Springer-Lehrbuch
Helge Toutenburg Christian Heumann
Deskriptive Statistik Eine Einführung in Methoden und Anwendungen mit SPSS Mit Beiträgen von Michael Schomaker und Malte Wißmann Fünfte, aktualisierte und erweiterte Auflage Mit 196 Abbildungen und 48 Tabellen
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Professor Dr. Dr. Helge Toutenburg PD Dr. Christian Heumann Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für Statistik Akademiestraße 1 80799 München
[email protected] [email protected]
Die 2. Auflage erschien bei Prentice Hall, München, 1998, ISBN 3-8279-9551-3
ISSN 0937-7433 ISBN-10 3-540-36338-6 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-36338-5 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-22233-2 4. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2000, 2004, 2006 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Text und Abbildungen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Verlag und Autor können jedoch für eventuell verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Satz: Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg SPIN: 11794004
154/3100 – 5 4 3 2 1 0
Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort
Die bisher vier Auflagen des Buches ”Deskriptive Statistik” haben sich in zahlreichen Lehrveranstaltungen - insbesondere bei Statistik I f¨ ur Wirtschaftsstudenten - als wertvolles Hilfsmittel bei der Lehre selbst, in den ¨ Ubungsgruppen und im Selbststudium erwiesen. Mit dieser 5. Auflage wurden - wie wir hoffen - alle noch vorhandenen Rechenfehler in den Aufgaben (durch Programmieren in R) beseitigt. Als zus¨ atzliche Elemente wurden der Umgang mit fehlenden bzw. unvollst¨andigen Daten, die sachgerechte Gestaltung von Grafiken selbst sowie explorative Grafiken f¨ ur mehrere Variablen, Modelle und Maße f¨ ur das Rater - Agreement sowie eine Einf¨ uhrung in das Statistik - Paket SPSS aufgenommen. Wir hoffen, dass diese Verbesserungen - die zum Teil konkurrenzlos auf diesem Level sind - Anklang bei den Lesern finden. Die Autoren M¨ unchen, im Juli 2006
Vorwort zur vierten Auflage
In der Tagespresse und in den TV-Nachrichten sowie durch die zunehmende Verbreitung von Computern in Ausbildung und Beruf begegnen uns statistische Ausdr¨ ucke wie Trends, Mittelwerte, H¨ aufigkeiten usw. t¨aglich. Der Begriff Statistik wird heute in mehreren Bedeutungen verwendet: • synonym zum Begriff der amtlichen Statistik, • als wissenschaftliche Disziplin, • als praxisorientierte Methode zur Entscheidungshilfe. Umgangssprachlich ist die Statistik die Lehre der Analyse von Massenerscheinungen. Die Statistik wird methodisch gegliedert in deskriptive und induktive Statistik. Ziel der deskriptiven Statistik ist die Aufbereitung und grafische Darstellung von Daten und damit die Konzentration von Datenmengen auf aussagef¨ ahige Maßzahlen und Plots. In der induktiven Statistik werden die notwendigen Verfahren zur statistischen Absicherung von Modellen und zur Pr¨ ufung von Hypothesen bereitgestellt. Es gibt eine Vielzahl deutschsprachiger B¨ ucher zur Statistik, wobei die Autoren unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt haben – von der Darstellung spezifischer Lehrinhalte in ausgew¨ ahlten Fachdisziplinen (Statistik f¨ ur Soziologen, Zahnmediziner, Mediziner etc.) bis hin zu ausgefeilten Methodensammlungen (Explorative Datenanalyse) oder erweiterten Handb¨ uchern von Standard-Software. Das vorliegende Buch soll insbesondere • den Stoff der Vorlesung Statistik I in wesentlichen Teilen abdecken, • eine Verbindung zwischen den Methoden der deskriptiven Statistik und ihrer Umsetzung mit Standard-Software, hier am Beispiel von SPSS, herstellen, ¨ • als Lehr- und Ubungsmaterial durch Einschluss von Aufgaben mit Musterl¨ osungen die Ausbildung der Studenten unterst¨ utzen. Der Lehrstoff zum Gebiet Induktive Statistik wird in einem weiteren Band behandelt (Toutenburg, 2004). Der Autor und seine Mitarbeiter haben sich ¨ bem¨ uht, ihre Erfahrungen aus dem Lehr- und Ubungsbetrieb so umzusetzen, ¨ dass der Text den Anforderungen eines begleitenden Lehr- und Ubungsmaterials gerecht wird. Die Einbeziehung von SPSS soll eine Erg¨anzung zum
VIII
Vorwort zur vierten Auflage
u ¨blichen Taschenrechnereinsatz sein und den Weg zur modernen Arbeitsweise bei der Datenanalyse mit dem Computer ebnen. ¨ Der vorliegende Band stellt eine grundlegende Uberarbeitung und Erweiterung des Buches Deskriptive Statistik, an der Herr Dr. Christian Kastner und Herr Dr. Andreas Fieger maßgeblich beteiligt waren, dar und entstand auf Einladung des Springer Verlags, Heidelberg. Wir danken allen jetzigen sowie fr¨ uheren Mitarbeitern der AG Toutenburg, die durch zahlreiche kritische Hinweise die Gestaltung des Inhalts wesentlich unterst¨ utzt haben. Weiterhin danken wir allen Tutoren, die bei der Gestaltung der Musterl¨osungen mitgewirkt haben. Nat¨ urlich sind wir f¨ ur alle enthaltenen Fehler selbst verantwortlich.
Helge Toutenburg
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Vorwort zur vierten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII 1.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Grundgesamtheit und Untersuchungseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Merkmal oder statistische Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.3 Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.4 Datenaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.5 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.
H¨ aufigkeitsverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Absolute und relative H¨ aufigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Qualitative Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Quantitative Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Empirische Verteilungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Ordinale Merkmale und diskrete Merkmale . . . . . . . . . . 2.2.2 Stetige Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Grafische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Stab- oder Balkendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Kreisdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Stamm-und-Blatt-Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Histogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Kerndichtesch¨ atzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21 21 21 23 28 28 31 34 34 37 38 40 44 45
3.
Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Lagemaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Modus oder Modalwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Median und Quantile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Quantil-Quantil-Diagramme (Q-Q-Plots) . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Arithmetisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Geometrisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.6 Harmonisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 51 52 54 59 61 67 71
X
Inhaltsverzeichnis
3.2 Streuungsmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Spannweite und Quartilsabstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Mittlere absolute Abweichung vom Median . . . . . . . . . . 3.2.3 Varianz und Standardabweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Variationskoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Schiefe und W¨ olbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Schiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 W¨ olbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Box-Plots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Konzentrationsmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Lorenzkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Gini-Koeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.
74 75 76 77 82 83 83 84 85 86 88 89 93
Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale . . . . . 99 4.1 Darstellung der Verteilung zweidimensionaler Merkmale . . . . . 99 4.1.1 Kontingenztafeln bei diskreten Merkmalen . . . . . . . . . . . 99 4.1.2 Grafische Darstellung bei diskreten Merkmalen . . . . . . . 103 4.1.3 Maßzahlen zur Beschreibung der Verteilung bei stetigen und gemischt stetig-diskreten Merkmalen . . . . . . . . 105 4.1.4 Grafische Darstellung der Verteilung stetiger bzw. gemischt stetig-diskreter Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale109 4.2.1 Pearsons χ2 -Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4.2.2 Phi-Koeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4.2.3 Kontingenzmaß von Cramer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4.2.4 Kontingenzkoeffizient C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4.2.5 Lambda-Maße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.2.6 Der Yule-Koeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4.2.7 Der Odds-Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4.3 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang ordinaler Merkmale . . . . . . 124 4.3.1 Gamma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.3.2 Kendalls tau-b und Stuarts tau-c . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.3.3 Rangkorrelationskoeffizient von Spearman . . . . . . . . . . . 128 4.4 Zusammenhang zwischen zwei stetigen Merkmalen . . . . . . . . . . 132 4.5 Explorative Grafiken f¨ ur mehrere Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.5.1 Coplots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.5.2 Chernoff Faces . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4.6.1 Ad¨ aquate Skalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.6.2 Einfluss von Extremwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4.6.3 Geschickte Wahl einer Grafik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4.6.4 Probleme bei der Berechnung einer linearen Regression 157 ¨ 4.7 Maße zur Messung der Ubereinstimmung von Beobachtern . . . 158 4.7.1 Kappa–Koeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Inhaltsverzeichnis
XI
4.7.2 Gewichtetes Kappa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4.8 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5.
Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5.2 Plots und Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.3 Prinzip der kleinsten Quadrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.3.1 Bestimmung der Sch¨ atzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.3.2 Herleitung der Kleinste-Quadrate-Sch¨atzungen . . . . . . . 177 5.3.3 Eigenschaften der Regressionsgeraden . . . . . . . . . . . . . . . 179 5.4 G¨ ute der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 5.4.1 Varianzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 5.4.2 Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 5.5 Residualanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 5.6 Lineare Transformation der Originaldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 5.7 Multiple lineare Regression und nichtlineare Regression . . . . . 193 5.8 Polynomiale Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.9 Lineare Regression mit kategorialen Regressoren . . . . . . . . . . . . 197 5.10 Spezielle nichtlineare Modelle – Wachstumskurven . . . . . . . . . . 201 5.11 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
6.
Zeitreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Kurvendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Zerlegung von Zeitreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Fehlende Werte, ¨ aquidistante Zeitpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Gleitende Durchschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Saisonale Komponente, konstante Saisonfigur . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Modell f¨ ur den linearen Trend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Praktisches Beispiel mit SPSS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207 207 208 209 209 211 215 217 219
7.
Verh¨ altniszahlen und Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Einfache Indexzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Ver¨ anderung des Basisjahres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Preisindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Preisindex nach Laspeyres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Preisindex nach Paasche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Alternative Preisindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Mengenindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Laspeyres-Mengenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Paasche-Mengenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Umsatzindizes (Wertindizes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Verkn¨ upfung von Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
221 221 223 224 226 227 228 229 229 230 230 230 231
XII
Inhaltsverzeichnis
7.7 Spezielle Probleme der Indexrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.1 Erweiterung des Warenkorbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.2 Substitution einer Ware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.3 Subindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Standardisierung von Raten und Quoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8.1 Datengestaltung f¨ ur die Standardisierung von Raten . . 7.8.2 Indirekte Methode der Standardisierung . . . . . . . . . . . . . 7.8.3 Direkte Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.9 Ereignisanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.9.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.9.2 Grundbegriffe der Lebensdaueranalyse . . . . . . . . . . . . . . ¨ 7.9.3 Empirische Hazardrate und Uberlebensrate .......... 7.10 Aufgaben und Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
233 233 234 235 237 240 240 244 247 247 250 252 256
8.
Fehlende Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 8.1.1 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein bin¨ares Merkmal . 264 8.1.2 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein nominales Merkmal269 8.1.3 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein ordinales Merkmal 270 8.1.4 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein metrisches Merkmal274 8.2 Betrachtung zweier Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 8.2.1 Zwei bin¨ are Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 8.2.2 Zwei metrische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
9.
Einf¨ uhrung in SPSS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Grundaufbau des Programms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Das Datenfenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Das Grafikfenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Das Syntaxfenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Ein praktisches Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Aufbau des Datensatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Deskriptive Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Zusammenhangsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.4 Lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.5 Weiterf¨ uhrende Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
289 289 290 291 291 292 292 293 297 300 301
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
1. Grundlagen
Ausgangspunkt einer statistischen Analyse ist eine wissenschaftliche Fragebzw. Aufgabenstellung, das Forschungsproblem. Dieses kann entweder durch Auftraggeber, wie z. B. Beh¨ orden, Verb¨ ande, Firmen usw. initiiert sein oder aus der Arbeit des Forschers entstehen. Zun¨achst ist es notwendig, diese Frage- bzw. Aufgabenstellung zu konkretisieren, um bei der Datenerhebung die f¨ ur die Beantwortung der Fragestellung relevante Information erfassen zu k¨onnen. Je h¨ oher die Qualit¨ at der erhobenen Daten ist, desto besser sind die Chancen f¨ ur eine aussagekr¨ aftige statistische Analyse. Wir f¨ uhren zun¨achst die grundlegenden Begriffe der deskriptiven Statistik ein, die bei der Konkretisierung der Fragestellung wichtig sind. Dar¨ uber hinaus geben wir einen kurzen Einblick in den Bereich der Datenerhebung und -aufbereitung.
1.1 Grundgesamtheit und Untersuchungseinheit Bei der Konkretisierung der Aufgabenstellung ist zun¨achst zu kl¨aren, was die Datenbasis f¨ ur die Fragestellung ist. Die Objekte, auf die sich eine statistische Analyse bezieht, heißen Untersuchungseinheiten. Sie werden im folgenden durch das Symbol ω dargestellt. Die Zusammenfassung aller Untersuchungseinheiten bildet die Grundgesamtheit, die durch das Symbol Ω dargestellt wird. ω ∈ Ω bezeichnet also eine Untersuchungseinheit, die Element der Grundgesamtheit ist. Beispiele. • Wenn wir uns f¨ ur die sozialen Verh¨ altnisse in der Bundesrepublik Deutschland interessieren, so besteht die Grundgesamtheit Ω aus der Wohnbev¨olkerung der Bundesrepublik Deutschland, die Einwohner sind die Untersuchungseinheiten ω. • Wollen wir die Wirtschaftskraft der chemischen Industrie in Europa beschreiben, so stellt jedes einzelne Unternehmen eine Untersuchungseinheit dar, die Grundgesamtheit setzt sich aus allen europ¨aischen Unternehmen der chemischen Industrie zusammen. • F¨ ur die Konzeption der Vorlesung Statistik I und die Planung der Klausur wollen wir Informationen u orerkreis der Statistikvorlesungen ¨ber den H¨
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1. Grundlagen
sammeln. In diesem Fall besteht die Grundgesamtheit Ω aus allen Studenten der F¨ acher BWL und VWL, die in diesem Semester die Vorlesung Statistik I h¨ oren. Jeder Student ist eine Untersuchungseinheit ω. Gibt es bei den Untersuchungseinheiten einen direkten zeitlichen Bezug, so lassen sich zwei spezielle Arten von Grundgesamtheiten unterscheiden: Bestands- und Bewegungsmassen. Bei der Bestandsmasse wird die Grundgesamtheit Ω durch einen Zeitpunkt abgegrenzt. Die Untersuchungseinheiten ω weisen eine gewisse Verweildauer auf. Ist Ω eine Bewegungsmasse, so sind die Untersuchungseinheiten ω Ereignisse, die zu einem gewissen Zeitpunkt eintreten. Man spricht dann auch von einer Ereignismasse. Die Ereignisse werden in einem festgelegten Zeitintervall gemessen. Beispiele. • Bestandsmassen sind durch einen Zeitpunkt abgegrenzt, wie z. B. – Studenten der Ludwig-Maximilians-Universit¨at M¨ unchen, die zu Beginn des Sommersemesters 2004 immatrikuliert sind, – Lagerbestand eines Computerherstellers an Multimedia-PCs am Ersten eines Monats, – Bev¨ olkerung der Bundesrepublik Deutschland zum 31.12. eines Jahres. • Bewegungsmassen sind durch einen Zeitraum abgegrenzt, wie z. B. – Anmeldungen f¨ ur die Statistikklausur im Juli 2004, – Zu- und Abg¨ ange in einem Lager f¨ ur Multimedia-PCs in einem Monat, – Geburten in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2004.
1.2 Merkmal oder statistische Variable Ist bei einem Forschungsproblem die Grundgesamtheit festgelegt, so ist im n¨ achsten Schritt zu kl¨ aren, welche Informationen man u ¨ber diese Grundgesamtheit ben¨ otigt. Bestimmte Aspekte oder Eigenschaften einer Untersuchungseinheit bezeichnet man als Merkmal oder statistische Variable X. Beide Begriffe sind gleichwertig. Meist wird der Begriff Variable im Umgang mit konkreten Zahlen, also bei der Datenerhebung und -auswertung verwendet, w¨ ahrend der Begriff Merkmal im theoretischen Vorfeld, also bei der Begriffsbildung und bei der Planung der Erhebungstechnik verwendet wird. Bei jeder Untersuchungseinheit ω nimmt das Merkmal X eine m¨ogliche Auspr¨ agung x an. Formal l¨ asst sich dies durch folgende Zuordnung ausdr¨ ucken: Jeder Untersuchungseinheit ω ∈ Ω wird durch X:Ω→S ω → x
(1.1)
eine Merkmalsauspr¨ agung x ∈ S zugeordnet. Die Merkmalsauspr¨agungen x liegen im sogenannten Merkmalsraum oder Zustandsraum S. Der Zustandsraum S beschreibt die Menge aller m¨ oglichen Merkmalsauspr¨agungen.
1.2 Merkmal oder statistische Variable
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Anstelle der Zuweisungsvorschrift (1.1) schreiben wir auch kurz X(ω) = x bzw. X(ωi ) = xi wenn es sich um die Untersuchungseinheit Nummer i handelt. Beispiele. • Altersverteilung in Deutschland. Das interessierende Merkmal X ist das ‘Alter einer Person in Jahren’. Die Merkmalsauspr¨agungen haben eine nat¨ urliche untere Grenze von 0 Jahren, die gr¨oßte Merkmalsauspr¨agung ist nicht fest vorgegeben. Da es jedoch nur wenige Einwohner gibt, die 100 Jahre und a ¨lter sind, erscheint es sinnvoll, diese zur Altersgruppe ‘100 Jahre und a ¨lter’ zusammenzufassen. Damit ergibt sich der Merkmalsraum S als S = {0, 1, 2, . . . , 98, 99, ≥ 100}. • Ist das Merkmal X der ‘Familienstand’ einer Person, so sind die m¨oglichen Auspr¨ agungen ‘ledig’, ‘verheiratet’, ‘geschieden’ oder ‘verwitwet’. • Sind wir am Merkmal ‘mathematische Vorkenntnisse’ von Studenten interessiert, die die Vorlesung Statistik I besuchen, so w¨aren m¨ogliche Auspr¨ agungen ‘keine Vorkenntnisse’, ‘Mathematik Grundkurs’, ‘Mathematik Leistungskurs’ und ‘Grundvorlesung Mathematik’. Da wir jedoch nicht sicher sein k¨ onnen, damit alle m¨ oglichen Merkmalsauspr¨agungen erfasst zu haben, f¨ uhren wir zus¨ atzlich die Auspr¨ agung ‘Sonstige’ ein. Hier sind dann alle weiteren M¨ oglichkeiten f¨ ur mathematische Vorkenntnisse zusammengefasst. Bisher haben wir nur jeweils ein einzelnes Merkmal betrachtet. In einer Studie werden jedoch meist mehrere Merkmale gleichzeitig erhoben, die zum einen die Untersuchungseinheiten charakterisieren sollen und zum anderen die f¨ ur die Fragestellung notwendige Information liefern. Damit liegen neben den univariaten Merkmalen auch mehrdimensionale Merkmale bzw. ein Merkmalsvektor vor. Der Merkmalsraum bzw. Zustandsraum S besteht dann aus allen zul¨ assigen Kombinationen der Merkmalsauspr¨agungen. Beispiele. • Erheben wir gleichzeitig die beiden Merkmale ‘Familienstand’ und ‘Alter’, so erhalten wir ein zweidimensionales Merkmal bzw. den zweidimensionalen Merkmalsvektor X = (X1 , X2 ), wobei X1 den Familienstand und ur X2 das Alter einer Person beschreibt. Wir gehen davon aus, dass es f¨ Jugendliche nicht ohne weiteres m¨ oglich ist zu heiraten und legen ein Mindestheiratsalter von 18 Jahren fest. Damit sind bestimmte Kombinationen von Merkmalsauspr¨ agungen wie beispielsweise (verheiratet, 10) oder (geschieden, 15) ausgeschlossen. Der Merkmalsraum S ergibt sich dann als
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1. Grundlagen
S = (ledig, 0), (ledig, 1), (ledig, 2), . . . , (ledig, ≥ 100),
(verheiratet, 18), (verheiratet, 19), . . . , (verheiratet, ≥ 100), (geschieden, 18), (geschieden, 19), . . . , (geschieden, ≥ 100), (verwitwet, 18), (verwitwet, 19), . . . , (verwitwet, ≥ 100) .
• Wenn wir Informationen u ¨ber die Statistik I Studenten erheben, stellt beispielsweise (‘Studienfach’, ‘Semesterzahl’, ‘Geschlecht’) einen dreidimensionalen Merkmalsvektor dar. Der Merkmalsraum S l¨asst sich durch S = (BWL, 1, weiblich), (BWL, 1, m¨ annlich), (BWL, 2, weiblich), . . . (BWL, 6, m¨ annlich), (VWL, 1, weiblich), . . . , (VWL, 6, m¨annlich) beschreiben, sofern nur BWL- und VWL-Studenten die Vorlesung besuchen. Da die Vorlesung Statistik I im Grundstudium geh¨ort wird, haben wir die maximale Semesterzahl auf sechs festgelegt.
Typen von Merkmalen. Die Zuordnung (1.1), die jeder Untersuchungseinheit eine Merkmalsauspr¨ agung zuweist, kann auch als ‘Messung’ bezeichnet werden. ‘Messung’ ist hier jedoch sehr allgemein aufzufassen. Der Typ des Merkmals bzw. der Variablen resultiert dann aus der Messvorschrift, die f¨ ur das Merkmal gilt. Wir unterscheiden prinzipiell zwischen qualitativen und quantitativen Merkmalen. Qualitative Merkmale werden auch als artm¨aßige Merkmale bezeichnet, da sie sich durch die verschiedenartigen Auspr¨agungen charakterisieren lassen. Quantitative Merkmale sind messbar und werden durch Zahlen erfasst. Wir bezeichnen sie daher auch als zahlenm¨aßige Merkmale. Quantitative Merkmale k¨ onnen weiter in diskrete und stetige Merkmale unterschieden werden. Ein Merkmal ist diskret, wenn der Zustandsraum S abz¨ ahlbar ist. Ein Merkmal heißt stetig, wenn S u ¨berabz¨ahlbar viele Auspr¨agungen beinhaltet. Die Menge der reellen Zahlen R oder jedes Intervall [a, b] ∈ R ist beispielsweise eine Menge mit u ¨berabz¨ahlbar vielen Werten. Die Menge der nat¨ urlichen Zahlen N ist abz¨ ahlbar. Beispiele. • qualitative Merkmale Augenfarbe, Geschlecht oder Wohnort einer Person, Branchenzugeh¨origkeit eines Unternehmens, benutztes Verkehrsmittel auf dem Weg zum Arbeitsplatz, mathematische Vorkenntnisse von Statistik I H¨orern, Schulnoten, Zufriedenheit mit der Studiensituation am Hochschulort, . . . • quantitative diskrete Merkmale Schuhgr¨ oße, Semesterzahl, Besch¨ aftigtenzahl in Kleinbetrieben, Semesterstundenzahl eines Studenten, . . . • quantitative stetige Merkmale Alter einer Person, Umsatz eines Betriebs, Wohnungsmiete, ben¨otigte Fahrzeit bis zum Arbeitsplatz, K¨ orpergr¨ oße, . . .
