OTTO ZIERER
BILD DER JAHRHUNDERTE EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL- UND 12 DOPPELBANDEN
ZEIT UND EWIGKEIT Unter diese...
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OTTO ZIERER
BILD DER JAHRHUNDERTE EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL- UND 12 DOPPELBANDEN
ZEIT UND EWIGKEIT Unter diesem Titel erscheint in Kürze der Doppelband 21/22 der neuartigen Weltgeschichte. DerDoppelband behandelt das dreizehnteJahrhundert n.Chr. Das Jahrhundert des großen Staufenkaisers Friedrich II., sein Kampf mit der Kirche, stürzt alle Völker des Abendlandes in den erschütternden Konflikt zwischen der Welt Gottes und der des Irdischen. Jäh versinken die Hohenstaufen, aber mit ihnen bricht auch eine Säule der Kuppel, welche die mittelalterliche Menschheit beschirmte. Faustrecht, Auflösung und schwerwiegende wirtschaftlich-soziale Umschichtungen rütteln an den Grundfesten der Zeit. Das Habsburger Kaisertum ist nur mehr ein Schatten einstiger Caesarenherrlichkeit Auch dieser Doppelband ist in sich vollkommen abgeschlossen und enthält wieder ausgezeichnete Kunstdrucktafeln und zuverlässige historische Karten. Ei kostet in der herrlichen Ganzleinenausgabe mit Rot- und Goldprägung und farbigem Schutzumschlag DM6.60. Mit dem Bezug des Gesamtwerkes kann in bequemen Monatslieferungen jederzeit begonnen werden. Auf Wunsch werden auch die bereits erschienenen Bücher geschlossen oder in einzelnen Bänden nachgeliefert. Erschienen ist seit Januar 1951 monatlich ein Band. Prospekt kostenlos vom
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU/MÜNCHEN
KLEINE BIBLIOTHEK
DES WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR-
UND
K U L T U R K U N D L I C H E
FRITZ
HEFTE
BOLLE
DIE ALTE ERDE Zwei Milliarden Jahre der Erdentwicklung
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU / MÜNCHEN
Im Tropenklima des Karbons gediehen die Steinkohlenwälder
W e n n die Steine reden . . . Mancherlei merkwürdige Dinge liegen auf meinem Schreibtisch. Die meisten als Briefbeschwerer, einige auch ganz nutzlos; aber vielerlei Erinnerungen verknüpfen sich mit ihnen. Dieses gezackte Stück Eisen ist ein Granatsplitter auf. Rußland; die mit Grünspan dicht überzogene Spirale ist der Rest einer Bronzefibel, die vor zweieinhalb Jahrtausenden ein hochgewachsener Germane am Ostseestrand verloren haben mag. Der Ziegelbrocken mit den glasig geschmolzenen Rändern? Er stammt aus den Trümmern meines Hauses, das im Jahre 1945 die Flammen fraßen. Daneben liegt ein Stückchen Granit aus dem Riesengebirge, ein Eekchen Marmor aus dem ewigen Rom. Jeder aber, der an meinen Schreibtisch tritt, 2
greift zuerst nach dem dunklen, sonderbar geformten Stein, der wie ein großes, flaches Schneckenhaus aussieht. Kräftige knotige Leisten gliedern den schraubig aufgewundenen Umgang, und wenn man ihn genau betrachtet, den merkwürdigen Stein, so erkennt man feine Linien, die sich in schwingenden Wellenzügen vom Außenrand nach innen ziehen. An einem glückhaften Tag habe ich den Stein aufgelesen, am Rand einer Straße, die über die kargen Felder der thüringischen Hochfläche führt. Wir waren jung, freuten uns an Sonnenschein und Vogelgesang; ab und zu bückte sich einer von uns hinab zu den Haufen von Steinen, die der Bauer von seinem Acker rafft und auf den Feldrain, an den Straßenrand wirft. Wir suchten Versteinerungen — Reste eines längst vergangenen Lebens der Vorzeit, und die Steinhaufen boten solche Sammelstücke in reicher Fülle. Uralt sind die Versteinerungen, unvergleichlich älter als jedes Menschengedenken. Dieser schneckenhafte Stein auf meinem Schreibtisch ist seine hundertfünfundsiebzig Millionen Jahre alt — eine Zahl, die wahrhaft schwindeln macht, und er ist nicht der Rest einer Schnecke, sondern das Überbleibsel von der Schale eines Tintenfisches. Hier, wo heute der Pflug seine Furchen zieht, wo die Lerche jubelnd zum Himmel steigt, hier flutete damals ein weites Meer. Die Kalkschale eines gestorbenen Tintenfisches sank hinab auf den Meeresgrund, und feiner Schlamm füllte sie bis in den letzten Winkel. Jahrtausend um Jahrtausend verging, Jahrhunderttausend um Jahrhunderttausend. Der Schlick verhärtete unter dem Druck der sich türmenden Schlammassen, wurde zu Stein. Und wieder vergingen Jahrmillionen. Wo einst Meeresfluten rauschten, ragten nun Gebirge zum Himmel. Längst war die feine Kalkschale aufgelöst, verwittert. Der Schlammkern aber, zu festen Stein umgeformt, hatte ihre einstige Gestalt aufs feinste bewahrt, wie der Gipsausguß einer Hohlform. Als im Laufe weiterer Jahrtausende und Jahrmillionen der einst gleichmäßige Meeresschlamm von gewaltigen Kräften zerbrochen, zerstückelt und in immer kleinere Steine verwandelt wurde, fiel auch der Steinkern aus seiner Umhüllung. Und so geriet er schließlich auf den Acker, war vom Bauern aufgelesen und achtlos beiseite geworfen worden. Und nun liegt er auf dem Schreibtisch und redet von Jahrmillionen, wenn man ihn nur richtig zu befragen versteht. Dieses Fragen freilich haben die Menschen erst vor wenig mehr als hundert Jahren gelernt — in derselben Gegend übrigens, aus der mein Tintenfisch-Stein stammt, in Mitteldeutschland. 3
Von der geheimnisvollen Formkraft Solange es Menschen gibt, haben die Versteinerungen einen eigenartigen Reiz auf sie ausgeübt. Aus uralten Tagen, von denen nur steinerne Werkzeuge zeugen, kennt man Funde, die beweisen, daß schon der Mensch der Steinzeit da und dort Versteinerungen aufnahm, zusammentrug, sammelte — aus einem Spieltrieb vielleicht oder weil ihm die Formen der Fundstücke gefielen. Und etwa zur gleichen Zeit, da am Ostseestrand ein Germane jene Bronzefibel verlor, deren Rest vor mir liegt, hat in Mitteldeutschland, im Anhaltischen, ein Mensch zum ersten Mal wohl systematisch und mit Bedacht Versteinerungen gesammelt und vergleichend beobachtet. In einer Aschenurne aus jener Zeit fand man eine regelrechte Sammlung von Gehäusen ausgestorbener Schnecken, die offenbar mit viel Aufmerksamkeit und Liebe zusammengetragen war: 58 verschiedene Arten, und von jeder war ein Exemplar vorhanden oder deren zwei. Daß der Besitzer an dieser seiner Sammlung besonders gehangen hat, beweist die Tatsache, daß man sie ihm mit ins Grab gegeben hat. Wir wissen nicht, was dieser Bronzezeit-Mensch sich bei der vergleichenden Betrachtung seiner Schneckengehäuse gedacht hat. Erst aus dem Lande" des Aufgangs der abenländischen Kultur, aus Alt-Griechenland, liegen die ersten Zeugnisse von Versuchen vor, die Versteinerungen zu deuten. Im siebenten vorchristlichen Jahrhundert findet der Philosoph Xenophanes von Kolophon Abdrücke versteinerter Fische und anderer Meerestiere, macht sich Gedanken darüber und meint, daß der Fundort einst von Meerwasser überflutet gewesen sei und daß sich die Gesteine aus dem Schlamm am Meeresboden gebildet und dabei die tierischen Reste eingebettet hätten. Diese Erklärung, die sich auch bei anderen Denkern des alten Griechenlands findet, mutet durchaus modern an. Um so verwunderlicher ist es, daß sie wenige Jahrhunderte später um einer anderen Lehrmeinung willen völlig aufgegeben wurde. Der große Denker Aristoteles (384—322 vor Christus), der Schüler Piatos und Lehrer Alexanders des Großen, war es, der sie begründet hat. Er behauptete, es gebe eine Lebenskraft, so mächtig, daß sie aus totem Stoff lebende Wesen zu schaffen in der Lage sei — Fliegen aus faulendem Aas, Frösche aus nasser Erde, Aale aus dem Schlick der Teiche und Flüsse. Was lag näher als anzunehmen, daß diese formende Lebenskraft sich auch an den festen Gesteinen versuchte und ihnen ihren Willen aufprägte. Freilich — der harte Stein
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setzte der Formkraft stärkeren Widerstand entgegen als Schlamm, nasse Erde oder Faulendes; so konnte nichts Lebendes aus dem Stein entspringen, wohl aber der Stein wenigstens die Gestalt von Lebendem annehmen — von Muscheln und Schnecken, Fischen und Pflanzen. Dort, wo die Kraft offenbar nicht stark genug war, kamen nur Teile lebender Wesen, von Knochen und Schädeln zustande. Zweitausend Jahre hindurch hat diese Lehre von der formenden Lebenskraft und ihrem Einfluß auf das Entstehen der Versteinerungen geherrscht, selbst zu einer Zeit noch, als überall in Europa gelehrte und ungelehrte Herren begannen, Versteinerungen zu sammeln und in Kuriositäten-Kabinetten auf- und auszustellen. Einzelne erleuchtete Geister, unter ihnen der Geistesriese Leonardo da Vinci, waren zwar durch Beobachtung und Nachdenken zum gleichen Ergebnis gekommen wie die frühen Griechen vor Aristoteles; die Mehrzahl der Forscher und Sammler aber hielt noch bis ins 18. Jahrhundert hinein die Versteinerungen für Gebilde, die unter dem Einfluß einer „vis formativa" oder „vis plastica" entstanden seien — eben einer formenden Lebenskraft, Folge geheimnisvoller Strahlungen von den Sternen und Planeten herab oder als einfache „lusus naturae", als Spielereien der Natur. Noch verworrener war schließlich die anno 1699 von dem Engländer Eduardus Luidius und von manch anderen, sonst sehr ernsthaften Naturforschern vorgetragene Lehre, Keime von Fischen und änderen Meerestieren stiegen mit dem verdunstenden Wasserdampf auf, würden von den Wolken übers Land getragen, mit dem Regen ins Innere der Erde gespült und befruchteten dort die Gesteine, die daraufhin die Gestalt lebender Wesen annehmen müßten. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, daß sie Reste einstmals lebender Wesen vor sich hatten. Und noch 1819 meinte ein um seine Wissenschaft durchaus verdienter Gelehrter, die Versteinerungen seien nichts anderes als vorzeitig abgebrochene Versuche der Natur, aus Unbelebtem Lebewesen zu schaffen; die Pflanzenabdriicke in den Steinkohlenlagern Schlesiens beispielsweise seien „eine Entwicklungsfolge ungeborener Pflanzenkeimlinge im Erdenschoß". Aber damals hatte die Lehre von den Versteinerungen bereits eine weitere Erkenntnisstufe hinter sich gebracht, die Meinung nämlich, alle Versteinerungen seien Zeugen der Sintflut.
