Sie leben in der Chronoshäre, und ihr Ziel ist die Zweite Wirklichkeit: Das Volk der G’Loorn soll die Galaxis beherrsch...
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Sie leben in der Chronoshäre, und ihr Ziel ist die Zweite Wirklichkeit: Das Volk der G’Loorn soll die Galaxis beherrschen! Der Schlüssel dazu liegt in grauer Vergangenheit, einer Million Jahre vor unserer Zeit…. Kurt Brand schuf in den Jahren 1966 – 1969 mit Einem Team von Co-Autoren die Heftserie Ren Dhark, die in den 70er und 80er Jahren eine zweite und dritte Auflage erlebte. Manfred Weinland hat für diese Buchausgabe den SF-Klassiker neu bearbeitet und fortgeschrieben, denn in den Tiefen des Kosmos ist das große Rätsel der Mysterious noch immer zu lösen….
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Ren Dhark Die Meister des Chaos Herausgegeben von MANFRED WEINLAND
Die große SF-Saga von Kurt Brand Band 8 Bereits erschienen: Band l: Sternendschungel Galaxis Band 2: Das Rätsel des Ringraumers Band 3: Zielpunkt Terra Band 4: Todeszone T-XXX Band 5: Die Hüter des Alls Band 6: Botschaft aus dem Gestern Band 7: Im Zentrum der Galaxis außerdem der Sonderband: Die Legende der Nogk Sollte Ihre Bezugsquelle nicht alle REN DHARK-Titel verfügbar haben, können Sie fehlende Bände direkt beim Verlag nachbestellen. l. Auflage Hansjoachim Bernt Verlag Postfach 22 01 22 56544 Neuwied Telefon: 02631-356100 Fax:02631-356102 Internet: http://www.bernt.de © REN DHARK: Brand Erben Expose und Lektorat: Manfred Weinland Beratung: Heinz Mohlberg Cover: Ralph Voltz Illustrationen: Olaf Schwarz Druckvorlagenherstellung: TYPO-Schlick GmbH, 56566 Neuwied Druck und Bindung: Clausen & Bosse, Leck © 1997 H. Bernt Verlag Alle Rechte vorbehalten ISBN 3-930515-18-0
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Vorwort In diesem letzten von drei Bänden mit Neuabenteuern schließen gleich zwei Paukenschläge den G'Loorn-Zyklus ab. Zum einen lösen wir das Rätsel um die Herkunft und die Absichten der im Zentrum der Galaxis beheimateten Insektoiden - und zum anderen werden die Ursprünge des CAL aufgehellt, womit wir unser Versprechen einzulösen beginnen, liegengebliebene Fragen und offene Handlungsstränge aus der Heftserie einer allmählichen Klärung zuzuführen. Neu zum Team gestoßen ist Hubert Haensel, der den SFInteressierten kein Unbekannter sein wird. Er ist - ebenso wie Konrad Schaef -eine feste Größe in der aktuellen Perry Rhodan-Konzeption. Darüber hinaus wirkte Haensel auch erfolgreich bei Atlan und Terra Astra mit. Schaefs aktuell innerhalb der Perry Rhodan-Taschenbücher erschienener Titel ist: »Das Syndikat der Mächtigen«. Noch in diesem Jahr soll von ihm ein Space-Thriller im Moewig Verlag veröffentlicht werden. Von Konrad Schaef stammen die Kapitel 1-7, von Werner Kurt Giesa 8-13, Manfred Weinland steuerte Kapitel 14 bei und Hubert Haensel die Kapitel 15-19. Ab dem nächsten Band werden wieder vermehrt die >Puristen< zu ihrem Recht kommen, die REN DHARK so lieben, wie er sie schon in der Heftchenform vortrefflich unterhielt - adäquat überarbeitet, versteht sich. Es geht auch gleich ohne große Atempause weiter, denn die neue Bedrohung zeichnet sich bereits in der Schlußsequenz dieses Bandes ab... Mehr wollen wir hier aber nicht vorwegnehmen. Zweibrücken, im Frühsommer 1997 Manfred Weinland
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Prolog Mit einer kleinen Gruppe von Gefährten ist es Ren Dhark gelungen, in die QUIET ZONE einzudringen, einen die Zentrumsregion der Milchstraße abschottenden Bereich, in dem die G'Loorn ihre Fäden ziehen - ein Volk, das zur Bedrohung für die ganze Galaxis geworden ist. Ein Volk, das sich vom Leid und den dabei freigesetzten emotionalen Energien anderer Lebewesen ernährt und das sich nicht scheut, ganze Planetenbevölkerungen auszulöschen, um die Speicherbänke seiner Spindelraumer mit der Seelenqual der Opfer zufallen! Die Gruppe Dhark ist von der POINT OF abgeschnitten, der es noch nicht gelang, in die physikalisch abnorme Zone hinter jener Black Hole - Schale einzudringen, die den Herrschaftsbereich der G'Loorn umgibt. Ralf Larsen führt in Ren Dharks Abwesenheit das Kommando über den Ringraumer. Und unter seiner Regie ist man unablässig dabei, die Gesetzmäßigkeit der QUIET ZONE zu begreifen, um dadurch die Grundlage zu schaffen, Dharks Expedition doch noch zu folgen und ihr bei der Suche nach der Führungsspitze der in ihrer Brutalität beispiellosen G'Loorn beizustehen. Während der Gruppe Dhark, versteckt an Bord eines sogenannten >Sammlers<, die Reise zu einer namenlosen Zentrumswelt gelungen ist, wurde die POINT OF auf dem Planeten Coral Zeuge des Untergangs eines anderen Sammlers. Buchstäblich im letzten Augenblick konnte ein Besatzungsmitglied geborgen und an Bord des Ringraumers gebracht werden. Von dem Duck - wie die Angehörigen dieses Hilfsvolks der G'Loorn im Jargon genannt werden - erhofft man sich tiefere Einblicke in die Herrschaftsstruktur der G'Loorn selbst und ein besseres Verständnis, was die Motive dieser insektenartigen Wesen angeht Indessen herrscht im Sol-System und dem Doppelsternsystem, in dem der Siedlerplanet Hope seine Bahn zieht, nach wie vor höchste Alarmbereitschaft. Der Inselkontinent Deluge ist seit dem Angriffsversuch eines Spindelraumers der G'Loorn durch ein Intervallfeld
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hermetisch vom Rest des Planeten - man könnte auch sagen: vom Rest des Universums - abgeschottet. Und dort in den Höhlen, in denen das High-Tech-Erbe der Mysterious gehortet liegt, beginnt sich die Situation dramatisch zuzuspitzen... ... genau wie im Zentrum der Galaxis, wo die Gruppe Dhark in eine nahezu ausweglose Situation geraten ist, weil ein Spindelraumer auf der Welt ohne Namen gelandet ist und ein Heer insektoider Soldaten - G'Loorn? ausgespieen hat, die sofort nach allen Seiten ausgeschwärmt sind, um die Jagd auf die Menschen zu eröffnen...
1. Schweratmend kauerte Ren Dhark im Schutz einer hüfthohen Mauerzinne auf dem Dach jener Lagerhalle, auf der er zusammen mit seinen Begleitern schon einmal eine Nacht verbracht hatte. Mein Gott, dachte er, ist das wirklich erst zwölf Stunden her? Nur langsam beruhigte sich sein fliegender Puls. Die letzten paar Meter vom Bodenschweber über die Rampe auf das Dach hinauf hatte er in einem Spurt zurückgelegt, wie er ihn seit den Ausbildungstagen auf der Akademie nicht mehr absolviert hatte. Links und rechts von ihm hatten sich die anderen ebenfalls hinter die Deckung der Mauer geworfen. Dan Riker, Arc Doorn und Wonzeff, Anja Field, Rani Atawa sowie Janos Szardak waren auf ihrer überstürzten Flucht aus dem sich abschottenden Raumhafenkomplex als erste am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen. Dhark selbst, der Robonenjunge Tyler, John Martell, Spy Gorm und lan Kaplan waren nur unwesentlich später angekommen. Insgesamt waren sie elf Personen, denen man, vielleicht von Spy Gorm abgesehen, die Anstrengung des schnellen Laufs überdeutlich angemerkt hatte. Minutenlang war nur allgemeines Keuchen vom Helmfunk übertragen worden. Jetzt erholte man sich langsam wieder.
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Auf manchen Gesichtern zeigte sich bereits Erleichterung, gepaart zwar mit dem Ausdruck des Staunens darüber, der Gefangennahme oder gar dem Tod bislang entronnen zu sein, aber nichtsdestotrotz eben Erleichterung! Dennoch schwankten sie weiterhin zwischen Angst und Hoffnung, neun Männer und zwei Frauen, die vor knapp dreißig Minuten auf dem Dach der Lagerhalle wieder zusammengetroffen waren. Dhark rief sich ins Gedächtnis, was sie seit ihrer Ankunft auf diesem Planeten alles erlebt hatten. Auf jeden einzelnen von ihnen war eine Fülle von sinnverwirrenden und teilweise unerklärlichen Ereignissen eingestürzt. Gefahren und Bedrohungen. Leid und Tod. Zuviel eigentlich, um von einem normalen Verstand verkraftet zu werden, ohne Schaden zu nehmen. Normaler Verstand. Ren Dhark stieß schnaubend die Luft aus. Was war schon normal auf der Namenlosen Welt, wie sie diesen merkwürdigen Planeten mit seiner noch seltsameren Sonne getauft hatten, auf den sie an Bord des DuckRaumers gebracht worden waren. Ursprünglich waren sie zu zwölft gewesen. Doch Ron Ogar, einer von zwei Elite-Soldaten, die von John Martell ausgewählt worden waren, hatte bei ihrem Marsch in die Pilzstadt den Tod gefunden. Unvorsichtigerweise hatte er im Pilzdschungel seinen Helm geöffnet und war prompt von Killer-Sporen überwältigt worden, die ihn binnen Sekunden in eine Monstrosität verwandelt und getötet hatten - auch wenn der eigentliche Vollstrecker Spy Gorm hieß, der seinen Kameraden mit einem Schuß aus seinem Strahler von der unmenschlichen Qual und der Agonie des Todeskampfes erlöst hatte... Dhark verlagerte sein Gewicht und blickte aus verengten Augen über die ausgezackte Mauerkrone hinweg. Der Abend war weiter fortgeschritten. Die im Osten über dem Gebirgsmassiv liegende weiße Wolkenbank zerfaserte
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an einer Inversionsschicht und begann sich langsam aufzulösen. Die Kälte der Nacht würde sie ganz verschwinden lassen. Im Westen lagen die Hügel nun gänzlich in tiefem Schatten. Linker Hand - und in relativer Nähe - befand sich der Raumhafenkomplex mit seinen Gebäuden und dem Kontrolltower nach wie vor verlassen im letzten Licht der untergehenden Sonne. »Ist alles in Ordnung?« erkundigte sich Ren Dhark bei John Martell. Der ehemalige Kommandeur des Militärstützpunkts T-XXX auf Terra kniete neben Ren Dhark und sondierte das Gelände mit deutlich sichtbarer Anspannung. Jetzt nickte er. »Es geht schon wieder, wenn Sie das meinen«, erwiderte er, noch immer leicht außer Atem. »Danke, Commander. Trotzdem, solche sportlichen Höchstleistungen bin ich eigentlich nicht mehr gewohnt... In meinem Alter!« setzte er trocken hinzu. Martells Galgenhumor war erfrischend, keine Frage. Dhark lächelte etwas gequält. »Sie stecken uns doch alle noch locker in die Tasche.« »Das würde ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unterschreiben«, brummte der Ex-Drei-Sterne-General. »Hier, Commander, schauen Sie sich das mal an!« Er reichte Dhark das Nahaufklärungsgerät, mit dem er pausenlos die Umgebung abgesucht hatte. »Dort!« Dhark blickte in die angegebene Richtung. Weiter draußen auf dem Areal der Plast-Betonfläche stand der Spindelraumer, der so stimmig zu den anderen, sich überschlagenden Ereignissen aufgetaucht war, als wäre er gerufen worden. Dan Riker hatte Dhark in gedrängter Form über die Geschehnisse im Inneren des Raumhafen-Terminals informiert. Des weiteren hatte er davon berichtet, was er beim Verlassen der Zentrale auf dem Hauptschirm zu sehen geglaubt hatte. Etwas mußte Arc Doorn, das Genie für Fremdtechnik, ausgelöst haben, als er den Zentralcomputer im Terminal angezapft hatte, um ihm Informationen über diesen Milchstraßen-Sektor zu entlocken. Dieses Etwas war nun da - in der an Bedrohlichkeit kaum
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zu überbietenden Manifestation eines Spindelraumers. Und nach allem, was Dhark inzwischen wußte, befanden sich an Bord jene furchtbaren G'Loorn. Jene Seelenfresser, so hatte Tyler sie genannt. Die Erinnerung an den Kampf mit dem G'Loorn in der >Fabrik< der Pilzstadt ließ Dhark selbst jetzt noch erschauern. Und nun hatten sie es gleich mit einem ganzen Raumschiff solcher Ungeheuer zu tun! Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als sich die leise und gepreßt klingende Stimme Tylers meldete: »Nein, es handelt sich nicht um... Seelenfresser.« Dhark setzte das Sichtgerät ab und faßte den Robonenjungen scharf ins Auge. »Worum dann?« Die Tatsache, daß Tyler in seinen Gedanken gelesen hatte, ließ er zunächst unerwähnt. Besondere Umstände erforderten - und erlaubten - mitunter auch besondere Maßnahmen. Seine intensive, gedankliche Beschäftigung mit dem G'Loorn hatte der merkwürdige Junge wahrscheinlich ohne sein Zutun erfaßt. »Augenblick.« Tylers Gesicht unter der filmdünnen, halbstabilen Kapuze des M-Anzuges wirkte verkniffen und angespannt. Seine Lippen waren nur noch zwei dünne, blutleere Striche. Der entrückte Ausdruck, als ginge ihn das hier alles nichts an, war Dhark nur zu gut bekannt und ließ nur eine einzige Schlußfolgerung zu: Der Level -ZehnQualifikant aus Starmoon sondierte mit seinen E.S.P.Kräften den Spindelraumer... Das Wesen saß regungslos auf seinem thronähnlichen Sitz, eingesponnen in einen eiförmigen Kokon aus schimmernder Dunkelheit, die ein Eigenleben zu führen schien. Eine Membran, die ihm das Resorbieren der Emotionen erleichterte. Wellenmuster flössen über die sich ausdehnende und wieder zusammenziehende Oberfläche hinweg. Das Wesen kannte jenen Zustand nicht, den andere als Schlaf bezeichneten. Sein Schlaf war etwas anderes, eine Art Ruheperiode, während der es über die Membran mit den vitalisierenden Strömen der Emotionen derer versorgt wurde, die in den
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Kammern dieses Schiffes eingesperrt waren und unter unsäglichem Leid von ihrer erbärmlichen Existenz Abschied nahmen. Um den Thron herum summten und klickten die Instrumente, die den Zustand des Raumschiffes anzeigten. Sichtschirme an den konkaven Wänden brachten die Umgebung ins Innere. Es war gerufen worden und unverzüglich aufgebrochen. Jetzt war es hier, auf diesem Planeten, auf dem die Ruhe eines der Seinen gestört worden war. Die alte Ordnung mußte wiederhergestellt werden. Dazu hatte es seine Krieger ausschwärmen lassen. Seine Instrumente hatten ihm die Störenfriede schon wenige Minuten nach der Landung gezeigt. Sie befanden sich nicht einmal sehr weit vom Standort seines Schiffes entfernt. Zweibeinige Wesen, die sich Menschen nannten - Terraner. Labile Individuen... Doch dann erstarrte es abrupt. Weil es eine Veränderung spürte! Wachsam erfühlte es, daß sich ihm etwas... Großes näherte. Ein fremder Geist...? Ja! Der G'Loorn fühlte mit einemmal eine ungewöhnlich starke Präsenz und bereitete sich auf seine Verteidigung vor. In seinem Stoffwechsel wurden Reaktionen ausgelöst, die seine Mentalkräfte mit Energie versorgten. Die Erwartung überlief ihn wie ein kristallener Schauer. Seine vorderen Klauen zuckten in einer konvulsivischen Bewegung, die rasiermesserscharfen Mandibeln öffneten und schlössen sich. Die Tentakel, die aus seinen Schultern sprossen, vibrierten ruckartig. Er wandte den monströsen Kopf hin und her, während die farnähnlichen Fühler, aus denen seine Sinneseinrichtungen bestanden, zitterten und jeden wandernden Gedanken, jeden Pulsschlag in seiner Umgebung prüften. Er war unfähig, Angst zu empfinden. Er kannte auch keine dem entsprechende Regung. Und doch war er verwirrt. Die Signale, die der Andere aussandte, waren ungewöhnlich. Er konnte Furcht spüren, aber auch
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Aggression und... sondierende Neugierde! Ein rasches Prickeln durchlief sein komplexes Nervensystem. Noch ehe er seinen Geist verschließen konnte, war der andere schon eingedrungen... ... und wieder verschwunden. Nach dorthin zurück, woher die Schwingungen der anderen Wesen kamen. Das Gehirn des G'Loorn verfinsterte sich unter dem Impuls, den schützenden Kokon zu verlassen, hinauszustürmen und diese schwächlichen Wesen zu zerschmettern, ihnen die Glieder zu brechen, die Knochen und Sehnen zu zerfetzen und dabei ihr Leiden, während sie qualvoll starben, genußvoll zu assimilieren. Er hätte dies vermocht. Aber eine nebelhafte Erinnerung stoppte diesen Wunsch, noch während er als elektrische Spannung durch seine Nerven blitzte. Es war die Erinnerung an das, was er in dem zeitlosen Augenblick, in dem der Fremde in ihm gewesen war, in dessen Geist hatte lesen können. So kurz dieser Moment auch gewesen war, er hatte erkennen können, daß diese... diese Menschen von einem einzigen Gedanken beseelt waren: Wieder von diesem Planeten zu verschwinden. Wenn er es geschickt genug anstellte, würden sie von ganz allein zu ihm kommen. Und er wußte auch schon, wie er das bewerkstelligen konnte... Die Erkenntnis überlief ihn wie ein heißer Schauer. Er öffnete die Mandibel zu einem schrecklichen Schrei des Triumphes. Wie in einem Rauschzustand drehte und wand er sich auf seinem Thron. Schließlich gewannen in dem G'Loorn Vernunft und Scharfsinn wieder die Oberhand. Er sandte Botschaften an seine Diener - daß diese Befehle den Tod vieler bedeuten konnten, ließ ihn ungerührt. Aber jetzt, da er Energie verbraucht hatte, wurde er von einem ungeheuren Verlangen überwältigt - von HUNGER. Irgendwo in der Tiefe des Schiffes senkten sich blitzende Klingen ins Fleisch vielgliedriger Wesen, schnitten und
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schlitzten, hieben und trennten. Und begierig sog der G'Loorn auch noch den letzten Rest von Emotion auf, die das aus den gequälten Kreaturen entströmende Leben freisetzte... »Tyler!« Ren Dharks Stimme kam drängend aus dem Helmfunk. »Was ist mit dir?« Tyler stieß einen würgenden Laut aus. Wie aus einem Alptraum erwachend, sagte er schließlich: »Ihre... ihre Individualmuster sind -sind nicht identisch...!« »Was meinst du damit?« Tyler bewegte den Kopf wie unter großen Anstrengungen. »Es gibt nur einen G'Loorn an Bord. Der Rest ist... Beim Rest handelt es sich um...«, er suchte nach dem passenden Wort. »Arbeiter? - Drohnen? - Krieger?« Tyler nickte. »Ja.« Dhark und Martell wechselten Blicke. »Was, ja?« wiederholte der Commander. »Sie sind das alles. Mehr kann ich dazu nicht sagen...« Der Robonenjunge von Starmoon verfiel wieder in die bekannte Wortkargheit, derer er sich befleißigte, seit sie auf dieser Zentrumswelt angekommen waren. Dhark musterte Tyler mit einem langen, abschätzenden Blick. Mehr würde er im Augenblick nicht aus ihm herausbekommen, dessen war er sicher. Achselzuckend wandte er sich ab und beobachtete den Spindelraumer weiter durch das Sichtgerät. Aus der weit geöffneten Schleuse ergoß sich eine Flut von ameisenhaften Wesen. Die Gestalten sammelten sich am Fuß der Rampe und nahmen Aufstellung. Ein Manöver, das fatal an eine straff geführte, militärische Aktion erinnerte. Dhark preßte die Augen fester an das Sichtgerät und schaltete den Speziallaser hinzu. Der im unsichtbaren Spektrum angesiedelte Strahl raste auf das Raumschiff zu, fand sein Ziel und kehrte zurück. Sich verändernde Zahlenkolonnen flimmerten über den kleinen Monitor. Immer neue Werte versorgten Dhark mit genauen Entfernungsangaben.
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Er justierte die Scharfeinstellung manuell nach. Die Fläche um den Spindelraumer zoomte heran. Dhark holte tief Luft. Das späte Licht des zu Ende gehenden Planetentages spiegelte sich aufschimmerndem Chitin und brach sich an gezackten Klauen... Es handelte sich eindeutig um insektoide Individuen, die sich ihm Jetzt in aller Deutlichkeit präsentierten! Aber noch etwas wurde erkennbar: Sie ähnelten zwar dem G'Loorn in der Pilzstadt, jedoch nur bezüglich ihrer Größe und Eindruckskraft. Augenscheinlich fehlte ihnen die pflanzliche Komponente, die Dhark bei dem schrecklichen Wesen auf Terra und - noch deutlicher - bei dem G'Loorn in der Seelenfabrik erkannt hatte! Trotzdem, als Gegner in dieser Massierung waren sie kaum zu schlagen. Ren Dhark malträtierte seine Unterlippe mit den Zähnen. Warum nur hatte er das verflixte Gefühl, daß eine Auseinandersetzung mit ihnen unvermeidbar sein würde? Jetzt geriet Bewegung in die Ansammlung. Kleine Gruppen spalteten sich ab, strebten auseinander und schlugen verschiedene Richtungen ein, während sich die Hauptstreitmacht auf den Tower zu bewegte. Ein eindeutiges Suchraster. Ren Dhark bekam eine Gänsehaut. Es wurde zur Gewißheit, wonach sie suchten. »Mein Gott«, murmelte er und war sich bewußt, daß jedes seiner Worte von den anderen über Helmfunk registriert wurde, »da kommt was auf uns zu...« »... und das schneller, als uns lieb sein kann«, zischte John Martell neben ihm. Er deutete in eine bestimmte Richtung. Ren Dhark schwenkte das Sichtgerät. In einiger Entfernung, noch jenseits des Raumhafenkomplexes, sah er mehrere fließende Silhouetten, die sich auf den Terminal zu bewegten, kurz innehielten und im Moment des Stillstands klar erkennbar wurden - ehe sie weiterglitten. Glitten...? Es gab keine bessere Erklärung.
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Oder wie sonst bezeichnete man eine Fortbewegungsart, die nichts, aber auch gar nichts mit normalem Gehen, Laufen oder Springen gemein hatte? Es schien, als würden diese insektoiden Krieger mit den überproportionierten Beinen zu einem Schritt ansetzen, dabei verschwinden, um weit entfernt erneut real zu werden! Alles spielte sich so schnell ab, daß sich einem unwillkürlich der Gedanke aufdrängte, die G'Loorn-Krieger besäßen eine Eigenzeit, die sich von der hier herrschenden Zeit grundlegend unterschied. Ein Schritt über eine Distanz von zehn, fünfzehn... zwanzig Metern! Ohne Zeitverzug! Woran erinnerte ihn das? Er fühlte einen Kälteschauer, der ihn durchrann. Wesen, die sich so bewegten, hatte er schon einmal gesehen. Damals auf Robon, als er aus deren Hand die Daten für das Commutator-Enzephalo erhalten hatte, mit dem die Erdbevölkerung aus ihrer Agonie befreit werden konnte. Man war eindeutig auf der Suche nach ihnen. Der Trupp insektoider Soldaten bewegte sich in seiner unregelmäßigen Formation bereits zwischen Terminal und Versteck. In ihren Chitinpanzern wirkten die Gestalten wie monströse, aufrechtgehende Termiten. Dazu war ein durchdringendes summendes Geräusch wie von einer auf Hochtouren laufenden Fräsmaschine hörbar... Noch hatten man die kleine Gruppe Terraner nicht entdeckt. Eine leise, monotone Stimme klang aus dem Helmfunk: »Hier Gorm.« Der ausgebildete Kämpfer aus Martells Kader hatte inzwischen seinen Standort verändert. Er lag etwa zwanzig Meter entfernt ausgestreckt auf einem Dachvorsprung in exponierter Stellung, noch vor allen anderen, und blickte durch das Visier seiner Strahlwaffe. »Bericht!« Das war Martell. Erneut ertönte Gorms Stimme: »Ameisen auf elf Uhr. Nähern sich rasch unserem Standort.«
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Ameisen! Elf Uhr...! Einen Lidschlag lang mußte Dhark überlegen. Dann dämmerte ihm, daß Gorm sein militärisches Repertoire abspulte. Der Begriff >Ameisen< war klar, damit meinte er die insektoiden Soldaten aus dem Spindelraumer. Und >elf Uhr< bedeutete: links in einem Winkel von fünfundvierzig Grad voraus! Dhark suchte das angegebene Gebiet ab. In der Entfernung entdeckte er einige Schatten, die sich in ihre Richtung bewegten. »Habe sie im Visier«, meldete Gorm. »Soll ich...?« »Nein, nicht schießen!« griff Dhark ein, noch ehe John Martell anderweitig entscheiden konnte, und er setzte hinzu: »Jedenfalls noch nicht!« »Weitere Ameisen, sechs, etwa hundertfünfzig Meter vor uns auf vierzehn Uhr... nähern sich rasch.« »Mist«, war lan Kaplans angespannte Stimme im Helmfunk zu vernehmen. »Sie haben uns festgenagelt!« »Vielleicht auch nicht«, murmelte Szardak. »Vielleicht wissen sie gar nicht, daß wir hier sind«, äußerte sich auch Rani Atawa. »Darauf würde ich keine Wetten annehmen.« Das war Wonzeff. Ich auch nicht, dachte Ren Dhark. Er klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und beobachtete durch das Sichtgerät erneut den Spindelraumer, der inzwischen verlassen auf der Piste stand. Die Rampe war leer. Niemand hielt sich an ihrem Fuß auf. Einladend weit offen stand die Schleuse... Ein irrwitziger Gedanke blitzte in Dhark auf. Er schwenkte das Sichtgerät. Der Mikrocomputer darin aktivierte den Restlichtverstärker, nachdem ein Sensor erkannt hatte, daß das Tageslicht für eine normale Beobachtung nicht mehr ausreichte. Bald würde sich die Nacht über diesen Teil der Namenlosen Welt legen - eine Nacht von bisher ungekannter Qualität...
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Die Insektenkrieger schwärmten noch immer über das Landefeld und warfen deutliche Schatten, während sie sich immer weiter vom Schiff entfernten. »Okay.« Dhark formulierte seine Worte sorgfältig: »Hört mir zu, alle! Wir müssen diesen Planeten verlassen. Mit jeder Minute, die verstreicht, schwinden unsere Chancen, heil aus der Sache herauszukommen. Man sucht nach uns, das ist eindeutig. Wir haben mit unserem Eindringen in die Stadt - oder unseren Aktivitäten auf dem Raumhafen etwas in Gang gesetzt, was nicht mehr zu stoppen ist.« »Steht es wirklich so schlecht um uns?« fragte Anja Field. »Es ist zu befürchten«, nickte Dan Riker. »Ich weiß, worauf Ren anspielt. Wir haben es am eigenen Leib erfahren. Seit wir hier sind, gehen Veränderungen mit uns vor. Haben wir nicht alle festgestellt, daß wir mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten? Mit Übelkeit, Schwindelanfällen, Phasen vollkommener Desorientierung? Die Ursache ist immer noch ungeklärt...« »Mykotoxine«, warf Rani Atawa ein. »Sporengifte. Wir wissen doch, daß die Flora dieses Planeten aus Vertretern der Gattung My-cophyta besteht, aus Pilzen also. Die überwiegende Anzahl der bekannten Pilzarten, ob nun irdisch oder extraterrestrisch, ist - zumindest für unseren Metabolismus - giftig. Pilze vermehren sich durch Sporen, die nicht minder toxisch sind.« »Das wäre eine Möglichkeit - aber keine sehr wahrscheinliche«, widersprach Anja Field der Botanikerin. »Die M-Anzüge schützen unsere Atemwege vor dem Eindringen halluzinatorischer Sporengifte, wie wir inzwischen wissen. - Nein, es muß etwas anderes dahinterstecken. Vergessen wir nicht, daß die QUIET ZONE an sich schon im Widerspruch zu allen uns bekannten physikalischen Gesetzen steht. Auch das Magnetfeld dieses Planeten weist Anomalien auf, die nicht natürlichen Ursprungs sein können. Und erst jenes unbegreifliche Übersetzungsfeld, das über der kompletten Pilzstadt liegt... Ich für meinen Teil möchte jedenfalls keine Sekunde länger auf diesem Planeten bleiben!« Nach diesen Worten der Mathematikerin erhob sich lautes
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Stimmengewirr. »Genau meine Meinung...« »Ich kann das Schicksal Ogars nicht vergessen...« »Wir müssen von hier weg. Keine Frage!« »... richtig. Je eher, je besser.« »Unheimliche Gegend... schon immer gesagt...« »Stopp!« Dharks Stimme war nicht einmal übermäßig laut, aber in ihrer Entschlossenheit bewirkte sie, daß das verbale Tohuwabohu endete. »Alle auf einmal und durcheinander bringt nichts. Wer etwas zu sagen hat, soll es in Ruhe vortragen. - Ja, Wonzeff?« »Wie haben Sie sich unsere Flucht von diesem Planeten vorgestellt, Commander?« Die tiefe Stimme des Ukrainers verbreitete Sachlichkeit. Hinter ihr verbarg sich abwägende Überlegung. Dhark war ihm dankbar dafür. »Es gibt nur einen Weg.« »Welchen?« meldete sich nun auch Dan Riker zu Wort. Dhark schwieg. Er hob lediglich die Augenbrauen, als wollte er sagen: Na, welchen schon! »Du willst doch nicht etwa... das Raumschiff entern?« »Genau das«, erwiderte Ren Dhark ruhig. »Es ist unsere einzige Chance, den Planeten zu verlassen, erinnerst du dich?« »Ha, ha«, sagte Riker, aber ohne einen Funken Heiterkeit warf er seinem Freund vor: »Mein Gott! Du willst das wirklich durchziehen!« »Hast du einen besseren Vorschlag?« Riker schüttelte den Kopf. »Na, siehst du...« Dharks Miene verriet, daß ihn nichts mehr von seinem Entschluß abbringen würde. »Ich weiß«, sagte er, »was ich damit von jedem einzelnen verlange. Welches Risiko ein jeder eingeht - mich eingeschlossen -, aber mein Gefühl sagt mir, daß wir hier keinen Stunde, keine Minute länger bleiben sollten!« Und dann erläuterte den anderen Gestrandeten seinen Plan. Einen Plan, zu dem es im Grunde keine Alternative gab... Der Abend warf lange Schatten über die fremde Landschaft. Und als die Sonne endgültig unterging, begannen Dhark und sein Trupp mit der
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Einsatzvorbereitung. Nach allen Seiten sichernd, huschten sie die Rampe hinunter und besetzten nahezu geräuschlos den großen Bodenschweber, mit dem Dhark, Tyler, Martell, Gorm und lan Kaplan aus der Pilzstadt geflohen waren. Es war ein bißchen eng, und man mußte zusammenrük-ken, doch ansonsten gab es keine Schwierigkeiten. John Martell, der die meiste Erfahrung im Umgang mit antigravgesteuerten Transportvehikeln hatte, startete die Maschine. Mit brummenden Aggregaten bewegte sich der Schweber wenige Handbreit über dem Boden auf Umwegen auf das Ziel zu, das jetzt immer schwieriger auszumachen war. Aber dadurch wurde es auch etwaigen Verfolgern schwergemacht, sie zu entdecken. Sie wollten sämtliche Deckungsmöglichkeiten ausnutzen, ehe sie das letzte Stück über freies Feld in direkter Linie zum Spindelraumer flogen. Deckungen wie beispielsweise die langgestreckte Zone von Lagerhallen und niedrigen Gebäuden, die sich hufeisenförmig hinaus auf das Startund Landefeld schwangen. »Wie steht's mit den Ameisen?« erkundigte sich John Martell. Ameisen. Wie schnell sich doch ein Begriff einbürgerte. Gorm schüttelte den Kopf, erinnerte sich dann aber, daß diese Bewegung von dem ehemaligen General nicht wahrgenommen werden konnte, da dieser vor den Steuerkonsolen saß. Deshalb sagte er halblaut: »Sie müssen einen lausigen Orientierungssinn haben. Als wir vorhin rechts abgebogen sind, sind sie geradeaus weiter!« Gorm lehnte sich weit aus dem Antigravgleiter und sicherte das Terrain nach hinten. »Unser Glück.« Das war Arc Doorn. Das Genie in Sachen Fremdtechnik hielt sich an seinem Strahler fest, als hinge davon sein Leben ab - was unter diesen Umständen auch zutreffen konnte. »Vielleicht«, sagte Kaplan. »Möglich aber auch, daß wir in dieser Richtung bereits von einem wirklich großen Aufgebot erwartet werden und sie sich den Weg einfach
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sparen.« »Das ist es, was ich an Ihnen so schätze, lan, Sie gewinnen den Dingen stets die wirklich positiven Seiten ab!« meinte Janos Szardak. Ren Dhark grinste verhalten. Vielleicht würden sie alle hier auf dieser Welt umkommen, aber solange sie noch Witze rissen, war wenigstens die Moral in Ordnung. Er wandte sich an Martell: »Legen Sie einen Zahn zu, John. Wir haben noch eine gute Wegstrecke vor uns.« »Wie Sie meinen, Dhark.« Der Bodenschweber begann lauter zu brummen, glitt in der seltsamen Dunkelheit vorbei an verlassenen Gebäudekomplexen und tauchte in eine gewaltige Halle ein, deren beide Stirnseiten offen waren und zum Durchfahren einluden. Die gewölbte Decke wurde von endlosen Reihen glatter Pylonen gestützt. Welchem Zweck das Gebäude diente, ließ sich in der trüben Helligkeit diffuser Leucht-Platten nicht feststellen. Martell lenkte das Gefährt riskant dicht über die in den Boden eingelassenen Schienen der straßenbreiten Mitteltrasse und zog dabei eine Staub- und Sporenwolke wie eine träge, fette Raupe hinter sich her. Gebückt stand Dan Riker links neben Martell. Auf der anderen Seite des Piloten befand sich Ren Dhark. Die Visiereinrichtungen ihrer schweren Strahler beleuchteten ihre Gesichter von unten mit grünlich fahlem Schein. Die Wangenknochen warfen Schatten, in denen die Augen versanken. Dhark suchte das vor ihnen liegende Terrain nach verräterischen Bewegungen ab. Aber es war Gorm, der den Feind als erster sichtete. Aus einer gänzlich unerwarteten Richtung. »Achtung: Acht Objekte aus einundzwanzig Uhr. Kommen rasch näher!« Riker und er fuhren gleichzeitig herum. Ihre Augen fanden die angegebene Stelle. In einem Winkel von etwas mehr als fünfundvierzig Grad
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glitten acht insektoide Schatten von hinten! seitlich auf den Schweber zu. Mit einem Tempo, das Dhark ein gepreßtes Stöhnen entlockte. In Bruchteilen eines Augenblicks zehn, fünfzehn Meter! Sie würden mühelos den Schweber einholen. Eigentlich waren sie immer nur als flirrende Schatten kurzzeitig erkennbar, wenn sie wegen der Pylone ihr Tempo verringern mußten. Über dem Geräusch des Fahrtwindes war ein anderer Laut zu hören: Ein starkes Summen. »Deckung!« schrie Gorm. Die Terraner duckten sich noch tiefer in den Schweber und zogen instinktiv die Köpfe ein. Das starke Summen wie von einem Hornissenschwarm schwoll kurzzeitig an. Etwas zischte und heulte über den Schweber hinweg. Martell machte eine riskante Ausweichbewegung, die die Terraner in ihren Sitzen zum Schwanken brachte. Ein sirrender Blitz fuhr jaulend in einen Pylon weit vor dem Gefährt ein. Dem Krachen einer Explosion folgte ein Bersten und Klirren, als die Säule sich aufspaltete und Trümmerstücke durch die Halle schössen. »Hab ich's nicht gesagt!« klang Gorms laute Stimme aus dem Helmfunk. »Miserable Spurensucher, lausige Schützen. Ich frage mich...«, er verstummte, als der nächste Blitz aufflammte, prasselnd vor dem Bodenschweber in den Hallenboden fuhr und eine meterlange Spur in das Material fräste. »Commander!« drängte Gorms Stimme. »Wir sollten jetzt wirklich etwas unternehmen!« Ren Dhark mußte seine Hoffnung aufgeben, den Spindelraumer völlig ungeschoren zu erreichen, ohne groß in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. Das Gesetz des Handelns wurde ihnen aufgezwungen, ob er wollte oder nicht. »Dan, du und ich beschäftigen die Ameisen. Gorm, Sie helfen uns dabei. Alle anderen - 'runter mit den Köpfen!« So schaffte er freies Schußfeld. Martell wich keinen Millimeter von seiner Konsole. Er hielt den Antigravschweber so ruhig wie nur möglich.
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»Ich werde sie ein bißchen ins Stolpern bringen...« Gorm fingerte eine Thermogranate aus der Gürteltasche. Sein Daumen drückte die Verriegelung nach innen. Der eiförmige Sprengsatz im Fliegenpilzmuster flog in hohem Bogen nach hinten. Ein Feuerball wuchs hinter dem Schweber empor. »Mist, verdammter!« fluchte Gorm, als die Schatten völlig intakt weit vor dem Inferno aus ihrer Eigenzeit auftauchten. »Dann eben auf die alte Art.« Er riß den Zweihand-Strahler hoch, atmete tief ein, zielte und drückte den Abzug durch. Der erste Schatten wurde getroffen, als er gerade wieder zu einem weiteren Schritt ansetzte und unsichtbar zu werden drohte. Der Strahl schnitt ihn in zwei Teile. Eine helle Flüssigkeit quoll hervor. Dem zweiten schnitt er die Beine ab. Der Getroffene prallte in vollem Lauf gegen eine der Säulen. Sein Chitinpanzer brach auf, und etwas spritzte nach allen Seiten. Dharks Strahler sandte Feuerlanzen aus, wobei er den Blaster in einem kurzen Schwenk nach rechts führte und auf diese Weise den Gang zwischen zwei Pylonen leerfegte. Unbeirrt näherten sich die verbliebenen Insektenkrieger dem Schweber. Dan Riker griff nun auch ins Geschehen ein. Rosafarbene Strahlen zischten an Dhark vorüber, deren Schein die Luft zum Leuchten brachte. Sie trennten Gliedmaßen von Körpern. Mehrere der Wesen stürzten in einem Wirrwarr übereinander. Innerhalb von zwanzig Sekunden war alles vorbei, und die acht Insektenkrieger, die sie angegriffen hatten, lagen verbrannt und verstümmelt auf dem Hallenboden. Der aufgewirbelte Staub senkte sich und überdeckte alles mit einer feinen, graugrünen Schicht. Aber da hatte der Bodenschweber bereits wieder die Halle verlassen und verschwand in der Dunkelheit. Sein Ziel lag nur noch tausend Meter entfernt. Der G'Loorn bewegte sich auf seinem Thron. Er nahm seine Sinne auf eine etwas geringere Reichweite zurück.
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In seinem Verstand wurde das nebelhafte Durcheinander von Bildern dessen, was seinen Drohnen in einem bestimmten, großen Raum angetan wurde, abgelöst von der klareren Vorstellung, daß sein Plan geglückt war. Sie waren auf dem Weg zu ihm! Voller Vorfreude begannen die Muskeln seines Körpers zu vibrieren. Bald würde er seinen rauschartigen Schmaus halten können. Er vernahm jetzt schon das Krachen zerschmetternder Knochen. Das Reißen von Fleisch. Und die Vorstellung, die nährenden Emotionen in höchster Verzückung zu genießen, ließ seinen Körper erbeben. »Es könnte eine Falle sein!« Rani Atawas Stimme klang nervös. »Durchaus möglich«, stimmte Wonzeff zu, während er seinen Strahler noch einmal kontrollierte. »Aber wie auch immer, wir werden es früh genug herausfinden!« Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er, wie sie nickte. Der Bodenschweber hatte die Strecke bis zum Schiff des G'Loorn, abgesehen von zwei minimalen Auseinandersetzungen mit überraschend aufgetauchten Gegnern, ohne größere Zwischenfälle und im Höchsttempo zurückgelegt. Jetzt befanden sich Pjetr Wonzeff und die anderen zehn am Fuß der Rampe, die zur Schleuse des Spindelraumers hinaufführte. Der Eingang zum Schiff war trübe erhellt. Der Anblick der offenen Schleuse wirkte abstoßend und anziehend zugleich. Einladend wie eine Pforte zur Hölle, dachte Rani Atawa und ein Schauder überkam sie. Fast verspürte sie Angst. Ordinäre, hundsgemeine Angst. Es war hirnrissig, was sie vorhatten. Immer mehr kam sie zu dieser Einsicht. Aber ebenso klar erkannte sie, daß es die einzige Möglichkeit war, von hier zu verschwinden. Der Commander hatte ihnen schon im vorhinein klargemacht, welches Wagnis sie bei dieser Mission eingingen. Jeder hatte das Risiko akzeptiert. Wenn wir nicht sterben wollen, bleibt uns kein anderer Ausweg. Es fragte sich nur, ob dieser Ausweg nicht auch in den Tod
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führen würde... Die Nacht war weiter fortgeschritten. Kälte - die Temperatur fiel innerhalb kürzester Zeit von verträglichen zwanzig Grad Celsius während des Tages bis nahezu auf den Gefrierpunkt - und Finsternis nahmen zu. Die strahlend hell leuchtende Akkretionsscheibe würde sich erst kurz vor der planetaren Mitternacht über den Horizont erheben und fast Tageshelligkeit zurückbringen. Ren Dharks Stimme klang im Helmfunk auf: »Alles klar?« Er drehte sich langsam um seine Achse und sah, wie die anderen mit Handzeichen ihre Bereitschaft signalisierten. Spy Gorm atmete tief durch. »Klar zum Einsatz!« meldete er. Dhark konnte seine Zähne hinter dem Helmansatz des MAnzuges blitzen sehen. Es bestand kein Zweifel daran, daß er es eilig hatte, in Aktion zu treten. John Martells Stimme kam drängend: »Wir sollten uns auf den weg machen. Ich bekomme hier jede Menge Anzeigen herein. Unsere Freunde kehren zurück. Offenbar hat jemand gemerkt, was wir vorhaben, und ruft jetzt seine gesamte Streitmacht zurück.« »Dann los!« Ein weiteres Handzeichen von Dhark, und die Gruppe setzte sich in Bewegung. Schnell, mit konzentrierter Wachsamkeit und nach den Seiten sichernd, liefen sie in Zweierreihen auf die Rampe zu, dann hinauf, passierten eine Art Schwelle - und waren auch schon in einem Vorraum, der ganz nach einer Druckausgleichsschleuse aussah. In dem Raum herrschte ein merkwürdiges Licht, das aus den Wänden zu kommen schien. Wände, die von stumpfgrauer Farbe und wie mit einer dünnen, öligen Schicht überzogen waren. Leitungen sprossen aus ihnen heraus und verschwanden in Boden und Decke. Die elf Terraner kamen sich ein bißchen verloren in der großen Schleuse vor. »Alle an Bord«, meldete lan Kaplan als Schlußlicht. »Wohin jetzt?« fragte Dan Riker. »Nach oben!« bestimmte Dhark. »Wir müssen in die
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Zentrale. Hat jemand etwas entdecken können, womit sich die innere Schleusentür öffnen ließe?« »Hier, Commander!« Arc Doorn stand neben der Innentür und wies auf ein mehr als zwei Handspannen breites Feld voller Zeichen. Symbole. Eingelassen in Weichplastiktastaturen. Zu groß für menschliche Finger, aber wer wollte hier schon menschliche Maßstäbe ansetzen? »Ich kenne bereits ein paar dieser Symbole«, fuhr Doorn fort. »Ich habe sie im Raumhafen-Terminal an den Türen gesehen. Nichts Aufregendes. Stinknormale Öffnungskodes.« Wie um seine Worte zu beweisen, tanzten seine Finger über die Kontrollen. Mit einem saugenden Laut glitt die innere Tür in die Wand. Eine feuchtkalte Atmosphäre schlug ihnen entgegen. Dahinter ein langer, halbrund geformter Korridor, trübe erhellt und mit ölig schimmernden Wänden. »Dan!« Dhark sah den Freund an. »Du und ich, wir übernehmen die Spitze. John, Sie laufen hinter uns. Dann Tyler und Gorm. Spy, Sie lassen den Jungen nicht aus den Augen. Ihm darf nichts geschehen, unter keinen Umständen. Verstanden?« Spy Gorm ballte die Faust und stieß sie in die Luft. »Ich hüte ihn wie meinen Augapfel, Commander. Kapiert.« »Der Rest uns nach.« Schnell verschwand Dhark durch das Schott ins Innere des Spindelraumers. »Ich weiß nicht, ob mir das gefällt«, meinte Anja Field. »Wenn Sie hier stehenbleiben, werden Sie es auch nie erfahren«, knurrte Doorn und schob sie derb zur Seite. Er packte seinen Strahler fester und folgte Spy Gorm auf dem Fuß. Der G'Loorn war jetzt hellwach. Innerhalb seines Kokons spürte er die pulsierende Kraft der Maschinen, die ihn durch die Kabel und Instrumente seines Throns erreichte. Seine Gliedmaßen zuckten im sanften Strom reiner Energien. In seinem Körper ruhten Kräfte, die er schon lange nicht mehr wirklich erprobt hatte.
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Aber jetzt, da ihm seine Sinne signalisierten, daß sie sich näherten, wurde er sich seiner Fähigkeiten wieder bewußt. Menschen nannten sie sich. Terraner. Sein Augenring glomm voller Verachtung. Narren!
2. Sie hatten dreizehn Decks überwunden und näherten sich nun endlich dem Bereich, in dem sich nach Dharks Kenntnisstand die Zentrale befinden mußte. Bislang waren sie auf keinerlei Widerstand gestoßen, aber irgendwo schlug der Puls mächtiger Maschinen, wisperten Lufterneuerer. Leichter Geruch nach Ammoniak breitete sich aus. Dhark registrierte ihn. Ammoniak war eine gasförmige Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff. Sollte die Atmosphäre des Schiffes unerwartete Komponenten aufweisen? Er befragte die Anzeigen seines Anzugs und rief eine Analyse der atmosphärischen Gaszusammensetzung der Umgebung ab. Sie ergab etwa siebzig Prozent Stickstoffanteil und zwanzig Prozent Sauerstoffgehalt. Die restlichen zehn Prozent setzten sich aus anderen Gasen zusammen. Irgendwo im Schiff schienen elektrolytische Vorgänge abzulaufen, anders war der für die Ammoniakerzeugung notwendige Wasserstoff nicht zu gewinnen... Ohne sein Zutun drängte die Erinnerung an zwei länger zurückliegende Ereignisse in sein Bewußtsein. Einmal die Erinnerung an die erste Begegnung mit den Ducks, an ihr fremdes, merkwürdig unfertig wirkendes Raumschiff, das bis in den letzten Winkel mit kältekonservierten exotischen Lebewesen vollgepfropft gewesen war, die ausnahmslos den Eindruck vermittelt hatten, als seien sie kreuz und quer in der Galaxis eingesammelt worden. Auch an Bord des Duck-Schiffes hatte dieser seltsame Ammoniakgeruch vorgeherrscht. Die zweite Erinnerung beruhte auf einem noch viel weiter zurückliegenden Erlebnis: Dem Besuch einer Fisch-
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zuchtfarm vor der Küste Jakartas, den er als Junge mit seinem Vater unternommen hatte. Zum Schluß ihrer Besichtigung waren sie in eine Halle gekommen, in der ihnen beißender Ammoniakgeruch die Lungen ätzte. Auf einem langen Tisch hatten eine ganze Reihe von Tintenfischen gelegen. Es hatte sich um anderthalb Meter lange Humboldt-Riesenkraken gehandelt, die von einheimischen Fischern mit Schleppnetzen aus der Tiefsee an die Oberfläche befördert worden waren. Die Kopffüßer hatten denselben intensiven Ammoniakgestank verströmt. Merkwürdig. Zwei Ereignisse, zu unterschiedlichen Zeiten und an gänzlich verschiedenen Orten vermischten sich hier miteinander. Und doch nicht merkwürdig, wenn man sich vor Augen hielt, wovon sich die G'Loorn ernährten. Vielleicht gab es auch an Bord dieses Schiffes große Kryokammern, in denen Lebewesen darauf warteten, aus ihrem Tiefschlaf erweckt zu werden, damit man sie unter unsäglichen Leiden zu Tode foltern konnte. Als Seelennahrung für den Inbegriff des Entsetzlichen. Seelenfresser. So hatte Tyler die G'Loorn genannt. Dhark schürzte sich die trocken gewordenen Lippen, während er hinter Dan Riker hereilte. Bald würde er einem weiteren Vertreter dieser Gattung gegenüberstehen, und hoffentlich würde sein Plan funktionieren. Er spürte ein wachsendes Gefühl der Unruhe. Alles ging viel zu glatt! »Vorsicht!« rief Dan Riker. Vor ihren Augen tat sich ein großer Raum auf, der sich kreisförmig nach links und rechts krümmte und eine Sektion des Schiffes umschloß. Die Zentrale des Spindelraumers. Nur ein vom Boden bis zur Decke reichendes Schott trennte sie noch vom Herzen des Schiffes. Ren Dhark warf einen Blick in die Runde. Eine eigentümliche Spannung hatte von ihm und seinen Leute Besitz ergriffen, je weiter man zur Zentrale vorgedrungen war. Zum einen waren sie erleichtert, daß das Vordringen vergleichsweise friedlich vonstatten ging. Zum anderen,
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Ren Dhark konnte das nachempfinden, breiteten sich Furcht und Unsicherheit aus. Der Friede war eindeutig zu trügerisch. »Es könnte eine Falle sein«, hatte John Martell, von Riker darauf angesprochen, vor kurzem erst bestätigt. Es war eine Falle! Von allen Seiten kamen sie heran. Zunächst noch unsichtbar hinter der Krümmung des Zentralkorridors. Nur das Summen verriet sie. Ein Summen, das auch aus dem Korridor kam, der sie hierher gebracht hatte. Sie mußten die ganze Zeit hinter ihnen gewesen sein. Dharks Magen zog sich zu einem kalten Knoten zusammen. »Doorn! Schnell!« Seine Hand deutete auf das große Schott. »Bin schon dabei...« Arc Doorn machte sich in fliegender Eile an der Sensorplatte des Türöffners zu schaffen. Das Summen steigerte sich. »Gorm...« Der Elite-Soldat fuhr herum, riß den Strahler hoch. »Ich habe es gehört, Commander!« Das Ding trat hinter der Korridorkrümmung hervor: zwei Meter groß und mit schwarz glänzendem Chitinpanzer. Jetzt wurde erkennbar, daß die Soldaten der G'Loorn mehr Fangheuschrecken als Ameisen glichen. Wie eine verkleinerte Ausgabe des G'Loorn bewegte der Angreifer sich auf die Gruppe zu. Man konnte die mächtigen Muskelstränge erahnen, die, verborgen unter der Chitinpanzerung der Beine, dem Geschöpf eine ungeheure Sprungkraft verliehen. Die Klauen der oberen Greiforgane hielten einen gedrehten Stab aus bläulich schimmerndem Material. Er war die Quelle des Summgeräuschs. »Gorm! Schießen Sie! - Arc! Wie lange dauert es noch?« Spy Gorm hob die Waffe in Schulterhöhe und schaltete das Laserzielgerät ein. Der rote Punkt tanzte kurz über die Brust der Kreatur und wanderte dann nach oben, wo die Mandibel am vorderen Ende des eiförmigen Kopfes mit dem Augenkranz in ständiger Bewegung waren. »Schon...«, rief Doorn. Gorm drückte ab. Der Strahl trennte den Kopf vom Rumpf.
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Der Insektoide schien wie in Zeitlupe zu fallen und brach mit seltsam ineinander verknoteten Gliedmaßen zusammen. »... offen!« vollendete der Sibirier sein Versprechen. Arc Doorn mußte noch einmal schreien, ehe die anderen reagierten. Das Schott, das sie von der Zentrale trennte, begann sich fauchend zu heben. Als es hoch genug war, drängten sie ins Innere, wo Doorn sich schon wieder an der inneren Sensorplatte zu schaffen machte. Mit einem Krachen fiel das Schott zurück und sperrte den Strom insektoider Soldaten aus, der die Korridore hochschwappte. Schloß auch alle Geräusche aus. Die Stille war fast mit den Händen zu greifen. Zeit dehnte sich ins Unendliche. Dhark blinzelte, er hatte Mühe, die rötliche Dunkelheit mit seinen Augen zu durchdringen. In die Stille mischte sich ein neuer Laut. Klick - Rii-tsch, Klick - Rii-tsch... Chitinzangen, die sich öffneten und wieder schlössen, öffneten und... Dhark kannte das Geräusch. Ebenso Martell, Tyler, Kaplan und Spy Gorm. Für die anderen war es neu. Rani Atawas Blick glitt an Szardaks Schulter vorbei. »Himmel«, keuchte sie. »Was ist das denn...« Ihre Kiefermuskulatur verkrampfte, und sie verstummte. »Dort... dort. Schauen Sie!« In dem rötlichen Nebel bewegte sich etwas, was Anja Field den Atem stocken ließ. Hinter einem Kokon aus halbdurchsichtiger Schwärze bewegte sich der G'Loorn auf seinem Thron. Ein Schrillen drang aus den weit offenen Mandibeln - in der grauenhaften Parodie eines triumphierenden Lachens. Klauenbewehrte Gliedmaßen streckten sich in Richtung der Terraner - - Klick - Rii-tsch, Klick - Rii-tsch. Rasch, ohne nachzudenken, hob Dan Riker den Strahler. Seine Finger umkrampften den Abzug. »Nein! Tu das nicht!« hielt ihn Dhark zurück. Seine Finger schlossen sich wie ein Schraubstock um Rikers Handgelenk
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und drückten den Arm nach unten. »Damit richtest du nichts aus!« Dan Riker fluchte zuerst und starrte den Freund dabei wild an. Dann entspannte er sich und nickte. »Wenn du es sagst...« Und gleichzeitig mit diesen Worten griff etwas Unsichtbares nach Riker und ließ in zur Unbeweglichkeit erstarren. Den anderen erging es nicht besser. Dhark stöhnte auf, unfähig, sich deutlich zu artikulieren. Ein enormer Druck lastete auf seinem Gehirn. Eine Art übelwollende Präsenz. Dunkelheit fiel wie eine Decke über seine Gedanken... Wieder schrillte die furchterregende Stimme des G'Loorn. Das Schott hinter den bewegungsunfähigen Terranern fuhr auf, und eine Schar bewaffneter Insektenkrieger drängte herein. Tyler! schrie es in Dhark. Und noch einmal: Tyler...! Tyler flüsterte etwas. Es war nicht im Helmfunk zu verstehen. Aber er schien nicht im Bann des G'Loorn zu stehen. Tyler, du bist unsere einzige Hoffnung. Du weißt, worum es geht! Tyler drehte den Kopf, blickte nach hinten. Unmenschliche Konzentration ließ sein Gesicht zu einer Maske erstarren. Wie Stricke standen die Sehnen an seinem Hals hervor. Die Krieger kamen näher. Die Stäbe in ihren Klauen schleuderten Energielanzen, die sich auf die Terraner zubewegten - und wirkungslos vor ihnen zerstoben, von einer unsichtbaren Barriere ins Nirgendwo abgeleitet. Ausgehend von dem Robonenjungen schoß etwas Unbegreifliches auf die Angreifer zu, wischte sie von den Beinen, wirbelte sie durch die Luft und schmetterte sie gegen die Wand. Chitinpanzer barsten, zerplatzten wie Nußschalen. Körperflüssigkeit spritzte hervor. Das mächtige Schott schloß sich mit einem hallenden Geräusch. Eine Flammenzunge lief wie ein Elmsfeuer entlang des Türfalzes und verschweißte das Schott. Dann wandte Tyler wieder den Kopf und blickte nach vorn
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auf den G'Loorn. Dhark hörte einen Schrei. Er erreichte ihn über die Ohren und entfaltete sich zusätzlich in seinem Kopf. Der Schrei steigerte sich zu einem durchdringenden Kreischen. Ausgangspunkt war der Thron des G'Loorn. Ein schwarzer Keil drang in die Membran, die den G'Loorn schützend umgab, riß sie auf, fegte sie hinweg und ließ den Seelenfresser für alle Augen sichtbar werden, jene schaurig schöne Adaption eines ins Riesenhafte mutierten Hybriden aus Pflanzenintelligenz und mörderischem Insekt mit zwei Beinen und vier klauenbesetzten Armen. Drähte sprossen aus seinem Oberkörper, aus den Schultern. Die farnähnlichen Fühlerstummel des G'Loorn vibrierten mit einem deutlich hörbaren Geräusch. Sie waren auf Tyler gerichtet, mit dem eine merkliche Wandlung vorging. Sein Gesicht war noch immer eine Maske der Konzentration, aber der Junge schien Mittelpunkt eines schwarzen Wirbels zu sein, hinter dem seine Gestalt zeitweise verschwand. Er stand bewegungslos, den Kopf zwischen den mageren Schultern eingesunken. Auf der Stirn pulsierten Adern. Man konnte förmlich sehen, wie ein Geist mit dem anderen rang. Zwischen den beiden materialisierte ein monströses, wirbelndes Kaleidoskop, in dem sich Zeit und Raum aufzuheben schienen. Alles befand sich in gewalttätiger Bewegung. Sternenabgründe taten sich auf. Materienebel wallten. v Planeten rotierten. Dazwischen ein riesiger, leuchtender Strudel, der alles um sich herum verschlang... und wieder ausspie. Das Herz der Milchstraße. Das ZENTRUM. Der G'Loorn schrillte und tobte. Eingesponnen in sein metallenes Netzgeflecht, schien er auf seinem Thron zu wachsen, sich auszudehnen. Und wurde wieder zurückgeworfen. Die Venen auf Tylers Stirn traten stärker hervor. Die Zähne zusammengepreßt, senkte er den Kopf, als ob es einem
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psionischen Sturm zu widerstehen galt. Plötzlich schloß er die Augen. Ein durchdringendes Kreischen erfüllte die Zentrale. Die Insektenarme schlugen und zappelten. Verbindungen, die wie metallene Tentakel aussahen, lösten sich mit obszönen Geräuschen aus dem Leib des G'Loorn und trennten ihn von den unterstützenden Maschinen. Der Hybride krümmte sich zusammen, enger und enger, als das Bombardement mentaler Kräfte durch sein Gehirn brandete und ihn seiner Kräfte beraubte. Der Augenkranz wurde milchig. Er zog die Beine an den Leib, kreuzte die vier Klauenarme vor dem Chitinpanzer und senkte den monströsen Schädel. Er war nicht tot. Er atmete. Aber das war auch alles. Und die mentale Fessel um die Terraner löste sich. Sie konnten sich wieder bewegen, konnten handeln! »Was...?« Anja Field taumelte gegen Dan Riker, der sie stützte und beruhigend auf sie einsprach. Dhark atmete tief ein. Er hatte hoch gepokert. Doch letztendlich hatten sie gewonnen. »Du hast ihn unter Kontrolle?« »Er... ist ein harter Brocken«, stöhnte Tyler. »So ohne weiteres hat er sich nicht schlucken lassen... Aber jetzt habe ich ihn.« Die dünne Stimme im Helmfunk, die in merkwürdigem Kontrast zu Tylers Taten stand, zitterte. Er mußte sich auf die Lippen gebissen haben. Ein schmales, rotes Rinnsal versickerte unterhalb seines Kinns. Tyler wandte sein blasses, verzerrtes Gesicht Dhark zu. Unter der halbstabilen Helmkapuze seines M-Anzuges rann Schweiß von seiner Stirn. »Was jetzt?« »Weg von hier. Auf dem schnellsten Weg.« Tyler nickte. Er wußte, was zu tun war. Was er machte, war nicht zu sehen. Lediglich die Auswirkungen des mentalen Zwanges, den er auf den G'Loorn ausübte, wurden deutlich. An den Wänden flammten Bildschirme auf und zeigten die Umgebung des Spindelraumers. Instrumente erwachten zum Leben. Maschinen liefen an. Eine mechanische Stimme spulte ein Programm ab. Von irgendwoher kam ein hallender Ton,
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und der Spindelraumer erhob sich von der Namenlosen Welt. Auf den Schirmen in der Zentrale sah man, wie der Planet kleiner wurde und rasch hinter dem Schiff zurückblieb. Dann war er nicht mehr zu sehen, nur noch seine Sonne. Wenig später war auch sie nur ein Lichtpunkt unter unzähligen anderen. »Ich glaube, wir haben es geschafft!« stellte Anja Field fest. Sie hatte sich, wie die anderen auch, inzwischen von der geistigen Knebelung durch den G'Loorn erholt. Mit leichtem Schaudern blickte sie hinüber zu dem thronartigen Aufsatz, auf dem die monströse Gestalt zusammengesunken hockte. »Sieht so aus«, bestätigte Dan Riker, der sich in ihrer Nähe aufhielt. »Wir haben das System verlassen und bewegen uns mit ziemlich hoher Geschwindigkeit«, sagte Arc Doorn. Dhark nickte stumm. »Wahrscheinlich werden wir in Kürze in den Hyperraum eintreten«, sagte Riker. »Mit welchem Ziel?« Dhark zuckte die Achseln. Das absolute Zentrum war in Reichweite gerückt. Um die QUIET ZONE scharten sich dunkle Materiewolken, in denen Abertausende von Sonnen funkelten. Das Herz der Milchstraße, aus der unvorstellbaren Distanz der Erde gesehen eine dicht gepackte Kugel aus Abermillionen von Sonnen, hatte sich in eine flache Scheibe verwandelt. »Wir sollten uns nach Räumlichkeiten umsehen«, drängte Riker seinen Freund, »in denen wir uns beim Transit aufhalten können. Niemand von uns weiß, wie lange die Reise dauern wird und was uns dabei erwartet. Es könnte unangenehm werden.« »Vermutlich«, murmelte Ren Dhark. »Wohin werden wir transitieren, Commander?« fragte Rani Atawa. »Ich wünschte, ich wüßte es...« Dhark stockte, fuhr herum und blickte zu dem Robonenjungen. »Tyler!« Tyler hatte sich von dem geistigen Kampf mit dem G'Loorn einigermaßen erholt. Nur an seinen noch immer blutunterlaufenen Augen konnte man sehen, welche
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Anstrengung es ihn gekostet hatte, diese Monstrosität zu bezwingen. Jetzt hielt er den G'Loorn in einer Art hypnotischem Trancezustand und vergewisserte sich ständig auf einer untergeordneten Ebene seines Geistes, daß der Hybride genügend unter seiner Kontrolle stand. »Ja?« »Tut mir leid, daß ich dich schon wieder bemühen muß...« Tyler winkte mit verlegener Miene ab. »... aber du mußt uns helfen.« Ren Dhark machte eine kurze Pause. Dann erläuterte er dem Robonenjungen von Starmoon, was er sich vorstellte, nämlich dem G'Loorn Informationen abzupressen, die endlich Licht ins Dunkel der Motive seines Volkes bringen und außerdem Hinweise darauf geben würden, wo im Sternengewimmel sich die Heimat dieser sadistischen Rasse befand, die sich an den Seelenqualen anderer intelligenter Spezies berauschte. Tyler blinzelte und starrte Dhark an. »Ich versuche mein Bestes.« »Tu das!« Irgendwo im Schiff erklang eine dumpfe Explosion. Der G'Loorn begriff nicht, wie ihm das hatte passieren können. Er war der Vertreter der am höchsten entwickelten Spezies im ZENTRUM. Wie alle seiner Art war er nahezu unsterblich - falls man die gewaltige Zeitspanne, die er und seinesgleichen lebten, als Unsterblichkeit bezeichnen wollte. Und doch waren seine Fähigkeiten plötzlich auf eine ihm unerklärliche Weise auf Null reduziert. Und nun versuchte man auch noch, ihm Informationen über die Position seiner Ursprungswelt zu entreißen. Das durfte nicht geschehen. Niemals. In Vergangenheit und Zukunft waren die Koordinaten dieses Ortes gegenüber den anderen Völkern der Galaxis geheim gehalten worden. Er wußte auch schon, wie er dieses Geheimnis wahren konnte. Kurz erwog er ein paar Fluchtmöglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen, verwarf sie aber wieder. Die psionische
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Klammer war zu übermächtig. Nur ein einziger Ausweg stand ihm noch offen... Er war besiegt, aber nicht zur Gänze. Er erinnerte sich der traditionellen Künste, in denen er einst unterwiesen worden war. Mit einem bislang versteckten Rest seiner Kraft klinkte er sich in das Energiesystem seines Schiffes ein. Er spürte dem Flüstern des Stromes nach und fühlte die pulsierende Macht der Reaktoren und Konverter. Er zwang seinen Körper zur absoluten Reglosigkeit, vergrub seine Gedanken unter einer dämpfenden Schicht nichtssagender Empfindungen, während er im schneidenden Fluß der Energie jenen Bereich fand, auf den es ihm ankam. Dort griff er mit seinen Gedanken hinein - und stieß auf Widerstand. Die Selbstvernichtungsanlage war darauf programmiert, von physischer Kraft betätigt zu werden. In einem gewaltigen Impuls, der mit einem Schlag fast seine ganze restliche Lebensenergie verschlang und ihn sämtlicher Abwehrkräfte beraubte, unterbrach der G'Loorn den Stromfluß. Einen Moment lang spürte er wieder das Aufflackern seiner alten Überlegenheit, fühlte die Verachtung, wenn er an die Menschen dachte, die sich anmaßten, sich mit einem G'Loorn zu messen, und gleichzeitig die brennende Enttäuschung, daß er sich dem Angriff eines dieser Menschen nicht hatte widersetzen können. Dieses Tyler-Wesen hatte sich als gerissener erwiesen, als er angenommen hatte. Es hatte seine Schwachstelle sofort registriert, hatte entdeckt, daß er über keine natürlichen PsiBegabungen verfügte, sondern sie nur mit technischen Mitteln nachzuahmen verstand, weshalb es letztendlich auch über ihn hatte triumphieren können. Jetzt würde er dem Terraner diesen Triumph nehmen. « Er spürte weder Angst noch Bedauern über das, was er getan hatte. Auch nicht darüber, daß er sterben würde. Es war ein leichtes für ihn, die Zellauflösung zu beschleunigen. Sein Tod würde auch das Ende dieser bleichen Kreaturen bedeuten. Er stellte sich ihr Erstaunen vor, ihr Nichtbegreifen, und
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dann ihr Entsetzen, wenn sie merkten, wie das Schiff unter ihren Füßen zerfiel. Aber dann würde es bereits zu spät sein. Sie würden mit ihm sterben. Und doch, in jenem Zeitintervall, das seinem Ende vorausging, gelangte er zu der klaren Erkenntnis, daß er, das stärkste Geschöpf dieser Galaxis, von einem Menschen gleichsam wie beiläufig bezwungen worden war...! »Was war das?« »Eine Explosion«, sagte Janos Szardak. »Wahrscheinlich eine Granate«, mutmaßte Spy Gorm. »Die Korridore sind voll von Insektenkrieger. Sie laufen vermutlich Amok, weil wir ihre Königin gefangen halten.« Ein interessanter Aspekt, überlegte Ren Dhark, der bislang noch von niemanden so richtig bedacht worden ist. Bisher sind wir immer davon ausgegangen, daß der G'Loorn männlichen Geschlechts ist. Was, wenn es sich gerade umgekehrt verhält? »Ich glaube, es war eine Explosion«, beharrte Szardak. »Und sie war tief im Schiff. Keinesfalls draußen im Korridor.« Er legte sein Gesicht in Falten und starrte auf Gorm. »Ja, ja«, stimmte der zu und grinste dabei dünn und humorlos. »Eine Explosion. Meinetwegen....« »Mein Gott!« sagte Rani Atawa und starrte in eine bestimmte Richtung. »Schaut euch das an!« Sie sahen, was sie meinte. Der G'Loorn war auf seinem Thron noch mehr in sich zusammengesunken. Alles, was an seinem Körper von pflanzlicher Beschaffenheit gewesen war, ging sichtbar in Verwesung über. Wie es im Innern der Chitinpanzerung ausschaute, konnte man nur vermuten. Zwischen den einzelnen Platten sickerte grünliches Sekret hervor. »Ich... ich konnte... konnte nichts dagegen tun«, stammelte Tyler. »Er hat seinem Leben selbst ein Ende gesetzt. Bis ich es merkte, war es schon geschehen. Ich... ich...« Ren Dhark schüttelte den Kopf. »Nicht, Tyler. Es war zu erwarten, daß er sich irgendeine Teufelei ausdenkt. Und sei es sein eigener Tod, um uns
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keine Informationen geben zu müssen.« Eine weitere Explosion erschütterte die Zentrale, wesentlich stärker als die erste. Diesmal gab es keine Zweifel. »Wir müssen uns in Sicherheit bringen!« Rani Atawa schaute Tyler an und blinzelte, als hätte sie ihn noch nie gesehen. »Was...« »Das Schiff löst sich auf. Der G'Loorn hat einen Selbstvernichtungsmechanismus aktiviert, ohne daß ich es mitbekam,« bekannte Tyler schuldbewußt und verlegen. Die anderen starrten ihn mehr oder weniger entgeistert an. »Wie damals im Kuiper-Gürtel«, murmelte Dhark, ohne sich dessen überhaupt bewußt zu werden. Dan Riker, der wußte, wovon die Rede war, wurde totenbleich. »Dieses Miststück«, sagte lan Kaplan. Gorm hieb in die gleiche Kerbe und machte seiner Wut Luft. Arc Doorn lief zu einem der Monitore, studierte ihn und begann die Kontrollen der unteren Bildleiste zu bedienen. Nach einer Weile wandte er sich fluchend einem anderen Bildschirm zu. Dann dem nächsten, dem übernächsten... kopfschüttelnd. »Ich glaube, wir sitzen wirklich in der Patsche, Commander. Sehen Sie selbst.« Der Bildschirm zeigte eine Innenansicht des Schiffes: Räume voll unbekannter Maschinen und Geräte, lange Fluchten übereinander gestapelter Gegenstände. Ein Reparatur- oder Ersatzteillager. Was auch immer, niemand würde sich je daraus bedienen können. Etwas Ungeheuerliches fraß sich durch den Lagerraum und löste ihn buchstäblich in nichts auf! Vor den Augen der entsetzten Gruppe verschwand eine Sektion nach der anderen. Dann hatte das Nichts die äußere Wandung erreicht. Sie zerfiel. Die Sterne schimmerten herein. Das Ganze geschah in erschreckender Geräuschlosigkeit. Nur ein fernes Seufzen und ein dünnes Summen war über die Lautsprecher der Aufnahmeeinheit zu hören -schließlich erreichte das gefräßige Etwas auch die Instrumente der
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Bordkommunikation. Die Bilder auf den Schirmen flackerten, zerfielen in einem Schauer von Pixeln und zeigten schließlich nur noch elektronisches Schneegestöber. »Ich glaube, wir sollten tatsächlich verschwinden«, sagte John Martell. Die Züge seines schmalen Gesichts waren verkniffen, die Lippen zwei blutleere Striche. Ren Dhark nickte. »Weg - sofort!« »Wie?« fragte Anja Field gepreßt. Sie hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. »Draußen laufen sicher noch eine ganze Menge Soldaten herum!« »Es gibt da einen Wartungsschacht«, sagte Tyler mit etwas unsicherer Stimme. »Er führt von dieser Zentrale aus bis zur Hülle. Dort ist eine... Notschleuse. Ich habe den Fluchtweg in... in seinen Gedanken gesehen!« »Ich dränge ungern, Tyler, aber wo ist der Eingang dazu?« Dharks Stimme klang angespannt. »Hinter dem Sockel mit dem Thron.« Dhark fuhr herum, sah Doorn an. »Arc...!« »Schon bei der Arbeit!« Der Sibirier verschwand hinter dem Thron des toten Außerirdischen. Wie unregelmäßig geformte Schneekristalle trieben sie im All. Elf silbrig schimmernde Punkte. Nahm man die Größe des Alls zum Vergleich, waren sie nicht mehr als Atome. »Zusammenbleiben«, kam Ren Dharks Stimme aus dem Helmfunk. Sie vermittelte Ruhe, eine Ruhe, die er selbst nicht spürte. Im Gegenteil. Noch keine zwei Minuten waren seit ihrem überstürzten Ausstieg aus dem Schiff des G'Loorn vergangen, und schon hatten sie eine beachtliche Distanz zwischen sich und den Spindelraumer gebracht. Was niemand bedauerte. Niemand mit einem Funken Verstand hielt sich freiwillig in der Nähe eines Schiffes auf, das sich selbst auflöste, und zwar so konsequent, daß nichts davon übrigblieb. Ein Prozeß, den niemand nachvollziehen konnte. Welcher teuflische Intellekt war imstande, so zu agieren?
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Unaufhaltsam stürzten sie durch den Weltraum der QUIET ZONE. Dhark wandte den Kopf und hielt nach dem Spindelraumer Ausschau. Das von sonderbarem Glanz umhüllte Schiff fiel schnell hinter ihnen zurück und schrumpfte dabei mehr und mehr. Atmosphärereste aus aufgelösten Sektionen blühten kurzzeitig zu weißen, kristallisierten Wölkchen auf. Der Spindelraumer war nur noch ein Torso, der zusehends kleiner wurde. Ein winziger Lichtpunkt in der endlosen Schwärze des Weltraums. Ein letztes Mal blinkte er auf und erlosch dann ganz. Sie waren allein im Weltraum. Verloren... Und erst jetzt ging Ren Dhark die ganze Tragweite dessen auf, was geschehen war. Vom Regen in die Traufe. Die quälenden Gedanken abschüttelnd, spähte Dhark minutenlang angestrengt in das All hinaus, in der ganz und gar verrückten Hoffnung, daß die POINT OF sichtbar werden würde. Doch alles was er sah, waren weit entfernte Sonnen - stetig strahlende Punkte in einem Hintergrund irgendwie labil wirkender Schwärze. Noch nie hatte jemand die Kapazität der MysteriousRaumanzüge ausgeschöpft. Niemand wußte, wie lange man unter Weltraumbedingungen darin überleben konnte. Tage? Wie viele Tage? Sie würden die ersten sein, die es herausfanden. Wie flüchtige Gedanken trieben sie in der grenzenlosen Nacht. Umgeben von der Unendlichkeit, durch die Millionen von Sonnen glühten. Sie lebten, aber die Chance, je wieder lebendig auch nur in die Nähe eines Sonnensystem zu gelangen, stand eins zu unendlich. Längst war alle Unterhaltung im Helmfunk verstummt. Es war still geworden. Jeder hing seinen Gedanken nach. Ren Dhark vernahm kein anderes Geräusch als das Rauschen des Blutes in seinen Ohren und über die Helmfunkanlage das charakteristische Hintergrundrauschen
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des Alls. Sonst nichts. Weit voraus war zwischen den Sternen ein verwaschener Fleck zu erkennen - interstellare Materie, zu einer dünnen Wolke gestreckt. Dharks Blick verweilte nur kurz daran, aber beinahe im gleichen Augenblick zuckte er erschrocken zusammen. Der verwaschene, trübe Fleck, auf den sie sich zubewegten - er wuchs! Dhark blinzelte. Hatte er Halluzinationen? Ging der Vorrat an Atemluft bereits zu Neige? Nein, da kam wirklich etwas auf sie zu! Der Fleck dehnte sich weiter aus, wurde immer größer, bis er die Sterne verdeckte. Tyler fragte über Helmfunk freudig erregt: »Ein Raumschiff?« Jemand antwortete fast ehrfurchtsvoll: »Dann sind wir gerettet!« Dhark erkannte die Stimme von lan Kaplan. Rani Atawa rief: »Siddharta sei gepriesen - wenn es so ist!« Jetzt erklang eine andere Stimme. Ihr Tonfall war tiefer, bedächtiger: »Das gäbe uns eine Chance.« »Eine verdammt kleine Chance, Pjetr!« schränkte Szardak ein. »Immerhin«, brummte Arc Doorn. Das riesenhafte Gebilde hatte angehalten und verdeckte das Licht der entfernten Sonnen. Tyler spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Ein unbestimmbares Gefühl der Beunruhigung überfiel ihn. Empfindungen wuchsen in ihm, die ihm sagten, daß etwas nicht stimmte, daß etwas gefährlich und schrecklich falsch war. Etwas - er fand keine präzisere Beschreibung dafür näherte sich ihnen. Ein Schemen, irgend etwas, das durch den Raum auf sie zuglitt. Der Schemen war vom Umfang her größer als ein Mensch und... Tyler griff mit seinen Gedanken hinaus in die schwarze
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Tiefe. Sondierend, fragend - es war, als dringe er in einen unendlich tiefen Abgrund vor, der ihn mit magischer Kraft einzusaugen schien. Ein Schwarzes Loch, in dessen Kern etwas zu lauern schien. Was es wirklich war, erkannte er, als er auf die bösartig glitzernden Fragmente stieß... Tyler zog seine sondierenden Gedanken zurück. »Oh, nein!« schrie er. Seine Stimme veränderte sich in einem Ausbruch enttäuschter Hoffnungen und der Vorahnung des Unheils. »Ich spüre die typischen Mentalmuster eines - G'Loorn!« Von der Traufe in den Regen, flüsterte eine sarkastische Stimme in Dharks Kopf. »Eine böse Überraschung nach der anderen«, knurrte er grimmig. »Ich bin neugierig, was als nächstes ge...« In diesem Moment geschah etwas mit ihm. Etwas Unsichtbares packte ihn, zog ihn an sich und ließ ihn mit hoher Geschwindigkeit auf den Schatten zurasen. Mit einem gespenstischen, flackernden Glühen durchdrang er das dunkle Feld - und war im nächsten Augenblick von der Bildfläche verschwunden! Und dann änderte sich die Lage erneut radikal. Urplötzlich erschien wie aus dem Nichts ein Spindelraumer. Von einem Augenblick zum anderen war er da, verhielt kurz und jagte dann davon - dem enteilenden Schemen hinterher, der Ren Dhark entführt hatte. Grünliche Lichtfinger tasteten durch die Schwärze des Raumes, fokussierten und trafen den unter seinem Tarnfeld flüchtenden Raumer... ... ohne Wirkung zu zeigen. Weitere acht Spindelraumer materialisierten in der Nähe. Die Hälfte nahm unverzüglich die Verfolgung auf, der Rest näherte sich den Begleitern Ren Dharks... Aus einem der Schiffe löste sich ein blaßblaues Strahlengewitter. Und noch ehe die im Weltraum treibenden Menschen sich fragen konnten, was da auf sie zukam, umfing sie auch schon tiefe Bewußtlosigkeit.
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3. Der terranische 400-Meter-Raumer SENTINEL glitt mit einem Achtel Lichtgeschwindigkeit inmitten eines Pulks patrouillierender Raumschiffe der Terra-Flotte durch den Weltraum des Col-Systems. Er bewegte sich im vorderen Drittel der breitgefächerten, keilförmigen Formation von TF-Schiffen und befand sich in relativer Nähe zur KARTHAGO, auf der Major Eythan Farr den Oberbefehl über das ins Doppelsonnensystem entsandte Flottenkontingent führte. Die SENTINEL war Flankenschutz der KARTHAGO und würde diese Position unter allen Umständen zu halten versuchen. In den Tiefen der Maschinendecks waren die Konverter auf Normallast heruntergefahren, blieben jedoch in Gefechtsbereitschaft. Für sämtliche Decks des Raumers herrschte Alarmstufe Rot. Die Helligkeit im Innern des Schiffes war vom Hauptgefechtscomputer heruntergedimmt worden. Die normaloptischen Schirme waren ausgeblendet. Stattdessen zeigte sich auf den großen Displays die virtuell von den Schiffscomputern erzeugte dreidimensionale Darstellung des Col-Systems innerhalb eines sphäroiden Gitterrasters, in dem grün leuchtende Dreiecke die Positionen der übrigen Flottenschiffe kennzeichneten. Die Scanner waren weit offen, drangen tief in den umgebenden Raum hinaus und suchten unablässig nach den charakteristischen Signaturen, die das Auftauchen von Spindelraumern auf den Schirmen sichtbar machen würden. Robert McKinney war in die Betrachtung des virtuellen Rasters vertieft. Wie unterschiedlich eingefärbte BillardKugeln kreisten die achtzehn Planeten mit ihren murmelgroßen Monden innerhalb einer tellerförmigen Ebene - die von den Computern des Astrolabs ebenfalls farbig hervorgehoben wurde - in komplizierten Bahnen um die beiden Sonnen. Die Sensoren machten die chaotischen Ströme der Sonnenwinde um die beiden Sterne in düsterem Rot
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sichtbar - neben all den anderen geladenen Teilchen aus galaktischen Brutofen: Magnetfeldern, Strahlungen in allen Frequenzen und hyperenergetischen Protuberanzen. McKinney löste den Blick von dem faszinierenden Schauspiel. »Lieutenant Naha!« Der Kopf des Offiziers ruckte herum. »Sir?« »Status?« »Alle Systeme gefechtsbereit, Kapitän«, meldete der Erste Offizier der SENTINEL. »Sehr gut, Lieutenant«, nickte Robert McKinney. »Cain?« »Sir?« »Etwas zu erkennen?« »Negativ, Sir«, antwortete der Funk- und Ortungs-Offizier von seinem Platz aus. »Geben Sie gut acht, Cain. Ich will, daß sich jeder in Ihrer Abteilung der größten Aufmerksamkeit befleißigt. Diesmal müssen wir gewappnet sein. Derjenige, der mir als erster die Signatur unseres Feindes meldet, darf mit einer belobigenden Eintragung in seine Personalakte rechnen« »Jawohl, Sir«, sagte Ed Cain und forschte verstohlen im Gesicht des Kommandanten nach Zeichen der Anspannung, unter der der Kapitän stehen mußte, seit der terranische Flottenverband - immerhin mehr als ein halbes Hundert Schiffe - bereits binnen sechzig Minuten nach seiner Rematerialisierung im Col-System zehn hochgerüstete Raumer verloren hatte. Zehn Schiffe, die im Höllenfeuer von nur fünf Spindelraumern verglüht waren. Darunter hatte sich auch die SYRAKUS befunden, auf der ein Prototyp des neuentwickelten, reichweitenstarken Tremble-Schocks installiert gewesen war. Und nach und nach neun weitere Schiffe der Terra-Flotte. Cain forschte vergebens im hageren Gesicht seines Vorgesetzten nach tiefer wurzelnden Gemütsregungen. Lediglich die üblicherweise «lasse Narbe zwischen Nasenflügel und linkem Mundwinkel glühte hellrot und gab so etwas über den wahren Erregungs-
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zustand ihres Trägers preis. »Sir!« Ein Ortungstechniker hob die Hand. »Ein Spruch von der KARTHAGO!« »Öffnen Sie die Phase«, befahl McKinney so ruhig, als befände er sich auf einem belanglosen Empfang auf Terra. »Jawohl, Sir.« McKinney richtete seine Aufmerksamkeit auf den Hauptschirm, wo binnen Sekunden das Gesicht Major Eythan Farrs, des lederhäutigen Oberbefehlshabers der Flotte, überlebensgroß materialisierte - so wie auch in allen anderen Schiffszentralen des Verbandes. »An alle Einheiten!« kam die Stimme über die Lautsprecher. »Gehen Sie auf Nahbereichsortung. Ich wünsche ein lückenloses Suchraster. Jede noch so kleine Anomalie, jede noch so winzige Strukturerschütterung muß beachtet werden. Nichts darf unseren Scannern entgehen!« »Wir sind bereit, KARTHAGO...« Die Bestätigungen der anderen RaumschiffKommandanten liefen im Flaggschiff ein. In gewohnt rascher Folge... »KARTHAGO- verstanden.« Dann eine helle Stimme, von kaum unterdrückter Wut geprägt: »Bereit, KARTHAGO. Reißen wir ihnen den Arsch auf...!« McKinneys Brauen zuckten. Das war Lewis Cruiser, der ganz offensichtlich und für alle bemerkbar nach Blut lechzte. Verständlich, dachte McKinney. Und so wie er dachten viele der Männer und Frauen auf den Schiffen. Denn jedermann in der Flotte wußte, daß der Kapitän der SYRAKUS Cruisers bester Freund gewesen war. Aber jedermann wußte auch, wie Eythan Farrs Reaktion ausfallen würde. Das überlebensgroße Abbild des Majors runzelte die Stirn. »Hat man Ihnen den Verstand geklaut, Cruiser?« Farrs Stimme war kalt wie Eis. »Wir befinden uns im Krieg, Mann! Nicht auf einem privaten Rachefeldzug! Ich werde unter keinen Umständen dulden, daß unsere Mission durch die Eskapaden eines Einzelnen aufs Spiel gesetzt wird.
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Verstanden?« »Ich kenne meine Pflichten... Sir!« »Verstanden, Cruiser?« »Jawohl, Sir.« v »Habe Sie das wirklich?« Nur langsam verschwand Farrs Zorn aus seiner Stimme. »Ich will's mal so ausdrücken, Cruiser«, sagte er eine Spur versöhnlicher. »Ich brauche jeden erfahrenen Raumschiff-Kommandanten hier im ColSystem. Es wäre eine unangemessene Verringerung unserer Schlagkraft, wenn ich Sie zurück nach Terra schicken müßte, obwohl man sich dort für die - hm - Verstärkung dankbar zeigen würde, nachdem die Hälfte unserer gesamten Flotte hier patrouilliert. Der Stab will Sie hier dabei haben. Ich will Sie dabei haben, Cruiser. Reißen Sie sich also zusammen. Ich kann Ihnen versichern, daß die Spindeln für die Zerstörung unserer zehn Schiffe und für die Vernichtung Cattans bezahlen werden. Aber als Teil unserer Gesamtstrategie, nicht als Ergebnis eines privaten Rachefeldzugs. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?« »Überdeutlich, Major... Sir!« »Gut.« Die Bestätigungen aus den Leitständen der anderen TerraRaumer kamen ohne weitere Verzögerungen. Auf der SENTINEL blickte McKinney auf den Frontschirm. Der fünfte Planet - Hope - schwang eben backbord hinter dem Doppelstern hervor, eine tennisballgroße, gelbweiße Kugel, der man aus der Entfernung nicht die Auswirkungen des Infernos ansah, das ein einzelner Spindelraumer auf ihr verursacht hatte. McKinney kniff die Lippen zusammen, als er über das Vergangene nachdachte. Er spürte den übermächtigen Druck, der auf ihm - auf ihnen allen! - wie ein Berg lastete. Die Erinnerung an die vorausgegangene Schlacht im Weltraum schnürte ihm die Kehle eng. Die Abwehrschirme des Feindes waren weder durch massives Raptor- noch durch Pressorfeuer zu überwinden gewesen. Auch Drehstrahl hatte versagt. Bis Hilfe in letzter
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Minute über eine Quelle gekommen war, die sich als die POINT OF herausgestellt hatte. Wie Ren Dhark an die Daten gelangt war, war für die Besatzungen des Flottenverbands der TF nicht von Belang. Wichtig war einzig und allein die Tatsache gewesen, daß die Rechner der Waffenleitsysteme es unter Verwendung der neuen Daten plötzlich geschafft hatten, die zuvor unüberwindlichen gegnerischen Schutzschirme mit einem kombinierten Beschüß aus Raptor und Pressor aufzubrechen. Als der erste Spindelraumer zwischen den Bahnen des zwölften und dreizehnten Planeten in hyperenergetischer Glut vergangen war, hatten sich die restlichen Schiffe der G'Loorn fast fluchtartig in den Hyperraum zurückgezogen ganz offenkundig überrascht vom unerwarteten Erfolg der Gegenwehr. Und seitdem patrouillieren wir im Col-System, dachte Robert McKinney düster, seitdem ist jede Frau und jeder Mann an Bord darauf gefaßt, daß eine Flotte der G'Loorn auftaucht, um eine konzentrierte Attacke gegen das kontinentale Intervallum über Deluge zu fliegen - und gegen uns. Je länger dieses Warten noch andauert, desto nervöser werden wir... Er biß sich hart auf die Innenseite seiner Wange und spürte, wie Kälte seinen Rücken hinablief angesichts der Tatsache, daß niemand vorhersagen konnte, wann und mit welcher Stärke der nächste Angriff erfolgen würde - es konnte morgen sein oder erst in einem Jahr. Niemand - außer den G'Loorn selbst - wußte es... An Bord der POINT OF Professor Gerd Dongen erwachte von einer Sekunde zur anderen, öffnete die Augen und warf die leichte Decke von sich. Vermeintlicher Sonnenschein strömte durch ein vermeintlich halb geöffnetes Fenster. Exotische Vogelstimmen erfüllten die Luft, und eine melodische Frauenstimme wünschte ihm einen wunderschönen Morgen...
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Dongen erinnerte sich, daß er dem Weckprogramm aufgetragen hatte, ihn mit dieser morgendlichen Sequenz zu wecken. Das tat es auch - egal, ob es sich um die länger dauernde Nachtruhe oder nur um ein kleines Nickerchen handelte, wie es sich Dongen gerade für eine knappe halbe Stunde geleistet hatte. Er knurrte: »Schluß der Vorstellung. Programm Ende!« Das Sonnenlicht verschwand. Die Vogelstimmen verstummten. Ebenso die sanfte Frauenstimme. Das leise Hintergrundmurmeln eines imaginären Baches degenerierte zum Summen der Kabinenklimatisierung, als das Programm der Wirklichkeit wich. Eine Wirklichkeit, die sich POINT OF nannte. Gähnend richtete Dongen sich vollends auf. Der Monitor über der Tür sprach an. »Ja?« Dongens Stimme aktivierte den Sichtmodus. Ralf Larsen blickte auf ihn herab. »Professor. Wir sind in etwa dreißig Minuten soweit. Ich dachte mir, daß Sie gerne dabei sein möchten. Oder sollen wir ohne Sie beginnen...?« »Unterstehen Sie sich.« Dongen lächelte. »Danke, daß Sie mich geweckt haben. Ich werde gleich drüben sein.« Minuten später betrat Dongen die Zentrale der POINT OF, einen Schnelldurchlauf der Hygienezelle hinter und eine Menge Erwartungen vor sich. Er fühlte sich auf eine nicht erklärbare Weise unbehaglich und in hohem Maß irritiert. Noch immer gab es kein Lebenszeichen von Dhark und dessen Gruppe. Hinzu kam, daß ein für ihn und die anderen emminent wichtiges Experiment bevorstand - der Versuch, mehr über die rätselhafte Wirkungsweise der QUIET ZONE und ihren Einfluß auf die Intervallfelder herauszufinden. Erklärtes Ziel war es, in der >Stillen Zone< operieren zu können, ohne daß Intervallfeld und Sternensog sofort nach dem Eindringen kollabierten. »Schon mitten in der Arbeit?« Gerd Dongen grüßte in die Runde. Kontinuumexperte H. C. Vandekamp warf die Arme in die Luft und klagte übertrieben theatralisch: »Jemand hier an Bord muß die Arbeit ja machen. Während Sie sich noch in Ihren seidenen Kissen wälzten, habe ich mich um den Flash
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gekümmert.« Das Stimmengemurmel in der Zentrale der POINT OF ging um ein Paar Dezibel zurück. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden galt jetzt den beiden Kollegen, die sich gern wie Kontrahenten aufführten. Dongen nahm in einem der halbkreisförmig angeordneten Gliedersessel Platz und lächelte unverbindlich zu den nicht wirklich ernst gemeinten Vorwürfen seines Rivalen im positivsten Sinne. »Einmal davon abgesehen, daß ich nicht einmal weiß, wie sich seidene Kissen anfühlen - wenn ich nicht genau wüßte, daß diese physische Arbeit, denn auf die bezieht sich wohl Ihre Bemerkung, überwiegend von Technikern durchgeführt wurde, die auf Ihr Geheiß ohne Pause daran arbeiteten, dann - aber nur dann! - würde ich mich jetzt wohl betroffen fühlen. So aber...« Er hob im gespielten Bedauern die Schultern. Der Kontinuumexperte räusperte sich und wandte sich dem Ersten Offizier zu. »Larsen, sind wir soweit?« Ralf Larsen bewegte seinen Sitz etwas nach links in Richtung der Ortungskonsolen. Dort saß Tino Grappa vor den Ortungsinstrumenten »Tino...?« Der Mailänder hob die zur Faust geballte Rechte und streckte den Daumen nach oben. »Alle Systeme klar!« »Ausgezeichnet, starten wir die 028!« befahl Larsen. »Flash schleust aus«, sagte Grappa. Unverändert stand die POINT OF an der Grenze zur QUIET ZONE. Sie hatte diese Warteposition seit ihrer Rückkehr von Coral's Stern nicht mehr aufgegeben. Die 028 verließ das Depot. Unbemannt. Via Gedanken Steuerung gelenkt, wie vorgesehen. Außerhalb der Ringraumer-Hülle beschleunigte das zirka drei Meter lange, zylindrische Beiboot und jagte in Richtung der QUIET ZONE .
