientierung 24 h nach der Laserbehandlung zeigt eine induzierte Koagulationszone (Pfeile). h Kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete GE-Abbildung in sagittaler Schichtorientierung 24 h nach der LITT zeigt eine Ausdehnung der Nekrose (Pfeile). i Kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete Abbildung in transversaler Schichtorientierung 3 Monate nach der Laserbehandlung zeigt eine induzierte Koagulationszone (Pfeile).
32
344
Kapitel 32 · Hypertherme Verfahren
Komplikationen Die 30-Tage-Mortalität liegt mit 3 Todesfällen bei 0,2% in unserer Arbeitsgruppe. Folgende Komplikationen traten auf: ▬ Pleuraergüsse bei 139 Patienten (7,5%), ▬ subkapsuläre Hämatome bei 58 Patienten (3,1%), ▬ intrahepatische Abszesse bei 7 Patienten (0,4%), ▬ intraabdominelle Blutungen bei 3 Patienten (0,2%) und ▬ lokale Infektionen an der Punktionsstelle bei 4 Patienten (0,2%).
32
Lokale interstitielle Therapieverfahren können gegenüber chirurgischen Verfahren auch dann noch eingesetzt werden, wenn ein multifokales, bilobuläres Befallsmuster vorliegt bzw. wenn es zu einem intrahepatischen Tumorrezidiv nach vorangegangener Resektion kommt. Denn noch erheblich weniger Patienten eignen sich für einen chirurgischen Rezidiveingriff, als schon für die initiale chirurgische Intervention. Treffen im Rezidivfall die oben genannten Kriterien weiterhin zu, sind die minimal-invasiven Verfahren theoretisch beliebig oft wiederholbar. Mit zunehmender Verbreitung und Weiterentwicklung der beschriebenen Therapien kommt es auch in steigender Häufigkeit zu Komplikationen. Regelmäßig werden Pleuraergüsse, seltener subkapsuläre Hämatome und in verhältnismäßig geringer Anzahl intrahepatische Abszesse postinterventionell beobachtet. Die größeren Nekrosezonen und die anfangs für alle Interventionsteams zu durchlaufende Lernkurve einer noch relativ neuen Therapieart sind dafür verantwortlich. Jedoch liegen die Komplikationsraten und die perioperative Mortalität selbst im Vergleich zu etablierten chirurgischen Zentren deutlich niedriger. Der klinische Stellenwert der nichtchirurgische Metastasenresektion scheint aufgrund der Vielzahl von verfügbaren lokal ablativen Verfahren derzeit noch nicht ausreichend beurteilbar. Auch müssen die aktuell zunehmend weiter gestellten Indikationen für lokalisierte Tumorbehandlungen auf ihre Wirksamkeit im onkologischen Gesamtkonzept geprüft werden. Für die LITT liegen jetzt die Daten einer »single center«Studie von über 1.600 Patienten vor, die lokale Tumorkontrollraten von über 98% und Überlebensraten ähnlich den chirurgischen Resektionskollektiven erreichen. Lokalanästhesie, vergleichsweise sehr geringe Komplikationsraten sowie geringere perioperative Mortalitäten und ambulantes Therapiemanagement sind die wesentlichen Vorteile für die betroffenen Patienten. Um die Ergebnisse evidenzbasiert zu validieren, hat eine randomisierte prospektive Studie LITT vs. chirurgische Resektion mit einem »Multicenter-Konzept« begonnen; die Ergebnisse sind jedoch erst in einigen Jahren zu erwarten. Zu betonen ist
auch, dass die vorgestellten Therapien angesichts hoher Raten an heterotopen intrahepatischen und extrahepatischen Tumorrezidiven die klassische Chemotherapie und Bestrahlung nicht ersetzen können. Sie müssen somit Teil eines multimodalen Therapiekonzeptes sein. Als Vorteile der LITT erwiesen sich: 1. Gute Verträglichkeit durch Lokalanästhesie und perkutanen Zugang 2. Geringe Komplikationsrate 3. Geringe perioperative Mortalität 4. Kurzer Krankenhausaufenthalt bis hin zum ambulanten Management 5. Geringere Kosten im Vergleich zur Leberteilresektion 6. Nahezu beliebige Wiederholbarkeit Kontraindikationen zur MR-tomographischen Untersuchung wie z.B. Metallimplantate oder Metallsplitter, ausgeprägte Klaustrophobie oder Herzschrittmacher machen eine suffiziente Therapiekontrolle mittels MRT unmöglich. Das viel diskutierte Problem der Tumorzellverschleppung durch Manipulation am Tumorgewebe mit Nadeln, Skalpellen oder anderem chirurgischen Instrumentarium betrifft sowohl die Chirurgen als auch die radiologischen Interventionalisten bei Resektionen, Biopsieentnahmen oder therapeutischen Interventionen. Aktuelle Publikationen vermuten bei perkutanen Biopsien eine Inzidenz von 1/10.000-1/33.000, wobei sich 48% des untersuchten Kollektives auf Pankreasbiopsien bezogen. Die Inzidenz von Interventionen bei Lebertumoren liegt nach Untersuchungen von Smith noch niedriger (Smith 1991). Über mögliche Zellverschleppungen bei offenen oder laparoskopischen Operationen finden sich derzeit keine Zahlen. Die Auswirkungen dieser kutanen Manifestationen auf die Überlebenszeit oder auf den weiteren klinischen Verlauf der betroffenen Patienten sind nicht ausreichend untersucht, scheinen aber keinen wesentlichen Einfluss zu haben. Insgesamt muss die Tumorzellverschleppung als potenzielle, jedoch sehr selten auftretende Komplikation bei den beschriebenen Interventionen eingeschätzt werden. Zusammenfassend muss dokumentiert werden, dass die MR-gesteuerte laserinduzierte Thermotherapie derzeit das präziseste Verfahren für eine minimal-invasive Tumordestruktion am lebenden Organismus unter in vivo-Bedingungen und minimal-invasiven Strategien darstellt. Die erzielten Ergebnisse belegen, dass damit eine hohe Ortskontrollrate und so eine komplette Zerstörung des Tumors unter minimal-invasiven Kautelen erzielt werden kann. Durch die Möglichkeit der Echtzeit-Temperaturmessung kann eine komplette Zerstörung primär visualisiert werden, und das Ausmaß der Zerstörung und
345 32.3 · Fokussierter Ultraschall
der lokalen Geometrie von Tumoren und angrenzenden Gewebestrukturen kann entsprechend angepasst werden. Dies ist von besonderer Bedeutung für wichtige Gewebestrukturen, die in der Nähe von Tumoren liegen, welche bei fehlender Visualisierung des Therapieeffektes ansonsten zerstört werden könnten (Gefäße, Nervenstrukturen, Weichteilstrukturen). Weitere Entwicklungen der MR-gesteuerten LITT gehen in Richtung einer weiteren Reduktion des Durchmessers und einer weiteren Optimierung der Visualisierbarkeit der thermischen Effekte.
Smith EH (1991) Complications of percutaneous abdominal fineneedle biopsy. Radiology 178: 253-258. Vogl TJ, Naguib NN, Eichler K, Lehnert T, Ackermann H, Mack MG (2008) Volumetric liver evaluation of liver metastases after thermal ablation: long-term results following MR-guided laserinduced thermotherapy. Radiology 249(3): 865-871.
32.3
Fokussierter Ultraschall
A. Boss, P. L Pereira 32.2.3
Zusammenfassung
Moderne lokale, thermoablative Techniken wie die Laserinduzierte Thermotherapie (LITT) bieten für Patienten mit Leber- und Lungentumoren und skelettalen Läsionen unterschiedlicher Primärtumoren, die aus verschiedenen Gründen nicht resektabel sind, eine minimal-invasive Therapieoption. Als Einschlusskriterien für die Thermoablation von Lebertumoren gelten derzeit eine maximale Läsionsgröße von 5 cm und weniger als 5 Metastasen unabhängig von deren Lage. Die MR-gesteuerte LITT wird heute mittels perkutan implantierbarer Kathetersysteme in Lokalanästhesie im ambulanten Management durchgeführt. Für die LITT stehen gespülte Applikationssysteme zur Verfügung, die Koagulationszonen bis zu 6 cm ermöglichen (Mack et al. 2005). Die LITT erlaubt derzeit eine lokale Tumorkontrolle von über 98% bei lokalisierten Lebermetastasen ohne extrahepatisches Befallsmuster. In einem Patientenkollektiv von 2.140 Patienten konnten mittlere Überlebenszeiten von 4,0 Jahren für Lebermetastasen von verschiedenen Primärtumoren dokumentiert werden. Die MR-gesteuerte LITT ist charakterisiert durch eine hohe Tumorkontrollrate bei Lebermetastasen ≤5 cm und einer Anzahl <5 mit einer Verbesserung der Überlebensdaten ähnlich der chirurgischen Resektion. > Zusammenfassend erlaubt die weiterentwickelte LITT eine minimal-invasive onkologische Therapie für Patienten mit primären und sekundären Lebertumoren verschiedener zugrunde liegender Primärtumoren, Lungentumoren und skelettalen Neoplasien.
Literatur Mack MG, Lehnert T, Eichler K, Vogl TJ (2005) MR-guided laser ablation. Mag Reson Imaging Clin N Am 13(3): 583-94. Mayo SC, Pawlik TM (2010) Thermal ablative therapies for secondary hepatic malignancies. Cancer J 16(2): 111-117. Reither K, Wacker F, Ritz P, et al. (2000) Laser-induced Thermotherapy for Liver Metastases in an Open 0.2 T MR System. Fortschr Geb Roentgenstr. 172:175-178.
Der therapeutisch eingesetzte fokussierte Ultraschall (high intensity focused ultrasound, HIFU, oder focused ultrasound, FUS) stellt eine nicht-invasive Gewebeablationsmethode dar. Dazu wird mechanische Wellenenergie im Zielvolumen deponiert, welches dort zu einer lokalen Gewebeerwärmung führt. Gegenwärtig befindet sich der fokussierte Ultraschall noch in einem experimentellen Stadium der Patiententherapie. Für bestimmte umschriebene Anwendungsgebiete besitzt die Methode seit kurzer Zeit eine Zulassung durch die entsprechenden US-amerikanischen Zulassungsbehörden. Physikalisch stellt der Ultraschall eine mechanische Störung des Gleichgewichtszustandes der Materie dar, bei der sich eine zur Wellenausbreitungsrichtung longitudinale oder transversale Teilchenschwingung ausbreitet. Als Ultraschall werden Schallwellen mit Schwingungsfrequenzen oberhalb der Wahrnehmungsgrenze des menschlichen Gehörs von 16 kHz bezeichnet. > Typische Frequenzen von Geräten des fokussierten Ultraschalls liegen zwischen 1 und 20 MHz.
Da die transversalen Schwingungen in biologischen Geweben eine viel höhere Dämpfung erfahren als die longitudinalen Schwingungen, bestehen Ultraschallwellen in biologischen Geweben ab einer gewissen Eindringtiefe vollständig aus Longitudinalwellen. Aufgrund ihrer niedrigen Energiedichte dringen die Ultraschallwellen zunächst ohne schädigende Wirkung durch das Gewebe, die geringe Menge übertragener Wärmeenergie wird durch Dissipation und Gewebeperfusion fortgeleitet. Werden die Schallwellen jedoch auf einen Punkt fokussiert, so bewirken sie dort aufgrund der hohen Schallintensitäten (typischerweise einige kW/cm2) eine erhebliche Gewebeerwärmung. Bei Erwärmungen oberhalb von 56°C führt der fokussierte Ultraschall in einer Zeitspanne von weniger als einer Sekunde zur Gewebekoagulation. Selbst bei extrem kurzen Expositionszeiten sind Gewebeerwärmungen von über 80°C beschrieben (ter Haar et al. 1991). Technisch wird die Fokussierung der Ultraschallwellen durch einen sphärischen Aufbau des Ultraschall-
32
346
Kapitel 32 · Hypertherme Verfahren
wandlers (⊡ Abb. 32.5) oder durch Anpassung der relativen Phasen von Elementen eines Wandlerarrays (phased array«) erreicht. Der erzeugte Fokus weist jedoch in der Regel nur ein sehr kleines Volumen auf, sodass sich üblicherweise vor dem Wandler eine Schalllinse befindet, welche eine Vergrößerung des Fokus bewirkt. Ein typischer medizinischer Apparat erzeugt einen zylinderförmigen Fokus mit einem Durchmesser von 1,5 mm und einer Länge von 1 cm, orientiert in Ausbreitungsrichtung der Welle. Neben dem Fokus fällt die Temperatur stark ab, sodass histologisch eine scharf demarkierte Koagulationszone entsteht (Chen et al. 1993). Um eine verlustfreie Einkopplung des Ultraschalls im Gewebe sicherzustellen, darf sich zwischen Apparat und Patient keine Luft, sondern nur Wasser bzw. Gel befinden. Tipp
I
I
Zum Monitoring der Gewebeerwärmung eignet sich beim fokussierten Ultraschall in besonderer Weise die Magnetresonanztomographie (MRT) (Hynynen et al. 2001, Bohris et al. 2001).
32
⊡ Abb. 32.5 Skizze einer Anordnung zur Erzeugung einer lokalen Gewebekoagulation mit fokussiertem Ultraschall
Zwischenzeitlich sind auch MRT-kompatible Geräte entwickelt worden. Die MRT weist einen hohen Weichteilkontrast auf, mit dem Tumoren sehr gut visualisiert werden können, und ist in jeder beliebigen Orientierung durchführbar. Durch die Protonen-Resonanz-FrequenzMethode lässt sich die absolute Gewebeerwärmung mittels Real-Time-Bildgebung darstellen, sodass eine für die Gewebekoagulation ausreichende Temperaturerhöhung sichergestellt wird. Die MRT-gesteuerte Therapie mittels fokussiertem Ultraschall wird in der englischsprachigen Literatur oft als magnetic resonance guided focused ultrasound, kurz MRgFUS, bezeichnet. > Das größte Problem in der therapeutischen Anwendung der Methode liegt in dem kleinen Fokusvolumen, sodass ein zu erreichendes Zielvolumen systematisch durchgerastert werden muss, um eine vollständige Gewebeablation zu erhalten.
Dies kann durch systematisches Verschieben des Schallwandlers, z.B. durch einen Roboterarm, erfolgen oder durch dynamisches Anpassen der Phasen eines Wandlerarrays. Eine weitere Herausforderung stellt die sogenannte Kavitation dar, bei der durch sehr hohe Schallintensitäten Mikroblasen erzeugt werden, welche mit dem Schallfeld wechselwirken können. Durch den plötzlichen Kollaps der Blasen können Schockwellen im Gewebe erzeugt werden, welche nicht vorhersagbar sind. Aus diesem Grund wird der Energiebereich der Kavitation im Allgemeinen bei therapeutisch eingesetzten
Geräten vermieden. In letzter Zeit stellt die Kavitation jedoch ein zunehmend beachtetes Forschungsgebiet dar, um die Wirksamkeit des fokussierten Ultraschalls zu erhöhen. Weiterhin werden Ultraschallwellen sowohl an Gewebe-Knochen- als auch an Gewebe-Luft-Grenzen totalreflektiert, sodass die Behandlung von Zielvolumen innerhalb der Lunge oder hinter Knochenstrukturen nicht möglich ist. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Erzeugung eines zusammenhängenden Zielvolumens hat sich die Methode des fokussierten Ultraschalls bisher vor allem bei benignen Tumoren und bei der palliativen Therapie von Malignomen bewährt. Am weitesten verbreitet ist die Behandlung von Uterosmyomen, welche zwischenzeitlich auch eine FDA-Zulassung erhalten hat (McDannold et al. 2006). Weniger erfolgreich zeigten sich Studien, in denen der fokussierte Ultraschall zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie (BPH) eingesetzt wurde. Hier erwies sich bisher die transurethrale Resektion der Prostata (TURP) als überlegen (Madersbacher et al. 2000). Bei der palliativen Behandlung von Patienten mit Prostatakarzinom, bei welchen aufgrund von Komorbiditäten eine operative Resektion nicht infrage kommt, zeigte der fokussierte Ultraschall eine hohe Effektivität von über 90 % bei der lokalen Tumorkontrolle (Gelet et al. 1996). Weitere Studien bei der Behandlung von Malignomen wie etwa Brustkrebs (Hynynen et al. 2001, Wu et al. 2005a), Nieren- oder primären und sekundären Lebertumoren (Wu et al. 2001, Wu et al. 2005b), welche in der überwiegenden Zahl in China durchgeführt wurden, proklamierten zwar eine technisch erfolgreiche Durchführung an durchaus großen Patientenkollektiven, jedoch ist der Follow-up wenig nachvollziehbar. Die Effektivität des fokussierten Ultraschalls zur Behandlung
347 32.4 · Mirkrowellen-Ablation
von Malignomen ist insofern nicht ausreichend belegt, sodass die durchgeführten Behandlungen somit bezüglich der in westlichen Industrienationen geltenden ethischen Gesichtspunkte momentan noch kritisch beurteilt werden müssen.
> Im elektrischen Wechselfeld der Mikrowellen werden die Dipole zu erzwungenen Schwingungen angeregt, da sie sich entsprechend des gerade herrschenden elektrischen Feldes auszurichten versuchen. Die umgebenden Makromoleküle werden nicht angeregt, jedoch durch Konvektion erhitzt.
Literatur Bohris C, Jenne JW, Rastert R, Simiantonakis I, Brix G, Spoo J, Hlavac M, Nemeth R, Huber PE, Debus J. MR monitoring of fosused ultrasound surgery in a breast tissue model in vivo. Magn Reson Imag 2001; 19:167-175. Chen L, Rivens I, ter Haar GR, Riddler S, Hill CR, Bensted JP. Histological changes in rat liver tumours treated with high-intensity focused ultrasound. Ultrasound Med Biol 1993;19:67–74. Gelet A, Chapelon JY, Bouvier R, Souchon R, Pangaud C, Abdelrahim AF, et al. Treatment of prostate cancer with transrectal focused ultrasound: Early clinical experience. Eur Urol 1996;29:174–83. Hynynen K, Pomeroy O, Smith DN, Huber PE, McDannold NJ, Kettenbach J, et al. MR imaging-guided focused ultrasound surgery of fibroadenomas in the breast: A feasibility study. Radiology 2001;219:176–85. Madersbacher S, Schatzl G, Djavan R, Stuling T, Marberger M. Long-term outcome of transrectal high-intensity focused ultrasound therapy for benign prostatic hyperplasia. Eur Urol 2000;37:687–94. McDannold N, Tempany CM, Fennessy FM, So MJ, Rybicki FJ, Stewart EA, Jolesz FA, Hynynen K. Uterine leiomyomas: MR imagingbased thermometry and thermal dosimetry during focused ultrasound thermal ablation. Radiology. 2006;240:263-72. ter Haar GR, Clarke RL, Vaughan MG, Hill CR. Trackless surgery using focused ultrasound: Technique and case report. Min Inv Ther 1991;1:13–5. Wu F, Chen WZ, Bai J, Zou JZ, Wang ZL, Zhu H, et al.(2001) Pathological changes in human malignant carcinoma treated with highintensity focused ultrasound. Ultrasound Med Biol 27:1099–106. Wu F, Wang ZB, Zhu H, Chen WZ, Zou JZ, Bai J, Li KQ, Jin CB, Xie FL, Su HB (2005a) Extracorporeal high intensity focused ultrasound treatment for patients with breast cancer. Breast Cancer Res Treat 92:51-60. Wu F, Wang ZB, Chen WZ, Zou JZ, Bai J, Zhu H, Li KQ, Jin CB, Xie FL, Su HB (2005b) Advanced hepatocellular carcinoma: treatment with high-intensity focused ultrasound ablation combined with transcatheter arterial embolization. Radiology 235:659-67.
32.4
Mirkrowellen-Ablation
P. L Pereira, A. Boss Mikrowellen gehören zu den elektromagnetischen Wellen mit Wellenlängen im Bereich zwischen 30 cm (entsprechend einer Frequenz von 1 GHz) und 1 mm (300 GHz). Die Mikrowellen besitzen somit eine längere Wellenlänge als infrarotes Licht, jedoch eine geringere als Radiowellen. Die Grenzen sind willkürlich gezogen und unterscheiden sich auf verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaft und der Ingenieurswissenschaft. Das Wassermolekül besitzt ein elektrisches Dipolmoment.
Die niedrigste Resonanzfrequenz des Wassermoleküls liegt bei 22,2 GHz. Jedoch zeigen Wassermoleküle schon bei Frequenzen von 1-2 GHz eine hohe Absorption der eingestrahlten Mikrowellenenergie mit einem typischen Effizienzfaktor von 50-60%. Da es sich bei Mikrowellen um elektromagnetische Wellen handelt, können sie an Mediumsgrenzen gebrochen und reflektiert werden. In metallischen Leitern erfolgt an den Enden eine ausgeprägte Reflexion von Mikrowellen bei Frequenzen höher als 1 GHz, sodass es nahezu unmöglich ist, Mikrowellenenergie mit Frequenzen oberhalb von 1 GHz in einem Kabel zu transportieren. Stattdessen fällt die Energie im Leiter ab und führt zu starken Kabelerwärmungen. Mikrowellen bieten gegenüber der momentan häufiger zur Tumorablation genutzten Technik der Radiofrequenzablation einige Vorteile wie etwa eine höhere erreichbare Ablationstemperatur, schnellere Behandlungszeit, ein geringerer »Heat-Sink-Effekt«, effektive Behandlung von zystischen Läsionen, die technisch einfachere Realisierbarkeit von Multiapplikatorsystemen, keine Notwendigkeit zur Anbringung von Neutralelektroden, die komplette MR-Kompatibilität und kein Risiko von Hautverbrennungen. Ebenso wie die Radiofrequenzablation lässt sich die Mikrowellenablation als perkutanes bildgebungsgesteuertes Verfahren, laparoskopisch oder intraoperativ durchführen. Die Karbonisierung und das Kochen des Gewebewassers bei Temperaturen über 100°C, welche bei der Radiofrequenzablation aufgrund eines Anstiegs der Gewebeleitfähigkeit zu geringerer Effektivität führen, stellt keine technische Limitation mehr dar. Auf diese Weise lassen sich deutlich größere Koagulationsläsionen als mit der Radiofrequenzablation in kürzerer Zeit erzeugen. Da ausschließlich Wassermoleküle an der Wechselwirkung teilnehmen, werden auch zystische Läsionen und Gewebe in der Nähe von Blutgefäßen (»Heat-Sink-Effekt«) koaguliert. Die ersten Geräte, welche aus dem asiatischen Raum stammten, arbeiteten noch mit der von Mikrowellenherden genutzten Frequenz von 2,45 MHz (Sato et al. 1996, Lu et al. 2001). Neuere Geräte (z.B. ein sich gerade in Erprobung befindliches Gerät von Vivant Medical, USA) operieren bei 915 MHz mit speziell entwickelten Applikatorkonfigurationen (sog. Antennen, z.B. Loop-Antennen) (Shock et al. 2004) (⊡ Abb. 32.6).
32
348
Kapitel 32 · Hypertherme Verfahren
⊡ Abb. 32.6 CT-gesteuerte Platzierung einer Mikrowellen-Loop-Antenne in einer Nebennieren-Metastase (Mit freundlicher Genehmigung von Damian Dupuy)
32
Zurzeit ist noch kein Gerät für den klinischen Einsatz in den westlichen Industrienationen zugelassen. Erste Studien aus dem asiatischen Raum zur Behandlung von primären oder sekundären Lebertumoren wurden publiziert unter Verwendung von 2,45 MHz-Mikrowellengeräten an teilweise recht großen Patientenkohorten (Matsukawa et al. 1997, Shimada et al. 1998, Ohmoto et al. 1999, Midorikawa et al. 2000, Ido et al. 2001, Lu et al. 2001, Dong et al. 2003, Seki et al. 1994, Murakami et al. 1995). In der Studie von Dong wurden beispielsweise 234 Patienten mit 339 HCC-Tumoren behandelt. Die perkutanen Behandlungen wurden unter Ultraschall-Steuerung durchgeführt. In 89,3% der Fälle wurde von einer technisch erfolgreichen Behandlung berichtet mit fehlender Kontrastmittelaufnahme in den direkt anschließend durchgeführten Follow-up-Untersuchungen. Zusammenfassend muss das Verfahren derzeit noch als experimentell bezeichnet werden.
Murakami R, Yoshimatsu S, Yamashita Y, Matsukawa T, Takahashi M, Sagara K. Treatment of hepatocellular carcinoma: value of percutaneous microwave coagulation. Am J Roentgenol 1995; 164:1159–64. Ohmoto K, Miyake I, Tsuduki M, Shibata N, Takesue M, Kunieda T, Ohno S, Kuboki M, Yamamoto S. Percutaneous microwave coagulation therapy for unresectable hepatocellular carcinoma. Hepatogastroenterology 1999; 46:2894-900. Sato M, Watanabe Y, Ueda S, Iseki S, Abe Y, Sato N, Kimura S, Okubo K, Onji M. Microwave coagulation therapy for hepatocellular carcinoma. Gastroenterology 1996;110:1507-14. Seki T, Wakabayashi M, Nakagawa T, Itho T, Shiro T, Kunieda K, Sato M, Uchiyama S, Inoue K. Ultrasonically guided percutaneous microwave coagulation therapy for small hepatocellular carcinoma. Cancer 1994; 74:817–25. Shock SA, Meredith K, Warner TF, Sampson LA, Wright AS, Winter TC 3rd, Mahvi DM, Fine JP, Lee FT Jr. Microwave ablation with loop antenna: in vivo porcine liver model. Radiology 2004; 231:143-9. Shimada S, Hirota M, Beppu T, Matsuda T, Hayashi N, Tashima S, Takai E, Yamaguchi K, Inoue K, Ogawa M. Complications and management of microwave coagulation therapy for primary and metastatic liver tumors. Surg Today. 1998; 28:1130-7.
Literatur Dong B, Liang P, Yu X, Su L, Yu D, Cheng Z, Zhang J. Percutaneous sonographically guided microwave coagulation therapy for hepatocellular carcinoma: results in 234 patients. AJR Am J Roentgenol. 2003; 180:1547-55. Ido K, Isoda N, Sugano K. Microwave coagulation therapy for liver cancer: laparoscopic microwave coagulation. J Gastroenterol. 2001 Mar; 36(3):145-52. Lu MD, Chen JW, Xie XY, Liu L, Huang XQ, Liang LJ, Huang JF. Hepatocellular carcinoma: US-guided percutaneous microwave coagulation therapy. Radiology. 2001; 221:167-72. Matsukawa T, Yamashita Y, Arakawa A, Nishiharu T, Urata J, Murakami R, Takahashi M, Yoshimatsu S. Percutaneous microwave coagulation therapy in liver tumors. A 3-year experience. Acta Radiol. 1997 May; 38(3):410-5. Midorikawa T, Kumada K, Kikuchi H, Ishibashi K, Yagi H, Nagasaki H, Nemoto H, Saitoh M, Nakano H, Yamaguchi M, Koh Y, Sakai H, Yoshizawa Y, Sanada Y, Yoshiba M. Microwave coagulation therapy for hepatocellular carcinoma. J Hepatobiliary Pancreat Surg. 2000; 7:252-9.
32.5
Elektro-chemische Verfahren – Elektrolyse
M. Kleemann , P. Hildebrand, H. P. Bruch, M. Birth Als noch experimentell muss die Elektrolyse eingestuft werden. Die Galvanotherapie mit dem ECU-Gerät (electro chemical unit) beschreibt ein neues Verfahren, in dem durch Einsatz von lokal eingebrachten Platinelektroden eine gerichtete Wanderung von Ionen zwischen Anode und Kathode durch Anlage eines gleichstrominduzierten Spannungsfeldes erreicht wird. Sie induziert einen elektro-chemischen Prozess, der aus dem Stromfluss (80– 100 mA bei Leberablationen) zwischen zwei in das Organ eingebrachten Elektroden resultiert. Infolge der Aufspal-
349 32.5 · Elektro-chemische Verfahren – Elektrolyse
tung von Wasser sowie der Oxidation von Chloridionen formen sich an der Anode Sauerstoff- und Wasserstoffionen sowie Chlor. An der Kathode entstehen Wasserstoffgas und Hydroxidionen (Berendson et al. 1994). Dadurch wird eine Veränderung des intrazellulären pH-Wertes im umgebenden Gewebe verursacht und in Kombination mit der Freisetzung von zytotoxischen Gasen eine lokale Nekrose hervorgerufen. Die Applikation wird durch Modifikation der Parameter Ladung (C), Stromstärke (mA) und Spannung (V) gesteuert. Das Volumen der Nekrosezone kann durch die angewandte Dosis gesteuert werden und wird damit v.a. durch die Gewebeeigenschaften sowie Anordnung und Fläche der Elektroden bestimmt (Robertson et al. 1998). Zwischen den Elektroden entsteht ein Potenzialunterschied, wobei der elektrische Potenzialgradient am größten in unmittelbarer Nähe der Elektroden ist und exponentiell abnimmt. Innerhalb eines Radius von 1 cm um die Elektroden ist die zellschädigende Wirkung am größten, sodass 2 Elektroden bei Tumorendurchmessern bis zu 2 cm ausreichend sind. Es gibt unterschiedliche Methoden die Elektroden im Tumor zu positionieren. Bei größeren Tumoren können zwei, drei oder mehrere Kathoden (-) in die Peripherie der Tumore und eine, zwei oder mehrere Anoden (+) in den Mittelpunkt eingeführt werden. Tumorgrößen über 5 cm verlangen die Zusammenfassung der Elektroden in Cluster-Dipolen. > Im Gegensatz zu anderen lokalen destruktiven Verfahren entsteht keine große Hitze, sodass die Galvanotherapie auch in Bereichen von großen Blutgefäßen oder in Nachbarschaft von anderen thermosensitiven Organen eingesetzt werden kann (Wemyss-Holden et al. 2000).
Zusätzlich zu der lokalen Nekrose wird ein systemischer Effekt der Galvanolyse vermutet. Durch die Zerstörung des Tumors in situ werden Tumorantigene freigesetzt, welche zur Induktion einer spezifischen antitumoralen Immunantwort führen können (den Brok et al. 2004). Vorteilhaft scheinen tierexperimentellen Untersuchungen zufolge die gut abgrenzbaren sphärischen Nekroseareale zu sein. Während eine Thrombosierung kleinerer Gefäße zu beobachten ist, blieben größere Gefäße unbeschädigt (Wemyss-Holden et al. 1998). > Derzeit noch einschränkend sind die Behandlungszeiten mit bis zu 3 h in Abhängigkeit von der Tumorgröße (Berry et al. 2000).
Nachteilig ist auch ein fehlendes intraoperatives Monitoring, da weder Ultraschall, CT oder MRT die Destruktionsareale suffizient abbilden.
Die Sicherheit beim Einsatz der Galvanolyse im Leberparenchym wurde bereits in einigen Studien im Schweinemodell (Wemyss-Holden et al. 2000, Teague et al. 2004) und auch schon in einer kleineren Studie bei Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen untersucht (Fosh et al. 2002). In einer ersten Pilotstudie bei insgesamt 5 Patienten wurde vor Resektion kolorektaler Lebermetastasen eine Elektrolyse durchgeführt. Bei fehlender Elektrolyse assoziierter Morbidität und Letalität dokumentierte die Histologie in allen Fällen eine komplette Ablation des Tumors (Wemyss-Holden et al. 2002). Unklar ist bisher, ob die Galvanolyse ein zur RFA gleichwertiges Verfahren darstellt, um Metastasen in der Leber zu behandeln. Neben den Aspekten der sicheren Anwendung soll vor allem die Frage beantwortet werden, ob das Nekroseausmaß in der Leber bei der Galvanolyse dem der RFA entspricht. Dazu muss in Zukunft ein Vergleich von Galvanolyse und RFA im experimentellen Einsatz bei der Behandlung einer standardisierten Läsion in der Leber erfolgen.
Literatur Berendson J, Simonsson D (1994) Electrochemical aspects of treatment of tissue with direct current. Eur J Surg 574: 111-115 Berry D, Maddern G (2000) Other in-situ ablative techniques for unresectable liver tumours. Asian J Surg 23: 22-31 den Brok MH, Sutmuller RP, van der Voort R, Bennink EJ, Figdor CG, Ruers TJ, Adema GJ (2004) In situ tumor ablation creates an antigen source for the generation of antitumor immunity.Cancer Res. 64, 4024-9. Fosh BG, Finch JG, Lea M, Black C, Wong S, Wemyss-Holden SA, Maddern GJ (2002) Use of electrolysis as an adjunct to liver resection. Br J Surg 89: 999-1002 Robertson GSM, Wemyss-Holden SA, Dennison AR, Hall de la MP, Baxter PS, Maddern GJ (1998) Experimental study of electrolysisinduced hepatic necrosis. Br J Surg 85: 1212-1216 Teague BD, Court FG, Morrison CP, Kho M, Wemyss-Holden SA, Maddern GJ (2004) Electrolytic liver ablation is not associated with ecidence of a systemic inflammatory response syndrome. Br J Surg 91: 178-183 Wemyss-Holden SA, Robertson GSM, Dennison AR, Vanderzon PS, Hall de la MP, Maddern GJ (2000) A new treatment for unresectable liver tumours: Long-term studies of electrolytic lesions in the pig liver. Clin Sci 98: 561-567 Wemyss-Holden SA, Berry DP, Robertson GS, Dennison AR, Hall de la MP, Maddern GJ (2002) Electrolytic ablation as an adjunct to liver resection: Safety and efficacy in patients. ANZ J Surg 72: 89-593
32
33
Transarterielle Chemoembolisation (TACE) K. Brechtel, P. L. Pereira
33.1
Allgemeine Applikationstechnik – 351
33.2
Embolisationsmaterialien und gängige Chemotherapeutika – 352
33.3
Komplikationen transarterieller Therapien – 353
33.4
Indikation und Stellenwert der transarteriellen Therapien – 354
351 33.1 · Allgemeine Applikationstechnik
Transarterielle Therapien werden insbesondere in der palliativen Behandlung fortgeschrittener, inoperabler Lebertumore eingesetzt. Traditionell umfassen sie zunächst die einfache Chemoperfusion mit oder ohne Einsatz einer Embolisation. Während gesundes Lebergewebe zu etwa 75% portalvenös und 25% arteriell perfundiert wird, fließt bei primären und sekundären Lebertumoren bis zu 95% des Blutes über die Leberarterien. Diese Umkehr in der nutritiven Versorgung von Lebertumoren nutzt die transarterielle Chemoembolisation durch eine synergistisch wirkende Kombination von lokaler Chemotherapie und arterieller Okklusion. Der passagere Gefäßverschluss bewirkt nicht nur ischämische Tumornekrosen, sondern führt auch zu einer unter Ischämie verstärkten und prolongierten Wirkung des im Vergleich zur systemischen Applikation vielfach höher konzentrierten Zytostatikums. Zugleich wird die Ausbildung von Umgehungsgefäßen aufgrund der nur temporär okkludierenden Wirkung verhindert und damit die wiederholte TACE ermöglicht. Die Standard-TACE beinhaltet insofern neben der Applikation eines Chemotherapeutikums die passagere Embolisation. Hierzu wird ein Katheter zu Hilfe genommen, der selektiv in der Leberarterie zu liegen kommt (Kalva et al. 2008, Vogl et al. 2007). Neuere Verfahren benutzen einen ähnlichen Zugangsweg wie die Standard-TACE, setzen allerdings sog. Mikrosphären aus Polyvinylalkohol ein, die mit unterschiedlichen Chemotherapeutika benetzt oder sogar als Vehikel für Radiopharmaka dienen können (Kalva et al. 2008). Hierdurch wird eine superselektive Embolisation der Tumorgefäße möglich, bei hoher Konzentration der Zytostatika vor Ort und gleichzeitigem Verschluss der Tumorgefäße (Vogl et al. 2007).
33.1
Allgemeine Applikationstechnik
Im Folgenden wird die Applikationstechnik für die Standard-TACE und für die superselektive Embolisation mit Mikrosphären erläutert (bezüglich der Chemoperfusion bzw. Dauerinfusion über die Leberarterie Kap. 41 »Lokale Chemotherapie«). Vor Durchführung jeglicher Interventionen ist als geeignete Diagnostik regelhaft eine CT mit Gefäßdarstellung oder ein MRT zu fordern. Die präinterventionelle Diagnostik dient nicht nur dazu, sich über Tumorausbreitung und Situation des Patienten ein Bild machen zu können. Informationen zu relativen und absoluten Kontraindikationen, wie beispielsweise einer Pfortaderthrombose, bzw. Gefäßstatus und topografi-
sche Kenntnisse der individuellen arteriellen Leberversorgung sind entscheidende Aspekte, die die Qualität und den Erfolg einer Behandlung bestimmen (Vogl et al. 2007). Der Zugang zum arteriellen System erfolgt in der Regel über die Leiste mittels retrograder Punktion der A. femoralis communis. Insgesamt kann mit relativ dünnen Kathetermaterialien gearbeitet werden, sodass zunächst eine 4F-Schleuse und anschließend ein Angiografiekatheter (z.B. Cobra, Sidewinder etc.) in der abdominellen Aorta platziert werden kann. Eine Planungsangiografie mit Übersichtsdarstellung der aortalen Abgänge kann hilfreich sein, ist jedoch bei Vorliegen eines Schnittbildverfahrens mit entsprechender Gefäßdarstellung nicht obligat. Um die Tumorversorgung ausreichend einschätzen zu können, müssen die trunkalen Gefäße, d.h. A. lienalis, A. gastrica sinistra und A. hepatica communis, selektiv dargestellt werden. Nicht selten erfolgt die arterielle Versorgung des linken Leberlappens über einen Ast der A. gastrica sinistra. Ebenso sind alle eventuell bestehenden Kollateralen, die zu einer Tumorversorgung beitragen können, beispielsweise über die A. mesenterica superior, zu berücksichtigen. Zur Darstellung eines arteriovenösen oder arterioportalen Shunts kann eine indirekte Portografie über die A. lienalis durchgeführt werden. Sollte die präinterventionelle Diagnostik nicht ausreichende Informationen über die Durchgängigkeit der Pfortader liefern, kann in diesen Aufnahmen auch die Perfusion der Pfortader beurteilt werden. Sind Tumorversorgung und Gefäßtopografie identifiziert, werden die entsprechenden Gefäße in Koaxialtechnik sondiert (⊡ Abb. 33.1). ! Cave! Hierbei ist zu beachten, dass bei tiefer Sondierung der Leberarterien mit dem Angiografiekatheter Gefäßspastiken ausgelöst werden können, die zu einem fehlenden arteriellen Abstrom in das zu behandelnde Leberareal führen.
Die Verwendung von kleinen, an der Spitze weichen Mikrokathetern verringert dieses Risiko, schließt es allerdings nicht komplett aus. Ist der Katheter platziert, erfolgt die Applikation der Pharmaka. Im Falle des jodhaltigen Lipiodols, was bei der Standard-TACE verwendet wird, kann unter Durchleuchtung die Dynamik des Abstroms beurteilt werden. Da Mikrosphären per se nicht röntgendicht sind, sollte der zu verwendenden Emulsion jodhaltiges Kontrastmittel beigemischt werden, um eine ausreichende Information über den Abstrom zu erhalten (Kalva et al. 2008).
33
352
Kapitel 33 · Transarterielle Chemoembolisation (TACE)
⊡ Abb. 33.1 69-jährigen Patienten mit multifokalem HCC. Die obere Bildreihe zeigt die angiografische Darstellung vor (a) und nach (b) superselektiver Embolisation. Die präinterventionell deutlich sichtbare Arterialisierung der Herde in Segment 7 und 5 stellt sich unmittelbar nach Embolisation nicht mehr dar. In diesem Beispiel wurden medikamentenbeladene Mikrosphären (DCBeads®, Biocompatibles) der Größe 300-500 μm verwendet. In einer postinterventionell durchgeführten CT am Folgetag zeigen sich die embolisierten Bereiche deutlich hypoperfundiert gegenüber dem gesunden Leberparenchym, allerdings zu unterschiedlichen Ausprägungen. Insbesondere der apikale Herd in Segment 7 zeigt eine diskrete zentrale Restperfusion (c). Der Herd am Übergang von Segment 5 zu Segment 6 zeigt geringe Lufteinschlüsse (d).
a
b
c
d
! Cave! Bei den beiden Verfahren muss ein Rückstrom in Gefäßgebiete, die nicht zur Leberversorgung, bzw. Tumorversorgung beitragen, vermieden werden (⊡ Abb. 33.1).
33
In seltenen Fällen kann eine Sondierung der aortalen Abgänge über den kaudalen Zugangsweg nicht möglich sein. Dies trifft vor allem auf steil nach unten abgehende aortale Abgänge zu. Ebenso kann eine stark gewundene Bauch- und Beckengefäßachse eine stabile Katheterlage in der Leberarterie unmöglich machen, wodurch das Risiko einer Fehlembolisation steigt. In solchen Fällen kann ein transbrachialer Zugangsweg, vorzugsweise über die linke A. brachialis, mittels einer langen 5F- oder 6F-Schleuse gewählt werden. Hierbei sollte allerdings das erhöhte Schlaganfallsrisiko berücksichtigt werden.
33.2
Embolisationsmaterialien und gängige Chemotherapeutika
Der pharmakokinetische Vorteil der direkten Gabe in die zu versorgenden Lebergefäße besteht im Erreichen höherer Konzentrationen des Medikaments am Tumor selbst. Bei der Standard-TACE liegen allein durch die Reduktion des arteriellen Flusses und somit die Verzögerung
des »washouts« die Konzentrationen am Tumor um ca. 100-fach höher als bei einer systemischen Chemotherapie (Ramsey et al. 2002, Nakamura et al. 1989). Hierbei kommt eine Kombination verschiedener Zytostatika zum Tragen, die einem Lipiodol-Gemisch beigemengt werden. Das Lipiodol kann hierbei die beigemengten Zytostatika binden und diese vor Ort zum Tumor bringen. Durch das Fehlen des retikulo-endothelialen Systems im Tumorareal verbleibt das Lipiodol über eine längere Zeit im Zielgebiet und wird nicht abtransportiert (Ramsey et al. 2002). Hierdurch kommt es zu einer verzögerten Auswaschung des Chemotherapeutikums, was bis zu 35 Tage nach initialer Exposition in konstant hohen Dosen nachweisbar ist (Horiguchil et al. 1992). Die zur Standard-TACE verwendeten Zytostatika sind Doxorubicinhydrochlorid, Mitomycin C und Cisplatin (Vogl et al. 2007). Die mit Abstand am häufigsten verwendete Substanz zur TACE des HCCs stellt das Doxorubicin dar. Als wichtigste systemische Nebenwirkung ist hier die Kardiotoxizität zu erwähnen. Andere Chemotherapeutika spielen eher eine untergeordnete Rolle, allerdings besteht die Möglichkeit, diese in entsprechender Dosis zu kombinieren. Insgesamt zeigt die Datenlage jedoch für Doxorubicin die besten klinischen Ergebnisse, insbesondere beim multifolkalen HCC mit einer Tumorgröße <5 cm, bzw. <2 cm (Horiguchil et al. 1992).
353 33.3 · Komplikationen transarterieller Therapien
a
b
c
d
e
f
g
h
⊡ Abb. 33.2 MR-tomografische Darstellung vor (a-d) und nach 3 durchgeführten Chemoembolisationen (e-h) am Beispiel des HCC-Herdes in Segment 5. Die obere Bildreihe zeigt ein intermediär hyperintenses T2-Signal (a) bei isointensem T1-Signal (b, Pfeil). Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich in der frühen Perfusionsphase (c) eine homogene, HCC-typische Arterialisierung mit hohem T1-Signal und entsprechendem Signalabfall und hypointenser Darstellung in der späten Perfusionsphase (d) als Zeichen der vorwiegend arteriellen Versorgung dieses Herdes. Im Vergleich zeigen die Aufnahmen der unteren Reihe nach 3-maliger Embolisation nur noch residuelle Signalalterationen. Das T2-Signal (e, Pfeil) zeigt sich nahezu isointens zum übrigen Leberparenchym, wohingegen sich das native T1-Signal leicht hypointens zeigt (f, Pfeil). Eine Arterialisierung ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nachweisbar (g, Pfeil), ebenso zeigt sich keine Restperfusion in der späten Kontrastmittelphase bei deutlicher Verkleinerung des Herdes verglichen zur Voruntersuchung (h, Pfeil).
Bei der Verwendung von Mikrosphären wird die verlängerte Abgabe des auf den Partikeln befindlichen Zytostatikums ausgenutzt. Verglichen mit der Standardmethode kann so eine kontinuierliche Konzentration des Zytostatikums im Tumor von bis zu 3-4 Monaten erreicht werden (Lewis et al. 2006). Hierbei ist die Kinetik abhängig von der Partikelgröße: je größer die Partikel sind, desto länger dauert die Medikamentenabgabe. Zurzeit stehen Partikel mit einer Größe von 100-1.000 Mikrometer zur Verfügung. In der Regel werden die Mikrosphären mit einer zytostatischen Substanz inkubiert, zumeist mit Doxorubicin. Zu berücksichtigen ist, dass mit wachsender Partikelgröße die Inkubationszeit zunimmt; beispielsweise, sollte die Inkubation bei einer Sphärengröße von 300-500 Mikrometer mindestens 2 h betragen, um eine Konzentration von ca. 25 mg/ml zu erreichen (Lewis et al. 2006). Verglichen mit der Standard-TACE ergibt sich bei der Verwendung von medikamentenbeladenen Mikrosphären eine längere Aufenthaltszeit und somit eine höhere Konzentration des Zytostatikums im Tumor, bei gleichzeitig geringerer Plasmakonzentration, was systemische Nebenwirkungen in den Hintergrund stellt. Die Verabreichung erfolgt im Falle der Mikrosphären superselektiv, optimalerweise direkt in die TumorFeeder, die zuvor mit einem 2-3F-Mikrokatheter sondiert werden sollten. Ist eine Sondierung nach subsegmental nicht möglich, kann ähnlich der Standard-TACE auch von weiter proximal die Abgabe stattfinden (⊡ Abb. 33.1, ⊡ Abb. 33.2).
33.3
Komplikationen transarterieller Therapien
! Cave! Neben Blutungskomplikationen an den Punktionsstellen steht als häufigste Komplikation die Fehlembolisation im Vordergrund.
Ein Abströmen von Embolisat in die Milzarterie führt zu Milzinfarkten und kann mit Oberbauchschmerzen einhergehen. Ein Abströmen in Richtung der A. gastrica sinistra oder der A. gastroduodenalis kann zu ischämischen Läsionen der enteralen Schleimhaut oder gar zu Nekrosen im Pankreaskopf führen. Eine der häufigsten Komplikationen ist das Abströmen in Richtung der A. cystica mit möglicher Induktion einer akuten Cholezystitis bis hin zur Gallenblasennekrose. Die Patienten reagieren dabei mit Oberbauchschmerzen und Fieber. Insgesamt werden die klinischen Symptome nach stattgehabter TACE unter dem Begriff des Postembolisationssyndroms zusammengefasst (Vogl et al. 2007). Die Ätiologie dieses Syndroms beinhaltet die oben erwähnten ischämischen Läsionen sowie eine postembolische Inflammation des Zielgebietes oder fehlembolisierter Leberareale. Das Auftreten eines postembolischen Syndroms ist unter anderem von der Erfahrung des Untersuchers abhängig. Zusätzlich zeigt sich eine Abhängigkeit von Selektivität der Sondierung sowie Menge des verwendeten Embolisats (Vogl et al. 2007).
33
354
Kapitel 33 · Transarterielle Chemoembolisation (TACE)
! Cave! Insbesondere bei der Verwendung von Mikrosphären steigt in Abhängigkeit der Anzahl der Behandlungen das Risiko der Fehlembolisation.
In der Regel zeigt das Embolisat ein früheres Sistieren, im Laufe mehrerer Behandlungen in Zeiträumen von 2-3 Monaten, sodass bei konsekutiven Behandlungen die Wahrscheinlichkeit einer Fehlembolisation zunimmt. In seltenen Fällen resultiert die TACE in einem meist reversiblen Leberversagen (Patel et al. 2000). Um die Komplikationsrate zu minimieren, müssen im Vorfeld die Voraussetzungen und Kontraindikationen sorgfältig überprüft werden. Liegt beispielsweise ein Pfortaderverschluss vor, würden bei einer Standard-TACE große Teile der dualen Gefäßversorgung unterbunden und somit Lebernekrosen erzeugt werden. > Bei superselektiver Sondierung und geringer Ausdehnung des zu embolisierenden Bereichs stellt die Pfortaderthrombose eine relative Kontraindikation dar.
Zu den Faktoren, die ein akutes irreversibles Leberversagen begünstigen, zählen ein hohes Serum-Bilirubin >2,5 mg/dl, ein reduzierter Quick-Wert und eine fortgeschrittene Leberzirrhose (Miyoshi et al. 1988). Weiterhin besteht bei Patienten, die eine Tumorinfiltration von mehr als 50%, einen LDH-Anstieg >400 IU/L sowie einen Anstieg der Aspartataminotransferase >100 IU/L aufweisen, ein erhöhtes Risiko für postinterventionelle Komplikationen.
33 Absolute klinische Kontraindikationen ▬ Tumorbefall von mehr als 75%, ▬ extrahepatische Metastasen, ▬ Child C-Situation, ▬ bestehende Enzephalopathie, ▬ Karnofsky-Index <50% (Vogl et al. 2007).
33.4
Indikation und Stellenwert der transarteriellen Therapien
Da transarterielle Therapien nicht zu einer kompletten und dauerhaften Tumordestruktion führen, zählen sie zu den palliativen, lokalen Therapien. Insgesamt sind nur ca. 10-20% aller HCC-Patienten für eine chirurgische Therapie geeignet, die zurzeit die einzige kurative Maßnahme eines HCCs repräsentiert (Kalva et al. 2008, Vogl et al. 2007, Clark et al. 2005). In der Regel bieten HCC-Patien-
ten eine fortgeschrittene Erkrankung, die insgesamt eine schlechte Prognose bezüglich Überlebenszeit aufweist, sodass nach 3 Jahren nur noch ca. 30% der Erkrankten überleben (Llovet et al. 1999). Das Therapieziel für die transarteriellen Maßnahmen ist die Reduktion der Tumormasse, und somit die Verlängerung der Lebenszeit. Im Rahmen unterschiedlicher Klassifikationen wurden prognostische Faktoren entwickelt, die verschiedene klinische und tumorbiologische Eigenschaften berücksichtigen. Zur Beurteilung der Leberfunktion wird hier vor allem die Child-Pugh-Klassifikation herangezogen. Weitere Stagingsysteme beinhalten sowohl klinische als auch radiologisch-morphologische Parameter. Hierzu zählen die Okuda-, die »Barcelona Clinic Liver Cancer« (BCLC)-, sowie die »Cancer of the Liver Italian Program«-Kriterien (Okuda et al. 1985, Llovet et al. 1999, CLIP 1998). Die Stellung der TACE und anderer transarterieller Therapien bezieht sich hier auf Patienten mit geringer bis mäßiger Leberfunktionsstörung (Child-Klassifikation A und B), sowie das Vorliegen multifokaler Herde. Dabei wird die Anzahl und Größe berücksichtigt, die eine lokal fokussierte Therapie, wie z.B. die Radiofrequenzablation, nicht mehr erlauben würden. Mitberücksichtigt werden Lokalisation und Anzahl der Herde sowie Größe und Infiltration umliegender Strukturen (Vogl et al. 2007). Verschiedene Studien konnten zeigen, dass die TACE eine wirksame, lebensverlängernde Therapie bei inoperablen hepatozellulären Lebertumoren darstellt (Llovet et al. 2002). Die Überlebensraten sind bei der Standard-TACE sehr unterschiedlich und reichen von 3--88% nach 1 Jahr, bis zu 18-51% nach 3 Jahren, wobei die Überlebensraten auch von weiteren Prognosefaktoren abhängen. Insgesamt eignen sich HCC vom multinodulären Typ besser für eine arterielle Therapie als Tumoren vom diffusen Typ (Huppert et al. 2004). Bezüglich der Benutzung von Mikrosphären existieren zum aktuellen Zeitpunkt relativ wenige Daten. Einzelne Studien zeigen ein Therapieansprechen nach 6 Monaten von 66% verglichen mit einem Ansprechen von ca. 35% bei einer Standard TACE (Llovet et al. 2002, Varela et al. 2007) (⊡ Abb. 33.2). > Für die Behandlung sekundärer Lebertumoren, wie kolorektale Metastasen liegen derzeit noch keine ausreichenden Daten vor.
Literatur Breedis C, Young C (1954) The blood supply of neoplasms in the liver. J Pathol 30:969-977 Clark HP, Carson F, Kavanagh PV et al. (2005) Staging and current treatment of hepatocellular carcinoma. Radiographics 25:S3-S23
355 33.4 · Indikation und Stellenwert der transarteriellen Therapien
CLIP – The Cancer of the liver Italian Program Investigators (1998) A new prognostic system for hepatocellular carcinoma: a retrospective study of 435 patients. Hepatology 28:751-755 Horiguchil Y, Itohl M, Takagawa H et al. (1992) Chemotherapy and pharmocology assessment of chemoembolization therapy for primary liver cancer using a stabilized adriamycin-lipiodol suspension. Cancer Chemother Pharmacol 31:60-64 Kalva SP, Thabet A, Wicky S. (2008) Recent advances in transarterial therapy of primary and secondary liver malignancies. Radiographics 28:101-117 Lewis AL, Gonzales AV, Lloyd AW et al. (2006) DC Bead: in vitro characterization of a drug-delivery device for transarterial chemoembolization. J Vasc Interv Radiol 17:335-342 Llovet JM, Bru C, Bruix J (1999) Prognosis of hepatocellular carcinoma: the BCLC staging classification. Sem in liver disease 19:329-338 Llovet JM, Bustamante J, Castells A et al. (1999) Natural history of untreated nonsurgical hepatocellular carcinoma: rationale for design and evaluation of therapeutic trials. Hepatology 29:62-67 Llovet JM, Real MI, Montana X et al. (2002) Arterial embolizationor chemoembolization versus symptomatic treatment in patients with unresectable hepatocellular carcinoma: a randomized controlled trial. Lancet 359:1734-1739 Huppert PE, Lauchart W, Duda SH et al. (2004) Chemoembolisation des hepatozellulären Karzinoms: Welche Faktoren bestimmen Therapieansprechen und Überleben? Fortschr Roentgenstr 176:375-385 Miyoshi S, Minami Y, Kawata S et al. (1988) Changes in hepatic functional reserve after transcatheter embolization of hepatocellular carcinoma. Assessment by maximal removal rate of indocyanine green. J Hepatol 6:332-336 Nakamura H, Hashimoto T, Oi H et al. (1989) Transcatheter oily chemoembolization of heatocellular carcinoma. Radiology 170:783786 Okuda K, Ohtsuki T, Obata H et al. (1985) Natural history of hepatocellular carcinoma and prognosis in relation to treatment: study of 850 patients. Cancer 56:918-928 Patel NH, Hahn D, Rapp S et al. (2000) Hepatic artery embolization: factors predisposing to postembolization pain and nausea. J Vasc Interv Radiol 11:453-460 Ramsey DE, Kernagis LY, Soulen MC et al. (2002) Chemoembolization of heoatocellular carcinoma. J Vasc Interv Radiol 13:211-221 Varela M, Real MI, Burrel M et al. (2007) Chemoembolization of hepatocellular carcinoma with drug eluting beads: efficacy and doxorubicin pharmacokinetics. J Hepatol 46:474-481 Vogl TJ, Zangos S, Balzer JO et al. (2007) Transarterial chemoembolization (TACE) in hepatocellular carcinoma : technique, indication and results. Fortschr Röntgenstr 179 :1113-1126
33
34
Kombination von Leberresektion und interventioneller Therapie P. Hildebrand, M. Birth
357 Kapitel 34 · Kombination von Leberresektion und interventioneller Therapie
Einen besonderen Stellenwert hat die Kombinationsbehandlung durch lokal ablative und resektive Verfahren im Sinne einer chirurgisch-interventionellen Strategie. Bisher wurden verschiedene Indikationen für ein kombiniertes Vorgehen in der Literatur beschrieben, wobei die Behandlung von multiplen Metastasen/Tumoren als ein- oder zweizeitiges Vorgehen, das Bridging beim hepatozellulären Karzinom und die simultane Histologiegewinnung bei Durchführung einer RFA zur Planung der adjuvanten Therapie die Hauptindikationen darstellen. Bezüglich der Metastasenchirurgie kann über den onkologischen Stellenwert eines solchen »local aggressive approach« gegenwärtig eingeschränkt geurteilt werden. Dennoch erscheint dieses Vorgehen immer dann gerechtfertigt, wenn nach standardisierter Resektion und additiver RFA nicht resektabler Läsionen eine »R0-Situation« herbeigeführt werden kann (⊡ Abb. 34.1). Eine Reihe aktueller Studien beschäftigen sich mit dieser Thematik. In der größten Studie von Pawlik wurden 172 Patienten mit insgesamt 767 Metastasen in Kombination mit einer chirurgischen Resektion (n=417) und einer RFA (n=350) behandelt. Die Morbidität betrug 19,8% und die Mortalität 2,3%. Die Rate an intrahepatischen Rezidiven wurde insgesamt mit 56,9% angegeben, wobei im Bereich der RFA-therapierten Herde lediglich ein Lokalrezidiv in 2,3% der Fälle beobachtet wurde. Bei einem Follow-up von im Median 21,3 Monaten betrug die Überlebenszeit 45,5% (Pawlik et al. 2003). Eine vergleichende Studie von Abdalla et al. konnte bei einem selektionierten Patientengut einen Vorteil der Kombinationstherapie gegenüber alleiniger RFA mit niedrigerer Lokalrezidivrate (5% vs. 9%) sowie verbesserten Langzeitergebnissen mit 4-Jahres-Überlebensraten von 36% vs. 22% zeigen (Abdalla et al. 2004).
Elias und Mitarbeiter konnten mit diesem Vorgehen bei 18 von 21 Patienten durch RFA adjuvant zur Resektion eine zumindest bildmorphologische »R0-Situation« herbeiführen und erzielten eine erstaunliche 2-JahresÜberlebensrate von 94,7% (Elias et al. 2000). Weitere Studien zeigen, dass durch eine kombinierte Anwendung von chirurgischer Resektion mit einer RFA eine lokale R0-Situation in bis zu 97% der Fälle erzielt werden kann (Evrard et al. 2004, Oshowo et al. 2003). Ist trotz Kombination von standardisierter Resektion und additiver RFA primär keine »R0-Situation« zu erreichen, bietet sich in ausgewählten Fällen die Möglichkeit eines zweizeitigen Vorgehens. So kann bei Patienten mit bilobären Läsionen, welche aufgrund des verbleibenden Restlebervolumens keine primäre Resektion zulassen, zunächst eine Behandlung des einen Leberlappens erfolgen. Hier ist aus unserer Sicht bei Irresektabilität eine Radiofrequenzablation gerechtfertigt, solange in dem behandelten Leberlappen eine komplette Ablation bzw. R0Situation erreicht werden kann. Anschließend kann eine portalvenöse Embolisation durchgeführt werden, was zu einer Hypertrophie des bereits behandelten Leberlappens führt. Nach entsprechender Zunahme des funktionellen Lebervolumens ist im Anschluss eine Hemihepatektomie des noch unbehandelten Leberlappens möglich und somit insgesamt eine R0-Situation geschaffen (⊡ Abb. 34.2). Dieses Vorgehen bleibt derzeit sicherlich Einzelfällen vorbehalten und sollte nur an Zentren für hepatobiliäre Chirurgie mit entsprechender Expertise durchgeführt werden. Im Rahmen der Behandlung des hepatozellulären Karzinoms wird die RFA häufig als Bridging-Verfahren vor einer möglichen Transplantation eingesetzt. Das HCC eignet sich hierbei ideal für eine lokoregionale Therapie, da
⊡ Abb. 34.1 Kombination aus Resektion (Segment I) und RFA (multiple Segmente)
34
358
Kapitel 34 · Kombination von Leberresektion und interventioneller Therapie
Eine weitere Indikation für eine Kombination aus Resektion und RFA stellen Lebertumoren mit unklarem Primarius dar. Diese sind bei Irresektabilität zwar durch eine komplette RFA zu therapieren, es ist jedoch häufig zweckmäßig eine repräsentative Biopsie z.B. mittels simultaner atypischer Resektion eines Leberherdes zu entnehmen. Dies gibt zum einen wichtige Informationen auf der Suche nach einem möglichen Primarius, erlaubt ein exaktes Staging und ermöglicht zum anderen die bessere Planung einer sich anschließenden adjuvanten Therapie. a
> Insgesamt gibt es bis dato nur wenige Indikationen für eine kombinierte Therapie von lokal ablativen und resektiven Verfahren. Die Datenlage in der Literatur ist zudem durch das oftmals inhomogene Patientengut und die unterschiedlichen Therapieindikationen eingeschränkt zu bewerten. Daher bleibt eine kombinierte Therapie derzeit eine individuelle Einzelentscheidung.
Literatur
b
34 c ⊡ Abb. 34.2 a bilobäre Lebermetastasen. b RFA der Metastasen Segmente II–IV und rechtsseitige Pfortaderligatur. c zweizeitige Leberresektion (Hemihepatektomie re.) nach Hypertrophie der Segmente II–IV
diese Patienten in der Regel eher wegen einer Leberinsuffizienz aufgrund des Tumorwachstums mit Destruktion des gesunden Lebergewebes als durch eine extrahepatische Aussaat versterben (vergl. Kap. 15). In mehreren Studien konnte die Effektivität der RFA als Bridging-Verfahren vor Lebertransplantation mit 3-Jahres-Überlebensraten von 76–85% und einem Drop out von lediglich 0-6% zeigen (David et al. 2005, Mazzoferro et al. 2004).
Abdalla E, Vauthey J, Ellis L et al. (2004) Recurrence and outcomes following hepatic resection, radiofrequency ablation and combined resection/ablation for colorectal liver metastases. Ann Surg 239: 818–827 David SKL ; Nam C Yu, Steven SR et al. (2005) Percoutaneous Radiofrequency Ablation of Hepatocellular Carcinoma as Bridge to Liver Transplantation. Hepatology 41: 1130–1137 Elias D, Goharin A, El Otmany A et al. (2000) Usefulness of intraoperative radiofrequency thermoablation of liver tumors associated or not with hepatectomy. Eur J Surg Oncol. 26: 763–769 Evrard S, Becouarn Y, Fonck M, Brunet R, Mathoulin-Pelissier S, Picot V (2004) Surgical treatment of liver metastases by radiofrequency ablation, resection , or in combination. Eur J Surg Oncol 30: 399–406 Mazzoferro V, Butuston C, Perrone S et al. (2004) Radiofrequency Ablation of Small Hepatocellular Carcinoma in Cirrhotic Patients Awaiting Liver Transplantation. Ann Surg 240: 900–909 Oshowo A, Gilliams A, Lees WR, Taylor I (2003) Radiofrequency ablation extends the scope of surgery in colorectal liver metastases. Eur J Surg Oncol 29: 244–247 Pawlik TM, Izzo F, Morris JS, Curley SA. Combined Resection and radiofrequency ablation for advanced hepatic malignancies: results in 172 patients (2003) Ann Surg Oncol 10: 1059–1069
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Zugangswahl der thermischen Ablationsverfahren M. Birth, P. Hildebrand
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Kapitel 35 · Zugangswahl der thermischen Ablationsverfahren
Alle thermischen Verfahren (mit Ausnahme des fokussierten Ultraschalls) bieten dem Therapeuten die Möglichkeit verschiedener Applikationsformen und somit einer individuell angepassten Anwendung der lokalen Tumordestruktion. ! Cave! Die Wahl des Applikationsmodus (perkutan, per Laparotomie oder laparoskopisch) kann für den Therapieerfolg und die Komplikationsrate entscheidend sein.
Das Vorgehen wird dabei insbesondere durch Lage und Anzahl der Metastasen bestimmt sowie auch deren bildgebender Darstellbarkeit im Rahmen der Elektroden-Applikation (Sonographie, CT oder MRT). Auch das einzusetzende Anästhesieverfahren (Lokalanästhesie, Analgosedierung oder Allgemeinanästhesie) die Notwendigkeit zusätzlicher operativer Eingriffe (z.B. Kombination von Resektion und Ablation), die persönliche Erfahrung des Therapeuten und letztlich der Patientenwunsch müssen berücksichtigt werden. Unabhängig von der Wahl des lokalen Ablationsverfahrens ist in Analogie zur R0-Resektion für den weiteren Krankheitsverlauf vor allem die lokale Tumorkontrollrate entscheidend. Diese steht und fällt zunächst mit der Indikationsstellung. Für alle interstitiellen Verfahren gilt derzeit, dass bei ausgedehntem intrahepatischen Befall bzw. Einzeltumorgrößen deutlich über 5 cm eine komplette Ablation mit Sicherheitsabstand zumeist nicht mehr erzielt werden kann (Helmberger et al. 2001, Mulier et al. 2005). Der perkutane Einsatz der thermischen Ablation bietet in der Palliativsituation die geringste Patientenbelastung und kann sonographiegestützt (⊡ Abb. 35.1a) bzw. unter CT oder MR-Kontrolle (⊡ Abb. 35.1b) erfolgen.
