Otto Zierer
BILD DER JAHRHUNDERTE EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL UND 13 DOPPELBÄNDEN
1917 1954 DAS BILD UNSERER ZEI...
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Otto Zierer
BILD DER JAHRHUNDERTE EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL UND 13 DOPPELBÄNDEN
1917 1954 DAS BILD UNSERER ZEIT Unter diesem Titel ist Band 41/44 der neuen Weltgeschichte erschienen. Der Band behandelt die Geschichte der Gegenwart Wieder scheint die Menschheit an einem Wendepunkt ihrer Entwicklung zu stehen Zwei Volkskriege erschüttern, d a Grundfesten der bürgerlichen Zeit gewaltige soziale Umwälzungen, ein unfaßbarer technischer Fortschritt und eine völlige Neuordnung des wissenschaftlichen Weltbildes formen das Bild unserer Tage Die Geschichte des AbQndlandes mundet ein in das gemeinsame Schicksal einer einzigen unteilbaren Welt Die neuen Ufer eines herabsteigenden Zeitalters der Zukunft zeichnen sich ab Trotz Zerstörung Massenwahn und alles beherrschender Furcht schimmert das Morgenrot junger Ho fnung ubei unserer Zeit Auch dieser letzte Band des Bildes der Jahrhunderte ist in sich vollkommen abgeschlossen und enthalt vorzugliche historische Karten t r kostet in der herrlichen Ganzleinenausgabe mit Rot- und Goldpraqung und tarbigem Schutzumschlag DM 13 20 Mit dem Bezug des Gesamtwerkes kann iQ be quemsn Monatslieferungen jederzeit begonnen werden Auf Wunsch wer den auch die bereits erschienenen Bucher geschlossen oder in einzelnen Banden nachgeliefert (Einzelbd 1 18 jeDM 3 60, Doppelbd 19 40jeDM660) Prospekt kostenlos vom SEBASTIAN LUX
MURNAU
MÜNCHEN
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LUX-LESEBOGEN N AT U R - U N D K U L T U R K U N D LI C H E
HEFTE
Vitalis Pantenburg
Zukunftsland am Polarkreis
VERLAG SEBASTIAN LUX MÜNCHEN
INNSBRUCK
OLTEN
Blick auf Alaskas Hauptstadt Fairbanks
Die Russen erreichen das Ostkap Gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts hat „Väterchen" Zar in Moskau das russische Reich über die ganze riesige Nordbreite der nordasiatischen Festlandmasse ausgedehnt. Das russische Imperium erstreckt sich nun über viele tausend Kilometer von West nach Ost, von der Ostsee bis zum Stillen Ozean. Seit dem Jahre 1577 haben in weniger als einem Jahrhundert winzig kleine Trupps abenteuerfroher und beutehungriger Kosaken unter verwegenen Hetmanen —• Jermak Timofejew ist der berühmteste unter ihnen —• ganz Sibirien durchstreift und die Eingeborenen zur Unterwerfung geizwungen. Die Eindringlinge sind in ihren Mitteln nicht wählerisch gewesen. Sie handeln im Namen des Zaren, ihr Auftrag ist politisch getarnt, aber es geht einzig um den Gewinn aus dem kostbaren Pelzwerk der unermeßlichen sibirischen Wälder. Vor allem ist es das herrliche, seidenweiche Fell des Zobels, dieses braun-rötlichen Baummarders. In dieser Zeit sind die kosakischen Eroberer diese« größten zusammenhängenden Kolonialreiches der Erde noch nicht die tollkühnen Reiter, als die sie später Weltberühmtheit erlangen. Beritten würden sie ohnehin in der Wildnis des sibirischen TaigaDschungels nicht viel anfangen können. In den vielverzweigten, gewaltigen Flußsystemen Nordasiens kommt man viel besser mit Flößen und Booten weiter. Auf diese Weise erreichen Kosaken als erste Europäer auf den Riesenströmen das Nördliche Eismeer vor den Nordküsten Sibiriens. Ihre Berichte aus diesem Teil des Eisnordens sind die ersten Nachrichten von der Erforschung der russischen Arktis. Einer von diesen zähen, tatendurstigen Kosaken dringt auf beschwerlichen Bootsreisen, auf denen manche seiner Gefährten den Strapazen oder dem Skorbut erliegen, bis zur äußersten Nordostspitze der Alten Welt vor. Dieser kosakische Abenteurer Deschnew rundet mit gebrechlichen Fahrzeugen als erster Europäer das Ostkap Sibiriens. Er stellt auf seiner siebenjährigen Expedition (1647 bis 1654) fest, daß hier Asien zu Ende sein müsse; denn seine kleine 3
Flottille aus roh zusammengezimmerten Booten kann nun südwärts, ja südwestwärts ins frei« Meer steuern. Deschnew hat mit diesem Vorstoß eine der bedeutendsten Entdeckungen in der Geschichte der Eroberung der Erde durch den Weißen Mann gemacht. Durch ihn erfährt das Abendland zum ersten Male, daß Asien und Amerika —• die Alte Welt und die durch Columbus (wieder-) entdeckte Neue Welt — völlig getrennte Erdteile sind und keine Landverbindung miteinander haben, wie man bis dahin veitmutet hat. Indes — was auf der anderen Seite der Meeresstraße, jenseits von Asien liegt', darüber weiß Deschnew nichts auszusagen, da er den Sprung weiter ostwärts über das von Treibeis bedeckte Meer nicht gewagt hat. Angesichts seiner kümmerlichen Hilfsmittel mußte er sich beim Umrunden dieser fast immer vom Packeis umkränzten Nordostecke Asiens stets hart unter Land halten, und so entging ihm, was „drüben" lag. Über seine denkwürdige Reise hat dieser kühne Entdecker und Eismeerfahrer einen aufschlußreichen Bericht verfaßt, den er seinen vorgesetzten sibirischen Behörden übergibt. Der Bericht verstaub* jedoch in irgendeinem Archw und kommt erst »wieder zum Vorschein, als längst andere, in Deschnews Kielwasser segelnd, die Meerenige zwischen Nordamerika und Sibirien neu gefunden haben. Jetzt erst beeilt man sich, dem Kosaken-Entdecker Ehre anzutun; die äußerste Landzunge im Nordosten Asiens erhält seinen Namen und wird als Kap Deschnew in die Atlanten eingetragen; doch ist als zweite geographische Bezeichnung auch der Name „Ost-Kap" üblich geblieben. Von der Landspitze, die Deschnew entdeckt hat, ist es im Grunde genommen nur ein Katzensprung hinüber an das nordwestlichste Kap Nordamerikas. Fast greifen Sibirien und Alaska an dieser Stelle ineinander; denn die Meerenge, die wir heute Bering-Straße nennen, ist hier mit 90 km nur rund dreimal breiter als der ÄrmelKanal, der England vom europäischen Festland trennt. Hätte Deschnew an einem der Tage, da er in diesem äußersten Winket Asiens verweilte, einmal nur freie, nebellose Sicht gehabt und auf
einer Berghöhe gestanden und ein gutes Fernglas an seine Augen gesetzt, so würde er in einer Entfernung von nicht einmal hundert Kilometer die Umrisse eines neuen Landes entdeckt haben, das bis dahin von keinem Weißen geschaut, viel weniger betreten worden war: die Küste A l a s k a s . Während damals die Russen bereits an den Gestaden Ostsibiriens, am Bering-Meer und an der BeringStraße stehen, kämpfen die von Kanada und durch das Gebiet der späteren USA her vordringenden Europäer — Franzosen, Briten und Spanier —• noch immer mit den Indianern der nordamerikanischen Breiten oder sind in heftige gegenseitige Fehden verwickelt. Fast ein volles Jahrhundert verstreicht freilich noch, ehe die Russen sich zur großorganisierten Entdeckerfahrt ins Ungewisse und zur Landnahme jenseits dieser Sturm- und nebelreichen arktischen Gewässer entschließen.