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Jacobus Scheuchzer, der Medizin Doctor und der Mathematik Professor zu Zürich, eine großartige Entdeckung an: Ein
Zwei große Augenhöhlen starrten den Betrachter aus dem Bilde an, das diesem erstaunlichen Bericht beigefügt war; in der Platte aus dem Kalkschiefer von öningen bei Konstanz am Bodensee glaubte der gute Professor Scheuchzer vom „Stirnbein" bis zu „Überbleibselen der Leber" einen kompletten Sintflutmenschen erkennen zu können. Und er schloß seine Beschreibung des „in der Sündflut Ertrunkenen" mit dem Vers:
Nun — noch keine hundert Jahre später konnte der große französische Urzeitforscher Cuvier — von dem man rühmte, ihm genüge ein einziger Zahn, um Nam' und Art eines ausgestorbenen Tieres nennen zu können — nachweisen, daß Scheuchzers SintflutZeuge kein Mensch war, sondern daß es sich um das versteinerte Skelett eines — Riesensalamanders handelte! Heute mögen wir darüber lächeln; damals bedeutete die Erklärung der Versteinerungen als Beweise für die Sintflut einen erheblichen Fortschritt gegenüber der Lehre von der „Formkraft". Denn nun war man wenigstens überzeugt davon, daß die Versteinerungen Reste von Wesen waren, die wirklich einmal gelebt hatten.
Schichtenfolgen, Formationen, Leitfossilien In denselben waldbedeckten Gebirgen Mitteldeutschlands, wo sich noch bis in unsere Tage Sagen, Märchen und Lieder von schatzhütenden Zwergen und gesteinsschürfenden Venediger-Männlein, von schimmernden Gold- und Silberhorten in Höhlen und
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Gängen des Gesteins lebendig erhalten haben, in denen heute nach Uran geschürft wird, blühte im Mittelalter ein hochentwickelter Bergbau. Uralt war seine Tradition. Mit Hauwerkzeugen aus Hirschhorn und Feuerstein hatten die ältesten Bergleute schon dreitausend Jahre vor Christus am Lousberg im Norden von Aachen und auf Rügen unverwitterten Feuerstein aus der Kreide gebrochen; am Mitterberg bei Salzburg wurde schon zweitausend Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung Kupfer im Tagund Tiefbau gewonnen. Im Harz grub man nach Silber schon im ersten nachchristlichen Jahrtausend, gegen 1200 entstanden die Silberbergwerke Sachsens, und um dieselbe Zeit begann man, im Mansfeldischen Kupfer abzubauen. Bis zur Entdeckung der Neuen Welt war Deutschland das an Metallen reichste Land; Kaiser Karl V. nannte im Jahre 1525 die Bergwerke „die größte Gabe und Nutzbarkeit, die der Allmächtige dem deutschen Lande gegeben hat", und die Fugger und Welser verdankten ihren märchenhaften Reichtum nicht zuletzt den deutschen Erzgruben. Blei gewann man in der Eifel, Gold in Böhmen und Mähren, Salzburg und Kärnten, Kupfer in Tirol und in Schlesien, Eisen in der Steiermark, im Sieger- und Sauerland, im Harz, in Thüringen und im Fichtelgebirge. Dort, wo die Wiege des bis heute ununterbrochen betriebenen Kupferschiefer-Bergbaues gestanden hat, im Mansfeldischen, dort, wo die Bergknappen uraltes Wissen von den Gesteinsschichten
Im Laufe der Erdgeschichte sind die einst parallel liegenden Schichten gefaltet worden. An den Versteinerungen in den Schichten erkennt man die richtige Reihenfolge hüteten, die das begehrte Kupfer-Erz bargen, dort wirkte manches Jahr der Königlich Preußische Bergrat Johann Gottlieb Lehmann. Er war ein genauer Beobachter, und was er im Jahre 1756 unter dem Titel „Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen, betreffend deren Entstehung, Lage, darinnen befindliche Metalle, Mineralien 7
und Fossilien" veröffentlichte, war nicht mehr oder weniger als die Begründung der neuzeitlichen Wissenschaft vom Aufbau der Gesteinsrinde unserer Erde, von ihrem geschichtlichen Werden und von den dabei wirkenden Kräften. Es ist die Wissenschaft der Geologie, die Kunde von der Erde (im Gegensatz zur Geographie als der Beschreibung der Erde). Mit Flözgebirgen hatte sich Bergrat Lehmann „aus eigener Wahrnehmung" beschäftigt: und er hatte sehr genau auch auf die „Fossilien" in diesen Flözen geachtet, also auf die in ihnen enthaltenen Versteinerungen. Flöz — so nannten die Bergleute eine Gesteinsschicht; Lehmann hatte Schicht über Schicht beobachtet, miteinander verglichen und schließlich dabei erkannt, daß bestimmte Schichten regelmäßig aufeinander folgen. Diese Schichtenfolge zeichnete er in einem gedachten Querschnitt durch das Gebirge bildlich auf — und dieser Lehmannsche Erdschnitt ist das erste „geologische Profil". Schichtenfolgen zeichnet auch der Rudolstädter Hofmedicus Georg Christian Füchsel auf, fünf Jahre später als Lehmann. Er faßt verschiedene Schichtengruppen bereits zu Formationen zusammen und setzt diese Formationen mit den zeitlichen Abschnitten der Erdvergangenheit gleich, in denen sich die Schichten einst abgelagert haben. Füchsel weiß auch bereits, daß manche Versteinerungen in ganz bestimmten Schichten oder Schichtengruppen regelmäßig wiederkehren. Abermals vierzehn Jahre später, 1775, wird der damals erst fünfundzwanzigjährige Abraham Gottlob Werner an die kurz zuvor begründete Bergakademie zu Freiberg in Sachsen berufen. Hier hält er seine Vorlesungen über Mineralien und Gesteine, und sein Einfluß zieht die ganze gebildete Welt in den Bann seiner Wissenschaft. Bis weit in das nächste Jahrhundert hinein wird die Geologie zur bevorzugten Liebhaberei; Goethe und Alexander von Humboldt, Novalis und Theodor Körner — diese vier Großen mögen für die vielen Namen führender Geister stehen, deren Denken und Dichten sich immer wieder um geologische Fragen bewegt. Was Lehmann und Füchsel begonnen, führt Werner fort: Vier räumlich übereinander liegende, zeitlich aufeinander folgende geologische Abteilungen glaubt er unterscheiden zu können: Das „Urgebirge", womit er die kristallinen, von jederlei versteinertem Best ehemaliger Lebewesen freien Schiefer meint; er kennt sie aus dem Sächsischen Erzgebirge, sie bilden die unterste und älteste Schicht. Ihr folgt das „Übergangsgebirge", diesem das „Flözgebirge", dem schließlich das „aufgeschwemmte Gebirge" überlagert
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ist. Im Großen und Ganzen entsprechen diese vier Abteilungen der noch heute gültigen zeitlichen Einteilung der Erdgeschichte: der Urzeit, dem Erdaltertum, dem Erdmittelalter und der Neuzeit. Doch ehe man zu dieser Gliederung kam, bedurfte es noch weiterer Erkenntnisse. Den ersten Schritt zu ihnen machte William Smith. William Smith — einfacher und alltäglicher kann ein englischer Name kaum sein. Und wie der Name, so war sein Träger — ein bescheidener, nachdenklicher Ingenieur und Landmesser. Aber er hatte Augen im Kopf, und er hatte mehr —• einen scharfen Verstand. Jahr um Jahr machte er in seiner ruhigen Art Beobachtung um Beobachtung, wenn er bei der Vermessung für Kanalbauten den tiefen Einschnitten in das Gelände gegenüberstand. Ihm fiel dasselbe auf, was schon Füchsel gemerkt hatte, daß gewisse Versteinerungen immer und immer wieder an ganz bestimmte Schichten gebunden waren. Er sammelte solche Fossilien, erzählte dem einen oder anderen von seinen Funden. Seine Untersuchungen veröffentlichen? Er dachte nicht daran; mit Mühe und Not brachte man ihn dazu, seine ungewöhnlich genauen Arbeiten über die Aufeinanderfolge, Lagerung und das Vorkommen der Schichten in weiten Gebieten Englands drucken zu lassen. „Strata Identified by Organized Fossils — Schichten, durch versteinerte Lebewesen identifiziert", so heißt sein geniales Hauptwerk aus dem Jahre 1816. Es gibt Fossilien —• das ist die großartige Erkenntnis, die wir William Smith verdanken —, die für eine ganz bestimmte geologische Schicht oder Formation (aber nur für diese!) charakteristisch sind; man kann deshalb umgekehrt die betreffenden Schichtenfolgen am Vorkommen eben dieser „Leitfossilien" erkenne^, kann neu entdeckte Vorkommen nach solchen Leitfossilien in die bereits bekannte Formationsfolge einordnen und sich so ein klares Bild vom Früher oder Später machen.