Dabei kann die Nadelapplikation auch unter Lokalanästhesie durchgeführt werden, was insbesondere für Patienten mit erhöhter Komorbidität und somit erhöhtem Narkoserisiko vorteilhaft ist. > Die perkutanen thermischen Verfahren haben jedoch den Nachteil, dass sie keine intraoperative Exploration und Sonographie zulassen, was zu einer Fehleinschätzung des Stagings und somit inadäquaten Indikation und Therapiestrategie führen kann.
Darüber hinaus konnte für die RFA in einer großen multivariaten Analyse gezeigt werden, dass die transkutane Radiofrequenzablation im Gegensatz zum offen chirurgischen bzw. laparoskopischen Vorgehen ein höheres Risiko für lokale Rezidive trägt (Mulier et al. 2005). Dabei ist das Gesamtkomplikationsrisiko bei offenem Vorgehen nicht erhöht. Vielmehr sind tödliche Verläufe durch Verletzungen von Nachbarorgangen, insbesondere beim transkutanen Vorgehen, beschrieben (Mulier et al. 2005). Argumente für ein offen chirurgisches Vorgehen bestehen vor allem im Nachweis zusätzlicher, präoperativ unentdeckter Lebertumoren. Solche können mithilfe der intraoperativen Sonographie in bis zu 38% der Fälle nachgewiesen werden (Chung et a. 2001, Wood et al. 2000)! Hinzu kommen Patienten, bei denen intraoperativ eine zuvor unbekannte Peritonealkarzinose diagnostiziert wird, sodass in der Regel eine lokalablative Therapie nicht mehr sinnvoll ist. Neben der Erweiterung der Diagnostik durch den intraoperativen Ultraschall bietet das offene Vorgehen gerade bei größeren Tumoren (>4 cm) die Möglichkeit eines simultanen Pringle-Manövers mit »Inflow-Okklusion«, welches durch Herabsetzen der vaskulären Tumorkühlung die Effektivität der Ablation wesentlich steigert, so-
35
a
b
⊡ Abb. 35.1 Perkutane Radiofrequenzablation unter sonographischer (a) bzw. computertomographischer (b) Führung
361 Kapitel 35 · Zugangswahl der thermischen Ablationsverfahren
Freihandpunktion Bauchwand
Bauchwand
Leber
transkutan
Leber
laparoskopisch
⊡ Abb. 35.3 Laparoskopische RFA via Punktionskanal der laparoskopischen Ultraschallsonde
mit die Lokalrezidivrate senkt und letztendlich zu einem verbesserten Überleben der Patienten führt (Curley et al. 1999, Scaife u. Curley 2003, Scott et al. 2002). Des Weiteren ermöglicht die offene Ablation den Schutz von anliegenden Nachbarorganen sowie die Durchführung simultaner Resektionen. Durch Wahl eines chirurgischen Zugangs (per Laparoskopie/Laparotomie) können somit auch solche Tumorlokalisationen problemlos abladiert werden, während diese Tumoren keinesfalls transkutan behandelt werden dürfen, da die Wärmeleitung zu einer direkten Schädigung der Nachbarorgane führen kann. Eine Kombination von minimaler Invasivität und den Vorteilen des offenen Vorgehens verspricht der laparoskopische Zugangsweg, der erstmals 1997 durch Siperstein für die RFA beschrieben wurde (Siperstein). Allerdings existieren für die laparoskopische RFA auch Einschränkungen, die zum einen auf allgemeinen Kontraindikationen für die Laparoskopie beruhen, zum anderen aber
⊡ Abb. 35.2 Laparoskopische Freihandpunktion mit Fixierung der Ablationsnadel an 2 Punkten
auch durch die Limitationen der laparoskopischen Nadelapplikation bedingt sind. So wird die laparoskopische Freihandpunktion im Gegensatz zum transkutanen oder offenen Vorgehen durch das angelegte Kapnoperitoneum und die konsekutive Fixation der Nadel an zwei unterschiedlichen Punkten limitiert (⊡ Abb. 35.2). Entsprechend sind nach Durchstich der Leberkapsel Korrekturen des Punktionswinkels nur noch eingeschränkt möglich (Reduktion des intraabdominellen Drucks). Korrekturen der Nadelposition in seitlicher Richtung benötigen ein komplettes Zurückziehen und erneutes Einstechen mit der Konsequenz einer erhöhten Komplikationsrate und einer möglichen Tumorzellverschleppung. Die laparoskopische Freihandablation sollte daher oberflächlichen oder gut zugänglichen Metastasen vorbehalten bleiben. Durch Verwendung einer laparoskopischen Ultraschallsonde mit Punktionskanal kann dieses Problem zwar umgangen und die Punktionsgenauigkeit gesteigert werden, jedoch ist hierbei die Punktion rechts-lateral und -kranial gelegener Leberherde durch die dabei notwendige Angulation der Ultraschallsondenspitze erheblich eingeschränkt (⊡ Abb. 35.3). Die laparoskopische Ablation zeigt im Vergleich zum transkutanen Vorgehen trotz geringfügig größerem Zugangstrauma keine signifikant erhöhte Mortalitäts- oder Morbiditätsrate und ist somit sicher und Patienten schonend anwendbar (Birth u. Hildebrand 2007, Santambrogio et al. 2003). > Die Wahl des Applikationsmodus (perkutan, offen chirurgisch oder laparoskopisch) ist für den Therapieerfolg und die Komplikationsrate von so entscheidender Bedeutung, dass keine Kompromisse zugunsten eines geringen Zugangstraumas bezüglich der Sicherheit des Patienten gemacht werden dürfen.
35
362
Kapitel 35 · Zugangswahl der thermischen Ablationsverfahren
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35
36
Interventionelle Verfahren zum Bridging vor Lebertransplantation C. Hillert
36.1
Einleitung
– 364
36.2
Perkutane Ethanol-Injektion (PEI) – 364
36.3
Radiofrequenzablation (RFA)
36.4
Transarterielle Chemoembolistation (TACE) – 364
36.5
Kombinationstherapie
36.6
Effektivität der Bridgingverfahren – 365
36.7
Zusammenfassung
– 364
– 365
– 365
364
Kapitel 36 · Interventionelle Verfahren zum Bridging vor Lebertransplantation
36.1
Einleitung
Bei Patienten mit nicht-resektablem hepatozellulärem Karzinom (HCC) und bestehender Indikation zur Transplantation sowie ohne adäquaten Leberlebendspender stellt die Wartezeit vor Lebertransplantation ein hohes Risiko dar, durch Tumorprogress aus den engen Kriterien, die für Tumorgröße und Anzahl gelten, herauszufallen (drop out). Für das HCC innerhalb der Mailand-Kriterien korreliert die Drop-out-Rate mit der Länge der Wartezeit und der Größe des Tumors. Bei einem HCC größer als 3 cm berichtet Yao (Yao et al. 2003) über eine Drop-out-Rate nach 6 und 12 Monaten zwischen 12 und 56% gegenüber einem Überschreiten der 5 cm-Grenze und damit verbundenen drop out von 0% und 10% bei einem HCC kleiner als 3 cm. Zum Überbrücken (bridging) der Wartezeit und mit dem Ziel den Tumor innerhalb der Mailand-Kriterien zu halten haben sich in den letzten Jahren mehrere ablative Verfahren (Radiofrequenzablation, Ethanolinjektion und die Kombination aus beidem) sowie die transarterielle Chemoembolisation (TACE) etabliert. Sie haben den Vorteil einer geringen Invasivität, gelten als sicher, parenchymschonend und sind mehrfach wiederholbar.
konnte die komplette initiale Tumornekrose in 77-100% der Tumoren <3 cm (Shiina et al. 2002) und in 96% der Fälle bei HCC <4 cm erreicht werden (Lin et al. 2004). Insgesamt war in beiden Versuchen die RFA der PEI deutlich überlegen. Es zeigte sich aber auch, dass die ausreichende lokale Tumorkontrolle unabdingbar vom Tumordurchmesser abhängig ist. So steigt die lokale Rezidivrate von 4% im ersten Jahr bei HCC kleiner 2 cm auf 13% bei HCC zwischen 3-4 cm (Lin et al. 2004). Insgesamt ist die RFA ein sicheres und komplikationsarmes Verfahren. Die Morbidität wird mit ca. 8%, die Mortalität mit unter 1% angegeben (Curley et al. 2000). Wie auch bei der PEI gibt es nur unkontrollierte Studien über die RFA-Therapie im Rahmen des Bridgings. Mazzaferro behandelte 60 HCCs in 50 Patienten innerhalb der Mailand-Kriterien vor Lebertransplantation. Alle Patienten wurden mit einer medianen Wartezeit von 9,5 Monaten (0% Drop-out-Rate) transplantiert. Eine komplette Tumornekrose wurde lediglich in 55% der explantierten Lebern gefunden, verglichen mit der radiologisch beschriebenen Response-Rate von 70%. Die 1- und 3-Jahres-Überlebensrate betrug 95 und 83% (Mazzaferro et al. 2004).
36.4 36.2
36
Perkutane Ethanol-Injektion (PEI)
Die perkutane Alkoholinjektion von HCC-Herden wurde in den späten 80iger Jahren erstmals publiziert und hat sich seitdem als sichere und effektive Methode zur palliativen Therapie von kleinen HCC-Herden etabliert. Über die Anwendung der PEI im Rahmen des Bridgings zur Lebertransplantation gibt es jedoch zurzeit keine eindeutige Aussage, da Kontrollgruppen fehlen (Castroagudin et al. 2005). Eine initial komplette, radiologisch nachweisbare Nekrose, kann in 70-80% der Tumore <3 cm und in 96-100% der Tumore <2 cm erreicht werden. Die Morbidität ist gering (1,7-3,2%), die Mortalität liegt unter 1%. Vorsicht ist geboten bei Vorhandensein von Aszites und ausgedehnter hepatischer Koagulopathie (Livraghi et al. 1995). Die Gefahr des »tumor seedings«, insbesondere bei subkapsulär gelegenen Herden entlang des Nadeltraktes wird in bis zu 1,7% der Fälle beschrieben (Shiina et al. 2002).
36.3
Radiofrequenzablation (RFA)
Aufgrund der steigenden Reliabilität und der Tatsache, dass die RFA deutlich weniger Interventionen zur Ablation braucht wie die PEI, hat die RFA die PEI in den meisten Zentren verdrängt. In randomisierten kontrollierten Studien zur Beurteilung der Effektivität von RFA und PEI
Transarterielle Chemoembolistation (TACE)
Die transarterielle Chemoembolistation erfolgt durch die Gabe eines Chemotherapeutikums, häufig kombiniert mit einem öligen Kontrastmittel wie Lipiodol, in die, den Tumor versorgenden selektiven, arteriellen Gefäße. Im Gegensatz zur PEI und RFA zeigen zwei Studien aus Hongkong und Barcelona einen deutlichen Überlebensvorteil von Patienten mit nicht-resektablen HCC, die unter palliativer Intention mit der TACE therapiert wurden (Lo et al. 2002, Llovet et al. 2002). > Die TACE ist aufgrund der geringen Invasivität das am häufigsten angewendete Bridgingverfahren.
Obwohl es zahlreiche Publikationen über TACE zum Bridging gibt, fehlen jedoch kontrolliert randomisierte Studien, um einen eindeutigen Effekt in Hinsicht auf eine Reduzierung des Drop-outs oder eine Verbesserung des Überlebens zu erzielen. Jao beschreibt zwar einen positiven Effekt auf das postoperative Überleben, gerade bei Patienten jenseits der Mailand-Kriterien mit einem 5 Jahre rezidivfreiem Überleben mit TACE von 86% gegenüber 51% ohne TACE (Yao et al. 2005), jedoch beschreiben auch 2 Studien einen möglichen negativen Effekt auf den postoperativen Verlauf. So fand Ravaioli (Ravaioli et al. 2004), dass eine partielle Tumornekrose durch TACE induziert, ein unabhängiger Prädiktor für
365 36.7 · Zusammenfassung
ein postoperatives HCC-Rezidiv zu sein scheint. Obwohl die TACE ein relativ unkompliziertes Verfahren darstellt, werden häufig Fieber und Bauchschmerzen postinterventionell beschrieben, nicht selten sind jedoch auch schwere Komplikationen wie Cholezystitis, Herzinfarkt, Leberabszesse, Tumorruptur, spontane bakterielle Peritonitis, Biliom und Sepsis in bis zu 27% der Fälle (Llovet et al. 2002). Das Risiko eines postinterventionellen Leberversagens hängt entscheidend von der bestehenden Leberfunktion ab, bei Child C-Patienten kann das Risiko eines Leberversagens bis zu 60% betragen. Bei begleitender portaler Perfusionsstörung, z.B. auf dem Boden einer Pfortaderthrombose oder eines transjugulären portosystemischen Shunts (TIPS), kann die Mortalität postinterventionell bis zu 4% betragen (Poon et al. 2000).
36.5
Kombinationstherapie
Auch bei HCC innerhalb der Mailand-Kriterien kann unter Umständen aufgrund der Lage, Größe und Anzahl der Herde die Kombination von mehreren Verfahren notwendig sein. > Eine vielversprechende Kombination scheint die Therapie von TACE und RFA zu sein.
Durch die zuerst ausgeführte Embolisation des HCC und somit Reduktion des arteriellen Durchstroms kann im weiteren Verlauf eine perkutane oder offene Radiofrequenzablation mit einem deutlich erhöhten Tumornekroseradius erfolgen, da der Kühleffekt der Durchblutung durch die Embolisation reduziert ist (Thermokonvektion) (Fisher et al. 2004).
36.6
Effektivität der Bridgingverfahren
Die Bridging Verfahren bieten die einmalige Möglichkeit, das postinterventionelle Ergebnis nach Hepatektomie am histologischen Präparat zweifelsfrei überprüfen zu können. Aus diesem Grunde sind die, wenn auch kleinen Studien, die sich mit diesem Thema befassen von außerordentlicher Bedeutung. Eine Auswertung von Pompili (Pompili et al. 2005) an Hepatektomiepräparaten nach erfolgter Lebertransplantation und präoperativer Ablation zeigte bei Tumorherden <3 cm nur in 53 % der Fälle eine komplette Ablation, wobei die Radiofrequenzablation im Vergleich zur Alkoholinjektion deutlich besser abschnitt. Bei 14 Herden >3 cm konnte nur in 2 Fällen (14%) eine komplette Nekrose (jeweils einmal Radiofrequenzablation und die Kombination aus Radiofrequenzablation und Ethanolinjektion) erreicht werden. Bessere Ergebnis-
se beschrieb Wong (Wong et al. 2004), der bei insgesamt 12 Patienten die Hepatektomiepräparate mit 40 Herden auswertete. Hierbei konnte immerhin in 90-100% der Fälle eine komplette Nekrose unter Durchführung einer Ablation mit Ethanol, Radiofrequenz oder der Kombination aus transarterieller Chemoembolisation und Ethanolinjektion erreicht werden. Unsere eigenen Erfahrungen an 7 Patienten, bei denen wir nach Lebertransplantation und vorausgegangener Thermoablation zum Bridging das Hepatektomiepräparat untersuchten, bestätigen die inhomogenen Ergebnisse. Nur bei den Patienten mit Tumorherden <3 cm konnte eine komplette Nekrose erreicht werden, alle anderen fielen mit einem Lokalrezidiv auf. Bei 3 Patienten wurde zusätzlich ein multifokales Rezidiv beobachtet. Zusätzlicher Diskussionspunkt, gerade bei Patienten mit subkapsulär gelegenen Herden, ist die Gefahr der Tumorzelldissemination. Hier beschrieb Llovet (Llovet et al. 2001) ein Verschleppen von Tumorzellen im Bereich des Nadeltraktes in 12,5% der Fälle. Diesem kann durch eine Koagulation des Stichkanals vorgebeugt werden. Dennoch muss das Risiko der Tumorzellverschleppung in Betracht gezogen werden, welches dem potenziell kurablen Patienten die einzige Option auf Kuration nehmen kann.
36.7
Zusammenfassung
Insgesamt gibt es auch weiterhin keine Daten mit Level-1-Evidence, die beweisen, dass die interventionellen Verfahren im Rahmen des Bridgings vor Lebertransplantation beim HCC einen signifikanten Überlebensvorteil bringen. Es fehlen weiterhin prospektiv-randomisierte Studien. Aufgrund des hohen Drop-out-Risikos, des bewiesenen Effektes in der Palliation und der Sicherheit der Bridgingverfahren scheint es jedoch ethisch schwer vertretbar, Patientengruppen ohne Bridgingverfahren zu randomisieren. Unbestritten ist der Effekt der RFA und der TACE in prospektiv randomisierten und kontrollierten Studien auf das Überleben bei nicht-resektablen HCCs. Deshalb werden diese Daten als Grundlage für die Therapie zum Bridging auf der Warteliste genommen. Solange die Verfahren die Transplantation nicht komplizieren, bleibt die interventionelle Therapie eine valide Option zum Downstaging des Tumors.
Literatur Castroagudín JF, Delgado M, Villanueva A, Bustamante M, Martínez J, Otero E, Tomé S, Martínez SM, Segade FR, Conde R, DominguezMuñoz E, Varo E (2005) Safety of percutaneous ethanol injection as neoadjuvant therapy for hepatocellular carcinoma in waiting list liver transplant candidates. Transplant Proc;37(9):3871-3.
36
366
36
Kapitel 36 · Interventionelle Verfahren zum Bridging vor Lebertransplantation
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VI
Teil VI Chemotherapie und Systemische Therapie
Kapitel 37
Chemotherapie bei primären Lebertumoren – 368 T. H. Ittel
Kapitel 38
Chemotherapie bei Tumoren der Gallenblase und Gallenwege – 375 H. Oettle, M. Sinn
Kapitel 39
Chemotherapie beim Pankreaskarzinom – 380 H. Oettle, M. Sinn
Kapitel 40
Chemotherapie und systemische Therapiebei Lebermetastasen – 386 G. Folprecht, C. Bokemeyer, M. Stahl, V. Heinemann, H.-J. Stemmler, M. Wolf
Kapitel 41
Lokoregionäre Chemotherapie R. Zippel
– 410
37
Chemotherapie bei primären Lebertumoren T. H. Ittel
37.1
Prognostische Faktoren – 369
37.2
Therapiealgorithmen
37.3
Systemische Therapie – 370
– 370
37.3.1 Hormontherapie – 370 37.3.2 Systemische Chemotherapie und molekular zielgerichtete Therapie 37.3.3 Therapiedurchführung – 373
– 371
369 37.1 · Prognostische Faktoren
Bei Diagnosestellung eines primären Lebertumors handelt es sich in über 90% der Fälle um ein hepatozelluläres Karzinom (HCC), das von selteneren Cholangio- und Zystadenokarzinomen und dem Hepatoblastom des Kindesalters und sehr seltenen sarkomatösen Lebertumoren abgegrenzt werden muss. Bei der Mehrzahl der von einem HCC Betroffenen liegt als prädisponierende Grunderkrankung eine Leberzirrhose zugrunde. Meist handelt es sich bei HCCs mit zugrunde liegender viraler Genese der Leberzirrhose um aggressive Tumoren, bei Leberzirrhose durch Alkoholabusus oder andere Grunderkrankungen oder beim fibrolamellären Subtyp des HCC, welcher typischerweise nicht mit einer Leberzirrhose kombiniert ist, zeigen sich auch protrahiertere oder indolente Verläufe. Überwiegend wird das HCC erst spät im Verlauf einer zugrunde liegenden Lebererkrankung diagnostiziert und das mediane Überleben nach Diagnosestellung reicht von 6 bis 20 Monaten (CLIP 1998a).
37.1
⊡ Tab. 37.1 Okuda-Stadieneinteilung des hepatozellulären Karzinoms Kriterium
Positiv
Negativ
Tumorgröße*
50%
50%
Aszites
Klinisch erkennbar
Klinisch nicht erkennbar
Albumin
<30 g/l
>30 g/l
Bilirubin
>30 mg/l
<30 mg/l
Stadium I
Kein Kriterium positiv
II
Ein bis zwei Kriterien positiv
III
Drei bis vier Kriterien positiv
* Größte Querschnittsfläche des Tumors zur größten Querschnittsfläche der Leber
Prognostische Faktoren
In die Prognose des HCC gehen folgende Faktoren ein: ▬ der Schweregrad der zugrunde liegenden Lebererkrankung, ▬ die Größe des Tumors, ▬ die Ausdehnung des Tumors und ▬ das Vorliegen von Metastasen. Viele Patienten versterben nicht am Tumorleiden, sondern an der zugrunde liegenden fortgeschrittenen Lebererkrankung. Daher sollte nach der Risikostratifizierung über Prognosefaktoren nicht das krankheitsfreie Tumorüberleben, sondern die Gesamtüberlebenszeit als belastbarer Endpunkt beim Vergleich von Therapieergebnissen herangezogen werden. Prognostische Scoringsysteme, welche die genannten Faktoren in unterschiedlichem Umfang berücksichtigen, sind die Stadieneinteilung nach Okuda (⊡ Tab. 37.1), der CLIP-Score (⊡ Tab. 37.2), der Barcelona stadienbasierte Therapiealgorithmus (⊡ Abb. 37.1), die französische prognostische Klassifikation und andere (Okuda et al. 1985, CLIP 2000, Llovet et al. 2003, Chevret et al. 1999). Die Stadieneinteilung nach Okuda stratifiziert die Patienten nicht nach Gefäßinvasion oder dem Vorliegen von nodalen Tumorabsiedlungen. Es handelt sich um ein rein klinisches Einteilungssystem mehrheitlich für Patienten, die keine Kandidaten für eine Resektion sind. Der CLIP-Score kombiniert dagegen tumorspezifische Eigenschaften mit einem Index für den Schweregrad der Leberzirrhose und sagt besser das Überleben voraus als eine Stadieneinteilung nach TNM, Okuda oder die Graduierung der Le-
⊡ Tab. 37.2 CLIP-Score, der neben dem Child-Pugh-Status auch Tumorcharakteristika und AFP-Werte berücksichtigt. Er dient der Abschätzung der Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung: In einer Studie betrug das mediane Überleben der CLIP-Kategorien 0, 1, 2, 3 und 4-6 entsprechend 36, 22, 9, 7 und 3 Monate Variable
Punktwert
Child-Pugh-Stadium A
0
B
1
C
2
Tumormorphologie Uninodal und Ausdehnung* ≤50%
0
Multinodal und Ausdehnung ≤50%
1
Massiv oder Ausdehnung >50%
2
Alpha-Fetoprotein < 400 U/l
0
≥ 400 U/l
1
Pfortaderthrombose Nein
0
Ja
1
* Größte Querschnittsfläche des Tumors zur größten Querschnittsfläche der Leber
37
370
Kapitel 37 · Chemotherapie bei primären Lebertumoren
HCC
Stadium 0 PST 0, Child-Pugh A, Okuda 1
Stadium A-C PST 0-2, Child-Pugh A-B, Okuda 1-2
Sehr früh (0) 1 HCC < 2 cm Carcinoma in situ
Früh (A) 1 HCC oder 3 HCC < 3 cm, PST 0
1 HCC
3 HCC < 3 cm
Portaldruck Bilirubin
k
Intermediär (B) Multifokal PST 0
Stadium D PST >2, Child-Pugh C, Okuda 3
Fortgeschritten (C) N 1, M 1 PST 1-2
Terminal (D)
Pfortaderinfiltration N 1 M1
Komorbiditäten Nein
Normal
Nein
Ja
Resektion
LTX
RFA/PEI
Chemoembolisation
Ja
CTX, Sorafenib, neue Substanzen
Supportive Therapie
⊡ Abb. 37.1 Modifizierter Barcelona-Therapiealgorithmus für das multimodale Vorgehen beim hepatozellulären Karzinom (HCC). PST ECOG Performance Status Test; N 1 Regionale Lymphknotenmetastasen; M 1 Fernmetastasen; PEI Perkutane Ethanolinjektion; RFA Radiofrequenzablation; LTX Lebertransplantation; CTX Polychemotherapie
berfunktion nach Child-Pugh. Ein neuer Prognosescore speziell für die Beurteilung von fortgeschrittenen Tumorerkrankungen zur Planung einer systemischen Therapie ist publiziert worden (ALCPS) (Yau et al. 2008).
37.2
37
Therapiealgorithmen
Die Barcelona-Klassifikation schlägt eine stadienabhängige Therapiestrategie vor. Da die Tumorgröße oft das Überleben weniger stark beeinflusst als tumorbiologische Faktoren wie Gefäßeinbruch unterschätzt der Therapiealgorithmus möglicherweise den Stellenwert der Resektion bei einer Subgruppe von Patienten, bei denen histologische Risikomerkmale fehlen (Llovet et al. 2008a). Daher sind auch andere stadienabhängige Therapiestrategien vorgeschlagen worden. Stadium A-Patienten haben keine Symptome und Tumoren, die radikal therapiert werden können. Im intermediären Stadium B sind die Patienten asymptomatisch und haben ein multilokuläres HCC. Im fortgeschrittenen Stadium C haben die Patienten symptomatische Tumoren, Gefäßeinbruch oder extrahepatische
Metastasierungen. Patienten im Stadium D haben entweder Okuda 3-Tumoren oder einen schlechten ECOGStatus (3 oder 4). HCCs im Stadium B und C kommen entweder für lokale palliative Maßnahmen oder für eine systemische Behandlung infrage. Auf den Stellenwert lokaler und lokoregionärer Therapieverfahren wird an anderer Stelle eingegangen ( Kap. 41).
37.3
Systemische Therapie
37.3.1
Hormontherapie
Ein Drittel der HCCs exprimiert Östrogenrezeptoren. Prospektive Studien zeigten jedoch keinen Überlebensvorteil durch Tamoxifen (CLIP 1998b). Auch eine potenzielle Hemmung von P-Glykoprotein durch eine Kombination von Tamoxifen mit Chemotherapie zeigte keinen signifikanten Benefit (Cheng et al. 1996). Mit Megestrol konnte in Studien eine Abnahme des AFP-Spiegels als Surrogatmarker des Ansprechens gesehen werden, ein objektives Ansprechen war jedoch nicht zu verzeichnen (Farinati et al. 2001).
371 37.3 · Systemische Therapie
Da das HCC Somatostatinrezeptoren exprimiert, wurde das Somatostatinanalogon Oktreotid geprüft. Ein Anstieg des mittleren Überlebens von 4 auf 13 Monate durch Oktreotid konnte in Nachfolgestudien nicht bestätigt werden, sodass die Therapie derzeit keinen etablierten Stellenwert hat (Becker et al. 2007, Cebon 2006). Lanreotid, ein länger wirksames Somatostatinanalogon, zeigt ebenfalls nur eine begrenzte Antitumoraktivität und stellt keinen Therapiestandard dar (Raderer et al. 2000).
▬ das GEMOX-Protokoll (Ansprechrate 19%) (Yang et al. 2003, Lee et al. 2004, Ikeda et al. 2005, Boucher et al. 2002, Park et al. 2006, Taieb et al. 2003). Da keine randomisierten Vergleichsstudien zu den einzelnen Protokollen vorliegen und das mediane Überleben in den Studien nur 4 bis 12 Monate betrug, hat sich bisher keine zytostatische Kombination als Standard etablieren können.
Immunchemotherapie 37.3.2
Systemische Chemotherapie und molekular zielgerichtete Therapie
Monochemotherapie Das HCC gilt als relativ chemotherapierefraktärer Tumor durch die hohe Expressionsrate von Genprodukten, die zu einer Multi-drug-Resistenz führen. Darüber hinaus kann die eingeschränkte Leberfunktion die Durchführung der Therapie kompromittieren. Als Monotherapeutikum zeigt Doxorubicin ein Gesamtansprechen von 20% und gegenüber supportiver Therapie einen geringen Überlebensvorteil (Lai et al. 1988, Gish et al. 2007). Epirubicin ist hier nicht wirksamer als Doxorubicin (Pohl et al. 2001). Auch unter der Kombination 5-FU und Leukovorin wurden Ansprechraten von bis zu 28% in Phase II-Studien beschrieben, die nicht immer reproduziert werden konnten (Porta et al. 1995). Neuere Zytostatika wie Gemcitabin, Capecitabin oder antiangiogenetisch wirksame Substanzen wie Thalidomid zeigten ebenfalls in der Monotherapie nur geringe Ansprechraten mit kasuistisch mitgeteilter Stabilisierung von Krankheitsverläufen.
Kombinationschemotherapie Cisplatinhaltige Kombinationen zeigen höhere Ansprechraten als Monotherapien oder platinfreie Kombinationen. Allerdings ist es nicht durch prospektive Studien gesichert, dass diese verbesserten Ansprechraten die Gesamtprognose verbessern. In Phase II-Studien evaluierte Protokolle (⊡ Tab. 37.3) sind u.a. ▬ die Kombination von Gemcitabin und Cisplatin (Gesamtansprechen 21%, vereinzelt komplette Remissionen), ▬ die Kombination von Cisplatin mit Doxorubicin (Ansprechraten 18 bis 49%), ▬ die Kombination von Cisplatin, Mitoxantron und infusionales 5-FU (Ansprechraten 25%), ▬ das ECF-Protokoll mit Ansprechraten von 15%, ▬ die Kombination Cisplatin, Doxorubicin und Capecitabin (Ansprechrate 24%) sowie
Mögliche verbesserte Ansprechraten und Prognoseverbesserungen durch eine Monotherapie mit Interferon-α konnten nicht bestätigt werden. Hingegen ist eine Kombination von Interferon mit cisplatinhaltiger Chemotherapie (PIAF) eine aktive Therapiemodalität. Die objektiven Ansprechraten bewegen sich um 26%. In einem randomisierten Vergleich mit einer Monotherapie mit Doxorubicin zeigte PIAF höhere Ansprechraten (21 versus 11%), was jedoch nicht in einer signifikanten Verlängerung des medianen Überlebens (8,7 versus 6,8 Monate) resultierte (Yeo et al. 2005). Die Toxizität von PIAF ist höher als die einer zytostatischen Monotherapie. Dennoch ist das PIAF-Protokoll für ausgewählte Patienten mit gutem Allgemeinzustand und guter Leberfunktion wegen der dann hohen Ansprechraten (bis zu 50%) eine Therapieoption (Leung et al. 2002).
Molekular zielgerichtete Therapie Das HCC exprimiert den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) und den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF). Der Multikinaseinhibitor Sorafenib inhibiert die Raf-Kinase und blockiert die RafSignalkaskade. Sorafenib inhibiert mehrere weitere Tyrosinkinasen u.a. die des VEGF-Signalweges. In einer großen Phase III-Studie (SHARP) führte Sorafenib (400 mg 2-mal täglich) gegenüber einem Plazebo zu einem signifikant verbesserten Gesamtüberleben bei inoperablem HCC und Child A-Zirrhose (10,7 versus 7,9 Monate). Sorafenib wurde ausreichend gut vertragen, wesentliche Nebenwirkungen waren Diarrhö und Hand-Fuß-Syndrom. Die Effektivität von Sorafenib wurde in einer weiteren Phase IIIStudie bei asiatischen Patienten in der Erstlinie bestätigt (Llovet et al. 2008b, Cheng et al. 2009). Der Vorteil von Sorafenib bezieht sich insbesondere auf Child A-ZirrhoseStadien. Im Stadium Child B liegen limitierte Erfahrungen vor, die Einschätzungen zur Notwendigkeit einer Dosisreduktion um 50% sind uneinheitlich. Wegen der schlechten hepatischen Prognose besteht in der Regel bei HCC und Child C-Zirrhose keine Indikation zu Sorafenib. Anti-VEGF-Antikörperstrategien zeigen bei der Kombination von Bevacizumab mit Gemcitabin und Oxaliplatin ebenfalls objektive Ansprechraten von 20% und nach
37
372
Kapitel 37 · Chemotherapie bei primären Lebertumoren
⊡ Tab. 37.3 Monotherapie und Polychemotherapie Schemata beim HCC
⊡ Tab. 37.3 Fortsetzung Wiederholungsfrequenz q21d
Doxorubicin Monotherapie Doxorubicin
GEMOX-1
60 mg/m2
i.v.
Bolus
Tag 1 Gemcitabin
1.000 mg/ m2
i.v.
100 min
Tag 1
Oxaliplatin
100 mg/m2
i.v.
120 min
Tag 2
30 min
Tag 1-4
Wiederholungsfrequenz q21d Doxorubicin Monotherapie wöchentliche Applikation Doxorubicin
2
10 mg/m
i.v.
Bolus
Tag 1
Wiederholungsfrequenz q14d
Wiederholungsfrequenz q7d
PIAF
Epirubicin Monotherapie
Cisplatin
20 mg/m2
i.v.
Interferon
5 MU/m2
s.c.
Epirubicin
90 mg/m2
i.v.
Bolus
Tag 1
Wiederholungsfrequenz q21d
Doxorubicin
Epirubicin Monotherapie wöchentliche Applikation Epirubicin
20 mg/m
2
i.v.
Bolus
5-Fluorouracil Tag 1
Wiederholungsfrequenz q7d
2
40 mg/m
2
400 mg/m
Tag 1-4
i.v.
Bolus
Tag 1
i.v.
Bolus
Tag 1-4
p.o.
2-mal täglich
fortlaufend
Wiederholungsfrequenz q21d Sorafenib Monotherapie
Gemcitabin Cisplatin
Sorafenib
Gemcitabin
1.250 mg/ m2
i.v.
30 min
Tag 1, 8
Cisplatin
35 mg/m2
i.v.
60 min
Tag 1, 8
400 mg
Frequenz kontinuierlich
Wiederholungsfrequenz q21d Cisplatin Doxorubicin Doxorubicin
60 mg/m2
i.v.
30 min
Tag 1
Cisplatin
60 mg/m2
i.v.
60 min
Tag 1
Wiederholungsfrequenz q28d Cisplatin, Mitoxantron, infusionales 5-FU Cisplatin
80 mg/m2
i.v.
60 min
Tag 1
Mitoxantron
6 mg/m2
i.v.
Bolus
Tag 1
5-Fluorouracil
450 mg/m2
i.v.
CIVI
Tag 1-5
Wiederholungsfrequenz q28d ECF
37
Epirubicin
50 mg/m2
i.v.
Bolus
Tag 1
Cisplatin
60 mg/m2
i.v.
60 min
Tag 1
5-Fluorouracil
200 mg/m2
i.v.
CIVI
Tag 1-21
Wiederholungsfrequenz q21d
6 Monaten ein progressionsfreies Überleben von 48% (Zhu et al. 2006). Ob diese Behandlungsergebnisse besser sind als die einer dualen Chemotherapie mit Gemcitabin und Oxaliplatin muss in randomisierten Studien geprüft werden. Auch die Kombination von Erlotinib und Bevacizumab erwies sich in einer Phase II-Studie als aktiv. Die objektive Ansprechrate lag bei 25%, die Krankheitsstabilisierungsrate bei 62% (Thomas et al. 2009). Sunitinib zeigt in Phase II-Studien ebenfalls ein Tumoransprechen, jedoch sind die Nebenwirkungsraten hoch, sodass derzeit niedrigere Dosierungen (37,5 mg täglich für 4 Wochen alle 6 Wochen) erprobt werden (Faivre et al. 2007, Zhu et al. 2008). Cetuximab, ein monoklonaler Antikörper, der an den EGF-Rezeptor bindet, zeigt Aktivität in Kombination mit GEMOX. Die Krankheitsstabilisierungsraten erreichen 65% (Louafi et al. 2007).
Studienbox
Cisplatin Doxorubicin Capecitabin Doxorubicin
60 mg/m2
i.v.
Bolus
Tag 1
Cisplatin
60 mg/m2
i.v.
60 min
Tag 1
Capecitabin ▼
1.000 mg/ m2
p.o.
2-mal täglich
Tag 1-14
Laufende Phase III-Studien evaluieren den Stellenwert einer adjuvanten Therapie mit Sorafenib nach Resektion eines HCC. Bei fortgeschrittenen Tumoren untersucht eine aktuelle Phase III-Studie die Kombination von Sorafenib und Erlotinib.
373 37.3 · Systemische Therapie
37.3.3
Therapiedurchführung
Aufgrund der insgesamt nur mäßigen Therapieergebnisse beim HCC und dem schlechten Ansprechen bei unzureichender Leberfunktion sollte die Indikationsstellung zur molekular zielgerichteten Therapie und insbesondere zur systemischen Chemotherapie individualisiert erfolgen. Patienten mit gutem Allgemeinzustand (KarnofskyIndex größer 70%), mit ausreichender Leberfunktion (Child A oder B) sowie entweder fehlender Resektabilität oder Kontraindikation für lokal ablative Verfahren oder mit Vorliegen von Fernmetastasen kommen für eine Therapie mit Sorafenib (400 mg 2-mal täglich) infrage. Eine stufenweise Dosiseskalation mit 2-mal 200 mg zu Beginn und Steigerung um 200 mg alle 5 Tage wird von einigen Zentren empfohlen. Bei Child B-Patienten kann eine Dosisreduktion auf 2-mal 200 mg/Tag erforderlich sein. Die Therapiedauer ist abhängig vom Ansprechen und der Nebenwirkungsrate. Eine systemische Chemotherapie ist heute durch die Verfügbarkeit von Sorafenib eine Zweitlinienoption für Patienten, die unter Sorafenib eine progrediente Erkrankung haben. Ein Chemotherapiestandard beim HCC existiert nicht. Gemcitabin kombiniert mit Cisplatin kann bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand eingesetzt werden. Therapeutische Alternativen sind Doxorubicin mit Cisplatin oder Gemcitabin mit Oxaliplatin oder pegyliertem liposomalem Doxorubicin. Bei jungen Patienten im guten Allgemeinzustand kann auch eine Immunochemotherapie (PIAF) in Erwägung gezogen werden. Für Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand, mit ausgeprägtem Ikterus oder für ältere Patienten sind die wöchentlich niedrig dosierte Gabe von Doxorubicin oder Epirubicin, die Gabe von 5-FU und Leukoverin oder Capecitabin Therapieoptionen. Der Stellenwert und die Sicherheit einer Kombination von molekularzielgerichteter Therapie (Sorafenib, Sunitinib, Bevacizumab, Erlotinib, Cetuximab) und zytotoxischer Chemotherapie ist gegenwärtig noch nicht etabliert und sollte Gegenstand von randomisierten Studien sein. ! Cave! Die Krankheitsstabilisierung unter Sorafenib und anderen biologisch zielgerichteten Therapiemodalitäten geht selten mit einem deutlichen bildgebend erfassbaren Tumorregress einher, sodass ein fehlendes Tumoransprechen nach RECIST-Kriterien nicht zum Therapieabbruch führen sollte.
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37
374
Kapitel 37 · Chemotherapie bei primären Lebertumoren
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37
38
Chemotherapie bei Tumoren der Gallenblase und Gallenwege H. Oettle, M. Sinn
38.1
Adjuvante Therapie
– 376
38.2
Neoadjuvante Therapie – 376
38.3
Palliative Therapie
– 376
376
Kapitel 38 · Chemotherapie bei Tumoren der Gallenblase und Gallenwege
Die einzige kurative Option für Karzinome der Gallenblase und Gallenwege bleibt weiterhin die Operation. Diese ist jedoch nur bei einem kleinen Teil der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung möglich, auch im Falle einer R0-Resektion beträgt die Rezidivrate bis zu 75%. Eine generelle Empfehlung für eine adjuvante Behandlung kann aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Daten nicht ausgesprochen werden. Karzinome der Gallenblase und -wege sind mäßig chemosensibel. Bei Patienten mit einem inoperablen oder metastasierten Karzinom gilt aufgrund überzeugender Daten aus einer randomisierten Phase III-Studie eine Kombinationstherapie aus Gemcitabin und Cisplatin als Therapiestandard der palliativen Chemotherapie (Valle et al. 2010). Die geringe Inzidenz der Karzinome macht die Durchführung von randomisierten multizentrischen Studien innerhalb von Kooperationen zur weiteren Etablierung von Therapiestandards erforderlich (Kubicka 2004).
38.1
Adjuvante Therapie
> Anhand fehlender klinischer Daten existiert keine generelle Empfehlung für eine adjuvante Therapie. In der Regel erfolgt bei mit kurativer Intention operierten Patienten eine engmaschige Nachsorge.
38
Bei der Mehrzahl der mit kurativer Intention operierten Patienten kommt es innerhalb kurzer Zeit zu einem Rezidiv, sodass eine adjuvante lokale oder systemische Behandlung sinnvoll erscheint. Leider bleibt die Datenlage zur adjuvanten Therapie uneinheitlich (Hejna et al. 1998). In den USA ist eine adjuvante kombinierte Radiochemotherapie mit 5-FU beim Gallenblasenkarzinom und bei Karzinomen der Gallenwege üblich und wird mit einer prinzipiellen Verbesserung der Prognose der Patienten in den letzten 10 Jahren begründet (Nakeeb et al. 2002). Allerdings wurden bisher kombinierte Radiochemotherapiekonzepte lediglich in wenigen Phase II-Studien untersucht, die zu uneinheitlichen Ergebnissen in Bezug auf Ansprechen und rezidivfreies Überleben der Patienten führten (Serafini et al. 2001; Kim et al. 2002, Figueras et al. 2000) und keine eindeutige Verbesserung ihrer Prognose belegen konnten. Gleiches gilt für eine adjuvante alleinige Chemotherapie. Auch hier konnten klinische Studien bisher keinen wesentlichen Vorteil für die behandelten Patienten zeigen (Nakeeb et al. 2002). Eine randomisierte japanische Studie konnte lediglich bei Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom einen signifikanten Vorteil in Bezug auf das rezidivfreie Überleben
und das 5-Jahres-Überleben zeigen. Hierbei wurde eine Kombinationstherapie mit Mitomycin und 5-FU in der ersten und dritten postoperativen Woche verabreicht, gefolgt von einer oralen 5-FU-Dauertherapie bis zum Nachweis eines Rezidivs. Für die Subgruppe der Patienten mit einem Karzinom der Gallenwege brachte diese Behandlung jedoch keinen Vorteil gegenüber der alleinigen Nachsorge (Takada et al. 2002). Eine generelle Empfehlung für eine adjuvante Therapie kann aus den vorliegenden Daten nicht abgeleitet werden. Zur Vermeidung von Lokalrezidiven erscheinen lokale postoperative Verfahren prinzipiell als eine gute Option und können im Einzelfall eingesetzt werden. Ein eindeutiger Benefit für diese Behandlungen ist jedoch weiterhin nicht evidenzbasiert belegt ( Sektion VII »Strahlentherapie«).
38.2
Neoadjuvante Therapie
> Es existiert keine Empfehlung für eine neoadjuvante Therapie. In Einzelfällen konnte durch eine kombinierte Radiochemotherapie ein Downstaging erreicht werden.
Einzelfallberichte konnten bisher keinen eindeutigen Benefit für eine neoadjuvante Radiochemotherapie belegen (De Aretxabala et al. 2004). Vereinzelt konnte ein Downstaging bei primär inoperablen Patienten erreicht werden (McMasters et al. 1997).
38.3
Palliative Therapie
> Als Therapiestandard gilt eine Kombinationstherapie aus Gemcitabin und Cisplatin. In Deutschland ist kein Zytostatikum speziell für die Behandlung von Karzinomen der Gallenblase/-wege zugelassen.
Seit dem amerikanischen Krebskongress ASCO 2009 existieren erstmalig Daten aus einer randomisierten prospektiven Phase III-Studie für eine palliative Chemotherapie bei Patienten mit inoperablen oder metastasierten Karzinomen der Gallenblase/-wege. Hierbei wurden 410 Patienten in zwei Behandlungsarmen entweder mit einer Gemcitabin-Monotherapie (1.000 mg/m2 Tag 1, 8, 15, Wdh. Tag 29) oder mit einer Kombinationstherapie aus Gemcitabin und Cisplatin (Gem 1.000 mg/m2, Cis 25 mg/ m2 Tag 1, 8, Wdh. Tag 22) behandelt. Durch die Kombinationstherapie konnte das mediane Gesamtüberleben von 8,1 auf 11,7 Monate verlängert werden, ohne dass es zu einer Zunahme der Grad 3 und 4 und damit schwerwiegenden Toxizitäten kam.
377 38.3 · Palliative Therapie
Wesentliche Nebenwirkungen der Therapie sind neben Neutropenien Nephro- und Ototoxizität sowie eine toxische Polyneuropathie. Diese Ergebnisse werden auch durch Daten aus kleineren Vorläuferstudien (Thongprasert et al. 2005; Giuliani et al. 2006; Park et al. 2006) und eine Münchner Metaanalyse aus dem Jahre 2007 unterstützt. In diese Metaanalyse wurden 104 zwischen 1985 und 2006 publizierte Studien mit insgesamt 2.810 Patienten in Bezug auf Ansprechraten, progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben einbezogen (Eckel u. Schmid 2007). Die Kombinationstherapie aus Gemcitabin und Cisplatin kann damit zusammenfassend als die aktuell wirksamste und am besten untersuchte Therapie des inoperablen Karzinoms der Gallenblase und der Gallenwege eingestuft werden. Weitere häufig eingesetzte Zytostatika in der palliativen Behandlung des cholangiozellulären Karzinoms sind sowohl als Einzelsubstanzen als auch in Kombinationstherapien 5-FU bzw. Capecitabin, Mitomycin C sowie Oxaliplatin. Hierbei kann ein Ansprechen zwischen 10-40% erreicht werden (Hejna et al. 1998; Hejna u. Zielinski 2001; Penz et al. 2001). Die zugrunde liegenden Phase II-Studien werden in ⊡ Tab. 38.1 zusammengefasst. In einer randomisierten Phase II-Studien wurde die Kombination von 5-FU, Folinsäure und Cisplatin gegenüber 5-FU-Mono (Ducreux et al. 2005) sowie die Gabe von Mitomycin in der Kombination mit Gemcitabin oder mit Capecitabin untersucht (Kornek et al. 2004). Die orale Gabe von Capecitabin ist eine mögliche und unkompliziert zu verabreichende Therapieoption, dieses erscheint insbesondere beim Gallenblasenkarzinom äquivalent zu 5-FU in Hinsicht auf Wirksamkeit und Verträglichkeit bei einer Responserate von bis zu 50%. Bei Karzinomen der Gallenwege konnte allerdings keine ausreichende Wirksamkeit gezeigt werden (Patt et al. 2004). Durch die Kombination von Capecitabin mit Oxaliplatin konnte das Tumoransprechen auf bis zu 30% gesteigert werden (Nehls 2004), hierbei ist bei vergleichbaren Ergebnissen auch eine Kombination aus Oxaliplatin mit 5-FU/Folinsäure möglich (Nehls et al. 2002). Auch eine Kombinationstherapie aus Capecitabin und Cisplatin kann in Erwägung gezogen werden (Kim et al. 2003), die in einer koreanischen Studie ein Ansprechen für die Kombination aus Capecitabin und Cisplatin um die 40% bei akzeptablen Toxizitäten zeigen konnte (Hong et al. 2007). Das Pyrimidinanalogon Gemcitabin kann in der Monotherapie (Kiba et al. 2006) und auch in Kombination mit Oxaliplatin mit guter Wirksamkeit und Verträglichkeit eingesetzt werden. Die Kombination aus Gemcitabin
⊡ Tab. 38.1 Mögliche Chemotherapien und Dosierungen bei Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege Cisplatin/Gemcitabin (Valle et al. 2010) Cisplatin 25 mg/m2 i.v.
Tag 1, 8, Wdh. Tag 22
Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v. Gemcitabin Mono (Kiba et al. 2006) Gemcitabin 1000 mg/m2 i.v.
Tag 1, 8, 15, Wdh. Tag 29
Gemcitabin/Oxaliplatin (Andre et al. 2004) Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v.
Tag 1, Wdh. Tag 22
Oxaliplatin 100 mg/m2 i.v.
Tag 2, Dauer 120 min, Wdh. Tag 22
Capecitabin/Oxaliplatin (Nehls et al. 2004) Capecitabin 2.000 mg/m2 p.o.
Tag 1, Tag 1-14, Wdh. Tag 22
Oxaliplatin 130 mg/m² i.v.
Tag 1, Dauer 120 min, Wdh. Tag 22
Mitomycin/Capecitabin (Kornek et al. 2004) Mitomycin 8 mg/m2 i.v.
Tag 1, Wdh. Tag 29 2 p.o.
Capecitabin 2.000 mg/m
Tag 1-14, Wdh. Tag 29
und Oxaliplatin konnte hierbei eine Steigerung der Ansprechraten auf bis zu 50% erreichen (Andre et al. 2004). Im Rahmen neuer Therapiestrategien wurden auch die Wirksamkeiten von monoklonalen Antikörpern und small molecules untersucht, ohne bisher eine eindeutige Wirksamkeit zeigen zu können. Für Cetuximab (Sprinzl et al. 2006; Huang et al. 2007) wurde ebenso wie für Erlotinib (Philip 2006) in Einzelfällen eine Wirksamkeit beschrieben. Eine Phase II-Studie mit Lapatinib wurde nach 19 Patienten bei fehlender Effektivität und einem progressionsfreien Überleben von lediglich 1,8 Monaten abgebrochen (Ramanathan et al. 2006). Ein vielversprechender Ansatz bei lokal fortgeschrittenen Tumoren der Gallenwege ist eine lokoregionäre intraarterielle Chemotherapie über die A. hepatica. Hierbei kann eine hohe lokale Wirkstoffkonzentration erreicht werden, außerdem erfolgt eine Anreicherung in den Gallenkanalikuli (Robertson et al. 1993; Robertson et al. 1997; Cantore et al. 2005; Inaba et al. 2010). Die Anlage des Portsystems kann auch interventionell über die A. femoralis superior erfolgen, eine Kombinationstherapie aus Oxaliplatin, 5-FU/Folinsäure gute Ergebnisse erzielen (Nicolaou et al. 2008). In einem Konsensusdokument der British Association for the Study of the Liver (BASL) aus dem Jahr 2002 werden für die jeweiligen Chemotherapien folgende Ansprechraten zusammengefasst (Khan et al. 2002):
38
378
Kapitel 38 · Chemotherapie bei Tumoren der Gallenblase und Gallenwege
▬ Partielle Ansprechraten von 10-20% für 5-FU oder andere ältere Wirkstoffe in Monotherapie ▬ 20-30% partielle Ansprechraten für neuere Substanzen wie Gemcitabin in Monotherapie ▬ 20-40% in neueren Phase II-Studien mit Kombinationsregimen ▬ 30-50% partielle Ansprechraten für die Kombination aus Gemcitabin und Cisplatin Wesentliches Kriterium für die Einleitung, Durchführbarkeit und auch den Erfolg einer Chemotherapie ist der Allgemeinzustand des Patienten zu Beginn der jeweiligen Therapie. Auch vorbestehende Begleiterkrankungen sollten berücksichtigt werden. In ⊡ Tab. 31.4 ( Kap. 31.3) ist das Nebenwirkungsspektrum der bei Tumoren der Gallenwege eingesetzten Zytostatika aufgeführt.
Literatur
38
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379 38.3 · Palliative Therapie
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38
39
Chemotherapie beim Pankreaskarzinom H. Oettle, M. Sinn
39.1
Adjuvante Therapie – 381
39.2
Neoadjuvante Therapie – 381
39.3
Palliative Chemotherapie – 382
39.3.1 Lokal fortgeschrittenes Pankreaskarzinom 39.3.2 Metastasiertes Pankreaskarzinom – 382 39.3.3 »Second-line«-Therapie – 383
– 382
381 39.2 · Neoadjuvante Therapie
39.1
Adjuvante Therapie
> Die Gabe von Gemcitabin, einem gut verträglichen Pyrimidinanalogon, über 6 Monate ist Mittel der Wahl in der adjuvanten Therapie des Pankreaskarzinoms.
Der Nutzen einer adjuvanten Therapie des mit kurativer Intention resezierten Pankreaskarzinoms wurde in den letzten Jahren eingehend erforscht. In Anbetracht der Aggressivität der Tumorentität und der hohen Rezidivraten auch nach R0-Resektionen (ca. 80% innerhalb von 5 Jahren, Sener et al. 1999) ist eine Ergänzung der operativen Verfahren im Sinne einer systemischen Behandlung logische Konsequenz und dringende Notwendigkeit zur Optimierung der Prognose der Patienten. Mit den Daten der deutschen Studie CONKO-001 hat sich die Gabe von Gemcitabin als Standard in der adjuvanten Situation etabliert (Oettle et al. 2007). Hierbei erfolgt über 6 Zyklen die Gabe von Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v. an Tag 1, 8, 15 mit Wiederholung an Tag 29 (⊡ Tab. 39.1). In der Studie wurde konsequent die Gabe von Gemcitabin gegenüber einer Kontrollgruppe untersucht, es konnte eine signifikante Verlängerung des rezidivfreien Überlebens gezeigt werden. Hervorzuheben ist hierbei auch die gute Verträglichkeit des Zytostatikums Gemcitabin. Gemcitabin ist ein fluoriertes Analogon des natürlich vorkommenden Pyrimidinnukleosids Desoxycytidin. Die Substanz wird intrazellulär durch Nukleosidkinasen zu ihren aktiven Metaboliten phosphoryliert und in die DNA eingebaut. Die zytotoxische Wirkung von Gemcitabin beruht auf einer Hemmung der DNA-Synthese durch »maskierten Strangabbruch«, d.h. nach Einbau von Gemcitabintriphosphat in die DNA wird erst ein weiteres Nukleotid eingebaut, bevor die Strangbildung abreißt (Plunkett et al. 1996). Die höhere Aktivität von Gemcitabin im Vergleich zu anderen Antimetaboliten wie etwa Cytarabin wird durch die stärkere Affinität zu den Stoffwechselenzymen, die bessere Membranpermeabilität und die längere intrazelluläre Verweildauer erklärt (Mini et al. 2006). Wesentliche Nebenwirkungen sind Leukound Thrombozytopenien, gastrointestinale Beschwerden sowie ein grippeartiges Gefühl post infusionem. Seltene Nebenwirkung ist die Ausbildung eines hämolytisch-urämischen Syndroms. Die Gabe von Dexamethason vor Gemcitabin kann einen Teil der Nebenwirkungen lindern (Kneifel et al. 1998). In den USA gilt die Durchführung einer 5-FU-haltigen Radiochemotherapie als Standard in der adjuvanten Behandlung. Ein Überlebensvorteil wurde hier erstmalig 1985 durch die Gastrointestinal Tumor Study Group an ei-
⊡ Tab. 39.1 Pankreaskarzinom – adjuvante Chemotherapie Gemcitabin 1.000mg/m² i.v. über 30 min
Tag 1, 8, 15, Wdh. Tag 29
6 Zyklen
ner kleinen Patientengruppe beobachtet (Kalser u. Ellenberg 1985). Allerdings konnte eine Folgestudie ESPAC-1 (Neoptolemos et al. 2004) dies nicht bestätigen, sie ließ sogar einen Nachteil für die Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie befürchten. Die weiterhin schlechte Prognose der mit kurativem Ansatz operierten und adjuvant behandelten Patienten erfordert eine weitere Optimierung der adjuvanten Konzepte. Neuere Substanzen wie Tyrosinkinaseinhibitoren und monoklonale Antikörper sowie Kombinationstherapien werden in aktuellen Studien untersucht. Eine weitere Unterteilung der Patienten nach Risikogruppen mit entsprechender Intensivierung der Therapiemodalitäten wäre ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Gesamtprognose. Gerade die Gruppe der Patienten, bei denen nur eine R1-Resektion möglich war, könnte hiervon besonders profitieren. Dabei könnte eine lokale Tumorkontrolle durch eine sequenzielle Radiochemotherapie zukünftig an Bedeutung gewinnen. Studienkonzepte werden derzeit geprüft.
39.2
Neoadjuvante Therapie
> Eine neoadjuvante Therapie ist beim Pankreaskarzinom nicht etabliert, die Durchführung neoadjuvanter Radiochemotherapien sollte jedoch im Rahmen von klinischen Studien erfolgen.
Der Nutzen einer neoadjuvanten Vorbehandlung ist bisher nicht in größeren Studien untersucht und damit keine Standardverfahren. Prinzipielle Vorteile einer neoadjuvanten Therapie liegen in einer sich anschließenden möglicherweise höheren R0-Resektionsrate durch eine verbesserte lokale Kontrolle. Durch eine kombinierte Radiochemotherapie konnte in einzelnen Phase II-Studien ein Downstaging primär inoperabler Tumore erreicht werden. Entsprechende Therapieregime werden in der Regel mit 5-FU-haltigen Chemotherapien durchgeführt (Klaassen et al. 1985; Rich et al. 2004). Daten mit Gemcitabin oder mit Gemcitabin und Cisplatin sind vielversprechend und müssen deshalb in Phase III-Studien geprüft werden. Signifikante Überlebensvorteile konnten bisher nicht gezeigt werden, die Durchführung neoadjuvanter Radiochemotherapien sollte deshalb Studien vorbehalten bleiben.
39
382
Kapitel 39 · Chemotherapie beim Pankreaskarzinom
39.3
Palliative Chemotherapie
> Sowohl beim lokal fortgeschrittenen als auch beim metastasierten Pankreaskarzinom ist Mittel der 1. Wahl die Chemotherapie mit Gemcitabin. Eine eindeutige Verbesserung der Therapieergebnisse durch die Kombination mit anderen Substanzen konnte bisher nicht ausreichend belegt werden. Gute Ergebnisse liegen für die Kombination von Gemcitabin mit Erlotinib für eine Subgruppe von Patienten mit Hautreaktion vor.
Der Großteil der Patienten mit der Erstdiagnose eines Pankreaskarzinoms ist zu diesem Zeitpunkt bereits inoperabel und kann daher lediglich einer palliativen Therapie zugeführt werden (Sener et al. 1999). Hierbei kann zwischen einer Inoperabilität aufgrund eines lokal fortgeschrittenen und infiltrierenden Tumorwachstums (Stadium IVa, UICC 1997) und einer bereits initial metastasierten Erkrankung (Stadium IVb) unterschieden werden. Wesentlicher Aspekt für die Auswahl einer Mono- oder Kombinationstherapie ist neben dem Allgemeinzustand des Patienten auch das Vorliegen von Begleiterkrankungen und möglichen Kontraindikationen. Dem Allgemeinzustand des Patienten muss auch für die Beurteilung der Gesamtprognose eine wesentliche Bedeutung beigemessen werden (Boeck et al. 2007).
39.3.1
Lokal fortgeschrittenes Pankreaskarzinom
> Die Gemcitabin-Monotherapie ist einer kombinierten Radiochemotherapie ebenbürtig und deswegen in der Regel bei weniger zu erwartenden Nebenwirkungen zu empfehlen.
39
Der Nutzen einer kombinierten Radiochemotherapie in der Behandlung lokal fortgeschrittener Pankreaskarzinome wird bereits seit Anfang der 80er Jahre in diversen Studien untersucht. Eine Bestrahlung erfolgte hierbei in der Regel mit Einzeldosen von 1,8 Gray bis hin zu einer Gesamtdosis von 45-54 Gray unter begleitender Gabe von 5-FU. Die mediane Überlebenszeit konnte auf 6 bis 13 Monate verlängert werden (Moertel et al. 1981; Klaassen et al. 1985). Neuere prospektive Untersuchungen konnten im Vergleich mit einer Gemcitabin-Monotherapie jedoch keinen Nutzen für die additive Bestrahlung belegen (Chauffert et al. 2008; Kondo et al. 2006). Zwar wird durch die Bestrahlung eine gute lokale Kontrolle erreicht, jedoch kann dadurch die Fernmetastasierung prognostisch nicht verbessert werden, sodass
die Patienten an den Folgen der Fernmetastasen versterben. Die zusätzliche Belastung für die Patienten durch eine ergänzende Bestrahlung im Abdominalbereich ist möglicherweise durch moderne Bestrahlungstechniken besser zu steuern, bleibt aber zu bedenken. Die Indikation für eine palliative Radiochemotherapie sollte deswegen zurückhaltend gestellt werden und wird vor allem im Rahmen der Schmerztherapie wirkungsvoll genutzt. Neue Studien beschäftigen sich mit der Verbesserung der Operabilität beim primär inoperablen Pankreaskarzinom durch eine sequenzielle Chemo-Radiotherapie (Fietkau 2010). > Die Gabe von Gemcitabin Mono erfolgt mit einer Standarddosis von 1.000 mg/m2 zunächst wöchentlich über 7 Wochen, dann erfolgt jeweils 3 Wochen Therapie mit einer Woche Pause.
39.3.2
Metastasiertes Pankreaskarzinom
> Standard beim metastasierten Pankreaskarzinom ist eine Gemcitabin-Monotherapie, neben einer Verlängerung des medianen Überlebens kommt es auch zu einer Verbesserung klinischer Beschwerden (sog. clinical benefit response). Eine Kombination mit Erlotinib sollte bei Patienten, die unter dieser Behandlung eine deutliche Hautreaktion entwickeln, eingesetzt werden.
Gemcitabin bleibt Mittel der Wahl in der Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms, durch die Therapie kann das mediane Überleben von 3 Monaten auf 5 bis 7 Monate verlängert werden. Entscheidend für die Zulassung des Medikamentes war neben der mäßigen Verlängerung des Gesamtüberlebens die deutliche Verbesserung der Lebensqualität (bezeichnet als sogenannte clinical benefit response mit Verbesserung der Schmerzsymptomatik und des Karnofsky-Index sowie einer Zunahme des Körpergewichts) sowie eine Verlängerung des medianen Überlebens und der 1-Jahres-Überlebensrate (Burris et al. 1997). Das 1-Jahres-Überleben liegt bei 20 bis 25%. > Die Gabe von Gemcitabin erfolgt wöchentlich mit 1.000 mg/m2 zunächst über 7 Wochen wenn möglich, dann wöchentlich Tag 1, 8, 15 mit Wiederholung an Tag 29. Eine Fortführung der Therapie erfolgt bis zum weiteren Progress der Erkrankung (Burris et al. 1997).
Eine weitere Optimierung der Therapieergebnisse durch die Anwendung von Kombinationstherapien ist Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen.
383 39.3 · Palliative Chemotherapie
Im Rahmen neuer molekularbiologischer Therapieansätze (sog. targeted therapy) wurde Anfang 2007 der über den EGF-Rezeptor wirkende niedermolekulare Tyrosinkinaseinhibitor Erlotinib für die »first-line«-Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms in Kombination mit Gemcitabin zugelassen. Hierbei konnte in einer großen Phase III-Studie (PA. 3-Studie) der Clinical Trial Group des National Cancer Institute of Canada (NCICCTG) an über 500 Patienten ein signifikanter Überlebensvorteil gezeigt werden, dieser war für die Gesamtgruppe allerdings minimal. Für die Subgruppe der metastasierten ist die Substanz in Deutschland zugelassen. Die Ansprechrate korreliert klinisch mit der Ausbildung des für die Substanz typischen Hautausschlags (»rash«), das 1-Jahres-Überleben wird dann von 20% auf 43% verbessert. Sollte innerhalb der ersten 6-8 Wochen kein Ausschlag auftreten, ist der Nutzen einer weiteren Behandlung mit Erlotinib deshalb kritisch zu hinterfragen. Erlotinib wird oral mit 100 mg täglich verabreicht, häufigste Nebenwirkungen sind Diarrhöen, die bei bis zu 50% aller Patienten auftritt. An speziellen Nebenwirkungen sind bei bis zu 2,5% aller Patienten auftretende ILD (interstitielle Lungenerkrankung) -artige Ereignisse zu nennen. Die Gabe von Gemcitabin erfolgt analog dem o.g. Schema. Die Nebenwirkungen von Gemcitabin werden durch die gleichzeitige Einnahme von Erlotinib nicht wesentlich verstärkt (Moore 2007). Für die Kombinationsbehandlung aus Gemcitabin (1.000 mg/m2 KOF) und Capecitabin (1.600 mg/m2 KOF) konnte eine Phase III-Studie eine signifikante Verbesserung der Remissionsraten zeigen. (Cunningham et al. 2009). In einer anderen Arbeit konnte dieses Ergebnis nicht bestätigt werden (Hess et al. 2003). Auch für die Kombination aus Gemcitabin mit Platinderivaten (Cisplatin oder Oxaliplatin) deutet sich in verschiedenen Studien ein verbessertes Tumoransprechen sowie eine Verbesserung des medianen Überlebens bei akzeptablem Nebenwirkungsprofil an (Heinemann et al. 2006; Heinemann et al. 2007; Louvet et al. 2005). Profitieren können dabei Patienten mit einem guten Allgemeinzustand unter Berücksichtigung von Komorbiditäten (⊡ Tab. 39.2). Ein weiterer interessanter Ansatz in der Therapie des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms ist der Einsatz von niedermolekularen Heparinen. Patienten mit einem Pankreaskarzinom haben neben Patienten mit Ovarialkarzinomen und Tumoren des zentralen Nervensystems das höchste Risiko eine tiefe Beinvenenthrombose zu erleiden. Bis zu 20% aller Patienten erleiden im Verlauf der Erkrankung ein thrombembolisches Ereignis (Rickles u. Edwards 1983), etwa 10% versterben an einer fulminanten Lungenarterienembolie (Shen u. Pollak 1980).