AL- AY - ES - KA — Das Große Land Keine Küete Amerikas ist der Alten Welt näher als die Küste Alaskas. Aber — zwischen den europäischen und ostsibirischen Stränden liegen fast 8000 Kilometer der Landmasse Rußlands, dehnen sich die im 17. Jahrhundert noch unerschlossenen Weiten Sibiriens. Doch das Interesse ist geweckt; die Berichte der russischen Entdecker umd Befahrer des nördlichsten Teils des Großen Ozeans werden aus den Archiven geholt. Man möchte wissen, welches Land an der Gegenküste liegt, ob man nicht auch dort das Zarenbanner hissen und noch herrenloses Land in Besitz nehmen könne, ehe die weißen Eroberer von Kanada aus Rußland zuvorkommen. Trotz der Entdeckungsfahrt Deschnews und seiner Reiseberichte sind auch Zweifel darüber aufgetaucht, ob Sibirien und Nordwestamerika nicht doch vielleicht weiter im Norden durch einen Landstreifen miteinander verbunden sein könnten. Daher gibt Peter der Große zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Befehl zu neuen Expeditionen. Die berühmteste unter ihnen ist .
die zweite, die sogenannte „Große Nordische Expedition" unter dem dänischen See-Kapitän und Entdecker Vitus Bering. Nicht "Weniger als acht Jahre benötigt Bering allein, um Personal und Ausrüstung für sein zweites Riesen-Unternehmen unter kaum faßbaren Schwierigkeiten durch ganz Rußland und Sibirien bis an die Küste des Pazifik schaffen zu lassen. Diese „Große Nordische Expedition" ist eines der größten Entdeckungsunternehmen der Weltgeschichte. An ihr nehmen mehr als ein halbes Tausend Männer, darunter ein Stab von fünfzig Wissenschaftlern. Ärzten und Offizieren, teil. Als man an der Pazifikküste angekommen ist, müssen' erst hochseetüchtige Schiffe gebaut werden. Etliche Male wagen sich die Segler Berings und, nachdem er bei einer Überwinterung auf einer Insel gestorben ist, die Schiffe seiner Nachfolger ostwärts in die Weite des nördlichen Stillen Ozeans. Sie entdecken eine Reihe der ostsibirischen Küste vorgelagerte Inseln und Inselgruppen, gelangen bis zu den Aleuten und stellen fest, daß die Aleuten eine Girlande von Eilanden und verschieden großen Inseln bilden, die den Stillen Ozean nach Norden begrenzen. Die Inseln, die von einem primitiven Eingeborenenstamm bewohnt sind, locken jedoch nicht zur Landnahme. Denn sie sind zumeist kahl, unfruchtbar und wegen der zahlreichen Stürme wenig einladend. Ungesunder Nebel und feuchte Kälte lagern ständig über den Inseln. Hier Aufenthalt zu nehmen, wäre ein kaum lohnendes Unternehmen, vor dem die Seefahrer zurückschrecken. Alaska selber haben die Männer bisher nicht gesichtet. Frst im Jahre 1730 entdecken die Russen Gwosdiow und Fiodorow, Angehörige von Berings Expedition, das alaskische Festland. Doch dauert es noch dreißig weitere Jahre, ehe der erste Fnropäer — Glotow. ebenfalls ein Russe —• mit seinen Gefährten den Fuß auf den Strand Alaskas setzt und das neuentdeckte Land im Namen des Zaren für Rußland in Besitz nimmt. Wie groß die neue Kolonie ist, wie weit sie sich nach Norden, Osten und Süden erstreckt, ahnen die Männer nicht; auch wissen sie nicht, wo ihre Grenzen gegen die neuen nordamerikanischen Kolonialgebiete der
Briten und Spanier liegen, die Kalifornien besitzen. Völlig unbekannt ist den russischen Landnehmern, was das Innere Alaskas an ausbeutbaren Schätzen des Bodens birgt. Sie werden es zu spät erfahren, weil in den hundert Jahren, in denen Kußland Herrin dieses Teile« der Neuen Welt bleibt, ihr Augenmerk auf näherliegende Ziele gerichtet ist. Wohl lassen sie sich von den Eingeborenen berichten, wie ausgedehnt das Land sein müsse. Aber die Verständigung mit dem harmlosen Fänger- und Fischervölkchen der vorgelagerten Inseln, auf denen eine eigene Sprache gesprochen wird, und mit den wenig umgänglichen, ja feindseligen und kriegerischen Indianern, die an den Festlandküsten wohnen, ist kaum möglich. Es ergibt sich aber, daß die eingeborene Bevölkerung das Land, in dem sie wohnt „AI - Ay - Es - Ka" nennt, das bedeutet „Das Große Land". Diese Bezeichnung übernehmen die Seefahrer, und daraus ist dann der Name Alaska entstanden.
Jagd auf Seeotter und Bärenrobbe Als die Schiffe der Bering'schen Expeditionen an die sibirische Küste zurückgekehrt waren, hatten die Teilnehmer von den geradezu märchenhaften Beständen an Pelztieren erzählt, die es xn den befahrenen Gelbieten und in den Gewässern zu jagen gebe. Unübersehbar sei die Beute an See-Ottern — auch Kamtschatkabiber genannt —• und an Bärenrobben. Besonders begehrenswert erschien das seidenweiche Pelzwerk der Bärenrobben, das auf den Märkten zu hohen Preisen gehandelt wurde. Kurze Zeit nach der Heimkehr der Beringleute rüsteten die ebenso abenteuerlustigen wie gewinnsüchtigen sibirischen Pelztierfänger — die „Promyschlenniks — eiligst Schiffe aus, um in den Gewässern der Bering-See und an den Küsten des alaskischen Festlandes den Fang der wertvollen Pelzträger im großen zu betreiben. Diese sibirischen Trapper waren rabiate, skrupellose Burschen, für die es nur eines gab: mit der geringsten Mühe höchstmögliche Gewinne zu erzielen. In der Wahl ihrer Mittel kannten sie keinerlei
Oben : Die 2301 km lange Alaskastraße — Unten: der Hafen von Retchikan
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Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde dem Freibeutertum der frühen Entdecker ein Ende gesetzt. Die Regierung de« Zaren übertrug der Russisch-Amerikanischen Compagnie da« alleinige Recht auf die wirtschaftliche Nutzung Alaskas. Die Compagnie übernahm auch die Verwaltung in dieser russischen Kolonie auf dem nordamerikanischen Festland. Die Gesellschaft sorgte dafür, daß die Pelztierbestände nicht ganz vernichtet und die Eingeborenen etwas menschlicher behandelt wurden. Jedoch beschränkte sich die Nutzung auch jetzt nur auf die Pelzgewinnung in den See-Fanggebieten rings um die Aleutischen Inseln und an den buchtenreichen Küsten Süd-Alaskas. Die gewaltigen Bodenschätze, die ungeheuren Wälder mit ihrem herrlichen Nutzholz, ja selbst der riesige Fischreichtum des Meeres reizte die Untertanen des Zaren, der im fernen Petersburg Hof hielt, kaum der Erschließung. Der russische Gouverneur, der zugleich Chef der Handelsgesellschaft war, hatte seinen Sitz in Sitka im äußersten Südostzipfel Alaskas, im sogenannten „Panhandle", dem Pfannenstiel, wie dieser Zipfel wegen seiner schmal-langen Form scherzhaft genannt wird Mit Mißtrauen wurde das Erscheinen der Briten und Amerikaner in diesem pazifischen Teil Nordamerikas verfolgt; denn in dieser Zeit befuhr der berühmte englische Weltumsegler und Entdecker Captain Cook auf seiner großen dritten Reise die Küsten Alaskas und wendete sein Schiff erst, als er im Norden auf die Barre unüberwindbaren arktischen Eises stieß. Cook war es nicht entgangen, daß diese Gewässer von jagdbaren polaren MeeresSängern — Seehunden, Walrossen, Bärenrohben und großen und kleinen Walen —• wimmelten. Als dann britische und amerikanische Fang- und Handelsschiffe vor den alaskischen Küsten auftauchten, auf Robben und Wale Jagd machten und Pelze von den Eingeborenen eintauschten, verbot der Gouverneur in Sitka Fang und Tauschhandel und versuchte, auch unter Anwendung von Gewalt, sich das Alleinrecht auf das Land und seine wirtschaftliche Nutzung zu erhalten. Nach der Abwehr der fremden Schiffsflotten wurde die Jagd, vor10