1.2 Merkmal oder statistische Variable
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Anmerkung. Die Merkmale ‘Schulnote’ und ‘Zufriedenheit mit der Studiensituation am Hochschulort’ wurden als qualitative Merkmale eingestuft, da ihre Auspr¨ agungen ‘sehr gut’, ‘gut’, . . ., ‘mangelhaft’ qualitativ (verschiedenartig) sind. Meist ordnet man diesen Auspr¨ agungen zus¨atzlich die Zahlen 1 bis 5 zu. Dabei wird nur das Ordnungsprinzip der Zahlen zur Unterscheidung der Auspr¨ agungen u ¨bernommen, es entsteht durch diese Zuordnung aber kein quantitatives Merkmal. Wir haben quantitative Merkmale in stetige und diskrete Merkmale unterschieden. Dabei ist zu beachten, dass wegen der endlichen Messgenauigkeit jedes stetige Merkmal tats¨ achlich nur diskret gemessen werden kann. Aber selbst bei einer endlichen Anzahl von Merkmalsauspr¨agungen kann es sinnvoll sein, das Merkmal als stetig aufzufassen, wenn die Anzahl der Auspr¨agungen hinreichend groß ist. Derartige F¨ alle nennt man auch quasistetige Merkmale. Beispiele hierf¨ ur sind monet¨ are Gr¨ oßen, wie Preise oder Einkommen, die beliebig genau festgelegt werden k¨ onnen und damit stetige Merkmale sind. Da monet¨ are Gr¨ oßen aber nur in bestimmten Schritten, die durch die kleinste Geldeinheit festgelegt sind, auch ausgezahlt werden k¨onnen, kann man diese Merkmale auch als diskret auffassen. Umgekehrt kann es sinnvoll sein, stetige Merkmale in Klassen bzw. Gruppen zusammenzufassen, da man nicht am konkreten Wert interessiert ist sondern nur daran, ob die Merkmalsauspr¨ agung in einem bestimmten Wertebereich liegt. Wir sprechen dann von klassierten oder gruppierten Merkmalen. Beispiele. • Alter als gruppiertes Merkmal mit den Altersklassen wie ‘bis 40 Jahre’, ‘41 bis 60 Jahre’, ‘¨ uber 60 Jahre’, • Einkommensklassen wie ‘bis 10 000 EUR’, ‘10 000 bis 50 000 EUR’, ‘50 000 bis 100 000 EUR’, ‘100 000 bis 1 000 000 EUR’ und ‘¨ uber 1 000 000 EUR’, • Gruppen f¨ ur Wohnungsmieten, z. B. ‘bis 10 EUR/qm’, ‘10 bis 20 EUR/qm’, ‘mehr als 20 EUR/qm’. Eine weitere Unterscheidung quantitativer Merkmale ist die Unterteilung in extensive und intensive Merkmale. Bei einem extensiven Merkmal ist nur die Summenbildung sinnvoll, bei intensiven Merkmalen ist nur die Mittelwertsbildung sinnvoll. Beispiele f¨ ur extensive Merkmale sind die ‘Einwohnerzahl eines Bundeslandes’ oder der ‘monatliche Umsatz eines Betriebs’. Intensive Merkmale sind beispielsweise die ‘Preise f¨ ur bestimmte Produkte’ oder die ‘Tagestemperatur’. Extensive und intensive Merkmale schließen sich jedoch nicht notwendigerweise gegenseitig aus. So kann beispielsweise das Merkmal ‘Lohn’ sowohl als extensives Merkmal als auch als intensives Merkmal aufgefasst werden. Geht es um die Kosten, die durch Lohnzahlungen entstehen, so ist sicher nur die Summenbildung sinnvoll. Ist man aber daran interessiert, das Lohnniveau zu vergleichen, so kann dies nur anhand von Durchschnittsl¨ ohnen geschehen.
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1. Grundlagen
Skalierung von Merkmalen. Neben der Unterscheidung nach Merkmalstypen kann man Merkmale auch durch die Skala, auf der sie gemessen werden, unterscheiden. Je nach Art der m¨ oglichen Auspr¨agung eines Merkmals werden verschiedene Skalenniveaus definiert. F¨ ur die statistische Analyse ist es wichtig, auf welcher Skala die Auspr¨ agungen gemessen werden. Die Art der Skalierung entscheidet u assigkeit von Transformationen der ¨ber die Zul¨ Merkmalsauspr¨ agungen, wie z. B. der Mittelwertbildung, und damit schließlich u assigkeit von statistischen Analyseverfahren. Wir unterschei¨ber die Zul¨ den folgende Skalenarten. Nominalskala. Die Auspr¨ agungen eines nominalskalierten Merkmals k¨onnen nicht geordnet werden (zum Beispiel: Merkmal ’Geschlecht einer Person’ mit den Auspr¨ agungen ’m¨ annlich’ und ’weiblich’). Der einzig m¨ogliche Vergleich ist die Pr¨ ufung auf Gleichheit der Merkmalsauspr¨agungen zweier Untersuchungseinheiten. Ordinal- oder Rangskala. Die Merkmalsauspr¨ agungen k¨onnen gem¨aß ihrer Intensit¨ at geordnet werden. Eine Interpretation der Rangordnung ist m¨ oglich, Abst¨ ande zwischen den Merkmalsauspr¨agungen k¨onnen jedoch nicht interpretiert werden. Metrische Skala. Unter den Merkmalsauspr¨ agungen kann eine Rangordnung definiert werden, zus¨ atzlich k¨ onnen Abst¨ande zwischen den Merkmalsauspr¨ agungen gemessen und interpretiert werden. Wir k¨onnen die metrisch skalierten Merkmale weiter unterteilen in: Intervallskala. Es sind nur Differenzbildungen zwischen den Merkmalsauspr¨ agungen zul¨ assig. Daher k¨ onnen nur Abst¨ande verglichen werden. Verh¨ altnisskala. Es existiert zus¨ atzlich ein nat¨ urlicher Nullpunkt. Die Bildung eines Quotienten ist zul¨ assig, Verh¨altnisse sind damit sinnvoll interpretierbar. Absolutskala. Es kommt zus¨ atzlich eine nat¨ urliche Einheit hinzu. Die Absolutskala ist damit ein Spezialfall der Verh¨altnisskala. Beispiele. • Das Merkmal ‘Farbe’ ist nominalskaliert. Eine Rangordnung der Farben ist nicht m¨ oglich. Wir k¨ onnen nicht sagen Rot ist besser als Blau“. Das Merk” mal ‘Verkehrsmittel’ ist ebenfalls nominalskaliert, da sich die verschiedenen Auspr¨ agungen ebenfalls nicht ordnen lassen. • Das Merkmal ‘Schulnote’ ist ein Beispiel f¨ ur ein ordinalskaliertes Merkmal. Es existiert eine Rangordnung zwischen den Zensuren (‘sehr gut’ ist besser als ‘gut’, usw.). Diese Zensuren k¨ onnen damit auch durch die Zahlen 1 bis 5 ausgedr¨ uckt werden. Wie bereits erw¨ahnt, wird dabei jedoch nur die Ordnungsrelation der Zahlen u ¨bernommen. Abst¨ande sind daher nicht vergleichbar. Der Unterschied zwischen den Zensuren ‘gut’ und ‘befriedigend’ ist nicht derselbe wie der Unterschied zwischen ‘ausreichend’ und ‘mangelhaft’.
1.3 Datenerhebung
7
• Das Merkmal ‘Temperatur’ ist metrisch skaliert. Abst¨ande sind vergleichbar. Der Unterschied zwischen 10 ◦ C und 20 ◦ C ist der gleiche wie der zwischen 20 ◦ C und 30 ◦ C. Eine Aussage wie Bei einer Temperatur von 20 ◦ C ” ist es doppelt so warm wie bei einer Temperatur von 10 ◦ C“ ist jedoch nicht urlicher zul¨ assig, da kein nat¨ urlicher Nullpunkt existiert. 0 ◦ C ist kein nat¨ Nullpunkt. Daher handelt es sich um ein intervallskaliertes Merkmal. • Das Merkmal ‘Geschwindigkeit’ ist ebenfalls metrisch skaliert. Zus¨atzlich gibt es einen nat¨ urlichen Nullpunkt. Deshalb sind Vergleiche wie 50 km/h ” ist doppelt so schnell wie 25 km/h“ zul¨ assig. ‘Geschwindigkeit’ ist damit ein verh¨ altnisskaliertes Merkmal. • Das Merkmal ‘Semesterzahl’ ist ebenfalls metrisch skaliert. Die Auspr¨agungen sind Anzahlen und werden daher in einer nat¨ urlichen Einheit gemessen. Es liegt also eine Absolutskala vor. Zwischen den oben vorgestellten Skalenarten besteht eine Rangordnung, die sich auch in der Zul¨ assigkeit der statistischen Verfahren bei den jeweiligen Skalen widerspiegelt. Das niedrigste Niveau besitzt die Nominalskala, das h¨ ochste die Verh¨ altnis- bzw. Absolutskala. Jedes Merkmal kann auch auf einer niedrigeren Skala gemessen werden, dies ist jedoch mit einem Informationsverlust verbunden. So k¨ onnen wir beispielsweise das Merkmal ‘Temperatur’ auch auf einer Ordinalskala mit den Auspr¨ agungen ‘kalt’, ‘normal’, ‘warm’ und ‘heiß’ messen. Die so gemessenen Temperaturangaben sind jedoch wesentlich weniger aussagekr¨ aftig als Temperaturen, die auf der Celsius-Skala gemessen wurden.
1.3 Datenerhebung Wenn wir anhand der Fragestellung die Grundgesamtheit und die Untersuchungseinheiten definiert haben und die f¨ ur die Fragestellung interessierenden Merkmale ausgew¨ ahlt sind, ist im n¨ achsten Schritt zu kl¨aren, wie die ben¨otigte Information u ¨ber die Untersuchungseinheiten beschafft werden soll. Die Beschaffung der Information bzw. die Gewinnung der Daten wird als Erhebung bezeichnet. Da die Qualit¨ at der aus der statistischen Analyse resultierenden Aussagen wesentlich von der Qualit¨ at der erhobenen Daten abh¨angt, sollte bereits bei der Konzeption der Datenbeschaffung ber¨ ucksichtigt werden, welche statistischen Methoden zur Beantwortung der Fragestellung herangezogen werden k¨ onnen. Bei der Planung der Datenerhebung stellen sich zun¨achst die beiden folgenden Fragen: • Wie werden die Daten erhoben? • Wieviele Untersuchungseinheiten werden ben¨otigt? Der zweite Aspekt betrifft die Gr¨ oße der Erhebung. Werden alle Untersuchungseinheiten der Grundgesamtheit erhoben, so spricht man von einer
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1. Grundlagen
Totalerhebung. Ein Beispiel hierf¨ ur ist die Volksz¨ahlung. Durch eine Totalerhebung erhalten wir eine vollst¨ andige Information u ¨ber die Grundgesamtheit, m¨ ogliche Unsicherheiten aufgrund fehlender Informationen sind somit ausgeschlossen. Das Problem einer Totalerhebung liegt jedoch meist darin, dass es nur selten m¨ oglich ist, alle Untersuchungseinheiten zu erheben. Dies kann zum einen daran liegen, dass Untersuchungseinheiten die Erhebung verweigern, oder aber dass eine Totalerhebung aus logistischen Gr¨ unden oder aufgrund eines beschr¨ ankten Budgets nicht m¨ oglich ist. Daher werden meist nur die Merkmale f¨ ur einen Teil der Grundgesamtheit – eine Stichprobe – erhoben. Die Auswahl der Untersuchungseinheiten, die in die Stichprobe gelangen, muss f¨ ur die Grundgesamtheit repr¨ asentativ sein. Weiterhin h¨angt die Qualit¨ at der statistischen Analyse auch von der Anzahl der erhobenen Untersuchungseinheiten – dem Stichprobenumfang – ab. Diese Probleme sind Inhalt der Stichprobentheorie, auf die wir im Rahmen der deskriptiven Statistik nicht weiter eingehen wollen. Der interessierte Leser sei beispielsweise auf Stenger (1986) verwiesen. Meist werden die f¨ ur die Fragestellung ben¨otigten Informationen direkt erhoben, d. h., die Datenerhebung wird als • Befragung, • Beobachtung, • Experiment durchgef¨ uhrt. Diese Art der Datenerhebung wird als Prim¨ arerhebung bezeichnet. Alternativ k¨ onnen wir aber auch auf die Daten aus anderen Erhebungen zu ¨ ahnlichen Fragestellungen, auf in der Literatur ver¨offentlichte Daten oder auf Daten aus anderen Quellen zugreifen. Dies bezeichnet man als Sekund¨ arerhebung. F¨ ur welche Art der Datenerhebung man sich entscheidet, h¨ angt vom zur Verf¨ ugung stehenden Budget, dem Zeitaufwand und der Anwendbarkeit ab. Die Verwendung der Daten aus Sekund¨arerhebungen ist zwar kosteng¨ unstig, kann aber sehr zeitaufwendig sein. Weiter muss die Sekund¨ arstatistik auf der gleichen Grundgesamtheit beruhen, die Definition der Merkmale muss u ¨bereinstimmen und die Auswahl der Untersuchungseinheiten muss passend sein. Dies schr¨ ankt die Verwendbarkeit von Sekund¨arstatistiken bei der Datenerhebung h¨ aufig ein. Die Wahl zwischen Befragung, Beobachtung und Experiment h¨ angt ebenfalls vom zur Verf¨ ugung stehenden Budget und vom Zeitaufwand ab. Daneben spielt aber vor allem das Fachgebiet, aus dem die Fragestellung kommt, eine wichtige Rolle. So u ¨berwiegen Beobachtung und Experiment in Naturwissenschaft und Technik, w¨ahrend in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften meist Befragungen durchgef¨ uhrt werden. Wir beschreiben im folgenden kurz diese drei Erhebungstechniken. Eine ausf¨ uhrliche Darstellung und praktische Anleitung findet man z.B. in Schnell, Hill und Esser (1992). Befragung. Die Befragung kann m¨ undlich, schriftlich oder telefonisch durchgef¨ uhrt werden. F¨ ur welche der Befragungstechniken man sich entscheidet,
1.3 Datenerhebung
9
h¨ angt wieder von Kriterien wie Kosten, ben¨otigte Zeit, Stichprobenumfang usw. ab. Weitere Kriterien, die die Entscheidung beeinflussen, sind die M¨ oglichkeit der Situationskontrolle und das Problem der Repr¨asentativit¨at. Bei einer schriftlichen oder telefonischen Befragung ist eine Kontrolle der Umgebung, in der die Befragung erfolgt, nicht m¨oglich. Dar¨ uber hinaus kann es bei einer schriftlichen Befragung passieren, dass die Person, die befragt werden soll, entweder nicht antwortet oder die Antworten mit Unterst¨ utzung anderer Personen gegeben werden. Dies f¨ uhrt dann in der Regel dazu, dass die eigentlich gew¨ unschte Repr¨ asentativit¨ at der Befragung gef¨ahrdet ist. Grundlage ist bei allen Befragungstechniken ein Fragebogen. Der Gestaltung dieses Fragebogens kommt dabei zentrale Bedeutung zu. Die Art der Fragestellung, die Vorgabe von Antworten, die Auswahl der Antwortm¨oglichkeiten, die Reihenfolge der Fragen usw. sind Punkte, die man bei der Fragebogenerstellung zu beachten hat. F¨ uhrt man eine m¨ undliche oder telefonische Befragung durch, so kann das Interview entweder in einer standardisierten oder in einer nichtstandardisierten Form ablaufen. Bei einer nichtstandardisierten Befragung kommt dem Interviewer eine wichtige Rolle zu. Dieser kann eine Befragung entscheidend steuern, indem er dem Befragten beim Interview Zeit zur Beantwortung der Fragen l¨ asst und die Antworten lediglich notiert, oder aber indem er durch das Dr¨ angen auf Anworten, Kommentierung der Fragen usw. das Interview steuert. Dies kann zwar auch bei einem standardisierten Vorgehen vorkommen, ist aber dann auf das Fehlverhalten des Interviewers zur¨ uckzuf¨ uhren. Daran wird deutlich, dass eine unzureichende Schulung des Interviewers die Qualit¨ at der Erhebung in Frage stellen kann. Beispiel 1.3.1. F¨ ur die Konzeption der Vorlesung Statistik I und die Planung der Klausur wollen wir Informationen u ¨ber den H¨orerkreis der Statistikvorlesungen sammeln. Hierzu f¨ uhren wir eine Studentenbefragung unter dem Titel Statistik f¨ ur Wirtschaftswissenschaftler“ durch, deren Datenmaterial ” wir auch in den folgenden Kapiteln beispielhaft analysieren wollen. Der f¨ ur diese Studie konzipierte Fragebogen (Abbildung 1.1) l¨asst sich in drei Fragenkomplexe unterteilen. Zum einen sind wir an den Rahmenbedingungen f¨ ur die Vorlesung interessiert. Hierzu z¨ ahlen wir die Vorkenntnisse des Studenten und seine zeitliche Belastung w¨ ahrend des Semesters. Die Vorkenntnisse werden durch die Merkmale ‘mathematische Vorkenntnisse’ und ‘wievielter Versuch’ erfragt. Die zeitliche Belastung wird durch die Merkmale ‘nebenbei jobben’ und die ‘Zahl der Semesterwochenstunden’ erhoben. Der zweite Fragenkomplex dient der Vorbereitung der Klausur, indem wir die f¨ ur den jeweiligen Studenten g¨ ultige ‘Pr¨ ufungsordnung’ erfragen. Der letzte Komplex dient der Charakterisierung der Erhebungseinheiten, indem wir das ‘Studienfach’, die Wohnsituation und weitere demografische Merkmale erheben. Ein a¨hnlicher Teil ist in der Regel am Ende jedes Fragebogens zu finden. Da neben den Studenten der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre auch Studenten aus anderen Studienf¨ achern an der Vorlesung teilnehmen, haben wir
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1. Grundlagen
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Abb. 1.1. Fragebogen der Studentenbefragung Statistik f¨ ur Wirtschaftswissen” schaftler“ (Beispiel 1.3.1)
die Antwortkategorie ‘anderes’ beim Studienfach hinzugenommen. Da diese Erhebung begleitend zur Vorlesung Statistik I in jedem Sommersemester durchgef¨ uhrt wird, liegen uns bereits Frageb¨ ogen aus fr¨ uheren Jahren vor.
1.3 Datenerhebung
11
Beobachtung. Die Beobachtung als Datenerhebungstechnik ist ebenso wie die Befragung systematisiert, d. h., sie ist geplant und ben¨otigt analog zum Fragebogen ein Erhebungsinstrumentarium – das Beobachtungsprotokoll – mit dessen Hilfe das Beobachtete festgehalten werden kann. Die Erhebung wird vom Beobachter durchgef¨ uhrt. Wir unterscheiden verschiedene Formen der Beobachtung, die von der Rolle des Beobachters abh¨angen. Wenn der Beobachter am Geschehen aktiv teilnimmt, so wird dies als teilnehmende Beobachtung bezeichnet. Eine Beobachtung, bei der sich der Beobachter nicht zu erkennen gibt, wird als verdeckte Beobachtung bezeichnet, ansonsten spricht man von einer offenen Beobachtung. Dies macht deutlich, dass sowohl der Konzeption des Beobachtungsprotokolls als auch der Schulung des Beobachters eine wichtige Rolle zukommt. Beispiel 1.3.2. Bei einem Zulieferbetrieb der Automobilbranche ist der Ausschussanteil zu hoch. Das Unternehmen m¨ ochte daher die m¨oglichen Ursachen erforschen. Dazu wird im ersten Schritt eine Beobachtung der laufenden Produktion durchgef¨ uhrt. Mit den daraus gewonnenen Ergebnissen soll die Planung von gezielten Versuchen zur Qualit¨ atsverbesserung erm¨oglicht werden. Bei dieser Beobachtungsstudie werden Merkmale wie ‘Temperatur’, ‘Viskosit¨ at’, ‘Druck’, ’Zusammensetzung der Rohmaterialien’ usw. bei bestimmten Produktionsschritten, die Zeiten f¨ ur die einzelnen Schritte und die Anzahl der guten und mangelhaften St¨ ucke erhoben. Die Daten werden von einem am Produktionsprozess beteiligten Mitarbeiter erhoben. Es handelt sich hier also um eine offene, teilnehmende Beobachtung. Experiment. Das Experiment wird meist in den Naturwissenschaften oder im technischen Bereich eingesetzt. Dort kann es die Planung eines neuen Produkts oder die Qualit¨ atsverbesserung unterst¨ utzen. In diesem Zusammenhang kann die statistische Versuchsplanung sowohl der Planung des Experiments als auch der Auswertung der gewonnenen Daten dienen. Wir wollen darauf nicht weiter eingehen und verweisen beispielsweise auf Toutenburg (2002b) und Toutenburg, G¨ ossl und Kunert (1997). Beispiel 1.3.3. Der Zulieferbetrieb aus Beispiel 1.3.2 hat bei der Analyse der Beobachtungsstudie die Temperatur, die Viskosit¨at und der Druck als Ursachen f¨ ur den Ausschuss ermittelt. Mit Hilfe eines geplanten Experiments soll nun die optimale Einstellung gefunden werden. Dazu wird der notwendige Versuchsplan, der die verschiedenen Einstellungskombinationen festlegt, mit statistischen Methoden entwickelt. F¨ ur die drei Faktoren ‘Temperatur’, ‘Viskosit¨ at’ und ‘Druck’ wurden jeweils die Faktorstufen ‘niedrig’, ‘mittel’ und ‘hoch’, denen die Zahlen −1, 0 und 1 zugeordnet sind, festgelegt. Bei Verwendung eines Box-Behnken-Designs erhalten wir einen Versuchsplan mit 15 L¨ aufen, deren Einstellungen in Tabelle 1.1 festgehalten sind. Anmerkung. Nach der Festlegung der Erhebungstechnik und der Entwicklung des Erhebungsinstrumentariums muss das jeweilige Instrumentarium
12
1. Grundlagen
Auto-Teile GmbH Entenhausen
Produktionsprotokoll
Chargennummer:
Chargengr¨oße:
222222
222222 St¨uck
Produktionsbeginn: Datum:
22.222022
Temperatur:
Viskosit¨at:
Druck:
Uhrzeit:
22:22
Uhrzeit:
22:22
22,2◦C
22,2
22,2bar
Produktionsende: Datum:
22.222022
Ausschuß:
2222St¨uck
Bearbeiter:
Abb. 1.2. Beobachtungsprotokoll eines Zulieferbetriebes der Automobilbranche (Beispiel 1.3.2)
einem sogenannten Pretest unterzogen werden. Dabei wird der Fragebogen, das Beobachtungsprotokoll oder der Versuchsaufbau an einer geringen Anzahl von Erhebungseinheiten getestet, um sicherzustellen, dass Fragen richtig formuliert sind, die Antwortm¨ oglichkeiten geeignet ausgew¨ahlt wurden, bei einer Beobachtung alle wichtigen Gesichtspunkte erhoben werden, die Ver-
1.4 Datenaufbereitung
13
Tabelle 1.1. Box-Behnken-Versuchsplan mit 15 L¨ aufen (Beispiel 1.3.3) Lauf 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Temperatur −1 −1 1 1 0 0 0 0 −1 1 −1 1 0 0 0
Viskosit¨ at −1 1 −1 1 −1 −1 1 1 0 0 0 0 0 0 0
Druck 0 0 0 0 −1 1 −1 1 −1 −1 1 1 0 0 0
suchsbedingungen geeignet sind usw. Erst wenn der Pretest zum gew¨ unschten Ergebnis f¨ uhrt, sollte man in die eigentliche Datenerhebung einsteigen.
1.4 Datenaufbereitung In der Regel erheben wir die Daten zun¨ achst mit einem Fragebogen, Beobachtungsprotokoll oder einem Versuchsplan. Im Zeitalter der EDV ist es selbstverst¨ andlich, die erhobenen Daten mit einer geeigneten Software zu verwalten. Daher m¨ ussen wir die schriftlich fixierten Daten im n¨achsten Schritt, der Dateneingabe, in eine elektronisch gespeicherte Form u ur ¨bertragen. F¨ die Dateneingabe eignen sich • • • •
Datenbanksysteme wie dBase, Paradox, Access Tabellenkalkulationsprogramme wie Excel, Lotus 1-2-3 Statistikpakete wie SPSS, SAS, SPlus oder auch einfache Editoren, die ASCII Dateien erzeugen.
Durch die Dateneingabe werden die Beobachtungen in einer Datenmatrix (Abbildung 1.3) gesammelt. Dabei entspricht jede Zeile einem der n erhobenen Frageb¨ ogen, Beobachtungsprotokolle oder Einstellungskombinationen des Versuchsplans f¨ ur eine Untersuchungseinheit ω. Die Spalten entsprechen den erhobenen Merkmalen X. Damit stellt beispielsweise x12 die Auspr¨ agung des zweiten Merkmals bei der ersten Untersuchungseinheit oder agung des p-ten Merkmals bei der zweiten Untersuchungseinheit x2p die Auspr¨ dar. Zur eindeutigen Identifikation der Untersuchungseinheiten wird meist zus¨ atzlich ein Zuordnungs- bzw. ID-Merkmal verwendet. Dies kann am einfachsten durch eine fortlaufende Nummerierung geschehen.