Entwicklung oder Revolution? „Wir sind auf die hohen Gipfel gestiegen und in die Tiefen der Erde eingekrochen" — so schrieb Goethe 1780 an Frau von Stein — „und möchten gar zu gern der großen formenden Hand nächste Spuren entdecken". Die große formende Hand — was war sie? Abraham Gottlob Werner lehrte, nur e i n Element könne diese Rolle spielen, das Wasser. So wie es überall hinter den Kräften der Verwitterung steht, wie es die Berge abträgt, die Kiesel rundschleift, als Eis die Spalten in die Felsen sprengt, in unabsehbar 9
langen Zeiträumen alle geologischen Gebilde zerstört, so baut es auch auf, bildet in ebenso langsam ablaufenden, unermeßlichen Zeiten neue Mineralien und Gesteine, neue Formen und Gestalten. Neptun ist der Gott des Wassers, und Neptunisten nannte man damals all die, die wie Werner und Goethe an das Wasser als die einzige treibende Kraft geologischen Werdens und Vergebens glaubten. Pluto — das ist der Gott der feurigen Gluten der Unterwelt. Plutonisten nannten sich die Gegner der Neptunisten. Werners begabteste Schüler Alexander von Humboldt und Leopold von Buch waren es, die dieser neuen, der Anschauung ihres Lehrers direkt entgegengesetzten Meinung zum Durchbruch verhalfen: Nur mit dem Wirken unterirdischer, feurigflüssiger Glutmassen sei die Entstehung des „Urgebirges", der kristallinen Gesteine, des Basalts, des Porphyrs, des Gneises zu erklären. Jetzt war nicht mehr die Rede vom leisen, stetigen Wirken des Wassers, jetzt erwartete man alles geologische Heil von wilden Vulkanausbrüchen, von gewaltsamen Aufstiegen glühend geschmolzener Massen, von Katastrophen. Grollend wandte sich Goethe, dem alles Unstetige, alles revolutionär Umwälzende verhaßt war, gegen die, die ein neues geologisches Weltbild mit „Drücken, Stoßen und Schmeißen" zu schaffen sich anschickten. Es half nichts: Wie einst Werners Autorität den Sieg des Neptunismus gesichert hatte, so stand nun hinter den Katastrophenmachern, hinter den Vulkanisten und Plutonisten der große Franzose Cuvier. Er kannte und überschaute wie kein anderer die Formenfülle der versteinerten Tiere und hatte sich eine ganz eigene Meinung vom Werden der Erde und der Lebewesen gebildet. Ihm war nämlich aufgefallen, daß die Tierwelt zweier aufeinanderfolgender erdgeschichtlicher Epochen oft außerordentlich verschieden gestaltet war. Da schien keinerlei Übergang von einer Formation zur nächsten zu bestehen. Was blieb übrig, als anzunehmen, daß am Ende eines jeden geologischen Zeitabschnittes eine gewaltige, erdumspannende Katastrophe — riesige Überschwemmungen oder ungeheure Vulkanausbrüche — alle Lebewesen dahingerafft habe und nun mit Aufgang des nächsten Zeitalters ein neuer Schöpfungsakt die verwüstete und leere Erde mit neuen Geschöpfen belebt habe. Dieser Katastrophentheorie, der die Erdgeschichte nichts anderes war als eine Folge gewaltiger Revolutionen, trat schon zu Goethes Zeiten und in Gestalt von Goethes Freund Carl Ernst Adolf von Hoff eine andere Lehre entgegen. Sie wollte keinerlei wilden Um10
brüche, auch nicht in der entferntesten Erdvergangenheit, sondern meinte, schon damals hätten dieselben Kräfte am Aufbau und Abbau der Gesteine und Gebirge gewirkt wie auch heute noch. Zum Sieg kam diese Aktualitätstheorie, durch das im Jahre 1833 erschienene Werk „Principles of Geology" des Engländers Charles Lyell. Stetige Entwicklung, wie im Geologischen so auch in der Pflanzen- und Tierwelt, ein Hervorgehen jüngerer Geschlechter aus älteren, höher organisierter Lebewesen aus einfacheren — das war schließlich der Inhalt der Entwicklungs- und Abstammungslehre von Charles Darwin, die er in seinem klassischen Werk von der Entstehung der Arten (1859) niedergelegt hat. Entwicklung — das war das Zauberwort, unter dem die folgenden Jahrzehnte der erd- und lebensgeschichtlichen Forschung standen. Und auch heute noch ist der Entwicklungsgedanke eines der leitenden Motive der Geologie ebenso wie der Paläontologie, der Wissenschaft von den Lebewesen der Erdvergangenheit. Heute aber weiß man in beiden Wissenschaftszweigen, daß Neptunisten und Plutonisten, daß Goethe und Cuvier recht hatten: Die erdgeschichtliche Entwicklung und das Werden der Lebewesen während ihres Ablaufs vollziehen sich im allgemeinen langsam und stetig. Plötzlich aber kann es hier oder dort in der Erdrinde zu katastrophalen Umwälzungen kommen; und auch im Reich der Lebendigen kennt man Zeiten geradezu explosiver Entwicklung.
Die Erdzeitalter Was in den seitdem vergangenen gut hundert Jahren von Tausenden von Forschern aus allen Teilen der Erde an Wissen über den Gang der Erdgeschichte zusammengetragen worden ist, wird heute in Urzeit, Altertum, Mittelalter und Neuzeit gegliedert — ganz so, wie man auch die Geschichte der Menschheit unterteilt. Jedes dieser vier Zeitalter umfaßt mehrere Formationen, die wiederum in Epochen zerfallen. Unterabteilungen der Epochen sind schließlich die Stufen. Entscheidend für die Zuordnung zu einer dieser Abteilungen ist nicht die Gesteinsbeschaffenheit einer Schicht; denn die Ausbildung der verschiedenen Gesteine hängt nicht von ihrem Alter ab, sondern von der Art und vom Ort ihrer Entstehung. Kalk-, gesteine, Sandstein oder Kohlen können in allen Erdzeitaltern entstehen und sind auch in jedem Zeitalter entstanden. Erst die Versteinerungen, die Fossilien, gestatten die richtige Einordnung einer 11
Schicht. Aus der genauen Untersuchung der versteinert vorgefundenen Lebewesen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Gesteinsart, in der sie eingebettet liegen, lassen sich weitreichende Schlüsse auf den Lebensraum ziehen, in dem die Schicht entstanden ist —• festes Land, Wüste, Sumpf, Süßwasser, Meeresboden, freie See —, oder auf das Klima und auf vieles andere mehr. Erstes Kennzeichen einer Schicht ist jedenfalls immer das Leitfossil; da die Tierwelt die weit überwiegende Zahl von Leitfossilien gestellt hat, sind die großen Erdzeitalter in der Sprache der Wissenschaft nach dem griechischen Wort „zoon" für Tier benannt: Neozoikum oder Känozoikum, das ist die Erdneuzeit, wobei „neos" und „kainos" dasselbe bedeuten, nämlich „neu". Mesozoikum ist das Erdmittelalter (nach griech. mesos, mittel), Paläozoikum das Erdaltertum (palaios bedeutet alt). Für die Urzeit der Erde hat sich eine andere Bezeichnung eingebürgert. Man nennt sie Präkambrium, das ist die Zeit vor dem Kambrium als der ältesten Formation des Erdaltertums. Dieses Präkambrium aber gliedert sich wiederum in zwei Unter-Abteilungen, das Eozoikum und das Azoikum. Eos ist die griechische Göttin der Morgenröte, das Eozoikum ist also die Zeit des Aufgangs des Lebens auf unserer Erde, während die Vorsilbe a- die Bedeutung „ohne" hat: Das Azoikum ist die Zeit, da es noch keinerlei Lebewesen auf unserem Heimatgestirn gegeben hat. Mit Hilfe der Leitfossilien kann man nun zwar eine Schicht nach Zeitalter, Formation, Epoche und Stufe einordnen, kann genau sagen, daß sie älter ist als diese, jünger als jene — nichts aber vermag dieses Verfahren der Altersbestimmung auszusagen über das wirkliche Alter. Leitfossilien und Schichtenfolge können nur Verhältniswerte geben, können nur das „relative Alter" bestimmen. Will man das „absolute Alter" einer Schicht, einer Epoche, einer Formation kennen, so heißt es andere Wege gehen. Erst in unseren Tagen hat man den richtigen gefunden.