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»Geschafft!« Grappa stieß einen lauten Seufzer aus, als die 028 den vorgesehenen Kurs wie an einer Schnur abspulte. »Abwarten«, klang die Stimme Vandekamps durch die Zentrale. »Noch sind wir nicht in der QUIET ZONE. Noch wissen wir nichts über...« »Meine Bemerkung bezog sich ausschließlich auf den Startvorgang«, unterbrach ihn Grappa süffisant. Vandekamp hüstelte leicht, während Gerd Dongen und vor allem Ralf Larsen unverblümt grinsten. Ein Techniker meldete an Tino Grappa, daß die Systeme der 028 in vollem Umfang funktionierten. Die Automatik des Ringraumers stimmte sich via Checkmaster darauf ab. Dann waren alle Parameter eingestellt, und es hieß abwarten. Wieder einmal. Wie schon so oft in der Vergangenheit... »Ich habe gar nicht gewußt, daß etwas so schrecklich langweilig sein kann«, klagte Leon Bebir auf dem Ko-Sitz laut in die Stille der Zentrale. »Was meinen Sie...?« Larsen sah flüchtig zu ihm hinüber. »Na, darauf zu warten, daß etwas geschieht!« Larsen schüttelte den Kopf. »Mann, Bebir! Seien Sie nicht so ungeduldig. Es ist doch erst ein paar Minuten her, seit die 028 den Hangar verlassen hat - und Sie verlangen schon Ergebnisse?« Larsen drehte seinen Sessel wieder in Richtung der Bildkugel. »Grappa?« Der Ortungsspezialist schüttelte den Kopf. »Zu früh, Sir. Das wissen Sie doch selbst. Ich...« »Schon gut.« Larsen winkte ab. »Sie informieren mich, sobald sich etwas ergibt. Üben wir uns in Geduld.« Auch die Wissenschaft übte sich in dieser Disziplin. Notgedrungen. Zu H. C. Vandekamp, Pal Hertog und Gerd Dongen hatte sich noch der Astronom Jerome Sheffield gesellt. Sein Kollege, Jens Lionel, zog es vor, im Astro-Lab zu bleiben und die Geschehnisse von dort aus zu verfolgen.
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Die Wissenschaftler hatten sich unter die Galerie zurückgezogen, um die Arbeit der übrigen ZentraleBesatzung nicht zu stören. Gegenstand ihrer Diskussion war die Gravitationskonstante im Innern der QUIET ZONE, deren physikalisches Anderssein gegenüber den Verhältnissen außerhalb dieser Sphäre nach Meinung Vandekamps -und noch einiger anderer an Bord - von den Schwerkrafteinflüssen der Black Hole-Schale verursacht sein könnte. Zwar hatte man, allen voran Vandekamp, schon ein paar marginale Erfolge bei der Erforschung der QUIET ZONE und ihrer Wirkung auf die Intervallfelder verbucht, aber der Durchbruch, der Schlüssel zum vollständigen Begreifen des Phänomens, stand noch aus. Da halfen auch die wiederentdeckten Berechnungen eines Teams von Astrophysikern der Princeton University nicht viel weiter, das zur Jahrtau send wende erstmals eine viertausend Lichtjahre breite Wolke aus Antimaterie im Kern der Milchstraße entdeckt hatte, die diesem Kern wie eine Fontäne entstieg. Jene Astrophysiker waren darauf bei Energiemessungen mit Hilfe eines Gamma-Strahlen-Observatoriums der NASA aufmerksam geworden. Antimaterie bestand aus Teilchen mit denselben Eigenschaften wie normale Materie, allerdings mit umgekehrter elektrischer Ladung. Ergebnis eines Katastrophen-Szenarios aus der Verschmelzung zweier Neutronensterne, die gleichsam die Kadaver von Sonnen sind und auch nach deren Tod fortbestehen. Am Ende eines langen, feurigen Lebens schleudert ein massereicher Stern in einer gewaltigen Explosion, die als Supernova registriert wird, fast seine gesamte Gashülle ins All hinaus. Von dem ausgebrannten Ball bleibt nur der innere Kern übrig, eine unvorstellbar hoch verdichtete Kugel - nur wenige Kilometer im Durchmesser, aber so schwer, daß ein Teelöffel Materie dieser Sternenleiche soviel wiegt wie ein ganzer Berg. Viele solcher Neutronensterne treten paarweise auf. Allein in der Milchstraße registrierten die Astrophysiker rund 30 000 dieser Zwillinge. Die Kolosse ziehen einander mit einer derartigen Kraft an, daß die Entfernung zwischen ihnen mehr und mehr schrumpft, wobei sie sich immer
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schneller umkreisen. Das geschieht zuletzt in der Größenordnung von eintausend Mal in der Sekunde. Das Ende ist ein stellarer Kannibalismus. Sobald die beiden Neutronensterne sich berühren, absorbiert der schwerere von beiden den leichteren restlos. Bei der Verschmelzung, die nur Sekundenbruchteile dauert, strahlt der Fresser eine gigantische, rund 20 Milliarden Grad heiße Lichtfackel aus Antimaterie ab, die alle Sterne im Umkreis überstrahlt. Nach der Mahlzeit ist er auf einmal so schwer geworden, daß er sich in ein Schwarzes Loch verwandelt. Die bei der Verschmelzung freigesetzte kosmische Antimaterie-Strahlung, so eine von Sheffields Mutmaßungen, könnte die energetischen Verhältnisse sowie die physikalischen Grundgesetze innerhalb der QUIET ZONE in ihr Gegenteil verkehrt haben. Aber diese Hypothese hatte sich mittlerweile als Trugschluß und Holzweg herausgestellt. Vandekamp hingegen war nie von seiner einmal vertretenen Meinung abgewichen, daß das in seiner Struktur unbegreiflich veränderte Raum-Zeitgefüge innerhalb der QUIET ZONE mit den Black Holes zusammenhängen müsse. Und schließlich war es ihm mit Hilfe des Checkmasters tatsächlich gelungen, eine veränderte Gravitationskonstante innerhalb der Schale nachzuweisen, was seine Hypothese untermauerte. Die endgültige Richtigkeit seiner Theorie sollte der Testflug der 028 unter Beweis stellen. Vorsichtig hatte man den künstlichen Mimweltraum des Beibootes in seinem Energiefluß an die Gravokonstante der QUIET ZONE angeglichen... Unvermittelt meldete der Checkmaster: Achtung, erste Flugdaten! Larsen bestätigte. Seine Finger tanzten über die Kontrollen der Kommandokonsole. In der Bildkugel konnten alle, die entsprechend bewandert waren, die ersten Dateneinblendungen ablesen. Professor Dongen lehnte sich in seinem Sitz zurück. Wenn er den Blick hob, spürte er die Faszination dessen, was er zu sehen bekam: In der Bildkugel, die über der zentralen
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Steuerkonsole schwebte, zeigten sich Sterne. Hundert tausende... Millionen von Sternen. Ein wahrer Dschungel. Ein Meer aus dicht zusammengedrängten Sonnen aller Spektralklassen, daneben Dunkelwolken und geheimnisvoll glühende Nebel! Der Checkmaster der POINT OF mit seiner noch immer nicht ausgeloteten Kapazität lieferte gestochen scharfe 3-DBilder des Alls sowie eine zusätzliche virtuelle Simulation. »Ist es nicht faszinierend, Professor, dieses Szenario Schwarzer Löcher, die sich wie eine löchrige Schale um das Zentrum der Milchstraße erstrecken und uns den Blick auf das noch tiefer liegende Herz der Galaxis trüben?«. »Das ist es«, bestätigte Dongen die mehr rhetorische Bemerkung Sheffields, der fortfuhr: »Wenn man bedenkt, wie vertraut uns heute das Konzept des Schwarzen Loches ist, vermag man kaum zu glauben, daß es noch vor hundert Jahren nur als vage und strittige Modellvorstellung in den Köpfen von Astrophysikern und Astronomen herumspukte. Wenn das, was wir heute mit eigenen Augen sehen dürfen, schon Männern wie Einstein und Chandrasekhar, Landau oder Hewish zuteil geworden wäre...« »Oder Wissenschaftlern wie Penrose, Wheeler und Schwarzschild«, warf Hertog ein. »Auch Oppenheimer sollte man nicht vergessen.« »Früher galt es als unmöglich, die materielle Existenz Schwarzer Löcher zu beweisen«, referierte Jerome Sheffield erneut, »da Schwarze Löcher definitionsgemäß ja kein Licht emittieren. Außerdem sind Schwarze Löcher stellaren Ursprungs so winzig - etwa fünfzehn Kilometer oder weniger im Durchmesser - und so unglaublich fern der Erde, der damaligen Beobachtungsplattform, daß sie bestenfalls als winzige dunkle Flecken am riesigen Firmament auszumachen waren. Damals war es kaum vorstellbar, daß man Schwarze Löcher jemals direkt beobachten könnte...« »Nun, das gelingt uns ja auch heute noch nicht«, warf Vandekamp ein, »es sei denn, wir würden direkt in eines hineinfliegen!« »Sind Sie sicher?« mischte sich Mike Doraner ein, der
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zufällig anwesend war und der Unterhaltung der Wissenschaftler mit offensichtlichem Interesse folgte. »Was ist mit all den schönen Aufnahmen von Schwarzen Löchern in den Sternkatalogen oder anderen Bildträgern?« »Sicher bin ich sicher!« erregte sich Vandekamp und schnappte hörbar nach Luft, da jemand es wagte, seine Kompetenz anzuzweifeln. Noch dazu ein Nichtwissenschaftler! »Damit will unser allseits verehrter Kontinuumexperte sagen«, erklärte Hertog gelassen, «daß wir nur die Auswirkung dessen sehen, was Schwarze Löcher verursachen.« »Wie soll ich das verstehen?« zeigte sich Doraner erstaunt. »Das hat etwas mit der Krümmung der Raum-Zeit in der Nähe einer sphärischen, unendlich großen Masse zu tun«, fuhr Hertog fort, während Vandekamp ostentativ schwieg. »Ein Schwarzes Loch ist eine Art bodenlose Grube in der Raum-Zeit. Die Krümmung in seinem Innern ist so stark, daß es alle dort befindlichen Objekte dazu zwingt, sich in spiralförmigen Bahnen auf sein Zentrum zuzubewegen. Aber nicht nur im Innern eines Schwarzen Loches haben wir es mit seltsamem Verhalten zu tun, sondern die unmittelbare Umgebung kann ebenfalls nicht als normal bezeichnet werden. Ein Schwarzes Loch verändert nämlich auch die Raum-Zeit in seiner Nachbarschaft. Es ist nichts anderes als eine unvorstellbar gigantische Schwerkraftfalle. Alle Materie, die den Weg dieses Molochs kreuzt, wird unweigerlich von ihm angezogen: Asteroiden, Planetoidenbrocken, Staub aus Dunkelwolken, Trümmer von kollabierenden Sternen, Riesenmengen gasförmigen Materials. Das alles wirbelt um das Schwarze Loch herum und bildet eine Wolke, die man als Akkretionsscheibe bezeichnet. Wenn sich nun diese Wolke von der Scheibe aus spiralförmig auf das Schwarze Loch zubewegt, erhitzt sie sich nach den Gesetzen der Thermodynamik und gibt etliches an Strahlung ab -sichtbare Strahlung. Jedenfalls so lange, bis die Wolke den Ereignishorizont überschreitet und die Gravitation nicht einmal mehr Licht entweichen läßt. Daß wir das Schwarze Loch trotzdem nicht mit
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unseren Augen sehen können - abgesehen bei Röntgenaufnahmen des Astro-Labs - liegt daran, daß die glühende Akkretionsscheibe alles überstrahlt. »Und wohin verschwindet der ganze Sternenmüll?« brachte Doraner die Problematik auf den Punkt. »Darüber sind auch heute noch die Meinungen geteilt. Manche vermuten, daß Schwarze Löcher Passagen in andere Universen darstellen, Sternentore, die in höherdimensionale Kontinuen oder in sonst vom normalen Universum isolierte Bereiche des Kosmos führen... Aber das wird so lange ungeklärt bleiben, bis jemand die Reise in oder durch ein Schwarzes Loch heil übersteht und davon berichten kann... Wie wäre es, möchten Sie es nicht versuchen?« »Brrr!« Mike Doraner schüttelte sich übertrieben. »Nein, danke, ich wüßte da etwas...« Er kam nicht dazu, den Satz zu vollenden. Der Checkmaster meldete: Achtung! Eintritt der 028 in den als QUIET ZONE definierten Bereich in zehn Sekunden! Die 028 näherte sich jener imaginären Grenze, die den Übergang zwischen der QUIET ZONE und dem normalen Universum markierte. Sobald man diese Schwelle überwand, das hatten Rul Warren und Mike Doraner mit der 023 bei ihrem Testflug in die Schale herausgefunden, erloschen Intervallfeld und Sternensog schlagartig. Ob es dieses Mal genauso ablaufen würde? Die Technik der Flash arbeitete einwandfrei. Noch war nichts wirklich Gravierendes zu vermelden. Eintritt! Ralf Larsen verfolgte die eintreffenden Daten aus dem unbemannten Beiboot und zugleich die Meldungen, die aus den einzelnen Stationen in der Zentrale ankamen. »Wie weit?« Es war Dongen, der die Frage an Larsen richtete. Der Interims-Kommandant überflog die von der Ortung überspielten Entfernungsangaben. »Zwei Billionen Kilometer - und zunehmend.« »Na«, kommentierte Leon Bebir respektlos, »dann wird es ihn ja jeden Moment erwischen.«
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Larsens Kopf ruckte herum. »Unken Sie hier nicht herum, Bebir. Kümmern Sie sich um Ihre Arbeit. - Grappa?« »Aufbau des Intervallums!« Der Checkmaster hatte den Vorgang per Gedankensteuerung animiert. »Intervallum steht, Kommandant. Es scheint stabil... oh, verdammt!« Grappa gab einen tiefen Kehllaut von sich. »Seht euch bloß das an!« Jeder in der Zentrale des Ringraumers sah in der Bildkugel, was er meinte. Übergangslos erschien weit vor der POINT OF eine blauweiß strahlende Miniatursonne im Weltraum - dort, wo gerade noch die Position der 028 markiert gewesen war! In der kleineren Bildkugel der Astro-Station erschien die Szenenwiedergabe im Röntgen- und Infrarotbereich, so daß die Energiestoßfronten, die vom Explosionspunkt aus ringförmig durch die QUIET ZONE liefen und großflächig deren Struktur erschütterten, klar auszumachen waren. Gleißende Helligkeit drang über das kugelförmige Hologramm der Bildübertragung in die Zentrale des Ringraumers, und so schnell, wie die Explosion aufgeflammt war, erlosch sie auch wieder. Auf den korrespondierenden Überwachungsmonitoren der Ortung zeigte sich Sekunden später nur noch binäres Schneegestöber. »Ich hab's geahnt«, flüsterte jemand. »Das war wohl ein Schuß in den Ofen«, meinte ein anderer entgeistert. Vandekamp machte erst ein verblüfftes, dann ein ungläubiges Gesicht. Schließlich, als ihm aufging, was gerade geschehen war, stieß er lauthals eine Reihe von Verwünschungen aus. Normalerweise war es nicht seine Art, aber jetzt konnte er sich kaum bremsen. Ein solches Desaster hatte er nicht erwartet. Zum Glück hatte sich niemand an Bord der 028 befunden! Hertog legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Nehmen Sie es nicht zu tragisch«, tröstete er den Wissenschaftler. »Es ist nicht Ihre Schuld. Sie haben gute
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Arbeit geleistet.« Vandekamp warf einen schiefen Blick zu Gerd Dongen. »Davon scheint hier nicht jeder überzeugt zu sein.« Der Wissenschaftler schüttelte den Kopf. »Unsinn!« stellte er mit Nachdruck klar. »Das bilden Sie sich nur ein. Es gibt immer wieder Rückschläge. Die ganze menschliche Entwicklung basiert auf einer ununterbrochene Kette von Irrtümern, Rückschlägen und erneuten Versuchen. Deshalb nennt man es auch...« »Evolution?« warf Mike Doraner ein. »Ganz recht!« bekräftigte Dongen mit einem offenen Lächeln. »Wie geht es nun weiter?« wollte Pal Hertog wissen, der das Ganze etwas nüchterner betrachtete. Im Gegensatz zu H. C. Vandekamp war er mehr der Pragmatiker, der nach einem Fehlschlag nicht die Schuld bei sich suchte, sondern einfach einen neuen Versuch nachschob. "Wir haben sicher ein paar Daten hereinbekommen, die wir verwerten, auf die wir aufbauen kön...« »Nein«, schnitt Larsen ihm das Wort ab. »Keine Einsätze mehr mit den Flash! Die sind viel zu wertvoll, um für unausgegorene Experimente herzuhalten!« »Aber wir haben doch...« »Nein!« wiederholte Ralf Larsen noch etwas schärfer. »Das Risiko ist zu hoch!« »Risiko hin, Risiko her«, meinte Hertog uneinsichtig. »Wenn wir nichts riskieren, werden wir auch nie Fortschritte erzielen.« »Im Augenblick«, sagte der Erste Offizier, »sehe ich keine Veranlassung, ein erneutes Wagnis einzugehen.« »Und was ist mit Dhark und den anderen?« warf Dongen ein. Larsens Miene verdüsterte sich. »Natürlich können wir Dhark und die anderen nicht unbegrenzt einem unbekannten Schicksal überlassen«, sagte er. »Aber wir brauchen einfach mehr gesicherte Erkenntnisse über die physikalischen Eigenschaften, die jenseits der Schale herrschen.« Er schwieg einen Moment. »Genau da sind Sie gefordert, meine Herren. Finden Sie einen Weg, der uns bei
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voller Manövrierfähigkeit hineinbringt! - Und damit Schluß der Debatte!«
4. Der Duck, den man >Donald< getauft hatte, befand sich noch immer in demselben isolierten Bereich der Medostation, in dem er bereits seit seiner Gefangennahme unter permanenter Beobachtung stand. Auch das modifizierte Amphi-Energiefeld hatte man belassen. Eine Vorkehrung, um diejenigen Besatzungsmitglieder der POINT OF zu beruhigen, die eine Gefährdung der Schiffssicherheit befürchteten. Viele glaubten allerdings nicht daran, daß von dem Wesen, das Chris Shanton im letzten Moment aus dem explodierenden Duck-Raumer über Coral Eins geborgen hatte, eine tatsächliche Bedrohung ausgehen konnte. Aber Glauben war eine Sache, Wissen eine andere. Und so blieb es bei der Abschottung. Für alle Fälle... Amye Shivaa saß seit Stunden jenseits der transparenten Barriere und wartete auf eine Regung des Duck. Anonga hatte sich für eine kurze Ruheperiode zurückgezogen. Sein Gesicht war durch die ständige Anspannung bei der Arbeit mit dem Duck schon ganz wächsern gewesen. Donald, der Duck... Eine höchst irdische Wortspielerei für ein ganz und gar fremdartiges Lebewesen. Das äußere Erscheinungsbild des kleinwüchsigen Geschöpfes wirkte beinahe grotesk zusammengewürfelt: Kugelkörper, kurze Beine mit - es gab keine treffendere Entsprechung als dieses Wort Entenfüßen. Der Pilzkopf mit den vier rundum angeordneten Augen verfügte über zwei Mundöffnungen. Ein nasenähnliches Sinnesorgan ließ sich nicht erkennen. Ebensowenig wie geschlechtsspezifische Merkmale. Nicht einmal, ob es sich um ein männliches oder weibliches Wesen handelte, wußte man bisher sicher zu sagen, obwohl man aus rational nicht belegbaren Gründen eher geneigt war, zu ersterem zu tendieren.
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Die beiden Armpaare hatte er - in einer Geste der Resignation? -im Schoß verschränkt und aufgestützt. Der Raum, in dem er sich befand, war, abgesehen von ein paar Sitzgelegenheiten und einem Monitor, leer. Der Duck hatte sich, nachdem man ihn in diese Quarantänekammer gesteckt hatte, auf einem Polster niedergelassen, die Augen geschlossen und seither kaum wieder gerührt. Die Untersuchungen mit den Einrichtungen der Medostation, die von Anonga unter den wachsamen Augen bewaffneter Besatzungsmitglieder durchgeführt worden waren, hatten nichts Aufsehenerregendes ergeben. Der Duck war ein Warmblüter. Sein Metabolismus funktionierte ähnlich dem der Menschen. Falls er überhaupt irgendwelche Bedürfnisse hatte, ließ er sie nicht nach außen dringen. Seine konsequente Nahrungsverweigerung führte dazu, daß seine Lebenszeichen permanent schwächer wurden. »Na, wie fühlen wir uns denn heute?« murmelte die 36jährige Marsgeborene. Wie fühlen wir uns denn heute? Der Checkmaster projizierte Amye Shivaas Worte ins Gehirn des Ducks und versuchte ihn dahingehend zu beeinflussen, daß er in die Lage versetzt wurde, zu verstehen, was man von ihm wollte. Natürlich auch mit dem Hintergedanken, den Extraterrestrier auf diese Weise zu zwingen, etwas von dem preiszugeben, was in seinem Innern vorging - vorgehen mußte. Mit welcher Intensität der Checkmaster dies tat, verspürte die Marsianerin am eigenen Leib: In ihrem Hinterkopf entwickelte sich ein feiner, pochender Schmerz. Mehr lästig als wirklich schmerzhaft, aber bestens dazu geeignet, ihre Konzentration zu beeinträchtigen. »Wer bist du?« Diesmal flüsterte Amye Shivaa nur noch. »Rede mit mir!« Wieder dieses leichte Ziehen im Hinterkopf. Sie atmete tief durch. Setzte neu an...
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»Rede mit -« ... und verstummte. Der Duck bewegte sich plötzlich. In einer Geste, die Erschöpfung oder Verzweiflung auszudrücken schien, beugte er sich langsam nach vorn und legte den Kopf in die Greifwerkzeuge des oberen Armpaares. Es war eine so menschliche Geste, daß die Frau für einen Augenblick den Atem anhielt. Dann reagierte sie. Ihre Hand drückte einen Kontakt auf der Konsole vor ihr. Anongas Gesicht erschien auf der kleinen Bildscheibe. Mit wirrem Haarschopf und dunkel geränderten Augen blickte er sie an. Ihr Alarm hatte ihn aus einem kurzen Schlummer gerissen. »Ja...?« »Er bewegt sich«, sagte Amye Shivaa. Anonga beugte sich soweit vor, bis nur noch seine Augen von der Aufnahmeoptik erfaßt wurden. »Er macht was?« »Er bewegt sich«, wiederholte sie. Anonga fuhr sich durchs Haar. »Informieren Sie die anderen. Ich bin gleich bei Ihnen...!« »Kommen Sie - schnell!« Amye Shivaa winkte den Männern zu, die gerade um die Ecke des gekrümmten Korridors bogen. Zu Anonga hatten sich noch Ralf Larsen, Professor Dongen und Pal Hertog gesellt. Überhastet betraten sie die Medostation der POINT OF. Der Duck hockte noch immer auf seinem Sitz. »Also. Was gibt es Neues über - hm - Donald zu berichten?« Ralf Larsen blickte fragend in die Runde. Amye Shivaa strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Dann schilderte sie in knappen präzisen Worten ihre Eindrücke während der Sitzung mit dem Duck. »Ich verstehe nicht«, schloß sie den Bericht, »was seine Reaktion bedeutet. Vielleicht ist er bereit, mit uns zu kooperieren?« Dongen warf ihr einen forschenden Blick zu. »Wie kommen Sie denn darauf?« »Es ist nur eine Vermutung.« Sie zuckte die Schultern.
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»Wirklich nur eine Vermutung, oder haben Sie einen konkreten Hinweis?« Sie wehrte ab. »Er reagierte einfach auf meine Bitte, mit mir zu reden...« »Via Checkmaster formuliert?« »Natürlich!« »Wie hat sich das bemerkbar gemacht?« »Was meinen Sie?« »Versetzte Ihre Befragung ihn in Angst? Hat sie ihn aufgeregt?« Shivaa schüttelte langsam den Kopf. »Seine Reaktion war unspezifisch. Keiner Norm zuzuordnen. Er reagierte eben so.« »Niemand reagiert nur einfach so!« Amye Shivaa zeigte ein schwaches Lächeln. »Er vielleicht schon.« »Ich reagiere auch bisweilen einfach nur so«, meinte Pal Hertog versonnen. »Dazu brauche ich nicht einmal den Checkmaster.« Das kurze Gelächter, das seine Bemerkung auslöste, wirkte auf gewisse Weise entspannend. Shivaa blickte auf die Uhr. »Der Tag ist fast um«, sagte sie. »Machen wir weiter, oder lassen wir es für heute gut sein?« Larsen blickte mit gerunzelten Augenbrauen auf den Duck, der inzwischen seine alte Haltung wieder eingenommen hatte, mit gekreuzten Beinen und in den Schoß gelegten Händen. »Ich bin mir sicher«, murmelte Larsen, »er weiß, was vorgeht. Auf irgendeine Art und Weise versteht er uns, und er scheint sich für etwas Bestimmtes zu interessieren.« »Wenn Ihre Vermutung stimmt, wird es auch eine Möglichkeit geben, mit ihm in Kontakt zu treten«, sagte Anonga. »Also machen wir weiter?« Larsen nickte. »Sie machen weiter!« Nachdem sie wieder allein mit dem Fremden war, stellte die Marsgeborene von neuem die Verbindung mit Gedankensteuerung und Checkmaster her. Rede mit mir! dachte sie intensiv. Und wieder: Rede mit mir...
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Stunden später hatten sich die anderen ein weiteres Mal bei Amye Shivaa und dem Duck eingefunden. Larsen stellte sich neben die Frau. »Ich hoffe, es handelt sich nicht wieder nur um einen blinden Alarm.« Sie erwiderte nichts. Hertog trat erregt hinzu. »Er reagiert erkennbar. Ich bin sicher, daß er seine Lage beurteilen und einschätzen kann. Vielleicht hat er endlich eingesehen, daß er keine Chance hat, wenn er gegen uns arbeitet - nur mit uns.« Zermürbt vom ständigen telepathischen Bombardement der Gedankensteuerung in Verbindung mit dem Checkmaster schien der Widerstand des Ducks zerbrochen zu sein. Er hob den Kopf, starrte durch die transparente Abschirmung auf die Menschen der POINT OF. WAS WOLLT IHR? Die Schrift erschien auf dem bereitgestellten Monitor. »Informationen«, erwiderte Amye Shivaa. Der Duck hatte seinen Widerstand aufgegeben, was bedeutete, daß sein Geist offen war, um dem Checkmaster einen telepathischen Zugang zu seinem Gehirn zu verschaffen. Ohne sein Wissen konnten so Informationen abgezapft werden, auch wenn er die nicht preisgeben wollte. Und so war es. Während Amye Shivaa mit dem üblichen Frage/AntwortProzedere begann, empfing der Checkmaster auch die gesamte Gedanken-Peripherie, die sich um den Fragekomplex erstreckte. Auf einem externen Monitor ließ der Checkmaster die Informationen abrollen, die er aus dem Duck holte, während er auf einer anderen Ebene normal über Gedankensteuerung mit ihm kommunizierte. Larsen beugte sich zu Shivaa hinab. »Sukooren«, wisperte sie. Ihre Augen verfolgten gebannt die Interpretationen des Checkmasters, die dieser aus den Gedanken des Duck generierte und auf dem Schirm abrollen ließ. »Es ist der Name ihres olkes. Sie sind Vasallen der... der G'Loorn! Sie - sie durchkämmen in deren Auftrag die Galaxis, um überall Stichproben intelligenten
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Lebens zu nehmen. Dabei sind... sind bestimmte Kriterien zu erfüllen...« Sie unterdrückte ein Würgen. »Sie sind wie Viehhändler, die übers Land fahren und die Qualität der zu kaufenden Ware begutachten. Um Himmels willen, was sind das für Fieslinge!?« »Lassen Sie den Checkmaster nach den Koordinaten des Heimatsystems der Sukooren fragen.« Wieder rollten neue Zeilen über den Schirm Larsen wandte sich der Bordsprechanlage zu, über die er Verbindung zur Zentrale hielt. »Bebir!« »Chef?« »Wie sieht es oben aus?« »Wir erhalten gerade die Daten des Ducks. Sheffield nimmt sich des Problems der Koordinaten an.« »Und - kann er schon was sagen?« Bebir wiegte den Kopf. »Er meint, daß es Koordinaten innerhalb der QUIET ZONE sind.« »Verdammt! Und wir haben noch keine Möglichkeit, dort hinein zu fliegen...« Larsens Körper wirkte angespannt, fast verkrampft. Langsam richtete er sich auf. Shivaa sah zu ihm auf. »Trotzdem: Die Arbeit mit dem Checkmaster hat sich gelohnt. Ich...« Sie brach mit ungläubigem Blick ab. »Seht... seht doch!« flüsterte sie und verfolgte wie gebannt, was hinter der transparenten Absperrung der Medostation vorging. Der Duck hatte sich völlig überraschend erhoben und watschelte langsam durch den Raum auf die Absperrung zu. REDE MIT MIR! Die Schrift auf Amyes Monitor war so überraschend, daß die Menschen zunächst gar nicht begriffen, was sich da abspielte. Mit wem suchte der Duck jetzt Kontakt aufzunehmen? Und als ihnen aufging, was er zu tun beabsichtigte, war es fast zu spät. »Mein Gott!« Fassungslos schüttelte Hertog den Kopf. »Er versucht mittels Checkmaster die Gedankensteuerung für sich zu nutzen!« Aber da brach das Chaos bereits über die POINT OF
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herein. Ein harter Ruck erschütterte den Ringraumer, und für den Bruchteil eines Augenblicks schien es, als ginge alles in den freien Fall über. Amye Shivaa schrie gellend auf. Ihr drehte sich der Magen um und sie glaubte, wie ein Stein aus großer Höhe zu stürzen. Dann setzten die Andrucksabsorber wieder mit Macht ein, erzeugten jedoch Schwerkraftfelder, die über ein normalverträgliches Maß hinausgingen! Shivaa kippte zu Boden, traf mit dem Gesicht voran auf und konnte nur im allerletzten Augenblick die Hände zwischen sich und den Boden bringen, um Schlimmeres zu verhindern. Die POINT OF brach seitwärts aus. Trotz der Supertechnik der Mysterious kamen die enormen Scherkräfte durch, wenn auch um den Faktor zigtausend abgeschwächt. Aber der verbleibende Rest genügte, um jeden, der noch stand, von den Beinen zu stoßen. Ralf Larsen wurde von einer unsichtbaren Faust getroffen, die ihn gegen die Wand der Medostation schleuderte. Die enorme Wucht des Aufpralls verdrehte ihm die Schulter. Noch während er vor Schmerz aufstöhnte und an der Wand entlang zu Boden glitt, registrierte er wie in einer Zeitlupen-Sequenz, was weiter um ihn herum geschah. »Was ist denn los bei euch?« schrie Miles Congollon verärgert aus dem Maschinenraum. Die Bordsprechanlage übertrug seine Stimme ins ganze Schiff. »Mir fliegen gleich die Konverter um die Ohren! Unternehmt etwas, verdammt nochmal!« »Ich kann diesen Kahn nicht halten!« Das war Leon Bebir aus der Zentrale. »Himmel, welcher Idiot treibt da Spielchen mit dem Checkmaster?« Das Astro-Lab bat um Aufklärung, warum ihnen jemand den Zugriff auf ihre Checkmaster-Partition blockierte? Und in der Quarantänestation klammerte sich der Sukoore mit allen sechs Gliedmaßen an seinen Sitz, völlig in die geistige Zwiesprache mit Gedankensteuerung und Checkmaster vertieft. Die Störmeldungen aus allen Bereichen des Schiffes
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überschlugen sich. Erst eine kurze Periode relativer Ruhe verschaffte der Medostation eine kleine Atempause. »Phpbos und Deimos«, keuchte Shivaa erstickt, »seine Manipulationen dienen offenbar dazu, die POINT OF in seine Gewalt zu bringen!« »Vielleicht lag das schon die ganze Zeit in seiner Absicht, und er hat uns nur hingehalten«, murmelte Hertog, der sich mit wachsbleichem Gesicht an eine Konsolenverkleidung klammerte Ralf Larsen erhob sich ächzend auf die Knie. Er schmeckte Blut auf der Zunge, weil er sich bei seinem Sturz auf die Lippen gebissen hatte. Dann kam er mit einem Ruck auf die Beine. »Ich werde dem Spuk ein Ende setzen«, knurrte er wild und schob sich zur Tür, die in den Isolationsbereich führte. Er griff nach oben und fuhr mit der Hand über den Sensorschalter. Das transparente Hindernis hätte jetzt eigentlich zur Seite gleiten müssen, doch die Tür bewegte sich nicht. »Verdammt!« explodierte Larsen. »Er hat den Zugang gesperrt, deaktiviert, außer Kraft gesetzt.« Er überlegte kurz. Dann wandte er sich in Richtung einer der Verbindungsstellen zur Bordsprechanlage. »Bebir!« »Chef?« Leon Bebirs schweißüberströmtes, angespanntes Gesicht blickte von der Bildscheibe. »Haben Sie noch Zugang zum Checkmaster?« »Eingeschränkt, ja.« »Wie sieht es mit den Türcodes der Medostation aus?« »Sekunde...«, er sprach kurz mit jemandem außerhalb des Erfassungsbereichs der Aufnahmeoptik. »Was ist?« drängte Larsen. »Kein Problem. Kann ich beeinflussen.« »Dann tun Sie das! Worauf warten Sie denn noch?« Einen Lidschlag später fuhr die Trennwand fauchend zur Seite. Larsen stürzte mit gezogenem Paraschocker in den Raum. Und schoß... Mit einem kreischenden Laut brach der Duck zusammen.
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Ein Ruck, der die POINT OF durchlief, schleuderte ihn die entlegendste Ecke, wo er seltsam verkrümmt liegen blieb. Anonga folgte Amye Shivaa in den Raum und schob Larsen zur Seite, dessen Hand noch immer den Schocker umklammert hielt. Neben dem Sukooren kniete Anonga nieder. Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten. Schließlich erhob sich der Arzt wieder. »Er ist tot«, sagte er. »Sein ohnehin geschwächter Metabolismus hat den Betäubungsschock nicht verkraftet...« »Verdammt!« brach es aus Ralf Larsen heraus. »Das habe ich nicht gewollt...« Von den Decks und Stationen der POINT OF kamen inzwischen wieder Klarmeldungen. »So wie es vielleicht auch nicht in Donalds Absicht gelegen hat, uns wirklichen Schaden zuzufügen«, meinte Amye Shivaa leise und starrte auf den kleinen Körper, der mit verdrehten Gliedmaßen wie eine achtlos weggeworfene Stoffpuppe in der Ecke des Quarantäneraumes lag. »Was weder bewiesen noch widerlegt werden kann«, erwiderte Anonga. »Jetzt nicht mehr. Vielleicht wollte dieser Duck nur sein Leben retten. Die Beeinflussung der Gedankensteuerung sah er wohl als seine letzte Chance an. Dummerweise - und zu unserem Glück -kam er mit dem Checkmaster überhaupt nicht zurecht. Deshalb brach hier an Bord das kurzzeitige Chaos aus...« »Fakt ist jedenfalls«, warf Gerd Dongen ein, »daß er früher oder später aufgrund seiner sturen Nahrungsverweigerung wahrscheinlich ohnehin an Entkräftung gestorben wäre!« »Was nichts daran ändert, wie ich mich jetzt fühle«, meinte Larsen. »Sie können sich nicht für alles verantwortlich fühlen«, beharrte Dongen. Larsen nickte verhalten. »Vermutlich haben Sie recht. Trotzdem brauche ich etwas Zeit, um das zu verdauen.« »Wir haben aber keine Zeit«, stellte Pal Hertog ebenso ruhig wie kategorisch fest. »Immerhin hat Donald uns etwas hinterlassen: Einmal kennen wir nun definitiv die Rolle, die sein Volk in der Nahrungskette der ominösen
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G'Loorn spielt, und zum zweiten die Position seines Heimatsystems!« »Was ungeheuer hilfreich ist«, griente Dongen. »Es liegt innerhalb der QUIET ZONE !« »Und ist somit für uns vorläufig unerreichbar«, unterstrich Larsen. Er musterte die beiden Wissenschaftler lange Augenblicke und sagte dann schleppend: »Es hilft nichts, meine Herren. Sie müssen Ihre Bemühungen verdoppeln, was sage ich - verdreifachen. Es muß ein Weg gefunden werden, um überlichtschnell in der manövrieren QUIET ZONE zu können, ohne daß es die POINT OF zerlegt...!«
5. Ren Dhark kam übergangslos wieder zu sich und hatte dabei das Gefühl, als würde ihm langsam eine mit Nadeln durchsetzte Decke vom Leib gezogen. Er zitterte und schwitzte. Ohne genau zu wissen warum, erfüllte ihn tiefer Zorn. Um ihn war Dunkelheit. Wieviel Zeit vergangen war, seit ihn diese unbegreifliche Kraft aus dem All gepflückt hatte, konnte er nicht sagen. Vielleicht zehn Minuten, vielleicht eine halbe Stunde - vielleicht auch viel länger. Er saß zusammengesunken in seinem Sitz und begriff noch immer nichts. Er saß...? Seine tastenden Fingerspitzen fühlten kühle Glätte. Aber ja, er saß auf einer glatten, metallenen Unterlage! Überrascht und in höchstem Maße beunruhigt stellte er fest, daß er keinen Raumanzug mehr trug, sondern nur noch die Bordkombination. Wer hatte den M-Anzug entfernt? Dhark stellte diesen Punkt zunächst einmal beiseite. Er war im Augenblick nicht so relevant. Wichtiger schien ihm die Frage zu sein, wo er hier war. Wieder versuchte er, sich zu erinnern. Den letzten klaren Augenblick hatte er inmitten seiner Leute gehabt, treibend im Raum innerhalb der QUIET
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ZONE. Als noch einmal Hoffnung aufgeflackert war, nachdem erkennbar geworden war, daß sich ein Schiff näherte. Diese Hoffnung hatte sich grausam in ihr Gegenteil verkehrt. Die Stimmung in der Gruppe hatte zwischen Enttäuschung, Wut und Verzweiflung geschwankt. Enttäuschung, weil es ihnen trotz intensivster Anstrengungen nicht gelungen war, etwas in der QUIET ZONE zu bewegen. Wut, weil der G'Loorn im Spindelraumer sich ihren Bemühungen, Informationen über sein Volk und die Lage seines Heimatsystems zu erhalten, dadurch entzogen hatte, daß er sich in einem nicht nachvollziehbaren Akt selbst getötet hatte. Verzweiflung, nicht so sehr über das eigene Scheitern, sondern weil der Tod des hybriden Außerirdischen den Wert der ganzen Gefahren und Ängste, der Anstrengungen und Entbehrungen der letzten vierundzwanzig Stunden im nachhinein auf Null herunterfuhr... Die ganze Skala menschlicher Empfindungen hatten sie durchlebt - hatte er durchlebt. Und was war letztendlich daraus geworden? Er war gefangen. In einem Kerker, an einem unbekannten Ort! Seine Gedanken liefen auf Hochtouren. Wie war er eigentlich in diese verzweifelte Lage gekommen? Und wie, zum Teufel, sollte er diesmal einen Ausweg finden? Es fiel ihm keine Antwort ein. Wie groß der Raum wohl war, in dem er sich befand? »Hallo!« sagte er, weil ihm im Augenblick nichts besseres einfiel. Seine Stimme klang fremd und gedämpft. Sie versickerte förmlich in der Dunkelheit. Keine Wand reflektierte sie, warf sie zu ihm zurück. Es schien ihm, als befände er sich im Mittelpunkt eines schallschluk-kenden Raumes. Von allen Seiten gleich weit entfernt. Orientierungslos. Bezugslos. Plötzlich dämmerte es ihm.
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Null-Umwelt... Das mußte es sein! Er erinnerte sich an Experimente, die zur Jahrtausendwende auf der Erde entwickelt worden waren. Die Forscher hatten damals zuerst mit jungen Hunden experimentiert, die von Geburt an in einer Null-Umwelt aufgewachsen waren. Die ersten sechs Wochen nach der Geburt hatte man sie in völliger Dunkelheit gehalten, bei konstanter Temperatur und konstanter Stille. Dann hatte man sie plötzlich in die Wirklichkeit des Lebens versetzt. Und sie hatten sich ganz merkwürdig benommen... Sehen hatten sie zwar können, denn ihre Augen reagierten auf Licht. Aber sie hatten ihre visuellen Eindrücke nicht arrangieren können, waren ungebremst gegen Wände gelaufen und ähnliches mehr. Sie hatten einfach nicht begriffen, was Sinnesreizung bedeutete...! Später, viel später waren Versuche an Menschen gemacht worden. Menschen, deren Sinne von allen Reizeinflüssen der Umwelt isoliert worden waren! Dazu hatte man die Versuchsperson in einen schalldichten Raum gesteckt, ihr Pappröhren über Arme und Beine gestülpt, damit sie nichts fühlen, die Augen verbunden, damit sie nicht sehen und die Ohren verstopft, damit sie nichts hören konnte. Und so hatte sie eine Zeitlang zubringen müssen. Nach wenigen Stunden bereits hatten sich die Versuchsobjekte ausgesprochen seltsam verhalten. Allerdings, so glaubte er sich schwach zu erinnern, hatten die Experimente nicht die erhofften Resultate erbracht. Es hatte sich zwar eine erhöhte Beeinflußbarkeit und Fügsamkeit bei den Probanten gezeigt, aber von einer wirklich gezielten Beeinflussung war man weit entfernt gewesen... Aber auch hier schien ihn jemand zu testen! Wer immer in der Lage war, ihn, Dhark, aus einer Gruppe von Menschen im Weltraum herauszugreifen und ihn irgendwohin zu transportieren - der verfügte gewiß noch über wesentlich probatere Mittel und Wege. Dhark lachte verkrampft in die Dunkelheit. Kein Oben,
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kein Unten, kein Sinnesreiz. Nichts zu hören, zu riechen, zu sehen, zu fühlen. Doch, halt, das stimmte nicht ganz - er fühlte. Seine Finger glitten über die stumpfe Oberfläche des Möbelstückes, auf dem er saß! Er spannte die Arme gegen den Druck des ihn fesselnden Kraftfelds, bis sie schmerzten. Dabei zwang er sich, auf das Gefühl in seinen Händen zu achten. So verging eine beträchtliche Spanne Zeit... Dann merkte Dhark plötzlich, daß seine Hände und Beine frei waren. Irgend jemand hatte das Kraftfeld deaktiviert. Er hatte zwischenzeitlich wohl geschlafen oder das Bewußtsein verloren. Er erinnerte sich nicht. Er wollte aufstehen, sich bewegen, umhergehen, aber er hatte Scheu vor der Schwärze, die ihn wie ein Mantel umgab. Er würde die Orientierung verlieren, sicher würde er das. Deshalb redete er sich ein: Ich bin in einem kleinen Raum. Da draußen ist das medizinische Labor der POINT OF, und Anonga hält mich unter Quarantäneverschluß. Es gibt eine Tür hinaus in das Labor, ich muß nur aufstehen und hinausgehen. Die Tür ist hier vorn. Vorn! Nein, hinten! Aber wo - ist hinten... ? Er seufzte, weshalb sollte er sich mit diesem Problem befassen? Er versuchte, sich zu entspannen. Er mußte ja nur abwarten, bis sie ihn holten. So einfach war das. Aber sein ganzes Kartenhaus stürzte mit Getöse in sich zusammen, als Licht aufflackerte und sichtbar wurde, wo er sich wirklich befand: In einem großen, runden, spärlich beleuchteten Raum ohne nennenswerte Einrichtung, wenn man von den Leuchtplatten an der gewölbten Decke absah. Für einen Moment hielt Dhark den Raum für leer. Doch als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, sah er eine Estrade, auf der in einem thronartigen Gebilde eine riesige schwarze Gestalt hockte, die er nur zu gut kannte. Ein G'Loorn! Dhark starrte auf den Außerirdischen. Seine Gedanken
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rotierten. Du hast eine bemerkenswerte Gabe, von einer Katastrophe in die nächste zu stolpern, meldete sich wieder die eine Zeitlang stumm gewesene Stimme in seinem Kopf. Dhark lachte rauh und begrub den hämischen Schwätzer tief in den Abgründen seines Geistes. Noch immer hing sein Blick gebannt an dem Außerirdischen. Ein leises Schaben und Scharren ertönte, als der G'Loorn sich auf seinem Thron bewegte. Die kammbesetzten Gliedmaßen falteten sich neu. Die Mandibeln klickten. Fühler vibrierten in Dharks Richtung. »Sehr beruhigend ist dein Anblick ja gerade nicht«, murmelte Dhark und wappnete sich insgeheim gegen alle erdenklichen Schrecken. Irgend etwas tat sich. Ein Druck begann auf seinem Gehirn zu lasten. Wieder drang eine Art von... Präsenz... mit der Schärfe kalten Stahls in ihn ein. Dhark keuchte erstickt auf, als er die Kälte spürte, die in seinen Erinnerungen aaste bis in die verborgensten Winkel. Er schüttelte den Kopf, als könnte ihn das von der Aufdringlichkeit des G'Loorn befreien. »Irgendwie kannst du meine Gedanken lesen«, artikulierte er mit rauher Stimme. Die Präsenz verließ ihn wieder, ebenso das Gefühl scharfer Kälte. Der monströse Schädel neigte sich und sah auf Dhark herab. Der fremden, insektoiden Physiognomie waren Gefühlsäußerungen wie Freude, Haß und Trauer, Wut und Zorn oder Gleichgültigkeit nicht anzusehen. Die ganze Palette menschlicher, nein, humanoider Artikulation von Gemütszuständen fehlte dem G'Loorn gänzlich. Trotzdem: Die Art, wie er den schrecklichen Insektenschädel hin und her bewegte, erinnerte vertrackt an die Nachsicht, die eine überlegene Rasse einer unterlegenen entgegenbringen mochte. »Ich habe dich gerettet.« »Aber nicht weil du mich magst«, antwortete Ren Dhark mechanisch - und verstummte verblüfft, als ihm aufging,
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daß der G'Loorn zu ihm gesprochen hatte. Mittels desselben Übersetzungsfeldes, das - wenn auch wesentlich gewaltiger - in der Pilzstadt aktiviert gewesen war? Dort wie hier schien es, als würde jemand an der Justierung eines Geräts hantieren, um eine Sendung klarer und deutlicher zu empfangen - durch die Hintergrundkulisse von Lauten aus einer nichtmenschlichen Kehle. »Was ist das - >magst« »Damit bezeichnen wir Menschen einen Zustand gegenseitigen Vertrauens und der Freundschaft. Aber das wird für dich und deinesgleichen nicht relevant sein, so wie ich euch kennengelernt habe. Aber weil wir gerade dabei sind - was wurde aus meinen Gefährten? Leben sie noch?« Der G'Loorn ging nicht darauf ein. Statt dessen sagte er: »Freundschaft...« Die Mandibeln klickten eine Spur hektischer. »Ein merkwürdiges Gebaren eurer Spezies...«
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»Du weißt etwas darüber?« »Nur was ich in deinen Gedanken gelesen habe.«
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»Wenn das so ist, haben wir doch schon mal eine gemeinsame Basis«, murmelte Dhark. Es war schon merkwürdig, zum einen die wirkliche Sprache des G'Loorn zu hören - ein scharfes Zischen und abgehacktes Summen -und dazu, wie bei einer um Sekundenbruchteile nachhinkenden Simultanübersetzung, eine zweite, computererzeugte Stimme, die verständlich redete. Ob auf diesem Weg nicht nur ein Verstehen, sondern letztlich doch noch eine Verständigung mit ihnen möglich sein würde? Vielleicht erwies sich das Eindringen in die QUIET ZONE doch noch als Erfolg? »Mit den G'Loorn gibt es keine Verständigung«, zischte der Außerirdische auf seinem Thron. Die Art, wie er die gebogenen Kiefer verzog, erinnerte fatal an Abscheu, an Feindschaft. »Es war ein Fehler«, fuhr er rasselnd fort, »in die Chronosphäre einzudringen.« Chronosphäre... ? War dieser Begriff das im Zentrum vorherrschende Äquivalent für QUIET ZONE? Vermutlich. Außerdem dämmerte es Ren Dhark, daß er es hier aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit einem G'Loorn von jener Art zu tun hatte, wie er ihr in den Ruinen von World City oder im >Schlachthaus< der Pilzstadt der Namenlosen Welt begegnet war. »Du bist kein - G'Loorn?« Der Außerirdische fauchte und richtete sich zur vollen Größe auf. Tentakel schwirrten durch die Luft. Die mit zahnkammartigen Auswüchsen versehenen oberen Gliedmaßen schlugen krachend zusammen und ein Schrillen drang aus dem mandibelbewehrten Maul. Dhark zuckte zusammen. Er krümmte sich unter den Ansturm eines haßerfüllten Geistes. Aber es war nicht sein eigenes Gefühl, es kam von dem Fremden. Wie sehr dieser Hybride die G'Loorn haßte! »Schon gut, ich habe verstanden.« Dhark leckte sich über die trockenen Lippen. Es hatte ganz den Anschein, als hätte er es hier mit einer zweiten Fraktion der G'Loorn zu tun, wobei eine der anderen nicht gerade wohlgesonnen zu sein schien.
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Wenn das zutrifft, stöhnte Dhark innerlich, kann ich nur beten, daß ich mich nicht zwischen alle Stühle setze. Er verspürte plötzlich Interesse bei dem Hybriden. Er oder es? -verstand anscheinend seine Gedanken gut genug, um herauszuhören, worum es Dhark ging. »Ich bin ein Skythe und nenne mich Opac«, sagte der hybride Außerirdische. »Das Schiff, in dem du dich befindest, ist eines von tausend. Tausend, die sich in naher Zukunft in einem Akt -« das Translatorfeld artikulierte einen Begriff, den Dhark als >Akt purer Verzweiflung< interpretierte, »- den G'Loorn entgegenstellen werden. Wir müssen verhindern, daß diese...« hier versagte die Übersetzung gänzlich, »... eine Zweite Wirklichkeit erschaffen.« »Erkläre mir den Begriff >Zweite Wirklichkeit«, forderte Ren Dhark Opac auf. Doch der Skythe kam statt dessen nun doch noch auf Dharks Gefährten zu sprechen. Zuvor jedoch erklärte er ihm, wie er das Signal des sich selbst vernichtenden Spindelraumers aufgefangen hatte. »In der Chronosphäre können«, sagte Opac, »wenn überhaupt, nur wir Skythen den G'Loorn gefährlich werden. Niemand sonst. Doch da keine unserer tausend Einheiten an dieser Vernichtung Anteil hatte - wir stehen untereinander in Verbindung, egal an welchem Ort wir uns in der Galaxis aufhalten - hat mich dieser ungewöhnliche Vorgang dazu animiert, der Ursache nachzuforschen.« Neugierde war schon immer eine treibende Kraft, dachte Dhark, wofür auch immer. »Du verdankst ihr dein Leben.« »Muß du immer in meinen Gedanken herumstöbern?« »Wir Skythen sind keine... keine...« Wieder glitt die Präsenz in Dharks Geist, forschte, suchte, fand schließlich den Begriff. »... sind keine Telepathen in dem Sinn, wie du ihn verwendest. Wir können nicht wirklich Gedanken lesen, sondern erfassen nur starke Gemütszustände und Stimmungen. Gefühle wie Haß, Schmerz -« Vor allem Schmerz, durchzuckte es Ren Dhark, dessen Beklemmung immer größer wurde. Davon ernährt ihr euch
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doch, wenn nicht alles täuscht. »- und Trauer. Was ich von Dir, von Deiner Rasse weiß, habe ich mittels technischer Hilfen aus deinem Gedächtnis gelesen. Ich bin -so wie alle anderen Skythen auf den tausend Schiffen - über alles informiert«, fuhr Opac fort. »Über dich, dein Heimatsystem, über die Identität deiner Gefährten...« »Wolltest du mir nicht etwas über deren Verbleib sagen?« drängte Dhark. »Sie sind in die Hände der G'Loorn gefallen. Man brachte sie zu den Klonwelten, wo sich wohl ihr Schicksal erfüllen wird.« Klonwelten? Was sich hinter diesem Begriff verbarg, dazu brauchte Ren Dhark keine Erklärung. Er konnte es sich vorstellen. Auch was der Begriff erfüllen zu bedeuten hatte... Er verfluchte sich im stillen. Natürlich war sich jeder des Risikos bewußt gewesen, aber keiner, am allerwenigsten er, hatte wirklich damit gerechnet, daß die Expedition in die Sphäre in einem derartigen Desaster enden würde. »Auch Tyler?« »Gerade auf ihn wird sich die Begehrlichkeit der G'Loorn ganz besonders konzentrieren«, gab ihm Opac zu verstehen. »Das geistige Potential des Jungen werden sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.« Dhark hatte nichts anderes erwartet. Mit Tyler war dieser hybriden Rasse aus intelligenten Insekten und Pflanzenorganismen in ihrer bis dato unangreifbaren Sphäre erstmals ein ernstzunehmender Gegner erwachsen. Es erschreckte Dhark nicht einmal mehr, daß dieser Opac, und mit ihm die Skythen, so viel über ihn und die Menschheit in Erfahrung gebracht hatten. Er ängstigte sich auch nicht mehr ganz persönlich. Ohne sein Zutun wurden alte Erinnerungen wach. An Robon, an die dortige erste Konfrontation mit den G'Loorn im Reich des CAL, als diese seine, Dharks, Erinnerung manipuliert hatten, ihm das Commutator-Enzephalo zur Entsklavung der Menschheit gewissermaßen schenkten und ihm zugleich wertvolles Wissen entrissen, das sie
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vermutlich auch auf die Spur Hopes und des dortigen Mysterious-Erbes brachte. Ihr Verhalten war mehr als rätselhaft gewesen. Damals. Inzwischen ahnte Dhark längst, was wirklich hinter dieser >generösen<, zunächst für alle unverständlichen Maßnahme des Feindes stand: Die G'Loorn hatten bereits zu diesem Zeitpunkt die Menschheit als Reservoir psychischer Nahrung erkannt und wiedererschließen wollen! Seelenfresser... Nichts charakterisierte die G'Loorn besser als diese Bezeichnung. Aber welchen Part hatten die Skythen in diesem galakti sehen Spiel inne? Wenn es wahrhaftig Unterschiede zu den G'Loorn gab, mußten diese in der Mentalität, im Verhalten, nicht im grundsätzlichen Wesensaufbau zu suchen sein. Vom Äußeren her war keine Abweichung zu erkennen. Ernährten sich Skythen also ebenfalls von den Seelenqualen geschundener Kreaturen? Dhark versuchte sich zu hüten, voreilige Schlüsse zu ziehen. Der Skythe Opac war kein sehr gesprächiger Dialogpartner. Weder gab er auf Dharks Fragen nach weiteren Informationen über die Klonwelten Antwort, noch ließ er sich zu detaillierten Aussagen über die Verhältnisse innerhalb der Chronosphäre bewegen. Und zu der besonderen Rolle der Skythen und ihrer Flotte von tausend Schiffen befragt, gab er Antworten, mit denen Dhark rein gar nichts anfangen konnte. Er ließ lediglich wissen, daß die Bezeichnung >Flotte< wohl nicht dem entsprach, was >die tausend< wirklich darstellten. Dhark stand wütend auf. Eigentlich war ihm nicht recht klar, was er tat oder wohin er sich wenden wollte. Plötzlich schwindelte ihn. Er taumelte, fürchtete zu fallen und griff nach der Sitzgelegenheit, um sich daran festzuhalten. Dann spürte er, wie der Skythe mental herübergriff und ihn stützte.
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»Danke«, murmelte Dhark mechanisch. »Geht schon wieder.« Es war die Untertreibung des Tages. Er war so müde wie noch nie in seinem Leben. Alle Glieder schmerzten. Und hinter seiner Stirn war ein ständiges, sehr lästiges Bohren. »Ich glaube, du solltest dich lieber wieder setzen, DharkMensch.« Ren ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Nach einer Weile ebbte die Übelkeit ab. Er fühlte sich etwas wohler und lehnte sich zurück. »Welche Rolle kommt euch denn zu?« knüpfte er an Opacs vorige Ausführung an. Er sah zu dem Skythen hoch, der wie eine Ausgeburt aus tiefster Hölle auf seinem Thron saß. »Wir sind Ausgestoßene«, bequemte sich Opac schließlich, als Dhark nicht aufhörte, nachzuhaken. »Verfolgte. Verfemte. Unsere Schiffe gleichen nicht denen der G'Loorn.« »Keine Spindeln? Was dann? Beschreibe es mir!« »Ich kann etwas Besseres tun. Ich kann es dir vor die Augen holen. Sieh selbst...« Die Wände wichen vor Ren Dhark zurück, und plötzlich war es, als schwebte er auf seinem Sitz frei im Weltraum. Dhark keuchte erstickt auf. Die Illusion war so perfekt, daß ihn Schwindel überfiel, als er ein Meer von Sternen zwischen seinen Füßen leuchten sah. Langsam drehte er sich - in Wirklichkeit aber glitt das sichtbar gemachte Sternenmeer an ihm vorbei -, und das Schiff, in dem er sich selbst gerade befand, geriet vor dem Hintergrund eines strahlenden Materienebels ins Blickfeld. Der Skythe arbeitete mit einer virtuellen Fiktion, denn es war undenkbar, daß Sonden von so weit draußen im Raum Bilder übertrugen. Und Dhark erlebte erneut einen Schock. Das Schiff war einer der Zylinderraumer, die im Mai des Jahres 2051 im Sol-System aufgetaucht waren und sich ein erbarmungsloses Scharmützel mit den Spindeln geliefert hatten...!
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Dhark hatte die Ereignisse von damals nie vergessen, waren sie doch fast mit dem Start der GALAXIS vom Raumhafen Cent Field zusammengefallen, wo 50 000 Kolonisten darauf gewartet hatten, endlich zum Deneb aufbrechen und den Planeten Dorado besiedeln zu können... Zeit: 16. Mai 2051. Ein historischer Tag, in jeder Hinsicht. Ort: Der Kreuzer Z-66. Mehr durch Zufall an Bord dieses Kriegsschiffes der noch junge Ren Dhark... Er erinnerte sich noch an jede Einzelheit der kriegerischen Akte, die sich im Sol-System zugetragen hatten - und an die Form der beiden dort aufeinanderprallenden FremdVerbände. Grau, mit scharfen Konturen hatte sich einer der Fremdraumer auf den Bildschirmen der Z-66 präsentiert: Ein riesiges, zylinderförmiges Objekt, dessen Rumpfmitte von einem gewaltigen Wulstring umgeben war. Damals hatte man nicht ausgeschlossen, daß Spindeln und Zylinder zwei Jäger waren, die sich lediglich um dieselbe Beute gestritten hatten: um Terra! Von den Zylinderschiffen hatte man nie wieder etwas gesehen. Bis heute, bis zu diesem Moment! Dhark bewegte sich unbehaglich in seinem Sitz... und dann war er wieder zurück in der inzwischen vertrauten Umgebung des Raumes, in dem er sich mit Opac konfrontiert sah. Die virtuelle Außendarstellung erlosch. Der Skythe reagierte auf die Verblüffung, die in Ren Dhark nachwirkte, mit Schweigen. Wieder einmal. »Was kommt nun?« fragte Dhark schließlich. »Ich habe dir ein Quartier zugewiesen.« »Du möchtest allein sein?« Der Außerirdische schwieg. Vor Dhark erschien ein roter Punkt in der Luft und glitt langsam auf die Wand zu, in der sich eine Öffnung bildete. Dort verhielt er, auffordernd blinkend. Dhark blickte fragend zu Opac.
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»Folge ihm einfach.« Achselzuckend gehorchte er. An der Tür verhielt der Terraner und blickte noch einmal zurück. Wollte Opac sich ungestört mit anderen Skythen besprechen? »Wohin fliegen wir?« Reglos verharrte Opac auf seinem Thron, wandte nicht einmal den Schädel. Sein ringförmiger Augenkranz verlieh ihm ohnehin eine 360-Grad-Sicht. Er hatte jederzeit alles im Blick. »Nirgendwohin«, bequemte er sich schließlich zu einer lapidaren Antwort. Nirgendwohin... Wenig aufschlußreich, aber typisch für Opac. Dhark konnte es drehen und wenden, wie er wollte, er wurde das Gefühl nicht los, daß der Skythe den Menschen, die in der QUIET ZONE gestrandet waren, herzlich wenig Anteilnahme entgegenbrachte. Genau genommen - gar keine! Die Tür schloß sich hinter Dhark mit einem fast seufzend klingenden Geräusch. Er sah sich um. Vier stumpfgraue Wände. An der gewölbten, sehr hohen Decke hingen ein paar Leuchtplatten. Der Tür gegenüberliegend befand sich ein längliches Podest, das unschwer als Ruheliege zu interpretieren war, und an der linken Schmalseite eine merkwürdig geformte Vorrichtung, deren Verwendungszweck sich Dhark zu ergründen weigerte, weil er mit den sanitären Gepflogenheiten von übermannsgroßen, insektoiden Spezimen nicht vertraut war. Vielleicht lag er aber auch falsch und hatte einen Nahrungszubereiter vor sich. Was fraßen Insekten? Auch die Antwort darauf verkniff sich Dhark. Außerdem wurde ihm wieder übel. Er machte einen Schritt in die Kabine - und begann zu zittern. Er faltete beide Arme eng um den Oberkörper, konnte sich aber nicht gegen das unkontrollierbare Zittern
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wehren. Schweratmend sank er auf die Knie. Dieser Schwächeanfall war der bislang schwerste. Wesentlich stärker als alles, was er während des Aufenthalts auf der Namenlosen Welt immer wieder einmal hatte erdulden müssen... Als er wieder zu sich kam, lag er flach auf dem Rücken, und Opac sah auf ihn herab. Er schwebte mitsamt seinem Thron in der Luft. Dhark brauchte eine Weile, bis er erkannte, daß es nur ein Hologramm des Skythen war. »Wie ich merke, bist du wieder bei Bewußtsein.« Die Übersetzungseinheit eliminierte jedes hypothetische Mitgefühl. Dhark bewegte benommen den Kopf. Ächzend kam er auf die Beine und setzte sich auf das Podest. »Verdammt!« brach es aus ihm heraus. »So schlimm hat es mich noch nie erwischt!« »Es wird bald vorbeigehen«, prophezeite Opac. »Was macht dich so sicher?« Ren Dhark vergrub das Gesicht in den Händen. Opac eröffnete ihm, daß Vorfälle wie dieser die üblichen Anpassungsschwierigkeiten von Wesen darstellten, die die Chronosphäre nicht gewohnt waren. Ausnahmen bildeten lediglich die G'Loorn, Skythen, Sukooren und die Klonkrieger. Dhark blickte hoch und seufzte. Was ihm Opac da prophezeit hatte, klang erfreulich. Warum nur hatte er dabei das Gefühl, daß es überhaupt keinen Grund zur Freude gab? »Anpassungsschwierigkeiten?« hakte er nach. »Dein Metabolismus unterscheidet sich von unserem...« »Das ist mir klar.« Opac fuhr fort: »Der Stoffwechsel aller Lebewesen, die es von draußen in die Chronosphäre verschlägt, erfährt eine automatische Angleichung an die hier herrschenden Verhältnisse, ansonsten wären Außenweltler auch nicht in der Lage zu überleben.« »Und wo liegt der Hund begraben?« Opca verstand nicht.
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Dhark erklärte ihm mit einfacheren Worten, was er meinte, worauf Opac bereitwillig zugab: »Diese Anpassung ist nicht reversibel.« Dhark erschauerte. Einen Herzschlag lang hoffte er, sich verhört zu haben. »Du willst damit doch nicht sagen, daß dieser Prozeß, sobald er einmal abgeschlossen ist, nicht wieder ungeschehen gemacht werden kann? Daß der Betreffende danach im Normalraum nicht mehr leben kann...?!« »Der Vorgang ist nicht reversibel«, bestätigte der Skythe. »Mit anderen Worten: Wen immer es in eure Chronosphäre verschlägt, der ist nach vollzogener Akklimatisierung dazu verdammt, zeitlebens in der QUIET ZONE zu verbringen oder zugrunde zu gehen?« »Der Vorgang ist...« »Geschenkt«, unterbrach Dhark den Skythen. Eine Weile dachte er bei vollem Bewußtsein ohnmächtig über das Gehörte nach. Dann verlangte er barsch: »Laß mich allein!« Ehe das Hologramm deaktiviert wurde, schien es, als mustere ihn der Skythe mit kühler Neugier. Diese Vorstellung wurde jedoch durch das völlige Fehlen von Anteilnahme in der Physiognomie des Insektoiden hinfällig. Opcas Sehorgane waren wie Fenster ins Nichts, als hätte er weder Gewissen noch Seele. Dhark fühlte, wie ihm alles entglitt. Sämtliche Pläne, sämtliche Hoffnungen waren plötzlich null und nichtig geworden.
6. Der Schmerz traf ihn wie ein weißglühender Pfeil, bohrte sich in seinen Kopf, grub sich rauchend eine Bahn durch seine Gehirnwindungen und kehrte sein Innerstes nach außen. Tyler keuchte und würgte. Krämpfe schüttelten ihn. Übelkeit schoß in ihm hoch und lahmte seine Gliedmaßen. Ohne sein Zutun überfiel ihn eine mörderische Angst vor
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einem Tod, der sich in der blitzenden Haube manifestierte, die seinen Kopf umschloß und seine mentalen Kräfte auf einen winzigen Punkt reduzierte und wirkungslos machte. Wieder regten sich mechanische Spinnenbeine an seinem Schädel, sondierten, suchten - drangen ein und entnahmen etwas. Und während er noch nach Atem rang, zuckte bereits die zweite Schmerzwelle durch sein Gehirn, schien seinen Schädel aufspalten zu wollen. Seine Wahrnehmung begann zu verschwimmen. Tyler stöhnte gepreßt. Tränen liefen ihm über das Gesicht. »Nein!« wimmerte er mit dünner Stimme. »Pia, Edgar. Warum helft ihr mir nicht?« Um ihn war absolute Dunkelheit. Er wollte sich zur Seite drehen, bemerkte aber, daß ihn etwas daran hinderte. Ein Kraftfeld vermutlich. Es lag nicht zu fest um ihn, schränkte jedoch seine Bewegungsfreiheit erheblich ein. Lediglich die Arme konnte er bewegen. Er lockerte die Muskeln und wartete, bis er wieder klar denken konnte. Gleichzeitig versuchte er sich zu erinnern. Aber es fiel ihm schwer. Bilder zuckten ihm durch den Kopf. Widerstreitende Szenen. Sie haben etwas mit mir angestellt, dachte er. Mit meinen Kopf. Aber was? Er strich sich mit den Fingern durchs Haar und berührte Drähte. Drähte? Warum hat man Drähte an mir befestigt? dachte er benommen. Vielleicht, um... Ach, was! Er seufzte. Er war so müde wie noch nie zuvor in seinem Leben. Seine Glieder schmerzten, seine Augen brannten. Jedenfalls konnte er sich mit diesem Problem im Moment nicht abgeben. Er schloß die Augen. Wozu sollte er sie auch offen halten? Ein Kribbeln wie von tausend Ameisen kroch an seinem Rückgrat hinauf und rüttelte ihn mit einem Schlag hellwach. Kleine, kalte Blitze auf seiner Netzhaut ließen Übelkeit in ihm entstehen. Er zwinkerte krampfhaft mit den Lidern.
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Die Dunkelheit existierte weiter. Die Drähte auch. Was hatte man mit ihm vor? Ein leises elektronisches Seufzen. Chromzähne nagten an seinem Geist - und ehe Tyler sich gegen das widerlichen Eindringen sperren konnte, kam die fremdartige Präsenz wie ein schwarzer Keil durch das rechte Auge in ihn, als stieße jemand eine Carbonklinge in sein Gehirn. Flüssiges Feuer brodelte. Das Atmen fiel ihm schwer. Er stöhnte. Aber seine Pein scherte sie einen Dreck. Tyler begriff nichts. Widersprüchliche Eindrücke überfielen ihn, zunächst nur vereinzelt. Warum wehrst du dich ? Tyler spürte, wie trunkene Freude in ihm aufstieg. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn, als er erkannte, wer da zu ihm sprach. Mit einem fast euphorischen Gefühl blickte er auf die vierarmige, nahezu zweieinhalb Meter große Gestalt, deren unnachahmliche Kraft und Eleganz die Harmonie zwischen Körper und Geist hervorhob. »Das ist ja wunderbar. Ich habe dich lange nicht gesehen», stammelte Tyler. »Wo warst du?« Ich war nie wirklich weg, bedeutete ihm der All-Hüter. Gib deinen unsinnigen Widerstand auf. Ich bin da. Ich beschütze dich. Es wird dir nichts passieren. »Aber... sie tun mir weh!« jammerte Tyler mit kindlicher Stimme. »So weh. Sag ihnen, sie sollen weggehen!« Dein Widerstand bereitet unseren Freunden einigen Kummer. Tyler war plötzlich über die Maßen betrübt. Er hätte weinen mögen. Aber es besteht noch Hoffnung. Wenn du kooperierst, werden wir auf Lebenszeit zusammen sein können. Auf Lebenszeit? Wehre dich nicht, drang erneut die gütige Stimme des AllHüters in seine Gedanken. Gib dich einfach hin. Denk daran, ich bin bei dir, auch wenn du mich nicht mehr hörst. Es wird dir nichts geschehen.
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Tyler verspürte unendliches Bedauern, als sich sein väterlicher Mentor wieder zurückzog. Und er begriff noch immer nicht... Später kamen die Träume in schnellerer Abfolge. Immer dieselben: Er flog einen Gleiter über eine unwirkliche, kulissenhafte Landschaft. Der Schweber senkte sich auf den Boden, und Tyler erkannte, daß es überall vor lauter Pias und Edgars nur so wimmelte. Es gab Abertausende von ihnen. Hierher hatten sie sich also zurückgezogen, und sie hatten sich vermehrt. Kein Wunder, daß er sie nie gefunden hatte. Er eilte ihnen entgegen, lachend und voller Freude, nur um feststellen zu müssen, daß sie keine Notiz von ihm nahmen und sich mit obskuren Dingen die Zeit vertrieben. Na ja. Daß sie seine Freude nicht teilten, berührte ihn wenig. Auch ihre merkwürdige Angewohnheit nicht, sich selbst oder anderen wehzutun, zu quälen... Er war glücklich. Was ihn störte, war nur ein sonderbares Summen. Zuerst konnte er die Quelle des Geräuschs nicht feststellen. Es war sehr leise, fast ein Brummen. Lauschend schritt er durch die unwirklich erhellte Landschaft. Wonach suchst du? fragte ihn der All-Hüter. Tyler sagte ihm, was er hörte. Ach das... Das ist die Energieglocke. »Energieglocke?« Sie ist zu deinem Schutz. Der All-Hüter beugte sich zu ihm hinab. Sein gütiges Antlitz strahlte Ruhe und Besonnenheit aus. Er schlug einmal mit der flachen Hand, deren schwarze Nägel wie Messerklingen schimmerten, auf das Gerät an Tylers Brust. Das Geräusch verstummte. Na siehst du, sagte er, schon erledigt. Trotzdem fühlte Tyler keine Zufriedenheit mehr. Die Träume nahmen ihren Fortgang. Einmal flog der Schweber in einen dichten Nebel ein. Zu Beginn gelang es Tyler, den Rückweg zu finden. Aber mit der Zeit umgab ihn der Nebel immer dichter. Und irgendwie wußte er, daß die seltsamen Dunstwolken mit
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etwas Schrecklichem enden würden. Irgend etwas lag dort draußen, jenseits des furchtbaren Nebels. Er stand entsetzliche Ängste aus. Aber auch darum scherte sich niemand. Irgendwann durchstießen seine Träume die Nebelgrenze, und er sah die Wirklichkeit dahinter. »...NEIN!« Er erwachte von seinem eigenen Schrei. Wie ein Ertrinkender kämpfte sich Tyler aus den schreckerfüllten Tiefen an die Oberfläche des Bewußtseins und schlug die Augen auf. Über sich sah er die graue Decke seiner Unterkunft, an der das Licht aus punktförmigen Quellen strömte. Rechts, am Rande seines Gesichtsfeldes, erkannte er einen Teil des Hygienemoduls, daneben einen schmalen, in die Wand eingelassenen Schrank. Zu seiner Linken befand sich eine massive Wand, die seine Wohnzelle abschloß. Noch immer gegen die Benommenheit ankämpfend, erkannte er, daß dies die endgültige Realität der Welt war, auf der er von dem Spindelraumer abgesetzt worden war. Verwirrt richtete er sich auf und setzte die Füße auf den Boden. Sein magerer Körper war von kaltem Schweiß bedeckt. Der schale Geschmack in seinem Mund verursachte Übelkeit. Er hustete und würgte. Erinnerte sich an alles, auch daran, was man mit ihm angestellt hatte. Wie im Zeitraffer zogen die Bilder an ihm vorbei. In ihnen durchlebte er die Ereignisse noch einmal. Die Landung auf der Namenlosen Welt. Die Abenteuer in der Pilzstadt. Die Ankunft des Spindelraumers. Dessen Kaperung und den mentalen Kampf gegen den götzenhaften G'Loorn, der ihn an die Grenze seiner Kräfte geführt hatte. Schlußendlich der Sturz in den Weltraum. Und das Aufgebrachtwerden durch die G'Loorn... Er wollte sich erheben, sich bewegen, aber er hatte Angst vor dem, was er möglicherweise verursachen könnte. Und so blieb er sitzen.
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Die Drähte...! Tylers Hände fuhren vorsichtig zum Kopf, fanden nichts. Natürlich nicht. Die Drähte waren Vergangenheit. Er versuchte zu espern, stieß aber auf eine undurchdringliche Wand und auf Felder, die schneidende Schmerzen durch sein Gehirn schickten. Stöhnend und zitternd gab er auf. Seiner Psifähigkeiten beraubt, war er allem weiteren schütz- und hilflos ausgeliefert. Auch wenn er bislang mit Samthandschuhen angefaßt worden war, hieß das nicht, daß man ihn auch relativ ungeschoren davonkommen lassen wollte. Was bedeuteten seine Träume? Er hatte doch nie geträumt! Machte sich sein gequälter Geist damit Luft? Schuf er ein Ventil, um mit dem fertig zu werden, was hier an Unbegreiflichem auf ihn einstürzte? Pia und Edgar? Abertausende, die wie sie aussahen... Die diese Welt bevölkerten, die sich hinter den Wänden von Tylers Behausung erstreckte...?! Kinder, die sich glichen wie ein Ei dem anderen. Die, infiziert von überall treibenden Sporenwolken, unter unsäglichen Schmerzen dahinsiechten. Gezüchtet nur zu dem einen Zweck, dem einen Lebenssinn... Gezüchtet? Tyler hörte, wie die Tür zur Seite glitt. Ein Schwall feuchtkalter Luft drang herein, in ihrem Gefolge ein Klonkrieger, zweieinhalb Meter groß, der sich zu ihm herabbeugte. Der Insektenschädel bewegte sich ruckartig. Das starre Augenband verriet keine Stimmung. Eine hornige Klaue packte Tyler, zerrte ihn mühelos hoch und stellte ihn auf die Füße. Dann wurde er durch die Tür hinausgetrieben, wo ein zweiter Klonkrieger wartete. Gemeinsam nahmen sie ihn zwischen sich und schleppten ihn davon. Instinktiv versuchte Tyler, seine besonderen Kräfte gegen sie anzuwenden - und stieß wieder gegen eine wabernde Mauer, die sich pulsierend dehnte und ihn mit
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Schmerz strafte. Ein äußerst merkwürdiges Gefühl, von einer Intensität, die ihn so entsetzte, daß sich seine Nackenhaare aufstellten. Schleunigst zog er sich zurück. Bedauern erfüllte ihn und eine gewisse Furcht darüber, mit nichts anderem mehr ausgestattet zu sein als seinen normalen Sinnen. Der Weg führte durch Korridore und Hallen und endete schließlich in einer weiträumigen Kammer. Es war kalt geworden. Tylers Zähne begannen zu klappern. Sein Atem bildete kleine Wölkchen, während er sich umsah. An den Wänden standen Maschinen, aus denen sich spiralförmig Schläuche oder Leitungen über den Boden zogen, um in drei sargähnlichen Gebilden zu verschwinden. Halb durchsichtige Kryotanks? Sie waren gefüllt mit rosa Schwaden. Über jedem der Tanks hing ein vielgliedriger Metallarm, an dessen Ende sich eine Kugel mit blitzenden Instrumenten befand. Tyler trat näher. Ein fast unmerkliches Brummen, gerade noch an der Schwelle des Hörbaren, erfüllte die Kammer. Irgendwo kreiselten Pumpen, bewegten sich Ventile. Er blickte in den ersten Tank hinein. Ein fernes Seufzen aus sternerfüllten Räumen erreichte ihn, und er spürte, wie ihm Tränen aus den Augen sprangen. Pia! Oh, Pia! stammelten seine Gedanken, als er auf den kleinen, schutzlosen, nackten Körper blickte, der vage unter den Kryonebeln hervorschimmerte - als Matrix für zigtausend Ebenbilder? Er mußte nicht in den zweiten Tank sehen, um zu erfahren, daß dort Edgar lag, konserviert für die Ewigkeit; Stammvater von Klonen, die nach seinem Bild erschaffen wurden... Und in einem Schock der Erkenntnis wußte er, daß der dritte Behälter für ihn selbst bestimmt war. Als er herumfuhr, starrte er in ein Insektengesicht, das ihn ohne Regung beobachtete. Seine Fäuste fuhren hoch, trafen den schwarzen Chitinpanzer und glitten davon ab. Er schluchzte und heulte. Trat mit den Beinen und brachte es nicht fertig, sich gegen seine Wächter aufzulehnen. Ein
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Fesselfeld schnappte nach ihm, schnürte ihn zusammen wie einen ausrangierten Teppich. Ein Robot glitt aus seiner Nische und entkleidete Tyler mit maschinenhafter Präzision. Dann - versenkte er Tyler in den Tank. Die Kälte des Nebels, in den er eintauchte, war wie der ziehende Schmerz im Hinterkopf, den ein allzu rasches Verschlingen von Speiseeis in der Hitze eines Sommers über die Rezeptoren des Gaumens verursachen konnte. Wie kam er jetzt ausgerechnet auf diesen Gedanken? Sonden fuhren herab, glitten in seinen Körper, spritzten Chemikalien hinein, pumpten Flüssigkeit ab. In Tylers Schädel explodierten grellbunte Lichter, als er in einen bodenlosen, tiefschwarzen Schacht stürzte. Irgendwann während des Falls weinte er. Aber nur eine kurze Weile.
7. Scheinbar bewegungslos stand die POINT OF im interstellaren Raum. Dieser Eindruck täuschte. In Wirklichkeit griff der Checkmaster ständig mit Sle korrigierend ein, wann immer gravitatorische Gezeitenkräfte an der blauvioletten Unitallhülle des Ringraumers zerrten und ihn fortzutreiben drohten. In der Zentrale hatte Ralf Larsen seinen Platz im Kommandositz eingenommen. Tino Grappa arbeitete konzentriert an den Ortungssystemen, und Leon Bebir belegte den Ko-Sitz, bereit, sofort einzuspringen, falls Larsen ihn dazu aufforderte. »Wie lange wollen wir noch warten, in drei Teufels Namen! Gibt es Schwierigkeiten mit dem Flash?« Vandekamp trat hinter Larsens Pilotensitz ungeduldig von einem Bein aufs andere. Die Nervosität war ihm überdeutlich anzumerken. Larsen drehte seinen Sessel und sah geradewegs in die
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Augen des Kontinuumexperten. »Nein, es gibt keine Probleme mit dem Flash«, sagte er mit bewußt zuversichtlicher Miene. »Die Mission läuft. Gedulden Sie sich nur noch ein paar Augenblicke. - Tino!« Er wandte sich an den Ortungsspezialisten. »Sir?« »Was macht die 015?« »Ist draußen!« Gleichzeitig erschien der Flash im Hologramm der Bildkugel. »Wollen wir mal sehen, ob es diesmal klappt«, knurrte H. C. Vandekamp und nahm angespannt seine Unterlippe zwischen die Zähne. In der Zentrale der POINT OF herrschte mit einemmal verhaltene Unruhe. Aber nicht nur in der Zentrale. Überall im Innern des Raumschiffs, wo auch immer die verkleinerten Ausführungen der Bildkugel zeigten, was sich im Weltraum abspielte. Eine Mischung aus Nervosität und unbestimmter Erwartung nistete in den Köpfen aller, dämpfte aber die zuversichtliche Grundstimmung, die in den letzten Stunden aufgekommen war, als Vandekamp und seine Kollegen mehrfach von einem entscheidenden Fortschritt in den Bemühungen gesprochen hatten, bald mit der POINT OF in die QUIET ZONE eindringen zu können - ohne befürchten zu müssen, binnen kürzester Zeit ohne Sternensog und den Schutz des Doppelintervallums dazustehen. Oder zu explodieren. Wie Flash 028. Die warnende Erinnerung an den letzten Mißerfolg wurde nicht unterdrückt, sie half dabei, noch sorgfältiger vorzugehen. Ironie des Schicksals, daß es gerade das unerwartete und äußerst abrupte Ende der 028 war, das entscheidend zum Durchbruch beigetragen hatte. Ausgerechnet die Daten, die über die Reaktion der QUIET ZONE während der FlashZerstörung gewonnen worden waren, hatten nach einer ausgedehnten Diagnose via Checkmaster zu einem besseren Verständnis der Vorgänge innerhalb der Black
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Hole-Schale und letztlich zum - vorläufig noch theoretischen - Erfolg geführt. Erfolg...? Der wäre fast schon mit der 028 gelungen! Mangelnde Anpassung des Intervallums an die veränderte Gravitationskonstante war der Grund ihres Untergangs gewesen und hatte auch den Vorstoß der POINT OF ins eigentliche Herz der Galaxis bislang unterbunden! Vandekamp und seinen Wissenschaftskollegen war es schließlich gelungen, die Wechselwirkung zwischen normalem Weltraum und der QUIET ZONE aufzuschlüsseln und das Intervallum des Test-Flash so zu modifizieren, daß es in Resonanz mit der Gravokonstante und nicht in Disharmonie dazu schwingen sollte. Mehr war es eigentlich nicht. Man mußte nur darauf kommen! Der Supercomputer der Mysterious hatte in einer Reihe von Simulationsszenarien die Richtigkeit ihrer Arbeit bestätigt. Was Ralf Larsen wiederum dazu bewogen hatte, doch noch einen der >Blitze< für einen Testflug freizugeben. Auf seinem Platz beobachtete Tino Grappa seine Instrumente und Meßwerte mit starrem Blick. Seine Konzentration war sprichwörtlich. Er schaffte es, minutenlang nicht zu blinzeln. Hin und wieder berührte er einen Sensor oder tippte eine Reihe von Befehlen in das Mysterious-System ein. Die eigentliche Arbeit lag jedoch beim Checkmaster und der Ringraumer-Automatik, die sich mit der 015 synchron geschaltet hatte. Der Checkmaster brachte den Flash auf den vorgesehenen Kurs und reagierte auf jede noch so geringe Abweichung. Wenn man wollte, konnte man zu der Ansicht gelangen, daß der Schiffscomputer die Menschen zu reinen Beobachtern der Operation degradierte. Alle Ortungen liefen zu Grappas Zufriedenheit. Er warf einen Blick auf eine Anzeige. »Passieren der Grenze in 2,4 Sekunden!« - Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Jetzt!« Larsen fragte in Grappas Richtung. »Wie sieht es aus, Tino?« »Augenblick...« Die Finger des Mailänders huschten
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virtuos über die Konsolenfelder und speisten die eingehenden Scanner-Daten in die zentrale Bildkugel. »Sehen Sie selbst, Sir: Alle Parameter im grünen Bereich. Keine signifikanten Abweichungen. Intervallum kommt...!« »Sternensog?« fragte Larsen. »Gerade aktiviert...« Die Wiedergabe in der Bildkugel wechselte, als der Checkmaster auf die Optik der 015 umschaltete, die nun mit hohem Überlichtfaktor ins Sternengewimmel einzutauchen schien und aus der normalvisuellen Außenbeobachtung verschwand. Der Checkmaster öffnete jedoch ein virtuelles Fenster und blendete es in ein Bildkugelsegment ein. Der stete Strom eintreffender Daten schuf eine computersimulierte telemetrische Darstellung des Flugkorridors, während die Peripherie des Schirmes jenen Bereich der QUIET ZONE zeigte, der den Flash umgab. »Jetzt heißt es abwarten.« Pal Hertog wirkte im Gegensatz zum hypernervösen Vandekamp nahezu abgeklärt ruhig. Er schien vom Erfolg der Mission restlos überzeugt zu sein. »Wieder einmal«, murmelte Dongen mit gepreßter Stimme und verfolgte die Datenflut, die der Checkmaster via Gedankensteuerung aus der 015 erhielt und in die Bildkugel projizierte. Die Zeit verging. Sekunden dehnten sich zu Minuten. Dann waren schon zwanzig verstrichen, und immer noch unverändertjagte der Flash durch den Randbereich der QUIET ZONE. Intervallum und Sternensog arbeiteten zur vollsten Zufriedenheit. Längst war die Frist überschritten, in der die 028 in einem gewaltigen Lichtblitz vergangen war. Und allmählich wuchs sich die verhaltene Zuversicht zu froher Gewißheit aus. Tino Grappa studierte die Displays seiner Konsole. »Keine Veränderung. Weiterhin alles im Grünbereich.« Seine Stimme klang jetzt etwas erschöpft. »Die Instrumente zeigen keine Abweichungen. Sieht nach einem Erfolg auf
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der ganzen Linie aus.« »Beschreien Sie es bloß nicht«, mahnte Vandekamp. »Trotzdem: Die ist die beste Nachricht, die ich seit -« er warf einen schnellen Blick auf die Zeiteinblendung, »immerhin vierzig Minuten bekommen habe. - Larsen?« Ralf Larsen zog fragend eine Augenbraue hoch. »Ich denke, wir können abbrechen.« Vandekamp nickte. »Das denke ich auch.« Larsen blickte die anderen Wissenschaftler an. Ihm begegnete nur Zustimmung. Aufatmend lehnte er sich in seinen Sitz zurück. Plötzlich wirkte auch er ungemein erleichtert. »Ist es vorbei?« fragte Bebir. »Haben wir es überstanden?« hieb Glenn Morris aus der Funk-Z in die gleiche Kerbe. »Es ist vorbei«, bestätigte Vandekamp. Im Gegensatz zur vorherigen relativen Ruhe, herrschte mit einemmal eine fast hektische Stimmung in der Zentrale. Die aufgestaute Anspannung brach sich ungehemmt Bahn. Die 015 kehrte unbeschadet zurück ins Depot. Nicht lange danach jagte die POINT OF mit Überlichtgeschwindigkeit und im Schutz ihrer Intervallfelder durch die QUIET ZONE. Nachdem der Versuch mit der modifizierten 015 in allen Belangen erfolgreich verlaufen war, hatte Ralf Larsen nichts Eiligeres zu tun gehabt, als sich auf die Suche nach Dharks Gruppe zu begeben. angetrieben von der Sorge um die Verschollenen. Der Ringraumer hatte Kurs auf das System der Sukooren genommen. Im Maschinenraum arbeiteten alle Aggregate mit optimaler Auslastung. Die Zentrale war voll besetzt. Sämtliche Plätze vor der Bildkugel, auf der Galerie, am Checkmaster-Terminal und den sonstigen Instrumentenkonsolen waren doppelt belegt. Vor allem deshalb, weil man nicht wußte, was die POINT OF hinter der Schale erwartete. Ralf Larsen hatte nicht vergessen, was der 023 mit Mike Doraner und Rul Warren an Bord widerfahren war. Sie hatten sich in der unmittelbaren Nähe eines der Black
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Holes, die die Schale bildeten, plötzlich einem waffenstarrenden, mehrere Kilometer großen Monstrum von Raumstation gegenübergesehen, das ohne Vorwarnung auf ihr Raumfahrzeug gefeuert hatte. Nur dank der Gedankensteuerung hatten beide Männer überlebt und unversehrt an Bord des Ringraumers zurückkehren können! Gab es, so hatte man nach der Situationsanalyse spekuliert, solche Wächterstationen bei allen Schwarzen Löchern im Zentrumsbereich? Eine Vorstellung, die es angeraten erscheinen ließ, den Black Holes so großräumig wie nur möglich aus dem Weg zu gehen. Was sie jetzt überhaupt nicht brauchen konnten, war, in eine bewaffnete Auseinandersetzung verwickelt zu werden. Deshalb flog die POINT OF unter höchster Alarmbereitschaft. Deshalb waren die Geschützantennen der Waffensteuerungen Ost und West gefechtsbereit. Kein fremdes Raumschiff, keine Wächterstation würde die POINT OF überraschen, mochte der Angriff noch so plötzlich erfolgen. »Alle Systeme klar!« meldete Hen Falluta vor dem Checkmaster-Terminal. »Sehr gut«, nickte Ralf Larsen. Er ließ heißen Kaffee in einem Thermobecher kreisen und trank von Zeit zu Zeit einen Schluck. »Tino? Etwas zu erkennen, was Gefahr bedeuten könnte?« »Negativ.« »Ausgezeichnet.« Larsens öffnete eine Phase der Bordsprechanlage zum Astro-Lab. »Geben Sie mir eine Situationsanalyse, Sheffield.« »Kommt!« Larsen drehte sich etwas in Richtung der Bildkugel und vertiefte sich in die Betrachtung dessen, was ihm das Astro-Lab einspielte. Vor ihm breitete sich der innere Bereich der Galaxis aus, dicht mit schimmernden Sternenschwärmen übersät, deren Leuchten teilweise von interstellaren Nebeln gedämpft wurde. Im galaktischen Süden erhob sich die zerrissene
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Wand einer Dunkelwolke, die Tausende von Lichtjahren weit hinaus in den Raum reichte. In Flugrichtung hatte man bereits die Black Hole-Schale durchstoßen, die den Blick auf das Zentrum der Milchstraße behindert hatte. Nun lag die dicht gepackte Ballung aus unterschiedlich großen und leuchtstarken Sonnen vor ihnen, zwischen einem viertel und einem halben Lichtjahr auseinanderliegend. Was war das wahre Zentrum? Das wahre Herz der Spiralgalaxis? Ein Super Black Hole, wie es die Wissenschaft seit hundert Jahren vermutete? Das Super Black Hole, falls es existiert, dachte Ralf Larsen, muß noch etwas warten. Im Augenblick haben wir Wichtigeres zu tun. Dieses Wichtigere hatte einen Namen. Nein, eigentlich waren es zwei: Sukoor und Ren Dhark. Im Heimatsystem der Sammler hoffte er, Informationen über den Verbleib Ren Dharks und dessen Begleiter zu erhalten. Ihre Rückkehr an Bord der POINT OF hatte Vorrang vor allem anderen. Hoffentlich, dachte der bedächtige Mann, der das Kommando über den M-Raumer liebend gern wieder in andere Hände gelegt hätte, kommen wir nicht zu spät.
8. Dan Riker kehrte aus der tiefen Schwärze der Bewußtlosigkeit zurück in die rauhe, ernüchternde Wirklichkeit. Er befand sich in einem großen tür- und fensterlosen Raum, in dem es relativ kühl war. Aus matt schimmernden Flächen unter der knapp zehn Meter hohen Decke strömte ein seltsam diffuses Licht. Unter den Fingerkuppen fühlte er Metall, das seine Körperwärme nicht annahm und ebenso kühl blieb wie die umgebende Luft. War es überhaupt Metall oder ein künstlicher Stoff, der sich lediglich so anfühlte? Riker richtete sich auf. Überrascht betrachtete er zunächst
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seine Hände, dann den Rest des Körpers. Er trug keinen Raumanzug! Auch den anderen hatte man sowohl die filmdünnen MAnzüge abgenommen als auch die darunter befindlichen Bordkombinationen. Statt dessen steckten sie jetzt in einer grauen Ersatzkleidung aus grobfaserigem Synthetikmaterial. Der einfache Zuschnitt deutete daraufhin, daß diese Textilien sehr übereilt angefertigt worden waren. Was um John Martells hagere Figur schlotterte, ließ Rani Atawas zierliche Gestalt förmlich in langen Ärmeln und Hosenbeinen versinken. Lediglich Kaplan und Gorm paßten die Sachen einigermaßen, als hätte man einen von ihnen hergenommen, um allgemeingültige Maße festzulegen. Riker erhob sich. Außer ihm waren nur Martell, Szardak und die beiden Frauen auf den Beinen. Die anderen lagen weiterhin flach auf dem Boden über den ganzen Raum verteilt. Anja und Rani waren an einer Stelle der Stirnwand mit etwas beschäftigt, das Riker nicht genau erkennen konnte. »Wo sind Ren und Arc Doorn - und Tyler?« entfuhr es Riker. »Erinnern Sie sich an das Gebilde, das den Commander verschlungen hat?« fragte Martell rauh. »Es wurde von Spindelraumern angegriffen. Die nahmen uns auf, während das, was sich hinter dem mysteriösen Feld aus Energie verbarg, mit Dhark verschwand!« »Nahmen uns auf«, murmelte Riker. Er hatte nichts davon mitbekommen, weil die Schwärze ihn schon eingehüllt hatte. »Aber wo, zum Teufel, steckt Tyler? Und was ist mit Arc?« »Den haben sie vor einer halben Stunde geholt. Und der Junge... Nun, wo der ist, weiß keiner. Vielleicht befindet er sich nicht einmal hier an Bord. Vielleicht haben die G'Loorn ihn übersehen, als sie uns auffischten. Vielleicht ist er längst tot - oder sie haben ihn als ersten von uns getrennt, noch bevor wir erwachten... Verdammt, woher soll ich das wissen?« Anja Field und Rani Atawa gesellten sich zu ihnen. Dort,
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wo sie gestanden hatten, zeichnete sich eine Art Schalteinheit in der Wand ab. »Keine Chance«, sagte Anja. »Das wäre wohl etwas für Doorn. Der hätte wahrscheinlich schon begriffen, wie man dieses Ding bedient. Aber ich sehe nicht einmal eine Möglichkeit zur Kode-Eingabe. Der Kode selbst wäre sicher noch das einfachste.« »Es ist ein Türschloß«, erklärte Rani jetzt auf Rikers verständnislosen Blick hin. »Wir haben versucht, es zu bedienen. Aber da ist nichts zu machen. Vielleicht muß beim Berühren der drei Sensorfelder eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden, vielleicht reagieren die Felder aber auch auf etwas, was wir nicht kennen und nicht bei uns tragen. Auf jeden Fall erhalten wir keine Freigabe...« »Was macht euch so sicher, daß es sich um ein Schloß handelt?« »Die Insektoiden haben es bedient, als sie Doorn abholten«, sagte Martell. Riker sah fragend zu ihm hin. »Nein, ich habe es auch schon versucht«, erriet der ExGeneral seine Gedanken. »Umsonst. Unser Fluchtfahrzeug auf dem Pilzplaneten in Betrieb zu nehmen, war um ein Vielfaches einfacher.« »Wenn auf dieser Mission nur etwas mal einfach wäre, säßen wir nicht schon wieder fest«, erwiderte Riker schärfer als beabsichtigt. Martell nahm es gelassen hin, aber Rani Atawa zuckte merklich zusammen. »Diese Technik ist uns einfach zu fremd...!« »Unsere offenbar für sie nicht, sonst hätten sie es nicht geschafft, uns aus den M-Anzügen zu schälen. Wenn ich daran denke, daß Dhark damals fast erstickt wäre, nur weil wir nicht wußten, wie wir seinen Anzug aufbekommen sollten...« Damals hatten sie in der Ringraumerhöhle des Deluge'schen Gebirges gerade erst die unverwüstlichen Raumanzüge der Mysterious in der POINT OF entdeckt gehabt. Ren Dhark hatte einen davon angelegt, um gegen die Strahlung geschützt zu sein, aus deren Gefahrenzone er
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den Unglücksraben Slaven Ullman hatte retten wollen. Aber dann hatte zunächst niemand den einer Supertechnik entstammenden Anzug wieder öffnen können. Dhark wäre beinahe darin erstickt... Die Vasallen der G'Loorn schienen damit intuitiv zurechtzukommen. Und sie waren gründlich gewesen. Keine Schutzkleidung mehr, keine Waffen... Die technische Ausrüstung war ihnen generell entzogen worden. Nicht einmal die Armbandchronos hatte man ihnen gelassen. Ähnliche Gründlichkeit hatten Riker und die beiden Frauen nur noch erlebt, als Hopes Diktator Rocco sie und einige andere nach Deluge hatte deportieren lassen - ohne zu ahnen, welche folgenschwere Entdeckung sie dort machen würden. »Wenigstens haben sie uns mit einem Kleidungsersatz versorgt«, sagte Anja, »sonst hätten wir nackt herumlaufen müssen.« Die Inderin warf einen undefinierbaren Blick zu lan Kaplan hinüber, der ein paar Meter entfernt noch immer regungslos auf dem Boden lag. So schnell, wie Rani ein Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert hatte, verschwand es auch wieder. In diesem Moment entstand eine Öffnung in der Wand neben der Schalteinheit. Zwei der großen Insektoiden schleppten Arc Doorn herein und ließen ihn einfach fallen. Dann schritten sie auf den immer noch bewußtlosen Pjetr Wonzeff zu. Riker rieb sich das Kinn, auf dem jener kleine rote Fleck entstanden war, der in Momenten besonderer Aufregung typisch für ihn war. Seine Körperhaltung straffte sich. Er schätzte die Entfernung der Insektoiden zur Tür ab. »Sie sind nur zu zweit«, flüsterte er. »Aber bewaffnet!« warnte Martell. »Eben«, gab Riker trocken zurück. »Machen Sie bloß keine Dummheiten, Riker!« Martell zeigte zur Tür. »Sehen Sie!« Zwei weitere dieser etwa zwei Meter großen Soldaten mit insektoidem Äußeren waren aufgetaucht und hielten ihre Waffen schußbereit.