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1. Grundlagen
ID 1 2 .. . n
Merkmal 1 x11 x21 .. . xn1
Merkmal 2 x12 x22 .. . xn2
··· ··· ··· ···
Merkmal p x1p x2p .. . xnp
Abb. 1.3. Datenmatrix
Da es nicht m¨ oglich ist, mit Zeichenketten zu rechnen, m¨ ussen qualitative Merkmale f¨ ur die statistische Analyse mit einer Statistik-Software geeignet aufbereitet werden. Dazu werden den Merkmalsauspr¨agungen Zahlen zugeordnet, die dann die entsprechende Auspr¨agung repr¨asentieren. Diesen Vorgang bezeichnet man als Kodierung. Bei der Datenerhebung – speziell bei der Befragung – kann es vorkommen, dass bei den Befragten jeweils einzelne Merkmale nicht erhoben wurden. Dies kann entweder bei Antwortverweigerung durch den Befragten oder auch durch Interviewerfehler entstehen. Auch diese fehlenden Werte k¨ onnen, wie im Fall der Antwortverweigerung, Information u ¨ber die Entstehung des fehlenden Wertes beinhalten. Sie sind daher sowohl bei nominalen bzw. ordinalen wie auch bei metrisch skalierten Merkmalen geeignet zu kodieren. Dabei muss ein Wert verwendet werden, der ansonsten nicht auftreten kann, d. h., der nicht im Zustandsraum S liegt. Dies kann entweder durch das Leerlassen des Feldes in der Datenmatrix oder ein Zeichen bzw. eine Zahl geschehen, wobei f¨ ur die verschiedenen Ursachen f¨ ur fehlende Werte auch verschiedene Zeichen verwendet werden m¨ ussen. Beispiel 1.4.1. Wir wollen nun die ausgef¨ ullten Frageb¨ogen der Statistik I H¨ orer aus Beispiel 1.3.1 in den Dateneditor von SPSS eingeben. Dazu m¨ ussen wir zun¨ achst die Merkmalsauspr¨ agungen der einzelnen Fragen geeignet kodieren. Die Auspr¨ agungen ‘Deutsche Bahn’, ‘¨ offentlicher Nahverkehr’, ‘Pkw, Motorrad, Mofa’, ‘Fahrrad’ und ‘anderes’ des Merkmals ‘Verkehrsmittel’ werden mit den Zahlen 1 bis 5 kodiert. Damit fassen wir alle m¨oglichen anderen Verkehrsmittel unter einer Auspr¨ agung zusammen. Alternativ k¨onnte man bei der Dateneingabe jede unter ‘anderes’ genannte Auspr¨agung wie z. B. ‘Inline-Skates’ oder ‘zu Fuß’ als eigene Merkmalsauspr¨agung auffassen und ihr eine Kodierung zuweisen. F¨ ur das metrische Merkmal ‘Fahrzeit’ ist keine Kodierung notwendig, die Werte k¨ onnen direkt eingegeben werden. F¨ ur fehlende Werte m¨ ussen wir ebenfalls eine Kodierung festlegen. Dies kann entweder f¨ ur jedes Merkmal separat oder global f¨ ur alle Merkmale geschehen. Wir entscheiden uns f¨ ur letzteres und verwenden die Zahl ‘−1’ als Fehlendkodierung, die nicht im Zustandsraum S des jeweiligen Merkmals liegt. Die Kodierung der anderen Merkmale sei dem Leser u ¨berlassen (Aufgabe 1.10). Anmerkung. Im Fragebogen wird das Merkmal ‘Studienbeginn’ im Prinzip durch zwei Merkmale – ‘Jahr des Studienbeginns’ und ‘Sommer- oder Win-
1.4 Datenaufbereitung
15
Tabelle 1.2. Kodierliste Merkmal Verkehrsmittel
Fahrzeit
Merkmalsauspr¨ agung Deutsche Bahn offentlicher Nahverkehr ¨ Pkw, Motorrad, Mofa Fahrrad anderes fehlend 1, 2, . . . fehlend
Kodierung 1 2 3 4 5 −1 1, 2, . . . −1
tersemester’ erhoben. Deshalb werden auch bei der Dateneingabe diese beiden Variablen gebildet. Damit kann dann nach Sommer-/ Wintersemester unterschieden werden, falls diese Gruppenbildung von Interesse ist. Zum anderen kann nat¨ urlich die Information beider Variablen zusammen als ein Datum betrachtet werden, um z. B. die Studiendauer zu untersuchen. Ist die Kodierliste vollst¨ andig, so kann mit der eigentlichen Eingabe der Daten begonnen werden. Die resultierende Datenmatrix zeigt Abbildung 1.4. Der erste Student f¨ ahrt mit der Deutschen Bahn, wobei er 20 Minuten bis zur Universit¨ at ben¨ otigt. Sein K¨ orpergewicht betr¨agt 65 kg. Student Nr. 2 kommt mit dem Fahrrad zur Uni und ben¨ otigt f¨ ur den Weg 10 Minuten. Sein K¨ orpergewicht betr¨ agt 70 kg. Student Nr. 3 benutzt keines der vorgeschlagenen Verkehrsmittel. Da wir nicht die detaillierte Antwort erfasst haben, haben wir keinerlei Information, um welches Verkehrsmittel es sich handelt. Wir vergeben die Kodierung ‘5’ f¨ ur ‘anderes’.
ID 1 2 3 .. .
Verkehrsmittel 1 4 5 .. .
Fahrzeit 20 10 13 .. .
··· ··· ··· ···
Gewicht 65 70 85 .. .
Abb. 1.4. Ausschnitt aus der Datenmatrix zur Umfrage Statistik f¨ ur Wirtschafts” wissenschaftler“
Bevor wir mit der eigentlichen statistischen Auswertung der Daten beginnen, sollten wir zun¨ achst sicherstellen, dass die Daten m¨oglichst fehlerfrei sind, d. h., etwaige Fehler bei der Datenerhebung oder bei der Dateneingabe sollten korrigiert werden. Dies bezeichnet man als Datenvalidierung. Zur ¨ Datenvalidierung gibt es verschiedene Uberpr¨ ufungstechniken wie z. B.: • Kontrolle der vorkommenden Auspr¨ agungen je Variable • Betrachtung der H¨ aufigkeitsverteilungen der einzelnen Variablen (Kapitel 2)
16
1. Grundlagen
¨ • Uberpr¨ ufung der zweidimensionalen Merkmalsvektoren durch die Kreuzvalidierung (Kapitel 4). Beispiel 1.4.2. Nachdem wir die Daten aller Frageb¨ogen unserer Studentenbefragung eingegeben haben, wollen wir sicherstellen, dass uns kein Eingabefehler unterlaufen ist und dass kein Student Angaben gemacht hat, die auf Grund des angegebenen Wertes offensichtlich falsch sind. Dazu betrachten wir beispielsweise die H¨ aufigkeitsverteilung der Variablen ‘Verkehrsmittel’ im SPSS-Listing in Abbildung 1.5.
(Haupt-)Verkehrsmittel auf dem Weg zur Uni
Valid
Total
Frequency 0 1 Deutsche Bahn 15 öffentl. Nahverkehr 192 Pkw, Motorrad, Mofa 11 Fahrrad 24 anderes 10 Total 253 253
Percent .4 5.9 75.9 4.3 9.5 4.0 100.0 100.0
Valid Percent .4 5.9 75.9 4.3 9.5 4.0 100.0
Cumulative Percent .4 6.3 82.2 86.6 96.0 100.0
Abb. 1.5. H¨ aufigkeitsverteilung der Variablen ‘Verkehrsmittel’
Wir stellen fest, dass die Auspr¨ agung ‘0’ vorkommt, obwohl diese in unserer Kodierliste nicht definiert ist. Da es sich hier um einen Eingabefehler handelt, m¨ ussen wir den entsprechenden Fragebogen ermitteln und die Eingabe korrigieren. Das n¨ achste Listing in Abbildung 1.6 zeigt uns die angegebenen Fahrzeiten, falls der Student die Deutsche Bahn als Hauptverkehrsmittel genannt hat. Als Auspr¨ agung taucht die ‘1’ auf. Da eine Fahrzeit von einer Minute in Kombination mit dem Verkehrsmittel ‘Deutsche Bahn’ sehr unrealistisch ist, sollte anhand des Fragebogens zun¨ achst die Richtigkeit der Eingaben gepr¨ uft werden. Falls kein Eingabefehler vorliegt, sollte sowohl das Verkehrsmittel als auch die Fahrzeit als fehlend (= ‘−1’) kodiert werden, da in diesem Fall nicht klar ist, welcher Wert falsch ist. Im Zuge der Datenaufbereitung ist es teilweise notwendig, die erhobenen Variablen zu transformieren. Bei einer Transformation werden die Auspr¨ agungen eines Merkmals mit Hilfe einer Zuordnungsvorschrift auf neue Auspr¨ agungen des gleichen oder eines anderen Merkmals u ¨bertragen. Die bereits angesprochene Kodierung nominaler oder ordinaler Merkmale durch Zahlen kann damit als einfachste Transformation angesehen werden. Weitere Gr¨ unde f¨ ur Transformationen, die in unserem Fall meist der besseren Interpretierbarkeit oder Vergleichbarkeit dienen, sind unterschiedliche oder
1.4 Datenaufbereitung
17
Fahrzeit zur Uni in Minuten
Valid
Total
1 32 50 60 70 80 90 120 Total
Frequency 1 1 3 3 3 2 1 1 15 15
Percent 6.7 6.7 20.0 20.0 20.0 13.3 6.7 6.7 100.0 100.0
Valid Percent 6.7 6.7 20.0 20.0 20.0 13.3 6.7 6.7 100.0
Cumulative Percent 6.7 13.3 33.3 53.3 73.3 86.7 93.3 100.0
Abb. 1.6. H¨ aufigkeitsverteilung der ‘Fahrzeit’ bei ‘Verkehrsmittel = Deutsche Bahn’
ungeeignete Maßeinheiten. Die Art der zul¨ assigen Transformationen h¨angt vom jeweiligen Skalenniveau ab. Nominalskala. Es d¨ urfen alle eineindeutigen Transformationen der Merkmalsauspr¨ agungen angewandt werden. Ordinalskala. Zul¨ assige Transformationen sind solche, die die Ordnung erhalten. Intervallskala. Zul¨ assige Transformationen sind von der Form g(x) = a + bx,
b > 0.
(1.2)
Verh¨ altnisskala. Zul¨ assige Transformationen sind von der Form g(x) = bx,
b > 0.
(1.3)
Hier ist ein nat¨ urlicher Nullpunkt vorhanden, der nicht verschoben werden darf, daher ist a = 0. Die Transformation muss sicherstellen, dass die Verh¨ altnisse von Merkmalsauspr¨ agungen gleich bleiben. Beispiele. • Wir fassen die beiden Auspr¨ agungen ‘Deutsche Bahn’ und ‘¨offentlicher Nahverkehr’ des Merkmals ‘Verkehrsmittel’ zur Auspr¨agung ‘¨offentliches Verkehrsmittel’ zusammen. Damit haben wir das Merkmal Verkehrsmittel wie folgt transformiert: ‘Deutsche Bahn’ → ‘¨offentliches Verkehrsmittel’; ‘¨ offentlicher Nahverkehr’ → ‘¨ offentliches Verkehrsmittel’; ‘Pkw, Motorrad, Mofa’ → ‘Pkw, Motorrad, Mofa’; ‘Fahrrad’ → ‘Fahrrad’; ‘anderes’ → ‘anderes’. Ein Grund hierf¨ ur k¨ onnte beispielsweise sein, dass in einer fr¨ uheren Erhebung nur eine gr¨ obere Unterscheidung verwendet wurde und die Daten beider Erhebungen zusammen ausgewertet werden sollen.
18
1. Grundlagen
• Wir messen Schulnoten auf der Notenskala von ‘1’ bis ‘6’ mit Zwischenstufen ‘+’ und ‘−’. Eine zul¨ assige Transformation ist gegeben durch den ¨ Ubergang zur Punkteskala (15 bis 0) wie in der Kollegstufe an deutschen Gymnasien u ¨blich. • Die Temperatur in ◦ F ergibt sich aus der Temperatur in ◦ C gem¨aß Temperatur in ◦ F = 32 + 1.8 Temperatur in ◦ C g(x) = a + b x 25 ◦ C entsprechen damit (32 + 1.8 · 25) ◦ F = 77 ◦ F. • Die Umrechnung von Preisen in EUR zu US$ wird durch die Transformation Preis in US$ = a · Preis in EUR bestimmt, wobei a der aktuelle Wechselkurs ist.
1.5 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 1.1: Was ist bei folgenden Fragestellungen die Grundgesamtheit, was die Untersuchungseinheit? a) Mitarbeiterzufriedenheit in einem Unternehmen b) Notenverteilung bei der letzten Statistik I Klausur c) Medizinische Studie zum Vergleich zweier Medikamente gegen Bluthochdruck Aufgabe 1.2: Erkl¨ aren Sie den Unterschied zwischen Bestands- und Bewegungsmassen. Aufgabe 1.3: Handelt es sich bei folgenden Grundgesamtheiten um Bestandsoder Bewegungsmassen? a) b) c) d) e)
Anzahl der erzielten Tore in der 1. Fußball-Bundesliga in der Saison 03/04 Zuschauerzahl am 34. Spieltag in der Saison 03/04 Todesf¨ alle in Bayern im Jahr 2003 Mitarbeiter eines Unternehmens im Jahr 2004 Mitarbeiter eines Unternehmens am 31. 12. 2004
Aufgabe 1.4: Welche Unterscheidungen gibt es f¨ ur Merkmale, welche Skalenniveaus kennen Sie? Aufgabe 1.5: Geben Sie an, auf welchem Skalenniveau die folgenden Untersuchungsmerkmale gemessen werden: a) b) c) d)
Augenfarbe von Personen Produktionsdauer Alter von Personen Kalenderzeit ab Christi Geburt
1.5 Aufgaben und Kontrollfragen
e) f) g) h) i) j) k)
19
Preis einer Ware in EUR Matrikelnummer K¨ orpergr¨ oße in cm Platzierung in einem Sch¨ onheitswettbewerb Gewicht von Gegenst¨ anden in kg Schwierigkeitsgrad einer Klettertour Intensit¨ at von Luftstr¨ omungen
Aufgabe 1.6: Auf welcher Skala werden die Merkmale des Fragebogens in Beispiel 1.3.1 gemessen? Welcher Merkmalsart sind diese Merkmale zuzuordnen? Aufgabe 1.7: Erkl¨ aren Sie die verschiedenen Datenerhebungstechniken. Aufgabe 1.8: Was ist bei der Datenaufbereitung zu beachten? Aufgabe 1.9: Welche Art der Datenerhebung w¨ urden Sie bei den folgenden Fragestellungen verwenden? Welche Merkmale sollten erhoben werden? Geben Sie m¨ ogliche Merkmalsr¨ aume f¨ ur diese Merkmale an. a) Zufriedenheit der Mitarbeiter in einem Unternehmen b) Einfluss der Bew¨ asserung und der D¨ ungung auf den Ertrag verschiedener Getreidesorten c) Eignung neuer Spielger¨ ate f¨ ur Kleinkinder d) Arbeitsmarktsituation f¨ ur Akademiker e) Konjunktursituation bei Kleinbetrieben Aufgabe 1.10: F¨ uhren Sie eine geeignete Kodierung der Merkmale des Fragebogens in Beispiel 1.3.1 durch. Wie behandeln Sie fehlende Werte?
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
In Kapitel 1 haben wir neben der Definition der Merkmale die Grundlagen der Datenerhebung kennengelernt. In den folgenden Kapiteln behandeln wir statistische Techniken zur Charakterisierung und Verdichtung der erhobenen Daten. Es soll ein Merkmal X untersucht werden, z.B. Geschlecht oder K¨orpergr¨oßen von Personen. Dazu wird eine Stichprobe vom Umfang n gezogen und wir erhalten Daten f¨ ur jede Untersuchungseinheit, x1 , . . . , xn . Diese Daten enthalten zwar alle Information u ¨ber die Stichprobe, jedoch sind sie – insbesondere bei einer gr¨ oßeren Anzahl n von Beobachtungen – nicht sehr u ¨bersichtlich. Deshalb soll die in den Daten enthaltene Information durch Verdichtung m¨ oglichst kompakt dargestellt werden. Durch die dadurch ver¨ besserte Ubersicht fallen m¨ ogliche Strukturen in den Daten schneller auf. Dabei muss beachtet werden, dass die einzelnen Messniveaus von Merkmalen unterschiedliche M¨ oglichkeiten der Darstellung bieten.
2.1 Absolute und relative H¨ aufigkeiten 2.1.1 Qualitative Merkmale Bei qualitativen Merkmalen sind die Merkmalsauspr¨agungen Kategorien. Die Kategorien sind bei einem nominalskalierten Merkmal ungeordnet und bei einem ordinalskalierten Merkmal geordnet. Bei ordinalskalierten Merkmalen erlaubt die Ordnungsstruktur mehr Darstellungsm¨oglichkeiten als bei nominalskalierten Merkmalen. In der Regel ist die Anzahl k der beobachteten Merkmalsauspr¨agungen aj viel kleiner als die Anzahl n der Beobachtungen. Anstatt die n Beobachtungen x1 , . . . , xn anzugeben, gehen wir dazu u aufigkeiten nj der ¨ber, die H¨ einzelnen Merkmalsauspr¨ agungen a1 , . . . , ak festzuhalten. Die absolute H¨ aufigkeit nj ist die Anzahl der Untersuchungseinheiten, die die Merkmalsauspr¨ agung aj , j = 1, . . . , k besitzen. Die Summe der absoluten H¨ aufigkeiten aller Merkmalsauspr¨ agungen ergibt die Gesamtzahl n der k Beobachtungen: j=1 nj = n. Es gilt formal
22
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
nj =
n i=1
1{aj } (xi ),
j = 1, . . . , k,
(2.1)
mit der Indikatorfunktion1 1{aj } (xi ) =
1 0
falls xi = aj sonst.
Ob der Wert einer absoluten H¨ aufigkeit klein oder groß ist, h¨angt von dem Stichprobenumfang n ab. Sind 9 Personen von 12 Personen weiblich, so ist das viel; sind hingegen 9 Personen von 120 Personen weiblich, so ist dies wenig. Wir beziehen die absolute H¨ aufigkeit auf den Stichprobenumfang und erhalten die relativen H¨ aufigkeiten fj nj , j = 1, . . . , k. (2.2) n Sie geben den Anteil der Untersuchungseinheiten in der Erhebung an, die die Auspr¨ agung aj besitzen. Es gilt 0 ≤ fj ≤ 1 und fj = f (aj ) =
k j=1
fj =
k nj j=1
n
k
=
1 n nj = = 1. n j=1 n
Sollen zwei Erhebungen mit unterschiedlichem Stichprobenumfang bez¨ uglich eines Merkmals vergleichen werden, so sind nur die relativen H¨aufigkeiten zum Vergleich geeignet, da sie nicht mehr vom Stichprobenumfang abh¨ angen. Die tabellarische Zusammenfassung der Merkmalsauspr¨agungen aj , der H¨ aufigkeiten nj und der relativen H¨ aufigkeiten fj f¨ ur alle Merkmalsauspr¨agungen j = 1, . . . , k wird als H¨ aufigkeitstabelle bezeichnet. Die folgende Tabelle stellt den Aufbau einer H¨ aufigkeitstabelle exemplarisch dar. j 1 .. .
aj a1 .. .
nj n1 .. .
fj f1 .. .
k
ak
nk n
fk 1
Beispiel. Betrachten wir die Ergebnisse der Umfrage Statistik f¨ ur Wirt” schaftswissenschaftler“ aus Beispiel 1.3.1. Die absoluten H¨aufigkeiten nj des nominalen Merkmals ‘Verkehrsmittel’ aller 253 Frageb¨ogen sind in der folgenden Tabelle angegeben. 1
F¨ ur eine Menge A gilt: 1A (x) =1 wenn x ∈ A, 1A (x) = 0 wenn x ∈ A.
2.1 Absolute und relative H¨ aufigkeiten
j 1 2 3 4 5
Merkmalsauspr¨ agung aj Deutsche Bahn offentlicher Nahverkehr ¨ Pkw, Motorrad, Mofa, . . . Fahrrad anderes
23
Absolute H¨aufigkeit nj 15 193 11 24 10
Die relativen H¨ aufigkeiten errechnen wir als f1 = f2 = f3 = f4 = f5 =
n1 n n2 n n3 n n4 n n5 n
= = = = =
15 253 193 253 11 253 24 253 10 253
= 0.059 = 0.763 = 0.043 = 0.095 = 0.040
Beispiel 2.1.1. Zus¨ atzlich zu den Daten der Studentenbefragung liegen die Ergebnisse der Statistik I Klausuren der Vorjahre vor, wobei jedoch keine Zuordnung der Frageb¨ ogen zu den Klausurergebnissen m¨oglich ist. Betrachten wir das Ergebnis der Klausur des Jahres 1996, die von n = 282 Teilnehmern abgelegt wurde. Die m¨ oglichen Merkmalsauspr¨agungen aj sind durch die Noten ‘1’ bis ‘5’ gegeben, ein ordinales Merkmal. Wir erhalten damit folgende Tabelle der absoluten H¨ aufigkeiten nj : Auspr¨ agung aj absolute H¨ aufigkeit nj
1 21
2 70
3 87
4 67
5 37
Berechnen wir daraus die relativen H¨ aufigkeiten, so erhalten wir folgende Tabelle der relativen H¨ aufigkeiten f (aj ). Auspr¨ agung aj relative H¨ aufigkeit f (aj ) = fj
1 21 282 0.074
2 70 282 0.248
3 87 282 0.309
4 67 282 0.238
5 37 282 0.131
In Abbildung 2.1 ist der SPSS-Output zu diesen Beispieldaten angegeben. Die Spalte ‘Frequency’ entspricht den absoluten H¨aufigkeiten nj , die Spalte ‘Percent’ den relativen H¨ aufigkeiten fj (in %). 2.1.2 Quantitative Merkmale Die Merkmalsauspr¨ agungen quantitativer Merkmale sind Zahlen, mit denen man rechnen darf. Im Gegensatz zu qualitativen Merkmalen besteht deshalb bei quantitativen Merkmalen eine Vielzahl zus¨atzlicher M¨oglichkeiten der
24
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
NOTE
Valid
1 2 3 4 5 Total
Total
Frequency 21 70 87 67 37 282 282
Percent 7.4 24.8 30.9 23.8 13.1 100.0 100.0
Valid Percent 7.4 24.8 30.9 23.8 13.1 100.0
Cumulative Percent 7.4 32.3 63.1 86.9 100.0
Abb. 2.1. SPSS-Output zu den Daten in Beispiel 2.1.1
Auswertung. Ausgangspunkt ist bei allen quantitativen Merkmalen die Urliste x1 , x2 , . . . , xn . Auch bei metrischen Merkmalen bestimmen wir absolute H¨ aufigkeiten. Diskrete Merkmale Bei diskreten Merkmalen mit einer u ¨berschaubaren Menge an Auspr¨ agungen gehen wir bei der Bestimmung der H¨aufigkeitsverteilung genauso vor wie bei ordinalskalierten Merkmalen. Beispiel 2.1.2. Ein Beispiel f¨ ur ein diskretes Merkmal mit einer u ¨berschaubaren Menge an Auspr¨ agungen finden wir in der Befragung aus dem Beispiel 1.3.1. Der ‘Studienbeginn’ der Studierenden wurde dabei in Jahreszahlen gemessen und es gab nur 5 Auspr¨ agungen. j 1 2 3 4 5
aj 1991 1992 1993 1994 1995
nj 3 11 25 106 106 251
fj 0.012 0.044 0.1 0.422 0.422 1
Die Frage nach dem Beginn ihres Studiums wollten 2 Studierende nicht beantworten, so dass wir nur 251 Antworten erhielten und 2 fehlende Werte. Wenn die Auspr¨ agungen eines diskreten Merkmals un¨ ubersichtlich viele sind, so m¨ ussen wir eine andere Form der tabellarischen Darstellung der H¨ aufigkeiten durch Klassenbildung finden. Diese Merkmale werde auch als quasistetig bezeichnet, ein Beispiel daf¨ ur ist das Alter in Jahren, welches die Auspr¨ agungen 0, 1, . . . 100+ haben kann. Diese Merkmale werden genauso wie stetige Merkmale behandelt.