⊡ Tab. 39.2 Palliative Chemotherapie beim Pankreaskarzinom Monotherapie mit Gemcitabin Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v.
Tag 1, 8, 15, 22, 29, 36, 42, Wdh. Tag 56 Ab Woche 8: Tag 1, 8, 15, Wdh. Tag 29
Kombinations-Chemotherapien Gemcitabin/Erlotinib (Moore 2007) Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v.
Tag 1, 8, 15, 22, 29, 36, 42, Wdh. Tag 56 Ab Woche 8: Tag 1, 8, 15, Wdh. Tag 29
Erlotinib 100 mg/Tag p.o.
Kontinuierlich
Gemcitabin/Capecitabin (Cunningham et al. 2005) Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v.
Tag 1, 8, Wdh. Tag 22
Capecitabin 1.600 mg/Tag p.o.
Tag 1-14, Wdh. Tag 22
Gemcitabin/Cisplatin (Louvet et al. 2006) Gemcitabin 1.000 mg/m2 i.v.
Tag 1, 8, 15, Wdh. Tag 29
Cisplatin 50 mg/m2
Tag 1, 15, Wdh. Tag 29
Retrospektive Untersuchungen konnten zeigen, dass eine Behandlung mit niedermolekularen Heparinen eine Verbesserung der Ansprechraten und des medianen Überlebens bei Tumorpatienten und speziell auch Patienten mit Pankreaskarzinom erzielen konnte (Hettiarachchi et al. 1999; Icli et al. 2006). Daten aus der prospektiven Studie CONKO-004 konnten eine signifikante Verringerung der thrombembolischen Ereignisse von 14,5% auf 3,8% durch die Anwendung von Enoxaparin (1 mg/kg KG) parallel zu einer palliativen Gemcitabin-haltigen Chemotherapie zeigen (Riess et al. 2009).
39.3.3
»Second-line«-Therapie
Bis zu 50% aller Patienten können von einer effektiven Zweitlinientherapie profitieren, hierbei sind die jeweilige Vortherapie und der Allgemeinzustand der Patienten für die Entscheidung über eine weitere Therapie wichtige Parameter. Als Standard in der Zweitlinientherapie konnte sich mit den Daten der CONKO-003-Studie eine Kombinationstherapie aus Oxaliplatin, 5-FU und Folisäure (sog. OFF-Schema) etablieren, die eine Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens in der »secondline«-Behandlung von 13 auf 26 Wochen im Vergleich
39
384
Kapitel 39 · Chemotherapie beim Pankreaskarzinom
zu einer Therapie mit 5-FU/Folinsäure alleine erzielen konnte (Pelzer et al. 2008, Oettle et al. 2005). Die Gabe von Paclitaxel (Oettle et al. 2000; Yamamitsu et al. 2006) Irinoctecan (Gebbia et al. 2010) und Mitomycin (Kruth et al. 2010) sind weitere therapeutische Optionen (Klapdor et al. 2005). Eine Auswahl über in verschiedenen Phase II-Studien untersuchte Zweitlinientherapien gibt es übersichtsartig in ⊡ Tab. 39.3. Hierbei wurden an kleinen Patientenkollektiven (zwischen 18 und 31 Patienten) ein medianes Überleben zwischen 3,5 und 6 Monaten unter der jeweiligen Chemotherapie gezeigt. Einen Überblick über die in diesem Kapitel erwähnten Zytostatika und ihre typischen Nebenwirkungen gibt abschließend ⊡ Tab. 39.4.
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⊡ Tab. 39.3 Zweitlinienchemotherapie beim Pankreaskarzinom Autor
Wirksubstanz
Therapieschema
CONKO-003
Oxaliplation Folinsäure 5-FU
85 mg/m2, Tag 8, 22, Wdh. Tag 43 200 mg/m2/24 h, Tag 1, 8, 15, 22, Wdh. Tag 43 2.000 mg/m2/24 h Tag 1, 8, 15, 22, Wdh. Tag 43
Oettle 2000
Paclitaxel
50-80 mg/m2 wöchentlich
Demols 2006
Gemcitabin Oxaliplatin
1.000 mg/m2, Tag 1, Wdh. Tag 15 100 mg/m2, Tag 2, Wdh. Tag 15
Kruth 2010
Docetaxel Mitomycin Capecitabin
40 mg /m2 Tag 1, Wdh. Tag 22 4 mg/m2 Tag 1, Wdh. Tag 22 2.000 mg/m2, Tag 1-14, Wdh. Tag 22
⊡ Tab. 39.4 Übersicht über typische Nebenwirkungen der beim Pankreaskarzinom und Tumoren der Gallenwege eingesetzter Zytostatika
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Gemcitabin
Neutro/Thrombopenie, Ödeme, Lungenödem (selten), Übelkeit/Erbrechen, grippeartige Symptomatik, hämolytischurämisches Syndrom (selten), Transaminasenanstieg
Oxaliplatin
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Mukositis, periphere Neurotoxizität (v.a. bei Kälteexposition, dosislimitierend), allergische Reaktionen, keine Nephrotoxizität
Cisplatin
Leuko-/Thrombopenien, Übelkeit/Erbrechen, Mukositis, Diarrhö, kumulative Nephrotoxizität, Elektrolytentgleisungen, Ototoxizität, periphere Neurotoxizität (dosislimitierend), Alopezie, Dermatitis, allergische Reaktionen
Capecitabin
Myelosuppression, Ödeme, Diarrhö, Übelkeit/Erbrechen, Stomatitis, Hand-Fuß-Syndrom, Dermatitis, Kopfschmerzen, Parästhesien, Schwindel, Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit
5-FU
Myelosuppression, akute Kardiotoxizität (selten), Ischämie, Übelkeit/Erbrechen, schwere Mukositis und Diarrhö (besonders nach Dauerinfusion), Konjunktivitis, Palmar/Plantarveränderungen, Pigmentierungsstörungen, zerebelläre Störungen
Paclitaxel
Neutropenie (dosislimitierend), Arrhythmien, Alopezie, periphere Neurotoxizität, Hypersensitivitätsreaktionen (1-3%)
Erlotinib
Exanthem, Dermatitis, Diarrhö (bis 50%), interstitielle Lungenerkrankungen
Mitomycin C
Schwere Myelosuppression (dosislimitierend, häufig prolongiert bis 8 Wochen andauernd), mikroangiopathische hämolytische Anämie (selten), Herzinsuffizienz (selten), Pulmotoxizität (Fibrose, Pneumonitis), Mukositis, Alopezie, Erythem
385 39.3 · Palliative Chemotherapie
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39
40
Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen G. Folprecht, C. Bokemeyer, M. Stahl, V. Heinemann, H.-J. Stemmler, M. Wolf
40.1
Kolorektales Karzinom
40.1.1 40.1.2 40.1.3 40.1.4 40.1.5 40.1.6 40.1.7 40.1.8 40.1.9
Übersicht – 387 Neoadjuvante oder adjuvante Therapie von resektablen Metastasen – 387 Medikamentöse Therapie von nicht resektablen Metastasen – 388 Antikörper gegen den EGF-Rezeptor – 389 Antikörper gegen VEGF – 390 Neoadjuvante Chemotherapie für nicht (optimal) resektable Metastasen – 392 Therapieintensität in der palliativen Therapie – 392 Ältere Patienten, Patienten mit Begleiterkrankungen – 392 Therapiedauer – 393
– 387
40.2
Magenkarzinom und Ösophaguskarzinom – 395
40.2.1 Plattenepithelkarzinome des Ösophagus – 395 40.2.2 Adenokarzinome des Ösophagus und des Magens
– 396
40.3
Behandlung von Lebermetastasen beim Mammakarzinom – 397
40.3.1 40.3.2 40.3.3 40.3.4 40.3.5 40.3.6 40.3.7 40.3.8 40.3.9
Übersicht – 397 Systemische Therapie – 397 Therapiestrategie bei isolierter Lebermetastasierung – 397 Prognose der hepatischen Metastasierung – 398 Diagnostik – 398 Indikation für ein lokales Therapieverfahren – 398 Chirurgische Therapie – 398 Alternative lokoregionäre Therapieverfahren – 399 Zusammenfassung – 400
40.4
Systemische Therapie des Lungenkarzinoms – 401
40.4.1 40.4.2 40.4.3 40.4.4 40.4.5 40.4.6 40.4.7 40.4.8 40.4.9 40.4.10
Übersicht – 401 Best Supportive Care (BSC) vs. Kombinationschemotherapie und BSC – 401 Platinfreie versus platinhaltige Kombinationschemotherapie – 402 Cisplatin versus Carboplatin in der Kombinationschemotherapie – 402 Auswahl des Platinkombinationspartners – 402 Histologie als Selektionskriterium zur Wahl der Chemotherapie – 403 Biologisch zielgerichtete Therapien – 403 Dauer der Erstlinientherapie – 405 Zweitlinienbehandlung bei erneuter Tumorprogression – 407 Zusammenfassung und Fazit für die Praxis – 408
387 40.1 · Kolorektales Karzinom
40.1
Kolorektales Karzinom
G. Folprecht, C. Bokemeyer
40.1.1
Übersicht
Mit der zunehmenden Zahl der verfügbaren Medikamente und der (Leber-)Metastasenresektion hat sich die Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms in den letzten Jahren erheblich verändert. Damit verdoppelten sich die Überlebenszeiten von einer alleinigen 5-FU-Therapie (ca. 12 Monate) (Simmonds 2000) auf ungefähr 24 Monate in den aktivsten Therapiearmen der aktuellen Phase III-Studien (Van Cutsem et al. 2009a, Saltz et al. 2008). In Phase II-Studien (Folprecht et al. 2006, Arnold et al. 2008. Tabernero et al. 2007) und in einigen Zentren werden mit der Kombination dieser Behandlungsstrategien mediane Überlebenszeiten von 30 Monaten erreicht (Kopetz et al. 2009). Aufgrund der erheblichen Prognoseunterschiede ist die Frage der Resektabilität der Metastasen entscheidend in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms geworden; insbesondere, da in die Entscheidung für oder gegen eine Resektion prognostische Faktoren einfließen, und die Auffassung bezüglich des Nutzens und des Risikos einer Resektion uneinheitlich ist, bleibt eine exakte Definition schwierig. > Für die medikamentöse Behandlungsstrategie ist wichtig, ob ▬ die Metastasen sicher resektabel sind (kurative Situation), ▬ ob unsicher bzw. nicht resektable Metastasen vorliegen, die später möglicherweise kurativ resektabel werden oder ob ▬ nicht kurativ resektable extrahepatische Metastasen vorhanden sind (Fernmetastasen in Lymphknoten; palliative Situation).
Ferner wird die Behandlungsstrategie durch Tumorsymptome und Komorbiditäten bestimmt. In der palliativen Behandlung spielen die persönlichen Umstände und Präferenzen des Patienten eine entscheidende Rolle (⊡ Abb. 40.1).
40.1.2
Neoadjuvante oder adjuvante Therapie von resektablen Metastasen
Nach der Resektion von Lebermetastasen besteht die Möglichkeit der Kuration. Das Rezidivrisiko ist allerdings hoch: In der EORTC-Studie 40983, in der prä- und postoperative Chemotherapien mit der alleinigen Resektion verglichen
wurden, hatten 78% der Patienten maximal zwei Lebermetastasen (⊡ Tab. 40.1) (Nordlinger et al. 2008). Die adjuvante systemische Chemotherapie (jeweils 5-FU/FA) wurde in zwei Studien mit der alleinigen Resektion verglichen. Beide Studien wurden wegen schlechter Rekrutierung vorzeitig abgebrochen. Die Daten dieser beiden Studien wurden von Mitry et al in einer Metaanalyse zusammengefasst (Mitry 2008). Dabei stellte sich ein starker Trend zu einem besseren krankheitsfreien Überleben mit einer Chemotherapie dar (HR 1,32; 95% CI 1,00–1,76; p=0,058). Im Gesamtüberleben zeigte sich ein (nicht signifikanter) Trend zugunsten einer adjuvanten Therapie mit 5-FU. Die EORTC-Studie 40983 verglich eine neoadjuvante plus adjuvante FOLFOX-Therapie mit der alleinigen Resektion von Lebermetastasen. Nach der »intention to treat«-Analyse bestand wiederum ein starker Trend zugunsten eines besseren krankheitsfreien Überlebens mit einer zusätzlichen Chemotherapie (p=0,058). Statistisch signifikant waren die Unterschiede in der Subgruppe der resezierten Patienten (Nordlinger et al. 2008), sowie das progressionsfreie Überleben in der Analyse der »intention to treat«-Population mit längerer Nachbeobachtungszeit. Damit wurde formell in keiner der Studien der prädefinierte Endpunkt erreicht. Trotzdem unterstützen die Daten die Ansicht, dass eine alleinige Resektion nicht die optimale Therapie ist. Aufgrund der für die perioperative Therapie geringfügig besseren Datenlage wird diese von den meisten Gruppen bevorzugt; der Beweis für die Überlegenheit eines perioperativen gegenüber eines postoperativen Vorgehens fehlt jedoch. Insbesondere bei kleinen, einzelnen Metastasen muss bedacht werden, dass diese nach einer neoadjuvanten Therapie im Falle des Ansprechens während der Operation schwer auffindbar sein könnten. Die deutsche S3-Leitlinie geht im Gegensatz dazu von dem konservativeren Standpunkt aus, dass in keiner Studie der prädefinierte Endpunkt erreicht wurde, und empfehlen lediglich, eine Behandlung zu erwägen (Schmiegel et al. 2008). Für andere Regime als FOLFOX (bzw. u.U. und nur in der adjuvanten Situation 5-FU/FA) gibt es in bei der Therapie von resektablen Metastasen zurzeit keine Evidenz. Irinotecan und 5-FU (z.B. FOLFIRI) hatte sich gegenüber 5-FU weder im Stadium III noch nach der Resektion von Lebermetastasen als überlegen gezeigt (Ychou et al. 2009a, Ychou et al. 2009b, Van Cutsem et al. 2009b, Saltz et al. 2004), für den Nutzen einer zusätzlichen Therapie mit EGFR-Antikörpern in der peri- oder postoperativen von resektablen Lebermetastasen gibt es bisher keine Daten. Bevacizumab führt in der adjuvanten Therapie zumindest im Stadium III nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Prognose (Wolmark et al. 2009).
40
388
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
ja Resektable Metastasen?
Resektion und post oder prä- und postoperative Chemotherapie
nein Isolierte Leber- / Lungen Metastasen?
ja
Komplettierung des Stagings, interdisziplinäre Diskussion
Chemotherapie mit Ziel Ansprechen, z.B. FOLFOX / Cetuximab (k-ras Wildtyp), FOLFOXIRI (k-ras mutiert)
multiple Metastasen
Re-Evaluation nach spätestens 3 und 6 Monaten Tumorsymptome?
ja
nein
ja Ältere Patienten mit Komorbidität? nein ⊡ Abb. 40.1 Therapiealgorithmus. Alle Therapieregime verstehen sich als Beispiele (Alternativen im Text diskutiert). Der Behandlungsalgorithmus wird von weiteren Faktoren beeinflusst
40.1.3
40
Medikamentöse Therapie von nicht resektablen Metastasen
Eine präoperative Chemotherapie kann die Metastasengröße reduzieren. Damit können unter Umständen zuvor nicht resektable Lebermetastasen reseziert werden. Diese Resektionen sind sinnvoll, denn Patienten, bei denen nach Chemotherapie eine Resektion durchgeführt werden konnte, haben deutlich bessere Überlebensraten, als Patienten mit einer alleinigen Chemotherapie (Masi et al. 2009). Die Möglichkeit einer späteren Resektion beeinflusst die Entscheidung, ob eine möglichst intensive Therapie mit dem Ziel, eine Resektion zu erreichen, oder eine Strategie mit stärkerer Abwägung der Nebenwirkungen gewählt wird. 5-FU (in Kombination mit Folinsäure) oder andere Fluoropyrimidine bilden in der Regel die Grundlage der Therapie. Aufgrund des besseren Nebenwirkungsprofils und der etwas höheren Effektivität wird 5-FU praktisch
Kombinationschemotherapie, z.B. FOLFIRI / Bevacizumab, FOLFOX / Cetuximab (k-ras Wildtyp), FOLFOXIRI (wenn vom Allgemeinzustand möglich)
sequenzielle Therapie
Kombinationschemotherapie, z.B. FOLFIRI / Bevacizumab, bei Patientenwunsch sequenzielle Therapie Alternativ intensivere Therapie möglich
nur noch als Infusionstherapie mit ambulant anwendbaren Pumpen eingesetzt. Verbessert werden konnte die Wirksamkeit, wenn 5-FU entweder mit Oxaliplatin (FOLFOX, FUFOX) oder Irinotecan (z.B. FOLFIRI) kombiniert wird. Damit erhöhen sich die Ansprechraten von 15-20% in der Monotherapie mit 5-FU auf ca. 40-50% für diese Kombinationen. Die Zeiten bis zur Tumorprogression erhöhen sich von ca. 4-5 Monaten auf 6-8 Monate (Saltz et al. 2000, Douillard et al. 2000, Köhne et al. 2005, de Gramont et al. 2000, Giacchetti et al. 2000). In den neueren Phase III-Studien mit konsequenter Zweitlinienbehandlung wurden mit diesen Kombinationen Überlebenszeiten von ca. 20 Monaten erreicht (Köhne et al. 2005, de Gramont et al. 2000, Giacchetti et al. 2000, Tournigand et al. 2004). In Kombination mit Oxaliplatin ergaben sich keine größeren Nachteile in Bezug auf die Effektivität, wenn 5-FU gegen das orale »Prodrug« Capecitabin ausgetauscht wird (Arkenau et al. 2008). Für die Kombination
389 40.1 · Kolorektales Karzinom
⊡ Tab. 40.1 Neoadjuvante/adjuvante Chemotherapie und Resektion von Lebermetastasen Schema
n
Krankheitsfreies Überleben
Resektion plus FOLFOX (neoadjuvant und adjuvant)
182
35,4% (3 Jahre)
Resektion
182
28,1% (3 Jahre)
Resektion plus FOLFOX (neoadjuvant und adjuvant)
151
42,4% (3 Jahre)
Resektion
152
33,2% (3 Jahre)
Resektion und 5-FU/FA
138
55,3% (2 Jahre) 36,7% (5 Jahre)
Resektion
140
40,2% (2 Jahre) 27,7% (5 Jahre)
Resektion und FOLFIRI
153
50,7% (2 Jahre)
Resektion und 5-FU/FA
153
46,2% (2 Jahre)
Überleben
EORTC 40983 (Nordlinger et al. 2008) (»intention to treat«-Analyse) HR 0,79 (95% CI 0,62-1,02 p=0,058)
EORTC 40983 (Nordlinger et al. 2008) (Subgruppe resezierte Patienten) HR 0,73 (95% CI 0,55-0,97) p=0,025
Metaanalyse (Mitry et al. 2008) HR 1,32 (95% CI 1,00–1,76) p=0,058
69,4% (3 Jahre) 52,8% (5 Jahre)
HR 1,32 (95% CI 0,95–1,82) p=0,095
71,0% (3 Jahre) 39,6% (5 Jahre)
FOLFIRI vs. 5-FU/FA (Ychou et al. 2009)
von Capecitabin und Irinotecan fand sich mit wegen der Nebenwirkung Diarrhö reduzierten Dosierungen einer randomisierten Phase II-Studie der AIO eine ähnliche Effektivität wie mit Oxaliplatin/Capecitabin (jeweils plus Bevacizumab) (Reinacher-Schick et al. 2008). Andere Gruppen berichteten allerdings über eine geringere Effektivität mit Capecitabin/Irinotecan als mit FOLFIRI bzw. eine erhöhte Toxizität (Köhne et al. 2008, Fuchs et al. 2007). Weitere Verbesserungen der Behandlung wurden in jüngster Zeit durch die Kombinationen der Chemotherapie mit den Antikörpern gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGF-Rezeptor) oder gegen Gefäßwachstumsfaktor VEGF erreicht.
40.1.4
Antikörper gegen den EGF-Rezeptor
Auf eine Monotherapie mit einem EGFR-Antikörper sprechen vorbehandelte, nicht k-ras selektierte Patienten mit einem kolorektalen Karzinom mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 10% an (Cunningham et al. 2004).
HR 0,90 (95% CI 0,57-1,20) p=0,47
72,7% (3 Jahre)
71,6% (3 Jahre)
In einer australischen Studie fand sich ein signifikanter Überlebensvorteil gegenüber einer supportiven Behandlung (Jonker et al. 2007). Die Ansprechrate ist höher (23%), wenn Cetuximab mit Irinotecan kombiniert wird (Cunningham et al. 2004). ! Cave! Wirksam (und nur dort zugelassen) sind EGFR-Antikörper bei Patienten ohne Mutationen im k-ras-Gen des Tumors (Karapetis et al. 2008). Diese Mutation ist bei ca. 1/3 der Patienten vorhanden und führt zu einer konstitutionellen Aktivierung. Dadurch sind die weiter abwärts gelegenen Signalwege unabhängig von der Bindung eines Liganden am EGF-Rezeptor aktiv und werden durch die Blockade des EGFR durch den Antikörper nicht beeinflusst.
Bei Patienten ohne k-ras-Mutation im Tumor (Wildtyp) sind EGFR-Antikörper dann wirksamer als in der Gesamtgruppe unselektionierter Patienten, wie sie in den meisten Studien der letzten Jahre noch eingeschlossen waren. Mit Cetuximab als Monotherapie fand sich bei Patienten mit einem k-ras-Wildtyp ungefähr eine Verdopplung der Überlebenszeit gegenüber der supportiven
40
390
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
Therapie (9,5 vs. 4,8 Monate, ⊡ Tab. 40.2) (Karapetis et al. 2008). In der Erstlinientherapie erhöhte sich die Ansprechrate in Kombination mit FOLFOX oder FOLFIRI von ca. 40 auf ca. 60% (Van Cutsem et al. 2009, Bokemeyer et al. 2009), in der Subgruppe von Patienten mit isolierten Lebermetastasen auf ungefähr 70% bei Vorliegen eines k-ras-Wildtyps (Van Cutsem et al. 2008). Die Zeit bis zur Tumorprogression wird bei Patienten mit einem k-rasWildtyp signifikant verlängert, in ähnlicher Größenordnung wie mit VEGF-Antikörpern (⊡ Tab. 40.2, ⊡ Tab. 40.3) (Van Cutsem et al. 2009, Bokemeyer et al. 2009). Ähnliche Ergebnisse fanden sich kürzlich für die Kombination mit Panitumumab, dem zweiten verfügbaren EGFR-Antikörper (Amado et al. 2008, Doillard et al. 2009). Im Kontrast zu diesen Ergebnissen steht die erst in Abstract-Form präsentierte britische COINStudie, bei der die zusätzliche Gabe von Cetuximab zu Oxaliplatin/Fluoropyrimidin (meist Capecitabin) zu einer Erhöhung der Ansprechrate geführt hatte, aber ohne Einfluss auf das Überleben war (Maughan et al. 2009).
Neben k-ras werden weitere prädiktive Biomarker untersucht: Für b-raf (in der gleichen Signalkaskade wie kras) gibt es ähnliche Hinweise (Di Nicolantonio et al. 2008). Die Mutation von b-raf ist allerdings seltener (<10%) und die Daten zu b-raf weniger umfangreich als zur k-ras-Mutation. Eine Testung wird daher bisher nicht empfohlen. Weitere Biomarker, deren exakter Stellenwert für die klinische Routine aber erst noch geklärt muss, sind weitere ras/ raf-Kinasen, die Liganden des EGFR (Jacobs et al. 2009) und – noch unsicher – Mutationen im PI3K-Signalweg. > Die für die Therapieentscheidung notwendige kras-Testung kann durch verschiedene Testverfahren (z.B. PCR) am Paraffinmaterial des Primärtumors oder einer Metastase erfolgen.
40.1.5
Antikörper gegen VEGF
Bevacizumab führt in Kombination mit einer Chemotherapie aus 5-FU/Irinotecan zu einer deutlichen Verlängerung der Zeit bis zur Tumorprogression und zu einer
⊡ Tab. 40.2 Ausgewählte Studien mit EGFR-Antikörpern (Subgruppen der k-ras-Wildtyp-Patienten). Schema
n
Ansprechrate (%)
Zeit bis zur Progression (Monate)
Überleben (Monate)
Cetuximab+FOLFIRI (Van Cutsem et al. 2008,2009)
316
59***
9,9**
23,5**
FOLFIRI
350
40
8,4
20,0
HR 0,70 (95%CI 0,56–0,87)
HR 0,80 (0,67-0,95)
Erstlinientherapie
Cetuximab+FOLFOX (Bokemeyer et al. 2009)
82
57**
8,3**
22,8
FOLFOX
97
34
7,2
18,5
HR 0,57 (95%CI 0,38–0,86)
HR 0,86 (95%CI 0,60–1,22)
Vorbehandelte Patienten
40
Cetuximab + supportive Therapie (Karapetis et al. 2008)
117
12,8***
3,7***
9,5***
Supportive Therapie
113
0
1,9
4,8
HR 0,40 (0,30–0,54)
HR 0,55 (0,41–0,74)
Panitumumab+ supportive Therapie (Amado et al. 2008) †
124
17***
2,8***
8,1
Supportive Therapie
119
0
1,7
7,6
HR 0,45 (95%CI 0,34-0,59)
HR 0,99 (0,75-1,29)†
†Cross-over für Patienten mit supportiver Behandlung nach Progress erlaubt, ** p<0,01, *** p<0,001
391 40.1 · Kolorektales Karzinom
⊡ Tab. 40.3 Ausgewählte Studien mit Bevacizumab Schema
n
Ansprechrate (%)
Zeit bis zur Progression (Monate)
Überleben (Monate)
Bevacizumab + Bolus-5-FU/Folinsäure/ Irinotecan (Hurwitz et al. 2004)
402
44,8**
10,6***
20,3***
Bolus-5-FU/Folinsäure/Irinotecan (IFL)
411
34,8
6,2
15,6
HR 0,54
HR 0,66
Erstlinienbehandlung
Bevacizumab + Oxaliplatin/Fluoropyrimidin
699
47
9,4**
21,3
Oxaliplatin/Fluoropyrimidin
701
49
8,0
19,9
HR 0,83 (95% CI 0,72–0.95)
HR 0,89 (95% CI 0,76–1,03)
Bevacizumab + 5-FU/FA (Kabbinavar et al. 2005)
108
26
9,2***
16,6
5-FU/FA
116
15
5,5
12,9
HR 0,50 (95% CI 0,34–0.73)
HR 0,79 (95% CI 0,56–1,10)
Vorbehandelte Patienten Bevacizumab (10 mg/kg) + FOLFOX (Giantonio et al. 2007)
286
22,7***
7,3***
12,9*
FOLFOX
291
8,6
4,7
10,8
Bevacizumab (10 mg/kg)
243
3,3
2,7
10,2
HR 0,61
HR 0,75
* p<0,05, ** p<0,01, *** p<0,001
Verlängerung der Überlebenszeit (20,3 vs. 15,6 Monate, ⊡ Tab. 40.3) (Hurwitz et al. 2004). Bevacizumab war dadurch in der Kombination mit einer irinotecanhaltigen Therapie zu einer weithin angewendeten Kombination für die Erstlinienbehandlung geworden, wobei aufgrund der mindestens gleichwertigen Ergebnisse und des besseren Toxizitätsprofils 5-FU auch hier meist als Infusionsregime (z.B. als FOLFIRI) eingesetzt wird. Eine ähnliche Verbesserung der Effektivität besteht, wenn 5-FU mit Bevacizumab gegenüber 5-FU verglichen wird (Kabbinavar et al. 2005). Für die Kombination mit einer oxaliplatinhaltigen Therapie sind die Ergebnisse etwas widersprüchlicher. Bei vorbehandelten Patienten wurde eine deutliche Steigerung der Effektivität beobachtet mit einer Verbesserung der Überlebenszeit von 2 Monaten (Giantonio et al. 2007). In der größten verfügbaren Studie (1.400 Patienten ohne Vorbehandlung) fand sich – verglichen mit den oben genannten Daten – eine eher moderate Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und bestand kein signifikanter Einfluss auf die Ansprechrate (Saltz
et al. 2008). Nach einer Vorbehandlung mit Irinotecan und Oxaliplatin war die Kombination 5-FU/Bevacizumab nicht wirksam (Chen et al. 2006). Ob die Fortführung einer Bevacizumab-Therapie auch nach Progression in Kombination mit der nachfolgenden Chemotherapie sinnvoll ist, muss noch bewiesen werden. Da für die Fortsetzung von Bevacizumab nach einem Progress der Vorteil bisher nicht gesichert ist und die bisherigen Beobachtungen über einen eventuellen Vorteil bei einem solchen Vorgehen (Grothey et al. 2008) auch auf anderen Einflüssen beruhen können (Kopetz u. Abbruzzese 2009), wird ein solches Vorgehen momentan nicht empfohlen. Etablierte prädiktive Marker für die Wirksamkeit einer anti-VEGF-Therapie bestehen nicht. ! Cave! Auch wenn jeder der Antikörper die Effektivität der Behandlung in Kombination mit Chemotherapie steigert, ist die Kombination beider Antikörperstrategien, d.h. von Bevacizumab mit einem EGFR-Antikörper nicht sinnvoll.
40
392
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
Zwei randomisierte Studien zeigten einen negativen Effekt, wenn in der Erstlinienbehandlung mit Chemotherapie plus zwei Antikörpern, statt plus ein Antikörper, behandelt wurde (Chemotherapie und Bevacizumab +/Panitumumab, Hecht et al. 2009) bzw. +/- Cetuximab, Tol et al. 2009). Auch die Patienten mit einem k-ras-Wildtyp profitierten nicht von der Kombination aus einem VEGFund einem EGFR-Antikörper (Tol et al. 2009).
40.1.6
Neoadjuvante Chemotherapie für nicht (optimal) resektable Metastasen
Das Erreichen einer Resektion korreliert mit der Ansprechrate der Chemotherapie (Folprecht et al. 2005), sodass für das Ziel einer Resektion Therapieregime mit möglichst hoher Ansprechrate gewählt werden sollten. Eine deutliche Verbesserung gegenüber den Infusionsregimen wie FOLFIRI und FOLFOX ergibt sich für Patienten mit einem k-ras-Wildtyp durch die Kombination mit Cetuximab (Van Cutsem et al. 2009, Bokemeyer et al. 2009). Für die Kombination FOLFIRI/Cetuximab ist gegenüber FOLFIRI ein signifikanter Anstieg der R0-Resektionen von Lebermetastasen nachgewiesen (Van Cutsem et al. 2009). In der CELIM-Studie zur neoadjuvanten Therapie von Patienten mit bei Diagnosestellung nicht resektablen Lebermetastasen führten die Kombinationen FOLFOX/Cetuximab oder FOLFIRI/ Cetuximab bei Patienten mit einem k-ras-Wildtyp zu einer Ansprechrate von 70%, sodass 34% der Patienten anschließend reseziert werden konnten (Folprecht et al. 2010). Unabhängig vom k-ras-Status kann die Ansprechrate von FOLFIRI (34%) durch die zusätzliche Gabe von Oxaliplatin als Dreifach-Chemotherapiekombination (FOLFOXIRI, 60%) erhöht werden. Auch hier nimmt die Rate an Leberresektionen zu, jedoch auch die Toxizität (Falcone et al. 2007). ! Cave! Bevacizumab hat in der Erstlinientherapie keinen signifikanten Einfluss auf die Ansprechrate, wenn es zu FOLFOX hinzugegeben wird (Saltz et al. 2008) und erfordert zur Vermeidung von Wundheilungsstörungen einen Abstand von 6 Wochen zur Operation.
40
Eine neoadjuvante Chemotherapie sollte nur so lange wie notwendig durchgeführt werden, da die perioperative Morbidität mit steigender Zyklenzahl zunimmt (Karoui et al. 2006). In den Studien zur neoadjuvanten Therapie wurde die Resektabilität meist innerhalb der ersten Monate erreicht, sodass Patienten spätestens nach 3 und nach 6 Monaten erneut auf die Resektabilität untersucht werden sollten.
! Cave! Wenn nach 6 Monaten keine Resektabilität erreicht wurde, sollte der Therapieansatz insgesamt überdacht werden.
40.1.7
Therapieintensität in der palliativen Therapie
Wenn Lymphknoten- oder andere nicht resektable (Organ-)Metastasen vorliegen, wird kein neoadjuvantes Konzept verfolgt. In dieser Situation muss der Fokus nicht zwangsläufig auf einer maximalen Ansprechrate liegen und es stellt sich die Frage der Therapieintensität. Dieser Aspekt wurde von der britischen FOCUS-Studie mit mehr als 2.000 randomisierten Patienten nochmals adressiert. Ein Überlebensnachteil für den Beginn mit einer Monotherapie mit 5-FU ergab sich nur im Vergleich zur Therapie mit FOLFIRI in der Erstlinienbehandlung, falls nach einer Monotherapie mit 5-FU auch eine Monotherapie in der Zweitlinienbehandlung gewählt wurde (Seymour et al. 2007a). Deshalb wird teilweise der Behandlungsbeginn mit einer Fluoropyrimidin-Monotherapie (evtl. plus Bevacizumab) – verbunden mit niedrigeren Nebenwirkungen – als Alternative zur Standardbehandlung einer Kombinationstherapie diskutiert, solange konsequent die nachfolgenden Behandlungen durchgeführt werden können. > Eine solche Monotherapie sollte bei Patienten, die aufgrund von Tumorsymptomen im reduzierten Allgemeinzustand sind, nicht gewählt werden. Für diese Patienten zeigte sich in der Subgruppen-Analyse der FOCUS-Studie ein Vorteil (Seymour et al. 2007a), wenn mit einer Kombinationsbehandlung begonnen wurde.
In einer kombinierten Analyse von mehr als 6.000 Patienten in Erstlinientherapie-Studien stellte sich ein ähnliches Bild dar: Patienten mit einem reduzierten Allgemeinzustand profitierten in besonderem Maße von einer Erstlinienbehandlung mit Kombinationsregimen wie FOLFOX/FOLFIRI (Sargent et al. 2009).
40.1.8
Ältere Patienten, Patienten mit Begleiterkrankungen
Eine weitere Frage bei der Auswahl des Therapieregimens ist, ob alle Patienten eine intensive Kombinationstherapie auch tolerieren. Dies betrifft insbesondere ältere Patienten. Werden die selektierten älteren Patienten betrachtet,
393 40.1 · Kolorektales Karzinom
die im Rahmen von klinischen Studien untersucht wurden, scheint dies in der Regel der Fall zu sein: In einer Analyse mit mehr als 2.600 Patienten, die in der Erstlinienbehandlung 5-FU mit oder ohne Irinotecan erhalten hatten, zeigte sich keine Interaktion zwischen der Behandlungseffektivität und dem Alter (≥ 70 Jahre). Trotzdem bestand bei Patienten von über 75 Jahre kein Überlebensvorteil für eine Kombinationsbehandlung mehr. Gegenüber 5-FU-Infusionsregimen (wie FOLFIRI) führte das nebenwirkungsreichere Bolus 5-FU/Irinotecan-Regime im Trend zu einem Überlebensnachteil bei älteren Patienten (Folprecht et al. 2008). In einer Analyse zu Patienten, die mit Oxaliplatin in der Erstlinienbehandlung behandelt wurden, zeigte sich kein Einfluss des Alters auf die Ansprechrate oder Zeit bis zur Tumorprogression, sodass Alter per se kein Grund ist, entsprechende Kombination bei älteren Patienten nicht einzusetzen (Goldberg et al. 2006). Ein geriatrisches Assessment kann für die Beurteilung der Therapiefähigkeit des älteren Patienten unter Umständen hilfreich sein. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die britische FOCUS II-Studie zu älteren Patienten oder Patienten mit Komorbiditäten. Hier wurde eine Kombinationsbehandlung (Oxaliplatin plus Fluoropyrimidin) mit einem Fluoropyrimidin allein verglichen. Eine zweite Randomisation bezog sich auf das Fluoropyrimidin (Capecitabin oder i.v. 5-FU). In Bezug auf die Effektivität zeigte sich eine nicht signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens für die Kombinationsbehandlung, aber kein Unterschied im Gesamtüberleben. Die Verbesserung der Lebensqualität war nach 3 Monaten mit der Kombinationsbehandlung geringer war als mit einer Monotherapie. Die orale Gabe des Fluoropyrimidins verbesserte die Lebensqualität nicht (Seymour et al. 2007b). > Insbesondere für ältere Patienten oder solche mit Komorbiditäten, die nicht unmittelbar von einer Tumorprogression bedroht sind, erscheint die oben diskutierte sequenzielle Therapie durchaus eine sinnvolle Alternative zu sein.
40.1.9
Therapiedauer
Als Standard in den meisten Studienprotokollen gilt eine Behandlung bis zum Tumorprogress oder bis zu einer nicht tolerablen Toxizität. Häufig wurde die Behandlung von den Prüfärzten jedoch nach 6 bis 7 Monaten beendet. Um die Frage zu klären, ob die Therapieintensität im Laufe der Behandlung vermindert werden kann, randomisierte eine französische Arbeitsgruppe in der OPTMOX 1-Studie zunächst Patienten zwischen ei-
ner intensiveren FOLFOX-Therapie (FOLFOX 7), gefolgt von einer 5-FU-Therapie nach 3 Monaten oder in eine FOLFOX4-Therapie. Hierbei zeigte sich, dass beide Herangehensweisen sowohl in Bezug auf die Effektivität, aber auch in Bezug auf die Nebenwirkungen vergleichbar waren (Tournigand et al. 2006). In der OPTIMOX2Studie verglich die gleiche Arbeitsgruppe dieses Regime (3 Monate FOLFOX 7, dann 5-FU bis zum Progress) mit einer dreimonatigen FOLFOX 7-Therapie, gefolgt von einer Pause bis zum Progress. Diese Studie wurde vorzeitig abgebrochen. Es zeigte sich jedoch ein Trend zu einem schlechteren Überleben in der Patientengruppe ohne Erhaltungstherapie (Maindrault-Goebel et al. 2007). Aufgrund der Daten der OPTIMOX 2-Studie muss zumindest als zweifelhaft gelten, ob eine so kurze Therapiezeit von 3 Monaten tatsächlich angemessen ist. Die britische COIN-Studie konnte die Gleichwertigkeit einer nur kurzen Behandlung ebenfalls nicht nachweisen (Vergleich einer dreimonatigen oxaliplatinhaltigen Kombinationstherapie mit der Fortführung derselben bis zum Progress, Überleben 14,3 vs. 15,6 Monate) (Adams et al. 2009).
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40
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
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395 40.2 · Magenkarzinom und Ösophaguskarzinom
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40.2
Magenkarzinom und Ösophaguskarzinom
M. Stahl Karzinome des Ösophagus und des Magens metastasieren primär lymphogen in regionale und dann in juxtaregionale Lymphknoten. Bei Ösophaguskarzinomen des unteren Drittels findet der venöse Abstrom vorwiegend über die Vv. gastrica sinistra und gastrica dextra in die Pfortader statt. Metastasen finden sich daher insbesondere in der Leber. Auch für Adenokarzinome des Magens und des ösophago-gastralen Übergangs ist die Leber – nach dem Peritoneum – wichtigster Ort einer Fernmetastasierung. > Im Gegensatz zum kolorektalen Karzinom gibt es bei Lebermetastasen von Magen- und Ösophaguskarzinomen keine Daten, die eine Prognoseverbesserung oder gar längerfristige Tumorfreiheit durch den Einsatz operativer Maßnahmen nahe legen.
Dies gilt auch für andere Lokalmaßnahmen, wie die Thermokoagulation oder die regionale Chemoperfusion bzw. Chemoembolisation. Diese Tatsache lässt sich damit erklärt, dass bei diesen aggressiven Tumoren eine Metastasierung über die regionalen Lymphknoten hinaus mit einer systemischen Erkrankung gleichgesetzt werden muss, die den Einsatz lokaler Therapiemaßnahmen nicht sinnvoll macht. Das Management von Leberfiliae beinhaltet daher in der Regel alleine die palliative Chemotherapie, die auf die allgemeine Patientensituation (Patientenwunsch, Begleiterkrankungen, Organinsuffizienzen, vorwiegende Symptomatik) abgestimmt werden muss. Die Art der Chemotherapie ist von der Tumorhistologie abhängig.
40.2.1
Plattenepithelkarzinome des Ösophagus
Eine Vielzahl von Studien, insbesondere aus den 70er und 80er Jahren, untersuchte die Wirksamkeit der MonoChemotherapie beim fortgeschrittenen Ösophaguskarzinom (Arnold u. Schmoll 2004). Ergebnisse bei unbehandelten Patienten mit Plattenepithelkarzinomen liegen vor allem mit Cisplatin vor. In 6 Phase II-Studien wurden
40
396
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
insgesamt 161 Patienten ausgewertet. Die Remissionsraten lagen kumulativ bei 20% (95% Konfidenzintervall 14–26%). Die medianen Überlebenszeiten betrugen maximal 7 Monate. Weitere Substanzen, die überwiegend bei Plattenepithelkarzinomen Remissionsraten von etwa 15% erzielten, sind die Vincaalkaloide Vindesin und Vinorelbin, die Taxoide Paclitaxel und Docetaxel, Topoisomerase-Inhibitoren (Etoposid, Irinotecan) sowie Bleomycin. 5-Fluorouracil ist in Verbindung mit einem Modulator (Folinsäure oder Interferon) ebenfalls aktiv. Carboplatin besitzt bei diesem Tumor keine nachgewiesene Wirksamkeit. Unterschiedliche Kombinationen dieser wirksamen Einzelsubstanzen wurden bei metastasierten Plattenepithelkarzinomen untersucht. > Als Standard kann die Kombination aus Cisplatin und 5-FU angesehen werden. Gegenüber der Monotherapie werden zwar höhere Remissionsraten von etwa 35% erreicht. Dies führt jedoch nicht zu einer Verbesserung der Prognose (mediane Überlebenszeit 8 Monate).
Jüngste Studien weisen darauf hin, dass der Einsatz des Antikörpers Cetuximab, der gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) gerichtet ist, die Ergebnisse der palliativen Chemotherapie verbessern kann (Lordick et al. 2009). Hierzu müssen weitere Studienergebnisse abgewartet werden. > Zusammenfassend sollten hepatisch metastasierte Plattenepithelkarzinome des Ösophagus nur bei jüngeren Patienten in gutem Allgemeinzustand oder bei hohem Remissionsdruck mit einer Kombinationschemotherapie behandeln. Ansonsten ist eine Monotherapie vorzuziehen. Eine Zweitlinientherapie ist nicht indiziert.
40.2.2
40
Adenokarzinome des Ösophagus und des Magens
Daten zur Chemotherapie bei Adenokarzinomen des Ösophagus sind in der Literatur sehr spärlich. Insbesondere in der jüngeren Literatur werden diese Tumoren in der Regel innerhalb von Studien mit fortgeschrittenen Magenkarzinomen behandelt. Die Chemotherapie bei Adenokarzinomen des Ösophagus entspricht daher der bei Adenokarzinomen des Magens. Vier randomisierte Studien belegen den Wert einer sofortigen Chemotherapie versus sog. Best Supportive Care (Wagner et al. 2006). Sie verlängert das Überleben bei besserer Lebensqualität. Die Kombinationschemotherapie ist bei Adenokarzinomen des Magens und der Ösophagus lange
etabliert, obwohl erst jüngere Studien bzw. eine Metaanalyse die Überlegenheit gegenüber einer Monotherapie hinsichtlich Progressionsfreiheit und Überleben belegen konnten (Wagner et al. 2006, 2010, Bouchet et al. 2004). Auf dem Boden von prospektiv randomisierten Studien ist heute eine Fülle von Kombinationstherapien evaluiert, die für die palliative Therapie zur Verfügung stehen. Die Grundlage dieser Kombinationen stellen Fluoropyrimidine (5-FU mit und ohne Folinsäure oder das orale Prodrug Capecitabin) und Platinderivate (Cisplatin oder Oxaliplatin) dar. Weitere aktive Substanzen sind Docetaxel, Irinotecan und möglicherweise Mitomycin. Die Raten objektiver Tumorrückbildung liegen mit 2er oder 3er Kombinationen dieser Substanzen zwischen 30% und 55%, die mediane Zeit bis zur Progression zwischen 5 und 7 Monaten und die medianen Überlebenszeiten zwischen 8 und 11 Monaten. Die Unterschiede ergeben sich dabei weniger aus dem verwendeten Therapieregime als vielmehr aus der Zusammensetzung der eingeschlossenen Patienten (bessere Ergebnisse vor allem in britischen Studien mit höherem Anteil an Patienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren). So wurden als Risikofaktoren für eine schlechte Prognose retrospektiv der Allgemeinzustand bei Therapiebeginn, eine Peritonealkarzinose und Leberfiliae ermittelt (Chau et al. 2004). Die Regime unterscheiden sich jedoch deutlich hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen (z.B. schwere Hämatotoxizität zwischen 10% und 80% aller Patienten). Welche Kombination in der palliativen Therapie gewählt wird, richtet sich daher nach den Begleiterkrankungen und Organeinschränkungen der Patienten und der Erfahrung des Behandlers. Adenokarzinome des Magens und des ösophago-gastralen Übergangs weisen bei etwa 20% der Patienten eine Überexpression von WachstumsfaktorRezeptoren der HER-Familie bzw. eine Amplifikation des her2-neu-Gens auf. Eine Phase III-Studie konnte belegen, dass für diese Patienten das Überleben signifikant verbessert wird, wenn eine Chemotherapie aus Cisplatin und einem Fluoropyrimidin mit dem Her2-Antikörper Trastuzumab kombiniert wird. Patienten mit Her-2 positiven Tumoren sollten daher eine palliative Chemotherapie aus Cisplatin/Fluoropyrimidin in Kombination mit Trastuzumab erhalten. Im Gegensatz zur Therapie anderer Karzinome des Gastrointestinaltraktes liegen nur wenige Daten vor, die den Wert einer Zweitlinientherapie bei diesen Tumoren belegen. Eine kleine randomisierte Studie aus Deutschland weist jedoch darauf hin, dass beim Magenkarzinom eine Zeitlinientherapie mit Irinotecan gegenüber alleiniger Supportivtherapie das Überleben nach cisplatinhaltiger Primärtherapie verlängert (Thuss-Patience et al. 2009).
397 40.3 · Behandlung von Lebermetastasen beim Mammakarzinom
Literatur Arnold D, Schmoll HJ (2004) Palliative Systemtherapie beim metastasierten Ösophaguskarzinom. Onkologe 10: 1202-1214 Bouchet O, Raoul JL, Bonnetain F, et al. (2004) Randomized multicenter phase II trial of a biweekly regimen of fluorouracil and leucovorin (LV5FU2), LV5FU2 plus cisplatin, or LV5FU2 plus irinotecan in patients with previously untreated metastatic gastric cancer: a federation francophone de cancerologie digestive group study – FFCD 9803. J Clin Oncol 22:4319-28 Chau I, Norman AR, Cunningham D, et al. (2004) Multivariate prognostic factor analysis in locally advanced and metastatic esophago-gastric cancer – pooled analysis from three multicenter, randomized, controlled trials using individual patient data. J Clin Oncol 22:2394-2403. Lordick F, Schuster T, Porschen R, et al. (2009) Cetuximab plus cisplatin-5-fluorouracil versus cisplatin-5-fluorouracil alone in first-line metastatic squamous cell carcinoma of the esophagus: a randomized phase II study of the Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie. Ann Oncol 20:1667-73 Thuss-Patience P, Kretzschmar A, Deist T, et al. (2009) Irinotecan versus best supportive care as second-line therapy in gastric cancer: A randomized phase III study of the Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO). J Clin Oncol (suppl.):211s, abstract 4540 Wagner A, Grothe W, Haerting J, et al. (2006) Chemotherapy in advanced gastric cancer: a systematic review and meta-analysis based on aggregate data. J Clin Oncol 24:2903-09 Wagner AD, Unverzagt S, Grothe W, et al (2010) Chemotherapy for advanced gastric cancer. Cochrane Database Syst Rev. Mar 17;3: CD004064.
40.3
Behandlung von Lebermetastasen beim Mammakarzinom
V. Heinemann, H.-J. Stemmler
40.3.1
Übersicht
Eine Lebermetastasierung wird bei mehr als 50% der Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom beobachtet und ist zumeist mit einer schlechten Prognose verbunden (Jardines et al. 1993). Nur 5-20% der Patientinnen zeigen schon bei Erstdiagnose der Metastasierung eine hepatische Tumormanifestation. Entsprechend stellt sich die Lebermetastasierung als ein eher spätes Ereignis dar und weitere Metastasen werden bereits in anderen Organen gefunden (Singletary et al. 2003). Eine isolierte hepatische Metastasierung ist daher eher selten (2–12%), sodass lokal wirksame, d.h. auf die Leber beschränkte Therapieverfahren lediglich für einen kleinen Teil der betroffenen Patientinnen infrage kommen (Wyld et al 2003). Die chirurgische Resektion und andere lokal ablative Verfahren stehen nur bei einer Oligometastasierung als sinnvolle Therapieoptionen zur Verfügung.
40.3.2
Systemische Therapie
> Bei der Mehrzahl der Patientinnen muss das metastasierte Mammakarzinom als systemische Erkrankung betrachtet werden. Entsprechend steht bei einer viszeralen Metastasierung zunächst die systemische Therapie im Vordergrund.
Endokrin sensitive Mammakarzinome sollen primär einer Hormontherapie mit Aromatasehemmern, Tamoxifen oder Tamoxifen zugeführt werden. Dies gilt insbesondere für asymptomatische und langsam progrediente Erkrankungen (Buzdar et al. 2001). Bei endokrin insensitiven oder hoch-symptomatischen Erkrankungen mit rascher Progressionskinetik werden primär Chemotherapien, meist Kombinationschemotherapien zum Einsatz gebracht. Grundsätzlich gilt, dass Trastuzumab beim HER2-positiven (Immunhistochemie 3+ oder FISH+) metastasierten Mammakarzinom möglichst frühzeitig in die Behandlung integriert werden sollte. Laut Zulassung kann Trastuzumab in der Erstlinientherapie des metastasierten Mammakarzinoms mit einem Taxan kombiniert werden (Slamon et al. 2001, Marty et al. 2005). Sobald eine Tumorkontrolle erreicht wurde, besteht die Möglichkeit einer Deeskalation mit dem Ziel der Nebenwirkungsminderung. Es wird dann von einer Kombinationstherapie zu einer Monochemotherapie, zu einer alleinigen Behandlung mit Trastuzumab oder zu einer Hormontherapie gewechselt.
40.3.3
Therapiestrategie bei isolierter Lebermetastasierung
Liegt eine isolierte hepatische Metastasierung vor, so ist die zugrunde liegende Progressionskinetik zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist unklar. Darüber hinaus besteht immer die Möglichkeit, dass zusätzlich zu den bildgebend sichtbaren hepatischen Raumforderungen eine subklinische hepatische oder extrahepatische Metastasierung besteht. Die diesbezügliche Diagnostik unter Einschluss von MRT- und PET-Untersuchungen ist sehr aufwändig und gerade bei kleineren Tumormanifestationen nur eingeschränkt sensitiv. ! Cave! Im Unterschied zum kolorektalen Karzinom ist beim Mammakarzinom die Wahrscheinlichkeit einer isolierten Organmetastasierung deutlich niedriger und die Progressionsgeschwindigkeit häufig höher. Wir empfehlen daher vor Einsatz eines lokoregionär gezielten Verfahrens zunächst einmal eine Phase der Systemtherapie, in der die Krankheitskontrolle nachgewiesen werden kann.
40
398
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
Die Dauer dieser systemischen Therapie ist nicht fest definiert, wir würden aber nach spätestens 3 Monaten eine Effektivitätskontrolle durchführen und damit die weitere Behandlungsstrategie definieren. Wird durch die systemische Therapie eine Krankheitsstabilisierung oder eine Remission erreicht, dann kann im interdisziplinären Konsil die Möglichkeit einer lokalen Intervention evaluiert werden. Umgekehrt raten wir bei eindeutig progredienter Erkrankung von einem lokoregionären Behandlungsansatz ab.
40.3.4
Prognose der hepatischen Metastasierung
> Unter den Metastasenlokalisationen ist die Lebermetastasierung mit der schlechtesten Prognose verbunden (Wyld et al. 2003, Ryberg et al. 2001).
In einer Analyse von 500 Patientinnen betrug das mediane Überleben 16,3 Monate und die 5-Jahres-Überlebensrate 8,5% (Pentheroudakis et al. 2005). In einer Multivariatenanalyse konnten Performance-Status und Anzahl der extrahepatischen Metastasierungsorte als unabhängige Prognosefaktoren identifiziert werden. Nur wenige Studien haben sich mit der Prognose von Brustkrebspatientinnen nach Lebermetastasenresektion beschäftigt. Angesichts der limitierten Daten sind die Aussagen z.T. widersprüchlich. Als prognostisch günstige Faktoren wurden ein normaler Performance-Status und normale Leberfunktionstests sowie ein langes Intervall zwischen Primärdiagnose und Auftreten der Lebermetastasierung und ein niedriges Krankheitsstadium bei Primärdiagnose identifiziert (Pocard et al. 2000). Während die Zahl und Größe der Lebermetastasen keinen eindeutigen Einfluss auf das Überleben hat, so war das Überleben nach kompletter (R0-) Resektion in der Analyse von Raab et al. deutlich länger als bei inkomplett (R1- oder R2 Resektion) resezierten Patienten (42 Monate vs 5 Monate) (Raab et al. 1998). In zwei Studien wurde nach Lebermetastasenresektion kein eindeutiger Zusammenhang zwischen extrahepatischer Metastasierung und Überleben gefunden (Raab et al. 1998, Selzner et al. 2000).
40.3.5
40
Diagnostik
Für die Diagnose einer isolierten hepatischen Metastasierung ist das Vorliegen einer CT-Untersuchung von Thorax und Abdomen unabdingbar. Bei unklaren Befunden kann im Einzelfall eine weiterführende Diagnostik mit kontrastmittelverstärktem MRT oder/und PET-CT not-
wendig werden. Suspekte Befunde müssen gegebenenfalls mithilfe einer Sonographie- oder CT-gesteuerten (Fein-) Nadelbiopsie abgeklärt werden. Unter den Leberfunktionstests gehören γ-Glutamyl-Transferase (GGT) und alkalische Phosphatase zu den am häufigsten erhöhten Enzymparametern (O’Reilly et al. 1990). Patientinnen mit einer frühen, auf die Leber beschränkten Metastasierung leiden typischerweise nicht unter Allgemeinsymptomen wie Gewichtsverlust oder einem reduzierten Allgemeinzustand. Die Diagnose wird deshalb meist eher zufällig im Rahmen einer Kontrolluntersuchung gestellt. Leiden Patientinnen unter solchen Symptomen (Gewichtsverlust, Schmerzen, Ikterus, Aszites), so ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vorliegen weiterer extrahepatischer Metastasen auszugehen. > Ein erstes Kriterium, das für eine Lokaltherapie sprechen kann, ist daher das Fehlen von Allgemeinsymptomen (Harris 2000).
40.3.6
Indikation für ein lokales Therapieverfahren
Die Indikation für ein lokales Therapieverfahren wird überwiegend bei isolierter hepatischer Metastasierung und Nachweis der Krankheitskontrolle gestellt. Die Zielvorstellung der lokalen Intervention besteht in einer möglichst vollständigen Entfernung der Lebermetastase. Allerdings werden in einigen Zentren aber auch solche Patientinnen akzeptiert, die zusätzlich zu der hepatischen Metastasierung eine klinisch kontrollierte extrahepatische Filiarisierung, z.B. eine Skelettmetastasierung, aufweisen.
40.3.7
Chirurgische Therapie
Nur wenige Patienten (1-3%) mit hepatischer Metastasierung kommen für eine chirurgische Resektion infrage (Selzner et al. 2000, Schneebaum et al. 1994). Eine chirurgische Resektion kann dann erwogen werden, wenn es sich um eine limitierte hepatische Metastasierung handelt, die aufgrund der Größe der Raumforderungen und ihrer topographischen Beziehung zu den Lebergefäßen mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand von mindestens 1 cm reseziert werden kann (Harris 2000). Im optimalen Fall liegt eine frühe Metastasierung mit einer solitären Raumforderung vor. Bei mehreren Herden sollten diese auf einen Leberlappen begrenzt sein.
40
399 40.3 · Behandlung von Lebermetastasen beim Mammakarzinom
Die bisher vorliegenden Daten zur Lebermetastasenresektion bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom müssen angesichts der meist kleinen Fallzahlen und bei Fehlen prospektiver randomisierter Untersuchungen als unzureichend betrachtet werden (⊡ Tab. 40.4). Grundsätzlich gilt die Lebermetastasenresektion als sicheres Verfahren. Durch die Verbesserung der Operationstechnik und Dank einer verbesserten postoperativen Therapie konnte die perioperative Mortalität auf 0-6% gesenkt werden. Die resezierten Patientinnen zeigten ein deutlich längeres medianes Überleben (27-63 Monate) und eine deutlich höhere 5-Jahres-Überlebensrate (18-61%) als üblicherweise bei einer ausschließlich systemischen Behandlung erwartet wird. Hier muss aber in Betracht gezogen werden, dass allein die Selektion der Patientinnen zu den vergleichsweise günstigen Überlebenszeiten beitragen kann. Wenngleich die Lebermetastasenresektion den Prinzipien eines kurativen Eingriffs folgt, so wird ein Rezidiv der Metastasierung doch bei der Mehrzahl der Patientinnen beobachtet (56-67%) (Selzner et al. 2000, Schneebaum et al. 1994, Elias et al. 2003, Yoshimoto et al. 2000). Ob durch die Kombination der Operation mit anderen regionalen Therapieverfahren (z.B. intraarterielle hepatische Chemotherapie, HAI; transarterielle Chemoembolisation, TACE) die Prognose der Patientinnen weiter verbessert werden kann, müssen klinische Studien in der Zukunft beantworten.
Indikationen für eine Resektion von Lebermetastasen (Elias et al. 2003) ▬ Wahrscheinlichkeit der R0-Resektion mit einem Sicherheitsabstand von 1 cm
▬ Auf einen Leberlappen limitierte Metastasierung ▬ Ausschluss einer extrahepatischen Metastasierung (außer kontrollierte Skelettmetastasen)
▬ Nachweis der Tumorkontrolle im Rahmen einer systemischen Therapie
▬ Niedriges Operationsrisiko
40.3.8
Alternative lokoregionäre Therapieverfahren
Die chirurgische Resektion ist sicherlich das am besten untersuchte und damit etablierte Verfahren bei limitierter hepatischer Metastasierung. Sie ist allerdings nur eingeschränkt einsetzbar bei älteren Patienten und solchen mit eingeschränktem Allgemeinzustand. Gerade für diese Patienten stellen alternative Ablationsverfahren eine sinnvolle therapeutische Option dar.
⊡ Tab. 40.4 Ergebnisse der Resektion von Lebermetastasen beim Mammakarzinom Referenz
n
Mortalität
Medianes Überleben (Monate)
5-JahresÜberleben (%)
Raab 1998
35
3
27
18
Seifert 1999
34
0
41
22
Selzner 2000
17
6
k.A.
22
Pocard 2000
52
0
42
65 (3-J-ÜL)
Yoshimoto 2000
25
0
34
27
Carlini 2002
17
0
k.A.
46
Elias 2003
54
0
34
34
Sakamoto 2005
34
0
36
21
Vlastos 2004
31
0
63
61
k.A. keine Angabe
Lokoregionäre Verfahren zur Therapie isolierter Lebermetastasen:
▬ Radiofrequenzablation (RFA) ▬ Laser-induzierte interstitielle Thermotherapie (LITT) Kontrollierte Studien zur Effektivität der RFA oder LITT beim metastasierten Mammakarzinom sind rar, sodass überwiegend kasuistische Berichte zu diesen Techniken vorliegen. Vergleichende Untersuchungen, die RFA oder LITT einer chirurgischen Intervention oder einer systemischen Therapie gegenüberstellen, liegen gleichfalls nicht vor. Gleichwohl haben RFA und LITT aufgrund der Effektivität, der Verfügbarkeit und der geringen Invasivität gerade beim metastasierten Mammakarzinom erheblich an Bedeutung gewonnen und werden vielerorts einer chirurgischen Intervention vorgezogen.
Radiofrequenzablation (RFA) Im Rahmen der RFA wird durch ein Hochfrequenzfeld eine gezielte Erhitzung der Lebermetastase induziert, die zu einer Koagulationsnekrose führt (Helmberger et al. 2001). Die perkutane Thermokoagulation wird ultraschall- oder CT-gesteuert durchgeführt. Voraussetzungen sind punktierbare Läsionen, die idealerweise weniger als 3 cm im Durchmesser messen. Die Technik gilt als sicher, jedoch sind bisher nur Ergebnisse zum primären Leberzellkarzinom bzw. zu Metastasen des kolorektalen Karzinoms publiziert (Livraghi et al. 2001). Im Vergleich zur Operation waren die Autoren einig, dass die RFA weniger invasiv zu bewerten ist. In Einzelfällen wurden
400
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
in der von Allgaier et al. publizierten Arbeit Patienten mit Lebermetastasen nach erfolgter RFA nachreseziert (Allgaier et al. 1998). Hierbei zeigte sich bei 80-90% eine histopathologische Nekrose der thermoabladierten Herde. Shibata et al. zeigten bei Patienten mit kolorektalem Karzinom, dass das mediane Überleben nach RFA im Vergleich zur Operation nicht signifikant unterschiedlich war (medianes Überleben: 27 vs. 25 Monate) (Shibata et al. 2000). Bisherige Publikationen zum Mammakarzinom sind anekdotenhaft, jedoch erscheint die RFA im Rahmen multimodaler Konzepte als eine sinnvolle Therapieoption. Der konkrete Stellenwert dieses Verfahrens muss in prospektiven klinischen Studien evaluiert werden.
Laserinduzierte interstitielle Thermotherapie (LITT) Perkutaner Zugang, ambulante Durchführbarkeit in Lokalanästhesie gepaart mit einer hohen lokalen Tumorkontrolle bilden die Basis der LITT (Vogl et al. 1999). Diese photothermische Therapie benutzt Laserlicht unterschiedlicher Wellenlänge, durch welches dann eine Koagulation des Tumorgewebes erreicht werden kann. Die zeitgleich durchgeführte MRT ermöglicht eine exakte Positionierung der Applikatoren sowie auch eine Echtzeitüberwachung der Therapie. Die Arbeitsgruppe um Vogl et al. hat die größte Serie von Patienten mit metastasierten Mammakarzinomen behandelt und publiziert (Mack et al. 2004). Insgesamt wurden 232 Patientinnen in einer retrospektiven Analyse zusammengefasst. Fünf Einschlusskriterien wurden beachtet: 1. Rezidiv einer Lebermetastasierung nach partieller Leberresektion (8,2%) 2. Metastasen in beiden Leberlappen (45,2%) 3. Lokal nicht resektable Tumoren (19%) 4. Kontraindikationen gegen eine Operation (2,6%) 5. Ablehnung der Operation durch die Patientin (25%)
40
Die Lebermetastasen durften einen maximalen Durchmesser von 5 cm sowie eine maximale Anzahl von 5 nicht überschreiten. Alle Patientinnen erhielten eine systemische Chemotherapie und 31% der Patientinnen hatten klinisch kontrollierte Knochenmetastasen. Nach 6 Monaten betrug die Lokalrezidivrate weniger als 5% und das mediane Überleben der mit LITT behandelten Patientinnen lag bei 4,3 Jahren (vom Zeitpunkt der LITT an gerechnet). Die 5-Jahres-Überlebensrate war mit 41% überraschend hoch (Mack et al. 2004). Nach den bislang verfügbaren Daten scheint die LITT für ein entsprechend selektioniertes Patientengut eine Alternative zur Operation zu sein. Verglichen mit den medianen Überlebenszeiten nach Resektion scheinen sich ähnliche Ergebnisse abzuzeichnen (⊡ Tab. 40.5).
⊡ Tab. 40.5 Ergebnisse der LITT beim hepatisch metastasierten Mammakarzinom Referenz
n
Mortalität
Medianes Überleben (Monate)
5-JahresÜberleben (%)
Mack 2004
232
0
52
41
Neue Optionen einer lokoregionären Strahlentherapie Neue Methoden der Bestrahlung, z.B. unter Zuhilfenahme der Cyberknife-Technologie, ermöglichen eine fokussierte Bestrahlung einzelner Lebermetastasen. Eine weitere Form der lokoregionären Strahlentherapie stellt die SIRT (selective internal radiation therapy) dar. Hierbei handelt es sich um eine intraarterielle Applikation von Yttrium90 markierten Mikrosphären (Popperl et al. 2005). Beide Verfahren befinden sich in der Erprobung und sind bisher nicht Teil eines etablierten, allgemein verfügbaren Vorgehens. Gleichwohl erweitern sie das Spektrum der verfügbaren Therapieoptionen und versprechen, auch beim hepatisch metastasierten Mammakarzinom effektiv zu sein.