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»Wir können doch nicht zulassen, daß sie Wonzeff mitnehmen«, machte Riker seinem Zorn Luft. »Wir müssen etwas tun!« »Das werden wir auch«, gab Martell leise zu verstehen. »Daß sie Doorn zurückgebracht haben, zeigt zumindest, daß sie uns nicht umbringen oder wie die armen Teufel auf dem Pilzplaneten zu Seelenfutter für die G'Loorn verarbeiten! - Zumindest noch nicht«, schränkte er selbst ein. »Riker, wenn sie uns wirklich in dieser oder jener Form an den Kragen wollten, wären wir längst nicht mehr zusammen und könnten uns so locker unterhalten!« Riker streifte die Hand ab, mit der Martell ihn festhielt. »Vorerst wird es sich nur um ein Verhör handeln«, sagte der ehemalige Stützpunktkommandant von T-XXX auf Terra. »Doorn lebt schließlich noch und ist auch nicht verletzt - zumindest nicht körperlich!« Mittlerweile hatten die Insektoiden Wonzeff erreicht und hoben ihn auf. Im gleichen Moment schnellte sich Gorm, der nur wenige Meter entfernt lag, zu ihnen empor. Er schien seine Besinnungslosigkeit nur noch vorgegaukelt zu haben und trat nun nach den mehrfach gegliederten Beinen des ihm am nächsten stehenden Unheimlichen. Gleichzeitig versuchte er, den anderen von Wonzeff fortzureißen. Aber ein fürchterlicher Hieb war die Quittung. Etwas knackte, und Gorm wurde zum Boden zurückgeschleudert, wo er regungslos liegenblieb. Riker stürmte mit einem wutentbrannten Schrei nach vorn. Da ließen die Insektoiden von Wonzeff ab und wandten sich dem heranschnellenden Riker zu. Eine irisierende Strahlbahn fauchte aus einer blitzschnell emporgerissenen Waffe und fällte den Terraner wie ein Blitz. Er brach zusammen. Dieselben Waffen hielten Martell und die Frauen in Schach. Zwei der insektenähnlichen Soldaten traten zu Riker, hoben ihn vom Boden auf und nahmen ihn mit sich. Sie verschwanden durch die Tür, die sich hinter ihnen nicht
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wieder öffnen ließ. Anja Field versuchte, ihre Sorge um Dan Riker zu verbergen, aber sie zitterte vor Unruhe und hoffte inständig, daß er ebenso zurückgebracht werden würde wie Arc Doorn - und nicht vermißt blieb wie etwa der Robonenjunge. Während sich Anja um Spy Gorm kümmerte, untersuchte die Inderin den Sibirier. Arc Doorn kauerte schweratmend und sichtlich mitgenommen vor ihr auf dem Boden. »Alles in Ordnung, Arc?« wollte Rani wissen. »Sind Sie verletzt?« Doorn antwortete nicht, sondern versuchte sich aufzurichten. Als Rani ihn stützen wollte, wies er ihre Hand schroff zurück. Schließlich stand er unsicher auf den Beinen und sah sich aus verkniffenen Augen um. »Sagen Sie doch etwas!« drängte die Exo-Botanikerin. »Etwas«, brummte er mürrisch. »Wie bitte?« Doorn seufzte. »Sie baten mich, etwas zu sagen. Das habe ich getan. Sonst noch was?« »Offenbar geht es Ihnen wirklich nicht gut!« konterte Rani kopfschüttelnd. Doorn wandte sich ab und schritt zu Wonzeff, Gorm und Kaplan. Dort angekommen blickte er wieder zu Martell und den Frauen herüber. »Jeder kommt dran. Und vielleicht nicht nur einmal! Sie wringen dir das Hirn aus. Drehen das Innerste nach außen - und wieder zurück! Aber danach ist trotzdem nichts mehr wie vorher...« »Psychoverhör?« fragte Martell. Doorn nickte dumpf. Martell seufzte in Gedanken: Wenn dieser maulfaule Kerl nur einmal die Zähne auseinanderbekäme und man ihm nicht jedes Wörtchen aus der Nase ziehen müßte! Daß Dhark und andere mit ihm auskommen ist ein Wunder galaktischen Formats! Hätte er es nicht ohnehin gewußt, spätestens jetzt wäre ihm klar geworden, daß Ren Dhark aus ganz anderem Holz geschnitzt war als er selbst. Martell war Offizier gewesen und würde immer Soldat bleiben. Er erwartete auf eine
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klare Frage eine klare Antwort. Dhark hingegen nahm die Menschen in seinem Umfeld, wie sie waren, und stellte sich auf sie ein. Und noch etwas erkannte Martell in diesen Sekunden: Sie alle waren drauf und dran überzuschnappen. Die unterschwellige Aggression stieg unaufhörlich. Sie alle schienen nur noch auf den Funken zu warten, der das Pulverfaß zur Explosion brachte. Auch er hatte gerade kurz davor gestanden, Doorn anzubrüllen. Auch wenn dies in solcher Lage normal war, mußte dem entgegengewirkt werden... »Doorn, versuchen Sie mit Anja Field, den Türmechanismus zu knacken«, ordnete er an. »Wenn Sie über das Psychoverhör nicht reden wollen, lassen Sie es, nur wären wir verständlicherweise gern auf das vorbereitet, was uns erwartet, wenn die Insektoiden zurückkehren, um ihr nächstes Opfer zu holen. - Anja, was ist mit Gorm? Braucht er medizinische Hilfe?« Er fragte nicht, wer sie ihm hätte gewähren sollen. »Nein, nur paralysiert, wie es aussieht«, erwiderte die Mathematikerin. »Ihm scheint sonst nichts zu fehlen. Arc macht mir mehr Sorgen.« Der Sibirier winkte ab. »Ich fühle mich blendend«, log er. »Kommen Sie endlich, tun wir, was Martell verlangt hat!« Für den wortkargen Sibirier war das schon eine regelrechte Rede. Anja hob die Brauen, warf Martell einen letzten Blick zu, dann folgte sie Doorn zur Tür. Wenn die Fremden sich mit Riker ebenso lange beschäftigten wie mit Doorn, hatten sie ungefähr eine halbe Stunde. Was das Verrinnen dieser Frist anging, mußten sie sich auf ihr Gefühl verlassen. Arc Doorn stellte sich vor die fremdartigen Sensorfelder. Seine Hände schwebten darüber, ohne etwas anzufassen. Er sah dorthin, wo ein winziger haarrißschmaler Spalt die Tür andeutete. Nach einer Weile berührte er die Sensoren schließlich doch und lauschte. »Ich glaube nicht, daß das ein Türschloß ist«, sagte er. »Was sollte es sonst sein?« Der Sibirier zuckte mit den Schultern. »Entweder ein
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Beobachtungs-Instrument --oder...« »Oder?« »... ein Vernichtungsmechanismus«, schloß er lapidar. Als Dan Riker aufwachte, glaubte er sekundenlang den Schatten eines G'Loorn zu sehen. Aber das konnte auch eine Täuschung sein. Rasende Kopfschmerzen erschwerten ihm das Denken. Der Schockstrahl, mit dem der Insektenkrieger ihn vorübergehend außer Gefecht gesetzt hatte, zeigte unangenehme Nachwirkungen. Riker verwünschte seine Unbeherrschtheit, die ihm diese Qual eingebracht hatte. Metallspangen umschlossen seine Handgelenke und Unterarme, die Fußgelenke und Waden. Selbst der Oberkörper wurde von solchen Fesseln gegen die Rückenlehne des Sitzes gedrückt. Über seinem Kopf schwebte etwas, das Riker nicht erkennen, nur erahnen konnte. Jeder Versuch, den Kopf zu drehen, um besser sehen zu können, führte nur zu noch stärkeren Schmerzen. War die Marter in seinem Schädel etwa gar nicht die Nachwirkung des Paralyse-Treffers? Als er an Bord des Spindelraumers erwacht war, hatte er auch keine Kopfschmerzen verspürt... Wieviel Zeit war vergangen? Verronnene Zeit ist ohne Bedeutung. Nutze die Zeit, die dir noch bleibt! Es war eine fremde Stimme, die in ihm schwang. Im gleichen Moment, in dem sie direkt in sein Bewußtsein zu dringen schien, nahm er synchron dazu über sein Gehör die für die Insektoiden typische Lautäußerung wahr. Echohaft begleitet von... Angloter! Es war der identische Effekt, wie sie ihn in der Stadt auf dem Namenlosen Planeten erlebt hatten. Eines jener Übersetzungsfelder, die es den verschiedensten Spezies ermöglichte, sich untereinander zu verständigen, war offenbar auch hier existent. Eigenartiges Leuchten begleitete die gesprochenen Worte, die simultan in der summenden und zischenden Sprache der Insektoiden wie auch in Rikers vertrauter Muttersprache erklangen. »Nutze die Zeit«, vernahm er jetzt. »Sprich zu uns.« »Und was wollt ihr von mir hören?« fragte er. Er sah jetzt
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die Gestalten, die in seinem Blickfeld auftauchten. Insektenhafte Soldaten. Keine G'Loorn. Sie bedienten seltsame Instrumente, deren antennenartige Stummel auf Riker gerichtet waren. Zunächst spürte er nichts. »Wahrheiten!« »Und welche Wahrheit wäre genehm?« erkundigte er sich mit kaltem Spott. Wahrheiten gab es viele - mindestens so viele wie Fragesteller. Das schien ein Naturgesetz des Universums zu sein. Seine Kopfschmerzen verstärkten sich so abrupt und extrem, daß ihm die Tränen in die Augen schössen. Unwillkürlich stöhnte er auf. »Wahrheiten über dich. Über die anderen, die Skythen. Du darfst jetzt sprechen.« Die Kopfschmerzen ebbten ab. Aber die Worte hallten überdeutlich in Rikers Bewußtsein nach, erfüllten sein ganzes Ich und ließen es nicht zur Ruhe kommen. Durch seine Adern schien flüssiges Feuer zu rinnen. Es fraß in ihm. Verlosch wieder. »Über dich. Die anderen. Die Skythen. Darfst jetzt sprechen.« »Skythen?« echote Riker verständnislos. Wieder flammte es auf: »Dich. Anderen. Skythen. Sprechen. Jetzt.« »Ich bin Dan Riker, ein Mensch. Die anderen sind auch Menschen. Ihr kennt uns doch! Skythen? Ich weiß nicht, was ihr meint!« Schon waren die Kopfschmerzen wieder da. Zugleich kehrte das Feuer zurück, das seine Adern durchfloß. Stärker als zuvor schüttelte es ihn, ließ ihn sich in fiebrigen Krämpfen winden. Bis zu diesem entsetzlichen Augenblick hatte ein Teil von ihm das Geschehen offenbar für eine Art Traum gehalten, etwas, das wie ein Film vor seinem geistigen Auge ablief, ohne ihn wirklich selbst zu betreffen. Trotz der sich sehr real bemerkbar machenden Schmerzen hatte er irgendwie neben sich gestanden und sich beobachtet, gestaunt und gerätselt... Nun aber war er in sich gegangen und hatte begriffen, daß
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er sterben konnte, wenn die Insektenkrieger den Druck auf ihn noch weiter erhöhten. Ab einem bestimmten Punkt würde es kein Zurück mehr geben. »Wahrheiten!« dröhnte es in ihm. »Ihr seid Verbündete der Skythen! Warum? Was bindet euch an sie? Was versprecht ihr euch von ihnen? Was haben sie euch versprochen? Oder handelt ihr unter Zwang?« Plötzlich wurde die Stimme einschmeichelnd weich. Zugleich begann ein wohliger Schauer durch Rikers Körper zu rieseln. Eine angenehme Wärme, ein Phantom von Zuneigung, Schönheit... all dies vermischte sich. Zugleich formulierte sich die wortlose Botschaft in ihm, daß die G'Loorn seine Freunde seien, und die Klonkrieger die Instrumente seiner Freunde... »Klonkrieger?« Riker zuckte zusammen. »Wir«, kam es zurück. »Wir, die wahrhaft Seligen der Chronosphäre. Auch du kannst unser Glück teilen.« Wieder ein Begriff, mit dem Riker nicht wirklich etwas anfangen konnte: Chronosphäre. Eine Sphäre, in der dem Ablauf der Zeit eine besondere Bedeutung zukam? Er erhielt keine weiteren Informationen, aber der Begriff >Glück< schien ihm angesichts ihrer bisherigen Erlebnisse wie blanker, haarsträubender Hohn. Schon schwand das Wohlgefühl - Feuer und Schmerz kehrten zurück, noch einmal stärker als zuvor. »Warum willst du die Skythen zu Freunden haben? Warum nicht die G'Loorn? Die Skythen können dir und deinen Artgenossen nicht helfen. Sie sind eure Feinde, die euch nur ausbeuten wollen. Ihr werdet sterben, alle. Die G'Loorn könnten euch beistehen. Sie würden gerne eure Freunde sein.« »Freunde«, preßte Riker hervor. »Freunde? Bestien, die intelligente Lebewesen quälen und sich von deren Emotionen ernähren? Auf solche Freunde können wir verzichten!« Er versuchte, den Kopf zu schütteln, aber es mißlang. Erneut überschwemmte ihn die Marter. Doch dann kehrte das Wohlgefühl zurück, die geradezu aufdringliche Freundlichkeit. »Du wirst uns schon noch zu schätzen lernen, denn die
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Skythen könnten niemals so gut zu dir sein wie wir...« »Verdammt, ich habe keine Ahnung, wer diese Skythen sind!« brüllte Riker. »Ich kenne nur die G'Loorn - und euch! Aber...« »Du kennst die G'Loorn noch lange nicht!« füllte die dröhnende Stimme sein Bewußtsein total aus, und der Schmerz schwoll noch mehr an, raubte ihm schier die Sinne. Aber nur beinahe. Er schrie immer noch verzweifelt, hoffte, daß es ein Ende finden würde, und er war beinahe so weit, lieber sterben zu wollen, als diese teuflische Folter eine Zehntelsekunde länger ertragen zu müssen... Aber niemand tötete ihn, und er selbst war nicht dazu in der Lage, sich umzubringen. Er mußte aushallen, viele Zehntelsekunden lang, die sich wie eine Ewigkeit dehnten, wie Milliarden von Jahren, länger als ein Universum benötigte, um aus dem Urknall zu entstehen und wieder in sich zusammenzusinken. Du kennst die G'Loorn noch lange nicht! O doch, er kannte sie jetzt! Sie waren das Grausamste, was er jemals gesehen oder zu spüren bekommen hatte - und was er hier durchlitt, war ja nur ein Vorgeschmack auf das, was anderen Wesen angetan wurde. Geschöpfe, die von den Ducks eingesammelt und in die QUIET ZONE gebracht wurden. Nur... ein... Vorge... Als nächsten holten sie Ian Kaplan. »Es muß eine Möglichkeit geben, sie zu veranlassen, damit aufzuhören«, murmelte Riker. Er war wieder zu sich gekommen, noch während die Klonkrieger ihn stumm und roboterhaft stur zu den anderen zurückverfrachtet hatten. Inzwischen waren auch die übrigen Gefährten erwacht und schauten zu Dan Riker herüber, als wollten sie von ihm endlich erfahren, was sich jenseits der Tür abspielte und worüber Doorn schwieg. Aber auch er brachte es nicht fertig, darüber zu reden. Es war, als unterläge er einer inneren Blockade. Sie machten ihm sein Schweigen zum Vorwurf, ebenso wie
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Doorn, setzten Riker aber dennoch darüber in Kenntnis, was der Sibirier in dem Ding an der Tür erkannt zu haben glaubte. Obwohl alles in Riker danach schrie, Inhalt und Methode des Verhörs preiszugeben, blieben seine Lippen versiegelt. Anja Field hatte sich sofort seiner annehmen wollen. Doch er wehrte sie fast brüsk ab. Etwas in ihm wollte jetzt einfach in Ruhe gelassen werden. Aber er war und blieb Ren Dharks Stellvertreter. Wie konnte er da einfach sitzenbleiben und abwarten? Er mußte die Initiative ergreifen...! »Wir müssen sie austricksen«, gab er sich einen Ruck. »Dieses Gerät an der Tür...« Wie Doorn dessen Sinn und Zweck herausgefunden haben wollte, blieb allen rätselhaft, aber sie wußten, daß er ein geradezu phänomenales Einfühlungsvermögen in Fremdtechnologien besaß. »Gibt es eine Möglichkeit, den Mechanismus zu blockieren oder zu zerstören?« »Warum?« fragte Doorn. »Um unsere Gegner aus der Reserve zu locken«, sagte Riker. »Wenn sie kommen, um einen von uns vom Verhör zurückzubringen und den nächsten zu holen, sind sie vorbereitet. Sie rechnen damit, daß wir sie angreifen.« »Wir könnten«, bewies Gorm, daß solche Tricks zu dem Handwerk gehörten, das er am besten beherrschte, »uns eine Weile passiv verhalten. Wenn sie dann den letzten von uns holen, und sich dabei ganz und gar sicher fühlen, gehen wir vereint gegen sie vor.« »Das würde bedeuten, daß - von einem abgesehen - jeder das durchmachen müßte, was Doorn, Riker und jetzt auch Kaplan erlitten haben. Das gefällt mir nicht«, widersprach Martell und fügte hinzu: »Schon aus ganz eigennützigen Gründen.« »Vergessen wir diese Idee«, sagte Riker. »Wir vergeuden damit nur wertvolle Zeit. Wir müssen jetzt handeln. Sofort!« Ein fremder Gedanke aus dem Verhör blitzte in ihm auf: Verronnene Zeit ist ohne Bedeutung. Nutze die Zeit, die dir
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noch bleibt! »Arc, ich frage noch einmal: Läßt sich der Mechanismus beschädigen oder zerstören? Das hätte den weiteren Vorteil, daß sie dann nicht mehr vorher, nicht mehr über die Fernbeobachtung, wüßten, wo wir gerade gehen und stehen. Wir würden sie überraschend angreifen und vielleicht ausschalten können. Ich habe einen Plan...« Doorn schüttelte den Kopf. »Keine Chance. Auch ich komme nicht an das Innenleben dieses verflixten Dings heran. Vergessen Sie es lieber.« Irgendwie spürte Riker, daß der Sibirier eigentlich etwas ganz anderes hatte ausdrücken wollen. Vielleicht fürchtete er, daß ihre Unterhaltung permanent belauscht und ausgewertet wurde. »Wir müssen also etwas besseres ausknobeln«, nahm er den Gesprächsfaden wieder auf. »Hat jemand einen Einfall?« Er sah kurz zu Doorn, der ihm verschwörerisch zublinzelte. Eine leise Diskussion entbrannte, immer von dem Verdacht überschattet, daß Klonkrieger oder G'Loorn sie beobachten und belauschen konnten. Nach einer Weile suchte Doorn nach Taschen, in die er seine Hände versenken konnte. Als er keine fand, entfernte er sich mißmutig von der Gruppe. Gorm sah ihm nach. »Was haben Sie vor, Doorn?« Der Sibirier gab keine Antwort, sondern entfernte sich einfach von der Gruppe. Selbst jemandem, der sich mit menschlicher Körpersprache kaum oder gar nicht auskannte, mochte klarwerden, daß Doorn nichts mit sich anzufangen wußte. Riker bemühte sich, ihm nicht allzu auffällig mit seinen Blicken zu folgen. Falls er sich im Erfassungsbereich einer fremden Teleoptik befand, durfte er sich nicht verraten. Nach einer Weile näherte Doorn sich wie zufällig wieder dem seltsamen Apparat an der Tür. Als Riker doch einmal kurz hinsah, gab Doorn ihm ein Zeichen. Riker sprang auf. »Verdammt, es führt ja doch zu nichts«, behauptete er laut. »Wir reden uns hier die Köpfe heiß, und
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nichts kommt dabei heraus! Die Fremden sind uns überlegen, wir müssen das akzeptieren, ob wir nun wollen oder nicht. Wir haben nur eine Chance, wenn wir kooperieren!« »Sind Sie wahnsinnig geworden?« stieß Spy Gorm hervor. »Nehmen Sie sich in acht!« brüllte Riker zurück. Wer die Gruppe in diesem Moment beobachtete, achtete garantiert nicht auf den abseits tätigen Doorn, der sich blitzschnell vorbeugte, die Sensorfelder berührte und irgend etwas tat. »Das war's«, rief er plötzlich laut. »Jetzt sind andere dran!« Riker grinste Gorm an und hieb ihm auf die Schulter. »Los«, stieß er hervor. »Zur Tür! Sie werden gleich kommen und nachsehen, was mit ihrem Auge los ist!« Er spurtete los. Die anderen folgten etwas zögernder. »Er hat einen Plan«, entfuhr es Anja Field. »Zwei Räuberleitern«, kommandierte Riker. »Wonzeff rechts, Szardak links. Doorn und Martell - zweite Etage! Die Leichtgewichte noch eins höher auf deren Schultern! Gorm und ich spielen hier unten Köder!« Jemand lachte. Arc Doorn und Martell kletterten bereits auf die Schultern der beiden anderen Männer. Für die beiden Frauen wurde es am schwierigsten, an den schwankenden Gestalten emporzusteigen. Riker und der Elitesoldat gaben ihnen Schützenhilfe. Sie wußten alle, daß nicht die zuunterst Stehenden, Wonzeff und Szardak, es am schwersten hatten, sondern die Frauen. Riker rief: »Wenn die Klonkrieger hereinstürmen, werden sie nach rechts und links schauen, aber kaum nach oben! Gorm und ich lenken sie zusätzlich ab, auch auf das Risiko hin, geschockt zu werden. Laßt euch auf sie fallen, entwaffnet und schockt sie! Keine Rücksicht nehmen!« »Klonkrieger?« keuchte Wonzeff. »Was -?« »Erkläre ich später, wenn uns noch Zeit dafür bleibt«, wich Riker aus und wunderte sich, daß er seine Sprachhemmung sekundenlang hatte umgehen können. »Schlagt ihnen auf den Übergang zwischen Kopf und Körperpanzer«, riet Martell. »Da sind sie wahrscheinlich am verwundbarsten!«
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Dann übten sie sich in Geduld, hoffend, daß die Insekten tatsächlich reagierten, wie Riker es vorausgesagt hatte. Szardak und Wonzeff schwitzten unter dem Gewicht der auf ihren Schultern Stehenden. Die wiederum hatten Mühe, sich auszubalancieren und nicht abzustürzen. Wäre hinter ihnen keine Wand gewesen, gegen die sie sich stützen konnten, das Vorhaben wäre zum Scheitern verurteilt gewesen. Schließlich waren sie keine Artisten. »Verdammt, wenn nicht bald einer kommt, bleibt uns keine Kraft mehr, ihnen eins auf die Nuß zu geben«, keuchte Wonzeff. »Martell, müssen Sie mir unbedingt das Schlüsselbein zertrümmern?« Martell setzte zu einer Antwort an, aber im nächsten Moment öffnete sich der Durchgang. Neben- und hintereinander stürmten acht Klonkrieger den Raum. Schulmäßig sicherten sie sofort nach allen Seiten. Riker und Gorm zogen laut brüllend ihre Aufmerksamkeit auf sich, ehe die Insektoiden erkannten, daß sich die Hälfte der Gefangenen über ihnen in luftiger Höhe aufhielt. Schockstrahlen flirrten. Gorm überschlug sich mehrmals. In diesem Moment ließen sich Anja und Rani von oben auf die etwa zwei Meter hoch gewachsenen Insektenkrieger fallen. Martell und der Sibirier taten es ihnen sofort nach. Fäuste und Handkanten wirbelten. Dann hielt Anja Field eine der Schockwaffen in ihren Händen und machte sofort radikalen Gebrauch davon. Wonzeff bekam die nächste Waffe in die Finger - er nahm sie einem der wie erstarrt innehaltenden Krieger ab. Der Kampf war binnen weniger Sekunden entschieden. Martell warf Riker eine der Waffen zu. Riker fing sie auf und sah über die durcheinander liegenden Fremden hinweg. »Wir paralysieren sicherheitshalber alle«, ordnete Riker an. »Wir könnten sie befragen«, warf Rani Atawa ein. »Oder sie zwingen, uns zu lan zu bringen.« Aber Riker winkte ab. »Ich glaube kaum, daß wir etwas von ihnen erfahren würden, was uns nützt.« Wieder fauchten die Waffen. Danach rührte sich keiner der Klonkrieger mehr.
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Acht Menschen - acht Schockstrahler. Spy Gorm hatte sich wieder erhoben. Er humpelte leicht. »Nur ein Streifschuß«, murmelte er mit schmerz verzerrte m Gesicht. »Daran stirbt man nicht.« Daran nicht... Unwillkürlich zuckte Riker zusammen. Zumal im gleichen Moment Arc Doorn vor sich hin murmelte: »Daran sicher nicht.« Was bedeutete das? Standen sie unter einer Art Gedankenüberwachung? Aber jetzt darüber zu grübeln, hätte Selbstzweifel und einen Verlust ihrer Schlagkraft bedeutet. »Mir nach. Wir sollten versuchen, den Verhörraum zu finden und Kaplan herauszuholen. Noch besser wäre es, wenn wir die Zentrale fänden.« »Ohne Tyler werden wir kaum mit dem dortigen G'Loorn fertig...« »Und mit Tyler stirbt er uns wieder. Dann hängen wir abermals im Weltraum zwischen den Resten eines zerfallenden Schiffes, nur haben wir diesmal unsere Raumanzüge nicht an«, konterte Riker. »Bewegung, Freunde! lan hat uns sicher noch nie so herbeigesehnt wie -« Weiter kam er nicht. Weiter kam niemand. Fast gleichzeitig brach jeder zusammen, der sich stehend im Raum befunden hatte! Als sie nach Ungewisser Zeit wieder erwachten, befand sich lan Kaplan, den sie hatten befreien wollen, zwischen ihnen. Dafür fehlte Janos Szardak... Sie lagen wieder in ihrem vertrauten Gefängnis. Blitzschnell mußten die Insekten sie mit Lähmstrahlen überschüttet haben. So schnell, daß sie nicht einmal zu sagen vermochten, an welcher Stelle des Korridors es sie erwischt hatte. Besonders weit konnten sie jedenfalls nicht gekommen sein. Niemand erinnerte sich an etwas, das sich nach Rikers letztem Befehl getan hatte. »Ihr müßt den Burschen mit eurer Aktion trotzdem einen gewaltigen Schrecken eingeflößt haben«, behauptete Kaplan mit einem Kopfnik-ken in Richtung der
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bewaffneten Insektenkrieger, die jetzt starr und unbeweglich an verschiedenen Stellen des Raumes postiert waren. Je zwei von ihnen zusammen, die Waffen schußbereit, Rücken an Rücken. Wie Zwillingsstatuen standen sie da, und ihre Reglosigkeit ließ sie über ihr furchteinflößendes Äußeres hinaus unheimlich wirken. Nicht einmal die Giants hatten einen dermaßen fremdartigen Eindruck auf die Menschen gemacht... Immer wenn ein Terraner den Doppelposten zu nahe kam, gestikulierten die Insektoiden in unverkennbarer Drohgebärde mit ihren Waffen. Offenbar gab es kaum noch eine Chance, sie zu überrumpeln und zu entwaffnen. Sie waren übervorsichtig geworden und hatten nicht einmal versucht, das von Doorn beschädigte Gerät wieder in Betrieb zu nehmen, sondern lieber gleich lebendige Wachen aufgeboten. Kaplan zeigte sich nicht gesprächiger als Doorn oder Riker vor ihm, aber als Szardak zurückkam und Anja Field geholt wurde, ohne daß es jemand verhindern konnte, ergab es sich, daß Riker und Szardak nebeneinander am Boden saßen und Szardak plötzlich flüsterte: »Scheint so, als hätten auch die G'Loorn vor etwas Angst. Vor den Skythen, schätze ich.« Riker glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Litt Szardak nicht unter der allgemeinen Sprachhemmung nach den Verhören? Er fragte ihn danach. Der Draufgänger mit der Nase aus Bioplastik und einem Pokerface schüttelte den Kopf. »Etwas will mich hindern, darüber zu sprechen, aber ich kann es überwinden. Sie nicht? Nein«, gab er sich selbst die Antwort, »denn sonst hätten Sie ja über das gesprochen, was Sie erlebt haben. Sie und die anderen. Hoffentlich steht Anja das durch.« Das hoffte auch Riker, der die Unheimlichen, die diesen Psychoterror veranstalteten, am liebsten der Reihe nach verprügelt hätte. Aber er schwieg, denn seine private Sorge um Anjas Wohlergehen ging nur ihn etwas an... Er benahm sich noch immer, als ob seine Freunde nicht alle längst gewußt hätten, wie weit die Beziehung zwischen ihm
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und Anja inzwischen gediehen war! Jetzt, während des Gesprächs mit Szardak, besaß auch er keine Sprachhemmung mehr, ganz so als hätten dessen Worte eine Art Initialzündung ausgelöst. Aber über die Skythen wußte Riker weniger zu spekulieren als Szardak, abgesehen davon, daß er den Eindruck gewonnen hatte, die Skythen seien Feinde der G'Loorn. »Aber damit ist noch nicht geklärt, wer oder was Skythen überhaupt sind. Man beschuldigt uns, ihre Verbündeten zu sein! Ob sie damit die Giants meinen? Immerhin griffen wir sie im Col-System mit einer Hotte ehemaliger GiantRaumer an!« »Hätten sie dann nicht eher von All-Hütern gesprochen?« gab Szardak zu bedenken. »Auf jeden Fall halten sie uns für deren Verbündete«, erwiderte Riker. »Und das scheint ihnen überhaupt nicht zu passen.« »Sie fürchten die Skythen«, behauptete Szardak. »Warum sonst sollten sie versuchen, uns ihnen abspenstig zu machen? Davon müssen sie sich etwas versprechen.« »Informationen«, sagte Kaplan, der sich leise zu ihnen gesellt hatte. Auch er schien plötzlich keiner Beeinträchtigung mehr zu unterliegen. »Sie denken vielleicht, daß sie uns als die vermeintlichen Verbündeten der Skythen über deren Pläne aushorchen könnten.« »Nur wissen wir nichts von solchen Plänen«, seufzte Riker. »Schade eigentlich - ich würde die Gegner unserer Gegner gerne kennenzulernen, um den G'Loorn mit skythischer Unterstützung ein gewaltiges Feuer unter dem Hintern zu machen!« Inzwischen wurden auch andere auf die Diskussion aufmerksam und rückten näher. Nur Doorn hielt sich wie gewohnt zurück. »Wenn wir weiter belauscht werden, müßte man allein an unserem Gerede ablesen können, daß wir nichts mit diesen ominösen Skythen zu schaffen haben«, meinte Rani Atawa. »Vielleicht läßt man uns bald in Ruhe.« Das erwies sich als Trugschluß. Nach Anja Field holten sie Spy Gorm und schließlich John Martell. Danach war erneut
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Arc Doorn an der Reihe. Und keiner konnte sich dagegen wehren. Als Doorn zurückkehrte, wirkte er noch mitgenommener als nach seinem ersten Verhör. »Schlimmer«, war alles, was sie auf drängendes Befragen über die Qualität dieses zweiten Verhörs erfuhren, und ein jeder befürchtete, daß bereits die dritte Gehirnwäsche irreparable Bewußtseinsstörungen hinterlassen würde. Schließlich war es Szardak, der den Vorschlag machte, daß ab jetzt jeder, der auf dem Verhörstuhl landete, damit drohen sollte, sich selbst zu töten. »Tote können sie nicht mehr ausquetschen!« »Der Bluff platzt doch im gleichen Moment, in dem der erste von uns sich gezwungen sieht, diese Drohung wahr zu machen. Will einer von uns dann wirklich Selbstmord begehen, nur um glaubwürdig zu bleiben?« Dan Riker rieb sich den Fleck am Kinn. »Wer redet von Bluff!« erwiderte Szardak ernst. »Dann brauchten wir uns hier und jetzt gar nicht mehr darüber zu unterhalten! Immerhin werden sie unser Vorhaben durchschauen, weil sie uns ständig belauschen. Für mich sieht es aus, als wären diese seltsamen Übersetzungsfelder auch hier in diesem Raum wirksam.« »Sie wirken überall im Raumschiff«, vermutete Riker. »Möglicherweise sogar, damit sich die G'Loorn und ihre Klonkrieger untereinander verständigen können. Wenn ich mir diese unglaubliche... Arroganz des G'Loorn überlege, den wir auf dem Pilzplaneten erlebt haben, könnte ich mir vorstellen, daß die G'Loorn es gar nicht für nötig halten, die Sprache anderer zu erlernen. Sie sind ja nur an deren Emotionen interessiert.« Anja Field sah Szardak an und schüttelte den Kopf. »Ich kenne Ihre Einstellung zu Gefahrensituationen dieser Art, seit wir damals auf Hope Gefangene der Nogk waren, Janos. Aber ich bin nicht bereit, mein Leben einfach wegzuwerfen. Als Tote können wir nicht mehr befragt werden, das stimmt. Aber als Tote können wir auch nichts mehr bewirken. Außerdem würde es den Überlebenden nicht den kleinsten Vorteil bringen.«
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Szardak sah sie nachdenklich an, dennoch beharrte er: »Wenn sie merken, daß wir uns dem Verhör durch Suizid entziehen wollen, werden sie vielleicht auf weitere Psychospielchen verzichten und uns statt dessen den G'Loorn zum Fraß vorwerfen. Das heißt, wir werden dem Seelenfresser - vermutlich ist es wieder nur einer, der dieses Raumschiff kommandiert - als mentale Nahrung dienen. Schon allein deshalb werden sie auf jeden Fall verhindern wollen, daß wir uns alle selbst umbringen.« »Hat jemand eine bessere Idee?« fragte Martell und sah in die Runde. Niemand antwortete. Es gab noch eine einzige Alternative: Sie konnten abwarten und hoffen. Und sich währenddessen fragen, was eigentlich aus Tyler geworden war - oder aus Ren Dhark...
9. Die POINT OF durchflog die QUIET ZONE, als hätte es niemals Probleme mit diesem Sektor gegeben. Trotzdem fühlten sich die Menschen im Ringraumer alles andere als sicher. Sie bewegten sich durch Feindesland! Mit hoher Überlichtgeschwindigkeit tasteten sie sich ihrem Ziel entgegen, ohne dabei in ihrer Vorsicht nachzulassen. Ralf Larsen, der gegenwärtige Kommandant, war und blieb mißtrauisch. Der überlichtschnelle Sternensog-Antrieb der POINT OF funktionierte in seiner modifizierten Form bislang störungsfrei. Doch jederzeit mußte mit dem Auftauchen feindseliger Raumschiffe gerechnet werden - Schiffe der G'Loorn oder der Sukooren. Wenn sie die POINT OF orteten, war es mit dem Anpirschversuch vorbei. Denn spätestens dann wußten die Beherrscher der QUIET ZONE, daß es außerhalb dieser >stillen< Zone Beheimateten gelungen war, einzudringen und effektiv zu manövrieren. Sie würden alles daran setzen, die POINT OF unschädlich zu machen oder wenigstens zu vertreiben. Ob sich unter
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diesen Umständen noch die Möglichkeit ergab, der Gruppe Dhark zu helfen, war fraglich. Deshalb legte Larsen größten Wert darauf, daß die Annäherung an das SukoorenSystem unbemerkt gelang. Astronomen, Astrophysiker und auch der Kontinuumexperte Vandekamp waren völlig aus dem Häuschen. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte der Ringraumer ein paar Jahre - Jahrhunderte! -durch die QUIET ZONE fliegen können. Die Raumcontroller der POINT OF waren permanent im Einsatz. Daß sie keine fremden Raumschiffe ausmachten, war für die bordinterne Wissenschaftssektion vom geringsten Interesse. Eine enorme Datenfülle war zu sichten - und sie wuchs unaufhörlich weiter an. Mehr als einmal stöhnte Jens Lionel auf: »Hoffentlich ist der Checkmaster mit ausreichender Speicherkapazität bestückt! Mit all den Terabytes, die wir ihm bisher aufgeladen haben, wäre jede astronomische Station unserer Planetenbasen und jedes terranische Raumschiff der Post-Giant-Ära hoffnungslos überfordert! Die Suprasensoren würden sich schlicht und ergreifend in Wohlgefallen auflösen...!« Jerome Sheffield, der sich für eine halbe Stunde weiträumig von jeder Arbeit fernhielt und einen Kaffee aus der Kantine trank, meinte säuerlich: »Vielleicht werden auch wir kapitulieren müssen, zumindest aber die Gesetze der Astrophysik neu formulieren...« Vandekamp winkte ab. »Müssen Sie so untätig herumsitzen, während uns die Datenfülle schwindelig macht?« Sheffield ließ sich nicht um die verdiente Ruhe bringen. Er war kein Faulpelz, der das eigene Arbeitspensum auf andere delegierte. Er schöpfte aus Pausen neue Kraft und Inspiration. Schließlich hatte er, wie die gesamte AstroAbteilung, einen gehörigen Anteil daran, daß die POINT OF überhaupt >zonentauglich< geworden war. Jens Lionel schaltete sich nicht in den Disput ein, obwohl ihm Sheffield auch oft genug auf den Nerven herumtrampelte, aber im Gegensatz zu Vandekamp, der
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seinen ersten Flug an Bord der POINT OF machte, hatte sich Lionel schon auf Hope an die Eigenheiten seines Kollegen gewöhnt. Hope... Cattan... alles vorbei... vernichtet... mit einem Schlag ausradiert von den verfluchten G'Loorn... alle Hoffnungen und Träume, alle Ängste und Sorgen, alle Entbehrungen und Anstrengungen... Flüche und Gelächter schwerschuftender Siedler, die unter unwirtlichsten Bedingungen um eine neue Heimat gerungen hatten... Alles vorbei. Die Stadt, die Siedler, ihre Geschichte. Nur noch eine Erinnerung und Daten in irgendwelchen Rechnern... Lionel schüttelte sich. Die Gegenwart holte ihn wieder ein. Als Wissenschaftler begeisterte er sich stets aufs neue an den Wundern des Kosmos, an den Geheimnissen, die es zu lüften oder wenigstens zu dokumentieren galt. Und Lionel zweifelte fast daran, daß ein Menschenalter genügen würde, um sich mit all den Erkenntnissen auseinanderzusetzen, die während dieses Flugs der POINT OF gewonnen wurden. Die QUIET ZONE war ein Phänomen, das seinesgleichen im erreichbaren Universum suchte! Eines stand nach den bisherigen Messungen fest und bestätigte die Annahmen irdischer Astronomen aus dem vorigen Jahrhundert: Das vermutete Super Black Hole im Zentrum der Milchstraße existierte tatsächlich! Aber es gab ihnen unerwartete Rätsel auf. Hertog, Dongen und Vandekamp vertraten einhellig die Meinung, daß an diesem Moloch gedreht worden war! »So wie an denen in der Schale rings um die QUIET ZONE?« fragte Sheffield, der hörbar genüßlich einen letzten Schluck aus dem Kaffeebecher nahm. »Genau so!« bekräftigte Vandekamp. Sheffield begab sich wieder an seinen Arbeitsplatz und versuchte herauszufinden, in welcher Form Unbekannte an dem Super Black Hole gedreht haben konnten, um die beobachteten abnormen physikalischen Einflüsse in der QUIET ZONE hervorzurufen. Lionel wollte an eine Manipulation nicht glauben. »Herrschaften, um ein Schwarzes Loch manipulieren zu
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können, muß man doch eine Zugriffsmöglichkeit finden, und vor allem unwahrscheinlich große Energiemengen aufwenden, um aus einem sicheren Bereich jenseits des Ereignishorizonts heraus Kräfte wirksam werden zu lassen! Dieser sichere Bereich ist jedoch so weit vom Zentrum des Schwarzen Loches entfernt, daß allein durch die Energieabnahme mit dem Quadrat der Entfernung... Sheffield, was tun Sie da?« Der Angesprochene fütterte über sein Terminal den Checkmaster mit neuen Daten. »Mal sehen«, brummte er dazu, »ob dieser verdammte Blechkasten nicht wenigstens einmal zu etwas gut ist!« Der Superrechner der Mysterious, jedem Suprasensor irdischer Produktion und auch den Computern der AllHüter überlegen - auch wenn der Grad dieser Überlegenheit noch nicht bezifferbar war -, hatte schon einige Male kapituliert, als es noch darum gegangen war, herauszufinden, in welcher Konstante sich die QUIET ZONE vom normalen Weltraum unterschied. Jetzt kapitulierte er nicht. Er benötigte für seine Berechnung weniger als eine Minute. Die Männer in der Astro-Abteilung starrten fasziniert auf die Schriftsymbole der optischen Ausgabe. Vermutung bestätigt, stand dort zu lesen. Mehr nicht! Keine Spekulationen, aber auch keine Fakten! Nur diese simple Bestätigung, daß das Super Black Hole tatsächlich manipuliert worden war! Wie das allerdings geschehen sein konnte, darüber schwieg sich der Checkmaster aus. Basisinformationen nicht ausreichend. Höherer Input erforderlich! erfuhren sie auf eine neuerliche Anfrage. Sheffield war es, der den Checkmaster anwies, seine Erkenntnisse in die Zentrale zu überspielen. Dort nickte Ralf Larsen nur. Auch er hatte schon vermutet, daß das Black Hole manipuliert worden war. Anders ließen sich die permanenten Störungen nicht erklären, die die Scanner des Ringraumers immer wieder beeinflußten und teilweise lahmlegten. Störungen, die Tausende von Lichtjahren weit
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in den Raum ragten, für falsche Ortungsresultate und Verzerrungen des Raum-Zeitgefüges sorgten, die auch auf den Antrieb der POINT OF einwirkten. Das gab Larsen zu denken! Selbst der umgestellte Antrieb unterlag hier und da Leistungsschwankungen, und das jedesmal, wenn auch die Scanner irritiert wurden und Tino Grappa sich die Haare raufte. Der junge Mailänder, dem man nachsagte, mit seinen Ortungen verheiratet zu sein, schaffte es zwar jedesmal, mit Hilfe des Checkmasters Fehlmessungen zu korrigieren, aber das schaffte diese Fehler de facto nicht aus der Welt, und auch nicht die damit korrelierenden Fehlleistungen des Antriebs. Chris Shanton, bei Miles Congollon im Maschinenraum, hatte dafür einen neuen, wenn auch völlig unwissenschaftlichen Begriff geprägt: »Der Sternensog wackelt!«Um aber gleich darauf eine verbale Beruhigungspille nachzuschieben, ergänzte er: »Ein Dackelschwanz wackelt auch, bricht aber nicht ab!« Worauf ein paar Leute seinen Robothund Jimmy bezeichnend ansahen, dessen Rute auch zu heftigen Wedelerscheinungen neigte, wenn das Programmhirn befahl, die Emotion >Freude< auszudrücken. »Jimmy ist kein lausiger Dackel, sondern ein Scotchterrier!« knurrte Shanton erbost. »Ihr Jimmy ist ein Brikett auf Beinen«, korrigierte Chief Miles Congollon gelassen und hatte die Lacher auf seiner Seite. In der Zentrale der POINT OF dagegen lachte niemand. Gerade wackelte der Sternensog wieder einmal. Und gerade machte Tino Grappa eine weitere, schier unglaubliche Entdeckung. »Vor dem Super Black Hole befindet sich ein Planet im Orbit! Distanz zum Black Hole sechs Lichtmonate!« Larsen riß es förmlich herum. »Im Orbit, ein Planet? Keine Station?« Auch die anderen Männer und Frauen in der Zentrale widmeten Grappa jetzt ihre Aufmerksamkeit, bis Hen
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Falluta, der Bebir abgelöst hatte und neben Larsen im KoSitz die Steuerung des Ringraumers überwachte, zur Ordnung rief und die Zentrale-Crew aufforderte, sich wieder um ihre eigenen Datenkonsolen zu kümmern. »Wenn es eine Station wie die am Rand der QUIET ZONE ist, die Doraners Flash bei Annäherung unter Feuer genommen hat, dann ist sie verdammt riesig. Moment...« Er spielte mit seinen Ortungen und zoomte das Zielobjekt näher heran. Über Lichtjahrdistanzen tasteten die Scannerstrahlen nach dem Objekt. »Distanz zum Black Hole-Zentrum sechs Lichtmonate, drei Lichttage. Objekt kreist aber nicht, sondern behält seine fixe Position bei.« »Wie die Station am Außen-Black Hole«, murmelte jemand. »Objekt ist halb erdgroß. Exakte Analysen über diese Distanz nicht möglich. Distanz zum System der Sukooren: zwei Lichtjahre. Daten gehen an Astro-Abteilung zur Überprüfung.« »Die werden sich freuen«, brummte Larsen. »Grappa, wenn Ihre Messungen stimmen...« »Kein Wenn, Larsen. Die Messungen sind korrekt. Ich checke gerade die Scanner. Keine Defekte, keine Fehljustierung.« Grappa klang verärgert. Wenn man ihm Fehler vorwarf, reagierte er empfindlich, auch wenn sicher feststand, daß nicht er selbst für diese Fehler verantwortlich war. Die Bordverständigung sprach an. Jens Lionel meldete sich. »Ihr Datensatz 5-320 - beruht der nicht auf einer Fehlmessung?« Grappa seufzte. »Nein«, sagte er in erzwungener Ruhe, doch man hörte ihm trotzdem den inneren Groll an. »Aber ein Objekt dieser Größe kann nicht so nahe an dem Super Black Hole stehen!« protestierte der Astronom. »Es müßte das Schwerkraftzentrum mit vielhundertfacher Überlichtgeschwindigkeit umlaufen, um nicht hineingezogen zu werden!« Larsen schaltete sich ein. »Die Stationen, die mutmaßlich vor allen Black Holes rings um die QUIET ZONE hängen,
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befinden sich doch auch im Fix-Orbit und sind viel zu nahe dran! Wenn Sie jetzt den Faktor Tausend hineinrechnen, oder einen noch größeren Wert - ich kenne mich in diesen Dingen nicht aus...« »Das merkt man«, knurrte Lionel verstimmt. »Schon der Begriff Fix-Orbit ist wissenschaftlich unmöglich. So was gibt es gar nicht. Ein Orbit ist immer eine Umkreisung, selbst wenn das Objekt im stationären Orbit seine Position relativ zur Oberfläche des...« »Lionel, ich will mich damit auch nicht auskennen«, unterbrach Larsen. »Das ist Ihr Job. Meiner ist es nur, ein Raumschiff zu führen und mich auf meine Wissenschaftssektion zu verlassen. Grappas Messungen sind also falsch?« »Sie müssen falsch sein. Oder wir stehen vor einer Unmöglichkeit, denn die überspielten Daten würden sonst sämtliche Naturgesetze auf den Kopf stellen. Wir könnten uns auf überhaupt nichts mehr verlassen.« »Die Daten sind korrekt«, protestierte Grappa, »nur fehlt Ihnen offenbar die Phantasie, damit umzugehen!« »Ende der Debatte«, unterbrach Larsen scharf. »Es geht hier nicht um Schuldzuweisungen oder gegenseitige Beleidigungen, sondern um Fakten. Also bitte, Herrschaften!« Pal Hertog mischte sich ein und drängte Lionel vor der Aufnahmeoptik der Bordverständigung zur Seite. »Während Sie herumstreiten, haben Sheffield, mein Kollege Hu Dao By und ich uns diesen Datensatz vorgenommen.« »Und?« wollte Larsen knapp wissen. »Wir haben ihn auch mit anderen Messungen innerhalb der QUIET ZONE verglichen und glauben herausgefunden zu haben, warum der umgestellte Sternensog unregelmäßig arbeitet. Larsen, dieser Schwerkraft-Gigant, dieses Super Black Hole, sorgt nicht nur für Verzerrungen in magnetischen Feldern und veränderte Schwerkrafteinflüsse, sondern auch für eine Änderung der Lichtgeschwindigkeit!« »Bitte?« Larsens Augen wurden groß. »Die
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Lichtgeschwindigkeit ist eine Konstante...« »... die im Vakuum immer knapp unter 300 000 km/sec beträgt und mit dem Buchstaben >c< definiert wird. Hat Einstein behauptet und darauf seine Relativitätstheorie aufgebaut. Aber Sie wissen doch, daß bereits ein anderes Medium für eine Veränderung dieser Konstante >c< sorgt. Im Wasser oder in farbigem Glas bewegt das Licht sich langsamer, im Innern eines Stahlblocks ist die Lichtgeschwindigkeit gleich Null, weil das Licht sich dort nicht mehr fortbewegen kann! Auch im Weltraum gibt es kein absolutes Vakuum. Aber dort kann das Licht zwischen den Staubpartikeln und Himmelskörpern hindurch strahlen, auch wenn es von Schwerkrafteinflüssen zuweilen stark abgelenkt wird. Hier aber sorgt diese unwahrscheinliche Superschwerkraft des Black Holes dafür, daß es neben Verzerrungen des Raumes und der Zeit auch zu einer Veränderung der Lichtgeschwindigkeits-Kostante kommt!« »Time«, murmelte Larsen. Hertog widersprach. »Es ist nicht wie damals bei der TimeSonne. Vielmehr verdichtet beziehungsweise verdünnt das Super Black Hole in seinem Einflußbereich das RaumZeitgefüge und sorgt dafür, daß in bestimmten Zonen die Lichtgeschwindigkeit größer oder auch kleiner als unser bekannter Wert >c< ist. Deshalb arbeitet auch der Sternensog unregelmäßig, aber nur scheinbar, weil die POINT OF sich innerhalb ihres Intervallfelds befindet und damit den Einflüssen des Black Holes nicht unterliegt. Der Sternensog versucht, sich von drinnen dem Draußen anzupassen. Das heißt, für uns stottert er, für einen Beobachter außerhalb läuft alles wie geschmiert.« »Aber das Intervallum hat doch die anderen Einflüsse der QUIET ZONE nicht von uns ferngehalten«, wandte Larsen ein. »Sonst hätten wir uns doch von Anfang an darin bewegen können.« »Das ist ein anderes Phänomen«, sagte Hertog. »Kollege Hu vermutet...« Grappa unterbrach. »Objekt vor dem Black Hole ist hundertprozentig kugelförmig. Durchmesser 5800 Kilometer. Masse... verdammt, jetzt ist es wieder weg!«
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Für wenige Sekunden herrschte in der Zentrale des Ringraumers -und auch in dem via Bordverständigung mit ihr verbundenen Astro-Lab - absolute Stille. Man hätte eine Mikrobe husten hören können. Dann stieß Larsen hervor: »Wie bitte, Tino? Wie kommen Sie zu diesen exakten Messungen?« »Jetzt zweifeln Sie die doch nicht schon wieder an, Chef!« seufzte der junge Mailänder. »Immerhin habe ich's für einen Moment geschafft, meine Ortungen auf einer veränderten >c<-Welle reiten zu lassen...« Ein paar Menschen in der Zentrale sahen ihn an wie ein Gespenst, aber wie eines, das in psychiatrische Behandlung gehörte. Grappa lehnte sich zurück, riß abwehrend beide Hände hoch und sah Larsen fast verzweifelt an. »Hertogs Bemerkung über eine Manipulation der Konstante >c< hat mich auf eine Idee gebracht! Was dieses Super Black Hole kann, kann ich auch, dachte ich mir, habe meine Ortungen umgestellt und die Taststrahlen in einer wesentlich schnelleren Zone spielen lassen. Woran ich die erkannt habe, fragen Sie mich besser nicht! Aber es reichte, die genannten Daten zu erfassen, und der Checkmaster hat unsere Eigengeschwindigkeit in Relation gesetzt und damit jede Fehlermöglichkeit ausgeschlossen. Beinahe hätte ich auch die Masse des Objektes noch feststellen können, aber ich glaube, ich werde diese Phase nicht wiederfinden, in der das Licht über drei Millionen Kilometer pro Sekunde schnell ist »Drei Millionen?« ächzte Hertog. »Zehnmal so schnell?« »Gleich daneben lag ein Sektor, in dem Sie als Fußgänger Photonen hätten einfangen können«, stellte Grappa nüchtern fest. »Wetten, daß der Checkmaster vor diesem Phänomen wieder mal kapituliert? Larsen, ohne unseren Astrophysikern vorgreifen zu wollen, möchte ich vorschlagen, auf keinen Fall ohne Intervallfelder zu fliegen. Diese unterschiedlichen >c<-Phasen könnten die POINT OF sonst beim abrupten Wechsel von einem Bereich in den anderen auseinanderreißen!« Larsen nickte. Innerhalb der QUIET ZONE dachte er so oder so nicht
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daran, ohne Intervallfeldschutz zu fliegen. Vor allem deshalb nicht, weil sie sich in Feindgebiet aufhielten. In jedem Moment konnten sie von einem zufällig auftauchenden Raumer der Sukooren oder der G'Loorn entdeckt werden - oder das exakt kugelförmige Gebilde, das vor dem Super Black Hole wie festgenagelt im Raum schwebte, machte es wie jene andere Station draußen vor der QUIET ZONE, die die Ortungsstrahlen von Doraners Flash benutzt hatte, um ihrerseits Daten über das nahende Raumfahrzeug zu bekommen und den Angriff einzuleiten! Larsen bewunderte Grappas Initiative. Kaum von dem Phänomen unterschiedlicher Lichtgeschwindigkeiten gehört, hatte er bereits seine Ortungen umgestellt und intuitiv die richtige Phase erwischt, um die Station über gigantische Lichtjahr-Distanzen heranzuzoomen! Und das alles praktisch nebenbei, während die anderen noch stritten und sich gegenseitig zu widerlegen versuchten. Im nächsten Moment war der hitzige Disput vergessen. Der Raumcontroller sprach an. »Gefüge-Erschütterung! Wiedereintrittspunkt auf Blau-7, Rot-14-3,8«, stieß Grappa hervor und hatte damit die Transition eines fremden Raumers gemeldet, der in unmittelbarer Nähe der POINT OF aus dem Hyperraum gekommen war. Larsen schwang im Drehsitz wieder zum Steuerpult herum und löste Alarm für den Ringraumer aus. Der Raumcontroller registrierte ganze Serien von Strukturerschütterungen. Fremde Raumschiffe fielen wie Tropfen aus dem Nichts, um über die Koordinaten Blau und Rot mit Höchstbeschleunigung heranzujagen. Was aber faktisch eine Täuschung war: In Wirklichkeit flogen die Raumer mit der Restgeschwindigkeit, mit welcher sie aus dem Hyperräum gekommen waren, vor der POINT OF her. Es war der Ringraumer, der rasend schnell zu ihnen aufholte! Grappa hatte sie bereits im Griff seiner Ortungen. »Spindelraumer! Energiespektren des Antriebs G'Loorntypisch!« meldete er. »Sieben, neun, zehn Raumer!«
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Und es wurden noch mehr! Die schlanken Raumer, deren Gefährlichkeit sich bei der Raumschlacht - dem Gemetzel - im Col-System gezeigt hatte, fächerten aus, um die überlichtschnell durch die QUIET ZONE jagende POINT OF in einer annähernd halbkugeligen Schale abzufangen. Ob Grappa sie mit unseren Ortungen angelockt hat? dachte Larsen unwillkürlich. Hat das Objekt vor dem Super Black Hole unseren Scan zum Bumerang gemacht und uns jetzt die Spindelraumer auf den Hals gehetzt, weil die eigenen Stationsgeschütze nicht weit genug reichen, um uns hier schon gefährlich zu werden? »... siebzehn...!« zählte Grappa laut mit. In der Bildkugel, dieser 2,68 m durchmessenden dreidimensionalen Bildprojektion, die frei über dem Instrumentenpult in der Mitte der Ringraumerzentrale schwebte, waren sie sichtbar. Auch ohne Grappas aktives Zutun holte die Ortung sie heran und gab sie holographisch vergrößert wieder. Larsens Hände flogen über die Steuerschalter, deren Kontrolle er wieder von Falluta übernommen hatte. Er zwang die POINT OF in einen Ausweichkurs. Im Maschinenraum brüllten Konverter auf, als sie innerhalb von Sekundenbruchteilen mehr als hundert Prozent über normal Energie an den Antrieb zu liefern hatten. Einige der Flächenprojektoren, die unsichtbar in der Unitallzelle des Ringraumers verborgen waren, wurden auf Null geschaltet. Andere erhielten plötzlich die dreifache Energiemenge zugeführt. Der Brennpunkt des Sternensogs wurde in einem bestimmten Bereich gezielter Instabilität ausgesetzt, und über diese Instabilität änderte das Schiff abrupt seinen Kurs. Mit Höchstbeschleunigung jagte es linear davon, und einen Sekundenbruchteil nach der Deaktivierung wurden auch die anderen Projektoren wieder mit Arbeitsstrom versorgt und den bereits hochgeschalteten angeglichen. Während des radikalen Kurswechsels kam im Schiff kein Andruck auf. Die POINT OF flog im Schutz ihres doppelten Intervallfeldes, und innerhalb dieses künstlich
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erzeugten Mini-Weltraums herrschten eigene Gesetze, die Schwer- und Fliehkraft-Einflüsse nicht zuließen. So wie die Massekontrolle verhinderte, daß die Masse des Ringraumers sich bei Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit in Energie verwandelte, so blieb auch die künstliche Schwerkraft ungeachtet aller äußeren Einwirkungen beim einmal eingestellten Wert von einem Gravo. »Drei Spindelraumer auf Kollisionskurs!« warnte Grappa, der die Anzeige seiner Ortungen nicht aus den Augen ließ und der Bildkugel keinen Blick schenkte. Die zeigte zwar plastisch an, wie die Situation im Raum um die POINT OF aussah, aber Grappas Meßresultate waren exakter. Durch das Ausweichmanöver war der Ringraumer in die unmittelbare Flugbahn der drei G'Loorn-Spindeln geraten. »Waffensteuerungen!« gellte Larsens Ruf in die Bordverständigung. Bud Clifton, Chef der WS-West, war wie fast immer einen Sekundenbruchteil schneller als sein Kollege Jean Rochard aus der WS-Ost und meldete: »Nadelstrahl klar!« Rochard bestätigte für seine Abteilung. »Feuern auf meinen Befehl!« wies Larsen die beiden Offiziere an. In sämtlichen Spindelraumern liefen die Energieerzeuger mit maximaler Leistung, doch nur ein Teil davon wurde den Triebwerken zugeführt. Der größte Prozentsatz ging an Schutzschirme und Waffensysteme. Bei den drei Raumern, in deren direktem Zielkurs die POINT OF jetzt lag, wurde die Energieleistung soeben noch erhöht. Grappa rief Larsen zu: »Wenn die nicht gleich das Feuer eröffnen, überlasten sie ihre Speicherbänke, und die fliegen ihnen dann um die Ohren...« Das war nicht gerade eine vorschriftsmäßige Meldung, traf aber den Punkt. Die G'Loorn mußten schießen - oder ihre Energieerzeuger sofort drosseln. Sie drosselten nicht. »Kernschußweite in vierzehn Sekunden«, warnte Grappa vor, der aus dem Checkmaster gespeicherte Daten über die Feuerkraft und Reichweite der Spindelraumer abgerufen
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hatte. »Zu erwartende Intervallbela...« Er kam nicht dazu, zu Ende zu sprechen. Die G'Loorn eröffneten das Feuer vorzeitig! Sie riskierten es nicht, ihre Speicherbänke zu überlasten. Sie jagten die Energie schon jetzt aus ihren Geschützantennen. Grelleuchtende Strahlbahnen rissen die Weltraumschwärze auf und tasteten nach dem doppelten Intervallfeld der POINT OF. Zu früh! Für den Ringraumer bestand aus dieser Distanz noch keine unmittelbare Gefahr. Die Strahlenergie der G'Loorn belastete die Intervalle nicht einmal zu einem Prozent! Larsen nahm die POINT OF wieder aus dem Kurs. Er wollte versuchen, den G'Loorn in einem aberwitzigen Zickzackkurs zu entkommen, der diesen keine Chance für einen Strahlvolltreffer gab. Sie durften sich erst gar nicht einschießen, um die Intervalle der POINT OF mit gesammeltem Dauer-Punktbeschuß zum Zusammenbruch bringen zu können. Die Belastungsanzeige war Beweis genug dafür, daß auch der künstlich erzeugte MiniWeltraum durch Fremdenergie zerstört werden konnte. »Strukturerschütterungen!« schrie Grappa auf. Der Raumcontroller zeigte an, daß fünfzehn weitere Spindelraumer aus dem Hyperraum materialisiert waren. Sie verlegten der POINT OF den Weg! Larsen kam nicht mehr dazu, den Feuerbefehl zu geben die Gedankensteuerung übernahm das Kommando! Feuer aus allen Strahlantennen der WS-West! Selbst der reaktionsschnelle Bud Clifton konnte nichts mehr tun. Niemand hatte noch eine Chance, Einfluß zu nehmen. Blitzschnell hatten sämtliche Strahlantennen einen der Spindelraumer mit Punktfeuer belegt. Blitzschnell wurde dessen Schutzschirm auseinandergerissen, und im nächsten Moment wandelte mehr als ein Dutzend der überlichtschnellen Nadelstrahlen im Zielbereich Materie m Energie um. Im Kurs der POINT OF entstand eine künstliche Mini-Sonne, die ihre Energien innerhalb weniger Augenblicke verstrahlte. Nicht einmal
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Trümmerstücke blieben zurück, als die Gedankensteuerung in einem zweiten Feuerschlag im Zehntelsekundentakt und breiter Auffächerung die auseinanderfliegenden Teile zerstrahlte - ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob es sich nur um glühende Fragmente des zerstörten Raumers handelte oder etwaige Überlebende in Raumanzügen. Larsens wütender Aufschrei verhallte. Die Gedankensteuerung gab das Kommando nicht wieder ab. Ein weiterer Spindelraumer flog als Mini-Sonne auseinander! Im gleichen Moment schössen auch alle von der WS-Ost gesteuerten Strahlantennen auf die Raumer der Halbschale, denen Larsen ausgewichen war. Der nächste Feuerstoß ging ins Leere. Spindelraumer hatten sich in Blitztransitionen durch den Hyperraum abgesetzt, um an einer anderen Stelle des von den Einflüssen des Super Black Hole vergewaltigten Weltraums wieder existent zu werden. »Die wissen, was sie tun«, stieß Larsen erblassend hervor, der selbst keine Blitztransition in diesem Raumsektor riskiert hätte. Seine Erfahrungen als Kommandant eines Transitionsraumers - eines 400-Meter-Kreuzers, den die Giants nach ihrer Niederlage auf Terra zurückgelassen hatten - warnten ihn vor der Gefahr, in einem raumzeitlich nicht kalkulierbaren Bereich Hyperraumsprünge ohne vorherige exakte Berechnungen vorzunehmen. »Die kennen ihre QUIET ZONE!« konterte Falluta. »Die gehen kein Risiko ein!« Oder ihre Computer rechnen schneller als die der Giants, dachte Larsen. Er durfte immer noch Däumchen drehen wie alle anderen Führungsoffiziere. Die POINT OF raste in einem ähnlichen Zickzackkurs davon, wie Larsen ihn beabsichtigt hatte, jagte dabei aber immer wieder Nadelstrahlsalven nach allen Seiten. Die Spindelraumer tanzten von Transition zu Transition. Wer diese wahnwitzigen Manöver koordinieren wollte, mußte entweder ein absolutes Genie oder vollkommen irrsinnig
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sein. Die POINT OF bekam Feuer! »Wie in alten Zeiten...« Wer hatte es gesagt? Egal, denn es stimmte. Schon beim Jungfernflug nach dem ersten Start auf Hope war die POINT OF unvermittelt von Kampfraumern verschiedener Sternvölker angegriffen worden. Die hatten keine Opfer gescheut, den Ringraumer zu vernichten, auch wenn es ihnen nicht gelungen war. Selbst Völker, die sich allen bisherigen Erkenntnissen zufolge gegenseitig bekämpften, arbeiteten in solchen Fällen zusammen, um der POINT OF den Garaus zu machen. Den Grund dafür hatte noch niemand herausfinden können, auch nicht, warum sich diese Vernichtungswut der anderen nur zeigte, wenn die POINT OF einen ganz bestimmten Raumsektor durchflog. Zwischen anderen Sternen blieb das Ringschiff der Mysterious nahezu unbehelligt. Jedesmal hatten die Angreifer eine ähnliche Taktik angewandt, wie die G'Loorn jetzt. Da sie selbst nicht überlichtschnell fliegen und dabei im normalen RaumZeitgefüge verbleiben konnten, versuchten sie immer wieder, mit Blitztransitionen dem fliehenden Ringraumer den Weg abzuschneiden und ihn mit ihrer geballten Feuerkraft zu stoppen. Larsen fragte sich, warum sie nicht auf die gleiche Weise flogen wie im Giant-System oder bei ihrer Annäherung an Hope - mit dieser rasenden Folge von Mini-Transitionen, die in ihrem Erscheinungsbild einen kontinuierlichen Überlichtflug simulierten. War möglicherweise die veränderte Gravo-Konstante der QUIET ZONE dafür verantwortlich? »Intervallfeldbelastung 87 Prozent!« stieß Falluta entsetzt hervor, als wieder einmal Spindelraumer vor der POINT OF aus dem Hyperraum kamen und bereits während der Rematerialisierungsphase das Feuer eröffneten. Sie mußten bereits blind geschossen haben, als sie den Raumsprung einleiteten! Die POINT OF schoß zurück, konnte jedoch keinen
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Wirkungstreffer mehr anbringen. Hatten die G'Loorn ihre Schutzschirme verstärkt, oder nahmen die Intervallfelder den Waffensteuerungen Energie ab? Larsen gab den Versuch auf, das Kommando über die POINT OF von der Gedankensteuerung zurückzubekommen. Besser als diese SuperAutomatik konnte er es jetzt auch nicht mehr machen, und solange die POINT OF keinen Abschuß mehr erzielte, konnten auch keine hilflos im Raum treibenden Überlebenden mehr durch gezielten Nadelstrahlbeschuß getötet werden. Aber Larsen fragte sich wie jeder andere in der Zentrale, welche Monstren die Mysterious gewesen sein mußten, daß sie bei der Konstruktion des Raumers dieser Automatik eine so unmenschliche Verhaltensweise bar jeder Ethik mitgegeben hatten. Nicht einmal Roboter hielten es für nötig, Wehrlose zu töten, weil das Energieverschwendung gewesen wäre...! »Belastung 99 Prozent - aus!« keuchte Falluta. Das untere Intervallfeld war zusammengebrochen, als über zwanzig Spindelraumer es gleichzeitig mit Punktbeschuß belegt hatten. Beide Mini-Welträume ragten mit ihrer Kugelform zu je einem Fünftel ineinander, und in dieser Zone flog die POINT OF, ohne aber dadurch doppelt gut geschützt zu sein. Weshalb die Konstrukteure des Ringraumers diese Konstellation gewählt hatten, war und blieb ein Rätsel. Jetzt existierte nur noch ein Intervallfeld! Von einem Moment zum anderen wurde der Ringraumer radikal abgebremst. Die Geschwindigkeit fiel unter >c<. Entzog die Automatik dem Antrieb Energie, die sie zum Wiederaufbau des Intervallfeldes benötigte? Warum wurde statt dessen nicht die Feuerkraft weiter reduziert? Bisher hatte noch niemand die unmenschliche Logik begreifen können, nach der die Gedankensteuerung in Situationen ähnlich dieser handelte. Nur drei Sekunden später gab es auch das obere Intervallfeld nicht mehr - unter dem konzentrierten Punktbeschuß der G'Loorn war es ebenfalls
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zusammengebrochen! Die POINT OF flog ohne ihren Schutz! Nur noch die Unitallhülle schützte die Menschen an Bord vor der Vernichtung! Unitall, dessen Herstellungs- und Bearbeitungsverfahren bisher niemand kannte. Nur den Schmelzpunkt, der bei 143 750° C lag! Nahezu unzerstörbar wirkte dieses blauviolett schimmernde Kunstmetall der Mysterious dadurch, daß es laut Aussage einer Mentcap jegliche Strahlung in zehn Zentimetern Tiefe zum Stillstand brachte. Nur Nadelstrahlbeschuß von mehr als 210 Sekunden Dauer sollte in der Lage sein, das Unitall in einem nicht mehr aufzuhaltenden hochenergetischen Zerfallsprozeß in reine Energie umzuwandeln. Die Unitallhülle der POINT OF war halbmeterdick. Und über Nadelstrahlen verfügten auch die G'Loorn nicht, aber über verheerende Energiewaffen, die dieser mörderischen Entwicklung der Mysterious in ihrer Zerstörungskraft kaum nachstanden. Doch ein Gefühl von Todesangst schrie Larsen zu, daß die Mysterious die sagenhaften Intervallfelder nicht umsonst entwickelt haben konnten. Welchen Sinn sollten sie haben, wenn nicht, das Raumschiff und seine Insassen vor Fremdeinwirkungen zu schützen, die vom Unitall nicht zurückgehalten werden konnten? Bestimmt ging es nicht nur darum, mittels des Intervallums widerstandslos durch feste Materie fliegen zu können! Und Unitall war zerstörbar! Das hatte die Explosion des Flash 028 bewiesen, der zur Gewinnung von Erkenntnissen über die QUIET ZONE geopfert worden war. Plötzlich fragte Larsen sich, weshalb er überhaupt noch Zeit fand, darüber nachzudenken. Treffer auf Treffer ließen den Druckkörper der POINT OF wie eine gesprungene Glocke dröhnen. Mußte der Ringraumer nicht schon längst zu einer kleinen, tückisch grellen Sonne geworden sein? Aus dem Maschinenraum kam ein Brüllen, das die sonst so perfekte Schallisolation im Schiff mühelos durchschlug.
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Sekundenlang trat doch etwas Andruck auf, der die Menschen in ihre Sitze preßte oder zu Boden schleuderte. Mindestens fünf g wurden kurzzeitig wirksam, als der Ringraumer abermals brutal aus dem Kurs gerissen wurde! Ein Besatzungsmitglied flog über das Geländer der Galerie, schaffte es gerade noch, sich mit beiden Händen festzuhalten, aber der nächste radikale Kurswechsel mit seinem Super-Andruck ließ den Mann seinen Halt verlieren und schleuderte ihn zu Boden. Larsen und Falluta reagierten gleichzeitig. Beide aktivierten die Bordverständigung, und dann war es Larsen, der rief: »Medo-Station! Schwere Sturzverletzung in der Zentrale!« Falluta spurtete schon los, um dem Opfer Erste Hilfe zu leisten, bis ein Mediziner auftauchte und sich des Verletzten annahm. Larsen ahnte, daß es in anderen Bereichen des Ringraumers zu ähnlichen Vorfällen gekommen sein mußte. Und dann begriff er, daß er hatte sprechen können, ohne vom Maschinenbrüllen übertönt zu werden! Die POINT OF flog wieder im Schutz beider Intervallfelder! Belastung: weniger als drei Prozent! Aber draußen in der Sternennacht flogen zwei, drei, vier Spindel-raumer hintereinander in blutrotem Licht auseinander, als konzentrierte Nadelstrahlsalven ihre Schutzschirme durchschlugen und einen rasenden Zerstörungsprozeß einleiteten! Und dann - war es von einem Moment zum anderen vorbei! Die Automatik gab die Kontrolle über die POINT OF zurück. Intervallfeldbelastung null! Im freien Fall glitt der Ringraumer durch den verzerrten Weltraum der QUIET ZONE, eskortiert von den verbliebenen Spindelraumern. Laut Tino Grappa waren deren Waffensysteme immer noch hochaktiv und die Zielerfassungen auf die POINT OF ausgerichtet, aber sie schössen nicht. Hatte das radikale Vorgehen der Gedankensteuerung den G'Loorn den Schneid abgekauft? Hatte der Ringraumer sich Respekt erworben?
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Fast schien es so! Die G'Loorn wollten wohl nicht noch weitere Verluste hinnehmen, nachdem es ihnen trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit nicht gelungen war, den Ringraumer zu vernichten, und obgleich Larsen nach wie vor mit der mörderischen Automatik haderte, die ihm das Heft des Handelns aus den Fingern gerissen hatte, wußte er doch, daß er selbst bei weitem nicht so drastisch und kompromißlos zugeschlagen hätte. Er war kein Killer! Niemand an Bord der POINT OF hatte Killer-Ambitionen, aber Jean Rochard aus der WS-Ost machte sich jetzt bemerkbar: »Wir haben sieben von ihnen in der Erfassung und können jederzeit zuschlagen!« »Und wir acht!« setzte Clifton eins drauf. »Aber wir warten auf Ihren Feuerbefehl, Captain!« Es war selten, daß an Bord des Ringraumers Dienstränge genannt wurden. Den militärischen Zirkus, der üblicherweise auf den Raumern der TF herrschte, hatte man in der POINT OF nie mitmachen wollen. Nicht einmal Rangabzeichen an den Uniformen wurden getragen, ein stiller Protest, den Ren Dhark nur zu gern geduldet hatte. Ein Medo-Team tauchte auf und holte den gestürzten Offizier auf einer A-Grav-Trage aus der Zentrale. Falluta nahm wieder seinen Platz ein. Larsen nickte ihm zu. »Nehmen Sie die Schadens- und Verlustmeldungen entgegen.« Falluta nickte nur und aktivierte eine schallgeschützte Sprechverbindung, durch deren Einsatz die anderen in der Zentrale nicht gestört werden konnten. Gelen Morris meldete sich aus der Funk-Z. »Larsen, die G'Loorn rufen uns an! Eine Frequenz, die ich eher zufällig erwischt habe! Kein Wunder, daß wir deren Funkverkehr bisher kaum mitbekommen konnten! Wer sendet schon auf dem Band...?« »Durchstellen, Morris!« ordnete Ralf Larsen an. Und von einem Moment zum anderen zeigte die Bildkugel nicht mehr den Weltraum mit seinen mörderischen Kampfraumern, sondern das erschreckende Abbild eines
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G'Loorn! Der G'Loorn sagte etwas, das allerdings unverständlich blieb. Niemand in der Zentrale oder der Funk-Z war in der Lage, mit dem insektenhaften Zischen und Summen etwas anzufangen. Bei dem Verhör des Duck hatten Checkmaster und Gedankensteuerung helfen können, da aber hatte sich der Fremde an Bord des Ringraumers befunden. Diesmal nicht! Über die gewaltige Distanz und die Funkbrücke konnte die Super-technik der Mysterious nichts ausrichten. »Immerhin, sie wollen reden«, murmelte Falluta. »Wer verhandlungsbereit ist, schießt nicht.« »Wer sagt denn, daß sie verhandeln wollen?« unkte Larsen. »Vielleicht fragten sie nur, ob wir bestimmte Wünsche für unsere Henkersmahlzeit haben.« »In nordafrikanischen Regionen gelten gegrillte Heuschrecken als Delikatesse«, sagte Falluta sarkastisch. Ralf Larsen begriff wie jeder andere die Anspielung auf das Aussehen der G'Loorn, doch er sagte nichts dazu, obgleich ihm diese Art von Bemerkungen an sich nie gefiel. Wieder gab der G'Loorn Laute von sich. »Morris, funken Sie zurück, daß wir den Burschen nicht verstehen können. Vielleicht müssen wir uns mit Bildsymbolen verständigen. Lassen Sie sich was einfallen.« Eine Weile geschah nichts, dann sprach der G'Loorn wieder. Diesmal drängender, herrischer als zuvor. Aber immer noch unverständlich. »Grappa...?« »Keine Veränderungen. Die Spindelraumer halten ihre Relativposition. Waffensysteme immer noch aktiv und auf uns ausgerichtet.« »Wie unsere auf die Spindeln«, mischte sich Clifton ein, der über die Bordverständigung mitgehört hatte. »Ich traue dem Frieden nicht.« Larsen auch nicht, aber er war froh, daß wenigstens im Moment nicht geschossen wurde. Er war nicht sicher, ob die POINT OF sich auf Dauer gegen die G'Loorn durchsetzen konnte. Sie waren in der Lage, jederzeit Verstärkung herbeizuholen, die Terraner nicht. Und viele
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Hunde sind des Hasen Tod ... Larsen hoffte, daß er auf dem Verhandlungsweg ein paar Punkte machen konnte. Denn niemandem war damit gedient, sich in einer gigantischen Raumschlacht zerstören zu lassen, und eine Flucht zurück aus der QUIET ZONE kam für ihn auch nicht in Frage - und wenn, dann nur als äußerstes Mittel. Denn die Spindelraumer konnten die Verfolgung auch außerhalb der Zone fortsetzen. Und Ren Dhark und seine Gruppe waren dann weiter auf sich allein gestellt. Plötzlich, mitten in seiner Rede, wurde der G'Loorn verständlich. «... in Verbotenes Gebiet eingedrungen. Der Raum der G'Loorn ist unantastbar. Keinem...«, die Lautfolge blieb unverständlich, »... ist es erlaubt, in das Hoheitsgebiet der G'Loorn einzudringen. Es ist auch nicht erlaubt, mit Waffengewalt gegen Raumschiffe der G'Loorn vorzugehen.« Falluta lachte schrill auf. Fast hysterisch. Larsen warf ihm einen verweisenden Blick zu. Der G'Loorn war verstummt, er wartete offenbar auf eine Antwort. Larsen beugte sich zur Bordverständigung. »Morris, haben Sie...?« »Der G'Loorn muß von sich aus eine Übersetzungsmöglichkeit gefunden haben. Scheint aber noch nicht hundertprozentig zu sein.« »Empfängt er, was ich sage?« »Sobald Sie es wollen. Stellen Sie jeweils die Wörter >ein< oder >aus< voran oder nach. Ich habe den Sender so geschaltet, daß er darauf reagiert.« Larsen dankte. Er rief sich in Erinnerung, was der Insektenhafte gesagt hatte. Verbotenes Gebiet. Unantastbarer Raum. Hoheitsgebiet der G'Loorn, niemandem erlaubt, einzudringen und auch nicht, Waffengewalt gegen die Spindelraumer einzusetzen ... Was erwartete der Seelenfresser? Daß sie sich einfach abschießen ließen? »Ein«, sagte Larsen. »Notwehr ist grundsätzlich immer und
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jedem erlaubt. Notwehr ist es, Waffen gegen eine angreifende feindliche Übermacht zu verwenden. Notwehr ist es, in das Hoheitsgebiet der G'Loorn einzudringen. Zudem sind die G'Loorn mehrfach in das Hoheitsgebiet der Terraner eingedrungen. Sie haben grundlos Raumschiffe und Städte der Terraner zerstört, auf mehreren terranischen Planeten. Sie haben Menschen ermordet. Das ist nicht erlaubt. Deshalb sind wir Terraner hier. - Aus.« Die Haltung des Insektenhaften, der immer noch in der Bildkugel zu sehen war, veränderte sich nicht. Es war nicht zu erkennen, ob er überhaupt zuhörte. Sein starres Gesicht? - blieb undurchschaubar. Die Sekunden tropften dahin. Dann sprach der G'Loorn wieder. »Die [unverständlich], die sich Terraner nennen, sind unbefugt in Verbotenes Gebiet eingedrungen. Der Raum der G'Loorn ist unantastbar. Keinem der [unverständlich], die sich Terraner nennen, ist es erlaubt, in das Hoheitsgebiet der G'Loorn einzudringen. Es ist auch nicht erlaubt, mit Waffengewalt gegen Raumschiffe der G'Loorn vorzugehen. Es gibt keine Rechtfertigung.« »Du wiederholst dich, mein Bester«, sagte Larsen. »Ein. Es gibt keine Rechtfertigung, daß die Monster, die sich G'Loorn nennen, Terraner töten. Ich bin der Kommandant des Flaggschiffs der Terranischen Flotte. Ich bin es nicht gewohnt, mit untergeordnetem Personal zu sprechen. Ich verlange, mit dem Kommandierenden der G'Loorn-Flotte, ersatzweise dem Regierungsoberhaupt der G'Loorn. zu sprechen. Aus.« Wieder trat eine Pause ein. Das Wesen, das eine Mischung aus Insekt und Pflanze zu sein schien, mußte wohl erst nachdenken. Larsen fragte sich, wie der G'Loorn reagieren würde. Er sah in diesem Gespräch eine Gelegenheit, mit einer höheren Kommandoebene der Insektenabkömmlinge in Verbindung zu kommen. Vielleicht tatsächlich mit der Regierung, sofern die G'Loorn so etwas überhaupt besaßen. Ein solches Gespräch auf höchster diplomatischer Ebene war ja das erklärte Ziel der Expedition ins Milchstraßenzen-
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trum. Nur so ließen sich vielleicht weitere Überfälle der G'Loorn auf von Menschen besiedelte Welten verhindern. Vielleicht gelang es Larsen, nachdem dieser Gesprächskontakt erst einmal hergestellt war, eher als Ren Dhark etwas zu erreichen. Aber er würde vorerst den Teufel tun, Fragen nach der Gruppe Dhark zu stellen, auch wenn alles in ihm danach drängte, etwas über das Schicksal der Verschollenen zu erfahren. Man mußte den unheimlichen Herrschern der QUIET ZONE ja nicht unbedingt auf die Fühler binden, daß eine kleine Gruppe von Menschen einen Raumer der Sukooren als Trojanisches Pferd benutzt hatte und sich schon viel länger als die POINT OF in diesem Bereich befand. Irgendwo, auf einem unbekannten Planeten ... und hoffentlich noch frei und lebendig ... Vielleicht ahnten die G'Loorn ja noch nichts von der Anwesenheit dieser Einsatzgruppe. Und vielleicht erwies es sich jetzt als Vorteil, daß die G'Loorn die POINT OF entdeckt und gestellt hatten. Das mochte den künftigen Verlauf des Geschehens vielleicht beschleunigen. Plötzlich sprach der Insektenhafte wieder. »Kommandierenden der G'Loorn-Flotte? Regierungsoberhaupt der G'Loorn? Was verstehen die [unverständlich], die sich Terraner nennen, unter diesen Begriffen?« »Ein«, sagte Larsen. »Einen G'Loorn, der für alle anderen G'Loorn sprechen kann.« Diesmal kam die Antwort sofort. »Ein G'Loorn kann für alle anderen G'Loorn sprechen.« »Unmöglich«, erwiderte Larsen. »Allein euer Angriff auf mein Raumschiff muß von einem befohlen worden sein, der für alle anderen denkt und spricht. Die anderen gehorchen ihm. Dieser G'Loorn gehorcht aber einem anderen, der für sämtliche anderen G'Loorn denkt und spricht.« »Ich verstehe nicht. Die [unverständlich], die sich Terraner nennen, sind unbefugt in Verbotenes Gebiet eingedrungen. Der Raum der G'Loorn ist unantastbar. Keinem der [unverständlich], die sich Terraner nennen, ist es erlaubt,
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in...« Falluta öffnete den Mund. Larsen konnte gerade noch »Aus« sagen, weil er sicher war, daß das, was Falluta sagen wollte, den G'Loorn ganz bestimmt nichts anging. »Der reagiert wie ein Roboter, der stur seinem Programm gehorcht«, behauptete Falluta. »In diesem Programm scheinen Hierarchien wie unsere nicht enthalten zu sein. Er kann sie nicht verstehen. Also leiert er hilfsweise seinen alten Spruch 'runter.« »Die G'Loorn sind aber keine Roboter«, widersprach Larsen. Tino Grappa mischte sich ein. »Strukturerschütterungen«, sagte er. »Fünf weitere Spindelraumer sind aufgetaucht. Verringern Restgeschwindigkeit und passen sich unserem freien Fall an. Waffen sind aktiviert.« »Danke. Funk-Z! Morris, haben Sie einen Funkspruch der G'Loorn aufgefangen, der Verstärkung anfordert?« »Nichts.« Larsen verzog das Gesicht. »Ein. Du willst nicht verstehen, obgleich du es kannst, G'Loorn. Du bist Teil des Ganzen. Ein Ei aus dem großen Gelege. Ein Ableger der Mutterpflanze. Du gehorchst der Brutkönigin. Du gehorchst der Mutterpflanze. Sie spricht für euch alle. Mit ihr rede ich. Sie ist mir gleichgestellt, nicht du, einzelner G'Loorn.« Falluta sah ihn erstaunt an, sagte aber nichts. »Weitere Strukturerschütterungen. Fünfzehn Spindelraumer auf Grün achtzehn«, meldete Grappa. »Jetzt wollen sie's wohl wissen. Ah, noch acht auf Grün zwei. Sie versuchen eine Kugelschale um uns zu formen.« Larsen nickte nur. Eine dumpfe Beklommenheit breitete sich in ihm aus. Er fürchtete die Spindelraumer. Gegen deren immer weiter steigende Zahl konnte die POINT OF nichts mehr ausrichten. Wenn sie alle zugleich das Feuer eröffneten, schützten weder Intervallfelder noch die Unitallzelle. Allein der physische Druck der Kampfstrahlenergie würde so starke Erschütterungen und Vibrationen im Schiff auslösen, daß die Besatzung daran starb.
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»Verstehe ich, daß die [unverständlich], die sich Terraner nennen, die Zentralwelt der G'Loorn erreichen wollen?« fragte der Insektenhafte jetzt, während weitere Spindelraumer materialisierten. »Das ist nicht erlaubt.« »Wenn sich auf der Zentralwelt jemand befindet, mit dem wir verhandeln können, ist es erlaubt«, sagte Larsen nachdrücklich. »Ihr erkennt unsere Gesetze nicht an, wir eure nicht. Aber wir können miteinander reden. Auf höchster Ebene. Von Befehlshaber zu Befehlshaber. Wir können uns einigen, unsere Gesetze gegenseitig zu respektieren.« »Das ist logisch«, kam es zurück. Im nächsten Moment wurde die Funkverbindung unterbrochen. Das Bild des G'Loorn erlosch. Die Bildkugel zeigte wieder den Weltraum um die POINT OF. »Der G'Loorn hat die Kommunikation abgebrochen«, meldete Morris aus der Funk-Z. Immer noch zeigte der Raumcontroller Strukturerschütterungen in nächster Nähe an. Inzwischen mußten sich über hundert Spindelraumer um die POINT OF versammelt haben. »Zu viel der Ehre«, murmelte Larsen. »Das kann einfach nicht gut gehen. Ich begreife. Es war eine Hinhaltetaktik. Sie haben uns festgehalten, dieser G'Loorn hat uns mit seinem Gesülze eingeseift, und in der Zwischenzeit kam jede Menge Verstärkung. Sie gehen kein Risiko mehr ein. Die Raumer, die wir abgeschossen haben, reichen ihnen.« »Und wenn wir versuchen, mit Höchstbeschleunigung auszubrechen?« schlug Falluta vor. »Noch können wir es zumindest versuchen. Natürlich werden sie uns verfolgen.« »Sture Ameisen«, sagte Larsen. »Sie werden nicht mehr aufgeben. Sie haben einmal festgestellt, daß sie unsere Intervallfelder zerstören können. Sie wissen jetzt, daß wir nicht unbesiegbar sind. Das ist ihre Chance - und unser Pech. Diesmal werden sie uns nicht entkommen lassen.« »Dann«, sagte Falluta verbissen, »hoffe ich, daß unsere verdammte Automatik vorher noch so viele von ihnen abschießt wie nur eben möglich! Diese verdammten Killerinsekten ...«
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Auch diesmal sagte Larsen nichts zu der abwertenden Äußerung. Aber er fragte sich, wie Ren Dhark in dieser Situation gehandelt hätte. Lebte der Commander überhaupt noch? Eine halbe Stunde später meldete der G'Loorn sich wieder. Oder war es ein anderer? Niemand konnte es genau sagen. Sie wußten noch zu wenig über diese Lebensform, um sie an bestimmten individuellen Merkmalen voneinander unterscheiden zu können. »Den [unverständlich], die sich Terraner nennen, wird erlaubt, die Zentralwelt der G'Loorn anzufliegen, um sich dort der Zentralhoheit der G'Loorn zu unterwerfen. Die...« »Die Narren, die sich G'Loorn nennen«, unterbrach Larsen ihn sofort, »unterliegen einem Irrtum. Wir Terraner sind nicht hier, um uns zu unterwerfen, sondern um als gleichberechtigte Partner zu verhandeln.« Er hielt den Atem an. Wie würden die G'Loorn darauf reagieren? Mittlerweile hatten beinahe dreihundert Spindelraumer die POINT OF eingeschlossen. Ein Wunder, daß die Automatik noch nicht wieder das Kommando an sich gerissen und das Feuer eröffnet hatte! Sah sie in den Raumern, deren Zahl sich immer noch weiter erhöhte, keine unmittelbare Bedrohung? Auf welcher logistischen Basis arbeitete die Gedankensteuerung? Ergaben ihre Berechnungen etwas, von dem die Terraner nichts wissen konnten, weil ihnen Informationen fehlten? Woher aber bezog die Steuerautomatik der Mysterious dann diese Informationen? Der G'Loorn sprach wieder. »Den Terranern wird erlaubt, die Zentralwelt anzufliegen. Sie haben sich jeglicher feindseligen Handlung zu enthalten. Die Terraner werden auf dem Weg zur Zentralwelt von unseren Schiffen eskortiert. Sollten die Terraner eine Kursänderung vornehmen, ist diese nicht erlaubt und wird mit sofortiger Vernichtung des Raumschiffs der Terraner bestraft. Sollten die Terraner ihre Waffensysteme nicht unverzüglich deaktivieren oder sollten sie ihre Waffensysteme später zu einem beliebigen Zeitpunkt aus beliebigen Gründen wieder aktivieren, wird dieses als nicht erlaubte Aktion mit
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sofortiger Vernichtung des Raumschiffs der Terraner bestraft. Eine vorherige Warnung erfolgt nicht. Ich übermittele jetzt die Koordinaten der Zentralwelt. Bezugspunkt ist die gegenwärtige stellare Position des Raumschiffs der Terraner. Anschließend werden vorgeschriebene Beschleunigungsphasen und die Reisegeschwindigkeit übermittelt. Die Berechnung erfolgte nach Auswertung bisheriger ermittelter Flugdaten des Raumschiffs der Terraner. Transmission erfolgt jetzt.« Sein Bild erlosch wieder. Sekunden später meldete Glenn Morris: »Empfangene Daten an Checkmaster weitergegeben.« »Na schön«, murmelte Larsen. »Dann wollen wir uns diese Daten mal zur Gegenkontrolle anschauen.« Er rief die Zahlen- und Symbolgruppen ab und ließ sie auf der Anzeige seines Terminals erscheinen. Der Checkmaster hatte die fremden Werte in die der Mysterious konvertiert. Larsen konnte die Zahlensymbole klar lesen. »Nicht schlecht«, stellte er fest. »Man mag von diesen Insektenabkömmlingen halten, was man will, aber die Hypermathematik beherrschen sie verflixt gut. Dann wollen wir mal.« Die POINT OF nahm Fahrt auf und bewegte sich auf den Rand der Kugelschale zu, die von den Spindelraumern gebildet wurde. Unwillkürlich hielt Larsen den Atem an, als die Spindeln keine Anstalten machten, die Schale zu öffnen. Würde gleich die Automatik reagieren und versuchen, sich den Weg freizuschießen? Das wäre das Ende der POINT OF! Gegen eine solche Übermacht hatte niemand eine Chance. Noch nie zuvor hatte Larsen so viele Raumschiffe an einer Stelle versammelt gesehen. Selbst die Giants hatten zu keiner Zeit einen solchen Flottenaufmarsch veranstaltet. War der Machtfaktor G'Loorn unbesiegbar? Plötzlich scherten fünfzehn Raumer aus und schufen damit eine Öffnung in der Kugelschale. Zugleich begann die ganze Flotte zu beschleunigen. Larsen verstand. Die Flugdaten, die der POINT OF übermittelt worden waren,
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setzten voraus, daß der Ringraumer über-lichtschnell im Normalraum flog. Die G'Loorn dagegen mußten transitieren. Dazu bedurfte es einer exakten Koordination, damit stets genug Spindelraumer als Eskorte in unmittelbarer Nähe der POINT OF waren. Vermutlich würde es auf eine Art lichtjahrelangen Korridor hinauslaufen, den die Transitionsraumer schufen, wobei die letzten per Hyperraumsprung sich an die Spitze setzten, um augenblicklich von denen abgelöst zu werden, die dann den Abschluß bildeten. So zumindest hätte Ralf Larsen es arrangiert. Ziel ist das erdgroße Objekt, das vor dem Super Black Hole festhängt«, rief jemand, der auf der Galerie am Checkmaster arbeitete. Larsen sah die Resultate an seiner Anzeige. War das Gebilde, das laut Tino Grappa absolut kugelförmig sein sollte, tatsächlich die Zentralwelt der G'Loorn? Noch ahnte niemand, was sie an ihrem Ziel erwartete. Oder - wer...