2.1 Absolute und relative H¨ aufigkeiten
25
Stetige Merkmale Bei stetigen Merkmalen sowie manchen diskreten Merkmalen (quasistetige Merkmale) ist die Anzahl k der beobachteten Merkmalsauspr¨agungen sehr groß oder sogar gleich der Anzahl der Beobachtungen n. Dann sind die relativen H¨ aufigkeiten fj in der Regel gleich n1 . Damit erhalten wir eine H¨ aufigkeitsverteilung, die nur geringe Aussagekraft hat, jede Auspr¨agung hat ungef¨ ahr dieselbe H¨ aufigkeit. In der Praxis behandeln wir also quantitative Merkmale als stetig, wenn sie sehr viele Merkmalsauspr¨agungen besitzen. Um eine interpretierbare und u ¨berschaubare Verteilung zu erhalten, fassen wir mehrere Merkmalsauspr¨ agungen zu einer Klasse zusammen. Die Breite der Klassen, und damit deren Anzahl, kann sich entweder an sachlogischen Gegebenheiten orientieren oder rein willk¨ √ urlich sein. Um eine brauchbare Veruhren teilung zu erhalten, sollten etwa k = n Klassen gebildet werden. Wir f¨ dazu folgende Bezeichnungen ein: k Anzahl der Klassen ej−1 untere Klassengrenze der j-ten Klasse ej obere Klassengrenze der j-ten Klasse Klassenbreite der j-ten Klasse dj = ej − ej−1 aj = 12 (ej + ej−1 ) Klassenmitte der j-ten Klasse nj Anzahl der Beobachtungen in der j-ten Klasse. Damit lassen sich dann absolute und relative H¨aufigkeiten je Klasse gem¨aß (2.1) und (2.2) berechnen, wobei wieder die Indikatorfunktion 1 wenn xi in die Klasse j f¨allt, 1[ej−1 ,ej ) (xi ) = 0 sonst verwendet wird. Also werden alle Datenwerte, die gr¨oßer gleich der Klassenuntergrenze ej−1 und kleiner als die Klassenobergrenze ej sind, in der Klasse j gez¨ ahlt. Die H¨ aufigkeitstabelle enth¨ alt dann die Anzahl der Klassen j, die Klassengrenzen ej−1 und ej , sowie manchmal auch die Klassenbreite, die absolute H¨ aufigkeit der Klassen nj und die relative H¨ aufigkeit der Klassen fj . Dieser Aufbau sei in der folgenden Tabelle nochmals dargestellt. j 1 .. .
[ej−1 , ej ) [e0 , e1 ) .. .
dj d1 .. .
nj n1 .. .
fj f1 .. .
k
[ek−1 , ek )
dk
nk n
fk 1
Beispiel 2.1.3. Wir betrachten wieder die Situation aus Beispiel 2.1.1, w¨ahlen als Merkmal jedoch nicht die ‘Klausurnote’, sondern die in der Klausur ‘erreichten Punkte’. Bei der Klausur konnten maximal 100 Punkte erreicht werden. Die Zuordnung der Noten zu den Punktzahlen wurde wie folgt festgelegt:
26
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
Punkte [ 0; [30 ; [40 ; [45 ; [50 ; [55 ; [59 ; [63 ; [69 ; [73 ; [77 ; [84 ; [88 ; [91 ; [96 ;
30) 40) 45) 50) 55) 59) 63) 69) 73) 77) 84) 88) 91) 96) 100]
Note ungerundet 5.3 5.0 4.7 4.3 4.0 3.7 3.3 3.0 2.7 2.3 2.0 1.7 1.3 1.0 0.7
Note gerundet 5
4
3
2
1
Die Einteilung der Klassen (z. B. [59; 63) = 59 bis unter 63 Punkte) wurde vom Pr¨ ufungsamt vorgeschrieben, d. h., es lagen sachlogische Gegebenheiten vor, die die Klasseneinteilung bestimmen. Wir haben k = 5 Klassen unterschiedlicher Breite bei den gerundeten Noten bzw. k = 15 Klassen unterschiedlicher Breite bei den ungerundeten Noten (vgl. obige Tabelle). Ordnen wir die Punktzahlen der 282 Einzelergebnisse den entsprechenden Klassen der gerundeten Noten zu, so erhalten wir: Note 5 4 3 2 1
Klasse j 1 2 3 4 5
ej−1 0 45 59 73 88
ej 45 59 73 88 100
dj 45 14 14 15 12
aj 22.5 52.0 66.0 80.5 94.0
nj 37 67 87 70 21
fj 0.131 0.238 0.309 0.248 0.074
Klassenbreite. F¨ ur die Wahl der Klassenbreite gibt es kaum feste Regeln. Am besten ist es, wenn es sachlogische Zusammenh¨ange gibt, die die Klassengrenzen definieren, vgl. 2.1.3. Gibt es diese Zusammenh¨ ange nicht, so muss man die Klassengrenzen willk¨ urlich setzen. Dies schafft Raum zur Manipulation der H¨aufigkeitsstruktur. Beispiel 2.1.4. Betrachten wir dazu das ‘Alter der Studenten’ aus der Umfrage 1.3.1. Das Alter hat die Auspr¨ agungen 19, 20, . . . , 43. W¨ahlen wir als Klassenbreite dj = 5, so erhalten wir folgende H¨aufigkeitstabelle.
2.1 Absolute und relative H¨ aufigkeiten
j 1 2 3 4 5
ej−1 19 24 29 34 39
ej 24 29 34 39 44
dj 5 5 5 5 5
nj 200 41 7 1 2 251
27
fj 0.797 0.163 0.028 0.004 0.008 1
Durch diese Klasseneinteilung sind die meisten Studierenden in der ersten Klasse [19, 24) und relativ wenig Studierende in den Gruppen mit den h¨ oheren Altersklassen. Alternativ kann man, da man weiß, dass Studenten eher unter 25 sind, wenn sie am Anfang ihres Studium stehen, f¨ ur den Bereich unter 25 Jahren eine feinere Einteilung w¨ ahlen als f¨ ur den Bereich u ¨ber 25. ej−1 ej dj nj fj j 1 19 21 2 54 0.215 2 21 23 2 122 0.486 3 23 25 2 39 0.155 4 25 30 5 29 0.116 30 44 14 7 0.028 5 251 1
Als dritte Alternative k¨ onnen zum Beispiel die Klassen so gebildet werden, dass die absoluten H¨ aufigkeiten ein halbwegs symmetrisches Bild ergeben. ej−1 ej dj nj fj j 1 19 21 2 54 0.215 21 22 1 76 0.303 2 3 22 24 2 70 0.279 4 24 44 20 51 0.203 251 1
Offene Klassen. Bisher sind wir davon ausgegangen, dass alle Klassengrenzen angegeben werden k¨ onnen. Im obigen Beispiel der Examensklausur konnten z. B. minimal 0 und maximal 100 Punkte erreicht werden. Es gibt jedoch auch Anwendungsbeispiele, bei denen dies nicht ohne weiteres m¨oglich ist. Betrachten wir z. B. das Merkmal ‘monatliches Einkommen’ einer Person, so ist zwar als untere Grenze Null fest gegeben, eine Beschr¨ankung nach oben ist jedoch nicht vorhanden. Hier wird bei der Klasseneinteilung typischerweise die oberste Klasse durch Angaben wie ‘mehr als 100 000 EUR’ bestimmt. F¨ ur die Berechnung der absoluten und der relativen H¨aufigkeiten stellt dies noch kein Problem dar. F¨ ur die in den n¨ achsten Abschnitten vorgestellten empirischen Verteilungsfunktionen und Histogramme werden jedoch auch die Klassengrenzen ej , die Klassenbreiten dj und insbesondere die Klassenmitotigt, die im Falle offener Klassen nicht mehr eindeutig definiert ten aj ben¨ sind.
28
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
2.2 Empirische Verteilungsfunktion L¨ aßt sich eine sinnvolle Ordnung der Merkmalsauspr¨agungen eines Merkmals angeben, so dient die empirische Verteilungsfunktion dazu, die H¨aufigkeitsverteilung des Merkmals beziehungsweise der Merkmalsauspr¨agungen zu beschreiben. Sie ist damit bei mindestens ordinalskalierten Merkmalen zul¨ assig und bei nominalskalierten nicht zul¨ assig. Sind nun die Beobachtungen x1 , . . . , xn des Merkmals X der Gr¨oße nach als x(1) ≤ x(2) ≤ . . . ≤ x(n) geordnet, so ist die empirische Verteilungsfunktion an der Stelle x ∈ R die kumulierte relative H¨ aufigkeit aller Merkmalsauspr¨agungen aj , die kleiner oder gleich x sind: F (x) = f (aj ) . (2.3) aj ≤x
Die empirische Verteilungsfunktion F (x) ist monoton wachsend, rechtsstetig, und es gilt stets 0 ≤ F (x) ≤ 1 sowie limx→−∞ F (x) = 0, limx→+∞ F (x) = 1. 2.2.1 Ordinale Merkmale und diskrete Merkmale Ist das Merkmal X ordinalskaliert oder diskret, so ist die empirische Verteilungsfunktion eine Treppenfunktion (vgl. Abbildungen 2.3 und 2.4). Die Werte der Verteilungsfunktion k¨ onnen als weitere Spalte in die H¨aufigkeitstabelle eingetragen werden. Beispiel 2.2.1. Betrachten wir wieder das Klausurbeispiel (Beispiel 2.1.1). Aus den relativen H¨ aufigkeiten der ‘Noten’ berechnen wir die empirische Verteilungsfunktion F (aj ): Note aj 1 2 3 4 5
nj 21 70 87 67 37
fj 0.074 0.248 0.309 0.238 0.131
F (aj ) 0.074 0.322 0.631 0.869 1.000
In Abbildung 2.2 sind die Ergebnisse dieser Berechnungen mit SPSS angegeben. Dabei entsprechen die Spalten ‘Frequency’ den absoluten H¨aufigkeiten aufigkeiten fj (in %) 2 , ‘Valid Percent’ den renj , ‘Percent’ den relativen H¨ lativen H¨ aufigkeiten fj (in %) 3 , ‘Cumulative Percent’ den Werten der empirischen Verteilungsfunktion F (aj ) (in %), sie werden aus den ‘Valid Percent’ bestimmt. 2
3
Diese Prozente ber¨ ucksichtigen noch fehlende Werte in den Daten, da hier aber keine Werte fehlen entspricht diese Spalte auch fj , gibt es fehlende Werte so weicht diese Spalte von fj ab. Hier w¨ urden die fehlenden Werte dann nicht ber¨ ucksichtigt werden.
2.2 Empirische Verteilungsfunktion
29
NOTE
Valid
Frequency 21 70 87 67 37 282 282
1 2 3 4 5 Total
Total
Valid Percent 7.4 24.8 30.9 23.8 13.1 100.0
Percent 7.4 24.8 30.9 23.8 13.1 100.0 100.0
Cumulative Percent 7.4 32.3 63.1 86.9 100.0
Abb. 2.2. Ergebnisse der Berechnungen zu Beispiel 2.2.1 mit SPSS •
1 •
0.869
0
1
•
0.323
•
0.074 0
•
0.631
•
0.323
•
0.869
•
0.631
•
1
•
0.074 0 2
3
4
5
Abb. 2.3. Empirische Verteilungsfunktion des ordinalskalierten Merkmals ‘Klausurnote’ bei der Statistik I Klausur (Noten als X-Achsen-Skala)
0
1
2
3
4
5
Abb. 2.4. Empirische Verteilungsfunktion des ordinalskalierten Merkmals ‘Klausurnote’ bei der Statistik I Klausur (Punktewerte als X-AchsenSkala)
Anmerkung. Bei der Darstellung der empirischen Verteilungsfunktion als Treppenfunktion ist zu beachten, dass f¨ ur die Anordnung der m¨oglichen Merkmalsauspr¨ agungen aj auf der X-Achse eine Ordnung der Merkmalsauspr¨ agungen gegeben sein muss. Zus¨atzlich m¨ ussen auch Abst¨ande zwischen den m¨ oglichen Merkmalsauspr¨agungen aj definiert werden k¨onnen. Im Beispiel der Schulnoten ist dies, wie in Abschnitt 1.2 beschrieben, nicht gegeben. Die Anordnung der Schulnoten auf der X-Achse ist damit bez¨ uglich ihrer Abst¨ ande willk¨ urlich. In den Abbildungen 2.3 und 2.4 wird die empirische Verteilungsfunktion des Merkmals ‘Klausurnote’ f¨ ur zwei unterschiedliche Skalierungen auf der X-Achse dargestellt. Abbildung 2.3 benutzt f¨ ur die Abst¨ ande auf der X-Achse die Notenwerte, Abbildung 2.4 benutzt f¨ ur die Abst¨ ande auf der X-Achse die den Notenwerten zugrundeliegenden Punktezahlen (vgl. Beispiel 2.1.3). Welche der beiden Unterteilungen gew¨ahlt wird, ist beliebig. Zum Vergleich zweier empirischer Verteilungsfunktionen – z. B. der Klausurergebnisse zweier Jahre – m¨ ussen nur jeweils die gleichen Einteilungen und Abst¨ande gew¨ahlt werden.
30
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
Neben den relativen H¨ aufigkeiten f (aj ) der Auspr¨agungen aj eines Merkmals X und der empirischen Verteilungsfunktion ist man oft an der relativen H¨aufigkeit von mehreren Auspr¨ agungen interessiert. So kann man z. B. nach dem Anteil der Studenten fragen, die in einer Klausur eine ‘2’ oder eine ‘3’ erhalten haben. Um die relative H¨ aufigkeit des Auftretens von Merkmalsauspr¨agungen in Intervallen (c, d] bzw. [c, d), [c, d] oder (c, d) bestimmen zu k¨onnen, f¨ uhren wir folgende Definition ein: H(c ≤ x ≤ d) = relative H¨ aufigkeit der Beobachtungen x mit c ≤ x ≤ d. Unter Verwendung der empirischen Verteilungsfunktion aus (2.3) k¨onnen wir somit f¨ ur diskrete Merkmale folgende Regeln f¨ ur relative H¨aufigkeiten ableiten. H(x ≤ aj ) = F (aj )
H(x < aj ) = H(x ≤ aj ) − f (aj ) = F (aj ) − f (aj ) H(x > aj ) = 1 − H(x ≤ aj ) = 1 − F (aj ) H(x ≥ aj ) = 1 − H(X < aj ) = 1 − F (aj ) + f (aj )
H(aj1 ≤ x ≤ aj2 ) = F (aj2 ) − F (aj1 ) + f (aj1 ) H(aj1 < x ≤ aj2 ) = F (aj2 ) − F (aj1 )
H(aj1 < x < aj2 ) = F (aj2 ) − F (aj1 ) − f (aj2 ) H(aj1 ≤ x < aj2 ) = F (aj2 ) − F (aj1 ) − f (aj2 ) + f (aj1 ) Beispiel. Betrachten wir das Merkmal ‘Klausurnote’ aus Beispiel 2.1.1. Hier sind z. B. F (2) = 0.322 F (3) = 0.631 F (4) = 0.869 f (3) = 0.309 und damit H(3 ≤ x ≤ 4) = F (4) − F (3) + f (3) = 0.869 − 0.631 + 0.309 = 0.547 oder alternativ H(2 < x ≤ 4) = F (4) − F (2) = 0.869 − 0.322 = 0.547 . Die relative H¨ aufigkeit der Klausurteilnehmer, die mindestens mit der Note ‘4’, aber nicht besser als mit der Note ‘3’ abgeschnitten haben, betr¨agt 0.547. Dies entspricht der relativen H¨ aufigkeit der Klausurteilnehmer, die mindestens mit der Note ‘4’, aber schlechter als mit der Note ‘2’ abgeschnitten haben.
2.2 Empirische Verteilungsfunktion
31
2.2.2 Stetige Merkmale Bei einem stetigen Merkmal oder bei einem diskreten Merkmal mit vielen Auspr¨ agungen kann die empirische Verteilung aus den Orginalwerten mit Hilfe von (2.3) berechnet werden. Liegen aber klassierte Daten vor, so wird innerhalb der Klassen eine Gleichverteilung der Merkmalsauspr¨agungen unterstellt. Dies bedeutet, dass angenommen wird, dass sich die Beobachtungen gleichm¨ aßig u ¨ber den Bereich der jeweiligen Klasse erstrecken. Die empirische Verteilungsfunktion ist damit im Bereich einer Klasse eine Gerade, die die Punkte ej−1 , F (ej−1 ) und ej , F (ej ) verbindet. Wir erhalten damit f¨ ur dieempirische einen Polygonzug durch die Punkte Verteilungsfunktion (0, 0), e1 , F (e1 ) , e2 , F (e2 ) . . ., (ek , 1) (vgl. Abbildung 2.6 auf Seite 33). Die empirische Verteilungsfunktion l¨ asst sich dabei sukzessiv berechnen durch ⎧ 0, x < e0 ⎪ ⎨ fj (2.4) F (x) = F (ej−1 ) + (x − ej−1 ) , x ∈ [ej−1 , ej ) dj ⎪ ⎩ 1, x ≥ ek mit F (e0 ) = 0. Die Intuition der Formel (2.4) soll mit Hilfe der Abbildung 2.5 gezeigt werden. 6
F (x) F (ej−1 )
6 fj ? d j
-
ej−1 x ej Abb. 2.5. Schematische Darstellung der empirischen Verteilungsfunktion
Um die Verteilungsfunktion bei klassierten Daten an der Stelle x auszuwerten, muss der Verteilungsfunktionswert an der zugeh¨origen Untergrenze F (ej−1 ) betrachtet werden. Zu diesem Wert muss aber noch die kumulierte relative H¨ aufigkeit bis x addiert werden. Diese erh¨alt man indem man die f Steigung in der Klasse, gegeben durch djj , mit dem Abstand von x zu der Untergrenze ej−1 multipliziert. Stehen noch die Originalwerte eines stetigen Merkmals zur Verf¨ ugung, so ist die empirische Verteilungsfunktion ein Polygonzug durch die Punkte, die
32
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
durch die der Gr¨ oße nach geordneten Merkmalsauspr¨agungen und die zugeh¨ origen Werte der empirischen Verteilungsfunktion aj , F (aj ) gegeben sind. Besitzen alle Beobachtungen verschiedene Merkmalsauspr¨agungen, so geht die empirische Verteilungsfunktion durch die Punkte (x(i) , ni ). Dabei bezeichnet x(1) ≤ x(2) ≤ . . . ≤ x(n) die der Gr¨oße nach geordnete Merkmalsreihe. Beispiel 2.2.2. Wir analysieren die Altersverteilung von 844 im Rahmen einer zahnmedizinischen Studie untersuchten Kindergartenkindern. Betrachten wir das Alter als stetiges klassiertes Merkmal, so erhalten wir mit den Werten in Tabelle 2.1 die Darstellung als Polygonzug wie in Abbildung 2.6. Tabelle 2.1. Werte der empirischen Verteilungsfunktion des Merkmals Alter aus Beispiel 2.2.2 (vgl. Polygonzug in Abbildung 2.6) Alter [0; 2] (2; 3] (3; 4] (4; 5] (5; 6] (6; 7]
j 1 2 3 4 5 6
ej−1 0 2 3 4 5 6
ej 2 3 4 5 6 7
nj 0 14 174 281 317 58
fj 0.000 0.017 0.206 0.333 0.375 0.069
F (ej ) 0.000 0.017 0.223 0.556 0.931 1.000
Stehen zus¨ atzlich zu den klassierten Daten auch noch die Orginalwerte xi zur Verf¨ ugung, so l¨ asst sich die empirische Verteilungsfunktion wie in Abbildung 2.7 darstellen. Hierzu wird zu jeder beobachteten Merkmalsauspr¨agung xi der Wert F (xi ) berechnet und diese Punktepaare werden durch einen Polygonzug verbunden. Anmerkung. Betrachten wir die Abbildungen 2.6 und 2.7, so stellen wir fest, dass die oben angesprochene Annahme der Gleichverteilung innerhalb der Klassen f¨ ur die Klasse [2; 3) wohl nicht erf¨ ullt ist. In der Klasse ‘2 bis unter 3 Jahre’ sind vornehmlich fast dreij¨ ahrige Kinder enthalten. F¨ ur stetige Merkmale gilt f¨ ur beliebige Werte c und d, dass man die Anteile wie folgt berechnet: H(x < d) = H(x ≤ d) = F (d) H(x > c) = 1 − H(x ≤ c) = 1 − F (c)
H(c ≤ x ≤ d) = F (d) − F (c).
Ein stetiges Merkmal nimmt theoretisch alle Werte aus einem Intervall an und es gibt demnach unendliche viele Auspr¨ agungen in diesem Intervall. Somit ist die relative H¨ aufigkeit f¨ ur einen Punkt in diesem Intervall de facto Null. Bei klassierten Merkmalen sieht man das, da die empirische Verteilungsfunktion wegen der angenommenen Gleichverteilung innerhalb der Klassen ein
2.2 Empirische Verteilungsfunktion
33
1 0.931
0.556
0.223 0.017 0
1
2
3
4
5
6
7
Abb. 2.6. Empirische Verteilungsfunktion des Merkmals ‘Lebensalter’ als stetiges klassiertes Merkmal
1
0.5
0 0
1
2
3
4
5
6
Abb. 2.7. Empirische Verteilungsfunktion des Merkmals ‘Lebensalter’ aus den Originalwerten xi
Polygonzug“ ist, der keine Sprungstellen besitzt. F¨ ur die Berechnung der ” Verteilungsfunktionswerte F (x) aus klassierten Daten muss man (2.4) nutzen. Beispiel 2.2.3. Betrachten wir das klassierte Merkmal ‘Kaltmiete’ aus der Studentenbefragung (vgl. Beispiel 1.3.1) mit den Klassen [0; 100), [100; 200), [200; 300), [300; 400), [400; 500]. Die Werte der empirischen Verteilungsfunktion an den Klassengrenzen sind in Tabelle 2.2 angegeben. Mit (2.4) erhalten wir hier z. B.
34
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
Tabelle 2.2. Empirische Verteilungsfunktion des klassierten Merkmals ‘Kaltmiete’ Intervall [ej−1 ; ej ) [0; 100) [100; 200) [200; 300) [300; 400) [400; 500)
f ([ej−1 ; ej )) 0.103 0.213 0.075 0.490 0.119
F (ej ) 0.103 0.316 0.391 0.881 1.0
0.075 (225 − 200) 300 − 200 = 0.316 + 0.019 = 0.335 0.490 F (325) = 0.391 + 0.075 + (325 − 300) 400 − 300 = 0.391 + 0.123 = 0.514 F (225) = 0.316 +
und damit f¨ ur H(225 ≤ x ≤ 325) = F (325)−F (225) = 0.514−0.335 = 0.179. Das heißt, 17.9 % der Studenten zahlen eine Kaltmiete zwischen 225 und 325 EUR.
2.3 Grafische Darstellung Die H¨ aufigkeitstabelle stellt eine erste M¨ oglichkeit zur Veranschaulichung der Daten dar. Meist wird jedoch eine grafische Darstellungsform verwendet, da diese leichter verst¨ andlich ist und die Information ‘auf einen Blick’ liefert. Es sollte dabei jedoch stets im Auge behalten werden, dass Grafiken auch leicht fehlinterpretiert werden k¨ onnen, insbesondere wenn nicht die gesamte in der Grafik enthaltene Information (wie z. B. die Achsenskalierung) ber¨ ucksichtigt wird. Im vorherigen Abschnitt haben wir bereits die grafische Darstellung der empirischen Verteilungsfunktion kennengelernt, einmal als Treppenfunktion und einmal als Polygonzug. In den folgenden Abschnitten werden die wichtigsten grafischen Darstellungsformen der H¨aufigkeitsstruktur von Daten vorgestellt. 2.3.1 Stab- oder Balkendiagramme Die einfachste grafische Darstellungsm¨ oglichkeit ist das Stab- oder Balkendiagramm. Dieser Diagrammtyp l¨ asst sich sinnvoll nur f¨ ur diskrete Merkmale mit wenigen Auspr¨ agungen verwenden. Bei diskreten Daten kann man die Ordnung und die Abst¨ ande auf der X-Achse vern¨ unftig interpretieren (vgl. Abbildung 2.11). Allerdings wird das Diagramm auch h¨ aufig f¨ ur qualitative Daten genutzt. Bei nominalen Daten ist zu beachten, dass die Anordnung der Merkmalsauspr¨ agungen auf der X-Achse willk¨ urlich ist, da nominale Daten nicht der
2.3 Grafische Darstellung
35
Gr¨ oße nach zu ordnen sind (vgl. Abbildung 2.8). Um das Problem zu umgehen, werden die Merkmalsauspr¨ agungen nach ihrer H¨aufigkeit geordnet, beginnend mit dem h¨ aufigsten Wert bis zum seltensten Wert. Dieser Diagrammtyp wird als Paretodiagramm bezeichnet (vgl. Abbildung 2.9). Bei ordinalskalierten Daten hat man zwar eine Ordnung der Daten aber man kann die Abst¨ ande nicht interpretieren. Also werden die Abst¨ande gleichbreit gew¨ ahlt (vgl. Abbildung 2.10). Jeder Merkmalsauspr¨ agung wird ein Strich oder Balken zugeordnet, dessen L¨ ange der absoluten (vgl. Abbildung 2.10) oder relativen H¨aufigkeit entspricht (vgl. Abbildung 2.8). Beispiel. Als nominales Merkmal aus der Umfrage Statistik f¨ ur Wirtschafts” wissenschaftler“ (Beispiel 1.3.1), bietet sich das Merkmal ‘Verkehrsmittel’ an. Betrachten wir zuerst das Balkendiagramm mit den relativen H¨aufigkeiten so erhalten wir Abbildung 2.8.