W i e alt ist die Erde? Diese Frage nach dem Alter der bewohnten Erde mag die Menschen schon sehr früh bewegt haben. Die älteste Antwort, die man im abendländischen Kulturkreis gefunden hat, ist von frommer Überlieferung bis in unsere Tage festgehalten worden. Am 15. September 1952 begannen die Juden das Jahr 5713 „nach Erschaffung der Welt", und mit den gleichen Weltalter rechnen auch heute noch unsere Bauernkalender. Der forschenden Unrast freilich 12
haben diese Zahlen schon in der ersten Blütezeit europäischen Denkens keine volle Befriedigung geben können: Herodot, der große Geschichtsschreiber des alten Hellas, versuchte im 5. Jahrhundert vor Christus bereits, aus Beobachtungen über die Ablagerungen des Nils Schlüsse auf erdgeschichtliche Zeitabläufe zu ziehen. Und als — nach vielen Jahrhunderten, in denen dem abendländischen Menschen die mittelalterliche Ausdeutung der Heiligen Schrift genügt hatte — mit dem Beginn der Neuzeit Bildungsgut und Denkart des klassischen Altertums neu entdeckt wurden, war auch sofort wieder die uralte Frage da. Leonardo da Vinci, gleich überragend als Maler wie als Bildhauer, als Forscher wie als Techniker, stellt sie als einer der ersten schon im 15. Jahrhundert, und im Jahre 1715 gibt der Astronom Halley bereits ein recht einleuchtendes Mittel an, „das Alter aller Dinge zu schätzen": Wenn man annehme, daß die heute salzigen Meere einst aus reinem Wasser bestanden und erst die Flüsse ihnen die Salze zugeführt hätten, so müsse man doch aus der Größe der Weltmeere, ihrem Salzgehalt und der Menge der jährlich von den Flüssen ins Meer getragenen Salzmengen das Alter der Meere und damit den Zeitpunkt der Weltschöpfung errechnen können. Einen anderen Weg ging der Graf de Buffon (1707—1788), der berühmte Verfasser der „Histoire Naturelle", der ersten lebendig geschriebenen, die ganze Fülle aller Naturreiche umfassenden „Naturgeschichte". Er versuchte, aus der Geschwindigkeit der Abkühlung weißglühender Eisenkugeln auf die Dauer des Erkaltens der Erde und damit auf ihr Alter zu schließen. Die von ihm gefundene Zahl von rund 75 000 Jahren erschien damals ungeheuerlich groß. Fern aller Spekulation aber legte ein deutscher Zeitgenosse Buffons, derselbe Georg Christian Füchsel, der die Schichtenfolge in Thüringen aufgezeichnet hatte, den Grund für eine erdgeschichtliche Forschung. „Wer die ganze Höhe, Zahl und verschiedene Stärke der Schichten des Muschelkalks (so hatte er eine der Formationen genannt), den Gehalt der Muscheln nach ihrem Alter nebst dem Bestände der Kalkerde oder des ehemaligen Meeresschlammes nur ungefähr zu schätzen versucht, wird den Zeitraum, innerhalb dessen dieses alte Meer eine so große Menge Schlamm absetzte, soviel Seetiere großzog und dabei erst jeder Schicht von Schlamm die Härte, wodurch sie sich von der anderen absondern läßt, geben konnte, unmöglich durch ein paar hundert Sonnenjahre bestimmen wollen." Aber erst die Methode der Leitfossilien hat, als in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die ausgestorbenen Lebewesen 13
immer genauer erforscht und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ihre Entfaltung als eine in der Zeit ablaufende Entwicklung begriffen wurde, eine immer feinere Aufgliederung der Formationen ermöglicht.. Man konnte nun zwar sehr genau sagen, diese Schicht sei älter als jene, man konnte ein Fossil ins Paläozoikum einordnen, ins Erdaltertum, ein anderes ins Erdmittelalter, konnte immer feiner unterteilen nach Formation, Epoche, Stufe — man konnte jedoch keine Aussagen darüber machen, wieviele Jahre, Jahrhunderte, Jahrtausende oder gar Jahrmillionen die Bildung dieser Ablagerungen gedauert hat, ebenso wenig, wie man sagen konnte, welche Zeiträume seitdem verflossen sind. Man mußte sich mit Schätzungen begnügen, bis man endlich mit der Entdeckung der Radioaktivität eine „erdgeschichtliche Uhr" fand. Dieselben strahlenden Elemente, die wie das Radium der leidenden Menschheit Genesung brachten, ermöglichten es auch, nicht nur wie zuvor eine relative Zeitspanne der Erdgeschichte abzugrenzen, sie erlaubten auch eine absolute geologische Zeitrechnung. Das gleiche Uran, das seit der ersten Atombomben-Explosion zum Albdruck der Menschheit geworden ist, wurde für die Geologen zum echten und rechten „Stein der Weisen".
Die Uran=Uhr der Erdgwdh'drtc Alle radioaktiven Elemente strahlen, und diese Strahlung ist das äußere Kennzeichen ihres Zerfalls: Sie verwandeln sich als Folge des Zerfalls. Es ist der Forschung gelungen, ganze „Zerfallsreihen" aufzustellen; die berühmteste ist die Uran-Reihe, an deren Spitze buchstäblich als „Ur-Ahn" eben das Uran steht, das sich über vierzehn Zwischenstufen schließlich in das „Radium G" verwandelt, das nicht mehr strahlt und deshalb auch nicht mehr zerfällt. Dieses stabile Radium G nun ist nichts anderes als das Metall Blei; freilich nicht das gewöhnliche Blei, sondern von diesem durch ein etwas abweichendes Atomgewicht unterschieden. Besonders charakteristisch für den Zerfall aller radioaktiven Elemente ist die erstaunliche Tatsache, daß die Geschwindigkeit der Umwandlung eines Elementes in ein zweites von allen äußeren Bedingungen völlig unabhängig ist; sie bleibt also auch dann dieselbe, wenn das strahlende Mineral höchsten Drücken und gewaltigsten Temperaturen ausgesetzt ist, wie sie vielleicht in der ältesten Urzeit der Erdgeschichte aufgetreten sein mögen. Man rechnet bei diesen Umwandlungsgeschwindigkeiten mit „Halbwertzeiten". Darunter ver14
steht man diejenige Zeit, in der sich jeweils die Hälfte der anfänglich vorhandenen Menge umwandelt, wobei es gleichgültig ist, von welcher Menge man ausgeht. Das Radium zum Beispiel, das man in den Krankenhäusern zum Bestrahlen bösartiger Geschwülste verwendet, hat eine Halbwertzeit von 1590 Jahren — das heißt, ein Milligramm Radium zerstrahlt im Laufe von anderthalb tausend Jahren so weit, daß dann nur noch ein halbes Milligramm übrig ist. Und diese Halbwertzeit hält es genauestens ein, gleichgültig ob man es bei Zimmertemperatur und unter normalem Druck aufbewahrt oder ob man es auf mehrere tausend Grad Celsius erhitzt und mit vielen Tausenden von Kilogramm auf den Quadratzentimeter belastet. Uran hat eine Halbwertzeit von viereinhalb Milliarden Jahren, das Actinium B, ebenfalls ein strahlendes Element, eine solche von sechsunddreißig Minuten, das Thorium C aber gar eine solche von einer hundertmillionstel Sekunde.
Wie man mit der Uran-Uhr mißt Mit dieser durch keinerlei äußere Einwirkungen zu beeinflussenden Halbwertzeit ist dem Geologen nun die höchst genau gehende Uhr in die Hand gegeben, die er braucht. Wie man an einer Sanduhr die Zeit ablesen kann, wenn man vergleicht, wieviel Sand aus dem oberen in das untere Gefäß geronnen ist, so vermag man aus solchen Mineralien, die zugleich Uran und das aus ihm entstandene Radium-G-Blei enthalten, zu berechnen, wieviel Zeit seit Bildung des Minerals verflossen ist. Dem oben in der Uhr enthaltenen Sand entspricht die im Mineral noch vorhandene, nicht umgewandelte Menge an Uran, dem abgelaufenen Sande die Menge des stabilen Bleis; aus den Prozentsätzen und den bekannten Zerfallszeiten läßt sich dann das Alter des Minerals und damit die des Gesteins errechnen, das dieses Mineral umgibt. Freilich, der Fehlerquellen sind dabei genug, und es bedarf des Wissens und Könnens des Spezialforschers, sie auszuschalten. Richtig gehandhabt ergibt jedoch diese Uran-Blei-Methode sehr zuverlässige Zahlen, die durchweg in die Millionen von Jahren gehen. Die beiden ältesten bisher bekannten und mit Hilfe dieses Verfahrens berechneten Mineralien stammen aus Kanada und aus Sowjet-Karelien; sie sind gut 1900 Millionen Jahre, also fast zwei Milliarden Jahre alt! Ergänzend zur Bleimethode sind einige andere Verfahren getreten; so kann man nach der Menge des beim radioaktiven Zerfall gebildeten und im Gestein eingeschlossenen Heliums ebenfalls Zeitig
angaben machen. Ein ganz anderes Verfahren hat man schließlich für die letzten sechshunderttausend Jahre der Erdgeschichte. Aus langperiodischen Veränderungen der Bahn, die unsere Erde um die Sonne beschreibt, kann man in schwierigen mathematischen Berechnungen die jeweiligen Schwankungen in der Stärke der Sonneneinstrahlung ermitteln. Die so aufgestellte „Strahlungskurve" — sie stammt von dem jugoslawischen Forscher Milankowitsch — stimmt sehr schön mit den Angaben überein, die auf Grund anderer Beobachtungen und Überlegungen für die einzelnen Abschnitte der jüngsten Erdvergangenheit, der großen Eiszeit, getroffen worden sind.