40.3.9
Zusammenfassung
Die Patientenselektion spielt eine entscheidende Rolle in der Interpretation der therapeutischen Ergebnisse, die mittels lokoregionärer Verfahren bei oligometastatischem Mammakarzinom erreicht werden. Die wenigen verfügbaren Untersuchungen sind ohne Zweifel vielversprechend und weisen darauf hin, dass einzelne Patienten von lokoregionären Verfahren mit prolongierter Krankheitsfreiheit profitieren können. Inwieweit Selektion oder Intervention an dem therapeutischen Ergebnis beteiligt ist, lässt sich ohne randomisierte vergleichende Untersuchungen nicht feststellen.
Literatur Allgaier HP, Deibert P, Zuber I, Blum HE (1998) Perkutane Behandlung von Lebertumoren durch interstitielle Radio-Frequenz-Thermoablation. Dt med Wschr 123: 907-911 Buzdar A. Endocrine therapy in the treatment of metastatic breast cancer. Semin Oncol 28: 291-304, 2001 Carlini M, Lonardo MT, Carboni F et al. (2002) Liver metastases from breast cancer. Results of surgical resection. Hepatogastroenterology 49: 1597-1601 Elias D, Maisonnette F, Druet-Cabanac M, et al. (2003) An attempt to clarify indications for hepatectomy for liver metastases from breast cancer. Am J Surg 185: 158-164 Harris JR (ed.) (2000) Diseases of the breast. 2nd ed. Lippincott Williams&Wilkins, Philadelphia (pp 907)
401 40.4 · Systemische Therapie des Lungenkarzinoms
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40.4
Systemische Therapie des Lungenkarzinoms
M. Wolf
40.4.1
Übersicht
Bei Patienten mit metastasiertem Lungenkarzinom liegt eine in der Regel inkurable Krankheitssituation vor. Bei vorhandener Lebermetastasierung besteht die Indikation zur Durchführung einer systemischen Chemotherapie. Lokale Therapieverfahren wie Resektion von solitären Metastasen oder interventionelle ablative Behandlungsmöglichkeiten sind bei Lungentumorpatienten nicht ausreichend geprüft. Sie kommen aufgrund der zumeist doch multiplen Metastasierung und der raschen Progredienz der Erkrankung in der weit überwiegenden Anzahl der Patienten nicht in Betracht. Die Therapie der Wahl besteht in der Gabe einer systemischen Chemotherapie. Die Behandlungsmöglichkeiten der systemischen Therapie sind in der Folge dargestellt.
40.4.2
Best Supportive Care (BSC) vs. Kombinationschemotherapie und BSC
Die Durchführung einer Chemotherapie verbessert die Prognose der Patienten im Vergleich zu einem Best Supportive Care-Vorgehen. In die 1995 publizierte Metaanalyse eingeschlossen waren 11 Studien, darunter 8 mit einer cisplatinbasierten Kombinationschemotherapie (778 Patienten). In den Studien mit cisplatinbasierter Kombination belegt die Metaanalyse eine signifikante Verbesserung der Überlebenszeit im Vergleich zu BSC (HR 0,73; p<0,0001) (BMJ 1995). Dies zeigt auch eine randomisierte Phase IIIStudie (725 Patienten) im Vergleich von 4 verschiedenen cisplatinbasierten Chemotherapieregimen gegenüber BSC (HR 0,77; p=0,0006) (Spiro 2004).Somit sollte bei Patienten im Stadium IIIB/IV eine Chemotherapie zur Verbesserung der Überlebenszeit, der Krankheitskontrolle und der Lebensqualität durchgeführt werden.
40
402
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
40.4.3
Platinfreie versus platinhaltige Kombinationschemotherapie
Die Frage des Stellenwerts einer platinfreien Kombinationstherapie gegenüber einer platinhaltigen Kombinationstherapie wurde in einer Meta-Analyse, die 37 Studien mit 7.633 Patienten einschloss untersucht (d’Addario 2005). Hinsichtlich der Ansprechrate und des Überlebens konnte ein statistisch signifikanter Vorteil für die Platin-Kombinationstherapie gegenüber platinfreien Kombinationen gezeigt werden (Ansprechrate: OR 1,62; 95% CI, 1,46 bis 1,8; p<0,0001; Überleben: OR 1,21; 95% CI, 1,09 bis 1,35; p<0,0003). In einer Subgruppe, in der die platinfreien Kombinationen ausschließlich aus Drittgenerationszytostatik bestanden, ergab sich ein signifikanter Vorteil hinsichtlich des Ansprechens, nicht aber des Überlebens für die Platin-Kombinationen (Ansprechen: OR 1.17; 95% CI, 1,01 bis 1,36; p=0,042, Überleben: OR 1,11; 95% CI, 0,96 bis 1,28; p=0,17). > Demgemäß ist die Behandlung der Wahl eine platinbasierte Kombinationstherapie. Bei Kontraindikationen gegen eine platinhaltige Chemotherapie kann eine platinfreie III. Generationskombinationstherapie empfohlen werden.
40.4.4
Cisplatin versus Carboplatin in der Kombinationschemotherapie
Ardizzoni et al (2008) führte eine Metaanalyse zum Vergleich cisplatin- versus carboplatinbasierte Chemotherapie im Stadium IV NSCLC durch. Hier wurden alle Studien eingeschlossen, die einen direkten Kopf-zuKopf-Vergleich zwischen Cisplatin und Carboplatin mit gleichem Kombinationspartner durchgeführt hatten. Die Studie zeigte insgesamt eine höhere Remissionsrate unter Cisplatin (30% vs. 24%, p< 0.001), einen geringen nicht signifikanten Überlebensvorteil für die cisplatinbehandelten Patienten mit einem Median von 9,1 versus 8,4 Monaten (p=0,10) und einem 1-Jahres-Überleben von 37 versus 34%. In den Subgruppenanalysen waren signifikante Vorteile für das cisplatinhaltige Vorgehen bei Patienten mit Adenokarzinomen und bei Patienten im Stadium IIIb und bei Wahl einer Drittgenerationschemotherapie (p<0,05) nachweisbar.
40
> Die Metaanalysen belegen, dass Cisplatin im Vergleich zu Carboplatin in der Kombinationstherapie mit einer weiteren Substanz zu einer signifikant höheren Remissionsrate führt und bei Kombination mit Gemcitabin, Taxan oder Vinorelbin auch die
Überlebenszeit signifikant länger ist. Daher wird in der Erstlinientherapie bei Patienten ohne ausschließende Komorbidität die Behandlung mit Cisplatin empfohlen. Bei relevanter Komorbidität (Herzinsuffizienz; Niereninsuffizienz) sollte Carboplatin bevorzugt werden.
40.4.5
Auswahl des Platinkombinationspartners
Die von Schiller at al (2002) publizierte Studie der ECOG hat die Kombination Cisplatin/Paclitaxel mit den Kombinationen Cisplatin/Gemcitabin, Cisplatin/Docetaxel oder Carboplatin/Paclitaxel verglichen. Insgesamt wurden 1.207 Patienten rekrutiert. Die günstigste progressionsfreie Überlebenszeit war beim Cisplatin/Gemcitabin-Ansatz zu beobachten. Die Gesamtüberlebenszeiten der vier Chemotherapien unterschieden sich jedoch weder in den medianen Überlebenszeiten (7,4-8,1 Monate) noch in den 1-Jahres-Überlebensraten (31% bis 36%). Insgesamt konnte diese Studie keine Unterschiede in der Aktivität der neuen Chemotherapiemedikamente in Kombination mit Cisplatin beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom dokumentieren. Die in der ECOG-Studie nicht berücksichtigte Kombination Cisplatin/Vinorelbin ist in der italienischen Untersuchung von Scagliotto mit den beiden häufig eingesetzten Kombinationen Cisplatin/Gemcitabin und Carboplatin/Paclitaxel verglichen worden. Insgesamt wurden 612 Patienten aufgenommen. Die Remissionsraten lagen für alle drei Ansätze im Bereich von 30%. Die medianen Überlebenszeiten lagen einheitlich zwischen 9,5 und 9,9 Monaten. Es wurde eine erhöhte Neutropenierate im Vinorelbine-Arm und eine erhöhte Thrombozytopenierate im Gemcitabine-Arm beobachtet. Die Effektivität der Chemotherapiekombination war gleich. In der Studie von Ohe et al (2007) erhielten insgesamt 602 Patienten eine von vier Therapieregimen bestehend aus Carboplatin/Paclitaxel oder Cisplatin/Gemcitabine oder Cisplatin/Vinorelbine oder Irinotecan/Cisplatin. Die Studienergebnisse zeigten für alle vier Kombinationen Remissionsraten von etwa 30 bis 33%. Die medianen Überlebenszeiten waren im Cisplatin/Gemcitabine-Arm und im Irinotecan/Cisplatin-Arm mit 14,8 bzw. 14,2 Monaten außergewöhnlich gut. Für Carboplatin/Taxol lagen sie bei 12,3 und für Cisplatin/Navelbine bei 11,4 Monaten. Auch die 1-Jahres-Überlebensrate war in den beiden Armen mit Gemcitabine und Irinotecan mit knapp 60% höher als in den Carbo-Taxol- bzw. Navelbine-CisplatinTherapien mit etwa 50% (⊡ Tab. 40.6).
403 40.4 · Systemische Therapie des Lungenkarzinoms
⊡ Tab. 40.6 NSCLC, Stadium IIIB/IV: Vergleich häufig eingesetzter Chemotherapiekombinationen Autor
N (IIIB/IV)
Therapie
RR
MÜZ
1-JÜR
Ergebnis
Schiller
1207 (13/87%)
A: PT B:PG C:PD D:CT
21% 22% 17% 17%
7.8 8.1 7.4 8.1
31% 36% 31% 35%
Kein Unterschied
Scagliotto
612 (19/81%)
A:PG B:CT C:PN
n.a. n.a. n.a.
9.8 9.9 9.5
n.a. n.a. n.a.
Kein Unterschied
Ohe
602
A:CT B:PG C:PN D:PI
12.3 14.8 11.4 14.2
50% 60% 50% 60%
Kein sig. Unterschied
PT=Cisplatin/Paclitaxel, PG=Cisplatin/Gemcitabin, PD=Cisplatin/Docetaxel, CT=Carbo-platin/Paclitaxel, PN=Cisplatin/Vinorelbin
Diese Studienergebnisse belegen, dass keine größeren therapeutischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Drittgenerationschemotherapeutika in Kombination mit Platin zu erwarten sind und in den Untersuchungen nicht nachgewiesen werden konnte.
40.4.6
Histologie als Selektionskriterium zur Wahl der Chemotherapie
Eine unterschiedliche Aktivität eines Zytostatikums bei verschiedenen histologischen Untergruppen eines nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms wurde erstmals in der Studie von Scagliotti et al (2008) gefunden. Hier wurde die Kombination Cisplatin 75 mg/m2 Tag 1 plus Pemetrexed 500 mg/m2 Tag 1 gegen Cisplatin 75 mg/m2 Tag 1 plus Gemcitabin 1.250 mg/m2 Tag 1 und 8 verglichen. In diese Studie wurden insgesamt 1.725 Patienten eingeschlossen, wobei die wesentlichen Prognoseparameter sehr gut ausgeglichen waren. Der Frauenanteil betrug 30%, der der Niemalsraucher etwa 15% in beiden Therapiearmen. Im Pemetrexed-Arm lagen in 51% der Fälle im Gemcitabin-Arm 48% Adenokarzinome vor. Der Plattenepithelkarzinomanteil betrug 28 versus 26%. Für die Gesamtgruppe der Patienten ergab sich weder im Ansprechen noch im Überleben ein Unterschied. Die Remissionsrate betrug 30 versus 28%, das progressionsfreie Überleben für Pemetrexed 4,8 und für Gemcitabin 5,1 Monate. Auch das Gesamtüberleben war für die Gesamtgruppe mit einem medianen Überleben von 10,3 Monaten vollkommen identisch. Bei Adenokarzinomen oder großzelligen Karzinomen war eine geringe Verlängerung des progressionsfreien Überlebens im Pemetrex-
ed-Arm mit 5,3 versus 4,7 Monaten zu beobachten. Der Unterschied war nicht statistisch signifikant. Im Gesamtüberleben zeigte sich allerdings ein etwas größerer Vorteil für den Pemetrexed-Arm mit 11,8 versus 10,4 Monaten und eine hazard ratio von 0,8. Umgekehrt waren die Ergebnisse bei den Plattenepithelkarzinompatienten. Hier betrugen die medianen Überlebenszeiten 9,4 versus 10,8 Monate mit einem signifikanten Überlebensvorteil für den gemcitabinhaltigen Arm. Diese Studie hat somit erstmals einen Wirksamkeitsunterschied für Medikamente bei verschiedenen Histologien nahegelegt. > Pemetrexed ist somit besonders bei Nichtplattenepithelkarzinomen wirksam und hier sowohl als Erst- wie auch als Zweitlinie für diese Untergruppe zugelassen.
40.4.7
Biologisch zielgerichtete Therapien
Antiangionese Eine VEGF-zielgerichtete Therapie wurde in der Studie von Sandler et al (2005) bei Patienten mit Nichtplattenepithelkarzinomhistologien und ohne vorangegangene Hämoptoe geprüft. Insgesamt 878 Patienten wurden randomisiert auf 6 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel, alleine oder dieselbe Chemotherapie plus Bevacizumab 15/ kg KG alle drei Wochen. Bei insgesamt 855 auswertbaren Patienten wiesen 13% ein Stadium IIIb auf, im alleinigen ChemotherapieAnsatz waren 58% Männer versus 50% im Bevacizumab plus Chemotherapie-Ansatz. Die Auswertung der Studie zeigt im progressionsfreien Überleben eine Verlängerung
40
404
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
des Medians durch die Bevacizumab-Therapie von 4,5 auf 6,4 Monate. Die Rate der nach zwölf Monaten noch progressionsfreien Patienten betrug 14,6 versus 6,4%. Die mediane Überlebenszeit wurde von 10,2 auf 12,5 Monate verlängert, das 1-Jahres-Überleben von 43,7 auf 51,9% erhöht. Der Vorteil der Bevacizumab-Therapie war in nahezu allen Patientengruppen mit Ausnahme des weiblichen Geschlechtes nachweisbar. Wesentliche Nebenwirkungen der Therapie waren Blutungen. Insgesamt trat eine WHO-Grad III oder IV Blutungstoxizität in 19 Fällen und somit bei 4,5% der Patienten auf. In der Kontrollgruppe war dies nun nur in drei Fällen (0,7%) der Fall. Der Grad an Hämoptoe war gering mit 8 Fällen unter Bevacizumab im Vergleich zu einem Fall unter alleiniger Chemotherapie. Die zweite wesentliche Nebenwirkung ist die Entwicklung einer Hypertonie. Diese wurde bei 25 Patienten (6%) beobachtet im Vergleich zu nur 3 Patienten im Kontrollkollektiv. Venöse und arterielle Thrombosen waren nicht signifikant unterschiedlich zwischen beiden Therapiearmen. Auf der ASCO-Tagung 2007 wurden die Daten der europäischen Bestätigungsstudie AVAIL vorgestellt. Manegold et al schlossen insgesamt 1.043 Patienten ein. Die Randomisation erfolgte auf eine einheitliche Chemotherapie mit Cisplatin und Gemcitabin plus Placebo oder Bevacizumab 7,5 mg/kg Körpergewicht versus 15 mg/ kg Körpergewicht in dreiwöchentlichen Intervallen. Die Bevacizumab-Therapie bzw. die Placebogabe sollte auch nach Abschluss der sechszyklischen Chemotherapie bis zur Progression weitergeführt werden. In den progressionsfreien Überlebenszeiten zeigte sich ein signifikanter Vorteil für die Bevacizumab-Therapie. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug im Placeboarm 6,1 Monate und in den beiden Bevazizumab-Armen 6,7 bzw. 6,5 Monate. Insgesamt sind die Unterschiede somit zahlenmäßig nur gering, der statistische P-Wert betrug jedoch für die 7,5 mg-Dosierung 0,0026 und für die 15 mg-Dosierung 0,03. Die Rate der Blutungsereignisse war unter Bevazizumab gering erhöht. Insgesamt zeigten sich pulmonale Blutungen bei 5% der Patienten im Placeboarm, bei 7% der Patienten im niedrig dosierten Bevazizumab-Arm und in 10% der Patienten im höher dosierten Bevazizumab-Arm. Die Anzahl der fatalen pulmonalen Blutungen betrug 1 im Placeboarm und 4 bzw. 3 in den Bevazizumab-Armen. Insgesamt war die Therapie jedoch subjektiv gut verträglich und die Nebenwirkungsrate gering.
40
> Beide Studien belegen, dass Bevacizumab zu einer signifikanten Erhöhung der Remissionsrate und zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens führt. Die Studie von
Sandler konnte erstmals auch einen signifikanten Überlebensvorteil für ein Biological in der Erstlinie nachweisen, die Überlebenszeit-Analyse der AVAILStudie zeigt allerdings keinen signifikanten Unterschied.
EGFR-gerichtete Therapien EGFR-Thyrosinkinaseinhibitoren sind in der Erstlinienbehandlung in 4 großen randomisierten Studien in Kombination mit Chemotherapie gegen Chemotherapie alleine getestet worden. In keiner dieser Studien konnte durch die Zugabe des EGFR-TKI eine Prognoseverbesserung erreicht werden. Als Beispiel sei hier die TRIBUTE-Studie von Herbst et al 2005 näher beschrieben. Hier wurden insgesamt 1.059 Patienten eingeschlossen und primär auf eine Chemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel + Erlotinib 150 mg/Tag oder Placebo randomisiert. Bei fehlender Progression wurde eine Therapieerhaltung mit Erlotinib/Placebo auch über das Therapieende der sechs Zyklen hinaus vorgenommen. Für die Gesamtgruppe ließ sich kein Vorteil im Überleben nachweisen mit medianen Überlebenszeiten von 10,6 versus 10,5 Monaten und eine Einjahresüberlebensrate von 46,9 versus 43,8%. Sehr interessant ist die Subgruppenanalyse in der Patientengruppe, die nie geraucht haben. Dies betrifft 72 Patienten im Erlotinib- und 44 Patienten im Placebo-Arm. Hier betrug die mittlere Überlebenszeit im Erlotinib-Arm 22,5 Monate im Vergleich zu 10,1 Monaten bei Placebo-Therapie. Dies sind für die Nichtrauchergruppe sicherlich mit die besten publizierten Überlebensdaten in der Erstlinientherapie des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms. Kein anderer Prognoseparameter konnte einen Überlebensvorteil für Erlotinib in einer weiteren Subgruppe identifizieren. Möglicherweise könnten somit Nichtraucher eine Patientengruppe darstellen, die auch in der Primärtherapie von einer EGFR-TKI-Behandlung profitieren. Dies sollte jedoch im Rahmen einer prospektiven Untersuchung geprüft werden. Andere Parameter einschließlich tumorbiologischer Merkmale wie EGFR-Überexpression, erhöhte Genkopienzahl mittels FISH- oder EGFR-Mutationsanalytik sind bisher nicht geeignet, Patienten für eine EGFR-TKITherapie zu selektionieren. Eine EGFR zielgerichtete Therapie ist auch über die Anwendung des EGFR-Antikörpers Cetuximab möglich. Von Rosell et al 2008 wurde im Rahmen der LUKASStudie Cisplatin/Vinorelbine alleine oder in Kombination mit Cetuximab in der Erstlinienbehandlung untersucht. In diese Studie wurden 86 Patienten aufgenommen. Die Remissionsrate war 28 versus 35% zugunsten des cetuximabhaltigen Armes. Auch das progressionsfreie Überleben war mit 4,6 versus 5,0 Monaten im Cetuximab-
405 40.4 · Systemische Therapie des Lungenkarzinoms
Arm verlängert ebenso wie die mediane Überlebenszeit mit 7,3 versus 8,3 Monaten. Die auf diesen Ergebnissen aufbauende FLEX Studie von Pirker et al 2008 bei 1.125 Patienten verglich eine alleinige Chemotherapie mit Cisplatin und Vinorelbin gegen dieselbe Chemotherapie plus Cetuximab. Aufgenommen wurden alle histologischen Subtypen sowie die Stadien IIIb nicht bestrahlungsfähig und IV. Voraussetzung war eine EGFR-Expression mittels Immunhistochemie. Die wichtigen Prognoseparameter waren gut balanciert zwischen beiden Armen. 94% hatten ein Stadium IV, 46 versus 49% ein Adenokarzinom und 34 versus 33% ein Plattenepithelkarzinom. 85% der Patienten waren kaukasischer Herkunft, 11% asiatischer. Nach Abschluss der Chemotherapie erhielten die Patienten im Cetuximab-Arm das Medikament als Erhaltungsbehandlung. Es wurde im Median über 18 Wochen eine Erhaltungstherapie durchgeführt. 80% der für eine Erhaltungstherapie geeigneten Patienten erhielten Cetuximab. Nach Ende der Erstlinienbehandlung wurde eine Zweitlinienbehandlung im Cetuximab-Arm bei 54% der Patienten und im Chemotherapiearm bei 61% der Patienten durchgeführt. Der Anteil der Patienten mit Zweitlinienchemotherapie betrug 43% im CetuximabArm und 40% im Chemotherapiearm. Eine nochmalige EGFR-Tyhrosinkinaseinhibitortherapie wurde bei 17% im Cetuximab-Arm und 27% im Chemotherapie-Arm durchgeführt. Die Studie hatte als primären Endpunkt das Gesamtüberleben. Hier zeigte sich für das Gesamtkollektiv ein signifikanter Überlebensvorteil mit einem medianen Überleben von 11,3 versus 10,1 Monaten und einem Einjahresüberleben von 47 versus 42%. Die hazard ratio betrug 0,87 und der p-Wert 0,044. Interessant waren die Wirksamkeitsunterschiede zwischen kaukasischen und asiatischen Patienten. Asiatische Patienten hatten zu einem wesentlich höheren Anteil Adenokarzinome (72 versus 44%), waren zu einem höheren Anteil weiblich (46 versus 27%) und Niemalsraucher (52 versus 17%). Eine Zweitlinien-EGFR-Thyrosinkinaseinhibitortherapie wurde bei 61% der asiatischen Patienten und bei nur 17% der kaukasischen Patienten durchgeführt. Insgesamt wiesen die asiatischen Patienten ein hoch besseres Überleben mit einem Median von 19,5 Monaten im Vergleich zu nur 9,6 Monaten für die kaukasischen Patienten auf. Der Studienvergleich in der asiatischen Patientengruppe zeigte keinen Vorteil für die Cetuximabgabe. Hier war das Überleben im alleinigen Chemotherapie-Arm mit 20,4 Monaten versus 17,6 Monaten eher besser. Für die kaukasischen Patienten war der Vorteil im Cetuximab-Arm deutlicher ausgeprägt als in der Gesamtgruppe. Hier betrugen die medianen Überlebenszeiten 10,5 versus 9,1 Monate. In der kaukasischen
Gruppe fand sich auch ein Vorteil bei Adenokarzinomen mit einem Median von 12,0 versus 10,3 Monaten und bei Plattenepithelkarzinomen mit 10,2 versus 8,9 Monaten. Zu bedenken bei der Studie ist, dass das progressionsfreie Überleben in beiden Therapiearmen absolut identisch mit 4,8 Monaten war. Die Nebenwirkungsrate unter der Hinzugabe von Cetuximab zeigte eine etwas höhere Rate an febriler Neutropenie mit 22 versus 15% und die typischen akneartigen Hautveränderungen mit einem Auftreten von 10% im WHO-Grad III und IV. Einen ähnlichen Studienansatz verfolgte die Untersuchung von Lynch et al 2007. Hier wurde als primäre Chemotherapie Carboplatin/Paclitaxel eingesetzt und es erfolgte eine Randomisation auf die Gabe von Cetuximab oder keine zusätzliche Therapie. Der primäre Endpunkt war hier das progressionsfreie Überleben. Es wurden insgesamt 667 Patienten eingeschlossen. Hier zeigte die Analyse des progressionsfreien Überlebens keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Therapiearmen. Im alleinigen Carbo/Platin/Paclitaxel-Arm betrug die progressionsfreie Überlebenszeit 4,2 Monate, im Therapie-Arm mit Cetuximab 4,4 Monate. Die Überlebenszeitanalyse aus dieser Studie steht noch aus. > Somit zeigt sich in den beiden großen Studien mit Cetuximab in der »first-line« jeweils keine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens. Die FLEX-Studie konnte allerdings einen signifikanten Überlebensvorteil erzielen. Dieser betrug für die Gesamtgruppe 1,2 Monate und die HR lag bei 0,9. FLEX ist somit neben der Studie von Sandler zur Wirksamkeit von Bevacizumab die zweite Studie, die einen signifikanten Überlebensvorteil für ein Biological in der Erstlinienbehandlung nachweisen konnte.
40.4.8
Dauer der Erstlinientherapie
In zwei randomisierten Studien wurde die Zeitdauer der Chemotherapie geprüft. Die Studie von Smith et al 2001 verglich 3 versus 6 Zyklen Mitomycin/Vinblastin/Cisplatin. Ein Unterschied wurde nicht festgestellt (MÜZ 6 versus 7 Monate; p=0,2); allerdings erhielten im VergleichsArm nur 31% der Patienten 6 Zyklen Chemotherapie In einer weiteren Studie von Socinski et al 2002 wurde die Gabe von 4 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel versus fortlaufender Gabe von Carboplatin/Paclitaxel bis zur Erkrankungsprogression geprüft. Im Falle der Erkrankungsprogression wurde in beiden Armen auf eine wöchentliche Gabe von Paclitaxel umgestellt. Weder für die Überlebenszeit noch Lebensqualität konnte die Überlegenheit eines Therapiearmes nachgewiesen werden.
40
406
Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
> Aus beiden Studien kann gefolgert werden, dass eine über 4-6 Chemotherapiezyklen hinaus gehende Behandlung in der Erstlinientherapie weder hinsichtlich der Überlebenszeit, noch hinsichtlich der Lebensqualität Vorteile bringt.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Arbeit von Park et al (2008). Insgesamt 452 Patienten erhielten initial zwei Zyklen einer cisplatinhaltigen Doublette. Progrediente Patienten wurden nicht weiter behandelt, bei Krankheitsstabilisierung erfolgte eine Randomisation auf entweder 4 oder 2 weitere Zyklen derselben Chemotherapie. Die Studie hat somit eine Therapiedauer von 4 versus 6 Zyklen bei Patienten mit zumindest keiner Änderung nach zwei Behandlungen verglichen. Bezüglich der progressionsfreien Überlebenszeit zeigte sich ein signifikanter Vorteil für die sechszyklische Chemotherapie mit 4,6 versus 6,2 Monaten und einer Rate an Rezidivfreiheit nach sechs Monaten von 52 versus 32%. Hinsichtlich des Gesamtüberlebens zeigte sich kein Unterschied zwischen den Therapiearmen. Die mediane Überlebenszeit betrug 14,9 versus 15,9 Monate und das Zweijahresüberleben 30,7 versus 32,1%. > Diese Studie hat somit noch einmal unterstrichen, dass vier Zyklen Chemotherapie einer längeren Behandlung hinsichtlich des Überlebens nicht unterlegen ist.
40
Neu in Diskussion geraten ist die Durchführung einer konsolidierenden Chemotherapie bei Remission nach Induktionsbehandlung. Fidias et al 2007 führten zunächst bei allen Patienten mit Stadium IIIb/IV NSCLC eine Erstlinientherapie mit Carboplatin und Gemcitabin über vier Zyklen durch. Nichtprogrediente Patienten wurden dann randomisiert auf eine sofortige Weitertherapie mit Docetaxel 75 mg/m2 Tag 1 über maximal 6 Zyklen oder zunächst ein abwartendes Verhalten und Wiedereinleitung einer Chemotherapie mit Docetaxel erst bei Progression der Erkrankung. Von insgesamt 552 eingeschlossenen Patienten wurden 307 auf die sofortige Weiterbehandlung oder das abwartende Verhalten randomisiert. Sofort behandelt wurden 142 von 153 Patienten. Im Beobachtungsarm erhielten allerdings nur 91 Patienten im weiteren Verlauf bei Progression eine Chemotherapie. Die übrigen 63 Patienten erhielten überhaupt keine weitere Therapie. Von daher mag es nicht sehr verwundern, dass die Ergebnisse dieser Studie einen signifikanten Vorteil im progressionsfreien Überleben für die sofortige Weitertherapie mit Docetaxel zeigten. Hier lagen die medianen progressionsfreien Überlebenszeiten bei 6,5 versus 2,8 Monaten. Auch das Gesamtüberleben war
tendenziell im Sofortbehandlungsansatz günstiger mit 11,9 versus 9,1 Monaten. Der Unterschied war allerdings knapp nicht statistisch signifikant mit einem P-Wert von 0,07. Ein ähnlicher Ansatz wurde in der Studie von Ciuleanu et al. 2008 verfolgt. Eingeschlossen wurden hier Patienten, die auf 4 Zyklen einer Primärtherapie freier Wahl zumindest eine Krankheitsstabilisierung erreicht hatten. Diese wurden stratifiziert nach Geschlecht, Allgemeinzustand, Stadium, Ansprechen auf die Primärtherapie und dem Vorhandensein von Hirnmetastasen und anschließend randomisiert auf eine Pemetrexederhaltungstherapie mit 500 mg/m2 Tag 1 alle drei Wochen versus Best Supportive Care. Die Randomisierung erfolgte im 2:1-Verhältnis, sodass insgesamt 441 Patienten Pemetrexed erhielten und 222 in den Placeboarm randomisiert wurden. Der primäre Endpunkt der Studie war progressionsfreies Überleben. Im Pemetrexederhaltungs-Arm wurden durchschnittlich 4 Zyklen und im Placeboerhaltungsarm durchschnittlich 3 Zyklen appliziert. Das Hauptzielkriterium progressionsfreies Überleben zeigte einen hochsignifikanten Überlebensvorteil für die Pemetrexederhaltung mit medianem progressionsfreien Überleben von 4,04 versus 1,97 Monaten. Die Analyse des Gesamtüberlebens war zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht statistisch signifikant unterschiedlich mit einem Median für Pemetrexed von 13,0 versus 10,2 Monaten für Placebo. Interessant waren auch hier wieder die Analysen in den verschiedenen histologischen Untergruppen. Im progressionsfreien Überleben fand sich ein hochsignifikanter Unterschied bei Nichtplattenepithelkarzinomen mit 4,4 versus 1,8 Monaten, während bei Plattenepithelkarzinomen die medianen progressionsfreien Überlebenszeiten mit 2,4 versus 2,5 Monaten nicht unterschiedlich waren. Dies übertrug sich in der vorläufigen Überlebenszeitanalyse. Bei Nichtplattenepithelkarzinomen konnte unter Pemetrexed ein medianes Überleben von 14,4 im Vergleich zu 9,4 Monaten im Placeboarm erreicht werden. Bei Plattenepithelkarzinomen war die mediane Überlebenszeit 9,6 versus 11,9 Monaten eher mit längerer Überlebenszeit im Placeboarm. Großer Kritikpunkt der Studie ist, dass im Placeboarm lediglich 50% der Patienten bei Progression noch irgendeine andere weitere Therapie erhielten. Hier wurde dann zu etwa 20% Docetaxel und zu knapp 20% eine EGFR-Inhibition eingesetzt. Etwa 10% der Patienten erhielten als Zweitlinie entweder Vinorelbin, Gemcitabin oder auch Pemetrexed. Der Anteil der Patienten im Pemetrexed-Arm, die nach Pemetrexed noch eine Drittlinie erhielten, lag immerhin auch bei 37%. Hier erhielten 16% Docetaxel und 24% eine EGFRinhibierende Behandlung.
407 40.4 · Systemische Therapie des Lungenkarzinoms
> Die genannten Studien zu einer konsolidierenden Chemotherapie bei Remission nach Induktion belegen somit, dass hierüber eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens erreicht werden kann. In jedem Falle scheint es von besonderer Bedeutung, Patienten nach der Erstlinie sorgfältig und engmaschig nach zu untersuchen, um den Zeitpunkt einer erneuten Progression zu erfassen und damit den Zeitpunkt für die Einleitung einer Zweitlinientherapie nicht zu verpassen. Wird bei allen Patienten im Progressionsfalle auch tatsächlich eine Behandlung durchgeführt, so ist bisher nicht entschieden, ob eine konsolidierende Chemotherapie direkt im Anschluss an die Erstlinienbehandlung wirklich Vorteile gegenüber einer Wiedereinleitung einer Zweitlinienbehandlung bei nachgewiesener Progression besitzt.
40.4.9
Zweitlinienbehandlung bei erneuter Tumorprogression
Zur erneuten Therapie bei Progression stehen Chemotherapie und biologische Therapieansätze mittels EGFRTKI Behandlung zur Verfügung.
Chemotherapie Von Shephard et al. (2000) wurden platinvorbehandelte Patienten auf Docetaxel 75 mg/m2 oder 100 mg/m2 Tag 1 alle 3 Wochen oder Best Supportive Care randomisiert. Hier ließ sich ein signifikanter Überlebensvorteil für die Docetaxel-Arme mit 1-Jahres-Überlebensraten von 38% vs. 12% zeigen. Interessanterweise war der Vorteil nur für die Dosierung 75 mg/m2 zu sehen, im 100 mg/m2-Arm waren keine Unterschiede im Überleben im Vergleich zu BSC zu beobachten. In einer Folgestudie von Foszella et al. (2000) wurden in einer 3-armigen Untersuchung zwei Docetaxel Dosierungen (100 mg/m2 oder 75 mg/m2 Tag 1 alle 3 Wochen) gegen Vinorelbin 30 mg/m2 wöchentlich oder Ifosfamid 2 g/m2 über 3 Tage in 3-wöchentlichen Intervallen geprüft. Die Remissionsraten betrugen für die Docetaxel-Arme 12% bzw. 8% und für den Vinorelbin/ Ifosfamid-Arm 1%. Trotz gleicher medianer Überlebenszeiten von 5,6 Monaten war die 1-Jahres-Überlebensrate im Docetaxel 75 mg/m2-Arm mit 32% deutlich höher als im Docetaxel 100 mg/m2-Arm mit 21% und im Vinorelbin/Ifosfamid-Arm mit 19%.
Eine weitere aktive Substanz in der »second-line« stellt Pemetrexed dar. Pemetrexed ist randomisiert in der Studie von Hanna et al (2005) gegen Docetaxel geprüft worden. Es wurden 577 Patienten eingeschlossen. Die Remissionsraten waren für beide Substanzen niedrig und lagen bei 9,1% bzw. 8,8%. Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit betrug 2,9 Monate in beiden Therapiearmen und die mediane Überlebenszeit 8,3 versus 7,9 Monate für Alimta bzw. Docetaxel. Die Einjahresüberlebensrate lag in beiden Therapiearmen bei knapp 30%. Hinsichtlich der Effektivität bestanden somit keine Unterschiede. Das Nebenwirkungsprofil war deutlich zugunsten des Pemetrexeds verschoben. Die Rate an Grad III/IV-Neutropenien betrug 5 versus 40%, die Rate febriler Neutropenien 2 versus 13% und die Rate neutropenischer Infektionen 0 versus 3%. Peterson et al (2007) zeigten in einer retrospektiven Subgruppenanalyse dieser Studie eine unterschiedliche Wirksamkeit von Pemetrexed und Docetaxel in Abhängigkeit von der Histologie. Bei Pemetrexed war bei Nichtplattenepithelkarzinomen eine mediane Überlebenszeit von 9,2 Monaten im Vergleich zu nur 6,2 Monaten bei Plattenepithelkarzinomen zu beobachten. Für Docetaxel lagen die medianen Überlebenszeiten bei Nichtplattenepithelkarzinomen bei 8,2 Monaten und bei Plattenepithelkarzinomen bei 7,4 Monaten. Während somit für Pemetrexed die Überlebenskurven zwischen den verschiedenen Histologien stark voneinander abwichen, lagen sie bei Docetaxel für die beiden Histologien nahezu übereinander. Diese Subgruppenanalyse deutete noch einmal nachdrücklich daraufhin, dass die Substanz Pemetrexed bei Adenokarzinomen eine höhere Aktivität im Vergleich zu Plattenepithelkarzinomen besitzt und nur bei Nichtplattenepithelkarzinomen zum Einsatz kommen sollte. Als weitere Optionen wurden Topotecan und Vinflunin im Vergleich zu Docetaxel (non-inferiority design) untersucht. Für Topotecan 2,3 mg/m2 (oral) Tag 1-5 alle 3 Wochen konnte Äquieffektivität gegenüber Docetaxel 75 mg/m2 alle 3 Wochen hinsichtlich des 1-Jahres-Überlebens (25,1 vs 28,7%; HR= 1,23, CI 1,06-1,44) sowie der Zeit bis zur Tumorprogression (11 vs 13 Woche, p=0,02, HR =1,2; CI 1,02-1,39) gezeigt werden (Ramlau et al 2006). Gleichermaßen wurde für Vinflunin (320 mg/ m2) Äquieffektivität gegenüber Docetaxel für das primäre Studienziel (progressionsfreies Überleben 2,3 vs. 2,3 Monate) gezeigt werden (Krzakowski et al 2007).
EGFR-inhibierende Therapie > Diese Studienergebnisse belegen den Stellenwert einer Zweitlinientherapie bei fortgeschrittenem NSCLC, was zur Zulassung von Docetaxel 75 mg/m² Tag 1 alle 3 Wochen in dieser Indikation geführt hat.
In der von Shepard et al (2005) durchgeführten BR-21Studie wurden Patienten mit einer oder zwei Vortherapien im Alter unter 70 Jahren und erneuter Progression der Erkrankung auf eine Behandlung mit Erlotinib 150 mg
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Kapitel 40 · Chemotherapie und systemische Therapie bei Lebermetastasen
per os täglich oder Placebo randomisiert. Das Randomisierungsverhältnis betrug 2:1. In die Studie wurden insgesamt 731 Patienten aufgenommen, 488 erhielten Erlotinib und 243 Placebo. Der Anteil der Frauen lag bei 35%, der der Adenokarzinome bei 50%. Die Hälfte der Patienten hatte eine Vortherapie. 40% der Patienten hatten auf eine initiale Chemotherapie mit einer Remission angesprochen. Die Erlotinib-Behandlung erreichte eine Remissionsrate von 8,9% und eine Krankheitsstabilisierung bei 35% der Patienten. Die Remissionsdauer betrug 8 Monate unter Erlotinib und 4 Monate im Placebo-Arm. Die progressionsfreie Überlebenszeit war mit 2,2 versus 1,8 Monate und das Gesamtüberleben mit 6,7 versus 4,7 Monaten signifikant im Erlotinib-Arm besser. Auch das 1-JahresÜberleben war mit 31 versus 22% signifikant erhöht. Die korrespondierende Studie mit Gefitinib versus Best Supportive Care in der Zweitlinientherapie (ISELStudie, Thatcher et al 2005) schloss insgesamt 1.692 Patienten ein, die ebenfalls 2:1 randomisiert wurden auf Gefitinib 250 mg/Tag oder Placebo. Der dokumentierte Überlebensunterschied zwischen 5,6 Monaten für Gefitinib und 5,1 Monaten für Placebo war nicht statistisch signifikant mit einem P-Wert von 0,087. Insgesamt war die Studie somit statistisch betrachtet negativ. Trotz nicht erreichter statistischer Signifikanz zeigt die Studie tendenziell jedoch die gleichen Ergebnisse wie die BR-21Studie. In den Subgruppen der Adenokarzinompatienten und der Nichtraucher gibt es einen signifikanten Überlebensvorteil für die mit Gefintinib behandelten Patienten. Hier betrugen die medianen Überlebenszeiten für Nichtraucher 8,9 versus 6,1 Monate. Douillard et al 2007 haben in einer große »second-line-Studie« einen direkten Vergleich Gefitinib versus Docetaxel bei platinvorbehandelten Patienten mit NSCLC vorgestellt. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben mit dem Ziel, eine Nichtunterlegenheit von Gefitinib gegen Docetaxel zu belegen. Gefitinib wurde in einer Dosis von 250 mg/Tag oral eingesetzt, Docetaxel mit 75 mg/ m2 i.v. alle drei Wochen. Jeweils 733 Patienten wurden in die beiden Therapiearme randomisiert. Etwa zwei Drittel waren männlichen Geschlechtes, 22% asiatischen Ursprungs, 20% Niemalsraucher und 55% Adenokarzinompatienten. Als Drittlinie wurde die Behandlung bei 16% der Patienten eingesetzt. Die Toxizitätsanalysen zeigten höhere Nebenwirkungen für Docetaxel, der Prozentsatz an therapiebedingten SAEs betrug 18,2 unter Docetaxel und 3,8 unter Gefitinib. Auch die vorzeitigen Therapieabbrüche waren mit 7,9 versus 4,1% im Docetaxel-Arm höher. Während die hämatologische Toxizität verständlicherweise unter Docetaxel ausgeprägter war, trat ein Rash in etwa 50% der Patienten unter Gefitinib auf. Auch war die Rate von Diarrhö unter Gefitinib höher. Die Rate
der Tumorremissionen zeigte keinen signifikanten Unterschied mit einem Ansprechen von 7.6% unter Docetaxel und 9,1% unter Gefitinib. Das Gesamtüberleben war zwischen beiden Therapien absolut deckungsgleich mit medianem overall survival von 7,6 versus 8,9 Monaten und einem Einjahresüberleben von 32 versus 34%. In den Subgruppenanalysen ließ sich kein Parameter identifizieren, der eine höhere Ansprechwahrscheinlichkeit für eine der beiden Therapien hätte vorhersagen können. Auch in den Untergruppen Frauen, Adenokarzinome und Niemalsraucher waren die beiden Therapiearme identisch. Auch die biologischen Parameter wie EGFR-Überexpression, Vorhandensein von EGFR-Mutationen, EGFR-Genkopienzahl und auch k-ras-Mutationen konnten ein besseres oder schlechteres Ansprechen und eine bessere oder schlechtere Prognose unter Gefitinibtherapie gegenüber Docetaxel nicht vorhersagen. Die Studie hat somit zum einen die Gleichwertigkeit einer EGFR-hemmenden Therapie gegenüber einer Chemotherapie in der Zweitlinienbehandlung bestätigt und zum anderen noch einmal aufgewiesen, dass bisher keine prädiktiven Faktoren für ein besseres Ansprechen auf eine EGFR-inhibierende Therapie in der »second-line« bekannt sind. Frauen, Adenokarzinome, Niemalsraucher und hohe EGFR-Genkopienzahl sind sicher prognostisch jedoch sehr wahrscheinlich keine prädiktive Faktoren.
40.4.10
Zusammenfassung und Fazit für die Praxis:
> Bei Patienten im Stadium IIIB/IV und damit auch bei ‚Patienten mit hepatischer Metastasierung in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0,1) sollte eine cisplatinbasierte Kombinationschemotherapie zur Verbesserung der Überlebenszeit, der Krankheitskontrolle und der Lebensqualität durchgeführt werden.
Bei relevanter Komorbidität (Herzinsuffizienz; Niereninsuffizienz) kann Carboplatin statt Cisplatin eingesetzt werden. Alternativ kann dann auch eine platinfreie Kombination mit Drittgenerationszytostatika eingesetzt werden. Daten zu Pemetrexed deuten daraufhin, dass insbesondere diese Substanz eine histologieabhängige Wirksamkeit besitzt und speziell bei Nicht-Plattenepithelkarzinomen eingesetzt werden sollte. > Eine Therapiedauer von 4-6 Zyklen stellt die gegenwärtige Standardtherapie dar. Inwieweit konsolidierende Therapien einen Stellenwert gewinnen werden, wird von den Ergebnissen weiterer Studien abhängen.
409 40.4 · Systemische Therapie des Lungenkarzinoms
Bei Patienten mit Nichtplattenepithelkarzinom führt die Behandlung mit Bevacizumab zusätzlich zur platinbasierten Kombinationschemotherapie zu einer signifikanten Verbesserung der Remissionsrate und des medianen progressionsfreien Überlebens. Das Gesamtüberleben wurde in der Studie von Sandler verlängert, in der AVAIL Studie nicht. Bevacizumab ist für die Erstlinienbehandlung bei Nichtplattenepithelhistologie zugelassen. Die Zugabe von Cetuximab zur Kombination von Cisplatin und Vinorelbin hat zu einer signifikanten Verlängerung des Überlebens in allen histologische Untergruppen geführt. Das Medikament wurde allerdings für die Erstlinientherapie nicht zugelassen und steht daher als Behandlungsoption nicht zur Verfügung. > Bei Erkrankungsprogression nach primärer Chemotherapie wird die Durchführung einer Zweitlinientherapie bis zum Progress oder Auftreten von Toxizitäten empfohlen.
Trotz niedriger Ansprechraten können eine Verlängerung des Überlebens und eine Verbesserung tumorbedingter Symptome erreicht werden. In Phase III-Studien sind mit entsprechender Evidenz geprüft: Docetaxel, Pemetrexed, Topotecan, Vinflunin, Gefitinib und Erlotinib. Zugelassen für die Behandlung sind: Docetaxel, Pemetrexed bei Nichtplattenepithelkarzinomhistologie und Erlotinib. > Bei Patienten, die nach einer Zweitlinientherapie progredient sind, kann eine Drittlinientherapie durchgeführt werden.
Literatur Literatur beim Verfasser
40
41
Lokoregionäre Chemotherapie R. Zippel
41.1
Lokoregionäre Chemotherapie beim hepatozellulären Karzinom (HCC) – 413
41.2
Lokoregionäre Chemotherapie beim duktalen Pankreaskarzinom: – 414
41.3
Lokoregionäre Chemotherapie bei Lebermetastasen kolorektaler Karzinome – 415
41.4
Zusammenfassung
– 416
411 Kapitel 41 · Lokoregionäre Chemotherapie
Die Rationale für die lokoregionäre Chemotherapie liegt in einer maximalen Gewebekonzentration des Chemotherapeutikums im Tumorgewebe bei gleichzeitig minimaler systemischer Toxizität. Eine lokale Anreicherung des Chemotherapeutikums ist mit Ausnahme der Leber im Gastrointestinaltrakt nur durch arterielle Applikation über die Organarterien zu erreichen. Die Leber mit arterieller und portalvenöser Blutversorgung bietet hingegen über beide Zugangswege die Möglichkeit zur Verabreichung des Wirkstoffs. Das Leberparenchym wird zu 85% über die Pfortader mit nährstoffreichem und nur zu 15% mit sauerstoffreichem Blut über die Leberarterien versorgt. Primäre und insbesondere sekundäre Lebertumore beziehen ihre Versorgung überwiegend arteriell. Im Gegensatz zu den klinisch manifesten Metastasen werden Mikrometastasen bevorzugt portalvenös versorgt (Faynsod 2005). Sigurdson et al. (1999) erbrachten den Nachweis, dass die Gewebekonzentration von Fluorodesoxyuridin (FUDR) nach arterieller Applikation im Vergleich zur venösen Gabe im Mittel um den Faktor 10 höher lag und damit eine arterielle Gabe zu bevorzugen ist. Die Gewebekonzentration im Tumor ist das Resultat aus Perfusion und dem Extraktionsverhalten der Tumorzellen (Hakansson et al. 1997, Link et al. 1998, Link et al. 2004). Die Reduktion der Flussrate, z.B. in den Leberarterien, ist ein Ansatz, die Effektivität der intraarteriellen Chemotherapie weiter zu steigern (Starkhammer 1991). Gesundes Lebergewebe extrahiert FUDR bzw. führt zur Veränderung der chemischen Struktur und damit der Wirkung des Chemotherapeutikums im Rahmen des First Pass-Effektes. Tumorgewebe zeigt dieses Verhalten hingegen nicht. Die Verabreichung der Chemotherapeutika erfolgt über implantierte Katheter, die operativ bzw. minimalinvasiv mithilfe der Seldinger-Technik im Zielgebiet unter radiologischer Kontrolle platziert werden. Diese Katheter werden perkutan ausgeleitet bzw. mit implantierbaren Ports bzw. miniaturisierten Pumpen versehen. Die implantierbaren Systeme bieten insbesondere durch die höhere Mobilität einen deutlich verbesserten Patientenkomfort. Die perkutane Ausleitung der Kathetersysteme hatte eine erhöhte Rate an intraabdominellen Infektionen, Thrombosen der A. hepatica und Katheterdislokationen zur Folge (Balch u. Urist 1983). Die vollimplantierbaren Applikationssysteme werden perkutan aufgefüllt und gestatten eine intermittierende bzw. kontinuierliche Medikamentenzufuhr, im Bedarfsfall auch über ein zweites Kathetersystem. In Abhängigkeit vom arteriellen Versorgungstyp der Leber erfolgt diese in 85% ausschließlich aus dem Truncus coeliacus oder in 10-15% kombiniert
aus dem Truncus coeliacus (linke Hemileber) und der A. mesenterica superior (rechte Hemileber) (Balch et al. 1984). Ein Abstrom des Chemotherapeutikums zum Beispiel über die A. gastroduodenalis bzw. A. gastrica dextra mit Perfusion von Magen bzw. Duodenum ist zur Vermeidung von Komplikationen und eines ungezielten Abstroms des Chemotherapeutikums zu verhindern. Aus diesem Grund werden die A. gastroduodenalis und A. gastrica dextra ligiert bzw. durch endovaskuläre Maßnahmen verschlossen. ! Cave! Bei Tumorlokalisation in beiden Leberlappen und arterieller Leberversorgung aus beiden Gefäßstämmen besteht die Notwendigkeit zur Einlage von zwei Kathetern, sodass die Perfusion der gesamten Leber gesichert ist.
Die arterielle Chemotherapie mit hoher Konzentration im Zielgebiet weist eine signifikant höhere Komplikationsrate auf. Schon 1985 konnte die Arbeitsgruppe um Kemeny (Kemeny 1985) bei einer intraarteriellen FUDR in 16% eine sklerosierende Cholangitis und in 50% erhöhte Transaminasen nachweisen, die zur Dosisreduktion oder temporären bzw. definitiven Therapieabbruch führten. Ursächlich für die Cholangitis ist eine obliterierende Endangitis mit konsekutiver Wandfibrose, die histologisch nach arterieller FUDR am Ductus cysticus (Haq et al. 1986) sowie an Leberbiopsien (Hohn et al. 1985) nachweisbar war. Die Folge sind eine chemische Cholezystitis sowie Stenosierungen der intra- und extrahepatischen Gallengänge, die insbesondere nach intraarterieller Infusion von FUDR und in deutlich geringerem Umfang nach Folinsäure/5-FU auftraten (Lorenz et al. 2000). > Wegen des erhöhten Risikos der Ausbildung einer Cholezystitis im Behandlungsverlauf besteht die Empfehlung zur Cholezystektomie (Balch et al. 1984) bzw. zur Stentimplantation bei Gallengangsstenosen (Hohn et al. 1985).
Eine Klassifikation der Komplikationen erfolgte durch Venturini (Venturini et al. 2004) auf der Grundlage von transaxillären Portimplantationen an 204 Patienten mit einer Positionierung der Katheterspitze in der A. hepatica sowie einer Okklusion der A. gastroduodenalis und A. gastrica dextra (⊡ Tab. 41.1, ⊡ Tab. 41.2). Bei durchschnittlich 8,1 Zyklen und einem mittleren Follow up von 270 Tagen konnte die intraarterielle Chemotherapie bei 91,2% der Patienten umfänglich erfolgen. Die primäre Offenheitsrate der A. hepatica lag bei 71,6 % sowie sekundär nach Desobliteration bei 91,2 %. Die nicht rekanalisierbare Thrombose der A. hepatica war mit 4,4% die Hauptursache für den definitiven Abbruch der intraarteriellen Chemotherapie.
41
412
41
Kapitel 41 · Lokoregionäre Chemotherapie
⊡ Tab. 41.1 Einteilung der Komplikationen nach arterieller Katheter- und subkutaner Portplatzierung bezogen auf die Ursache (nach Venturini et al. 2004) Gruppe
Beschreibung
Inzidenz
Beispiele
Gruppe A
Portkomplikationen
1,4%
− lokale Hämatome − Pneumothorax − Wundinfektionen
Gruppe B
Katheter-induzierte Komplikationen
17,4%
− Katheterdislokation − Thrombose der A. hepatica − Sepsis
Gruppe C
Nebenwirkungen des Chemotherapeutikums
18,6%
− Gastroduodenitis / gastroduodenale Ulzera − Cholecystitis − hepatobiliäre Toxizität − Anstieg des Serum-Bilirubin, ASAT, alkalische Phosphatase − Ikterus und sklerosierende Cholangitis − arteriobiliäre Fisteln
⊡ Tab. 41.2 Inzidenz der Komplikationen nach arterieller Katheter- und subkutaner Portplatzierung bezogen auf die klinische Relevanz (nach Venturini et al. 2004) Typ
Klinische Relevanz
Inzidenz
Typ I
klinisch nicht signifikant
7,3%
Typ II
klinisch signifikant, ohne Notwendigkeit zur Unterbrechung der intrahepatischen Chemotherapie
1,9%
Typ III
klinisch signifikant mit Notwendigkeit zur temporären Unterbrechung der intrahepatischen Chemotherapie
19,6%
Typ IV
klinisch signifikant mit Notwendigkeit zum Abbruch der intrahepatischen Chemotherapie
8,8%
Hingegen konnten Katheterokklusion und zerebrale Komplikationen nicht beobachtet werden, trotzdem wurde die wiederholte angiographische Kontrolle vor einer erneuten Applikation gefordert. Die Implantation im Pfortadersystem wird über die V. mesenterica superior bzw. einen stammnahen Zufluss vorgenommen. Die korrekte Lage der Katheterspitze befindet sich direkt vor der Aufteilung in die beiden Leberäste unter radiologischer Kontrolle bzw. nach Applikation einer fluoreszierenden Substanz mit der Woods Lampe zum Nachweis einer regelrechten Perfusion. Andere Autoren beschreiben eine Kontrolle der Gewebeperfusion im Zielgebiet im Vorfeld einer FUDR-Therapie szintigraphisch mit Technetium-99 markiertem Albumin (Kaplan u. Ensminger 1980). Vorteile der portalvenösen Chemotherapie bestehen in einem gezielteren Abstrom unter Ausschluss der Perfusion von Nachbarorganen. Die Folge sind geringere Nebenwirkungen, wie Ulzera, Stenosen der Gallengänge
oder Abbruch der Therapie wegen hepatischen Komplikationen. Eine Thrombose der Portalvene mit Notwendigkeit zur Langzeitantikoagulation bestand bei 4% der behandelten Patienten (Faynsod 2005). Der Anwendung der lokalen Chemotherapie erfolgt unter neoadjuvanter, adjuvanter, additiver bzw. palliativer Zielstellung. Indikationen wurden vorrangig bei primären Lebertumoren sowie Metastasen von Tumoren gesehen, sofern keine extrahepatische Tumormanifestation besteht bzw. diese durch Radiatio, Ablation oder Operation erfolgreich behandelt wurden. Weniger oder nicht geeignet sind Lebermetastasen von Mammakarzinomen, malignen Melanomen oder Ovarialkarzinomen wegen der oftmals diffusen Metastasierung bzw. bei Metastasen von Magen- und Pankreaskarzinomen aufgrund einer reduzierten Chemosensibilität. Fallbeschreibungen finden sich für das Pankreaskarzinom (Homma et al. 2000) sowie in ausgewählten Situationen für Karzinome der Ampulla Vateri und des Duodenums (Noda et al. 2007).
413 41.1 · Lokoregionäre Chemotherapie beim hepatozellulären Karzinom (HCC)
Neben den allgemeingültigen Voraussetzungen für eine Chemotherapie wird bei lokaler Therapie mit Hochdosis-Perfusion der Leber ein ausreichendes Volumen an funktionstüchtigem Lebergewebe vorausgesetzt ( Übersicht »Bedingungen für eine lokoregionäre Chemotherapie«). Während der Therapie sind in regelmäßigen Intervallen laborchemische und bildmorphologische Kontrollen durchzuführen ( Übersicht »Kontrolluntersuchungen«).
Komplikationen in den Nachbarorganen ist nur unter Kenntnis der anatomischen Gegebenheiten erreichbar. Im Vergleich zum arteriellen System sind die Variationen im portalvenösen System vergleichsweise gering, sodass die Darstellungen der Gefäßanatomie nicht notwendig ist bzw. sich auf die Infiltration oder Verschluss des rechten oder linken Pfortaderastes konzentriert.
41.1
Bedingungen für eine lokoregionäre Chemotherapie mit Perfusion der Leber ▬ Funktionstüchtiges Lebergewebe: mind. 30-40% ▬ ▬ ▬ ▬
des Gesamtlebergewebes Bilirubin gesamt: <2,0 mg/dl Karnofsky-Index: >60% Ausschluss einer extrahepatischen Tumormanifestation Cholezystektomie
Kontrolluntersuchungen bei lokaler Chemotherapie ▬ Blutbild zweiwöchentlich ▬ Tumormarker monatlich ▬ Bildgebende Diagnostik alle 3 Monate ▬ Laborchemische Kontrollparameter – Syntheseparameter der Leber – Bilirubin im Serum – Transaminasen (ASAT, ALAT) – Alkalische Phosphatase ▬ Toxizitätskriterien (National Cancer Institute Toxity Criteria version 2.0) – Grad 2: – 1,5-mal Serum Bilirubin – 2,5- bis 5-mal normale Transaminasen oder alkalische Phosphatase – Grad 3: – 1,5- bis 3-mal Serum Bilirubin – 5,1- bis 20-mal Transaminasen oder alkalische Phosphatase
> Bildmorphologisch ist eine Darstellung des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior bei geplant arterieller Platzierung der Katheterspitze unabdingbar erforderlich, weil die arterielle Gefäßversorgung eine hohe individuelle Variabilität mit einer Vielzahl von Normvarianten aufweist.
Eine exakte Therapieplanung und Gewährleistung der gezielten Perfusion sowie Vermeidung schwerwiegender
Lokoregionäre Chemotherapie beim hepatozellulären Karzinom (HCC)
Weltweit steht das HCC hinsichtlich Inzidenz an Position 6 der Tumorentitäten und an 3. Position bezüglich der tumorverursachten Todesfälle, welche die Bedeutung dieser Tumorentität bekräftigen. Therapeutisch, soweit technisch wie auch funktionell möglich, stehen die chirurgische Resektion, Ablationsverfahren und Kombinationseingriffe aus beiden Verfahren sowie die Transplantation beim HCC in Zirrhose zur Verfügung. Jedoch befindet sich die Mehrzahl der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits in einem fortgeschrittenen Tumorstadium mit einer Lebenserwartung von weniger als 6 Monaten, das keinen kurativen Therapieansatz bietet. Obwohl bei der lokalen Chemotherapie des HCC eine palliative Zielstellung im Vordergrund steht, wurde an Fallbeispielen auch ein möglicher Therapieansatz zum Downstaging primär nicht resektabler Tumore dargestellt. Bei 3 von 5 Patienten mit nicht resektablem HCC gelang nach einer intraarteriellen Chemotherapie eine kurativ intendierte Resektion mit einer Gesamtüberlebensrate von 60% nach 3 Jahren (Clavien et al. 2002). In einem anderen Therapieansatz erhielten 20 Patienten mit einem fortgeschrittenen HCC und Pfortaderverschluss eine Tumormassenreduktion durch Radiofrequenzablation und nachfolgend eine intraarterielle Chemotherapie. Eine komplette »Response« wurde in 33,3%, eine partielle Remission in 55%, eine »Stable Disease« in 10% sowie eine Tumorprogression bei einem Patienten beobachtet. Die kumulativen Überlebensraten lagen nach 6, 12 und 24 Monaten bei 100%, 89,7% und 78,8% und damit signifikant höher als in einer Vergleichsgruppe. Damit bestand bei weitgehend fehlenden Nebenwirkungen eine signifikant verbesserte Prognose (Hirooka 2010, Mawatari et al. 2008). Eine besonders eingeschränkte Lebenserwartung von unter 3 Monaten weisen Patienten mit einem HCC und portalvenöser Invasion auf. Die Arbeitsgruppe um Obi (Obi et al. 2006) untersuchte an 116 Patienten nach intramuskulärer Gabe von 5 Mio. Einheiten IFN an den Tagen 1, 3 und 5 jeder Be-
41
414
41
Kapitel 41 · Lokoregionäre Chemotherapie
handlungswoche und 500 mg 5-FU über einen Katheter in der Leberarterie an den Tagen 1-5 in der ersten und zweiten Woche eines vierwöchentlichen Behandlungszyklus die Zielkriterien Ansprechrate, Komplikationen und die Überlebensrate. Unter der Therapie entwickelten 16% eine komplette und 42% der Patienten eine partielle Remission. Als Überlebensraten wurden nach 12 und 24 Monaten über alle Patienten 34% und 18% sowie im Vergleich in einer Kontrollgruppe 15% und 5% ermittelt. Bei separater Betrachtung der Patienten mit Response lagen die Überlebensraten nach 12 bzw. 24 Monaten bei 81% und 59% sowie 43% und 18% bei Patienten mit Teilresponse. Die Nebenwirkungen beschränkten sich auf Übelkeit und Appetitlosigkeit. Ein signifikanter Überlebensvorteil konnte nur für die »Responder« erbracht werden. Neben 5-FU und IFN-α wurden auch Schemata mit einer intraarteriellen Hochdosis-5-FU-Therapie (500 mg/ m2 an den Tagen 1-3) in Kombination mit Cisplatin (60 mg/m2 am Tag 2 alle 4 Wochen) eingesetzt. Der Anteil partieller Remissionen lag bei 22% und eine »Stable Disease« wurde bei 34,1% diagnostiziert bei einem mittleren Zeitintervall von 7 Monaten bis zur Progression sowie einem mittleren Überleben von 12 Monaten (Park et al. 2007). In einer Pilotstudie wurde bei Patienten mit HCC und Pfortaderthrombose eine arterielle Chemotherapie mit 5-FU mit einer externen Strahlentherapie kombiniert. Nach abgeschlossener Strahlentherapie wurde die intraarterielle Therapie mit 5-FU und Cisplatin fortgeführt. Die Ansprechrate betrug 45% mit einer 3-Jahres-Überlebensrate von 24,1% sowie einem medianen Überleben von 13,1 Monaten (Han et al. 2008). > Die intraarterielle Chemotherapie unabhängig des verwendeten Protokolls und einer Kombination mit Strahlentherapie bzw. einem Ablationsverfahren bietet wirksame, wenn gleich auch nur palliative Therapieansätze zur Behandlung des fortgeschrittenen HCC.
Zukünftig ist die Effizienz der therapeutischen Verfahren in randomisierten Studien zu belegen und eine Bewertung in Bezug auf etablierte Alternativverfahren, wie der Chemoembolisation, vorzunehmen.
41.2
Lokoregionäre Chemotherapie beim duktalen Pankreaskarzinom:
Die Überlebenszeit nach Diagnosestellung bei fortgeschrittenen duktalen Pankreaskarzinomen im Stadium IV liegt bei 1 bis 6 Monaten. Diese resultiert aus einer hohen
infiltrativen Potenz und eingeschränkten Wirksamkeit der systemischen Chemotherapie infolge einer Hypovaskularität des Tumorgewebes (Ishida et al. 1983). Bereits Karzinome mit einem Durchmesser von 2-2,5 cm gehen in einem hohen Prozentsatz mit einer lymphogenen, peritonealen bzw. hepatischen Metastasierung einher, sodass nur ein palliativer Therapieansatz verbleibt. Die arterielle Versorgung des Pankreas erfolgt aus dem Abstromgebiet des Truncus coeliacus über die A. gastroduodenalis (Aa. pancreaticoduodenalis superior anterior et posterior) und A. lienalis (A. pancreatica dorsalis, A. pancreatica magna, A. pancreatica caudalis) sowie aus dem Abstromgebiet der A. mesenterica superior (Aa. pancreaticoduodenalis inferior anterior et posterior), die miteinander kommunizieren. Die komplexe arterielle Blutversorgung des Pankreas ist eine Erklärung für die unzureichende Wirkung der lokoregionären Chemotherapie. > Die lokoregionäre Chemotherapie bietet keine Vorteile gegenüber einer systemischen intravenösen Chemotherapie, wenn sich die Katheterspitze in der Aorta bzw. Truncus coeliacus befindet.