10. Ren Dhark war immer noch fassungslos. Auch nach mehreren Stunden des erzwungenen Alleinseins, die er zum Nachdenken und auch für ein wenig Schlaf genutzt hatte, machte ihm Opacs Eröffnung unverändert zu schaffen: Lebewesen von außerhalb paßten sich an die Verhältnisse in der QUIET ZONE an und konnten danach im Normalraum nicht mehr leben!? Kreatürliche Angst fraß in ihm - Angst, die QUIET ZONE nie mehr verlassen zu können, und er machte sich unwillkürlich Vorwürfe, auch Dan Riker und die anderen durch diesen Einsatz dazu verurteilt zu haben, dieses Schicksal mit ihm zu teilen. War ein solcher Preis nicht entschieden zu hoch, ganz egal, wie die Mission selbst ausgehen mochte? Bis ans Lebensende in diesem Bereich der Galaxis gefangen zu bleiben? In Momenten wie diesen war er froh, daß es nicht gelungen war, mit der POINT OF effektiv in die QUIET ZONE
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einzufliegen. So blieb wenigstens die Ringraumer-Crew verschont... Aber waren nicht auch die Menschen und sonstigen intelligenten Spezies außerhalb der >Stillen Zone< verloren? Was der Skythe prophezeit hatte, gab Anlaß zu Fatalismus. Wer konnte sich schon dauerhaft gegen ein Imperium stellen, das mit solchen Mitteln ausgerüstet und dessen Keimzelle der Macht durch die veränderte Raum-Zeit-Struktur unangreifbar war? Wenn die tausend Skythen tatsächlich nur eine Splittergruppe waren, wie Opac angedeutet hatte, wie groß mußte dann das Gesamtvolk der G'Loorn sein? Schon eine Handvoll ihrer Schiffe hatte ausgereicht, um der TerraFlotte im Col-System eine verheerende Schlacht zu liefern. Was mochte dann erst geschehen, wenn die G'Loorn mit ihrer gesamten Streitmacht anrückten, über deren Umfang Dhark nicht einmal Schätzungen anzustellen wagte? Er sah keine Möglichkeit, einen solchen Krieg zu gewinnen. Die Übermacht war einfach zu gewaltig. Ganz gleich, ob die G'Loorn das Sol-System angriffen oder ob der Kampf sich in ihre Domäne, die OUIET ZONE, tragen ließ - was nach Dharks Dafürhalten praktisch unmöglich war. Selbst damals, als die Menschheit vom Joch der Giants befreit werden mußte, hatte ihre Ausgangslage besser ausgesehen. Dabei waren auch die All-Hüter eine hoch überlegene Macht gewesen, und vermutlich hätten Dhark und seine Gefährten ohne das Eingreifen des G'Loorn-Raumers nicht die geringste Chance gehabt, die geistige Versklavung der Terraner zu beenden. Aber gerade da hatte sich auch die Bedrohung durch die Insektoi-den nachdrücklich offenbart: Geradezu spielerisch leicht waren sie mit dem CAL fertiggeworden und hatten ihn entführt. Den C-E-Chip hatten sie Dhark allem Anschein nach nur ausgehändigt, um die zu diesem Zeitpunkt noch apathisch dahinvegetierende Menschheit wieder als Mentalnahrung verfügbar zu machen und >abzuernten<. Während der Giant-Herrschaft hatten sie nichts mehr mit den Terranern anfangen können. Den von den Giants durch Funkbefehle ferngesteuerten Menschen war ja nicht einmal
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mehr bewußt gewesen, daß sie noch lebten. Alle Empfindungen waren ausgeschaltet gewesen. Also hatten die Seelenfresser Dhark und seine Gefährten einfach zu ihren Handlangern gemacht. Nur befreite, denkende und fühlende Wesen konnten Angst empfinden, konnten leiden... Im Kampf gegen die Giants hatten Dhark und seine Gefährten relativ frei agieren können. Keine QUIET ZONE hatte ihre Mobilität eingeschränkt, und es hatte keine Gefahr bestanden, nach einer Anpassung an unglaubliche Verhältnisse zu lebenslänglich Gefangenen zu werden...! Immer wieder lauschte Dhark in sich hinein. Er wartete förmlich auf Anzeichen eines erneuten Schwächeanfalls, der ein Fortschreiten des unheilvollen Anpassungsprozesses signalisiert hätte. Aber die nächste Krise ließ auf sich warten. Er hoffte inständig, daß die Veränderung vielleicht doch langsam genug voranschritt, daß sie noch eine Chance hatten, wenn es ihnen gelang, die QUIET ZONE unverzüglich zu verlassen. Doch das war illusorisch. Er, Ren Dhark, hatte vielleicht das Glück, daß Opac ihn hinausflog - falls es ihm gelang, den Skythen davon zu überzeugen, daß diese Maßnahme sinnvoll war. Aber die anderen? Die anderen Teilnehmer an der Expedition befanden sich in der Gewalt der G'Loorn, und auf deren Handeln hatten Skythen keinen Einfluß. Opac würde sicher nichts riskieren, um eine Rettung weiterer Menschen zu ermöglichen. Das hybride Wesen dachte in anderen Dimensionen! Dhark verließ sein Quartier wieder. Er suchte den starr und nahezu unbeweglich auf seinem erhöhten Sitz thronenden Skythen auf. Es war nicht zu erkennen, ob das eigenartige Wesen zwischenzeitlich mit seinen Artgenossen korrespondiert hatte oder nicht. »Opac«, rief er ihn an. Der Kopf des Skythen drehte sich ruckartig, so rasch, daß Dhark beinahe Knochen knacken zu hören glaubte. Das
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war natürlich eine Täuschung. Der Skythe war kein Mensch. Er besaß keine Knochen. Und seine Gelenke waren beweglich genug. Das Übersetzungsfeld arbeitete noch - oder wieder? »Artikuliere dein störendes Begehren«, teilte der Skythe sich dem Commander mit. »Die Anpassung an die Chronosphäre«, sagte Dhark direkt. »Wie schnell geht sie vonstatten? Von welchem Moment an ist sie nicht mehr rückgängig zu machen?« »Ich verstehe dich nicht«, erwiderte der Skythe. Dhark seufzte. Er mußte es anders formulieren. »Die Anpassung, der jedes Lebewesen in dieser Zone unterworfen wird und nach deren Ende kein Leben mehr außerhalb, im normalen Rest der Galaxis, möglich ist - wie lange dauert dieser Vorgang? Und ab wann läßt er sich nicht mehr rückgängig machen?« »Ich verstehe dich nicht«, wiederholte der Skythe. »Es ist doch eine allmähliche Anpassung, ein Übergang, nicht wahr? Ich bin ja nicht gleich vom ersten Moment an die Chronosphäre angepaßt und dem normalen Weltraum entfremdet.« Oder vielleicht doch? dräute eine innere Stimme. Vielleicht sind die Unpäßlichkeiten, denen du unterliegst, nur noch nachträgliche Anpassungsschwierigkeiten. Aber damit wollte er sich nicht abfinden. Diese Vorstellung schien ihm geradezu grotesk. »Jede Veränderung läßt sich rückgängig machen«, fuhr er fort. »Du sagtest selbst, daß der Vorgang noch nicht abgeschlossen ist.« »Sagte ich das?« warf der Skythe ein. »Du hast es zumindest angedeutet. Über den genauen Wortlaut wollen wir doch jetzt nicht streiten, mein Freund.« »Ich bin nicht dein Freund.« Haarspalterei! dachte Dhark. Du lenkst ab. Du verstehst sehr wohl, was ich wissen will. Du willst es mir nur nicht sagen. Warum? Er drängte weiter: »Wie lange dauert es, bis diese Anpassung abgeschlossen ist? Und bis zu welchem Zeitpunkt kann sie rückgängig gemacht werden?
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Wieviel ...« »Ich verstehe dich«, unterbrach der Skythe ihn. »Du willst wissen, ob du noch rechtzeitig wieder den Bereich außerhalb der Chronosphäre erreichen kannst, ehe die Anpassung abgeschlossen ist.« »Nicht nur ich, sondern auch meine Gefährten. Denn wir haben alle kein besonderes Interesse daran, unser Leben hier in dieser Chronosphäre zu beenden. Haben wir noch eine Chance?« »Ich fliege eines der Black Holes am Rand der Chronosphäre an«, verkündete der Skythe. Dhark schüttelte den Kopf. Danach hatte er doch jetzt gar nicht gefragt! Im nächsten Moment aber durchzuckte es ihn: Der Skythe flog zum Rand der QUIET ZONE? Bedeutete das etwa ...? »Du willst mich aus der Chronosphäre hinausbringen?« stieß er hervor. Noch rechtzeitig, ehe die Umstellung seines Metabolismus abgeschlossen war ... aber was war mit den anderen? Sie mußten befreit werden und zwar sehr schnell, denn sonst waren sie auf jeden Fall verloren, ganz gleich, ob sie auf den Klonwelten Opfer der G'Loorn wurden, wie Opac angedeutet hatte, oder nicht! Aber wie sollte er den Skythen dazu bringen, sich um die anderen Menschen zu kümmern? Opac gab ein eigenartiges Schnarren und Zischen von sich, wie Ren es noch nie von einem dieser Wesen gehört hatte. Es wurde nicht übersetzt, aber es schien das Äquivalent menschlichen Lachens zu sein. Konnten diese Kreaturen tatsächlich lachen? Waren sie wirklich in der Lage, eigenständig Gefühle hervorzubringen und diese auch zu äußern, statt sich nur an den Gefühlen ihrer Opfer zu laben? Den Lautäußerungen folgte ein Geräusch, das Dhark an das Rascheln von Herbstlaub im Wind erinnerte. »Ich verstehe dich nicht«, teilte das Insektenwesen dann mit. »Ich fliege eines der Black Holes an. Wir alle fliegen die Black Holes an.« Dhark schluckte. »Aber dabei könntest du meine Leute außerhalb der Chronosphäre informieren. Sie würden kommen und mich an Bord unseres ... eines unserer Schiffe
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nehmen«, verbesserte er sich rasch. Aber ihm war auch klar, daß der Skythe längst über die POINT OF informiert sein mußte - darüber, daß sie das einzige terranische Raumschiff in erreichbarer Nähe war. Er mußte es längst den Gedanken des Commanders entnommen haben. »Es ist nicht wichtig«, verwarf Opac den Vorschlag. »Es ist auch nicht vorgesehen. Es wird geschehen, was geschehen muß.« Nicht vorgesehen. Nicht wichtig. Wie hatte er auch nur einen Moment lang glauben können, der Skythe würde auch nur das geringste Interesse an seinen Bedürfnissen zeigen? Es war schon erstaunlich, daß Opac sich überhaupt dazu herabließ, sich mit dem Menschen zu unterhalten. Natürlich hatte er ihn nicht ganz uneigennützig an Bord geholt, doch sein Interesse an Ren Dhark mußte seit jenem Moment erschöpft sein, in welchem er Dharks Gedächtnis alle Informationen entnommen hatte, um die es ihm ging. Seither war Dhark nur noch ein - lästiger Parasit im Raumschiff. »Und was muß geschehen?« fragte er. Er erwartete nicht einmal eine Antwort, aber wieder überraschte ihn Opac. »Vor Äonen installierten die G'Loorn Raumstationen in der Nähe großer alter Sterne und öffneten diese mit der Hilfe der Stationen zu Black Holes.« Es war eine eigenartige Formulierung, der Dhark nachlauschte. Sterne, die zu Schwarzen Löchern geöffnet wurden! Aber Opac fuhr bereits fort: »Durch dieses Öffnen entstand die Chronosphäre. Die Stationen erhalten die Chronosphäre. Wir werden die Stationen nun zerstören und damit die Chronosphäre ausschalten.« Für die Dauer einiger Herzschläge hoffte Dhark, sich verhört zu haben. Der Skythe konnte doch nicht ernst meinen, was er da von sich gab. Die Chronosphäre ausschalten! Die QUIET ZONE war ein gigantisches, kosmisches Gebilde, eine Raum-Zeitstruktur, die man doch nicht einfach ein- und ausschalten konnte wie eine Lampe! In welcher Konstante auch immer sie sich vom Rest des
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Universums unterschied, es bedurfte sicher eines unvorstellbaren Aufwandes, Änderungen an dieser Struktur vorzunehmen! »Was soll das?« stieß er hervor. »Das ist doch Wahnsinn!« »Es ist erforderlich«, erwiderte der Skythe. »Es muß geschehen. Nur so können die G'Loorn daran gehindert werden, die Zweite Wirklichkeit zu erschaffen.« Da war er wieder, dieser Begriff, den Opac schon einmal erwähnt hatte, ohne ihn zu erklären. Dhark fragte abermals nach. Doch Opac ging nicht auf die Frage ein. »Wir alle«, fuhr er fort, »müssen jetzt schnell handeln, ehe es zu spät ist, denn wenn wir länger zögern, werden wir vielleicht nicht mehr dazu in der Lage sein. Du und deinesgleichen, Terraner, zwingen uns dieses überstürzte Handeln auf.« »Was willst du damit sagen?« staunte Dhark. »Seit jenem ungeheuerlichen Vorgang, bei dem ein G'Loorn und sein Raumschiff hier, innerhalb der Chronosphäre, ausgelöscht wurde, haben die G'Loorn die Jagd auf uns Skythen eröffnet. Sie halten uns für die Schuldigen. Dabei wart ihr es doch, die den G'Loorn töteten.« »Wir haben ihn nicht getötet«, widersprach Dhark. »Er zog es vor, feige zu sterben, statt Antworten zu geben.« Von einer vernünftigen Unterhaltung, wie Ren Dhark sie sich vorstellte, war dieser Dialog weit entfernt. Doch Opac ließ sich nicht provozieren. »Ihr wart es, die den Tod des G'Loorn verschuldeten. Uns aber jagen sie nun. Seit Jahrhunderten leben G'Loorn und Skythen nebeneinander. Seit Jahrhunderten bereiten wir uns gegenseitig Schwierigkeiten. Aber nie wurde innerhalb der Chronosphäre ein G'Loorn getötet. Die G'Loorn beobachteten, wie ich dich an Bord meines Schiffes holte. Sie halten euch für unsere Verbündeten.« »Sind wir das nicht?« fragte Dhark schnell. »Wir sind doch ebenso daran interessiert wie ihr, die Macht der G'Loorn zu brechen.« »Wir können uns nicht verbünden. Ich werde deine Mentalität nie verstehen«, und es schwang in der
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Übersetzung des insektenhaften Zirpens und Schnarrens tatsächlich ein Unterton wie Bedauern mit. »Du drängst dich mir auf. Du hältst dich für bedeutend. Doch du bist es nicht. Kein Individuum ist von Bedeutung. Bedeutung hat nur das Gesamte.« Noch ehe Dhark etwas sagen konnte, fuhr Opac fort: »Uns bleibt keine Zeit. Sie jagen uns jetzt und wollen uns vernichten, um selbst wieder sicher leben zu können. Das Ungeheuerliche hat sie aufgeschreckt. Daher müssen wir jetzt handeln, obgleich es noch zu früh ist. Wir müssen die Chronosphäre jetzt ausschalten. Später haben wir vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu. Dann wird die zweite Wirklichkeit Gestalt annehmen und sich endgültig und unwiderruflich für alle Zeiten manifestieren und festigen.« »Was ist das, diese Zweite Wirklichkeit?« drängte Dhark. Doch auch diesmal ging der Skythe nicht darauf ein. Seine Mandi-beln klickten, er fauchte leise. Seine Fühler schwangen nervös hin und her. »Um diese Zweite Wirklichkeit zu schaffen, ist die Existenz der Chronosphäre unumgänglich«, verriet Opac. »Daher müssen wir sie zerstören. Seit langem arbeiten wir auf diesen Moment hin, wie auch die G'Loorn auf ihre Zweite Wirklichkeit hinarbeiten. Gelingt es ihnen, sie zu schaffen, wird der Schrecken institutionalisiert. Das können wir nicht hinnehmen. Daher müssen wir jetzt die Raumstationen zerstören.« »Was hat es mit diesen Stationen auf sich?« wollte Dhark wissen. »Mit ihrer Hilfe werden die Black Holes so manipuliert, daß ihre Energie das Raum-Zeitgefüge dauerhaft verändert. Zugleich sichern sie mit dieser Energie auch ihre stellare Position. Wir aber werden sie zerstören. Die Chronosphäre erlischt. Das Vorhaben der G'Loorn scheitert.« »Das ist Wahnsinn«, erwiderte Dhark. »Wißt ihr überhaupt, was ihr da tut?« »Ja«, erwiderte Opac. »Offenbar nicht«, widersprach Dhark. »Was ist mit all den Lebewesen, die außerhalb der Chronosphäre nicht mehr existieren können? Wenn die Chronosphäre erlischt, wird
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dieser Weltraum so, wie er außerhalb der QUIET ZONE ist, oder habe ich da etwas falsch verstanden?« »Es ist so, wie du sagst«, entgegnete der Skythe. »Das heißt aber doch, daß alle Wesen - von Skythen, G'Loorn und wenigen anderen Ausnahmen vielleicht abgesehen - sterben werden, weil die Bedingungen der Chronosphäre nicht mehr vorhanden sind, die ihnen das Leben ermöglichten.« »Ja.« »Das ist unmenschlich!« entfuhr es Dhark. Er dachte an die vielen Geschöpfe, die er auf dem Pilzplaneten gesehen hatte, und diese namenlose Welt des Grauens war nicht die einzige, zu der die Ducks ihre aus intelligenten Lebewesen bestehende Beute brachten. Alle diese Wesen waren zum Tode verurteilt, wenn die QUIET ZONE erlosch! Ein Gedanke blitzte in ihm auf: für die meisten würde der Tod eine Erlösung sein. Erlösung vor den Qualen, die ihnen von den G'Loorn bereitet wurden. Aber der Tod war nie eine Lösung. Solange es noch andere Möglichkeiten gab, mußte man sie ausschöpfen. Und mit der technischen Macht der Skythen war es möglich, den Opfern der G'Loorn zu helfen. Auch wenn die G'Loorn sich in der Übermacht befanden - aber auch die Amphis waren in der Übermacht gewesen, als sie die Siedler auf Hope angriffen, und die Giants waren in der Übermacht gewesen, als sie Terra versklavten. Gegen die Amphis hatte die rechtzeitig entdeckte Technologie der Mysterious geholfen, gegen die Giants -ausgerechnet die G'Loorn, die den CAL, diese fünfköpfige Führungsgruppe der All-Hüter, entführt und Dhark den C-E-Chip hatten zukommen lassen! Nun ging es gegen die G'Loorn, aber mit Hilfe der Skythen ...? Es war alles eine Frage der konsequenten Ausnutzung sich bietender Gelegenheiten! Es mußte eine Möglichkeit geben, den unzähligen Intelligenzen zu helfen, die auf den Klonwelten gefangengehalten wurden! Er sprach Opac vehement darauf an. »Nein«, kam es nüchtern zurück. »Sie sind nicht von
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Bedeutung, denen du helfen willst.« »Alles Leben in diesem Universum ist von Bedeutung!« schrie Dhark dem Skythen zu. »Du kannst doch nicht zulassen, daß sie alle sterben! Millionen, vielleicht Milliarden von Lebewesen! Das ist ein ...« Ein gigantischer Massenmord, hatte er sagen wollen. Aber dieser Begriff war noch viel zu verharmlosend für den galaktischen Holocaust, der mit dem Erlöschen der Chronosphäre drohte. Dhark fand kein Wort, das wirklich ausdrückte, was er dem Skythen verdeutlichen wollte. »Ich lasse es nicht zu«, schrie er. »Ich werde ...« Opac unterbrach ihn. »Es ist unbedeutend, wenn Individuen sterben«, erklärte das Insektenwesen. »Es sind nicht nur ein paar!« keuchte Dhark erschüttert. Ließ den Skythen dieser Giga-Mord wirklich so kalt? Ja, erkannte er. Es läßt ihn kalt. Skythen sind G'Loorn. Sie haben nur andere Ziele. Sie sind ebenso unmenschlich wie jene, gegen die sie rebellieren. »Was würdest du tun, wenn es sich bei all diesen Todgeweihten um Skythen handelte, nicht um irgendwelche anderen Intelligenzen aus allen Teilen der Galaxis?« »Für ein großes Ziel müssen große Opfer erbracht werden«, verkündete Opac mit einer erschreckenden Gelassenheit. »Was geschehen muß, wird geschehen. Und selbst wenn es sich um Billionen Opfer handelt, bleibt uns keine andere Wahl. Denn das, was geschieht, wenn die G'Loorn die Zweite Wirklichkeit erschaffen, ist wesentlich schlimmer als nur der Tod von Billionen Gefangenen.« »Nein«, flüsterte Dhark bitter. »Es kann nicht sein. Nichts kann so furchtbar sein, daß es einen solchen SuperHolocaust rechtfertigt. Ich werde dich daran hindern, Opac. Dich und die anderen Skythen.« »Nein«, erwiderte Opac. Und um den Commander wurde es schwarz. Blitzartig kam sein Zusammenbruch!
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Dan Riker war bestimmt nicht der einzige, der sich fragte, wie es weitergehen würde. Der Raum, in dem er sich befand, war ein etwa fünf Meter durchmessender Würfel. Hier gab es, im Gegensatz zum Raumschiff, wenigstens sanitäre Einrichtungen, aber das war auch schon alles, womit sein Gefängnis ausgestattet war. Es gab kein Fenster. Schattenloses Licht ohne erkennbare Quelle erfüllte den Raum und erinnerte Riker an die Anlagen der Mysterious auf dem Hope-Kontinent Deluge oder auch an die POINT OF, nur besaß das Licht dort einen ausgeprägten Blaustich, während es hier eher rötlichgelb war. Eigentlich ein gefälliger Farbton, doch Riker konnte seinem Gästequartier trotzdem nichts Angenehmes abgewinnen. Es mußte auch eine Tür geben, allerdings hatte Riker sie bisher nicht wiedergefunden, nachdem man ihn in diesen Raum gestoßen hatte. Sie mußte fugenlos mit dem Rest der Metallplastikwandung abschließen. Auch das erinnerte ihn an die Mysterious. Aber es wunderte ihn wenig. Die G'Loorn schienen auf einem ähnlich hohen Stand der Technik zu sein wie die Schöpfer des Ringraumers. Zumindest waffentechnisch waren sie es, und warum sollten sie dann nicht auch in anderer technischer Hinsicht einen Standard erreicht haben, der dem der Mysterious gleichkam? Die waren immerhin schon vor tausend Jahren von Hope verschwunden. Und wenn Riker darüber nachdachte, welche stürmische Entwicklung Wissenschaft und Technik auf der Erde in den letzten tausend Jahren erlebt hatten, fiel es ihm leicht, die M-Technik als nicht unbedingt in jeder Hinsicht der Weisheit letzten Schluß zu etrachten. Andere mochten Besseres erreicht haben, wenn ihnen genügend Zeit zur Verfügung stand. • Zum Beispiel die G'Loorn. Sie hatten ihre Gefangenen getrennt, nachdem sie die Zentralwelt erreicht hatten. Als solche hatten zumindest die Klonkrieger das Gebilde bezeichnet, in dem der Spindelraumer gelandet war.
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Eine gigantische, künstliche Welt! Ein Planet, so hatte es anfangs ausgesehen. Aus einem nicht erklärbaren Grund hatte der G'Loorn, der den Spindelraumer kommandierte, im großen Saal eine Wand in einen riesigen Bildschirm umfunktioniert. Dieser hatte den Gefangenen die Annäherung an die Zentralwelt gezeigt. Von diesem Moment an waren auch die Klonkrieger plötzlich gesprächig geworden und hatten Erklärungen abgegeben. Sie näherten sich einem fantastischen Gebilde voll unwahrscheinlicher Farbenpracht. Es erweckte den Eindruck, riesig zu sein - einen Durchmesser von mehreren Lichtjahren zu haben -, doch in Wirklichkeit war es winzig klein. Der effektive Durchmesser mochte vielleicht ein paar Dutzend Kilometer betragen. Doch wer wollte ihn exakt ausmessen? Es gab nur Berechnungen, die ebenso richtig wie falsch sein konnten. Das irrsinnig schnell rotierende Objekt, das so herrlich auf dem Bildschirm leuchtete, war ein Black Hole. Das Super Black Hole im Zentrum der Milchstraße! Ein gigantisches Schwerkraftzentrum, das den Weltraum ringsum auf Lichtjahrzehnte leergefegt und alle sich einstmals dort befindlichen Sterne und sämtliche interstellare Materie verschlungen hatte. Ein gefräßiger Moloch, dessen fantastisches Leuchten sich niemand erklären konnte, denn das Black Hole mußte doch auch alles Licht schlucken. Die Fluchtgeschwindigkeit im unmittelbaren Bereich des Schwarzen Loches war wesentlich höher als >c<. Das Licht war nicht schnell genug, um dem Black Hole enteilen zu können. Und doch kam es ringsum zu beeindruckenden Farbspielen! Lionel oder Hertog hätten ihm erklären können, wie das möglich war, Dan Riker fand keine Erklärung. Er war weder Astronom noch Astrophysiker. Er hatte zwar seinerzeit, vor der Invasion, bei der ehemaligen Solaren Handelsflotte einiges darüber lernen müssen, es später aber wieder vergessen. Und jetzt wollte er darüber einfach nicht
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nachdenken. Es gab Wichtigeres. Zum Beispiel, was mit ihnen geschehen würde, nachdem man sie voneinander getrennt hatte. John Martells letzte Bemerkung ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Der Ex-General hatte behauptet, mit Erreichen der Zentralwelt seien ihre Chancen schlagartig auf annähernd Null gesunken! Dann hatte man sie in den Einzelzellen untergebracht, und seither gab es keinen Kontakt mehr zwischen ihnen. Riker war der letzte gewesen, dem eine Einzelzelle zugewiesen worden war, daher hatte er gewußt, daß er nicht als einziger isoliert worden war. Riker hatte versucht, eine Verständigung mit den anderen herbeizuführen. Direkt nebenan mußte sich Janos Szardak in einer ähnlichen Zelle befinden wie er selbst, aber Klopfzeichen hatten keinen Erfolg. Entweder war die Wandung so konstruiert, daß sie die Schallwellen nicht in den benachbarten Raum übertrug, oder es gab andere Gründe, weshalb Szardak nicht auf Rikers MorseKlopfzeichen reagierte. So oder so - Martell behielt recht. Ihre Chancen waren keine Chancen mehr. Als Gruppe konnten sie vielleicht gemeinsam etwas erreichen, einzeln dagegen nicht. Dabei hatte es schon als Gruppe im Raumschiff nicht mehr funktioniert. Die Insektenabkömmlinge hatten ihnen keine Möglichkeit mehr gegeben, noch etwas zu unternehmen. Und jetzt befanden sie sich auf dieser Zentralwelt, die schon von weitem auf dem Bildschirm einen recht eigenartigen Eindruck gemacht hatte. Rund sechs Lichtmonate vom Rand des Super Black Holes entfernt schien diese Welt im Nichts verankert zu sein eine physikalische Unmöglichkeit. Die geometrisch exakte Kugel hätte eigentlich mit rasendem Tempo, wahrscheinlich sogar Überlichtgeschwindigkeit, in das Black Hole stürzen müssen! Doch genau das geschah nicht. Welche Kräfte diese Welt in ihrer festen Position hielten, blieb unerfindlich. Die Terraner bekamen keinen Zugriff auf wissenschaftliche Daten, und die Klonkrieger drückten
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sich auch eher vage aus. Was Riker und die anderen erfuhren, war, daß es sich bei der Zentralwelt um ein künstliches Objekt handelte, eine Kugel mit einem Durchmesser von knapp der Hälfte des Erddurchmessers. Sie bestand aus Hohlräumen, die zum größten Teil mit gigantischen Maschinen ausgefüllt waren. Natürlich gab es auch Bereiche, in denen Lebewesen existieren und wohnen konnten. So wie diese Zellen. Und sicher auch die furchtbaren Anlagen, in denen G'Loorn sich an der Seelenqual ihrer gefolterten Opfer delektierten ... Die unvorstellbar riesige Konstruktion hatte Dan Riker endgültig bewußt gemacht, worauf sie sich bei ihrer Mission eingelassen hatten: auf das Unmögliche! Eine Zivilisation, die in der Lage war, etwas dermaßen Fantastisches zu schaffen, konnte niemals von einer Handvoll Menschen überwunden werden, so groß auch Idealismus und Mut sein mochten. Sie standen einem unglaublichen Phänomen gegenüber. Im Vergleich dazu war selbst die M-Technik kaum mehr als ein LegoBausatz gegenüber dem Kölner Dom. Ein Hangaltor von der Größe des antiken terranischen San Francisco war in der Oberfläche der Kugelstation geöffnet worden. Zwischen Dutzenden anderer Raumschiffe war der Spindelraumer gelandet. Als sich das Hangartor über ihnen schloß, hatte man sie in ein Shuttle gebracht, mit dem sie durch eine Schleuse in Bereiche gelangten, in denen eine atembare Atmosphäre herrschte. Das war Problem Nummer eins für den Fall eines Fluchtversuches: Sie mußten zunächst eines dieser Shuttles in ihren Besitz bringen, um dann ein Raumschiff zu erobern. Denn ihre Raumanzüge hatten sie immer noch nicht wieder zurückerhalten, und die Schutzmonturen der Klonkrieger paßten ihnen nicht einmal ansatzweise. Jedes andere Unternehmen außer Flucht war ohnehin illusorisch. Dies hier war nicht der Pilzplanet, dies war eine gigantische Station, Produkt einer hochgezüchteten Supertechnologie.
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Einen Ansatzpunkt finden, von dem aus sie beschädigt oder zerstört werden konnte, damit vielleicht die G'Loorn unter Druck gerieten? Mehr als unwahrscheinlich! Selbst wenn sie es schafften, einen Teil zu sprengen, würde das bei Masse und Ausdehnung dieses künstlichen Himmelskörpers kaum bemerkt werden. Das Objekt war so groß wie ein ganzer Planet! Waren schon die 400-Meter-Kreuzer der Giants oder ihr Bergungs-raumer mit ihrem Kugelvolumen den Menschen gigantisch erschienen, wurden diese hier förmlich erschlagen. Die POINT OF war dagegen ein Spielzeug, und auch der Kolonistenraumer GALAXIS, mit dem sie seinerzeit Hope erreicht hatten, war trotz seiner 800 Meter Länge eher klein im Vergleich zu den anderen Raumschiffen, dank seiner schlanken Spindelform, die jener der G'Loorn-Raumer geglichen hatte. An dieser künstlichen Zentral weit mußte jahrtausendelang gebaut worden sein, um sie in diesem unglaublichen Ausmaß zu erschaffen. Riker versuchte sich vorzustellen, welche Ressourcen dafür ausgebeutet worden sein mußten, welches Bruttosozialprodukt eines Sternenreiches nötig gewesen war. Aber es ging über sein Vorstellungsvermögen. War schon die QUIET ZONE ein Phänomen, das seinesgleichen suchte, so war diese Station sicher ein galaktisches Wunder; etwas Einmaliges in diesem Universum. Allein der Gedanke, es beschädigen zu wollen, war ein Sakrileg. Riker kämpfte gegen die Hoffnungslosigkeit an, die von ihm Besitz ergreifen wollte. Er fragte sich, ob es überhaupt noch einen Sinn hatte, zu kämpfen. Sie waren Verlorene, gestrandet in einem Weltraum, der unerreichbar für alle Außenstehenden war, sie waren Gefangene einer unvorstellbar bösartigen Rasse. Kämpfen? Wie denn? Womit? Und gegen die Vasallen der Herrscher? Gegen die Klonkrieger, die selbst nur ausführende Organe waren, Befehlsempfänger, ArbeiterAmeisen, die selbst kaum mehr als Opfer der übergeordneten Macht waren?
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An die G'Loorn war doch praktisch nicht heranzukommen! Einen hatten sie auf der Pilzwelt erlebt, und mit seinem Raumschiff hatte sich ein zweiter später zerstört. In dem Raumer, mit dem sie hierher gebracht worden waren, hatte dessen G'Loorn-Kommandant sich den Gefangenen nicht einmal selbst gezeigt. Schattenboxen war einfacher als die Auseinandersetzung mit einem Gegner, der zwar real, aber ungreifbar war! Riker schloß die Augen. Er hatte sich auf dem glatten, kalten Boden aus Metallplastik ausgestreckt. Er wollte nicht aufgeben, er wollte irgend etwas tun. Aber dazu mußte er noch abwarten. Im gegenwärtigen Stadium konnte er nur reagieren, nicht agieren. Er überlegte, wie er zu seinen Gefährten gelangen konnte. Zu Anja. Und zu den anderen. Nur gemeinsam konnten sie etwas unternehmen. Aber... Er schrak zusammen. Von einem Moment zum anderen war er in seiner Zelle nicht mehr allein! Er öffnete die Augen wieder und sah sich um. Die Tür war nicht geöffnet worden. Niemand war im schattenlosen Licht zu erkennen. Daran, daß jemand unsichtbar sein konnte, wollte Riker nicht glauben. Nach wie vor war er allein in seiner Zelle. Aber das stimmte nicht! Er spürte doch, daß jemand zu ihm gekommen war! Aber wer? Und auf welche Weise? Er erhob sich, tastete um sich. Berührte niemanden, aber der andere berührte ihn. Er lauschte, hörte niemanden atmen außer sich selbst. Etwas war da, ganz nah. Zu nah. In ihm. Und dann wußte er, mit wem er es zu tun hatte. Das Grauen sprang ihn an. Mit nahezu allem hatte er gerechnet, aber nicht mit diesem Besucher, der zu ihm gekommen war.
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Nicht körperlich, sondern in ihm manifestiert, in Dan Rikers Bewußtsein. Er war eingetreten, als habe er eine Tür zu Rikers Bewußtsein benutzt. Riker sah ihn jetzt. Nicht mit den Augen, sondern mit seinem Bewußtsein. Er sah fünf nackte Gehirne, die miteinander in enger Verbindung standen. Er sah den CAL. Der CAL, die fünfköpfige Führungsgruppe der Giants, war zu ihm gekommen. Nein. Nicht zu ihm. IN IHN. Dan Riker wurde der CAL. Der CAL grüßt die Verdammten! Aber es war anders als damals auf Robon, als die drei »Level-X-Qualifikanten« Tyler, Edgar und Pia Ren Dhark zum CAL führten und dieser Dhark so ansprach. Die telepathische Stimme, die in ihnen allen aufklang, schien freundlichen Spott zu signalisieren - wie ein Insider-Gag bei einem Gespräch unter alten Bekannten. Der CAL grüßt die Verdammten! Und Dan Riker war der CAL. Anja Field war der CAL. Ian Kaplan war der CAL. Pjetr Wonzeff war der CAL. Rani Atawa war der CAL. John Martell, Janos Szardak, Spy Gorm, Arc Doorn. In ihnen allen war der CAL. Hier, auf der künstlichen Zentralwelt der G'Loorn. Irgendwie, dachte Riker, ist es logisch. Und er war nicht mehr sicher, ob er es dachte, oder ob der CAL es dachte es ihn denken ließ. Der CAL wurde von Robon entführt, von einem dieser Spindelraumer. Aber warum ist der CAL dann nicht ein Opfer der G'Loorn? Warum saugen sie ihm nicht seine Ängste und Schmerzen aus den fünf Gehirnen ? Wer sagt dir, daß es nicht so ist, Verdammter? klang es spöttisch in ihm auf. Was weißt du schon von den Dingen, die sich jenseits deiner primitiv-barbarischen Vorstellungskraft abspielen ? »Ich werde dir erzählen, was sich in meiner barbarischprimitiven Vorstellungskraft abspielt«, entfuhr es Riker. »Laß uns nur ein paar Augenblicke allein miteinander sein,
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dann ...« Unwillkürlich ballte er die Fäuste. Damals wie heute gefiel ihm nicht, daß die Giants und ihr CAL die Menschen grundsätzlich als »die Verdammten« bezeichneten. Und auch jetzt noch, wo der CAL sich in diesen »Verdammten« befand ...! Ganz gleich, wie auch immer das funktionieren mochte! Gelächter - und Erschrecken. Von vielen Gedanken, mehr als fünf. Riker zuckte zusammen. Sekundenlang glaubte er, von den anderen berührt zu werden. Von Anja, von Szardak, Doorn und Wonzeff. Er spürte ihre Reaktionen. Sie warnten und bestärkten ihn. Und über allem war der CAL. Er war sie alle. Sie alle waren der CAL. Riker fror. Er bekam einen Eindruck von jener mentalen Zusammengehörigkeit wie sie im CAL seit einer Ewigkeit vorherrschen mußte. Ein ständiger unterschwelliger Kontakt. Jeder war in der Lage, allein für sich zu denken und zu Entscheidungen zu kommen. Und doch, wenn es nötig war, konnte jeder jeden in jedem Sekundenbruchteil fragen. Permanent online. Riker zwang sich zur Ruhe. Er versuchte den positiven Aspekt dieser mentalen Verschmelzung zu sehen: Er wußte jetzt, daß es den anderen gut ging. Aber was war mit Tyler? Er ist mit euch hergekommen? Er und die anderen? Ein schneller, flammender Impuls der fünf CAL-Gehirne, gemeinsam abgestrahlt als grelle Lohe durch Rikers Bewußtsein. Dann: die Erkenntnis, daß der Robonenjunge die Terraner tatsächlich begleitet hatte. Wo ist er jetzt? Dann: ein Löschen der Frage. Die Antwort war in jedem der Menschen zu lesen. Niemand wußte etwas von Tylers Verbleib. Vom CAL ging Bestürzung aus. Riker versuchte sich auszukoppeln und eigenes Denken zu entwickeln. »Wieso bist du hier?« fragte er laut. »Wieso bist du in uns vertreten? Und was willst du?« Fort von hier... von hier... hier... Ein verklingendes Echo in den Gedanken der Menschen. Einsamkeit und - vielleicht sogar etwas wie Furcht?
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Fürchtet euch nicht - vor dem CAL. Fürchtet euch vor den Ungeheuern, deren Nahrung die Angst und der Schmerz sind. Ich wagte schon nicht mehr zu hoffen, Entitäten zu finden, die positiv auf meine Kontaktversuche reagieren. Doch ihr seid hierher gekommen. »Eher gekommen worden«, murmelte Riker sarkastisch. Es war seltsam, diesen Verbund aus fünf Gehirnen abwechselnd in der dritten Person und dann wieder als »ich« von sich reden zu »hören«, nicht aber als »wir«. Der CAL bezeichnete sich tatsächlich als eine einzige Persönlichkeit, obgleich diese Persönlichkeit sich doch auf fünf verschiedene Gehirne verteilte! Die fortpflanzungsfähigen Hybriden sind ungeeignet. Die Struktur ihrer Persönlichkeit ist zu fremd. Ihr Muster läßt sich nicht erfassen. Die identisch Geschaffenen, die nicht aus dem Ei kommen, denken nicht. Sie verfügen über keine Gefühle. Doch ihr Verdammten... Riker versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Zu viel stürmte in diesen Minuten auf ihn ein. Der mentale Verbund mit den Gefährten, die Informationen, die der CAL gab... Mit den fortpflanzungsfähigen Hybriden schien er die G'Loorn zu meinen, diese Mischwesen aus Insekt und Pflanze. Die identisch Geschaffenen waren wohl die Klonkrieger. »Wir sind nicht deine Befehlsempfänger, CAL«, wandte sich Riker gegen das Kollektiv und wunderte sich, daß er überhaupt in der Lage war, diesen Protest zu äußern. Ihr wollt die Freiheit. Der CAL will die Freiheit. Gemeinsam gelingt es uns. Ich werde euch tun lassen, was der CAL tun kann. »Wieso brauchst du uns dafür?« fragte Riker mißtrauisch. Er erinnerte sich der phänomenalen Para-Kräfte des CAL. Diese Wesenheit war ihnen damals auf Robon unbesiegbar vorgekommen. Gab es etwas, das der CAL nicht fertigbrachte? Scheinbar doch. Hier und jetzt war er auf Hilfe angewiesen! Ich deutete es schon an: Es ist mir nicht möglich, die G'Loorn, wie ihr sie nennt, mental zu erreichen. Schon
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lange suchte der CAL nach Instrumenten, die von der Kraft des CAL berührt werden können. Mit euch Verdammten sind nun endlich geeignete Instrumente erschienen. Der CAL hat lange auf euch warten müssen. »Instrumente«, murmelte Riker. »Und nach Gebrauch werden wir weggeworfen. Oder wie stellt ihr euch das im Detail vor?« Statt einer Antwort fühlte er, wie sich etwas in ihm veränderte. Der CAL ließ ihm keine Wahl. Auch den anderen nicht. Das Kollektiv aus fünf körperlosen Gehirnen überlappte die Menschen mit seiner monströsen Para-Kraft. Aus fünf CAL-Wesenheiten wurde eine große Gemeinschaft, in die ein Teil der Kraft des CAL floß. Und doch blieben sie einzelne Individuen. Und sie waren unbesiegbar. In ihnen entfaltete sich eine nie gekannte Macht. Sie wußten, daß sie stark genug waren, es mit den G'Loorn aufnehmen zu können. Sie traten als verlängerte Arme des CAL an die Stelle der Giants, und sie waren flexibler als jene. Sie sogen die Para-Kraft des CAL auf und wußten, daß sie selbst diese unglaubliche mentale Kraft einsetzen konnten. Sie brauchten sich nicht untereinander abzusprechen. Sie wußten, was sie zu tun hatten. Sich und die fünf CALGehirne befreien und die Zentralwelt der G'Loorn verlassen! »Jetzt!« schrie das Kollektiv aus neun Menschen und fünf Körperlosen. Und schlug zu! Die Präsenz des CAL schwand. Sie reduzierte sich auf ein Minimum im gleichen Moment, in welchem seine ParaKraft die Menschen erfüllte und ihnen zur Verfügung stand. Unwillkürlich erschauerte Dan Riker. So wie die Präsenz des CAL-Kollektivs schwand, wurde auch nur ein Teil der Kraft nutzbar, aber es war schon mehr als genug. Riker spürte seine Umgebung auf eine völlig neue Weise, wie er sie noch nie zuvor wahrgenommen hatte.
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Das, was normalerweise seine Augen sahen, seine Ohren hörten, seine Hände ertasteten, spürte er jetzt mit noch viel mehr Sinnen. Sinne, von denen er nicht einmal geahnt hatte, daß sie existieren könnten. Der CAL selbst war nur noch im Hintergrund vorhanden. Aber es gab ihn nach wie vor. Riker sah jetzt auf eine Weise, die er nicht verstand, die Tür seiner Zelle. Er streckte die Hand aus. Ein reiner Willensakt reichte, sie aufzusprengen. Eine Metallplastikplatte löste sich aus ihrem Verbund, flog nach außen in einen menschen- und insektenleeren Korridor, krachte vor die gegenüberliegende Wandung. Material verformte sich, Strukturen brachen faserig auseinander. Riker schüttelte den Kopf. Er fühlte sich einen Augenblick lang erschöpft, und als seine Kraft zurückkehrte, wußte er, daß er nicht noch einmal so stark sein würde wie eben. Offenbar besaß auch die Para-Kraft des CAL ihre Grenzen, ließ sich nicht hundertprozentig übertragen. Oder lag es daran, daß diese Kraft auf neun Menschen verteilt werden mußte? Anja Field trat auf den Korridor. Sie glitt einfach durch die massive Wand hindurch. Anja taumelte. Riker fing sie auf. Etwas verwirrt sah sie ihn an und lächelte ihm kurz zu. Auch die anderen traten jetzt auf den Korridor hinaus. Einige auf ähnlich sanfte Weise wie Anja, andere mit erheblicher Kraftentfaltung. Aber jeder von ihnen hatte danach den Eindruck, nicht mehr über das gleiche ParaPotential zu verfügen wie am Anfang. Als würde die Kraft, die der CAL ihnen zur Verfügung stellte, sich verbrauchen ... »Weiter!« stieß Martell hervor. »Dort entlang!« Er brauchte nicht einmal den Arm auszustrecken, um den anderen die Richtung zu weisen. Der CAL tat es für ihn. Jeder von ihnen wußte, wohin er sich zu wenden hatte. Die Menschen bewegten sich im Laufschritt durch den Gang, keiner achtete auf den anderen. Aber dann, als sie am Ende des Korridors ein Trennschott erreichten, stoppten sie jäh. Wie Marionetten, die vom Puppenspieler bewegt werden,
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durchfuhr es Riker, der sich einen Rest selbständigen Denkens bewahrt hatte. Dieser Rest ließ ihn erkennen, daß sie sich unter Zwang bewegten. Sie besaßen keine Entscheidungsfreiheit. Der CAL hatte sie ihnen genommen. Er hatte sie mit seinen Para-Kräften so brutal unterjocht, wie die Giants die Menschheit unterjocht hatten. Daß er bei dieser Prozedur einen Teil seiner Para-Kräfte den Menschen zur Verfügung stellte, wollte Dan Riker ihm nicht danken. Er hätte sich lieber auf sich selbst verlassen, statt sich wie eine Marionette lenken zu lassen. Aber dieses Para-Können zeigte ihm und den anderen jetzt, daß sich hinter dem Trennschott Klonkrieger befanden. Es war kein Problem, denen auszuweichen. Menschen bewegten sich abermals durch feste Materie, glitten durch Metallplastikwände hindurch. Als sie sich in einem anderen Bereich der Gigant-Station wiederfanden, spürte jeder von ihnen, daß die Para-Kraft des CAL abermals nachgelassen hatte. Aber wo sie sich jetzt befanden, warteten keine Klonkrieger auf sie. Wieder teilte der CAL ihnen mit, wohin sie sich jetzt zu bewegen hatten. Vor Arc Doorn flog ein Schott auf. »Da!« stieß er hervor und drang in das dahinter liegende Depot ein. »Ich glaub's fast nicht ...« So, wie er sich benahm, mußte auch er ein Stück seiner Eigenständigkeit zurückgewonnen haben. Das ließ Riker hoffen. Verlor der CAL mit der Zeit die Kontrolle über die Menschen? »Hier«, rief Doorn den anderen aus dem Depot heraus zu. »Anziehen, bewaffnen, schnell ...« Zugleich bekamen sie es auch aus seinen Gedanken mit, denn das Kollektiv bestand nach wie vor. Und wie ein Berserker räumte Doorn das Regal leer, in dem, sauber zusammengefaltet, M-Raumanzüge lagen! Ihre Raumanzüge! Die, die man ihnen abgenommen hatte, nachdem sie an Bord des Spindelraumers geholt worden waren. So schnell hatten sie die filmdünnen Schutzanzüge wohl noch nie angelegt, streiften sie einfach über die
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Ersatzmonturen. »Und die Waffen?« fragte Spy Gorm. Im nächsten Raum, teilte der CAL ihnen allen gleichzeitig mit. Da öffnete Martell bereits ein weiteres Schott. Aber zusätzlich zu ihren eigenen Paraschockern und Blastern befanden sich auch noch Destruktoren in der Waffenkammer, wie sie der G'Loorn auf Terra verwendet hatte! Riker murmelte eine Verwünschung. Die Waffen gefielen ihm nicht, weil sie ausschließlich tödlich wirkten, aber auf eine bösartige, für das Opfer qualvolle Weise. Doch der CAL zwang sie alle dazu, auch Destruktoren an sich zu nehmen! »Und jetzt nichts wie weg hier!« drängte Gorm. »Wir könnten noch einmal ein Raumschiff kapern und ...« »Das hatten wir doch schon einmal, und was wurde daraus?« fauchte lan Kaplan. »Was hilft's uns, wenn der G'Loorn im Kommandostand wieder Selbstmord begeht und wir abermals hilflos im Weltraum treiben?« Gorm protestierte. »Tyler hat den G'Loorn in den Selbstmord getrieben! Wir überwältigen ihn statt dessen und zwingen ihn, uns ...« »Wieviel Blödsinn wollt ihr noch reden?« fragte Riker. »Ohne den CAL werden wir diesen Planeten nicht verlassen können, und dann soll sich auch der CAL um das Problem des Raumschiffs kümmern! Dem wird schon etwas einfallen!« Unwillkürlich lauschte er in sich hinein. Aber die fünf Gehirne reagierten nicht auf die Provokation. John Martell wog einen Destruktor in den Händen. »Und wo finden wir den CAL nun?« fragte er grimmig. Sie alle spürten die Empfindungen, die den Ex-General durchströmten. Während der gesamten Zeit der GiantInvasion war er auf der Erde gewesen, nicht als stumpfsinniges Opfer der Giants, sondern als Kommandant des Stützpunkts T-XXX, der seiner geschützten Lage wegen die Bestrahlung nicht mitbekommen hatte. Mitbekommen hatten aber alle Besatzungsangehörigen von T-XXX das furchtbare Elend in ihrer Umgebung, und sie hatten gelernt, die Giants zu fürchten und zu hassen.
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Der CAL war verantwortlich für die Aktionen der Giants! Und Martell hatte das keinesfalls vergessen. Ein Wunder, daß das Gehirnkollektiv den Druck auf Martell nicht erhöhte, um diese Gefühle auszuschalten! Oder war der CAL dazu nicht in der Lage? Verausgabte dieses fünffache Para-Monstrum sich darin, seinen unfreiwilligen Helfern Unterstützung zukommen zu lassen? Blieb für eine verstärkte Kontrolle nichts mehr übrig? Auch die anderen hatten keinen Grund, dem CAL besondere Sympathien entgegenzubringen. Daß er ihnen half, geschah aus recht eigennützigen Gründen - er sah in ihnen, in den Verdammten, seine einzige Chance, aus der Gefangenschaft der G'Loorn zu entkommen. So ist es, vernahmen sie alle die Stimme in ihrem Bewußtsein. Aber der CAL ist auch eure einzige Chance zur Flucht. Augenblicke später wußten sie, wohin sie sich zu wenden hatten, um den CAL zu finden und zu befreien. Er hatte es ihnen verraten und zeigte ihnen den Weg. Und Dan Riker fragte sich, wann endlich die Helfer der G'Loorn darauf aufmerksam wurden, daß ihre Gefangenen sich selbständig machten! Sie wußten es längst. Den G'Loorn war durchaus aufgefallen, daß im Bereich ihrer bislang gewaltigsten Seelennahrung etwas nicht stimmte. Daß ein Teil jener Kräfte, die sie selbst nicht erfassen konnten, an einer anderen Stelle etwas bewirkten. Jene Kräfte, die zu fremd waren und sich den G'Loorn entzogen! Mit ihrer Hilfe gingen die neuen Gefangenen eine mentale Vereinigung ein und konnten sich aus ihren Zellen befreien. Aber diese Kräfte ließen nach. Den Berechnungen der G'Loorn zufolge würden sie bald völlig erlöschen. Denn die Super-Gehirne standen unter gewaltigem Druck. Sie empfanden Angst und Schmerz, so stark, wie kaum ein anderes Wesen es aushallen konnte. Die G'Loorn weideten sich daran, doch blieb ihnen ein Rätsel, was diese Wesen, die sich selbst als Terraner bezeichneten, nun planten. Es mußte ihnen doch klar sein, daß selbst mit den unwahrscheinlich starken Para-Kräften der fünf Super-
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Gehirne eine Flucht unmöglich war. Wie wollten sie eines der Raumschiffe lenken ohne die Hilfe eines G'Loorn? Wie wollten sie die Chro-nosphäre verlassen? Jedes intelligente Lebewesen dachte und handelte nach universellen Grundregeln der Logik, aber diese Terraner verwirrten die G'Loorn, weil sie unlogisch agierten! Ihre Lage war so hoffnungslos, daß es logischer gewesen wäre, Selbstmord zu begehen, um sich dem Zugriff der G'Loorn zu entziehen, aber genau das taten sie nicht. Die G'Loorn verstanden die Handlungsweise der Terraner nicht. Sie verstanden auch die Handlungsweise der SuperGehirne nicht, weil ihnen der Zugang zu den entsprechenden Überlegungen fehlte. Sie konnten nur die Emotionen aufnehmen, die der CAL projizierte, nichts sonst. Sie ahnten nicht einmal, in welcher Gefahr sie geschwebt hätten, hätte der CAL seinerseits Zugriff auf ihr eigenes Denken und Fühlen erhalten. Nur die extreme Gegensätzlichkeit ihrer Psi-Faktoren schützte sie gegenseitig ...! Deshalb verfolgten die G'Loorn, was geschah, und dirigierten ihre Truppen so, daß sie den Terranern eine tödliche Falle stellen konnten. »Hier muß es sein!« sagte Martell gedehnt. Die Art, wie er über den Destruktor strich, gefiel Riker nicht. Er sah so aus, als würde der ExGeneral den CAL lieber vernichten, als ihn aus den Klauen der Insektenabkömmlinge zu retten. Der CAL reagierte nicht auf diese Gedanken. Überhaupt war die mentale Bindung bei weitem nicht mehr so stark wie zu Anfang. Dennoch gab es keine Chance, sich dem Zwang, den der CAL ausübte, zu entziehen. Das Kollektiv hatte sie bis hierher geleitet. Riker wunderte sich, weshalb es zu keinem einzigen Zusammenstoß mit Klonkriegern oder Angehörigen eventueller weiterer Hilfsvölker gekommen war. Diese planetengroße Gigantstation konnte sicher nicht so dünn bevölkert sein, daß man nur alle paar tausend Kilometer auf Besatzungsmitglieder (oder Bewohner?) stieß. In Dan Riker wurde das ungute Gefühl immer größer, daß sie im Begriff standen, in eine Falle zu geraten.
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Aber warum ließ der CAL das zu? Er mußte doch einen wesentlich besseren Überblick über alles haben, was sich in seiner Nähe in der Station abspielte. Warum kam keine Warnung? »Vorsicht«, warnte Riker. »Wenn sich hinter dieser Tür tatsächlich die Gehirne befinden, wird der Raum bewacht sein. Weder die G'Loorn noch ihre Vasallen können so dumm sein, den CAL unbeaufsichtigt zu lassen!« Martell nickte. »Schon bedacht«, erwiderte er, und Riker vermißte plötzlich den innigen mentalen Kontakt, der so sehr abgeebbt war, daß sie sich wieder mit Worten unterhalten mußten, damit einer begriff, was der andere meinte. Man kann sich verdammt schnell an so etwas gewöhnen, dachte er. Es war alles so einfach gewesen ... Martell deutete auf Gorm, Kaplan und Szardak. »Sichern«, ordnete er an. »Doorn - öffnen Sie das Schott. Sofort fallenlassen, damit wir freies Schußfeld haben.« »Auf den CAL«, grinste Doorn freudlos und trat vor die Schaltung, mit der das Schott geöffnet werden konnte. In der linken Hand hielt er einen Paraschocker. Plötzlich schob er ihn ins Plastikholster seines Waffengürtels zurück und nahm den Destruktor zur Hand. Überrascht erkannte Riker, daß auch er einen Destruktor schußbereit hielt. Wann hatte er den Amphiblaster gegen diese fürchterliche Waffe ausgetauscht? Er murmelte eine Verwünschung. Der CAL mußte ihm diesen Tausch aufgezwungen haben, so wie eben auch bei Doorn beobachtet. Das Gesicht des Sibiriers blieb ausdruckslos, als er mit der rechten Hand den Türöffner betätigte. Das Schott glitt auf. Doorn ließ sich sofort fallen. »Feuer!« brüllte Martell. Riker hörte Rani Atawa aufschreien. Martell, Gorm und die beiden anderen Männer schössen aus ihren Destruktoren. Die grelle, tödliche Energie leckte nach Klonkriegern, erfaßte sie, hüllte sie in grausig leuchtende Feuermäntel, in denen sie kreischend und pfeifend langsam zusammenbrachen. »Nein!« keuchte Riker auf. »Nein! Nicht ...« Aber er selbst schoß auch!
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Nicht die Klonkrieger hatten als erste das Feuer eröffnet, sondern die Menschen! Der CAL machte sie zu Killern! Zu Mördern, die eiskalt ihren Vorteil nutzten und Klonkrieger niederschössen, die erst jetzt dazu kamen, ihre Strahlwaffen einzusetzen! Die Insektenwesen versuchten in Deckung zu gehen. Sie hatten die Terraner in dem großen Raum erwartet, hatten allerdings deren Reaktion nach ihrem bisherigen Verhalten eingeschätzt. Das rächte sich jetzt. Terraner, die als erste das Strahlfeuer aus den mörderischen Beutewaffen eröffneten, sorgten innerhalb von Sekunden für ein brutales Gemetzel unter den Insektenkriegern! »Nein!« brüllte Riker auf. »Wir sind keine Mörder! Schocken, nicht töten!« Er wollte den Destruktor fallenlassen und seinen Paraschocker benutzen, jedoch schienen seine Hände an der Beutewaffe festzukleben! Er konnte den Destruktor nicht loslassen! Der CAL verhinderte es! Der CAL war wieder verstärkt in ihm präsent, und gleichzeitig auch in allen anderen! »Der CAL macht uns zu Verdammten!« Hatte Riker es gerufen? Oder hatte er es nur gedacht? Er wollte kein Verdammter sein! Er war ein Mensch, und er ließ sich vom CAL nicht zum Mörder machen! Er fuhr herum und zielte mit dem Destruktor auf eines der CAL-Gehirne! Die fünf Hirne befanden sich in transparenten Behältern, nicht anders, als Ren Dhark sie damals auf Robon gesehen hatte. Aber der Pegel der Nährflüssigkeit im Innern der Behälter befand sich auf extrem niedrigem Stand. Die Gehirne schwammen in der Flüssigkeit und unternahmen ständig so etwas wie Tauchversuche, um restlos von der Substanz bedeckt zu werden. Ohne die Tauchversuche wäre das nicht möglich gewesen! Teile der Gehirne hätten sich vertrocknend an der Oberfläche befunden, hätten daraus hervorgeragt! Riker begriff das System dieser grausigen Folter. Der CAL mußte ständig befürchten, daß Gehirnpartien
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vertrockneten und verloren gingen, die nicht von der Nährflüssigkeit umspült wurden! Die Gehirne mußten mit ihren Bewegungen ständig für Wellen sorgen, damit die Substanz über sie hinwegschwappte und sie rundum befeuchtete! Ein ständiger Quell entsetzlicher Angst vor dem Absterben! Und die G'Loorn genossen diese Angst, labten sich daran. Nie hatten sie Opfer gewonnen, die dabei über ein so gewaltiges Potential verfügten wie diese Fünfer-Gruppe! Gleich sieben G'Loorn erfreuten sich an der Qual des CAL! Riker konnte sie sehen, hinter den transparenten Überlebenstanks, die ihren Namen in der augenblicklichen Situation nicht mehr verdienten. Aber er zielte mit dem Destruktor nicht auf die G'Loorn, sondern auf einen der CAL-Tanks! »Mache uns nicht zu Mördern, oder ich werde zum Mörder an euch!« schrie er dem CAL zu. Und dabei legte er all seine Kraft in diesen einen Gedanken, den er dem CAL zustrahlte. Er, der Verdammte, wollte den CAL zwingen, den steuernden Bann von ihm und seinen Gefährten zu nehmen! Hatte er sich damit zuviel vorgenommen? Das Bewußtseinskollektiv verstärkte seinen Druck! Aber nicht auf Dan Riker. Gorm war es, der dem mentalen Druck nachgab, mit einer Hand blitzschnell zufaßte und Rikers Destruktor ein anderes Ziel gab. Unwillkürlich löste Riker die Waffe aus, ohne es eigentlich zu wollen. Die Feuerlohe wehte über die Nährtanks hinweg - und erfaßte einen der G'Loorn! Der kreischte und pfiff noch schriller als getroffene Klonkrieger. Der Unheimliche wand sich in dem mörderischen Todeslicht, das ihn fraß, und die anderen sogen das, was der Tod in ihrem Artgenossen freisetzte, begierig in sich auf, bis auch sie von Strahlfeuer erfaßt wurden! Martell und Gorm gaben Dauerfeuer. Sie schössen sich auf die G'Loorn ein. Szardak, Wonzeff und die anderen hielten die Klonkrieger unter Feuer, die kaum noch eine Möglichkeit bekamen, zurückzuschießen.
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Sie hatten genug damit zu tun, in Deckung zu bleiben, um zu überleben. Nur hin und wieder flammte ein Strahlschuß auf und tastete nach den Terranern. Offenbar hatten die Insektenwesen doch so etwas wie Überlebensinstinkte, die sie auf der Pilzwelt nicht gezeigt hatten, als sie regelrecht ins Blasterfeuer der Terraner hineingelaufen waren. Robotern gleich, die stur ihrem Programm folgen. Und Riker hörte den CAL lachen! In seinem Bewußtsein brüllte der Hohn auf, mit dem der CAL ihn ob seiner vergeblichen Rebellion bedachte. Glaubt ein Verdammter wirklich, den CAL zwingen zu können ? Riker knirschte mit den Zähnen. Hinter den Nährtanks verging der fünfte G'Loorn im Energiefeuer. Es war einfach unglaublich! Diese unheimlichen Kreaturen, von denen jede einzelne ein Gestalt gewordener Alptraum war, schienen nicht einmal an Flucht oder Gegenwehr zu denken! Sie ließen sich einfach töten! Lag es daran, daß sie nur Sinne für den Schmerz ihrer sterbenden Artgenossen hatten? Psycho-Kannibalen! durchzuckte es Riker. Kannibalismus in seiner furchtbarsten Form! Der Überschuß an Emotionen schien die Seelenfresser regelrecht zu lahmen. Gierig sogen sie in sich auf, was ihnen an »Futter« entgegenströmte. Riker bekam es mit. Die in ihm verbliebene Para-Kraft des CAL ließ ihn den unglaublichen Vorgang in schmerzhafter Deutlichkeit wahrnehmen, und er ahnte, daß er diese Szene niemals mehr vergessen würde, selbst wenn er eine Million Jahre alt werden würde. Dann brannte der letzte G'Loorn. »Geschafft!« schrie Spy Gorm und lachte böse, aber es war nicht sein eigenes Lachen, sondern das des CAL. »Bringen wir die Behälter in Sicherheit!« Er sprang vor. Eine Sekunde später war er tot. In Wirklichkeit dauerte sein Sterben mehr als zwanzig Sekunden, aber schon im ersten Augenblick war ihm nicht mehr zu helfen. Ein Destruktorstrahl eines der Klonkrieger hatte den Mann erwischt, der so lange überlebt hatte. Seine
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Unvorsicht kostete ihn nun das Leben. Martell hatte den letzten Mann seiner Gruppe verloren. Sie hörten Gorm noch schreien, als er bereits nicht mehr lebte. Welch eine Verschwendung! vernahmen die anderen die lautlose Mentalstimme des CAL. Ausgerechnet jetzt, da die Seelenfresser nichts mehr davon haben... Riker brüllte zornig auf. Der Zynismus des CAL war ihm unerträglich, und mit einem Mal war er fast froh, daß der CAL ihn mit seinem Para-Zwang daran hinderte, ihn zu töten. Riker hatte selten einmal auf etwas oder jemanden einen solch flammenden Haß verspürt. Die anderen empfanden ähnlich. Mit versteinert wirkendem Gesicht feuerte Martell auf die Klonkrieger. Riker starrte wie gelähmt auf das, was von Spy Gorm übriggeblieben war. Sekundenlang kreuzte sein Blick den von Arc Doorn, und er erinnerte sich an den eigentümlichen Vorfall an Bord des Spindelraumers, als Gorm von dem Streifschuß aus einer Schockwaffe der Insektensoldaten getroffen worden war. »Ich werd' schon nicht dran sterben«, hatte er gesagt. Daran nicht, hatte Riker aus einem ihm immer noch unerfindlichen Grund denken müssen, um im gleichen Moment Arc Doorn murmeln zu hören: »Daran sicher nicht ...« Es war, als hätten sie beide, Arc Doorn und Dan Riker, eine Vorahnung gehabt... Plötzlich senkte Martell seine Waffe. »Das führt doch zu nichts«, sagte er. »Wir müssen das vernünftig durchorganisieren. Sonst bekommen wir den CAL nie hier 'raus und in ein Raumschiff. Hat jemand einen Vorschlag?« Sehen wir lieber zu, daß wir selbst mit heiler Haut davonkommen, wollte Riker sagen. Aber er schaffte es nicht. Irgend etwas hinderte ihn daran. Statt dessen begann er tatsächlich, einen Plan zu entwickeln. Er hoffte, daß dieser Plan nicht zu einem ähnlichen Flop wurde wie die Aktion im Spindelraumer... Auf den ersten Blick war alles ganz einfach. Das einzige Problem bestand darin, sich die Klonkrieger vom Leib zu halten. Dafür hatten die Männer mit Ausnahme Arc Doorns zu sorgen.
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Der Sibirier kümmerte sich um die Schwebeplatten, die sich noch in der großen Halle befanden. Unter dem Feuerschutz der anderen aktivierte er sie, koppelte sie aneinander und steuerte sie zu den Nährtanks hinüber. An diesen waren bereits Anja und Rani am Werk. Sie lösten die Anschlüsse, die die Tanks mit elektrischer Energie und Nährstoffen versorgten. Denn so autark die Tanks auch zu sein schienen - auf lange Sicht kamen auch sie nicht ohne Versorgung aus. Mit einiger Verblüffung kommentierte Doorn die Kompatibilität der Anschlüsse. »Diese G'Loorn müssen ein geradezu absurdes Verständnis für Fremdtechnologie besitzen«, brummte er. »Sie kriegen unsere Anzüge geöffnet und haben die passenden Kabel und Schläuche für den CAL! Heuert von denen ja keinen für die POINT OF oder den Industriedom von Deluge an! Arbeitslos zu werden, war noch nie mein Wunschtraum, aber diese Heuschrecken können mehr als ich...« »Seit wann halten Sie Propaganda-Reden?« spottete Wonzeff gutmütig und schoß auf zwei Klonkrieger, die in einem selbstmörderischen Versuch beabsichtigt hatten, die Terraner zu umgehen und ihnen in den Rücken zu fallen. Ich will das nicht, dachte Riker. Ich will nicht töten! Schon gar nicht für den CAL! Und irgendwie schaffte er es auch, sein Sperrfeuer so zu legen, daß er die Insekten in Deckung hielt und keine tödlichen Schüsse auf sie abgeben mußte. Aber die Erbarmungslosigkeit, mit der die anderen auf ihre Gegner schössen, erschreckte ihn. Dabei konnte keiner von ihnen etwas dafür! Sie handelten doch alle unter Zwang! Als Doorn die gekoppelten Schwebeplatten hinausflog, blieb das wenige, was von Spy Gorm übriggeblieben war, zurück. Für Pietät hatte der CAL nichts übrig, er drängte jetzt zur Eile. Von den Versorgungsanschlüssen gelöst, fühlten die Gehirne sich in ihren nur teilgefüllten Behältern womöglich noch unwohler als zuvor. Riker gönnte es ihnen und hatte bisher nicht gewußt, wie schadenfroh er sein konnte, nur fürchtete er, daß es später noch erhebliche Schwierigkeiten mit dem CAL geben
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konnte. Es mußte doch eine Möglichkeit geben, sich endgültig aus dem Para-Zwang dieser fünf Gehirne zu befreien, die so gar keine Ähnlichkeit mit den Gehirnen der Giants aufwiesen. Schon auf Robon war klar gewesen, daß der CAL nicht wirklich zu den Giants gehörte. Er beherrschte sie, aber er mußte einer völlig anderen Rasse angehören. Die Giants, diese vierarmigen, humanoiden Kreaturen mit den scheußlichen Raubtierköpfen, besaßen in ihrer organischen Hülle einen zweiköpfigen Schlangenkörper, der als Gehirn füngierte - und über einen atomaren Sprengsatz verfügte! Aber dieses Schlangengehirn stimmte in seinem organischen Aufbau und seiner Struktur, auch in seiner Elektrizität in keinem einzigen Punkt mit den Gehirnen des CAL überein. Das ließ sich schon beim bloßen Anblick erkennen, und Riker war sicher, daß eine medizinischphysikalische Untersuchung das belegen würde. Die Giants und ihr CAL waren zwei verschiedene Paar Schuhe, die nicht zueinander passen wollten! Was auch nicht so recht zusammen passen wollte, war das Eingeständnis des CAL, weder die G'Loorn noch die Klonkrieger unter seine geistige Kontrolle zwingen zu können. Der Robonenjunge Tyler hatte es gleich mehrfach fertiggebracht, sich einen G'Loorn Untertan zu machen und seine Para-Kräfte waren von eben jenem CAL zur Entfaltung gebracht worden! Sie schienen sich erheblich von denen des CAL zu unterscheiden. Wie das möglich war, blieb Dan Riker ein Rätsel. Er fand auch kaum Gelegenheit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie hetzten durch endlose Korridore, sicherten nach allen Seiten, checkten ab, ob vor ihnen Gegner lauerten, und mußten darauf vertrauen, daß der CAL ihnen den richtigen Weg wies. Denn keiner von ihnen konnte sich noch exakt erinnern, durch welche Gänge und Schächte sie geführt worden waren, als man sie aus dem Raumschiff in ihre Einzelzellen brachte. Einige Male glaubte Riker, bestimmte Merkmale wiederzuerkennen, aber im nächsten Moment war ihm wieder alles fremd, und er begann zu glauben, daß der CAL sie zu einem anderen Hangar lenkte
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als dem, in welchem sie gelandet waren. Immer wieder waren sie gezwungen, wie die Wilden um sich zu schießen, und mit Besorgnis, aber auch Erleichterung stellte Riker fest, daß die Kapazitätsanzeige seines Destruktors dem Nullwert entgegenstrebte. Nur noch wenige Schüsse mit dieser entsetzlichen Waffe, und die Batterie war entladen. Dann blieb ihm nichts anderes übrig, als mit Amphiblaster und Paraschocker zu schießen, was sicher den CAL nicht gerade freuen würde. Der wollte anscheinend keine überlebenden Klonkrieger! Schließlich erreichten sie einen gigantischen Raumschiffhangar. »Helme schließen!« ordnete Szardak an. »Dahinter ist garantiert luftleerer Raum!« Die Falthelme ihrer Raumanzüge lagen wie Kapuzen zusammengerollt im Nackenteil und ließen sich mit wenigen Handgriffen über den Kopf ziehen und verschließen. Blitzschnell blähten die halbstabilen, transparenten Helmfolien sich auf. Damit waren die Menschen perfekt gegen ihre Umwelt geschützt. Was Riker ein wenig wunderte, war, daß sich während der Kampfhandlungen nicht ein einziges Mal die anzugeigenen Intervallfelder aufgebaut hatten. Wie sie zu aktivieren waren, wußte nach wie vor niemand - sonst hätte Spy Gorm sicher noch leben können. Wieder war Doorn es, der das Schott öffnete. Vorher hatte Szardak noch gewarnt: »Rechnet mit Dekompressionseffekten!« Und die fanden statt! Luft aus dem Korridor fauchte in das im Hangar bestehende Vakuum und riß Menschen und Material mit sich. Dem CAL machte das Vakuum nichts aus. Die Nährstoffbehälter waren hermetisch gegen die Außenwelt abgeschlossen und die Anschlußstutzen für Versorgungsschläuche gesichert. Aber der Luftdruck jagte die Schwebeplatten in den Hangar hinaus und direkt auf einen der Spindelraumer zu. Im Moment war von Klonkriegern nichts mehr zu sehen. Im Hangar zeigten sich keine, und jene, von denen die
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Terraner verfolgt worden waren, hatten sich blitzartig zurückgezogen und hinter Schotts in Sicherheit gebracht, als sie erkannten, was die Menschen beabsichtigten. Scheinbar war dieser Zugang nur für extreme Notfälle gedacht, da er keine Luftschleuse besaß. Sie selbst waren ja auch mit einem Shuttle aus dem Raumschiff in die Station gebracht worden. Von einem Moment zum anderen wurde es Riker schwarz vor Augen. Er taumelte und stürzte. Er kämpfte gegen die Bewußtlosigkeit an, versuchte sich wieder aufzurichten. Als er wieder einigermaßen denken konnte, glaubte er im ersten Moment an einen ParaSchlag des CAL, der sich jetzt vielleicht in relativer Sicherheit wähnte und auf die weitere Hilfe der Verdammten verzichten wollte. Doch das war es nicht. Es war dieses andere. Schon vorher, im Spindelraumer, hatten sie einige Male mit leichten Unpäßlichkeiten und sogar Schwächeanfällen zu kämpfen gehabt. Riker hatte es auf Nachwirkungen der Psycho-Verhöre zurückgeführt. Aber daran wollte er jetzt nicht mehr glauben. Es paßte irgendwie nicht. Etwas anderes, das keiner von ihnen verstand, ging mit ihnen vor. Aber was war es? Woher sollte er ahnen, was Ren Dhark von dem Skythen Opac über die Anpassung an die QUIET ZONE erfahren hatte? Anja war bei ihm. Sie half ihm, auf die Beine zu kommen. Er sah sich nach den anderen um. Sie waren schon nahe am vordersten Spindelraumer. Sie schienen nicht von einem dieser Anfälle betroffen zu sein. Es wunderte ihn nicht. Jeder hatte die Unpäßlichkeiten anders und zu einem anderen Zeitpunkt erlebt. Etwas warnte ihn. Er hob den Kopf. Im Vakuum pflanzten sich Geräusche nicht fort, aber er spürte die Vibration des Bodens unter den Stiefelsohlen seines M-Anzuges. Irgendwo mußten Maschinen arbeiten, in einem der Raumschiffe, und - unwahrscheinlich grell blitzte es auf. Einer der Raumer hatte ein Strahlgeschütz abgefeuert! Es war ein Blindschuß. Unwillkürlich schrie Riker auf, als
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er sah, wie die konzentrierte Energie heranglutete, kurz vor dem Spindelrau-mer, der ihr Ziel war, den Boden traf und zerkochte. Feuer und sprühendes Funkenlicht tanzten weiter, flössen der Gruppe von Menschen entgegen, die sich schon ein paar Dutzend Meter von Riker und Anja Field entfernt hatten. Das grelle Feuer umspielte die Landestützen des Raumers, leckte nach den Menschen und den Transportbehältern der fünf Gehirne. Etwas platzte auseinander. Eine Gestalt im Raumanzug wurde von einem Funkenregen erfaßt, krümmte sich zusammen und stürzte in die dampfende Glut des schmelzenden Bodens. Im Helmfunk gellte ein grauenhafter Schrei. Dann ein Befehl von Martell. Männer wirbelten herum, rissen Destruktoren hoch. Auch Riker wollte im ersten Moment reagieren, ließ es dann aber. Er hielt es für sinnlos. Und er stand noch unter dem Bann des erschreckenden Geschehens. Destruktoren und Amphiblaster wurden abgefeuert. Die Feuerlohe und die scharf konturierten Energiefinger aus den B lästern zogen blendend gleißende Lichtspuren durch den Hangarraum. Trafen sich in einem Punkt - dort, wo die Strahlantenne des anderen Spindelraumers gerade wieder aufleuchtete, bereit zu einem erneuten Schuß. »Diese Bastarde!« hörte Dan Riker Pjetr Wonzeff brüllen. »Fahrt zur Hölle, ihr Teufel!« Energien überlagerten sich. Die Strahlantenne schmolz! Im nächsten Moment flog die gesamte Geschützkonstruktion in einem irrwitzigen Feuerball auseinander. Riker glaubte, blind zu werden. Der Strahlschuß des Raumers blieb aus; die gesamte Energie verpuffte in der Zerstörungsaktion. Riker hatte einmal erlebt, wie der Abstrahlpol eines Blasters von einem fremden Strahlschuß berührt wurde. Die Waffe war in der Hand des amphischen Schützen zu einer zerfetzenden Mini-Bombe geworden. Hier war die Wirkung ungleich gewaltiger. Das Licht war noch nicht verloschen, als sich ein Glutfleck rings um die zerstörte Antennenkonstruktion ausbreitete. Atombrand setzte ein und begann an der Außenzelle des
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Raumers zu fressen. »Schnell!« tönte es aus dem Helmfunk. »Bevor die sich von ihrem Schock erholen!« Das war wieder Martell gewesen, der blitzschnell reagiert und den einzig richtigen Befehl gegeben hatte, das auf sie gerichtete Strahlgeschütz des Raumers durch die Energieüberladung auszuschalten. Die Absicht der Klonkrieger, die flüchtenden Gefangenen mit Feuerstößen aus Schiffsgeschützen zu vernichten, war damit zunächst vereitelt. Andere Geschütze befanden sich in falschen Winkeln. Wenn die Insektoiden jetzt noch etwas ausrichten wollten, mußten sie doch wieder mit Personeneinsatz arbeiten. Aber die Schwebeplatte befand sich bereits vor der Schleusenrampe des vordersten Spindelraumers. Doorn dirigierte sie hoch, in das dunkle Loch, das sie wie ein gieriges Maul verschlang. Die Terraner hetzten hinterher, die Rampe hinauf. Zwei Personen sicherten Rikers und Fields Sturmlauf. Ein Mann trug eine reglose Gestalt auf den Schultern - die Person, die vom Funkenstrahl getroffen worden und in die Metallplastikglut gestürzt war. »Los, 'rein jetzt!« schrie Wonzeff. Der Ukrainer hatte eine Hand frei, faßte nach Anja Fields Arm und katapultierte die Frau förmlich an sich und Riker vorbei in die Schleuse. Im gleichen Moment fuhr die Rampe ruckartig ein. Um ein Haar wäre Riker gestürzt, aber Wonzeff packte noch einmal zu - wie viele Arme hast du eigentlich, Towarischtsch? dachte Riker - und hielt ihn fest. Das Außenschott der Schleuse schloß sich hinter ihnen. Atemlos lehnte Riker sich gegen ein Stück Wand. Er starrte den getroffenen Behälter an. Die transparente Hülle war zersprungen, und die Nährflüssigkeit ausgelaufen. Das Gehirn starb. Es verdorrte, und niemand konnte etwas dagegen tun. Unheimlich rasch ging dieser Prozeß vor sich. Das Gehirn schrumpfte, wurde spröde und weißlichgrau. Teilweise platzte die Oberfläche der Windungen auf. Ein klagender Schrei hallte durch die Bewußtseine der Menschen.
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Das Kollektiv zerbrach. Der Zwang, mit dem der CAL sie alle belegt hatte, verflog wie das Leben des Gehirns. Die vier anderen klagten. Auch das Klagen verlosch. Da war nur noch gähnende Leere. Sie mußte erst wieder gefüllt werden. Die Menschen waren kaum eines klaren Gedankens fähig, mußten sich dazu zwingen, jetzt selbst aktiv zu werden. Weiße Nebel wallten in der Schleuse. Ein Luftgemisch wurde unter Hochdruck eingeblasen und füllte die große Kammer. Riker löste sich wieder von der Wand. Irgendwie fühlte er, daß die vier anderen Gehirne unter Schock standen. Starben sie jetzt ebenfalls? War der CAL nur als Fünfheit lebensfähig? Er fühlte keine Genugtuung. Keine Erleichterung. Aber auch kein Bedauern. Etwas anderes war wichtiger. Er trat zu der Gestalt, die neben der Schwebeplatte auf dem Boden der Schleuse lag. Die weißen Nebel waren verflogen. John Martell öffnete seinen Falthelm. Die anderen taten es ihm nach. Riker starrte auf den Mann am Boden, der seinen Helm nie mehr öffnen konnte. Der Raumanzug war aufgerissen, angeschmolzen. Die Glut, die noch flammende Geschützenergie, in die der Mann gestürzt war, hatte großflächige Löcher gebrannt und die Atemluft entweichen lassen. Explosive Dekompression hatte sein Blut verkocht und die Zellen platzen lassen. Das Drachentattoo im Gesicht des Flashpiloten war regelrecht zerflossen. Irgendwie hatten sie es geschafft, das Raumschiff zu starten. Den Widerstand der Hangarbesatzung hatten sie schnell gebrochen. Ein G'Loorn befand sich nicht an Bord, nur eine Handvoll Insektensoldaten. Vier von ihnen hatten sich so vehement gewehrt, daß den Terranern keine andere Möglichkeit geblieben war, als sie zu erschießen. Die anderen waren von Treffern aus den Schockern paralysiert und von Bord geschafft worden. Die Zeit drängte. Andere Raumschiffe richteten ihre Geschütze auf die Spindel aus. Die Notbesatzungen, die
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alarmiert worden waren, wären unter anderen Umständen keine Gefahr gewesen. Aber die Terraner kannten sich mit der Technik der Spindel so gut wie überhaupt nicht aus. Das wenige, was sie bisher durch Zuschauen gelernt hatten, reichte nicht einmal, die Schutzschirme zu aktivieren! Selbst Arc Doorn mußte kapitulieren. »Ich brauche mehr Zeit!« hatte er Martell angebrüllt, der ihn fragte, wieso der Wunderknabe nicht mal den Hauptschalter für die Energieversorgung des Antriebs fand. »Wunder vollbringen kann ich auch nicht, weil ich nicht als Gott auf die Welt gekommen bin, sondern als Mensch!« Und es hatte nicht viel daran gefehlt, daß er Martell die Faust ins Gesicht gesetzt hätte. Riker hatte die beiden Streithähne getrennt. Sie standen alle unter Streß, und dieser Druck wurde immer stärker und drohte, sie zu Amokläufern zu machen. Nur eine Kleinigkeit noch, und der erste würde ausrasten. Jetzt fehlte, was ihnen vorher zur Last geworden war: die mentale Kontrolle durch ein Kollektiv, ein gemeinsames Einwirken aller auf alle. Doch dann waren die CAL-Gehirne noch einmal aktiv geworden. Telepathisch hatten sie Doorn, Szardak und Wonzeff vermittelt, wie der Spindelraumer zu fliegen war. Szardak, der vor der Invasion bei der Handelsflotte als Captain die modernsten Schiffe, aber auch die schlimmsten Seelenverkäufer geflogen hatte, ehe er als Zweiter Offizier unter Commander Sam Dhark auf der GALAXIS anheuerte, fand sich schnell in seine Rolle als Pilot. Auf halbe Sachen verzichtete er gleich und forderte dem CAL das letzte Wissen über diesen Raumertyp ab, ohne zu fragen, woher das Kollektiv diese Kenntnisse besaß. Notenergie auf den Antrieb! Höchstleistung der Konverter! Drei wurden superpromptkritisch und drohten auseinanderzufliegen, als das Triebwerk sich nicht ebenso schnell hochfahren lassen wollte und die Steuerelektronik zwischen Abschalten und Systemabsturz pendelte. Szardak ließ dem Hauptrechner nicht die Chance einer Entscheidungsfindung, blockierte ihn und übernahm manuell.
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Unter dem Spindelraumer entstand ein Inferno, wie es die G'Loorn vielleicht noch nie erlebt hatten, als der Raumer einen Notstart hinzauberte mit einem Energieaufwand, der normalerweise reichte, ein Schiff in eine Transition zu zwingen. Wonzeff hatte es gerade noch geschafft, Sekunden vorher die Bordwaffen auszulösen. Aus fünf Strahlantennen jagte er die Energie gegen die riesige Fläche des äußeren Hangarschotts und sprengte es gewaltsam auf. Durch die abschmelzenden Reste jagte die Spindel in den Weltraum hinaus, während im Hangar Dutzende geparkter Spindelraumer im glosenden Antriebsfeuer zerschmolzen. Eine Reihe von Explosionen jagte grellstes Licht hinter dem flüchtenden Schiff her. Es überholte die Spindel und verlor sich in Weltraumtiefen. Der CAL informierte Szardak und Doorn über weitere Steuerungsmöglichkeiten. Aber die Gedankenimpulse kamen schwerfällig. Die vier Gehirne starben ab! »Verdammt noch mal«, ereiferte sich Martell und warf den Behältern einen bösen Blick zu, »ausgerechnet jetzt? Können die mit dem Sterben nicht warten, bis wir alle in Sicherheit sind?« »Offenbar nicht«, erwiderte Rani kühl. »lan hat man auch keine Zeit gelassen.« »Wir werden verfolgt«, sagte Arc Doorn seltsam gelassen, der die Ortungssysteme checkte. »Sie sitzen uns schon im Nacken. Ratet mal, wieviele es sind.« Für die Menschen an Bord des Beute-Raumers war schon ein einziges Spindelschiff der G'Loorn zuviel!
12. Laut Dienstplan hätte Ralf Larsen sich bereits vor einer Stunde von Leon Bebir ablösen lassen sollen. Aber so wie Grappa, dem es nichts auszumachen schien, Stunde um Stunde an seinem Arbeitsplatz auszuharren, behielt auch Larsen das Kommando über die POINT OF. Zum einen hielt ihn sein Verantwortungsbewußtsein - er wollte einen
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eventuellen Krisenfall nicht den beiden noch relativ unerfahrenen Offiziersanwärtern Falluta und Bebir überlassen, sondern überwachend eingreifen können, wenn es nötig war -, zum anderen die Neu-gierde. Das hatte er Bebir auch offen eingestanden, der trotzdem in der Zentrale war und sich nun im Daumendrehen übte bis zur Perfektion. Nach wie vor jagte der Ringraumer mit hoher Überlichtfahrt dem Super Black Hole entgegen und dem künstlichen Gebilde, das beinahe erdgroß war, mit der Station am Schwarzen Loch der Außenschale zur QUIET ZONE zwar nichts gemein hatte, aber trotzdem durch den geringen Abstand von sechs Lichtmonaten und die feste Position an jene Basis erinnerte. Daß es sich nicht um einen normalen Planeten handelte, sondern um etwas künstliches Geschaffenes, hatten erst jüngste Messungen bewiesen, aber davon zeigte sich kaum noch jemand an Bord wirklich überrascht. Die perfekte Kugelform hatte diesen Verdacht schon vorher nahegelegt, und allenfalls die Frage nach den Ressourcen, die für dieses gigantische Objekt ausgeschöpft worden sein mußten, war ein Diskussionspunkt. Doch wer mit den Kräften von Black Holes spielen und einen RaumAbschnitt von mehr als 200 Lichtjahren Durchmesser so manipulieren konnte, daß in seinem Bereich die normalen Naturgesetze keine Gültigkeit mehr hatten, war auch in der Lage, ein dazu vergleichsweise einfaches Objekt wie diese Gigant-Station zu konstruieren. Nach wie vor eskortierten auch die Spindelraumer die POINT OF in einer fortlaufenden Folge von Transitionen, mit denen sie gruppenweise immer wieder vor dem Ringraumer aus dem Hyperraum auftauchten, ihn passieren ließen, um hinter ihm in die nächste Transition zu gehen. Daß sie hier völlig anders flogen als außerhalb der QUIET ZONE, konnten auch die Astrophysiker nicht erklären und schlössen sich der Meinung an, daß die veränderte Gravokonstante der Zone für dieses veränderte Überlichtflugverhalten verantwortlich war. »Aber nageln Sie uns jetzt nicht darauf fest«, bat sich Pal Hertog aus. »Schließlich ist das zwar eine Möglichkeit, aber nicht
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unsere Idee, Larsen. Wenn wir wüßten, auf welchem Prinzip ihr Sprungantrieb funktioniert...« Das hätten auch Miles Congollon und Chris Shanton gern gewußt. Shanton hatte nebenbei in den letzten dreißig Minuten das Kunststück fertiggebracht, Sheffield und Vandekamp wieder miteinander zu versöhnen. Jetzt saßen sie gemeinsam in der Astro-Abteilung, streichelten abwechselnd Jimmys Synthetikfell, und der Robothund erzeugte ein wohliges Schnurren wie eine zufriedene Katze, was für allgemeine Heiterkeit sorgte. Ansonsten hatte im Schiff kaum jemand etwas zu lachen. Jeder fürchtete, daß die Gedankensteuerung irgendein Manöver der G'Loorn falsch interpretierte, die Waffen einsetzte und damit die Vernichtung der POINT OF provozierte. Schon einige Male war es zu Kursannäherungen gekommen, bei denen die Automatik unter >normalen< Umständen das Kommando übernommen und selbständig gehandelt hätte. Diesmal jedoch blieben diese Reaktionen aus. Gerade so, als hätte eine künstliche Intelligenz begriffen, daß solche Aktionen derzeit nicht ratsam waren... Je näher die POINT OF dem Kunstplaneten vor dem Super Black Hole kam, desto besser funktionierten die Scans. Grappa analysierte Volumen und Masse, errechnete die Ausdehnung der Hohlräume und die daraus theoretisch resultierende Besatzungsstärke. Die Werte waren kaum weniger astronomisch als der Energieumsatz der GigantStation. Er entsprach annähernd den Werten einer kleinen Sonne. Riesige Maschinenkomplexe mußten dort arbeiten, die vermutlich annähernd das gesamte Volumen des Hohlkörpers ausfüllten. Larsen nahm die Meldungen mit stoischer Ruhe hin. Die POINT OF hatte keine Chance gegen die eskortierende Spindelflotte, sie hatte keine Chance gegen die planetengroße Station, wenn dort jemand auf die Idee kam, aus allen Waffen zu feuern - warum also sollte er sich noch aufregen? Aussichtsloser konnte die Mission kaum noch werden. »Da ist was los!« stieß Grappa plötzlich hervor.
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Blitzschnell überspielte er Ortungsdaten auf Larsens Terminal. Der wurde jetzt doch hellwach und wollte sich die Daten auf Grappas Displaystation ansehen. Die zeigte mehr Details zugleich an als seine Monitoren am Kommandopult, die nur der Übersicht dienten, damit der Kommandant ungefähr wußte, woran er war. Falluta im Co-Sitz durfte den Kurs überwachen, der vom Checkmaster gesteuert wurde, während Larsen sich auf Grappas Sitzlehne hockte und dem jungen Mailänder über die Schulter sah. »Da, und da - schauen Sie sich das an, Larsen! Da wird ein Spindelraumer von einem ganzen Dutzend anderer verfolgt!« Er wies Larsen auf die entsprechenden Energie-Echos hin. »Alle Objekte sind von dem Kunstplaneten gestartet. Den Spektren zufolge schießen die Verfolger auf das voranfliegende Raumschiff.« Auch über die Distanz von mehr als fünfundzwanzig Lichtjahren, die den Ringraumer noch von seinem Ziel trennten, arbeitete die Ortung weitgehend exakt. Allerdings hätte jemand anderer als der Ortungs-Virtuose Grappa aus den erfaßten Daten kaum derartige Resultate herauslesen können. Für Larsen waren die Gruppen farbiger Zahlensymbole auf den Display-Feldern böhmische Dörfer. Larsen schaltete die Bordsprechanlage zur Funk-Z. »Rufen Sie die G'Loorn an! Fragen Sie, was der Vorgang in der Nähe des Black Holes zu bedeuten hat!« Drei Minuten später fragte er nach. »Sorry, Larsen«, kam es von Glenn Morris. »Aber die G'Loorn reagieren nicht auf unsere Anrufe. Sie ignorieren sie völlig. Statt dessen funken sie plötzlich untereinander wie der Teufel, aber wir sind leider nicht in der Lage, diesen Funkverkehr zu übersetzen. Ein Durcheinander auf allen von den G'Loorn genutzten Frequenzen, als hätte jemand in ein Wespennest gestochen, um das zornige Summen zu hören...« Larsen hatte inzwischen wieder am Kommandopult Platz genommen. Seine Finger trommelten den Takt eines alten
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Liedes auf die Sitzlehne. Im Hintergrund hörte er Grappa sagen: »Noch ein paar Minuten, und sie verpassen dem Flüchtenden den Fangschuß! Wenn ich nur wüßte, was das zu bedeuten hat...« Das hätte auch Larsen gern erfahren. Als hätte jemand in ein Wespennest gestochen. Sollte dieser hektische Funkverkehr auf eine Aktion der Gruppe Dhark zurückzuführen sein? Larsen konnte sich nicht vorstellten, wer sonst in der QUIET ZONE derzeit in ein Wespennest stach. Und er traute es dem Commander durchaus zu, daß der sich mittlerweile einen Spindelraumer unter den Nagel gerissen hatte! Aber vielleicht bekamen sie das Ende dieser Aktion ohnehin noch live mit. Wenn der flüchtende Spindelraumer sich noch eine Weile gegen seine Verfolger halten konnte... Wenn... Mit hoher Überlichtgeschwindigkeit stürzte die POINT OF dem Black Hole entgegen. Noch 20 Lichtjahre... Eigentlich hätte, den übermittelten Flugdaten zufolge, bereits das Bremsmanöver eingeleitet werden müssen. Aber Larsen hielt sich nicht mehr an dieses Protokoll! Wenn Ren Dhark und seine Gruppe tatsächlich in diesem Spindelraumer steckten, dann... Ungebremst jagte der Ringraumer weiter!