Stempelt, Urzeit und Erdaltertum Nunmehr gilt es nur noch, in die Gliederung der Erdvergangenheit, wie man sie durch Vergleich der Schichtenfolge und der Fossilien gewonnen hat, die absoluten Zahlen der Bleimethode einzuführen, und man kann in großen Zügen die Geschichte der Erde seit jenem Zeitpunkt schreiben, da vor zwei Milliarden Jahren die ältesten Gesteine entstanden sind. Was vor diesem Termin liegt, die „Sternzeit" der Erde, die erste Bildung der Gesteinskruste, die Entstehung der ältesten Meere, das Werden der Lufthülle — über all das wissen wir so gut wie nichts. Dennoch gibt es eine Menge verschiedenster Lehrmeinungen über diese Zeit: Da sagen die einen, unsere Erde sei einst wie auch die anderen Planeten von der feurig glühenden Sonne abgeschleudert worden und erst allmählich abgekühlt. Der viele tausend Grad heiße und sehr schwere Erdkern sei heute noch Zeuge dieses Ur-Vorgangs. Genau das Gegenteil behaupten andere Forscher. Nach ihnen sind die Erde wie auch die anderen Sterne und Planeten aus der Zusammenballung wirbelnder, weit im todeskalten Weltenraum verteilter Materie entstanden. Erst mit der Zusammenballung seien die Temperaturen bis zu jenen gestiegen, die man heute an den Sternen mißt. Und besonders interessant ist, was der Berliner Professor Quiring über die Entstehung des Mondes zu berichten weiß: In der Urzeit, nicht viel später als jene zwei Milliarden Jahre, von denen die ältesten Gesteine zeugen, habe ein riesiges Meteor die Erde getroffen und die noch junge Gesteinskruste durchschlagen; es sei tief in das feurig-flüssige Innere eingedrungen, das mit einer unvorstellbaren Explosion hinaus ins Weltall spritzte. Dort seien die Massen, die damals aus der Erde herausgeschleudert wurden, noch zu sehen. Von den Kräften, die 16
zwischen den Weltkörpern herrschen, zu einer Kugel geballt, ziehen sie ihre Bahn um die Erde — als unser guter alter Mond. Die Narbe aber, die jenes Meteor der Urzeit in die Haut unserer Erde geschlagen hat, sei nichts anderes als der Stille Ozean! Nichts hindert uns anzunehmen, daß das Leben so alt ist wie die ältesten uns überlieferten Gesteine: es gibt sogar eine Reihe gewichtiger Gründe, die für diese Auffassung sprechen. Denn in voller Entfaltung und reicher Gliederung tritt uns das Leben bereits am Anfang des Erdaltertums entgegen, das vor rund 500 Millionen Jahren begonnen hat. In den Gesteinen, die zur KambriumFormation gehören, finden sich die Reste von Urtierchen und Algen, von Schwämmen und muschelähnlichen Armfüßlern, von ersten Schnecken, von Tintenfischen und von den berühmten Trilobiten, den 'dreifach gegliederten urtümlichen „Urkrebsen", die freilich
Rechts ein Trilobit von oben, links von unten (rekonstruiert) weniger in die Verwandtschaft der Krebse als in die der Spinnen und Skorpione gehören. Aus dem Präkambrium kennt man an sicheren organischen Resten nur Schalen einzelliger Tiere und mancher Gliedertiere, sowie die Kriechspuren verschollener Wurmtiere; alle anderen lebendigen Gestalten sind durch weitgehende Umwandlungen der Gesteine bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Aber 17
kohlige, kieselige, kalkige Einsprengsel selbst in den ältesten Gesteinen sind sicherlich Zeugen einstigen Lebens, bis zur Unkenntlichkeit umgeformte Reste einst lebender Körper und ihrer schützenden Schalen und Panzer. Das Kambrium hat seinen Namen nach der altrömischen Bezeichnung des heutigen Nord-Wales in England, wo man Gesteine dieser Formation erstmals untersucht hat. Aus derselben Gegend stammt auch die Bezeichnung der nächstjüngeren Formation, des Silur. Die Silurer waren ein keltischer Volksstamm in Wales, genau wie die Ordovicier, nach denen die ältere der beiden Abteilungen des Silur heißt. Die jüngere Abteilung nennt man Gotlandium nach der großen zwischen Südschweden und Lettland gelegenen Ostseeinsel Gotland, auf der man besonders schöne Aufschlüsse des oberen Silur mit zahlreichen Versteinerungen aufgedeckt hat. Auch das Silur ist noch Trilobiten-Zeit; charakteristischer für diese Formation sind aber höchst merkwürdige Lebewesen, deren plattgedrückte Überreste manchmal an rätselvolle Schriftzeichen erinnern und die deshalb Graptolithen genannt werden (nach griech. graphein, schreiben, und lithos, Stein). Viele Forscher haben sich mit den geheimnisvollen Versteinerungen der Graptolithen beschäftigt; lange Zeit hat man geglaubt, sie stammten von Wesen, die wie die Quallen, wie die Korallen und wie die Hydra-Polypen unserer Teiche und Tümpel
Graptolith, spiralig aufgerollt, im Schiefer gefunden zum Geschlecht der Hohltiere gehörten, während man heute glaubt, daß sie zur Verwandtschaft der sehr altertümlichen Eichelwürmer gerechnet werden müssen. Überraschend ist der Reichtum des Silur an Wesen mit kalkigen Gehäusen, Schalen und Panzern. Da gibt es Korallen und Moostiere, 18
die damals bereits ähnliche Riffe gebaut haben, wie es heute noch in den Atollen der Südsee und den Korallenbänken der warmen Meere geschieht. Da gibt es allerlei Muscheln, Schnecken, beschalte Tintenfische. Plattige Rüstungen tragen die altertümlichen Gestalten aus der Stachelhäuter-Sippe der heutigen Seelilien, Seeigel und Seegurken. Und dick gepanzert sind auch die allerältesten Wirbeltiere: Höchst absonderlich geformte Gesellen, deren Feinbau man neuerdings durch besonders geistreiche Methoden des Herauspräparierens aus dem Stein sehr genau kennt. Diese Panzerfische — verwandt mit den äußerlich aalähnlichen Neunaugen unserer Flüsse -— hatten sogar bereits elektrische Organe, 60 wie jetzt noch Zitteraal, Zitterrochen und Zitterwels. Auf 90 Millionen Jahre berechnet man die Dauer des Kambriums, auf 100 Millionen Jahre die des Silur. Trilobiten, Armfüßler und Fische — darunter schon Haie, andere Knorpelfische und Lungenfische, die mit Kiemen und Lungen zu atmen vermögen — kennzeichnen das Devon. Es hat wiederum einen englischen Namen (nach der Grafschaft Devonshire); seinen Beginn kann man vor 350 Millionen Jahren ansetzen, seine Dauer mit 40 Millionen. Lungenfische! Noch heute beherbergen Australien, Südamerika und Südafrika je einen Vertreter dieses uralten Fischgeschlechts, das heute noch Zeuge ist von der Eroberung des Landes durch das Leben. An der Grenze von Silur nämlich zum Devon muß das Leben, das einst in den warmen Meeren der Erdurzeit entstanden ist, sich das feste Land erobert haben. Und nicht nur die Lungenfische, die nach Gestalt und Kiemenatmung zwar Wassertiere geblieben sind, aber auch bereits einen längeren Aufenthalt außerhalb des Wassers zu überstehen vermögen, erinnern an diese entscheidende Stunde der Erd- und Lebensgeschichte. Aus dem ältesten Silur, vor allem aber aus dem Devon kennt man nämlich auch die allerersten Landpflanzen — recht ärmliche Erscheinungen noch, den Algen ähnlich, denen sie entstammen, aber schon mit Sporenbehältern wie die Farne. Mit dem Ausgang des Devon finden sich dann auch die ältesten Vierfüßigen Tiere. Es sind höchst absonderliche Wesen, mit Fischschädeln und mit einem Fischschwanz, aber schon mit richtigen vier Beinen, deren jedes in fünf Fingern endet. Sie, von der Wissenschaft mit dem schwierigen Namen Ichthyostegalia belegt, sind die Stammgruppe, aus der alles entsprungen ist, was als Molch und Frosch, als Eidechse und Schlange, als Vogel, als Hase und Löwe, als Elefant und Pferd, als Fledermaus und Affe heute das Erdenrund belebt. Bekannt und berühmt ist das Karbon, die Steinkohlenzeit, die 19