Zur Gewährleistung einer auf das Pankreasparenchym beschränkten Perfusion des Chemotherapeutikums wurden die peripankreatischen Gefäße endovaskulär z. B. durch Mikrocoils verschlossen, sodass sich die arterielle Blutversorgung des Pankreas auf die A. pancreatica magna und A. pancreatica caudalis beschränkt, die der A. lienalis entspringen. Die Katheterspitze befindet sich bei diesem Vorgehen in der A. lienalis direkt proximal des Abganges der A. pancreatica magna. Die Beschickung des Katheters erfolgte über ein in der Leistenregion implantiertes Portsystem. Mit der Applikation des Chemotherapeutikums in die A. lienalis wird nach Milzperfusion über die V. lienalis auch im Leberparenchym eine Dosis erreicht, die eine Therapie synchroner Lebermetastasen ermöglicht (Ackerman 1974). Unter kontinuierlicher Infusion von 5-FU (tägl. 250/500 mg/m2) und Cisplatin (Tag 1, 3 und 5 je 10 bzw. 20 mg/m2; zweiwöchentlich; höhere Dosis bei gleichzeitiger Lebermetastasierung) wurde bei 23 Patienten ein Ansprechen bei 73,9% (komplette Remission bei 8,7% und partielle Remission bei 62,5%) nachgewiesen mit einem mittleren Überleben von 18 Monaten sowie nach 1, 2 oder 3 Jahren von 90,9%, 42,8% und 18,3%. Patienten ohne Lebermetastasen hatten eine Ansprechrate von 87,5% mit einem mittleren Überleben von 23 Monaten. An lokalen Komplikationen wurden Katheterfehllagen, Stenosen bzw. Okklusionen der A. lienalis, Schwanzpankreatitiden sowie Störungen in der Blutzuckerregulation beobachtet. Als systemische Nebenwirkungen traten Knochenmarksdepression, Übelkeit sowie eine milde An-
415 41.3 · Lokoregionäre Chemotherapie bei Lebermetastasen kolorektaler Karzinome
orexie auf. Die gastrointestinalen Symptome besserten sich bereits einen Tag nach Beendigung der Infusion (Homma et al. 2000).
41.3
Lokoregionäre Chemotherapie bei Lebermetastasen kolorektaler Karzinome
Ungeachtet der Fortschritte in der Metastasenchirurgie der Leber und den vielfältig zur Verfügung stehenden Ablationsverfahren ist die rezidivierende Lebermetastasierung prognostisch entscheidend (Faynsod et al. 2005). Trotz histologisch gesicherter, vollständiger Resektion der Metastasen ist mit Rezidiven in 60% der Fälle zu rechnen und insbesondere die progrediente Lebermetastasierung bestimmt die Lebenserwartung (Fong et al. 1996, Power und Kemeny 2010). Eine Vielzahl an Untersuchungen weist darauf hin, dass durch eine geeignete Chemotherapie die Ergebnisse der operativen Therapie entscheidend verbessert werden können. Diese Aussage ist unabhängig von der Intention der Indikationsstellung als neoadjuvant, adjuvant oder palliativ. Nach erfolgreicher Resektion bzw. Ablation von Lebermetastasen besteht der Ansatzpunkt für eine lokale Chemotherapie in der Vermeidung bzw. zeitlichen Verzögerung einer erneuten Metastasenbildung. In der Gegenüberstellung einer intravenösen 5-FU-Therapie mit einer Kombination von 5-FU i.v. und arterieller Infusion von Floxuridin und Dexamethason waren nach 2 Jahren die Überlebensrate sowie der Anteil von tumorfreien Patienten in der Kombinationsgruppe signifikant höher, wobei die Nebenwirkungen mit Ausnahme des Anteils an Diarrhöen und der hepatischen Affektionen in beiden Gruppen vergleichbar waren (Kemeny et al. 1999). In einer zweiten Studie konnte nach Resektion von Lebermetastasen und intraarterieller FUDRGabe ein prolongiertes krankheitsfreies und leberspezifisch krankheitsfreies Überleben im Vergleich zu einer systemischen Therapie nachgewiesen werden (Kemeny 2002). Im Gegensatz hierzu musste die deutsche Multicenterstudie mit 5-FU-Folinsäure i.a. vorzeitig abgebrochen werden, da einerseits keine relevante Verlängerung des Überlebens und andererseits schwere Nebenwirkungen (WHO-Grad III/IV) bei 2/3 der Patienten auftraten (Lorenz et al. 1998). > Die überlegene Wirksamkeit einer intraarteriellen gegenüber der portalvenösen Chemotherapie gilt allgemein als gesichert, jedoch gibt es Hinweise, das Mikrometastasen über das Pfortadersystem versorgt werden und somit auch eine portalvenöse Applikation Erfolg versprechend ist (Faynsod 2005).
In der Gegenwart hat sich die primäre Operation resektabler Lebertumore mit nachfolgender adjuvanter Chemotherapie durchgesetzt. Bei Patienten mit einer »High risk«Situation, das bedeutet einer bilateralen Metastasierung oder einer Läsion >5 cm, wird eine perioperative Chemotherapie diskutiert (⊡ Abb. 41.1, Power et al. 2010). Aktuelle multimodale Konzepte erzielen dabei unter Einbeziehung auch der lokoregionären Chemotherapie ermutigende Ergebnisse. In diesem Vorgehen folgt nach kurzem Intervall einer präoperativen Chemotherapie die Resektion und postoperativ eine kombiniert systemische und lokoregionäre arterielle Chemotherapie. Beide Applikationsformen, perioperative systemische und lokoregionäre Chemotherapie, verbessern in Verbindung mit einer Metastasenresektion das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zur alleinigen Operation signifikant (Ito et al. 2008, Power et al. 2010). So konnten unter kombinierter systemischer Therapie mit FOLFOX bzw. FOLFIRI und intraarterieller Chemotherapie 5-Jahres-Überlebensraten von 72% vs. nur 52% (p=0,004) nach ausschließlich systemischer Chemotherapie erzielt werden (House et al. 2009). Auch bei der lokoregionären Chemotherapie nicht resektabler bzw. abladierbarer Lebermetastasen kann die intraarterielle Chemotherapie zu einem Downstaging führen und sekundär eine Resektion ermöglichen. Die Wirksamkeit einer präoperativen arteriellen Chemotherapie konnte auch histomorphologisch durch eine Reduktion der Invasivität bewiesen werden (Tanaka 2005). Bei einem erwartet kritischen Restvolumen an funktionstüchtigem Lebergewebe wird der Resektion die Okklusion des Pfortaderastes auf der Leberseite mit der höchsten Tumorlast vorgeschaltet, die zu einer Atrophie auf der pfortaderokkludierten Seite sowie zur kompensatorischen Hypertrophie auf der Gegenseite führt. Es konnten auf diese Weise kurativ intendierte Leberresektionen bei 1/4 bis 1/3 aller Patienten mit vorher nicht respektablen Befunden vorgenommen werden, die postoperativ nach vollständiger Metastasenentfernung eine 3-Jahres-Überlebensrate von immerhin 50% aufwiesen (Clavien et al. 2002, Selzner et al. 2006). Der erfolgreichen Resektion von Lebermetastasen nach chemotherapeutischer Vorbehandlung schließt sich eine adjuvante Chemotherapie allein oder die Kombination von systemischer und lokaler intraarterieller Chemotherapie an (Power et al. 2010). Die oben getroffenen Aussagen für die intraarterielle Chemotherapie gelten grundsätzlich auch in der Palliativsituation mit erhöhter Ansprechrate, verlängertem Zeitraum bis zur hepatischen Progression sowie besserer Lebensqualität. Erwartungsgemäß war auch bei lokoregionärer Applikationsform unter dieser Indikationsstellung der Anteil hepatischer Komplikationen höher und jener der systemischen Nebenwirkungen geringer (Kemeny et
41
416
Kapitel 41 · Lokoregionäre Chemotherapie
Lebermetastasen kolorektaler Karzinome
41 nicht resektabel
resektabel geringes o. hohes Risiko
sys. Chemo + HAI (1. oder 2. Therapielinie)
sys. Chemo
Progression
Progression
sys. Chemo (2. Therapielinie) Resektion
Adjuvant sys. Chemo
Geringes Risiko
perioperative sys. Chemo
primäre Resektion
sys. Chemo + HAI +/- BRMSubstanzen ( 2. Therapielinie)
Adjuvant sys. Chemo + HAI
Hohes Risiko
primäre Resektion
Adjuvante sys. Chemo
Adjuvant sys. Chemo + HAI
Adjuvant sys. Chemo + HAI
⊡ Abb. 41.1 Möglicher Algorithmus zur Therapie von Lebermetastasen kolorektaler Tumore. Sys. Chemo systemische Chemotherapie; HAI hepatic arterial infusion, Hohes Risiko Befall beider Leberlappen u./o. eine Metastase >5 cm)
al. 2006). Jedoch konnte gezeigt werden, dass in der Kombination von FU/LV i.v. und Zweitlinientherapie bei Progression mit Irinotecan und Oxaliplatin vergleichbare Resultate bzw. Überlebenszeiten erreicht werden konnten (Grothey et al. 2004, Seymour 2005). Ein weiterer Ansatz ist die Kombination von intraarterieller Chemotherapie mit systemischer Irinotecan- oder Oxaliplatingabe, die auch bei chemotherapeutisch vorbehandelten Patienten eine Ansprechrate über 70% erwarten lassen (Kemeny et al. 2001, Kemeny et al. 2005).
41.4
Zusammenfassung
Die lokoregionäre Chemotherapie ist eine therapeutische Option, die insbesondere beim hepatozellulären Karzinom und Metastasen kolorektaler Karzinome zur Anwendung gelangt. Bei der Therapie von Metastasen ist eine Kombination mit einer systemischen Therapie zu empfehlen, sodass auch das Risiko einer extrahepatischen Metastasierung gesenkt wird. Die intraarterielle Applikation ist gegenüber der portalvenösen zu bevorzugen, unabhängig von der therapeutischen Zielstellung. Die lokale Chemotherapie ist bei der Behandlung von Lebermetastasen ko-
lorektaler Karzinome als Alternativverfahren und bei Progression nach systemischer Chemotherapie zunehmend akzeptiert. Alle anderen Indikationsstellungen bedürfen einer Individualentscheidung, da eine Überlegenheit mit signifikanter Verlängerung der Überlebenszeit gegenüber einer systemischen Therapie nur in wenigen Situationen hinreichend bewiesen ist. Für extrahepatische Tumoren des Gastrointestinaltraktes sind nur Fallberichte verfügbar, sodass auch für diese Tumorerkrankungen keine gesicherte Datenlage besteht (Noda et al. 2007). Trotz dargestellter Vorteile einer lokoregionären Chemotherapie ist diese therapeutische Option nur begrenzt etabliert. Gründe sind die fehlende Expertise, der Aufwand und die Kosten der Implantation von Pumpenbzw. Portsystemen, der wiederholten Kontrollen einer korrekten Katheterposition bzw. der regelrechten Perfusion im Zielgebiet sowie im Umgang mit den spezifischen hepatotoxischen Nebenwirkungen. Die lokale Chemotherapie ist als Methode akzeptiert. Die zukünftige Bedeutung wird wesentlich dadurch bestimmt, in welchem Umfang es gelingt, Vorteile in der Tumorkontrolle, dem Gesamtüberleben und der Lebensqualität im Vergleich zur systemischen Therapie oder in Kombination nachzuweisen.
417 41.4 · Zusammenfassung
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41
418
41
Kapitel 41 · Lokoregionäre Chemotherapie
Intraarterial 5-Fluorouracil and Systematic Interferon-Alpha for Advanced Hepatocellular Carcinome with Portal Venous Invasion. Cancer, 106: 1990-1997 Park JY, Ahn SH, Yoon YJ, Kim JK, Lee HW, Lee DY, Chon CY, Moon YM, Han DH. (2007) Repetitive Short-Course Hepatic Arterial Infusion Chemotherapy With High-Dose 5-Fluorouracil and Cisplatin in Patients With Advanced Hepatocellular Carcinoma. Cancer; 110: 129-37 Power DG, Kemeny NE (2010) Role of adjuvant therapy after resection of colorectal cancer liver metastases. J Clin Oncol 28: 2300-2309 Selzner N, Pestalozzi BC, Kadry Z, Selzner M, Wildermuth S, Clavien PA. (2006) Downstaging colorectal liver metastases by concomitant unilateral portal vein ligation and selective intra-arterial chemotherapy. Br J Surg; 93: 587-592 Schalhorn A, Link KH, Voigt W. (2006) Regionale Chemotherapie von Lebermetastasen In: Schmoll HJ, Höffken K, Posinger K. Kompendium Internistische Onkologie. Springer Medizin Verlag Heidelberg, 4. Auflage, 2006, pp. 873-881 Seymour MT. (2005) Fluorouracil, oxaliplatin and CPT-11 (irinotecan), use and sequencing (MRC FOCUS): A 2135-patient randomized trial in advanced colorectal cancer (ACRC). J Clin Oncol 23: 250 (suppl; abstr 3518) Sigurdson ER, Ridge JA, Kemeny N, Daly JM. (1987) Tumor and Liver Drug Uptake Following Hepatic Artery and Portal Vein Infusion. J Clin Oncol; 5: 1836-1840 Starkhammer H (1991) How to improve regional chemotherapy by influencing tumor blood flow – an overview. Eur J Surg (Suppl 561): 31-34 Tanaka K, Shimada H, Kubota K, Ueda M, Endo I, Sekido H, Togo S. (2005) Effectiveness of prehepatectomy intra-arterial chemotherapy for multiple bilobar colorectal cancer metastases to the liver: a clinicopathologic study of peritumoral vasculobiliary invasion. Surgery; 137: 156-164 Venturini M, Angeli E, Salvioni M, De Cobelli F, Ronzoni M, Aldrighetti L, Stella M, Carlucci M, Staudacher C, Di Carlo V, Ferla G, Villa E, Del Maschio A. (2004) Complications After Percutaneus Transaxillary Implantation of a Catheter for Intraargterial Chemotherapy of Liver Tumors: Clinical Relevance and Management in 204 Patients. Am J Roentgenol; 182: 1417-1426
VII
Teil VII Strahlentherapie
Kapitel 42
Grundlagen der Strahlentherapie – 420 R. Fietkau
Kapitel 43
Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege – 426 R. Fietkau
Kapitel 44
Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms – 437 R. Fietkau
Kapitel 45
Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) – 444 R.-T. Hoffmann, P. L. Pereira
42
Grundlagen der Strahlentherapie R. Fietkau
42.1
Fraktionierung
– 421
42.1.1 Hyperfraktionierte Bestrahlung – 421 42.1.2 Hypofraktionierte Bestrahlung – 421 42.1.3 Akzelerierte und akzelerierte-hyperfraktionierte Bestrahlung
42.2
Bestrahlungstechniken
– 421
– 421
42.2.1 Perkutane Bestrahlung – 421 42.2.2 Extrakranielle Stereotaxie – 422 42.2.3 Brachytherapie – 423
42.3
Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie
42.4
Nebenwirkungen der Strahlentherapie – 424
42.4.1 Frühe Nebenwirkungen – 424 42.4.2 Späte Strahlennebenwirkungen – 424
– 423
421 42.2 · Bestrahlungstechniken
42.1
Fraktionierung
Die Wirkung einer Strahlentherapie auf das Tumorgewebe und das normale Gewebe hängt von folgenden Faktoren ab: ▬ Einzeldosis/Fraktion ▬ Gesamtdosis ▬ Intervall zwischen den Fraktionen ▬ Dauer der gesamten Strahlentherapie (erste Bestrahlung bis letzte Bestrahlung) ▬ Bestrahlungsvolumen ▬ Strahlenempfindlichkeit des Tumors und der gesunden Gewebe im Bestrahlungsvolumen (Leber, Pankreas, Magen, Dünndarm) Durch Modifikationen der Fraktionierung soll dem Auftreten von akuten und späten Nebenwirkungen vorgebeugt sowie die Wirkung am Tumor optimiert werden. Als konventionelle Fraktionierung wird eine Bestrahlung mit einer täglichen Fraktion von 1,8 bis 2,0 Gy an fünf Tagen pro Woche bezeichnet. Die Wochendosis beträgt somit 9 bis 10 Gy. Die konventionelle fraktionierte Strahlentherapie hat sich auf einer empirischen Basis entwickelt und wird in den meisten klinischen Situationen als Standard betrachtet. Alternativ werden die folgende Bestrahlungsfraktionierungen eingesetzt.
42.1.1
Hyperfraktionierte Bestrahlung
Im Vergleich zur konventionellen Fraktionierung wird die Strahlentherapie durch eine größere Anzahl niedriger dosierter Einzelfraktionen unterteilt. Typische Protokolle beinhalten die Behandlung mit zwei täglichen Fraktionen von 1,15 bis 1,2 Gy an 5 Tagen der Woche. Zielsetzung ist, durch die Reduktion der Einzeldosis die Erholungskapazität des Normalgewebes maximal auszunutzen. Damit kann bei gleichbleibender Enddosis die Rate an Spätnebenwirkungen gesenkt oder bei gleichbleibender Spätnebenwirkungsrate die Gesamtdosis erhöht werden. > Zwischen den Fraktionen muss ein Zeitintervall von mindestens 6 bis 8 h eingehalten werden.
42.1.2
Hypofraktionierte Bestrahlung
Im Vergleich zur konventionellen Fraktionierung wird eine Dosis von mehr als 2,0 Gy pro Fraktion eingesetzt. Zur Vermeidung von Spätkomplikationen muss die Enddosis reduziert oder das Bestrahlungsvolumen entspre-
chend reduziert werden. Typischerweise werden Einzeldosen zwischen 3-8 Gy appliziert. Diese Fraktionierung wird bei konformalen Strahlentechniken, wie der extrakraniellen Stereotaxie von Lebermetastasen, eingesetzt.
42.1.3
Akzelerierte und akzeleriertehyperfraktionierte Bestrahlung
Diese Bestrahlungsschemata haben als Zielsetzung, die Behandlungszeit im Vergleich zur konventionellen Fraktionierung zu verkürzen. Dabei werden Einzeldosen von 1,5 Gy bis 1,8 Gy zweimal am Tag appliziert. Die Dosis pro Woche steigt damit an. Damit ist allerdings auch eine Steigerung der akuten Nebenwirkungen der Strahlentherapie verbunden. Diese Behandlungsschemata werden überwiegend bei Tumoren der Kopf-Hals-Region und der Lunge durchgeführt. Im Bereich der Leber und des Pankreas spielen sie derzeit fast keine Rolle.
42.2
Bestrahlungstechniken
42.2.1
Perkutane Bestrahlung
Eine perkutane Bestrahlung sollte heute nur noch auf der Basis einer computerunterstützten dreidimensionalen Bestrahlungsplanung erfolgen. Dazu wird nach Definition eines anatomischen Fixpunktes eine Computertomographie der Bestrahlungsregion angefertigt. Der Patient liegt dabei in Bestrahlungsposition auf dem Behandlungstisch. Da die Patientenlagerung nicht vergleichbar ist, können diagnostische Computertomographien nicht verwendet werden. In die einzelnen Schichten der Computertomographie werden dann die zu bestrahlenden Regionen (Zielvolumen) und die zu schonenden Risikoorgane wie Leber, Nieren, Rückenmark eingetragen. Durch die computerunterstützte Bestrahlungsplanung werden die Behandlungsfelder so angeordnet, dass die Risikoorgane maximal geschont und die Dosis in Zielvolumen optimal appliziert werden kann. Mithilfe sog. Dosis-Volumen-Histogramme können die Dosishöhe und das mit einer bestimmten Dosis belastete Volumen in einzelnen Organen bestimmt werden. Damit lässt sich eine Über- oder Unterdosierung vermeiden. Durch so genannte digitale Rekonstruktionen der Bestrahlungsfelder können die Bestrahlungsfeldpforten zwischen der Planung und den Röntgenaufnahmen am Simulator und am Bestrahlungsgerät verglichen und verifiziert werden. Durch die Verwendung von hoch energetischer Röntgenstrahlung (mindestens 6 MeV; besser 10–16 MeV) spielen Hautbelastungen quasi keine Rolle mehr.
42
422
Kapitel 42 · Grundlagen der Strahlentherapie
42
⊡ Abb. 42.1 Seitliche Bestrahlungsfeldpforte bei der postoperativen Bestrahlung eines Gallengangskarzinoms. Durch optimale Wahl der Bestrahlungsfelder lässt sich ein großer Teil der Leber und der Nieren schonen. Rot rechter Leberlappen. Gelb rechte und linke Niere. Gelb umrandet Bestrahlungsfeldpforte. Rot innerhalb der Wirbelsäule Rückenmark
⊡ Abb. 42.2 Anteriore Bestrahlungsfeldpforte bei der postoperativen Bestrahlung eines Gallengangskarzinoms. Durch optimale Wahl der Bestrahlungsfelder lässt sich ein großer Teil der Leber und der Nieren schonen. Rot rechter Leberlappen. Gelb rechte und linke Niere. Gelb umrandet Bestrahlungsfeldpforte. Rot innerhalb der Wirbelsäule Rückenmark
Eine Weiterentwicklung der dreidimensionalen Bestrahlung ist die so genannte intensitätsmodulierte Strahlentherapie. Dabei wird die Dosis in den einzelnen Bestrahlungsfeldpforten nochmals unterschiedlich gewichtet, sodass die Dosisverteilung noch weiter optimiert werden kann, bei gleichzeitig besserer Schonung der gesunden Gewebe.
42.2.2
Extrakranielle Stereotaxie
Die extrakranielle stereotaktische Bestrahlung ist eine Sonderform der perkutanen Bestrahlung. Durch die Verwendung von sechs bis 10 oder mehr Bestrahlungsfeldern kann die Bestrahlungsdosis direkt im Tumor konzentriert werden. Durch den steilen Dosisrandabfall in unmittelbarer Umgebung des Tumors kann das gesunde Lebergewebe maximal geschont werden. So ist es möglich, Teile der Leber mit weitaus höheren Dosen zu belasten. Dabei können kleinvolumig Bestrahlungsdosen erreicht werden, die eine tumorabtötende und damit kurative Wirkung entfalten können. Voraussetzung für die stereotaktische Bestrahlung ist eine hohe Positionierungsgenauigkeit, die Begrenzung der Atembeweglichkeit der Leber und die Bestrahlungsplanung im dreidimensionalen Verfahren. Zur Reduktion der Atembeweglichkeit der Leber werden heute Vakuumkissen mit stereotaktischen Körperrahmen verwendet, an die Markierungen zur Definition der Lagerung des Patienten angebracht sind. Die Mobilität der Leber kann durch
⊡ Abb. 42.3 Dosisverteilung bei der postoperativen Bestrahlung eines Gallengangskarzinoms. Orangefarbene Isodose 45 Gy. Grüne Isodose 30 Gy. Blaue Isodose 20 Gy. Rot Zielvolumen
mechanische abdominelle Kompression reduziert werden. Damit lässt sich eine Genauigkeit der Bestrahlung von 5 bis 8 mm erreichen (⊡ Abb. 42.4). Eine weitere Technik zur Reduktion der Atembeweglichkeit der Leber ist die so genannte Atem-getriggerte Bestrahlung. Dabei erfolgen die Bestrahlungen in bestimmten Atemphasen, sodass die Metastase beziehungs-
423 42.3 · Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie
⊡ Abb. 42.4 Patient, der in einem stereotaktischen Körperrahmen zur Bestrahlung einer Lebermetastase vorbereitet wird (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Siemens)
weise der Lebertumor immer dann bestrahlt wird, wenn er sich innerhalb des Bestrahlungsfeldes befindet.
42.2.3
Brachytherapie
Im Gegensatz zur perkutanen Strahlentherapie wird bei der intrakavitären Bestrahlung eine kleine Strahlentherapiequelle direkt in den Tumor gebracht. Als radioaktive Quelle wird heutzutage in der Regel 192-Iridium verwendet. Die Bestrahlungsquellen haben dabei einen Durchmesser von 1 bis 2 mm. Bei der interstitiellen Strahlentherapie werden Hohlnadeln in den Tumor implantiert, diese Technik wird von einigen Arbeitsgruppen zur Behandlung von Lebermetastasen eingesetzt. Bei der intrakavitären Strahlentherapie werden Körperhöhlen und -gänge wie zum Beispiel der Gallengang als Leitschienen für die Bestrahlungskatheter verwendet. Alternativ kann zum Beispiel auch eine transhepatische Gallendrainage als Leitschiene verwendet werden. Die intrakavitäre Strahlentherapie wird überwiegend zur Behandlung von Gallenwegskarzinomen eingesetzt. Heute wird die Brachytherapie im sog. Nachladeverfahren (afterloading-Verfahren) eingesetzt, das heißt es werden zunächst die Bestrahlungskatheter gelegt, anschließend die eigentliche Strahlentherapie appliziert.
⊡ Abb. 42.5 Intrakavitäre Bestrahlung eines Klatskin-Tumors: die Brachytherapie-Katheter wurden über zwei transkutane Gallenwegsdrainagen eingeführt. Man erkennt die hohe Bestrahlungsdosis in unmittelbarer Nähe der Katheter, bei entsprechender Schonung des normalen Leberparenchyms
Damit kann für das Behandlungsteam ein optimaler Strahlenschutz erreicht werden. Durch das sog. high dose rate-Verfahren können die Bestrahlungszeiten auf wenige Minuten begrenzt werden. Bei dieser Technik wird eine Dosisleistung von mindestens 12 Gy/h appliziert. Andere DosisleistungsVerfahren wie das medium dose rate-Verfahren (Dosisleistung: 2-12 Gy/h) oder das low-dose rate-Verfahren (Dosisleistung: <2 Gy/h) werden heute kaum noch eingesetzt. Denn die Bestrahlungszeiten von Stunden bis Tagen sind zu lange, sodass pflegerische Probleme und Strahlenschutzprobleme auftreten.
42.3
Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie
Bei einer Vielzahl von Tumoren konnte durch eine Kombination aus Chemotherapie und Strahlentherapie die Prognose der Patienten deutlich verbessert werden. Deshalb wird auch bei Tumoren der Leber, der Gallengänge und des Pankreas zunehmend diese Kombination eingesetzt. Chemotherapie mit Strahlentherapie kann auf verschiedene Weise miteinander appliziert werden: ▬ die simultane Radiochemotherapie: dabei werden Zytostatika parallel zur Bestrahlung appliziert
42
424
42
Kapitel 42 · Grundlagen der Strahlentherapie
▬ die sequenzielle Radiochemotherapie: dabei wird zunächst die Chemotherapie; in der Regel zwei bis drei Zyklen, anschließend eine Bestrahlung durchgeführt ▬ eine alternierende Radiochemotherapie: dabei wird abwechselnd Chemotherapie und Strahlentherapie appliziert ▬ zusätzlich zur simultanen Radiochemotherapie kann eine Induktionschemotherapie vorgeschaltet werden bzw. im Anschluss eine konsolidierende Chemotherapie appliziert werden. Aus klinischer Sicht muss insbesondere bei der simultanen Radiochemotherapie der Effekt am Tumor und am gesunden Gewebe bedacht werden. Am Tumor ergiben sich in den meisten Fällen ein additiver Effekt und somit eine bessere lokale Kontrolle. Bei der Wirkung beider Modalitäten auf das normale Gewebe sollten die Strahleneffekte nicht zu stark verstärkt werden. Bewährt hat sich in der Kombination mit Bestrahlung die Applikation von 5-FU, Cisplatin; Vinorelbin oder Taxanen. Bei der Applikation von Gemcitabine simultan zur Bestrahlung muss berücksichtigt werden, dass Gemcitabine die Strahlenwirkungen auch am normalen Gewebe deutlich verstärkt. Deshalb ist hier eine Reduktion der Gemcitabinedosis erforderlich.
42.4
Nebenwirkungen der Strahlentherapie
Die Einteilung von Nebenwirkungen der Strahlentherapie auf das normale Gewebe erfolgt nach ihrem zeitlichen Verlauf. Dabei hat sich die Einteilung in frühe und späte Nebenwirkungen bewährt:
42.4.1
Frühe Nebenwirkungen
Frühe Strahlenreaktionen treten typischerweise während oder kurz nach Ende einer Strahlentherapie in schnell proliferierenden Normalgeweben auf. Als Zeitgrenze wird ein Auftreten innerhalb von 90 Tagen nach Beginn der Bestrahlungsbehandlung definiert. Typische Beispiele sind Nebenwirkungen der Haut, der Schleimhäute und des Knochenmarks. Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Zeitraum bis zum Auftreten und der Stärke der Nebenwirkungen. Stärkere Nebenwirkungen haben häufiger eine langsamere Abheilung zur Folge. Typischerweise führen kürzere Behandlungszeiten zu vermehrten akuten Reaktionen. Die meisten akuten Nebenwirkungen heilen gut ab. Allerdings können konsekutive Späteffekte nicht ausgeschlossen werden.
42.4.2
Späte Strahlennebenwirkungen
Definitionsgemäß treten späte Strahlenreaktionen ab dem 90. Tag nach Beginn der Strahlentherapie auf; es gibt jedoch keine obere Grenze für das Auftreten später Strahlenreaktion, d.h. diese können viele Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte nach Ende der Therapie noch auftreten. Typischerweise führen stärkere Strahleneffekte zu einer geringeren Latenzzeit. Die Gesamtbehandlungszeit der Strahlentherapie hat keinen Einfluss auf das Auftreten von späten Nebenwirkungen. Demgegenüber besteht ein hoher Zusammenhang mit der Fraktionierung beziehungsweise der Einzeldosis. Je höher die Einzeldosis ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von späten Strahlennebenwirkungen. Typische späte Strahleneffekte sind Teleangieektasien, Fibrosen des subkutanen Gewebes, die radiogene Nephropathie, Osteoradionekrose und Strahlenmyelopathien.
Sequentielle RCT
Simultane RCT
Induktion / sim RCT
Sim RCT / Konsolidierung ⊡ Abb. 42.6 Möglichkeiten der Kombination von Strahlentherapie und Chemotherapie
Chemotherapie Radiotherapie
425 42.4 · Nebenwirkungen der Strahlentherapie
> Besonders wichtig ist, dass späte Strahlennebenwirkungen nicht mehr reversibel sind, sie können lediglich dann kompensiert werden, wenn ausreichend große Teile eines Organs erhalten werden.
Bei der Behandlung von Tumoren des Pankreas und der Leber können folgende Organe bei der Entstehung von frühen und späten Strahlennebenwirkungen eine Rolle spielen: ▬ Magen ▬ Leber ▬ Nieren ▬ Dünndarm ▬ Rückenmark Akute Strahlenreaktion treten bei der Behandlung dieser Tumoren durch Veränderungen im Bereich des Magens und der Leber auf. Die akute Strahlenreaktion des Magens ist durch Emesis und Nausea gekennzeichnet. Durch frühzeitige Applikation, d.h. bereits vor der ersten Bestrahlung, von Antiemetika können diese Nebenwirkungen heute auf ein für den Patienten verträgliches Maß reduziert werden. Selten kommt es während der Strahlentherapie zur Entwicklung eines akuten Magenulkus. Bei anhaltender Übelkeit und Erbrechen im Verlauf einer Strahlentherapie sollten ein Ulkus oder andere Ursachen mittels Gastroskopie ausgeschlossen werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass entsprechende Symptome durch eine Infektion mit Helicobacter pylori auftreten können. Hier kann dem Patienten durch Applikation von Antibiotika schnell geholfen werden. Die radiogene Hepatitis tritt zwei Wochen bis sieben Monate nach der Bestrahlung auf. Symptome sind Leistungsinsuffizienz, Gewichtszunahme, auch Umfangszunahme, ziehende Schmerzen im rechten Oberbauch sowie selten ein Ikterus. Laborchemisch findet sich eine deutliche Erhöhung der typischen Leberwerte. Da in den meisten Fällen nur Teile der Leber bestrahlt werden, reicht die Kompensation durch das verbliebene normale Gewebe in der Regel aus, um Leistungseinschränkungen zu kompensieren. Dabei darf das bestrahlte Lebervolumen nicht außer Acht gelassen werden. Wird die ganze Leber bestrahlt, so dürfen Bestrahlungsdosen von über 30 Gy (Einzeldosis 1,5 Gy) nicht appliziert werden. Bei kleineren Volumina können höhere Strahlendosen appliziert werden. Werden weniger als 20% des Lebervolumens behandelt, so können Dosen zwischen 90 und 100 Gy appliziert werden, steigt das behandelte Lebervolumen auf 60% an, so muss die Dosis auf 40 bis 50 Gy reduziert werden. Bei einer ausgeprägten radiogenen Hepatitis kann die Letalität bis zu 45% betragen.
Chronische Strahlenreaktionen der einzelnen Organe sind durch folgende Eigenheiten gekennzeichnet: Das klinische Bild der radiogenen Nephropathie entwickelt sich innerhalb von 6 bis 12 Monaten nach der Strahlentherapie. Charakteristische Symptome sind Hypertonie, Anämie und Proteinurie sowie letztendlich ein Nierenversagen. Das Risiko einer Strahlenreaktion der Niere ist vom Volumen des bestrahlten Organs abhängig. Die Toleranzdosis des ganzen Organs bei konventioneller Fraktionierung beträgt 20 Gy. Bei einer Belastung von zwei Dritteln steigt die Toleranzdosis auf 30 Gy; bei einem Drittel der Niere auf 50 Gy. Radiogene Veränderungen des Pankreas äußern sich zwar histologisch in einer Fibrose des Organs, bei Bestrahlungsdosen bis 50 Gy führte dies jedoch nur zu geringen klinischen Beeinträchtigungen. Vereinzelt wurde berichtet, dass durch eine Bestrahlung ein Diabetes mellitus verschlechtert oder ausgelöst werden kann. Chronische Strahlenreaktionen des Magens äußern sich durch ischämisch bedingte atrophische Gastritiden, gelegentlich kommen Ulzerationen vor. Chronische Veränderungen des Dünndarmes können sich durch Stuhlunregelmäßigkeiten, schmerzhafte Darmkrämpfe, rezidivierende Subileuszustände, Übelkeit und Erbrechen manifestieren. Bei höheren Dosen kann es auch zu einer Stenosierung kommen. Da das Bestrahlungsvolumen des Dünndarmes bei der Behandlung von Pankreas- und Lebertumoren begrenzt ist, sind diese Veränderungen allerdings selten. Chronische Strahlennebenwirkungen im Bereich des Rückenmarks sollten aufgrund der heutigen Bestrah-
lungstechniken nicht vorkommen. Die Grenzdosis von 45 Gy bei einer Fraktionierung von 2 Gy pro Tag darf auf keinen Fall überschritten werden. Die meisten Erkenntnisse zum Auftreten akuter und später Strahlenfolgen wurden bei einer konventionellen Fraktionierung mit 2 Gy pro Tag gewonnen. Bei Abweichungen der Einzeldosis können sich andere Grenzdosen ergeben. Insbesondere bei der Anwendung von hohen Einzeldosen im Rahmen einer extrakraniellen stereotaktischen Bestrahlung liegen hier nur begrenzte Erfahrungen vor.
Literatur (Angegeben sind Textbücher, in denen der Inhalt vertieft werden kann) Bamberg M, Molls M, Sack H (2003) Radioonkologie: Band 1 Grundlagen; W. Zuckschwerdt Verlag GmbH, München; ISBN 3-88603-781-9 Bamberg M, Molls M, Sack H (2004) Radioonkologie: Band 2 Klinik; W. Zuckschwerdt Verlag GmbH, München; ISBN 3-88603-753-3 Dörr W, Zimmermann JS, Seegenschmiedt MH (2000) Nebenwirkungen in der Radioonkologie: Klinisches Kompendium; Urban und Vogel Medien und Medizin Verlagsgesellschaft mbH, München; ISBN 3-86094-118-6
42
43
Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege R. Fietkau
43.1
Einleitung
– 427
43.2
Palliative Ganzleberbestrahlung – 427
43.2.1 Strahlentherapie des Hepatozellulären Karzinoms (HCC) – 427
43.3
Palliative Bestrahlung von Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen – 429
43.4
Cholangiozelluläre Karzinome – 429
43.5
Behandlung von Lebermetastasen – 432
43.5.1 Brachytherapie – 432 43.5.2 Stereotaktische Bestrahlung von Lebermetastasen
– 432
427 43.2 · Palliative Ganzleberbestrahlung
43.1
Einleitung
Die Behandlung von Tumoren der Leber, der Gallenblase und der Gallengänge ist eine Domäne der Chirurgie und der interventionellen Radiologie. Lebermetastasen werden bei einer Vielzahl von anderen Ursprungsorganen (insbesondere den kolorektalen Tumoren), so weit sie einer Operation zugänglich sind, chirurgisch saniert. Als alternative Verfahren stehen interventionelle Methoden wie Thermoablation oder transarterielle Chemoembolisation zur Verfügung. Bei diffuser Metastasierung erfolgt in der Regel eine palliative Chemotherapie in Abhängigkeit von der Histologie des Primärtumors. Die Strahlentherapie hat bislang bei der Behandlung von in der Leber gelegenen Tumoren oder Metastasen nur einen geringen Stellenwert. Dies kann sich durch die Einführung neuer strahlentherapeutischer Techniken in den nächsten Jahren ändern.
43.2
Palliative Ganzleberbestrahlung
Erstmals berichtete Philips und Mitarbeiter 1954 über eine erfolgreiche Ganzleber-Bestrahlung. Bei 36 Patienten mit diffuser Lebermetastasierung konnte bei einfacher Bestrahlungstechnik und einer Bestrahlungsdosis 19 bis 36 Gy die bestehende Symptomatik (Schmerzen, Müdigkeit, abdominelles Spannungsgefühl, Übelkeit, Erbrechen und Anorexie) bei 26/36 Patienten gebessert werden. Die maximale Überlebenszeit der Patienten betrug jedoch lediglich sieben Monate. Diese Ergebnisse werden durch andere Autoren bestätigt. Allerdings kann durch die Ganzleberbestrahlung keine dauerhafte Tumorkontrolle erreicht werden. Die dazu benötigten höheren Dosen würden zu einer radiogenen Hepatitis mit einem thrombotischen Verschluss der kleinen Lebervenen (Radiation induced liver disease = RILD) führen. Durch den Einsatz effektiver Zytostatika wird die palliative Ganzleberbestrahlung heute kaum noch angewendet, sollte aber zum palliativen Repertoire onkologischen Zentren zählen. Dabei werden Bestrahlungsdosen von 7-mal 3 Gy (Leibel et al. 1987) oder 15-mal 2 Gy appliziert.
43.2.1
Strahlentherapie des Hepatozellulären Karzinoms (HCC)
> Die Tumorresektion, Tumorablation und Lebertransplantation sind die Behandlungen des HCC, bei denen eine kurative Option besteht (Übersicht Blum 2005).
Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen zwischen 31 und 56% nach Resektion, nach Ablation zwischen 35 und 57%, nach Transplantation zwischen 50 und 71%. Unglücklicherweise können lediglich 15% der Patienten mit HCC einer chirurgischen Behandlung zugeführt werden. Daher wurden viele verschiedene andere lokale Therapieformen untersucht. Dazugehören die Radiofrequenzablation (RFA), die perkutane Ethanolinjektion (PEI), Mikrowellenkoagulationsbehandlungen, laserinduzierte Thermotherapien und fokussierter Hochintensitätsultraschall. Für diese Interventionen sind Tumoren kleiner 5 cm am besten geeignet. Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) wird bei Tumoren eingesetzt, die nicht resektabel sind und durch perkutane Ablationsmethoden nicht zu behandeln sind. Dabei wird ein Zytostatikum mit Lipiodol gemischt injiziert und das arterielle Gefäß embolisiert. Damit können partielle Remissionen in 15-55% erreicht werden. In 2 randomisierten Studien sowie einer Metaanalyse wurde die Prognose im Vergleich zur alleinigen palliativen Behandlung verbessert; bei 2-Jahres-Überlebensraten von 31-63%. Mit diesen Verfahren steht die Strahlentherapie in Wettbewerb, jedoch kann die Radiotherapie auch bei Tumoren über 5 cm eingesetzt werden. Allerdings spielte die Strahlentherapie bislang nur eine untergeordnete Rolle, da mit herkömmlichen Bestrahlungstechniken eine hohe Belastung der Leber verbunden war. Seitdem hochkonformale dreidimensionalen Bestrahlungstechniken sowie extrakranielle stereotaktische Bestrahlungen zur Verfügung stehen, wird der Stellenwert der Strahlentherapie neu überprüft. Erfahrungen zur Bestrahlung von HCC werden überwiegend aus Asien, zunehmend jedoch auch aus Nordamerika und Frankreich berichtet. Die ⊡ Tab. 43.1 zeigt die Ergebnisse der hochkonformalen dreidimensionalen Bestrahlung bei HCC: In der Regel werden Einzeldosen von 1,5 bis 3,0 Gy bei Gesamtdosen zwischen 36-60 Gy appliziert. Die applizierte Gesamtdosis richtet sich dabei nach dem bestrahlten Lebervolumen. Werden weniger als 20% des Lebervolumens behandelt, so können Dosen zwischen 90 und 100 Gy appliziert werden; steigt das behandelte Lebervolumen auf 60% an, so muss die Dosis auf 40 bis 50 Gy reduziert werden (Dawson et al. 2002). Weitere Analysen sowie die Beeinflussung durch Begleiterkrankungen und dem Ausmaß der Leberzirrhose erfolgten durch Cheng et al. 2002, Cheng et al. 2004, Furuse et al. 2005, Xu et al. 2006. Dabei zeigte sich, dass die Toleranzdosen zwischen den chinesischen und amerikanischen Analysen unterschiedlich sind. Durch die Bestrahlung können Remissionsraten zwischen 30 und 60%, mediane Überlebenszeit von 11 bis 15 Monaten und
43
428
43
Kapitel 43 · Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege
3-Jahres-Überlebensraten von 20 bis 30% erreicht werden. Dabei korreliert die Höhe der Bestrahlungsdosis häufig mit dem Überlebensraten signifikant, Entsprechendes gilt auch für die lokale Tumorkontrolle (Übersicht Hawkins und Dawson 2005). Allerdings liegt die Mehrzahl der Rezidiven im Anschluss an diese Bestrahlung außerhalb des bestrahlten Volumens. Daher wurden insbesondere in Asien diese Behandlungen mit einer transarteriellen Chemoembolisation verknüpft. Dabei wurden drei verschiedene Strategien verfolgt: ▬ Mithilfe der Bestrahlung wird ein Thrombus in der Pfortader oder der V. cava inferior behandelt, ohne dass der Lebertumor selbst bestrahlt wird. Der Hintergrund ist, dass eine transarterielle Chemoembolisation wenig effektiv ist, wenn die Pfortader einen Tumorthrombus enthält. Durch die Bestrahlung soll die Pfortader besser durchgängig für die transarterielle Chemoembolisation werden (Ishikura et al. 2002; Tazawa et al. 2001; Yamada et al. 2003; Zeng et al.2005). Dabei wurde in Einzeldosen von 2 Gy eine Gesamtdosis von 36-60 Gy appliziert. Die erreichten Remissionsraten liegen zwischen 32 und 57%; die medianen Überlebensraten bei 5 bis 10 Monaten. ▬ Strahlentherapie als Rezidivbehandlung nach transarterieller Chemoembolisation oder vice versa. ▬ Zunächst Applikation einer transarteriellen Chemoembolisation, anschließend Bestrahlung (⊡ Tab. 43.1). Die Strahlentherapie ist dabei als Konsolidierung für verbliebene Tumorzellen nach der transarteriellen Chemoembolisation gedacht. Die Kombination der beiden Verfahren wird in den verschiedenen Zentren unterschiedlich gehandhabt. So liegen die Zeitintervalle zwischen der transarteriellen Chemoembolisation und der Bestrahlung zwischen 7 bis 14 Tagen in einigen Publikationen; in anderen beträgt dieser Zeitraum bis zu 8 Wochen. Es deutet sich in den Phase II-Studien an, dass diese Kombination vorteilhaft für die Patientin ist. Die partiellen Revisionsraten liegen zwischen 25 und 78% einen Monat nach der Bestrahlung mit kompletten Remissionsraten bis zu 13%. Die 2-Jahres- und 5-Jahres-Überlebensraten reichen zwischen 10 bis 50% und 9 bis 19%. Allerdings liegen keine randomisierten Studien im Vergleich zur alleinigen transarteriellen Chemoembolisation oder zur alleinigen palliativen Behandlung vor. Neuere Publikationen berichten über die Möglichkeiten einer Körperstamm-Stereotaxie mit und ohne transarterielle Chemoembolisation (Hawkins et al. 2005; Hawkins et al. 2006). Dabei werden Einzeldosen von 4-6 Gy appliziert. Die Behandlung erfolgt in wenigen Fraktionen. Liang et al. (2005) berichtete über 128 Patienten, die in
Einzeldosen von 4 Gy ist einer Gesamtdosis von 53 Gy behandelt wurden. Die mediane Überlebenszeit betrug 20 Monate, die 3-Jahres-Überlebensrate 33%. 15% der Patienten entwickelten eine Strahlentherapie induzierte Lebererkrankung. Takeda et al. (2007) applizierten 35-50 Gy in 5-7 Fraktionen. Bei 8/16 Patienten konnte eine komplette Remission erreicht werden. Wesentliche Nebenwirkungen traten nicht auf. Aus den europäischen Zentren (Heidelberg, Würzburg, Stockholm) werden nur kleine Fallgruppen berichtet. So konnte die Würzburger Arbeitsgruppe (Wulf et al. 2001, 2006) bei 2/5 Patienten längerfristig ihre Emissionen erreichen, die übrigen drei Patienten verstarben an einem diffusen Leberbefall. Eine weitere Methode bei effektiver Schonung der gesunden Leber, die Bestrahlungsdosis im Tumor zu erhöhen, ist die Protonenbestrahlung beziehungsweise die Bestrahlung mit schweren Ionen. Japanische Studien (Kawashima et al. 2005) berichten hier über erste Erfahrungen bei allerdings noch begrenzter Fallzahl. Chiba et al. (2005) konnte bei 162 Patienten durch Protonenbestrahlung eine lokale Kontrolle von über 85% nach 5 Jahren erreichen. Selbst eine Rezidivbestrahlung war bei diesen Patienten nochmals möglich mit ebenfalls guten lokalen Kontrollraten von 87% (Hashimoto et al. 2006). Kato et al. (2004) behandelten 25 Patienten mit steigender Dosierung einer Schwerionenbestrahlung. Die lokale Kontrollrate lag nach einem Jahr bei 92%, nach fünf Jahren bei 81%, die 5-Jahres-Überlebensrate bei 45%. Allerdings traten auch hier die meisten Rezidiven in den nicht bestrahlten Bereichen der Leber auf. Tokuuye et al. (2005) berichtete über 79 Patienten, die mit Protonen bestrahlt wurden. Die 2-Jahres-Kontrollrate betrug 96%, die 3-Jahres-Überlebensrate 62%; auch andere kleinere Studien weisen auf die Effektivität einer Protonenbestrahlung hin. > Sollten sich diese Ergebnisse in größeren Kollektiven bestätigen, so liegt hier eine echte Alternative zur chirurgischen Behandlung vor.
Eine postoperative Bestrahlung nach Leberteilresektion oder Transplantation ist derzeit kein Standard, auch wenn bekannt ist, dass sich die Prognose der Patienten deutlich verschlechtert, wenn Lymphknotenmetastasen vorliegen oder nur eine R1-Resektion (Chau et al. 1997) möglich ist. Daten hierzu liegen fast nicht vor. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass neue Methoden der Strahlentherapie beim HCC sich derzeit in Entwicklung befinden, und dass bei ausgewählten Patienten offensichtlich längerfristig Remissionen erreicht werden können. Es handelt sich jedoch noch nicht um eine Standardtherapie. Die genaue Einschätzung des Stellenwertes der Bestrahlung sollte in weiteren Studien abgeklärt werden.
429 43.4 · Cholangiozelluläre Karzinome
⊡ Tab. 43.1 Ergebnisse der hochkonformalen bzw. stereotaktischen Strahlentherapie bei Patienten mit HCC. Die Behandlung wurde zum Teil in Kombination mit einer transarteriellen Chemoembolisation durchgeführt. Autoren
Zahl
Tumorvolumen
Dosis RT
Chemotherapie
Lokale Vo.-Kontrolle
Mornex et al. 2006
27
1 Herd mit <5 cm 2 Herde mit <3 cm
2 → 60 Gy
./.
CR 20/23 infield-Rezidive 22% outfield-Rezidive 41%
Seong et al. 2007
305
87,9% Tu >5 cm
z.T. transarterielle Chemotherapie
n.m.
Median: 11 Monate 3J.R.: 14,7%
Ben Josef et al. 2005
35
60,75 Gy → 2-mal 1,5 Gy
Intraarterielles Floxoridine
CR 1/35 PR 13/35 SD 11/35 infield 44%
Median: 15,2 Monate
Takeda et al. 2007
16
Extrakranielle Stereotaxie 35-50 Gy in 3-7 Fraktionen
± transarterielle Chemoemolisation
CR 8 / 16, 1 lokales Rezidiv
Cheng et al. 2004
89
1,8-3,0 Gy → 36-66 Gy
± transarterielle Chemoemolisation
∅
∅
Lin et al. 2004
44
1,8 Gy → 60 Gy
± transarterielle Chemoemolisation
CR 14% PR 48% SD 25%
Median: 15,2 Monate
Zeng et al. 2004
54
2,0 Gy → 36,0-60 Gy
± transarterielle Chemoemolisation
CR 6% PR 70%
Median: 20 Monate 3J.R. 24%
Wu et al. 2004
94
4-8 Gy → 48-60 Gy
± transarterielle Chemoemolisation
CR 13% PR 78% SD 6%
Median: 25 Monate 3J.R.: 26%
Liu et al. 2004
128
4 Gy → 53 Gy
Park et al. 2005
58
2-3 Gy → 30-55 Gy
± transarterielle Chemoemolisation
CR 8% PR 58% SD 25%
Takeda et al. 2007
16
5-7 Gy → 35-50 Gy
± transarterielle Chemoemolisation
CR 8 / 16 1 lokales Rezdiv
43.3
<100m2
Tumordurchmesser, Median: 10,7 cm (3,0– 18 cm)
Palliative Bestrahlung von Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen
Eine palliative Bestrahlung hat sich bewährt bei Lymphknotenmetastasen (Zeng et al.2004, 2005), Knochenmetastasen (Seong et al. 2005; Kaizu et al. 1998) und Hirnmetastasen (Chang et al. 2004; Tunc et al. 2004). So kann bei 73 bis 83% der Patienten eine Schmerzlinderung bei Knochenmetastasen erreicht werden. Weichteilmetastasen im Stichkanal nach PE oder interventionellen Maßnahmen (Häufigkeit ca 0,1-0,6%) können mit Bestrahlung erfolgreich behandelt werden (Tung et al. 2007).
Überleben
Median: 20 Monate 3J.R.: 33%
43.4
Median: 10 Monate 2J.R.: 27%
Cholangiozelluläre Karzinome
Je nach Lokalisation werden Tumoren der intra- und extrahepatischen Gallenwegen sowie Tumoren der Gallenblase unterschieden. Besonders häufig sind Tumoren der Gallenblase und Tumoren im Bereich des Leberhilus (Klatskin-Tumoren; Einteilung nach Bismuth). Die chirurgische Behandlung ist auch hier die einzige kurative Methode. In einer Literaturübersicht berichtete Seyama und Makuuchi (2007) über R0-Resektionsraten zwischen 14 und 83%; sowie 5-Jahres-Überlebensraten zwischen 12 und 45%. Die operativen Verfahren reichen dabei von verschiedensten an die Tumorlokalisation angepassten
43
430
Kapitel 43 · Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege
⊡ Tab. 43.2 Ergebnisse der adjuvanten Radiotherapie beim Gallengangs- und Gallenblasenkarzinom
43
Autoren
N
Radiotherapie (BT: Brachytherapie)
Chemotherapie
R0-Resektionsrate
Mediane Überlebenszeit (Monate)
p-Wert
Gerhards et al. 2003
71 20
46 Gy ± 10 Gy BT ∅
∅
14%
24 8
0,01
Todoroki et al. 2000
42 21
43 Gy ± 10 RT ∅
∅
3%
32 10
0,01
Pitt et al. 1995
27 27
RT ∅
∅
68%
18,4 20
n.s.
Sagawa et al. 2005
39 30
37 Gy ± BT ∅
∅
49%
23 20
n.s.
Stein et al. 2005
23 28
53 Gy ± BT ∅
∅
Oh et al. 2007
60 R0:24 R1:23 R2:13
45 Gy ± 10 Gy Boost (R1/R2)
3/60
./.
19
./.
Itoh et al. 2005
7 2
?
∅
0%
Resektionsarten bis hin zur Hemihepatektomie und Lebertransplantation bei ausgewählten Patienten. (Shimoda et al. 2007; Seyama u. Makuuchi 2007). Die Rolle einer adjuvante Strahlentherapie oder Radiochemotherapie wird kontrovers diskutiert (Serafini et al. 2001; Sagawa et al. 2005; Todoroki et al. 2000, 2001; Shimoda et al. 2007). Randomisierte Studien liegen hierzu nicht vor. Retrospektive Studien fanden eine Verbesserung der Prognose nach mikroskopisch oder makroskopisch inkompletter Resektion, jedoch nicht nach R0-Resektion (⊡ Tab. 43.2) durch eine postoperative Strahlentherapie. Bei Gallengangskarzinomen konnte die mediane Überlebenszeit in Serien mit niedriger R0-Resektionsrate (3-14%) von 8 bis 10 auf 24 bis 32 Monate durch eine adjuvante Radiotherapie verbessert werden. Demgegenüber hatten Serien mit hoher R0 Resektionsrate keine Verbesserung der medianen Überlebenszeiten durch eine adjuvante Radiotherapie zu verzeichnen (ca. 20 bis 23 Monate). Die positiven Ergebnisse der Kombination von Chemotherapie und Strahlentherapie bei anderen Organtumoren haben dazu geführt, dass eine simultane Radiochemotherapie auch für die Behandlung des Cholangiokarzinoms zunehmend verwendet wird. Simultan zur Bestrahlung werden 5-FU, Paclitaxel, Gemcitabine und Mitomycin C eingesetzt. Die publizierten Daten sind noch schwierig einzuordnen, da postoperative Situationen und inoperable Tumoren nicht immer eindeutig unterschieden werden (⊡ Tab. 43.3). Zwei Studien (Hughes et al. 2007, Serafini et al. 2001) verglichen nicht randomisiert Ergebnisse einer alleinigen Operation mit denjenigen ei-
0,035
ner zusätzlichen Radiochemotherapie. Die adjuvante Behandlung führte zu besseren medianen Überlebenszeiten (22 bis 24 Monate vs. 36 bis 42 Monate) im Vergleich zur alleinigen Operation. Andere Untersuchungen zeigen einen signifikanten Einfluss des Resektionsstatus auf die Ergebnisse. Nach R0-Resektion und adjuvanter Radiochemotherapie werden 5-Jahres-Überlebensraten von 36 bis 51% berichtet; bei R1-Resektionen mediane Überlebenszeiten von 1,4 Jahren; während nach R2-Resektion kaum ein Patient 2 Jahre überlebt. Eine amerikanische Studiengruppe der Mayo Klinik (Rea et al. 2005) behandelte 71 Patienten mit einem hilären Cholangiokarzinom mit einer neoadjuvante Radiochemotherapie (45 Gy + intrakavitäre Brachytherapieboost + 5–FU) und nachfolgender Lebertransplantation (N =38). Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug 82% und war damit signifikant höher als bei alleiniger Resektion (21%). Bei inoperablen Tumoren sind die Erfolgsaussichten einer Chemotherapie und/oder Strahlentherapie (Zeng et al. 2006) begrenzt. Bei einer alleinigen Chemotherapie wird zumeist Gemcitabine eingesetzt oder Kombinationen mit 5-FU; Docetaxel; Paclitaxel, Cisplatin oder Oxaliplatin. An einigen Zentren wird derzeit die Wirkung einer photodynamischen Therapie untersucht (Witzigmann et al. 2007). Endoskopisch stehen verschiedene Stentverfahren zur Rekanalisierung zur Verfügung. Die alleinige Strahlentherapie wird zunehmend durch eine simultane Radiochemotherapie ersetzt. Simultan zur Bestrahlung werden 5-FU, Paclitaxel, Gemcitabine und Mitomycin C eingesetzt (⊡ Tab. 43.4). Zielsetzung der Bestrahlung ist eine
431 43.4 · Cholangiozelluläre Karzinome
⊡ Tab. 43.3 Ergebnisse der adjuvanten Radiochemotherapie beim Cholangiokarzinom (Gallenswegs- und Gallenblasenkarzinom) Autoren
Zahl
Resektionsstatus
Radiotherapie
Chemotherapie
Lokale Kontrolle
Überleben
Hughes et al. 2007
34
./.
1,8 Gy → 50,4 Gy
5-FU based chemotherapy in part: Mitomycin –Cisplatin
5 Jahre lokale Kontrolle 70%
Median: 36-9 Monate 5JÜLR: 35%
Adjuvante RCT 34
nur OP retrospektiv
-
-
-
Median: 22 Monate p<0,04
50
nur OP
-
-
-
Median: 24,5 Monate
RT
CT
n.m.
42 Monate p=0,07
Serafini et al. 2001
Adjuvante RCT 34 Kresl et al. 2002
21, adjuvante RCT nur Gallenblase
R0: 12 R1: 5 R2: 4
54 Gy
5-FU based
5 Jahre locale Kontrolle 71%
Median: R2: 0,6 Jahre R1: 1,4 Jahre R0: 5,1 Jahre 5J.ÜLR 33%
Oh et al. 2007
60
R0: 24 R1: 23 R2: 13
45 Gy + 10 Gy Boost (R1/R2)
3/ 60
lokoregionäre Rezidive: 29/60 = 49%
Median: 19 Monate 5JÜLR: 12,3% 2JÜLR: R0: 53% R1: 40,7%
40-45 Gy
Überwiegend 5-FU basiert
Lokoregionäre Rezidive: 47%
5JÜLR CT ja: 42% CT nein: 40% R0/R1: 36% R2: 0%
Kim et al. 2002
⊡ Tab. 43.4 Ergebnisse der definitiven Radiochemotherapie beim Cholangiokarzinom (Gallengangs- und Gallenblasenkarzinom) Autoren
N
Strahlentherapie BT = Brachytherapie
Chemotherapie
Lokale Kontrolle
Überleben
Park et al. 2006
19
45 Gy
Paclitaxel, Doxifluridine
17 / 19 »Reopening of bile duct«
Median: 14 Monate
Schoppmeyer et al. 2006
18
49,6 Gy
Gemcitabine, Capecitabine
»Disease stabilization« 50%
Median: 7,9 Monate (resektable Tumoren)
Ben-David et al. 2006
52 inoperabel 12 R0 16 R1
1,5–1,6 Gy / 2-mal tgl. → 58,4 Gy (Median)
54% simultane CT
lokoregionäre Rezidive 68 %
Median: R0: 24,1 Monate PR: 13,1 Monate
Deodato et al. 2006
17 inoperabel 5 R1
39,6 – 50,4 Gy ± BT
21 / 22 5-FU
∅
Median:23 Monate, mit BT: 22 Monate, ohne BT: 13 Monate
Crane et al. 2002
52
30,0–85,0 Gy BT: 3
lokale Kontrolle nach 1 Jahr: 41%
Median: 10 Monate
Ben-Josef et al. 2005
46
CR 4/46 PR 8/46 NC 20/46 infield: 36%
Median: 13,3 Monate
78 / 52: 5-FU 1,5 Gy 2-mal tgl. 60,75 Gy
Intraarteriell Floxuridine
43
432
43
Kapitel 43 · Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege
Dekompression des häufig durch Tumormassen verlegten Gallenganges und damit Wiedererlangung des Gallenabflusses. Die simultane Radiochemotherapie sollte überwiegend bei lokal begrenzten inoperablen Tumoren ohne Fernmetastasen eingesetzt werden. In den Studien mit Radiochemotherapie konnten Remissionsraten von 30 bis 40% erreicht werden, die mediane Überlebenszeit liegen zwischen 6 und 14 Monaten. Allerdings ist nach wie vor die lokale Tumorprogression das Hauptproblem; so berichteten Ben David et al. (2006) und Crane et al. (2002), dass 68,8-72% aller Rezidive lokoregionär gelegen waren. Aufgrund des Gallengangsystems ist eine interne Bestrahlung über einen vorgeschobenen Katheter mittels einer radioaktiven 192-Iridium-Quelle möglich. Dabei ist sowohl der Zugangsweg über eine extern angelegte Drainage wie auch intern über die Papilla Vateri möglich. Die intrakavitäre Bestrahlung wird meistens mit einer perkutanen Bestrahlung kombiniert. Im low-dose-rate-Verfahren werden Dosen in einer einmaligen Sitzung zwischen 27-50 Gy appliziert (Takamura et al. 2003; Kamada et al. 1996); im high dose rate-Verfahren in mehreren Sitzungen. Bei der adjuvanten postoperativen Strahlentherapie berichtet ein großer Teil der Autoren, dass durch die zusätzliche Brachytherapie die Therapieergebnisse nicht verbessert werden konnten (Gerhards et al. 2003); andere fühlen sich in der Einschätzung der Wertigkeit unsicher. Inwiefern die Ergebnisse bei inoperablen Tumoren durch eine zusätzliche Brachytherapie (in Kombination mit einer perkutanen Bestrahlung) verbessert werden können, ist derzeit unklar (Deodato et al. 2006).
43.5
Behandlung von Lebermetastasen
43.5.1
Brachytherapie
Die Berliner Arbeitsgruppe um Ricke (Ricke et al. 2001) beschrieb 2003 erstmals ein Verfahren zur CT-gestützten Brachytherapie von Lebermetastasen. Dabei werden unter CT Kontrolle Applikatoren in die Lebermetastasen implantiert. Im Einzeit-Verfahren wurden dann bei 21 Patienten Bestrahlungsdosen von 12 bis 20 Gy appliziert. Die mittlere Tumorgröße betrug 4,6 cm (2,5 bis 11 cm). Die Autoren berichten, dass bei 6/21 Patienten geringe Komplikationen wie Übelkeit und Erbrechen auftraten, ein Patient entwickelte eine Obstruktion des Ductus choledochus, die mittels Stent versorgt wurde. Die lokale Tumorkontrolle betrug nach 12 Monaten 70%. Dieselbe Arbeitsgruppe berichtete 2004 über die Kombination von interstitieller Brachytherapie mit thermaler Ablation bei 37 Patienten. Damit konnte eine lo-
kale Kontrolle von 87% nach 6 Monaten erreicht werden (Ricke et al. 2004).