13. Szardak und Doorn hatten alle Mühe, den Spindelraumer zu manövrieren. Das Wissen, das ihnen der CAL übermittelt hatte, reichte nur zum Teil, die Steuerfunktionen zu beherrschen. Wie der Überlichtantrieb des Raumers ausgelöst wurde, konnten ihnen auch die Gehirne nicht verraten, und Arc Doorn fand kaum Zeit, darüber nachzudenken. Wonzeff bediente die Waffensteuerung des Spindelraumers. Immer wieder jagte er Strahlsalven in Richtung der Verfolger, doch deren Schutzschirme absorbierten die Treffer-Energie mühelos. Ihrerseits waren die Terraner
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nicht in der Lage, den Schutzschirm ihres BeuteRaumschiffes aufzubauen. Daß die Verfolger ihrerseits noch keinen Volltreffer angebracht hatten, lag an Szardaks Flugtaktik. Er steuerte immer noch manuell und ließ den Raumer regelrecht tanzen. In einem wahnwitzigen Zickzackkurs, der die Andruckabsorber bis an ihre äußersten Leistungsgrenzen beanspruchte, jagte er das Schiff in den Sternenraum hinaus. Mittlerweile bewegten sich Gejagte und Jäger im hochrelativistischen Geschwindigkeitsbereich. Mit drastischen Zeitverschiebungen war bereits zu rechnen. »Wenn wir nicht bald herausfinden, wie der Hyperantrieb ausgelöst werden kann, müssen wir radikal abbremsen«, glaubte Anja Field warnen zu müssen. »Sonst wird der Effekt der Zeitdilatation dermaßen groß, daß wir unsere Freunde aus dem Rest des Universums nicht mal mehr als seit Jahrtausenden verwitterte Grabsteine auf den Friedhöfen wiedersehen!« »Ich arbeite dran!« murrte Doorn. »Und tausendjährige Friedhöfe haben auch ihren Reiz - für Archäologen«, fügte Szardak sarkastisch hinzu. »Bloß schaue ich mir Friedhöfe lieber von oben an als von unten aus dem Sarg heraus. Deshalb bleiben wir im hochrelativistischen Bereich, auch wenn wir dadurch Jahrzehnte oder Jahrhunderte verlieren!« »Glaubt im Ernst einer von euch, daß wir Särge brauchen, wenn uns die Seelenfresser abschießen?« kritisierte Rani. Sie trat neben Arc Doorn an das seltsam geschwungene Steuerpult, das mit Zacken versehen war, die keine praktische, sondern allenfalls eine ästhetische Funktion hatten - nach der Ästhetik der G'Loorn. Sie berührte ein Tastenfeld, hieb einfach auf einen Schalter. Im nächsten Moment veränderte sich die Anzeige der großen Bildschirme völlig und zeigte einen leicht veränderten Sternenhimmel. »Der einzelne Spindelraumer hat eine Kurztransition durchgeführt!« meldete Grappa. »Wiedereintrittspunkt elf
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Lichtjahre auf Koordinate blau. Distanz zu einer gelben GSonne weniger als eine Lichtstunde. Die Sonne wird von dem Super Black Hole angezogen und bewegt sich relativ zu...« So genau wollte Larsen es gar nicht wissen. Koordinate blau, das bedeutete, daß sie eine drastische Kursänderung vornehmen mußten, um in die Nähe des Spindelraumers zu kommen. Das aber würde ihre Eskorte nicht zulassen. Grappa unterbrach sich selbst. »Die Verfolger haben den Raumer ebenfalls per Transition wieder erreicht und setzten ihre Attacke fort.« Larsen ballte die Fäuste. Die Unsicherheit und die vage Hoffnung, in dem flüchtenden Spindelschiff ein Lebenszeichen der Gruppe Dhark zu sehen, machte ihn beinahe krank. »Verdammt«, stieß Doorn völlig überrascht hervor. »War das etwa...?« »Das war!« versicherte Szardak. »Wir haben soeben eine Transition durchgeführt.« »Diese Frau kann mehr als ich!« ächzte der Sibirier. »Hatte ich nicht gesagt, daß es nie mein Traum war, arbeitslos zu werden...?« »Keine Sorge, Arc, ich pfusche Ihnen schon nicht ins Handwerk«, wehrte die Inderin ab. »Das war reiner Zufall. Außerdem glaube ich, daß dieser Schalter nur für Nottransitionen gedacht ist. Schließlich wurden vorher keine Berechnungen durchgeführt und keine Zielangabe getätigt, und ohne die dürfte meines Wissens ein Hyperraumsprung unmöglich sein.« Szardak nickte. »Weiß zufällig jemand, wo wir gelandet sind?« Dan Riker fand endlich einen Platz, an dem er sich nicht überflüssig vorkam. Die Instrumentierung erinnerte ihn an Tino Grappas Platz in der POINT OF, und auch wenn er kein Spezialist war, gehörte Raumortung doch zum Ausbildungsplan der Flotte. Erstaunlich, daß die Gehirne auch hierzu keine Informationen geliefert hatten. Sie verhielten sich ohnehin plötzlich erstaunlich
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zurückhaltend... »Die galaktische Position kann ich leider nicht bestimmen, aber ich glaube, wir sind um zehn Lichtjahre oder etwas mehr vom Black Hole entfernt. Eine gelbe G-Sonne knapp eine Lichtstunde von uns entfernt. Kann mir einer sagen, wieso ich diese Zahlenwerte lesen kann?« »Der CAL«, vermutete Szardak. »Er muß uns dieses Wissen aufoktroyiert haben.« »Unsere Verfolger sind wir jedenfalls los«, hoffte Rani Atawa. »Durch die Blindtransition haben sie uns aus ihren Ortungen verloren und wissen nicht, wohin wir transistiert sind...« »Da sind sie wieder«, stellte Riker im gleichen Moment fest. »War auch kaum anders zu erwarten. Rani, sie brauchten bloß die Strukturerschütterung auszuwerten, um unseren Wiedereintrittspunkt zu ermitteln. Über zehn Lichtjahre ist das kein Problem, nicht mal für die steinzeitliche Technik in den Giant-Raumern. Und für diese überlegene G'Loorn-Technik erst recht nicht...« »Steinzeitliche Giants?« entfuhr es Anja Field. »Dan, weißt du überhaupt, was du sagst? Vor zwei Jahren noch waren die Giants für uns technologisches Zukunftsraunen!« »Ganz zu schweigen von der Supertechnik der Mysterious«, bemerkte Riker trocken, »und an der gemessen sind die Giants Steinzeit-Banausen. Ist euch aufgefallen, daß uns diese Spindel keinen Transitionsschock verpaßt hat, wie er in den Giant-Raumern üblich ist?« Derweil richtete Wonzeff bereits wieder die Geschütze aus und gab einen Feuerstoß auf die zähen Verfolger ab. »Ich gehe in einen Sonnenorbit«, verkündete Szardak. »Wird vermutlich ein bißchen heiß werden, da ich bis in die Korona eintauche. Aber dann können sie uns nicht mehr orten, und wir haben Zeit, mehr über die Transitionsmöglichkeiten herauszufinden. Vielleicht kann uns dabei ja auch der CAL endlich mal ein wenig helfen. Schließlich haben wir ihm ja geholfen, von der Station wegzukommen.« »Der CAL«, sagte Martell in diesem Moment rauh,
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»stirbt.« Die Gehirne in ihren Nährbehältern starben tatsächlich ab, versteinerten! Das war also der Grund, warum der CAL immer zurückhaltender geworden war! Die Gehirne waren praktisch nicht mehr in der Lage, Macht auszuüben oder auch nur sich verständlich zu machen. In einem langsamen, aber unaufhaltsamen Vorgang starben sie ab. Hatte der Tod des ersten Gehirns diesen Vorgang ausgelöst? War der CAL nur als Fünfergruppe überlebensfähig? War der mentale Verbund dieser Gehirne so intensiv, daß schon das Herausbrechen eines einzigen auch die anderen ausschaltete? Es mußte so sein, denn daß die Nährstoffe in den transparenten Tanks nicht mehr ausreichten, war unwahrscheinlich. Drei der Gehirne waren bereits so weißlichgrau verfärbt wie jenes, dessen Behälter vor dem Raumschiff aufgeplatzt und zerstört worden war, nur schrumpften sie nicht, und auch ihre Oberfläche bröckelte nicht auseinander. Aber deutlich war zu sehen, daß früher beobachtbare winzige Bewegungen der Gehirnwindungen nicht mehr stattfanden, und auch die Verfärbung war ein eindeutiges Indiz. Wir sind eins, auch wenn wir zu Abermillionen sind... Warum mußte Riker gerade jetzt an diesen rätselhaften Telepathiespruch denken, den sie seinerzeit auf Robon aufgefangen hatten, als der CAL verschwand und die Giants sich aufzulösen begannen? Wir sind eins... Und eines der CAL-Gehirne zeigte noch schwache Aktivitäten! Plötzlich war die mentale Stimme wieder in Dan Rikers Bewußtsein, und zugleich spürte er, daß auch die anderen diese Stimme vernahmen. Von einem Moment zum anderen waren sie wieder telepathisch miteinander verbunden, wie zu Anfang ihrer Befreiungsaktion. Wir sind eins. Wir sind der CAL.
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Und da waren Bilder. Farbige Eindrücke, die durch die Gehirne der Menschen fluteten, sich in ihnen festsetzten. Eine Erzählung, die wie ein Zeitrafferfilm in ihnen ablief. ——— Von der Erde aus gesehen auf der anderen Seite der Galaxis, jenseits des Zentrums, lebte ein mit ungeheuren Para-Kräften begnadetes Volk im Halo der Milchstraße. Nach unzähligen Epochen einer stürmischen Evolution wurden erstmals Veränderungen im galakti-schen Magnetfeld angemessen. Strahlenstürme tobten durch den Halo, breiteten sich aus, durchdrangen Welten, Lebewesen, veränderten Gene, schufen lebensuntaugliche Mutationen. Immer lebensfeindlicher wurde der bewohnte Bereich, aber Lichtjahrtausende entfernt waren die Veränderungen des Magnetfeldes weniger dramatisch. Ein ganzes Volk parabegabter Wesen fand in den Strahlenstürmen seinen Untergang, denn als man erkannte, daß nur ein Auswandern in einen anderen, weniger gefährdeten Bereich des Universums vorübergehend Rettung versprach, war es für diese Rettung bereits zu spät. Eine Evakuierung hatte keinen Sinn mehr, denn die Gene dieser hochentwickelten Spezies waren bereits zu stark mutiert, um diese Veränderung wieder rückgängig machen zu können, und neue Generationen waren nicht mehr lebensfähig. Aber in einem letzten Kraftakt schuf das sterbende Volk ein Archenschiff. An Bord gelangten die größten Genies dieses Volkes, doch hatten sie dafür ihre Körper aufzugeben, denn diese trugen den letalen Faktor der Mutation ebenfalls längst in sich. Als Gehirne in ihren Transportbehältern traten sie die lange Reise in einen anderen, weniger gefährdeten Teil der Galaxis an. Von Stern zu Stern flog die Arche und entfernte sich dabei immer weiter von den Toten, die noch lebend im Halo zurückblieben, umtobt von den mordenden Strahlenstürmen eines in Aufruhr geratenen, veränderten Magnetfeldes. Zeit verstrich, und irgendwann, nach dem Durchqueren des Zentrums und auf dem Weg zum entgegengesetzten Halo-Sektor, traf die Arche auf eine Station. Sie befand sich im Schutz eines Unsichtbarkeitsschirms,
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doch unter diesem Schirm sah sie mit der Vielzahl ihrer auf der Oberfläche befindlichen Antennenkonstruktionen aus wie die Schale einer Kastanie. Als die Denker der Arche Gast in dieser Station wurden, stießen sie auf eine Androidenzivilisation, deren Ursprünge selbst für die Denker nicht rückverfolgbar waren. Diese humanoiden Bio-Konstrukte, mit zwei Armpaaren, variierenden Raubtierköpfen und telepathischer Begabung ausgestattet, nannten sich >All-Hüter<. Die All-Hüter kannten nur noch ihre Bezeichnung, aber nicht mehr den vollen Umfang der Aufgabe, für die sie einst geschaffen worden waren - von wem, blieb auch dem CAL, dem Bund der Denker, ein Rätsel. In der Station befand sich eine Produktionsstätte der AllHüter. Der CAL sah, wie in einem nicht endenwollenden Vorgang immer wieder neue All-Hüter entstanden und zum Leben erwachten, um diese Bio-Schmiede zu verlassen und über Transmitter-Straßen andere Welten zu erreichen. Der CAL kontaktierte die Gehirne einiger All-Hüter und verfolgte deren Weg durch die Ringantennen der Transmitter. Es gab einige wenige andere Welten, auf denen ebenfalls All-Hüter produziert wurden, denn der Bedarf schien groß zu sein. Die grauen Ringantennen führten All-Hüter durch die Transmitter-Straßen auch zu Welten, auf denen große Werft-Anlagen Raumschiffe produzierten. All-Hüter gingen an Bord dieser Schiffe, um zwischen den Sternen zu patrouillieren. In der für normale Ortungen und Augen unsichtbaren Station, die mit ihren leistungsstarken Funkanlagen mühelos selbst die benachbarte und doch unerreichbar ferne Andromeda-Galaxis erreichen konnte, machte der CAL sich die All-Hüter Untertan. Der CAL gab ihnen eine neue Aufgabe. Im Dschungel der Sterne suchten die All-Hüter nun nach einem Volk, das es dem CAL wert erschien, zum einen das Erbe des immensen geistigen Gutes seines in den Strahlenstürmen untergegangenen Stammvolkes anzutreten, zum anderen aber genetisch so flexibel und wandelbar war, daß man
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daran gehen konnte, es den Veränderungen des galaktischen Magnetfeldes anzupassen, ohne daß es dabei bereits im Vorfeld letale Schädigungen erlitt. Denn der CAL wußte nur zu gut, daß sich diese Veränderungen progressiv verhielten, daß sie sich ausdehnten und irgendwann auch diesen bisher noch störungsfreien Bereich der Milch-Straße erfassen würden. Und wenn schon der Tod über die Galaxis kam, sollte es wenigstens ein Volk geben, das in der Lage war, ihm zu trotzen. Schließlich wurden die All-Hüter fündig. Und was bei ihrer Aktion schließlich herauskam... waren die Robonen — — — Es fiel Dan Riker schwer, in die Wirklichkeit zurückzufinden, als die Bilder verloschen. Er sah die anderen an. Auch sie standen noch im Bann dieser Erzählung. Ein Wunder, daß die verfolgenden G'Loorn es in der Zwischenzeit nicht geschafft hatten, den Spindelraumer abzuschießen. Immer noch jagte der Raumer unterlichtschnell der Sonnenkorona entgegen, um im Schutz ihrer gewaltigen energetischen Eruptionen unterzutauchen. Noch einmal klang die telepathische Stimme des letzten CAL-Gehirns in den Menschen auf. Doch die Welt, die ihr Robon nennt, ist nicht die einzige, auf welche die All-Hüter ausgewählte Verdammte umsiedelten... »Was zur Hölle bedeutet das?« entfuhr es Riker. »Es gibt also noch weitere - Robonen? Andere Planeten, von denen wir nichts wissen, auf denen noch nicht umgeschaltete Robonen existieren? Beziehungsweise Menschen, die nicht mehr wissen, daß ihre eigentliche Heimat die Erde ist?« Wilde Gedankenassoziationen durchzuckten ihn. Menschen, durch die Behandlung der Giants den Robonen gleich, aber nicht mit dem Commutator-Enzephalo zurückgeschaltet - und deshalb vielleicht auch nicht zum rasend beschleunigten Leben und Sterben verurteilt wie jene Robonen, die jetzt auf Terra ihrem Ende entgegensahen? Damals, als Ren Dhark auf Robon dem CAL gegenüber stand, hatten die fünf Gehirne auf die Robonenkinder
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hingewiesen, die Level-X-Qualifikanten Tyler, Pia und Edgar mit ihren enormen Para-Kräften. Bald werden ihresgleichen die einzigen sein, die deine Heimatwelt bevölkern! Die einzigen, die in dieser Galaxis, die zur Hölle entartet, noch zu leben vermögen! Jetzt ergab all das einen Sinn. Deshalb also die Invasion der Giants, die Entführung der Menschen nach Robon - und zu anderen Welten! Deshalb ihre Veränderung, deshalb die künstlich gesteuerte Evolution der Robonen bis hin zum Level-X! Ein Rettungsplan, nichts anderes! Ein letztes Mal meldete sich der letzte Denker, und wie bei der ersten Para-Begegnung in der Gigant-Station klang es wie Hohn. Der CAL grüßt die Verdammten! Und dann nie mehr. Auch das letzte Gehirn war zu Stein geworden. Der CAL mit seinem ehrgeizigen, wahnsinnigen Plan war gestorben, ohne die endgültige Erfüllung dieses Plans noch zu erleben. Sieben Menschen an Bord eines erbeuteten Raumschiffs waren jetzt auf sich allein gestellt. Sie hatten keine Hilfe mehr zu erwarten. Ren Dhark starrte die Bildschirme an, die Opac geschaltet hatte. Nach dem Blackout war der Commander wieder in seiner Kabine erwacht. Offenbar hatte der Skythe etwas allergisch auf Rens Ankündigung reagiert, die Zerstörung der QUIET ZONE nicht zuzulassen. Bedeutete das aber nicht auch, daß Opac Rens Ankündigung sehr ernst nahm? Daß Ren Dhark demzufolge durchaus eine Möglichkeit besaß, die Zerstörung zu verhindern? Allerdings nur, solange er Bewegungsfreiheit hatte... Und die hatte der Skythe ihm jetzt genommen. Im bewußtlosen Zustand war Dhark in seine Kabine zurückgebracht worden, und während dieser Phase war die Tür auch verriegelt worden. Höchstens mit dem Blaster hätte er sie gewaltsam öffnen können - aber auch den Blaster besaß er ja schon längst nicht mehr.
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Doch Opac ließ ihn miterleben, was draußen im Weltraum geschah. Teile der Wandung waren zu Bildschirmen geworden, die die Weltraumschwärze zeigten. Aber nicht nur sie. Auch Raumschiffe! Zylinderschiffe wie Opacs Raumer. Zwei hatten sich ihm zugesellt und flogen auf gleichem Kurs. Weit voraus erkannte Ren ein Gebilde, das ihn an den optischen Eindruck eines Black Hole erinnerte. Es gab auch eine Bildsprechverbindung. Dhark aktivierte sie. Er sah das bizarre Geschöpf im Kommandostand des Räumers. »Was willst du?« vernahm er Opacs Frage, in der Ablehnung mitschwang. Es wurde deutlich, daß der Skythe in diesem Moment nicht gestört werden wollte. Warum hatte er dann die Kommunikation nicht sofort wieder unterbrochen? »Opac, willst du wirklich zum Mörder an Milliarden von Lebewesen werden? Willst du noch schlimmer sein als die G'Loorn?« Opac dachte nicht einmal über die Worte des Terraners nach. »In diesem Moment fliegen tausend Raumschiffe überall in der Peripherie der Chronosphäre Angriffe auf die Steuerstationen der Black Holes. Was geschehen muß, geschieht jetzt.« Und jetzt brach die Bildsprechverbindung doch zusammen. Nur die Bildschirme waren noch aktiv, die die beiden anderen Zylinderschiffe zeigten, die synchron zu Opacs Schiff flogen. Dhark glaubte einen Film zu sehen, so schnell näherten sie sich dem Black Hole. Kalt überlief es ihn. Tausend Raumer flogen überall zugleich ihren Angriff. Ein phantastisches Zusammenspiel, wenn man es aus der Sicht eines Logistikers betrachtete, aber die bevorstehende Konsequenz flößte Dhark Grauen ein. Das Schlimmste war, daß er in seiner jetzigen Lage keine Möglichkeit besaß, das Inferno zu stoppen. Die drei Zylinderschiffe näherten sich der Station und eröffneten das Feuer.
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Es war so unwirklich... und so erschreckend in seiner völligen Lautlosigkeit. Die Schallisolierung im Schiff mußte perfekt sein, denn kein verstärktes Brummen oder Dröhnen von Energieumwandlern war feststellbar, auch keine Vibrationen, die den gewaltigen Feuerschlag signalisierten. Es war, als fände alles nur auf den Bildschirmen statt, als Fiktion, nicht als Realität. Aber mit Fiktionen gaben sich diese Wesen nicht ab. Gleißende Strahlbahnen jagten auf die Steuerstation zu. Brücken aus tödlicher Energie. Grelle Lichtkaskaden zersprühten an einem weitgespannten Energieschirm. Die Station schoß zurück. Der Weltraum war nicht mehr schwarz, er war ein gigantisches Farbenspiel von einmaliger Pracht, aber die unwahrscheinliche Schönheit diesee Anblicks konnte nicht verbergen, wie tödlich die Energien waren, die man hier freisetzte. Einer der angreifenden Raumer verwandelte sich von einem Augenblick zum anderen in eine künstliche MiniSonne, die ihre gesamte Energie in einem einzigen grellen Ausbruch nach allen Seiten verstrahlte. Die beiden verbliebenen Zylinderschiffe feuerten in schnellem Salventakt. Bereits der fünfte Feuerschlag durchbrach das Schutzfeld. Energiefahnen verwehten, die Station glühte an mehreren Stellen auf. Die Glutflächen breiteten sich aus. Wieder schoß die Station zurück. Schlagartig veränderten sich ihre Position und damit auch die Sternkonstellationen im Bildhintergrund. Opacs Raumer mußte eine Kurztransition vollführt haben, um sich aus dem unmittelbaren Feuerbereich der Station zu entfernen. Schon wieder zuckten grelle Energiefinger durch das All, tasteten nach der Station, ließen Flammenwolken über die zerklüftete Oberfläche mit ihren sinnverwirrenden Antennenkonstruktionen wabern. Die Station leuchtete jetzt. Plötzlich stellte sie ihr Abwehrfeuer ein. Und dann entstand ein sich rasend schnell ausdehnender Feuerball vor dem Hintergrund des Black Holes. Rotierende Flammenzungen, die wieder in sich zusammenfielen, dabei aber dem
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Schwarzen Loch entgegenstrebten, von einem Moment zum anderen überlichtschnell wurden - und vom Black Hole verschlungen wurden! Nicht einmal Trümmer blieben zurück. Ren zweifelte, ob er das alles in Echtzeit gesehen hatte. Aber vielleicht stimmte auch sein Zeitgefühl nicht mehr. Alles schien zu einem unermeßlichen Alptraum mutiert zu sein. Doch sein Versuch, zu erwachen, blieb sinnlos, weil er sich in der Realität befand, so irreal auch alles erschien. Er hatte Tod und Zerstörung oft genug erlebt, viel zu oft. Und immer war es anders gewesen. Die Angriffe der Amphis, das abgestürzte Wrack des Nogkraumers auf dem Col-Planeten Methan, die Attacken fremder Raumer auf die POINT OF, die Sterbenden auf Terra... es war stets anders, aber stets auch erschreckend und - so endgültig! So unwiderruflich! Es war leicht, irgend etwas zu tun, etwas zu verändern. Man konnte es rückgängig machen. Aber wenn zerstört und getötet wurde, dann war es endgültig. So wie hier. Der Alptraum bekam galaktisches Format. Nicht nur, weil Ren wußte, daß zeitgleich mit dieser Aktion rings um die QUIET ZONE Kämpfe stattfanden, daß die Skythen überall zugleich kompromißlos zuschlugen. Und der Alptraum fand mit der Zerstörung der Station noch kein Ende. Denn jetzt ging eine unheimliche Veränderung mit dem Black Hole vor sich. Es begann zu schrumpfen! Es schloß sich! Damit lieferte es den letzten Beweis, nichts zu sein, das natürlich entstanden war, sondern etwas Künstliches, Manipuliertes! Zeitrafferschnell stürzte das Black Hole in sich zusammen, um im Nichts eines unbekannten Hyperraumes zu verschwinden - oder vielleicht seine Existenz ganz aufzugeben! Nicht nur hier, sondern überall rund um die Chronosphäre! War das der Untergang der QUIET ZONE? Kam jetzt das Ende für alle Angepaßten? Waren die
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Skythen mit ihrer Vernichtungsaktion jetzt tatsächlich zu Giga-Mördern geworden? Ren Dhark schloß die Augen. Er konnte den Anblick des Weltraums, der zur Todesfalle für Abermilliarden gequälter Kreaturen geworden war, nicht mehr ertragen! Versank dieser Raumsektor nun völlig in Chaos und Anarchie?
14. Hope, Col-System Der Raum war voller Spiegel. Er war Simon bei einem der ersten Erkundungsgänge im Industriedom aufgefallen, und seither zog es ihn immer wieder dorthin zurück. Spiegel... Es schien nichts anderes als diese mit unglaublicher Präzision geschliffenen Wände zu geben. Der ursprüngliche Zweck des Raumes war unbekannt, das Wissen darüber im Dunkel der Zeit verlorengegangen - wie vieles andere auch, was mit den Mysterious zusammenhing. Für einen Menschen war nicht einmal erkennbar, woher das bläuliche Licht kam, das die Spiegelkammer und andere Bereiche des Höhlensystems schattenlos aufhellte. Auch Simons technische Sinne nahmen zwar die rührigen Photonen wahr, nicht jedoch die Quelle, der sie entsprangen. In seinem momentanen Zustand maß das aufrecht vor den Spiegeln stehende Kunstgeschöpf etwa drei Meter in der Höhe und einen Meter in der Breite. Es besaß humanoide Grundzüge, also zwei Arme und zwei Beine, aber der >Kopf< war nicht mehr als ein halbschalenartiger Auswuchs ohne erkennbar ausgearbeitete Details. Wo genau sich die Sensoren befanden, die dem Robot eine sinnesähnliche Wahrnehmung seiner Umgebung erlaubten, war nicht ersichtlich, aber Simon war inzwischen zu der Überzeugung gelangt, daß die Antennen (eigentlich bevorzugte er die Bezeichnung Fühler) sich, wie er es von
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der POINT OF gehört hatte, irgendwo unter der rötlich tofiritfarbenen >Haut< dieser unglaublichen Maschine befanden. Tofirit-, nicht unitallfarben! Zweifellos hatte Simons Ankunft im kleinen Transmitterraum von Deluge für gehörige Verblüffung und auch für manche Gänsehaut gesorgt. Am meisten aus dem Häuschen geraten war ein schmächtiger Wissenschaftler namens Achmed Tofir, der Simon seither mit der Bitte verfolgte, er möge sich ihm für eine nähere Untersuchung der Robothülle zur Verfügung stellen. Unitall waren die Menschen im Höhlensystem längst gewöhnt -aber das Superschwere Tofirit, über dessen praktischen Nutzen mehr Gerüchte als Fakten kursierten, bereitete ihnen immer noch erhebliches Kopfzerbrechen. Zeitweise hatte man darin den Rohstoff sehen wollen, aus dem Unitall legiert wurde. Die aktuellen Experimente untersuchten aber eher die phänomenale Leit- und Verstärkerfähigkeit dieses bislang nur auf Hope und dem Planeten Jump entdeckten Erzes... »Simon?« Sein Robotgehirn wandelte das ankommende Funksignal um, als hätte ein menschliches Gehör einen Ruf aufgefangen. »Ja?« gab er auf die gleiche Weise zurück. »Ich bin es, Noreen. Wo bist du? Sie suchen nach dir.« Nur ihr hatte er die Frequenz anvertraut, auf der er erreichbar war. »Wer sucht nach mir?« Er lauschte in sich hinein, in dieses kalt-geschmeidige Wunderwerk der M-Technik, das ihn gleichermaßen faszinierte wie abstieß. »In erster Linie Bligh«, antwortete Noreen Welean. Der Grund, der sie von Terra hierher geführt hatte, war hinfällig geworden. Inzwischen interessierte es kaum noch einen Menschen, ob die hiesige Vegetation durch die Gewitter kosmischer Strahlung, die von Zeit zu Zeit über diesen Raumsektor hinwegtobten, einer genetischen
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Veränderung unterworfen war oder nicht. Cattans Stadtpräsident hatte Noreen Welean persönlich angefordert, aber mittlerweile lebte der umsichtige Tanakagara nicht mehr. Er war, wie Zehntausende andere, ein Opfer des skrupellosen Massakers der G'Loorn geworden. »Bligh«, wiederholte Simon. Er tat es nicht wie die Maschine, zu der er geworden war, sondern immer noch wie der melancholische und in sich gekehrte Mensch, der er zu Lebzeiten einmal gewesen war. Zu Lebzeiten... Nach einer Weile entschied er, die Spiegel und das Bild, das sie von ihm zeichneten, vorerst ruhen zu lassen. »Wo hält Bligh sich auf?« fragte er und fügte höflich hinzu: »Würdet Ihr ihm bitte ausrichten, daß ich unterwegs zu ihm bin, Herrin?« Er war immer noch ein Diener, auch wenn sein Berufsethos und seine Lebensphilosophie seit der Ankunft auf Hope ständiger Veränderung unterzogen waren. In Illuminati, einer der vielen neu aus dem Boden geschossenen Städte Terras, war er von der Bioprospektorin Noreen Welean angeworben worden, und bis zum Untergang Cattans hatte er nichts anderes im Sinn gehabt, als der Frau, die ihn bezahlte, bestmöglich bei ihren Forschungen zur Hand zu gehen. Daß nach Überwindung der Giant-Invasion auf Terra vermehrt Menschen zum längst überholt geglaubten Berufsbild des Dieners zurückfanden, war ein ZeitgeistPhänomen, dem die Gesellschaft mehrheitlich befremdet gegenüberstand. Die monatelang andauernde geistige Unterjochung schien bei einigen eine latent vorhandene Bereitschaft erst richtig zur Entfaltung gebracht zu haben. Simon hatte sein Streben nie hinterfragt, sondern war einfach dem Bedürfnis gefolgt, das eigene Ich zum Wohl dessen, dem er diente, zurückzustellen. Doch seit ihn ein unheimlicher Vorgang aus dem eigenen Körper in dieses äußerlich fast makellose Ding aus Metall transferiert hatte, ertappte er sich immer häufiger bei dem sehnsüchtigen Gedanken, wieder so sein zu dürfen wie
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früher. Lebendig. Und weit entfernt von wirklicher Perfektion. Dabei war es erst wenige Tage her, daß er in einer unterirdischen Station im Dschungel von Kontinent 4 aus der eigenen Körperhülle in ein totenstilles, kaltes, kybernetisches Gehirn hineingeschleudert worden war, das nur dem Genius der legendären Erbauer entsprungen sein konnte. Sie, die dereinst Hope geradezu fluchtartig verlassen hatten, noch vor der endgültigen Fertigstellung eines Ringraumers, den die Menschen tausend Jahre später in einer Höhle von Deluge fanden. Der Grund für den überstürzten Aufbruch war ebenso ungeklärt wie das Aussehen der Wesen, die eine märchenhafte Technik hinterlassen hatten... als Geschenk an das erste raumfahrende Volk, das nach ihnen seinen Fuß auf den fünften der achtzehn Planeten dieses Doppelsternsystems setzen würde? Je länger Simon in dem Artefakt der Geheimnisvollen hauste, desto zweifelhafter erschien es ihm, daß die Erbauer ihre kühn-genialen Erfindungen wirklich in die Hand xbeliebiger Fremder hatten fallen lassen wollen. Und manchmal, wenn er an die Mysterious und die vorstellbaren Ursachen ihres Verschwindens dachte, hatte er das Gefühl, in seinem robotischen Kerker zu einer gletscherkalten Substanz zu gerinnen. »Da kommt er!« Simon zog sämtliche Aufmerksamkeit auf sich, als er in gebückter Haltung durch die nur etwa 2,50 Meter hohe Tür des Konferenzraums trat und sich unmittelbar hinter der Schwelle sofort wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete. Der Anblick des metallenen Neutrums, das sich nicht weniger geschmeidig zu bewegen verstand als ein Körper aus Fleisch und Blut, schlug die Handvoll Menschen, die sich hier versammelt hatte, in den Bann. Neben Noreen Welean und Guliver Bligh, dem Sicherheitschef, richtete auch Douglas Farmer seine Blicke auf den Ankömmling. Farmer war der Leiter der
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Arbeitsbrigaden, die versucht hatten, Kontinent vier als Kornkammer für die Siedler zu erschließen. Simon verneigte sich leicht vor der Frau, an die er sich immer noch gebunden fühlte, obwohl er es nach rein logischer Erwägung wahrscheinlich nicht mehr war. Noreen Welean hielt einen Funkempfänger in der Hand, der es ermöglichte, mit Simon zu kommunizieren. Der Robotkörper selbst war auf rein akustischer Ebene taub und stumm, das hieß, er verfügte über kein integriertes Modem, das es ihm ermöglichte zu > sprechen< oder gesprochene Worte zu >hören<. Simon verständigte sich ausschließlich über Funkwellen, die von entsprechend justierten Geräten aufgefangen und in Angloter umgewandelt wurden. Die einzige Erklärung, die er dafür fand, war die, daß die Mysterious es offenbar nicht für nötig erachtet hatten, ihre Roboter in die Lage zu versetzen, sich mit Geschöpfen zu verständigen, die keine genügend fortschrittliche Technologie beherrschten. Guliver Bligh wirkte außerordentlich nervös, als er sich an Simon wandte. »Ich muß gestehen«, sagte er, »daß ich meine Probleme damit habe, mir klarzumachen, daß Sie ein Mensch sind. Aber mittlerweile gibt es keinen Zweifel mehr, daß der uns geschilderte Bewußtseinstransfer stattgefunden hat. Wäre die Grundsituation eine andere, würde man sicher versuchen, Ihnen zu helfen und alles daransetzen, daß Sie Ihren eigenen Körper zurückerhalten, aber...« »Haben Sie mich nur herkommen lassen, um mir das zu sagen, Sir?« ertönte Simons Vokoderstimme aus Noreen Weleans Hand. Bligh, ein hagerer Mann, dessen stark hervortretende Schläfenadern vom schütteren Haar noch betont wurden, rang sekundenlang sichtlich irritiert nach Worten. Schließlich sagte er: »Nein. Deshalb nicht. Aber bevor ich auf den eigentlichen Grund zu sprechen komme, würde ich gern aus Ihrem Mund hören, inwieweit Sie ihren neuen Körper zwischenzeitlich beherrschen - und welche Rolle Sie sich selbst innerhalb unserer Gemeinschaft hier auf Deluge zuweisen.«
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»Ich habe keinen Mund«, stellte die Vokoderstimme klar. Noreen Welean lächelte dünn, Farmer trat nervös von einem Fuß auf den anderen, und Blighs Reaktion bewies, daß sein Sinn für Humor zumindest momentan nur durch Abwesenheit glänzte. »Und meine Rolle...«, Simons Stimme aus dem etuigroßen Voicemodem stockte, ehe sie neu anhob: »... ich denke, meine momentane Rolle ist die eines Beobachters.« Bligh räusperte sich. »Hochkommissarin Welean sagt, sie habe sich Ihrer Dienste auf Terra versichert. Sie sollten ihr die gröberen Arbeiten abnehmen und auch eine gewisse Schutzfunktion ausüben.« »Das stimmt.« Bligh zögerte kurz, ehe er mit sichtlicher Überwindung fragte: »Sehen Sie sich ihr immer noch verpflichtet?« In den Blick der terranischen Hochkommissarin, die als inoffiziell beauftragte Genschürferin ins Col-System gekommen war, trat ein Ausdruck angespannter Erwartung. »Ich bin ihr Diener«, sagte Simon. Es klang spontan, aber in Wahrheit hatte er in vielen einsamen Stunden, umgeben von Spiegeln, über genau diesen Punkt nachgegrübelt. »Immer noch.« Douglas Farmer war vor einer Wand stehengeblieben, an der das Bild einer von zwei im Zenit stehenden Sonnen durchfluteten Ebene hing. Es war eine Aufnahme, die auf die ersten Tage der Stadtgründung Cattans zurückging, als der Hauptkontinent dieser Welt noch nicht von den wütenden Attacken der Amphis oder den noch schrecklicheren Vernichtungswellen der G'Loorn heimgesucht gewesen war. Simon sah, wie Farmer einen Arm hob und mit dem Zeigefinger der rechten Hand die Linie eines Flusses nachzog, bei dem es sich unverkennbar um den Blue River handelte. Noch während er seinen Gedanken nachhing, wurden Farmers Züge hart und spröde wie Glas. »Könnten Sie sich auch vorstellen«, schoben sich die Impulse, in die Blighs Stimme verwandelt wurde, wieder in den Vordergrund von Simons Wahrnehmung, »daß Sie sich
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zumindest vorübergehend in den Dienst der Allgemeinheit stellen würden?« »Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.« Noreen Welean, die sich bislang abwartend im Hintergrund gehalten hatte, führte das Modem unbewußt etwas näher an ihren Mund, als sie das Wort ergriff. Nötig wäre es nicht gewesen, da die Empfangsleistung des Geräts den Raum mühelos abdeckte. »Worum es Bligh geht«, sagte sie, »ist, ob du dein Leben auch für andere riskieren würdest.« Simon begriff, daß mindestens ein Vorgespräch stattgefunden hatte, m dem seine Herrin, vermutlich auch Farmer, bereits über den Kern von Blighs Ansinnen informiert worden waren. Gleichzeitig empfand er es als wohltuend, daß Noreen im Zusammenhang mit ihm die Vokabel Leben gewählt hatte. »Für wen?« fragte er aus ihrer Hand heraus. »Für die letzten Menschen, die dieser auf den Hund gekommene Planet noch beherbergt«, sagte Douglas Farmer, ohne sich von der Wand und dem Bild einer verlorengegangenen Idylle abzuwenden. »Für uns.« »Wie stünde es mit ein paar Erklärungen mehr, bevor ich darauf antworte?« Seit ein Spindelraumer der G'Loorn versucht hatte, nach Deluge und zum dortigen Höhlensystem der Mysterious vorzustoßen, lag der gesamte Kontinent unter einem Intervallfeld, das ihn vollständig von der Außenwelt abschottete. Im nachhinein hielten es viele für ein schwerwiegendes Versäumnis, daß Ren Dhark nicht einmal einen einzigen Flash zur Verfügung der Menschen zurückgelassen hatte, die in den Höhlen arbeiteten. So blieb als einziges Passageinstrument von und nach draußen nur der kleine Transmitterring im Industriedom und sein Pendant auf der Lichtung im Dschungel von Kontinent 4. Was diesen Transmitter anging, hatte Dhark es in seinen Befehlen an Deutlichkeit nicht mangeln lassen. Bligh war beauftragt worden, nukleare Haftladungen an dem düsteren Monument einer überlegenen High-Tech zu befestigen und
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im äußersten Notfall lieber den Transmitter zu opfern, als es den G'Loorn zu ermöglichen, über dieses Tor die Intervall-Sperre zu umgehen! Zusätzlich, so erfuhr Simon nun von Bligh, war ein schwerbewaffneter Trupp auf der Lichtung stationiert worden, dessen Aufgabe es gewesen wäre, die Umgebung unentwegt auf der Suche nach der Signatur zu scannen, die von den speziellen Tarnschirmen der G'Loorn freigesetzt wurde. »Der letzte Kontakt, den wir zum Außentrupp hatten, war gestern in den frühen Abendstunden«, sagte Bligh. »Seither herrscht absolute Funkstille. Alle Versuche, die Verbindung neu aufleben zu lassen, sind gescheitert.« »Glauben Sie, die G'Loorn könnten etwas damit zu tun haben?« fragte Simon. Dharks Sicherheitsbeauftragter auf Deluge nickte. »Natürlich habe ich sofort eine Phase zur Flotte geschaltet und Major Farr gebeten, für uns nach dem Rechten zu sehen.« Simon blieb vollkommen regungslos. »Und?« fragte die Vokoderstimme aus Noreens Richtung. »Was ist dabei herausgekommen?« »Nicht viel«, sagte Bligh. »Nur daß die Umgebung des Transmitterrings allem Anschein nach verwaist ist. Kein einziges Mitglied des Außentrupps konnte gefunden werden, obwohl Farr eine Linse entsandte, eines dieser Beiboote der ehemaligen Giant-Raumer. Zehn Personen haben darin Platz, und genausoviele Soldaten landeten auf der Lichtung.« »Wie stark war der stationierte Trupp?« »Er hatte etwa die gleiche Stärke, sogar noch zwei Mann mehr.« »Und es gibt immer noch keine Spur über seinen Verbleib?« Simon wußte, daß es auf dem vierten Kontinent eine sehr gefährliche Tierart gab, die sogenannten Piranhas. Der Name sagte schon einiges über Aussehen und Tücke dieser schäferhundgroßen, einheimischen Spezies aus. Es handelte sich um Amphibien, die ihre seitlichen Stummelflossen
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meisterhaft sowohl zur Fortbewegung im Wasser als auch an Land zu nutzen verstanden. »Im Gegenteil.« »Was heißt im Gegenteil?« »Das heißt«, schaltete sich wiederum Noreen Welean ein, »daß seit ein paar Stunden auch von der Mannschaft, die Eythan Farr auf der Lichtung campieren ließ, kein Lebenszeichen mehr empfangen wurde.« Simon machte einen Schritt auf die beiden Männer und seine Herrin zu. Die tofiritfarbene Oberfläche seines Körpers schien sich ein wenig aufzuhellen. Sonst änderte sich nichts, außer daß die Personen, die ihn betrachteten, anhand der Bewegungsabläufe glauben mußten, er bestünde aus etwas Weichem, Nachgiebigem, nicht aus starrem Metall. Aber das war ein Irrtum. Diese Hülle war elastisch und dennoch kaum zu zerstören. Simon hatte sie in langen Stunden vor den Spiegeln studiert, und mittlerweile beherrschte er ein paar der darin schlummernden grandiosen Möglichkeiten. Möglichkeiten, von deren Existenz keiner der Versammelten auch nur ahnen konnte... Und dennoch erwarteten sie etwas von ihm. Ausgerechnet von ihm. Simons Selbstwertgefühl wuchs synchron zu seinem Mißtrauen. »Farr ließ das Gelände um den Transmitter erneut sondieren. Aus der Luft«, sagte Guliver Bligh gerade. »Da es keinen Hinweis auf den Verbleib der Linsenbesatzung gibt, hat er Terra kontaktiert und - wie er sagt - von Marshall Bulton Weisung erhalten, ein größeres Truppenkontingent nach Deluge zu verlagern. Mit anderen Worten: Die Regierung der Erde und die TF verlangen, daß wir den Transmitter aktivieren und ihnen Zugang zum Höhlensystem gewähren. Anderenfalls, daran hat Farr keine Zweifel gelassen, wird man uns vorläufig keine Unterstützung, ganz egal welcher Art, mehr gewähren!« »Man will uns erpressen!« Douglas Farmers Mimik verriet, daß er die Worte regelrecht hervorstieß. »Wenn Bligh einwilligt, ist dies das Ende unserer Autonomie - und ich gehe jede Wette, daß dieser Bulton und die Betonköpfe der
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terranischen Regierung es genau darauf anlegen!« »Jedenfalls entspräche es nicht den Vorgaben, die mir Ren Dhark für die Dauer seiner Abwesenheit hinterließ«, sagte Guliver Bligh. »Aber offengestanden bin ich mit meinem Latein am Ende. Ich weiß, daß Dhark immer darauf gepocht hat, Hope und das Vermächtnis der Mysterious vor Mißbrauch zu schützen - nicht nur Mißbrauch durch extraterrestrische Übergriffe, sondern auch aus unserem eigenen Lager. Deshalb würde ich es mir nie verzeihen, wenn er zurückkäme und eine Situation vorfände, in der sich die Exekutive der Erde den großen Kuchen M-Technik untereinander aufgeteilt hat! Soweit ich weiß, gibt es immer noch kein klares Abkommen darüber, wie man den Hinterlassenschaften der Mysterious ihre Brisanz nehmen und sie dennoch nutzbar machen will... Ich wünschte, Dhark kehrte zurück und würde mir die Verantwortung, die er auf meine Schultern geladen hat, wieder abnehmen!« »Ich wage nicht, mir vorzustellen, welche Verantwortung in diesem Moment auf seinen Schultern lastet«, sagte Simon. »Würden Sie mir jetzt bitte sagen, was Sie konkret von mir erwarten?« »Du sollst versuchen herauszufinden«, sagte Noreen Welean, »was aus den verschwundenen Wächtern auf der Transmitterlichtung geworden ist.« »Warum gerade ich?« fragte Simon. »Weil...«, setzte Bligh an, und noch ehe er aussprechen konnte, wußte Simon intuitiv, daß ihm eine Lüge präsentiert werden würde, »... wir Sie am geeignetsten für diese Aufgabe halten!« Nein, dachte Simon, ist die Wahrheit nicht eher, daß ihr mich für am entbehrlichsten haltet? Erstaunlicherweise demütigte ihn diese Erkenntnis nicht. Sie erschreckte ihn nicht einmal. »Wann?« »So schnell wie möglich«, antwortete Bligh, auf dessen Oberlippe Schweiß perlte. Simon bekam fast Mitleid mit ihm. Dann fühlte er Noreens Blick und sagte aus ihrer kleinen Faust heraus: »Die Details müssen noch besprochen werden, aber ich denke, ich bin
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einverstanden - wenn meine Herrin es auch ist.« Zwei Stunden später trat Noreen Welean zögernd in den Raum, den Simon ihr geöffnet hatte. »Was soll ich hier?« fragte sie, nachdem sie sich kurz ihren Spiegelbildern gewidmet hatte. »Ich wollte, daß Ihr es als erste seht«, klang es aus dem winzigen Gerät, das sie bei sich trug. »Diesen Raum?« »Auch.« »Was noch?« »Mich.« »Ich sehe dich auch ohne Spiegel.« »Und wie findet Ihr mich?« Noreen Welean blinzelte irritiert. Es war unschwer zu erkennen, daß sie nichts mit Simons Äußerungen anzufangen wußte. »Wie gefällt Euch mein Aussehen?« wurde er ein wenig konkreter. »Ist es nicht etwas zu... fade?« »Es ist nicht dein Aussehen«, erwiderte sie. »Es ist das Ding, in das gezwungen wurdest. Sobald sich die Lage entspannt, werden wir ein Wissenschaftsteam entsenden, das die Station im Urwald untersucht. Und wir werden nicht eher ruhen, bis wir einen Weg gefunden haben, dir zurückzugeben, was dir gestohlen wurde!« »Mein Körper war tot - sein Herz hat nicht mehr geschlagen. Ihr habt ihn selbst untersucht. Er muß längst angefangen haben zu verwesen.« »Das glaube ich nicht.« »Warum nicht?« »Weil das keinen Sinn machen würde.« »Und was würde Sinn machen?« »Du hast einmal einen Abdruck erwähnt. Den Abdruck eines fremden Bewußtseins, den du in dieser Hülle zu spüren meintest. Die Spur eines Bewußtseins, das den Robot vielleicht vor dir beseelte...« »Ein Mysterious, ja«, bestätigte Simon. »Eine Zeitlang meinte ich, etwas in dieser Art zu erfühlen. Aber meine Nachforschungen verliefen im Sand. Ich bin allein. Außer mir und den Programmen beseelt diesen Körper nichts.«
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»Den Programmen?« »Ja«, sagte er. »Dieser Raum ist ideal, um sie zu erproben.« Das Unbehagen stand Noreen Welean ins Gesicht geschrieben. Simon beneidete sie um ihr Gesicht, es war etwas, was ihm keines der Programme, die er bislang durchlaufen hatte, bieten konnte. »Was ich sagen will«, erklärte sie, »ist, daß die Station und der Robotkörper nicht auf jemanden wie dich gewartet haben, sondern vermutlich auf einen der Erbauer. Ich habe viel darüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß es den Mysterious offenbar möglich war, ihr Bewußtsein absichtlich für eine gewisse Zeitspanne in Maschinen dieses Typs zu übertragen - vermutlich um Aufgaben zu erledigen, die in ihren echten Körpern unlösbar gewesen wären. Deshalb ist es naheliegend, daß sich dieser Vorgang rückgängig machen läßt und der zurückbleibende Körper vor Zerfall geschützt wird, auch wenn ich selbst noch keine Idee habe, wie beides geschieht!« Simon gestand sich ein, daß ihm ähnliche Gedanken auch schon gekommen waren. Nur hatte er sich nicht darauf einlassen wollen, weil er die Enttäuschung fürchtete, falls sich herausstellte, daß die Hoffnung unerfüllbar bleiben würde. »Es ehrt mich, daß Ihr Euch soviel Gedanken um mich macht.« Noreen Welean versuchte das Thema zu wechseln. »Ich verstehe immer noch nicht, was ich hier soll...« »Ihr werdet verstehen - gleich. Ich beginne... jetzt!« Ihren Aufschrei verwandelte das Voicemodem in kaum mehr als einen lakonischer Impuls, der nichts an Simons Entschlossenheit zu ändern vermochte, sich seiner attraktiven Herrin hier und jetzt zu offenbaren. Niemand anders als sie sollte darüber entscheiden, in welchem Programm-Modus er den gefahrvollen Schritt nach Kontinent 4 wagen würde. Auf dem vierten Kontinent hatte dieses Zwitterwesen, dieser mit menschlichem Geist verschmolzene MysteriousRobot, Noreen Weleans Leben in nahezu aussichtsloser
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Situation gerettet. Ohne Simon -ohne ihren Diener in dieser Inkarnation - wäre die Hochkommissarin elend in der unterirdischen M-Station zugrundegegangen, darüber machte sie sich keine Illusionen. Sie hätten beide ihr Grab in der uralten Anlage gefunden, und nur der Zufall in Gestalt einer auch nach tausend Jahren noch gespenstisch reibungslos funktionierenden Einrichtung hatte dieses Schicksal abgewendet. Es änderte nichts an der Tatsache, daß Simon für das gemeinsame Überleben einen übertrieben hohen Preis hatte zahlen müssen... Das Modem vibrierte noch leicht unter Simons Ankündigung: >Ihr werdet verstehen - gleich. Ich beginne... jetzt!< -, als sich Noreen zunächst aufschreien hörte, dann nur noch aufstöhnen. Sie winkelte ihre Arme an, spreizte die Daumen von den übrigen Fingern ab und preßte die Hände wie zwei Keile gegen ihre Kehle - als könnte sie dadurch anderen, fremden Händen zuvorkommen, die sich noch entschiedener um ihren Hals geschlossen hätten! Sekundenlang verschwamm die Umgebung vor ihren Augen, und als ihr Sehvermögen wieder klar wurde, hatte Simon seine erste Morphing-Demonstration gerade abgeschlossen. Nicht völlig, aber doch in wesentlichen Details verändert, stand er vor ihr, fast im Zentrum des Spiegelkammer. Seine Arme hatten sich zu bloßen Stümpfen zurückgebildet, die einen ähnlichen Eindruck erweckten, als wären einem Menschen beide Arme in Höhe der Ellenbogen amputiert worden. Das Ende dieser Stümpfe erinnerte frappierend an das unheilvolle Glühen des Abstrahlpols eines entsicherten Blasters - und um genau das schien es sich hier auch tatsächlich zu handeln: um zwei fürchterliche Vernichtungswaffen rechts und links des sich nun nicht mehr rötlich, sondern mattschwarz vor Noreen und den Spiegeln erhebenden Kolosses. Der Eindruck unglaublicher Schwere war erhalten geblieben. Neu hinzugekommen war eine Aura schierer Bedrohung, die es Noreen beinahe unmöglich machte,
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weiter ihren Diener dahinter zu sehen. »Simon!« »Es ist alles in Ordnung, wirklich. Ihr braucht keine Befürchtungen zu hegen«, tönte es aus dem Modem, das sie an ihrem Gürtel eingehakt hatte. »Was... haltet Ihr davon?« Noreen spürte einen ungewohnten metallischen Beigeschmack im Mund. »Wie hast du das gemacht?« fragte sie kreidebleich. »Es sah aus wie... wie eine holographische Simulation! Aber du existierst - du bist mehr als ein Programm in irgendeinem Rechner! Man kann dich berühren, also bist du real! Wie kann dann...?« »Ich bin kein Programm«, pflichtete Simon ihr bei, »aber ich verfüge über Programme. Beim erstenmal war ich genauso überrascht, nein, schockiert wie Ihr, Herrin. Vermutlich werde ich nie herausfinden, wie es funktioniert, aber es bereitet kaum Mühe. Mit etwas Konzentration greife ich auf ein Programm zu und morphe.« »Du - morphst?« »Diese Programme strukturieren das äußere Erscheinungsbild anhand der darin fixierten Daten um. Eigene Wünsche vermag ich nicht einzubringen, sonst hätte ich mir längst...« Er verstummte. »Längst?« »Wieder ein Gesicht gegeben«, drang es aus dem Modem, und obwohl die Vokoderstimme zu keiner Betonung fähig war, hätte Noreen in diesem Augenblick geschworen, daß Simons Worte aus seinem wahren Mund - dem Mund, den er im Dschungel von Kontinent 4 zurückgelassen hatte niedergeschlagen geklungen hätten. »Über wieviele dieser... Gestalten kannst du verfügen?« fragte sie. »Sehr viele.« Noreen hatte den Eindruck, als wollte ihr Simon die genaue Zahl vorenthalten. Um sie zu schonen? Damit sie ihn nicht völlig zum Monstrum abstempelte, wie sie es beim Anblick dieses waffenstarrenden Dings bereits ansatzweise tat? »Und wieviele«, fragte sie, »hast du bereits ausprobiert?« »Zehn.«
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»Erst? Dann mußt du sehr diszipliniert sein.« Eine Weile herrschte fast betretenes Schweigen, dann sagte die Stimme des Modems: »Nur vorsichtig.« »Du traust dir selbst nicht?« »Mir schon«, sagte Simon. »Aber wenn Ihr in meiner Haut stecken würdet, Herrin, wärt Ihr auch vorsichtig...« Noreen schauderte und versuchte, etwas mehr innere Distanz zwischen sich und den Robot mit der Dienerseele zu bringen. Eigentlich, redete sie sich ein, mußte sie froh sein, daß er den Schritt durch den Transmitter nicht völlig wehrlos tun mußte, denn daß auf der anderen Seite des Rings eine immense Gefahr lauerte, schien außer Frage zu stehen. Sie nickte langsam und gab dann ihre Zurückhaltung auf. »In Ordnung, zeig's mir. Zeig' mir, was du sonst noch zu bieten hast!« Und Simon gehorchte. Simon blieb noch einmal kurz vor dem offenen, zweiflügeligen Tor stehen, das in die Kammer mit dem Kleintransmitter führte, den seinerzeit erstmals Bernd Eylers und Art Hooker durchschritten hatten -um sich staunend von Kontinent 4 nach Deluge versetzt zu sehen. Die ersten, überwiegend wolkenkratzerhohen Aggregate, die den Dom füllten, begannen etwa fünfzig Meter vom Eingang zum Transmitterraum entfernt. Simon war nicht empfänglich für die ohrenbetäubende Stille, die diese gigantische, kilometerweite Kaverne im Gebirge des Inselkontinents ausfüllte - weil die Stille in ihm selbst mindestens ebensogroß war. Aber es war ihm bekannt, daß die gewaltigen, unitallverkleideten Maschinensätze ihre Arbeit eingestellt hatten genau in dem Moment, als sich das Intervallum über ganz Deluge geformt hatte. Das Intervallum, zu dem trotz intensiver Bemühungen immer noch niemand die Steuerungseinheit gefunden hatte, so daß man auf Gedeih und Verderb der Automatik ausgeliefert war, die diesen künstlichen Weltraum nach der Logik der Erbauer ein- und ausschaltete. Seit dem Angriff der Spindel war das Intervallum
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permanent aktiviert - ein weiteres Indiz dafür, wie gegenwärtig die Bedrohung der G'Loorn auch nach dem Abzug ihrer Schiffe aus dem Col-System war. Noreen Welean hatte bereits die Kammer mit dem Kleintransmitter betreten. Simon sah sie in den gleißenden Schein eintauchen, der noch etwas heller wirkte als das Licht, das aus der unbeweglich im Felsendom schwebenden, bläulich schimmernden Ringröhre strömte. Ein zweiter, sehr viel größerer Transmitterring existierte in einem Gebäude an der Peripherie zum Zentralplatz des Industriedoms. Dieser Großtransmitter war jedoch bis zum heutigen Tag noch von keinem Menschen in Aktion erlebt worden, und die Wissenschaftler, die die Energie im Innere des schwarzen Rings entfesseln wollten, um vielleicht ein Tor zu ungeahnten Welten zu öffnen, hatten bislang noch keine nennenswerten Erfolge erzielt. Nur der >kleine Bruder< des Giganten ließ sich nach Belieben schalten, sowohl von den Technikern im Industriedom, als auch - von Simon! Mehr noch: Simon hatte es mit Hilfe seines M-Robotkörpers sogar geschafft, die auf Kontinent 4 bereits deaktivierte Gegenstation wieder einzuschalten. Damals hatten er, Noreen Welean und zwei andere sich zur Transmitterlichtung durchgeschlagen, um sich nach Deluge abzusetzen... ... was nur dank Simon schließlich doch noch gelungen war. Aufgrund seiner Fähigkeiten waren sofort namhafte Wissenschaftler wie Tim Acker auf ihn aufmerksam geworden und hatten ihn gedrängt, auch den GigantTransmitter zu aktivieren. Simon hatte sich jedoch darauf berufen, daß ihm dazu die entsprechenden Codes fehlten, was Acker nur schwer zu akzeptieren vermochte. Fast täglich sprach er neu bei Simon vor, um in zu überreden, es wenigstens zu versuchen. Deshalb überraschte es den Diener nicht wirklich, auch Tim Acker unter denjenigen zu sehen, die sich am Eingang zur Kammer eingefunden hatten. Acker neigte nicht nur zur Fettleibigkeit, er war stark
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übergewichtig, so daß man die Volksweisheit, wonach in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist wohnt, bei ihm getrost dahingehend modifizieren durfte, daß es lautete: In einem gewaltigen Körper wohnt auch gewaltiger Verstand! Denn Verstand hatte er. Nur bauten sich Menschen mit überdurchschnittlich ausgeprägtem Intellekt auch gern unbewußt eigene Fallen auf, die ihnen oft genug den Blick auf einfache Lösungen verstellten, die eigentlich auf der Hand lagen... Nachdem Acker eine Weile wie angenagelt dagestanden hatte -zweifellos ein Verdienst des neuen Erscheinungsbildes von Simon -, stürmte er plötzlich wild gestikulierend auf den Diener zu. Ackers Gebärden, besonders seine lautlos auf und zu gehenden Lippen, verliehen ihm Ähnlichkeit mit einem Fisch auf dem Trockenen - und inspirierten Simon zu der Idee, sein kybernetisches Gehirn ein Programm schreiben zu lassen, das es ihm künftig ermöglichte, zumindest begrenzt auf ein Modem zu verzichten. Vielleicht konnte er Menschen, die ihm etwas mitteilen wollten, mit etwas Übung auch einfach von ihren Lippen ablesen! Hier und jetzt gelang ihm dies jedoch noch nicht, und Simon konnte nicht behaupten, daß es ihm viel ausmachte, Ackers Toben nicht wörtlich zu verstehen. Offenbar hatte der Wissenschaftler vor lauter Verblüffung vergessen, Noreen Welean um ihr Voicemodem zu bitten. Erst als Simon, von Acker verfolgt, wieder in die Reichweite des Geräts kam, fand er in den Funkimpulsen, die sein Gehirn erreichten, die Bestätigung, daß Acker außer sich war, weil er erfahren hatte, daß Simon durch den Transmitter gehen sollte. Guliver Blighs Versuch, dieses Unternehmen geheimzuhalten, war allem Anschein nach von nur geringem Erfolg gekrönt. »... ist unersetzlich«, übertrug das Voicemodem das Lamentieren ded Mannes mit dem Zentnerbauch. »Wenn ihm etwas zustößt, geht unsere größte Hoffnung, die letzten
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Rätsel der M-Technik in angemessener Frist zu lösen, flöten!« Simon schritt unbeirrbar weiter auf die Rampe zu, die hinauf zürn Ring des Transmitters führte, den er selbst gerade noch aufrecht passieren konnte. »Sei vorsichtig«, empfing er die Mahnung seiner Herrin. Und stellte sich vor, wie es wäre, wenn er seine neuen, immer noch nichtssagenden Züge mit Charakter füllen könnte, indem er ein Lächeln auf ihnen würde entstehen lassen. »Ich werde auf uns aufpassen«, gab er zurück. »Uns?« »Auf das Ding und auf mich.« »Ich wußte nicht, daß du dich so gespalten siehst.« Das Modem in ihrer Hand schwieg, während Simon zunächst einen seiner beiden goldenen Füße auf den Beginn der Rampe setzte und den zweiten sogleich folgen ließ. Tim Acker war nicht in der Lage, ihn auch nur ins Straucheln zu bringen. Und nur zu Ackers eigenem Schutz - damit er nicht mit auf den vierten Kontinent geschleudert wurde -, griffen zwei von Blighs Männern ein und drängten den Wissenschaftler ab. Eine schwerbewaffnete Einheit des Sicherheitsteams war aufgezogen, um notfalls reagieren zu können, falls in der einen Sekunde, die der Transmitter aktivierte werden mußte, vielleicht auch etwas von >drüben< zu ihnen hereinzukommen versuchte. Das letzte, was Simon bewußt auf dieser Seite des Rings wahrnahm, ehe er für unmeßbar kurze Zeit in seine Atome zerblasen und wieder neu zusammengesetzt wurde, stand in keinem Bezug zu Noreen We-lean, seiner Herrin, sondern war ein Ruf, der aus Douglas Farmers Mund kam. Farmer stand links von der Rampe, hinter einem Uniformierten, der den Lauf eines Strahlgewehrs dorthin gerichtet hatte, wo Simon in diesem Moment über den Abschlußbügel der Rampe hinaustrat. »Wie schön er ist«, sagte Farmer. »Wie unglaublich -« Da tauchte Simon bereits Hunderte Kilometer entfernt in ein völlig verändertes Szenario hinein. Und noch ehe er auch in seinem Begreifen vollständig aus
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dem wabernden Übertragungsmedium des Transmitters herausgetreten war, begannen die Waffen, mit denen sein ikonenhafter Körper bestückt war, bereits Tod und Verderben zu speien. Denn er war da - überall über die Lichtung verteilt... ...DER FEIND! Die gerodete Fläche, in deren Zentrum sich der Transmitterring mit seiner - von Simons Warte aus abwärts führenden Rampe erhob, war relativ groß, etwa ein Kilometer im Durchmesser. Ihre Grenzen wurden von zehn Meter hohen, halbkugelförmigen Bauten aus einem unbekannten Kunststoff markiert. Jedes Element dieser Kette war hundert Meter vom nächsten entfernt, insgesamt gab es dreißig davon. Zusätzlich zu den Kuppeln hatten Farmers Brigaden hie und da Unterstände und Baracken für Agrartechniker errichtet, die Aussaat und Ernte des von den Siedlern sehnlichst erwarteten Getreides und Gemüses überwachen sollten. Diese Projekte waren bereits weit gediehen gewesen, als der Spindelraumer die Menschen, die diese Nahrungsmittel hätten essen können, in einem unbeschreiblichen Inferno getötet hatte. Simon hatte Cattan gesehen, bevor die Stadt zu einem Schlackefeld verbrannt war, und deshalb wußte er, daß die G'Loorn das Entsetzlichste waren, womit Menschen je zwischen den Sternen konfrontiert worden waren - und deshalb verstand er auch, daß er von Bligh vor Verlassen des Industriedoms klare Weisungen erhalten hatte. Die folgenschwerste davon war zweifellos der Befehl, die Nuklearsprengsätze am Transmitter unverzüglich zu zünden, sobald eindeutige Beweise vorlagen, daß die G'Loorn hinter dem Verschwinden der Wachmannschaften steckten. Damit sollte verhindert werden, daß die gnadenlosen Fremden Zutritt zu den Höhlen mit dem MysteriousErbe erlangten - aber darüber hinaus würden die auf Deluge lebenden Menschen durch eine solche Maßnahme künftig vollends hermetisch von der Welt jenseits des künstlichen Kontinuums abgeschnitten sein.
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Zumindest solange, bis eines Tages die POINT OF zurückkehrte oder aas Kontinentalintervallum, aus welchem Grund auch immer, erlosch. Das Transmitter-Schlupfloch erhielt für manchen wenigstens die Illusion, dieser Sphäre bei Bedarf jederzeit entfliehen zu können. Sobald auch dieser Strohhalm der Hoffnung nicht mehr existierte, würde das Leben auf Deluge schlagartig neuen, bislang unvorstellbaren Belastungsproben ausgesetzt sein... Trotz dieser düsteren Aussichten wußte Simon bereits Sekunden nach seiner Ankunft auf Kontinent 4, daß sich eine Zerstörung des Transmitters kaum würde vermeiden lassen. Sie waren überall! Und noch während ihm dies in voller Konsequenz bewußt wurde, erwiderten sie bereits das Feuer des Ankömmlings aus dem Trans-mitter. Die ersten Treffer zerstoben gespenstisch auf dessen makelloser, golden schimmernder Hülle - der Hülle, die wie ein Mensch geformt war. Ein Mensch ohne Gesicht, ein Mensch in Metall modelliert, mit plastisch hervortretenden Muskeln und Sehnen an Brust, Armen und Beinen... Wer, dachte Simon, während sich olivgrüne Strahlen aus seiner Linken und rosafarbene Strahlen aus seiner Rechten lösten, wer hat dieses Programm geschrieben? Wer hat die Maschine in die Lage versetzt, ausgerechnet diese Gestalt zu formen...? Niemand außer den Mysterious selbst konnte dahinterstecken! Aber warum? Warum gerade das Abbild eines Menschen wo doch die Natur so viele andere Spielarten bereithielt? Und noch während Simon darüber grübelte, eskalierte der von ihm eröffnete Schußwechsel inmitten der Lichtung unter dem weißlichen Licht zweier Sonnen zu einem finsteren und erbarmungslos geführten Krieg! »Wie konnten Sie das nur zulassen?« Tim Acker hatte die Hände zu Fäusten geballt und in die ausladenden Hüften gestemmt. Mit gerötetem Bulldoggengesicht stand er vor Guliver Bligh, der gerade
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aufatmend die Waffe zu Boden hatte sinken lassen, weil das wabernde Transmitterfeld hinter Simon erloschen war, ohne daß etwas aus umgekehrter Richtung auch nur den Versuch unternommen hatte, zu ihnen zu gelangen.
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Zu ihnen. In die letzte noch sichere Zuflucht der Menschen
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auf Hope, nein, im gesamten System der zwei Sonnen, 30 000 Lichtjahre von zu Hause... »Was meinen Sie mit >zulassen« gab Guliver Bligh eisig zurück. »Daß er sich opfert!« »Opfert?« »Simon«, knirschte Tim Acker. »Kontinent 4 ist momentan tabu -für uns alle. Wieso nicht für Simon? Tagtäglich wird uns die enorme Gefahr gepredigt, die eine TransmitterPassage des Intervallfelds beinhaltet, und nun werfen Sie diesen Teufeln ein unersetzliches Artefakt der Erbauer einfach zum Fraß vor!« Er verstummte und biß sich auf die Unterlippe. Nicht nur er hatte gemerkt, daß er überhaupt nicht von Simon, sondern ausschließlich von dem M-Roboter gesprochen hatte. Aber anstatt von Noreen Wele-an, die nahe bei den beiden Streithähnen stand und den Blick immer noch auf den hinter Simon wieder erloschenen Ring gerichtet hatte, zurechtstutzt zu werden, fluchte die Bioprospektorin nur: »Verdammt! Warum hält er sich nicht an unsere Verabredung?« »Welche Verabredung?« lenkte Acker von seinem Fauxpas ab. »Wir hatten vereinbart, daß er uns über alles auf dem laufenden hält, was er >drüben< sieht«, sagte Noreen, mehr an Bligh als an den Wissenschaftler gerichtet. »Und das tut er nicht?« fragte Bligh. »Nein! Und er reagiert auch auf keinen meiner Rufe!« Tim Acker nickte, als hätten seine schlimmsten Befürchtungen damit bereits ihre Bestätigung erhalten, und in seinen Augen stand zu lesen: Da seht ihr es! Es hat ihn schon erwischt - ihr Narren! Hättet ihr auf mich gehört! »Versuchen Sie es weiter«, sagte Guliver Bligh, der Acker einfach stehen ließ und zur Hochkommissarin trat. »Das tue ich - pausenlos. Er antwortet nicht, und das sieht ihm nun überhaupt nicht ähnlich. Immerhin ist er...« Im letzten Moment verkniff sie sich den Hinweis auf das besondere Arbeitsverhältnis, das Simon an sie band. Der Begriff >Diener< erschien ihr plötzlich ähnlich auf eine
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Sache, nicht auf einen Menschen bezogen wie Tim Ackers vorheriges Gerede von einem Artefakt. Guliver Bligh hatte sich bereits abgewandt und mit dem nächststehenden Bewaffneten unterhalten, der zu dem Dutzend gehörte, das den Transmitterring im Auge behielt. Auf eine rational kaum erklärbare Weise rechnete immer noch jeder Anwesende damit, daß der uralte Ring sich mit wabernder Energie füllen und etwas zu ihnen in den Raum speien würde, was ihr Ende bedeuten konnte. G'Loorn! Den Inbegriff des Bösen! Das vormals geläufige Synonym Giants - Bestien! wurde kaum noch in den Mund genommen, seit man sich ein Bild des neuen Gegners machen konnte. Eines Gegners, der fast drei Meter groß und wie eine bizarre Mischung aus Insekt und Pflanze beschaffen war! Ein Hybride, dessen chitinfarbene Kontur zwar an eine ins Gigantische vergrößerte irdische Gottesanbeterin erinnerte, dessen Details ihn letztlich trotzdem so fremd, so kalt und abseitig machten, daß jeder Vergleich hinken mußte. »Eine Verbindung zur KARTHAGO, zu Farr - schnell!« hörte Noreen Guliver Bligh befehlen. Aber nur mit halbem Ohr verfolgte sie mit, wie Ren Dharks Sicherheitsbevollmächtigter auf Deluge das Gespräch mit dem Flottenkommandanten aufnahm. Die anderen anderthalb Ohren konzentrierten sich weiterhin auf das Voicemodem, das sie wieder in die Hand genommen hatte. Fast beschwörend. Und das dennoch stumm blieb. Weil Simon schwieg. Weil er... nichts mehr sagen konnte... ? Noch während Bligh mit Farr sprach, ruckten plötzlich alle Waffenläufe des Sicherheitstrupps nach oben und zeigten auf das obere Ende der Rampe, die zum Zentrum des Transmitterrings führte. Oder aus ihm heraus. Dort baute sich gerade wieder das hyperenergetische Transportfeld auf, durch das Simon vor einer Minute
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verschwunden war - länger war es noch nicht her! Es baute sich auf, und niemand - auch Bligh nicht, dessen Blick sich gerade gehetzt von der tragbaren Kommunikationseinheit löste, auf deren Bildscheibe Eythan Farrs Gesicht erschienen war – wußte definitiv zu sagen, wer den Ring durchschreiten und die Rampe zu ihnen herabkommen würde. Wer... Oder was! »Farr, sagen Sie mir, was auf der Lichtung vorgeht!« hallte Guliver Blighs Stimme unwirklich durch die kleine Halle. »Geben Sie mir Bilder! Sofort!« Und Farrs krächzendes Organ erwiderte: »Sie Wahnsinniger! Wen haben Sie da geschickt, ohne uns zu warnen? Was... ist das für ein Ding - und was hat es auf der Lichtung geweckt...?!« Einen Moment lang sah es so aus, als erschiene ein goldfarbener Fuß auf dem grauen Metall der Rampe. Dann verschwamm dieser Eindruck und wurde von einem Donnerschlag abgelöst, dessen nachfolgende Druckwelle alle von den Beinen fegte, die sich im Halbkreis um den Ring versammelt hatten. Wie eine unheimliche zeitlupenhafte Protuberanz leckte die herausgreifende Transmitterenergie auf die Männer und Frauen zu - zeitlu-penhaft und doch so unausweichlich, daß Noreen Weleans letzter Gedanke, bevor die gleißende Flut sie berührte (und zerstäubte?), war: Grundgütiger, Cattan war nur der Anfang... Jetzt - frißt es UNS!?! Simon scannte den Feind über seine speziellen Sinne, und die einzige Erklärung die er dafür fand, daß nur er ihn >sah<, lautete: Die G'Loorn mußten die Signaturen ihrer Feld- und Unsichtbarkeitsschirme erneut verändert haben, so daß sie unbemerkt und ungeschoren durch das dichtgewebte Ortungsnetz der TF hatten schlüpfen können! Auf die Frage, warum Simon sie ungehindert wahrnehmen konnte, gab es nur eine Antwort: Die Instrumente des MRobots durchbohrten die Tarnkappen des Gegners so mühelos, weil Mysterious-High-Tech der eher plumpen und martialischen Giant-Technologie in vielerlei Hinsicht um Jahrhunderte voraus war!
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Keine zehn Meter von ihm entfernt brach ein gegnerischer Energieschild unter dem konzentrierten Nadelstrahlbeschuß aus Simons rechtem Armgeschütz zusammen. Die zum Vorschein kommende Gestalt verwandelte sich in eine Fackel, und Simon wurde klar, daß er es wohl nicht mit G'Loorn zu tun hatte - nur mit G'Loorn-ähnlichen Gestalten. Was bedeutete das? In dem Sekundenbruchteil zwischen Feldschirmkollaps und im Glutstrom des Nadelstrahls vergehendem Körper hatte Simons Cyberhirn das wesentliche Unterscheidungsmerkmal festgehalten: Der Angreifer, der die Transmitterlichtung auf Kontinent 4 besetzt hielt, besaß keine pflanzliche Komponente, wie sie von Ren Dhark beschrieben worden war! Der aus seiner Linken austretende olivgrüne Duststrahl, der nur auf anorganische Materie wirkte und sie zu amorphem Staub zerfallen ließ, wechselte ohne Simons Zutun Farbe und Qualität. Rosafarben fraß auch er sich überlichtschnell in einen Gegner - und tötete ihn mit einer Kompromißlosigkeit, die Simon klarmachte, wie wenig er wirklich über die Programme wußte, die den M-Robot belebten. Sein Körper handelte in Extremsituationen, in denen es offenbar auch für ihn um die Erhaltung der nackten Existenz ging, ebenso unmenschlich wie konsequent! Wo Dust- oder Strichpunktstrahl nach dem Schildzusammenbruch genügt hätten, entschied sich das Programm des Robots unbeeinflußbar für die >sichere< Lösung, und die hieß Nadelstrahl... Obwohl Simon wußte, was für ein Blutbad die G'Loorn oder mit ihnen gleichzusetzende Angreifer - auf Main Island angerichtet hatten, weckte das Massaker, das er gerade verursachte, lähmendes Entsetzen in ihm. Und bis er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, verteilte sich bereits ein Dutzend rauchender, verkohlter und verschmorter Chitinleiber über die Lichtung. Die Waffen der an aufrechtgehende Ameisen erinnernden Fremden zeigten keine meßbare Wirkung, obwohl einige
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Treffer an der Hülle des gesichtslosen Goldenen Menschen abprallten, zu dem sich Simon modelliert hatte. Sie richteten keine meßbaren Schäden an. Warum nicht? Soweit Simon es selbst abschätzen konnte, verfügte er über keinerlei energetischen Schutzschirm. Das ursprünglich tofiritfarbene, inzwischen gemorphte Material, das die Treffer hinnahm, war sein einziger Schutz. Irrsinn! Simon mißtraute seinen eigenen Möglichkeiten. Er war überzeugt, daß ein genügend gebündelter Beschüß auch ihn zerstören konnte. Deshalb entschloß er sich, seine Beobachterfunktion - nichts sonst -zu erfüllen und mit der Erkenntnis, daß der Feind Kontinent 4 tatsächlich eingenommen hatte, nach Deluge zurückzukehren. Der Strom der kriegerischen Insekten, die sich dem Robot, der dem Transmitter entstiegen war, todesverachtend entgegenwarfen, schien kein Ende nehmen zu wollen. Für jeden niedergestreckten Angreifer traten zwei, drei neue auf den Plan! Ein Schiff, dachte Simon, sie müssen in einem Schiff gekommen sein. Aber obwohl er den Scannerradius erhöhte, fand er keinen Hinweis auf einen Spindelraumer. Entweder verstand es das Schiff, sich dem Ortungsversuch zu entziehen, oder es hielt sich längst nicht mehr auf dem Planeten auf. Vielleicht war dieses Kommando sogar noch von jenem Raumer ausgeschleust worden, der das Intervallum über Deluge beschossen hatte - bevor er sich in die Schlacht mit den TF-Raumern eingeschaltet hatte und in die Flucht geschlagen worden war. Das aber hätte bedeutet, daß auch anderenorts im ColSystem noch versprengte feindliche Bataillone in Wartestellung existieren konnten... Ohne Zögern und ohne langatmige Erklärung strahlte Simon eine Funknachricht im Flottencode ab - sie enthielt die Daten über die veränderte Schirmsignatur der G'LoornVasallen. Mochte die TF damit anfangen, was sie wollte, er selbst würde jetzt... ... verschwinden!
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Zurück nach Deluge! Zurück zu seiner Herrin, an die er im Eifer des Gefechts noch kein einziges Wort adressiert hatte. Und auch jetzt hütete er sich, Zeit zu verschwenden. Er hatte von Bligh klare Instruktionen erhalten: Opfern Sie den Ring, falls die Gefahr eines Mißbrauchs besteht! Guliver Bligh hatte Simon mit allen erforderlichen Codes ausgestattet, um ihm eine Zündung der Nuklearhaftsätze am Mysterious-Transmitter zu ermöglichen - auch eine leicht zeitversetzte. Diese Zünder schärfte Simon nun, während er sich auf der Rampe drehte und den Angreifern den Rücken kehrte. Die Leere innerhalb des Rings füllte sich mit etwas, das an den Blick in einen tiefen, kühlen Brunnen erinnerte - einem märchenhaften Brunnen, der in eine fremde, verwunschene Welt führte. Beiläufig machte sich Simon bewußt, daß dieser Vergleich durchaus von der Realität gestützt wurde: Der Industriedom und die anderen Höhlen waren magische, märchenhafte Orte... Erneut zerplatzte eine ganze Serie von Treffern auf seiner Außenhaut, ohne den geringsten Schaden anzurichten. Das Programm, auf das Simon nur begrenzt Einfluß zu nehmen vermochte, verzichtete inzwischen (nachdem es Simons Absichten zu seinen eigenen gemacht hatte?) darauf zurückzufeuern. Gleichzeitig kämpfte Simon gegen die Versuchung an, von der hier gewonnenen Erfahrung den Nimbus eigener Unbesiegbarkeit abzuleiten. Niemand war unbesiegbar - jeder hatte eine Schwachstelle, und nicht anders würde es sich bei diesem kybernetischen Organismus verhalten. Die Frage war nur, ob und wann ein Gegner in der Lage war, diese Schwachstelle zu finden! Zwei kurze Schritte trennten Simon noch von dem wabernden Feld, das er freigeschaltet hatte. Es würde unmittelbar hinter ihm wieder verlöschen. Und dann würde hier auf der Lichtung ein Pilz von dämonischer Schönheit emporschießen - beginnend mit einem ultrahellen Lichtblitz, der von sämtlichen liegenden, stehenden oder
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rennenden Insektenkriegern höchstenfalls schwarze Schattenrisse auf dem verödeten Boden zurücklassen würde. Sonst nichts. Und dieser in pure Häßlichkeit umkippende Pilz würde auch die umliegende Flora und Fauna verschlingen - alles nur, um einige hundert Kilometer entfernt die letzten Menschen davor zu bewahren, von einem grausamgefühllosen Intellekt überrannt zu werden. Einem Intellekt, dem alle zutrauten, daß er die Funktionsweise des Mysterious-Artefakts auf der Lichtung entschlüsseln und den Sprung nach Deluge - durch das Intervallum hindurch schaffen könnte! Nur dieser paar Dutzend Menschen wegen, nur ihretwegen war Simon überhaupt bereit, den 4. Kontinent auf lange Zeit zu entstellen. Eine tiefe Narbe hineinzureißen. Danach würde dieser Planet sich in ein Trauerflor aus Asche und Staub hüllen, so daß kein vernünftiger Mensch mehr auf den Gedanken kommen würde, seinen Fuß daraufzusetzen, um sich hier niederzulassen. Hope würde dann in Lost Hope - verlorene Hoffnung -umbenannt werden müssen, und... Die Gedanken Simons, ohnehin von kaum meßbarer Dauer, wurden jäh gestoppt, als er gestoppt wurde. Ein einziger Schritt trennte ihn noch von Deluge. Er sah sich schon in der kleinen Halle auftauchen und erneut in die Abstrahlpole von Blastern blicken... ... aber es kam nicht dazu. Denn in diesem Augenblick verfehlte eine der sengenden Glutbahnen aus den Waffen der Insektenkrieger den enteilenden M-Robot, traf statt dessen eine der Haftladungen am Ring - und löste das vorzeitige nukleare Inferno aus. Eine Vernichtungsorgie, der selbst das jahrtausendalte Artefakt nicht zu widerstehen vermochte. Ein Blitz, der... ... auch das fliegende Auge im Orbit und die Betrachter draußen in den Tiefen des Doppelsternsystems blendete, noch ehe sich im Flaggschiff des TF-Verbands die automatischen Filter selbsttätig aktivieren konnten! »Was - war das?« Eythan Farr stellte die Frage, noch halb
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blind, an den zuständigen Offizier vor dem Überwachungsschirm und erfuhr: »Nuklearexplosion! Totalausfall unserer Sonde - vermutlich irreparabel. Entsende Ersatz...« Farr wußte, daß der Transmitterring mit insgesamt drei Sprengsätzen, modernste Fusionsbomben, die nur geringen radioaktiven Fallout nach sich zogen, bestückt gewesen war. Und dem Bericht seines Offiziers zufolge mußten diese drei Höllenmaschinen fast zeitgleich hochgegangen sein. Was das bedeutete, wußte jeder in der Zentrale der KARTHAGO. Die beim Fusionsprozeß freiwerdenden Temperaturen lagen bei einigen hundert Millionen Grad Celsius - genug, um nicht nur den Transmitter, sondern buchstäblich alles, was sich im Zentrum der ausbrechenden Initialstrahlung befunden hatte, zu verbrennen, zu zerschmelzen und zur völligen Unkenntlichkeit zu verformen! Alles - und jeden... Ein Stöhnen aus der offenen Phase der Funkübertragung erinnerte Eythan Farr daran, daß er sich unmittelbar vor der Explosion mit Guliver Bligh unterhalten hatte. Und dann erinnerte ihn der gepreßte Schrei aus einer Frauenkehle an noch etwas anderes. »Simon!« Gellend drang es aus der Funkübertragung. Wem die Stimme gehörte, interessierte Farr in diesem Moment aber nicht wirklich. Ihn interessierte nur, daß dieser >Simon< ihnen vor einer knappen Minute neue Signaturschemata übermittelt hatte kommentarlos. Und daß dieses unglaubliche Konzept eines Roboters nun auf der Verlustseite verbucht werden mußte. Was für eine Vergeudung, dachte er, bevor er seinen angestauten Groll über Guliver Bligh entlud. Es besänftigte ihn nicht im mindesten, daß auch der Feind, der sich auf Hope eingeschlichen hatte, der Vernichtung anheimgefallen sein mußte - und sie bislang noch keine einzige Resonanz bei der Neuscannung des Systems erzielt hatten. Was für eine sinnlose Verschwendung, dachte er noch
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einmal. Dann fragte er herrisch: »Was ist bei euch überhaupt los?« Der angesprochene Bligh schilderte, daß auch der Kleintransmitter im Industriedom unter einer Art energetischer Rückkopplung, ausgehend von Kontinent 4, gelitten hatte - möglicherweise besaß er nur noch Schrottwert. Eythan Farr überlief es kalt. Aber das, was ihm gerade erst dämmerte, hatte Guliver Bligh lange vor ihm begriffen: daß nämlich nicht nur unersetzliche MTechnik verlorengegangen, sondern auch ein Tor zugeschlagen worden war. Das letzte Tor, die letzte Verbindung nach Deluge. Zu den Schätzen, die weiterhin existierten und irgendwann einmal der terranischen Zivilisation - und der TF - einverleibt werden sollten. Falls sich das Tor je wieder öffnete. Oder Ren Dhark mit der POINT OF zurückkehrte - dem einzigen Schiff, für das die Kontinentalsperre durchlässig geblieben war... Ätzender Gestank füllte den Raum, und durch die Schwaden hindurch konnte Noreen Welean sehen, was von dem Transmitter übriggeblieben war. Nicht viel, aber immer noch mehr als von Simon, der -daran zweifelte sie selbst nicht mehr, obwohl sie es weiterhin nicht wahrhaben wollte - im Zentrum der zerstörerischen Explosion auf Kontinent 4 entweder zerfetzt, zerschmolzen oder desintegriert worden war. In keinem der Fälle würde man je mehr als ein paar winzige Teilchen von ihm finden. Falls überhaupt jemand danach suchte. Irgendwann. Wenn dieser Horror von Krieg gegen einen Horror von Feind jemals enden und die vermeintliche Normalität eines Friedens zwischen zwei Kriegen wiederkehren würde. Mehr als diese Illusion von Friedfertigkeit würde der Mensch vermutlich ohnehin nie mehr finden. Der Vorstoß ins All hatte einen Preis, einen viel höheren als erwartet, und dennoch würde man den Weltraum nie aufgeben, würde Terra nie auf seine Expansionsversuche verzichten... ... es sei denn Terra würde selbst der Gewalt übermächtiger Gegner zum Opfer fallen. Eines Tages, der schneller kommen kann, als wir uns alle eingestehen wollen, dachte
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Noreen - und fügte hinzu: Ich. Ich werde nach dir suchen, Simon... Sie allein wußte, warum. Weil sie sich die Schuld daran gab, daß er nie alle Programme seines ebenso wunderbaren wie schrecklichen Körper würde erproben können. Weil der Raum voller Spiegel nun seinen Sinn verloren hatte - und weil auch ihr Versprechen hinfällig geworden war, mit Simon zusammen nachzuschauen, was aus seinem wirklichen Körper geworden war, draußen in der Wildnis einer Welt, die den Menschen nicht wollte und ihm das nun endgültig zu verstehen gegeben hatte. Zumindest hatte Noreen es so verstanden... »Kommen Sie«, sagte Douglas Farmer, der von hinten an sie herangetreten war und ihr seine Hand untypisch sanft auf die Schulter legte. »Gehen wir hier 'raus.« Er hatte blutige Schrammen im Gesicht. Wie Noreen. Wie jeder, der sich wieder aufgerappelt hatte, nachdem die Druckwelle aus dem sich ein letztes Mal unter durchschlagenden Energien aufbäumenden Ring alle wie welkes Laub über den Boden der Halle gewirbelt hatte. »Ich will nicht gehen! Ich bleibe hier!« gab Noreen dem Brigadeführer zu verstehen. Schulterzuckend löste er seine Hand und ließ sie stehen. Noreen hörte Guliver Bligh noch immer mit dem Flottenkommandanten sprechen. Überall waren Stimmen und Rauch und eine in dieser Heftigkeit noch nie zuvor erlebte Sinnleere. Wie würde es weitergehen? Wie konnte es weitergehen? Ihr Blick traf Tim Acker, um den sich der herbeigeeilte Achmed Tofir kümmerte. Um sie kümmerte sich überhaupt niemand. Und spätestens da wußte sie, was sie wirklich verloren hatte - auf der anderen Seite des Spiegels, der für immer zerbrochen war... Stunden später Tiere hatten den unterirdischen Stollen geschaffen, durch den man zu der blauvioletten Wand gelangen konnte, hinter der sich eine uralte Station der Mysterious verbarg. Diese Tiere waren immer noch namenlos, und vielleicht würde sich daran nie etwas ändern.
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Eine Kugelgestalt rollte auf die Unitallwandung zu, von Kräften bewegt, die ebenso unsichtbar blieben wie die Kugel selbst, denn sie bewegte sich durch völlige Dunkelheit. Als sie die Wand erreicht hatte, öffnete sich dort, wo vorher nicht einmal eine Fuge existiert hatte, ein Durchlaß, groß genug, um die Kugel hineinrollen zu lassen. Hinein in einen Raum, der anders aussah, als das Bewußtsein der Kugel ihn in Erinnerung hatte: völlig verwüstet... O nein, dachte Simon und strukturierte seine Gestalt um, bis sie wieder dieselbe Form besaß, wie damals, als sein Bewußtsein hier -hier! - gezwungen worden war, in der Kühle eines Cyberhirns zu schlüpfen und den eigenen Körper aufzugeben. Den eigenen Körper suchte Simon allerdings vergeblich inmitten der Zerstörungen, die an den Einsatz schwerer Energiewaffen erinnerten. Aber wer hätte solchen sinnlosen Schaden verursachen sollen? Wenig später wußte er es. Sie, wisperte es durch sein kybernetisches Gehirn. Dieselben, die den Nuklearpilz gezündet haben, noch während der Transmitter aktiv war — und mich aufnehmen sollte. Sollte! Er hatte den Durchgang nicht mehr geschafft - aber wie durch ein Wunder die Detonation der atomaren Sprengsätze überstanden. Knapp einen halben Kilometer vom Epizentrum der Zerstörung entfernt hatte er sich wiedergefunden. Als amöbenhaftes Gebilde, das wie eine teerschwarze Lache zur Hälfte in dem völlig verbrannten Boden versickert war... Er hatte dieses Programm nicht aufgerufen - zumindest nicht bewußt. Vielleicht war es eine Notschaltung, die ein Überleben selbst in Sonnenglut ermöglichte... Es mußte so sein, denn Simon hatte überlebt. Und danach nur noch eines gewollt: Zurück in seinen Körper, seinen wirklichen, von Blut, nicht von Elektronen durchströmten Körper!
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Hatte er deshalb keinen Kontakt nach Deluge, keine Verbindung zu seiner Herrin hergestellt? Er wußte es nicht. Er wußte gar nichts mehr, und angesichts der allgegenwärtigen Zerstörung hier unten uferte seine Verwirrung noch mehr aus. Er bedauerte, den nuklearen Orkan überstanden zu haben. Er bedauerte, hierher zurückgekehrt zu sein und sich damit der Illusion beraubt zu haben, eines Tages wieder ein Mensch sein zu können. Sein Körper existierte nicht mehr! Selbst Simons empfindlichste Sensoren konnten ihn nirgends mehr nachweisen! Die Andeutung einer Erklärung fand er erst, als er die Öffnung in der Bodenplatte entdeckte - das Loch, aus dem die verheerenden Energien über die Station hereingebrochen sein mußten. Simon lenkte seinen Robotkörper dorthin und spähte in die Tiefe. Er brauchte kein Licht, um zu erkennen, was sich hier abgespielt hatte. Seine Herrin und er hatten während ihres Aufenthalts nicht einmal in Erwägung gezogen, daß es noch eine Etage unter ihnen geben könnte. Eine weitere, sehr bedeutsame Ebene, die gleichzeitig erklärte, warum diese Station tief unter der Erde - abseits normaler Erreichbarkeit - lag. Dort unten stand ein Ring. Er hatte ungefähr die Größe des kleineren von zwei Ringen identischer Bauart im Industriedom, und zweifellos hatte er sich in Betrieb gefunden, sonst hätte die Rückkopplung nicht eine solche Wirkung erzielen können! Ein Transmitter, dachte Simon benommen. Hier stand die ganze Zeit ein Tor offen...! Aber warum hatte das Cyberhirn ihm das nicht offenbart? Wie viele Tore dieser Art gab es noch auf Hope? Abermals durchsuchte er den Raum, in dem sein Körper zurückgeblieben war, bis in jeden entlegenen Winkel. Auch die Ebene darunter nahm er unter die Lupe. Vergebens. Es gab nicht einmal eine Spur. Simon versuchte keinen Hoffnungsschimmer aufkeimen zu lassen, aber völlig gelang es ihm nicht.
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Was sollte er tun? Kontakt mit der Flotte aufnehmen, mit diesem... Farr? Um vorauszusehen, was dann geschehen würde, dafür bedurfte es keiner allzu großen Phantasie: Er, Simon, würde künftig in der perversesten aller Formen dienen müssen: dem Militär! Und das wollte er nicht, niemals. Und Noreen? Nein, auch sie... niemals wieder! Er spürte der Frage, warum er sich plötzlich so kategorisch gegen sie aussprach, nicht näher nach. Noch nicht. Als er aus der Station zur Oberfläche zurückkehrte, war es bereits dunkel geworden. Am Himmel funkelte ein mächtiges, unlösbares Rätsel, viel gewaltiger noch als die Frage, wer die Mysterious gewesen, woher sie gekommen und wohin sie verschwunden waren. Wer hatte den Kosmos erschaffen? Simon zog Trost aus dieser Frage, die als einzige irgendwann selbst das Ende des Universums überdauern würde. Seine Hülle reflektierte das Licht der Gestirne nicht, als er sich -obwohl stählern - geschmeidig in Bewegung setzte. Er war entschlossen, die Weite dieses, vielleicht die Weite aller Kontinente dieser Welt zu durchstreifen und erst Ruhe zu geben, wenn er es gefunden hatte: Ein Tor, das noch offen war. Oder ein Tor, das er öffnen konnte, um mit einem einzigen Schritt die Grenzen dieses Planeten zu verlassen und vielleicht denen zu folgen, die vor ihm gegangen waren. Tausend Jahre vor ihm. Die Mysterious! Die Geheimnisvollen! Von irgendwo dort oben aus dem Abgrund des Himmels glaubte er ihre Stimmen zu hören - vielleicht auch von irgendwoher tief aus seinem eigenen Innern. Simon öffnete all seine Sinne. Ihn trieb keine Eile. Sein neuer Körper verzieh Zeitverschwendung. Die Ewigkeit nistete darin. Das einzige, was Simon wirklich vermißte, war das Zwitschern von Vögeln, das Zirpen von Grillen... oder
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irgendein ähnliches Geräusch. Das würde er niemals wieder irgendwo finden, taub wie er war. Offenbar, dachte er, hat wirklich alles im Leben — selbst in einem solchen Leben - seinen Preis. Und im Weiterlaufen empfing er plötzlich ein Signal aus weiter Ferne, ein Signal aus der Richtung, in der, vom Ozean umbrandet, Deluge lag. Simon spürte, wie das dortige Intervallum von einer Sekunde auf die andere erlosch. Das konnte nur bedeuten, daß die künstliche Intelligenz, die den Miniweltraum steuerte, zu dem Schluß gekommen war, daß die Gefahr nicht mehr existierte, deretwegen das Intervallum errichtet worden war. Oder daß die Gefahr einen Weg gefunden hatte, das Intervallum lahmzulegen. Seiner ehemaligen Herrin wegen hätte Simon letzteres bedauert...