ihren Namen nach dem lateinischen Wort carbo, die Kohle, trägt. Gewaltige Wälder von üppig wuchernden Schachtelhalmen, Bärlappen, Schuppen- und Siegelbäumen entstanden damals in einer klimatisch offenbar besonders günstigen Zeit, versanken im Laufe von Tausenden und Millionen Jahren und bildeten schließlich jene mächtigen Kohlenlager, deren schwarzes Gold immer noch die wichtigste Energiequelle unserer Zeit ist. Die Sonnenkraft, die vor einer Viertel Milliarde von Jahren von den grünen Pflanzen des Steinkohlenwaldes eingefangen worden ist — sie treibt heute, in der Hitze der Feuerung freigesetzt, Dampfmaschinen und Lokomotiven, und mit zu Kohle verwandelten Urzeitpflanzen heizen wir, unsere Öfen! Durch die karbonischen Sumpfwälder wälzten sich die plumpen Gestalten der Panzerlurche, der ältesten Nachfahren jener noch fischhaften Ichthyostegalier; diese Panzerlurche wurden wiederum zu Ahnen der ersten Kriechtiere, der Ursaurier, mit denen die hohe Zeit dieses Echsengeschlechtes beginnt. Durch den Steinkohlenwald schnurrten auch die ersten Insekten, merkwürdig ungeschickt gestaltete Wesen mit langgestrecktem Leib — eine Erinnerung an die Herkunft von den Tausendfüßlern! Der Leib trug an jedem seiner vielen Ringel zwei seitliche Fortsätze. Vorn aber, hinter dem Kopf, waren diese Anhängsel zu — Flügeln geworden, zu zwei Paar starren, geränderten Flügeln, vor denen sogar noch ein drittes, kleineres lag. Bärlappe und Schachtelhalme bildeten zum guten Teil die riesigen Wälder des Karbon, Pflanzen, die heute zu unscheinbaren Zwergen geworden sind. Auch die Farne, die damals zu hohen Bäumen heranwuchsen, sind heute klein und bescheiden. Stattlich geblieben aber sind die nacktsamigen Blütenpflanzen, die damals zum erstenmal aufgetreten sind; denn noch heute stellen sie mit einigen Nadelhölzern die höchsten Baumgestalten überhaupt (s. Abb. S. 2). Den Ausgang des Erdaltertums bildet das Perm — so genannt nach dem gleichnamigen, jetzt „Molotow" heißenden Gouvernement in Rußland. Sein anderer Name Dyas weist auf die zwiefache Untergliederung in Rotliegendes und Zechstein hin. Es war eine Zeit, in der das Meer über weite Strecken hinweg zurückgedrängt war. Die Trilobiten starben damals aus, und mit ihnen viele andere Stämme, die einst die Ozeane der Urzeit und des Erdaltertums bevölkert hatten. Dafür entfalten sich auf dem Festland die Panzerlurche, gehen aber mit dem Ende des Perm ihrem Untergang entgegen, während die Saurier nun ihren Siegeszug durch das Erdmittelalter antreten. 20
Das Mittelalter der Erde Vor zweihundert Millionen Jahren beginnt das Erdmittelalter und mit ihm die Trias, die dreifach gegliederte Formation mit dem roten Buntsandstein, dem Muschelkalk und dem Keuper. Jetzt sind die Ammoniten die Hauptleitfossilien, die Ammonshörner, die schneckenhaft aufgerollten Gehäuse von Tintenfischen. Schon im Devon ist ihr Geschlecht entstanden, hervorgegangen aus Formen, deren Schale nicht spiralig aufgerollt war, sondern gerade gestreckt. Und so typisch sind die Gestalten der Ammoniten gerade für die deutschen Vorkommen des Erdmittelalters, daß der große Geologe Leopold von Buch, der noch ein Schüler A. G. Werners war, allen Ernstes vorschlug, das Ammonshorn des Ceratites nodosus in das deutsche Wappenschild aufzunehmen. Neben den Ammoniten erobert sich ein zweites Tintenfisch-Geschlecht die Weite der Meere, das der Belemniten. Ihre Schale ist nicht spiralig, sondern gerade gestreckt mit kegelig zugespitztem Ende. Als „Donnerkeile" gehören sie zu den bekanntesten Versteinerungen. So wie die Ammoniten und Belemniten kennzeichnend
Belemnit: Das hintere Ende der Schale ist als „Donnerkeil" bekannt sind für das Meeresleben des Erdmittelalters, so beherrschen die Kriechtiere, die Saurier das Land. Beherrschen — man muß dieses Wort ganz wörtlich nehmen. Denn während der 140 Millionen Jahre, die das Erdmittelalter währt, erobern sich die Saurier nicht nur alle Lebensräume, sondern entwickeln sich auch zu Riesenformen, wie sie die Erde seitdem nicht mehr getragen hat. Durch die Wüsten wandelten gepanzerte Ungetüme von den Abmessungen heutiger 21
Kampfwagen. In den Sümpfen wälzten sich wahre Fleischberge — die Brontosaurier mit zwanzig, dreißig und mehr Meter Länge. Am Meeresufer hüpften oder schritten, gigantischen Känguruhs ähnelnd, die Iguanodonten daher. Ein fürchterliches Ungeheuer war der Tyrannosaurus — ein Raubtier, sechs Meter hoch, fünfzehn Meter lang, mit einem von riesigen Zähnen starrenden Maul. Vollendete
U-Boot-Form hatten die Ichthyosaurier, wirkliche Fisch-Saurier mit einem Krokodilmaul, einem mächtigen Schwanz als Propeller, zwei seitlichen Flossen als Höhensteuern und einer dreieckigen Rückenflosse, die ein seitliches Kippen des torpedogleich durch die Wellen dahinschießenden Räubers verhinderte. Und selbst den Luftraum gewann das Sauriergeschlecht. Fledermäusen ähnelnd flatterten sie dahin, die Flugsaurier. Mit dem Pteranodon schuf die Natur das größte aller Flugwesen: Bis zu neun Meter klafterte dies Monstrum, dessen riesig weit gespannte Flügel einen winzigen Leib mit hauch22
zarten Knochen wahrscheinlich ohne einen Auf- oder Abschlag stundenlang segelnd über die Weiten der Meere dahintrugen.
Pterodaktylus, etwa taubengroßer Flugsaurier mit ausgeprägtem Gebiß Victor von Scheffel hat in seinem launigen Lied „Es rauscht in den Schachtenhalmen, verdächtig leuchtet das Meer, da schwimmt mit Tränen im Auge ein Ichthyosaurus daher . . ." Glanz und Untergang der „Saurierei" besungen. „Ihn jammert der Zeiten Verderbnis", — sagt der Dichter — „denn ein bedenklicher Ton ist neuerdings eingerissen in die Liasformation". Das Lias ist die unterste und älteste Epoche der 7ura-Formation. Zu ihr gehören die berühmten schwarzen Schiefer von Bad Boll und Holzmaden im Württembergischen; sie sind der versteinerte Faulschlamm einer einstigen Lagune, in deren vergiftetes Wasser die Flut immer neue Meereswesen hineinschwemmte. Was damals hinabsank und vom weichen Schlick umhüllt wurde, hat in unseren Tagen ein Mann mit einem Geschick sondergleichen zu neuem Leben erweckt; 2.'5
denn die einzigartigen Platten, die Dr. h. c. Bernhard Hauff aus dem Schiefer präpariert hat, zeigen nicht nur die Seelilien oder die Fische bis in die feinsten Einzelheiten ihrer Skelette, sondern lassen sogar die Umrisse der Weichteile von Ichthyosauriern erkennen, verraten sogar Tragödien aus dem Jurameer: Es gibt eine Platte im Stuttgarter Naturkunde-Museum, die ein IchthyosaurusWeibchen im Augenblick der Geburt ihres Jungen zeigt. Der Ausgang des Erdmittelalters mit der XreJrfe-Formation — ihre schönsten Vorkommen sind die weißleuchtenden Felsen von Rügen und an der englischen Kanalküste — bedeutet auch das Ende der Saurier, der Ammoniten, der Belemniten und vieler anderer für das Erdmittelalter kennzeichnender Tiergeschleehter. Die Neuzeit bricht an — sechzig Millionen Jahre vor unserer Zeit.
Paradies auf Erden Kokospalmen und Bambus am Rhein, Lorbeerbäume, Ginkgos und Weinreben auf Grönland, prangende Magnolien, immergrüne Eichen und Zypressen auf Spitzbergen, ein tropischer Urwald von unvorstellbarer Üppigkeit dort, wo sich heute Europas Kulturlandschaft erstreckt — dieses Bild weiter Gebiete unseres Erdballs malt uns die Geologie von einer Zeit, die dreißig, vierzig und mehr Millionen Jahre hinter uns liegt, von der Tertiär-Formation. Riesenhafte Waldmoore, mit jenen Sumpfzypressen, wie sie heute in den Niederungen des Mississippi gedeihen, bedeckten weite Strecken Ostdeutschlands; die turmhohen Mammutbäume Kaliforniens und die riesigen Eukalyptus-Bäume Australiens grünten zwischen Kampher und Zimtbaum, Dattel und Banane, Eiche und Weide, Erle und Birke, Ahorn und Brotfruchtbaum, Mango und Palmen aller Art. Ein wahrer Garten Eden, ganz nach dem Herzen jener alten holländischen Maler, die Bäume und Sträucher aller Breiten und Länder lustig auf die gleiche Leinwand brachten, wenn sie das Paradies recht lebhaft darstellen wollten. Und ebenso bunt und vielgestaltig zusammengewürfelt erscheint auch die Tierwelt: Farbgrelle Papageien kreischten dort, wo beute ernste Kiefern wachsen, Kondore segelten über mitteldeutschen Tümpeln, in denen Krokodile auf Beute lauerten. In den Baumkronen turnten Halbaffen, die heute nur noch in Madagaskar leben — und überall in diesem Urwald eine Unzahl von Wesen, so fremd nach Gestalt und Größe, daß man meinen konnte, sie seien Ausgeburten einer spielenden Phantasie: Riesige Elefanten, Übernashörner, doppelt gehörnte
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Hirsche und dann gar ein Ungeheuer aus dem Rhinozeros-Geschlecht von fünfeinhalb Meter Schulterhöhe — dreimal so hoch wie ein Mensch! Es ist in der Tat so, als habe die schöpferische Kraft der Natur in jener Zeit des Tertiär noch einmal ihr letztes großes Spiel gespielt. Ihren Namen hat die Tertiärformation vom lateinischen „tertius", der dritte. In ihm hat sich die alte erdgeschichtliche Einteilung erhalten, die vier Perioden unterschied, die Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärperiode; der letzte Name war der jüngsten geologischen Vergangenheit, der Eiszeit und der Gegenwart eingeräumt und hat sich ebenfalls bis heute erhalten. Tertiär und Quartär —• sie bilden die Erdneuzeit, das Neozoikum, das Kaenozoikum; tatsächlich wird während dieses letzten Erdzeitalters die Tierwelt, die noch im Erdmittelalter so abwegige Gestalten wie die Riesensaurier und all die anderen Drachen in sich schloß, Schritt für Schritt der heutigen immer ähnlicher. Deshalb gliedert man seit den Tagen des großen englischen Geologen Charles Lyell Tertiär und Quartär in Stufen nach dem Gehalt an heute noch lebenden Arten von Tieren. Freilich sind die Namen dieser Stufen etwas kurios und machen dem, der sich mit ihnen bekanntmachen will, das Leben schwer.