nehmlich auf den wertvollsten Pelzträger, den See-Otter, in großzügiger Weise organisiert. In verstärktem Maße bedienten sich die Russen der ebenso erfahrenen wie geschickten aleutischen Fänger. Ganze Flotten ihrer Zweimannboote, der „baidarkas", wurden in die Fanggründe entsandt. Es gab Verbände, die mit 700 Booten uud 1400 Jagern den Fang betrieben. Bis weit nach Kalifornien fuhren die Flotillen. Da hei solcher Ausbeutung die Bestände weiter rapid abnahmen, legte die Russisch-Amerikanische Compagnie hin und wieder Schonzeiten für den See-Otter ein, aher auch die Barenrobbe und der Fuch« mußten zeitweise geschützt werden. Insgesamt sollen die Russen in der Zeit ihrer Herrschaft von 1782 bis 1867 für rund 45 Millionen Dollar an Pelzen aus ihrer alaskischen Kolonie herausgeholt haben. Indes —• einzig die Pelze wurden genutzt; da der Ertrag aber mehr und mehr nachließ, verringerte sich zunehmend auch das Interesse der russischen Regierung, die sozusagen am anderen Ende der Welt residierte, an der Kolonie jenseits de« asiatischen Kontinents. Die Entiernungen bis zum Verwaltungssitz Sitka waren, wenn man die zeitgenössischen Verkehrsmittel berücksichtigt, ungeheuer — räumlich wie zeitlich: Die Strecke Petersburg—Alaska umfaßte nahezu einen halben Breitenkreis. Ein Schiff, das von der Ostsee nach Sitka beordert war, mußte seinen Weg um das Kap der Guten Hoffnung, also um Südafrika, nehmen, da der Suez-Kanal noch nicht gebaut war. Antriebskraft war der Wind, der je nach Laune in die Segel einfiel oder das Schiff hilflos in der Flaute treiben ließ. Der Landweg quer durch Rußland und Sibirien mit Pferdefuhrwerken auf schlechtesten Wegen erforderte kaum weniger Monate als eine Reise über See.
Das beste Geschäft der Weltgeschichte Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts beginnen die Vereinigten Staaten von Amerika ihr Augenmerk auf Alaska zu richten, um so mehr, je geringer das Interesse Rußlands geworden ist. Erste 11
Bedenken. Sie zwangen die Eingeborenen, das eigentliche Fanggeschäft für sie zu tun; denn die Insel- und Küstenbewohner verstanden "sich viel besser auf iden Fang als die Europäer, und ihre fellüberzogenen kleinen Boote waren weit geeigneter als die plumpen Schiffe und Jagdboote der Russen. Bei der nun einsetzenden schonungslosen Jagd war es kein Wunder, daß die Wildbestände rasch abnahmen. Die Promyschlenniks brachten ihre Beute, vor allem die Massen an See-Otterpelzen, auf die chinesischen Märkte, auf denen sie sehr hoch bezahlt wurden. Die Zahl der erbeuteten Felle war geradezu unglaubhaft groß. Es wind berichtet, daß in kurzer Zeit auf 79 Schiffen Ladungen mit 100 000 Seeottern, 400 000 Bärenrobben und mehr als 40 000 Füchsen aus den Fängen in den Gewässern des Bering-Meeres in den ostasiatischen Handel gebracht wurden. Auf der unablässigen Suche nach weiteren Fangrevieren stießen die Russen im Jahre 1780 auch auf die nachmals so berühmt gewordenen Prilbilof-Inseln. Diese unwirtlichen, klippenreichen Eilande waren zwar unbewohnt, aber während der kurzen Sommerzeiten von hunderttausenden Bärenrobben bevölkert. Seit grauer Vorzeit kamen die Seehunde, deren Pelze in unseren Tagen noch ebenso hoch geschätzt und bezahlt wenden wie in den Jahrhunderten seit ihrer Entdeckung, in riesigen Schwärmen von fernher auf die Pribilof-Inseln. In unübersehbaren Scharen zogen sie zu bestimmter Zeit von Süden her in diese kalten Meeresstriche. Hier feierten die erwachsenen Tiere Hochzeit, hier kamen die niedlichen, tapsigen Jungen zur Welt und unternahmen die ersten Schwimmversuche. War der Nachwuchs dann so weit, daß er die lange Wanderung durchhalten konnte, so ging auch der kurze Nordsommer schon seinem Ende zu; die dichtgedrängten Riesenschwärme der neuen Bärenrobbenigeneration warfen sich in die Fluten des Großen Ozeans zum Zuge nach Süden, zu den wärmeren Gestaden und in die wärmeren Fischgründe. So war es seit eh und je gewesen; und auch heute ist es nicht anders, da die Tiere zum Glück niemals ganz ausgerottet worden sind. 8
Verhandlungen setzen ein. Die Abgelegenheit dieser Kolonie und die Erkenntnis, daß sie nach der rücksichtslosen Ausbeutung der Pelztiertbestände kaum mehr etwas einbringen könne und nur der Staatskasse Verwaltungskosten auferlege, macht die Russen geneigt, den Wünschen der USA auf den Erwerb Alaskas entgegenzukommen. Die meisten Amerikaner haben allerdings kein Verständnis dafür, daß ihre Regierung diese „icebox" — diesen wertlosen „Eiskeller" •—- erwerben und dafür gute Dollars herauswerfen will. Sie nennen den federführenden Staatssekretär Seward, nach dem heute eine der wichtigsten Hafenstädte Alaskas benannt ist, einen Narren und die geplante Erwerbung Sewards„folly" — Sewards fixe Idee. ' Nachdem mehrere Jahre verhandelt worden ist, wind im Jahre 1867 der Kaufvertrag abgeschlossen. Für sage und schreibe 7,2 Millionen Dollar geht „Russisch-Amerika" in den Besitz der , Vereinigten Staaten von Amerika über. Im Osten ist Kanada der Nachbar, mit dem man auf mehr als 1000 Kilometer eine schnurgerade Grenze (den 141 Grad westlicher Länge von Greenwich) / gemeinsam hat. Gekauft wird ein Gebiet von 1,52 Millionen Quadratkilometer, ein Fünftel der Größe der USA. Ganz Skan- < dinavien, einschließlich Finnlands, ginge fast anderthalbmal in Alaska hinein! Als 'die Amerikaner diesen äußersten Nordwest- , Zipfel der Neuen Welt übernehmen und das „Territory" als Kolonie ihrem Staat einverleiben, zählen seine Bewohner kaum dreißigtausend Köpfe; außer einigen hundert Weißen sind es nur Eingeborene, Indianer, Eskimos und das stark zusammengeschmolzene Fischervolk der Aleuten. Der Kauf hat sich gelohnt, von einer fixen Idee ist heute längst keine Rede mehr. Im Gegensatz zu seinen Urgroßvätern ist jeder j amerikanische Schulboy, der eben lesen kann, von dem ungeheuren 1 Wert Alaskas überzeugt. Die Amerikaner, unter deren Herrschaft die unermeßlichen Reichtümer an Gold, Kupfer, Platin, Blei, Zink Quecksilber, Antimon, Marmor, Gips, Kohle, Öl erst entdeckt worden sind, haben bis heute bereits das Fünfhundertfache 12
\ Kaufpreises herausgeholt. Das Territory führte in der Zeit von 1876 bis 1952 allein Erzeugnisse im Wert von 3500 Millionen Dollar aus! „Sewards Eisschrank" hat sich fürwahr als eine der reichsten Rohstoffkammern der Erde erwiesen und sein Kauf zugleich als eines der besten Geschäfte der Weltgeschichte. Dabei hat bis heute — kaum hundert Jahre nach der Hissung des Sternenbanners über Alaska — die Erschließung der Bodenschätze dieses Teils Nordamerikas kaum erst begonnen.