100
80
60
40
Prozent
20
0 Deutsche Bahn
Pkw, Motorrad, Mofa
ffentl. Nahverkehr
anderes Fahrrad
(Haupt-) Verkehrsmittel auf dem Weg zur Uni
Abb. 2.8. Balkendiagramm des Merkmals ‘Verkehrsmittel’
In Abbildung 2.9 wird das Merkmal als Paretodiagramm mit den absoluten H¨ aufigkeiten dargestellt. Betrachten wir das Merkmal ‘Vorkenntnisse in Mathematik’. Wenn wir davon ausgehen, dass die m¨ oglichen Merkmalsauspr¨agungen ‘keine Vorkenntnisse’, ‘Grundkurs Mathematik’, ‘Leistungskurs Mathematik’, ‘Vorlesung Mathematik’ in dem Sinne geordnet sind, dass ‘Grundkurs Mathematik’ geringere Vorkenntnisse als ‘Leistungskurs Mathematik’ und ‘Leistungskurs Mathematik’ geringere Vorkenntnisse als ‘Vorlesung Mathematik’ bedeutet, so k¨ onnen wir das Merkmal ‘Vorkenntnisse in Mathematik’ als ordinales Merkmal auffassen. Die Anordnung der Balken in Abbildung 2.10 ist hier also nicht beliebig, allerdings lassen sich die Abst¨ande nicht interpretieren.
36
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
100
200
Prozent
300
75
193
Absolute Werte
50 100
25
24
0 ffentl. Nahverkehr
15
0
Deutsche Bahn Fahrrad
anderes
Pkw, Motorrad, Mofa
(Haupt-) Verkehrsmittel auf dem Weg zur Uni
Count
Abb. 2.9. Paretodiagramm des Merkmals ‘Verkehrsmittel’ 140 120 100 80 60 40 20 0 kein Vorwissen
LK Mathematik
Grundkurs Mathematik Vorlesung Mathematik
Abb. 2.10. Balkendiagramm des Merkmals ‘Vorkenntnisse in Mathematik’
Als Beispiel f¨ ur ein diskretes Merkmal w¨ ahlen wir ‘Studienbeginn’ und erhalten das Diagramm in Abbildung 2.11. Hier lassen sich die Abst¨ ande auf der X-Achse interpretieren.
2.3 Grafische Darstellung
37
50
40
30
20
Prozent
10
0 1991
1992
1993
1994
1995
Studienbeginn im Jahr
Abb. 2.11. Balkendiagramm des Merkmals ‘Studienbeginn’
2.3.2 Kreisdiagramme Kreisdiagramme eignen sich zur Darstellung von H¨aufigkeiten qualitativer, diskreter oder klassierter Merkmale. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Kreisdiagramm keine Ordnug in den Daten darstellen kann und deshalb besonders geeignet ist f¨ ur nominalskalierte Merkmale. F¨ ur mindestens ordinalskalierte wird die Ordnung der Daten nicht dargestellt, so dass andere Diagramme zu bevorzugen sind. Die Aufteilung des Kreises in die einzelnen Sektoren, die die Merkmalsauspr¨ agungen repr¨ asentieren, ist dabei proportional zu den absoluten bzw. relativen H¨ aufigkeiten. Die Gr¨ oße eines Kreissektors, also sein Winkel, kann aß Winkel = fj · 360◦ bestimmt damit aus der relativen H¨ aufigkeit fj gem¨ werden. Beispiel. In Abbildung 2.12 ist ein Kreisdiagramm des nominalen Merkmals ‘Verkehrsmittel’ der Umfrage Statistik f¨ ur Wirtschaftswissenschaftler“ dar” gestellt. Etwa 3/4 der befragten Studenten benutzen den ¨offentlichen Nahverkehr, das Fahrrad ist das zweith¨ aufigste Verkehrsmittel, die restlichen Verkehrsmittel werden in etwa gleich h¨ aufig verwendet.
38
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
Abb. 2.12. Kreisdiagramm des Merkmals ‘Verkehrsmittel’
2.3.3 Stamm-und-Blatt-Diagramme Das Stamm-und-Blatt-Diagramm (stem-and-leaf plot) stellt die einfachste M¨ oglichkeit dar, metrische Daten zu veranschaulichen. Merkmalsauspr¨agungen eines metrischen Merkmals werden dabei der Gr¨oße nach geordnet und in einen Stamm- und einen Blattanteil zerlegt. Gleiche Merkmalsauspr¨agungen werden nicht durch ihre H¨ aufigkeit sondern direkt wiedergegeben. Damit ist es m¨ oglich, auch die Verteilung innerhalb von Klassen zu betrachten. Abbildung 2.13 zeigt ein derartiges Stamm-und-Blatt-Diagramm. Eine detaillierte Beschreibung kann etwa in Tukey (1977) und Polasek (1994) gefunden werden. F¨ ur die Erstellung eines Stamm-und-Blatt-Diagramms gehen wir in folgenden Schritten vor: 1. Wir sortieren die Daten nach dem Wert der Merkmalsauspr¨agungen und erhalten die geordneten Daten x(1) , . . . , x(n) mit dem kleinsten beobachteten Wert x(1) und dem gr¨ oßten beobachteten Wert x(n) . Damit steht der Wertebereich der Merkmalsauspr¨ agungen, gegeben durch x(1) und x(n) , fest. X(i) heißt auch i–te Ordnungsstatistik. 2. Wir unterteilen den Wertebereich in Intervalle gleicher Breite, wobei wir die Breite jeweils als das 0.5–, 1–, oder 2–fache einer Zehnerpotenz w¨ahlen. 3. Die beobachteten Merkmalsauspr¨ agungen werden in einen Stamm- und einen Blattanteil zerlegt. 4. Die so gefundenen Werte sowie die zugeh¨ origen H¨aufigkeiten werden aufgetragen. Beispiel 2.3.1. Die Erstellung eines Stamm-und-Blatt-Diagramms wollen wir nun an einem Beispiel demonstrieren. Wir betrachten das Merkmal ‘monat-
2.3 Grafische Darstellung
39
liche Kaltmiete’ der Umfrage Statistik f¨ ur Wirtschaftswissenschaftler“ (Bei” spiel 1.3.1). Die 157 beobachteten Merkmalsauspr¨agungen nehmen Werte im Bereich von 130 bis 445 an. Die der Gr¨ oße nach geordneten Werte (mit dem Faktor 2 multipliziert) und ihre H¨ aufigkeiten sind xi 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370 380
Anzahl 1 3 2 1 4 3 7 5 3 5 5 5 4
xi 390 400 410 420 430 440 470 490 540 560 570 580 620
Anzahl 6 4 1 2 4 1 1 1 1 1 1 2 1
xi 630 640 650 660 670 680 690 700 710 720 730 740 750
Anzahl 2 2 4 2 4 4 6 4 1 1 8 1 1
xi 760 770 780 790 800 810 820 830 840 850 860 870 890
Anzahl 9 1 6 7 1 6 2 1 4 1 3 1 1
Wir unterteilen den Wertebereich in die gleichbreiten Intervalle [250; 300), [300; 350), . . ., [850; 900). Damit erhalten wir den Stamm der Breite 50: 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8
. . . . . . . . . . . . .
f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur f¨ ur
das das das das das das das das das das das das das
Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall Intervall
[250; 300) [300; 350) [350; 400) [400; 450) [450; 500) [500; 550) [550; 600) [600; 650) [650; 700) [700; 750) [750; 800) [800; 850) [850; 900)
Gleiche Auspr¨ agungen werden mehrfach eingetragen. Links neben dem Stamm wird schließlich noch die Anzahl der Werte jeder Zeile des Diagramms angegeben. Um aus dem Diagramm die Ursprungswerte ablesen zu k¨onnen, muss noch die Einheit angegeben werden (hier 2 f¨ ur die Multiplikation der Werte des Stamms mit 102 , im SPSS-Chart 2.13 ist dies die Angabe ‘Stem width: 100’). Die beobachteten Werte werden dann als Bl¨atter eingetragen, wobei jeweils ein Wert direkt angegeben wird. So wird z. B. die Auspr¨agung ‘260’ durch eine ‘6’ hinter der zweiten ‘2’ des Stamms wiedergeben (2 . 6). Mit obigen Beispieldaten erhalten wir dann das vollst¨andige Stamm-undBlatt-Diagramm wie in Abbildung 2.13. Anmerkung. Bei der Erstellung eines Stamm-und-Blatt-Diagramms mit SPSS werden gegebenenfalls mehrere Beobachtungen zu einem Wert zusammen-
40
2. H¨ aufigkeitsverteilungen monatliche Kaltmiete Stem-and-Leaf Plot Frequency 7.00 22.00 25.00 12.00 2.00 1.00 4.00 5.00 20.00 15.00 24.00 14.00 6.00
Stem & 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8
Stem width: Each leaf:
. . . . . . . . . . . . .
Leaf 6777889 0000111222222233333444 5555566666777778888999999 000012233334 79 4 6788 23344 55556677778888999999 000012333333334 566666666678888889999999 01111112234444 566679
100 1 case(s)
Abb. 2.13. Stamm-und-Blatt-Diagramm des Merkmals ‘monatliche Kaltmiete’
gefasst. Dies wird in der Legende des Diagramms angegeben. Im SPSSDiagramm in Abbildung 2.14 geschieht dies durch ‘Each leaf: 2 case(s)’. Entstehen dadurch unvollst¨ andige Bl¨ atter, d. h. Bl¨atter, die nur aus einer Beobachtung bestehen, bzw. Bl¨ atter, die verschiedene Auspr¨agungen repr¨asentieren, so werden sie durch ein eigenes Zeichen dargestellt und dies wird in der Legende angegeben (‘& denotes fractional leaves.’). Zus¨atzlich ist noch anzumerken, dass bei der SPSS-Ausgabe sogenannte ‘extreme Werte’, d. h., sehr kleine oder sehr große Werte gesondert ausgegeben werden (vgl. hierzu die Definition von Box-Plots in Abschnitt 3.4).
2.3.4 Histogramme Liegt ein metrisches, stetiges Merkmal vor, so kann die H¨aufigkeitsverteilung nicht von vornherein durch ein Balkendiagramm dargestellt werden, da hier im allgemeinen sehr viele Balken entstehen w¨ urden, die fast alle die H¨ohe 1/n h¨ atten. Um eine sinnvolle H¨ aufigkeitsverteilung zu erhalten, muss das Merkmal zun¨ achst, wie in Abschnitt 2.1 beschrieben, klassiert werden. Die hieraus resultierende H¨ aufigkeitsverteilung kann dann in einem Histogramm grafisch veranschaulicht werden (vgl. Abbildung 2.16). Die Histogrammfl¨achen sind proportional zu den relativen H¨ aufigkeiten fj , die H¨ohe hj des Rechtecks u ¨ber der j-ten Klasse berechnet sich somit gem¨aß hj =
fj , dj
2.3 Grafische Darstellung
41
K¨ orpergr¨ oße in cm Stem-and-Leaf Plot Frequency
Stem &
2.00 Extremes .00 15 . 4.00 15 . 14.00 16 . 24.00 16 . 41.00 17 . 50.00 17 . 55.00 18 . 40.00 18 . 7.00 19 . 2.00 19 .
Leaf (=<152) && 00224& 5556778999 0000001122233334444 55555556666678888888999 000000000000011222233334444 5555555555666777889 02& &
Stem width: 10 Each leaf: 2 case(s) & denotes fractional leaves. Abb. 2.14. Stamm-und-Blatt-Diagramm des Merkmals ‘K¨ orpergr¨ oße in cm’
mit der Klassenbreite dj = ej − ej−1 . Die Abbildung 2.15 verdeutlicht diesen Sachverhalt grafisch. 6 hj fj
- x ej−1 ej Abb. 2.15. Der Zusammenhang zwischen relativer H¨ aufigkeit und der H¨ ohe Sind alle Klassenbreiten gleich eins, so ist die H¨ohe die relative H¨aufigkeit; das Histogramm ist dann a ¨quivalent zum Balkendiagramm. Beispiel 2.3.2. Betrachten wir nun ein Beispiel f¨ ur die Erstellung eines Histogramms. Wir erstellen das Histogramm des Merkmals ‘K¨orpergr¨oße’ der Umfrage Statistik f¨ ur Wirtschaftswissenschaftler“ (Beispiel 1.3.1). Die ‘K¨orper” gr¨ oße’ ist ein stetiges Merkmal, welches in ‘cm’ gemessen wurde, n = 239 Studenten gaben ihre Gr¨ oße an. Zuerst wird das Merkmal gruppiert, als Klassenbreite wird dj = 5 willk¨ urlich gew¨ ahlt. Wir erhalten folgende H¨ aufigkeitstabelle.
42
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
[ej−1 , ej ) [150, 155) [155, 160) [160, 165) [165, 170) [170, 175) [175, 180) [180, 185) [185, 190) [190, 195) [195, 200)
j 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
dj 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
nj 2 4 14 24 41 50 55 40 7 2 239
fj 0.008 0.017 0.059 0.1 0.172 0.209 0.23 0.167 0.029 0.008 1
hj 0.0016 0.0034 0.0118 0.02 0.0344 0.0418 0.046 0.0334 0.0058 0.0016
Werden die H¨ ohen in den Klassen hj gegen die Klassen abgetragen erhalten wir das Histogramm in Abbildung 2.16.
0.00
0.01
0.02
Density
0.03
0.04
Histogram of groesse
150
160
170
180
190
200
groesse
Abb. 2.16. Histogramm des Merkmals ‘K¨ orpergr¨ oße’
2.3 Grafische Darstellung
43
Beispiel 2.3.3. Wir wollen die Problematik der Klassenbreiten hier noch einmal kurz aufgreifen. Dazu betrachten wir die Histogramme zu den unterschiedlichen H¨ aufigkeitstabellen aus Beispiel 2.1.4. Das Histogramm mit der ¨ Klassenbreite 5 ist in Abbildung 2.17 mit der Uberschrift ‘Alternative 1’ versehen.
0.10 0.00
0.05
Density
0.15
Alternative 1
20
25
30
35
40
45
35
40
45
35
40
45
alter
0.15 0.10 0.00
0.05
Density
0.20
0.25
Alternative 2
20
25
30 alter
0.20 0.00
0.10
Density
0.30
Alternative 3
20
25
30 alter
Abb. 2.17. Histogramme des Merkmals ‘Alter’
Man sieht, dass rund 80% der Studierenden im Alter zwischen 19 und 24 sind. Deshalb bietet sich eine feinere Einteilung des Alters zwischen 19 und 24 an. Wir w¨ ahlen als Klasseneinteilung [19, 21), [21, 23), [23, 25), [25, 30), [30, 44) und erhalten ‘Alternative 2’ in Abbildung 2.17. Die dritte Alternative war, die Klassen so zu bilden, dass die H¨aufigkeiten eine symmetrische Struktur haben, dass Histogramm dazu ist in Abbildung 2.17 ‘Alternative 3’. Aufgrund der unterschiedlichen Klassenbreiten ergibt
44
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
sich aber ein schiefes Bild bei dem Histogramm, obwohl die H¨aufigkeiten halbwegs symmetrisch waren. Anmerkung. Bei Verwendung von SPSS zur Histogrammdarstellung kann die Festlegung der Klassengrenzen variiert werden. Damit ist eine interaktive explorative Analyse der Verteilung eines Merkmals m¨oglich. SPSS-Histogramme lassen jedoch nur gleich breite Klassen zu. Damit sind die Rechtecksh¨ohen hj stets proportional zu den relativen und absoluten H¨aufigkeiten. Ist die Klassenbreite gleich 1, so ist die Rechtecksh¨ ohe gleich der relativen H¨aufigkeit. SPSS-Histogramme tragen als Voreinstellung im Gegensatz zu der oben gegebenen Definition an der y-Achse die absoluten H¨aufigkeiten der Klassen ein. Dies kann durch Ver¨ anderung der Auswertfunktion in ‘Prozente’ ge¨andert werden. Da die relativen und die absoluten H¨ aufigkeiten aber zueinander proportional sind, bleibt die Gestalt des Histogramms jedoch unber¨ uhrt. 2.3.5 Kerndichtesch¨ atzer Kerndichtesch¨ atzer stellen gewissermaßen eine Verallgemeinerung des Konzepts von Histogrammen dar. Bei Histogrammen sind die Klassenbreiten und besonders die Klassengrenzen entscheidend f¨ ur die Form des Histogramms. Ein weiterer Nachteil des Histogramms besteht darin, dass eine stetige Funktion als Treppenfunktion dargestellt wird. Rosenblatt (1956) behandelt eine Methode, die anstelle fester Klasseneinteilungen variable Klasseneinteilungen verwendet, um diesen Problemen zu begegnen. Seine ‘gleitenden Histogramme’ sind durch die relativen H¨ aufigkeiten fn (x) an der Stelle x, fn (x) =
Fn (x + hn ) − Fn (x − hn ) , 2hn
hn > 0
definiert. Die Gr¨oße hn bezeichnet die sogenannte Bandbreite, die die Klassenbreite ersetzt. Eine Verallgemeinerung der gleitenden Histogramme sind die sogenannten Kerndichtesch¨ atzer, deren allgemeine Definition durch
n x − xi 1 fˆn (x) = K , h > 0, (2.5) nh i=1 h mit dem Kern K und der Bandbreite h gegeben ist. Beispiele f¨ ur K sind die folgenden Funktionen (vgl. Abbildung 2.18): 1 falls −1 ≤ x ≤ 1 (Rechteckskern) K(x) = 2 0 sonst 1 − |x| f¨ ur |x| < 1 (Dreieckskern) K(x) = 0 sonst 3 (1 − x2 ) f¨ ur |x| < 1 (Epanechnikow-Kern) K(x) = 4 0 sonst
2.4 Aufgaben und Kontrollfragen
1
1
1
0.5
0.5
0.5
0
0 -1
0
1
45
0 -1
0
1
-1
0
1
Abb. 2.18. Rechteckskern, Dreieckskern und Epanechnikow-Kern
F¨ ur alle Funktionen K(x), die als Kern Verwendung finden k¨onnen, muss gelten, dass • sie symmetrisch um Null sind, K(−x) = K(x), • sie stets Werte gr¨ oßer oder gleich Null annehmen, K(x) ≥ 0, • die Fl¨ ache unter der Funktion Eins ergibt, K(x) dx = 1.
Beispiel 2.3.4. Wir betrachten das Merkmal ‘K¨orpergr¨oße’ der Umfrage Sta” tistik f¨ ur Wirtschaftswissenschaftler“, das wir bereits in Beispiel 2.3.1 untersucht haben. Dieses Merkmal nimmt Werte im Bereich von 150 bis 198 an. Die Kerndichtesch¨ atzungen mit dem Rechteckskern, dem Dreieckskern und dem Epanechnikow-Kern sind in Abbildung 2.19 dargestellt. Die Histogrammdarstellung dieser Daten ist bereits in Abbildung 2.16 angegeben.
0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0 150
160
170
180
190
200
Abb. 2.19. Kerndichtesch¨ atzungen f¨ ur das Merkmal ‘K¨ orpergr¨ oße’: Rechteckskern (durchgezogene Linie), Dreieckskern (gepunktete Linie) und Epanechnikow-Kern (gestrichelte Linie) bei Bandbreite h = 5 cm
2.4 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 2.1: In welchen Situationen ist die Darstellung einer H¨aufigkeitsverteilung anhand von absoluten H¨ aufigkeiten sinnvoll, wann sind relative H¨ aufigkeiten zu bevorzugen?
46
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
Aufgabe 2.2: Bei einer Statistikklausur sind 18 Aufgaben zu bearbeiten, wobei pro Aufgabe ein Punkt erzielt werden kann. Als nicht bestanden gilt eine Klausur, wenn ein Kandidat weniger als f¨ unf Punkte erreicht. Die Korrektur einer Klausur ergab folgende H¨ aufigkeitsverteilung der erreichten Punktezahlen aj : aj 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 nj 4 1 1 0 7 5 6 4 7 7 17 22 13 16 1 5 2 2 0 a) Stellen Sie die H¨ aufigkeitsverteilung mit den absoluten H¨aufigkeiten grafisch dar. b) Stellen Sie die empirische Verteilungsfunktion grafisch dar. c) Wie groß ist der Anteil der Studenten, die die Klausur nicht bestanden haben? Aufgabe 2.3: Worin unterscheiden sich Balkendiagramm und Histogramm? Aufgabe 2.4: In einer Befragung im Jahr 1999 wurde bei 22 100 Privathaushalten das Monatseinkommen ermittelt. Die folgende Tabelle zeigt die H¨aufigkeitsverteilung: Monatseinkommen unter 1 200 DM 1 200 DM bis unter 1 800 DM 1 800 DM bis unter 3 000 DM 3 000 DM bis unter 5 000 DM 5 000 DM bis unter 10 000 DM 10 000 DM und mehr
Anzahl der Haushalte 4 500 5 200 5 000 2 700 3 400 1 300
a) Berechnen Sie die empirische Verteilungsfunktion und stellen Sie diese grafisch dar. b) Wie groß ist der Anteil der Privathaushalte mit einem Monatseinkommen von • bis zu 1 500 DM? • mehr als 5 400 DM? • zwischen 1 500 DM und 3 500 DM? Aufgabe 2.5: In einer medizinischen Untersuchung wurde an einer Gruppe von 200 Personen eine Schlankheitsdi¨ at getestet. Das Ergebnis der Di¨at ist in der folgenden Tabelle festgehalten: Gewichtsverlust pro 0 bis unter 2 2 bis unter 4 4 bis unter 8 8 bis unter 12 12 bis unter 20
Monat Pfund Pfund Pfund Pfund Pfund
F (x) 0.25 0.65 0.75 0.95 1.00
a) Berechnen Sie die absoluten H¨ aufigkeiten des Merkmals ‘Gewichtsverlust’.
2.4 Aufgaben und Kontrollfragen
47
b) Zeichnen Sie das Histogramm. c) Wieviel % der Personen haben mindestens 9 Pfund pro Monat abgenommen? d) Wieviel % der Personen haben zwischen 2 und 6 Pfund pro Monat abgenommen? Aufgabe 2.6: Eine empirisch ermittelte Verteilung der Dauer von Telefongespr¨ achen im Stadtbereich, welche nicht l¨ anger als 8 Minuten dauern, ist in folgender Abbildung dargestellt: 1/3
1/6
1/2
1/4 1/18 1/12
1/16
0 0
1.5
3
4.5
1/12 6
1/48 7.5
8
Abb. 2.20. Dauer in Minuten
a) Wie nennt man diese Art von Diagramm? Gibt die H¨ohe der Rechtecke in diesem Diagramm einen Hinweis auf die relative H¨aufigkeit von Gespr¨ achen einer bestimmten Dauer? Begr¨ unden Sie Ihre Antwort. b) Wir betrachten nun Gespr¨ ache im Stadtbereich, die h¨ochstens 8 Minuten dauern und im Zeitraum von 9 bis 18 Uhr stattfinden. Bis zum 31.12.1995 kostete ein solches Telefongespr¨ ach 23 Pfennig. Zum 1.1.1996 wurde die Geb¨ uhrenstruktur ge¨ andert: Im Stadtbereich kostet ein Gespr¨ach von bis zu 90 Sekunden Dauer nun 12 Pfennig, jeder weitere angefangene Zeittakt von 90 Sekunden kostet weitere 12 Pfennig. Berechnen Sie die relative Preis¨ anderung eines Gespr¨ achs, dessen Dauer bei Zugrundelegung der obigen Verteilung in der Klasse der gr¨ oßten H¨aufigkeit liegt. Aufgabe 2.7: Ein Kioskbesitzer notiert sich an einem Tag die Zeit (in Minuten), die er auf einen Kunden warten muss. Er hatte an dem Tag 20 Kunden und erhielt folgende Daten. 56 50
2 92
7 28
0 14
42 11
118 0
35 6
29 25
10 17
21 64
a) W¨ ahlen Sie die Klassengrenzen [0, 8.5), [8.5, 23) [23, 46), [46, 119) und erstellen Sie die H¨ aufigkeitstabelle.