75. »Die Chronosphäre erlischt nicht! Das ist unmöglich, das widerspricht allem, was wir errechnet haben!« Die Worte wurden hastig hervorgestoßen, so hastig, daß Ren Dhark prompt die Augen wieder öffnete. Obwohl er eben noch geglaubt hatte, den Anblick des Weltraums nicht mehr zu ertragen. Die Wiedergabe auf der Bildwand hatte sich geändert. Opac redete heftig gestikulierend auf andere Skythen ein. Sie waren zutiefst entsetzt, das spürte Dhark trotz ihrer Fremdartigkeit. Und sie waren nahe daran, in Panik zu geraten. »Die G'Loorn greifen an!« Spindelschiffe erschienen im Erfassungsbereich der Optik. Sie feuerten mit allem, was sie aufzubieten hatten. Gleißend hell sprangen die Strahlbahnen von den Schirmen herab, ihr Widerschein brannte sich schmerzhaft in Ren Dharks Netzhäute ein. Die ersten Treffer ließen den Schutzschirm aufflammen.
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Opac floh auf einem Wahnsinnskurs. Andruckkräfte schlugen durch, quetschten Ren Dhark tief in den Sessel. Er spürte, wie sich schier das Fleisch von seinen Knochen lösen wollte - das war beinahe mehr, als ein Mensch ertragen konnte. Opacs Schiff transitierte. Doch Augenblicke später folgten die G'Loorn. Ein neues Gefecht... heftige Einschläge... von irgendwoher das gräßliche Kreischen reißenden Stahls. Abermals eine Transition. Wiedereintritt außerhalb der QUIET ZONE. Der Schutzschirm fiel in sich zusammen, die Bildschirmgalerie erlosch. Sekunden später erstarb das Wimmern der Konverter. »Und nun?« fragte Ren Dhark. Opac starrte ihn ausdruckslos an, seine Fangarme zuckten verhalten. Mit unsicheren Schritten stakte der Skythe näher. Zwischen zwei Greifklauen funkelte ein kleiner, unregelmäßig geformter Kristall. »Nimm das!« herrschte er Dhark an. »Dann wirst du verstehen, was geschieht.« VERGANGENHEIT Todesstille... noch zehn Zeiteinheiten Der Glanz der Sterne wirkte kalt, bedrohlich fast. Wie glühende Facetten standen sie in der holographischen Wiedergabe, verstreut um das Nichts im Zentrum der Galaxis, das als gigantischer Mahlstrom Materie und Licht in sich aufsog. »Optimale Vergrößerung!« Unersättlich riß das Schwarze Loch brodelnde Sonnenmaterie an sich. Sterne, deren Lebenszyklus längst nicht beendet war, starben einen vorzeitigen Tod in den Fesseln der Schwerkraft. Ihr Ende dauerte Jahrzehnte, mitunter Jahrhunderte, doch ihre Masse nährte den Moloch und half ihm, stärker zu werden. ... noch neun Einheiten. Duroms Kieferzangen klickten ungeduldig. Die Berechnungen erwiesen sich sogar im aktuellen Stadium des Übertritts als perfekt. Bald würden den G'Loorn fernste
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Galaxien offenstehen, konnten Spindelschiffe in unbekannte Regionen des Universums ausschwärmen. Die Überwindung gigantischer Distanzen war aber nur ein Aspekt der Forschung. Der andere hieß Energiegewinnung. Es mußte in Kürze möglich sein, das Schwarze Loch im galaktischen Zentrum anzuzapfen. Schon eine Klaue voll seiner Materie hatte mehr Masse als Skythos, die Heimatwelt der G'Loorn. »Die Sonne vor uns besaß zwei Planeten«, wurde von den Ortungen gemeldet. »Sie sind vor Jahren auseinandergebrochen.« »Distanz?« »Eineinhalb Lichtminuten.« Für die KARIMJEN bestand keine Gefahr, mit den Planetenfragmenten in Berührung zu kommen. ... acht. Madenfraß nannten angesehene Physiker die hypothetischen Verbindungen durch Raum und Zeit, die mit zunehmender Massekonzentration eines Black Hole entstanden, sobald die Schwerkraft die Krümmung des Weltraums veränderte. Rechnerische Beweise für solche Behauptungen gab es längst, doch wie so oft, die Praxis hinkte der Theorie hinterher. Jenseits der Schwärze wartete Neuland. Duroms Fangarme zuckten in steigender Erregung. Der Wissensdrang aller G'Loorn war unersättlich. Auch Durom fieberte dem Unbekannten entgegen. Noch vor wenigen Dutzend Sonnenumläufen der Heimatwelt hatten Wissenschaftler ernsthaft behauptet, Schwarze Löcher seien nur gigantische Vernichtungsmaschinen, in deren Sog Raum und Zeit eines fernen Tages endeten. Nichts, was je hinter ihren Ereignishorizont gelangte, käme wieder zum Vorschein, so wie das Licht von der Schwerkraft verzerrt und letztlich verschluckt wurde - Behauptungen, die längst rechnerisch widerlegt waren. »... und Schwärze wird das All erfüllen.« Daß er den alten Sinnspruch gemurmelt hatte, fiel dem Kommandanten erst auf, als er die fragenden Blicke einiger
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Besatzungsmitglieder bemerkte. »Konzentriert euch auf eure Tätigkeit, auf nichts sonst«, sagte er scharf. Noch sechs Zeiteinheiten... Tief im Bauch der KARIMJEN liefen die letzten Energieerzeuger an. Ihre Vibrationen übertrugen sich auf die Außenhülle. Das Schiff war ein Gigant aus Stahl und modernster Technik, ein-tausendsechshundert Meter lang, mit einem größten Durchmesser von sechshundert Metern. Ausgestattet mit den perfektesten Aggregaten und den Raumern aller anderen bekannten galaktischen Völker weit überlegen. Intensiv flackerten die Schutzschirme, als die KARIMJEN eine Zone dichter werdender kosmischer Materie durchquerte. Das Vakuum des Weltraums war längst nicht mehr als solches zu bezeichnen. Obwohl: Ein paar tausend Atome mehr oder weniger, was machte das für einen Unterschied? Duroms Blick erfaßte die Schirmfeldkontrollen und den Zeitmessern. Das um seinen dreieckigen Schädel verlaufende Sehband verlieh ihm Rundumsicht. Aber darüber hatte er sich nie Gedanken gemacht, nicht einmal bei den seltenen Begegnungen mit anderen Intelligenzen. Der Kommandant richtete sich zur vollen Größe auf, die Chitinkrallen seiner Hinterbeine schabten hörbar über den Boden. Während er die Fangarme in einer Geste von Unverständnis eng an den Oberkörper zog, taxierte sein Blick die Zeitanzeige. Angriffslust spiegelte sich in seinem Augenband. Eine kleine Ewigkeit schien zu vergehen, bis die Anzeige sich endlich erneut veränderte. Flog die KARIMJEN schon in relativistischem Bereich? Das hätte bedeutet, daß an Bord nur wenige Einheiten vergingen, während außerhalb die Heimatwelt ihre Sonne wieder und wieder umrundete. Mit einem unwilligen Kieferknacken wischte Durom alle Zweifel beiseite. Selbst wenn es so war, wenn die Zeit für die Besatzung inzwischen langsamer ablief als für jeden
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Beobachter außerhalb des Schiffes - er hätte keine Möglichkeit besessen, die Veränderung an sich festzustellen. Wie lange noch? Er lenkte sich ab, entfernte mit den Kieferzangen einen Pflanzenfaden von den Innendornen seiner Schenkel. Der Faden war längst verdorrt und stammte nur von einem Eistrauch. Wie lange...? Durom verfluchte seine Ungeduld. Ruckartig wandte er den Kopf, die Fühlerstummel vibrierten. Niemand hatte seine Unsicherheit bemerkt. Es gab eine Unzahl von Meßdaten und Statusberichten auszuwerten und die Ergebnisse mit den Hochrechnungen zu vergleichen. Jede Abweichung würde sofort Alarm auslösen. Und das bedeutete möglicherweise den Abbruch des Vorhabens. Aber das zu entscheiden oblag ausschließlich dem Kommandanten. Noch drei Zeiteinheiten... Die Belastungsanzeigen des Schutzschirms sprangen in den Warnbereich. Ein rotes Flackern quoll aus den Wänden, ein Flackern wie... ... die energetischen Gluten im Kernbereich eines Reaktors. Durom sah zwei Techniker scheinbar in Auflösung begriffen. Beginnend von den Brustsegmenten wurde ihr Chitinpanzer farblos, und dann, so schnell, daß sie nicht einmal die Zeit fanden, ihrem Entsetzen Ausdruck zu verleihen, schimmerten ihre pulsierenden Organe durch. Harte Strahlung! Gefährlich genug, die Mannschaft bei lebendem Leibe zu rösten? Abbrechen! hämmerte es unter Duroms Schädeldecke. Doch er stand wie zu Stein erstarrt, war unfähig, die Notfallprogrammierung zu aktivieren. Der Spuk endete so schnell wie er begonnen hatte. Hinter dem Schiff blieb ein zigtausend Pooc breiter Plasmastrom zurück, den das Schwarze Loch einem Roten Riesenstern entriß. Die Sonnenmaterie war optisch kaum auszumachen gewesen.
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Wir stehen über dem Ereignishorizont! durchzuckte es den Kommandanten. Die Schwerkraft wirkt massiv auf Photonen ein. Mit nahezu einem Drittel der Lichtgeschwindigkeit wurde die KARIMJEN in eine spiralförmig enger werdende Umlaufbahn gezwungen. Der Name des Schiffes war Synonym für NEUES LEBEN, ein Begriff, der weit in die Geschichte der G'Loorn zurück reichte. Bis zu jenem Tag, als das erste primitive Raumfahrzeug die Schwerkraft der Heimatwelt überwunden hatte. G'Loorn sein, das bedeutete, einen unstillbaren Drang nach Neuem in sich zu spüren - ein Relikt der Evolution auf einer Welt ohne nennenswerte Wasservorräte. Die G'Loorn der Vorzeit waren Nomaden gewesen, Wanderer auf der Suche nach Nahrung und Wasser, und viele Jahrtausende waren vergangen, bis sie endlich seßhaft geworden waren und begonnen hatten, eine wirkliche Zivilisation zu gründen. Die vorletzte Einheit... Durom ertappte sich bei dem aberwitzigen Gedanken, eine Nottransition einzuleiten, die das Schiff aus dem Sog des Schwerkraftgiganten hinauskatapultieren würde. Aber wirkte nicht die Gravitation bis in den Hyperraum, weil sie die Krümmung des Raum-Zeit-Gefüges radikal veränderte? Vielleicht bedeutete eine Transition das Todesurteil. Zwischen den Konsolen der Ortung entstand ein Hologramm mit mehreren Metern Durchmesser. Die energetische Struktur des Schwarzen Lochs, wie die Hyperraum-Taster sie erfaßten, wurde in vielfältigen Linien abgebildet. Sie verdichteten sich und mündeten in ein gigantisches trichterförmiges Gebilde. Ein Fortsatz wie ein dünner Schlauch wurde sichtbar, dessen jenseitiges Ende jedoch im Nichts verschwunden blieb. »Das ist der Madenfraß«, stieß jemand hervor. »Die Brücke zu anderen Welten.« Gleichzeitig erklang ein gellender Aufschrei... ... und brach auf dem Höhepunkt abrupt ab. Unmittelbar vor dem Überschreiten des Ereignishorizonts
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wurden die noch sichtbaren Sterne zu Strichbahnen. Alles hatten wissenschaftliche Kapazitäten vorherberechnet, jeden Augenblick der Annäherung an das Super Black Hole im Zentrum der Galaxis, sogar den Moment des Übertritts. Aber nun krümmte sich ein Triebwerkstechniker schmerzverzerrt am Boden und niemand vermochte zu sagen, woher das Monstrum gekommen war, das mit knakkenden Kieferzangen über ihm stand. Aus dem Nichts... Der Kommandant richtete beide Fangarme verteidigungsbereit auf, doch das Bild blieb. Es war keine Vorspiegelung überreizter Phantasie, sondern erschreckende Wirklichkeit. Der Techniker begann unkontrolliert um sich zu schlagen, aber gleich darauf wurden seine Gliedmaßen starr, kippte der schmale, dreieckige Kopf zur Seite. Immer noch reagierte keiner der Zentralebesatzung. Die Männer und Frauen waren ebenso entsetzt über das unerwartete Erscheinen des Fremden wie über sein Aussehen. Sie standen einem Monstrum gegenüber, das sie lauernd und verwirrt zugleich anstarrte, und dieses körperlich entstellte Monstrum - war ein G'Loorn. Er produzierte eine Reihe harter, klickender Laute. Keine verständlichen Worte, sondern Ausdruck unsäglicher Qual. Zugleich spannte er die Fangarme an und stellte die Dornen an den Innenseiten auf. »Wer bist du?« brachte Durom endlich hervor. Eine unwirkliche Situation. Der von vorne dreieckige Kopf mit dem Augenband und ebenso die Mundpartie und die kräftigen Kieferzangen waren unverkennbar. Desgleichen der schmale Oberkörper, die Fangarme und der langgestreckte Hinterleib, der nicht nur mit Chitinringen gepanzert war, sondern sogar verkümmerte Flügelrudimente erkennen ließ. Noch heute warf die Frage nach einer Flugfähigkeit der Ur-G'Loorn einen Glaubensdisput unter den Biologen auf. Tentakel hatten sie nie besessen. Der Fremde schon. Unterschiedlich lang, mal mit peitschender Gewalt, mal sanft wie ein Windhauch, befanden sie sich unaufhörlich in
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Bewegung, als führten sie ein seltsames Eigenleben. Und da waren noch andere Veränderungen, Flecken auf den Chitinringen wie von Pflanzenbewuchs. So ungefähr mußte es aussehen, wenn schmarotzende Flora einen Leichnam zersetzte. Bei allen schrecklichen Göttern von Skythos, wann endlich war die letzte Zeiteinheit zu Ende ? Das >Ding< - eine andere Bezeichnung hatte der Kommandant nicht - wandte sich ihm zu. Ein fanatisches Feuer im Blick des Fremden ließ ihn erschauern. Diese Augen sprühten Feuer und Eis und verhießen einen grausamen Tod. Das waren nicht die Augen eines G'Loorn, etwas Fremdes lauerte in ihnen - etwas, das Durom nicht erklären konnte. Glühende Eisen schienen sich durch seine Schädeldecke zu bohren. Er taumelte, riß die Arme empor und preßte die Klauen an den Hinterkopf. So fest, daß die Nägel zwischen den Chitinplatten eindrangen und es warm und klebrig über seinen Nacken rann. Unbeschreibliches breitete sich in seinen Gedanken aus. Eine Sternenpest... Wer bist du? dachte der Kommandant entsetzt. Keine Antwort. Doch das Wühlen unter seiner Schädeldecke wurde deutlicher. Schier unerträglich. Durom taumelte nach vorne. Er tastete nach seiner Waffe, spürte endlich den kühlen Griff des Blasters zwischen den Klauen. Zu spät. Etwas explodierte in ihm. Eine Hitzewelle raste durch seinen Körper, schien jede einzelne Nervenbahn zu verbrennen. Gellend schrie er auf. Auch weil er spürte, daß der Fremde sich an seiner Qual labte, daß er gierig den Schmerz und seine Lebenskraft in sich aufsog. »Töten...«, keuchte der Kommandant. »Ich werde... dich... töten!« Er schaffte es nicht mehr, den Blaster zu heben. Daß seine Klauen sich um den Auslöser verkrampften, war nur eine Reflexbewegung. Der tödliche Glutstrahl brannte eine glühende Lache in den Boden.
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Durom brach in die Knie. Die Glut versengte Teile seines Chitinpanzers. Ich will leben! hörte er eine lautlose Stimme in seinen Gedanken. Die Stimme des Fremden. Alle wollen zurück! Der Kommandant kämpfte gegen die Schmerzen an. Und gegen die beginnende Bewußtlosigkeit. Erkennst du mich nicht, Durom? Sein Blick verschleierte. Er hatte keine Kraft mehr, sich zu konzentrieren. Weil der andere ihm das Leben aus den Knochen saugte. Eine Ewigkeit ist vergangen. Nicht für dich, aber für mich. Und für die anderen. Ich bin Tulka. Wahnsinn. Der innere Schmerz und die Verbrennungen ließen ihn phantasieren. Zweifellos war auch der Einfluß des Schwarzen Lochs daran schuld. Tulka war gerade erst dreißig Planetenumläufe jung, ein vielversprechender Wissenschaftler auf Skythos, der sein Leben noch vor sich hatte. Durom schnellte sich einfach vorwärts. Den Blaster hatte er verloren, aber er würde das Monstrum mit bloßen Krallen angreifen, er Tulka, der niemals wirklich Tulka sein konnte, verwehte wie Nebel. Zugleich erlosch der gierige, unerbittliche Sog, der Durom beinahe innerlich zerrissen hätte. Das Heulen des Alarms schreckte ihn hoch. Der Zeitpunkt Null war erreicht. Warum erst jetzt? Es erschien ihm, als sei der Fremde eine Ewigkeit an Bord gewesen. Die Zeit mutierte im Einflußbereich des Schwarzen Lochs. Das war die einzige plausible Erklärung. Und ohne den Leichnam des Technikers, der keine sichtbaren Verletzungen aufwies, hätte er das Geschehen als Trugbild seiner überreizten Nerven angesehen. Durom reckte den Kopf, als könne er den Alpdruck auf die Weise vertreiben. Die Bildwand begann zu zerfließen. Wie Wachs in sengender Mittagssonne verformte sich der Stahl der Trägerkonstruktion. Eine erste Implosion folgte. In
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erschreckender Deutlichkeit erkannte der Kommandant, wie die Splitter sich zusammenballten und in einem irrlichternden Leuchten verglühten. Alles veränderte sich. Als sei die vermeintliche Realität lediglich die Spiegelung auf der unbewegten Oberfläche eines kleinen Sees gewesen - und als hätte jemand einen Stein hineingeworfen, damit die sich ausbreitenden Wellen das gewohnte Abbild verzerrten. Vor nichts machten sie halt, weder vor den Kommandopulten, noch vor dem Hauptrechner, schon gar nicht vor den G'Loorn selbst. Die eng begrenzte Welt der KARIMJEN war zu einem unbegreiflichen Pulsieren geworden, den peristaltischen Bewegungen eines kranken Organismus gleich. Durom hatte keinen anderen Vergleich, konnte sich auch nicht darauf konzentrieren. Schadensmeldungen aus allen Sektionen des Schiffes trafen ein. Im Bugbereich Vakuumeinbruch Die Sprungtriebwerke ausgefallen. Feuer im Antriebssektor Die Physiker hatten ein phantastisches Schauspiel beim Durchflug durch das Schwarze Loch ausgemalt, eine schwer zu beschreibende Vielfalt neuer Eindrücke und Empfindungen. Keiner von ihnen hatte die zweite Möglichkeit wahrhaben wollen, daß die KARIMJEN dem Schwerkraftgiganten nicht gewachsen sein und zerbrechen würde. Durom spürte keine Panik. Im Gegenteil. Nie zuvor hatte er sich so ruhig gefühlt wie in diesen letzten Augenblicken seines Lebens. Er bedauerte nur, daß er nicht sehen konnte, wie das Schiff von der Gravitation zu einem glühenden Funken zusammengequetscht und Teil der Ewigkeit wurde - bis, in fernster Zukunft, das Schwarze Loch vielleicht ein neues Universum gebar. Die letzten Bildschirme fielen aus, machten es ihm unmöglich zu erkennen, ob die Ortungen noch arbeiteten. Aber was spielte das für eine Rolle? Geisterhafte Erscheinungen huschten vorbei. Vor allem die fast völlige Lautlosigkeit, mit der sich der Untergang vollzog, war erschreckend.
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»Wieviel Energie haben wir noch?« Obwohl er glaubte, aus Leibeskräften zu schreien, hörte Durom seine eigene Stimme nur wie ein Flüstern. Zwei Techniker starrten ihn furchtsam an. Sie begriffen nicht mehr, was er von ihnen erwartete. Irgendwie schaffte Durom das Kunststück, sich durch die psychedelische Umgebung zu schleppen. Die letzten Anzeigen dehnten sich und zogen sich zusammen, pulsierten immer heftiger. Vielleicht, schoß es dem Kommandanten durch den Sinn, ist der Bug schon in den Madenfraß eingedrungen. Vielleicht werden wir wirklich eine Nachbargalaxis erreichen Die Luft erschien ihm wie flüssiges Blei, sie verklebte die Tracheen und ließ ihn qualvoll nach Atem ringen. Noch vierzig Prozent Energie. Das Speichervolumen nahm rasend schnell ab. Durom leitete alle Energien auf die Hyperfunkantennen um. Seine hastig und halb erstickt hervorgestoßenen Erklärungen und seine gespeicherten Aufzeichnungen wurden als ultrakurzer Impuls abgestrahlt. Die Physiker mußten erfahren, was mit dem Schiff geschah. Damit sie eine zweite Expedition besser ausrüsten konnten. Der letzte Gedanke des Kommandanten galt Tulka. Und plötzlich glaubte er zu wissen, daß sein Funkspruch das Ziel erreichte. Hatte Tulka daraufhin versucht, die Mannschaft der KARIMJEN zu warnen? Obwohl er nicht als Jüngling erschienen war, sondern wie ein alter Mann am Ende eines langen und beschwerlichen Lebenswegs. Und die körperlichen Veränderungen? Was war mit ihm geschehen? Verfluchtes Black Hole! Mit aller Kraft, deren er noch fähig war, schlug Durom sich die Fangarme vor die Brust. Er spürte kaum, daß die kantigen Dornen die Chitinplatten durchdrangen und seine Organe verletzten. Ein schwarzer Blitz löschte seine Wahrnehmungen aus. Irritiert drehte Ren Dhark den Speicherkristall zwischen den Fingern seiner rechten Hand. So unscheinbar das
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halbtransparente Gebilde auch wirkte, so viel Macht steckte in ihm. Dhark waren nicht nur Bilder übermittelt worden, sondern zugleich Empfindungen. Entsprechend verwirrt reagierte er. Die fremdartigen Gefühle waren kaum mit menschlichen Regungen zu vergleichen, dennoch hatte er sie unbewußt umgesetzt, für sich interpretiert sozusagen, um das Gespeicherte besser zu verstehen. Aber bedeutete besser auch richtig? Die G'Loorn waren Insektenabkömmlinge. Auf ihrer Welt hatten sie sich durchgesetzt. Auf der Erde war der Mensch im Kampf der Evolution erfolgreich gewesen. Doch das hieß nicht, daß dieser Kampf auch weiterhin ausgetragen werden mußte. »Wir könnten in Frieden miteinander leben«, murmelte Ren Dhark, mehr im Selbstgespräch als für den Skythen bestimmt. »Warum versuchen intelligente Wesen immer wieder, andere auszubeuten und ihnen ihren Willen aufzuzwingen?« Opac bedachte ihn mit einem matten Blick. Seine mehrgliedrigen Fangarme hingen schlaff herab. Momentan war er zur Tatenlosigkeit verurteilt. Seit mehr als dreißig Minuten trieb das Zylinderschiff des Skythen antriebslos durch den Normalraum außerhalb der Chronosphäre. Bis auf die Lebenserhaltungsfunktionen und ein schwaches Prallfeld im Bugbereich hatte Opac alle Energieverbraucher abgeschaltet. Die Verfolger in den Spindelschiffen hatten die Spur verloren und so sollte es auch bleiben. Kein Funkspruch verließ die Antennen, um andere Skythen oder gar die POINT OF herbeizurufen. Auch die Bildschirme waren deaktiviert. Sie hatten zuletzt nur die Black Hole-Schale gezeigt, die das galaktische Zentrum umgab. Umgeben hatte, verbesserte Ren Dhark sich sofort. Nach dem erfolgreichen Angriff der Skythen auf die Steuerstationen hatten die Schwarzen Löcher sich aufgelöst. Der unheimliche Vorgang hatte zweifelsfrei bewiesen, daß die Black Hole-Schale nicht natürlich
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entstanden war. Intelligenzen mit unglaublich hohem technischen Standard hatten sich ein Denkmal gesetzt. Dereinst würden dort, wo jetzt noch lichtlose Lücken im Sternenmeer des Milchstraßenzentrums zu sehen waren, wieder Sterne funkeln. Mit spitzen Klauen und einer Bewegung, die Müdigkeit ausdrückte, nahm Opac den Kristall aus Dharks Hand. »Die Geschichte der KARIMJEN war nur der Anfang einer verhängnisvollen Entwicklung«, erklärte der Skythe. »Du wirst erkennen, daß wir keine Verbrecher und Mörder sind. Mitunter kann das Schicksal grausam sein.« Ren Dhark dachte an Hope. Cattan, die Stadt, die er mit dem Begriff Hoffnung für die Menschheit gleichsetzte, war im Feuer eines einzigen Spindelraumers ausgelöscht worden. Freunde waren in Cattan eines schrecklichen Todes gestorben. Männer, Frauen und Kinder. Und die Bestien, die dieses Verbrechen begangen hatten, sollten selbst Opfer eines schlimmen Schicksals sein? Dhark ballte die Fäuste. Das zu glauben fiel ihm schwer. Am liebsten hätte er mit der POINT OF einen Rachefeldzug begonnen Dann bin ich nicht besser als die G'Loorn, wies er sich selbst in die Schranken. Natürlich würde er das nicht tun. Weil er das Leben achtete. Doch Gedanken wie diese wirkten befreiend, sie waren wie ein Ventil, das der eigenen angestauten Aggressivität die Kraft nahm. Und sie stimmten versöhnlicher. Die G'Loorn hatten mit der ungebändigten Natur der Black Holes experimentiert. Das war aus Duroms Reflexionen unmißverständlich hervorgegangen. Das warf aber auch unzählige Fragen auf. Ren Dhark behielt sie noch für sich, weil er überzeugt war, daß der Skythe ihm die Antworten ohnehin von selbst geben würde. Auch die Menschheit war im Begriff gewesen, ähnliche Forschungen zu betreiben. Schon lange vor dem Start der GALAXIS und ihrer Kolonisten war das Phänomen der Überlichtgeschwindigkeit in sogenannten Tunnelexperimenten mit Mikrowellen und Lichtteilchen nachgewiesen worden. Und damit auch die theoretische
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Möglichkeit einer Kommunikation mit der Vergangenheit, die letztlich aber an den gigantischen Energiemengen scheitern mußte, die benötigt wurden, um Signale über größere Distanzen zu tunneln. Wem es aber gelang, Schwarze Löcher als Lieferanten dieser Energie nutzbar zu machen... »Die Spindelschiffe werden kommen«, behauptete Opac. »Wenn nicht schon in den nächsten Stunden, dann morgen oder übermorgen. Die G'Loorn werden zumindest versuchen, uns zu töten.« Ren Dhark konnte nicht erkennen, ob Opac in Selbstmitleid ertrank oder einfach nur einem gefährlichen Fatalismus nachgab. »Worauf wartest du dann noch?« herrschte er den Skythen heftiger an als beabsichtigt. »Nimm ihnen die Arbeit ab! Flieg dein Schiff in die nächste Sonne!« »Du verstehst mich nicht.« Dhark biß sich auf die Zunge. Opac hatte längst bewiesen, auf welcher Seite er stand. Er würde bestimmt nicht zögern, den G'Loorn erneut die Stirn zu bieten, falls ihre Spindeln in der Nähe materialisierten, wenige Lichtjahre von der Chronosphäre entfernt, die nach wie vor Bestand hatte. Der Skythe legte ihm einen zweiten Speicherkristall auf die Handfläche. »Nutze die Zeit, die uns bleibt, und versuche, mein Volk zu verstehen. Nur darum ersuche ich dich.« VERGANGENHEIT Entwicklungen »Fünf Raumschiffe haben wir verloren und ich behaupte, daß sie durch den Madenfraß keine andere Galaxis erreicht haben. - Diese Schiffe wurden vernichtet!« Jedes Wort begleitete der Physiker mit einem harten Klicken seiner Kieferzangen. Seine Erregung wurde darin offenbar, aber auch seine vermeintliche Überlegenheit. Er stellte das Lehrwissen in Frage und scheute nicht davor zurück, unbequeme Wege zu gehen. Der junge G'Loorn war eine Zangenlänge größer als viele der Anwesenden. Zudem wirkte sein Hinterleib kräftiger, die Fangarme waren muskulöser, und wenn er sie, um
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Aufmerksamkeit heischend, an den Körper zog, entstand ein unüberhörbares Schaben der Chitinplatten, ein Geräusch der Stärke und Ausdruck eines unbeugsamen Willens. Aus rötlich schimmernden Augen starrte er die versammelte wissenschaftliche Elite der G'Loorn an. »Du stellst Thesen auf, Tulka, die nur Vermutungen wiedergeben.« Ein uralter G'Loorn, dessen Körper längst fleckig geworden und bläulich verfärbt war, bahnte sich einen Weg durch die Umstehenden. Er redete stockend, und Verdauungssekret tropfte von seinen Zangen. »Aber warum?« stieß er hart hervor. »Doch nur, weil Durom in beginnender geistiger Störung behauptet hat, ein G'Loorn namens Tulka sei aus dem Nichts heraus an Bord der KARIMJEN erschienen.« »Vielleicht eine Zeitverschiebung -« Der aufbrandende Lärm war ohrenbetäubend. Viele trommelten gegen ihre Panzerung, um Unmut zu bekunden. »Möglicherweise hat Durom gelogen. Ich ziehe ein Komplott in Erwägung, mit dem er dir zu Ansehen verhelfen wollte.« Der Alte stand nun in Reichweite vor Tulka. Sein Dreiecksschädel pendelte langsam hin und her. Er kaute auf einem Stück Eistrauchrinde, das ihm Mut und Kraft verleihen sollte. Tatsächlich war die positive Wirkung pflanzlicher Enzyme längst analysiert und nachgewiesen. Viele sahen in Tulka einen unliebsamen Konkurrenten. Er war jung, von gutem Wuchs und hochintelligent. Je höher ein Mann aufstieg, desto williger standen ihm Frauen für die Befruchtung zur Verfügung. Selbst ohne den Einsatz körpereigener Pheromone. Nur die Besten gaben ihre Gene vielfach weiter. »Ich habe es nicht nötig, meine Macht mit unlauteren Mitteln zu erkaufen!« rief Tulka empört. »Ich verfüge über Wissen, das viele von euch sich noch immer nicht aneignen konnten. Wer behauptet, daß ich nicht eines Tages den Weg finden werde, die Kräfte des Schwarzen Lochs für uns nutzbar zu machen und in die Vergangenheit zu reisen? Der Alte sprang ihn an, schaffte trotz seiner morschen
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Panzerung das Kunststück, Tulka von den Hinterbeinen zu reißen. Ineinander verkrallt rollten sie über den Boden. Der Physiker hatte sein Gegenüber unterschätzt. Das wurde ihm schmerzhaft klar, als die Schenkeldornen des Angreifers gegen seine Stigmen krachten. Alle anderen bildeten einen Kreis - wie immer, wenn G'Loorn Meinungsverschiedenheiten im Zweikampf austrugen. Erste Anfeuerungsrufe galten dem Alten, der offensichtlich die Sympathien auf seiner Seite hatte. Tulka begriff, daß er sich erst bewähren mußte, daß er zu schnell und zu kompromißlos versucht hatte, seine Sicht der Dinge durchzusetzen. Seit dem Tag, an dem Duroms Aufzeichnung empfangen worden war, gab es für ihn keine Zweifel, daß die Black Hole-Forschung von Erfolg gekrönt sein würde. Was immer mit seinem Körper geschehen sein mochte, ihn interessierten nicht mehr Gegenwart oder Vergangenheit, nur noch die Zukunft. Sie mußte wahrhaft Grandioses bereithalten. Sechs Gliedmaßen umklammerten ihn mit einer Kraft, die er dem Alten nicht mehr zugetraut hätte. Sein Gegner wußte, wo Nervenbahnen unter den Chitinplatten endeten und wo er mit einem geschickten Griff ansetzen mußte, um die Muskulatur zu lahmen. Tulkas Beißzangen zuckten ins Leere, weil der Widersacher seinen Nacken umklammerte, beide Fangarme zusammenpreßte und damit die zum Gehirn führenden Nervenstränge blockierte. Die Folge war ein Nachlassen der Orientierungsfähigkeit, die rasch zu Bewußtlosigkeit und Tod führen mußten. G'Loorn wurden nach einer solchen Blockade zu zuckenden, torkelnden Kreaturen, die bald mit allen Anzeichen von Erschöpfung zusammenbrachen und starben. Der Alte zerrte den Nackenpanzer auseinander... Irgendwie schaffte Tulka das Kunststück, aus der Rückenlage heraus mit den Fangarmen zuzustoßen. Für die Dauer eines erschreckten Herzschlags fürchtete er, sein Nacken würde brechen, doch endlich lösten sich die Klauen des Gegners, den die späte Gegenwehr überraschte.
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Tulka setzte nach. Das Rauschen des Blutes in seinem Schädel vermischte sich mit einem harten Knacken zwischen den Schultern. Er trat, biß und schlug um sich und spürte, daß die Zangen des Alten ihm blutende Wunden rissen. Ein solcher Kampf konnte nur einen Sieger haben. Das war Tradition. Obwohl G'Loorn ihresgleichen achteten und Verbrechen gegen Leben und Gesundheit seit Generationen nicht mehr vorkamen, floß bei Zweikämpfen Blut. Häufig endeten sie sogar mit dem Tod eines der Kontrahenten. REFLEXIONEN: Die Geschichtsschreibung verriet, daß es eine Zeit gegeben hatte, in der Heerscharen von G'Loorn mit primitiven Waffen übereinander hergefallen waren. Sie hatten um Wasservorräte gekämpft, oder einfach nur um fruchtbares Land, und jedes Jahr waren Zigtausend toter Körper in der sengenden Hitze verdorrt. Bis ein vorbeiziehender Komet Skythos aus seiner Bahn geworfen und der Sonne nähergebracht hatte. Damals, am Ende einer langen Schlacht um den verlandenden Großen See, waren für das Volk Sterne noch Götter gewesen, und die Überlebenden hatten die Zeichen auf ihre Weise gedeutet und Frieden geschlossen. Entscheidungen waren seitdem nur im Kampf Mann gegen Mann gefällt worden. Zu der Zeit hatte die Blüte der Wissenschaften begonnen. G'Loorn konnten nicht tatenlos sein, sie brauchten eine Aufgabe und ein Ziel, egal ob diese wie früher selbstzerstörerisch waren oder nun der Sicherung der eigenen Existenz galten. Die Oberfläche ihrer Welt war endgültig zur Wüste geworden. Viele Generationen darbten in der flirrenden Hitze von Skythos, in der die Eisträucher unaufhaltsam ihr Grün verloren und die daher der Grund war, daß immer weniger G'Loorn geboren wurden. Die ersten Raumschiffe verließen den Planeten. Wenige Umläufe später existierten schon Stationen auf anderen Welten des Systems, aber keine bot den Insektenabkömmlingen einen verträglichen Lebensraum. Und obwohl die Sonnen in der
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Zentrumsregion der Galaxis dicht standen, gelang es noch nicht, andere Systeme zu erreichen. Also konzentrierten die G'Loorn sich darauf, Skythos zu retten. Sie schufen Überlebenskuppeln, in denen Hitze und Strahlung abgeschirmt wurden, und bald wirkten weite Landstriche wie ein im Sturm erstarrter gläserner See. Der große Plan wurde jedoch nie vergessen: Skythos in die angestammte Umlaufbahn zurückzubringen, sogar noch ein Stück darüber hinaus, in eine Zone, die sorgenfreies Leben erhoffen ließ. Riesige Stationen entstanden in der Umlaufbahn des Planeten. Ihre Energie zapften sie der Sonne ab. Künstliche Schwerkraftfelder wurden vom Zentralgestirn und seinen unerschöpflichen atomaren Gluten gespeist. Der erste Erfolg war eine stärkere Neigung der Polachse von Skythos. Auf dem Planeten hielten Jahreszeiten Einzug, die in dieser Ausprägung nie zuvor bekannt gewesen waren. Zum erstenmal fiel Schnee, auch wenn er sehr schnell wieder Wasser wurde. Die Wissenschaftler hatten alles das vorausberechnet. Ihr Ansehen stieg sprunghaft. Langsam driftete Skythos von der Sonne fort. Das Klima wurde kühler, fruchtbares Land entstand im Laufe von Jahrtausenden, umgeformt und bearbeitet von Maschinen, die ihre Energie ebenfalls aus der Sonne bezogen. Die angestammte Umlaufbahn des Planeten war erreicht... Niemand gab sich damit zufrieden. Noch dreißig Millionen Pooc mehr Distanz zur Sonne. Skythos wurde zum blühenden Paradies. Der Not folgend war die Bevölkerungszahl über Jahrtausende hinweg nahezu konstant geblieben, nun erfuhr sie einen raschen Aufschwung. Viele Eisträucher erstickten schier unter der Last der Gelege. Bald lebten auf Skythos mehr G'Loorn als jemals zuvor. Und wieder suchten die Wissenschaftler nach einem Ausweg und fanden den Hyperraumantrieb, mit dem ihre Spindelschiffe nahezu zeitlos von Sonne zu Sonne eilen konnten. Sie begegneten fremden Völkern, deren Aussehen plumper war, als sie es sich jemals ausgemalt hätten, Wesen mit
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runden Köpfen und winzigen Augen, mit nur vier kurzen Gliedmaßen, mit denen sie unmöglich richtig zupacken konnten. Einige dieser Völker versuchten sich den G'Loorn anzubiedern, waren aber nicht bereit, selbst von ihrem Wissen abzugeben, sondern wollten nur nehmen. Andere eröffneten sofort das Feuer auf die Spindelschiffe, als gehörte ihnen das alleinige Anrecht auf die Sterne dieser Galaxis. Jahrhunderte der Kriege hinterließen verbrannte Welten. Die schrecklichen Kämpfe endeten erst, als die G'Loorn zwei Sonnen in Supernovae verwandelten und die Hauptwelten ihrer Gegner vernichteten. Von da an wurden sie nicht nur gefürchtet und gemieden. Haß auf die G'Loorn bestimmte das Verhalten der übrigen Völker. Weil die Insektoiden anders waren. Bei den G'Loorn wurde die Sehnsucht nach fernen Sterneninseln geboren. Und damit der Wunsch nach immer größeren technischen Leistungen, die den Sprung dorthin ermöglichen sollten. Die Dornen seiner Fangarme verharrten über dem Chitinpanzer des Alten. Eine Verwünschung ausstoßend, richtete Tulka sich auf und stieg über den besiegten Gegner hinweg. Er demütigte ihn lediglich, indem er mit den Krallen der Laufbeine über seinen Panzer kratzte, doch er tötete ihn nicht. »Ich werde kein Blut vergießen!« stieß er knarrend hervor. »Weder das dieses gefleckten Narren, noch eines von euch, denn manchmal fürchte ich, wir haben den Blick für das Wesentliche verloren. Wir sollten nicht im Zweikampf mit unseresgleichen die Herausforderung suchen, sondern im Kampf mit dem Schwarzen Loch.« »Bisher haben wir fünf Schiffe verloren.« »Jeder Krieg bringt größere Verluste.« »Du bist besessen, Tulka.« »Und wenn es so wäre? Was ist daran verwerflich?« »Seit Duroms Bericht hast du dich verändert. Deine Sachlichkeit ist seltsamen Emotionen gewichen.« Tulka vollführte eine heftig abwehrende Bewegung. »Ich will herausfinden, was daran wahr ist.« »Dann glaubst du nicht, daß die KARIMJEN und die
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anderen Schiffe wirklich zerstört wurden?« »Davon bin ich sogar überzeugt. Aber ich glaube, daß es uns eines Tages möglich sein wird, die Vergangenheit zu erschließen und zu verhindern, daß diese Spindeln in den Untergang fliegen.« Ren Dhark schreckte wie aus einem Alptraum auf, er blinzelte in das Halbdunkel der Zentrale und hatte Mühe, sich zurechtzufinden. Ungeheuer intensiv hatte er den Inhalt des zweiten Speicherkristalls empfunden, als wäre er selbst in das Geschehen integriert gewesen. Opac kauerte in dem auf seine Körperformen zugeschnittenen skurrilen Sessel und schien ihn durchdringend zu mustern. Er weidet sich an meiner Ungewißheit, schoß es Dhark durch den Sinn. Er ist ebenso ein Seelenfresser wie die anderen. Doch genau das durfte er sich nicht einreden. Opac hatte längst seine ehrliche Gesinnung bewiesen. Sein Aussehen war zweitrangig, obwohl es noch vor wenigen Jahren bei Menschen Panikattacken ausgelöst hätte. Ein Hybridwesen. Teile des Chitinpanzers waren durch pflanzliche Komponenten ersetzt, ebenso bestanden die medusenartigen Tentakel nicht aus Fleisch und Blut. Sie starrten sich an. Schweigend. Abschätzend. Wesen verschiedener Welten. Im Hintergrund der Zentrale erklang ein verhaltenes Klicken. Opac legte den Kopf schief, seine Zangen öffneten und schlössen sich mehrmals hintereinander. Das Geräusch wiederholte sich, wurde lauter und, wie es schien, hektischer. »Keine Gefahr«, erklärte der Skythe endlich. »Die Passivortung registriert Hypersprünge in größerer Distanz. Sie gelten nicht uns.« »Trotzdem solltest du einen Fluchtkurs programmieren.« Opac ging nicht darauf ein. »Sobald dein Geist mit Angstgefühlen auf die mentale Wiedergabe reagiert, müssen wir abbrechen«, sagte er statt dessen warnend. »Ich habe schon Wesen gesehen, die dem Wahnsinn verfielen. - Nein, keine Sorge«, fügte er hinzu,
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als Dhark den Kristall mit spitzen Fingern von seiner Handfläche hob, »sobald der Inhalt auf dich übergegangen ist, besteht keine Gefahr mehr.« »Besten Dank für die Fürsorge«, konnte Dhark sich nicht verkneifen. Leider verstand sein Gegenüber die feine Ironie nicht. Ren Dhark fühlte sich ausgelaugt. Was er über den Speicherkristall erfahren hatte, war ihm im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut gefahren. Der zweite Bericht mehr noch als der Untergang der KARIMJEN im Super Black Hole. Vielleicht potenzierte sich die Wirkung. Was wußte er denn schon von der Technik der G'Loorn? Ein Blick auf das Armbandchronometer verriet ihm, daß mehr als vierzig Minuten vergangen waren. Dabei hätte er schwören können, daß es nur wenige Augenblicke gewesen waren. Kein Wunder, daß er sich matt fühlte, beinahe zerschlagen. Die leeren Bildschirmflächen glotzten ihn an. Du bist gefangen, schienen sie zu wispern. Du wirst umkommen, wenn du nichts unternimmst. Schwankend kam er auf die Beine, machte zaghaft einen Schritt in Richtung Hauptkontrollpult. Er fühlte sich wie in Trance und glaubte plötzlich, wieder Tulkas Stimme zu hören. Ruckartig fuhr er herum, aber da war niemand hinter ihm, nur Opac, der ihn abschätzend musterte. Mit zitternden Fingern legte er den Speicherkristall auf das Pult und atmete tief durch. »Wie lange wollen wir das Spiel treiben?« »Bis die G'Loorn ihre Suche nach uns aufgegeben haben«, antwortete Opac. »Das kann einige Tage deiner Zeitrechnung dauern.« »Sie werden uns vorher aufspüren.« »Das ist möglich.« Dhark fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht. »Dann verstehe ich nicht, warum wir seelenruhig abwarten, bis die Spindeln kommen«, sagte er. »Mit zwei oder drei weiteren Transitionen könnten wir uns in den Ortungsschutz einer Sonne zurückziehen. Oder wir finden die POINT OF und...«
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Opac spreizte die Fangarme ab, eine Geste, die ihn verletzlich erscheinen ließ und die wohl ein Äquivalent menschlichen Bedauerns ausdrückte. »Wir sind nicht in der Lage, unsere Position wesentlich zu verändern«, gestand er endlich ein, was er bislang verschwiegen hatte. »Das Antriebssystem wurde während des Gefechts beschädigt und bedarf der Regeneration. Jeder Versuch eines Hypersprungs würde uns in der momentanen Situation den Tod bringen.« Dhark glaubte, sich verhört zu haben. »Sag das noch einmal!« stieß er ungläubig hervor, fügte aber sofort hinzu, als Opac tatsächlich Anstalten machte, den Satz zu wiederholen: »Nein, laß es lieber. Ich habe schon verstanden. Wir hängen also hilflos zwischen den Sternen und können nur beten, daß die G'Loorn uns nicht zufällig in die Ortung bekommen. Wir sollten längst mit den Reparaturen begonnen haben, aber du zeigst mir die Geschichte deines Volkes...« Er schüttelte den Kopf. »Heraus mit der Wahrheit, Opac. Wie groß sind die Schäden? Ich pfeife auf die Funkstille, wenn wir trotzdem keine Chance haben, von hier wegzukommen.« »In drei Stunden wird das Schiff wieder voll einsatzbereit sein«, behauptete der Skythe. »Ich habe niemanden gesehen, der Reparaturarbeiten durchführen könnte.« »Solche Kleinigkeiten erledigt das Schiff selbsttätig.« Opac nahm den Speicherkristall wieder an sich. »Wir haben nicht viele Kopien«, sagte er. »Sie sind kostbar und das einzige Andenken an unsere Vergangenheit. Eine Million Jahre deiner Zeitrechnung ist das her. Ich kann mich noch entsinnen, daß viel von Tulka und Durom in den Medien gesprochen wurde, als ich jung war.« Ren Dhark riß die Augen auf und starrte den Skythen ungläubig an. Seine Gedanken überschlugen sich, ihm brannten plötzlich unsagbar viele Fragen auf den Lippen. Aber er sprach keine davon aus. Eine Million Jahre... ? Die Zahl war schier unglaublich. »Wenn wir schon gezwungen sind, die Zeit totzuschlagen, kannst du mir genausogut den nächsten Kristall geben.«
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»Die Zeit totschlagen?« fragte Opac verständnislos. »So sagt man bei uns: Manche schlagen die Zeit tot, bis sie sich revanchiert.« Diesmal verstand der Skythe. »Das tut sie - selbst wenn es eine kleine Ewigkeit dauert«, fügte er hinzu. Zehn Planetenumläufe nach dem Sturz der KARIMJEN in das Super Black Hole im galaktischen Zentrum feierte Tulka Triumphe. Mit Ausdauer, Zähigkeit und Intuition hatte er es geschafft, sich an die Spitze eines Heeres von Wissenschaftlern aller Fachrichtungen emporzuarbeiten. Seine Thesen wurden anerkannt, seit es nachweislich gelungen war, ein unbemanntes Raumfahrzeug hinter den Ereignishorizont des Schwarzen Lochs zu schicken. Die Sonde hatte eine Unmenge Daten geliefert, deren Auswertung noch Jahre dauern würde. Die einseitige überlichtschnelle Funkverbindung war allerdings im Moment des vermutlichen Eintritts in den Madenfraß abgebrochen. Obwohl die Sonde nur zehn Meter lang gewesen war, bei einem größten Durchmesser von dreieinhalb Metern, war eine unvorstellbar hohe Energiemenge nötig gewesen, sie gegen die Einflüsse des Schwarzen Lochs abzuschirmen. Tulkas Berechnungen wurden von den besten Computern der G'Loorn bestätigt. Größere Schiffe, die durch das Black Hole und den Madenfraß ferne Galaxien erreichen sollten, würden nicht nur ein Mehrfaches dieser Energien aufwenden müssen, um sich mit einer stabilen Raumzone zu umgeben, sondern der Aufwand potenzierte sich rasend schnell. »Speicheraggregate der erforderlichen Dimensionierung mitzuführen ist unmöglich«, verkündete der Physiker. »Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, daß wir das Schwarze Loch selbst anzapfen.« Hatten die G'Loorn bisher nur einen Bereich von hundert Lichtjahren rund um ihre Heimatsonne als ureigenes Gebiet beansprucht, so okkupierten sie nun endgültig den Zentrumsbereich der Galaxis. Die ersten Versuche, dem Super Black Hole Energien zu entziehen, endeten in Katastrophen. Aber für jeden
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getöteten G'Loorn rückten zwei junge nach, die eine unwiederbringliche Gelegenheit zur Profilierung sahen. Zapfpole und Speicherbänke nur auf Raumschiffen zu installieren, erwies sich im Laufe weniger Jahre als unmöglich. Unvorhergesehene Wechselwirkungen machten aus etlichen Schiffen in Sekundenschnelle lodernde Sonnen. Deshalb wurde der Bau einer wahrhaft gigantischen Station begonnen, deren Zapfanlagen ausreichend dimensioniert werden konnten. Wandlerbänke und Schirmfeldgeneratoren standen dann endlich im richtigen Verhältnis. Diese Station war jahrzehntelang die riesigste Baustelle, die intelligente Wesen jemals errichtet hatten. Schwerkraftfeldern kam der Part der Stabilisierung zu, deshalb konnten Maschinenhallen mit Hunderten von Pooc Spannweite errichtet werden. Tausende Raumschiffe flogen unermüdlich Aggregate und Rohstoffe herbei, und aus dem anfangs bizarren Gebilde ohne erkennbare geometrische Form wuchs allmählich eine perfekte Kugel. Ihr Durchmesser war der eines kleinen Planeten. Tulka verbrachte sein halbes Leben damit, die Baustelle der Super-Black Hole-Station zu beaufsichtigen und seine Forschungen zu Ende zu führen. In wenig mehr als einem Lichtjahr Distanz zum Schwarzen Loch gelangen ihm tiefgreifendere Messungen als jemals zuvor. Ren Dharks Puls hatte sich beschleunigt, alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er keuchte unter einem plötzlichen Erstickungsanfall, hielt aber weiterhin die linke Hand um den Speicherkristall verkrampft, und der Schweiß rann ihm in Strömen übers Gesicht. Sein Keuchen wurde zum dumpfen Wimmern. Was Opac zu ihm sagte, registrierte er nicht. Vergeblich versuchte er, die Finger vom Kristall zu lösen. Seine Lippen öffneten sich zu einem stummen Aufschrei. Dann ein zitterndes Aufbäumen. Ren Dharks Augen starrten blicklos ins Leere. Opac schnellte nach vorne, fegte Ren Dhark mit einem
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wuchtigen Schlag aus dem Sessel. Der Terraner versuchte zwar noch, sich abzufangen, reagierte aber viel zu langsam. Opac stieß eine Reihe gurgelnder Laute aus und versuchte hastig, Dharks Finger aufzubiegen. Daß er den Terraner verletzte, beachtete er nicht. Blut floß, als er endlich mit seinen Krallen den Kristall zu fassen bekam. Die Ungewißheit fraß ihn auf. Sie ließ ihn nicht zur Ruhe kommen und zwang ihn, sich selbst zu hassen. Viel zu lange hatte er nur zwischen Zahlen und Experimenten gelebt und dabei versäumt, für Nachkommen zu sorgen. Nun war es zu spät. Seit einigen Tagen wußte er, daß die Strahlung des Black Hole seine Keimdrüsen geschädigt hatte. Er war zum Aussätzigen geworden, der sein Volk verlassen mußte, um in der Einsamkeit den Tod zu suchen. Immer wieder gab es von der Natur benachteiligte G'Loorn, die keine Nachkommen zeugen konnten. Sie verschwanden wortlos und suchten den Tod, weil die Ehre sie dazu verpflichtete. Doch Tulka fürchtete, Erkenntnisse zu versäumen, den Sinn nicht mehr zu ergründen, dem er sein Leben lang nachgejagt war. Wenn er tat, was die Ehre der G'Loorn von ihm forderte, würde er nie an Bord der KARIMJEN erscheinen. Deshalb blieb er und vergrub sich vollends in seine Forschungen. Er wurde schwächer, anfälliger für Krankheiten, doch tief in ihm brannte ein fanatisches Feuer. Innerhalb weniger Jahre alterte Tulka sichtbar. Das war die Zeit, in der die planetengroße Station vollendet wurde. Etwas lief falsch. Wenn der Physiker, von häufiger auftretenden Schwächeanfällen heimgesucht, die umfangreichen Formeln studierte, hatte er das untrügliche Empfinden, Wichtiges übersehen zu haben Seine Kieferzangen schnappten nach einem imaginären Gegner. Vor seinem inneren Auge erschien ein flüchtiges Konglomerat von Zahlen, er hatte sie oft gesehen in den letzten Tagen, aber in dem Moment erschienen sie ihm nicht mehr wie ein vertrautes Bild. Ein Fehler in den Gravitationsgleichungen. Eine einzige
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Potenz... Tulka stockte der Atem, als ihm bewußt wurde, welche Konsequenz der Fehler haben konnte: deutlichen Einfluß auf das Schwerefeld der Milchstraße. Der Energieabzug würde auf den Madenfraß einwirken und dessen Konstanten verändern, und dann... Die Erkenntnis ließ ihn taumeln. »Stoppen!« brüllte er über Funk. »Alle Vorbereitungen abbrechen!« Ein instabiles Super Black Hole im galaktischen Zentrum würde nicht nur einige hundert Lichtjahre weit zu spüren sein. »Stoppen!« keuchte Ren Dhark. »Alle Vorbereitungen abbrechen!« Er schlug um sich, kämpfte gegen einen unsichtbaren Gegner, aber dann schlössen sich kräftige Klauen um seine Handgelenke und hielten ihn unnachgiebig fest. Verzweifelt bäumte er sich auf... ... und von einer Sekunde zur anderen war alles wieder normal. Etwas Fremdes zerbrach in ihm. Dhark blickte in die starren Gesichtszüge einer riesigen Gottesanbeterin. Er stieß Laute aus, die seinen Stimmbändern schmerzten, wie sie nie zuvor ein Mensch hervorgebracht hatte - Laute, die anderen befahlen, aufzuhören, die... Welchen anderen ? Er kam nicht frei. Der Griff an seinen Gelenken blieb eisern. »Du mußt zu dir zurückfinden!« herrschte Opac ihn an. »Erinnere dich, wer du bist, Ren Dhark, oder du wirst nie wieder du selbst sein!« Er schloß die Augen. Nur kurz ausruhen, dahintreiben in Zeit und Raum... »Laß dich nicht gehen! Du bist zu schwach...« Bilder brachen in ihm auf. Unheimlich und bedrückend. Es waren fremde Bilder, fremde Emotionen. Ich werde nie Nachkommen haben. Niemand darf es erfahren, nicht heute jedenfalls und nicht morgen. Andere Szenen dazwischen. Ein blauer Planet, der in der
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Schwärze des Alls verschwand. Übergangslos eine neue Welt, zwei Sonnen am Himmel, ein Höhlensystem. Ein Raumschiff, ringförmig. »Ich...« Sein Widerstand gegen die Klauen an seinen Handgelenken erlahmte. »Ich bin... nicht Tulka.« Die Benommenheit wich nur langsam, so nahe war er Tulka gewesen oder Tulka ihm. Ohne es zu wollen, war er mit der Psyche des G'Loorn verschmolzen, war eins mit dem Physiker geworden und hatte dessen Leben nachgelebt. Immer noch schien sich die Zentrale des Zylinderschiffs um ihn herum zu drehen. Ihm war übel, er vergrub das Gesicht in den Händen und massierte mit den Fingerspitzen seine Schläfen. »Ich weiß nicht..., ob ich noch einmal... einen Speicherkristall in die Hand nehmen werde«, brachte er stockend hervor. »Was ist los mit mir, Opac? Was ist geschehen?« »Der Geist von euch Menschen ist zu schwach, um auf Dauer neue Eindrücke zu bewältigen.« Dhark schnappte nach Luft. »Wir sind also Wilde, denen die Segnungen der Technik möglichst vorenthalten bleiben sollten? Ist das der Grund, weshalb die G'Loorn uns angreifen? Sie wollen uns auslöschen, wie wir ein lästiges Ins...« Gerade noch rechtzeitig biß er sich auf die Zunge. Er reagierte unwillig, weil er immer noch Gedankenfetzen Tulkas in sich zu spüren glaubte. »Wie wir ein lästiges Insekt zertreten, wolltest du sagen«, fuhr der Skythe ohne jede Regung fort. »Ich weiß, daß jedes Volk Eigenheiten hat und daß wir diese akzeptieren müssen, oder wir werden niemals wirklich Frieden haben.« »Du beschämst mich, Opac«, sagte Dhark. Der Skythe wehrte mit einer heftigen Geste ab. »Nichts im Universum geschieht ohne Eigennutz. Die Tatsache, daß ich dich vor den G'Loorn gerettet habe, gibt mir das Recht, über dein Leben zu verfügen. Ich werde dieses Recht ausüben, wie es mir zusteht, aber anders als es den Sitten entspricht. Du behältst deine Freiheit, Terraner, zudem
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wirst du alles erfahren, was du wissen mußt.« »Ist es nicht egal, ob ich im Feuer der Spindel schiffe sterbe oder bei dem Versuch, die Geschichte deines Volkes zu erfahren? Wann wird dein Schiff wieder flugfähig sein, Opac?« »In eineinhalb Stunden deiner Rechnung.« Nahezu unaufhörlich erklangen aus dem Hintergrund der Zentrale Geräusche. Die Sensoren registrierten Hyperraumsprünge in einer Entfernung von wenigen Lichtjahren. Wenn Ren Dhark sich nicht täuschte, war die Zahl der Transitionen während der letzten halben Stunde deutlich gestiegen. Grenzten die G'Loorn das Gebiet ein, in dem sie die Verfolgten vermuteten? Opac weigerte sich, seinem Passagier den nächsten Speicherkristall zu übergeben. »Deine Psyche ist angeschlagen«, sagte er warnend. »Außerdem werden die nächsten Aufzeichnungen intensiver sein als die ersten. Ich kenne ihren Inhalt bis auf den Bruchteil einer Sequenz. Weil ich lange Zeit hatte, mich mit der Geschichte meines Volkes zu befassen. Ich glaube nicht, daß ein Skythe die Vergangenheit genauer kennt als ich.« »Die Black Hole-Schale und die Steuerstationen hängen eng mit den Versuchen Tulkas zusammen, soviel ist mir klar«, bemerkte Ren Dhark. »Aber hat je ein Spindelschiff eine andere Galaxis erreicht? Was die G'Loorn als Madenfraß bezeichnen, kennen wir Menschen theoretisch schon lange als Wurmlöcher. Ich glaube, daß beide Begriffe ziemlich das gleiche aussagen. Oder hat Tulka tatsächlich einen Weg gefunden, die Vergangenheit zu beeinflussen?« Unwillkürlich legte er die Stirn in Falten, zog die Brauen zusammen. »Nein«, gab er sich selbst zur Antwort, »dann hätten wir ganz andere Probleme.« Nachdenklich betrachtete Opac die leeren Bildschirmkolonnen. Momentan zeigte nur eine einzige Wiedergabe den Zentrumsbereich der Milchstraße im Bereich des sichtbaren Spektrums. »Tulkas Berechnungen ließen erkennen, daß das Super Black Hole in seiner Stabilität gefährdet sein würde, sobald
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Energien in dem benötigte Ausmaß abgezapft wurden. Eine Lösung mußte gefunden werden, oder alles, wofür die G'Loorn jahrzehntelang gekämpft hatten, wäre vergebens gewesen. Nur durch eine gleichartige Energieform konnte Ersatz für die schwindende Schwerkraft im galaktischen Zentrum erbracht werden. Gleichartig, das hieß, durch andere Black Holes. Es gab wohl einige Sterne im Umkreis von tausend Lichtjahren, deren Lebenszyklus weit genug fortgeschritten war, daß sie über kurz oder lang kollabieren würden, doch was ist schon unsere Lebensspanne, gemessen an den Zyklen einer Sonne? Eine Gruppe junger Physiker, die sechs G'Loorn stammten aus demselben Gelege, schaffte es, aufbauend auf Tulkas Ergebnissen und unter Versuchsbedingungen, kurzzeitig die Wirkung eines Black Hole nachzuahmen. Sie zündeten auf einem Asteroiden mit wenigen Pooc Durchmesser einen Atombrand aller Elemente und steigerten mit den gewonnenen Energien das Schwerefeld des kleinen Himmelskörpers. Wegen der geringen Masse wurde zwar kein wirkliches Black Hole geschaffen, das in der Lage gewesen wäre, sogar das Licht zurückzuhalten, doch konnte die Ablenkung von Photonen nachgewiesen werden. Der Gravitationslinseneffekt war bereits ungewöhnlich stark. Kurze Zeit später wurde der Versuch mit einer kleinen Sonne wiederholt, angeheizt von einer Flotte von Raumschiffen. Innerhalb weniger Tage veränderten sich Raumkrümmung und Schwerkraft derart, daß sie tatsächlich den benötigten Werten nahekamen. Das Licht des Sterns begann zu verblassen.« Ren Dhark nickte verstehend. »Deshalb vollzog sich die Auflösung so unproblematisch. Die Steueranlagen in den Stationen erhielten nur einen unnatürlichen Status aufrecht.« Er dachte an das Intervallfeld, das die POINT OF ebenso wie die Flash oder den Kontinent Deluge auf Hope schützte - ein eigenes kleines Kontinuum, in dem die gültigen Naturgesetze außer Kraft gesetzt waren. Möglicherweise
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hatten die G'Loorn mit ihren Kontrollstationen ähnliche Gegebenheiten erschaffen, Raumzonen, in denen physikalische Gesetze auf den Kopf gestellt worden waren. »Du wartest auf eine detaillierte Erklärung«, sagte Opac in dem Moment, als könne er Ren Dharks Gedanken lesen. »Ich glaube nicht, daß du sie auf Anhieb verstehen würdest.« Dhark hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute sein Gegenüber auffordernd an. »Wer hindert die G'Loorn daran, neue Stationen zu bauen und weitere Sonnen in Black Holes zu verwandeln? Vielleicht Sol, oder die beiden Sonnen des Col-Systems? Ich versuche mir vorzustellen, was die G'Loorn als nächstes unternehmen werden und, bei Gott, ich fürchte, die Skythen haben mit ihrem Angriff und der Zerstörung der Stationen schlafende Hunde geweckt. Eine Technik, die nach einer Million Jahren noch ihre vorgesehene Funktion erfüllt, ist mir mehr als unheimlich. In der Hand skrupelloser Verbrecher...« »Nicht alle G'Loorn sind so«, widersprach Opac heftig. Er schwieg eine Weile, in der seine Kieferzangen unaufhörlich knackten und er mit vier Gliedmaßen die pflanzlichen Komponenten seines Körpers abtastete. Ren Dhark gewann den Eindruck, daß Opac kurz davor stand, sich die Hybridbestandteile aus dem Fleisch zu reißen, als schrecke er aber lediglich in letzter Konsequenz noch davor zurück. Endlich gab der Skythe sich einen Ruck. »Vielleicht verstehst du das Drama unseres Volkes, wenn du den Rest dessen kennst, was lange vor deiner Zeitrechnung geschah. Den G'Loorn, und ich nehme mich dabei nicht aus, war inzwischen bewußt, daß sie das Super Black Hole im Zentrum der Galaxis erst dann für ihre Vorhaben anzapfen durften, wenn sichergestellt war, daß die gravitationeilen Einflüsse für den Rest der Galaxis konstant blieben. Das Werkzeug dafür war bereits geschaffen, es galt lediglich, eine Vielzahl kleinerer Stationen nach dem Vorbild der SBH-Station zu bauen. Mit den vereinten Kräften aller besiedelten Planeten war das innerhalb weniger Jahre zu
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bewerkstelligen. Rechnerisch wurde eine Schale künstlich aktivierter Black Holes im Radius von zweihundert Lichtjahren um den Kern der Galaxis benötigt. Stelle dir das vor wie die Elektronenhülle, die einen Atomkern umgibt und für seine Besonderheiten ebenso entscheidend ist. Fertige Stationen wurden sofort verankert. Wir suchten Sonnen aus, die ihren Höhepunkt schon überschritten hatten, die planetenlos waren oder nur tote Welten besaßen, auf denen kein Leben existierte.« »Auch kein pflanzliches Leben?« wollte Dhark wissen. »Unsere Forschungsschiffe waren lange Zeit unterwegs«, antwortete Opac ausweichend. Ren Dhark gab sich damit nicht zufrieden. »Ich glaube nicht, daß alle Intelligenzen die Experimente der G'Loorn guthießen«, bohrte er weiter. »Wenn ich mir vorstelle, daß Fremde in der Nähe meines Heimatsystems ein Schwarzes Loch erzeugen möchten - wir würden ihnen alles entgegenwerfen, was wir aufzubieten haben.« »Ich weiß es nicht«, sagte Opac. »Du weißt es nicht - oder willst du es nicht wissen?« »Das ist längst Vergangenheit, Ren Dhark. Wer die Zukunft retten will, darf nicht nach alten Fehlern fragen.« »Menschen lernen aus ihren Fehlern.« »Das tun wir ebenfalls. Sonst gäbe es uns Skythen nicht und unsere Bemühungen, die Zweite Wirklichkeit zu verhindern.« Opac begann, die Dornen seiner Fangarme mit den Kieferzangen zu reinigen. »Mehr als fünftausend ausgewählte Wissenschaftler nahmen an dem größten Experiment in der Geschichte teil«, murmelte er. »Ich war einer von ihnen und damals sogar stolz darauf. Wir hatten Dinge geschaffen, die vor uns niemand nur zu denken gewagt hätte, und wir hatten den Triumph der Technik in schwindelerregende Höhen getrieben. Jeder von uns hielt mit einem eigenen Raumschiff eine exakte Position ein, war Teil eines präzise ablaufenden Mechanismus. Zeitgleich aktivierten wir über die Kontrollstationen die Sonnen - und wir waren fasziniert, als
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sie nach unserem Willen kollabierten. Nur Stunden vergingen, bis die erste Meldung vorlag, daß eine der kleineren Sonnen zum Black Hole geworden war. Die Abschottung des natürlichen Molochs im Zentrum der Galaxis konnte in die Endphase eintreten.« Opac machte eine bedeutungsvolle Pause. Das Flackern mehrerer zu neuem Leben erwachender Bildschirme zeichnete sich in seinem Gesicht ab, ließ die ohnehin harten Konturen noch kantiger erscheinen. »Die Reparaturen werden in Kürze abgeschlossen sein«, erklärte er. »Das war es wohl nicht, was du mir noch sagen wolltest.« Ren Dhark fiel auf, daß der Skythe sich verkrampfte, daß seine Bewegungen plötzlich eckiger wirkten, beinahe widerwillig. Opac focht einen inneren Kampf mit sich selbst aus. »Wie vorherberechnet, kompensierte die zeitgleiche Aktivierung der Black Hole-Schale die zu erwartenden Schwankungen im Energiehaushalt des Super Black Holes. Aber irgend etwas - und wir wissen heute noch nicht, welcher Faktor dafür verantwortlich war - reagierte anders als erwartet. Schockwellen breiteten sich im Hyperraum aus. Wo sie aufeinander trafen, galten die Naturgesetze nicht mehr. Eine Handvoll Raumschiffe, die ihr Heil in der Flucht suchten, wurden von grellen Leuchterscheinungen zerrissen. Innerhalb weniger Stunden stand unumstößlich fest, daß es aus der Black Hole-Schale keinen Weg mehr nach außen gab. Wer das Unmögliche dennoch versuchte, starb an einer nicht zu ortenden Barriere. Sogar der Funkverkehr war zusammengebrochen. Zwei Tage vergingen, ohne daß die Gegebenheiten sich änderten. Die Black Holes waren stabilisiert, die Kontrollstationen arbeiteten fehlerfrei. Aber sogar Robotsonden, mit deren Hilfe wir einen Weg aus dem Zentrumsbereich hinaus zu finden hofften, explodierten. Fehltransitionen waren sofort aufgetreten. Zuerst nur
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Abweichungen des Zielpunktes innerhalb des ZweihundertLichtjahre-Radius, aber bald wurde auch erkennbar, daß Konstanten wie die Mindestgeschwindigkeit für Transitionen sich veränderten. Die letzten der fünftausend Spindelschiffe landeten in den Hangars der SBH-Station. Überlichtschneller Flug war nicht mehr möglich, also auch nicht eine Vernichtung der Steuerstationen, um die Aktivierung der Black Holes vielleicht rückgängig zu machen. Denn die Ursache der veränderten Raumkonstanten konnte nur auf die Manipulation der Sonnen zurückzuführen sein. Der größte Schock stand uns trotzdem noch bevor. Wir...« Aufleuchtende Bildschirmgalerien unterbrachen Opacs Redefluß. Die Reparaturarbeiten waren abgeschlossen. Aber das war nicht allein der Grund der plötzlichen Aktivität. Spindelschiffe der G'Loorn beendeten soeben wenige Millionen Kilometer entfernt ihre Transitionen. »Sie haben uns geortet«, stellte Opac fest. »Sie ändern den Kurs.« »Wieviele sind es?« »Vier. Die Waffenbänke werden hochgefahren.« »Dann sollten wir endlich beschleunigen und zusehen, daß wir verschwinden.« Opac führte eine Reihe von Schaltungen aus. »So einfach ist das nicht«, gestand er zerknirscht ein. »Die Leistungsfähigkeit meines Schiffes beträgt erst achtzig Prozent. Die G'Loorn werden auf Schußweite heran sein, ehe wir zwei Drittel der erforderlichen Transitionsgeschwindigkeit erreicht haben.«
16. Schon die erste Strahlensalve traf den Zylinderraumer mittschiffs und ließ den Schutzschirm flackern. Zum Glück dauerte die Belastung nur Sekundenbruchteile. Opacs Fluch verhallte im Aufheulen der Konverter. Erneut wurde das Schiff von turmdicken Energiebündeln getroffen, die Belastungsanzeigen wiesen rapide steigende Werte aus, im
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Schutzschirm waren erste Strukturrisse zu erkennen. 95 Prozent... 105... 115... Opac leitete die Transition ein. Die Vorstellung, erst in siedendes Wasser getaucht und danach schockgefroren zu werden, gab Ren Dharks Empfindungen annähernd wieder. Sein Aufschrei erstickte im Ansatz, als alles um ihn herum sich aufzulösen begann und sogar massive Stahlwände den Blick in die Weltraumtiefe nicht mehr behinderten. Er brauchte nur die Hand auszustrecken, um die Sterne zu berühren, die ihn kalt funkelnd anglotzten. Ihm blieb keine Zeit für Panik. Egal, ob er im Vakuum erstickte oder von den Thermosalven der G'Loorn verbrannt wurde, sein Leben endete in diesen Sekunden. Er empfand weder Zorn noch Bedauern, eigentlich gar nichts. Er wartete nicht einmal darauf, daß die Vergangenheit noch einmal wie ein Zeitrafferfilm vor ihm ablief. Nur Sekundenbruchteile glaubte er in einem Zustand der Auflösung begriffen zu sein, als würde sein Körper sich wie Nebel verflüchtigen, dann zerrte ihn ein unerbittlicher Sog mit sich in ein Kontinuum, in dem menschliche Sinne versagten. Die Zeit schien den Atem anzuhalten, ein Gefühl grenzenloser Einsamkeit erfüllte ihn - und unbeschreibliche Gelassenheit -, aber plötzlich spürte er eine ungeheure Schwere, die ihn zusammenstauchte, ihn zurückführte ins Gefängnis eines Körpers aus Fleisch und Blut, und mit dem wiedererwachenden Bewußtsein tobten ihm entsetzliche Schmerzen durch Leib. Während über ihm ein Lichtermeer von Hunderten von Warnanzeigen aufflammte, brach Ren Dhark zuckend zusammen. Er hörte jemanden schreien und begriff erst allmählich, daß er selbst seine Qual laut hinausbrüllte. Mühsam stemmte er sich hoch. »Keine Gefahr!« behauptete Opac. »Wir waren schneller.« Der Metabolismus des Skythen verkraftete Schocks dieser Art offensichtlich weitaus besser. »Kein Hüllenbruch! Und die G'Loorn werden es nicht wagen, uns mit so niedriger Geschwindigkeit durch den Hyperraum zu folgen.« »Aber sie werden kommen. Eher als es uns lieb sein kann.« Dhark fühlte sich immer noch wie auseinandergenommen
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und Atom für Atom wieder zusammengesetzt. Unwillkürlich fuhr er sich mit der Rechten übers Gesicht alles war noch da, wo es hingehörte. »Wieviele Lichtjahre haben wir übersprungen?« »4,8«, antwortete Opac. »Wesentlich mehr hätten wir kaum überlebt. Der Rematerialisierungsschock wäre ungleich stärker ausgefallen.« Das Zylinderschiff beschleunigte wieder. Mit Werten, die nur knapp über 400 km/sec2 lagen. Dhark konnte sich ausrechnen, wann die 0,8 LG erreicht war, die einen Hyperraumsprung problemlos ermöglichten: Mindestens noch fünf Minuten, und in jeder Sekunde konnten die Verfolger materialisieren und erneut das Feuer eröffnen. Aber dann, das ahnte er, würden sie in einer Zangenbewegung zuschlagen. Wie oft hatte er in Gedanken die geheimnisvollen Erbauer der POINT OF getadelt, weil sie so komfortable Entwikklungen wie Transitionstriebwerke verschlafen hatten. Doch Qualen wie eben hatte er nie erlebt. Daran würde er in Zukunft denken, falls er wieder einmal unzufrieden war. In sein doppeltes Intervallum gehüllt konnte der Ringraumer zwar mit Sternensog zigtausendfache Lichtgeschwindigkeit erreichen, nur hinkte er damit Transitionsschiffen immer hinterher. Das hatte sich schon beim Jungfernflug herausgestellt, als die Crew permanent gezwungen gewesen war, vor angreifenden Fremdraumern zu flüchten, und das war mittlerweile keinen Deut anders. Weder Miles Congollon noch Arc Doorn hatten Hinweise darauf gefunden, daß der Ringraumer zusätzlich über Sprungtriebwerke verfügte. Obwohl den Mysterious so ziemlich alles zuzutrauen war. Vielleicht hatte jedes Crewmitglied schon vor den entsprechenden Kontrollen gestanden und deren Funktion nur nicht entschlüsseln können. Schadensmeldungen aus allen Sektionen trafen ein. Der Beschüß der G'Loorn hatte Projektorantennen geschmolzen, aber den Schutzschirm noch nicht wesentlich geschwächt. Größere Materialschäden gingen auf das Konto der Transition, die im Sinne des Wortes zermürbend
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gewirkt hatte. Der Hyperfunk war ausgefallen, es gab vorerst keine Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen. »Massivem Beschüß sind wir nicht mehr gewachsen«, stellte der Skythe fest. »Wir dürfen uns auf kein längeres Gefecht einlassen.« »Sag das den G'Loorn.« Dhark hatte die Fäuste geballt und schlug sie rhythmisch zusammen. Er war ungeduldig und gab sich erst gar keine Mühe, diesen Zustand zu verbergen. »Transition in zwanzig Sekunden«, meldete Opac. »Zielpunkt ist ein Roter Riesenstern in zweieinhalb Lichtjahren Entfernung. Wir ziehen uns in den Ortungsschutz der Korona zurück.« ERKENNTNISSE: Fast fünftausend Spindelschiffe lagen seit zwei Tagen in den Hangars der planetengroßen SBH-Station, gelähmte Riesen, deren Sprungtriebwerke aus unerfindlichen Gründen den Dienst versagten. Innerhalb der von den G'Loorn geschaffenen Black Hole-Schale waren einige Naturgesetze auf den Kopf gestellt worden. Der Hyperfunk lag brach, Transitionen waren unmöglich, und mit Hilfe des Normalantriebs konnten die Spindeln ohnehin nur bis in hohe relativistische Bereiche beschleunigen. Schon vorher war es unmöglich gewesen, diese Grenze zu überschreiten. Schneller als das Licht zu sein bedeutete, das angestammte Kontinuum zu verlassen. Aber nicht einmal das lag mehr im Bereich des Machbaren. Tulka hatte sich in einen Labortrakt im Inneren der Station zurückgezogen. Besessen suchte er nach Fehlern in den Berechnungen. Er schlief nicht mehr und nahm keine Nahrung zu sich, verspürte auch kein Bedürfnis danach. G'Loorn waren zäh und ausdauernd, das machte sie anderen Intelligenzen überlegen. Zehn Tage konnten sie ohne Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr überleben, weil ihr Stoffwechsel während dieser Zeit auf Sparflamme schaltete. Tulka blockierte einen Großteil der vorhandenen Computerkapazitäten, dennoch erhielt er keine grundlegend neuen Erkenntnisse. Zielgerichtete Messungen waren nicht möglich, auch die optische Erfassung schien beeinträchtigt zu sein. Aber das war wohl eine Auswirkung
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der gravierenden Veränderungen. »Solange die Sterne noch an ihrem Platz stehen«, murmelte Tulka im Selbstgespräch, »solange gibt es keine wirklichen Probleme.« Die Ausdehnung der veränderten Zone konnte er nur schätzen. Funksprüche lagen vor, die unmittelbar nach der Aktivierung der Black Holes empfangen worden waren und in denen schon von unerklärlichen Phänomenen die Rede war. Nicht alle Absender hatten rechtzeitig den Weg in die Station gefunden, einige galten seitdem als verschollen. Es hatte den Anschein, als reichte das beeinträchtigte Gebiet unterschiedlich weit über die Black Holes hinaus. Sich zu konzentrieren fiel Tulka zunehmend schwerer. Da war ein Summen in seinem Schädel, das er anfangs kaum wahrgenommen und seiner Überanstrengung zugeschrieben hatte. Doch dieses Summen blieb und ließ sich auch mit Aufputschmitteln nicht vertreiben. Es wurde sogar intensiver. Nein, kein Summen im eigentlichen Sinn. Das war anders, ein Ausdruck von... ... Leben! Als redeten unsichtbare Wesen auf ihn ein. Oder über ihn. Tulka vermochte das nicht so recht einzuordnen. Er empfand es als Flüstern und Wispern und Raunen, das aus allen Richtungen auf ihn einströmte. Die unerklärliche Unruhe ließ ihn nicht mehr los. Anfangs versuchte er, die Stimmen als Ausgeburt seiner überreizten Nerven abzutun. Er ertappte sich dabei, daß er Schatten zu sehen glaubte, die durch massive Stahlwände diffundierten. »Durom?«fragte er in einem unbeobachteten Augenblick. Niemand antwortete ihm. Vier Tage nach der Aktivierung der Black Holes entdeckte Tulka an sich die ersten körperlichen Veränderungen. Anfangs maß er ihnen keine besondere Bedeutung bei, doch dann begann ein myzelartiges Geflecht auf seiner Brust zu wachsen. Winzige Wurzelfäden bohrten sich durch die Chitinpanzerung - in der Computeranalyse erkannte er, daß sie in seine Adern eindrangen und sich dort ausbreiteten... Er fühlte sich zunehmend schwächer, mußte sich zur Arbeit zwingen. Sich in der medizinischen
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Abteilung untersuchen oder gar behandeln zu lassen, daran dachte er nicht. Veränderungen an den Chitinplatten waren etwas durchaus Natürliches und nicht erschreckend. Solche Erscheinungen heilten stets von selbst ab. Auch anderen G'Loorn erging es so. Tulka registrierte das am Rande. Als er Nahrung zu sich nahm, stieg eine seltsame Übelkeit in ihm auf. Der Alarm erreichte ihn in einem Zustand der Niedergeschlagenheit, in dem er mit sich selbst und der Welt haderte, was ganz und gar nicht G'Loorn-Art war. Die Stimmen, die er zu hören glaubte, die seltsamen Veränderungen an seinem Körper - all das sah er inzwischen als Ausgleich für seine Verfehlungen an. Noch wußte niemand von seiner Unfruchtbarkeit. Den Eistrauch in seinem Raumschiff betrachtete er zwar mit Widerwillen, aber er vernichtete ihn nicht, wie das zeugungsunfähige G'Loorn über kurz oder lang taten, weil die genetische Konditionierung sie einfach dazu zwang. Der Alarm war vom Zentralcomputer ausgelöst worden, der jeden aufforderte, sich in der großen Versammlungshalle einzufinden. Tulka stellte keine Fragen. Jene Wissenschaftler, denen er unterwegs begegnete, wirkten nicht weniger in sich gekehrt als er selbst. Und was sie noch gar nicht bemerkt zu haben schienen, er entdeckte es an ihnen: Veränderungen, als ermöglichte ihre Schwäche schmarotzenden Pflanzen ein rasches Wachstum. Die Halle bot mehr als ausreichend Platz für fünftausend G'Loorn. Sie waren ein gewaltiges Auditorium. Auch hier spürte Tulka das fremde Leben. Zunehmend deutlicher nahm er es wahr, eine unglaubliche Vielfalt, ein Schnarren, Ächzen und Singen, mit dem er wenig anzufangen wußte, dem er sogar hilflos gegenüberstand. Nichts davon hörte er akustisch, der Klang entstand in ihm, in seinen Gedanken und ließ jede Zelle seines Körpers schwingen wie ein Windhorn im Sturm. Das Empfinden innerer Zerrissenheit quälte ihn. Im Zentrum der Kuppel projizierte der Zentralcomputer ein Abbild von Skythos. Es sollte beruhigend wirken, aber Tulka wollte sich nicht beruhigen lassen. Intuitiv spürte er,
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daß einschneidende Erkenntnisse bevorstanden. »Alle sind versammelt«, hieß es lapidar. »Ich projiziere ein Abbild des Sternenhimmels, wie er sich an der Position der SBH-Station vor Beginn der Aktivierung darbot.« Ein unglaublich dichtes Gewimmel. Im Zentrums gebiet standen die Sonnen teilweise nur wenige Lichttage weit auseinander. »Wir kennen die Konstellationen!« wollte Tulka rufen. Er beließ es bei dem Vorsatz, weil er sich müde fühlte. Und ausgelaugt. Hungrig irgendwie, aber zugleich widerte ihn der Gedanke an etwas Eßbares an. Kein G'Loorn protestierte. In seltener Einmütigkeit harrten sie der Erklärungen, die folgen würden. »Das zweite Panorama der Sternenpopulation wurde vor einer halben Stunde aufgenommen«, fuhr die Computerstimmefort. »Es gibt wenig Ähnlichkeiten.« In Tulkas Schädel rumorte das Wispern und Singen. Trotz der Benommenheit traf die Erkenntnis ihn wie ein Blitz. Sterne veränderten ihre Position zueinander ständig, da sie mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten das galaktische Zentrum umkreisten. Sobald ihre Position also sichtbar verändert war, bedeutete dies, daß eine mehr oder weniger große Zeitspanne verstrichen sein mußte. Der aktuelle Sternenhimmel hatte wenig Ähnlichkeit mit den G'Loorn bekannten Konstellationen. Fünftausend Wissenschaftler hielten den Atem an. Entweder reagierten die optischen Erfassungssysteme falsch... oder die Zeit war aus unerfindlichem Grund bedeutend schneller abgelaufen. »Wann befinden wir uns?« Eine seltsame Fragestellung, die lapidar klang, jedoch ungeheure Brisanz barg. »Wir wurden um etwa eine Million Jahre in die Zukunft versetzt. Mit einer Ungenauigkeit von plus/minus einigen hundert Jahren, weil die galaktische Rotation natürliche Schwankungen aufweist. Die Positionsbestimmung markanter kosmischer Punkte ist abgeschlossen, es handelt sich vorwiegend um weit entfernte Pulsare und Quasare. Die genannte Zahl ist definitiv.« In einer Million Jahre veränderten Planeten ihr Gesicht,
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wuchsen neue Zivilisationen heran oder verschwanden andere von der Bildfläche, weil sie sich im Wahn ihrer vermeintlichen technischen Errungenschaften selbst auslöschten. Kleinere Diskussionsgruppen bildeten sich. Etliche G'Loorn forderten den Zentralrechner auf, weitere Beweise vorzulegen. Trotzdem gab es weder einen Tumult, noch besondere Aufregung. Hundert Jahre in die Zukunft versetzt, warum nicht? Fünfhundert, das hätte weh getan. - Tausend wären ebenfalls noch mit Erinnerungen und Verlustgedanken verbunden gewesen. Aber eine Million? Nichts von dem, was vermeintlich eben noch gewesen war, durfte länger vorausgesetzt werden und als selbstverständlich gelten. Oder lag ein Computerschaden vor? Möglich, daß die abgezapfte Black Hole-Energie die Verbundschaltung der Rechnereinheiten beeinflußte. Das Licht der Sterne von außerhalb der Black Hole-Schale benötigte ungefähr zweihundert Jahre, um die Station zu erreichen. Erst nach dieser Spanne konnte wirklich nachgewiesen werden, daß Konstellationen sich verschoben hatten. Doch es waren nur wenige Tage vergangen. Das Wispern und Summen des körperlosen Lebens um ihn herum war wieder stärker geworden. Tulka achtete kaum auf die Erklärungen, die das Problem mit grafischen Darstellungen verdeutlichten. Sogar weit entfernte Quasare, kosmischen Leuchtfeuern gleich, standen nicht mehr an den exakten Positionen. Noch vor kurzem hätte er sich mit aller Energie auf die neue Aufgabe gestürzt - nun brachte er kaum Interesse dafür auf. Mit weit mehr Begeisterung lauschte er dem unverständlichen Raunen vieler Stimmen, die mal nah zu sein schienen und dann wieder sehr weit entfernt. Etwas Lockendes haftete ihnen an, etwas Verführerisches, was alle Probleme unwichtig erscheinen ließ. Tulka ertappte sich bereits bei dem zögernden Einverständnis, daß er sich ohne diese seltsam melodischen Stimmen leer und
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ausgebrannt fühlte. Kräftige Finger krachten gegen seine Schulter und schreckten ihn aus seinen Betrachtungen auf. Die erste Reaktion war zurückzuschlagen. Aber dann erkannte er Maarus, einen der Physiker, die sich schon Jahrzehnte vor ihm mit der Black Hole-Forschung befaßt hatten. »Wir haben etwas geschaffen, dessen Tragweite wir nicht abschätzen können«, begann Maarus in verschwörerischem Tonfall. »Hörst du auch dieses verhaltene Singen? Jeder von uns glaubt, irgendwie Leben zu spüren, das sich unsichtbar manifestiert.« Tulkas Kieferzangen klappten auf - und schlössen sich sehr langsam wieder. Ein deutliches Zeichen seiner Unsicherheit, aber auch eine Bestätigung. »Die neuen Sternkonstellationen sind eindeutig«, fuhr Maarus fort. »Wir haben unsere angestammte Epoche verlassen.« »Niemand konnte eine solche Folge vorhersehen.« Tulka drehte die Innenseiten der Fangarme so, daß die kräftigen Dornen auf seinen Brustkorb zeigten. »Ich akzeptiere die Veränderung, weil sie uns eine einmalige Chance bietet. Mit den neuen Erkenntnissen müssen wir Raum und Zeit besiegen.« »Jahrzehnte werden nötig sein, alle Meßergebnisse auszuwerten.« »Seit wann scheuen G'Loorn vor einer solchen Aufgabe zurück?« fragte Tulka bissig. »Es ist dringlicher, normale Verhältnisse wiederherzustellen. Ohne überlichtflugfähige Raumschiffe können wir die Station nicht verlassen. Und ohne Hyperfunk werden wir erst in zweihundert Jahren wieder Kontakt mit unserem Volk haben.« Der Zentralrechner erläuterte soeben eine Theorie, weshalb die Veränderung der Sternbilder schon jetzt sichtbar geworden war und nicht erst in frühestens zwei Jahrhunderten. In logischer Konsequenz ging der Computer davon aus, daß nur die Raumzone zwischen den Black Holes von den Veränderungen betroffen war. Entweder alles innerhalb dieser Schale oder allein Raumschiffe und
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Stationen, die durch Verbundschaltung miteinander vernetzt gewesen waren. Der Sprung in die Zukunft mußte der Transition eines Raumschiffs vergleichbar gewesen sein, nur eben nicht ausschließlich in räumlichem Bezug, sondern zugleich auf der Zeitkoordinate versetzt. Mit der Folge, daß alle Materie in der Vergangenheit verschwunden und in der Zukunft materialisiert war. »Unsinn«, protestierte Tulka. »Einige tausend Sonnensysteme befinden sich innerhalb der Kugelschale. Das abrupte Verschwinden dieser Masse kann nicht ohne Langzeitfolgen auf die galaktische Stabilität bleiben. Andererseits wäre das Erscheinen in der Zukunft mit einer Kollision unvorstellbaren Ausmaßes verbunden gewesen.« »Nach den Theorien können zwei Gegenstände gleichzeitig am gleichen Ort existieren«, behauptete Maarus. »Vorausgesetzt, sie besitzen eine unterschiedliche Eigenzeitkonstante. Das würde erklären, warum wir bereits die Sternbilder der Zukunft sehen können -ihr Licht war vor uns da.« Gleichzeitig existieren! Tulka trommelte mit den Fangarmen gegen seine Brust, denn das war vielleicht die Erklärung für die singenden, wesenlosen Stimmen. Und daran wie Maarus den Kopf schräg legte erkannte er, daß der alte Physiker ähnliche Überlegungen anstellte. Entsprang das Empfinden eines unglaublichen Gewimmels andersartigen Lebens der Tatsache gleichzeitiger Existenz? Tulka lauschte konzentrierter als zuvor. Die fremden Stimmen wisperten eine eigenwillige Melodie. Das waren Gesänge in ungeheurer Vielfalt, leise und getragen im einen Moment, im nächsten schon fordernd, verheißungsvoll. Tulka schaffte es nicht, unbeteiligt zu bleiben und sich abzukapseln. Sobald er das tat, breitete sich eine seltsame Leere aus, das Verlangen nach mehr. Als könne er sich von diesen Melodien nicht mehr lösen. Das ist unwichtig, redete er sich ein. Nichts kann den Willen eines G'Loorn brechen. »Ich höre die Gesänge vom ersten Augenblick an, als die Black Holes aktiviert wurden«, sagte Maarus. »Sie zeugen
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von viel mehr Leben im galaktischen Zentrum als unsere Biologen je für möglich gehalten hätten. Ich nenne sie Gesänge des Zentrums.« »Eine dritte Variante«, erläuterte das Rechengehirn der SBH-Station soeben, »ist die, daß durch energetische Wechselwirkung ein Stasisfeld erzeugt wurde, in dem die Zeit stillstand, während sie außerhalb wie gewohnt verstrich.« »Das ist indiskutabel«, widersprach ein Wissenschaftler in Tulkas Nähe lautstark. Zustimmendes Murmeln pflichtete ihm bei. »Um die Wahrheit zu finden, werden wir intensiv daran arbeiten müssen«, behauptete Maarus. »Aber egal wie sie auch ausfällt, ich glaube nicht, daß wir mit ihr zufrieden sein werden.« Opac neigte den dreieckigen Kopf zur Seite, eine Geste, die einem menschlichen Schulterzucken vergleichbar war. »Die Wahrheit ist vielschichtiger als es zunächst den Anschein hat und alles werden wir wohl nie ergründen«, sagte er. »Was ich dir erzählt habe ist nur ein Aspekt des Geschehens...« »... das ich in einigen Punkten und vor allem zeitlich noch nicht einordnen kann«, unterbrach Dhark. »Die G'Loorn und Skythen beherrschen wieder die überlichtschnelle Raumfahrt. Seit wann?« Opac vollführte eine anerkennende Bewegung. »Du hast recht, Terraner: Die Chronosphäre existiert nicht schon seit einer Million Jahren, obwohl sie während der Aktivierung der Black Holes entstand. Wir wurden mit ihr in die Zukunft versetzt, und das liegt inzwischen fünfhundert Jahre deiner Zeitrechnung zurück.« Ren Dharks Gedanken überschlugen sich. Opac sprach vom 16. Jahrhundert auf der Erde. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätten die G'Loorn Terra nur einige Jahrzehnte früher entdeckt. Zugleich entsann er sich der Berichte über verschwundene Schiffe und Flugzeuge, die vorwiegend aus dem zwanzigsten Jahrhundert stammten. Ebenso an die angeblichen UFO-Sichtungen. Hatten die G'Loorn seiner-
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zeit schon Menschen verschleppt und auf ihre Klonwelten gebracht? Eine gewaltige Protuberanz löste sich von der Sonnenoberfläche und raste einige hunderttausend Kilometer vor dem Zylinderraumschiff in den Raum hinaus. Gleich darauf wurden die Schutzschirme des Raumers bis nahe an die Belastungsgrenze beansprucht. Durch Filter abgeschwächt, brodelte die Sonne auf den Monitoren. Ein ebenso faszinierender wie erschreckender Anblick. Wie unendlich klein und unwichtig wir doch sind, dachte Ren Dhark betroffen. Dabei ist auch diese Sonne nur ein Staubkorn in der Milchstraße. »Wieso nennt ihr die QUIET ZONE Chronosphäre?« fragte er wenig später. »Tulka sieht die Black Hole-Schale als Zeitzone an, mit der er immer noch experimentieren kann«, antwortete der Skythe. Seine Fangarme krachten dröhnend aufeinander. »Er ist unbelehrbar und wird alle ins Verderben reißen. Falls die Chronosphäre nicht erlischt, wird die Zweite Wirklichkeit die Geschichte verändern.« »Erzähle!« forderte Ren Dhark. Jede Sekunde erschien ihm plötzlich wieder kostbar. Und diese Sekunden summierten sich zu Minuten und verrannen unaufhaltsam. Ein erschreckendes Gefühl, das ihm die eigene Hilflosigkeit deutlich vor Augen führte. Intensive Versuche, die Transitionstriebwerke einiger Spindelschiffe den neuen physikalischen Gegebenheiten anzupassen, hatten monatelang das Leben der G'Loorn bestimmt. Nach mehreren Totalverlusten waren jedoch alle diesbezüglichen Hoffnungen zunichte gemacht. Die G'Loorn zogen sich endgültig ins Innere des künstlichen Planeten zurück und widmeten sich der Theorie. Auch die Tatsache, daß die Station nur noch sechs Lichtmonate vom Super Black Hole entfernt war, verriet die Versetzung in der Zeit. Lethargie machte sich breit, vor allem bedingt durch die Tatsache, daß die körperlichen Veränderungen krassere Form annahmen. Selbst G'Loorn, die bislang geglaubt
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hatten, von den offensichtlich schmarotzenden Pflanzenbestandteilen verschont zu bleiben, mußten feststellen, daß Wurzelfäden ihren Chitinpanzer durchzogen. Medikamente versagten kläglich, konnten nicht verhindern, daß die am schlimmsten Betroffenen plötzlich Auswüchse wie Luftwurzeln oder auch Tentakel zeigten oder daß Blattfragmente zwischen ihren Chitinringen hervorsprossen. Diese Hybridteile zu entfernen, bereitete den Betroffenen körperliche Schmerzen. Davon abgesehen wuchs das Pflanzliche rasch wieder nach. Unter den Wissenschaftlern befanden sich auch Gentechniker, deren Aufgabe ohnehin war, mögliche Auswirkungen der Black Hole-Aktivierungen auf die Erbsubstanz der G'Loorn zu überprüfen. Ihre genetische Analyse zeigte, daß die G'Loorn mit den Veränderungen leben mußten. Dahingestellt blieb, ob die Hybridbildung ausschließlich auf die Gegebenheiten der Chronosphäre zurückzuführen war, oder ob die Mutationen im Rahmen der natürlichen Weiterentwicklung ohnehin aufgetreten wären. Als Ursache der Veränderungen wurden Erbinformationen der Eisträucher entdeckt, die für den Arterhalt unentbehrlich waren. G'Loorn hefteten ihre Gelege an die Unterseite der fächerförmigen Blätter, wo sie mit pflanzlichen Enzymen versorgt wurden, die erst eine Heranreifung ermöglichten. Spuren dieser Enzyme ließen sich selbst bei greisen G'Loorn noch im Blut nachweisen. Das war nie anders gewesen. Aber wie sich nun erwies, gab es auch Erbinformationen, die mit diesen Enzymen in die Zellstruktur der Insektoiden eingeschleust worden waren. Und noch eine Feststellung trafen die Gentechniker: Die Eisträucher an Bord der Raumschiffe oder in der Station reagierten nicht mehr auf Gelege. Ihre Fähigkeit der Enzymproduktion hatte sich auf ein Minimum reduziert. Damit stand fest, daß Nachwuchs ausbleiben würde. Wenigstens so lange, bis außerhalb der Chronosphäre ungeschädigte Eisträucher belegt werden konnten.