43.5.2
Stereotaktische Bestrahlung von Lebermetastasen
In den 60er Jahren wurde erstmals eine stereotaktische Strahlentherapie von Leksell mit der Entwicklung des Gamma-Knifes beschrieben. Damit wurden zunächst Hirntumoren behandelt, da sich hier eine exakte Lagerung mittels knöcherner Fixation erzielen lässt. 1995 berichteten Blomgren und Lax aus dem Karolinska Institut in Stockholm über die stereotaktischen Bestrahlung von Lebermetastasen. In Deutschland wurde die Entwicklung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und an der Universität Würzburg vorangetrieben. Die Bestrahlung kann dabei unterschiedlich fraktioniert appliziert werden: ▬ entweder als Einzeitbestrahlung (häufig als Radiochirurgie bezeichnet) oder ▬ mittels weniger hoher Einzeldosen (Radioablation mittels Hypofraktionierung) Zwischenzeitlich sind Ergebnisse der Würzburger (Wulf et al. 2001, 2006), Heidelberger (Herfarth et al. 2001; 2004; 2005) und Stockholmer Arbeitsgruppe sowie anderer Arbeitsgruppen (Hover et al. 2006) publiziert, die in ⊡ Tab. 43.5 zusammengefasst sind. Die Stockholmer Arbeitsgruppe applizierte zunächst 1, dann 2 Fraktionen mit 10-15 Gy auf den Tumorrand. Die Dosisverteilung war noch sehr inhomogen, d.h. die Dosis im Zentrum war um 50% höher als in der Peripherie. Bei 21 Patienten, davon 10 Patienten mit einem kolorektalen Karzinom, wurde eine lokale Kontrolle bei 20/21 Patienten erreicht; allerdings traten Nebenwirkungen im Sinne von Übelkeit, Schüttelfrost und Fieber bei einem Drittel der Patienten auf. Zwei Patienten entwickelten eine hämorrhagische Gastritis bzw. ein Duodenalulkus. Dies war auf eine lokale Überhöhung der Dosis an diesen Stellen mit mehr als 7 Gy pro Fraktion zurückzuführen. Die Bestrahlungsdosis der Würzburger Arbeitsgruppe beträgt 3-mal 10 Gy/4-mal 7 Gy (»Niedrigdosis-Gruppe«) bis 3-mal 12,5, 1-mal 26 Gy (»Hochdosis-Gruppe«). 2006 berichtete Wulf et al. (2006) über 39 Patienten mit insgesamt 51 Lebermetastasen. Dabei wurden im Wesentlichen Lebermetastasen von kolorektalen Tumoren (N=23); Mamma-Karzinomen (N=11) und Ovarialkarzinomen (N=4) behandelt. Die Größe der Metastasen betrug zwischen 9 und 355 cm3. Die mediane Nachbeobachtungszeit beträgt 15 Monate (2-85 Monate). 9/51 Pa-
43
433 43.5 · Behandlung von Lebermetastasen
⊡ Tab. 43.5 Ergebnisse der stereotaktischen Bestrahlung von Lebermetastasen Medianes Volumen
Dosis
Patientenzahl (n)
Lokale Kontrolle
Toxizität
Kavanagh et al. 2006
14 cm3 (1- 98 cm3)
3 Fraktionen 36-60 Gy
21 (28 Läsionen)
0,93 (18 Monate)
1/21 Grad III
Blomgren et al. 1998
24 cm3 (2-263 cm3)
3-mal 10 Gy - 3-mal 15 Gy
21
20/21
Herfarth et al. 2005
10 cm3
Einzeitbestrahlung 22 Gy 1-mal 14 Gy - 1-mal 26 Gy
40 (Phase I/II, 60 Läsionen) 70 Interimspatienten
0,81 (18 Monate)
3/40
Wulf et al. 2006
53 cm3 (9–355 cm3)
3-mal 10 Gy - 3-mal 12,5 Gy
51
92% (12 Monate) 66% (24 Monate)
8/51 (14%)
Romero et al. 2006
22,2 cm3 (1,1-322 cm3)
3-mal 10 Gy – 3-mal 12,5 Gy
17 (34 Läsionen)
15/17 86% (24 Monate)
tienten entwickelten ein Rezidiv der behandelten Lebermetastasen; dies entspricht einer lokalen Kontrolle von 92% nach 12 Monaten und von 66% nach 24 Monaten. Die Patienten in der »Hochdosis-Gruppe« hatten eine grenzwertig signifikant (p=0,077) bessere lokale Kontrolle als in der »Niedrigdosis-Gruppe« mit Werten von 100% bzw. 82% (»Hochdosis-Gruppe«) versus 86% und 58% (»Niedrigdosis-Gruppe«) nach 1 bzw. 2 Jahren. Lebermetastasen von kolorektalen Tumoren hatten eine etwas schlechtere lokale Kontrolle als Metastasen anderer Organtumoren. Die Gesamtüberlebensrate betrug 72% nach einem Jahr bzw. 32% nach zwei Jahren. Der wesentliche prognostische Parameter für die Gesamtüberlebensrate war das Vorhandensein von weiteren extrahepatischen Metastasen, wie dies schon aus chirurgischen Serien zur Operation von Lebermetastasen bekannt ist. Die Nebenwirkungen waren vertretbar. 73% der Patienten hatten keine akuten klinisch wirksamen Nebenwirkungen. Bei 7 Patienten (13%) musste eine Behandlung mit Analgetika oder Kortikosteroiden begonnen werden. Gravierende späte Nebenwirkungen werden von der Arbeitsgruppe nicht beschrieben. Die Heidelberger Arbeitsgruppe verfolgte einen etwas anderen Bestrahlungsansatz. Im Gegensatz zu einer hypofraktionierten Bestrahlung mit wenigen Fraktionen wurde in Analogie zur Behandlung von Hirnmetastasen einmalig eine Bestrahlungsdosis von 22-28 Gy im Isozentrum appliziert. 2001 und 2005 berichtete diese Arbeitsgruppe über die Ergebnisse bei 70 Patienten mit Lebermetastasen. Das mittlere Tumorvolumen betrug 10 ml; die mittlere Nachbeobachtungszeit 14,9 Monate. Nach 18 Monaten lag die aktuarisch berechnete lokale Kontrolle bei 66%. Auch dieser Arbeitsgruppe fiel auf, dass Patienten mit kolorektalen Metastasen eine schlech-
tere Kontrolle der bestrahlten Metastasen hatte (45% nach 18 Monaten im Vergleich zu 91% bei Metastasen anderer Organtumoren). Die mediane Überlebenszeit der Patienten betrug 18 Monate. Patienten, die keine extrahepatischen Metastasen aufwiesen, hatten eine bessere Prognose als diejenigen, die eine extrahepatische Tumormanifestation hatten (mediane Überlebenszeit 11 Monate vs 36 Monate). Ein Drittel der Patienten berichtete über akzeptable Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Appetitlosigkeit. Ein Patient litt unter Schüttelfrost und Fieber; zwei Patienten klagten über Schluckauf. Derzeit untersucht die Arbeitsgruppe in einem randomisierten Vergleich die Bestrahlung von Lebermetastasen im Einzeitverfahren mit 28 Gy im Isozentrum (22,4 Gy umschließend) versus einer Hypofraktionierung mit 3-mal 12,5 Gy (umschließend; Maximaldosis 19,2 Gy). Dabei können Patienten mit maximal 3 Lebermetastasen und einem Tumordurchmesser von weniger als 5 cm eingeschlossen werden. Eine dänische Arbeitsgruppe um Hoyer et al. (2006) berichtete über die stereotaktische Bestrahlung von 64 Patienten mit kolorektalen Tumoren und 141 Metastasen, davon 44 in der Leber. Appliziert wurde stereotaktisch eine Dosis von 15-mal 3 Gy (Dosierung im Isozentrum); dies entspricht nahezu einer konventionellen Fraktionierung. Maximal 30% der Leber durften eine Dosis von 10 Gy oder mehr erhalten. Bei allen Patienten war eine chirurgische Resektion der Metastasen nicht möglich. Die Größe der Metastasen betrug im Median 35 mm (10 bis 88 mm). Durch die Behandlung konnte eine Kontrolle der Metastasen nach zwei Jahren in 79% erreicht werden. Das weitere Schicksal der Patienten war vom Auftreten von Fernmetastasen geprägt. Nach zwei Jahren betrug die progressionsfreie Überlebensrate 19%; die Gesamtüberlebensrate nach fünf Jahren betrug 13%. Auch
434
43
Kapitel 43 · Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege
in dieser Analyse war für die Prognose der Patienten entscheidend das Vorhandensein weiterer Fernmetastasen sowie die Größe der Metastasen (bessere Prognose bei Patienten mit Metastasen kleiner 35 mm). Nebenwirkungen bestanden auch hier im Wesentlichen aus Schmerzen (28%), Übelkeit, Diarrhöe und Hauttoxizität. Allerdings verstarb ein Patient an einem Leberversagen, dieser Patient erhielt eine Dosis von mehr als 10 Gy auf 60% der Leber. Ein Patient entwickelte ein Ulkus im Kolon, das chirurgisch versorgt werden musste; zwei Patienten hatten Duodenalulzera, die konservativ behandelt wurden. Die weiteren Ergebnisse von anderen Arbeitsgruppen sind in ⊡ Tab. 43.5 zusammengefasst. Insgesamt zeigt sich, dass durch die stereotaktische Bestrahlung von Lebermetastasen eine lokale Kontrolle von 70 bis 90% der Metastasen langfristig erreicht werden kann. Bei Einhaltung der Grenzwerte für Leber und Duodenum sind die Nebenwirkungen moderat. Als Nebenwirkungen berichten die Arbeitsgruppen bei einem geringen Teil der Patienten (18 bis 30%) über Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit und Appetitlosigkeit. Es fand sich zwar gelegentlich eine Erhöhung der Leberenzyme, eine radiogene Hepatopathie wurde jedoch nicht beschrieben. Diese Therapiemodalität befindet sich derzeit in der Entwicklung. Daher werden die unterschiedlichsten Fraktionierungsschemata untersucht. Bislang beschränken sich die Arbeitsgruppen auf die Behandlung nichtoperabler Lebermetastasen. In diesem Patientenkollektiv können zumindest befriedigende Ergebnisse erzielt werden. Inwiefern die stereotaktische Bestrahlung in Konkurrenz zu anderen Methoden wie der laserinduzierten Thermoablation, der Radiofrequenzablation oder vielleicht sogar der Operation treten kann, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. > Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Patienten mit limitierter Lebermetastasierung bei Inoperabilität durch die stereotaktische Bestrahlung eine hohe Tumorkontrollwahrscheinlichkeit erreicht werden kann. Dabei sind gravierende Nebenwirkungen selten. Bislang hat dieses Verfahren allerdings den Nachteil, dass es nur in wenigen ausgewählten Zentren zur Verfügung steht.
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435 43.5 · Behandlung von Lebermetastasen
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43
436
43
Kapitel 43 · Strahlentherapie von primären Lebertumoren und Lebermetastasen sowie Tumoren der Gallenwege
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44
Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms R. Fietkau
44.1
Patienten mit primär nicht metastasiertem, aber nicht resektablen Pankreaskarzinom – 438
44.1.1 Einsatz der Strahlentherapie als palliative Maßnahme – 438 44.1.2 Zielsetzung: Verbesserung der Resektabilität durch eine simultane Radiochemotherapie
44.2
Adjuvante Radiochemotherapie
– 441
– 440
438
44
Kapitel 44 · Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms
Weltweit erkranken jährlich 200.000 Menschen an einem Pankreaskarzinom; die meisten Patienten versterben an ihrer Erkrankung. Bereits zum Zeitpunkt der Diagnose muss bei der überwiegend Zahl der Patienten eine Fernmetastasierung oder eine lokal fortgeschrittene Erkrankung festgestellt werden. Eine potenzielle kurative Resektion ist nur bei einer begrenzten Zahl von Patienten möglich. Allerdings bietet nur eine mikroskopisch komplette (R0) Resektion dem Patienten die Chance auf Heilung. Trotzdem muss auch nach einer R0-Resektion bei 35 bis 90% der Patienten mit lokalen Rezidiven und bei 50 bis 90% mit Lebermetastasen oder einer peritoneal Metastasierung gerechnet werden. Die 5-Jahres-Überlebensraten sind in den letzten Jahren durch Verbesserungen der Operationstechniken kontinuierlich angestiegen und liegen in einem Bereich von 15 bis 22% (nach R0-Resektion) bei einer medianen Überlebenszeit von 11 bis 15 Monaten. Randomisierte Studien mit 5-FU oder Gemcitabine konnten zeigen, dass durch eine adjuvante Chemotherapie die progessionsfreie Zeit (Öttle et al. 2007) bzw. die Überlebensrate (Neoptoleomos et al. 2004) der Patienten verbessert werden kann. Dadurch konnte die mediane Überlebenszeit auf 20 bis 23 Monate verlängert, die 5-Jahres-Überlebensraten auf bis zu 29% erhöht werden. Der Einsatz der Strahlentherapie wird momentan kritisch diskutiert. Prinzipiell kann die Bestrahlung in dieser Situation neoadjuvant oder adjuvant erfolgen (Übersicht Bergenfeldt u. Albertson 2006). Bei Patienten mit Fernmetastasen beträgt die mediane Überlebenszeit ca. 4 bis 5 Monate, liegt ein fortgeschrittener inoperabler Tumor ohne Fernmetastasen vor, so steigt die mediane Überlebenszeit auf 6 bis 7 Monate an. Durch eine palliative Chemotherapie kann die mediane Überlebenszeit (Lidestahl et al. 2006) um ca 1 bis 2 Monate verbessert werden. Standard in der palliativen Chemotherapie ist derzeit Gemcitabine; Verbesserungen konnten durch eine Kombination mit Erlotinib (Moore et al. 2007) oder Kombinationschemotherapie bei Patienten in einem guten Allgemeinzustand (Heinemann et al 2007) erreicht werden. Auch hier wird der Stellenwert der Strahlentherapie derzeit kritisch diskutiert. Zielsetzungen dieser Übersichtsarbeit ist es, kritisch die Wertigkeit der Strahlentherapie in der Behandlung des potenziellen resektablen beziehungsweise postoperativ sowie des primär nicht resektablen Pankreaskarzinom darzustellen.
44.1
Patienten mit primär nicht metastasiertem, aber nicht resektablen Pankreaskarzinom
Bei 30% der Patienten ist der Tumor zum Zeitpunkt der Erstdiagnose chirurgisch nicht resektabel, es liegen jedoch keine Fernmetastasen vor. Prinzipiell kann eine Strahlentherapie in dieser Situation mit zwei Zielsetzungen eingesetzt werden: 1. einer Tumorverkleinerung zur Verbesserung der Resektabilität 2. zur palliativen Beherrschung der lokalen Tumorsituation um dem Patienten Schmerzen zu ersparen, eine möglichst lange progressionsfreie Zeit zu ermöglichen und letztendlich die Prognose der Patienten zu verbessern.
44.1.1
Einsatz der Strahlentherapie als palliative Maßnahme
In randomisierten Studien sowie Metaanalysen konnte gezeigt werden, dass eine kombinierte Radiochemotherapie bessere mediane Überlebenszeit erzielen kann als eine alleinige Bestrahlung. Unklar ist jedoch, ob eine Radiochemotherapie einer alleinigen Chemotherapie überlegen ist, und der Zeitpunkt, zu dem eine Radiochemotherapie eingesetzt werden sollte (⊡ Tab. 44.1). > Ältere Studien zeigten, dass eine Radiochemotherapie effektiver ist als eine alleinige Chemotherapie mit 5-FU. Allerdings liegen nur begrenzt Daten zum Vergleich mit dem derzeitigen Standard Gemcitabine in der palliativen Chemotherapie vor.
Problematisch zu bewerten ist eine kürzlich publizierte französische Studie (Chauffert et al. 2006). Dabei wurde eine simultane Radiochemotherapie (5-FU, Cisplatin, 60 Gy) mit anschließender Chemotherapie (Gemcitabine, 1.000 mg/m2, einmal wöchentlich; eine Woche Pause nach drei Applikationen) mit einer alleinigen Chemotherapie mit Gemcitabine (identisches Schema) verglichen. Die mediane Überlebenszeit war im Chemotherapiearm signifikant besser als nach Radiochemotherapie (14,3 Monate vs. 8,4 Monate, p=0,014) (⊡ Tab. 44.2). Die Studie muss aus radioonkologischer Sicht jedoch kritisch gesehen werden: ▬ Die Dosisdichte war im Radiochemotherapiearm aufgrund verstärkter Toxizität reduziert. So bekamen nur 81% die komplette Bestrahlungsdosis, 52% die komplette 5-FU Dosis und 50% die komplette Cisplatin-Dosis.
44
439 43.5 · Behandlung von Lebermetastasen
⊡ Tab. 44.1 Metaanalysen zum Pankreaskarzinom
Sultana et al. 2007
N
HR
CT
P
CRT vs RT
168
0,69
0,55-0,94
sig.
CRT vs CT
134
0,79
0,32-1,95
n.s.
0,37
0,25-0,57
<0,0001
CT vs BSC
Yip D Et al. 2006
CRT vs BSC
Stocken et al. 2005
Khanna et al. 2006
<0,0001
5-FU vs 5-FU comb.
0,9
0,62-1,3
SA-CT vs Gemcitabine
1,34
0,88-2,02
Gemcitabine vs Gem + CT
0,88
0,74-1,05
CT + Surg vs Surg
0,75
0,64-0,9
0,001
CRT + Surg vs Surg
1,09
0,89-1,32
0,43
CRT + Surg vs Surg
+12%*
3% - 21%
0,011
0,17
* Überlebnsbenefit nach 2 Jahren
⊡ Tab. 44.2 Pankreaskarzinom: Palliative Radiochemotherapie (RCT)
Moertel et al. 1981
Klaassen et al. 1985
GITSG et al. 1988
Cohen et al. 2005
Chauffert et al. 2006
Huguet et al. 2007
Park et al. 2006
Therapie
N
Mediane Überlebenszeit (Monate)
1-Jahres-Überlebensrate
50 Gy
25
5,3
10%
40 Gy/5-FU
83
8,4
35%
60 Gy/5-FU
86
11,4
46%
5-FU
44
8,2
32%
40 Gy/5-FU
47
8,3
26%
SMF
7,4
19%
RT 54 Gy/5-FU SMF
9,7
41%
RT 59,4 Gy
49
5
-
RT 59,4 Gy/Mitomycin C
55
5,1
-
RCT 5-FU/Cisplatin/Gemcitabine
8,4
Gemcitabine
14,3
p-Wert
p<0,05
n.s.
p<0,005
p<0,04
CT → RCT → CT
72
15
65,30%
CT
56
11,7
47,60%
Gemcitabine
26
11,3
-
RCT 5-FU
56
10,4
-
Beobachtung
56
6,1
-
p=0,0009
0,0001
440
44
Kapitel 44 · Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms
▬ Die Rekrutierung war mit einer Dauer von 5 Jahren sehr lang, die Bestrahlungsdosis mit 60 Gy sehr hoch und entspricht nicht der üblichen Dosis von 45–50 Gy. ▬ Die Chemotherapie simultan zur Bestrahlung entsprach nicht den gängigen Standard (5-FU). ▬ Die Toxizität in der Radiochemotherapie war sehr ausgeprägt im Vergleich zu anderen Phase II-Studien. Diese berichten bei primärer Radiochemotherapie über deutlich bessere Toxizitätsdaten und auch längere mediane Überlebenszeiten mit bis zu 14 Monaten (⊡ Tab. 44.3).
onschemotherapie gefolgt von einer simultanen Radiochemotherapie. Daten aus retrospektiven Untersuchungen unterstützen dieses Vorgehen. Rhana et al. verglichen eine alleinige simultane Radiochemotherapie mit einer Induktionschemotherapie vor einer Radiochemotherapie. Die mediane Überlebenszeit der Patienten mit Induktionschemotherapie betrug 11,9 Monate im Vergleich zu 8,5 Monaten nach alleiniger simultaner Radiochemotherapie. Den umgekehrten Ansatz untersuchte die französische GERCOR-Studiengruppe (Huguet et a. 2007). Die Patienten erhielten für 3 Monate eine in den jeweiligen Studien festgelegte Chemotherapie. Konnte damit eine Progression verhindert bzw. eine Remission erzielt werden, konnten die betreuenden Ärzte entscheiden, ob die Chemotherapie fortgesetzt oder mit einer Radiochemotherapie weiterbehandelt wird. In einer retrospektiven Analyse zeigte sich, dass nach Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie sowohl die mediane Progression freie Zeit (10,8 vs. 7,4 Monate, p=0,006) wie auch die gesamte Überlebensrate (15 vs 11,7 Monate, p=0,0009) besser waren.
Eine ganze Reihe von prospektiven und retrospektiven Analysen unterstreichen die Bedeutung der Chemotherapie - auch bei simultaner Radiochemotherapie. Brunner et al. (2000, 2006) zeigten in einer retrospektiven Studie, dass durch eine Radiochemotherapie mit nachfolgender Chemotherapie die mediane Überlebenszeit auf 13 Monate, im Vergleich zu den Patienten ohne zusätzliche Chemotherapie mit 8 Monaten, gesteigert werden konnte. Dem widersprechen die Ergebnisse einer randomisierten dreigliedrige Studien von Wilkowski et al. (2004). Eine simultane Radiochemotherapie mit 5-FU wurde verglichen mit einer simultanen Radiochemotherapie mit Gemcitabine und Cisplatin sowie mit einer Radiochemotherapie gefolgt von vier Kursen Chemotherapie. Primäres Studienziel war die Überlebensrate nach 9 Monaten. Zwischen den beiden simultanen Chemotherapiemethoden ergab sich mit 60% und 58% (mediane Überlebenszeit von jeweils 9,6 Monaten) kein Unterschied; überraschenderweise war die dritte Variante mit dem intensivsten Therapieregime mit einer 46%igen Überlebensrate nach 9 Monaten und einer medianen Überlebenszeit von 6,1 Monaten schlechter. Andere Studiengruppen verfolgen deshalb einen anderen Ansatz und beginnen zunächst mit einer Indukti-
44.1.2
Zielsetzung: Verbesserung der Resektabilität durch eine simultane Radiochemotherapie
Nur durch eine mikroskopisch komplette Resektion kann eine Heilung beim Pankreaskarzinom erreicht werden. Zielsetzungen einer neoadjuvante Radiochemotherapie beim primär nicht resektablen, nicht metastasiertem Pankreaskarzinom kann daher sein, den Tumor soweit zu verkleinern, dass eine kurative Operation möglich wird (Fietkau et al. 1991; Kastl et al. 2000). Randomisierte Studien hierzu liegen nicht vor. In einer ganzen Reihe von Phase II-Studien zeigte sich, dass durch eine neoadjuvante simultane Radiochemotherapie eine R0-Resektion bei primär zunächst in-
⊡ Tab. 44.3 Phase II-Studien zur Radiochemotherapie (RCT) Therapie
N
Mediane Überlebenszeit (Monate)
1-Jahres-Überlebensrate
Ishii et al. 1997
50,4 Gy/5-FU
20
10,3
41,80%
André et al. 2000
45 Gy/5-FU/Cisplatin
32
9
31%
Kornek et al. 2000
55 Gy/5-FU/Cisplatin
38
14
59%
Boz et al. 2001
59,4 Gy/5-FU
42
9,1
30%
Talamonti et al. 2006
36 Gy/Gemcitabine
20
26*
-
* Z.n. präoperativer RCT + OP
441 44.2 · Adjuvante Radiochemotherapie
operablen Tumoren in 20 bis 40% erreicht werden kann. Die mediane Überlebenszeit der R0-operierten Patienten betrug dabei zwischen 20 und 30 Monaten, die der R1-resezierten oder der nicht operierten Patienten lag bei 7 bis 12 Monaten. Trotzdem ist dieses Konzept umstritten, da ein großer Teil der Patienten letztendlich an einer Fernmetastasierung verstirbt. Eine Intensivierung der Therapie durch eine Induktionschemotherapie ist möglich, wie die Daten von McGinn et al. (2001) zeigen. Dieses Konzept hat zwei attraktive Punkte: 1. durch die primäre Chemotherapie wird frühzeitig die systemische Therapie intensiviert 2. im Zeitraum bis zur Radiochemotherapie wird sich ein Teil der Patienten mit okkulten und schnell wachsenden Metastasen demaskieren. Kritisch wird häufig angemerkt, dass präoperativ nur unzulänglich einzuschätzen ist, inwiefern tatsächlich eine Inoperabilität vorliegt. Letztendlich fehlen aber randomisierte Studien, die die Über- oder Unterlegenheit dieses Konzeptes zeigen.
44.2
Adjuvante Radiochemotherapie
1985 wurde eine Studie der Gastrointestinalen Study Group (GITSG 1988) publiziert, die zeigte, dass durch eine postoperative simultane Radiochemotherapie (zwei Kurse mit jeweils 20 Gy simultan mit 5-FU) die mediane Überlebenszeit im Vergleich zur alleinigen Operation von 11 auf 20 Monaten erhöht werden kann (2-Jahres-Überlebensrate 18% vs. 42%). Da diese Studien heftig wegen der kleinen Fallzahl, der langen Rekrutierungszeit und möglicher Ungleichgewichte in den Patientencharakteristika kritisiert wurde, wurde sie durch eine nicht randomisierte Studie von 30 Patienten ergänzt. Diese bestätigten die Resultate, allerdings wurde kritisch angemerkt, dass die Patienten in der Ergänzungsstudie in einem besseren Allgemeinzustand waren. Seitdem wurde das Konzept in einer ganzen Reihe von Phase II-Studien untersucht, die diese Ergebnisse prinzipiell bestätigten. In den letzten Jahren wurden zwei randomisierte Studien zu diesem Thema publiziert. Die EORTC verglich bei Pankreaskarzinomen und periampullären Karzinomen eine Radiochemotherapie mit 5-FU mit einer alleinigen operativen Behandlung. Die mediane Überlebenszeit betrug nach Radiochemotherapie 24,5 Monate im Vergleich zur alleinigen Operationsgruppe mit 19 Monaten. In der Subgruppenanalyse mit nur Pankreaskarzinomen ergab sich ein grenzwertig signifikanter Vorteil zugunsten der Radiochemotherapie mit 17 vs. 13 Monaten (p=0,09). Allerdings wurde diese Studie wegen fehlender Strati-
fizierung hinsichtlich des Resektionsstatus, einer unzureichenden Qualitätskontrolle und einer fehlenden Chemotherapie nach der Radiochemotherapie kritisiert. Des weiteren wurden periampulläre Karzinome in die Studie eingeschlossen, deren Prognose sich vom Pankreaskarzinom deutlich unterscheidet. Die ESPAC 1-Studien verglichen eine alleinige adjuvante Chemotherapie sowie eine adjuvante Radiochemotherapie mit einer alleinigen operativen Behandlung (Neoptolemos et al. 2001, 2004). Die mediane Überlebenszeit war am besten mit 20,1 Monaten bei den Patienten, die eine alleinige adjuvante Chemotherapie erhielten, während sich bei den andern beiden Armen mit 15,9 Monaten und 16,9 Monaten kein signifikanter Unterschied zeigte. Aufgrund dieser Studie wurde die postoperative adjuvante Chemotherapie zum Standard in der Behandlung des Pankreaskarzinoms. Aus radioonkologischer Sicht müssen folgende Punkte kritisch angemerkt werden: ▬ Die Strahlentherapie wurde als »split course« nicht entsprechend dem üblichen Standard durchgeführt wurde. ▬ Wichtige Details wie die Auswahl der Bestrahlungsgeräte, der Bestrahlungsfelder (häufig nur ap/paFelder) und einer fehlenden Qualitätskontrolle lassen befürchten, dass die Strahlentherapie nicht nach adäquaten modernen Kriterien erfolgte. ▬ Rund 30% der Patienten im Radiochemotherapiearm erhielten keine oder eine nicht protokollgerechte Strahlentherapie. ▬ Unterschiede finden sich im Zeitraum bis zum Beginn der Chemotherapie (48 Tage) im Vergleich zur Radiochemotherapie (61 Tage). Dies führt zur Frage, ob die Patienten im Radiochemotherapiearm nicht einen schlechteren Allgemeinzustand hatten als Patienten in Chemotherapiearm. Da beide Studien die »alten« amerikanischen Daten nicht bestätigen konnten, fehlen derzeit adäquate Daten zur postoperativen Radiochemotherapie. Auch Metaanalysen helfen derzeit nicht weiter. Khanna et al. (2006) fanden unter Einschluss aller Studien zur adjuvanten Radiochemotherapie einen Überlebensvorteil von 12% nach zwei Jahren; wurden nur die Daten der kürzlich publizierten Studien eingeschlossen, so war der Überlebensvorteil mit 6% nicht mehr signifikant. Stocken et al. (2005) fanden ebenfalls keinen signifikanten Vorteil zugunsten der adjuvanten Bestrahlung. Diese Autoren verwiesen aber darauf, dass nach einer R1-Resektion möglicherweise eine Radiochemotherapie vorteilhaft ist. Die meisten adjuvanten Radiochemotherapie-Studien erfolgten mit 5-FU. In der ESPAC-Studie waren
44
442
Kapitel 44 · Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms
Strahlentherapie und Chemotherapie mit Sicherheit unterdosiert. In einer randomisierten Studie der RTOG wurde eine Radiochemotherapie mit 5-FU kombiniert mit einer Chemotherapie mit Gemcitabine oder 5-FU verglichen. Durch die Hinzunahme von Gemcitabine wurde die mediane Überlebenszeit auf 20,6 Monate im Vergleich zu einer 5-FU-haltigen Chemotherapie verbessert werden.
44 Zusammenfassung zur Strahlentherapie beim Pankreaskarzinom 1. Eine alleinige Strahlentherapie ist beim Pankreaskarzinom nicht sinnvoll. 2. In der palliativen Situation (nicht operabler Tumor, keine Fernmetastasen) sollte zunächst eine Chemotherapie erfolgen. Zeigt sich nach 3 Monaten Chemotherapie keine Progression, kann dem Patienten eine zusätzliche Radiochemotherapie empfohlen werden. 3. In der adjuvanten Situation fehlen derzeit randomisierte Studien, die den Einsatz einer Radiochemotherapie bei einer mikroskopisch kompletten Resektion (R0) rechtfertigen; bei einer R1-Resektion rechtfertigen zumindest Metaanalysen einen Einsatz der adjuvanten Radiochemotherapie. Wir verwenden dabei derzeit das RTOG-Schema, bei dem zunächst 2 Kurse einer Chemotherapie mit Gemcitabine appliziert werden, gefolgt von einer Radiochemotherapie mit 5–FU.
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443 44.2 · Adjuvante Radiochemotherapie
ced pancreatic cancer: A phase III trial of the National Cancer Institute of Canada Clinical Trial Group. J Clin Oncol 25:1-8 Neoptolemos JP, Stocken DD, Dunn JA, Almond J, Beger HG, Pederzoli P, Bassi C, Dervinis C, Fernandez-Cruz L, Lacaine F, Buckels J, Deakin M, Adab FA, Sutton R, Imrie C, Ihse I, Tihanyi T, Olah A, Pedrazzoli S, Spooner D, Kerr DJ, Friess H, Buchler MW for the members of the European Study Group for Pancreatic Cancer (2001) Influence of resection margins on survival for patients with pancreatic cancer treated by adjuvant chemoradiation and/ or chemotherapy in the ESPAC-1 randomized controlled trial. Ann Surg 234(6):758-768 Neoptolemos JP, Stocken DD, Friess H, Bassi C, Dunn JA, Hickey H, Beger H, Fernandez-Cruz L, Dervenis C, Lacaine F, Falconi M, Pederzoli P, Pap A, Spooner D, Kerr DJ, Buchler MW; European Study Group for Pancreatic Cancer (2004) A randomized trial of chemoradiotherapy and chemotherapy after resection of pancreatic cancer. N Engl J Med. 350(12):1200-10. Erratum in: N Engl J Med. 2004;351(7):726 Oettle H, Post S. Neuhaus P, Gellert K, Langrehr J, Ridwelski K, Schramm H, Fahlke J, Zuelke C, Burkart C, Gutberlet K, Kettner E, Schmalenberg H, Weigang-Koehler K, Bechstein WO, Niedergethmann M, Schmidt-Wolf I, Roll L, Doerken B, Riess H (2007) Adjuvant chemotherapy with gemcitabine vs observation in patients undergoing curative-intent resection of pancreatic cancer: a randomized controlled trial. JAMA 297(3):267-77 Park JK, Ryu JK, Lee JK, Yoon WJ, Lee SH, Kim YT, Yoon YB (2006) Gemcitabine chemotherapy versus 5-fluorouracil-based concurrent chemoradiotherapy in locally advanced unresectable pancreatic cancer. Pancreas 33(4):397-402 Stocken DD, Büchler MW, Dervenis C, Bassi C, Jeekel H, Klinkenbijl JHG, Bakkevold KE, Takada T, Amano H, Neoptolemos JP on behalf of the Pancreatic Cancer Meta-analysis Group (2005) Metaanalysis of randomised adjuvant therapy trials for pancreatic cancer. Br J Cancer 92(8):1372-1381 Sultana A , Tudor Smith C, Cunningham D, Starling N, Tait D, Neoptolemos JP, Ghanah P (2007) Systematic review, including metaanalyses, on the management of locally advanced pancreatic cancer using radiation/combined modality therapy. Br J Cancer. 96(8):1183-90. Talamonti MS, Small Jr. W, Mulcahy MF, Wayne JD, Attaluri V, Colletti LM, Zalupski MM, Hoffman JP, Freedman GM, Kinsella TJ, Philip PA, McGinn CJ (2006) A Multi-Institutional phase II trial of preoperative full-dose Gemcitabine and concurrent radiation for patients with potentially resectable pancreatic carcinoma Ann Surg Oncol 13(2): 150-158 Wilkowski R, Thoma M, Schauer R, Wagner A, Heinemann V (2004) Effect of chemoradiotherapy with gemcitabine and cisplatin on locoregional control in patients with primary inoperable pancreatic cancer. World J Surg. (10):1011-8. Yip D, Karapetis C, Strickland A, Steer CB, Goldstein D. (2006) Chemotherapy and radiotherapy for inoperable advanced pancreatic cancer. Cochrane Database Syst Rev 9 (3):CD002093
44
45
Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) R.-T. Hoffmann, P. L. Pereira
45.1
Einleitung
– 445
45.2
Anatomische und physikalische Grundlagen – 445
45.2.1 Indikationen, Kontraindikationen und erste Ergebnisse – 445 45.2.2 Vorbereitende Untersuchungen – 445
45.3
Komplikationen der SIRT – 446
45.4
Nachsorge
45.5
Zusammenfassung
– 447 – 448
445 45.2 · Anatomische und physikalische Grundlagen
45.1
Einleitung
Die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) wird zur Behandlung von primärem Leberkrebs und Lebermetastasen verschiedener Primärtumoren eingesetzt. Es liegt noch keine nennenswerte Erfahrung bei der Behandlung von cholangiolären Karzinomen vor. Die SIRT ist vor allem dann indiziert, wenn chirurgisches Vorgehen, lokal ablative Maßnahmen (Radiofrequenzablation, RFA) nicht indiziert sind oder wenn Chemotherapien keinen Erfolg mehr zeigen oder kontraindiziert sind. Aufgrund der Kürze des Artikels kann natürlich nur ein kurzer Überblick gegeben werden, eine sehr gute Übersicht liefern die Übersichtsartikel von Salem (Salem u. Thurston 2006a, b). Generell sollte aufgrund der Vielschichtigkeit der Therapie von Lebertumoren die Indikation zur SIRT von einem interdisziplinären Tumorboard aus Onkologen, Gastroenterologen, Chirurgen, interventionell erfahrenen Radiologen gestellt werden.
45.2
Anatomische und physikalische Grundlagen
45.2.1
Indikationen, Kontraindikationen und erste Ergebnisse
Bei der SIRT handelt es sich um ein palliatives Verfahren, mit dessen Hilfe eine Verlängerung der Überlebenszeit bei guter Lebensqualität erreicht werden kann (Jakobs et al. 2006, Kennedy et al. 2006). Derzeit kommt die SIRT in der Behandlung von Lebermetastasen erst dann zum Einsatz, wenn gängige Chemotherapien keinen Erfolg mehr bringen oder aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen vom Patienten nicht vertragen werden. Da die Therapie potenziell auch gesundes Lebergewebe schädigen kann, ist eine gute Leberfunktion Voraussetzung. Derzeit werden ein Bilirubin von unter 2 mg/dl sowie ein Quick unter 50% als Grenzwerte angesehen. Außerdem wird von den Herstellern eine Erhöhung der Transaminasen über das 5-fache der Norm als Kontraindikation angegeben. Bei Patienten mit Leberzirrhose und Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC) sollte noch restriktiver mit der Indikationsstellung umgegangen werden. Ausschlusskriterien für die SIRT sind ▬ eine vorangegangene perkutane Strahlentherapie der Leber, aufgrund von nicht kalkulierbaren kumulativen Effekten sowie ▬ eine Chemotherapie mit Capecitabine, die weniger als 6 Wochen zurückliegt, für die schweren Neben-
wirkungen bis hin zum Leberversagen beschrieben sind. ▬ Auch eine eingeschränkte Nierenfunktion ist als relative Kontraindikation zu sehen. Die gesamte Tumorlast im Bereich der Leber spielt keine wesentliche Rolle. Erst wenn mehr als 60% des Lebervolumens durch Metastasen ersetzt sind, muss in Abhängigkeit vom Zustand des Patienten und der Leberfunktion entschieden werden, ob die SIRT noch zum Einsatz kommen soll. Von der SIRT sollte auch abgesehen werden, wenn manifeste extrahepatische Metastasen vorliegen, da diese Patienten von einer Durchführung der Therapie nicht unbedingt profitieren. Eine Ausnahme können stabile Knochenmetastasen (z.B. beim Mammakarzinom) sein, da diese üblicherweise keinen Einfluss auf das Überleben haben. Im Jahre 1998 berichteten Lau et al über den Einsatz von 90Yttrium-Mikrosphären zur Behandlung nichtresektabler HCC bei 71 Patienten (Lau et al. 1998). Eine Tumorvolumenreduktion von über 50% wurde bei 19 von 71 Patienten erreicht. Bei 46 Patienten mit erhöhter AFP vor Therapie zeigte sich in 89% der Fälle eine Reduktion des AFP-Levels nach Durchführung bis zu 5 Therapiezyklen. Durch das erfolgreiche Downstaging konnte 4 der 71 Patienten nach der Radioembolisation eine chirurgische Resektion durchgeführt werden. Sangro et al berichteten über 24 Patienten mit HCC (Sangro et al. 2006). Die applizierte Radioaktivität lag im Median bei 2,2 GBq mit einer medianen Strahlendosis für den Tumor von 106 Gy. Ein partielles Ansprechen (PR) wurde bei 90% der Patienten beobachtet, das mediane Überleben aller Patienten betrug 7 Monate. Als Nebenwirkungen wurden geringgradige Oberbauchschmerzen beobachtet. Allerdings verstarben 2 Patienten an einem strahleninduzierten Leberversagen.
45.2.2
Vorbereitende Untersuchungen
Nach Sichtung der erforderlichen Unterlagen (Anamnese, Labor, geeigneter Bildgebung, Krankengeschichte) und Indikationsstellung durch ein Tumorboard müssen zwingend vorbereitende Untersuchungen durchgeführt werden. Hierzu zählt üblicherweise eine Kernspintomographie der Leber, um das Volumenverhältnis zwischen Leber und Tumor abschätzen zu können, was für die Dosisberechnung von zentraler Bedeutung ist. Außerdem sollte ein Ganzkörper-CT, besser PET-CT (⊡ Abb. 45.1), vorliegen, die eine extrahepatische Metastasierung ausschließt. Dann erst wird eine Angiographie durchgeführt, bei der die intraabdominellen Gefäße – vor allem
45
446
Kapitel 45 · Selektive Interne Radiotherapie (SIRT)
45 ⊡ Abb. 45.1 68jähriger Patient mit Metastasen eines kolorektalen Karzinoms. Aufgrund der Größe der Herde und der Multizentrizität sind hier weder operatives Vorgehen, noch lokal ablative Maßnahmen erfolgversprechend. Da auch Standardchemotherapien keinen Erfolg mehr brachten, wurde dieser Patient mit SIRT behandelt
⊡ Abb. 45.2 Kontollangiographie unmittelbar vor SIRT. Bei diesem Patienten wurde neben der A. gastrica dextra auch die A. cystica verschlossen. Dies ist notwendig, um Fehlimplantationen der radioaktiven Partikel, und damit schwere Nebenwirkungen, zu vermeiden
aber die Leberarterien - dargestellt werden müssen. Hier werden selektiv 80–100 MBq 99mTc-MAA in die linke und rechte A. hepatica injiziert. Eine thorako-abdominelle Szintigraphie erfolgt dann im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, um eine Verbindung zu intraabdominellen Gefäßterritorien oder Gefäß-Shunts in die pulmonalen Strombahn und damit eine unbeabsichtigte Deposition von Partikeln in extrahepatischen Gefäßen auszuschließen. Da die Partikelgröße des 99mTc-MAA
ungefähr der der therapeutisch eingesetzten Mikrosphären vergleichbar ist, liefert die Szintigraphie wichtige Informationen bzgl. der intrahepatischen Verteilung der Aktivität als auch des Shunt-Anteils. Ein Shuntanteil von über 20% der Lunge ist als absolute Kontraindikation zu sehen, da ansonsten eine Strahlenpneumonitis zu befürchten wäre. Nur wenn bei den Voruntersuchungen keine Kontraindikationen zu verzeichnen waren, wird die Behandlung der ganzen Leber (sofern beide Leberlappen vom Tumor betroffen sind) in einer Sitzung angestrebt. Dazu wird immer die A. gastroduodenalis mittels geeigneter Coils verschlossen, um einen extrahepatischen Abstrom der Sphären zu verhindern. Wenn nötig, werden auch A. gastrica dextra, A. cystica oder andere kleine viszerale Gefäße verschlossen (⊡ Abb. 45.2). Unter einer Begleitmedikation bestehend aus Analgetika, Antiemetika, Steroiden und Protonenpumpen-Blockern wird die Therapie von den Patienten in der Regel gut vertragen. Nach Beendigung der SIRT wird eine posttherapeutische Bremsstrahlen-Szintigraphie zur Kontrolle und Dokumentation der Verteilung der Mikrosphären durchgeführt.
45.3
Komplikationen der SIRT
Insgesamt ist die SIRT bei entsprechender Patientenvorbereitung eine verhältnismäßig nebenwirkungsarme und vor allem auch komplikationsarme Therapie (<5% Komplikationen). Neben den üblichen Nebenwirkungen einer Katheterintervention (Hämatom an der Punktionsstelle, Gefäßverletzung, Nachblutung) sowie sehr seltenen allergischen Reaktionen auf das bei der Angiographie verwen-
447 45.4 · Nachsorge
dete jodhaltige Kontrastmittel können spezifische Nebenwirkungen und Komplikationen dennoch auftreten. Zu den am häufigsten zu beobachtenden Nebenwirkungen gehören neben epigastrischem Druckgefühl und Brennen vor allem Übelkeit und Brechreiz (Salem u. Thruston 2006a). Seltener treten Rückenschmerzen, Schüttelfrost oder eine Temperaturerhöhung (bis 38°C) noch während der Intervention auf. Im weiteren Verlauf nach Therapie lassen sich bei einigen Patienten grippeähnliche Symptome wie eine moderate nächtliche Temperaturerhöhung, Abgeschlagenheit oder eine subjektiv reduzierte Belastbarkeit diagnostizieren. Selten finden sich Symptome einer Pankreatitis mit vorübergehender Erhöhung von Laborparametern (Amylase, Lipase), die sich meist unter symptomatischer Therapie mit Nahrungskarenz und Flüssigkeitssubstitution spontan zurückbilden. Im weitesten Sinne zu intrahepatischen Komplikationen zählt auch die strahleninduzierte Cholezystitis, die bei einer Implantation von Resinpartikeln in das arterielle Gefäßbett der Gallenblase auftreten kann. Eine weitere Komplikation, die noch Wochen nach Therapie auftreten kann, ist die Entstehung von Leberabszessen auf dem Boden von infizierten Tumornekrosen. Die am meisten gefürchtete Komplikation ist das strahleninduzierte Leberversagen (RILD, radiation induced liver disease). Bei dieser Komplikation kommt es zu einer fortschreitenden Dekompensation der Leberfunktion, unterschiedlichen Schweregrades, die im Extremfall auch zum völligen Leberversagen führen kann. Extrahepatischen Komplikationen werden von einer Fehlimplantation der radioaktiven Partikel ausgelöst (gastrointestinale, pankreatische und ösophageale Komplikationen) (Lau et al. 1998, Yip et al. 2004). Die Kombination aus Strahlung und Verringerung bzw. vollständigem Stopp des Blutflusses durch die Embolisation auf kapillarer Ebene mit der daraus resultierenden Gewebshypoxie können Ulzerationen oder sogar Perforationen von Magen, Ösophagus oder Duodenum auslösen (Lau et al. 1998, Yip et al. 2004), die mit einer Standardtherapie aus z.B. Protonenpumpenblockern häufig nicht oder nur schwer in den Griff zu bekommen sind und gelegentlich sogar chirurgisch behandelt werden müssen. Weiter kann eine strahleninduzierte Pneumonitis durch Shuntverbindungen aus der Leber in die Lunge auftreten (Salem u. Thurston 2006a). Da die Lunge sehr sensibel gegenüber Strahlung ist, sind bereits kleine Dosen Yttrium 90 ausreichend, die häufig letal verlaufende Pneumonitis auszulösen. Daher stellt ein Lungenshunt über 20% der Fälle in der vor der Therapie durchgeführten TcMAA-Angiographie eine absolute Kontraindikation für die Behandlung dar (Leung et al. 1994, 1995).
45.4
Nachsorge
Selbstverständlich sind bei Nachsorgeuntersuchungen nach SIRT die körperliche Untersuchung, Laborparameter und die Tumormarker von zentraler Bedeutung und sollte sich vom zeitlichen Ablauf an den üblichen Nachsorgeintervallen bei anderen onkologischen Therapien orientieren. Üblicherweise wird eine erste Kontrolle nach etwa 4 bis 6 Wochen empfohlen, dann nach weiteren 4 bis 6 Wochen, gefolgt von vierteljährigen Intervallen im ersten Jahr. Bei der SIRT spielt vor allem die Bildgebung – und hier die funktionelle Bildgebung mittels PET-CT (⊡ Abb. 45.3), alternativ dynamischer Kernspintomographie, eine gewichtige Rolle. Die RECIST-Kriterien sind ein diskutables Maß für ein Therapieansprechen, die nach der SIRT wegen unterschiedlicher Veränderungen (intratumorale Nekrose) nur bedingt aussagekräftig sind; besser für die Evaluierung der Nekrose sind die EASL-Kriterien. Nach SIRT lassen sich zentral nekrotische Tumorareale, bzw. eine ödematöse Schwellung der Tumorläsion mit den RECIST-Kriterien falsch positiv interpretiert. Der Vorteil der Kombination aus PET und CT liegt in der simultanen Erfassung der Tumormorphologie (CT) und des Tumormetabolismus (PET). Das PET-CT erlaubt somit nicht nur eine akkurate Beurteilung von hepatischem, sondern auch von extrahepatischem Tumorbefall. Der Nachteil des PET-CT liegt jedoch in der relativ geringen räumlichen Auflösung, sodass kleinste Metastasen der Detektion entgehen können. Hier kann das MRT mit einem sehr guten Weichteilkontrast und der Möglichkeit der Verwendung leberspezifischer Kontrastmittel einen weiteren wichtigen Beitrag zur Nachsorge dieser Patienten liefern.
⊡ Abb. 45.3 Kontroll-PET-CT nach 6 Monaten – kein aktiver Tumor mehr nachweisbar
45
448
Kapitel 45 · Selektive Interne Radiotherapie (SIRT)
45.5
45
Zusammenfassung
Die SIRT ist bei therapierefraktären primären und sekundären Lebertumoren eine wertvolle palliative Behandlungsoption. Allerdings muss eine strenge Indikationsstellung erfolgen. Erste Studien zeigen insbesondere bei Patienten mit hepatisch metastasiertem kolorektalen Karzinom und dem hepatozellulären Karzinom vor allem auch beim Überleben nach Therapie einen Benefit für die Patienten. Die Indikationsstellung zur SIRT muss fächerübergreifend nach ausführlicher Evaluation mittels klinischer Untersuchung, Laborparametern, PET-CT, MRT und 99mTc-MAA-Injektion erfolgen.
Literatur Jakobs TF, Hoffmann RT, Poepperl G, Schmitz A, Lutz J, Koch W, Tatsch K, Lubiensky A, Reiser MF, Helmberger T (2006) Mid-term results in otherwise treatment refractory primary or secondary liver confined tumours treated with selective internal radiation therapy (SIRT) using (90)Yttrium resin-microspheres. Eur Radiol Kennedy AS, Coldwell D, Nutting C, Murthy R, Wertman DE, Jr., Loehr SP, Overton C, Meranze S, Niedzwiecki J, Sailer S (2006) Resin 90Y-microsphere brachytherapy for unresectable colorectal liver metastases: modern USA experience. Int J Radiat Oncol Biol Phys 65:412-425 Lau WY, Ho S, Leung WT et al. (1998) Selective internal radiation therapy for non resectable hepatocellular carcinoma with intraarterial infusion von 90-yttrium microspheres. Int J Radiat Oncol Biol Phys 40:583-592 Leung WT, Lau WY, Ho SK, Chan M, Leung NW, Lin J, Metreweli C, Johnson PJ, Li AK (1994) Measuring lung shunting in hepatocellular carcinoma with intrahepatic-arterial technetium-99m macroaggregated albumin. J Nucl Med 35:70-73 Leung TW, Lau WY, Ho SK, Ward SC, Chow JH, Chan MS, Metreweli C, Johnson PJ, Li AK (1995) Radiation pneumonitis after selective internal radiation treatment with intraarterial 90yttrium-microspheres for inoperable hepatic tumors. Int J Radiat Oncol Biol Phys 33:919-924 Salem R, Thurston KG (2006a) Radioembolization with 90Yttrium microspheres: a state-of-the-art brachytherapy treatment for primary and secondary liver malignancies. Part 1: Technical and methodologic considerations. J Vasc Interv Radiol 17:1251-1278 Salem R, Thurston KG (2006b) Radioembolization with yttrium-90 microspheres: a state-of-the-art brachytherapy treatment for primary and secondary liver malignancies: part 3: comprehensive literature review and future direction. J Vasc Interv Radiol 17:1571-1593 Sangro B, Bilbao JI, Boan J et al. (2006) Radioembolization using Y90-microspheres for patients with advanced hepatocellular carcinoma. Int J Radiat Oncol Biol Phys 66:792-800 Yip D, Allen R, Ashton C, Jain S (2004) Radiation-induced ulceration of the stomach secondary to hepatic embolization with radioactive yttrium microspheres in the treatment of metastatic colon cancer. J Gastroenterol Hepatol 19:347-349
VIII
Teil VIII Multimodale Therapiekonzepte und Clinical Pathways
Kapitel 46
Multimodale Therapiekonzepte und Clinical Pathways – 450 H.-F. Weiser
46
Multimodale Therapiekonzepte und Clinical Pathways H.-F. Weiser
46.1
Interdisziplinäres Management von hepatobiliären und Pankreastumoren – 451
451 46.1 · Interdisziplinäres Management von hepatobiliären und Pankreastumoren
46.1
Interdisziplinäres Management von hepatobiliären und Pankreastumoren
Verantwortungsvolle, krankheitszentrierte Patientenbehandlung zeigt die Spannweite zwischen naturwissenschaftlicher Beweisführung bis zur erfahrungsbasierten Intuition. Das »Wie« der Behandlung ist meist nachvollziehbar und zu überprüfen. Schwerer ist es, das »Warum« eines Behandlungskonzeptes zu rechtfertigen. Speziell die Entwicklung der klinischen Onkologie hat in den vergangenen Dekaden eine enorme Wissensverdichtung bei gleichzeitig beschleunigtem Wissensumsatz erfahren. Eine Entwicklung, die nicht nur zu einer Optimierung des Wissensstandards geführt, sondern auch organ- und fachbezogene Grenzen gesprengt hat. Kontinuierlicher Erkenntniszugewinn der Grundlagenforschung, vor allem der Molekularbiologie, hat nicht nur unser Verständnis für die Pathogenese und Biologie von Tumoren vertieft, sondern findet zunehmend auch Eingang in moderne, multimodale Therapiekonzepte. Dies gilt insbesondere auch für die moderne Tumordiagnostik, die jenseits hoch entwickelter, endoskopischer und bildgebender Verfahren in zunehmendem Maße auf Methoden der Molekularbiologie, Immunologie und Genetik zurückgreift, um z.B. residuelle Tumorerkrankungen auf zellulärer Ebene oder frühe Formen der Karzinomentstehung erfassen zu können (Moore et al. 2006). Dem daraus resultierenden Anforderungsprofil an eine moderne, stadiengerechte Tumortherapie kann eine behandlungsführende Fachdisziplin alleine auch bei der Fülle der heute zur Verfügung stehenden Leitlinien, wissenschaftlichen Daten und Studien durch selbstkritisches Handeln zwar nahe kommen, aber nur in den seltensten Fällen gerecht werden, d.h. diagnostische und therapeutische Maßnahmen können und dürfen nicht mehr ausschließlich am fachspezifisch Möglichen bzw. an der fachspezifischen Ergebnisqualität gemessen werden, sondern müssen fachübergreifend am Benefit für den Patienten unter Beachtung sozialer, biologischer und medizinischer Aspekte gesehen werden (Hopt 2006). Dies gilt auch für hepatobiliäre und Pankreastumoren, bei denen Studienergebnisse mit ThyrosinkinaseInhibitoren und sog. multitarged-Substanzen zusammen mit Chemotherapien oder mit Chemo- oder Radiotherapien zu neuen modalen Therapiekonzepten und zu regelmäßigen Änderungen der Therapieempfehlungen in den vorhandenen Leitlinien führen (Krempien et al. 2004). Es gilt als allgemeines, politisch hoch gehandeltes Qualitätsmerkmal fachübergreifender, sog. multimodaler Therapiestrategien, dass die dort angewandte Medizin evidenzbasiert auf dem derzeitig aktuellen Wissensstand abgewickelt wird und die Therapie »leitliniengerecht« ist.
Da speziell die multimodale Therapie hepatobiliärer und pankreatischer Tumoren häufig nicht der Standardsituation entspricht, ist die Zusammenführung von Spezialisten im Sinne des interdisziplinären Tumormanagements und der Erarbeitung abgestimmter multimodaler Therapiekonzepte von zentraler Bedeutung. Dieser Zugang bedeutet, dass so aktuelle Evidenz eingebracht wird, die möglicherweise noch nicht den Konsensusprozess zu einer Leitlinienerstellung durchlaufen hat. Im interdisziplinären Diskurs entwickelte multimodale Therapiekonzepte speziell bei hochkomplexen Tumorerkrankungen müssen also in sich die Qualifikation bergen, neue »Evidenz« zu bewerten und gewissermaßen die Überarbeitung des interdisziplinären Einigungsprozesses einer Leitlinie vorwegzunehmen (Hopt 2006, Krempien et al. 2004, Moore et al. 2006). Moderne Krankheitstheorien gehen davon aus, dass Krankheitsbewältigung nur zu einem Teil von den klassischen, sog. mechanistischen Endpunkten, wie Überleben, Komplikationsraten und »objektivierbaren« Krankheitszuständen, bestimmt wird, sondern dass daneben sog. hermeneutische Endpunkte, also subjektive, vom Patienten berichtete Faktoren wie Lebensqualitätserwartung, seine Affektsituation und soziale Stigmatisierung einen erheblichen Anteil am Gesamterleben ausmachen. Diese Faktoren werden insbesondere bei der multimodalen Behandlung komplexer Tumorentitäten für den Patienten um so bedeutsamer, je bedrohlicher die Erkrankung ist (⊡ Tab. 46.1). Die Bewertung der Behandlungsqualität richtet sich derzeit im Wesentlichen auf die technische Behandlungs-
⊡ Tab. 46.1 Multimodale Therapiekonzepte Klassische Endpunkte
Hermeneutische Endpunkte
Progressionsfreies Überleben
Lebensqualität
Gesamtüberleben
Lebensqualität
Überleben (5/10 Jahre)
Lebensqualität
Remission (Rate/Dauer)
Erwartungen
Komplikationen
Emotionen
Biochemische Parameter
Soziales Stigma
Leitlinien-Konformität
Coping
Kosteneffektivität Gesamtbewertung Klinische und persönliche Relevanz (Koller et al. 2006)
46
452
46
Kapitel 46 · Multimodale Therapiekonzepte und Clinical Pathways
kultur im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte, während der hermeneutische Teil des gesamten Krankheitsgeschehens auch heute noch häufig damit abgearbeitet wird, dass im Rahmen einer sozial losgelösten technisierten und optimierten multimodalen Behandlung lediglich ein psychoonkologisches Beratungsgespräch stattfindet. Es gilt also den Widerspruch zwischen einer optimalen, im interdisziplinären Diskurs festgelegten multimodalen Behandlung auf der einen Seite und einer ausreichenden Berücksichtigung der persönlichen Wünsche des Patienten in seinem gewohnten sozialen Umfeld andererseits zu überwinden. Entscheidendes gemeinsames Merkmal und vitale Bedingung für ein erfolgreiches Management komplexer Tumorentitäten bzw. für die patientengerechte Umsetzung multi-modaler Therapiekonzepte ist die Etablierung standardisierter Behandlungsabläufe im Sinne von Clinical Pathways als Ausdruck interkollegialer Kooperation, optimaler Allokation von Krankenhausressourcen und »Kundenorientierung« (von Reibnitz et al. 2003). Der Begriff »Clinical Pathways« (klinische Pfade) wird in Deutschland sehr unterschiedlich definiert, was eine Zuordnung erschwert. In der deutschen und auch internationalen Literatur finden sich einerseits völlig unterschiedliche Begriffe inhaltlich gleich definiert und andererseits gleiche Begriffe inhaltlich unterschiedlich definiert. Krankenhäuser meinen oftmals mit dem Begriff »Behandlungspfade« nur Arbeitsanweisungen, Leitlinien oder auch Checklisten. Eine einheitliche Definition lässt sich schwer finden, sodass hier der Definition von Roeder et al. (2003) gefolgt wird:
»
Ein klinischer Behandlungspfad ist der im Behandlungsteam selbst gefundene berufsgruppen- und Institutionen übergreifende Konsens für die beste Durchführung der gesamten stationären Behandlung unter Wahrung festgelegter Behandlungsqualität sowie unter Berücksichtigung der notwendigen und verfügbaren Ressourcen, ebenso unter Festlegung der Aufgaben sowie Durchführungs- und Eigenverantwortlichkeiten. Der Klinische Pfad steuert den Behandlungsprozess; gleichzeitig ist er Dokumentationsinstrument und erlaubt die Kommentierung von Normabweichungen zum Zwecke fortgesetzter Evaluation und Verbesserung (Roeder et al. 2003).
«
Das Konzept der Clinical Pathways strebt eine höhere Standardisierung der klinischen Behandlung an. Grundlage sollen einerseits die wissenschaftliche Evidenz und anderseits die wirtschaftliche Effizienz bilden. Ziel ist die Erhöhung der Behandlungsqualität und Ressourceneffizienz, d.h. der Einsatz von Clinical Pa-
thways soll nicht nur zu einer verbesserten Organisation diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, sondern darüber hinaus zu gleichzeitiger Kosteneinsparung durch Verschlankung des Behandlungsprozesses führen. Der Anspruch an diese Hilfsmittel der Organisation ist also neben der Abbildung medizinischer Standards insbesondere die Sicherstellung einer perfekten zeitlichen Koordinierung diagnostischer und therapeutischer Aktivitäten. Nach Auffassung des aktuellen Schrifttums macht aber gerade dieser Anspruch die freie Austauschbarkeit entwickelter Pfade unter verschiedenen Versorgungseinrichtungen nahezu unmöglich, da in aller Regel die spezifischen Abläufe des einzelnen Krankenhauses nicht allgemein verbindlich darstellbar sind. So wird es wiederum erforderlich, dass praktisch in jeder Versorgungseinheit eine selbstständige Konzeption erarbeitet werden muss (Fritsche et al. 2006, Greiling 2005, Jackson et al. 2000, v. Reibnitz u. Hagemeier 2005, Wuttke 2006). Erschwerend kommt häufig das Fehlen interner Organisationsvorgaben unter Überwindung historischer Abteilungsstrukturen hinzu. Clinical Pathways werden künftig nicht nur zu einer verbesserten interdisziplinären Koordination und Kommunikation führen, ihre Stärke liegt vor allem in einer vorausschauenden Behandlungsplanung. Insbesondere wenn durch die zusätzliche Nutzung von Krankenhausinformationssystemen die Möglichkeit gegeben ist, Kapazitätsengpässe langfristig planerisch zu berücksichtigen, wird die Versorgungsqualität hochkomplexer Krankheitsbilder, wie sie hepatobiliäre oder Pankreastumoren darstellen, optimiert und die Planung eines effizienten Diagnostik- und Therapieablaufes sichergestellt werden (Wuttke 2006). Nicht zu vernachlässigen sind auch die informativen Möglichkeiten von Clinical Pathways. Alle an der Versorgung komplexer Krankheitsbilder beteiligten Mitarbeiter können jederzeit auf das in Pfaden abgebildete, evidenzbasierte Wissen zurückgreifen. Ein unschätzbarer Vorteil liegt auch in der Tatsache, dass strukturierte Behandlungsabläufe den Patienten transparent gemacht werden können (Hellmann 2002).
Literatur Fritsche L, Jürgensen J-S, Körner S et al. (2006) Leitfaden zur Entwicklung von klinischen Behandlungspfaden an der Charité-Universitätsmedizin Berlin Edition 2 Greiling M (2005) Klinische Pfade optimaler gestalten Umschau, 11: 936-940 Hellmann W (Hrsg.) (2002) Klinische Pfade: Konzepte, Umsetzung, Erfahrungen ecomed-Verlag, 15ff Hildebrandt R, Hellmann W (Hrsg.) (2003) Ziele und Nutzen klinischer Pfade ecomed-Verlag
453 46.1 · Interdisziplinäres Management von hepatobiliären und Pankreastumoren
Hopt U T (2006) Therapie des Pankreaskopfkarzinoms Zentralbl Chir; 131: 115-120 Jackson C L, de Jong I, Oats J (2000) Clinical pathways involving general practice – a new approach to integrated health care? Australian Health Care, (23): 88-95 Koller M, Lorenz W, Abel U (2006) Methodenvielfalt in der klinischen Forschung MMW Nr. II (148. Jg.): 85-91 Krempien R, Heinemann V, Münter M, Harms W, Debus J (2004) Multimodale curative / neoadjuvante Therapie beim Pankreaskarzinom Der Onkologe, Vol. 10, Nr. 12 Moore et al. (2006) ASCO 2005 / 06 National Cancer Institute of Canada (NCIC) Reibnitz von Ch, Hermanns P M, Hellmann W (Hrsg.) (2003) Clinical pathways. Praxis klinischer Pfade ecomed-Verlag Reibnitz von Ch, Hagemeier O (Hrsg.) (2005) Homecare: Ein Versorgungskonzept der Zukunft Reihe: Gesundheitswesen in der Praxis, Economica, VIII Roeder et al. (2003) Frischer Wind mit klinischen Behandlungspfaden II Das Krankenhaus (2): 124-130 Wuttke R (2006) Behandlungspfade führen Patienten und Klinik zum Erfolg F&W, 19 Jg.: 60-64
46
46 IX
Teil IX Weitere Palliative Therapiemaßnahmen, Nachsorge und Rehabilitation
Kapitel 47
Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care – 456 R. Zippel
Kapitel 48
Rehabilitation nach hepatobiliärer und Pankreastumorchirurgie – 472 K.-H. Zurborn
47
Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care R. Zippel
47.1
Palliation beim malignen Verschlussikterus
– 457
47.1.1 Endoskopische und radiologisch interventionelle Verfahren 47.1.2 Chirurgische Drainageverfahren – 459
47.2
Palliative Möglichkeiten beim mechanischen Ileus – 459
47.2.1 Umgehungsanastomosen – 459 47.2.2 Stentversorgung bei Magenausgangs- bzw. Duodenalstenose 47.2.3 Ernährung im fortgeschrittenen Krankheitsstadium – 462
47.3
Best Supportive Care – 463
47.3.1 Lebensqualität und psychoonkologische Betreuung 47.3.2 Behandlung ausgewählter Symptome – 464
47.4
– 458
Palliative Resektionen
– 468
– 463
– 461
457 47.1 · Palliation beim malignen Verschlussikterus
Bei 85% der Patienten mit hepatobiliären und Pankreastumoren ist zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ein kurativer Therapieansatz nicht mehr gegeben (Warshaw und Castillo 1992, Tan et al. 1996, Yeo 1989), da diese Tumorentitäten oftmals erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium symptomatisch werden und eine Diagnostik zu spät veranlasst wird. Eine Ausnahme bilden die Papillen- und periampullären Karzinome, die frühzeitig zum Ikterus als Leitsymptom führen. Dem primären Staging kommt für die Entscheidung eines rein palliativ-konservativen Vorgehens oder einer chirurgischen Therapie unter palliativer oder kurativer Intention eine überragende Bedeutung zu (Gouma et al. 2006). ! Cave! Auch die Anwendung modernster Schnittbildtechniken und die laparoskopische Exploration gestatten nicht in jedem Fall und nicht mit hinreichender Sicherheit eine definitive Aussage, sodass eine Exploration am offenen Abdomen zur Wahrung der kurativen Chance unumgänglich ist.
Von einer Palliativsituation ist auszugehen, wenn eine lokale Irresektabilität durch ein fortgeschrittenes Tumorwachstum bzw. eine lymphogene, peritoneale oder hepatogene Metastasierung und damit ein generalisiertes Tumorleiden besteht. Die Indikation zur palliativen Therapie kann sich somit prä-, intra- und auch postoperativ in Auswertung des histologischen Befundes, bei Ausbildung eines Rezidivs oder von Metastasen ergeben. In Anbetracht der niedrigen 5-Jahres-Überlebensrate von 10-25% nach kurativ intendierten Resektionen beim Adenokarzinom des Pankreas wird von einigen Autoren die Frage gestellt, inwieweit eine Kuration überhaupt zu erzielen ist (Sperti et al. 1996, Richter et al 2003). Unstrittig ist, dass die überwiegende Anzahl an Patienten mit einem Tumor des hepatobiliären Systems bzw. des Pankreas einer medizinischen Betreuung in einer Palliativsituation bedürfen und eine sehr eingeschränkte Lebenserwartung besitzen. > Jede Palliation ist prinzipiell auf eine symptomatische Therapie, der für die Beeinträchtigung der Lebensqualität im Vordergrund stehenden Symptome gerichtet.
Wichtige Zielkriterien sind eine adäquate Schmerzkontrolle und die zeitliche Begrenzung des Krankenhausaufenthaltes (Bahra und Jacob 2008). Die spezifischen Symptome bei hepatobiliären und Pankreaskarzinomen resultieren aus der Verlegung des galleableitenden Systems bzw. der Passagebehinderung im Duodenum. An therapeutischen Optionen stehen sowohl interventionelle als auch chirurgische Verfahren zur Verfügung, jedoch besteht kein Konsensus über die Kriterien der Patientenselektion (Gouma et al. 1999).
Wird die Entscheidung zur Palliation während einer Exploration (11-50%) getroffen, so sollten chirurgische Verfahren zur Anwendung gelangen (van Dijkum et al. 2003, van Dijkum et al. 2005, Lillemoe et al. 1999). Auch palliative Maßnahmen haben individuelle Faktoren wie Allgemeinzustand, Komorbidität, histologischer Typ, Tumorausdehnung und Metastasierungsmuster zu berücksichtigen. Während der Palliation ist die AufwandNutzen-Relation jeder Maßnahme unter Einbeziehung der zu erwartenden Lebenszeit kritisch zu beurteilen. Verschiedene Faktoren wurden hinsichtlich ihres prädiktiven Wertes zur Abschätzung der verbleibenden Lebenszeit untersucht ( Übersicht). Mit Ausnahme der Metastasierung wurden diese in der Literatur inkonstant bewertet. Bevor eine palliative Therapie eingeleitet wird, ist eine histologische Sicherung dringend anzustreben, da benigne Histopathologien nach Operation eines vermeintlichen Pankreaskarzinoms in bis zu 10% nachgewiesen wurden (Powell et al. 2003, Abrahan et al. 2003, Weber et al. 2003).