48
2. H¨ aufigkeitsverteilungen
b) Zeichnen Sie das Histogramm. c) Vergleichen Sie das Histogramm und die Klassengrenzen mit den Quartilen und dem Boxplot (vgl. Abschnitt 3.4). d) Wieviele Stunden hatte der Kioskbesitzer sein Kiosk mindestens auf? Aufgabe 2.8: Ein Wirtschaftsinstitut hat Betriebe u ¨ber ihre derzeitige Wirtschaftslage befragt. Neben der Art des Unternehmens wurde der Umsatz des Jahres 1996 (in TDM) sowie die erwartete Umsatzentwicklung f¨ ur das Jahr 1997 erhoben. Im folgenden sind die Antworten von 10 Kleinbetrieben aufgelistet: Nr.:
Unternehmensart:
1
Gastst¨atte
Nr.:
Unternehmensart:
2
Handwerk
Nr.:
Unternehmensart:
3
Handwerk
Nr.:
Unternehmensart:
4
Einzelhandel
Nr.:
Unternehmensart:
5
Einzelhandel
Nr.:
Unternehmensart:
6
Handwerk
Nr.:
Unternehmensart:
7
Gastst¨atte
Nr.:
Unternehmensart:
8
Einzelhandel
Nr.:
Unternehmensart:
9
Einzelhandel
Nr.:
Unternehmensart:
10
Gastst¨atte
Umsatz 1996:
1 050 Umsatz 1996:
800 Umsatz 1996:
400 Umsatz 1996:
600 Umsatz 1996:
500 Umsatz 1996:
1 100 Umsatz 1996:
700 Umsatz 1996:
350 Umsatz 1996:
450 Umsatz 1996:
550
Einsch¨ atzung 1997: sehr gut × gut normal schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut × normal schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut × normal schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut × normal schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut normal × schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut × gut normal schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut normal × schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut × normal schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut normal × schlecht Einsch¨ atzung 1997: sehr gut gut normal × schlecht
a) Wie w¨ urden Sie die Verteilungen der drei erhobenen Merkmale grafisch darstellen? b) Die Merkmalsauspr¨ agungen des Merkmals ‘Umsatz 1996’ werden in die drei Klassen ‘0 bis unter 500 TDM’, ‘500 TDM bis unter 1 000 TDM’ und ‘1 000 TDM und mehr’ eingeteilt. Bestimmen Sie den Anteil der Kleinbetriebe, deren Umsatz im Jahr 1996 mehr als 400 TDM und h¨ochstens 600 TDM betr¨ agt, wenn Sie nur die Information der H¨aufigkeitstabelle zur Verf¨ ugung haben. Aufgabe 2.9: In einer bayerischen Kleinstadt wurde die Umsatzverteilung der dort ans¨ assigen 100 Betriebe im Jahr 2002 untersucht. Das sich dabei ergebende Histogramm hat die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Rechtecksh¨ ohen:
2.4 Aufgaben und Kontrollfragen
Umsatz in Mio. EUR 0 bis unter 0.5 0.5 bis unter 1 1 bis unter 3 3 bis unter 7
49
Rechtecksh¨ohen 1.28 0.32 0.08 0.01
Bestimmen Sie die Anzahl der Betriebe in den vier Klassen. Aufgabe 2.10: Bei einer Statistikklausur wird die Bearbeitungszeit notiert. Die Zeit in Minuten von 14 Studenten ist nachfolgend angegeben. 93
87
96
77
73
91
82
71
98
74
95
89
79
88
Erstellen Sie ein Stamm-und-Blatt-Diagramm. Aufgabe 2.11: Die folgenden Daten geben die erzielten Punkte von 19 Studenten in einer Klausur an: 84 94
92 84
63 78
75 43
81 77
97 82
73 69
69 98
46 84
58
Erstellen Sie ein Stamm-und-Blatt-Diagramm. Aufgabe 2.12: Wie w¨ urden Sie die Verteilung der Merkmale des Fragebogens in Beispiel 1.3.1 grafisch darstellen? Begr¨ unden Sie Ihre Antwort.
3. Maßzahlen fu ¨ r eindimensionale Merkmale
Die in Kapitel 2 beschriebenen Darstellungen von eindimensionalen Verteilungen durch Tabellen oder Grafiken vermitteln einen Eindruck von der Gestalt und der Lage der Verteilung. Dieser Eindruck muss objektiviert, d. h., durch quantitative Gr¨ oßen messbar gemacht werden, um insbesondere Vergleiche zwischen den Verteilungen verschiedener Merkmale durchf¨ uhren zu k¨onnen. Dabei werden verschiedene Aspekte einer Verteilung quantifiziert. Wir behandeln nun die wichtigsten Maßzahlen f¨ ur • • • •
die die die die
Lage Streuung Schiefe und die W¨ olbung Konzentration
einer Verteilung.
3.1 Lagemaße Lageparameter beschreiben in bestimmter Weise ausgezeichnete Werte, wie z. B. das Zentrum (Schwerpunkt) einer H¨ aufigkeitsverteilung. Sie dienen zur Beschreibung des mittleren Niveaus eines Merkmals. Beispiele sind das Durchschnittseinkommen, die mittlere Lebensdauer eines technischen Ger¨ats, das normale Heiratsalter oder das am h¨ aufigsten genannte Studienfach. Wir wollen im folgenden die wichtigsten Lageparameter sowie das jeweils vorauszusetzende Skalenniveau angeben. Eine wichtige Forderung an Lageparameter der Verteilung eines Merkmals ist die sogenannte Translations¨ aquivarianz. F¨ ur eine Lineartransformation der Daten, d. h., eine Transformation der Form yi = a + bxi mit a, b beliebige reelle Zahlen, soll gelten L(y1 , . . . , yn ) = a + bL(x1 , . . . , xn ) . Mit L(·) wird hierbei der Lageparameter bezeichnet. Beispiel. Wir messen t¨ aglich die Mittagstemperatur in ◦ C und ermitteln daraus eine Jahresdurchschnittstemperatur in ◦ C. Messen wir nun die Temperatur in ◦ F und ermitteln eine Jahresdurchschnittstemperatur, so soll
52
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
das ◦ F-Ergebnis dem transformierten ◦ C-Ergebnis entsprechen. Es sei hierbei zun¨ achst dahingestellt, wie gut eine mittlere Temperatur klimatische Bedingungen beschreibt. Die Transformation von ◦ F in ◦ C lautet dabei ◦ F = 32 + 1.8 ◦ C, es ist also a = 32 und b = 1.8. Angenommen, die Jahresdurchschnittstemperatur betrage 17◦ C, so ergibt die Umrechnung als Jahresdurchschnittstemperatur in ◦ F den Wert 32 + 1.8 ∗ 17◦ F = 62.6◦ F. 3.1.1 Modus oder Modalwert Als Modus oder Modalwert x ¯M bezeichnet man den h¨aufigsten oder dichtesten Wert einer Verteilung. Bei diskreten Daten ist der Modus die Merkmalsauspr¨ agung, die am h¨ aufigsten auftritt: x ¯M = aj ⇔ nj = max {n1 , n2 , . . . , nk } .
(3.1)
Falls es mehrere Maxima gibt, ist der Modus nicht eindeutig definiert. F¨ ur gruppierte Daten ist der Modus x ¯M definiert als die Klassenmitte der am dichtesten besetzten Gruppe: x ¯M =
ej−1 + ej , 2
(3.2)
(bzw. falls bekannt, als Modus dieser Gruppe), wobei ej−1 und ej die untere bzw. obere Grenze derjenigen Gruppe ist, f¨ ur die gilt f1 fj fk = max ,..., . (3.3) dj d1 dk Die am dichtesten besetzte Gruppe ist damit die Gruppe mit der gr¨oßten Histogrammh¨ ohe hj = fj /dj (vgl. Abbildung 3.1) und damit abh¨angig von der Gruppeneinteilung.
Abb. 3.1. Die modale Klasse im Histogramm
3.1 Lagemaße
53
Die Verwendung des Modus ist bei jedem Skalenniveau m¨oglich. F¨ ur nominalskalierte Daten ist der Modus der einzige zul¨assige Lageparameter. Eine sinnvolle Beschreibung der Daten mit Hilfe des Modus ergibt sich bei jedem Datenniveau aber nur f¨ ur den Fall einer eingipfligen (unimodalen) Verteilung (vgl. Abbildung 3.2). Der Modus ist translations¨aquivariant. Das bedeutet, dass der Modus der linear transformierten Werte (z. B. Transformation ◦ C nach ◦ F) gleich der linearen Transformation des Modus der urspr¨ unglichen Werte ist.
Abb. 3.2. Ein- und mehrgipflige Verteilungen
Beispiel. Umgangssprachlich benutzt man den Begriff des normalen Heiratsalters. Gemeint ist damit der Modus des Merkmals ‘Heiratsalter’. Die Werte in Tabelle 3.1 sind in Abbildung 3.3 als Histogramm dargestellt. Der Modus = 25.5 Jahre. ist die Mitte der am dichtesten besetzten Klasse: x ¯M = 25+26 2 Beispiel. Betrachten wir eine Examensklausur an der 334 Studenten teilgenommen haben. Die absoluten H¨ aufigkeiten der 5 m¨oglichen Merkmalsauspr¨ agungen des Merkmals ‘Note’ sind in der folgenden Tabelle 3.2 dargestellt. Aus Tabelle 3.2 entnehmen wir, dass die am h¨aufigsten beobachtete Merkmalsauspr¨ agung die Note ‘4’ ist. Es gilt x ¯M = 4. Betrachten wir obige Daten als gruppiert (die Note ‘4’ z. B. repr¨ asentiert alle Ergebnisse von 3.7 bis 4.3), so erhalten wir 3.7 + 4.3 = 4. x ¯M = 2 H¨ atten wir folgende Examensergebnisse erhalten (Tabelle 3.3), so gilt ebenfalls x ¯M = 4. Eine sinnvolle Interpretation ist hier jedoch nicht m¨oglich, da eine zweigipflige Verteilung vorliegt.
54
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
40000
30000
20000
10000
0 5 -3 34 34 33 33 32 32 31 31 30 30 29 9 -2 28 28 27 27 26 6 -2 25 25 24 4 -2 23 23 22 22 21 21 20 20 19 9 -1 18 18 17 17 16 16 -
15
Abb. 3.3. Heiratsalter (Erstehe) f¨ ur Frauen Tabelle 3.1. Erstehen von Frauen im Alter bis 35 Jahre. Angaben gem¨ aß Statistischem Jahrbuch f¨ ur die Bundesrepublik 1995, Tabelle 3.27: Eheschließende nach dem bisherigen Familienstand sowie Heiratsziffern Lediger Alter unter 16 16–17 17–18 18–19 19–20 20–21 21–22 22–23 23–24 24–25
Erstehen 37 288 870 6 397 8 924 13 394 19 264 24 195 29 053 32 747
Alter 25–26 26–27 27–28 28–29 29–30 30–31 31–32 32–33 33–34 34–35
Erstehen 34 392 32 677 28 697 23 879 23 960 20 234 11 285 8 662 6 436 5 037
3.1.2 Median und Quantile K¨onnen die Merkmalsauspr¨ agungen xi der Gr¨oße nach angeordnet werden, so ist der Wert als Lageparameter von Interesse, der in der Mitte dieser geordneten Zahlenreihe liegt, da er das Zentrum beschreibt. Der Median oder Zentralwert wird aus der geordneten Beobachtungsreihe x(1) ≤ . . . ≤ ur nominale sondern nur f¨ ur ordinal oder x(n) gewonnen und ist damit nicht f¨ metrisch skalierte Merkmale definiert. Er wird durch die Forderung bestimmt, dass h¨ ochstens 50 % der beobachteten Werte kleiner oder gleich und h¨ochstens
3.1 Lagemaße
55
Tabelle 3.2. H¨ aufigkeitstabelle f¨ ur ‘Note’ Note 1 2 3 4 5
Anzahl 27 33 66 140 68 334
Tabelle 3.3. Alternative H¨ aufigkeitsverteilung Note 1 2 3 4 5
Anzahl 137 13 56 140 58 404
50 % der beobachteten Werte gr¨ oßer oder gleich dem Median sein sollen. Er wird mit x ˜0.5 bezeichnet. Eine alternative Formulierung f¨ ur die Bestimmung des Medians ist durch die Forderung F (˜ x0.5 ) = 0.5 gegeben, wobei F die empirische Verteilungsfunktion ist. Diese Gleichung hat je nach Gestalt von F entweder keine oder genau eine oder sogar unendlich viele L¨ osungen. Der Median x ˜0.5 ist definiert als x falls n ungerade x ˜0.5 = 1 ((n+1)/2) (3.4) (x + x ) falls n gerade. (n/2) (n/2+1) 2 F¨ ur ungerades n ist der Median der mittlere Wert der Beobachtungsreihe, also ein tats¨ achlich beobachteter Wert. F¨ ur gerades n ist der Median im Fall x(n/2) = x(n/2+1) ein beobachteter Wert (vgl. Beispiel 3.1.1), ansonsten kein beobachteter Wert. Der Median ist translations¨aquivariant und unempfindlich (robust) gegen¨ uber Extremwerten. Anmerkung. Falls das betrachtete Merkmal nur ordinal skaliert ist, so ist bei aß (3.4) zu beachten, dass die Mittelung der Berechnung des Medians x ˜0.5 gem¨ von x(n/2) und x(n/2+1) f¨ ur den Fall n gerade nicht sinnvoll ist, es sei denn x(n/2) und x(n/2+1) sind gleich. Im Falle verschiedener Werte erf¨ ullt sowohl x(n/2) als auch x(n/2+1) die Forderung an den Median (h¨ochstens 50 % der Werte kleiner oder gleich und h¨ ochstens 50 % der Werte gr¨oßer oder gleich dem Median), so dass dieser nicht mehr eindeutig bestimmt werden kann. Beispiel 3.1.1. Beim theoretischen Teil der F¨ uhrerscheinpr¨ ufung wurden bei 6 Pr¨ uflingen folgende Beobachtungen x1 , . . . , x6 des Merkmals ‘Fehlerpunkte’
56
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
gemacht. Die geordnete Beobachtungsreihe x(1) , . . . , x(6) ist in der folgenden Arbeitstabelle ebenfalls angegeben. i 1 2 3 4 5 6
xi 3 6 1 7 0 3
x(i) 0 1 3 3 6 7
n = 6 ist gerade, also gilt x ˜0.5 =
3+3 1 (x(3) + x(4) ) = = 3. 2 2
F¨ ur den Fall, dass metrische Daten in Klassen gruppiert vorliegen, kann die exakte Merkmalsauspr¨ agung des Medians nicht bestimmt werden. Unter der Annahme der Gleichverteilung der Beobachtungen innerhalb der Klassen l¨ asst sich der Median durch lineare Interpolation wie folgt bestimmen. Seien K1 , . . . , Kk die k Klassen mit den Besetzungen n1 , . . . , nk . Wir beur Km gilt mit stimmen zun¨ achst die Klasse Km , die den Median enth¨alt. F¨ n den relativen H¨ aufigkeiten fj = nj m−1
fj < 0.5 und
j=1
m j=1
fj ≥ 0.5 .
(3.5)
Der Median ist dann durch lineare Interpolation gem¨aß
x ˜0.5 = em−1 +
0.5 −
m−1 j=1
fm
fj dm
(3.6)
definiert, wobei em−1 die untere Grenze und dm die Breite der Klasse Km sind. Beispiel 3.1.2. Wir betrachten die Altersverteilung von zahnmedizinisch untersuchten Kindergartenkindern. Es wurden n = 844 Kinder untersucht. j Alter Anzahl der Kinder fj fj 1 (2, 3] 14 0.017 0.017 2 (3, 4] 174 0.206 0.223 3 (4, 5] 281 0.333 0.556 4 (5, 6] 317 0.375 0.931 5 (6, 7] 58 0.069 1.000
3.1 Lagemaße
57
Die Intervalle (wie z. B. (2, 3] = ‘2 bis 3 Jahre’) ergeben Klassen gleicher Breite. Wir suchen zun¨ achst die Klasse Km , die den Median enth¨alt. Dies ist die Klasse ‘4 bis 5 Jahre’. Der Median wird dann berechnet als x ˜0.5 = 4 +
0.277 0.5 − 0.223 = 4.831 . =4+ 0.333 0.333
Quantile. Eine Verallgemeinerung der Idee des Medians sind die Quantile. Sei α eine Zahl zwischen Null und Eins. Das α-Quantil x ˜α wird durch die Forderung F (˜ xα ) = α definiert. Bei diskreten Daten bedeutet dies, dass h¨ ochstens nα Werte kleiner oder gleich x ˜α sind und h¨ochstens n(1 − α) Werte gr¨ oßer oder gleich x ˜α sind. Wie wir sehen, ist der Median gerade das ur feste Werte von α werden die α-Quantile oft auch als 0.5-Quantil x ˜0.5 . F¨ α · 100 %-Quantile bezeichnet (z. B. 10 %-Quantil f¨ ur α = 0.1). Sei wieder x(1) ≤ . . . ≤ x(n) die geordnete Beobachtungsreihe, so bestimmt man als α-Quantil x ˜α dieser Daten den Wert ⎧ ⎪ falls nα keine ganze Zahl ist, ⎨ x(k) k ist dann die kleinste ganze Zahl > nα, (3.7) x ˜α = ⎪ ⎩ 1 (x (nα) + x(nα+1) ) falls nα ganzzahlig ist. 2
Ist nα ganzzahlig, so gilt die Forderung (3.7) f¨ ur alle Zahlen im Intervall zwischen x(nα) und x(nα+1) . Wir m¨ ussen uns f¨ ur eine dieser Zahlen entscheiden und w¨ ahlen deshalb den Mittelwert dieser beiden Intervallgrenzen. Hierbei ist zu beachten, dass dies wie bei der Bestimmung des Medians nur im Falle mindestens quantitativ skalierter Merkmale sinnvoll ist. Bei ordinalen Merkmalen ist in diesem Fall das α-Quantil nicht eindeutig bestimmt, falls x(nα) und x(nα+1) verschieden sind. Liegen die Daten nur gruppiert vor, so erfolgt die Bestimmung des αQuantils x ˜α analog zur Bestimmung des Medians in (3.6) gem¨aß
x ˜α = em−1 +
α−
m−1 j=1
fm
fj dm ,
(3.8)
wobei wir m so w¨ ahlen, dass f¨ ur die Klasse Km gilt m−1 j=1
fj < α
und
m j=1
fj ≥ α.
Beispiel. Wir demonstrieren die Bestimmung eines α-Quantils. Dazu verwenden wir die Daten aus Beispiel 3.1.2 und w¨ ahlen z. B. α = 0.1. Wir suchen zun¨ achst die Klasse Km , die das 0.1-Quantil x ˜0.1 enth¨alt. Dies ist die Klasse ‘3 bis 4 Jahre’. Damit gilt
58
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
0.1 − 0.017 0.206 0.083 = 3+ 0.206 = 3 + 0.403 = 3.403 .
x ˜0.1 = 3 +
10 % der Kinder waren also h¨ ochstens 3.403 Jahre alt. Die Berechnungen mit SPSS ergeben die Werte in der folgenden Tabelle. Die Differenzen zu den oben berechneten Werten erkl¨ aren sich durch Rundungsfehler in den obigen Berechnungen. Statistics Alter (gruppiert) N Valid Missing Median Percentiles 10
844 0 4,8127a 3,3234b
a. Calculated from grouped data. b. Percentiles are calculated from grouped data.
Abb. 3.4. Berechnung des Medians und des 10 %-Quantils des gruppierten Alters mit SPSS (vgl. auch Beispiel 3.1.2)
Beispiel. Wir berechnen das 80%-Quantil der Fehlerpunkte aus Beispiel 3.1.1. Mit α = 0.8 erhalten wir nα = 4.8 und damit k = 5, also ist das 0.8-Quantil gleich x ˜0.8 = x(5) = 6 . Quartile. F¨ ur die Charakterisierung von Verteilungen sind neben dem Median die 0.25- und 0.75-Quantile, d. h. x ˜0.25 und x ˜0.75 , von besonderer Bedeutung. Sie werden auch als unteres bzw. oberes Quartil bezeichnet. Beispiel 3.1.3. In einer ersten Schulklasse sind n = 10 Sch¨ uler. Das Merkmal X sei das ‘Taschengeld (in EUR) pro Woche’. Wir betrachten folgende Situationen a) Alle Kinder erhalten gleichviel Taschengeld: x(1) = x(2) = . . . = x(10) = 5 EUR. Wir bestimmen den Modus, den Median und die Quartile. x ¯M = 5 5+5 1 =5 (n gerade) x(5) + x(6) = x ˜0.5 = 2 2 x ˜0.25 = x(3) = 5 (n · 0.25 = 2.5 nicht ganzzahlig)
x ˜0.75 = x(8) = 5
(n · 0.75 = 7.5 nicht ganzzahlig)
3.1 Lagemaße
59
b) Ein Sch¨ uler erh¨ alt extrem viel Taschengeld: x(1) = x(2) = . . . = x(9) = 5 EUR, x(10) = 100 EUR. x ¯M = 5 x ˜0.5 = 5,
x ˜0.25 = 5,
x ˜0.75 = 5
Falls wir den Wert x(10) weiter anwachsen ließen, w¨ urden sich obige Lagemaße nicht ver¨ andern. Sie sind robust gegen¨ uber Extremwerten und Ausreißern. c) Jedes Kind erh¨ alt einen anderen Betrag: x(1) = 1 EUR, x(2) = 2 EUR, x(3) = 3 EUR, . . ., x(10) = 10 EUR. x ¯M x ˜0.5 x ˜0.25
ist nicht definiert. 5+6 1 = 5.50 x(5) + x(6) = = 2 2 = x(3) = 3, x ˜0.75 = x(8) = 8
3.1.3 Quantil-Quantil-Diagramme (Q-Q-Plots) Wir gehen jetzt davon aus, dass wir zwei Erhebungen desselben Merkmals (z. B. ‘Punktwerte’ xi von BWL-Studenten, ‘Punktwerte’ yi von VWLStudenten bei der Statistikklausur) zur Verf¨ ugung haben und diese grafisch vergleichen wollen. Dazu ordnen wir beide Datens¨atze jeweils der Gr¨oße nach: x(1) ≤ x(2) ≤ . . . ≤ x(n) und y(1) ≤ y(2) ≤ . . . ≤ y(m) . Wir bestimmen f¨ ur ausgew¨ ahlte Anteile αi die Quantile x ˜αi und y˜αi und tragen sie in ein x-y-Koordinatensystem ein. Als αi -Werte w¨ahlt man standardm¨ aßig die Werte 0.1, 0.2, . . ., 0.9 oder 0.25, 0.50, 0.75. Diese Darstellung heißt Quantil-Quantil-Diagramm oder kurz Q-Q-Plot. Sind beide Datens¨ atze gleich groß (n = m), so hat sich folgende Festlegung bew¨ahrt: Man w¨ ahlt αi = ni , i = 1, . . . , n − 1. Die α-Quantile sind dann (wegen nαi = i ganzzahlig, vgl. (3.7)) die Mittelwerte benachbarter Daten, d. h. x ˜ ni = 21 (x(i) + x(i+1) ) und y˜ ni = 12 (y(i) + y(i+1) ). Als N¨aherungsl¨osung f¨ ur diesen Q-Q-Plot w¨ ahlt man die Darstellung aller Originalwerte (x(i) , y(i) ) und erspart sich die Berechnung der Quantile. Q-Q-Plots k¨ onnen eine Vielzahl von Mustern aufweisen. Wir w¨ahlen folgende interessante Spezialf¨ alle aus: a) Alle Quantilpaare liegen auf der Winkelhalbierenden. Dies deutet auf ¨ Ubereinstimmung hin. b) Die y-Quantile sind kleiner als die x-Quantile. c) Die x-Quantile sind kleiner als die y-Quantile. d) Bis zu einem Breakpoint sind die y-Quantile kleiner als die x-Quantile, danach sind die y-Quantile gr¨ oßer als die x-Quantile.
60
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Abb. 3.5. Typische Quantil-Quantil-Diagramme. Vergleiche Beispiele 3.1.4 und 3.1.6.