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Viele der fünftausend G'Loorn nahmen die Erkenntnis unkommentiert hin. Es war ihnen schlichtweg egal. Sie arbeiteten zunehmend weniger, lebten nur noch in den Tag hinein und lauschten den Gesängen des Zentrums, die ihnen so etwas wie Halt gaben in einer Umgebung, die sie nicht mochte. Sie fühlten sich als Fremde in einer fremden Zeit. Nahrungsmittel wurden in mehr als ausreichender Menge produziert. Dank ihrer Gentechnik gab es nichts, was die G'Loorn vermissen mußten. Trotz allen Überflusses blieb ein nagendes Hungergefühl. Die G'Loorn konnten in sich hineinstopfen, soviel sie wollten - und manche taten das bis zum Exzeß, etwas, was in der Vergangenheit nie denkbar gewesen wäre -, ihnen fehlten weder Spurenelemente noch Mineralstoffe, doch ihr Geist blieb unzufrieden. Sie wurden täglich unruhiger. Nur die Gesänge des Zentrums brachten ein wenig Erleichterung. Viele G'Loorn entzogen sich den angestammten Verpflichtungen, brüteten dumpf vor sich hin und reagierten kaum auf äußere Reize. Andere verhielten sich aggressiv. Ernstzunehmende Wissenschaftler fielen aus nichtigen Anlässen übereinander her. Noch gingen diese Kämpfe, die an die Revierkämpfe der Ur-G'Loorn erinnerten, lediglich mit Verletzungen ab, aber der Zeitpunkt war abzusehen, wann es dem ersten nicht mehr genügte, seinen Gegner lediglich zu unterwerfen. Maarus sprach frühzeitig aus, was im Flüsterton schon die Runde machte: Die G'Loorn degenerierten. Ihr geistiger Verfall war vielleicht noch eine Sache von Jahren, doch aufhalten konnte ihn niemand. »Ich verstand damals kaum, was mit uns geschah.« Opac sprach mit gedämpfter Stimme, als schrecke er unbewußt vor den Erinnerungen zurück. »Bis heute weiß ich nicht, weshalb ich die Gesänge des Zentrums nicht hörte, und ich will es auch nicht wissen. Nur wenn ich alles daransetzte, mich zu konzentrieren, glaubte ich, ein unendlich fernes Flüstern zu vernehmen, aber nie mehr. Da war nichts Verlockendes, wie alle behaupteten.
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Anfangs verstand ich ebensowenig, warum den anderen die gewohnte Nahrung nicht genügte. Aber ich schwieg und redete mit niemandem darüber. Im Laufe der Zeit fand ich G'Loorn, denen es ähnlich erging. Wir schlössen uns zusammen, tauschten unsere Erkenntnisse aus und versuchten, uns gegenseitig zu helfen. Weißt du, Ren Dhark, wie das ist, wenn jemand Hilfe benötigt, sich aber nicht helfen lassen will?« Opac veränderte die Darstellungen auf mehreren Bildschirmen. »Ich habe verschiedene Aufzeichnungen gespeichert, weil ich glaubte, sie könnten eines Tages wichtig sein. Vielleicht habe ich mich geirrt und bin von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Die Chronosphäre löst sich nicht auf.« »Es ist besser so«, seufzte Ren Dhark. »Nicht, daß ich fürchte, mich schon an die Verhältnisse der QUIET ZONE angepaßt zu haben, daß ich außerhalb nicht mehr überleben könnte - mir geht es um die Existenz der Millionen oder Milliarden Lebewesen, deren natürlicher Lebensraum innerhalb der vierhundert Lichtjahre liegt.« Opac stieß ein klapperndes Gelächter aus. Obwohl gewiß kein Grund zur Heiterkeit bestand. »Naiv waren G'Loorn nie. Was glaubst du, Terraner, wiegt schwerer? Der Tod einiger Völker oder die Unterdrückung einer ganzen Galaxis durch wahnsinnige G'Loorn? Sie brauchen das Leid anderer, um zu überleben, das ist längst ihre einzige Nahrung. Vergiß das nicht, wenn du dich entscheidest.« Auf mehreren Monitoren erschienen unterschiedliche Wiedergaben. Ein G'Loorn mochte in der Lage sein, sie gleichzeitig aufzunehmen, doch Ren Dhark hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Turrzim-Yalhs Haut hatte eine ungesunde grüne Färbung angenommen. Aus beiden Mündern stieß er Befehle hervor, und seine Armpaare zuckten zielstrebig über die Schaltpulte, in deren Zentrum er saß wie eine fette Spinne in ihrem Netz. So jedenfalls empfand Dhark die Wiedergabe.
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Ein Duck! Der Pilzkopf, dessen Namen Ren Dhark schon zu Anfang der Wiedergabesequenz erfahren hatte, stieß knappe Lautfolgen aus. Eine deutlich spürbare Anspannung lag über der Szene. Etwas geschah, womit der Duck nicht gerechnet hatte, was ihn nicht nur überraschte, sondern vielleicht sogar überforderte. Die Optik schwenkte um auf Weitwinkel, erfaßte jetzt die Zentrale eines Raumschiffs in voller Ausdehnung. Die Verzerrung rührte wohl von der Verwendung eines Fischaugenobjektivs her. Trotzdem erkannte der Terraner mehr als ein Dutzend der kleinen Pilzwesen, jedes in beinahe schon hektischer Betriebsamkeit. Zoom auf den Hauptbildschirm und die gleißende Sternenfülle des galaktischen Zentrums. Gleich darauf Schwärze. Das Super Black Hole im Zentrum der Milchstraße. Davor ein winziger Punkt in der Ortung. Mehrstufige Vergrößerungen innerhalb eines flackernden Gittermusters. Ein farblicher Aufriß erschien und wurde von wechselnden Details überblendet. »Die Zentralwelt«, sagte Opac völlig überflüssig. Offenbar glaubte er, eine Erklärung abgeben zu müssen. Alarm heulte durch das Schiff der Ducks. Unschwer zu erkennen, daß alle Energieerzeuger auf Vollast liefen. Und daß die Energie auf die Waffenbänke umgeleitet wurde. Gleich darauf verstand Ren Dhark, was die Pilzköpfe sagten. »... nach den vorliegenden Berechnungen hat die Schwärze seit der Veränderung kein Sonnensystem an sich gerissen. Die Ortung kann demnach keinen Planeten erfaßt haben.« »Das Objekt ist zu groß für ein Raumschiff.« »Die Taster zeigen das Vorkommen hochwertiger Elemente, überwiegend Metalle und Legierungen unbekannter Klassifizierung.« »Massewerte?« »Sprechen nur bedingt für einen Planeten. Die Sensoren erfassen Hohlräume unter der Oberfläche. Außerdem weist das Gebilde exakte Kugelform auf.«
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»Ich will Tatsachen hören, keine Vermutungen!« »Wir nähern uns einer uns unbekannten Raumstation, Turrzim-Yalh!« »Gibt es Lebenszeichen?« »Keine.« Jäh wechselte die Wiedergabe auf dem Hauptbildschirm. Das Black Hole und das darüber eingeblendete Ortungsbild der G'Loorn-Station wurden in eine Ecke verschoben und statt dessen erschien Turrzim-Yalhs Konterfei in Großaufnahme. Zweifellos war der Kommandant des Duck-Raumers überall an Bord des Schiffes zu sehen. »Wir sind nur eine Handvoll von vielen, aber wir sind dennoch Auserwählte«, dröhnte seine Stimme aus den Lautsprechern. »Unser Forschungsschiff war lange unterwegs, um nach den Ursachen der Anomalie zu forschen. In der Heimat verging mehr Zeit als an Bord, aber wir haben gefunden, wonach wir suchten: die Ursache allen Übels.« »Uns fehlen Beweise, Turrzim-Yalh«, widersprach ein Duck, der inmitten eines halbrunden Schaltpultes neben dem Kreis des Kommandanten kauerte. »Diese... Station kreist vielleicht schon lange innerhalb der Akkretionsscheibe.« »Hat je eines unserer Schiffe eine entsprechende Meldung weitergegeben?« »Nein... ich weiß nichts davon.« »Dann ist das geklärt. - Haben wir Funkempfang?« »Die gebräuchlichen Frequenzen sind von Störungen überlagert.« »Entfernung?« »Noch zweieinhalb Millionen Pooc. Geschwindigkeit wird weiter reduziert. Anpassung zum relativen Stillstand in achtzehn Rehn.« »Zielerfassung für alle Geschütze!« Die Wiedergabe erfolgte kurzfristig im Zeitraffertempo. Als die gewohnte Bildfrequenz zurückkehrte, schwebte der Duckraumer nur noch wenige hundert Meter über der Station. Deutlich waren auf den Bildschirmen Einzelheiten der
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Oberfläche zu erkennen. »Erhöhte Energieabgabe! Aber keine bekannten Waffensysteme.« »Ist die Funksonde raus?« »Wurde gestartet.« Turrzim-Yalhs Körperfarbe glich nun mehr seiner eng anliegenden grauen Kleidung, das ungesunde Grün war verblaßt. »Sollten wir hier sterben, werden andere Sukooren erfahren, was wir gefunden haben«, sagte der Kommandant mit beiden Mündern gleichzeitig und es klang, als halle ein Echo seiner Worte durch die Zentrale. »Dann war unsere Mission dennoch erfolgreich.« »Ein Hangarschott öffnet sich!« stieß der Duck hinter den Ortungen hervor. Keine Sonne erhellte die Oberfläche der Station. Das am nächsten gelegene kosmische Objekt war das Black Hole. Sonnen standen Lichtklüfte weit entfernt und waren mit bloßem Auge nur als etwas größere Sterne zu erkennen. Ihr Widerschein reichte nicht aus, mehr als schwache Reflexe auf das gigantische Rund zu zaubern. Inmitten der samtenen Schwärze gleißte jetzt eine sich sternförmig ausweitende Lichtflut. Ein Lamellenverschluß öffnete sich zu einem gewaltigen ovalen Hohlraum. »Größter Durchmesser eineinhalb Pooc, kleinster einskommazwei. Das ist ein Einflugschacht, der in die Tiefe des Pla... der Station führt.« »Empfangen wir Funksignale?« »Wir wurden von fremden Tastern gescannt.« Zwei der vier Arme des Kommandanten klatschten aneinander und zeigten anklagend auf den Sprecher. »Wieso erfahre ich das erst jetzt?« »Der Scannervorgang erfolgte unmittelbar vor dem Öffnen der Schleuse. Vermutlich ein automatischer Vorgang, der anfliegenden Schiffen den Einflug ermöglicht.« »Vermutlich?« ächzte Turrzim-Yalh. »Wer ist dein Stellvertreter?« »Sagoll-Trum.« »Er soll dich ablösen. - Von dir erwarte ich die Teilnahme
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an der Erkundung der Station.« »Aber... ich bin Zentralemitglied, kein Soldat.« »Du bist unfähig, Yoltom-Ulg. - Funker: Identifiziere uns als Forschungsschiff der Sukooren und avisiere unsere Landung auf Breitbandfrequenz!« Weitere Rehm vergingen, ohne daß eine Antwort eintraf. »Diese Station ist verlassen und vermutlich die Ursache der herrschenden Anomalie«, behauptete Turrzim-Yalh. »Wir wissen weder, wer dieses Werk fremdartiger Technik errichtet hat, noch woher es kommt, aber wir nehmen es in Besitz und versuchen, die gewohnten Verhältnisse wiederherzustellen.« Er aktivierte die Bordübertragung. »Die Kampftruppen sammeln sich in den Bodenschleusen. Ich erteile Feuerbefehl für den Fall eines Angriffs auf uns.« Die nächste Bildsequenz zeigte gigantische Maschinenanlagen aus der Froschperspektive. Auf die kleinwüchsigen Ducks mußte die Technik der G'Loorn noch weit imposanter und bedrückender wirken, als Ren Dhark sie empfand. Er hörte den Funkverkehr der Pilzköpfe mit, die durch das endlose Gewirr von Schächten, Korridoren und Hallen vordrangen. Kilometerweit furchteinflößende Technik. Und nirgendwo Anzeichen von Leben. Bis mehrere Sukooren am Ausstieg eines Antigravaufzugs einem Riesen gegenüberstanden. Er war mehr als dreimal so groß wie sie selbst, aber eine unglaublich dürre Kreatur. Ein kantiger Schädel mit einem umlaufenden Augenband und tückischen Beißwerkzeugen, wie die tödlichen Luuorns in den Felsregionen der Heimatwelt sie besaßen, darunter ein eklig dürrer Körper mit unbehaarten Gliedmaßen... Der Sukoore, der dem so unverhofft und beinahe aus dem Nichts heraus erschienenen Fremden am nächsten stand, brüllte aus beiden Mündern unbeherrscht auf. Er riß seine Waffen hoch, aber bevor er mit den Daumen die Auslöser fand, klatschten die dornenbewehrten Arme des Monstrums gegen seinen Leib. Aus dem Schrei wurde ein stoßartiges Keuchen, die Waffen polterten zu Boden. Blut rann über den Kugelleib, der wie unter Stromstößen zu zucken begann.
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»Das Ding tötet Yoltom-Ulg! Schießt, bevor es uns...« Blitzschnell beugte der Gegner sich nach vorne, obwohl seine Fangarme immer noch den sterbenden Sukooren umklammerten. Die Kieferzangen rissen zwei blutige Wunden quer über den Pilzkopf des nächsten Soldaten, und während der brüllend die Arme hochriß, um seinen Schädel vor einem zweiten Biß zu schützen, streckte ein klauenbewehrter Fuß ihn endgültig nieder. Mit zuckenden Gliedmaßen wälzte er sich herum und versuchte vergeblich, den Blaster in Anschlag zu bringen. Der dritte Duck sprang mit allen Anzeichen panischen Entsetzens zurück in den Antigravlift. Mit Armen und Beinen rudernd, versuchte er schneller zu werden und schaffte es gleichzeitig, einige Schüsse durch den Schacht zu jagen. Hoch über ihm schlugen die tödlichen Energien ein, viel zu weit entfernt, als daß sie den Verfolger hätten aufhalten können. »Hilfe!« schrie der Soldat in sein Funkgerät, als der monströse Schatten der Alptraumgestalt über ihm aufwuchs. »Helft mir doch! Sie... sie sind grauenvoll und...« Ein Hieb schleuderte sein Funkgerät davon, ein zweiter schmetterte ihn gegen die Wandung des Schachtes. Sekunden später prallte er auf, rollte herum und versuchte, auf allen sechsen davonzukriechen. Er glaubte es fast geschafft zu haben, als ein klauenbewehrter Fuß vor ihm auf den Boden krachte. Der Pilzkopf kreischte entsetzt, er rollte zurück, bekam den Schaft seiner Waffe zu fassen - und sah plötzlich mit allen vier Augen dieses häßliche dreieckige Gesicht über sich, das ihm wie eine Ausgeburt des Todes erschien. Die Waffe in seinen Händen zitterte, als er den Auslöser drückte. Der Angreifer erstarrte, riß den Schädel mit den kräftigen Kieferzangen weit in den Nacken - und taumelte zeitlupenhaft langsam zur Seite. Der Blasterschuß hatte seine Beine zwar nur gestreift, die seltsamen Auswüchse zwischen den Chitinringen aber bis unter die Kniegelenke verkohlt. Bevor der Sukoore zum zweitenmal feuern konnte, peitschte ein Fangarm des Riesen heran. Die
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Schenkeldornen bohrten sich in die Schulter des Soldaten und ließen dessen Hände erlahmen. Haß durchflutete ihn. Und grenzenloses Entsetzen. Einem halb erstickten Gurgeln folgte blutiger Schaum aus beiden Mündern. Die Kieferzangen des Gegners tasteten über seinen Leib. Ein entsetzliches Gefühl. Ebenso grauenvoll wie dieses Augenband, dessen Blick bis in sein Innerstes zu dringen schienen, ihn aussaugte wie ein Sukoore den Saft einer wohlschmeckenden Grumelia. Ein zweiter Arm klatschte heran, streifte seinen Schädel und bohrte sich in seinen Körper. Der Schmerz war grauenvoll, aber noch schrecklicher waren diese gräßlichen Blicke, die dem Sukooren die Kraft raubten, als würden die Chitinklauen des Gegners seine Eingeweide durchwühlen. Endlich erlöste eine Ohnmacht ihn vorübergehend von seinen Qualen. Tulka war sich darüber klar gewesen, daß eines Tages eine Begegnung mit raumfahrenden Intelligenzen kommen mußte. Nur hätte er kaum geglaubt, daß dies so bald geschehen würde. Die Unbekannten in dem plump geformten Raumschiff konnten nicht von außerhalb der Chronosphäre gekommen sein, ihre Heimatwelt mußte sogar in kosmischer Nachbarschaft des Super Black Hole liegen. Tulka fühlte sich müde. Seit langem schon. Eine unerklärbare Unruhe nagte ihn ihm, und mit jedem Tag wuchs seine Besorgnis, Wichtiges zu versäumen. Sein Leben war unausgefüllt, ohne Höhen und Tiefen, die seine Gier nach Erfolg gestillt hätten. Die alten Sternkarten entsprachen nicht mehr dem aktuellen Stand. Er hatte sich vom Zentralrechner neue erstellen lassen und fand sehr schnell heraus, daß mehr als dreißig Sonnen als Heimatsystem der Fremden in Betracht kamen. Sukooren nannten sie sich, das wurde aus ihrem spät eintreffenden Funkspruch bekannt. Kein G'Loorn kannte den Namen, zweifellos hatte dieses Volk erst in den letzten Jahrtausenden Bedeutung erlangt. Ihre Welt mochte vor
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einer Million Jahre noch von dampfendem Dschungel überwuchert gewesen sein. Niemand antwortete den Sukooren. Wozu auch? Es war leichter, in den Tag hineinzuleben und den Erinnerungen nachzuhängen, als sich mit Fremden abzumühen, deren Technik den G'Loorn ohnehin unterlegen war. Hätten sie wenigstens im Hyperband gefunkt und damit bewiesen, daß sie Mittel und Wege kannten, die Chronosphäre zu überwinden. Aber so... Lustlos fischte Tulka nach einem frischen Blatttrieb und schob ihn zwischen seine Kieferzangen. Solche Triebe hätten ihn einst in Ekstase versetzt - heute kaute er lustlos darauf herum und fand keinen Geschmack. Dem ersten Heißhunger war der Ekel vor gewöhnlicher Nahrung gefolgt. Ein Monitor verriet ihm, daß das Raumschiff mit aktivierten Waffensystemen in einen der großen Außenhangars einschwebte. Eine kriegerische Rasse? Waren sie groß oder klein, wehrhaft oder von schwacher Statur? Tulka ertappte sich dabei, daß er ihnen in seiner Vorstellung eine Gestalt gab und daß er die Dornen seiner Fangarme in ihr Fleisch trieb. Es gab nicht viele Völker, die es an Kraft und Geschicklichkeit mit den G'Loorn aufnehmen konnten. Es hatte nicht viele Völker gegeben. Vielleicht war das nun anders. Ohne sein Zutun spannten sich die Muskeln zum Sprung. Verwirrt registrierte Tulka, daß seine Phantasie des Kampfes mit den Fremden die Lethargie vertrieb. Lange hatte er nicht mehr so gefiebert wie gerade jetzt, und das war keineswegs unangenehm. Kämpfen... Die Furcht und das Entsetzen des Gegners genießen... Er saugte die Vorstellung in sich auf wie ein Verdurstender in der Wüste jeden Tropfen Tau. Nie zuvor hatte er ähnliche Gedanken gewälzt, hatte stets Abscheu davor empfunden. Hätte er doch nur geahnt, daß solche Überlegungen ein Gefühl der Zufriedenheit und Stärke brachten... »Wo sind die Fremden?« stieß er lauter als für gewöhnlich hervor. Seine Stimme vibrierte vor Anspannung.
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Das Bild auf dem Monitor wechselte und zerfiel in eine Reihe kleiner Wiedergaben. Tulka erkannte, daß die Raumfahrer schon weit in die Station eingedrungen waren. Diese kleinen Wesen handelten schnell, trotz ihres überaus plumpen Äußeren. Sie trugen Raumanzüge, hatten aber die Helme nicht geschlossen. Und sie waren bewaffnet. Tulka zitterte vor Erregung. Unaufhörlich klickten seine Kieferzangen aufeinander, als er die letzten Skrupel weit von sich schob. Eine der Gruppen näherte sich seinen Labors, er erkannte es, als das automatische Beobachtungssystem schwenkte. In dem Moment hielt er es nicht länger aus und stürmte los. Alles in ihm schrie nach Erlösung. Mit weit ausgreifenden Sätzen stürmte Tulka den Korridor entlang, getrieben von seiner Hoffnung, endlich allen Hunger stillen zu können. Zugleich fürchtete er, daß andere G'Loorn ihm zuvorkommen könnten. An einer Abzweigung verharrte er. Die Situation hatte etwas Unwirkliches. Seine Gedanken, die sich nur noch darum drehten, anderen Schmerzen zuzufügen, waren abscheulich. Tulka erschrak vor sich selbst, er hämmerte gegen die Wand, aber weder der eigene Schmerz, noch das dumpfe Dröhnen brachten ihn zur Besinnung. Keuchend stand er da, hob die Arme und drehte die Dornen. Das bin nicht ich! dachte er betroffen. Etwas Schreckliches hat von mir Besitz ergriffen. Er starrte die Dornen an, und Realität und Wahn verwischten vor seinem geistigen Auge. Wie durch einen dichter werdenden Nebel hindurch nahm er wahr, daß er wieder dem endlos langen Korridor folgte. Der Hunger, dieses zermürbende Nagen in seinem Inneren, trieb ihn vorwärts. Und da waren erneut die Gesänge des Zentrums, aufpeitschende Stimmen, die seinen Verstand blockierten. Unvermittelt stieß er auf die Eindringlinge. Sie erschienen ihm noch plumper als auf dem Monitor, ihre runden Leiber wirkten obszön, und die breiten Füße paßten zu Lebewesen, die im Wasser heimisch waren. Der vorderste der kleinen Raumfahrer stieß ein entsetztes
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Brüllen aus beiden Mündern aus und riß seine Waffen hoch. Tulka stürzte sich auf ihn, spießte ihn mit den Fangarmen auf und wirbelte ihn herum. In dem Moment überwanden die anderen ihren Schreck und griffen ebenfalls an. Den einen biß der G'Loorn in den breiten Schädel und streckte ihn mit einem harten Tritt seiner klauenbewehrten Hinterbeine nieder, der letzte floh in den Antigravschacht. Tulka erlebte eine völlig neue Erfahrung: Er »spürte« die Schmerzen der Fremden, sie durchfluteten ihn wie schwache Stromstöße und weckten neue Kräfte. Und er »roch« die Panik des Fliehenden, die seine Erregung bis zum Exzeß steigerte. Der rundleibige Kleine wedelte mit Armen und Beinen, als könne er so schneller vorankommen. Seine Thermoschüsse gingen fehl. Tulka schlug ihm das Funkgerät aus den Händen, er badete schier in der Furcht seines Opfers, aber er wollte mehr, war plötzlich unersättlich. Die auf ihn gerichtete Waffe registrierte er zu spät. Sengende Hitze umflutete seine Beine, verbrannte die Hybriden und jagte ein wildes Aufbäumen durch seine Adern. Er schlug erbarmungslos zu. Der Fremde schien in Haß und Entsetzen zu explodieren. Gierig sog Tulka die Emotionen auf. Töten! Er mußte den Fremden töten. Aufpeitschend der Gesang des Zentrums, ein Stakkato erzeugend, dem Tulka nichts entgegenzusetzen hatte. Der Sukoore verlor die Besinnung. Sein Raumanzug war von den Fangdornen zerfetzt, Blut tränkte den Stoff und bildete langsam eine bizarre Lache. Tulka empfand eigentlich gar nichts, er spürte nur, daß der Kleine noch lebte, fühlte dessen Schmerzen und zehrte davon. Das war die Art Nahrung, die er brauchte, um endlich seinen Hunger zu stillen. Hastig klappte er mit den Kieferzangen. Bis ihm bewußt wurde, daß er sich nur konzentrieren mußte, um die mentalen Impulse aufzunehmen. Der Sukoore kam wieder zu sich. Er schrie, und sein Schrei
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veranlaßte den G'Loorn in einer Reflexbewegung, den Sterbenden mit beiden Fangarmen zu durchbohren. Eine Woge mentaler Energie, die sein Opfer im Augenblick des Todes freisetzte, überrollte Tulka. Lange kauerte er auf dem Boden und hielt den Kopf schräg als lausche er. Er fühlte keine Schwäche mehr, spürte nicht einmal die verbrannten Beine. »Wir degenerieren«, hatte Maarus behauptet. Vielleicht war das sogar die Wahrheit gewesen. Bis vor kurzem jedenfalls. Nun nicht mehr. Tulka fühlte sich geistig wieder so frisch und beweglich wie vor Jahren, als das Unternehmen Super Black Hole begonnen hatte. Er bedachte den toten Raumfahrer mit einem nachdenklichen Blick und wußte endgültig, daß er nicht zögern würde, wieder zu töten. Bis er einen Weg gefunden hatte, die Chronosphäre zu überwinden. »Vierhundert Sukooren hatten sich an Bord des tankförmigen Raumschiffs befunden, und beinahe die Hälfte von ihnen fand in den ersten Stunden ihres Vordringens in die Station den Tod. Wie Tulka war es vielen G'Loorn ergangen. Die Mentalenergie ihrer Opfer hatte sie der eigenen Lethargie entrissen und zu gesteigerten Aktivitäten geführt. Vermutungen waren laut geworden, daß die Sukooren über besondere Geisteskräfte verfügten, die sie bei Verletzungen oder gar im Augenblick des Todes freisetzten. Wenn es gelang, diese Kräfte nutzbar zu machen, war wenigstens ein Problem zufriedenstellend gelöst, wurden die Degenerationserscheinungen nicht nur gestoppt, sondern vielleicht sogar rückgängig gemacht. Das vorrangige Interesse der G'Loorn galt in der Folge den Sukooren und ihrer Zivilisation. Die Gefangenen wurden Verhören unterzogen. Aber sie schwiegen, was die G'Loorn ihrerseits veranlaßte, schmerzhaftere Methoden anzuwenden. Einige schreckten nicht davor zurück, die Fremden zu foltern. Mit Methoden, die den Sukooren gerade noch das
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Leben ließen. Manche Gefangenen wurden dennoch getötet. Es war entsetzlich. Ich schäme mich für das, was aus meinem Volk geworden ist«, behauptete Opac stockend. »Die G'Loorn sind zu Bestien mutiert, und wenn Tulka das Tor zur Zweiten Wirklichkeit aufstößt, wird alles noch viel schlimmer werden.« »In welcher Beziehung stehen die Sukooren derzeit zu den G'Loorn?« wollte Ren Dhark wissen. »Sie sammeln in der Milchstraße Lebewesen ein und transportieren sie tiefgefroren in die Chronosphäre. Das tun sie doch nur, um den G'Loorn Nachschub an mentaler Nahrung zu sichern.« Er hatte mit eigenen Augen die unterschiedlichen Spezies in der Pilzstadt gesehen, deren fremdartige Physiognomien entsetzliche Qualen widerspiegelten. Einer von Martells Elitesoldaten war nach der Berührung mit Pilzsporen von grauenvollen Wucherungen schier zu Tode gequält worden und hatte seine Begleiter angefleht, ihn zu erlösen. Dhark hatte auch den Ort entdeckt, an dem alle neu ankommenden Intelligenzen der Wiedererweckungsprozedur unterzogen und infiziert wurden. Eine Art gigantischer Schlachthof, nur dazu bestimmt, Leben unbeschreiblichen Qualen auszusetzen. Er biß die Zähne zusammen. Was mit den Freunden geschehen war, wußte er immer noch nicht. Vielleicht waren sie im Geschützfeuer der G'Loorn gestorben. Dann hatten sie wenigstens einen schnellen Tod gefunden, der dem qualvollen Dahinsiechen allemal vorzuziehen war. »Ich glaube nicht, daß sie tot sind. Das darf einfach nicht sein.« Dhark ballte die Fäuste und grub sich die Nägel tief in die Handballen. In Gedanken war er bei John Martell und Tyler, bei Dan Riker, Janos Szardak und Anja Field und den anderen bis hin zu Spy Gorm, der in gewisser Weise über sich selbst hinausgewachsen war, als er seinen von den Sporen verwandelten Kameraden erschossen hatte. Niemand machte ihm deshalb einen Vorwurf, er hatte aus Menschlichkeit heraus gehandelt, und zweifellos hatte er in dem Moment erwartet, daß andere ihm ebenso beistanden, sobald es ihn auch erwischte.
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Womöglich hatten die G'Loorn sie nicht getötet, sondern auf die Pilzwelt verschleppt. Aber das Schicksal dort war schlimmer als der Tod. »Ich werde sie wiedersehen«, stieß Ren Dhark hervor. »Und wenn ich dafür in die Hölle gehen muß.« Befand er sich nicht längst in der Hölle? Das Brodeln der nahen Sonnenoberfläche auf den Schirmen wirkte wenig ermunternd. Opac in seiner fast schon vertrauten Fremdartigkeit reagierte nicht auf die gemurmelte Bemerkung. Was bedeuteten für ihn Begriffe wie Freundschaft oder Verpflichtung? Die G'Loorn waren Einzelgänger, die sich aus zweckmäßigen Erwägungen heraus zusammenschlössen. Das galt für die Skythen sicher ebenso wie für die Gegenseite. »Du hast dich ablenken lassen.« Ein bitterer Vorwurf lag in Opacs Stimme. Seine Haltung wirkte angespannt lauernd, er war ein riesiges, hungriges Insekt, das auf Beute wartete und wohl alles verschlingen würde, was ihm zwischen die Fangarme kam. Für einen Moment schloß Ren Dhark die Augen und versuchte, die Assoziation einer lauernden Gottesanbeterin zu vertreiben. Die Erkenntnis, daß auch er noch von Vorurteilen geprägt wurde, die sich die Menschheit im Zeitalter der Raumfahrt nicht mehr leisten konnte, erschreckte ihn. Zumal die halbe Galaxis sich wegen der Veränderungen des Magnetfelds in Aufruhr befand und Völkerwanderungen auch in der Geschichte der Erde stets Vorboten großer Umwälzungen gewesen waren. Aber diesmal würde nur der bestehen, der ein wirklich kosmisches Bewußtsein entwickelte - oder der über die besseren Waffensysteme verfügte. Woran lag es, daß Thermogeschütze wichtiger waren als Diplomatie? An der Situation, an der Einstellung raumfahrender Intelligenzen an sich? Sogar die G'Loorn schienen früher friedliebender gewesen zu sein, als sie sich heute präsentierten. »Noch einmal die Hälfte der Sukooren starb während der Verhöre«, fuhr Opac übergangslos fort. »Sie wurden von
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blutrünstigen G'Loorn zu Tode gequält. Ich selbst spürte nichts davon, da war nichts, was auf mich überging. Erst als es endlich gelang, dem Bordcomputer des Sukoorenschiffes die verschlüsselten Daten zu entreißen, wurden die Koordinaten ihrer Heimatwelt bekannt. Wir kannten den Planeten, zu unserer Zeit hatte er jedoch nur primitives Leben getragen. Die Sukooren hatten sich erst in den letzten Jahrzehntausenden zur beherrschenden Spezies entwickelt und nach der Besiedlung ihres Sonnensystems bald die überlichtschnelle Raumfahrt entdeckt, indem sie das Wrack eines notgelandeten Raumschiffs ausschlachteten. Sie hatten bereits mehrere Sonnensysteme in Besitz genommen, als schlagartig die Transitionstriebwerke ihrer Raumschiffe versagten. Das war vor ungefähr fünfhundert Jahren deiner Zeitrechnung, Ren Dhark. Mit dieser Information wurde den G'Loorn klar, daß die Chronosphäre nicht seit einer Million Jahre im Zentrumsgebiet existierte, sondern daß sie sich überfallartig aufgebaut hatte. Nach der Aktivierung der Black Hole-Schale war es wirklich zu einem Zeitsprung gekommen. Tulka schien auf eine solche Erkenntnis nur gewartet zu haben. Lautstark verkündete er, daß Zeitreisen umkehrbar seien. Wir waren in die Zukunft verschlagen worden demzufolge gab es auch einen Weg zurück in die Vergangenheit, unsere eigentliche Gegenwart.« »Er scheint den Weg nicht gefunden zu haben.« Opac reagierte nicht auf den Einwand. »Die Sukooren rüsteten Erkundungsschiffe aus. Sie waren intelligent genug, eine Entartung des Raum-Zeit-Gefüges als Ursache ihrer Probleme festzustellen, und sie hofften, das Phänomen erforschen und ihre Sprungtriebwerke modifizieren zu können. G'Loorn und Sukooren schlössen ein Zweckbündnis. Das jedenfalls war die offizielle Aussage von Tulka und Maarus.« »Was war es für dich, Opac?« »Nur ein Arrangement, das den Pilzköpfen die Wahl zwischen zwei Übeln ließ: entweder so schrecklich zu
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sterben wie drei Viertel ihrer Besatzung vor ihnen, oder für die G'Loorn immer verfügbar zu sein. Vielleicht reizte die Sukooren auch die Technik der G'Loorn, die der ihren weit überlegen war. Tulka jedenfalls sah in ihnen das ideale Hilfsvolk, das sein eigenes Überleben sichern sollte. Außerdem hatte er frühzeitig erkannt, daß die G'Loorn in gewisser Hinsicht sogar von den Sukooren lernen konnten. Deren Technik besaß Nischenbereiche, die von unseren Wissenschaftlern nie erforscht worden waren. Gemeinsam gelang es in den folgenden Jahren, einen Antrieb zu entwickeln, der hyperschnellen Flug innerhalb der Chronosphäre ermöglichte. Auch Hyperfunk kam nach dieser Entwicklung wieder zum Einsatz, jedoch waren die Frequenzbereiche mit der bisherigen überlichtschnellen Kommunikation nur bedingt kompatibel, so daß Funkkontakte mit dem Rest der Galaxis trotzdem ausblieben.« Vorübergehend kommunizierte Opac mit dem Schiffscomputer. »Keine Ortungen im Umkreis von mehreren Lichtmonaten«, wandte er sich kurz darauf wieder an Ren Dhark. »Es sieht so aus, als hätten die G'Loorn unsere Spur endgültig verloren.« »Ich muß Kontakt zu meinem Schiff aufnehmen.« »Später - vielleicht.« »Wir kämpfen den gleichen Kampf.« »Wir Skythen kämpfen, dein Volk ist weitgehend bedeutungslos. Glaubst du wirklich, die Kugelraumer der Giants könnten den Spindeln lange widerstehen? Wenn die G'Loorn losschlagen, fegen sie euch aus dem All.« Ren Dhark war aufgesprungen und schüttelte den Kopf. »Warum hast du mich dann gerettet? Und warum erzählst du mir die Geschichte deines Volkes?« »Die G'Loorn um Tulka sind nicht mehr mein Volk. Sie sind Verdammte, die den Tod verdienen.« »Und wir Menschen, Opac, was verdienen wir in deinen Augen?« Der Skythe wedelte mit den Fangarmen. In dem Moment packte Ren Dhark zu und bog die dornenübersäten Unterarme zur Seite. Ganz nahe war er plötzlich den Kieferzangen, und ein süßlicher Geruch nach
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Fäulnis aus der Nahrungsöffnung des Skythen zwang ihn, flacher zu atmen. Seine Gedanken überschlugen sich. Opac schüttelte ihn ab, wie Dhark seinerseits ein lästiges Insekt beiseitegewischt hätte. »Die Menschen sind ein Volk von vielen«, antwortete der Skythe geringschätzig. »Das Ringschiff und eure Fähigkeit zu leiden sind alles, was die G'Loorn an euch interessiert. Nur die Zweckmäßigkeit entscheidet.« Ren Dhark war gegen eine Instrumentenkonsole geprallt und rieb sich sein schmerzendes Handgelenk. »Dir liegt nicht sehr viel an mir, nicht wahr? Weshalb hast du mich überhaupt gerettet? Bestimmt wäre ich gutes Futter für einen G'Loorn geworden.« »Wir Skythen wollen weiteres Unheil verhindern«, erklärte Opac. »Ob wir es schaffen werden, weiß ich nicht, und ob ich dir oder einem anderen Wesen die Aufzeichnungen zugänglich mache, ist nebensächlich. Wichtig ist allein, daß die Geschichte keine Lügen über uns Skythen verbreitet. Du wirst unser Zeuge sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger.«
17. Vier weit aufgerissene Augen starrten Tulka entsetzt an. Die kleine, plumpe Kreatur stieß ein hastiges Schnattern aus und riß abwehrend beide Armpaare in die Höhe, dann warf sie sich herum und hetzte auf ihren platten Füßen davon. Patsch - patsch - patsch... hallte das Geräusch von den kahlen Wänden des Gefängnisses wider. Der einzige Weg in die vermeintliche Freiheit, eben noch von einem undurchdringlichen Energieschirm versperrt, stand jetzt offen. Patsch - patsch... Halb verrückt vor Angst und dem Wahnsinn näher als jemals zuvor in den Jahren seiner Gefangenschaft, registrierte Turrzim-Yalh nicht einmal, daß Tulka ihm nicht folgte. »Du kannst mir nicht entkommen!« stieß der G'Loorn
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abgehackt hervor. »Niemals! Es ist deine Bestimmung, mir die Kraft zu geben, die ich zum Leben brauche.« Turrzim-Yalhs Schnattern überschlug sich. Alles Entsetzen dieser Welt mischte sich mit der Todessehnsucht des Sukooren, die seit Jahren unerfüllt blieb, die unerfüllt bleiben mußte, weil Tulka sein Leiden und seine Panik genoß. Turrzim-Yalh erreicht die Tür. Ein flüchtiges, unterbewußtes Zögern, denn hier waren seine letzten Fluchtversuche von energetischen Barrieren gestoppt worden, die seinen Körper in irisierendes Feuer getaucht und Teile seiner Haut verbrannt hatten. Diesmal gab es keine Energien, die sich mit peitschendem Knall aufbauten. Eine wahnwitzige Hoffnung durchflutete den ausgemergelten Körper. Sollte alle Qual endlich ein Ende haben? Turrzim-Yalh stieß ein ersticktes Gurgeln aus, halb von eingebildetem Schmerz kündend, halb von ungläubigem Erstaunen. Mit allen vier Armen rudernd, hetzte er weiter. Vierhundert Sukooren hatten sich an Bord des Forschungsschiffs befunden. Lediglich knapp fünfzig hatten die Kämpfe und Verhöre überlebt und sich zwangsläufig zur Zusammenarbeit mit den G'Loorn bereitgefunden. Davon, daß in einem bislang ungenutzten Sektor der Station einundneunzig der ihren gefangengehalten wurden, wußten die Sukooren nichts. Und sie würden es auch nie erfahren, wenn sie weiterhin die Lügen der G'Loorn glaubten. Einer mußte ihnen die Augen öffnen! Sie waren wie Vieh für die unbegreiflichen Fremden, gerade gut genug, deren Gier nach Leid und Schmerz zu stillen. Turrzim-Yalh hatte nie von einem Volk gehört, das anderem Leben so verachtend gegenüberstand wie die G'Loorn. Sie waren Bestien, die ihre wahren Absichten geschickt zu verbergen wußten. Er hetzte weiter. Den Korridor, der sich vor ihm öffnete, hatte er nur ein einziges Mal gesehen, und das lag für ihn eine Ewigkeit zurück. Damals hatten die G'Loorn ihn und
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andere von Bord seines Schiffes verschleppt. Seither war sein Geist an den Schmerzen, an den Qualen und der Einsamkeit fast zerbrochen. Nur noch ein winziger Schritt trennte seinen Verstand von der Schwelle zur Erlösung. Weg von hier! Die anderen warnen! Und wenn es das letzte war, was er in seinem Leben schaffte. Lieber sterben, als noch länger zu leiden. Turrzim-Yalh gurgelte entsetzt, als Tulka hinter ihm im Korridor erschien. Knapp achtzig Meter betrug sein Vorsprung inzwischen, doch er wußte um die Schnelligkeit der G'Loorn, die einen Sukooren mühelos einholen konnten. Heiß schoß das Blut durch seine Adern. Die Hitze legte sich lähmend auf seine Lungen und ließ die Augen übergehen. Er hatte plötzlich Mühe, die vier Blickfelder zu koordinieren, sah Tulka doppelt und dreifach verzerrt hinter sich, eine Bestie, die den schlimmsten Alpträumen entsprungen war. Flieh! hämmerte sein Pulsschlag, dröhnte ein einziger Gedanke durch seine Eingeweide. Die Luft kochte um ihn herum, die Hitze wurde unerträglich. Sie brannte ihm das Fleisch von den Knochen. Der Sukoore brauchte Sekunden, um zu begreifen, daß er in ein Energiefeld geraten war. Eine Falle, so heimtückisch wie die G'Loorn selbst. Die Energie verbrannte ihn. Mit aller Inbrunst, deren er noch fähig war, verfluchte er die G'Loorn. Ebenso das Schicksal, das sein Schiff zu dieser verdammten Station geführt hatte. Warum? Turrzim-Yalh schrie. Das spürte er. Aber er hätte nicht zu sagen vermocht, ob er sein Entsetzen nur in Gedanken hinausschrie, oder aus beiden Mündern. Tulka war jetzt nur noch wenige Schritte hinter ihm. Die Fangarme des dürren Todes zuckten verhalten, der dreieckige Schädel mit den tödlichen Zangen neigte sich Turrzim-Yalh entgegen. Der Herzschlag des Sukooren setzte aus. Das war wie eine
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Erlösung, das Ende aller Alpträume - doch so sehr er den Tod herbeigesehnt hatte, er kam zu früh. Nicht jetzt! Zu jeder anderen Zeit, aber nicht jetzt! Seine Gedanken tobten... Er wußte, was zu tun war, mußte das Forschungsschiff erreichen und die Konverter hochjagen. Wenn auch die Explosion keineswegs die gesamte Station zerstören würde, so doch den Bereich, in dem die G'Loorn ihren Forschungen nachgingen. Ich darf nicht zulassen, daß allen Sukooren die Lebenskraft ausgesaugt wird! Ich habe schon viel zu lange gewartet. Der Schmerz in seinem Schädel wurde unerträglich. Dieses Zerren und Reißen, das ihm verriet, daß Tulka sich an seinem Leid labte. »Verschwinde!« kreischte er in ohnmächtigem Zorn. »Laß mich sterben, du Bestie!« Tulka lachte nur. Er genoß den Haß seines Opfers und die verzweifelten Bemühungen, sich dem mentalen Zugriff zu entziehen. Ich muß das Schiff... Nicht daran denken! Bei allem, was dir noch wichtig ist, nenne die Dinge nicht beim Namen. Vielleicht kann die Bestie in deinen Gedanken lesen. Ich muß... Verzweifelt der Versuch, sich abzulenken. Niemals mehr würde er die weiten Landschaften der Heimat wiedersehen, das flirrende Licht der Sonne in den Pilzwäldern... Vergeblich stemmte er sich gegen die energetische Barriere, die immer neue sengende Hitzewellen durch seinen Kugelleib schickte. Tulka war nun ganz nahe, dennoch widerstand der Sukoore dem Verlangen, die Augen zu schließen. Damit hätte er seine letzte Chance verschenkt. Das Energiefeld erlosch, als die Kieferzangen zupackten. Doch sie verfehlten ihr Opfer, weil Turrzim-Yalh sich herumwarf und erneut wie von allen Dämonen der Galaxis gehetzt losrannte. Er hatte es geschafft, hatte... Die Übelkeit war schneller. Sie ließ dem Sukooren gerade noch die Zeit zu erkennen, daß er die eigenen Kräfte
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überschätzt hatte. Er taumelte, stürzte, überschlug sich, versuchte vergeblich, sich wieder aufzuraffen... TurrzimYalh stockte der Atem, als die Fangarme des G'Loorn heranzuckten und sich in seinen Leib bohrten. Der Schmerz war unerträglich. In einem anhaltenden Fluchtreflex zappelte Turrzim-Yalh mit Armen und Beinen und bemerkte nicht einmal mehr, daß die Bestie ihn in die Höhe riß. Die Kieferzangen kratzten über sein Gesicht, ätzendes Sekret drang in die offene Wunde und seine Blutbahn ein und löste jene Halluzinationen aus, die er mehr fürchtete als den Tod. Zurück blieben Wunden, die nicht heilen wollten, die immer wieder von neuem aufbrachen und eitrige Flüssigkeit absonderten und die seinen Körper wie die Schwären einer unheilbaren Krankheit übersäten. Tulka labte sich an seiner Verzweiflung. Ich werde dich töten, G'Loorn! Eines Tages Ich werde dich Der Schmerz war unerträglich, der seine Eingeweide zerriß. Nur aus einem der Münder des Sukooren drang ein halb ersticktes Gurgeln. Dann quoll Blut über die Lippen, langsam und langanhaltend, im Rhythmus der erlahmenden letzten Herzschläge. Turrzim-Yalh spürte, daß er starb. Du kommst spät, mein Tod. Viel zu spät. Wo warst du, als ich diese verdammte Station in der Ortung hatte? Das Schwarze Loch soll sie verschlingen! Selbst mit schwindendem Bewußtsein spürte der Sukoore, daß Tulka alle Regungen gierig in sich aufsog. Krepieren sollst du an meinem Leid, du Monstrum... Tulka lachte schallend. Noch einmal stießen seine Kieferzangen in Turrzim-Yalhs Leib, rissen diesmal faustgroße Brocken heraus. Der Sukoore starb in einem Feuerwerk aus Haß und Zorn und Schmerz. Dann war Stille. Zögernd löste Tulka die Klauen von dem Toten. TurrzimYalh war nun doch die Flucht gelungen, wenn auch auf andere Art, als er es sich erhofft hatte. Das war bedauerlich,
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aber nicht mehr zu ändern. Daß sein Herz versagen würde, hatte Tulka nicht vorhersehen können. Achtlos ließ der G'Loorn den ausgemergelten Körper fallen. Die Reinigungsroboter der Station würden ihn beseitigen wie allen anderen Abfall auch. Es war eine gute Entscheidung gewesen, den Kommandanten des Forschungsschiffs zu seiner persönlichen Verfügung zu halten. Noch im Sterben hatte Turrzim-Yalh so viel Haß und Entsetzen empfunden, daß Tulka wochenlang gesättigt sein würde. Der G'Loorn fühlte sich jedenfalls wie neugeboren. Es war ein erhebender Anblick, wie fast fünftausend Spindelschiffe die Hangars der gigantischen SBH-Station verließen und sich sammelten. Nur wenige Lichtmonate entfernt flammte in dem Moment eine Sonne in den Fängen des Black Hole auf, wurde in Gedankenschnelle heller und größer und begann entlang unsichtbarer Schwerkraftlinien zu zerfließen. Ein Stern starb, aber die G'Loorn empfanden nichts dabei. Vielleicht hatte die Sonne Planeten besessen, und auf diesen Welten hatte Leben existiert. Intelligentes Leben. Tulka erschauerte bei dem Gedanken daran, welch unvorstellbare Schmerzwoge in einem solchen Moment freigesetzt wurde. Dennoch lauschte er vergeblich in sich hinein. Die überlichtschnelle Ortung zeigte nur das Ende einer Sonne, deren letzter Lichtschein in wenig mehr als sechs Monaten erst die Station erreichte. Immer noch quollen Spindeln aus dem Inneren der Station hervor, während die ersten schon mit Höchstwerten beschleunigten. Der Kurs war programmiert: Skythos! Die Heimatwelt der G'Loorn lag außerhalb der Chronosphäre, bislang war es nicht gelungen, Funkkontakt aufzunehmen. Tulka setzte sein Schiff an die Spitze des ersten Pulks. Auf den Schirmen erkannte er, daß sich die nächsten Formationen bildeten. Beschleunigung mit Höchstwerten. Nur noch wenige Zeiteinheiten bis zur gefahrlosen Transition. Der
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Bordrechner übernahm die weitere Phase des Anflugs. Tulkas Blick verlor sich in endloser Ferne. Der Physiker lauschte den Gesängen des Zentrums, die leiser geworden waren und in denen sich Wehmut auszudrücken schien. Oder war das nur eine Projektion seiner eigenen Empfindungen? Tulka dachte an Skythos, an die hochtechnisierten Städte, aber ebenso an die naturbelassenen Reservate, in denen alle anderen Lebensformen des Planeten ein Nischendasein gefristet hatten. REFLEXIONEN: Im Grunde ihrer Seele waren die G'Loorn Einzelindividuen, geprägt von der zu Anbeginn ihrer Existenz überaus fruchtbaren Oberfläche ihrer Heimat Skythos. Nur zur Paarungszeit und um die Aufzucht des Nachwuchses zu gewährleisten, hatten sie lockere Gemeinschaften gebildet. Anderes Leben auf dem Planeten hatte nie die Möglichkeit erhalten, sich über ein Nischendasein hinaus zu entwickeln. Ihrer großen Fruchtbarkeit war es zuzuschreiben, daß die G'Loorn sich jahrtausendelang beinahe explosionsartig vermehrt und viele Landstriche kahlgefressen hatten. In der Folge begünstigten die sengende Sonne und heftige Stürme Erosion und rasch voranschreitende Versteppung. Damals, als die G'Loorn lernten, erste Werkzeuge zu gebrauchen, aber auch Waffen, hatten sie sich in vernichtenden Kriegen den enger werdenden Lebensraum streitig gemacht. Zu jener Zeit war aber auch ihr Hang zu epochaler Größe entstanden. Imposante Schlachtengemälde hatten generationenlang den einzigen Lebensinhalt gebildet - G'Loorn waren ihren Gelegen entwachsen, um als heroische Kämpfer durch die Steppen zu ziehen, und erstmals hatten sie sich zu Zehntausenden zusammengeschlossen und niedergemetzelt, was ihnen in den Weg gekommen war. Als Einzelindividuum hatten die Krieger sich zwar untergeordnet, jedoch nie ihr eigenes Ich vergessen und nie den Drang nach größter Leistung, nach der Unsterblichkeit des eigenen Namens. Diese Prägung hatte sogar den Beginn des Raumfahrtzeitalters bestimmt. Raumschiffe
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waren nur Vehikel gewesen, um die Größe der G'Loorn nach außen zu tragen. »Transition beendet«, meldete der Hauptcomputer. »Der Rücksturz erfolgte an den vorherberechneten Koordinaten.« ... zwei Millionen Pooc außerhalb der Umlaufbahn des vierzehnten und damit äußersten Planeten des Heimatsystems. Skarremos war eine trostlose, eisbedeckte Welt und für G'Loorn seit jeher uninteressant. Nicht einmal eine wissenschaftliche Forschungsstation existierte hier. Fünfhundert Spindelschiffe folgten in lockerer Formation Tulkas Schiff - eine Flotte, deren Ankunft in diesem Augenblick auf den Raumstationen und allen bewohnten Planeten höchste Alarmstufe auslösen mußte. Die vorbereitete Kennung jagte in den Äther. In wenigen Einheiten würde jeder G'Loorn auf Skythos und viele Lichtjahre im Umkreis wissen, daß nicht Angreifer sich näherten, sondern... »Strukturerschütterungen!« meldete der Bordrechner. Zwei weitere Pulks zu jeweils fünfhundert Schiffen hatten soeben den Hyperraum verlassen. Auch ihr Kurs zielte auf Skythos. Tulkas Kauwerkzeuge mahlten knirschend. Auf den Bildschirmen wurden die Ortungsreflexe Legion, dennoch hatte er sich die Heimkehr nach einer Million Jahren anders vorgestellt. Triumphaler. Was sich momentan abspielte war wie der Einflug in irgendein beliebiges Sonnensystem. Eine seltsame Leere wühlte ihn auf. Wie würden die G'Loorn reagieren, die heute lebten? Vergeblich lauschte Tulka in sich hinein. Er vermißte die Gesänge des Zentrums, wurde sich erst jetzt bewußt, daß sie beinahe schon ein Stück seiner Existenz geworden waren. Mit Höchstwerten beschleunigend, inzwischen wieder zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit schnell, rasten mittlerweile die annähernd fünftausend Spindelschiffe ihrem gemeinsamen Ziel entgegen. Unaufhörlich wurde die Kennung auf allen Hyperfunkfrequenzen abgestrahlt. Und jeden Augenblick mußte die Antwort eintreffen.
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Wir werden angreifen, durchzuckte es den Physiker. Ein verlockender Gedanke, Skythos in Schutt und Asche zu legen. Millionenfaches Leid und Schmerzen würden Nahrung im Überfluß bieten. Aber aus vielen Gründen war das undurchführbar. Jede andere Welt... »Funkempfang! Wir werden zur Identifikation aufgefordert.« Mit einer unwilligen Kopfbewegung wischte Tulka alle lästigen Überlegungen beiseite. »Funkpeilung!« befahl er. »Antwort auf der entsprechenden Frequenz!« Zum erstenmal dachte er darüber nach, daß sein Name auf Skythos längst Legende sein mußte. Vielleicht gab es niemanden mehr, der über die nötigen Geschichtskennt nisse verfügte. Eine Million Jahre... Die Anfrage war aus dem planetennahen Raum von Skythos erfolgt, von Bord eines Verteidigungsforts. Die Flotte passierte Planet Nummer Dreizehn im Abstand von zwanzig Millionen Pooc. Vultran, um drei Grad über die Ekliptik hinausgehoben, war nur eine felsige Einöde, aber mit Reichtümern versehen, die ihn zum begehrten Objekt gemacht hatten. In gigantischem Tagebau waren die Erzvorkommen ausgebeutet worden. Heute mußten die Flöze längst erschöpft sein. Tulka entsann sich der Berechnungen, die von fünf Jahrtausenden Abbauzeit bei gleichbleibendem Schürfvolumen gesprochen hatten. Die Ortungen erfaßten den Planeten. Nein, sie erfaßten einen Schwärm von Reflexen, die sich annähernd auf der Planetenbahn bewegten. Unterschiedlich große Objekte, einige wohl mehrere hundert Pooc durchmessend, andere kaum größer als Transportfähren. Im energetischen Spektrum waren sie taub. Keine Emissionen im hochfrequenten Bereich. Und die Massewerte definierte Tulka schlichtweg als enttäuschend. Was dort draußen, fern des Muttergestirns, durch die Unendlichkeit trieb, war nichts weiter als taubes Gestein. Die Echos wurden deutlicher. Das waren einige tausend Asteroiden. In der Simulation fügten sie sich zu einem
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Ganzen zusammenfügen -und was da entstand, besaß die Größe eines Planeten. Nummer Dreizehn war irgendwann in der Vergangenheit auseinandergebrochen. Für Tulka war das ohne Bedeutung, er bedauerte lediglich, die Katastrophe als solche versäumt zu haben. »Wir werden immer noch zur Identifikation aufgefordert«, meldete der Bordrechner. »Ausgangspunkt?« Tulka ahnte die Antwort. Die Sendung kam von dem Raumfort viereinhalb Lichtsekunden über Skythos. Aus unerfindlichen Gründen gab es keine Reaktion auf die Antwort. Ein Überlichtscan zeigte den Aufriß des Forts. Zwei einander kreuzförmig durchdringende Spindeln, jede fünfzehn Pooc lang. Die Energieabstrahlung war denkbar gering. »Beide Aufforderungen wurden analysiert«, meldete der Bordrechner. »Sie sind identisch, keine Schwankung im Stimmbereich oder in der Terminierung.« »Das bedeutet?« »Wir empfangen eine Aufzeichnung, die in regelmäßigen Abständen computergesteuert abgestrahlt wird. Möglicherweise haben die Transitionsschocks den Beginn der Sendung ausgelöst.« »Ist das alles?« »Kein weiterer Funkempfang, wenn du das meinst.« »Bei allen Wüsten von Skythos, genau das meine ich«, fauchte Tulka. Geflissentlich übersah er die zu Dutzenden eintreffenden Anfragen aus der Flotte. Er stieß eine heftige Verwünschung aus. Keine Wachschiffe, die vor den Eindringlingen materialisierten... Keine Hyperfunksprüche, die zum Stoppen aufforderten, von der einzigen automatischen Wiederholung einmal abgesehen. »Wir sind zu spät gekommen«, murmelte Tulka betroffen. »Viel zu spät.« Die Raumstation über Skythos war ein Wrack. Aber nicht
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nur die Kollision mit Asteroiden hatte die Außenhülle großflächig zernarbt, explodierende Konverter hatten die stählerne Hülle aufgerissen und teilweise geschmolzen. Während die eine Spindel selbst auf mehrere zehntausend Pooc Distanz erkennen ließ, daß sie von verheerenden Gluten verwüstet worden war, zeigten die Ortungen in der anderen Hälfte steigende Energiewerte. Ununterbrochen empfingen die fünftausend Spindeln die Aufforderung zur Identifikation. Monoton wiederholt. Unheimlich. Bis zu einer Distanz von 100.000 Pooc. Die Energieortung erfaßte ein Anschwellen der Spitzenwerte. Ther-moprojektoren wurden beschickt, und nur den Bruchteil eines Augenblicks später hämmerten die ersten Strahlbahnen in den Schutzschirm von Tulkas Spindel. Das Schiff reagierte sofort und schlug zurück. Und etliche Einheiten aus dem Pulk ebenfalls. Die Strahlbahnen woben ein flirrendes Netz in der Schwärze des Alls. Wo sie das ungeschützte Fort trafen, entluden sie sich in sprühenden Kaskaden. Eine Vielzahl von Einschlägen vereinte sich zu einem lodernden Glutball, der in Gedankenschnelle anwuchs und sich ausdehnte... und die Station in einer irrlichternden Explosion zerriß. Vorübergehend flammte eine zweite Sonne über Skythos auf, die das Zentralgestirn an Helligkeit um ein Vielfaches übertraf. Aber ebenso schnell fiel das atomare Lodern auch wieder in sich zusammen, gebar es einen nicht enden wollenden Regen glühender Trümmer, die nach allen Richtungen auseinanderstrebten. Die Formation der fünftausend Spindelschiffe in zehn Pulks hatte sich schnell aufgelöst. Während die ersten G'Loorn bereits zur Landung auf Skythos ansetzten, ging das Gros der Flotte in den unterschiedlichsten Höhen in den Orbit. Zumindest auf der Nachthälfte des Planeten mußte es aussehen, als senke sich ein Meteoritenschwarm herab. Keine Reaktion auf neue Funkanrufe. Tulka hatte seine Bemühungen eingestellt. Starr verfolgte er die Computerauswertung der Ortungen, während sein Schiff bis auf fünfzig Pooc über die Oberfläche des Planeten
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absank und in einen Orbit einschwenkte, der innerhalb von jeweils fünf Einheiten beide Pole tangierte. Die großen Städte und Raumhäfen hatten sich in Äquatornähe befunden, waren im Bereich der einstigen Wüstenregionen entstanden. Die Nachtseite des Planeten erinnerte in ihrer lichtlosen Schwärze an das Black Hole im galaktischen Zentrum. Die Oberflächentaster zeigten ausgedehnte Wälder, die in dieser Größe und Geschlossenheit niemals innerhalb weniger Jahre Eine Million Jahre waren auf Skythos vergangen, entsann sich der Physiker. In dieser Zeit veränderten Welten grundlegend ihr Gesicht. Wenn man die Veränderungen zuließ. Tulkas Fangarme trommelten auf die Schaltkonsole. Langsam sank die Spindel tiefer. Vor und hinter und neben ihr durchpflügten andere Schiffe die mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre. Auch das kannte er nicht an Skythos. Heftige Gewitter tobten in den unteren Schichten der Lufthülle und breite Wolkenbänder flammten immer wieder infolge starker elektrischer Entladungen auf. Die Wälder wirkten surreal fremd. Pflanzen wie diese kannte Tulka nicht, sie mußten nach der Aktivierung der Black Hole-Schale entstanden sein. Durch natürliche Mutation? Oder waren die G'Loorn an gentechnischen Experimenten gescheitert? Bestand womöglich ein Zusammenhang mit den eigenen körperlichen Veränderungen? Einzelne Bäume schraubten sich bis zu zweihundert Meter in die Höhe. Die Pflanzen kämpften um jede Handbreit Licht, weil ausgedehnte Landstriche unter einem üppig grünen Teppich schier erstickten, den nur die Scanner durchdringen konnten. Der Funkverkehr innerhalb der Flotte war längst zum Chaos avanciert. Tulka achtete schon nicht mehr darauf, er konzentrierte sich ausschließlich auf die Ortungsdaten. Das Schiff überflog die Zwielichtzone. Nur noch zweitausend Pooc voraus hatten die Hauptstadt des
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Planeten und der größte Raumhafen gelegen. Eigentlich sollten dort in Minutenabständen Spindeln starten oder landen, statt dessen herrschte die Ruhe einer leblosen Welt. Dichte Wolkenbänke verwehrten noch die Direktsicht. Im Bereich der ehemaligen Stadt schien ein sintflutartiger Regen niederzugehen. Augenblicke später war Tulka hindurch. Hunderte anderer Schiffe hingen über der Metropole - die längst keine mehr war. Dichter Dschungel erstreckte sich von Horizont zu Horizont. Bis in eine Höhe, die eigentlich von den Hochbauten der G'Loorn beherrscht werden sollte. Tulka erinnerte sich an kühn geschwungene Transportbänder, an Schwebebahnen und Flugverkehr. Das alles hatte der Stadt pulsierendes Leben eingehaucht. Doch heute wucherte ein grünes Leichentuch darüber. Die Ortung zeigte schwache metallische Strukturen. Zweifellos die Überreste einstiger Straßenzüge oder Gebäudefundamente. Mehr war nicht geblieben von der Hochzivilisation. Tulka legte die Fangarme an und schrie seinen Zorn und seine Hilflosigkeit hinaus. Einzelne Thermostrahlen zuckten aus den schweren Schiffsgeschützen und brannten runde Schneisen in den Dschungel, unter dem die Ruinen der Stadt begraben lagen. Die ersten Spindeln landeten. Ein Hologramm entstand, das Gesicht eines G'Loorn, der es geschafft hatte, Tulkas Empfangssperre zu umgehen. »Diese Verrückten vernichten, was noch Aufschluß geben könnte«, begann Opac ohne jede Vorrede. »Halte sie von dem Wahnsinn ab, Tulka. Je mehr landen, desto weniger werden wir später in Erfahrungen bringen können.« »Was willst du noch erfahren, Opac?« stieß der Physiker unwillig hervor. »Hier existieren nicht einmal mehr Ruinen.« »Ich sehe, daß unsere Flotte eine Ewigkeit zu spät gekommen ist. Was auf Skythos geschah, ist nicht das Werk weniger Jahre.« »Ich werde niemanden hindern, unser Erbe anzutreten.«
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Mit einem harschen Befehl an den Hauptcomputer unterbrach Tulka die Funkverbindung. Nur noch dreihundert Meter hoch schwebte seine Spindel über eine Region hinweg, die einst zu den ausgedehnten hyperphysikalischen Forschungslabors gehört hatte. Hier hatte die Elite des G'Loorn gearbeitet - und hier würde eines Tages wieder die Elite arbeiten. »Was geschehen ist, ist ein Aspekt der Zukunft«, murmelte Tulka im Selbstgespräch, »aber das ist nicht endgültig.« Immer mehr G'Loorn brannten mit den Geschützen einen Landeplatz frei. Dichte Rauchsäulen standen in der verwaschenen Helligkeit, sie wirkten wie Säulen, die das bleierne Firmament trugen. Der Regen hatte aufgehört. An vielen Stellen brannte der Dschungel trotz der herrschenden Nässe, brach die Glut wie flüssige Lava aus der Düsternis hervor. Tulka hätte schreien können vor Zorn und Entsetzen. Skythos, die Heimatwelt der G'Loorn, zum unbewohnten, bedeutungslosen Planeten verkommen... Schwer fielen seine Klauen auf die Feuerknöpfe. Die Spindel bebte unter dem Abschuß der Geschütze, während die atomaren Gluten eine neue Bresche in den Dschungel schlugen und gigantische Urwaldriesen in lodernde Fackeln verwandelten. Ein gewaltiger Hitzesog wirbelte Asche und brennende Pflanzenteile bis weit in die Atmosphäre hinauf. Inmitten des entfesselten Chaos landete der Spindelraumer auf dem nachglutenden Boden. Vor einer Million Jahren war das Erdreich hier versiegelt gewesen, hätte nicht ein Halm seine Wurzeln ausbreiten können. Aber das war sehr lange her. Tulka richtete sich zu voller Größe auf. Er wußte plötzlich, daß das Schicksal ihn nicht betrogen hatte. Er war hier, eine Million Jahre in der Zukunft, um seinem Volk die Macht zurückzugeben... ... und um die Zeit endgültig zu besiegen. Das war seine Aufgabe. Mehr als zweieinhalbtausend Spindelschiffe waren auf Skythos gelandet, die anderen hingen nach wie vor im Orbit und einige wenige G'Loorn hatten sogar die
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Nachbarplaneten angeflogen, auf denen es kaum anders aussah als auf der Heimatwelt. Keine Spur mehr von Überlebenskuppeln in der Giftgasatmosphäre Molluroms, die hängenden Stationen der Nachbarwelt Illiom schienen sich ebenso in Luft aufgelöst zu haben wie die Kristallbergwerke auf Tutucham. Grauer, feinkörniger Staub - mehr war von der Technik der G'Loorn und ihnen selbst nicht geblieben. Auf dem atmosphärelosen Bergwerksmond war dieser Staub für alle Ewigkeit konserviert. Der Hauptcomputer hatte diese Neuigkeiten aus dem anhaltenden Chaos auf allen Frequenzen herausgefiltert. Die G'Loorn, hochqualifizierte Wissenschaftler und Techniker, reagierten nach wie vor kopflos. Tulka erkannte das daran, daß einzelne Spindeln, kaum im Dschungel gelandet, schon wieder mit höchsten Beschleunigungswerten starteten und als glühende Punkte im Zenit verschwanden. Tage würden vergehen, bis alle ihr Entsetzen über die plötzliche Bedeutungslosigkeit von Skythos überwanden und in gewohnten Bahnen zu denken begannen. Tulka erkannte Maarus' Spindel, die urplötzlich die Wolkendecke durchbrach und nur wenige tausend Meter von seinem Schiff entfernt eine Schneise brannte und ebenfalls landete. Die Bildsprechverbindung zwischen beiden Schiffen kam nahezu gleichzeitig zustande. Tulka erschrak über Maarus' Aussehen. Mit knapp vierhundert Jahren näherte der Alte sich dem Ende seiner Existenz, doch in dem einen Tag seit dem Aufbruch von der Station schien er rapide gealtert zu sein. Sein Schädel wirkte kantig, beinahe spitz, das Augenband war gelb verfärbt, und aus der Kauöffnung troff schaumiges Sekret auf den Brustpanzer. Das Chitin zeigte Auflösungserscheinungen wie sie erst in den letzten Monaten vor dem Tod auftraten, unter den dünner gewordenen Platten schimmerte bereits das Fleisch durch. Im allgemeinen war das ein Vorgang, der Monate in Anspruch nahm -bei Maarus beschränkte er sich offensichtlich auf wenige Tage. Auch die Hybridkomponenten wirkten welk, Wurzelfasern
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klebten als bleiches Geflecht an Maarus' Panzerung. Wie ein Gespinst, das sich zum Kokon aufbauschte, der den Leichnam eines Tages umhüllen und konservieren würde. Vielleicht war diese Vermutung nicht einmal so abwegig. G'Loorn hatten immer schon nach einer Möglichkeit gesucht, die Zeiten zu überdauern, Körper und Geist hinüber zu retten ans Ende des Universums und der Zeit. »Nichts hat die Jahre überdauert, Tulka.« Wie Hohn klangen die Worte in dem Moment. »Es ist unbegreiflich für mich, das erleben zu müssen.« Maarus' Stimme klang leise und schleppend, nichts an ihr zeugte mehr von der Kraft, die der Alte noch kurz nach der Aktivierung der Black Hole-Schale besessen hatte. »Wir«, entgegnete Tulka härter als beabsichtigt, »haben die Zukunft erreicht und werden unserem Volk zu neuem Ansehen verhelfen. Heute weiß ich, daß genau das meine Bestimmung ist.« »Du denkst an Duroms Bericht?« »Ich werde in der Zeit zurückkehren und dafür sorgen, daß unser Volk überlebt.« Maarus' Geste wirkte müde, als er zu einer weit ausholenden Bewegung ansetzte. »Mag sein, daß es wirklich so einfach ist, und vielleicht schließt sich der Kreis, der mit der KARIMJEN begann. Nur ich werde nicht mehr dabei sein, Tulka. Ich fühle mich schwächer, seit wir die Chronosphäre verlassen haben, als könnte ich nur dort Schutz und Geborgenheit finden.« Auch Tulka spürte ein wachsendes Unbehagen, eine Unruhe, die ihn zwingen wollte, viele Dinge gleichzeitig zu tun. Als sei seine innere Uhr aus dem Takt geraten und laufe plötzlich schneller ab. »Ich vermisse die Gesänge des Zentrums«, sagte Maarus. »Aber was auch geschieht, Tulka, wir müssen eine Antwort auf unsere Fragen finden. Was ist aus den G'Loorn geworden? Ist unser Volk einfach ausgestorben...?« »Niemals!« keuchte Tulka gequält. »Wir waren perfekt, niemand konnte uns gefährlich werden. Warum also sollte unsere Art, nach kosmischen Maßstäben, von so kurzer Dauer gewesen sein?«
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»Vielleicht wurden wir von einem überlegenen Gegner besiegt.« »Es gibt keine überlegenen Gegner«, brauste Tulka auf. »Das haben wir bewiesen und...« »Und wenn wir selbst dieser Gegner waren? Wenn der Untergang und das Verschwinden der G'Loorn-Kultur auf den gescheiterten Versuch zurückzuführen sind, das Super Black Hole anzuzapfen? Das war ein Versuch, unsere Zivilisation zu ungeahnten Höhen aufsteigen zu lassen, und dieser Versuch ist kläglich fehlgeschlagen.« »Du redest wirr, Maarus.« »Das ist deine Sicht der Dinge. Die Black Hole-Schale wurde aktiviert, die Station hätte Energien aus dem Zentrums-Black Hole abzapfen können, aber wir haben nie Verwendung für diese Energie gefunden, weil wir nicht darauf vorbereitet waren, den Madenfraß sofort zu nutzen.« Tulka reagierte überaus ärgerlich. »Du stiehlst mir meine Zeit, alter Mann«, brauste er auf. »Was du von dir gibst sind hohle Phrasen und Wiederholungen. Wir haben unsere anfängliche Schwäche überwunden wir werden auch alle anderen Schwierigkeiten aus dem Weg räumen.« Eine Treibhausatmosphäre schlug ihm entgegen, wie er sie von anderen Welten kannte. Auf Skythos war das jedoch eine völlig neue Erfahrung. Der Untergrund, feucht und schwammig, hatte dem Gewicht der landenden Spindel trotz des Antigravs nicht standgehalten und war aufgebrochen. Eine brackige, Blasen werfende Brühe schwappte an der Außenhülle des Raumers empor, der mit deutlicher Schräglage zur Ruhe gekommen war. Es stank nach Fäulnis und Verwesung, aber auch Rauch wälzte sich noch über die mit Waffengewalt geschaffene Lichtung. Wenn Tulka den Kopf weit in den Nacken legte, sah er über sich immer noch nachglutende Äste und Laub. Hin und wieder sank ein Funkenregen irrlichternd in die Tiefe. Bis weit über das Sprunggelenk versank Tulka im Schlamm, der sich klebrig um seine Füße legte. Er achtete kaum darauf, stapfte quer über die Lichtung, bis er
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zwischen den gewundenen Baumriesen endlich etwas festeren Boden spürte. Wo heute Sumpfgase in faustgroßen Blasen an die Oberfläche stiegen und mit sattem Geräusch zerplatzten, hatten sich einst hochtechnisierte Laborkomplexe erstreckt. Es gab keine Zweifel, die Einpeilung der geographischen Daten war fehlerfrei. Tulkas Handscanner registrierte indes weder Hohlräume noch versteckte Energieflüsse, die das Vorhandensein von Konvertern oder Speicherbänken bewiesen hätten. Bis in dreißig Meter Tiefe bestand der Boden aus einer homogenen Masse geringer Dichte, eben jenem Schlammgemisch, das zumindest für die Region typisch zu sein schien. Das Fauchen eines Thermogeschützes, das in geringer Entfernung weitere Baumriesen verbrannte und eine neue Lichtung schuf, schreckte Tulka aus seinen Betrachtungen auf. Feurige Eruptionen schössen in die Höhe, gefolgt von einer sengenden Hitzewelle, dann senkte sich ein mächtiger Schatten herab. Verstärkt stiegen Fäulnisgase auf, die Schlammkruste brach an vielen Stellen, aber ebenso rasch ebbten die Beben wieder ab. Keine Tiere stoben kreischend und in Panik versetzt davon, die einzige Geräuschkulisse blieb das Blubbern im Untergrund. Es gab kein Leben, das auf Skythos die Nachfolge der G'Loorn angetreten hätte, abgesehen von dem üppigen Dschungel. Skythos war eine fast tote Welt. Und fünftausend G'Loorn waren im Begriff, ihrer Welt endgültig den Todesstoß zu versetzen. Zum erstenmal kam Tulka in den Sinn, daß sie vielleicht wertvolle Spuren und Hinweise vernichteten. In ihrem Entsetzen über den Zustand der Heimatwelt und das Verschwinden ihres Volkes waren sie weit über ihr Ziel hinausgeschossen. Aber so wenig wie er die Funksprüche der anderen beachtet hatte, so wenig würden sie auf seine Warnungen hören. Die Einsicht mußte erst wachsen, aber sobald das erste Entsetzen abgeklungen war, spätestens in einigen Tagen, würden die G'Loorn die ihnen fremd gewordene Welt
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wieder verlassen und anfangen, sich vernünftige Gedanken zu machen. Schneller stakte Tulka über die trügerische Oberfläche, ließ sich nach einer Weile auch auf die mittleren Gliedmaßen niedersinken und entwickelte auf diese Weise eine beachtliche Geschwindigkeit. Zweimal begegnete er anderen G'Loorn, die aber kaum ansprechbar waren und auf seine Nähe nicht reagierten. Sie wühlten mit Schürfgeräten im Boden, als könnten sie auf diese Weise das verlorene Erbe ihres Volkes zurückgewinnen. Ein anhaltendes fahles Halbdunkel herrschte, obwohl die Sonne im Zenit stehen mußte. Doch aus der Höhe drang ein lauter werdendes Bersten und Krachen herab, als tobte ein gewaltiger Orkan zwischen den Wipfeln. Die Baumkronen reckten sich der Mittagssonne entgegen und zerfetzten sich gegenseitig. Abgerissene Pflanzenteile bohrten sich wie Geschosse in den Untergrund, der sie langsam verschluckte. Weiterhin keine Energieortung, nur gelegentlich massivere Strukturen tief unter dem Schlamm, die auf die Fundamente großer Gebäude schließen ließen. Vielleicht hätte es sich sogar als lohnend erwiesen, an den betreffenden Stellen zu graben. Aber genügte nicht die Erkenntnis, daß die Kultur der G'Loorn längst ausgelöscht war? Tulkas klares Denken wurde mehr und mehr von Empfindungen überlagert, die er noch vor kurzem mit einer verächtlichen Geste beiseitegewischt hätte. Tief in ihm wuchs ein quälendes Verlangen, der Zwang danach, die Vergangenheit wie eine alte vertrocknete Haut abzustreifen und Bedeutungsvolleres zu schaffen. Nichts war mehr so wie es sein sollte, gewachsene Werte hatten längst jede Bedeutung verloren, und an ihre Stelle war ein erschreckendes Vakuum getreten. Vergeblich lauschte Tulka in sich hinein. Die Vielfalt der Stimmen und ihr Gesang, die ihn in den letzten Jahren begleitet hatten, waren verschwunden. Zurück blieben eine erschreckende Leere und das Gefühl, vernichten zu müssen, um Neues zu erschaffen.
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Tulka stieß einen heiseren Aufschrei aus. Dann begann er zu rennen. Blindlings. Angetrieben von einem namenlosen Zwang, dem er nicht widerstehen konnte. Er kam erst wieder halbwegs zur Besinnung, als vor ihm der Rumpf seines Spindelschiffs aufwuchs, der mittlerweile gut zwei Meter tiefer im Schlamm versunken war. Die erste Betroffenheit der G'Loorn war einer zögernden Analyse gewichen. Die Auswertung des Funkverkehrs durch den Hauptcomputer zeigte Tulka eine steigende Tendenz, die Ursache der Veränderungen zu ergründen. Einige Wissenschaftler und Techniker hatten sich bereits zusammengeschlossen und begonnen, den Dschungel auf einer größeren Fläche zu roden. Das Areal maß einige Pooc im Quadrat. Vier Spindeln schnitten mit scharf gebündelten Thermostrahlen den Boden auf und rissen mit Traktorstrahlen die Bodensegmente heraus. Innerhalb kürzester Zeit wurde ein gewaltiger Schacht in die Tiefe freigelegt. Energiefelder stabilisierten die nachgebenden Seitenwände. Immer mehr Schiffe fanden sich über dieser Region ein. Bald waren es einige hundert, und auch in anderen Gebieten begannen ähnlich massive Grabungsarbeiten. Einige Gruppen stießen sogar auf Ruinen. Doch sie fanden nur spärliche Reste des hochwertigen molekular verdichteten Stahls. Das Material war porös wie die Borke uralter Eisträucher und löste sich schon bei schwacher Berührung in Staub auf - Staub, der in allen Bodenproben enthalten war, wie Analysen unzweifelhaft bewiesen. Dieser Staub war unfähig, molekulare Bindungen einzugehen, selbst mit Sauerstoff reagierte er nicht. Das erklärte die trügerische Oberfläche, warf aber zugleich eine Vielzahl neuer Fragen auf. Aus Hochrechnungen folgte, daß die Oberfläche des Planeten irgendwann einen halben Meter hoch mit Staub bedeckt gewesen sein mußte, der sich im Laufe langer Zeit jedoch mit Sedimenten vermischt hatte. Der Planet Skythos, der vor einer Million Jahren kaum noch vulkanische Aktivitäten aufgewiesen hatte, besaß heute mehr als zwei Dutzend aktiver Vulkane.
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Tulka errechnete, daß alle zivilisatorischen Errungenschaften der G'Loorn zu Staub zerfallen sein mußten. Nur so erklärte sich dessen Volumen. Auf irgendeine Weise war das Molekülgefüge von Plastbeton ebenso wie Stahl oder anderen Materialien aufgelöst worden. Waffeneinwirkung? Hatten die G'Loorn sich in einem vernichtenden Krieg selbst ausgelöscht, oder waren sie Unbekannten unterlegen? »Warum haben die G'Loorn nicht versucht, sich wieder auf Skythos anzusiedeln?« fragte Ren Dhark nachdenklich. »Mit ihren technischen Möglichkeiten wäre es bestimmt machbar gewesen.« Der Skythe schwieg lange, ehe er antwortete. Aber auch dann erschien es, als sträube er sich innerlich gegen diesen Gedanken. »Das wäre der Bedeutung unseres Volkes nicht gerecht geworden.« Jäh richtete Opac sich zu seiner vollen bedrückenden Größe auf und seine Zangen schlugen hart aufeinander. Dhark konnte deutlich die spitzen Dornen seiner Fangarme sehen und ein eisiger Schauer lief seinen Rücken hinab. Obwohl er es fast schon geschafft hatte, Opacs Fremdartigkeit zu verdrängen und in dem Skythen einen Freund zu sehen, brachen schlagartig alle Vorurteile wieder auf, ob berechtigt oder nicht. Das Wesen der G'Loorn war auf Macht und Stärke ausgerichtet, sie akzeptierten es nicht, mit Mißerfolgen konfrontiert zu werden. Noch dazu, wenn ein Angehöriger eines unterlegenen Volkes solche Worte aussprach. Minutenlang behielt Opac seine angespannte Haltung bei, bevor er langsam in sich zusammensank. Der Blick seines Augenbandes, der sich scheinbar in der Unendlichkeit verloren hatte, kehrte in die Gegenwart zurück und fand den Terraner. »Versetze dich in unsere Situation, Ren Dhark«, stieß er abgehackt hervor. »Hättest du versucht, den Ort des Untergangs deines Volkes wiederzubesiedeln?« Das hatte Dhark sich selbst schon gefragt. Mehrmals sogar. Und die Antwort darauf war eindeutig.
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»Kein Mensch würde die Erde aufgeben«, sagte er und dachte gleichzeitig daran, welche Opfer der Wiederaufbau Terras noch fordern würde. Die Giants hatten ein Chaos hinterlassen. Bis die Infrastruktur wieder den gewohnten Standard erreichte, würden Jahre vergehen. Allerdings war die Erde nicht völlig verwüstet worden. Und auch dann hätten Menschen die Ärmel hochgekrempelt, in die Hände gespuckt und die Basis für einen Neubeginn geschaffen. »Kannst du dir einen anderen Weg vorstellen als einen mühsamen Wiederaufbau?« wollte Opac wissen. Auf den Schirmen loderte immer noch die rote Riesensonne, und irgendwo, vielleicht nur Lichtjahre weit entfernt, wartete die Mannschaft der POINT OF auf ein Lebenszeichen der Verschollenen. Möglich, daß sie inzwischen die sechs Flash geborgen hatten, die an Bord des Duck-Raumers zurückgeblieben waren. Aber dann mußten sie sich erst recht fragen, was geschehen war. »Der zweite Weg ist die Zeit, Ren Dhark!« Opac hatte sich entspannt und bot nicht mehr den Anblick eines Rieseninsekts in Lauerstellung. »Tulka war es, der nach zweieinhalb Tagen alle G'Loorn aufforderte, zur Station zurückzukehren.« »Es ist unter der Würde eines G'Loorn, im Schlamm zu wühlen. Wir dürfen nicht vergessen, wer wir einmal waren. Nur wenn wir uns unserer glorreichen Vergangenheit besinnen, wird diese Zeit wirklich wiedererstehen, und nur dann gehört uns die Zukunft. Es war eine unvorhersehbare Katastrophe, die uns eine Million Jahre in die Zukunft geschleudert hat - und vielleicht hat auch diese Katastrophe Skythos zu dem gemacht, was wir heute sehen. Aber wir werden in der Zeit zurückkehren, damit Skythos nie zu einer dampfenden Dschungelwelt werden kann.« Viereinhalbtausend Spindeln hingen bereits wieder im Orbit über dem toten Planeten - eine gewaltige Armada, deren Schlagkraft ausgereicht hätte, die Galaxis mit Tod und Vernichtung zu überziehen. Auch die übrigen Schiffe fanden sich allmählich ein.
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Einige G'Loorn waren zu benachbarten Sonnensystemen geflogen, sie brachten aber keine besseren Informationen. Wo G'Loorn gelebt hatten, waren ihre Spuren ausgelöscht. Nichts außer Staub hatte die Zeit überdauert - Staub wie ihn auch Waffen hinterließen, die den atomaren Zusammenhalt beschossener Objekte auflösten. »Wir werden die Katastrophe rückgängig machen, die uns in die Zukunft schleuderte. - Jetzt weiß ich, daß Durom an Bord der KARIMJEN wirklich mir begegnete, und schon deshalb werde ich es schaffen. Wir alle werden es schaffen.« Anfangs nur verhaltene Zustimmung, aber schon kurz darauf Begeisterung. Die G'Loorn begannen zu begreifen. Die unerschöpflichen Energien des Super Black Hole zu nutzen, um eine Million Jahre in die Vergangenheit zurückzukehren und zu verhindern, daß die Katastrophe stattfand, das war eine Herausforderung, deren Größe G'Loorn-Mentalität entsprach. Nur wenige Stimmen warnten vor noch schrecklicheren Folgen. Sarmus war einer dieser G'Loorn, er gehörte zu der Gruppe Techniker, die am Bau der Energiezapfer beteiligt gewesen waren. »Wir haben eine Katastrophe ausgelöst, wir wollen nicht die Schuld auf uns laden, daß unser nächstes Experiment womöglich die halbe Galaxis auseinanderreißt.« »Du redest wirres Zeug, Sarmus.« »Ich warne nur vor den Folgen eines zweiten überstürzten Versuchs. Du bist ein alter Mann geworden, Tulka, vergiß das nicht. Früher magst du ein Genie gewesen sein, aber...« Sarmus' Raumschiff stand nur wenige Dutzend Pooc von Tulkas Spindel entfernt. Der Feuerschlag erfolgte überraschend, und noch ehe sich die Schutzschirme aufbauen konnten, fraßen sich Tulkas Waffenstrahlen durch das Heck bis zu den Konvertern und dem Antriebssystem vor. »Du bist wahnsinnig, Tulka, ein Verbrecher...« Sarmus' gellender Aufschrei verhallte, als seine Spindel in Atome zerstäubte. Daß die Glutwolke zwei weitere Schiffe ins Verderben riß, konnten selbst die Bordcomputer nicht verhindern. Zu dicht hingen die Schiffe im Orbit über
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Skythos. Tulka stand in dem Moment zwischen den Kontrollen seines Schiffes und starrte ins Leere. Er spürte Sarmus' Todesangst und sog sie gierig in sich auf. Es war richtig, er war längst ein alter Mann, und seit er die Chro-nosphäre verlassen hatte, fühlte er sich gebrechlicher als zuvor. Hier draußen, außerhalb der Black Hole-Schale, das war nicht mehr seine Welt. Er mußte zurück, und er würde sich dieses Zurück notfalls mit Waffengewalt erkämpfen. Sarmus war tot. Bedauern kroch in Tulka empor. Endgültig wurde ihm bewußt, daß er das Leiden und Sterben anderer brauchte, um sich selbst am Leben zu halten. Und er mußte leben, um den G'Loorn zu dem Platz in der Galaxis zu verhelfen, der ihnen zustand. Fast empfand er es als enttäuschend, daß die beiden anderen G'Loorn in ihren Schiffen gestorben waren, ohne Furcht zu empfinden. Alles war so wahnsinnig schnell geschehen, daß sie ihren Tod nicht einmal gespürt hatten. Maarus' Anruf erreichte Tulka Tage später, als er auf der Station mit neuen Messungen begonnen hatte. Maarus sah schlecht aus, schien vom Tode gezeichnet zu sein. Er stieß unzusammenhängende Worte hervor, als sei er des Sprechens kaum noch mächtig. »Was willst du?« herrschte Tulka den Alten an. Maarus' Fangarme zuckten unkontrolliert. Mehrmals versuchte er, sich zu artikulieren, brachte aber nicht viel mehr als ein dumpfes Ächzen hervor. »Skythos...«, verstand Tulka. »... verbrennt mich, und es tötet...« Zeitlupenhaft langsam brach Maarus vor der Aufnahmeoptik zusammen. Drei Zeiteinheiten später stand Tulka in Maarus' Unterkunft. Das erste was ihm auffiel, war ein dumpfer, modriger Geruch nach feuchter Erde. Im Schein von Kunstlichtlampen rankten dünne Triebe in Aufzuchtbehältern die Schößlinge von Eisträuchern. Eine Vielzahl Pflanzen war bereits verdorrt.
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Augenblicke später fand Tulka den Alten. Sein Körper hatte sich erschreckend verändert. Der Leib, das untere Beinpaar und die Fangarme waren aufgequollen, die blutigen Fleischwucherungen hatten den Chitinpanzer gesprengt. Maarus wälzte sich im eigenen Saft, versuchte vergeblich, sich hochzustemmen. Er litt Schmerzen. Das spürte Tulka überdeutlich. Plötzlich stand er nur noch da und schaute dem Alten beim Sterben zu - und sog dessen Todeskampf gierig in sich auf. Bei der geringsten Bewegung brachen Maarus' Geschwüre auf und sonderten eine blasse Flüssigkeit ab. Maarus bäumte sich immer heftiger auf. »Leidens... sporen. Samen der Eisträucher... von Skythos. Es tötet... mich...« Chitinringe platzten mit gräßlichem Geräusch. Maarus wimmerte nur noch, hatte längst nicht mehr die Kraft, zu schreien. Gleich darauf streckte sich sein Körper - er war tot. Tulka stand lange da und lauschte dem verwehenden Entsetzen. Erst nach einer ganzen Weile löste er sich. Zwei geöffnete Samenkapseln von Eisträuchern lagen auf dem Tisch, doch er hütete sich, sie anzufassen. Maarus' Schicksal war ihm Warnung genug. Auf der Station und an Bord der Spindeln gab es keine Eisträucher mehr, die noch Samen produziert hätten. Maarus konnte die Kapseln also nur auf Skythos eingesammelt haben. Wahrscheinlich waren sie ebenso verändert wie die Oberfläche der Welt. Deshalb wirkten sie toxisch. Vielleicht ein Berührungsgift, das qualvoll tötete. »Leidenssporen«, wiederholte Tulka sinnend. Er rief die Gentechniker herbei. Wahrscheinlich ließen sich die Samen brauchbar weiterverarbeiten.
18. Opac entwickelte plötzlich eine hektische Geschäftigkeit. Ohne länger auf den Terraner zu achten, nahm er eine Vielzahl von Schaltungen vor und kommunizierte mit dem Hauptcomputer.