Der größte Lachsfang der Erde Aus den Weiten des Großen Ozeans kommen seit undenklichen Zeiten in rätselvollem Drang die räuberischen Lachse an die südlichen Küsten Alaskas. In ungeheuren Heeren, die viele Hunderttausende, ja Millionen von Fischen zählen, streben sie den Mündungen der alaskischen Riesenflüsse zu. Sobald die Gewässer nach Maibeginn ihre Eisfesseln gesprengt haben, wechseln die Lachse aus der salzigen (See über in das Süßwasser der Ströme. Betrug ihr Wanderweg bis an Alaskas Küsten vielleicht schon einige tausend Kilometer, so haben sie jetzt noch weitere hunderte Kilometer zurückzulegen, ehe sie ihr Laichgeschäft in den Oberläufen und Quellgründen besorgen können. Dann aber erfüllt sich ihr Leben; bald: nachdem sie für Nachwuchs gesorgt haben, gehen die Elternfische zugrunde. Die lange und beschwerliche, von vielerlei Gefahren bedrohte Reise war ein Wandern in den Tod. Unzähligen aus diesen Lachsschiwärmen drohte der Untergang aber schon an den reißenden Stromschnellen und wilden und steilen Wasserfällen. Denn hier vor allem bot sich den Eingeborenen ergiebige Gelegenheit zum Fang, besonders auf die wertvollste Lachsart, den bis zu 20 Pfund schweren „Königslachs". Eine Verringerung der unermeßlichen Schwärme war noch nicht zu befürchten, solange die Bewohner ihre primitiven Methoden anwandten. Da« wurde sehr bald nach Beginn der amerikanischen
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Fischfabriken Fanggebiete warme japanische Meeresströmung
Lachsfangschiff und Fanggründe
Herrschaft andere. Es war die Zeit, in der mit dem Aufkommen der modernen Konservierungsmethoden und -durch das Verpacken in verzinnte Blechbüchsen der „Seigen des Meeres" großindustriell verwertet und in alle Welt verschickt werden konnte. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden die zahlreichen „Caoneries", die Lachskonservenfabriken, die Alaska seither als größten Lieferanten des hochgeschätzten Büchsen.,Salmon" berühmt gemacht haben. In der nur kurzen Fangsaison, etwa von Mai bis Juli, sieht man in den zahllosen Buchten Südalaskas und des „Panhandle" die Tausende großer und kleiner Fangboote, die den dichten, den Flußmündungen zustrebenden Schwärmein der Lachse mit vielerlei Netzwerk, Fanggeräten und -methoden nachstellen. Längst reichen die einheimischen Weißen und Eingeborenen nicht mehr aus, den Fang und das sofort vorgenommene Verarbeiten, Eindosen und Verpacken zu bewältigen. Deshalb kommen in der Saison tausende Hilfskräfte aus dem Süden in die Zentren des Lachsfanges. Die Saisonarbeiter haben nur den einen Wunsch, anigesichts der sehr harten und schmutzigen Arbeit möglichst schnell sehr viele Dollars zu machen und dann wieder heimzufahren. Die Löhne sind ungewöhnlich hoch, sie liegen bei Verdiensten bis zu 3000 und mehr Dollar in einer einzigen sommerlichen Fangsiaison. Die Ausbeute entspricht den ausgeklügelten umd erprobten Fang- und Verarbeitungsmethoden. Mit rund 120 Millionen Kilogramm fertiger „Salmon"-Konserven kommt alljährlich weit über die Hälfte der gesamten Weltlachserzeugung aus dem Territorium Alaska. Seit 1867, dem Jahr der Erwerbung Alaskas, hat der Ertrag allein aus dem Lachsfang den Amerikanern fast das Dreihundertfache des Kaufpreises eingebracht. Noch scheinen die Lachsheere nicht geringer geworden zu sein, zumal die Aufsichtsbehörden sorgsam darüber wachen, daß kein Raubfang betrieben wird. Andere Fischarten, vor allem Herinig und Heilbutt, bringen alljährlich noeh einmal den gleichen Ertrag wie der Lach» ein. Insgesamt sind es heute rund 90 Millionen Dollar, die jedes Jahr nur der alaskische Fischfang abwirft.
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Hochgebirge Mittelgebirge Gletscherfelder Staatsgrenzen
Die'Karte des'Territoriums" Alaska, das zu einem Drittel nördlich des nördlichen Polarkreises liegt, zeigt oben links1 die Nordostspitze Rußlands (Kap Deschnew, Ostkap); rechts, durch die entlang dem 141. Grad senkrecht verlaufende Grenze getrennt, Kanada, im Süden Kanadas der langgestreckte südöstliche Küstenstreifen des „Pfannenstiels" (Panhandle); hier lag auda die alte russische Hauptstadt Sitka. -Links unten auf der Karte die Aleuten mit der Hauptinsel Unimak. Die Hauptfanggebiete sind aus der Karte Seite 14 ersichtlich, die Lage Alaskas im Weltverkehr aus der Kartenübersicht Seite 27, die Flug- und Schiffslinien, Bahnen und_Straßen in und nach Alaska aus der Karte Seite 23. Im Süden der McKinley (6190 m)
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Lockung des Goldes Es war gegen Ende des 19. Jahrhunderts .. . Mehr als drei Jahrzehnte weihten nun schon die „Stars and stripes", die Sterne und Streifen der USA-Flagge, über dem riesigen Nordland Alaska. Aber das Interesse der Amerikaner an „Sewards Eisschrank" war bis dahin noch nicht größer geworden, als das der vorherigen Besitzer. Man wußte auch über das Innere des Landes, seine Gestalt und seine Bodenschätze kaum viel mehr als die Russen. In dieser Zeit geschah es, daß mitten in Alaska, am. Klondike-River, von einigen abenteuernden weißen Trappern Gold gefunden wurde. Die Kunde versetzte Tausende in einen Rausch. Aus allen Teilen der Welt, vornehmlich aber aus Nordamerika, strebten die Golddigger unter unsäglichen Mühen durch die unwegsame Wildmark in das Tal des Klondike-River.