Beispiel 3.1.4. An einer Statistik I Klausur haben n = 10 BWL-Studenten und m = 10 VWL-Studenten teilgenommen und folgende Punkte erzielt: BWL VWL
x(i) y(i)
25 40
35 45
39 55
42 60
50 61
55 70
60 71
70 75
Da n = m gilt, w¨ ahlen wir statt der Quantile zu αi = aherung f¨ ur den Q-Q-Plot. Originalwerte (x(i) , y(i) ) als N¨
85 90
i 10 , i
90 100
= 1, . . . , 9, die
VWL 100 80 60 40 20
BWL 20
40
60
80
100
Abb. 3.6. Q-Q-Plot zu Beispiel 3.1.4
Der resultierende Q-Q-Plot in Abbildung 3.6 zeigt die Situation c) aus Abbildung 3.5. Der y-Datensatz ist gegen¨ uber dem x-Datensatz nach rechts (in die besseren Punktwerte) verschoben, die VWL-Studenten schneiden durchg¨ angig besser ab als die BWL-Studenten. Beispiel 3.1.5. Die Studenten aus Beispiel 3.1.4 schreiben nach 6 Monaten die Statistik II Klausur mit folgendem Ergebnis: BWL VWL
x(i) y(i)
40 30
45 35
47 37
50 48
60 60
62 68
65 71
70 75
85 90
90 95
Der Q-Q-Plot in Abbildung 3.7 zeigt Situation d) aus Abbildung 3.5. Die schw¨ acheren BWL-Studenten haben die schw¨acheren VWL-Studenten leistungsm¨ aßig u ¨berholt, die Gruppe der leistungsstarken VWL-Studenten (ab 50 Punkte) bleibt besser als die leistungsstarke Gruppe der BWL-Studenten.
3.1 Lagemaße
61
VWL 100 80 60 40 20
BWL 20
40
60
80
100
Abb. 3.7. Q-Q-Plot zu Beispiel 3.1.5
Beispiel 3.1.6. Eine Gruppe von n = 5 Kugelstoßern wechselt in ein Leistungszentrum mit Spezialtraining. Wir vergleichen die Leistungen vor und nach dem Wechsel. vorher nachher
x(i) y(i)
15.10 15.70
15.50 16.10
16.00 16.30
16.40 16.70
17.00 17.50
nachher 18 17 16 15 14
vorher 14
15
16
17
18
Abb. 3.8. Q-Q-Plot zu Beispiel 3.1.6
Das Spezialtraining hat die Leistung der Gruppe insgesamt verbessert (vgl. Abbildung 3.8), d. h. es liegt Situation c) aus Abbildung 3.5 vor. 3.1.4 Arithmetisches Mittel Der am h¨ aufigsten benutzte Lageparameter der Verteilung eines quantitativen Merkmals ist das arithmetische Mittel, das umgangssprachlich auch oft
62
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
einfach als Mittelwert oder Mittel bezeichnet wird. Eine sinnvolle Verwendung des arithmetischen Mittels erfordert metrisch skalierte Merkmale. Erinnern wir uns an die Beispiele im Abschnitt 1.2 u ¨ber die Skalierungsarten, so sehen wir, dass z. B. f¨ ur Schulnoten ein arithmetisches Mittel eigentlich unpassend ist. Das arithmetische Mittel x ¯ errechnet sich als Durchschnittswert aller Beobachtungen n 1 xi . (3.9) x ¯= n i=1
Jeder Wert xi geht also mit dem gleichen Gewicht 1/n in die Berechnung ein. Diese Gleichbehandlung aller Daten setzt voraus, dass sie in Wirklichkeit auch gleichberechtigt sind. Dies ist bei extrem schiefen Verteilungen oder bei Ausreißern (vgl. dazu Box-Plots, Abschnitt 3.4) nicht gegeben. Das arithmetische Mittel ist – anders als der Median – empfindlich gegen¨ uber Ausreißern und Extremwerten. Beispiel. F¨ ur die Werte 1, 3, 5, 7, 9 erhalten wir x ¯=x ˜0.5 = 5. F¨ ur die Werte 1, 3, 5, 7, 90 erhalten wir ebenfalls x ˜0.5 = 5, aber x ¯ = 106 = 21.2. Hieran wird 5 deutlich, dass eine einzige Beobachtung den Wert des arithmetischen Mittels deutlich ver¨ andern kann, w¨ ahrend der Wert des Medians hiervon unber¨ uhrt bleibt. Diese Tatsache ist bei der Beurteilung der Lage einer Verteilung anhand des arithmetischen Mittels zu ber¨ ucksichtigen. Falls die Daten bereits in der komprimierten Form einer H¨aufigkeitstabelle vorliegen: Merkmalsauspr¨ agung : a1 , a2 , . . . ak H¨ aufigkeit : n1 , n2 , . . . nk , wobei n=
k
nj
j=1
der Gesamtumfang der Erhebung ist, vereinfacht sich die Berechnung von x ¯ zu k k 1 fj aj (3.10) x ¯= nj aj = n j=1 j=1 n
mit fj = nj (relative H¨ aufigkeit von aj ). Diese Form bezeichnet man als gewogenes oder gewichtetes arithmetisches Mittel. Beispiel 3.1.7. Bei Einkommensverteilungen tritt h¨aufig das Problem von ¨ Extremwerten auf. Nehmen wir den stark u ¨berzogenen Fall eines Olscheichtums mit folgender Einkommensverteilung pro Monat:
3.1 Lagemaße
x(1) = . . . = x(1 000) = a1 = 1 000 $,
63
n1 = 1 000 Erd¨olarbeiter
x(1001) = a2 = 1 000 000 $,
n2 = 1 Scheich
Formale Anwendung des arithmetischen Mittels nach (3.10) ergibt x ¯ = f1 a1 + f2 a2 =
1 2 000 000 1 000 · 1 000 + · 1 000 000 = = 1 998, 1 001 1 001 1 001
also rund den doppelten Monatslohn der Erd¨ olarbeiter. Wir sehen, dass dies kein sinnvoller Repr¨ asentant f¨ ur ein Durchschnittseinkommen in diesem Staat ist. Hier w¨ are der Median x ˜0.5 = 1 000 angebracht. Die Berechnungen mit SPSS ergeben die folgende Tabelle.
Statistics
Einkommen
N Valid Missing 1001 0
Mean 1998.0020
Median 1000.0000
Abb. 3.9. Berechnung des arithmetischen Mittels und des Medians des Merkmals ‘Einkommen’
Liegen gruppierte Daten vor, so wird x ¯ berechnet als k
x ¯=
k
1 fj aj . nj aj = n j=1 j=1
(3.11)
Bei gruppierten Daten wird f¨ ur aj (falls bekannt) das arithmetische Mittel der j-ten Gruppe, also x ¯j verwendet, sonst verwendet man die Klassenmitte (ej−1 + ej )/2. Hierbei sind ej−1 und ej die untere bzw. obere Grenze der Klasse Kj . Anmerkung. Sind Daten gruppiert und sind die Originaldaten nicht bekannt, so wird x ¯ nach Formel (3.11) im allgemeinen vom wahren Wert abweichen. Diese Abweichung wird um so gr¨ oßer, je schlechter die Klassenmitten die Verteilung ihrer Klasse repr¨ asentieren. Eigenschaften des arithmetischen Mittels. Die Summe der Abweichungen der Beobachtungen von ihrem arithmetischen Mittel ist Null: n i=1
(xi − x ¯) =
n i=1
xi − n¯ x = n¯ x − n¯ x = 0.
(3.12)
Sei a eine beliebige Konstante. Dann gilt folgender Verschiebungssatz
64
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale n i=1
(xi − a)2 =
n i=1
(xi − x ¯)2 + n(¯ x − a)2 .
(3.13)
Der Beweis ist leicht zu f¨ uhren. Wir schreiben xi − a = xi − x ¯+x ¯−a und quadrieren beide Seiten und bilden die Summe n i=1
(xi − a)2 = =
n
i=1 n i=1
(xi − x ¯)2 +
n i=1
(¯ x − a)2 + 2
n i=1
(xi − x ¯)(¯ x − a)
(xi − x ¯)2 + n(¯ x − a)2 .
n ¯) = 0. Da n(¯ x − a)2 ≥ 0 ist, folgt Wegen (3.12) x − a) i=1 (xi − x ngilt, dass 2(¯ n 2 2 schließlich i=1 (xi − a) ≥ i=1 (xi − x ¯) . Das arithmetische Mittel ist translations¨aquivariant. F¨ ur eine lineare x. Transformation der Daten gem¨ aß yi = a + bxi gilt y¯ = a + b¯ Beispiel 3.1.8. Wir betrachten als Merkmal X das ‘monatliche Gehalt (in EUR)’ und erheben Daten in einem Unternehmen an 6 F¨ uhrungskr¨aften. Die beobachteten Merkmalsauspr¨ agungen xi sind im folgenden angegeben. i 1 ⎜2 ⎜ ⎜3 ⎜ ⎜4 ⎜ ⎝5 6 ⎛
xi ⎞ 3 442 2 195 ⎟ ⎟ 4 500 ⎟ ⎟ 3 871 ⎟ ⎟ 2 810 ⎠ 4 150
Damit haben wir als durchschnittliches Gehalt je Mitarbeiter x ¯=
1 20 968 (3 442 EUR + . . . + 4 150 EUR) = EUR = 3 494.67 EUR . 6 6
Nach einer Gehaltserh¨ ohung f¨ ur alle Mitarbeiter von 5 % und der Einf¨ uhrung einer zus¨ atzlich zum Gehalt gezahlten monatlichen Fahrkostenpauschale von 50 EUR berechnen wir die neue gesamte Gehaltssumme y = (3 442 EUR · 1.05 + . . . + 4 150 EUR · 1.05 + 6 · 50 EUR) = 22 316.40 EUR
und damit das neue durchschnittliche Gehalt y¯ als y¯ =
y = 3 719.40 EUR . 6
3.1 Lagemaße
65
Da das arithmetische Mittel translations¨ aquivariant ist, h¨atten wir dies auch mit der linearen Transformation y¯ = a + b¯ x, d. h. y¯ = 50 EUR + 1.05 · x ¯ EUR
= 50 EUR + 1.05 · 3 494.67 EUR = 3 719.40 EUR
berechnen k¨ onnen. ¨ Wir wollen nun den Effekt des Ubergangs von Originaldaten zu klassierten Daten auf die Berechnung des arithmetischen Mittels demonstrieren. Wir gruppieren die urspr¨ unglichen Gehaltsdaten xi (vor der Gehaltserh¨ohung): j 1 2 3
[ej−1 , ej ) [2 000, 3 000) [3 000, 4 000) [4 000, 5 000)
nj 2 2 2
fj 1/3 1/3 1/3
x ¯j 2 502.50 3 656.50 4 325.00
F¨ ur die Klassenrepr¨ asentanten aj werden wir, da die Originaldaten bekannt sind, die Klassenmittelwerte aj = x ¯j nehmen. Wir berechnen (in EUR) 2 195 + 2 810 = 2 502.50 , 2 3 442 + 3 871 = 3 656.50 , x ¯2 = 2 4 500 + 4 150 x ¯3 = = 4 325.00 . 2
x ¯1 =
Damit erhalten wir den gleichen Wert wie mit der Formel x ¯= x ¯=
k
fj aj =
j=1
1 n
n
i=1
xi :
1 (2 502.50 EUR + 3 656.50 EUR + 4 325.00 EUR) 3
10 484 EUR = 3 494.67 EUR . 3 Angenommen, wir h¨ atten nicht die tats¨ achlichen Geh¨alter erfragt sondern nur die Gehaltsgruppen, so wird als Repr¨ asentant f¨ ur die j-te Klasse der ahlt. Wert aj = (ej−1 + ej )/2 gew¨ =
j 1 2 3
[ej−1 , ej ) [2 000, 3 000) [3 000, 4 000) [4 000, 5 000)
aj 2 500 3 500 4 500
nj 2 2 2
fj 1/3 1/3 1/3
Damit erhalten wir x ¯=
k j=1
fj aj =
10 500 1 (2 500 EUR + 3 500 EUR + 4 500 EUR) = EUR = 3 3
= 3 500 EUR .
66
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Das so berechnete arithmetische Mittel weicht in diesem Beispiel nur geringf¨ ugig vom arithmetischen Mittel aus den Originaldaten ab. Das folgende Beispiel soll demonstrieren, dass derartige Abweichungen weitaus gravierender ausfallen k¨ onnen, wenn die Annahme einer Gleichverteilung der Originalwerte innerhalb der Klassen enorm verletzt ist. Beispiel 3.1.9. Im Immobilienteil einer Tageszeitung finden wir die Monatsmieten f¨ ur f¨ unf Appartements. i 1 2 3 4 5
Originaldaten 500 600 700 800 900
gruppiert
aj
fj
[500,700)
600
2/5
[700,1 000)
850
3/5
Wir erhalten aus den Originaldaten x ¯ = 700. Mit den Klassenmitten aj = ej−1 +ej erhalten wir 2 x ¯=
2 3 1 200 + 2 550 600 + 850 = = 750 5 5 5
Mit den arithmetischen Mitteln x ¯j der Originaldaten je Klasse f¨ ur aj erhalten wir schließlich x ¯=
3 1 100 + 2 400 2 550 + 800 = = 700. 5 5 5
Am n¨ achsten Tag werden folgende f¨ unf Appartements angeboten: i 1 2 3 4 5
Originaldaten 500 510 700 710 720
gruppiert
aj
fj
[500,700)
600
2/5
[700,1 000)
850
3/5
Jetzt erhalten wir aus den Originaldaten x ¯=
3 140 = 628, 5
mit den Klassenmitten aj (wie vorher, die Klassengrenzen haben sich nicht ge¨ andert) x ¯ = 750 ur aj und mit den arithmetischen Mitteln x ¯j der Originaldaten je Klasse f¨
3.1 Lagemaße
x ¯=
67
3 1 010 + 2 130 2 505 + 710 = = 628. 5 5 5
Da jetzt die Klassenmitten a1 = 600, a2 = 850 wesentlich st¨arker von den neuen Mittelwerten x ¯1 = 505, x ¯2 = 710 abweichen, ist auch die Abweichung e +e zwischen x ¯ = 628 (Originaldaten) und x ¯ = 750 (Klassenmitten aj = j−12 j ) wesentlich gr¨ oßer als vorher. 3.1.5 Geometrisches Mittel Falls die Merkmalsauspr¨ agungen sich auf einen Ausgangswert beziehen und ¨ relative Anderungen bezogen auf diesen Ausgangswert repr¨asentieren, d. h., falls bei den Merkmalen eine multiplikative statt einer additiven Verkn¨ upfung (wie z. B. der Gesamtumsatz als Summe der Einzelums¨atze) vorliegt, so ist das arithmetische Mittel als Lageparameter ungeeignet. Hier wird das geometrische Mittel berechnet. Beispiele sind ‘j¨ahrliche Lohnerh¨ohungen be¨ zogen auf das Vorjahr’, ‘Anderungen des Aktienpreises bezogen auf den Ausgabewert’, ‘Leistungssteigerung eines Zehnk¨ ampfers bezogen auf den Vorjahreswert’ usw., also allgemein Wachstumsprozesse. Das geometrische Mittel setzt wie das arithmetische Mittel metrisch skalierte Merkmale voraus. Zus¨ atzlich sind f¨ ur die Berechnung des geometrischen Mittels Merkmale erforderlich, deren Auspr¨ agungen nur positive Werte annehmen. ur alle i vor, so ist das Liegen die Beobachtungen x1 , . . . , xn mit xi > 0 f¨ geometrische Mittel definiert als n n n1 n xi xi = , (3.14) x ¯G = i=1
i=1
bzw. als
k k n1 nj n n aj = x ¯G = aj j j=1
(3.15)
j=1
bei gruppierten Daten. Hier sind die aj die Klassenmitten oder ebenfalls geometrische Mittel innerhalb der k Klassen. Anmerkung. Der Zusammenhang zwischen arithmetischem und geometrischem Mittel l¨ asst sich ausdr¨ ucken als n
ln x ¯G = bzw.
1 ln xi , n i=1
(3.16)
k
ln x ¯G =
1 nj ln aj n j=1
(3.17)
68
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
bei gruppierten Daten. Der Logarithmus des geometrischen Mittels ist das arithmetische Mittel der logarithmierten Daten. F¨ ur die Berechnung des geometrischen Mittels mit Statistik-Software kann dieser Zusammenhang ausgenutzt werden, wenn keine direkte Prozedur zur Berechnung des geometrischen Mittels verf¨ ugbar ist. Wir behandeln nun den in den obigen Ausf¨ uhrungen beschriebenen Fall von Wachstumsprozessen und bestimmen eine durchschnittliche Wachstumsrate durch Berechnung des geometrischen Mittels. Wir definieren dazu einen Anfangsbestand B0 zu einem Zeitpunkt 0. In den folgenden Zeitpunkten t = 1, . . . , n liege jeweils der Bestand Bt vor. Bei Wachstumsprozessen ist man weniger an absoluten Ver¨anderungen, d. h. den Differenzen ∆t = Bt − Bt−1 , als vielmehr an den relativen Ver¨anderungen interessiert. Wir k¨ onnen die Ver¨ anderung der Best¨ande zwischen zwei Zeitpunkten durch die absolute Differenz ∆t = Bt − Bt−1 oder durch die relative Differenz Bt Bt−1 Bt − Bt−1 = − = xt − 1 δt = Bt−1 Bt−1 Bt−1 ausdr¨ ucken, wobei xt =
Bt Bt−1
der sogenannte t-te Wachstumsfaktor ist. Als Wachstumsrate rt bezeichnet man die prozentuale Abweichung des Wachstumsfaktors xt von Eins rt = (xt − 1) · 100 % = δt · 100 % . Wir fassen einen Wachstumsprozess in der folgenden Tabelle zusammen: Zeit t 0 1 2 .. . T
Bestand Bt B0 B1 B2 .. . BT
absolute Differenz ∆t — ∆1 = B1 − B0 ∆2 = B2 − B1 .. . ∆T = BT − BT −1
relative Differenz δt — 1 δ1 = ∆ B0 ∆2 δ 2 = B1 .. . δT = B∆T T−1
Wachstumsfaktor xt — x1 = B1 /B0 x2 = B2 /B1 .. . xT = BT /BT −1
Ein Bestand Bt (t = 1, . . . , T ) l¨ asst sich direkt mit Hilfe der tats¨achlichen Wachstumsfaktoren bestimmen Bt = B0 · x1 · . . . · xt . Der durchschnittliche Wachstumsfaktor von B0 bis BT wird mit dem geometrischen Mittel der Wachstumsfaktoren berechnet:
3.1 Lagemaße
√ x1 · . . . · xT B0 · x1 · . . . · xT = T B0 BT . = T B0
x ¯G =
69
T
(3.18)
Damit k¨ onnen wir den Bestand Bt zum Zeitpunkt t berechnen als Bt = B0 · x ¯tG . Beispiel. Wir betrachten zwei Unternehmen A (Großunternehmen) und B (Kleinbetrieb). Unternehmen A habe 1990 einen Umsatz von 1 000 Tsd.DM, Unternehmen B von 100 Tsd.DM erzielt. In den folgenden Jahren k¨onnen beide Unternehmen ihre Ums¨ atze jeweils um 100 Tsd.DM j¨ahrlich steigern. t 1990 1991 1992 1993 1994 1995 t 1990 1991 1992 1993 1994 1995
Unternehmen A Bt ∆t δt 1 000 – – 1 100 100 0.100 1 200 100 0.091 1 300 100 0.083 1 400 100 0.077 1 500 100 0.071 Unternehmen B Bt ∆t δt 100 – – 200 100 1.000 300 100 0.500 400 100 0.333 500 100 0.250 600 100 0.200
xt – 1.100 1.091 1.083 1.077 1.071 xt – 2.000 1.500 1.333 1.250 1.200
Der durchschnittliche Wachstumsfaktor bei den Ums¨atzen betr¨agt damit f¨ ur Unternehmen A: √ 5 x ¯G = 1.1 · 1.091 · 1.083 · 1.077 · 1.071 5 1 500 = 1.084 = 1 000 und f¨ ur Unternehmen B: √ 5 x ¯G = 2.000 · 1.500 · 1.333 · 1.250 · 1.200 5 600 = = 1.431 . 100 Das Großunternehmen A hat also ein durchschnittliches j¨ahrliches Umsatzwachstum von 8.4 %, der Kleinbetrieb B ein durchschnittliches j¨ahrliches Umsatzwachstum von 43.1 %.
70
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Beispiel 3.1.10. Eine Zulieferfirma eines Autokonzerns produziert Tanks, die sie bis zum Abruf lagert. In der folgenden Tabelle sind die Best¨ande im Lager sowie die zugeh¨ origen Wachstumsfaktoren angegeben. Zeitpunkt 0 1 2 3 4 5
Bestand 3 442 2 195 4 500 3 871 2 810 4 150
Wachstumsfaktor — 0.6377 2.0501 0.8602 0.7259 1.4769
Wachstumsrate — −36.23 % 105.01 % −13.98 % −27.41 % 47.69 %
Gem¨ aß (3.14) erhalten wir als mittleren Wachstumsfaktor 1
x ¯G = (0.6377 · 2.0501 · 0.8602 · 0.7259 · 1.4769) 5 = 1.0381 . Alternativ h¨ atten wir (3.18) verwenden k¨ onnen: 5 4 150 x ¯G = = 1.0381. 3 442 Beispiel 3.1.11. Ein junger Zehnk¨ ampfer erreicht 1990 im Wettkampf 7 000 Punkte. 1991 wechselt er in ein Leistungszentrum und steigert j¨ahrlich seine Leistungen gem¨ aß folgender Tabelle Jahr
Punktzahl
1990 1991 1992 1993 1994 1995
7 000 7 350 7 497 8 022 8 262 8 891
Daraus berechnen wir die Leistungssteigerungen (Wachstumsraten) und die Wachstumsfaktoren f¨ ur die einzelnen Jahre. F¨ ur das Jahr 1991 erhalten wir z. B. den Wachstumsfaktor x1991 =
7 350 = 1.05 7 000
und die Wachstumsrate (Leistungssteigerung) r1991 = (1.05 − 1) · 100 % = 5 % .
3.1 Lagemaße
Jahr 1990 1991 1992 1993 1994 1995
Wachstumsrate — 5% 2% 7% 3% 8%
71
Wachstumsfaktor — 1.05 1.02 1.07 1.03 1.08
Gem¨ aß (3.14) erhalten wir als mittleren Wachstumsfaktor 1
x ¯G = (1.05 · 1.02 · 1.07 · 1.03 · 1.08) 5 = 1.049 . Die alternative Berechnung u ¨ber das arithmetische Mittel der logarithmierten Werte ergibt 1 (ln 1.05 + ln 1.02 + ln 1.07 + ln 1.03 + ln 1.08) = 0.048 , 5 x ¯G = exp(0.048) = 1.049 .
ln x ¯G =
Wie wir sehen, hat das geometrische Mittel die Eigenschaft, das durchschnittliche Wachstum in folgendem Sinne zu beschreiben: Berechnung des Bestandes BT mit den tats¨ achlichen Wachstumsfaktoren als BT = B0 · x1 · . . . · xT ,
dem durchschnittlichen Wachstum als BT = B0 · x ¯G · . . . · x ¯G = B0 · x ¯TG .