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Auf zwei Monitoren wurden neue Werte eingeblendet. Einer zeigte ein kleines spindelförmiges Etwas, kaum größer als drei oder vier Meter, das einen Schacht im Rumpf des Zylinderschiffs verließ und mit flammenden Triebwerksdüsen aus dem Erfassungsbereich verschwand, auf dem anderen Monitor erschienen rasch wechselnde Symbolgruppen. Kein Zweifel, Opac hatte eine Sonde gestartet. Zu welchem Zweck auch immer. Und diese Sonde stand nicht nur über Normalfunk mit dem Schiff in Verbindung. »Ich halte das für riskant«, warnte Dhark. »Unter den Umständen kannst du auch einen Hilferuf an die POINT OF senden.« Der Skythe reagierte nicht. Eingeblendete Distanzangaben. Soweit Dhark die Schriftzüge zu deuten verstand, näherte sich die Sonde der Transitionsgeschwindigkeit. Wenig später verschwand sie aus diesem Kontinuum. Welcher Wahnsinn. Falls G'Loorn die Strukturerschütterung anmaßen, und daran bestand kaum ein Zweifel, würden sie in Kürze mit einer Flotte im Bereich des Roten Riesen erscheinen. »Du schaufelst unser eigenes Grab«, sagte Ren Dhark mit Nachdruck. Endlich wandte Opac den Kopf. Dhark erschrak über den Ausdruck unbeugsamer Härte, der sich selbst in die weichen Bereiche des Insektengesicht eingegraben hatte. Dort, wo sich pflanzliche Komponenten mit Chitin mischten. »Ich werde aus deinem Verhalten nicht schlau«, fuhr Ren Dhark fort. »Du widersprichst dir selbst - oder ist dir plötzlich egal, ob dein Schiff von G'Loorn vernichtet wird oder nicht?« Aus fünf Lichtjahren Distanz funkte die Sonde auf Hyperfrequenz Meßdaten. Dhark zweifelte nicht daran, daß sie das auf Richtstrahl tat, aber selbst solche Sendungen konnten eingepeilt werden. Opacs Hybridtentakel ringelten sich wie ein Haufen Regenwürmer. Grünbraune Flüssigkeit tropfte von ihnen ab
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und überzog das Schaltpult mit einer schleimigen Schicht. Ren Dhark interpretierte das als Anzeichen äußerster Erregung des Skythen. »Tulka ist schlimmer als ein Sternendämon«, stieß Opac hervor. »Er ist immer noch imstande, seine Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. Solange die Chronosphäre Bestand hat, kann Tulka die Zweite Wirklichkeit einleiten.« »Ein Zeitparadoxon, um das Ende der G'Loorn-Kultur zu verhindern.« Ren Dhark war nachdenklich geworden. Ein aberwitziger Gedanke hing zwischen seinen grauen Zellen fest und ließ sich nicht vertreiben: Was, wenn die Insektoiden erst in der jüngeren Vergangenheit auf einen Gegner gestoßen waren, dem sie nicht hatten widerstehen können? Der amorphe Staub auf Skythos und den anderen einst von G'Loorn bewohnten Welten war vielleicht doch auf Waffeneinwirkung zurückzuführen. Hatten die Mysterious zugeschlagen, um die Galaxis von einer Geißel zu befreien? Dhark dachte an den Duststrahl, über den POINT OF und Flash verfügten, ein maximal lichtschneller Energiestrahl, der alle bekannte anorganische Materie in Staub verwandelte. War das der wahre Grund, weshalb Spindelraumer Hope angegriffen hatten? Und warum Opac sich strikt weigerte, den Ringraumer herbeizurufen? Der Zusammenhang mochte an den Haaren herbeigezogen sein, doch er entbehrte nicht einer gewissen Brisanz. »Unser Angriff auf die Black Hole-Stationen war vergeblich«, sagte Opac in dem Moment. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, um eine Entscheidung herbeizuführen.« Das bedeutete, sie mußten in die QUIET ZONE zurückkehren. Mit Opacs Zylinderschiff. Weder die POINT OF noch die Flash hatten eine Chance, sich an den bevorstehenden Gefechten zu beteiligen, denn innerhalb der Chronosphäre arbeitete der Sternensog nicht, war selbst Mysterious-Technik in Schranken verwiesen. Zum wiederholten Male lauschte Ren Dhark in sich hinein. Opac hatte ihm deutlich klargelegt, daß der Metabolismus von außen in die Chronosphäre eingedrungener Wesen sich an die besonderen Verhältnisse der Black Hole-Schale
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anpaßte, daß eine Rückkehr nach abgeschlossener Akklimatisierung aber zwangsläufig zum Tod führen mußte. Er hatte die Anpassung an sich bemerkt, diese kurzen Schwächeanfälle und anderen Unpäßlichkeiten, die er nun schon seit geraumer Zeit vermißte. Hieß das, seine Anpassung war vollzogen? Wie lange konnte er danach im Normalraum überleben? Einen Tag, zwei? Mehr? In einer Geste der Hilflosigkeit fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar. Dieses Gefühl, daß sein Magen sich verknotete und zu einem Stein wurde... mit einem ärgerlichen Stöhnen wischte er es beiseite. Er war drauf und dran, sich verrückt machen zu lassen. Die Sonde führte eine zweite Transition aus. Dhark registrierte die entsprechenden Anzeigen mit Erstaunen. »Noch zwei Hypersprünge sind programmiert«, eröffnete Opac. »Dann wird über Hyperfunk der Befehl an alle Skythen abgestrahlt, sich zu sammeln. Wir werden die Zentralwelt angreifen und lieber sterben als zuzulassen, daß wahnsinnig gewordene G'Loorn eine Zweite Wirklichkeit erschaffen und diese Galaxis beherrschen.« »Die G'Loorn der Vergangenheit...«, begann Ren Dhark, wurde aber abrupt unterbrochen. »Sie sind tot«, wehrte Opac entschieden ab. »Wir Skythen sind die letzten normalen G'Loorn, und vielleicht werden gerade wir tausend es sein, die eine neue Zivilisation begründen.« »Ihr hofft auf die Unterstützung der Terraner?« entfuhr es Dhark. Opac schnellte sich ihm entgegen, verharrte erst einen halben Meter vor ihm. »Wir Skythen brauchen keinen fremden Einfluß auf unsere Zivilisation. Aber wir verlangen bewohnbare Sonnensysteme als Gegenleistung für unseren Sieg über die G'Loorn. Und das ist nur ein geringer Preis.« Dhark verstand. Auch Skythen handelten nicht uneigennützig. Hatten sie sich nur deshalb nicht Tulka und seinen G'Loorn angeschlossen, weil sie eine neuerliche Katastrophe befürchteten?
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»In einer halben Stunde werden unsere Einheiten sich sammeln und zum letzten Schlag ausholen«, sagte Opac. »Bis dahin erfährst du den Rest unserer Geschichte.« Nur wenige G'Loorn hatten den Rückflug zur künstlichen Zentralwelt nicht mitgemacht, sondern eigenständig versucht, eine Spur ihres verschwundenen Volkes wiederzufinden. Über Monate kehrten sie nicht zurück, und als ihre Schiffe endlich in den Hangars landeten, war die Besatzung sichtlich gealtert, hatte innerhalb der wenigen Monate Jahrzehnte ihres Lebens verloren. Damit begann eine neue Phase der Auseinandersetzung mit den eigenen biologischen und geistigen Veränderungen. Und Tulkas Bemühen, einen Weg zurück zu finden, wurde zum erklärten Ziel. Neue Forschungsprojekte liefen an. Doch ziemlich schnell wurde klar, daß der ehrgeizige zeitliche Rahmen niemals einzuhalten war. Immer öfter bewirkten unerklärbare Zwischenfälle Verzögerungen von Monaten oder gar Jahren. Datenverluste und Fehler in Formeln waren dabei noch vergleichsweise harmlose Ungereimtheiten. Die gefangenen Sukooren starben. Teils an Altersschwäche, teils an den Folgen der Folter. Ihre Qualen reichten nicht mehr aus, den Hunger der G'Loorn zu stillen. Deshalb wurden Raumschiffe ausgeschickt, die Heimatwelt der Sukooren überfallen und Hunderte Pilzwesen auf die Zentralwelt verschleppt. Die G'Loorn weideten sich an ihren Qualen und gewannen neue Kräfte für ihre Arbeit, aber immer noch brachten Zwischenfälle einzelne Projekte zum Scheitern. Die Mehrheit der Insektoiden wollte nach wie vor die Katastrophe ungeschehen machen, die sie in die Zukunft geschleudert hatte. Es gab nur wenige Warner, und niemand hörte auf ihre Argumente, schon gar nicht Tulka. »Kehrt doch nach Skythos zurück«, höhnte er. »Genügen euch die Beweise nicht, daß wir außerhalb der Chronosphäre schneller altern?« Die Eigenzeit der G'Loorn verlief entweder innerhalb der Black Hole-Schale langsamer oder außerhalb deutlich beschleunigt. Eine Möglichkeit, das festzustellen, gab es
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nicht. Nur eine Frist von zwei Wochen kristallisierte sich heraus. Wurde sie überschritten, begann der körperliche Verfall, und wohl nur eine starke Zufuhr mentaler Energie konnte ihn einschränken. Die G'Loorn brauchten andere Wesen, die sie mental aussaugen konnten, um selbst zu überleben! Allmählich verstanden die Insektoiden den Zusammenhang zwischen ihrer eigenen Entartung, der Chronosphäre und dem Black Hole-Experiment in voller Konsequenz. Wissenschaftler stellten sogar die These auf, die Chronosphäre sei ein Medium, das sich mit Mentalenergie anreichern ließ. Diese Sphäre, meinten sie, könnte bei entsprechender Übersättigung die Kräfte freisetzen, mit denen der Zeitsprung wiederholbar wurde -diesmal aber kontrolliert zurück. Die Gesänge des Zentrums waren ausschlaggebend dafür, daß die These sich durchsetzte und allgemein akzeptiert wurde. Da die wesenlosen Stimmen jedoch als Ausdruck vielfältigen Lebens wahrgenommen wurden, genügte es nicht, nur Sukooren von ihrer Heimatwelt zu verschleppen und neuen Torturen auszusetzen. Sollte die Sphäre sich wirklich umfassend anreichern, war Vielfalt unerläßlich, galt es, unterschiedlichste Intelligenzen aus allen Bereichen der Galaxis herbeizuschaffen, um ihr geistiges Potential zu nutzen. Doch nur wenige G'Loorn fanden sich bereit, die Chronosphäre für einen längeren Zeitraum als zwei Wochen zu verlassen, keiner wollte als Greis in die Vergangenheit zurückkehren. Die Folge war, daß Spindelschiffe über dem Planeten der Sukooren erschienen und ihre Macht demonstrierten. Nur allzu bereitwillig schlössen die Pilzköpfe daraufhin mit den G'Loorn ein Bündnis, das die Sukooren zwang, den Insektenabkömmlingen zu dienen. Dafür erhielten sie Schutz und technische Unterstützung, beginnend von dem auf gemeinsamer Basis entwickelten neuen Transitionstriebwerk bis hin zu den Elementen einer zellverträglichen Kryogentechnik, die es erlaubte, jede Art von Lebewesen tiefzufrieren und zu jedem gewünschten Zeitpunkt wieder
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aufzuwecken. Von diesem Tag an durchkämmten Sammlerschiffe der Sukooren die Milchstraße auf der Suche nach Intelligenzen mit hohem Mentalpotential. Die plumpen Tankraumer der Pilzköpfe überfielen harmlose Siedlungswelten ebenso wie hochtechnisierte Planeten, sie schreckten auch nicht vor einem Einsatz ihrer Waffensysteme zurück, um ihrem Auftrag nachzukommen. G'Loorn-Spindeln durchkreuzten die Chronosphäre auf der Suche nach geeigneten Welten, auf denen die zusammengekarrten Wesen ihrem gnadenlosen Schicksal überlassen werden konnten. Nur das permanente Leid der Gefangenen stillte zum einen den Hunger der G'Loorn und reicherte zum anderen die Chronosphäre mit Gesängen an. Wenn sich dies auch zu Anfang nicht spürbar auswirkte, so konnten die G'Loorn doch mit Hilfe geeigneter Meßgeräte feststellen, daß ein mentaler Anteil von den Gequälten irgendwohin abfloß. Tulka entsann sich des qualvollen Sterbens des alten Physikers Maarus. Er schickte Spindeln nach Skythos und ließ Samenkapseln der mutierten Eisträucher abholen. Auf der Zentralwelt, wie die SBH-Station mittlerweile von allen genannt wurde, wurden die Samen gentechnisch verändert und den Umweltgegebenheiten der Gefangenenplaneten angepaßt. Fremdwesen, die mit diesen Leidenssporen infiziert wurden, unterlagen einer körperlichen Veränderung, die ihren Geist bis an den Rand des Wahnsinns führte - ein jahrelanges qualvolles Siechtum und langsames Sterben war ihnen sicher. Viele entleibten sich selbst, doch die Sukooren sorgten für ausreichend Nachschub, und die Gentechniker unter den G'Loorn taten das ihre, um geeignete Kreaturen in großer Anzahl zu beschaffen. Hunderte völlig identischer Geschöpfe entstanden, bedauernswerte Wesen, die nur für eine Aufgabe lebten, den G'Loorn mentale Energie zu liefern. Je tiefgreifender ihre Qualen waren, desto gieriger saugten die Psychovampire ihre Lebenskraft in sich auf. Schon nach dem ersten Jahrhundert wurde der erhoffte
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Erfolg deutlich. Die G'Loorn lebten nicht nur gut von den Qualen der Gefangenen, auch die >Lautstärke< der Gesänge nahm zu und steuerte in der Tat jenem Höhepunkt entgegen, auf dem die G'Loorn den Sprung zurück in ihre eigene Zeit wagen wollten. Unerwartet kam eine Reihe von Rückschlägen. Klonprogramme produzierten plötzlich nur noch taube Gewebeklumpen, die mit den reproduzierten Lebewesen nicht die geringste Ähnlichkeit aufwiesen. Zudem assimilierten sie die Leidenssporen, zogen sie mit geradezu unwiderstehlicher Kraft an und neutralisierten ihr Potential. Das geschah auf allen Welten gleichzeitig und warf die Entwicklung weit zurück. Tulka sprach zum erstenmal offen von Sabotage. Das war ein Schock für die G'Loorn, zumal nicht Sukooren die heimlichen Gegner sein konnten, sondern die Saboteure in den eigenen Reihen zu suchen sein mußten. Spätestens zu dem Zeitpunkt konnte sich niemand mehr der Erkenntnis verschließen, daß G'Loorn auf der Zentralwelt lebten, die von der Heimkehr ins Gestern nicht überzeugt waren. »Daß ich nicht als einziger anders war, bemerkte ich, als Tulka Sarmus' Spindel vernichtete«, sagte Opac. »Ich war ebenfalls mit dem Rückflug zur Zentralwelt nicht einverstanden gewesen und hatte nur nach Worten gesucht, um meinen Widerspruch deutlich zu machen. Wahrscheinlich verdanke ich diesem Zögern mein Leben. Danach war ich gewarnt. Ich beschränkte mich aufs Beobachten und versuchte herauszufinden, ob es mehr G'Loorn so erging wie mir. Ein mühseliges Unterfangen, denn falls ich mich dabei verriet, würde Tulka mich ebenso kompromißlos töten wie Sarmus. Und niemand hatte sich daran gestört, das war das Erschütternde gewesen. Daß meine Artgenossen zunehmend von mentaler Energie abhängig wurden, half mir bei der Suche. Dennoch brauchte ich Jahre, um mehrere G'Loorn ausfindig zu machen, die wie ich ausschließlich auf konventionelle Nahrung fixiert waren und ihren Hunger nach dem Leid anderer Intelligenzen nur vortäuschten. Sie reagierten
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entsetzt, als ich sie bloßstellte, waren danach aber erleichtert, einen Gleichgesinnten gefunden zu haben. Langsam wurden wir mehr, und wir waren uns einig, daß ein zweiter Zeitsprung niemals geschehen durfte. Nicht nur, weil nur so die Milchstraße vor den Machtgelüsten der veränderten G'Loorn bewahrt werden konnte, sondern auch, um unser eigenes Volk vor dem endgültigen Untergang zu bewahren. Wo es uns möglich war, hintertrieben wir Tulkas Versuche, manipulierten Computer und Versuchsanordnungen oder fälschten Meßdaten. Bald waren wir tausend zu allem entschlossene G'Loorn. Die Gentechniker unter uns arbeiteten intensiv an Tulkas Programm mit und hintertrieben es gleichzeitig. Sie schafften es, das Projekt Leidenssporen fast zu neutralisieren. Aus Tulkas Hoffnung, die Chronosphäre rasch anzureichern wurde unbemerkt der Verlust vieler Jahre. Allerdings erkannte Tulka, daß nur jemand aus den eigenen Reihen die Sabotage verübt haben konnte. Er brauchte lange, um unsere Vertrauten aufzuspüren, doch er schaffte es mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit. Unser Hang nach normaler Nahrung war zugleich unser wunder Punkt. In einem Anfall von Spott gab Tulka uns den Namen Skythen. Das bedeutet soviel wie Niemals zurück nach Skythos. - In diesem Wort steckt eine Ironie, die ihm wohl selbst nicht bewußt war. Ein paar von uns hätte er vielleicht getötet, doch tausend waren selbst für Tulka zu bedeutend. Gegen alle Überlieferungen zu verstoßen, durfte auch er sich nicht erlauben. Also beließ er es dabei, uns vor aller Augen zu ächten und unsere Raumschiffe wegzunehmen, um uns jeder Bewegungsfreiheit zu berauben. Und er verbannte uns von der Zentralwelt. Als Gefangene kamen wir auf dem Planeten der Sukooren in ein Getto, in dem wir niemandem mehr schaden konnten. Das glaubte Tulka. Und lange Zeit sollte er auch recht behalten.
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Aber die Sukooren mögen vieles sein, perfekte Diener der G'Loorn und ausgezeichnete Intelligenzjäger - nur eines sind sie gewiß nicht: fähige Kämpfer. Sie verstecken sich hinter einer hochgezüchteten Technik, die sie von Tulka erhielten, die sie zwar bedienen, aber nicht in allen Funktionen durchschauen. Wir steckten viel Zeit und Mühe in unsere Vorbereitungen, bis wir es endlich schafften, mehrere Tankraumer der Sukooren zu erbeuten. Nach langer Suche fanden wir eine geeignete Welt innerhalb der Chronosphäre, die über bedeutende Erzvorkommen verfügte und über eine Flora und Fauna, die wir uns nicht erst unterwerfen mußten. Diese Welt war frei von größeren Raubtieren, aber auch von Krankheitserregern. Mit den Mitteln der Tankraumer bauten wir in mühevoller Arbeit eine eigene Industrie auf. Es dauerte lange, aber nach mehr als zwei Jahrhunderten hatten wir eigene Raumschiffe erschaffen, die den Spindeln der G'Loorn ebenbürtig sind. Jedem von uns war klar, daß wir eines nicht mehr fernen Tages gezwungen sein würden, die G'Loorn aufzuhalten. Allein für diesen Tag arbeiteten wir. Daß die G'Loorn nach unserer Enttarnung begonnen hatten, eine schlagkräftige Armee aufzubauen, wußten wir durch Spionsonden. Aus ihrem eigenen Erbgut klonten sie Krieger für den bedingungslosen Kampf - willenlose Sklaven, die ihnen auf den ersten Blick ähnelten wie eine Chitinplatte der anderen. Du hast Klonkrieger auf der Sammelwelt gesehen, Ren Dhark. Sie sind gefährlich. Tulka rechnete wohl mit weiteren Sabotageakten, deshalb gehe ich davon aus, daß er die Krieger in Kürze auf die Suche nach uns schicken wollte. Aber das ist nun nicht mehr nötig. Die Fronten sind abgesteckt. Parallel zu den Klonversuchen hat Tulka alle Bemühungen forciert, den Weg zurück durch die Zeit zu gehen. Wir haben wohl zu spät zugeschlagen. Daß die Chronosphäre stabil bleibt scheint die Vermutungen der G'Loorn zu bestätigen. Die Mentalenergie hat sie bereits so
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weit stabilisiert, daß Technik allein nicht mehr ausschlaggebend sein kann.« Opac wurde in seinem Bericht unterbrochen, weil erneut Teile der Bildschirmgalerie aufflammten. Die dreidimensionalen Konterfeis einiger Skythen erschienen, und jeder redete auf Opac ein. Zweifellos wurde der Hyperfunkkontakt über die Sonde aufrechterhalten, die in einigen Lichtjahren Entfernung die Aufgabe einer Relaisstation übernahm. Das konnte nicht gutgehen - nicht auf Dauer jedenfalls. »Die POINT OF...«, begann Dhark, wurde aber von Opac schroff zurechtgewiesen. »Du hast immer noch nicht begriffen.« So etwas wie Enttäuschung schwang in der Stimme mit. »Wenn wir es jetzt nicht schaffen, die Zweite Wirklichkeit zu verhindern, war alles umsonst. Dann wird dein lausiger kleiner Planet vielleicht niemals Leben tragen, weil G'Loorn ihn vorher besetzen. Und der Ringraumer, auf den du so stolz bist vielleicht werden Flotten solcher Schiffe die Galaxien überschwemmen. Diese Technik imponiert selbst den G'Loorn...« Opac wurde unterbrochen, weil weitere Monitoren aufleuchteten. Ein kurzer und heftiger Disput zeigte, daß wohl nicht alle Skythen einer Meinung waren, aber Opac setzte sich durch. Während er mit vier Greifwerkzeugen gleichzeitig eine Reihe von Schaltungen vornahm, sagte er bedeutungsvoll: »Einige G'Loorn glauben, daß hinter den Mysterious unser verschwundenes Volk stecken könnte. Deshalb haben sie Hope attackiert und versucht, das Vermächtnis für sich zu erbeuten.« Das war starker Tobak. Die G'Loorn und die Mysterious identisch? Bislang hatte Dhark lediglich angenommen, daß die Insektenabkömmlinge sich nur in den Besitz der hochstehenden und sogar ihren Schiffen überlegenen Technik bringen wollten, doch daß ein Zusammenhang bestand... den Gedanken hatte er nie zu Ende geführt, ihn immer sofort wieder verworfen. Auf Anhieb fielen ihm etliche Gründe ein, weshalb die
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G'Loorn nicht mit den Erbauern des Ringraumers identisch sein konnten - aber auch ebenso viele, die eine solche These bekräftigten. Ungläubig starrte er seine Hände an, ballte die Fäuste, öffnete sie wieder... ... ballte die Fäuste von neuem. »Die Mysterious sind erst vor tausend Jahren von der galaktischen Bühne verschwunden«, sagte er heiser. Opac reagierte nicht. Seine Greifklauen trommelten einen aggressiven Rhythmus auf die Schaltelemente, von denen immer mehr zu blinkendem Leben erwachten. Kein Zweifel, der Zylinderraumer würde in Kürze den Sonnenorbit verlassen und einen neuen Angriff auf die QUIET ZONE und die G'Loorn anführen. Koordinatensätze erschienen auf dem Hauptschirm. Der Bordcomputer setzte sie in Details um - eine holographische Darstellung, die den Zentrumsbereich der Milchstraße umfaßte. Die meisten Skythen hatten sich offenbar aus der Black Hole-Schale zurückgezogen. Ihre Aufmarschgebiete lagen in sternenreichen Sektoren, in denen sie nicht leicht zu orten waren. Unvermittelt wandte Opac sich wieder an den Terraner. »Wir haben Verluste erlitten«, stellte er fest. »Aber nichts, was uns vor unüberwindbare Schwierigkeiten stellen würde. In drei Zeiteinheiten startet die erste Angriffswelle, und diesmal haben wir ein gemeinsames Ziel.« »Die Zentralwelt«, vermutete Dhark spontan. Tulka hielt ihm einen Speicherkristall hin. »Hier ist alles, was du noch wissen mußt. Sieh ihn dir an, oder laß es, falls du um deinen Verstand fürchtest. Ich...« Ein helles Kreischen drang aus den Lautsprechern, dann brach die Übertragung schlagartig zusammen. Was blieb waren Interferenzen, Störungen, die wohl auf das nahe galaktische Zentrum zurückzuführen waren. »Die Relaissonde ist ausgefallen«, sagte Opac unbewegt. »Sie wurde von G'Loorn abgeschossen!« behauptete Ren Dhark. »Nachdem sie unsere Position eingepeilt hatten.« Opacs Klauen klatschten auf die Startkontrollen. Tief im Bauch des Zylinderraumers begannen die
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Konverter intensiv zu dröhnen. Leichte Erschütterungen der Schiffszelle verrieten, daß der Raumer beschleunigte. Die Schallabsorber wurden durchschlagen, als das Schiff heftiger gegen den Schwerkraftsog des Roten Riesen ankämpfte. Und ausgerechnet jetzt lösten sich neue Protuberanzen und schössen in kurzer Distanz hinaus in den Weltraum. Die Belastungsanzeige des Schutzschirms schnellte in den Warnbereich. Opac wich dennoch nicht eine Bogenminute vom Kurs ab, der tangential von der Sonne wegführte. Anhaltend zeigte die Rundumbeobachtung nur das düstere rote Glühen der Korona. Die Scanner lauschten ununterbrochen in den Raum hinaus. Noch gab es keine Gefügeerschütterung in unmittelbarer Nähe. Aber die G'Loorn würden kommen, dafür hätte Ren Dhark in dem Moment sogar die POINT OF verwettet. Der Speicherkristall, den Opac achtlos abgelegt hatte, funkelte ihn geheimnisvoll an. Eine stumme, unausgesprochene Verheißung. Dhark zögerte kurz. Er war einmal fast durch die Hölle gegangen und glaubte nicht, daß die Wirkung der Aufzeichnung diesmal noch schlimmer sein würde. Und wenn schon. Dagegen konnte er ankämpfen - den G'Loorn stand er ohnmächtig gegenüber, zumindest solange Opac ihn als »Gast« betrachtete. Und es sah nicht danach aus, daß sich daran bald etwas ändern würde. Entschlossen griff Ren Dhark zu. Seine Finger verkrampften sich um den eigentlich unscheinbaren Kristall. Er schaffte es gerade noch, sich in den Sessel fallen zu lassen, dann verschwamm die Realität vor seinen Augen, entführte die Aufzeichnung ihn in eine nicht sehr lange zurückliegende Zeit... »Ich dulde nicht, daß weitere Techniker von ihrer Aufgabe abgezogen werden!« Tulka war alt geworden und sein Körper fleckig und mit welken Hybriden durchsetzt, aber seine Stimme klang so scharf wie zur Zeit der ersten Experimente. Er wußte, daß er nicht mehr lange leben würde. Auch die mentale Leidensenergie konnte solche Wunder nicht vollbringen.
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Aber gerade deshalb trieb er die Arbeiten für die Realisierung der Zweiten Wirklichkeit mit Nachdruck voran. »Mit den Skythen haben wir schon viele wichtige Männer und Frauen verloren«, stieß er zornig hervor. »Soll es so weitergehen?« »Wir sind nur wenige«, sagte Barrusca. Tulka vollführte eine entschieden ablehnende Bewegung. »Viertausend G'Loorn werden dich in der Luft zerreißen, wenn du ihre Hoffnung auf die Zweite Wirklichkeit zunichte machst.« Er war unantastbar geworden. In der Geschichte gab es nur wenige Unantastbare, die mit ihrem Geschick über Wohl und Wehe des Volkes entschieden hatten. Ohne diese prädestinierten G'Loorn wäre die Zivilisation schon in ihren Anfängen gescheitert. »Eine neue Zeit erfordert eben neue Maßstäbe«, schleuderte Barrusca dem Physiker entgegen. »Dein Denken ist vor einer Million Jahren stehengeblieben - du führst den Rest unseres Volkes nicht in eine neue Freiheit, sondern in Gefangenschaft. Dein Alter macht deine Gedanken träge und deine Reaktionen...« Tulkas Fangarme schössen nach vorne. Obwohl die Dornen inzwischen weich geworden waren und kaum noch hartes Chitin durchstoßen konnten, steckte in dem Angriff große Kraft. Vor allem stieß Tulka so unvermittelt zu, daß sein Gegenüber völlig überrascht wurde. Barrusca war groß, mehr als drei Meter vierzig nach menschlichem Maßstab, und pflanzliche Bestandteile hatten seinen Chitinpanzer zur Hälfte durchsetzt. Tausende fingerlanger bleicher Fäden, die an die Fangarme eines Unterwasserpolypen erinnerten, befanden sich in unablässig wogender Bewegung. Aber das war auch schon alles, was ihn imposant machte. Zumindest nach den Maßstäben der G'Loorn. Ein Unfall hatte ihm den linken Fangarm unterhalb des ersten Gelenks geraubt. Barrusca hatte nie versucht, das verlorene Glied mittels Gentechnik nachwachsen zu lassen. Das war seine Art, Freiheiten auszuleben, vor allem konnte er sich der Aufmerksamkeit anderer sicher sein. Tulkas Hieb traf seinen Oberkörper und ließ ihn taumeln.
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Erst als der Physiker nachsetzte, riß Barrusca abwehrend den Arm hoch. Die Dornen verkeilten sich ineinander, machten es unmöglich, rasch auszuweichen. Fast berührten sich ihre Beißzangen. »Du wirst die Station nicht verlassen«, keuchte Tulka. »Niemand wird sie verlassen, dem ich nicht die Genehmigung gebe. Die Sukooren erledigen in der Galaxis, was getan werden muß.« »Dann töte mich!« brüllte Barrusca unbeherrscht. »Sauge mir das Leben aus dem Leib, um deines zu verlängern.« Tulkas Zangen schnappten zu, aber sie schlössen sich eine halbe Länge vor Barruscas Schädel. Mit einer Geste der Verachtung stieß er den Techniker zurück. »Nichts ist mehr, wie es sein sollte. Der große Name der G'Loorn ist in Vergessenheit geraten.« Tulka wandte sich um und ging. Er wandte dem Techniker den Rücken zu, weil er wußte, daß Barrusca es nicht wagen würde, ihn zu töten. Unter dem Lamellenschott zu den Zapfpolen, die für eine neue Energieaufnahme vorbereitet wurden, blieb er stehen und drehte noch einmal den Kopf. »Ich weiß, daß dein Wandertrieb stark ausgeprägt ist, Barrusca, und daß genau dieser Trieb die frühen G'Loorn zu den uneingeschränkten Herrschern ihrer Welt gemacht hat. Aber das ist hier und heute nicht gefragt.« »Du mußt dich damit abfinden, Tulka, daß es G'Loorn gibt, denen die Geborgenheit der Chronosphäre längst ein Dorn im Panzer ist. Wir leben doch nur in der Isolation, weil wir fürchten, schneller zu altern. Aber Furcht war immer ein schlechter Ratgeber.« Barrusca hatte die Vielfalt von Leben in der Chronosphäre vom ersten Augenblick des Bewußtwerdens an gespürt. Er nahm schon lange keine normale Nahrung mehr zu sich. Der Leidensdruck der Sukooren war für ihn wie ein Jungbrunnen gewesen und er hatte sich im Erfinden immer neuer Methoden hervorgetan, den Gefangenen mentale Energie zu entlocken. »Wir werden deine Gesetze brechen, Tulka«, schleuderte er dem Physiker hinterher. »Weil wir die Hoffnung nie aufgegeben haben, in dieser Zeit doch Spuren unseres
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Volkes zu finden. Vielleicht existieren noch G'Loorn in den Weiten der Galaxis. Kannst du es verantworten, das zu ignorieren?« Tulka ging. Ohne ein weiteres Wort. Vielleicht war das sogar seine Art des Einverständnisses. Keiner von ihnen verlor auf diese Weise sein Gesicht. Er war wirklich alt geworden. »Die Startfreigabe wird verweigert, Barrusca«, erklang es aus der Bordkommunikation. »Du gehörst zu dem Kreis, der für die Erschaffung der Zweiten Wirklichkeit wichtig ist.« Der G'Loorn reagierte nicht darauf. Routinemäßig fuhr er die Abgabeleistung der Konverter höher und beseitigte die Sicherheitssperren zum Normalantrieb. Die Leistung des Antigravs stieg soeben über die Sechzig-Prozent-Marke. Langsam erhob sich die Spindel von ihrem Liegeplatz in einem der Außenhangars. »Sofortiger Startabbruch. Barrusca!« Mit einem unwilligen Seitenhieb deaktivierte der G'Loorn die Bordkommunikation, die mit der Zentralwelt verbunden war. Zehn Meter über dem Boden drehte die Spindel zum Ausflug. Alle energetischen Landestützen waren erloschen. Die Leitmarkierungen blinkten unter dem zweihundert Meter langen Koloß. Siebzig Meter durchmaß die Spindel an der dicksten Stelle, an den Enden immer noch zwanzig Meter. Sie war vollgestopft mit einer Technik, die selbst in dieser Zeit allen anderen Völkern überlegen war. So jedenfalls sah Barrusca es nach dem Kontakt mit den Sukooren. Die Markierungen erloschen. Das bedeutete, daß das Außenschott sich nicht öffnen würde. Barrusca reckte sich zu voller Größe. Niemals würde er sich aufhalten lassen, von Tulka nicht und von keinem anderen. Dabei war er kein Gegner der Zweiten Wirklichkeit - es war nur Neugierde, die ihn dazu trieb, die Zentralwelt zu verlassen, der Drang nach persönlicher Freiheit, den er viel zu lange unterdrückt hatte. Fünf, sechs andere G'Loorn fühlten genauso wie er. Barrusca wußte, daß sie ebenfalls im Begriff standen, die Station zu
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verlassen, nur war ihr Vorteil, daß sie für das Projekt nicht unbedingt gebraucht wurden. Zum wiederholten Mal gab Barrusca den Befehl zum Absaugen der Hangaratmosphäre. Vergeblich. Weit im Hintergrund öffnete sich ein Zugang. Klonkrieger strömten herein. Sie trugen Antigravaggregate und schwere Waffen. Kein Zweifel, sie wollten die Spindel stürmen. »Ich lasse mich nicht aufhalten!« keuchte Ren Dhark. Seine Zähne schlugen aufeinander, daß die Kiefer schmerzten, und dieser Schmerz fraß sich durch die Stirnhöhlen bis unter die Schädeldecke vor. Sekundenlang verschwand der weitläufige Hangar der SBH-Station vor seinen Augen, starrte er auf Bildschirme, die immer noch das Lodern einer roten Sonne zeigten, aber auch endlich wieder in einem kleinen Ausschnitt die sternenübersäte Schwärze des Weltraums. Seine Greifklauen krachten auf die Zielerfassung. Das Hangartor wanderte in die Optik. Energie auf die Buggeschütze. Schutzschirme in Flugrichtung stabilisiert. Eine vernichtende Feuerlohe würde durch den Hangar walzen, sonnenheiße Gluten, denen nichts standhielt, was nicht durch starke Energieschirme geschützt war. Keinen Gedanken verschwendete Barrusca an die Klonkrieger. Die ersten hatten das Schiff bereits erreicht und machten sich am Hauptschott zu schaffen. »Feuer!« Die Kieferzangen klickten hektisch Gebündelte Thermostrahlen entluden sich aus den Projektoren. Tödliche, lichtschnelle Energie. Ein Vorgang, den kein G'Loorn mit seinen Sinnen erfassen konnte. Zumindest nicht auf die lächerliche Distanz von weniger als einer Schiffslänge. Die Gluten fraßen sich in den meterdicken, verdichteten Stahl und ließen das Schott aufglühen. Zugleich wurde ein Teil der Energie reflektiert und flutete mit tödlicher Wucht durch den Hangar. Für Barrusca war das wie ein einziger greller Lichtblitz, der sich tief in seine Sehzellen einbrannte. »Feuer!« ächzte Ren Dhark, von heftigen Zuckungen
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geschüttelt, und hieb auf imaginäre Kontrollen ein. Er war jetzt eins mit dem Schiff, fühlte die mühsam verhaltene Kraft, das Vibrieren der Masseeinspritzung in die Triebwerksdüsen, und dann brachen dröhnend und röhrend die Impulsstrahlen hervor und katapultierten die Spindel vorwärts. Das Hangarschott zerplatzte zu einem Regen glutflüssigen Stahls und das Schiff schoß in einem irrlichternden Schauer hindurch. Zehn Pooc Distanz... Zwanzig... In den Sonnengluten, die im Hangar tobten, waren die Klonkrieger zu Asche verbrannt. Doch Barrusca lauschte vergeblich nach den mentalen Todesschreien intelligenter Wesen, er hätte den Augenblick ihres Sterbens als Nahrung mitgenommen. Achtzig Pooc... Dicht über der Zentralwelt näherten sich drei Spindelschiffe. Sie eröffneten das Feuer. Barrusca knackte unbeherrscht mit den Zangen. Nicht, weil er den Tod fürchtete, sondern weil wieder G'Loorn gegen G'Loorn kämpften. Er war bereit, die Herausforderung anzunehmen. Hinter der Station wuchs der gigantische wirbelnde Mahlstrom auf, dessen Kräfte Universen verbanden. In geringer Distanz und immer noch beschleunigend, tauchte Barrusca mit seinem Schiff unter der Zentralwelt hindurch. Die Anzeigen stimmten nicht mehr mit den tatsächlichen Werten überein, die Schwerkraft des Super Black Hole machte sich bereits deutlich bemerkbar. Schwärze breitete sich aus, ein gigantischer lichtloser Tunnel, an dessen Seiten die Sterne enger zusammenrückten.
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... sie veränderten ihre Farbe hin zu kräftigen Blautönen. Sekunden später - oder waren es Stunden? - glitt das
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sichtbare Licht ins Ultraviolett ab. Die Verfolger schienen auf der Stelle zu stehen, zeitlos eingefrorene Schiffe, von denen keine Bedrohung mehr ausging, während das Universum sich unaufhaltsam in eine funkelnde Scheibe verwandelte, in der Masse keinen Raum einnahm. Ren Dhark spürte, daß sein Herzschlag zu rasen begann, während ihm gleichzeitig eine unsichtbare Faust den Brustkorb zerquetschte. In seinen Schläfen rauschte das Blut wie ein gigantischer Wasserfall. Alle Kraft wurde aus dem Körper gesogen wurde, doch er war zu schwach, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Barrusca versuchte mit einem waghalsigen Manöver, den Verfolgern zu entkommen - er, Dhark, war in diesem Moment Barrusca. Die in dem Kristall gespeicherte Erinnerung verschmolz sie miteinander, und Dhark spürte, daß er sich aus eigener Kraft nicht mehr lösen konnte. Der Kristall sog seine Gedanken auf, seine Gefühle und Empfindungen. Ich hätte es wissen müssen, hämmerten Ren Dharks Gedanken. Ich muß verrückt gewesen sein, noch einmal einen Kristall anzufassen. Immer noch raste die Spindel dem Ereignishorizont des Black Hole entgegen. Das Licht der Sterne konnte dem Schwerkraftgiganten schon nicht mehr entkommen, wurde in eine Kreisbahn gezwungen. Ein Raumer voraus. Barrusca/Dhark erkannte es als das eigene Schiff, als ein in der Gravitation gefangenes Abbild. Oder existierte er in diesem Moment doppelt? Auch die Verfolger erschienen plötzlich weit voraus. Zu beiden Seiten des alles verschluckenden Nichts. Aber was eben noch nach Spindelschiffen ausgesehen hatte, begann sich zu verformen, wurde in die Länge gezerrt und dünner und begann sich spiralförmig zu verdrehen. Und das auf beiden Seiten des Black Hole. Die Schiffe eröffneten das Feuer. Turmdicke Strahlbahnen schraubten sich Barrusca entgegen, bizarr sich windende, ein unglaubliches Eigenleben entwickelnde Energie, die dennoch eine Ewigkeit brauchen würden, ihr Ziel zu erreichen.
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Der Ereignishorizont des Black Hole, schon unendlich nahe. Nur mit Mühe schaffte Barrusca es, den Fangarm auszustrecken und das Sprungtriebwerk zu aktivieren, das sein Schiff aus dem Sog des Giganten forttragen sollte. Barrusca schrie. Ren Dhark schrie ebenfalls gepeinigt. Und die unkontrolliert wechselnde Schwerkraft wollte ihn in Stücke reißen. Dumpf dröhnten die Einschläge der gegnerischen Geschütze im Salventakt. Der Hyperraum spie die Spindel aus. Irgendwo im Leerraum zwischen den Sonnen, Hunderte von Lichtjahren vom galaktischen Zentrum entfernt. Und außerhalb der Chronosphäre. Es war Barrusca egal, ob er hier rascher alterte. Was bedeuteten schon einige verlorene Jahre oder Jahrzehnte, wenn es galt, doch eine Spur der G'Loorn zu finden? Denn eins hatte Tulka nicht ins Kalkül gezogen: Nur wer die Zukunft genau kannte, konnte die Vergangenheit verändern und neu gestalten. Das Schiff empfing ein Peilsignal. Es stammte von zwei der anderen G'Loorn, die die Chronosphäre ebenfalls verlassen hatten. Eine neue heftige Erschütterung. Bildschirme implodierten mit dumpfem Knall, der beißende Gestank von Ozon und verschmorten Isolierungen breitete sich aus. Das gräßliche Geräusch berstender Stahlträger übertönte den abgehackten Klang einer G'Loorn-Stimme. Wieder ein Einschlag. Flackernd erstarb die Beleuchtung. Nur der fahle Widerschein unzähliger kleiner Brände hatte Bestand. Unaufhörlich dröhnte die Schiffszelle unter dem Stakkato von Strahltreffern. Knisternde Lichtbögen spannten sich zwischen Konsolen, ließen Verkleidungen wie Pergament aufflammen und zeichneten Schmelzspuren über die Decke. Zähflüssig begannen Legierungen abzutropfen oder erstarrten noch auf halber Distanz zu bizarren Formen. Eine Sirene heulte ihr schauriges Lied. Inmitten des entfesselten Chaos verharrte ein mächtiger Schatten, ein Monstrum, das mit Hybridtentakeln und Fangarmen vergeblich versuchte, die Zerstörungen aufzuhalten. Nur bruchstückhaft verstand Dhark, was der
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Schatten brüllte: »Die G'Loorn haben uns erwischt! Das Schiff wird explodieren!« Opac! Der Schatten war Opac! Die Gegenwart und die Aufzeichnungen des Kristalls hatten sich zu einem beinahe unentwirrbaren Knoten vermischt. Dabei hätte Dhark nach den Erfahrungen mit Tulkas Erinnerungen wissen müssen, was ihn erwartete. Die Neugierde hatte ihn verleitet. Verfluchter Kristall. Was nutzt dir alles Wissen, wenn du es nicht mehr auswerten kannst? Er sah das Verderben auf sich zukommen, doch er war unfähig, es abzuwehren. Immer noch den Kristall in der linken Hand, fühlte er, wie sein Geist wieder abdriftete. Es war wie eine Ohnmacht, die man nahen fühlt und gegen die man vergeblich ankämpft. Er balancierte auf einem sehr schmalen Grat. Aber diesmal war alles anders, drangen die Aufzeichnungen nur bruchstückhaft bis in sein Unterbewußtsein vor. Mit jeder Faser seines Körpers sträubte Ren Dhark sich dagegen. Rings um ihn brannte die Zentrale des Zylinderraumers, und zweifellos sah es anderswo an Bord noch schlimmer aus. Und immer noch hämmerten die Thermo strahlen der angreifenden G'Loorn ihre Glut in das sterbende Wrack. Ich wußte, daß sie uns finden werden, schoß es Ren Dhark durch den Sinn. Verdammt, ich wußte es, aber ich habe trotzdem nicht versucht, Opac zur Vorsicht zu bewegen. Sie waren nur eine kleine Gruppe, acht G'Loorn, die auf der Suche nach ihrem verschwundenen Volk die Galaxis durchstreiften. Nach zwei Wochen setzte bei ihnen der beschleunigte Alterungsprozeß ein. Deshalb töteten sie. Weil die mentale Energie sterbender Intelligenzen ihnen das Gefühl gab, die Alterung hinauszögern zu können. Trotzdem kehrten sie bald in die Chronosphäre zurück, mit gefangenen spinnenartige Kreaturen, deren mentales Potential ungewöhnlich hoch war. Tulka selbst nahm sich dieser Wesen an. Sie gaben ihm ihre Kräfte und starben
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dabei. Barrusca blieb nur kurze Zeit auf der Zentralweit und arbeitete wieder für das Projekt. Anschließend brachen er und die anderen erneut auf, diesmal mit Tulkas Billigung. Sie überfielen fremde Raumschiffe und quälten die Besatzungen zu Tode. Doch niemand kannte die G'Loorn. Niemand hatte je diesen Namen gehört. Es war, als hätte die Geschichte den Mantel des Schweigens über ihr Volk ausgebreitet. Sie wurden verfolgt. Von zylinderförmigen Raumschiffen, die es ebenfalls verstanden, sich zu tarnen, und die sich ihrem Zugriff stets entziehen konnten. Diese Schiffe waren den Spindeln ebenbürtig. Das stellte sich heraus, als Barrusca eine kleine Wasserwelt überfiel und die Zylinderschiffe verhinderten, daß eine Handvoll G'Loorn ein Massaker beging. Skythen! Die Unbekannten in den Zylinderschiffen waren Skythen! Ein Stakkato kleiner Explosionen zerfetzte die Bildschirmwand. Die Luft war zum Schneiden dick, die Hitze wurde unerträglich. Dhark keuchte halb erstickt, mit jedem Atemzug sog er ätzende Dämpfe in die Lungen, und sein Hals brannte längst wie flüssiges Feuer. Dabei hätte er nur den Helm des Mysterious-Anzugs schließen müssen, um autark zu sein und wieder frischen Sauerstoff zu schmecken. Er schaffte es nicht, brachte den Arm nicht in die Höhe, um den Helm nach vorne zu ziehen. Ein kleiner, von Einschlägen zernarbter Himmelskörper. Atmosphärelos, ohne Leben. Zerstörte Kuppelbauten in einem weitläufigen Krater, daneben die Reste einer zerschellten radförmigen Raumstation. Aber dann - das blauweiße Rund eines aufgehenden Planeten über dem schroffen Horizont. Eine Welt mit braungrünen markanten Kontinenten und ausgedehnten Ozeanen. Die Erde. «Nein!« krächzte Ren Dhark heiser, und Blut aus seinen vor Entsetzen aufgebissenen Lippen vermischte sich mit Speichel und tropfte über sein Kinn. Er bemerkte es kaum.
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»Neeeiiin! Nicht die Erde!« Die G'Loorn löschten die Saharastadt Olan aus. Sie stillten ihren Mentalhunger an der Pein und den Ängsten der Menschen. Für Ren Dhark war das nicht mehr Vergangenheit - für ihn geschah es jetzt, in diesem Augenblick. Und er konnte es nicht verhindern. Er war eins mit Barrusca, durch die Aufzeichnung mit ihm verbunden, und das trieb ihn an den Rand dessen, was ein Mensch verkraften konnte, ohne an Körper und Seele Schaden zu nehmen. Er schrie, aber nicht einmal mehr ein Ächzen drang über seine blutleeren bebenden Lippen. Er schrie in Gedanken, wand sich in der Agonie der Hilflosigkeit - und wußte zugleich, daß sein Entsetzen den G Loorn nur neue Nahrung gewesen wäre. Skythen hinderten Barrusca und die anderen G'Loorn daran, ihren Vernichtungsfeldzug über die Erde auszudehnen. Die Aufzeichnung blieb seltsam verwaschen und äußerst knapp, was diesen Punkt anbetraf. Alles wirbelte durcheinander. Ein Kaleidoskop von Sinneseindrük-ken, manche greifbar, andere abstrakt und unverständlich. Ren Dhark weigerte sich einfach, noch mehr von diesem Grauen in sich aufzunehmen. Die Zentrale von Opacs Schiff war ein Trümmerhaufen, die Luft kochte. Aber immer noch stand Opac wie erstarrt, als warte er hilflos auf das Ende. Fast war es wie ein Wunder, daß der Zylinder noch nicht in einer gewaltigen Explosion verglüht war. »Ich - habe - versagt«, stieß der Skythe hervor. »Die Zweite Wirklichkeit - wird die Galaxis - verändern...« Fünf fremdartige Gehirne, eingebettet in Nährflüssigkeit: der CAL, Herrscher über die raubtierhaften Giants, die die Erde versklavt und Menschen auf den Planeten Robon verschleppt hatten. Ein grauenvoller Schmerz durchzuckte Ren Dharks Brustkorb, sein Atem stockte. Die Bilder des Kristalls vermischten sich mit den Erinnerungen, die in ihm aufstiegen wie Blasen vom Grund eines Moores. Plötzlich war alles wieder da, was auf der Welt der Giants mit ihm
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geschehen war. Barrusca hatte ihm die Daten für den Bau des Commutator-Enzephalos gegeben. Ausgerechnet Barrusca, der einarmige >Seelenfresser<, der gewiß kein Interesse daran haben konnte, die Menschheit von den Giants zu befreien. Ren Dhark sah sich selbst - er sah sich leiden und den G'Loorn trotzen. Sie jagten ihm keine Furcht ein, und sie würden ihn nicht töten. Aber sie lasen in seinen Gedanken wie in einem aufgeschlagenen Buch. Alles verriet er ihnen. Sie interessierten sich für das Erbe der Mysterious, für alles, was mit Hope zusammenhing... »Das Commutator-Enzephalo wird dir helfen, die versklavte Menschheit zu befreien. Dann werden die Menschen für uns besser verwertbares mentales Futter.« Alle Anspannung entlud sich in einem tiefen und nicht enden wollenden gequälten Atemzug. Im nächsten Moment übergab Dhark sich keuchend. Aber nur Galle kam über seine Lippen, während er innerlich zu verbrennen schien. Endlich gab der Speicherkristall ihn frei. Verwirrt blickte Dhark um sich, begann erst jetzt wirklich zu begreifen, daß das Zylinderschiff seit Minuten von G'Loorn-Spindeln beschossen wurde. Ein grellweißer Lichtbogen entstand mit peitschendem Knall, umzüngelte Opacs Körper und ließ ihn zur lebenden Fackel werden. Dhark registrierte es kaum. Auch der unausweichlich scheinende eigene Tod weckte keine Emotionen. Dhark war ausgebrannt, am Ende seiner Kraft - aber seine Gedanken drehten sich immer noch um die G'Loorn. Mit einer instinktiven Handbewegung schloß er endlich den Helm des Mysterious-Anzugs. Frischer Sauerstoff umflutete ihn, und die sengende Hitze ließ endlich nach. Ich muß die Augen offenhalten! dachte Dhark. Ich muß versuchen, aus dieser Hölle herauszukommen! Mühsam stemmte er sich hoch. Sein Körper war wie Blei, schien einem Fremden zu gehören. Ein Schritt nur, und schon verschwamm alles vor seinen Augen, spielte der Kreislauf verrückt. Raus hier!
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Daß Barrusca nach der Vernichtung der Stadt Olan und ihrer Bewohner keine weiteren Angriffe unternommen hatte, war also nicht nur den Giants zu verdanken gewesen, sondern auch den Skythen. Allerdings waren die G'Loorn auf die Giants aufmerksam geworden, und es mußte wirklich ein Spindelschiff gewesen sein, das den CAL entführt hatte. Zweifellos, um sich seiner mentalen Energie zu bemächtigen. Den Terranern hatte Barrusca mit dem Commutator-Enzephalo nur deshalb helfen wollen, weil sie unter der Versklavung nicht genügend mentale Kräfte produzierten und damit für die G'Loorn wertlos gewesen wären. Dhark torkelte vorwärts, setzte monoton einen Fuß vor den anderen. Überschlagsblitze streiften ihn, doch sie konnten den Anzug nicht durchdringen. Die Masse der G'Loorn war nie daran interessiert gewesen, in die Milchstraße aufzubrechen. Wären mehr als nur eine Handvoll Spindelschiffe im Col-System oder über Terra erschienen, hätte niemand gegen ihre geballte Macht eine Chance besessen. Mit einem einzigen Feuerschlag hätten sie die erbeuteten Giant-Raumer aus dem All gefegt. Zum Glück für die Menschen konzentrierten sie sich nur darauf, das Tor in die Vergangenheit wieder aufzustoßen, in ihre angestammte Zeit zurückzukehren und das Experiment gar nicht erst durchzuführen, das ihrem Volk offenbar nur Nachteile gebracht hatte. Zum Glück? Die Zweite Wirklichkeit, vor der Opac gewarnt hatte, würde wohl erst das Chaos für die Milchstraße und ihre Völker bedeuten. Denn der Weg zurück mußte die G'Loorn zu Herrschern über die Galaxis machen, deren Spuren diesmal nicht in einer Million Jahre ausgelöscht sein würden. Wie lange dauerte der Angriff inzwischen? Drei Minuten, vielleicht sogar vier? Mühsam bahnte sich Dhark einen Weg zwischen ausgeglühten Terminals hindurch. Wenn es ihm gelang, das Wrack zu verlassen, ehe es in atomarem Aufflammen verglühte, und wenn die Angreifer ihn nicht entdeckten, hatte er vielleicht eine Chance zu überleben.
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Eine winzig kleine Chance.
19. Die Abbildung des Black Hole war gewaltig und imposant. Vorübergehend hatte Tulka das Empfinden, von der gewaltigen Schwerkraft des rotierenden Nichts angezogen zu werden. Dabei trennten ihn sechs Lichtmonate von dem Moloch, und eine stählerne Masse, die der eines kleinen Planeten nahekam. Dort draußen, in diesem gigantischen Mahlstrom, lag die Zukunft der G'Loorn. Sie würde sich eher entscheiden, als es dem Stand der Vorbereitungen entsprach. Tulkas Fangarme zitterten, als er sich von der Bildwand löste und zurückging zu seinem Computerterminal. Er war alt geworden und schwach, er sehnte sich nach nichts mehr als danach, den Kreis zu schließen, der vor einer Million Jahre begonnen hatte. Es wird Zeit, wisperte der Chor der Stimmen der Chronosphäre. Du mußt dich entscheiden. Hörte er die Stimmen wirklich? Oder entsprang das Wispern dem quälenden Hunger nach neuer mentaler Energie? Tulka dachte nicht darüber nach, wann die Spinnenwesen den Weg alles Vergänglichen gegangen waren. Die Chronosphäre war angereichert mit dem mentalen Leid ungezählter Intelligenzen, und immer noch brachten die Sukooren Kreaturen aus allen Teilen der Galaxis im Kryogenschlaf. Jetzt war all das unwichtig geworden. Die Skythen hatten die Kontrollstationen vernichtet und damit die Black Hole-Schale zum Zusammenbruch gebracht. Der Angriff war zu überraschend erfolgt, als daß ein wirkungsvoller Schutz noch möglich gewesen wäre. Doch zu Tulkas größtem Erstaunen hatte die Chronosphäre Bestand, ohne daß er eine Erklärung wußte, weshalb. Noch einmal blickte er hinüber zu der optischen Wiedergabe des Schwarzen Lochs, in dem sich mehr als eine Million Sonnenmassen vereinten, jede so groß wie das
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Muttergestirn von Skythos. Ein stechendes, ziehendes Verlangen pulsierte durch seine Adern. Der Hunger nach mentaler Energie würde bald unerträglich werden. Ungeheuerliches war geschehen. Fremde hatten die Zielwelt der Sammler betreten, ohne an den Freuden des universellen Konzepts teilzuhaben. Es war ihnen sogar gelungen, eine Spindel zu erobern und einen G'Loorn in den Tod zu treiben, aber letztlich waren sie doch als Gefangene zur Zentralwelt gebracht worden. Ich habe sie unterschätzt, dachte Tulka bitter. Das hätte niemals geschehen dürfen. Für Vorwürfe war es zu spät. Die Menschen hatten sich befreit und die Gehirne entführt, die Tulka nun schmerzhaft vermißte. Er hatte große Hoffnungen in den CAL gesetzt, in eine rasche Anreicherung der Chronosphäre. Nun fühlte er sich schwach und ausgelaugt und hatte Mühe, seine Erinnerung an die KARIMJEN zurechtzurücken. Ununterbrochen hatte Durom während der Annäherung an den Ereignishorizont Kontakt gehalten, bis schließlich jede Bewegung aufgehört hatte, als sei die Spindel in der Zeit eingefroren worden. Danach hatten sich ihre Konturen verwischt, war das Schiff undeutlicher geworden und hatte sich schließlich aufgelöst. Die Zeit war mutiert... Die in der Chronosphäre gespeicherte mentale Energie würden den gegenläufigen Effekt verstärken. Aber jetzt schon? War es nicht zu früh dafür? Tulka zuckte zusammen, als eine Stimme den Raum erfüllte. Instinktiv riß er die Fangarme hoch, um sich zu verteidigen, doch nur der Hauptrechner hatte sich gemeldet: »Wir haben Funksprüche aufgefangen, die beweisen, daß die Skythen sich sammeln. Sie werden wieder angreifen. Ihr Ziel ist die Zentralwelt.« »Sollen sie nur kommen«, keuchte Tulka. »Diesmal sind wir vorbereitet.« Er löste den Alarm aus. Auf gewisse Weise war er sogar zufrieden. Jeder sterbende Skythe würde seinen Tod schmerzhaft empfinden. Das war die Energie, die er noch
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brauchte, um in der Zeit zurückzukehren. »Ich habe es satt«, schimpfte Ralf Larsen ungefähr zum gleichen Zeitpunkt. »Dieses Katz-und-Maus-Spiel behagt mir nicht.« Die Arme verschränkt, stand er vor der Bildkugel, der frei in der Mitte der Ringraumerzentrale schwebenden dreidimensionalen Projektion. In der Wiedergabe wimmelte es von spindelförmigen Raumschiffen - eine Eskorte, die der POINT OF zweifellos den Todesstoß versetzen konnte. Aber noch war kein einziger Schuß gefallen. Seit Stunden hatte Larsen einen einzigen Alptraum: Die heiß geliebte eigenwillige Automatik fuhr die Waffensysteme ohne Vorwarnung hoch und eröffnete das Feuer auf die G'Loorn aus Dust-, Strichpunktund Nadelstrahlgeschützen. Vielleicht würde sie sogar einen respektablen Anfangserfolg erzielen, aber dann... Ohne daß er sich dessen recht bewußt wurde, umrundete Larsen die Bildkugel. Wie ein gefangenes Tier in seinem Käfig zog er die Runde. Und dann noch eine. Er bemerkte gar nicht, daß alle Blicke auf ihn gerichtet waren. »Wieviele mögen es sein?« fragte er. »237«, erfuhren sie von Tino Grappa. »Ein klassisches Patt«, murmelte Chris Shanton, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Scannerdaten zu analysieren. Gleichzeitig kraulte er Jimmys Synthetikfell, weil der Robothund mit der Schnauze auf die ausgebreiteten Datenfolien stieß. »So kann das jedenfalls nicht lange weitergehen«, seufzte Grappa hinter seiner Instrumentenkonsole. »Die G'Loorn haben bestimmt nicht die Absicht, uns auszuhungern.« »Es sieht aber ganz danach aus.« Ralf Larsen hielt in seiner Wanderung inne. Er wandte sich zu Shanton um und versuchte ein Lächeln, das ihm nicht so recht gelingen wollte. »Was halten sie von einem kleinen Ausflug, Chris?« Jimmy bellte leise. Und Shanton nickte knapp und sagte: »Darüber denke ich schon eine Weile nach. Nichts dagegen, daß wir in diese gigantische Station einfliegen.
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Die G'Loorn sollen zusehen, wie sie uns da wieder rauskriegen. Es gibt bestimmt einiges zu begutachten, was uns interessieren wird.« »Vorausgesetzt, unsere Eskorte ist damit einverstanden, daß wir beschleunigen.« Larsen seufzte gequält. Es war zum Haare raufen und mehr. Fünf Millionen Kilometer über der Zentralwelt der G'Loorn stand die POINT OF im relativen Stillstand, nachdem die Spindelschiffe den Ringraumer auf unmißverständliche Weise zum Stoppen gezwungen hatten. Vergeblich die Hoffnung, der fliehenden Spindel zu folgen, die sich im letzten Moment durch Transitionen gerettet hatte. Mittlerweile zweifelte niemand mehr daran, daß an Bord des Spindelraumers Ren Dhark und seine Begleiter gewesen waren. Lächerliche 20 Lichtjahre hatten die POINT OF von den Verschollenen getrennt. Larsen beugte sich über Offiziersanwärter Falluta, der seine Zeit am Kommandopult absaß, und schaltete die Verbindung zur Funk-Z. »Morris, fragen Sie bei den G'Loorn an, ob wir uns endlich entfernen dürfen. Ich habe es satt, länger zu warten.« Glenn Morris' Schlucken war deutlich zu hören. »Ist das Ihr Ernst, Larsen?« »Sehe ich so aus, als wäre ich zum Scherzen aufgelegt?« »Ich weiß nicht«, antwortete Morris. »Es besteht keine Bildverbindung.« Um Fallutas Mundwinkel begann es verdächtig zu zucken. Er gab sich redlich Mühe, ernst zu bleiben, aber dann platzte er doch heraus, und Sekunden später hallte die Zentrale wider vom allgemeinen Gelächter. Die Anspannung von Stunden entlud sich darin. Nur Jimmy schaute treuherzig von einem zum anderen und zog jaulend den Schwanz zwischen die Hinterbeine. »Der Dackel... versteht keinen Spaß...«, ächzte Falluta. Ob Chris Shanton wegen dieser Bemerkung daran dachte, den Offiziersanwärter zurechtzuweisen, oder ob Jimmy in Erwägung zog, bei Gelegenheit Falluta mit einem gehobenen Bein zu erschrecken, sollte niemand je erfahren. »Schluß!« stieß Larsen unvermittelt hervor. »Da tut sich
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was.« Das Lachen erstarb. Im Nu herrschte wieder die gewohnte Betriebsamkeit. In die Formation der Spindelschiffe war Bewegung geraten. Ein Pulk von schätzungsweise fünfzig Raumern löste sich von den anderen und beschleunigte. Auch bei der Station verließen soeben Hunderte großer Raumschiffe ihre Hangars. »Ich wollte, es wäre Nacht oder die Mysterious kämen«, zitierte Falluta in überdeutlicher Abwandlung. Larsen blickte ihn überrascht an. »Etwas Ähnliches scheint in der Tat geschehen zu sein«, stellte er fest. »Die Spindeln nehmen Verteidigungspositionen ein. - Funksprüche?« »Nichts Brauchbares.« Weitere Schiffe der G'Loorn lösten sich aus den Umklammerungen um die POINT OF. Aber immer noch war die Übermacht erdrückend. »Die Seelenfresser haben ein Problem«, erkannte Pal Hertog folgerichtig. »Ich gäbe verdammt viel dafür, zu erfahren, wer sie aufmischt.« Dhark? Die Frage stand groß im Raum. Wenn wirklich Ren Dhark und seine Begleiter in dem Spindelschiff von der Station geflohen waren, dann hatten sie den G'Loorn womöglich ein Kuckucksei hinterlassen. »Larsen!« rief Falluta urplötzlich. »Sehen Sie sich das an!« Die M-Konverter lieferten mehr Energie, als vom Ringraumer benötigt wurde. Zwar stand das Doppelintervallum, aber... Startvorbereitungen zurücknehmen! befahl Larsen der Gedankensteuerung. Der Checkmaster reagierte nicht. Deutlich waren jetzt die Arbeitsgeräusche der Konverter zu vernehmen. Trotz der Schallisolierung. Kein Feuerbefehl erteilt! dachte Larsen. Auf gewisse Weise stand er mit der Gedankensteuerung noch immer auf Kriegsfuß, und solche Zwischenfälle waren nicht dazu angetan, sein Vertrauen in die Mysterious-Technik zu stärken. Ich wiederhole: Kein Feuerbefehl! Sein Alptraum drohte Wirklichkeit zu werden. Falls die Automatik ihre Chance gekommen sah, aus allen
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Waffensystemen feuernd die G'Loorn auf Distanz zu halten... Sternensog! Aus dem Stand heraus beschleunigte die POINT OF mit Wahnsinnswerten. Die abfliegenden Spindeln hatten eine Lücke in der Umschließung hinterlassen, und genau diese Nachlässigkeit nutzte der Checkmaster. Einige G'Loorn-Schiffe eröffneten noch das Feuer. Die Bordcomputer mußten den Fluchtversuch rechtzeitig erkannt haben, denn kein Wesen aus Fleisch und Blut hätte schnell genug reagieren können. Wirkungstreffer gab es nicht, nur ein halbes Dutzend Einschläge, die vom Intervallfeld mühelos absorbiert wurden. Jimmy jaulte verhalten. »Sagen Sie Ihrem Hund, er soll sich ruhig verhalten«, schimpfte Hertog. »Jimmy meint, wir fliegen in die falsche Richtung«, sagte Chris Shanton. »Er hätte sich lieber auf der Station umgesehen.« Doppelte Lichtgeschwindigkeit inzwischen. Beschleunigung weiter mit Höchstwerten. Ralf Larsen stutzte, dann wandte er sich der Bordsprechanlage zu: »Grappa, haben Sie alle Sprungdaten der Spindel?« »Soweit wir sie anmessen konnten - ja.« »Überspielen Sie mir die Koordinaten!« Zwei Hypersprünge waren exakt eingepeilt, für einen dritten lagen nur die Eintauchdaten vor. Die Stärke der Strukturerschütterung ließ jedoch nicht erwarten, daß eine größere Distanz überwunden worden war. Vorausgesetzt, der fliehende Raumer hatte keine weiteren unkontrollierten Hypersprünge folgen lassen, mußte es möglich sein, in seine Nähe zu gelangen. Fünfhundertfache Lichtgeschwindigkeit... Sofern die G'Loorn ihre Jagd auf den Ringraumer fortsetzten, würden sie in Kürze materialisieren. Ein Scheiß-Spiel ist das, dachte Larsen. Intensiv widmete er sich den Koordinaten, gab sie der Gedankensteuerung weiter. Doch nichts veränderte sich, in der Bildkugel wurde
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keine Kurskorrektur erkennbar. Dieses Schiff macht mit uns, was es will. Trotz aller vermeintlichen Erkenntnisse sind wir nicht mehr als Zauberlehrlinge, die fremde Geister riefen... »Wir drehen ab!« bemerkte Falluta als erster. Tatsächlich schwenkte der Ringraumer auf Koordinate blau ein. Nur noch acht Lichtjahre entfernt stand eine kleine gelbe Sonne vom G-Typ. »Funk-Z: Ich will, daß ein Ruf an Dhark und die anderen rausgeht. Volle Energie. Sie sollen wissen, daß wir sie suchen.« Das modifizierte Intervallfeld arbeitete einwandfrei. Und immer noch keine Spindelraumer, die mit Kurztransitionen der PoiNT OF den Weg verlegten. »Die G'Loorn haben tatsächlich Probleme. Aber uns kann's recht sein.« Das erste Zwischenziel. Weiter mit Sternensog, zu einem elf Lichtjahre entfernten Doppelsternsystem. Mit millionenfacher Lichtgeschwindigkeit war das die Angelegenheit weniger Minuten. »Funkempfang!« brüllte Glenn Morris plötzlich los. »Ich kriege da was auf Angloter herein.« »Dhark?« »Riker ist dran. Sagt, er hat uns in der Ortung. Wir sind noch dreieinhalb Lichtjahre entfernt.« Das Spindelschiff löste sich aus der Sonnenkorona. Im Ortungsschutz einer gewaltigen Bogenprotuberanz näherte es sich der Umlaufbahn des einzigen Planeten, eines glutflüssigen Feuerballs, der seiner Sonne so nahe stand, daß er in absehbarer Zeit von ihr verschluckt werden würde. Das Schiff enttarnte sich bereits in mehreren Lichtsekunden Distanz zu dem Ringraumer, der verabredungsgemäß über dem Planeten wartete. »Schickt uns ein paar Flash rüber, die uns abholen!« eröffnete Dan Riker. »Wir sind hier noch sieben Mann Ogar hat's auf der Pilzwelt erwischt und Kaplan und Gorm auf der Station.«
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»Das darf doch nicht wahr sein. Was ist mit Ren Dhark?« »Wenn sie uns nicht bald an Bord nehmen, Larsen, können wir für nichts garantieren. Mit den Geräten der Spindel konnten wir den Funkverkehr der G'Loorn abhören. Sie haben Ren außerhalb der QUIET ZONE erwischt. Ein kleiner Verband von Spindelschiffen hat ihn aufgenommen. Sie befinden sich noch im Normalraum, werden aber die Zentralwelt anfliegen. Und noch etwas: Die Skythen greifen die Zentralwelt an. Möglich, daß bereits in diesem Moment die ersten Schiffe in die Transition gehen.« »Wir sind schon unterwegs!« versprach Ralf Larsen. »Lauft nicht davon.« Rikers wenig schmeichelhafte Antwort hörte er nicht mehr. Weil er zusammen mit den anderen Piloten zu den Flash eilte. Der Sternensog arbeitete mit knapp zweihundert Prozent über dem Normalwert. Daß die Männer im Maschinenraum, allen voran Miles Congollon, schier kopfstanden, interessierte Larsen zumindest momentan herzlich wenig. Mit Irrsinnsgeschwindigkeit raste der Ringraumer im Schutz des Doppelintervallums durch das Zentrumsgebiet der Milchstraße. »Wir brauchen noch mehr Dampf!« schrie Larsen in die Bordverständigung. »Lassen Sie sich was einfallen, Miles.« »Vielleicht schreibe ich Ihnen eine Ansichtskarte, Larsen. Portofrei aus der Hölle. - Das ist alles, was mir dazu einfällt.« »Dhark wird sich bedanken.« »Das wird er bestimmt, falls wir die POINT OF zu Schrott fliegen.« »Zweihundertdreißig Prozent, Miles, unter dem will ich keine Anzeige mehr sehen.« Congollons Kommentar dazu war alles andere als druckreif. In jeder Minute legte der Ringraumer Lichtjahre zurück. Und nicht ein G'Loorn-Schiff erschien, um die Wahnsinnsfahrt zu unterbrechen. »Die Seelenfresser haben wahrscheinlich ganz andere
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Probleme«, sagte John Martell. »Die Skythen werden einiges ins Gefecht werfen.« Sie passierten den Bereich der erloschenen Black HoleSchale. »Ortung! Fünf Spindeln sind soeben am Rand der Chronosphäre materialisiert. Sieht nach einem Orientierungsaustritt aus.« »Haben wir den Kurs?« wollte Dan Riker wissen. Die Rückrechnung wurde bereits projiziert. Zweifellos handelte es sich um den kleinen Verband, von dem im Funkverkehr der G'Loorn die Rede gewesen war. Die Spindeln beschleunigten bereits wieder für den nächsten Hypersprung. »Die kaufen wir uns«, stieß Larsen zwischen den Zähnen hervor. Auch das Bremsmanöver forderte dem Material das Äußerste ab. Immer noch mit mehr als zwanzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit raste die POINT OF den Spindeln entgegen. Kollisionskurs! Viel zu schwerfällig öffnete sich die gegnerische Formation. Zugleich eröffneten die G'Loorn das Feuer auf den Ringraumer. Sekunden später raste die POINT OF im Intervallschutz durch das Führungsschiff hindurch, kippte einige hunderttausend Kilometer entfernt über Grün ab und kam in einem engen Kreis zurück. Larsen lachte, als das Feuer der G'Loorn ins Stocken geriet. »Die zählen jetzt noch ihre Chitinringe«, spottete er. »Ob sie überhaupt schon begriffen haben, daß wir mitten durch sie hindurch sind?« Distanz wieder sinkend. Gleichzeitig eröffnete der Ringraumer das Feuer. Dauerpunktbeschuß mit Nadelstrahl. Das Schirmfeld der anvisierten Spindel begann nach wenigen Sekunden zu flackern. Energieschleier verwehten. »Aufhören!« keuchte Riker. »Beschüß einstellen! Falls Dhark ausgerechnet an Bord dieses Schiff...« Der Schutzschirm brach zusammen. Noch im selben Sekundenbruchteil, bevor der Nadelstrahl den Raumer in eine Gluthölle verwandeln konnte, schaltete der
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Checkmaster um auf den lähmenden Strich-Punkt-Strahl. »Da waren's nur noch vier«, kommentierte Janos Szardak. »Funkempfang!« Das Bild wurde von der Funk-Z umgeleitet. Ein G'Loorn manifestierte sich. »Übergebt mir das ringförmige Schiff, oder ich töte den Gefangenen! Ihr habt zwei Einheiten Bedenkzeit.« »Ich will den Gefangenen sehen!« verlangte Larsen. Er erhielt keine Antwort. In Gedanken fügte er, für den Checkmaster bestimmt, hinzu: Mach jetzt bloß keinen Mist. Noch so ein Alleingang und der G'Loorn macht seine Drohung wahr. Seltsamerweise feuerte die POINT OF nicht mehr. Der Ringraumer hatte seine Geschwindigkeit den Spindeln angepaßt, die weiterhin beschleunigten. Längstens noch zwei Minuten bis zur Transition. »Wir müssen sie aufhalten. Sobald sie die Zentralwelt erreichen, kommen wir nicht mehr ran.« Den Satz hörte Dan Riker nicht mehr, denn er verließ bereits die Zentrale. Wenig später schloß sich über ihm der Einstieg seines Flash. Die Gedankensteuerung reagierte präzise wie immer. Die 002 sprang förmlich in den Weltraum hinaus und nahm Kurs auf das Spindelschiff, in dem sich der Peilung nach Ren Dhark befand. Zugleich begann der Ringraumer wieder zu feuern. Thermostrahlen der G'Loorn streiften den Flash, konnten das Intervallfeld aber nicht durchdringen. Augenblicke später war die 002 drin. Riker nahm keine Rücksicht, der Brennkreis des Sie zog eine nachglutende Spur durch das Schiff bis zur Zentrale der Spindel... Als er den Flash bemerkte, riß der G'Loorn seine Waffe hoch und legte auf Ren Dhark an. Feuer! dachte Riker. Der Strich-Punkt-Strahl erwischte den Insek-toiden, unmittelbar danach auch die heranstürmenden Klonkrieger. Gelähmt sanken sie zu Boden. Dhark war in ein Fesselfeld gehüllt. Den zugehörigen Projektor zu finden und auszuschalten erwies sich für Riker als kein Problem.
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Gleich darauf saßen die Freunde Rücken an Rücken in der 002, die wie ein Schemen durch massiven Stahl ausflog. Sie verließen die Spindel nur Sekunden, bevor diese mit den übrigen vier Schiffen synchron in Transition ging. Weder die POINT OF noch Dhark schienen zu dem Zeitpunkt mehr von Interesse für die G'Loorn zu sein. Kein großer Bahnhof, nur ein flüchtiges Kopfnicken, als Ren Dhark hinter Dan Riker die Zentrale des Ringraumers betrat. Die POINT OF beschleunigte bereits wieder mit Höchstwerten. Der Kurs war in der Bildkugel für jeden sichtbar: Galaktisches Zentrum. »Die Skythen greifen die Zentralwelt an«, meldete Larsen. »Zu Dutzenden stürzen sich Zylinderschiffe auf die Station. Wir orten stärkste Explosionen.« Dhark übernahm das Kommando. Dazu bedurfte es keines militärischen Zeremoniells, ein knappes Nicken in Larsens Richtung und ein bestätigendes Handzeichen genügten. »Annäherung nur bis auf zehn Lichtjahre.« Die Ortung wurde zunehmend deutlicher; die Zentralwelt glühte an vielen Stellen im Atombrand. Ihr Ende war besiegelt. Dennoch lieferten sich G'Loorn-Spindeln und die Zylinderschiffe der Skythen weiterhin erbitterte Gefechte. »Das Black Hole verändert sich«, ächzte Chris Shanton. Ein gedanklicher Befehl Ren Dharks schaltete die Wiedergabe auf optimale Vergrößerung. Ein Strahlenkranz schien das gigantische Schwarze Loch zu umgeben, eine Erscheinung, die an konzentrische, halbkreisförmige Strukturen erinnerte. »Wie das elektromagnetische Feld eines starken Senders«, stellte Shanton fest. »Nur der Jetstrahl verdrängt die Feldlinien.« Das flirrende Leuchten begann sich zu verformen. Schichtenlinien entstanden, gruppierten sich um den Ereignishorizont, begannen zu verwirbeln und - erstarrten scheinbar in der Zeit. In der gleichen Sekunde, in der die Zentralwelt der G'Loorn endgültig zur neuen Sonne wurde. Vibrationsalarm! Vom Checkmaster ausgelöst. Die POINT OF ging auf Fluchtkurs. Aber zu spät. Aus dem Nichts
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heraus griffen hochenergetische Entladungen nach dem Intervallfeld, brachten das künstlich erschaffene Zwischenkontinuum fast bis an den Rand des Zusammenbruchs. Verästelte Energiefinger lösten sich von der Innenseite des Intervallfelds und züngelten gegen die Unitallhülle. Im Inneren des Ringraumers hörte es sich an, als würde ein gigantischer Vorschlaghammer die Schiffszelle in Schwingungen versetzen. Sternensog auf Vollast, doch keine meßbare Veränderung. Überhaupt lieferten die Sensoren plötzlich widersprüchlichste Anzeigen. In der Bildkugel erschien der Ringraumer in Außenansicht. Oder vielmehr etwas, was gerade noch an eine ringförmige Struktur erinnerte: ein Oval, von wellenförmigen Bewegungen durchlaufen, zusammengequetscht, verdreht, in die Länge gezerrt. Gleich darauf war das Schiff kein Ring mehr, sondern eine Gerade, Hunderte von Kilometern lang, endlos, in der Zeit erstarrt. Im Anschluß weitere Röhren. Spiegelungen eines entartenden Mediums. Unheimliche Stille ringsum. Und das eigenartige Empfinden, in zähflüssiger Luft zu schwimmen. Es kostete Ren Dhark große Anstrengung, sich zu bewegen. Wieviel Zeit verging, während er den Arm hob? Waren es Minuten, Stunden gar? Eine halbe Drehung mit dem Oberkörper; er ließ dabei die Bildkugel nicht aus den Augen, und er stieß Riker an. Dan schien tot zu sein, schon lange erstarrt, eiskalt. Auch die anderen waren mitten in der Bewegung eingefroren, Momentaufnahmen einer lange zurückliegenden Zeit. Nur in der Vergrößerung der Bildkugel hektische Bewegung. Energetische Verwirbelungen zwischen der Zentralwelt und dem Black Hole, ein gigantischer Sog, der Spindeln und Zylinderschiffe an sich riß. Checkmaster, das ist ein Notfall...! Watte hüllte Ren Dhark ein, lahmte seine Bewegungen, und bald würde er wie die anderen erstarrt sein. Die Intervallfelder brechen zusammen! dröhnte es unter seiner Schädeldecke. Die Intervallfelder... In dem Moment spie der entartete Raum die POINT OF
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aus. »Du warst wie zu Stein erstarrt.« Dan Riker drehte sich einmal um die eigene Achse. »Und Martell und Wonzeff und Doorn und...« Jeder an Bord hatte durchaus ähnlich empfunden, und das war etwas, was nur durch extreme Verwerfungen im Bereich des Black Hole entstanden sein konnte. Das RaumZeit-Gefüge war vorübergehend völlig durcheinandergeraten. Wobei >vorübergehend< immerhin mehr als zwanzig Stunden bedeutete. Den Wert jedenfalls nannte der Checkmaster. Verlorene Zeit. »Besser als verlorenes Leben«, brachte Anja Field zerknirscht hervor. »Wenn ich es richtig sehe, haben wir drei Tote zu beklagen, und wo Tyler steckt, weiß niemand.« »Die Chronosphäre hat sich aufgelöst«, kam es von den Ortungen. »Außerdem gibt es nicht den Hauch eines Echos von G'Loorn- oder Skythen-Schiffen.« »Weiß der Teufel, wohin sie verschwunden sind.« Ren Dhark dachte an Opac, und unwillkürlich preßte er die Lippen zusammen. War den G'Loorn um den greisen Physiker Tulka im letzten Moment doch noch gelungen, was sie immer angestrebt hatten? Waren sie in der Zeit zurückgekehrt? Kurz schloß er die Augen und lauschte tief in sich hinein. Begann das Paradoxon sich bereits auszubreiten, wurden eine Million Jahre galaktischer Geschichte zur Farce? Dan Rikers Frage schreckte ihn auf: »Was ist aus den Klonwelten geworden?« Wichtig, zweifellos - aber noch wichtiger die Antwort auf die Frage, ob die Geklonten nun wie die Fliegen sterben mußten, wie Opac es in den düstersten Farben ausgemalt hatte... Tage später Messungen, Auswertungen, neue Erkenntnisse - keiner an Bord des Ringraumers hatte auch nur einen Moment lang Zeit gehabt, sich krank zu fühlen. Die POINT OF stand wenige Lichtminuten von der Heimat der Sukooren
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entfernt. Nachdem die Ducks anfangs gar nicht verstanden hatten, was geschehen war, fühlten sie sich inzwischen vom Zwang der übermächtigen Tyrannen befreit. Ein kurzer Funkkontakt mit ihnen gab zur Hoffnung Anlaß, daß sie ihre unselige Jagd nach intelligentem Leben ein für allemal aufgeben würden. Sie selbst waren in keiner Weise von mentaler Energie abhängig. Außerdem hatten sie in den letzten Jahrhunderten ihre inneren Angelegenheiten vernachlässigt und wollten sich nun darum kümmern. Ren Dharks Bitte, ihm die Koordinaten aller Klonwelten zu überlassen, wurde von den Sukooren ohne Zögern erfüllt. Doch als die POINT OF die Welten der G'Loorn anflog, waren diese ausnahmslos verwaist. Es schien, als hätte die schwindende Chronosphäre alles Leben, das sie mit Gesängen angereichert hatte, mitgerissen. Wohin? Das war eine der Fragen, die unbeantwortet blieb. Sogar die Mysterious-Technik konnte nicht alle Rätsel lösen... Nach drei Wochen vergeblicher Suche entschied Ren Dhark, Kurs auf Terra zu nehmen, denn die dortigen Probleme des Wiederaufbaus waren dringlicher als alles, was im Bereich des galaktischen Zentrums gegenwärtig noch zu erledigen war. Vielleicht, so hoffte er, hatte Manu Tschobe inzwischen ein Mittel gegen das Robonensterben gefunden. Und vielleicht würden die Sukooren eines Tages zu Freunden der Menschen werden. Aber das war noch Zukunftsmusik. »Was hast du mit ihnen vor? Wir sollten sie in ihren Kapseln in die nächste Sonne schießen und das Kapitel CAL ein für alle Mal beschließen!« »Die Denker der Arche...«, murmelte Ren Dhark selbstvergessen, als hätte er Dan Rikers Einwand gar nicht gehört. Er stand unmittelbar neben ihm in der Schleusenkammer 4 der POINT OF und konnte den Blick nicht von dem grauweißen, verhärteten, abgestorbenen >Ding< einem von vieren - lassen, das immer noch in seinem Nährbehälter ruhte, obwohl sich die lebenserhaltende Flüssigkeit ebenfalls verändert hatte. Sie war trübe
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geworden wie Brackwasser. Das in den Behältern verborgene System hatte seine Hege und Pflege eingestellt. Über den Tod des CAL durfte im Grunde niemand traurig sein. Unvergessen war das Leid, das diese FünffachWesenheit über Terra und die Menschen gebracht hatte. Millionen waren im Dienste eines obskuren Experiments gestorben. »Wir werden vielleicht nie erfahren, ob der CAL die Wahrheit über sich, seine Herkunft und Absichten preisgab«, fügte Dhark hinzu. »Vielleicht gibt es die kastanienförmige Station im Halo der Galaxis gar nicht... Und seine Andeutung, daß Robon nicht die einzige Welt sei, auf die Menschen verschleppt wurden, um sie gegen die Gefahren des entartenden Magnetfeldes zu immunisieren...« Immer noch gedankenverloren strich er mit den Fingerkuppen über die Behälterwand. »Wie wirst du also entscheiden?« drängte Riker. »Ich weiß es nicht - noch nicht. Aber wäre es nicht Irrsinn, sie einfach zu entsorgen? Manu Tschobe würde es uns nie verzeihen!« »Der hat andere Probleme.« Auch Rikers Überlegungen schweiften kurz zu dem auf Terra verbliebenen Arzt, der sich dem Sterben der Robonen entgegenstemmte. »Wenn es uns gelungen wäre, den G'Loorn ein Heilmittel für die C-E-Geschädigten abzupressen - wenn wir nur ein bißchen mehr Zeit gehabt hätten...« »Zeit!« Ren Dhark drehte sich abrupt von den Behältern weg und ging zum Schott, das sich fauchend vor ihm öffnete. »Wir werden nie die Menge Zeit haben, die wir uns wünschen!« Riker folgte ihm. Hinter ihm erlosch das Licht. Dunkelheit senkte sich über die leblosen Klumpen im trüben Naß. Vier. Vom fünften existierte nicht einmal mehr grauer Stein...
Epilog Die POINT OF durchquerte auf ihrem Rückflug zur Erde
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gerade einen noch zentrumsnahen Quadranten, als der Ringraumer zufällig ein Phänomen streifte, dessen wahre Tragweite - und Tragödie - der Menschheit erst Jahre später bewußt werden sollte. Es begann mit Tino Grappas Ausruf: »Achtung, Fremdortung unbestimmbarer Herkunft!« Sofort war ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit Ren Dharks sicher, und mit diesem verließ auch der Zweite Offizier, Janos Szardak, seinen Beobachtungsplatz und trat hinter Grappa. Auf dessen Display zeichnete sich Blip für Blip das Unglaubliche ab. Wer Ren Dhark beobachtete, mußte den Eindruck gewinnen, daß er für Sekundenbruchteile regelrecht erstarrte, bevor sich seine Züge wieder entkrampften und er leise, fast wie zu sich selbst, befahl: »Parametervergleich mit den im Checkmaster verankerten Energiemustern der Synties!- Schnell!« Pokerface Szardak zog nicht einmal eine Augenbraue nach oben, sondern entfernte sich sofort zum Checkmasteranschluß. Dafür fragte Grappa, ohne den Blick von der völlig abnormen Messung zu nehmen: »Synties, Commander? Sie glauben doch nicht...?« »Wenn es um die Tropfen geht, will ich wissen, nicht glauben«, fiel Dhark ihm ins Wort. »Wir haben lange nichts mehr von ihnen gehört oder gesehen, und wenn sie ausgerechnet jetzt auf den Einfall kämen, sich wieder einzumischen, wären wir zu Schlußfolgerungen gezwungen, die sich noch gar nicht absehen lassen... Nein, glauben will ich im Zusammenhang mit den Energiewesen nicht aber hoffen. Ich hoffe, daß sie uns nicht wieder in die Quere kommen. Nicht ausgerechnet jetzt, da wir das Ende der Chronosphäre und seine Folge noch nicht einmal halbwegs überblicken...!« Der letzte Kontakt zu den ohne künstliche Hilfsmittel durch die Weiten des Alls reisenden Synties, die Dhark manchmal wie die Splitter einer ewig unbegreiflich bleibenden, äonenalten Entität erschienen, lag fast ein Jahr zurück. Aber niemand vermißte die Wesen, deren Motive
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stets undurchschaubar blieben, wirklich. Am wenigsten Dhark, der vorerst genug hatte von himmelhoch überlegenen Mächten - selbst die Mysterious waren in diesen Tagen ein Reizthema, dem er möglichst aus dem Weg ging. Der zeitliche Bogen, den Opacs Bericht für ihn geschlagen hatte, war einfach zu gewaltig. Und die Konsequenzen, die sich aus einem erfolgreichen Sprung der G'Loorn eine Jahrmillion zurück ergeben hätten, noch viel unüberschaubarer! Nichts wäre mehr, wie wir es kennen, dachte Dhark, während er ein paar Gedanken lang mutig in diesen Abgrund kosmischen Ausmaßes blickte. Aber nicht einmal er wagte es, sich vorzustellen, wie sehr diese Gegenwart, die ihm vertraut war, umgestaltet worden wäre, falls das Vorhaben der G'Loorn Erfolg gehabt hätte. Die Worte von Tino Grappa rissen Dhark aus seiner Nachdenklichkeit: »Einige der hellen Sterne, die ich in dem betreffenden Sektor scanne, haben ihre Leuchtkraft in den letzten Sekunden dramatisch eingebüßt! Es ist, als hätte sich eine Wolke, die aber mit meinen Instrumenten nicht erkannt wird, vor sie geschoben... Da! Da geschieht es schon wieder! Der Stern hier auf Grau-9,7-Delta... Man kann zusehen, wie er erlischt! Das...« Grappa verstummte, als hätte ihn die hypnotische Wirkung dieser absurden Beobachtung sprachlos gemacht. Automatisch kommentierte Dhark die Resultate, die über die Scanner hereinkamen, für alle hörbar weiter: »Die Masseortung muß defekt sein - wenn man sich auf sie verließe, müßte man davon ausgehen, daß die Sterne nicht nur unserer optischen Wahrnehmung entzogen wurden, sondern daß es sie gar nicht mehr gibt!« »Negativ«, sagte der vom Checkmaster-Terminal zurückkehrende Szardak, der Dharks Feststellung entweder nicht gehört hatte oder sich in keiner Weise davon beeindruckt zeigte. »Was wir beobachten, hat mit den Synties nicht das geringste zu tun. Die Abweichungen im Muster sind zu groß.« Ren Dhark nickte und befahl: »Die Scanner auf die
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betroffene Region konzentrieren! Auf Maximum schalten!« Tino Grappa erwachte aus seiner tranceartigen Haltung. Seine Fingerkuppen huschten über die Sensoren. Nach ein paar Sekunden, wurde sein südländischer Teint noch wächserner, und er stammelte: »Dort ist kaum noch Masse vorhanden! Jedenfalls bei weitem nicht genug für ein Objekt wie einen Stern!« »Astro-Abteilung parallel schalten!« schnarrte Dhark. Schon wenig später meldete sich Jens Sheffield mit einer ersten Stellungnahme über die Bordverständigung. »Commander, wir können uns noch nicht festlegen, aber wenn unsere Beobachtungen nicht täuschen, hat das Kernphänomen eine Ausdehnung von ungefähr drei Lichtminuten. Die errechnete Geschwindigkeit dürfte bei ungefähr 245 000 Kilometern in der Stunde liegen - eher höher! Aber selbst wenn es sich um eine hoch mit Energie angereicherte Partikelwolke handelt, erklärt dies nicht die Effekte, die unsere Scanner irritieren und -« Niemand hörte Jens Sheffield mehr zu, denn in diesem Moment schrie Tino Grappa: »Gefügeerschütterung in Sektor Grau-Delta! Commander! Commander...« Dhark, dessen Wahrnehmung sich von der kleinen Bildscheibe der Bordverständigung erst wieder hin zu Grappas Display und dessen Symbolik umorientieren mußte, fragte scharf: »Was ist? Fassen Sie sich, Tino! Was-?« Mit einem Ruck straffte sich der vor ihm sitzende Mann tatsächlich. Aber seine Stimme vibrierte noch immer, als er sagte: »Es ist transitiert!« Es... »Sie meinen...?« Dhark starrte dorthin, wo vorhin Blip an Blip Unfaßbares zu sehen gewesen - und wo jetzt gar nichts mehr zu sehen war. Nichts Außergewöhnliches jedenfalls. »Weg!« keuchte auch Sheffield aus der Bordverständigung. »Sterne und Boliden, wie kann...?« ... ein Monstrum von drei Lichtminuten Ausdehnung transitieren? Ren Dhark fröstelte.
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Treibende kosmische Wolken hatten im allgemeinen weder Zugang zum Hyperraum, noch verschwanden sie einfach darin. Und wenn -hätten sie dann nicht irgendwo wiederauftauchen müssen? Meßbar! Dhark wußte, wie spekulativ diese Überlegungen waren. Aber niemand, der Zeuge des Phänomens geworden war und noch immer unter seinem Eindruck stand, konnte es unterlassen, die wildesten Vermutungen anzustellen. Wenn dieses Gebilde jedem bekannten Naturgesetz widersprach, mußte es dann nicht künstlichen Ursprungs sein? Und wenn es künstlich war... Allmächtiger im Himmel... es hatte 3 Lichtminuten Ausdehnung - das waren 18.000.000 Kilometer...! An diesem Punkt seiner Gedanken angelangt, schüttelte Dhark ernüchtert und unwillig den Kopf. »Sollen wir den Kurs ändern und Grau-Delta anfliegen?« fragte Ralf Larsen, der den Ko-Sitz nicht verlassen hatte. Später - sehr viel später - würde sich Ren Dhark fragen, ob es etwas geändert hätte, wenn er in diesem Moment ja gesagt, wenn die POINT OF Sektor Grau-Delta tatsächlich angeflogen hätte... Aber sie befanden sich noch nicht einmal in der Reichweite irdischer Hyperfunkstationen, und auch wenn alle hofften, noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein - wissen konnten sie es erst, wenn sie wieder daheim waren. »Nein«, entschied Dhark. »Wir halten den Kurs. Die Erde wartet. Für andere Dinge ist später noch Zeit!« Erst als hörbares Aufatmen durch die Zentrale ging, wurde ihm bewußt, wie sehr sich die Besatzung nach etwas Ruhe sehnte. Und ich auch, dachte Dhark, ohne zu ahnen, daß sie hier und heute ein Ungeheuer gesehen hatten. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal. Ein Monstrum von drei Lichtminuten Ausdehnung...
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REN DHARK Band 9 Das Nor-ex greift an! erscheint im Winter 1997 Ren Dhark Sonderband soeben erschienen Soeben ist der erste REN DHARK SONDERBAND erschienen. Auf 192 Seiten erzählt der Autor Manfred Weinland eine spannende Episode aus der Geschichte der Nogk - des wohl faszinierendsten Fremdvolkes innerhalb des REN DHARK Kosmos. Zum Inhalt: Der Nogk Charraua erfährt von dem Schläfer von mysteriösen Vorgängen um sein Volk in der Vergangenheit. Auch Commander Huxley ist mit an Bord, als Charraua seine Suche beginnt... Gehen Sie mit auf die Reise, denn in den Tiefen des Alls sind noch immer Geheimnisse zu lösen... Bereits erschienen und lieferbar: Hardcover, 192 Seiten REN DHARK SONDERBAND "Die Legende der Nogk" Hansjoachim Bernt Verlag Postfach 22 01 22, 56544 Neuwied Ren Dhark "Checkmaster" Infos rund um Ren Dhark Artikel, Hintergrundinfos, Rißzeichnungen, Autorenportraits, Illustrationen, Vorschau auf kommende Bände der Ren Dhark - Saga. Dieser kostenlose Service wird vom Hansjoachim Bernt Verlag den vielen Ren Dhark - Fans angeboten, um auf dem laufenden zu sein. Denn in den Tiefen des Alls ist noch immer das Geheimnis der Mysterious zu lösen... Bereits erschienen und direkt beim Bernt Verlag 56544 Neuwied anzufordern: "Checkmaster" Info Hansjoachim Bernt Verlag Postfach 22 01 22, 56544
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Neuwied Ren Dhark - Programm Kurt Brand schuf von 1966 bis 1969 die Heftserie Ren Dhark. Für die Buchausgabe des Bernt Verlages wird der SF-Klassiker neu bearbeitet, ergänzt und fortgeschrieben, denn in den Tiefen des Alls ist das große Rätsel der Mysterious noch immer zu lösen... Bereits erschienen und lieferbar: Buchausgabe (jeweils ca. 352 Seiten) Ren Dhark Band l "Sternendschungel Galaxis" Ren Dhark Band 2 "Das Rätsel des Ringraumers" Ren Dhark Band 3 "Zielpunkt Terra" Ren Dhark Band 4 "Todeszone T-XXX" Ren Dhark Band 5 "Die Hüter des Alls" Ren Dhark Band 6 "Botschaft aus dem Gestern" (G'LoornZyklus) Ren Dhark Band 7 "Im Zentrum der Galaxis" (G'LoornZyklus) Ren Dhark Band 8 "Die Meister des Chaos" (G'LoornZyklus) Buchausgabe (ca. 192 Seiten) Sonderband "Die Legende der Nogk" In Vorbereitung: Ren Dhark Band 9 (erscheint ca. Dezember 1997) Ren Dhark Band 10 (erscheint ca. April 1998) Ren Dhark Band 11 (erscheint ca. August 1998) Ren Dhark Band 12 (erscheint ca. Dezember 1998) Ren Dhark Band 13 (erscheint ca. März 1999) Ren Dhark Band 14 (erscheint ca. Juni 1999) Weitere Bände erscheinen im Abstand von drei bis vier Monaten. Hansjoachim Bernt Verlag Postfach 22 01 22, 56544 Neuwied "POINT OF" - Modell Sehr geehrter Leser, wir denken an die Herstellung eines fertigen, exklusiven Modells der POINT OF, angelehnt an die Darstellung von Lührs (mit Mittelstrebe). Das Modell dürfte etwa 15 cm Durchmesser haben
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und auf einem Ständer mit Holzsockel ruhen. Dieser Sockel soll mit einer beschrifteten Metallplatte (POINT OF) versehen werden. Zwei farbliche Gestaltungen sind denkbar: poliert-silber oder unitalfarben bemalt. Als Material kommen derzeit Zinn oder Resin in Betracht. Bevor wir diesen Gedanken konkretisieren, bitten wir um Ihre Reaktionen. Schreiben Sie uns bitte, wenn Sie - natürlich ganz unverbindlich! - über die weitere Planung unterrichtet werden möchten! Hansjoachim Bernt Verlag, Abt. PO, Postfach 22 01 22, 56544 Neuwied
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