Noch gab es in ganz Alaska keine Straße und — viel weniger noch —• eine Eisenbahn. Mühsam mußten sich die Abenteurer auf den reißenden Flüssen landein voranstaken, in unendlich schwerer Arbeit Stromschnellen und Wasserfälle umgehen, Boote und Lasten schleppen. Es gab ein paar alte Indianerpfade, die aber den wenigsten bekannt waren; im Winter halfen wohl die mit Hunde bespannten Schlitten. Freilich —• zu verhungern brauchte keiner der Einwanderer, sofern er sich nur auf Jagen und Fangen verstand; denn Alaska" ist eines der wild- und fischreichsten Gebiete der Erde. Manche dieser Goldgräber hatten Glück, sie „wuschen" mit primitiven Geräten, mit Schaufeln, Hacken und Pfannen, die „nuggets" —• Goldklümpchen verschiedener Größen —• aus den Ablagerungen der Gewässer aus und kamen über Nacht zu Vermögen. Doch es waren nur recht wenige, die reich wunden, und es waren noch weniger, die es blieben. Den meisten, die Erfolg hatten, verrann der Reichtum rasch wieder unter den Händen. Zudem war es bald mit dem „rush" vom Klondike vorbei; zwar wurde auch an anderen Stellen Gold entdeckt — um die heutige Stadt Fairbanks am Tanana-River. am Meeresstrand von Nome, auf der Seward-Halbinsel an der Westküste Alaskas —, aber auch hier waren die Goldfelder schon bald für den Handbetrieb erschöpft; die „diggers" verließen bis auf wenige das für sie sonst wenig reizvolle Nordland. Doch hat man, besonders seit moderne Abbauverfahren mit Großgeräten entwickelt waren, bis 1940 für fast eine Viertelmilliarde Dollar nur an Gold aus dem Lande herausgeholt. Es heißt, daß noch für mindestens 150 Millionen Dollar reines Gold gefördert werden könnte. Das Goldfieber verrauschte so schnell wie es die Menschen geparkt hatte. Zurück blieben nur einige „sourdoughs", Sauerteigler. So nannte sich die Handvoll Männer, die jene wilden Zeiten miterlebten, alber irgendwie angetan waren von diesem Nordland, es zu lieben begannen, zumindest aber an seine Zukunft glaubten. Sie meinten, es werde einmal die Zeit kommen, in der man sich im Mutterland der vernachlässigten Kolonie erinnern werde.
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Aus Jägern werden Rentier-Züchter James Cook und die anderem, die in seinem Kielwasser durch die Bering-See und die Bering-Straße gesegelt waren und Alaskas öde Eismeerküsten umfuhren, bis das arktische Packeis sie zur Umkehr zwang, hatten nicht nur die Robbenfanger und Lachsfischer nach eich gezogen. Da durchpflügten die mächtigen Grönlandwale — die größten Säugetiere der Erde —• die See, da schossen kleine Wale verschiedener Arten durch die eiskalten Wogen und lockten auch die Walfänger aus den Häfen der USA. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an segelten allsommerlich Hunderte von Walfangschiffen von der amerikanischen Pazifikkuste her nordwärts. Sie betrieben die Jagd so gründlich, daß nur noch wenig übrigblieb von diesem arktischen Meerwild und zuletzt der Aufwand sich kaum mehr lohnte. Inzwischen waren auch die Barten des Riesenwals, die von der Mode für Miederstangen sehr gefragt waren, durch künstlich hergestelltes Material ersetzt worden. Auch der aus dem Speck der Tiere gesottene Tran hatte als Ölquelle an Bedeutung verloren, weil man inzwischen gelernt hatte, Öl für viele Zwecke aus anderen Rohstoffen zu gewinnen. Die Eskimos, die eingeborenen Bewohner der alaskischen Polarküsten, waren durch den Raubbau der Weißen um ihre wichtigste Lebensgrundlage gebracht. Denn die Meerestiere hatten ihnen fast alles gegeben, was sie brauchten: Ernährung, Bekleidung und Behausung und die Bespannung für die Jagdboote. Diese liebenswerten und lebenstüchtigen Polarberwohner waren auf die Dauer der Lebensnot erlegen, hatte sich nicht eines Tages die Regierung im fernen Washington ihrer Schützlinge in der hochnordischen Kolonie und der Verpflichtung, ihnen zu helfen, erinnert. Die tatkräftigste Unterstützung erhielten die Eskimos aber durch einen ebenso menschlichen wie klugen Missionar, den Reverend Sheldon Jackson, der eingesetzt war, die Eingeborenen geistlich zu betreuen. Er hatte einen großartigen Gedanken. Um ihnen eine ganz neue Lebensgrundlage zu verschaffen, erzog er die Eskimos zur Haltung 19
und Zucht von gezähmten Rentieren. Im ganzen Arktisch-Nordamerika gab es indes nur Karibus, wilde Rentiere, auf die die Eskimos und die"Indianer rücksichtslos Jagd machten. Noch nie zuvor hatten die Eingeborenen auch nur den Versuch gemacht, sie zu zahmen und als halbwilde Haustiere in Herden zu halten. Darin aber •waren seit grauer Vorzeit die Lappen (und viele andere Nordbewohner der Alten Welt Meister. Sheldon Jackson überlegte, ob es gelingen würde, die Jager und Fänger Nordalaskas zu Hegern zu machen? Reverend Jackson versuchte es. Er brachte die Regierung dazu, einen Stamm Zahmreine in Ostsibirien einzukaufen und im Tundrenland der alaskischen Westküste auszusetzen. Es waren rund 1300 Tiere, die man in den Jahren 1891 bis 1912 als Stamm herüberschaffte und mit denen die alaskischen Herden gezähmter Rene aufgebaut werden sollten. Um die Eskimos im Hüten und Aufziehen dieser so nützlichen und genügsamen Tiere zu unterweisen, verpflichtete man erfahrene lappische Renhirten aus Nordnorwegen. Schon in den ersten Jahren zeigte sich der Erfolg. Die sibirischen Rentiere fühlten sich auf den alaskischen Weidegründen recht wohl. Nach einigen Jahrzehnten hatte sich der kleine Stamm auf viele Zehntausende vermehrt. 1930 waren es schon 600 000; weitere zehn Jahre später wunde die Zahl der Zahmrene bereits auf eine Million geschätzt. Bald interessierten sich auch weiße Unternehmer für die Rentierzucht. In den zwanziger Jahren wurden schon 'beachtliche Mengen des köstlichen und nahrhaften Rentierfleisches und zehntausende Häute, die wegen ihres weichen Wildleders sehr geschätzt werden, in die USA ausgeführt. Die Idee des „geistlichen Vaters" der alaskischen Eingeborenen verhalf den Eskimos zu einer neuen Lebensweise. Zwar beruht sie auch heute noch nicht völlig auf den Herden der gezähmtem Polarhirsche, doch ist zur Zeit mehr als die Hälfte der Eingeborenen — etwa 15 000 Menschen —• im Territorium Alaska fast ganz von ihnen abhängig. Die übrigen, die sich noch immer auf den Fischund Säugetierfang verlassen, sind viel mehr als die Rentierzüchter von Notzeiten bedroht, wenn die Fischzüge einmal ausbleiben. 20
" Bei den begehrtesten Pelzträgern — See-Otter und Bärenrobbe — haben die Amerikaner in kluger Voraussicht dafür gesorgt, daß die Bestände nicht ausgerottet wurden. Die Jagd auf See-Ottern ist verboten, so daß sie sich an ihren alten Standplatzen — innerhalb der Kette der Aleuten und vor der Halbinsel Alaska — erfreulich vermehren können. Walrosse und Seelöwen dürfen nur noch von Eingeborenen erlegt werden. Auch die Barenrobben, die allsommerlich die Pribilof-Inseln aufsuchen, sind vor dem Aussterben bewahrt. Im Jahre 1911 konnten die Aufsichtsbeamten berichten, daß der Bestand 125 000 Stück betrug; 30 Jahre später waren es — dank den Schutzmaßnahmen der Regierung — zweihundertmal so viel: rund 2,5 Millionen, 1945 sogar weit über drei Millionen. Das sind nahezu 90% des Gesamtbestandes an diesen wertvollen Pelzträgern auf der Erde. Alljährlich darf nun wieder unter Aufsicht der Behörden eine bestimmte Anzahl Tiere erlegt werden, aber keine Muttertiere und immer nur so viele, daß die Bärenrobbe erhalten bleibt; zumeist müssen rund 60 000 bis 70 000 ihr Leben lassen. Der Zutritt zu den berühmten Robben-Inseln ist nur mit besonderer Zulassung durch die Regierung erlaubt.