Prognosefaktoren zur Abschätzung des Überlebens bei nicht resektablen Befunden: ▬ histopathologischer Befund ▬ Tumorgröße
▬ ▬ ▬ ▬
47.1
– Pankreaskarzinom – lokal fortgeschrittener Tumor mit 11 Monaten mittleren Überlebens (Fujino et al. 2003, Terwee et al. 2000) – distales Gallengangskarzinom – Tumoren >30 mm von 3,2 Monaten – Tumoren <30 mm von 6,6 Monaten (Ueno et al 2000) – Peritoneal- oder Lebermetastasen: 6 Monate (Fujino et al. 2003, Terwee et al. 2000) Gewichtsverlust und Schmerzen (Terwee et al 2000) präoperative biochemische Prognosefaktoren Leukozyten >11×109 /l, GGT >165 U/L (Terwee et al. 2000) CRP >10 mg/l (Subgruppe) (Terwee et al 2000, Falconer et al. 1995)
Palliation beim malignen Verschlussikterus
Bei Karzinomen im Pankreaskopf und im distalen Choledochus ist bei 70-80% der Patienten ein Verschlussikterus symptomatisch führend (Bahra u. Jacob 2008). Die biliäre
47
458
Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
Stase führt neben dem Ikterus zu Folgesymptomen wie Pruritus, Nausea und Anorexia. Eine vitale Bedrohung kann infolge einer foudroyanten Cholangitis oder einer Leberfunktionsstörung bzw. eines Leberversagens resultieren, sodass die Beseitigung der biliären Stase auch in palliativer Situation ein vordergründiges Ziel darstellt (Warshaw u. Castillo 1992, Tan et al. 1996, Yeo 1989, Bahra u. Jacob 2008). Zur Behandlung des Verschlussikterus stehen sowohl chirurgische als auch interventionelle Verfahren mit Erfolgsraten zwischen 75-100% zur Verfügung, die in Bezug auf die Beseitigung der Obstruktion in randomisierten Studien keine Unterschiede aufweisen (Bornman et al. 1986, Smith et al. 1994).
47.1.1
47
Endoskopische und radiologisch interventionelle Verfahren
Die primäre Entlastung beim Ikterus ist seit den 80er Jahren unstrittig die Domäne der endoskopischen Therapie mit Implantation drainierender Stents (Bahra und Jacob 2008). Oftmals kommt es bereits vor abgeschlossener Diagnostik zur endoskopischen Entlastung und damit zum Abklingen der Folgen der Abflussbehinderung, sodass beim Nachweis der Irresektabilität bzw. eines generalisierten Tumorleidens bereits eine angemessene Palliation besteht (Thomson und Parks 2004). Nach endoskopischer Passage des Magens und Einstellen der Papilla Vateri mit einem Duodenoskop sowie Sondierung des Gallenganges mit einem Führungsdraht wird der Stent platziert (Seldingertechnik). Die Applikation des Stents erfolgt radiografisch geführt mit abschließender Kontrolle und Dokumentation. Als Stentmaterialien stehen zum einen Kunststoffstents in Röhrenform, gegebenenfalls mit Häkchen zur Verankerung im Gallengang und Metallgitterstents mit und ohne textile Umhüllung zur Verfügung. ! Cave! Die kostengünstigeren Kunststoffstents weisen bei länger währender Implantationszeit nicht unerhebliche Nachteile auf. Im Vordergrund stehen Stentblockaden durch Sludge und Inkrustation sowie eine bakterielle Besiedlung (bacterial biofilm) mit der Gefahr der aszendierenden Cholangitis (Leung 2006).
Die selbstexpandierenden Metallstents (SEMS) aus Nitinol besitzen einen größeren Innendurchmesser und eine signifikant längere Offenheitsrate. Bei offenen MeshStents besteht auch die Möglichkeit eines Reverschlusses, hervorgerufen durch Gewebeeinsprossung insbesondere bei Tumorprogression. Dieser Gewebeinvasion entgegenwirkend, wurden gecoverte, selbstexpandierende Metall-
stents entwickelt. Diese Stents neigen dagegen eher zur Dislokation bzw. Migration und zudem droht bedingt durch die Längenbegrenzung ein Überwachsen der Ostien mit Abflussbehinderung. Werden mit gecoverten Stents die Zystikus-Mündung ein Ductus hepaticus oder der Ductus pancreaticus überstentet, so kann dies zur Cholezystitis in 3,8% (Shah et al. 2003) oder in seltenen Fällen zur Pankreatitis führen. In der Gegenüberstellung von Kunststoffstens und selbstexpandierenden Metallstents wird von einer mittleren Offenheitsrate von 1,8 vs. 3,6 Monaten berichtet, ohne Nachweis eines Überlebensvorteils (Soderlund und Linder 2006). > Konsens besteht darin, dass SEMS kosteneffektiver sind, wenn die Lebenserwartung 3 Monate überschreitet. Zugleich werden Unannehmlichkeiten für den Patienten und Folgekosten durch wiederholte Stentprozeduren vermieden.
Das Stenting ist unzweifelhaft im Vergleich zu operativen Maßnahmen eine den Patienten weniger belastende und mit einer allgemein geringeren Morbidität einhergehende Methode zur Gewährleistung des Galleabflusses. Die Methode ist jedoch in verschiedenen Situationen überfordert, beispielsweise bei nicht gegebener endoskopischer Passage bis zur Papilla Vateri oder der Unmöglichkeit einer Sondierung bzw. der Pertubation des Gallenganges. Oftmals wird es sich um einen lokal fortgeschrittenen Tumor handeln, aber auch ein Zustand nach B-II-Magenresektion mit Rekonstruktion nach Y-Roux kann den Endoskopiker vor eine unlösbare Aufgabe stellen. Als interventionelle Alternative kann in dieser Situation das Rendezvousverfahren angewendet werden. Nach perkutaner Punktion der gestauten Gallengänge in der Leber wird ein Führungsdraht über die Tumorstenose bzw. die nicht sondierbare Papille bis ins Duodenum vorgeschoben, sodass die Stentplatzierung in Seldingertechnik endoskopisch in gewohnter Weise erfolgen kann. Mit der Entwicklung von Applikatoren mit einem geringen Außendurchmesser besteht die Möglichkeit, perkutan über den eingebrachten Führungsdraht den Metallstent zu positionieren. Eine Duodenalstenose ist damit nicht zwingend eine Kontraindikation für eine Stentversorgung des Gallenganges. Einige Autoren berichten über ein Vorgehen, das auf eine Kontrastmittelapplikation verzichtet und somit einer kontrastmittelinduzierten allergischen Reaktion und einer Cholangitis vorbeugt. Die Stents werden hierbei mithilfe endoskopischer Ultraschalltechnik (Singh et al. 2004) bzw. unter Durchleuchtung nach Luftinsufflation platziert (Mosca et al. 2001, De Palma et al. 2007).
459 47.2 · Palliative Möglichkeiten beim mechanischen Ileus
! Cave! Die alleinige perkutane transhepatische Cholangiodrainage (PTCD), wie sie in der »Vor-Stent-Ära« zur Anwendung gelangte, ist nur noch indiziert, wenn eine endoskopische Stentversorgung nach wiederholten Versuchen nicht gelingt und eine operative Ableitung wegen Leberfunktionsstörung bzw. bei deutlich reduziertem Allgemeinzustand nicht vertretbar ist oder der Patient alle anderen Maßnahmen ablehnt.
Eine permanente Galleableitung über PTCD geht mit einem erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust sowie mit einer Störung der Fettverdauung einher, die über einen längeren Zeitraum bestehend einer Substitution bedarf. Eine in der Vergangenheit geübte Praxis war die Verabreichung der Galle über eine jejunale Ernährungssonde mit oftmals erheblicher psychischer Belastung für den Patienten.
47.1.2
Chirurgische Drainageverfahren
Die Indikation zur chirurgischen Drainage stellt sich immer dann, wenn eine endoskopische Entlastung nicht gelingt oder bei einer Exploration laparoskopisch bzw. am eröffneten Abdomen eine kurativ intendierte Resektion ausgeschlossen wurde. Gleichfalls können persistierende Stentprobleme, wie rezidivierende Okklusionen oder Cholangitiden eine Indikation für ein operatives Vorgehen darstellen (Bahra und Jacob 2008). Als Standardverfahren sind die Choledocho- bzw. Hepaticojejunostomie anzusehen, die seit-zu-seit in konventioneller Operationstechnik ausgeführt werden (Gouma et al. 1999). Eine laparoskopische Anlage ist möglich, sollte aber minimal invasiv erfahrenen Einrichtungen vorbehalten bleiben. Die »End-zu-Seit«-Anastomosierung kann eine Alternative darstellen, wenn ungünstige lokale Verhältnisse im Operationsgebiet herrschen. Die Ableitung erfolgt unabhängig der gewählten Operationsmethode in eine nach Y-Roux ausgeschaltete Jejunalschlinge. Die Anastomosierung kann dabei sowohl in Einzelknopftechnik als auch fortlaufend mit feinem resorbierbaren Nahtmaterial erfolgen. Eine Entlastung des biliären Systems ist prinzipiell auch durch eine Cholezysto- oder Choledochoduodenostomie zu erreichen. Diese tumornahen Bypässe weisen jedoch eine erhöhte Verschlussrate bei einem progredienten Tumorwachstum auf und sind deshalb nicht zu empfehlen (McGrath et al. 1996, Gouma et al. 1999). Die Anastomosierung zwischen Gallenblase und Jejunalschlinge ist technisch einfacher, jedoch liegt die
Gefahr des Funktionsverlustes durch Verlegung des Duc. cysticus bei bis zu 20% und damit im Vergleich zur Choledochoenterostomie doppelt so hoch (Neuberger et al. 1993, Watanaba u. Williamson 1992). Die Cholezystoenterostomie ist trotz Nachteilen ein Verfahren, das sich insbesondere im Rahmen einer laparoskopischen Exploration anbietet. Ungeachtet der Operationsmethode waren retrospektiv an mehr als 1.300 Patienten wiederkehrende Gallengangsobstruktion bei 6,6% (Range 0-7%) der Patienten nachweisbar (Di Fronzo et al. 1999) und bei Anastomosierung des Gallenhauptganges nur bei 2% (Lillemoe et al. 1993, Di Fronzo et al. 1999). Die Gesamtmorbidität liegt bei 35% (Isla et al. 2000) und die chirurgisch bedingte Komplikationsrate bei 17,5% mit einer durchschnittlichen Krankenhausverweildauer von 17 Tagen (van Wagensveld et al. 1997). Konsekutiv zur Morbidität wird eine Mortalität in den ersten 30 Tagen zwischen 0 und 20% in Abhängigkeit vom Spezialisierungsgrad und der Patientenselektion (Northern and Yorkshire 2000, Bramhall et al. 1995) angegeben. > Drei Metaanalysen erbrachten hinsichtlich der 30Tage-Mortalität im Vergleich zwischen Plastikstent und Operation keine Unterschiede, jedoch benötigte die Stentgruppe eine Mehrzahl an Prozeduren und entwickelte Spätkomplikationen (Taylor et al 2000).
In einer ersten Fallbeschreibung wird über die Technik einer intraoperativen laparoskopischen Stentversorgung berichtet. Dabei erfolgt die Stentplatzierung transzystisch bzw. über den Choledochus. Der Eingriff kann gegebenenfalls mit einer Gastroenterostomie kombiniert werden (Artifon et al. 2007).
47.2
Palliative Möglichkeiten beim mechanischen Ileus
47.2.1
Umgehungsanastomosen
Ein hoher Ileus kann bei hepatobiliären bzw. Pankreaskopfkarzinomen durch den Primärtumor und Lymphknotenmetastasen verursacht werden oder ist im fortgeschrittenen Tumorstadium Folge der neuronalen Tumorinfiltration mit Ausbildung einer Gastroparese. Die Symptome Nausea und Erbrechen treten bei 30-50% der Patienten mit biliopankreatischen Malignomen auf. Eine symptomatische Obstruktion im Duodenum wird nur bei wenigen Patienten (Di Fronzo et al. 1999) zum Zeitpunkt der Diagnosestellung beobachtet. Der Anteil steigt mit der Tumorprogression deutlich an.
47
460
Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
> Patienten mit einer initialen biliodigestiven Bypassversorgung benötigen im weiteren Verlauf zwischen 6 und 19% eine Gastroenterostomie. Bei simultan operativ angelegter biliodigestiver und Gastroenteroanastomose sind sekundäre Revisionen in nur 2% erforderlich (Deziel et al. 1996, Espat et al. 1999, Lillemore et al. 1999, Singh et al. 1989, Starr und Cameron 1982, Watanapa 1992).
te, die sowohl konventionell am offenen Abdomen als auch laparoskopisch erstellt werden kann. Eine generelle radiografische Darstellung der Funktion ist nur bei persistierender Entleerungsstörung erforderlich. Bei unzureichender Passage kann bereits ab dem 4. postoperativen Tag eine endoskopische Bahnung erfolgen bzw. dabei temporär eine jejunale Sonde platziert werden. Tipp
47
Bei einem Passagehindernis im Duodenum bzw. präpylorischen Antrum des Magens ist die Anlage einer Gastroenterostomose die Standardtherapie. Es wurde eine Vielzahl von operativen Varianten beschrieben, die grundsätzlich in ante- und retrokolische; iso- und anisoperistaltische sowie mit und ohne Durchtrennung des Magens unterteilt werden können. Der Eingriff kann sowohl laparoskopisch als auch konventionell am offenen Abdomen vorgenommen werden. Die Rekonstruktion ist mit einer Ω- bzw. einer nach Y-Roux ausgeschalteten Schlinge möglich. Bereits die Frage nach der Lokalisation – retro- oder anterokolisch – ist nicht sicher zu beantworten. Die Vertreter der antekolischen Variante sehen Vorteile in einem verzögerten Verschluss bei lokaler Tumorprogression und hinsichtlich des geringeren technischen Aufwandes, da das Lig. gastrocolicum nicht zu durchtrennen ist. Hingegen soll eine retrokolisch angelegte Anastomose weniger zu Entleerungsstörungen neigen (Lillemore et al. 1999), die sich in 30% im Verlauf bessert (van Wagensveld et al. 1997, Doberneck und Berndt 1987, Konishi et al. 1997). Die antekolische Gastroenterostomie mit hochgezogener, isoperistaltischer erster Jejunalschlinge ist die technisch simpelste Varian-
⊡ Abb. 47.1 Chirurgische Bypassverfahren: Magentransposition zur Therapie der Magenausgangsstenose (Horstmann u. Becker 2006)
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Modifikationen der Anastomosengestaltung sollen Entleerungsstörungen reduzieren helfen, zum Beispiel durch eine quer zum Darmverlauf geführte Enterotomie, die in die Längsinzision des Magens eingenäht wird (Cross-Section-Anastomose).
Eine andere Möglichkeit besteht in der Durchtrennung bzw. der sparsamen Antrumresektion mit Rekonstruktion nach Billroth II (Luca et al. 1991) oder in der Transposition des Magens (⊡ Abb. 47.1). Wir schließen uns mit unserer operativen Strategie den Autoren an, die eine gleichzeitige Anlage des biliären Bypasses und der Gastroenterostomie präferieren und verzeichnen dabei in Übereinstimmung mit mehreren Studien keine erhöhte Morbidität (Gouma et al. 1999). Wir nutzen eine nach Y-Roux ausgeschaltete und anterokolisch in den Oberbauch transponierte Jejunalschlinge und legen hier eine Seit-zu-Seit Gastrojejunostomie mit der Vorderwand des Magens nahe der großen Kurvatur und eine Choledocho- bzw. Hepatikojejunostomie an (⊡ Abb. 47.2). Dabei wird zwar die Galle über den Magen drainiert, welches im eigenen Krankengut
461 47.2 · Palliative Möglichkeiten beim mechanischen Ileus
⊡ Abb. 47.2 Chirurgische Bypassverfahren: Kombinierte Ableitung bei distalem Gallengangsverschluss und Magenausgangsstenose mit einer nach Y-Roux ausgeschalteten Dünndarmschlinge
zu keiner Beeinträchtigung des postoperativen Verlaufes führte. Vorteilhafterweise besteht sekundär die Möglichkeit der Radiographie oder Stentversorgung im Bereich der biliodigestiven Anastomose. Die Komplikationsrate und die Krankenhausverweildauer sind im Vergleich zur alleinigen biliodigestiven Anastomosenanlage in unserem Patientengut nicht erhöht, wie dies auch andere Autoren bestätigen (Lillemore et al. 1999). Bei Patienten mit drohender Magenentleerungsstörung und einem erwarteten Überleben über mehrere Monate ist die Anlage einer Gastroenterostomie im Zuge einer laparoskopischen bzw. konventionellen Exploration eine weitgehend akzeptierte Lösung (Alam und Parker 2003, Feretis et al. 1997, Weaver et al. 1987). Bei entsprechender Indikation ist ein kombiniertes Vorgehen anzustreben, um einen operativen Zweiteingriff zu umgehen (Bahra u. Jacob 2008, Gouma et al. 2006) (⊡ Tab. 47.1).
47.2.2
Stentversorgung bei Magenausgangs- bzw. Duodenalstenose
Die Stentversorgung bei Duodenalstenose ist technisch aus anatomischen Gründen anspruchsvoll und wurde erst mit Bereitstellung entsprechender Metallgitterstents möglich (⊡ Abb. 47.3). Auch für diese Region gelten die allgemeinen Voraussetzungen sowie das intra- und postinterventionelle Komplikationsspektrum mit Perforation, Blutung, Fehllage und Obstruktion. Bei duodenalen Stents steht die Migration, der Reverschluss durch Tumorwachstum oder Nahrungsbestandteile im
Vordergrund. Die Überstentung der Papilla Vateri kann ebenfalls Probleme durch Gallestau und aszendierende Cholangitis verursachen. Die Implantation der selbstexpandierenden Stents erfordert nicht zwingend eine Nachdilatation und kann somit unter venöser Sedierung vorgenommen werden. Voraussetzung für die Stentimplantation ist die Passage der Stenose mit dem Applikator. Nach radiographischer Kontrolle der korrekten Stentlage ist die Aufnahme von flüssiger Kost bereits kurze Zeit nach der Implantation möglich, sodass sich für den Patienten spürbar die Lebensqualität verbessert. Obwohl Metallgitterstents mit einem Innendurchmesser von 18 mm zur Anwendung gelangen, ist doch die Obstruktion durch Nahrung eine ständig währende Gefahr. Der Anteil an endoskopischen Reinterventionen liegt bei über 20% und beinhaltet neben der Entfernung blockierender Nahrungsbestandteile, die Stentpflege durch Nachdilatieren oder Entfernen eingewachsener Tumoranteile mit der Argon-Plasma-Koagulation. Die Gewebeeinsprossung kann durch Einsatz geschichteter Stents vermieden werden. Bei der Stentmigration bedarf es einer erneuten Stentimplantation. Alternativen sind die Anlage einer Gastroenterostomie oder die Ernährung über eine PEG bzw. jejunale Sonde. > Von der Stentimplantation profitieren insbesondere Patienten mit einem sehr reduzierten Allgemeinzustand und erheblich eingeschränkter Lebenserwartung, die zudem ein nicht vertretbares perioperatives Risiko aufweisen. Das Stenting ist somit die Methode der Wahl im Endstadium der Erkrankung.
47
462
Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
⊡ Tab. 47.1 Indikationsstellung zur operativen Palliation primär palliativ
kurativ → palliativ
lokal inoperabel bzw. generalisiertes Tumorleiden; histologische Sicherung erfolgt
präoperativ kurative Intention intraoperativ lokal inoperabel bzw. generalisiertes Tumorleiden
Symptomatik
Laparoskopische Operation
Konventionelle Laparotomie
Laparoskopische Exploration
Konventionelle Laparotomie
Kein Ikterus Keine Duodenalstenose
-
-
-
-
Ikterus mit Stent Keine Duodenalstenose
-
-
-
BD+GE
Ikterus – endoskopisch nicht therapierbar Keine Duodenalstenose
BD
(BD nur wenn laparoskopisch nicht umsetzbar)
BD
BD+GE
Ikterus mit Stent Duodenalstenose
GE
(GE)
GE
BD+GE
Ikterus Duodenalstenose
Endoskopisch perkutane Drainage+GE/ BD+GE
(BD+GE)
BD+GE
BD+GE
Therapieintention
47
GE – Gastroenterostomie; BD – biliodigestive Anastomose, () – alternatives Vorgehen)
47.2.3
Ernährung im fortgeschrittenen Krankheitsstadium
Der Erhalt einer enteralen Ernährung ist neben einer adäquaten Schmerztherapie und der psychologischen Krankheitsbewältigung ein entscheidender Faktor für die Bewertung der Lebensqualität und damit der Palliation insgesamt. > Das Unvermögen zur Nahrungsaufnahme und eine veränderte Geschmackswahrnehmung belasten den Patienten psychisch stark und vergegenwärtigen ständig die lebensbegrenzende Erkrankung.
Nicht selten tragen die Beeinträchtigungen der Nahrungsaufnahme zur sozialen Isolation bei oder werden vom Patienten genutzt, um Zuwendung in der schwierigen Lebenssituation zu erlangen. Die enterale Ernährung garantiert physiologisch die bedarfsgerechte Versorgung mit den notwendigen Nährstoffen, Vitaminen, Elektrolyten und Spurenelementen, bietet damit Vorteile gegenüber jeder Form der parenteralen Ernährung und sollte deshalb solange als möglich aufrechterhalten werden. Bei der enteralen Ernährung sind bestehende Funktionseinschränkungen von Leber und Bauchspeicheldrüse unabhängig ihrer Genese zu be-
rücksichtigen, so ist eine fettarme, leicht bekömmliche Ernährung zu bevorzugen. Eine exokrine und/oder endokrine Pankreasinsuffizienz bei Tumordurchbau bzw. infolge Okklusion des Pankreasganges mit konsekutiver Organfibrose bedarf einer zielgerichteten Therapie. Berichtet der Patient über Symptome einer exokrinen Insuffizienz, so sind Verdauungsenzyme in ausreichender Dosierung mit der Nahrungsaufnahme zu verabreichen. Ein Diabetes mellitus erfordert in der überwiegenden Mehrzahl der Patienten eine frühzeitige Insulintherapie. Bestehen Symptome, die eine Passagestörung vermuten lassen, so sind weiterführende diagnostische Maßnahmen einzuleiten. Dabei sind zwischen einer mechanischen Komponente durch den Primärtumor oder lokoregionalen Metastasen bzw. einer Gastroparese zu differenzieren. Bei einer mechanischen Komponente kommt die Anlage einer Gastroenterostomie oder eine endoskopische Stentversorgung unter Berücksichtigung der Individualsituation zur Anwendung. (⊡ Abschn. 47.1.2). Die Stentversorgung gewinnt in der Endphase der Erkrankung zunehmend an Bedeutung, da bei geringerer Invasivität der Patient relativ schnell wieder flüssige oder breiige Kost oral aufnehmen kann. Alle anderen Patienten profitieren eher von der Anlage einer Gastroenterostomie, weil nach einer gewissen Einlaufphase auch feste Nahrung
463 47.3 · Best Supportive Care
⊡ Abb. 47.3 Simultane endoskopische Stentversorgung einer Gallengangs- und Duodenalstenose (Pars horizontales et ascendens) mit selbstexpandierenden Metallstents (SEMS)
zu sich genommen werden kann. Wird die Ursache in einer Gastroparese gesehen, so sind primär Prokinetika wie beispielsweise Metroclopramid und Erytromycin indiziert. Alternativen sind die Anlage einer Gastrostomie oder die PEG mit intestinalem Schenkel, die jedoch nur eine Sondenernährung gestattet. Beim fortgeschrittenen Lokalbefund mit endoskopisch nicht überwindbarer Stenose im Duodenum sowie einem erhöhten Risiko einer Anastomoseninsuffizienz nach Gastrostenterostomieanlage ist in Ausnahmesituationen auch die Implantation eines jejunalen Ernährungskatheters konventionell als Witzel-Fistel oder in laparoskopischer Technik in Betracht zu ziehen. Sondennahrung steht konfektioniert in einer umfangreichen Angebotspalette zur Verfügung, sodass eine individuelle Auswahl entsprechend der Verträglichkeit und Vorliebe möglich ist. Zudem gewährleistet auch im ambulanten Sektor in der Sondenernährung geschultes Personal eine fachgerechte Patientenbetreuung. > Die Möglichkeit der parenteralen Ernährung über ein implantiertes Portsystem bleibt im klinischen Alltag nur zeitlich begrenzten Situationen vorbehalten, zum Beispiel in Ergänzung einer eingeschränkten oralen Ernährung während der Chemotherapie oder in den letzten Lebenstagen.
47.3
Best Supportive Care
47.3.1
Lebensqualität und psychoonkologische Betreuung
Bestätigt sich als Ergebnis der Diagnostik ein nicht kurativ therapierbares Leiden beim Patienten oder ist nach kurativ eingeleiteter Therapie mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem das Leben begrenzenden Rezidiv auszugehen, so besteht ein palliativmedizinischer Therapieansatz. Die Zielstellung ist nicht mehr der Versuch einer Heilung um jeden Preis, das heißt die uneingeschränkte Akzeptanz von Aus- und Nebenwirkungen eingeleiteter Therapiemaßnahmen, die oftmals temporär mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einhergehen. Als Beispiele lassen sich hier verstümmelnde Operationen, aber auch Operationsstress und bereits die Angst vor postoperativen Komplikationen und Schmerzen anführen. Auch sollten invasive Maßnahmen und eine Chemotherapie in ihrer Wirkung auf die Psyche des Patienten nicht unterschätzt werden. Als Vertreter der somatischen Medizin neigen wir dazu, die Möglichkeiten der modernen Medizin umfassend auszuschöpfen und auch gegenüber dem Patienten als unbedingt notwendig darzustellen. Auch nach einer erfolgreichen Behandlung des primären Tumorleidens muss dem Patienten vermittelt werden, dass mit einer gewissen tumorspezifischen Wahrscheinlichkeit mit einem Rezidiv zu rechnen ist. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte eine palliative Therapie im geeigneten Umfang und unter Berücksichtigung der individuellen Situation eingeleitet werden. In einem vertrauensvollen ärztlichen Gespräch wird dem Patienten nicht nur die Diagnose Krebs mitgeteilt, sondern der mögliche weitere Krankheitsverlauf mit den sich daraus ergebenden Unannehmlichkeiten aufgezeigt. Während dieses Gespräches wird dem Patienten das Angebot zur weiteren Unterstützung durch ein geschultes Team unterbreitet. > Interdisziplinäre Behandlungsteams bestehen in ausgewiesenen onkologischen Zentren aus Onkologen, Schmerz-, Psycho- und Physiotherapeuten, die eine ganzheitliche Betreuung gewährleisten.
Die Lebensqualität gewinnt in der Palliativsituation für den Patienten an besonderer Bedeutung, wobei der Begriff wegen seiner Vielschichtigkeit nur schwer zu definieren ist. Tipp
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Eine simple Definition der Lebensqualität ist die Gleichsetzung mit dem Begriff der Lebenszufriedenheit.
47
464
47
Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
Die Einschätzung der Lebensqualität resultiert aus dem Vergleich der Ist-Situation mit dem, was der Patient für möglich oder wünschenswert hält. Die Einschätzung des Patienten korreliert wegen der Individualität in der Beurteilung der aktuellen Situation nicht zwingend mit dem objektiven Krankheitszustand. Ein Fortschreiten der unheilbaren Krankheit führt zur Einschränkung der Lebensqualität und erfordert eine Adaptation der Erwartungen, um wiederum zu einer akzeptablen Lebensqualität (Zufriedenheit) zu gelangen. Dabei wird die Lebensqualität nicht ausschließlich durch die Grunderkrankung und Persönlichkeitsstruktur bestimmt, sondern auch durch Faktoren des Lebensumfeldes, wie beispielsweise soziale Kontakte, Einschränkung der Mobilität, materielle Lebensumstände oder dem finanziellen Spielraum. Eine Objektivierung der Lebensqualität ist nur bedingt möglich und auch die bekannten Scores, wie zum Beispiel der Karnowski-Index, spiegeln nur einige Bereiche wider, beruhen zudem auf einer Fremdbeurteilung und können damit erheblich von der erlebten Qualität abweichen. Eine detailliertere Erfassung ermöglichen nur die strukturierte Gesprächsführung, Fragebögen (Sickness Impact Profile – SIP, Nottingham Health Profile , NHP) und psychometrische Tests, die verschiedene Lebensbereiche beleuchten (Aulbert 2000). Die Mehrheit der Indizes zur Beurteilung der Lebensqualität gehen davon aus, dass fehlende Beschwerden gleichzusetzen sind mit einer guten Lebensqualität und umgekehrt. > Die Zielstellung der palliativen Medizin besteht somit fortwährend darin, ein hohes Maß an Ausgeglichenheit zwischen den Erwartungen des Patienten und der tatsächlichen Realität herzustellen.
Damit liegen die wichtigsten Aufgabenbereiche in einer konsequenten Behandlung der Symptome sowie in der Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung. Patienten mit einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung leiden in einem erheblichen Umfang an krankheits- bzw. therapiebedingten Beschwerden und Nebenwirkungen. Im Vordergrund stehen dabei Schmerzen bei 70% der Patienten, gefolgt von Mundtrockenheit, Obstipation und Übelkeit (Grond et al. 1994). Linderung oder Beseitigung von Schmerzen ist deshalb bereits eine wichtige Unterstützung zur Krankheitsbewältigung. Zudem ist es notwendig, dass der Patient seine Krankheit und damit die Unabänderlichkeit des Krankheitsverlaufes bis hin zum Sterben akzeptiert und andererseits nicht in Depression und Selbstaufgabe verfällt, sondern den weiteren Weg eigenverantwortlich mitgestaltet. Diesen Weg wird der Patient nur beschreiten können, wenn eine angemessene ärztliche Aufklärung unter Einbeziehung des Patienten in den Entscheidungsprozess sowie ein Aufzeigen von Ansatzpunkten der Hoffnung erfolgt.
> Das Aufklärungsverhalten bestimmt wesentlich, wie sich der Patient mit seiner unheilbaren Krankheit auseinandersetzt, wie er mit Ängsten umgeht und in welchem Umfang er sich mit seinen Problemen dem Umfeld anvertraut.
Eine dem Sachverhalt nicht gerecht werdende Aufklärung des Patienten über die Genese seiner Erkrankung sowie der realistischen Prognose kann durchaus als »Diebstahl am Leben« aufgefasst werden (Aulbert 2000). Gerade die Wahrhaftigkeit am Krankenbett beugt einem Verlust an Glaubwürdigkeit in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium vor. Das aufrichtige Angebot einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung während des gesamten Krankheitsverlaufes hilft, insbesondere Ängste vor dem Auftreten von quälenden Schmerzen zu mindern. Zugleich trägt die Gewissheit einer jederzeit gesicherten medizinischen und psychologischen Betreuung dazu bei, auch schwierige Krankheitsphasen mit gravierenden Einschnitten in das Leistungsvermögen und die Lebensqualität zu ertragen. Damit wird effektiv dem Abbau des Selbstwertgefühls und einer sozialen Isolierung entgegengewirkt. Im Idealfall gelingt es dem Patienten, neue Sinn- und Wertvorstellungen zu entwickeln, die es ihm ermöglichen, Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen, Prioritäten neu zu definieren und auch Erwartungen an das verbleibende Leben zu entwickeln. Unterstützend können sich in diesem Prozess eine externe psycho- bzw. psychoonkologische Betreuung sowie die Integration in eine Selbsthilfegruppe auswirken. Ziel sollte dabei sein, Krankheit nicht als Behinderung, sondern als Aufgabe und Chance der Besinnung, zum Ordnen seines Lebens und am Ende auch zur Vorbereitung auf das Sterben anzusehen (Pflanz 1990).
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Wir wollen nicht dem Leben (um jeden Preis) Zeit hinzufügen, sondern der verbleibenden Zeit Leben (Lebensqualität) geben (Brunner 1987).
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47.3.2
Behandlung ausgewählter Symptome
Schmerzen Das Ziel der Schmerztherapie bei Tumorerkrankungen ist die Schmerzlinderung auf ein erträgliches Maß, das ein Leben in annehmbarer Qualität gestattet. > Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang, dass auch emotionalen, psychischen und spirituellen Bedürfnissen der Patienten entsprochen wird, da diese
465 47.3 · Best Supportive Care
Faktoren einen wesentlichen Schmerz modulierenden Einfluss haben (Beyer 2000, Derra und Egle 1995, Hanekop et al. 1996).
Ein hoher Anteil an Patienten klagt bereits bei Diagnosestellung Pankreaskarzinom über Abdominal- oder Rückenschmerzen. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium mit Organ überschreitendem Wachstum stehen nicht selten heftigste Rückenschmerzen im Vordergrund, die auf eine Infiltration der Perineuralscheiden zurückzuführen sind. Eine Pankreasgangdilatation infolge Stase wird ebenfalls von einigen Autoren als Schmerzursache angesehen. Diese wird in der Literatur different beurteilt, zumal sich eine Entlastung des Pankreasganges als therapeutische Option nicht durchgesetzt hat. Auch für das Pankreas- und distale Gallengangskarzinom gelten uneingeschränkt die Richtlinien der medikamentösen Therapie des WHO-Stufenschemas, die seit 1999 in aktualisierter Fassung vorliegen (Beyer 2000). Voraussetzung für eine gezielte Schmerztherapie ist die Differenzierung hinsichtlich der Schmerzqualität in Nozizeptor- oder neuropathische Schmerzen. Die Nozizeptorschmerzen werden nochmals unterteilt in periphere (somatische) und in viszerale Schmerzen. Für periphere Nozizeptorschmerzen sind die Schmerzrezeptoren der Haut, Knochen und Muskeln Ausgangspunkt. Diese Schmerzen zeichnen sich durch eine gute Lokalisierbarkeit, scharfe Abgrenzung und einem zumeist stechenden Charakter aus. Die Reizung der Schmerzrezeptoren der inneren Organe führt zu viszeralen Nozizeptorschmerzen, die allgemein schlecht lokalisierbar, drückend oder
ziehend von den Patienten empfunden werden und nicht selten in die Head-Zonen projizieren. Demgegenüber werden neuropathische Schmerzen durch Infiltration von nervalen Strukturen ausgelöst, wie z.B. beim Pankreaskarzinom mit Organ überschreitendem Wachstum und Infiltration des Plexus coeliacus. > Es ist davon auszugehen, dass 90% der Patienten mit Tumorschmerzen mit einer effizienten oralen Schmerztherapie akzeptabel behandelt werden können, sofern eine subtile Schmerzanalyse erfolgte und ein individualisiertes Behandlungsschema aufgestellt wurde.
Die Schmerzintensität sollte zum Monitoring der Therapie bereits mit Beginn und danach über den gesamten Therapieverlauf durch den Patienten mithilfe einer visuellen Analogskala (VAS 0-100) oder numerischen Ratingskala (NRS 0-10) eingeschätzt werden. Tumorpatienten berichten nicht selten über Durchbruchschmerzen, insbesondere beim Einsatz von retardierten Opiaten, sodass zur Bedarfsmedikation ein schnell anflutendes Opiat von einem Sechstel der Tagesdosis des retardierten Präparates prophylaktisch zu verordnen ist. Zudem sind ab der WHOStufe II Koanalgetika bzw. Laxanzien bei der Anwendung von opioidhaltigen Pharmaka einzusetzen (⊡ Tab. 47.2). Bei eingeschränkter oraler Applikation, z.B. bei klinisch manifester Passagestörung, besteht die Möglichkeit zur transdermalen Verabreichung. Die zur Verfügung stehenden Pflaster erfahren bei den Patienten eine hohe Akzeptanz, da bei sicherer Wirkung über mehrere Tage die Applikationsform als sehr angenehm empfunden wird.
⊡ Tab. 47.2 Koanalgetika Medikament/Medikamentengruppe
Indikation
Trizyklische Antidepressiva
Neuropathischer Schmerz (Brennschmerz, Dysästhesien)
Antikonvulsiva
Neuropathischer Schmerz (Einschießender Schmerz, Paroxysmen)
Kortikosteroide
Nervenkompression, Hirndruck, Lymphödem, Organkapseldehnung, Weichteilinfiltration
Muskelrelaxanzien
Muskelverspannung
Spasmolytika
Kolikartige, viszerale Schmerzen
Lokalanästhetika
Neuropathische Schmerzen, Dauerschmerz, einschießende Schmerzen
Clonidin
Neuropathische Schmerzen
Capsaicin
Posttherapeutische Neuralgie
Baclofen
Neuropathischer, einschießender Schmerz
Esketamin
Neuropathischer Schmerz
Biphosphonate
Knochenschmerz
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466
47
Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
Invasive Methoden der Schmerzbehandlung sind immer dann indiziert, wenn die Möglichkeiten der oralen, rektalen oder transdermalen Applikation ausgeschöpft wurden bzw. die Nebenwirkungen dieser Therapie für den Patienten nicht tolerabel sind. Als invasive Verfahren stehen die parenterale Applikation oder neurodestruktive Verfahren zur Verfügung. Unter der parenteralen Schmerzmittelapplikation wird die subkutane, intravenöse bzw. intrathekale oder peridurale Gabe analgetisch wirksamer Substanzen allein oder in Kombination mit einem Koanalgetikum (z.B. Lokalanästhetikum) zusammengefasst. Bei der intravenösen und der rückenmarksnahen Applikation wird über Katheter, Portsysteme bzw. externe oder implantierbare Pumpen kontinuierlich das Analgetikum zugeführt, sodass eine Basisanalgesie garantiert wird. Schmerzspitzen kann der Patient situationsbezogen bei geeigneten Pumpensystemen durch zusätzliche Bolusgabe kupieren, ohne definierte Limits in der Dosierung zu überschreiten. Bei den rückenmarksnahen Applikationsformen werden im Allgemeinen Opioide intrathekal oder peridural verabreicht. Dabei weist die peridurale Gabe eine geringere Komplikationsrate auf und respiratorische Störungen bis hin zur Atemdepression (Jyu und Lamp 1985) werden seltener beobachtet. Andere Nebenwirkungen betreffen das ZNS und das kardiovaskuläre System mit generalisierten Krampfanfällen und Kreislaufstillständen. > Aufgrund der Schwere möglicher Komplikationen besteht die berechtigte Forderung nach einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung im stationären wie im ambulanten Sektor sowie zur kritischen Indikationsstellung mit Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Risiko und Nutzen.
Als neurodestruktive Verfahren erlangten bei Pankreas- bzw. distalem Gallengangskarzinom die Blockade des Plexus coeliacus sowie die Durchtrennung der Splanchnikusnerven eine gewisse klinische Bedeutung. Die Blockade des Plexus coeliacus kann durch Injektion von Alkohol in die Umgebung des Truncus coeliacus und auf den Ansatz der Zwerchfellschenkel während der Laparotomie/Laparoskopie oder unter bildmorphologischer Unterstützung perkutan vorgenommen werden (Lillemoe et al. 1993, Flanigan u. Kraft 1978, Sharp u. Stevens 1991). Die Kombination aus einer 50–70%igen Alkohollösung mit einem Lokalanästhetikum lässt die Wirkung sofort eintreten und bereits intraoperativ ist die korrekt lokalisierte Applikation durch Absinken des arteriellen Mitteldruckes nachweisbar. Patienten mit präexistenten Schmerzen und einer Splanchnikus-Blockade während der initialen Chirurgie sollen im weiteren Verlauf weniger über Schmerzen klagen und signifikant länger leben
(Lillemoe et al. 1993, Gouma et al. 1999). Die Wirksamkeit der Splanchnikus-Blockade wurde in einer prospektiven Studie gegenüber Plazebo unter Anwendung von visuellen Analogskalen und Morphinäquivalentdosen nachgewiesen. Die Wirkdauer dieser Therapie wird mit bis zu 2 Jahren angegeben, realistischer erscheinen jedoch 3 bis 6 Monate (Kretzschmar et al. 2003). Nachdem sich der Schmerzmittelbedarf in vielen Fällen infolge der Plexusblockade um die Hälfte reduzierte, nahmen die Beschwerden bei 2/3 der Patienten im Krankheitsverlauf wieder zu (Lillemoe et al. 1993). ! Cave! Obwohl 80% der symptomatischen Patienten von dieser Therapie profitieren, darf eine prophylaktische Neurolyse wegen der Komplikationsmöglichkeiten nicht unkritisch eingesetzt werden. Durch fehlplatzierte Injektionen bzw. Diffusion wurden Begleitschäden, wie schwer beherrschbare Diarrhöen, Wurzelschmerzen, orthostatische Hypotension oder Ejakulationsstörungen, aber auch Herzstillstand, Aortendissektion oder Paraplegie beschrieben.
Operative Denervationen mit Durchtrennung der zum Ganglion coeliacum ziehenden Nerven, die eine ausgedehnte Mobilisation des Pankreas und Duodenums erfordern, sind insbesondere beim palliativen Therapieansatz als obsolet anzusehen. Die Neurolyse des Plexus coeliacus und die Neurektomie des Splanchnikusnerven sind als adjuvante Methoden nur in Kombination mit einer medikamentösen Therapie anzuwenden. Die Neurolyse des Plexus celiacus kann, wie dargestellt, während eines operativen Eingriffes bzw. CT- oder durch endoskopischen Ultraschall gestützt erfolgen (Bahra und Jacob 2008). Eine gleichfalls effektive, aber wenig gebräuchliche Methode ist die beidseitige laparoskopische transthorakale Durchtrennung des Splanchnikusnerven, sodass die afferenten Schmerzbahnen unterbrochen werden.
Übelkeit und Erbrechen Unter behandlungsbedürftiger chronischer Übelkeit und Erbrechen leidet jeder zweite Patient mit einem Pankreaskopftumor (Bahra u. Jacob 2008). Der Einfluss beider Symptome auf die Lebensqualität ist erheblich, insbesondere wenn die Nahrungsaufnahme eingeschränkt ist und ein fortschreitender Gewichtsverlust besteht. Vor einer symptomorientierten medikamentösen Therapie ist zunächst eine mechanische Obstruktion des Gastrointestinaltraktes auszuschließen. Andererseits können die Symptome durch die Grundkrankheit auch ohne Obstruktion, beispielsweise durch eine Gastroparese infolge Tumorinfiltration von präaortalem Nervenplexus, Peritonealkarzinose oder Hirnmetastasen hervorgerufen werden. Übelkeit und
467 47.3 · Best Supportive Care
Erbrechen sind zudem geläufige Nebenwirkungen einer Radio- und Chemotherapie, aber auch der symptomatischen Therapie mit opioidhaltigen Analgetika oder werden durch eine latente psychische Störung verursacht. Die höchste Potenz in der medikamentösen Behandlung besitzen die Serotoninantagonisten (Zofran®) oder Topsetron (Navoban®). Als Nebenwirkungen verursachen beide Präparate in einem hohen Prozentsatz eine Darmatonie und Obstipation, sodass eine Therapie indiziert ist. Bei eingeschränkter oraler Aufnahme stehen als Alternativen eine i.v., s.c. oder rektale Applikation zur Verfügung (⊡ Tab. 47.3).
Pruritus Ausgeprägter Juckreiz kann die Lebensqualität in erheblichem Maße einschränken und bedarf deshalb einer spezifischen symptomorientierten Therapie. Bei Tumoren des Pankreaskopfes bzw. hepatobiliären Systems ist der Ikterus oftmals das Leitsymptom und führt damit zur Diagnose. Pruritus wird auch beobachtet bei Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes mellitus, Hypo- bzw. Hyperthyreose oder tritt als Nebenwirkung von Arzneimitteln auf. Weitere Formen sind der renale und der
paraneoplastische Pruritus, die mit bzw. ohne Hauterscheinungen einhergehen können. Die Genese bleibt nicht selten unbekannt, sodass von einem essenziellen Pruritus ausgegangen werden muss. Verstärkt wird die Symptomatik bei der atopischen Diathese, einer genetischen Disposition, die mit einer minder belastbaren Haut einhergeht. Eine posthepatische Cholestase ist umgehend interventionell bzw. chirurgisch zu beheben ( Abschn. 47.1). Liegt keine Cholestase vor, so gilt es, andere Ursachen in Betracht zu ziehen, wie beispielsweise Arzneinebenwirkungen opioidhaltiger Analgetika, Antibiotika und Psychopharmaka. > Die Therapie des Symptoms Pruritus beruht auf drei Säulen: ▬ einer medikamentösen Therapie, ▬ der Behandlung mit Externa sowie ▬ allgemeinen Maßnahmen.
Die medikamentöse Therapie kann mit Antihistaminika erfolgen, die jedoch nur eine sehr begrenzte Wirkung aufweisen. Wirksamer sind die trizyklischen Antidepressiva, die als potente H1-Rezeptorblocker zugleich sedierend wirken.
⊡ Tab. 47.3 Auswahl einiger Antiemetika in der Palliativmedizin (Gleim et al. 2007) Gruppe
Substanz
Dosierung
Nebenwirkung
Antiemetische Potenz
Serotoninantagonisten
Tropisetron
8 mg i.v., 2-mal 4-8 mg p.o.
Kopfschmerz, Diarrhö, Darmatonie, Obstipation
+++
Ondastron
5 mg i.v. 5 mg p.o.
MCP
40-60 mg/24 h Infusion/Tropfen.
Dyskinesie, Angstreaktionen, Diarrhö
++
Alizaprid
300 mg i.v
Triflupromazin Haloperidol
20 mg i.v. 70 mg Supp 1-3 mg 4-mal/Tag
Sedierung, Krampfschwellen
+
Dopaminantagonisten
Phenothiazine/ Butyrophenone
Mazin Haloperidol Kortikoide
Dexamethason Prednisolon
8-20 mg i.v. 1- bis 3-mal/Tag 100-250 mg i.v. 1- bis 3-mal/Tag
BZ-Anstieg, psychotische Reaktion
+
Benzodiazepine
Diazepam Larozepam
20 mg/Tag 0,5-1 mg/Tag
Sedierung
-(antizipatorisches Erbrechen)
Antihistaminika
Demenhydrinat
bis 3-mal 50 mg/Tag
Sedierung, anticholinerge Effekte
+
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Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
Tipp
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Das Mittel der Wahl beim cholestatischen Pruritus ist der Lipidsenker Colestyramin (Konishi et al 1997).
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Bei einem medikamentös durch Opioid-Analgetika verursachten Pruritus durch Histaminfreisetzung wird der Behandlungsansatz mit dem Opiumantagonisten Naloxon (0,2 mg/kg KG/min über 24 h) beschrieben (Orfanos u. Garbe 1995). Mit der Anwendung von antipruriginösen Substanzen (Plidocanol, Kampfer, Menthol oder Teere) in Schüttelmixturen, Lotionen oder Emulsionen kann zusätzlich eine Linderung erzielt werden. Grundsätzlich sollte ein Austrocknen der Haut oder Schwitzen sowie der Genuss von Alkohol und scharfen Gewürzen vermieden werden. Lange Bäder und die Anwendung von starken alkalischen Seifen oder Desinfektionsmitteln verstärken den Juckreiz. Empfohlen werden zur Hautpflege rückfettende und juckreizstillende Zusätze. Einen weiteren therapeutischen Ansatz stellt die Fototherapie dar, die jedoch einen nicht bettlägerigen Patienten voraussetzt.
Obstipation Palliativpatienten, die Opioide zur analgetischen Therapie erhalten, leiden zu über 90% unter Obstipationsbeschwerden. Viele andere zur Palliation verwendete Medikamente rufen ebenfalls eine Obstipation hervor, sodass eine begleitende Laxanziengabe indiziert ist. Vor der Medikation ist eine Passagebehinderung anamnestisch und klinisch auszuschließen, welches in Abwägung der individuellen Situation auch eine radiografische Darstellung oder eine Endoskopie erfordert. Der Patient ist auf die Obstipation als Nebenwirkung der medikamentösen Therapie und auf die oft nicht ausreichenden Basismaßnahmen, wie körperliche Aktivität, ballaststoffreiche Nahrung und ausreichende Trinkmenge bereits zum Zeitpunkt der Verordnung hinzuweisen. Die Wirkprinzipien der Laxanzien, die in der Palliativmedizin zur Anwendung gelangen, sind osmotische Aktivität, Stimulation der Motilität oder die eines Gleitmittels. ! Cave! Quellmittel sind bei eingeschränkter Flüssigkeitsaufnahme mit Zurückhaltung anzuwenden; Vorrang haben osmotisch wirksame Laxanzien.
Insbesondere die Opioidtherapie führt zu komplexen Störungen der Darmmotilität, der Sekretion und Resorption der Dickdarmschleimhaut mit Eindickung des Darminhaltes (Gleim 2007). Hinsichtlich der Applikationsform ist der oralen vor der rektalen Verabreichung und dieser vor der manuellen Ausräumung der Vorrang zu geben.
Von Klaschik wurde hierzu ein Stufenschema entwickelt, das diese Prinzipien berücksichtigt (Klaschik et al. 2003).
Hyperhidrosis Die übermäßige Schweißsekretion wird nur von 20–30% der Palliativpatienten beklagt, verursacht aber in Einzelfällen ernsthafte Probleme bei der Pflege der Patienten. Starkes Schwitzen kann neben dem Flüssigkeitsentzug zum frühzeitigen Ablösen der Pflaster zur transdermalen Opioidtherapie oder von Grundplatten bei Stomaträgern führen. Hyperhidrosis infolge Fieber bei Infektionen verschiedenster Art ist auszuschließen bzw. gezielt zu behandeln. Grundsätzlich kann eine Hyperhidrosis durch die Tumorerkrankung, die eingeleitete Therapie oder zentral, z.B. Störung der zerebralen Temperaturregulation hervorgerufen werden. Neben exogenen Pyrogenen bei bakteriellen Infektionen können endogene Pyrogene, vorwiegend als Zytokine, auch beim Zerfall von Tumorzellen freigesetzt werden. Sind Zytokine, wie Interferone, Interleukine, Tumornekrosefaktor und Prostaglandine für Fieber und Schwitzen verantwortlich, so haben sich Prostaglandinsynthese-Hemmer (NSAR) und Zytokinantagonisten sehr gut bewährt. Eine Vielzahl von Medikamenten, die in der Palliation von Tumorerkrankungen zur Anwendung gelangen, wie beispielsweise Opioide, Metamizol, Neuroleptika, Antikonvulsiva und Antidepressiva besitzen diese Nebenwirkung. Patienten sollten deshalb bereits mit der Verordnung aufgeklärt werden, sodass potenzielle Nebenwirkungen nicht als Progress der Grundkrankheit aufgefasst werden. ! Cave! Eine allgemein akzeptierte medikamentöse Therapieempfehlung kann nicht gegeben werden, da die zur Verfügung stehenden Medikamente bei einigen Patienten eine Hyperhidrosis als Nebenwirkung hervorrufen.
Für Tumorpatienten kann Paracetamol bis 4 g/Tag, Ibuprofen, Amitryptilin mit 25–50 mg/Tag, Scopalamin 500 μg/alle 3 Tage transdermal, Propanolol 30–60 mg/ Tag, Cimetidin, Olazepin mit 10 mg/Tag und Thalidomid 100 mg abends empfohlen werden. Erwähnenswert sind als allgemeine Maßnahmen der Verzicht von Alkohol, Koffein und Pfeffer sowie das Anlegen von Wadenwickeln, geeignete Bekleidung und eine wohltemperierte Umgebung (Gleim 2007).
47.4
Palliative Resektionen
Bisher gibt es keine Studien, die Bezug nehmen auf das Outcome nach elektiv ausgeführten palliativen Resektionen. In zwei Studien werden lediglich Patienten
469 47.4 · Palliative Resektionen
mit palliativen Resektionen bei primär R0-intendierten Eingriffen mit palliativen Operationen bei lokal fortgeschrittenen Tumoren verglichen. Bei diesen, teils retrospektiven Betrachtungen wurden Patientengruppen gegenübergestellt, die eine vergleichbare Tumorgröße und keine Metastasierung aufwiesen. Es zeigte sich, dass sowohl Morbidität und Mortalität vergleichbar waren (Reinders et al. 1995, Lillemoe et al. 1996), jedoch die Patienten verschiedenen Epochen der Pankreaschirurgie zuzuordnen waren, welches die Vergleichbarkeit hinsichtlich der präoperativen Diagnostik und Einschätzung der lokalen Operabilität und damit die Evidenz der Untersuchungen nicht unerheblich einschränkt (Kymionis et al. 1999, Lillemoe et al. 1996, Gouma et al. 1999). Palliative Resektionen resultierten somit aus Eingriffen, die unter kurativer Zielstellung begonnen wurden und nach dem Überschreiten des »point of no return« aus Sicht des Operateurs nur noch mit Zurücklassen von Tumorgewebe beendet werden konnten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass bei Tumorfreiheit der Resektionsflächen im intraoperativen Schnellschnitt der definitive histologische Befund erst den Tumornachweis zum Beispiel zirkumferenziell erbrachte. Es liegt somit keine gezielte Patientenauswahl vor, vielmehr ist die RSituation das Ergebnis des Eingriffes selbst und wurde präoperativ nicht in die Indikationsstellung zum Eingriff einbezogen. Eine präoperativ palliativ ausgerichtete Duodenopankreatektomie als Debulking kann mit dem vorhandenen Erkenntnisstand nicht empfohlen werden (Bahra u. Jacob 2008).
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Kapitel 47 · Palliative Therapiemaßnahmen – Best Supportive Care
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471 47.4 · Palliative Resektionen
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47
48
Rehabilitation nach hepatobiliärer und Pankreastumorchirurgie K.-H. Zurborn
48.1
Somatische Rehabilitationsmaßnahmen – 473
48.1.1 Ernährungsberatung und Kostaufbau
– 474
48.2
Psychische Rehabilitationsmaßnahmen – 474
48.3
Gesundheitstraining
48.4
Sozialmedizinische Aspekte – 475
48.5
Zusammenfassung
– 475
– 476
473 48.1 · Somatische Rehabilitationsmaßnahmen
Patienten mit onkologischer Erkrankung erleben einen tiefen Einschnitt in ihrem Leben. Neben den unmittelbaren Folgen der Erkrankung selbst und der therapeutischen Eingriffe müssen Konsequenzen für das alltägliche Leben, für das körperliche und insbesondere auch psychische Befinden, für die Rolle in Familie und Freundeskreis und das soziale und berufliche Leben bewältigt werden. Eine Rehabilitationsmaßnahme nach hepatobiliärer oder Pankreastumorchirurgie als Anschlussheilbehandlung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt, eventuell nach adjuvanter Chemotherapie oder Bestrahlung, muss daher den Patienten in vielfältiger Weise bei der Krankheitsbewältigung unterstützen und ihn auf das Leben im Alltag vorbereiten. Berücksichtigung sollte dabei auch das Vorliegen verschiedenster Begleiterkrankungen finden, wie z.B. chronische Lebererkrankungen (Hepatitis B oder C, Leberzirrhose), exokrine und/oder endokrine Pankreasinsuffizienz oder auch Folgen der Chemotherapie, wie z.B. die den Patienten oft stark beeinträchtigende Polyneuropathie.
Moderne Rehabilitationskonzepte richten sich an konkreten Rehabilitationszielen aus. Diese umfassen den somatischen, funktionellen, psychischen, sozialmedizinischen und edukativen Bereich und sind im Einzelnen der ⊡ Tab. 48.1 zu entnehmen.
48.1
Somatische Rehabilitationsmaßnahmen
Postoperativ und insbesondere nach adjuvanter Chemotherapie oder Radiotherapie besteht eine, nicht selten das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigende, verminderte allgemein körperliche Leistungsfähigkeit und leichte Ermüdbarkeit. Eine bereits unter leichter Belastung stark ansteigende Herzfrequenz ist Ausdruck des Trainingsmangels. Viele Patienten reagieren darauf mit körperlicher Schonung und verstärken damit das Problem. Dieser Mechanismus muss durch ein gezieltes Trainingsprogramm unter der Überwachung des RehaArztes durchbrochen werden.
⊡ Tab. 48.1 Rehabilitationsziele Rehabilitationsziele Somatische
− − − − − −
Allgemein-körperliche Leistung ↑ Beschwerden nach Chemotherapie ↓ Schmerzreduktion Pflegebedürftigkeit ↓ Selbstversorgung ↑ Verbesserung von Sensibilitätsstörungen
Psychische
− − − − − − − − − − −
Krankheitsbewältigung ↑ Emotionale Stabilisierung Bewältigung von Ängsten Bewältigung depressiver Zustände Familien-/Partnerschaftsprobleme ↓ Schlafstörungen ↓ Aufbau von Sinn-/Zielperspektiven Aufbau besseren Selbstbewusstseins Kognitive Leistungsbreite ↑ Erhalt der Selbstversorgung Vermittlung von Selbsthilfegruppen
Edukative
− − − − −
Medizinische Information Information über Alternativtherapien aus schulmedizinischer Sicht Risikoverhalten ↓ (z.B. Rauchen, Alkohol, Stress/ Überforderung) Kostaufbau, Appetitsteigerung, krankheitsadäquates Ernährungsverhalten Onkologische Nachsorge sicherstellen
Funktionelle
− Funktion Bewegungsapparat ↑ − Sportliche Aktivität und Bewegung ↑
Sozialmedizinische
− Berufliche Wiedereingliederung − Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ↑ − Verbesserung der sozialen Kompetenz
48
474
Kapitel 48 · Rehabilitation nach hepatobiliärer und Pankreastumorchirurgie
> Die Patienten benötigen Unterstützung und Motivation zu körperlicher Aktivität und erhalten dadurch wiederum eine Selbstbestätigung durch erreichte Fortschritte in der Leistungsfähigkeit (»die Kraft kommt wieder«; DIMEO et al. 1999).
48
Das Therapieprogramm umfasst Krankengymnastik als Einzel- oder Gruppentherapie, überwachtes und individuell abgestimmtes Bewegungsprogramm mit Laufband- oder Ergometertraining und zum Muskelaufbau Sequenztraining, wobei hier speziell auf eine Schonung der Bauchmuskulatur geachtet wird, um Operationsnarben nicht zu gefährden. Bei Bedarf, z.B. bei Verspannungen oder Überlastungsbeschwerden unter den zunächst ungewohnten Belastungen, kommen passive physiotherapeutische Maßnahmen wie Bäder, Massagen oder Elektrotherapie zum Einsatz. Bei gut verheilter Operationsnarbe sind auch Wasseranwendungen (Bewegungsbad, Schwimmen). Bei dem speziellen Problem von chemotherapieinduzierter Polyneuropathie sind mitunter Vierzellenbäder hilfreich. Ergotherapeutische Maßnahmen können die Funktionalität insbesondere der Hände bzw. der Finger verbessern. Gegebenenfalls sind auch unterstützend medikamentöse Maßnahmen erforderlich.
48.1.1
Ernährungsberatung und Kostaufbau
Von besonderer Bedeutung in der postoperativen Phase und der nicht selten bestehenden Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme ist der Kostaufbau und ernährungsberatende Betreuung während der gesamten Rehabilitationsmaßnahme einschließlich Beratung in der Lehrküche. Spezielle Probleme ergeben sich nach partieller oder totaler Gastrektomie und/oder Pankreatektomie (Delbrück 2006b). Gegen das Dumpingsyndrom wirken häufige kleine Mahlzeiten (5-7), langsames Essen und gründliches Kauen, Ruhezeiten nach dem Essen, Trinken zwischen den Mahlzeiten (»stilles Wasser« oder Tee), ballaststoff- und eiweißreiche Kost unter Vermeidung leicht aufschließbarer Kohlehydrate, keine heißen oder eiskalten Getränke und Speisen. Bei stark ausgeprägtem Dumpingsyndrom sind sogar 8-10 kleine Mahlzeiten erforderlich sowie Nahrungsaufnahme im Liegen bzw. Hinlegen unmittelbar nach dem Essen. Eine Pankreasenzymsubstitution ist in der Regel zur Vermeidung von Nahrungsverwertungsstörungen zu empfehlen, insbesondere natürlich bei manifester exokriner Pankreasinsuffizienz. Dazu kommt die Fettreduktion auf 70 g/ Tag und ggf. die Beschränkung auf mittelkettige Fettsäuren (MCT-Fette, Ceres-Margarine), falls die Steatorrhö durch Enzymsubstitution allein nicht wesentlich zu bessern ist.
! Cave! Der insulinpflichtige Diabetes mellitus bei endokriner Pankreasinsuffizienz stellt ein besonderes Problem dar. Aufgrund des gleichzeitigen Mangels von Insulin und Glucagon besteht eine besondere Hypoglykämieneigung bei geringem Insulinbedarf.
Hier ist eine intensive Schulung und spezielle Insulineinstellung erforderlich. Wichtig für den Patienten ist es, die Symptome der Unterzuckerung zu erkennen und die Notwenigkeit der Anpassung der Insulindosis bei Infekten, Stress und stärkeren körperlichen Belastungen. Besonderheiten bei der sozialmedizinischen Beurteilung sind zu berücksichtigen ( Abschn. 48.4).
48.2
Psychische Rehabilitationsmaßnahmen
Viele Patienten haben durch die Mitteilung der Diagnose »Krebs« einen Schock erlitten und dadurch Beeinträchtigungen entwickelt, die Schlafstörungen, depressive Störungen, Antriebslosigkeit, Unruhe und Ängste sowie familiäre und partnerschaftliche Konflikte umfassen können. Diesen Störungen wird durch psychologisch geleitete Gruppen-, aber auch Einzelgesprächen begegnet als auch durch Vermitteln und Einüben verschiedener Entspannungstechniken (z.B. progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder autogenes Training). Unterstützend wirken Kreativtherapien wie z.B. Mal-, Musik- oder Gestaltungstherapie (⊡ Tab. 48.2). Der Patient wird in seiner Krankheitsbewältigung unterstützt, wobei Krankheitsverleugnung vermieden werden soll. Ein standardisiertes Vorgehen gibt es nicht, jeder Betroffene muss seinen eigenen Weg finden. > Nicht jeder Tumorpatient ist psychisch krank. Entscheidend ist das Verhältnis zwischen Belastungsfaktoren ( Übersicht) und persönlicher Ressourcen des individuellen Patienten.
Spezifische psychische Belastungen für Tumorpatienten ▬ Ängste / Lebensbedrohung ▬ Ungewissheit ▬ Depressionen / Antriebslosigkeit ▬ Anpassungsstörungen ▬ Erschöpfung / Fatigue ▬ Unruhe ▬ Schlafstörungen ▬ Sexuelle Störungen ▬ Verlust sozialer Rollen ▬ Partnerkonflikte
475 48.4 · Sozialmedizinische Aspekte
⊡ Tab. 48.2 Rehabilitative Therapiemaßnahmen Somatische und funktionelle
Psychosoziale
Edukative
− Krankengymnastik (Einzel-, Gruppentherapie, auch im Wasser) − Laufband-, Ergometertraining − Sequenztraining − Sporttherapeutische Gruppen (verschiedene Belastungsstufen) − Passive physikalische Therapien − Ergotherapie − Ernährungsberatung, Lehrküche
− − − − − −
− Information über: − Tumorerkrankungen − Nachsorgemaßnahmen − Hilfsmittelgebrauch − Selbsthilfegruppen − Krankheitsadäquate Ernährung − Motivation zu krankheitsgerechtem Verhalten im Alltag
Psychologische Einzel-, Gruppengespräche Entspannungsverfahren Kreativtherapie Initiative zur beruflichen Reha Sozialberatung (SBG, Rente) Organisation häuslicher Pflege/ Haushaltshilfe, Essensversorgung (Entlassungsmanagement)
Es gilt den Teil der Patienten (ca. 20-30%) aufzudecken, der professionelle psychologische Hilfe benötigt. Unterstützend bei der Angstbewältigung sind Vertrauen vermittelnde ruhige Gespräche ohne Zeitdruck, Aufklärung und Information, Ermittlung von Ressourcen, adäquate Schmerzbehandlung, medikamentöse angstlösende Unterstützung und Entspannungsverfahren (Keller 2001). Fatigue hat oft multifaktorielle Ursachen wie Anämie, Schmerz, Schlafstörungen, Gewichtsreduktion, Medikamentennebenwirkungen, Konditions- und Kräftemangel. Entsprechend müssen auch die therapeutischen Möglichkeiten vielseitig sein. Hilfreich sind u.a. dosiertes Kraftund Ausdauertraining mit langsamer Steigerung der Anforderungen unter ärztlicher Überwachung während der stationären Rehabilitation.
48.3
Gesundheitstraining
Bei vielen Patienten besteht das Bedürfnis über die Erkrankung, Therapie, Nachsorge und das »Leben danach« mehr zu erfahren. Hier besteht die Aufgabe der Rehabilitation in Vorträgen, Seminaren und Einzelgesprächen die Fragen des Patienten zu beantworten und individuelle Hinweise zum Verhalten zu geben. Auf diese Weise soll das Krankheitsverständnis gefördert und Wege zum Umgang mit der Behinderung aufgezeigt werden. Gleichzeitig wird die Motivation zum krankheitsgerechten Verhalten im Alltag gesteigert. > Auch eine Beratung über Naturheilverfahren und unkonventionelle Verfahren in der Krebsbehandlung aus schulmedizinischer Sicht ist erforderlich, da praktisch alle Patienten mit diesen Fragen konfrontiert werden und eine Verunsicherung des Patienten oder auch unnötige finanzielle Belastungen verhindert werden sollen.