Vom Eosän %um Holo^än Die Morgenröte eines neuen Weltentages war tatsächlich mit dem Untergang des Erdmittelalters und seiner kriechenden, hüpfenden, schwimmenden und fliegenden Ungeheuer angebrochen. Man nannte deshalb die ältesten Schichten des Tertiär Eozän, nach Homers „rosenfingriger Eos", der Göttin der Morgenröte; Eozän bedeutet also Morgenröte der Neuzeit — denn das „. . . zän" ist der nun lateinisch ausgesprochene Rest des Wortes „Känozoikum". Etwa zehn Prozent der damals, vor sechzig Millionen Jahren, lebenden Organismenformen gibt es auch heute noch. Freilich mußte man später erkennen, daß es noch ältere Tertiärschichten gibt, deren Lebewesen von den heutigen noch weiter unterschieden sind, und dieser Stufe gab man dann den wenig schönen Namen Paleozän; das bedeutet, da palaios alt heißt, etwas unlogisch die „alte Morgenröte der Neuzeit"; vielleicht sagt man besser dafür „Vor-Morgenrot-Zeit". Auf das Eozän folgt das Oligozän — oligos heißt wenig, weil sich in den Ablagerungen dieser Stufe nur etwa zwanzig Prozent heutiger Lebensformen finden; das Miozän und das 25
Pliozän schließen sich an; nun heißt es schon „mehr" und „viel", weil jetzt vierzig und im Pliozän gar achtzig Prozent „moderner" Formen gefunden werden. Für das Quartär führt man dann diese Einteilung sinngemäß fort mit Pleistozän (pleistos heißt meist) für die Eiszeit, die auch Diluvium, Überschwemmung, heißt nach der alten Annahme, ihre Ablagerungen stammten nicht von Gletschern, sondern von einer sintflutartigen Überflutung weitester Gebiete. Die geologische Gegenwart schließlich nennt man Holozän (holos bedeutet ganz), weil nun die hundert Prozent erreicht sind. Ihren sonstigen Namen Alluvium, die Anschwemmung, hat sie nach den von Ort zu Ort wechselnden Ablagerungen der Flüsse in jüngster Zeit. Es wäre freilich irrig, wollte man annehmen, die vielen Millionen Jahre der Tertiärzeit seien eine einzige ununterbrochene Zeit des Paradieses gewesen. Es hat Kühlzeiten gegeben; nach einem Höhepunkt im Eozän — damals herrschte bei uns tatsächlich rein tropisches Klima — sank das Jahresmittel der Temperaturen immer mehr ab. Deutlich lassen das die wichtigsten Zeugen der Tertiärformation erkennen, die sich bei uns erhalten haben, die Braunkohlen. Wie die riesigen Wälder von Schachtelhalmen, Bärlappen und Farnen des Karbons sich zu mächtigen Steinkohlenlagern umgewandelt haben, so sind auch die sumpfigen Urwälder des Tertiär zu Kohlen geworden — freilich noch nicht so weit umgeformt wie die viele Jahrmillionen ältere und schwärzere Art. Die mitteldeutschen Braunkohlenwälder aus dem Eozän sind echte und rechte Tropenwälder gewesen, mit Gummibäumen, Palmen und Eukalyptus, während die miozänen Braunkohlen Ostdeutschlands und am Niederrhein mit ihren Sumpfzypressen und Mammutbäumen schon aus einem gemäßigteren Klima stammen. Im Pliozän schließlich sind schon dieselben Laubbäume am häufigsten, die auch heute noch das Gesicht unserer Landschaft prägen, Buche und Eiche. Eines Baumes muß aber noch gedacht werden, von dem das kostbarste Überbleibsel der Tertiärzeit auf uns gekommen ist, des „Bernsteinbaumes": Kiefern, Tannen und Fichten, die im gleichmäßig feuchtwarmen Klima des Oligozän gediehen, haben den Bernstein geliefert. Ihr Harz, das bei Windbruch und Verletzungen reichlich aus den Wunden strömte, in Tränen und Knollen an der Rinde hängen blieb oder auf den Boden niedertropfte, wandelte sich zu jenem herrlichen „Gold aus dem Garten Eden", das die See aus den versunkenen Lagerstätten herauswusch und in den „Blauen Tonen" der ostpreußischen Samland-Küste zusammensdiwemmte. So wunder26
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Im Bernstein eingeschlossene Fliege (achtfach vergrößert) vollen Sclimuck der Bernstein liefert, fast wertvoller noch ist er für die Wissenschaft. Denn im erstarrenden Harz haben Tausende und Abertausende von Tierchen ihr gläsernes Grab gefunden und zeugen so von der Kleinlebewelt des Bernsteinwaldes.
Gebirge wachsen gen Himmel Als dieser Wald noch grünte, in der ersten Hälfte des Tertiär, die man auch Paläogen nennt (nach palaois, alt, und genesis, Entstehung), sieht die Weltkarte wesentlich anders aus als heute. Ein mächtiges Meer, die Tethys, erstreckt seine blauen Fluten von Mittelamerika über den Atlantik und die Gegend des heutigen Mittelmeeres bis nach Südasien und ins malaiische Gebiet. Es trennt einen nördlichen Kontinent von den Festlandsmassen eines uralten Südlandes. Noch gibt es keine Alpen, keinen Kaukasus, keinen 27
Himalaya, aber seit der Kreidezeit arbeitet es am Grunde der Tethys:Die in dieses Ur-Mittelmeer eingeschwemmtenAblagerungen wurden zu verwickelten Falten und Decken zusammengeschoben. Seit der Mitte des Tertiär beginnt die gefaltete Zone aus den Fluten emporzusteigen. Die weltweite Hebung dieses alpinen Systems gibt der Erdoberfläche ein völlig neues Gesicht: Vom Atlas und von den Pyrenäen, über die Alpen als dem Rückgrat des werdenden Europas türmen sich die Hochgebirge der Neuzeit gen Himmel bis zu den Giganten des Himalaya, der Indien mit dem asiatischen Urkontinent zusammenschweißt. Gleichzeitig und in ganz ähnlicher Weise schließt sich der Ring der Gebirgsketten um den
Wachstum Europas im Laufe der gtologischen Geschichte Pazifischen Ozean; von den Rocky Mountains über die Kordilleren bis hinunter nach Feuerland und von Ostasien über Neuseeland und den Südpol hinüberfassend zum Anschluß wiederum an Südamerika. Es war diese Zeit einer über den ganzen Erdball gehenden Gebirgsbildung nicht die erste ihrer Art: Aus dem Kambrium, aus dem Silur, aus dem Karbon hat man Zeugen ähnlich gewaltiger Vorgänge — nur sind die in jenen Urzeiten aufgefalteten Gebirge von den Kräften der Abtragung, von der zernagenden Verwitterung, oder 28
auch durch mächtige Brüche der Erdrinde „dem Erdboden gleichgemacht".
Die Entfaltung der Säugetiere So revolutionär die Umgestaltung der Erdoberfläche war, deren Antlitz gegen Ende des Tertiär dem der Jetztzeit immer ähnlicher wurde, so grundlegend war auch der Wandel, der die Tierwelt ergriff. Sie holte jetzt in einem geradezu sich überstürzenden Tempo den Vorsprung ein, den die Pflanzenwelt während der Kreidezeit gewonnen hatte. Mit Ausgang des Erdmittelalters nämlich hatten die bedecktsamigen Pflanzen, die Pflanzen also mit den echten Blumenblüten, begonnen, die Vorherrschaft der nacktsamigen Nadelholzgeschlechter zu brechen. Das war in derselben Zeit geschehen, als es von den Säugetieren nicht viel mehr gab als ein paar Beutelratten und spitzmausähnliche Insektenfresser. Als aber die Morgenröte der Tertiärzeit anbrach, sind mit einem Schlage gleichsam alle Stämme der Säugetiere da; wohl entwickelt, ergießen sie sich wie eine Flut in alle Lebensräume und erfüllen jeden Winkel mit den oft eigenartigsten Ausprägungen. Die schnelle und starke Aufsplitterung in die verschiedensten Typen aller möglicher Raubtiere, Huftiere, Rüsseltiere findet wohl ihre Erklärung darin, daß viele Lebensräume durch das Aussterben der Saurier völlig freigeworden waren und hier jede nur einigermaßen lebensfähige Form, die in schnell sich folgenden Erbsprüngen sich gebildet hatte, ihren Platz fand; zunächst konnten sich sogar sehr einseitig entwickelte Formen halten, wie die Über-Nashörner des Donnertierund Titanentiergeschlechts (man achte auf die Namen!). Später wurden sie dann freilich von harmonischer ausgestalteten, im besten Sinne des Wortes „moderneren" Arten verdrängt und schließlich im unerbittlichen Lebenskampf vernichtet.