Flugzeug ersetzt den Hundeschlitten Als der erste Weltkrieg zu Ende ging, lagen die Bodenschätze, die unermeßlichen Walder dn den Weiten des menschenleeren Nordlandes Alaska, noch so gut wie ungenutzt. Der Krieg hatte diesen Teil der Erde fast unberührt gelassen. Doch ist mitten im Kriege, im Jahr 1915, mit dem Bau einer ersten Eisenbahn begonnen worden, die vom Hafen Seward, von der stets eisfreien Sudkuste, ins Innere fuhrt und acht Jahre spater die Stadt Fairbanks weit im Binnenlande erreicht hat. Diese „Alaska-Railroad" ist 750 Kilometer lang und erstreckt sich durch einen nicht nur landschaftlich schönen, sondern, bergbaulich gesehen, auch interessanten Teil de« Territoriums. Auch eine erste Straße, der „Richandson Highway", 21
wurde in Angriff genommen; er ist heute über die ganze Länge seiner 600 Kilometer von Valdez an der Südküste bis Fairbanks rauhasphaltiert und für Kraftwagen sehr gut befahrbar. Damals, als der erste Weltkrieg endete, zahlte man im ganzen Territorium nicht mehr als rund 70 000 Menschen. Gut die Hälfte waren Eingeborene. Jedem Einwohner standen also mehr als 20 Quadratkilometer zur Verfügung. Wenn der lange Nordwinter das Land beherrschte, gab es vorerst außerhalb der Bahnlinie und der Überlandstraße nur eine Möglichkeit der Verbindung untereinander: das waren die Hundeschlitten, mit denen man über riesig lange, schmale Winterpfade durch die endlose weiße Wüste des Landes zog. Solch eine Reise war ein keineswegs gefahrloses Abenteuer. Sie erforderte neben langer Erfahrung Zähigkeit und Kräfte für Mann und „husky" (so heißen dortzuland die vierbeinigen unentbehrlichen Helfer der Menschen). Nachdem die Hauptstadt Fairbanks durch Bahn und Straße erreichbar geworden war, konnten sich weder der Staat noch unternehmungsfreudige Industrielle für die ferne Kolonie und ihre ungehobenen Schätze weiter erwärmen. Es schien, als wäre Alaska dazu bestimmt, weiter in seinem Dornröschenschlaf zu verharren. Wenn von Alaska die Rede war, so verband man mit diesem Begriff meist nur die Vorstellung von der größten Lachskonservenindustrie der Welt, von den Barenrobbenheeren und vom längst verrauschten „Goldfieber". Erst zu Anfang der «wanziger Jahre setzte auch für Alaska ein neues Zeitalter ein. Es begann mit den Flugzeugen. Ein paar verwegene Burschen, die im ersten Weltkrieg bei der Fliegerei gewesen waren und die hinterher nicht mehr davon lassen konnten, erstanden aus den verrottenden Parks der Kriegsflugizeuge ein paar klapprige „Kisten" und brachten sie nach Alaska. Mit diesen alten Maschinen den unermeßlichen Raum des Nordens zu durchfliegen, war freilich ein Wagnis und ein Abenteuer zugleich. Der 21. Februar 1924 war der Geburtstag der alaskischen Fliegerei, der Beginn einer neuen Epoche für das nordische Land. 22
_ Fluglinien — Schiffslinien •••• Sommerschiffahrt — Bahnen — Straßen — Grenzen
Die modernen Verkehrslinien in und nach Alaska
An diesem Tag machte Ben Eielson, ein Lehrer aus Fairbanks, dem noch die Wikingerunrast und der Unternehmungsmut seiner skandinavischen Vorfahren im Blut stecken mochten, im Auftrag der USA-Postbehörde als erster den „Fliegenden Postboten". Er brauchte, um zu den entlegensten und am schwersten zugänglichen Siedlungen und Stationen oder Bergwerksorten zu kommen, die gleiche Anzahl Stunden, wie bis dahin die Hundeschlittengespanne auch der geschickteisten Fahrer Tage, ja Wochen. Man nannte im Territory Ben den „verrückten Schulmeister", aber er leitete das neue, folgenreichste Kapitel in der Geschichte der Erschließung Alaskas ein; denn mit diesem modernen Verkehrsmittel war das Band geknüpft, mit dessen Hilfe man jeden noch so entfernten Ort mit einem belietbigen anderen verbindein konnte. Jetzt endlich gab 23
es die Möglichkeit, das Land und seine verborgenen SduStze kennenzulernen. Jeder Alaska-Bewohner war sich der Bedeutung dieses für ihn unentbehrlichen Verkehrsträgers sofort bewußt: ein jeder trug alsbald nach Kräften dazu bei, daß dem Wagemutigen jede Förderung zuteil wurde. Die Kühnheit und der weit vorausschauende Unternehmergeist der ersten Flieger lohnten sich. Der Flugverkehr nahm hier, in dieser äußersten Nordwestecke der Neuen Welt, einen (geradezu beispiellosen Aufstieg. Für diese „Busch"-Piloten gab es kein Hindernis, weder im Gelände, noch durchdie Witterung, noch durch die Jahreszeit. Sie bauten mit Hilfe der Eingeborenen überall im Lande die ersten primitiven Flugplätze und Landestreifen, montierten je nach Bedarf an Stelle des Fahrwerikeis im Sommer Schwimmer, mit denen sie auf den zahlreichen Gewässern wassern und starten konnten. Im Winter ersetzten sie die Pontons durch Ski, auf denen sie ebenso geschickt zu landen und zu starten verstanden. Die einsamen Trapper und Jäger, die vereinzelt leibenden Siedler, die bisher das Gefühl hatten, wie auf Inseln abgeschlossen zu sein, atmeten auf. Die fliegenden Jacks, Jimmys, Bobs und Teddys wurden alsbald die „Mädchen für alles". Sie brachten und holten die Post, führten jede Bestellung prompt und in unfaßbar kurzer Zeit durch und waren zur Stelle, wenn Hilfe benötigt wurde. Wer an den Sitz der Verwaltung oder zu Geschäften in die Stadt reisen wollte, brauchte sich nur einem dieser prächtigen Boys anzuvertrauen. Sie beförderten Kranke und Ärzte, Missionare «nid Regierungsbeamte. Manche der alsbald sich bildenden „Fluggesellschaften" bestanden aus nur einem Mann, dem Piloten, der alle« in einer Person war, und einer einzigen, fast immer einmotorigen Maschine. An Stelle des harten Knallen« der langen Hundepeitschen und des scharfen Zurufs der Gespannführer trat nunmehr das. helle Summen der wendigen kleinen Einmotorigen und das stählern harte Dröhnen der größeren Maschinen. Nicht wenige berühmten Hundeschlittenfahrer erkannten im Flugzeug dem nicht mehr zu schlagenden Konkurrenten. Sie sattelten um und wurden Flieger. 24