Dies umfasst auch eine Information über das Immunsystem und seine Rolle bei onkologischer Erkrankung sowie
sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Immunabwehr. Einen sehr wichtigen Bereich betrifft die Ernährungsberatung sowohl in Vorträgen und Seminaren über grundsätzliche Themen als auch in einer individuellen Einzelberatung und Betreuung während der Rehabilitationsmaßnahme um den Patienten auf zuhause vorzubereiten (Mestrom u. Kruck 1997).
48.4
Sozialmedizinische Aspekte
Onkologische Erkrankungen haben nicht selten Auswirkungen auf den sozialen Bereich des Patienten (MaierLenz und Lenk 2005). Dadurch verursachte Sorgen und Ängste der Patienten können durch Aufklärung und Hilfestellungen des Sozialdienstes gemindert werden. Dieser berät und unterstützt die Antragstellung zum Feststellungsverfahren im Rahmen des Schwerbehindertenrechts. Bei noch berufstätigen Patienten wird die Realisierung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich Erarbeitung von leidensgerechten Berufsbildern im Zusammenhang mit medizinisch vorgegebenen Tätigkeitsmerkmalen vor einzuleitenden beruflichen Rehabilitationsleistungen unterstützt (Teichmann 2005). Beratung und Hilfe erfolgen bei der Einleitung der entsprechenden Verwaltungsverfahren für eine eventuell notwendig werdende Erwerbsminderungsrente. Darüber hinaus wird falls erforderlich häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe oder Essensversorgung in Zusammenarbeit mit den Krankenversicherungen und Pflegediensten/Sozialstationen sowie auch Hausärzten im Rahmen des Entlassungsmanagements organisiert; ggf. wird die Einleitung von Leistungen der Pflegeversicherung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Pflegekassen der Krankenversicherung und dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) veranlasst. Bei erwerbstätigen Patienten muss zu der Frage, ob und wann voraussichtlich die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit wieder aufgenommen werden kann, im Rah-
48
476
Kapitel 48 · Rehabilitation nach hepatobiliärer und Pankreastumorchirurgie
men einer sozialmedizinischen Begutachtung Stellung genommen werden (Delbrück 2006a). Darüber hinaus werden das positive und das negative Leistungsvermögen genau beschrieben. Beispielhaft sei hier das Problem der Hypoglykämieneigung unter der Insulintherapie bei endokriner Pankreasinsuffizienz angeführt, das Arbeiten mit dem Risiko der Selbst- oder Fremdgefährdung ausschließt. In einigen Fällen ist eine stufenweise Wiedereingliederung mit anfänglich reduzierter Stundenzahl in die berufliche Tätigkeit sinnvoll, was das Scheitern eines Arbeitsversuches verhindern kann und damit für den Betroffenen äußerst bedeutsam ist.
48.5
48
Zusammenfassung
Zusammenfassend unterstützt die Rehabilitationsmaßnahme nach hepatobiliärer und Pankreastumorchirurgie mit/ohne adjuvanter Therapie und mit/ohne Begleiterkrankung die Wiedereingliederung des Patienten in den Alltag und das Berufsleben und erhöht die Lebensqualität. Ausgerichtet wird die Maßnahme an konkreten Therapiezielen auf somatischem, funktionellem, psychischem, sozialmedizinischem und edukativem Gebiet (⊡ Tab. 48.1) und umfasst vielseitige Therapien durch ein multiprofessionelles Reha-Behandlungsteam auf den entsprechenden Gebieten (⊡ Tab. 48.2). Besondere Berücksichtigung finden hierbei diätetische Maßnahmen und Kostaufbau aber auch psychoonkologische Aspekte ( Übersicht).
Literatur Delbrück H (2006a) Berufliche Rehabilitationsaufgaben in der Onkologie. Onkologe 12:401-411 Delbrück H (2006b) Rehabilitative Maßnahmen bei Patienten mit Pankreaskarzinom. Onkologe 12:451-459 Dimeo F, Stieglitz RD, Novelli-Fischer U, Fetscher S, Keul J (1999) Effects of physical activity on the fatigue and psychological status of cancer patients during chemotherapy. Cancer 85:2273-2277 Keller M (2001) Effekte psychosozialer Interventionen auf Lebensqualität und Krankheitsverlauf von Krebspatienten. Onkologe 7:133-142 Mestrom H, Kruck P (1997) Standards und Qualitätssicherung der Ernährungsberatung in der onkologischen Rehabilitation. In. Delbrück H (Hrsg.) Qualitätssicherung in der Onkologie. W. Zuckschwerdt Verlag S. 63-72 Maier-Lenz R-J, Lenk E (2005) Teilhabe am Arbeitsleben. In: Bundesgemeinschaft für Rehabilitation (Hrsg.) Rehabilitation und Teilhabe. Deutscher Ärzte-Verlag S. 110-117 Teichmann J (2005) Hämatologische Krankheitsbilder und onkologische Grundprinzipien bei Malignomen. In: Bundesgemeinschaft für Rehabilitation (Hrsg.) Rehabilitation und Teilhabe. Deutscher Ärzte-Verlag S. 410-432
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Teil X
Zukunftsperspektiven
Kapitel 49
Die Zukunft – Personalisierte Tumortherapie – 478 M. Birth, T. H. Ittel, P. L. Pereira
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Die Zukunft – Personalisierte Tumortherapie M. Birth, T. H. Ittel, P. L. Pereira
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Im letzten Jahrzehnt hat die moderne hepatobiliäre und Pankreaschirurgie einen hohen Standard erreicht und ist zugleich in rasanter Entwicklung. Zunehmend wird die funktionelle Anatomie der Leber besser verstanden. Intrahepatische Gefäß- und Gallengangsstrukturen inklusive ihrer Segmentzuordnung werden durch moderne Bildgebung immer exakter dreidimensional, filigran und durchsichtig in Transartdarstellung abgebildet. Eine Bewertung von Resektionsmöglichkeiten im Grenzbereich und damit verbundene Risiken wird noch genauer gelingen. Die fortschreitende Verbesserung von Dissektionsinstrumenten und Techniken zum Kleben bzw. Versiegeln lässt operationsspezifische Komplikationen seltener auftreten. Offene Fragen, wie Ausmaß und Wert der Lymphadenektomie, ausgedehnte en-bloc-Gefäßresektionen oder neoadjuvante multimodale Therapiemodalitäten, müssen in prospektiven Studien auf das notwendige EvidenzLevel gehoben werden. Etablierter Standard für die meisten Major-Resektionen wird auch in den nächsten Jahren die Laparotomie bleiben. Eine Minimalisierung des Zugangstraumas durch laparoskopisches Vorgehen, schon jetzt in ausgewählten Fällen beeindruckend praktiziert, wird, einhergehend mit der Lösung bestehender Probleme, einen breiteren Platz einnehmen. Am Horizont erscheint mittlerweile deutlich der Einsatz von Navigation und Robotik. Gemeint sind damit nicht die bekannten Master-Slave-Systeme, sondern vielmehr die autonome Bewegung von Roboterarmen im Raum, permanent navigiert, kontrolliert und millimetergenau an prä- und intraoperativer Bildgebung ausgerichtet. > Alle Bereiche der HBP-Chirurgie werden sich weiter differenzieren und individualisieren.
Konventionell radiologische Leistungen werden zukünftig zunehmend durch Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Positronenemissionstomographie ersetzt, welche zu einer schnelleren und effizienteren therapieorientierten Diagnostik führen. Aktueller Schwerpunkt der Radiologie in der hepatobiliären und pankreatischen Diagnostik ist die Weiterentwicklung neuer Schnittbildverfahren, wie die Diffusions- und Perfusionsbildgebung mittels MRT bzw. neuer CT-Technologien sowie die Erprobung spezifischer synthetischer MR-Kontrastmittel. Diese Modalitäten, welche derzeit in klinischen Studien evaluiert werden, ermöglichen eine molekulare Bildgebung, von der man sich eine Therapie-Stratifizierung und verbessertes Therapiemonitoring verspricht. Aufgrund ihrer geringen Invasivität und der Möglichkeit der wiederholten Anwendung stellen die minimal-
invasiven Therapieverfahren intraoperativ oder unter
Schnittbildsteuerung besonders für die Behandlung von hepatischen Tumoren bereits eine Therapieoption dar. Die Kombination antiangiogenetischer und lokoregionärer Therapieverfahren, wie die Thermoablation oder die lokale Applikation von medikamentenbeladenen Mikrosphären, wird aktuell prospektiv evaluiert. Eine Verbesserung der klinischen Behandlungsergebnisse von Lebertumoren ist mit der Weiterentwicklung der transarteriellen Chemoembolisation oder Immunembolisation, wie z.B. mit neuen Nanopartikeln, mit Mikropartikeln (40 Mikrons) oder mit radioaktiven Mikrosphären, zu erwarten. Immunologische Effekte von Thermotherapien, computerunterstützte Navigation, Therapieplanung und -monitoring sowie Robotik für die minimal-invasive Tumorablation, sind weitere vielversprechende Ansätze. Bei der multimodalen Behandlung von Lebermetastasen werden zukünftig tumorbiologische Erkenntnisse eine substanzielle Rolle für die neoadjuvante und adjuvante Immunochemotherapie spielen. Der zunehmende Erkenntnisgewinn aus der translationalen Forschung, die genauere Definition von regulatorischen intrazellulären Pfaden, wachsende Erkenntnisse in der Tumorbiologie, wie eine spezifisch veränderte intrazelluläre Signaltransduktionen, die das Überleben von Tumorzellen und Tumorstammzellen bestimmt, werden schon in naher Zukunft die individuelle Behandlung bestimmen. Im Ergebnis wird die Validierung von prognostischen und prädiktiven Faktoren einen risikoadaptierten individualisierten Therapieansatz ermöglichen. Prominentes Beispiel für diese Entwicklung ist die Kenntnis des HER2-Status beim Mamma-Karzinom, der prädiktiv ist für das Ansprechen auf Trastuzumab. Bei kolorektalen Tumoren bestimmt heute die Kenntnis von Mikrosatelliteninstabilität sowie des Mutationsstatus von KRAS und BRAF die Therapiewahl. Antikörper gegen den epithelialen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) versprechen keinen Vorteil, sind potenziell nachteilig bei Tumoren mit KRAS-Mutation und möglicherweise im Falle eines KRAS-Wildtyps und BRFA-Mutation ebenfalls nicht wirksam. Analoge Entwicklungen liegen bei den prädiktiven Faktoren des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms vor. Die Histologie (Plattenepithel- versus nicht Plattenepithelkarzinom) ist prädiktiv für das Ansprechen auf Pemetrexed und Gemcitabin. Patienten, deren Tumor eine aktivierende Mutation im EGFR-Gen trägt, profitieren vom Einsatz von EGFR Tyrosin-Kinaseinhibitoren, wie Gefitinib und Erlotinib. In der SATURN-Studie, die den Einsatz einer Erhaltungstherapie mit Erlotinib beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom prüfte, lag eine solch aktivierende EGFR-Mutation bei 5% der Patienten vor (Cappuzzo et al. 2010). Diese Patienten profitierten
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Kapitel 49 · Die Zukunft – Personalisierte Tumortherapie
substanziell bezüglich ihres progressionsfreien Überlebens mit einer Hazard Ratio von 0,10. Damit können bereits heute auf Basis dieser prädiktiven Faktoren wichtige, auf den Patienten zugeschnittene, individualisierte Entscheidungen für die Erstlinien- und Erhaltungstherapie getroffen werden. Patienten mit einer EGFR-Mu-
tation werden in der Regel von einer Erlotinib- oder Gefitinib-Erhaltung profitieren, bei Patienten mit einem EGFR-Wildtyp hingegen gibt es bei Vorliegen einer nicht Plattenepithelkarzinom-Histologie Argumente für den Einsatz von Pemetrexed. Für Lungentumore, die ALKpositiv sind, steht zukünftig eine biologisch zielgerichtete hochspezifische Therapieoption mit ALK-Inhibitoren wie PF-02341066 zur Verfügung (Bang et al. 2010). > Im Ergebnis ist festzustellen, dass auf der Basis der translationalen Forschung die zukünftigen Therapiekonzepte im unimodalen oder multimodalen Setting nicht nur individualisiert, sondern basierend auf tumorbiologischen Faktoren personalisiert gestaltet werden können.
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Diese Entwicklung wird den fokussierten Einsatz von biologisch zielgerichteten Therapieoptionen ermöglichen und vermeidet einen unwirtschaftlichen, unwirksamen oder potenziell adversiven Einsatz von Therapeutika bei Patienten, deren Tumoren prädiktive Marker für das Nichtansprechen auf eine Therapieoption aufweisen. Die zunehmende Komplexität von multimodalen und personalisierten Behandlungskonzepten wird die Interdisziplinarität in der Tumorbehandlung befördern, und die Umsetzung solcher Behandlungskonzepte wird zukünftig am besten unter den Rahmenbedingungen einer interaktiven, hoch vernetzten, sektorenübergreifenden, aber auch regionalisierten und patientenorientierten Organisationsform gewährleistet sein. Comprehensive Cancer Center werden fester Bestandteil einer solchen Organisationsform sein.
Literatur Bang, Y., et al. (2010) Clinical activity of the oral ALK inhibitor PF02341066 in ALK-positive patients with non-small cell lung cancer (NSCLC). J Clin Oncol. 28(Suppl): p. 7s. Cappuzzo, F., et al. (2010) Erlotinib as maintenance treatment in advanced non-small-cell lung cancer: a multicentre, randomised, placebo-controlled phase 3 study. Lancet Oncol. 11(6): p. 521-9.
Stichwortverzeichnis
A Ablationsverfahren – Gesamtkomplikationsrisiko 360 – offen chirurgisches Vorgehen 360 – Zugangswahl 360 Abstrahlung, zirkumferente 341 Abszessbildung, intraabdominelle 318 Accordion Severity Classifcation 238 Achse, mesentericoportale – Gefäßverletzung 316 Adenom 251 – maligne Transformationen 118 – Prognose 118 Adenomatose 206 Adenom-Karzinom-Sequenz 252 Adenomrezidiven 266 Adhäsionen 214 AFP 333 Afterloading-Verfahren 423 Aktivität, motorische 196 Albumin-Dialyse 234 Alkoholaufnahme 332 Alkoholentzugsdelir 232 Alkoholinjektionen, perkutane – Indikationen und Kontraindikationen 332 – Komplikationen 332 – Therapie 332 – Wirkprinzip 332
Alpha-Fetoprotein 74 Ampulla hepatopancreatica 8 Ampulla Vateri, Karzinome der 256 – lokale Exzision 257 Ampullektomie, transduodenale 253 Anästhesie, balancierte 230, 232 Anastomose, biliodigestive 190, 339 – Insuffizienz 319 – Komplikationen 310 – palliative 316 – Schienung 220 – Schrumpfung 220 – Stenose 220 – Stentversorgung 461 Anastomoseninsuffizienz 220, 318 – gastrointestinale Anastomosen 319 – Pankreatikogastrostomie 319 – Pankreatikojejunostomie 319 Anastomosensicherheit 185 Anastomosenulkus 311 Andernach, Günther von 245 Angiografiekatheter 351 Angiographie 158 Angstbewältigung 475 Ante-situ-Resektion 179, 180 Antibiotika – Lebertoxizität 234 Antibiotikaprophylaxe 220, 226, 233 – routinemäßige 239 – über mehrere Tage 239
Antigene, tumorassoziierte 73 Antikoagulation 220 – postoperative 222 Antikörper 479 – monoklonale 201 Antithrombin-III 228 Antithrombosestrümpfe 226 Antrumresektion 460 Applikationssysteme – gespülte 341 – Hüllkatheter 341 – Multiapplikationen 341 – Scattering dome 341 Argon-Beamer 171, 216 Argon-Gas-Koagulation 196 Argon-Plasma-Koagulation 461 Arrosionsblutungen, Therapie 318 Arteria/Arterial – colica media 9 – cystica 5 – gastroduodenalis 8 – gastroepiploica sinistra 9 – hepatica – – Anastomose 299 – – Varianten 299 – – dextra 5 – – – atypische 317 – – propria 5 – lienalis 6 – pancreatica dorsalis 9 – pancreatica inferior 9
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Stichwortverzeichnis
– pancreaticoduodenalis inferior 8 artery first approach 317 Arzt-Patienten-Beziehung 464 Asialoglycoprotein-Rezeptoren 145 Aszites 144, 196 – postoperativer 234 Atelektasen und Sekretverhalt 315 Ätiologie – chronische Pankreatitis 34 – Diabetes mellitus 34 – erblich bedingte Syndrome 35 Autotransplantation 181
B Bakteriobilie 78 Barber-Phänomen 78 Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC) 354 Bauchdeckenhalterungen 215 Bauhin, Caspar 245 Befall des Lebervenenkonfluenz 137 Beger-OP 271, 272 – Morbidität und Mortalität 274 Begleitpankreatitiden 265 Begutachtung, sozialmedizinische 476 Behandlungskonzepte – multimodale 480 – personalisierte 480 Behandlungsqualität 451 Bestrahlung – akzelerierte 421 – externe 208 – hyperfraktionierte 421 – – Einzelfraktionen 421 – transduktale 208 – von HCC 427 Best Supportive Care 463 Bevacizumab 304, 387, 390 3D-Bildgebung 329 Bildgebung, molekulare 479 Biliom 365 Biopsie – regionärer Lymphknoten 277 – transpapilläre 62 Biopsieentnahme, intraduktale 61 Biotherapie 259 Bisegmentektomie 161 Bismuth-Corlette 192
– Klassifikation nach 189 Bismuth-Klassifikation 82, 134 Blind-Loop-Syndrom 311 blue liver 139 Blutung 215, 229 Blutungsneigung 161, 227 Blutverlust 230 – intraoperativer 201, 239 Blutzuckerspiegel 234 body mass index (BMI) 200 Brachytherapie 432 Braun-Fußpunkt-Anastomose 311 BRFA-Mutation 479 Bridging – Effektivität 365 Bridging-Verfahren 357 Brittle-Diabetes – intensivierte Substitutionstherapie 289 Bronchialkarzinom, nichtkleinzelliges 125 Budd-Chiari-Syndrom 205 – Tumorinfiltrationen 220 Bursa omentalis 268 Bürstenzytologie 63 Bypass, veno-venöser – extrakorporaler 180
C Cancer Antigen 74 Cancer of the Liver Italian ProgramKriterien 354 Cantlie 111 – Ebene 3 – Linie 163 Capalla, Klassifikationssystem nach 258 Capecitabin 377, 383, 388, 396 Carboplatin 402 Carcinoembryonales Antigen 74 Cardiac-Index 221 Celsus 109 Cetuximab 389, 404 Chemische Agenzien 341 Chemoembolisation 151, 259 – transarterielle 207 – – Applikationstechnik 351 – – Bridging 364 – – Komplikationen 365
Chemoperfusion 351 Chemotherapie 139, 259 – lokoregionäre – – FUDR 411 – – Komplikationen 411 – neoadjuvante 179, 184, 199, 201 – palliative 340 – präoperative 239 chemotherapieassoziierte Steatohepatitis (CASH) 187, 200 Child, Operation nach 289 Child-Pugh-Klassifikation 354 Child-Pugh-Score (CPS) 145 Cholangiodrainage – perkutane transhepatische 64 Cholangiographie 154 Cholangiokarzinom 430 Cholangioskopie 62, 63 Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) 208 – postoperative Morbidität und Letalität 119 – Tumorbiologie 119 Cholangitis 147, 194, 458 – aszendierende 277, 306 – primär sklerosierende 135 – stentinduzierte 198 – Vermeidung 277 Choledochojejunostomie 310, 459 Choledocholithiasis 271 Choledochotomie, supraduodenale 266 Choledochuskarzinom, distales 256 Choledochoduodenostomie 459 Cholestase 144, 198, 239, 265, 467 Cholezystektomie 176, 186, 267, 316 – erweiterte 131 – laparoskopische 130, 212 Cholezystitis 458 Cholezystoduodenostomie 459 Cholezystogastrostomie 78 Cholezystojejunostomie, laparoskopische 306 Cholezystotomie 112 Cholinesterase 145 Chylaskos 321 Cisplatin 352, 377, 383, 396, 402 Clinical Pathways 452 Codivilla, A. 247 Colestyramin 468 Couinaud 111 Couinaud-Klassifikation 159
483 Stichwortverzeichnis
Cross-Section-Anastomose 460 Crush-Clamp-Technik 167 Crushniere 329 CUSA 137 Cysplatin 208 Cystendyse 112
D Dekompression, multisegmentale perkutane 82 Denervationen 466 de-novo-HCC-Rate 118 Depression 464 Desmopressin 229 DHC Stenose 274 Diabetes mellitus 200, 321, 474 – pankreogener 83 Dichtevergleich, computertomographischer 187 Diebstahl am Leben 464 Diffusions- und Perfusionsbildgebung 479 Dilatation, sinusoidale 140, 200 Dissektionsinstrumente – Verbesserung 479 Diurese, forcierte 234 Docetaxel 396, 402, 407 Doppelbypass, palliativer 289 double duct signs 64 Downstaging 365 Doxorubicin 208 Doxorubicinhydrochlorid 352 Drainage 287 – externe 80 – interne 80, 220 – intraabdominelle 232 – kombinierte intern-externe 80 – Lipasewerte im Drainagesekret 233 – verlorene 220 Drainagemengen 164 Drainage-Operationen 263 Drainageverfahren, enterale – 1-Schlingenrekonstruktion 309 – 2-Schlingenrekonstruktion 309 – 3-Schlingenrekonstruktion 309 Drittresektionen 188 drop out 364 Duct-to-mucosa-Adaptation 309
Ductus cysticus, Varianten 6 Ductus hepatocholedochus 5 Ductus pancreaticus 266 – alternative Verschlusstechniken 287 – major 8 – minor 8 – selektive Ligatur 305 – Umstechung 287 Ductus Wirsungianus 8 – Sondierung 273 Dumping-Syndrom 311, 474 Duodenalkarzinom 256 Duodenalobstruktion 232 Duodenalstenose 458 – Metallgitterstent 461 – Stentversorgung 461 Duodenojejunostomie – antekolische Rekonstruktion 278 Duodenopankreatektomie – kephale – – laparoskopische 303 – partielle 253, 265 – nach Kausch-Whipple 271 – nach Traverso-Longmire 271 – Prognosefaktor 276 Duodenotomie 266 Duodenum – Einengung 271 duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion (DEPKR) nach Beger 271 Duplexsonographie, intraoperative 158
E Easy-Flow-Drain 159 Easy-flow-Drainage 268 Echokardiographie 217 ECU-Gerät 348 Effizienz, wirtschaftliche 452 EGFR-Mutation 479 Eigenblutspende 231 Eisbildung 329 Elektrodenkühlung 337 Elektrolyse 348 Embolisation – arterielle segmentale 151 – portalvenöse 69, 357 en-bloc-Resektion der V. cava 137
A–F
Endoskopische transpapilläre Choledochus-Drainage (TPCD) 78 Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) 61 Endothelzellen 10 Endpunkte – hermeneutische 451 – klassische 451 – mechanistische 451 Enzephalopathie 239 Enzymsubstitution 321 Ephesus, Rufus von 245 epidemiology and end results tumor registry 276 epidermal growth factor 11 epithelial growth factor (EGF) 201 Erbrechen 466 Ereignisse, unerwünschte 237 Erlotinib 383, 404, 407 Ernährung – enterale 234, 462 – parenterale 462 Ernährungsberatung 474 Ernährungsteam 85 Ernährungstherapie 83 – präoperative 85 Ersatzgefäß – linke Nierenvene 222 – rekanalisierte Umbilikalvene 222 – V. femoralis superficialis 222 – V. iliaca externa 222 – V. ovaria 222 – V. saphena magna 222 Erwachsene-zum-Kind-Spenderhepatektomien 215 ESPAC 1-Studien 441 European Liver Register 114 Exklusion, totale vaskuläre 201 Exploration 67 ex-situ-Resektion 118, 180, 221 Extrakranielle Stereotaxie – stereotaktische Bestrahlung 422
F Faktor V 227 Fast-Track 263 fast track-Chirurgie 86 Fehlembolisation 352 Feinnadelaspirationsbiopsie 63
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Stichwortverzeichnis
Fernmetastasen 257 Fettleber 179 Fettleberhepatitis 179 Fettverdauung, Störung 459 Fibrinkleber 216 Fibrinkleberkomponenten 171 Fibrinogen 171, 228 Fibrinogenkonzentrat 229 Fibrolamelläres HCC 207 Fibrose 144 fingerfracture-Technik 167 Fissura – principalis 3 – umbilicalis 164 Fistel, arterio-portale 223 Fistelrate 270 floating-ball 167 FLR, minimale 147 Flüssigkleber, synthetischer 171 Flüssigstickstoff 329 Flüssigversiegelung 171 Fraktionierung, konventionelle 421 Frey, Operation nach 272
G Galenos 109 Galleableitung 198, 199 Gallefistel 159, 165, 194 Galleleck 163 – Definitionen 240 – Management 240 Galleleckage 214, 232 Gallenblasenkarzinom 68 – adjuvante Therapie 376 – Ätiologie 26 – Capecitabin 377 – Chemotherapie 376 – chirurgisches Vorgehen 132 – Cholecystolithiasis 26 – Cisplatin 377 – Epidemiologie 25 – Gallenblasenpolypen 28 – Gemcitabin 377 – Histologie 90 – Karzinogenese 42, 43 – Lymphadenektomie 132 – Metastasierung 99 – Mirizzi-Syndrom 27 – Oxaliplatin 377
– Pathogenese 28 – Porzellangallenblase 27 – Primär sklerosierende Cholangitis 26 – Prognosefaktoren 131 – TNM-Klassifikation 93 – Tumormarker 101 – Zufallsbefund 131 Gallenblasenpolypen 130 Gallenblasentumore – benigne 130 – Hämangiome 130 – Heterotopien 130 – Leiomyome 130 – Lipome 130 – Risikofaktoren 130 Gallenflüssigkeit – Viskosität 220 Gallengang, Stenosen 271 Gallengangkarzinom 222 – adjuvante Therapie 376 – Ätiologie 26 – Capecitabin 377 – Chemotherapie 376 – Cisplatin 377 – Epidemiologie 25 – Gemcitabin 377 – Histologie 89, 90 – Karzinome der Papilla Vateri 96 – Klatskin-Tumor 96 – Leberzirrhose 27 – Oxaliplatin 377 – Pathogenese 28 – Primär sklerosierende Cholangitis 26 – TNM-Klassifikation 95 – Tumormarker 101 Gallengangsanastomosen 165 Gallengangsdekompression 194 – perkutane 80 Gallengangsepithel 10 Gallengangs-/Leberresektionen – kombinierte 191 Gallengangsresektion 189, 190 Gallengangszysten 133 Gallensäure-Verlust-Syndrom 81 Gallenweg – Wandfibrose 78 Gallenwegsadenome 133 Gallenwegsdrainage – perkutan-transhepatisch 276 – präoperativ 276
– prozedurabhängigen Komplikationen 276 Gallenwegskarzinome – chirurgisches Vorgehen 133 – distale 134 – Lymphadenektomie 133 – proximale 134 Gallenwegsstenosen 5 Gallenwegsstent 241 Gallenwegstumore – benigne 133 – maligne 133 Galvanolyse, Sicherheit 349 Galvanotherapie 348 Gangdrainage nach Puestov 274 Ganzleber-Bestrahlung 427 Gardner-Syndrom 265 Gasembolie 214, 215 Gastrinom 258, 300 Gastrinomdreieck 259, 300 Gastrinome 65 – sporadische 259 Gastroenterostomose – Entleerungsstörungen 460 Gastrojejunostomie 310 – Komplikationen 311 – laparoskopische 306 Gastroparese 459, 463 Gefäßinfiltration 64 Gefäßkompression 217 Gefäßpedikel 162 Gefäßrekonstruktion – End-zu-End-Anastomose 298 – Interponat 298 Gefitinib 408 Gefrorenes Frischplasma (FFP) 227 Gemcitabin 377, 381, 382, 402 Gerinnung, disseminierte intravasale 227 Gerinnungsfaktor 226 Gesamtbedarf = Basisbedarf + Korrekturbedarf 85 Gesamtinfektionsrisiko 226 Gesamtumsatz 84 Gewebedissektion – selektive 160 Gewebeklebung 287 Gewebenekrosegrad 74 Gewichtsverlust 457 Gliederung der Leber, funktionelle 4 Glisson 110 Glisson’schen Scheide 4
485 Stichwortverzeichnis
Glisson’sche-Trias 4 Glukagonom 258 Glukosetoleranztest (OGTT), oraler 272 Glykogenose 179, 206 growth-factor 193 Gynäkomastie 144
H HABIB-Sealer 137 Halo 71 Hämangioendotheliom 206, 208 Hämangiom – Prävalenz 118 – Prognose 118 – Ruptur 205 – Symptome 118 – Thrombosierung 205 Hämangiosarkom 205 Hämatokrit 228 Hämatom 338 Hämatoperitoneum 333 Hämochromatose 19, 179 Hämodilution, isovolämische 231 Hämoperitoneum 205 hämorrhagische zentrilobuläre Nekrose (HCN) 200 Handport 217 Head-Zonen 465 Heat-Sink-Effekt 347 Hemihepatektomie 161, 168, 187 – anteriore 181 – erweiterte 134 Hemophilus influenzae Kapseltyp B 283 Heparingabe, intraoperative – 30 min 316 Hepatektomie, totale 207 Hepatico-Duodenostomie 112 Hepatikojejunostomie 280, 459 – 1-Schlingen-Rekonstruktion 310 – 2- oder 3-Schlingen-Rekonstruktion 310 – laparoskopische 306 Hepatikuskarzinom 113 hepatisches retikuloendotheliales System, Verminderung 239 Hepatitis, radiogene 425 Hepatoblasten 12
Hepatoblastom 206, 208 Hepato-Cholangio-Enterostomie 112 hepatocyte growth factor 10, 148 Hepatopathie, cholestatische 198 Hepatozelluläre Adenome – Tumorruptur 205 Hepatozelluläres Karzinom (HCC) 118, 206, 207, 327, 332 – Adenomkarzinom-Sequenz 17 – Aflatoxin 17, 19, 39 – Alkohol 19, 40 – Alpha-Fetoprotein 100 – Ätiologie 16 – AXIN1 41 – Barcelona-Klassifikation 370 – Chemotherapie 371 – de novo 334 – Epidemiologie 15 – ErbB-Rezeptor-Tyrosinkinasen 20 – Hämochromatose 16, 19 – HBV-Genotyp 18 – HBV-Infektion 16 – HCV-Infektion 16, 19 – Histologie 89 – Hormontherapie 370 – Karzinogenese 39 – lokale Chemotherapie 413 – Metastasierungswege 99 – molekular zielgerichtete Therapie 371 – p16 42 – p53-Mutationen 20, 41 – Pathogenese 18 – prognostische Faktoren 369 – Retionblastom-Suppressor RB1 21, 42 – Rezidive 334, 365 – Risikofaktoren 17 – SCCA (squamous cell carcinoma antigen) 101 – Scoringsysteme 369 – Serum Carbohydrate Antigen (CA) 19-9 101 – Sorafenib 371 – TNM-Klassifikation 91 – Tumormarker 100 – Wnt/β-Catenin Signalweg 20, 41 Hepatozyten 10, 11 Herophilos 109 Herztod, akuter 216 Herzzeitvolumen 230 high dose rate-Verfahren 423
Hilusokklusion, intermittierende 158 Humanalbumin 234 Hyaluronsäure 145 Hydrojet-Dissektor 167 Hypergastrinämie 259 Hyperglykämie 84, 232 Hyperhidrosis 468 Hyperperfusion, kompensatorische arterielle 150 Hyperperfusionssyndrom, portales 239 Hyperplasie, fokal noduläre 205 – Prävalenz 118 – Prognose 118 Hypersplenismus 144 Hypertension, portale 206 Hyperthermie, moderate 341 Hyponatriämie 234
I Ikterus 69, 78, 265, 457 – schmerzloser 254 – Sekundärkomplikationen 276 Ileuseinleitung 232 Ileus, mechanischer 321 – palliative Möglichkeiten 459 Immunembolisation 479 Immunochemotherapie 479 Immunsuppression 209 Immunsuppressiva 205 Impfmetastasen 79 Indocyanin-Grün-Retention 144 Indocyanin-Grün-Retentionstest 145 Indocyaningrün-Verschwindensrate 233 Indozyanin-Grün-Clearance 140 Inflow-Okklusion 360 – inkomplette 159 Insuffizienz, exokrine 321 Insulinbestimmung, portalvenöse 300 Insulinome 65, 258, 259, 268, 300 Insulinresistenz 84 Intensitätsmodulierte Strahlentherapie 422 Interleukin-6 148 Intervention, invasive 238 Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie – Hauptgang-IPMN 252
F–I
486
Stichwortverzeichnis
– Seitenast-IPMN 252 in-vivo Sensitivitätsprüfung 199 Inzision, transcostale 154 IPMN 299 Irinotecan 199, 389, 396, 402 Irresektabilität 68 Ischämie-Reperfusions-Schaden 179, 239 Ischämieschaden, warmer 179 ischemic preconditioning 158
J Joule-Thomson-Effekt 329
K Kachexie 206 Kadaverspende 11 Karbonisation 337 Karbonisierung 338, 347 Karnofsky-Index 120, 464 Kausch, Walter 247 Kausch-Whipple-Resektion – Lymphadenektomie 279 – Vor- und Nachteile 279 Kauterpinzette 167 Kavitation 346 Kernspintomographie 329 Ketonkörper, arterielle – Bestimmung der 145 Klasse I-Resektionen 137 Klasse II-Resektionen 137 Klassifikation nach Bismuth-Corlette 189 Klassifikationssystem nach Capella 258 Klatskin 113 Klatskin-Tumor 63, 68, 164, 190, 208, 429 – diffus infiltrierender Wuchstyp 192 Klebung, vliesgebundene 171 Knochenmetastasen 123 Koagulation des Stichkanals 365 Koagulationsnekrose 337 Koagulationspinzette 171 Koaxialtechnik 351 Kollagenschwämme 171 Kolonresektion 185
Kolorektales Karzinom – adjuvante systemische Chemotherapie 387 – Bevacizumab 387, 390 – Biomarker 390 – Capecitabin 388 – Cetuximab 389 – FOLFIRI 387 – FOLFOX 387 – FOLFOXIRI 392 – Irinotecan 389 – k-ras-Mutation 389 – lokoregionäre arterielle Chemotherapie 415 – lokoregionäre Chemotherapie 415 – neoadjuvante Chemotherapie 392 – Oxaliplatin 388 – Panitumumab 390 – perioperative Therapie 387 – prädiktive Biomarker 390 – prädiktive Marker 391 – präoperative Chemotherapie 388, 415 – Therapiedauer 393 Kombinationsbehandlung 357 Kombinationstransplantation 206 Komplettierungseingriffe 187 Komplikationen – metabolische 86 – nach interventioneller ERCP 79 – postoperative 201 Komplikationsklassifikation 238 Konfluenz 192 Kongestion, venöse 239 Konservierungslösung 180 Körperstamm-Stereotaxie 428 Kosmetische Aspekte 214 Kosteneinsparung 452 Krankenhausinformationssysteme 452 Krankheitsbewältigung 473 Krankheitsverständnis 475 KRAS-Mutation 479 Kristallisation 329 50-50-Kriterien 239 Kryoshock-Phänomen 329 Kryotherapie 341 – Applikationsmodus 330 – Komplikationsraten 329 – Kühlrate 329
– Langzeit-Daten 329 – Prinzip 329 Kryotherapiesonde, Applikation 330 Kühleffekt (heat sink) 338 Kühlmittel 329 Kunststoffnetz 183 Kunststoffstents 458 – Mueller Double-Mushroom 81 Kupffer-Sternzellen 10
L Langenbuch 110 Langerhans 245 Längsinzision – pararektale 155, 263 – transrektale 155, 263 Laparoskopie 66, 201 – erweiterte diagnostische 136 – pure 215 Laparotomie – explorative 67, 149 – unnötige 276 Laser 341 – Abstrahlcharakteristika 341 Laser-induzierte interstitielle Thermotherapie (LITT) – Ausschlusskriterien 342 – Einschlusskriterien 342 – Ergebnisse 342 – Komplikationen 344 – Mortalität 344 – MRT-gesteuerte 341 – Therapiemonitoring 342 – Vorteile 344 Laxanzien 468 Lebendspende 11 Lebensqualität 272, 457, 462, 463 – Nottingham Health Profile 464 – Objektivierung 464 – postoperative 322 – Sickness Impact Profile 464 Leber – Atrophie 195 – Hälften 4 – Regenerationseigenschaft 10 – Segmente 4 – Sektoren 4 – Vorschädigung 196 Leberanatomie, funktionelle 117
487 Stichwortverzeichnis
Leberarterie – akzessorische 157 – Rekonstruktion 190 Leberbiopsie 201 Leberchirurgie – handassistierte laparoskopische 216 – laparoskopische 212 Lebererkrankung – chronische 12 – polyzystische 206 Leberfibrose 179 Leberfunktion 144 Leberfunktionsstörung 230, 333 – pulmonale 197 – renale 197 – zerebrale 197 Leberfunktionstest 145 Lebergewebe zu Körpergewichtsindex (remnant liver weight to body weight ratio LWBWR) 147 Leberhamartome 72 Leberhilus 3, 162 Leberhistologie 145 Leberinsuffizienz 83, 206, 232, 234, 239 – Behandlungsansätze 240 – manifeste 240 Leberkapselschmerz 144 Leberlebendspende 182, 205, 207, 364 Lebermetastasen – bilobäre 121 – kolorektale 120, 184 – metachron 138 – metachrone 184 – neuroendokrine 123, 206 – nicht-kolorektale 120 – nichtkolorektale 123 – nicht-neuroendokrine 120 – Prognosefaktor 120 – synchron 138 – synchrone 184 – unilobäre 121 Lebermetastasierung – singuläre 254 Lebermittenresektion 163 Leberperfusion 230 – komplette Unterbrechung 221 – partielle Aufrechterhaltung 221 Leberpforte 189 Leberqualität 145, 146
Leberregeneration 11 Leberresektion – laparoskopische 169 – multiviszerale 183 – operationstechnische Einzelschritte 157 – zentrale 184 – zweizeitige 150 Leberrestvolumen 239 Leberretraktor 217 Leberruptur 168 Lebersegmente 4 Lebersonographie, intraoperative – Malignitätskriterien 71 – Untersuchungstechnik 71 Leberteilresektion, erweiterte 220 Lebertoxizität 199, 200 Lebertransplantation 114, 205 – orthotope 207 – Therapie der Gallengangskarzinome 135 Lebertumor – gutartiger 205 – präoperativ unentdeckter 67 – WHO-Klassifikation 117 Lebervene 4 – linke 164 – mittlere 164 Lebervenenkonfluenz 181 Leberversagen 196, 235 – postoperatives 165 Leberwedgeresektion 176 Leberzirrhose 179, 333 – Resektionsentscheidung 198 Leberzysten, Fenestration 212 Lichtkoagulator 171 Ligamentum gastrolienale 286 LigaSure 168 Ligatur, portale 149 Lig. coronarium 3 Lig. falciforme 216 Lig. falciforme hepatis 3 Lig. hepatoduodenale 5, 190 – Lymphknotenmetastasen 63 Lig. teres hepatis 3 Lig. triangulare 3 Lig. triangulare sinistrum 216 LiMON 233 Linearstapler 168, 216, 270 Linksresektion, rechts erweiterte 259 Lipiodol 351 Lipiodol-Histoacrylgemisch 149
Lithotrypsie 64 LITT Laserinduzierte interstitielle Thermotherapie liver hanging manoeuvre 163 Lobus caudatus 4, 5, 134, 163, 193 – Hypertrophie 147 Lobus quadratus 4 local aggressive approach 357 Lokalanästhesie 332, 360 Lokalrezidiv 186 Lokalrezidivrate – laparoskopische 361 Longitudinalwellen 345 low-dose-Heparinisierung 222 low-dose rate-Verfahren 423 Luftembolie 216 Lungenfiliae 327 Lungenkarzinom 401 – Antiangionese 403 – Bevacizumab 403 – Carboplatin 402 – Cetuximab 404 – Cisplatin 402 – Docetaxel 402, 407 – EGFR-Thyrosinkinaseinhibitoren 404 – Erhaltungstherapie 406 – Erlotinib 404, 407 – Gefitinib 408 – Gemcitabin 402 – Irinotecan 402 – Paclitaxel 402 – Pemetrexed 403, 407 – platinbasierte Kombinationstherapie 402 – Topotecan 407 – Vinflunin 407 – Vinorelbin 402 – Zweitlinienbehandlung 407 Lungenmetastasen 137, 186 Lymphadenektomie – erweiterte 293 – erweitert radikale 294 – Lebensqualität 294 – Lig. hepatoduodenale 157 – postoperative Mortalität 294 – radikale 294 – Skip-Metastasierung 292 – Standard 294 Lymphknoten – aortaler 123 – hepatobiliäre 174
I–L
488
Stichwortverzeichnis
– Ligamentum hepatoduodenale 5 – perihepatischer 176 – regionäre 10, 174 Lymphknotendissektion 248 – diagnostische 174 – en principe 174 – prinzipielle 175 – suprapankreatische 190 Lymphknotenmetastasen – hiliäre 122 – interaortocavaler Bereich 189 – Lig. hepatoduodenale 189 – Truncus coeliacus 189 lymph node sampling 294
M Magenableitung 269 Magenausgangsstenose 69 Magenentleerungsstörungen 278 Magenentleerung, verzögerte 321 Magenfundusvarizen 283 Magenkarzinom 125 – 5-FU 396 – Capecitabin 396 – Cisplatin 396 – Docetaxel 396 – Irinotecan 396 – Oxaliplatin 396 – palliative Chemotherapie 395 – Prognose 396 – Trastuzumab 396 – Zeitlinientherapie 396 Magenstumpfkarzinom 311 magnetic resonance guided focused ultrasound (MRgFUS) 346 Magnetresonanzcholangiopankreatikographie 62 Mailand-Kriterien 206, 207, 364 Major-Resektion 157 Makuuchis Algorithmus 197 Malnutrition 234 Mammakarzinom 123 – Hormontherapie 397 – Kombinationstherapie 397 – Laser-induzierte interstitielle Thermotherapie 399 – Lebermetastasenresektion 399
– Monochemotherapie 397 – Radiofrequenzablation 399 – SIRT (selective internal radiation therapy) 400 – Trastuzumab 397 Mangelernährung 82 Markumarisierung 221, 222 Massentransfusion 229 medium dose rate-Verfahren 423 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) 475 Mehrorgan-Dysfunktion 239 MEN-1-Syndrom 259, 300 Mercedes-Stern-Inzision 154 Mesenterialwurzel, Infiltration der 277 Mesentericoportale Achse 279 Mesohepatektomie 163, 165 Mesopankreas 281 Metallgitterstents – gecoverte, selbstexpandierende 458 – Offenheitsrate 458 Metallstent 81 Metastasen – kolorektale 209 – neuroendokrine 209 Metastasierung, peritoneale 254 middle pancreatectomy 289 Mikrogastrinom 300 Mikrokatheter 351 Mikrolithiasis 64 Mikrometastasen 209, 299 Mikrosatelliteninstabilität 479 Mikrosphären 351 – Medikamentenabgabe 353 Mikroverkalkungen 271 Mikrowellen 341 Milzarterie 270 Milzerhalt 282 Milzvene 270 Minor-Resektionen 157 Mirkrowellen-Ablation 347 Mitomycin C 352 Molecular absorbent recirculating system (MARS) 240 Molecular adsorbent recirculating system (MARS) 234 Monitoring, anästhesiologisches 215 Monoethylglyinexylidine (MEGX) 145 Mortalitätsraten 112
MR-Angiographie 62 MRgFUS 346 Multiapplikatorsysteme 337, 347 Multimodaltherapie 208 multitarged-Substanzen 451 Muskelatrophie 144
N Nabelschnurblut 12 Nachbarschaftsbeziehungen 6 Nadelapplikatoren – bipolare 337 – Elektrodendesign 338 – multipolare 337 Nadelbiopsien 185 Nadelkühlung 337 Nahtadaptation 161 Nahtinsuffizienz 318 Naturheilverfahren 475 Navigation 329, 479 Navigationstechnologie 217 Nd:YAG-Laser 341 Nebenwirkungen, therapieinhärente 237 Neisseria menigitidis 283 Nekroseareale 272 Neoplasie – intraduktal papillär muzinöse – mit diffuser Hauptgangbeteiligung 289 – muzinöse zystische 251 – solide-pseudopapilläre 251 Neoplasma, intraduktales papilläres muzinöses 251 Nephropathie, radiogene 425 Nesidioblastose (Inselzellhyperplasie) 300 Netzplastik, gestielte 159 Neurektomie des Splanchnikusnerven 466 Neurodestruktive Verfahren – Blockade des Plexus coeliacus 466 – Durchtrennung der Splanchnikusnerven 466 Niedermolekulares Heparin (NMH) 226 Nierenversagen, akutes 234 Nierenzellkarzinom 127 Notfallmanagement 288 no-touch-Präparation 192
489 Stichwortverzeichnis
no-touch-Prinzip 135 Nüchtern-Hypoglykämie 259 Nutritional Risk Score 83
O Oberbauchlaparotomie, quere 263, 277 Obstipation 468 Okuda 354 Omentum majus 268 one-stop shopping 276 Operationsletalität 197 Operationsplanung 144, 149 Operationsrisiko 254 Opiumantagonisten 468 OPSI-Syndrom – Lebenszeitrisiko 283 Orientierung, psychosoziale 196 Ösophaguskarzinom – palliative Chemotherapie 395 – Prognose 396 Ovalzellen 12 Overwhelming postsplenctomy infection syndrome 283 Oxaliplatin 199, 377, 383, 388, 396
P Paclitaxel 402 Palliativsituation 457 Pancreolauryltest 271 Pankreas – chirurgische Durchtrennungslinie 8 – Einteilung der Lymphknotenstationen 293 – embryonale Entwicklung 8 – Fibrosierung 299 – Gangeröffnung 268 – lymphatische Abflusswege 292 – Lymphknotenstationen 292 – Pankreashals 8 – Pankreaskopf 6 – Pankreaskörper 8 – Pankreasschwanz 8 Pankreasbiopsie 300 Pankreasblindverschluss – Verschlusstechnik 308
Pankreas divisum 271 Pankreasenzymsubstitution 474 Pankreasfistel 232, 305 – Definitionen 320 – Grad A 320 – Grad B 320 – Grad C 320 – Parenchymdefekt 320 Pankreasgang 270 Pankreasgangokklusion 308, 321 Pankreasgangsteine 272 Pankreashals 279 Pankreasinsuffizienz 462 – endokrine 83 – exokrine 83 Pankreaskarzinom 102, 438 – adjuvante Therapie 381 – Ätiologie 33 – Capecitabin 383 – Chronische Pankreatitis 34 – Cisplatin 383 – clinical benefit response 382 – Diabetes mellitus 34 – Erblich bedingte Syndrome 35 – Erlotinib 383 – familiäres 289 – Früherkennung 36 – Gemcitabin 381, 382 – Histologie 91 – inoperabel 297 – Inzidenz 32 – Karzinogenese 44 – lokoregionäre Chemotherapie 414 – lokoregionäre Rezidive 292 – Lymphknotenmetastasen 292 – Lymphknotenstatus 64 – lymphogene Dissemination 292 – Metastasierung 100 – Metastasierungsmuster 256 – multifokaler Sitz 282 – multiviszerale Resektion 297 – neoadjuvante Therapie 381 – Oxaliplatin 383 – palliative Chemotherapie 382 – periampulläre Region 256 – Präkanzerosen 35 – Radiochemotherapie 381 – Rezidiv 299 – Staging 64 – T-Kategorie 64 – TNM-Klassifikation 98 – Zigarettenkonsum 33
Pankreaskonsistenz, weiche 316 Pankreaskopfresektion 247, 266 – laparoskopische 304 Pankreaskorpusresektion 289 Pankreaslinksresektion 270, 282 – Indikationsstellung 304 – laparoskopische 283, 304 – milzerhaltende 283 – milzerhaltenes Vorgehen 283 – Operationstechniken 283 – Technik nach Warshaw 283 Pankreasmetastasen 260, 268 Pankreasresektion – allgemeine Komplikationen 315 – distale 304 – Gefäßresektion 297 – Hospitalvolumen und Krankenhausletalität 315 – intraoperative Komplikationen 316 – Komplikationsmanagement 315 – laparoskopische 304 – Morbidität und Mortalität 315 – perioperative Morbidität und Mortalität 297 – postoperative Komplikationen 317 – Technik 304 Pankreasresektionsfläche – Blutstillung 308 Pankreassegmentresektion 268 Pankreasstumpf – Nachresektion 281 Pankreastumore – adenosquamöses Karzinom 254 – Azinuszellkarzinom 254 – benigne 251 – endokrine 65, 258 – exokriner Pankreas 254 – funktionell aktive 258 – inaktive 258 – intraduktale muzinöse 65 – Lymphadenektomie 254 – neuroendokrine 258 – Siegelringzellkarzinom 254 – undifferenziertes Karzinom 254 – zentrale 269 – zystisches Karzinom 254 Pankreaszentrum 297 Pankreatektomie – duodenumerhaltene 289 – Splenektomie 289 – totale 270, 288 Pankreatektomie, distale 282
L–P
490
Stichwortverzeichnis
Pankreatikoduodenektomie, kephale 282 Pankreatikogastrostomie 309 – Vorteile 310 Pankreatikojejunostomie 280, 308 – 2-Schlingenrekonstruktion 312 – Duct-to-mucosa-Adaptation 309 – Ein- und Mehrschlingenverfahren 311 – End-zu-End 309 – End-zu-Seit 309 – Inzidenz der Pankreasfistel 309 – Teleskopanastomose 309 Pankreatikojejunostomie nach WarrenCattell 274 Pankreatikoskopie 62, 65 Pankreatitiden, postinterventionelle 266 Pankreatitis 232 – akute 232, 257 – chronische 64, 257 – chronisch rezidivierenden – – präoperative Morbidität 271 – hereditäre 257 – idiopathische 257 – Restpankreas 288 – tumorobstruktionsbedingte 317 Pankreatoduodenektomie 208 – Mortalität 308 – partielle 270 – postoperative Morbidität 308 – Rate an Pankreasfisteln 308 Pankreatogastrostomie 270 Papilla duodeni major – minor 8 Papillenadenom 253, 265 – Adenomkarzinom-Sequenz 265 – transduodenale Resektion 253 Papillenkarzinom 265 Papillenresektion – endoskopische 265 – transduodenale 265, 266 Papillentumor 265 – Dysplasiegrad 266 – therapeutischer Algorithmus 266 Papillomatose, biliäre 133 Papillotomie 241 – endoskopische 265 Parenchymblutung 168 Parenchymdefekt 139 Parenchymdissektion 214 – clamp and crush 215
– CUSA-Dissektion 215 – elektrochirurgische 215 – Klammergerät-Hepatektomie 215 Parenchymdurchtrennung 196 Parenchymnekrosen 161 Parenchymreserve, funktionelle 118 Parenchymschädigung 136 – cholestatische 194 Parietalzellen – Hyperplasie 259 PEG mit intestinalem Schenkel 463 PEI 332 – Langzeitüberleben 333 – Nachsorge 333 – Nebenwirkungen und Komplikationen 333 Pemetrexed 403, 407 percutaneous ethanol injection 332 Perforation, retroperitoneale 62 Perfusion 180 – hypotherme 179 Periduralanalgesie, thorakale 231 Periduralkatheter 232 – thorakaler 339 Perineuralscheiden 72 Peritonealkarzinose 66, 276 Peritonitis – gallige 233, 241 – spontane bakterielle 365 Perkutane Bestrahlung – computerunterstützte dreidimensionale Bestrahlungsplanung 421 – Dosis-Volumen-Histogramme 421 – hoch energetische Röntgenstrahlung 421 Perkutane Ethanol-Injektion – Bridgings zur Lebertransplantation 364 Perkutane stereotaktische Bestrahlung 341 Perkutane transhepatische Cholangiodrainage 459 Perkutane Transhepatische CholangioDrainage 150 Pfortader – Direktnaht 222 – Kunststoffinterponat 280 – prothetischer Gefäßersatz 222 – Überlänge 164 – Venen 280 – Veneninfiltration 280 – Venenpatch 280
Pfortaderbifurkation 193 Pfortaderembolisation 80, 195 – Komplikationsrate 150 – trisektorielle 198 Pfortaderembolisation/-ligatur 134 Pfortaderhochdruck 164 Pfortaderokklusion, präoperative 148 Pfortadersegmentresektion – Kinking 164 Pfortaderthrombose 351, 365 Pfortaderverschluss 159 PiCCO-Katheter 232 Platon 109 Platte, hiläre 164 Plexus coeliacus, Infiltration 465 Pneumoperitoneum 215 Pneumothorax 338 Polyesterprothesen 220 Polyneuropathie 473 Polyposis coli, familiäre 265 Port, implantiertes 463 Portografie, indirekte 351 Portsite-Metastasen 131 Portsystem, intravenöse 86 Postablationssyndrom 339 Postaggressionsstoffwechsel 86 post-ERCP-Pankreatitis 62, 78 Posthepatektomie-Leberversagen 144, 147 Postoperative Folgezustände 321 Potenzialgradient 349 Potenzial, onkogenes 13 PPPD – Lymphadenektomie 279 – Vor- und Nachteile 279 PPSB 227 Präkanzerose 175 Präkonditionierung, medikamentöse 158 Primärtumorrezidive 137 Pringle-Manöver 111, 161, 221, 360 – partielles 158 Processus uncinatus 6 Prodromalsyndrom 82 Prognosefaktoren, Abschätzung des Überlebens 457 Proliferationsrate 11 Prometheus 109 – System 240 Prostigmin 233 Protheseninfekt 221
491 Stichwortverzeichnis
Protonenbestrahlung 428 Protonen-Resonanz-Frequenz-Methode 346 Pruritus 467 Pseudozysten 272 Psychoonkologie 463 PTFE-Gefäßprothesen 298 PTFE-Prothesen, ringverstärkte 220
Q Qualitätsmanagement 237 Qualitätsmonitoring 237 Quick Insulin Assay 268
R R0-Resektion 72 R1-Resektionen 214 radiation induced liver disease 447 Radiochemotherapie – Anastomoseninsuffizienz 299 – neoadjuvante 299 – simultane 423 Radioembolisation 445 Radiofibrinogentest 226 Radiofrequenzablation (RFA) – Bridgings 364 – Prinzip 337 – vor Lebertransplantation 364 Radiopharmaka 351 Radio-Rezeptor-Therapie 259 Rapamycin 207 Recessus Rex 5, 162 Refluxösophagitis 311 Regenerationsvermögen 139 Rehabilitationskonzepte 473 Rehabilitationsmaßnahmen – psychische 474 – somatische 473 Rehabilitationsziele 473 Reintervention, endoskopische 461 Rekonstruktion – Leberarterien 223 – Lebervenen 221 – nach Hepp-Couinaud 190 – V. portae 222 Rekonstruktion, biliodigestive 190
Rekonstruktion des Galleabflusses 220 Relaparotomie 159 Rendez-vous-Verfahren 80 Reoperation 186 Reoperationsrate 201 Reresektion 187 rescue-pancreatectomy 288 rescue-Techniken 196 Resektion – anatomische 161 – atypische 160 – des Gallenblasenbettes 131 – Keilresektionen 160 – laparoskopische kolorektale 186 – Pfortaderbifurkation 193 – RFA-unterstützte 167 – segmentorientierte 161 – sektororientierte 161 – virtuelle 179 Resektionsausmaß 139, 201 Resektionserweiterung, perihepatische 183 Resektionsfläche 287 Resektionsverfahren 120 Reserve, hepatische 179 Residualtumor 120 Residualvolumen, grenzwertiges 165 Resonanzfrequenz 347 Restleber 184 – anatomischer Aufbau 187 Restlebergewebe 144 Restlebervolumen 136, 195, 357 Restpankreas – Resektion 319 Restpankreatektomie 288, 320 Restpankreatitis 321 Retentitis excrementis 245 Retraktorsystem 154 Rezidiv 137 – hepatisches 138 – lokoregionäres 292 – Resektabilität 138 – Überlebensrate 138 Rezidivrate, intrahepatische 175 Rezidivresektion 299 Rezidivtumore 187 RFA – Applikationsmodus 361 – Komplikationsrate 338 – laparoskopische Freihandpunktion 361
P–S
– Therapieergebnisse 339 – Tumorzellverschleppung 361 – Vorteile 340 RILD, radiation induced liver disease 447 Rippenbogenrandschnitt 154 Risikokonstellation 136 Robotik 479 Rochelle 272 Rotem-Analyse 233 Routinelabor 73 Roux-Y-Rekonstruktion 311 Ruhe- oder Grundumsatz 84
S Sarkome 123 Satellitenknoten 161, 198 Satellitenmetastasen 120 Schallintensitäten 345 Schalllinse 346 Schlaganfallsrisiko 352 Schmerzintensität – visuelle Analogskala 465 Schmerzkontrolle 457 Schmerztherapie 464 Schneidedruck 167 Schnellinfusionssysteme 231 Schnellschnitt 72, 273, 281 Schnürlappen 110 Schräginzision 263 Schwerbehindertenrecht 475 Scoring-System 122 Segmentgrenzen 162 Sektorektomie 161 – laparoskopische 212 – linkslaterale 163 Selbsthilfegruppe 464 Seldinger-Technik 180 Sepsis 365 Serotoninantagonisten 467 Serum Carbohydrate Antigen (CA) 19-9 102 Serum-Cholinesterase 233 Signaltransduktionskaskade 11 SIRT 445 Skeletonisationsdissektion – im Ligamentum hepatoduodenale 294 Skelettonisation 190
492
Stichwortverzeichnis
Skleren- oder Hautikterus 144 small-for-size-Syndrom 12, 239 Soehendra Stent-Retriever 63 Somatostatin 233 Somatostatingaben 232 Somatostatinom 258 Somatostatin-Rezeptorszintigraphie/ Ga-DOTATOC-PET 300 Sonde, transnasale 86 Sonographie, intraduktale 64 Sonomorphologie 71 Sorafenib (Nexavar) 334 Sozialmedizinische Aspekte 475 Spätthrombosen 226 Sphinkterotomie, biduktale 266 Spider Naevi 144 Spieghel-Venen 163 Splanchnikus-Blockade 466 Splenektomie 282 – Impfprophylaxe 283 – sekundäre 283 Splitting, operatives 184 staged hepatectomy 196 Staging 176 Staging-Laparoskopie 66, 276, 303 Stammzellen 12 Standardlebervolumen (SLV) 146 Stanzbiopsie 316 Stapler-Resektion 163, 168 Steatohepatitis 140 Steatose 144, 200, 239 Stenose – benigne 63 – lokale 62 – maligne 63 – multiple segmentale 62 Stentimplantation 63, 192 – intraoperative laparoskopische 459 – Rendezvousverfahren 458 – Zustand nach B-II-Magenresektion 458 Stentmigration 461 Stentpflege 461 Stentung, transpapilläre 159 Stichkanal-Metastasen 333 Stickstoffbilanz 83 Strahlenpneumonitis 446 Strahlenreaktion, akute 425 Strahlentherapie – interstitielle 423 – intrakavitäre 423
– Nebenwirkungen 424 – stereotaktische – – Lebermetastasen 432 Streptococcus pneumoniae 283 Stress-Response-Mechanismen 150 Surveillance 276 Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) 234
T Tabaksbeutelnaht 270 TACE – Komplikationen 353 – Kontraindikationen 354 – Leberversagen 354 – Postembolisationssyndrom 353 Tachosil 171 Taktilität 214 Tatsächliches totales Lebervolumen (TLV) 146 Technetium-99m Galaktosyl Serum Albumin Szintigraphie 145 Teleskopanastomose 309 Teratom 251 Test, endokrinologisch-biochemischer 300 test of time 184 Therapie – lokale-interstitielle – – Wirkprinzip 327 – minimal invasive 212 – photodynamische 79, 192 Therapieeffekt, Visualisierung 345 Therapiekonzepte – leitliniengerecht 451 – multimodale 451 Therapieversagen, unverschuldetes 237 Thermoablation 66, 207 Thermokoagulation 168, 171 Thermokonvektion 365 Thermotherapie, Laser-induzierte interstitielle (LITT) – Ausschlusskriterien 342 – Einschlusskriterien 342 – Ergebnisse 342 – Komplikationen 344 – Mortalität 344 – MRT-gesteuerte 341
– Therapiemonitoring 342 – Vorteile 344 Thrombin 171 Thromboembolie 226 Thromboseprophylaxe – S2-Leitlinie 226 Thrombozytopenie 144 Thyrosinkinase-Inhibitoren 451 Tiefenwahrnehmung 214 Timing 138, 202 Tolvaptan 234 Topotecan 407 Topsetron 467 Totale vaskuläre Okklusion (TVO) 159 train-of-four-Stimulation 230 transforming growth factor 148 Transfusion 228 Transfusionsgesetz 229 Transfusionsindikation 231 Transfusionsmanagement 229 Transfusionstrigger 228 Transjuguläre portosystemische Shunts (TIPS) 365 Transpapilläre Choledochusdrainage (TPCD), Indikationen 79 Transplantation 364 – sekundäre 119 Transposition des Magens 460 Treitz’sche Faszie 8 Trendelenburg 247 Trendelenburgposition 217 Treppensonde 266 Trisegmentektomie 161 Trisektorektomie 187 – links 164 – rechts 194, 223 Truncus coeliacus 6 Truncussstenose, präoperative PTA 317 Tumorbehandlung, extrakorporale 181 Tumore – intraduktale 62 – neuroendokrine 123, 268, 299, 300 Tumorenukleationen 268 – laparoskopische 188 tumor growth factor-α 10 Tumorinfiltration 183 Tumorkachexie 82, 83 Tumorkapsel 160
493 Stichwortverzeichnis
Tumorkoagulation 341 Tumorkontrollrate, lokale 360 Tumormarker 73, 102 Tumormetabolismus 74 Tumornekrose 333 Tumor-Nekrose-Faktor-α 10, 148 Tumorperforation 182 Tumorprogression 13 Tumorrezidiv, intrahepatisches 344 Tumorstenosen, periampulläre 199 Tumorthromben, portalvenöse 198 Tumorzelldissemination 191, 192, 365 Tumorzellverschleppung 212, 277, 344
U Übelkeit 466 Überlebensrate 188 UCSF-Kriterien 207 Ultraschall – fokussierter 341 – – Effektivität 346 – – Monitoring 346 – – Problem 346 – – technisches Prinzip 345 – intraoperativer 305 – laparoskopischer 66 – offener 66 Ultraschalldissektor 167, 196 Ultraschallsonde – laparoskopische 361 – Punktionskanal 361 Umbilikalfissur 162 Umgehungskreisläufe 144 Urata-Formel 147 Ursodesoxycholsäure 220
V vascular endothelial growth factor (VEGF) 201 Vasopressin-Analogon 229 Vena – cava – – Resektion 220 – – Teilresektion 221
– cava inferior 4, 5 – coronaria ventriculi 289 – gastroomentalis dextra 9 – lienalis 8 – mesenterica inferior 9 – mesenterica sup. 6, 8 – portae 5 Veneninfiltration 280 Verdauungsfunktion 245 Verfahren, lokal ablative 259 Verlaufskontrolle 73 Verletzungen, iatrogene 237 Verschlussikterus 315 – maligner 457 Versorgungsqualität 452 Verwachsungen 185 Viertresektionen 188 Vigilanz 196 Vinflunin 407 Vinorelbin 402 Vipom 258 Vitamin K-Mangel 234 Volumeninduktion 134 Volumenzuwachs 149 Volumetrie 145, 146 Vorbereitung, präoperative 230 Vorgehen, zweizeitiges 357 Vorlastsenkung 230 Vv. colica dextra oder media 9 Vv. pancreaticoduodenales 9
W Wachstumsfaktoren 10 Wachstumskapazität 11 Wanderleber 110 Wandlerarray 346 Wasser-Pinzette, bipolare 196 Waterjet 137, 196 Wedge-Resektionen, atypische 160 Weichteildeckung – Mesokolon 287 – Omentumplastik 287 Whipple 247 – OP 208 – Resektion 184 WHO-Stufenschema 465 Wirsung, Georg 245 Witzel-Fistel 463 Wundinfektionen 315
Y Yamakawa-Prothese 80
Z Zangenbiopsie 63 Zellteilung 10 Zelltherapie, autologe 13 Zellzyklus 10 Zertifizierung 215 Zirrhose 144, 168, 239 Zollinger-Ellision-Syndrom (ZES) 259 – MEN-1-assoziiertes 301 ZVD 230 Zwerchfelldefekte 183 Zystadenom 268 – Entartungsrisiko 251 – muzinöses 251 – seröses 251 Zysteninfektionen, rekurrierende 206 Zytokine 10
S–Z