Menschwerdung Die Zeit, da der Garten Eden noch grünte, ist aber auch die Zeit, da der Mensch sich vom Tierreich löste. Noch übersehen wir nicht bis in die letzten Einzelheiten diesen größten, entscheidenden Entwicklungsschritt, der alle Erscheinungsfülle des Pflanzen- und Tierreiches überwölbt mit einem neuen Reich des Geistes, des freien Willen, des Gewissens. Aber wir wissen heute durch eine Menge schöner Funde, daß in den südafrikanischen Baumsteppen des mittleren Pliozän, vor rund fünf Millionen Jahren also, Wesen ge29
lebt haben, die den aufrechten Gang des heutigen Menschen hatten, auf die Jagd nach Großtieren gingen und das Feuer benutzten. Unter den Opfern, die diese von der Wissenschaft Prähomininen (von prä vor, und homo, Mensch) genannten Wesen in einer felsigen Busch- und Steppenlandschaft jagten, waren auch Paviane, Bruderwesen fast noch der Jäger; neueste Funde aber beweisen gar, daß jenes Ur-Menschenwesen auch seinesgleichen anfiel und tötete. So will es scheinen, als klinge in der modernsten Forschung wieder, was frommer Glaube und uralte Überlieferung zu sagen wissen: Als der Mensch seine Schuldlosigkeit verlor, jene Unschuld des Tieres, das Gut und Böse nicht kennt, als er vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte, als ihm die Prometheus-Tat des Feuers gelungen, da war auch die Kains-Tat des Brudermordes nicht mehr fern. Und die biblische Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies in eine feindliche Welt, darin der Mensch, nun in „Röcke von Fellen" gehüllt, mit Kummer sich nähren soll, sie mutet an wie die große Erinnerung unseres Geschlechts an die Zeit, da die Pracht des Wundergartens in Eden, da die Üppigkeit dahinsank im Klimasturz der Eiszeit, jener harten Schule ohnegleichen, die den Menschen erst zu dem geformt hat, was er heute ist.
Die Eiszeit Bis zu tausend Meter hoch waren die Eismassen, die unaufhaltsam von Norden her heranrückten, von Skandinavien her, und ganz Norddeutschland unter sich begruben; die von den Alpen herabfließenden Gletscher bedeckten Süddeutschland bis etwa zur Donau. Freilich — eine einzige Kältezeit von rund 750 000 Jahren Dauer war das Diluvium nicht. Vier Perioden der mehr oder minder starken Vereisung kennt man, zwischen denen drei „Zwischenzeiten" lagen — man nennt sie besser Warmzeiten, von denen mindestens eine sogar klimatisch günstiger war als die Gegenwart. Und wie man nicht nur die alpine Gebirgsbildung der Kreide- und Tertiärformation kennt, sondern auch noch ältere, so sind sicherlich auch in früheren Erdzeitaltern Vereisungen über weite Gebiete der Erde gegangen. Entscheidend für uns Menschen aber ist die letzte Eiszeit geworden, die der üppigen Zeit des Tertiär folgte. Diese Eiszeit war die Zeit dem Mammuts, die Zeit, da Mitteldeutschland eine Tundra war wie heute das nördliche Sibirien, die Zeit, da bei blakendem Kienspan der Altmensch mit steinernem Faustkeil Bilder an die Wand der Höhlen malte, überraschend 30
lebendige Bilder der Tiere, die er jagte in dieser Eiszeit, in der ein Mensch schließlich sich ein Bild von seinesgleichen formte, ein Menschenantlitz in einen Knochen ritzte. Mit der Eiszeit beginnt die eigentliche Geschichte des Menschengeschlechts, die von der Altsteinzeit über Mittel- und Jung-Steinzeit, über Kupfer-, Bronzeund Eisenzeit zur Gegenwart führt — der Zeit der Leichtmetalle, der Kunststoffe, der Atomenergie.
£4 Stunden der Weltenuhr Zwei Milliarden Jahre sind vergangen, seit die ältesten Gesteine entstanden sind. Zwei Milliarden Jahre schon läuft die Uhr der strahlenden Atome. Und es ist höchst reizvoll, die Geschichte der Erde und des Lebens seit jener unvorstellbar lange verklungenen Urzeit bis heute gleichsam im Zeitraffer auf den 24-Stunden-Ablauf eines einzigen Weltentages zusammenschrumpfen zu lassen: Dann wird eine Million Jahre zu 43 Sekunden, und das in Lebensurkunden fast leere Präkambrium reicht von 0 Uhr bis in den späten Nachmittag um 17.30 Uhr! Eine Stunde, bis 18.30 Uhr, währt das Kambrium, und erst um diese Zeit treten die ersten Wirbeltiere und Landpflanzen auf. Um 19.45 Uhr endet das Silur und beginnt das Devon. Von 20.15 bis 21 Uhr, eine kurze dreiviertel Stunde nur, währt die Steinkohlenzeit, und um 21.30 endet das Erdaltertum. Noch keine zwei Stunden, bis 23.15 Uhr dauert die große Zeit der Saurier, und nur die letzte Dreiviertelstunde des Tages umfaßt Tertiär und Quartär, die Zeit der Säugetiere. Vor 10 Millionen Jahren mögen die ersten aufrecht gehenden Ahnenformen des Menschen entstanden sein, das ist sieben Minuten vor Mitternacht; 20 Sekunden vor Tagesende erscheint der Eiszeitmensch von Heidelberg, ganze acht Sekunden vor Mitternacht der Neandertaler. Die letzten beiden Sekunden des Tages allein gehören dem Menschen von heute, dem Homo sapiens, dem „weisen Menschen", wie er sich selbst so stolz nennt; seine in Urkunden von bestenfalls sechstausend Jahren Alter überlieferte „Weltgeschichte" beginnt — eine Viertelsekunde vor dem Glockenschlag der Gegenwart. Umsdilaggestaltung: Karlheinz Dobsky L u x - L e s e b o g e n 134 ( E r d k u n d e ) - H e f t p r e i s 2 S P f g . Natur- und kulturkundliche Hefte — Bestellungen (vierteljährl. 6 Hefte DM1.501 durch jede Buchhandlung und jede Postanstalt — Verlag Sebastian Lux, MurnauMünchen — Druck: Buchdruckerei Mühlberger, Augsburg 31
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Abenteurerleben des Quichote-Dichters
121 Vorhang auf!
Hinter den Kulissen eines großen Theaters
122 B e e t h o v e n
Leben und Werk Meisters
123 Der Kuckuck
Aus dem merkwürdigen eines Sonderlings
124 L e o n a r d o da Vinci
Der universale Genius der Renaissance
125 M a r t i n B e h a i m
Der Weltfahrer macher
und
Globus-
126 Tiefsee
Die Erforschung des bodens
Meeres-
127 G r ö n l a n d
Entdeckung, Erschließung
Erforschung,
128 Konfuzius
Meister
Lebensweisheit
129 E r n s t Barlach
Der
130 Suomi
Das Land der Seen und Wälder
131 Eichendorff
Der
132 Kleines Tiervolk
Seltsame Tiere der Heimat
der
des
großen Leben
Menschengestalter
letzte
Romantiker
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was die im „Orion" von m i r berichten . . . Einen Mordsspaß hat die Geschichte dem Schimpansen Sultan und seinem Lehrmeister Professor Köhler gemacht. Liegen da zwei Stücke Bambusrohr im Käfig, beide zu kurz, um die draußen liegende Banane heranzuholen. Sultans Versuch, ein Rohrstück mit dem anderen an die Frucht heranzuschieben, läßt das verlockende Objekt unberührt. Mitten beim spielerischen Probieren aber schiebt sich durch Zufall ein Rohr mit der Mündung in die des anderen, Sultan „begreift" sofort, hilft etwas nach, und schon springt er auf, eilt mit dem nun doppeltlangen Rohr ans Gitter, zur Banane. Noch einmal fällt ihm sein locker zusammengestecktes „Werkzeug" auseinander; doch jetzt schiebt er die Stäbe bereits mit einer Sicherheit und Ruhe zusammen, als habe er nie etwas anderes getan, und holt mit dem Stock die Banane heran. Von solch interessanten Tierversuchen, von den Schönheiten und Geheimnissen der Natur und den großartigen Leistungen der modernen Technik berichtet in mehrfarbig illustrierten Aufsätzen mit prächtigen Fotos und Kupfertiefdruckbeilagen der „ORION". „ORION", die naturwissenschaftlich-technische Zeitschrift für Jedermann erscheint zweimal im Monat. Heftpreis nur 80 Pfennig. Bestellungen nehmen alle guten Buchhandlungen und Postämter entgegen, Prospekt und Probeheft direkt vom
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