Gleich einem Wirbelwind brausten die Flugzeuge über das ungeheuer weite, wegelose Land und — eroberten es „im Fluge". Schnell wurden sie zum meist gebrauchten Beförderungsmittel. Auf je zahn Einwohner Alaskas kommt heute ein Flugzeug. Rechnet man die Zahl der Privatflugzeuge auf den Kopf der Bevölkerung um, so steht das Territorium bei weitem an der Spitze aller Länder der Erde. Das Flugzeug im Privatbesitz ist nicht etwa Liebhaberei oder Luxus, sondern ein alltäglicher, unentbehrlich gewordener Verkehrsträger. Fliegen ist hier im Norden so selbstverständlich wie in den Kulturländern eine Bahn- oder Autoreise. In Anchorage, der großen Hafenstadt in Süd-Alaska, zählt man heute mehr Wasserflugzeuge als im (gesamten Gebiet der USA mit ihren 160 Millionen Einwohnern. Dank der besseren Venhehrsverbindungen und der allgemeinen Erschließung hat sich seit dem Jahre der ersten Luftpostbeförderung die Bevölkerung Alaskas durch den Zuzug weißer Siedler, mehr als verdoppelt. Während die ersten Flugzeuge noch auf dem Seewege von den USA nach Alaska gebracht wurden, sind inzwischen längst Fernluftlinien von den USA bis Alaska eingerichtet worden. Heute landen und starten dort die Passagier- und Frachtflugzeuge mit der Pünktlichkeit von Fern-D-Zügen. Auf modernsten Flugplätzen mit Startbahnen für Maschinen jeder Art, die an jedem der {größeren Plätze des Territorys eingerichtet sind, ist ein beständiges Kommen und Gehen von Flugzeugen. Es gibt Flugplätze in Alaska, auf denen in der Sommerzeit fast 25 000 Maschinen im Monat eintreffen und abgehen. Das sind mehr als 800 je Tag! Wenn sich Ost und West, die Russen auf der einen, die Amerikaner, Engländer und mit ihnen die übrigen weißen Völker auf der anderen Seite, nicht so feindlich gegenüberstünden, würde Alaska durch «eine geoigraphische Lage längst zu weit größerer Bedeutung für den Luftverkehr gekommen sein. Ein Blick auf die Karte der Nordpolarwelt, wedt mehr noch ein Blick auf den Globus, lehrt uns, daß dieser Nordwestteil Amerikas überaus günstig im Schnitt 25
der großen weltumspannenden Fernluftlinien liegt. Das erkannte bereits der Polflieiger Roald Amumdsen, der mit seinem Luftschiff „Norge" -als erster von der Alten zur Neuen Welt fuhr. Im Jahre 1926 landete er an der Nordwestküste Alaskas wohlbehalten mit seinen Gefährten. Sofern sich in der Zukunft die Beziehungen unter den Völkern friedlich gestalten sollten, werden einige der wichtigsten Luftlinien zwischen Asien, Europa und Nordamerika über Alaska fuhren müssen, weil sie die kürzesten und damit die schnellsten sind. Alaska hat daher alle Aussichten, ein „Luftkreuz des Nordens" zu werden.
Die Fernautostraße Alcan Highway Zum erstenmal wurde den Amerikanern die geographische Bedeutung und Lage ihrer nordischen Kolonie klar, als die Japaner im letzten Kriege Kiska und Attu, die beiden westlichsten Inseln der Aleuten, eroberten und damit Alaska bedrohten. Es gab zu dieser Zeit nur die See- und Luft-Verbindung und die Straße und Bahn von der Küste nach Fairbanks, aber noch keinen Landweg, der aus der Mitte des Kontinents nach Alaska führte. Da beschlossen die USA, eine Autostraße durch Nordwestkauada bis in das Territorium zu bauen. So schnell wie nur möglich mußte dieser ALCAN (Alaskan-Canadian) Highway zustande kommen. Es war die Tat entschlossener, wagemutiger Männer, eine Saga modernster Technik, ein tolles Abenteuer, der ungekannten, ungebahnten Wildmark die erste Lebensader einer Fernautobahn aufzuzwingen. Der ganze riesige Nordwesten Kanadas und Südost-Alaska waren bis zum Jahre 1942 fast völlige Wildmark, wirtschaftlich fast nutzlose Gebiete, die keine durchgehenden Landverkehrsverbindungen besaßen. Nicht einmal brauchbare Karten gab es. Doch die nüchternen Planer und die kühnen Erbauer erreichten das von fast allen Fachleuten für unbezwingbar gehaltene Ziel: Nach einer einzigen Sommerbauperiode, von Mai bis November 1942, rollten bereits die ersten langen Versorgungskolonnen der USA-Transpor26
. Schiffslinie • Fluglinie
Washington
Alaska im Weltverkehr der Zukunft
ter von Dawson Creek, dem Endpunkt des Bahnnetzes in WestKanada, über die rund 2500 Straßenkilometer der ALCAN nach Fairbanks. Zugleich verband dieser Highway die bereits von den Kanadiern geschaffene Kette der Flugplätze mit der von den USA nach Alaska führenden Luftlinie. In monatelangen beschwerlichen und gefahrvollen Reisen mit Hundeschlitten, Pferden und zu Fuß und auf gefährlichen Erkundungsflügen machte eine Handvoll Landeskundiger — Trapper, Jäger, Goldsucher •— mit Landmessern und Bauingenieuren die günstigste Linienführung aus. Durch das unermeßliche, menschenleere Land, über viele Dutzende reißender Ströme, über tückische Moore, an namenlosen Seen vorbei, über die breite Bergkette der himmelragenden Rocky Mountains und durch die Dschungel von Urwäldern, an die bisher noch kein Mensch Axt oder Säge gelegt hatte, kämpften sich die Pfadfinder durch. Noch im Winter 1941/42 trafen die eigentlichen Straßenbauer ein, 18 500 Mann, Ingenieure und ihre Helfer aus einem halben Hundert kanadischer Baufirmen, 27
und Pioniersoldaten von fünf USA-Regimentern. Mit ihnen kam ein Park von taugenden Maschinen neuester Bauart. Tag und Nacht dröhnten die waldbrechenden Bullduzer, die Raupenschlepper untd geländegängigen Lastwagen, Tausende und aber Tausende schwerster Straßenbaugeräte. Flieger versorgten von vielen Punkten aus die immer weiter in die Wildnis vordringenden Baiiahteilungen, wenn sie abgeschnitten waren und die Entfernungen von den Versorgungsorten zu groß wurden oder das Wetter einen Strich durch die Rechnung machte. Ungeheuer waren die Verluste an Material, der Verschleiß an Maschinen; zu beklagen waren auch viele Opfer am jungen Menschen, die bei dem Bau ihr Leben lassen mußten. Das Ziel aber wurde in der befohlenen Zeit erreicht; Alaska war nun auch über Land mit dem Mutterland verbunden. Die USA waren dem Ansturm der Japaner zuvorgekommen. Seit dem Kriege dient die ALCAN-Straße nicht mehr allein der Verteidigung des Territoriums, sondern auch seiner friedlichen Erschließung. Zu Tausenden und aber Tausenden fahren die motorisierten Touristen in den Sommermonaten auf dem in vorzüglichem Zustande gehaltenen Alaska Highway nordwestwärts, durch ein Land, das Unerhörtes an Naturschönheiten zu bieten hat. Sie erleben im Territorium, wie sich überall in amerikanischem Tempo längs der ALCAN und anderer neuer, mit festen Decken versehener Autostraßen und an vielen anderen Punkten, die der Luftverkehr weiter erschlossen hat, zukunftsreiches Lehen entwickelt.
„Komm zu uns in den Norden, Boy . . ." Die Manner die heute die Verantwortung für die Verwaltung und Erschließung des Territoriums tragen, sind guten Mute« und voller Hoffnung auf eine glanzende Entwicklung ihres Nordlande».' Sie haben auch einigen Anlaß dazu. Zahlte man 1940 nur 71 000 Einwohner in Alaska, so werden 1953 bereits über 160 000 angegebe -»
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Aber immer noch ist alles erst ein Anfang. Zwar weiß man um die riesigen Lager an wertvollen Bodenschätzen; Prospektoren, diese modernen Schatzsucher, denen Flugzeug und Helikopter heute ebenso vertraut sind wie ihren Vorgängern das „Husky"-Gespann, haben sie aufgespürt: neben dem noch nicht erschöpften Gold riesige Vorkommen an Asbest und Nickel, Kupfer und Silber, Platin und Antimon, Eisen und Zinn, Erdöl und Kohle und manch andere Mineralien, unter denen die Pechblende für die Urangewinnung vor allem bedeutsam ist. Da sind die gewaltigen Walder, mit deren Nutzung man eigentlich kaum erst begonnen hat. In ihnen leben immer noch mehr Bären, als man Menschen im Territory zählt, und anderes, jagdbares und für den Trapper wertvolles pelztragendes Wild. Es ist im einer Vielfalt vorhanden, wie in kaum einer anderen Zone des Erdenrunds: Elch und Berglöwe, Wildren und Sitkahirsch, Wildschaf und wilde Bergziege, Wolf und Fuchs, Zobel und Biber, Vielfraß und Hermelin und manche andere. Trotzdem muß die in den letzten Jahren stark angewachsene Bevölkerung vorerst zum größten Teil mit Lebensmitteln und Waren aller Art aus den USA versorgt werden. Doch bieten sich im Südosten, aber auch in verschiedenen anderen Teilen des Landes reichlich Möglichkeiten zu landwirtschaftlicher Betätigung, sowohl für die Viehhaltung als auch für den Ackerbau und die Gemüsezucht, aber es fehlen die Menschen, das Land unter den Pflug zu nehmen. Die Regierung stellt Siedlungswilligen zu günstigen Bedingungen vorzügliches Land zur Verfügung, bietet ihnen Geldunterstützung und sagt steuerliche und viele andere Erleichterungen und Hilfen zu. Im Matanuska-Tal, einem besonders fruchtbaren Landstrich in Süd-Alaska, der günstig zum Bahn- und zum Highwaynetz gelegen ist, ist schon in den dreißiger Jahren eine Siedlung begonnen worden. Aber sie ist nicht recht vorangekommen, weil die meisten Kolonisten keine Ausdauer bewiesen haben. Sie gehen lieber dorthin, wo man schnell viel Geld verdienen kann — als Arbeiter in die Bergwerke, in den Fischfang oder in die Konservenfabriken. Die jedoch geblieben sind, haben es nicht zu bereuen, 29
weil sie ihre Erzeugnisse zu überaus guten Preisen in den rasch wachsenden Städten absetzen können. Was sie anbieten, wird ihnen buchstäblich, weil der Hunger nach frischer Ware groß ist, aus dem Händen .gerissen. „Komm zu uns in den Norden, Boy .. ." Mit diesem Schlagwort werben die Alaskaner für ihr Territory, das sie recht bald als neuer Staat dem Staatenbund der USA, als weiterer Stern dem „Stars and Stripes" hinzugefügt sehen möchten. Nicht nur für die Siedlungen und Betriebe, sondern auch in der Verwaltung werden junge, tatkräftige Menschen gebraucht. Als vor einiger Zeit Personal für die zahlreichen Funkstationen und Flugplätze gesucht wurde, warb die Regierung in ihrem Aufruf mit Versprechungen, die jedem jungen Menschen als verlockendste Verheißung vorkommen müßten: „Ißt du gerne Rentier- oder Elchbraten? Hättest du Lust, an einem Platz Dienst zu tun, wo du in der Freizeit Gold finden, die schönsten Pelztiere erbeuten, die größten Lachse fangen und wo du deine tägliche Fleischportion sozusagen vor der Tür schießen kannst?" Neben all diesen Herrlichkeiten, wie sie sich ein Jäger und Natursucher kaum schöner wünschen kann, und •— das sei gesagt —• wie sie auch in Wirklichkeit noch vorhanden sind, stellt die Regierung diesen Zivilangestellten ein Anfangsgehalt von nicht weniger als rund 4000 Dollar im Jahr (das sind umgerechnet fast 17 000.— DM) in Aussicht. Um der Erschließung des Landes auch eine gediegene wissenschaftliche Grundlage zu geben, ist in Fairbanks die „University of Alaska" entstanden. Sie liegt kaum 150 km vom Nördlichen Polarkreis entfernt. Hier erhalten die hingen Alaskaner eine gründliche Ausbildung in allem, was erforderlich ist, um das Land weise zu nutzen, seine Reichtümer zu entwickeln, mit dem subarktischen Klima fertig zu werden und den Bewohnern des Riesenlandes eine glückliche Zukunft zu bieten. Diese Studenten sind sehr stolz darauf, auf dieser „nördlichsten Universität der Erde" sich das Wissen für Beruf und Leben erwerben zu können. Doch — wie gesagt — es ist alles erst ein Anfang in diesem 30
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jungfräulichen Land. Es hat den gewaltigen Sprung vom Hundeschlitten, der mehr und mehr verschwindet, zum modernsten vielmotorigen Stratosphärenkreuzer gewagt. Noch besitzt Alaska nur eine Bahnverbindung, noch fehlt ein Straßennetz, das sich über das ganze Territory spannt; aber dank seiner vorzüglichen Flugverbindung iist Alaska heute doch weit besser erschlossen und bekannt als viele andere Teile unserer Erde. Alaska ist nunmehr auf dem besten Wege, sich aus dem noch eben für wertlos gehaltenen „Onkel Sams Eisschrank" zu einem Zukunftsland von noch nicht annähernd zu übersehenden Wert zu entwickeln. In erster Linie aber braucht das Land Pioniere, die bereit sind, sich der Lockung des weiten Nordens zu verschreiben, um ihr Glück zu machen — nicht in schnellem Raffen gleißender Goldkörnchen, sondern in beharrlicher, zäher und gediegener Arbeit. Daher der lockende Ruf: „Komm zu uns in den Norden, Boy!"
Umschlaggestaltung* Karlheinz Dobsky (Bilder dpa und AD: Karten T.-V. Dann)
L u x - L e s e b o g e n 1 7 2 ( E r d k u n d e ) - H e f t p r e I S 2 5 Pfg Natur- und kulturkundliche Hefte — Bestellungen (viertel) ährl. 6 Hefte DM 1.50) durch jede Buchhandlung und jede Postanstalt — Verlag Sebastian Lux, Murnav, München, Innsbruck — Druck: Buchdruckerei Muhlberger, Augsburg
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Besitzen Sie schon die schone Kassette in der Sie die Lux-Lesebogen des vergangenen oder des laufenden Jahres wie in einem Buch sammeln können? Die kleinen natur- und kulturkundlichen Hefte sind es wert, zum festen Bestandteil Ihrer Bibliothek zu werden. Jeder Lesebogen ersetzt ein ganzes Buch Die Kassette ist karminrot und trägt auf dem Goldetikett den Aufdruck des Titels „Lux-Lesebogen". Jeder Kassette ist auch ein gummiertes Sammeletikett in Goldprägedruck zum Abschneiden und Selbstaufkleben beigegeben. Es enthält den Aufdruck der Jahreszahl 1954 sowie alle früheren Jahreszahlen, außerdem die Titel: Kunst und Dichtung/ Geschichte / Völker und Länder / Tiere und Pflanzen / Physik,Technik.Sternenkunde. So kann man dieLesebogen beliebig nach Jahrgängen oder nach Sachgebieten ordnen. Größe 15X11X4,5 cm für 24 Lesebogen Preis 1.20 DM einschließlichVersandSpesen. Bezug durch jede Buchhandlung oder unmittelbar vom Verlag Seb. Lux. Wird beim Verlag bestellt, Betrag auf PostscheckKonto München 73823 erbeten. VERLAG SEBASTIAN LI7X MURNAU MÖNCHEN • INNSBRUCK
Der Osterwunsch
6 Funktionen in einem Leichtmetall-KÖrper: Antrieb Freilauf Rücktrittbremse Normalgang Berggang Schnellgang
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