Anmerkung. Bei Merkmalen wie Gehaltssteigerung, Leistungsver¨anderung usw., die einem Wachstumsprozeß unterliegen, sind Mittelwerte wie mittleres Gehalt der letzten 10 Jahre, mittlerer Punktwert eines Zehnk¨ampfers der letzten 5 Jahre usw. eigentlich ohne Interesse. Bei Best¨anden wie im Beispiel 3.1.10 kann man dagegen durchaus an einem mittleren Bestand interessiert sein, den man dann als arithmetisches Mittel der Best¨ande Bt berechnet: T 1 ¯= 1 ¯ B t=0 Bt (in Beispiel 3.1.10 ergibt dies B = 6 20 968 = 3 494.67). 1+T
3.1.6 Harmonisches Mittel
Liegen Daten vor, die mit unterschiedlichen Gewichten in einen Mittelwert eingehen sollen, so muss statt des arithmetischen Mittels das harmonische Mittel gebildet werden. Beispiele hierf¨ ur sind die Berechnung einer Durchschnittsgeschwindigkeit f¨ ur eine Fahrt mit verschiedenen Verkehrsmitteln (mit verschiedenen Geschwindigkeiten und Wegstrecken) oder die Bildung eines Durchschnittspreises in einem Warenkorb, der aus Waren verschiedener Mengen und Preise besteht. ussen Gewichte wi zugeordnet werden, damit sie proDen Werten xi m¨ portional in den Gesamtdurchschnitt eingehen. Das Merkmal X habe die Auspr¨ agungen x1 , . . . , xk . Das harmonische Mittel wird berechnet als
72
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
x ¯H =
k
wi w1 + w2 + . . . + wk i=1 . = wk w1 w2 k wi x1 + x2 + . . . + xk i=1
(3.19)
xi
Daraus ergibt sich, dass die Forderung xi = 0 f¨ ur alle i erf¨ ullt sein muss, um onnen. Die Gewichte wi erhalten wir aus den Anteilen ni x ¯H berechnen zu k¨ an einem Gesamtwert n, die den Merkmalsauspr¨agungen xi zugeordnet sind: wi = nni . • Es werden n Kilometer zur¨ uckgelegt mit Teilstrecken von n1 , . . . , nk Kilometern, bei denen die konstanten Geschwindigkeiten jeweils xi km/h (i = 1, . . . , k) betragen. • Es werden n Waren an einem Tag verkauft, die sich auf k verschiedene Produkte mit Mengen n1 , . . . , nk und Preisen x1 , . . . , xk verteilen. k k Durch die Wahl der Gewichte als wi = nni ergibt sich i=1 wi = i=1 nni = 1. Damit vereinfacht sich (3.19) zu x ¯H =
n 1 = k . k wi ni
i=1
xi
i=1
(3.20)
xi
Werden Originaldaten in Gruppen (Klassen) K1 , . . . , Kk eingeteilt, so berechnet man das harmonische Mittel gem¨ aß der Formel x ¯H =
1 n = k k fj nj
j=1
aj
j=1
(3.21)
aj
f¨ ur gruppierte Daten. Die aj bezeichnen wieder die Klassenmitten oder falls bekannt, ebenfalls harmonische Mittel innerhalb der Klassen. Die Gewichte wj entsprechen den jeweiligen relativen H¨ aufigkeiten fj der Klassen. Berechnung von Durchschnittspreisen. Betrachten wir die Beziehung zwischen Preisen Pj und Mengen Mj f¨ ur k verschiedene Waren und daraus resultierenden Ums¨ atzen Uj = Pj Mj . Der Gesamtumsatz U ergibt sich als U=
k j=1
Uj =
k
Pj Mj
j=1
bzw. mit dem Durchschnittspreis P und der Gesamtmenge M = als U =P ·M. Der Durchschnittspreis berechnet sich damit als
k
j=1
Mj
3.1 Lagemaße
P =
U U = k M Mj
73
j=1
=
U k Uj
j=1
=
(Uj = Mj Pj , also Mj =
Uj ) Pj
Pj
1
k
j=1
wj Pj U
mit den Gewichten wj = Uj . Der Durchschnittspreis ist also das harmonische Mittel x ¯H der Einzelpreise, wobei als Gewichte wj die Umsatzanteile der Waren verwendet werden (vgl. (3.21)). Beispiel 3.1.12. Ein H¨ andler verkauft in einer Woche folgende Waren (k=4) j 1 2 3 4
Ware K¨ uhlschrank Waschmaschine Elektroherd Boiler
Preis Pj 500 700 1 200 900
Menge Mj 10 20 5 15 n = 50
Umsatz Uj 5 000 14 000 6 000 13 500 U = 38 500
Wir berechnen den Durchschnittspreis P je Ware Elektroger¨at“ gem¨aß ” 1 P = 4 wj j=1 Pj
=
1
5 000/38 500 500
+
14 000/38 500 700
+
6 000/38 500 1 200
+
13 500/38 500 900
=
38 500 = 770 . 50
In analoger Weise werden Durchschnittsgeschwindigkeiten berechnet. Hier ermittelt man das harmonische Mittel als gewogenes Mittel der Geschwindigkeiten der einzelnen Teilstrecken, wobei als Gewichte die Anteile der Teilstrecken an der Gesamtstrecke verwendet werden. Beispiel 3.1.13. Ein Auto f¨ ahrt zwischen zwei Orten A und B einmal hin und einmal zur¨ uck. Die Entfernung von A nach B betrage 50 km. Auf der Hinfahrt f¨ ahrt das Auto mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h, auf der R¨ uckfahrt mit 100 km/h. Da sich die Geschwindigkeiten auf dieselbe Strecke 50 = 0.5. von A nach B beziehen, ergeben sich als Gewichte wi jeweils wi = 100 Es ist x1 = 40 km/h, x2 = 100 km/h und damit x ¯H =
0.5 40 km/h
1 = 57.14 km/h . + 1000.5 km/h
74
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
¨ Wir machen dieses Ergebnis durch folgende Uberlegung plausibel: Die zur¨ uckgelegte Gesamtstrecke betr¨ agt 2 · 50 km = 100 km. F¨ ur die Hinfahrt ben¨otigt 50 km km = 1.25 h, f¨ ur die R¨ uckfahrt 100 das Auto 4050km/h km/h = 0.5 h, also insgesamt 1.75 h. Damit erhalten wir Durchschnittsgeschwindigkeit =
Gesamtstrecke 100 km = = 57.14 km/h . Gesamtzeit 1.75 h
Eine f¨ alschliche Anwendung des arithmetischen Mittels x ¯ h¨atte den Wert x ¯ = 70 km/h ergeben, was eine Gesamtstrecke von 70 km/h·1.75 h = 122.5 km ergibt, die nicht der tats¨ achlichen Gesamtstrecke von 100 km entspricht. Beispiel 3.1.14. Ein Autofahrer f¨ ahrt 100 km und zwar • 10 km in der Stadt mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h • 30 km auf der Landstraße mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h • 60 km auf der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h Die unterschiedlichen Teilstrecken m¨ ussen ber¨ ucksichtigt werden, die einzelnen Geschwindigkeiten sind also zu gewichten. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betr¨ agt nach (3.20) x ¯H =
100 km 10 km 50 km/h
+
30 km 80 km/h
+
60 km 120 km/h
= 93.02 km/h .
Beispiel 3.1.15. In einem Betrieb fertigen n = 3 Maschinen verschiedener Baujahre Schokoladenosterhasen. Das Merkmal X ist die ‘Fertigungszeit (in Minuten je Hase)’. Die Maschinen produzieren unterschiedliche St¨ uckzahlen pro Stunde und sind am Arbeitstag mit unterschiedlichen Einsatzzeiten in Betrieb. Maschine i 1 2 3
Einsatzzeit (in Minuten) 480 220 300
Fertigungszeit (in Minuten/Hase) 2 5 3
Die durchschnittliche Fertigungszeit je Hase ist dann nach (3.20) mit den Gewichten wi = Einsatzzeit der Maschine i/Gesamteinsatzzeit aller Maschinen x ¯ H = 3
1
wi i=1 xi
=
1 480/1 000 2
+
220/1 000 5
+
300/1 000 3
= 2.6 Minuten/Hase.
3.2 Streuungsmaße Lagemaße allein charakterisieren die Verteilung nur unzureichend. Dies wird deutlich, wenn wir folgende Beispiele betrachten:
3.2 Streuungsmaße
75
• Zwei Bankkunden A und B hatten 1996 folgende Kontost¨ande Jan Feb M¨ ar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez A 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 B −100 +100 −100 +100 −100 +100 −100 +100 −100 +100 −100 +100
Im arithmetischen Mittel stimmen A und B u ¯A = x ¯B = 0, Kunde ¨berein: x B zeigt jedoch ein v¨ ollig anderes ( dynamischeres“) Verhalten als Kunde ” A. • Ein Zulieferer der Autoindustrie soll T¨ uren der Breite 1.00 m liefern. Seine T¨ uren haben die Maße 1.05, 0.95, 1.05, 0.95, . . . Er h¨alt also im Mittel die Forderung von 1.00 m ein, seine Lieferung ist jedoch v¨ollig unbrauchbar. Zus¨ atzlich zur Angabe eines Lagemaßes wird eine Verteilung durch die Angabe von Streuungsmaßen charakterisiert. Diese k¨onnen jedoch nicht bei nominal skalierten Merkmalen verwendet werden, da Abst¨ande gemessen und interpretiert werden. 3.2.1 Spannweite und Quartilsabstand Der Streubereich einer H¨ aufigkeitsverteilung ist der Bereich, in dem die Merkmalsauspr¨ agungen liegen. Die Angabe des kleinsten und des gr¨oßten Wertes beschreibt ihn vollst¨ andig. Die Breite des Streubereichs nennt man Spannweite oder Range einer H¨ aufigkeitsverteilung. Sie ist gegeben durch R = x(n) − x(1) ,
(3.22)
wobei x(1) den kleinsten und x(n) den gr¨ oßten Wert der geordneten Beobachtungsreihe x(1) ≤ . . . ≤ x(n) bezeichnet. Betrachten wir nur den gr¨ oßten und den kleinsten Wert, so kann es sein, dass diese extrem stark von den restlichen Werten abweichen. Der Quartilsabstand ist ein Streuungsmaß, das nicht so empfindlich auf Extremwerte reagiert, wie dies bei der Spannweite der Fall ist. Betrachten wir die Definition des α-Quantils in Gleichung (3.7), so erhalten wir mit α = 0.25 und α = 0.75 das untere bzw. obere Quartil. Der Quartilsabstand ist dann gegeben durch ˜0.75 − x ˜0.25 . (3.23) dQ = x Er definiert den zentralen Bereich einer Verteilung, in dem 50% der Werte liegen. Beispiel 3.2.1. Wir betrachten das Merkmal ‘K¨orpergr¨oße’ aus der Studentenbefragung. Mit SPSS erhalten wir das untere und das obere Quartil sowie den Median x ˜0.5 : Die Range betr¨ agt hier also R = 198 cm − 150 cm = 48 cm, der Quartilsabstand betr¨ agt 183.0 cm − 171.0 cm = 12.0 cm.
76
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Statistics
Körpergröße in cm
Valid 239
Median 178.00
Range 48
Minimum 150
Maximum 198
25 171.00
Percentiles 50 75 178.00 183.00
Abb. 3.10. Median, Range, Minimum, Maximum und Quartile des Merkmals ‘K¨ orpergr¨ oße’
3.2.2 Mittlere absolute Abweichung vom Median Gr¨ oßen, die eine durchschnittliche Abweichung von einem mittleren Wert der Beobachtungsreihe messen, lassen sich als Streuungsmaße verwenden. Je nachdem, ob der Median x ˜0.5 oder das arithmetische Mittel x ¯ als geeigneter Lageparameter f¨ ur den durchschnittlichen Wert verwendet wird, bestimmt ¯. Sei der Mediman das entsprechende Streuungsmaß in Bezug auf x ˜0.5 oder x an x ˜0.5 der gew¨ ahlte Lageparameter. Dann wird als Streuungsmaß die mittlere absolute Abweichung vom Median berechnet. Wir definieren sie als n 1 |xi − x ˜0.5 | , (3.24) d˜0.5 = n i=1 bzw.
k
1 d˜0.5 = |aj − x ˜0.5 |nj n j=1
(3.25)
bei diskreten Merkmalen mit Auspr¨ agungen aj und H¨aufigkeiten nj . Bei gruppierten Daten bezeichnet aj wieder die Klassenmitte bzw. das Klassenmittel x ¯j = n1j xi , falls bekannt. Es kann auch der Klassenmexi ∈Kj
dian verwendet werden.
Beispiel 3.2.2. Betrachten wir die Gehaltsdaten aus Beispiel 3.1.8. Wir berechnen den Median x ˜0.5 =
3 442 + 3 871 = 3 656.50 . 2
und die absoluten Abweichungen der Beobachtungen vom Median i 1 2 3 4 5 6
xi 3 442 2 195 4 500 3 871 2 810 4 150
|xi − x ˜0.5 | 214.50 1 461.50 843.50 214.50 846.50 493.50 4 074.00
3.2 Streuungsmaße
77
6 Mit i=1 |xi − x ˜0.5 | = 4 074.00 erhalten wir die mittlere absolute Abweichung vom Median 1 d˜0.5 = 4 074.00 = 679 . 6 3.2.3 Varianz und Standardabweichung Im vorigen Abschnitt haben wir als Streuungsmaß die absolute Abweichung vom Median betrachtet. Hier wollen wir zum gebr¨auchlichsten Streuungsmaß – der Varianz – u ¯ der geeignete ¨bergehen, das angewendet wird, falls x Lageparameter ist. Die Varianz s2 misst die mittlere quadratische Abweichung vom arithmetischen Mittel x ¯. Sie ist bei stetigen Originaldaten definiert als n
s2 =
1 (xi − x ¯)2 . n i=1
(3.26)
Wir k¨ onnen (3.26) auch wie folgt umformen n n n 1 2 1 2 1 2 2 x − n¯ x )= (xi − x ¯) = ( x −x ¯2 . s = n i=1 n i=1 i n i=1 i 2
(3.27)
¨ Der Ubergang von (3.26) zu (3.27) wird als Verschiebungssatz f¨ ur die Varianz bezeichnet. Wir beweisen diesen Satz. Es gelten die folgenden Identit¨ aten n i=1
(xi − x ¯)2 = = =
n
i=1 n
i=1 n i=1
=
n i=1
x2i +
n i=1
x ¯2 − 2
x2i + n¯ x2 − 2¯ x
n
xi x ¯
i=1 n
xi
i=1
x2i + n¯ x2 − 2n¯ x2 x2i − n¯ x2 ,
so dass nach Division durch n der Verschiebungssatz bewiesen ist. Beispiel. n = 5 Studenten, die in M¨ unchen und Umgebung wohnen, messen an einem Montagmorgen im Oktober die Temperatur an ihrem Wohnort. Wir erhalten folgende Temperaturwerte xi und benutzen die Arbeitstabelle zur Berechnung der Varianz
78
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
i 1 2 3 4 5
xi 5 7 9 11 13 x ¯=9
(xi − x ¯)2 16 4 0 4 16 (xi − x ¯)2 = 40
xi − x ¯ −4 −2 0 2 4
Wir berechnen mit Formel (3.26):
x2i 25 49 81 121 2 169 xi = 445
5
s2 =
1 40 =8 (xi − x ¯)2 = 5 i=1 5
und alternativ nach dem Verschiebungssatz (3.27) 5
s2 =
1 n
1 2 445 xi − x ¯2 = − 81 = 89 − 81 = 8 . 5 i=1 5
Im Falle diskreter Daten aj mit absoluten H¨aufigkeiten nj ist x ¯ = k 2 j=1 nj aj (vgl. (3.10)). In diesem Falle ist die Varianz s definiert als k
s2 =
=
1 nj (aj − x ¯)2 n j=1
k k 1 1 ( nj a2j − n¯ x2 ) = nj a2j − x ¯2 . n j=1 n j=1
(3.28)
(3.29)
Anmerkung. In der deskriptiven Statistik wird die Varianz s2 als arithmetisches Mittel der Abweichungsquadrate (xi − x ¯)2 berechnet, also mit dem Fak1 tor n . In der induktiven Statistik, die nicht auf vollst¨andigen Grundgesamtheiten sondern auf Stichproben basiert, wird aus mathematischen Gr¨ unden 1 verwendet. SPSS berech(Erwartungstreue eines Sch¨ atzers) der Faktor n−1 n 1 net stets die Stichprobenvarianz s2 = n−1 ¯)2 . i=1 (xi − x
Liegen die Beobachtungen nur in gruppierter Form vor, so berechnet sich die Varianz als k
s20 = =
1 nj (aj − x ¯)2 n j=1
k k 1 1 ( nj a2j − n¯ x2 ) = nj a2j − x ¯2 , n j=1 n j=1
(3.30)
(3.31)
wobei aj die Klassenmitten sind. Sind die Daten gruppiert und sind die Originaldaten noch bekannt, so kann man den j-ten Gruppenmittelwert x ¯j
3.2 Streuungsmaße
x ¯j =
1 xi . nj
79
(3.32)
xi ∈Kj
berechnen. Benutzt man die Gruppenmittelwerte x ¯j anstelle der Originaldaten zur Berechnung der Varianz gem¨ aß k
s20 =
1 nj (¯ xj − x ¯)2 , n j=1
(3.33)
so gilt stets s20 ≤ s2 ,
(3.34)
wobei s2 gem¨ aß (3.26) die Originaldaten verwendet. Dies liegt daran, dass in (3.33) anstelle der nj Originalwerte xi einer Klasse j jeweils nj -mal das Klassenmittel x ¯j verwendet wird. Damit wird die Varianz innerhalb der Klassen bei der Berechnung von s20 vernachl¨ assigt. s20 heißt auch die Varianz zwischen den Klassen (andere Bezeichnung: s2zwischen ). Allgemein gilt folgende Beziehung: Die Varianz der Beobachtungsreihe ist die Summe aus der Varianz zwischen den Klassen und der Varianz innerhalb der Klassen, also (3.35) s2 = s2zwischen + s2innerhalb wobei die Varianz innerhalb der Klassen sich als k
s2innerhalb =
1 nj s2j n j=1
(3.36)
ergibt. Die Varianz innerhalb der j-ten Klasse ist s2j =
1 (xi − x ¯j )2 . nj
(3.37)
xi ∈Kj
Die Varianz innerhalb der Klassen s2innerhalb ist also das mit den Klassenumf¨ angen nj gewichtete Mittel der Varianzen s2j . Wir beweisen die Relation (3.35). Unter Ber¨ ucksichtigung der Klasseneinteilung wird Formel (3.26) zu: s2 =
k 1 (xi − x ¯)2 n j=1 xi ∈Kj
=
1 n
k
j=1 xi ∈Kj
(xi − x ¯j + x ¯j − x ¯)2
k 1 (xi − x ¯j )2 = n j=1 xi ∈Kj
[i]
80
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
+
k 1 (¯ xj − x ¯)2 n j=1
[ii]
xi ∈Kj
+
k 2 (xi − x ¯j )(¯ xj − x ¯) n j=1
[iii]
xi ∈Kj
Wir erhalten f¨ ur die Summanden [i] − [iii] folgende Ausdr¨ ucke: [i] =
k 1 1 (xi − x ¯j )2 nj n j=1 nj xi ∈Kj
=
1 n
k
nj s2j = s2innerhalb ,
j=1 k
1 [ii] = nj (¯ xj − x ¯)2 = s20 , n j=1 [iii] =
k 2 (¯ xj − x ¯) (xi − x ¯j ) n j=1 xi ∈Kj
=
2 n
k j=1
(¯ xj − x ¯) 0 = 0 .
Damit ist (3.35) bewiesen. Die Standardabweichung s ist die positive Wurzel aus der Varianz: n 1 (xi − x ¯)2 . (3.38) s= n i=1
Die Standardabweichung ist ein Streuungsmaß, das gegen¨ uber der Varianz den Vorteil hat, in der gleichen Einheit wie die Beobachtungswerte gemessen zu werden. Wird X z. B. in kg gemessen, so sind x ¯ und s ebenfalls in kg angegeben, s2 jedoch in kg2 , was nicht zu interpretieren ist.
Beispiel 3.2.3. n = 10 Studenten wurden nach ihren Kosten (in EUR) f¨ ur eine Fahrt von ihrer Wohnung zur Universit¨ at befragt. Es wurden folgende Fahrkosten genannt
3.2 Streuungsmaße
81
Student Fahrkosten ⎞ 1 1 ⎟ ⎜ 2 2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 3 3 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 4 4 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 5 4.5 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 6 5 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 7 5 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 8 5.5 ⎟ ⎜ ⎠ ⎝ 9 6 10 7 ⎛
Gem¨ aß (3.9) bestimmen wir das arithmetische Mittel des Merkmals ‘Fahrkosten’ (X) als x ¯ = 4.3. Zur Berechnung der Varianz gem¨aß (3.26) erstellen wir die folgende Arbeitstabelle: (xi − x ¯)2 2 −3.3 (−3.3) = 10.89 −2.3 (−2.3)2 = 5.29 −1.3 (−1.3)2 = 1.69 −0.3 (−0.3)2 = 0.09 0.2 (0.2)2 = 0.04 0.49 0.7 (0.7)2 = 0.49 0.7 (0.7)2 = 1.44 1.2 (1.2)2 = 1.7 (1.7)2 = 2.89 2.7 (2.7)2 = 7.29 30.60 √ 1 30.60 = 3.06 (EUR2 ) und s = 3.06 = 1.75 EUR. Daraus ergibt sich s2 = 10 Wir gruppieren die Fahrkosten gem¨ aß der Einteilung ≤ 4, 4.5 − 5.5 und ≥ 6 und erhalten folgende Tabelle: i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
j 1 2 3
xi 1 2 3 4 4.5 5 5 5.5 6 7 43
xi − x ¯ 1 − 4.3 = 2 − 4.3 = 3 − 4.3 = 4 − 4.3 = 4.5 − 4.3 = 5 − 4.3 = 5 − 4.3 = 5.5 − 4.3 = 6 − 4.3 = 7 − 4.3 =
1≤x≤4 4.5 ≤ x ≤ 5.5 6≤x≤7
nj 4 4 2
x ¯j 2.5 5 6.5
(¯ xj − x ¯)2 2 (2.5 − 4.3) = 3.24 (5 − 4.3)2 = 0.49 (6.5 − 4.3)2 = 4.84
(¯ xj − x ¯)2 · nj 3.24 · 4 = 12.96 0.49 · 4 = 1.96 4.84 · 2 = 9.68 24.60
1 24.60 = 2.46. Die Varianzen innerhalb der 3 Klassen beDamit ist s20 = 10 rechnen wir mit x ¯1 = 2.5, x ¯2 = 5 und x ¯3 = 6.5 als
1 [(1 − 2.5)2 + (2 − 2.5)2 + (3 − 2.5)2 + (4 − 2.5)2 ] = 1.250 4 1 s22 = [(4.5 − 5)2 + (5 − 5)2 + (5 − 5)2 + (5.5 − 5)2 ] = 0.125 4 1 s23 = [(6 − 6.5)2 + (7 − 6.5)2 ] = 0.25 2
s21 =
82
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
und erhalten die Varianz innerhalb der Klassen gem¨aß (3.36) s2innerhalb =
1 (4 · 1.25 + 4 · 0.125 + 2 · 0.25) = 0.60 . 10
Mit (3.35) ist s2 = 2.46 + 0.60 = 3.06 . Anmerkung. Die oben demonstrierte Zerlegung von s2 in s20 und s2innerhalb gilt f¨ ur beliebig gebildete Klassen, d. h. nicht nur f¨ ur gruppierte Daten wie in Beispiel 3.2.3. Liegen Ergebnisse einer bereits durchgef¨ uhrten Erhebung (Sekund¨ arstatistiken) vor und werden neue Daten gleicher Struktur erhoben, so l¨ asst sich mit (3.35) ebenfalls die Gesamtvarianz ermitteln. Ein Beispiel dazu liefert Aufgabe 3.5. Lineare Transformation der Daten. F¨ uhrt man eine lineare Transformation yi = a + bxi (b = 0) der Originaldaten xi (i = 1, . . . , n) durch, so gilt f¨ ur das arithmetische Mittel der transformierten Daten y¯ = a + b¯ x und f¨ ur ihre Varianz s2y =
n n 1 b2 (yi − y¯)2 = (xi − x ¯)2 n i=1 n i=1
= b2 s2x .
(3.39)
Beispiel 3.2.4. Wird die Zeitmessung von Stunden auf Minuten umgestellt, d. h., f¨ uhren wir die lineare Transformation yi = 60 xi durch, so gilt s2y = 602 s2x . Standardisierung. Ein Merkmal Y heißt standardisiert, falls y¯ = 0 und ¯ und Varianz s2x s2y = 1 gilt. Ein beliebiges Merkmal X mit Mittelwert x wird in ein standardisiertes Merkmal Y mittels folgender Transformation u uhrt: ¨bergef¨ ¯ xi − x x ¯ 1 yi = = − + xi = a + bxi . sx sx sx 3.2.4 Variationskoeffizient Varianz und Standardabweichung benutzen als Bezugspunkt das arithmetische Mittel x ¯. Sie werden jedoch nicht in Relation zu x ¯ gesetzt. Die Angabe der Varianz ohne Angabe des arithmetischen Mittels ist demnach f¨ ur den Vergleich zweier Beobachtungsreihen oft nicht ausreichend. Der Variationskoeffizient v ist ein von x ¯ bereinigtes Streuungsmaß. Es ist nur sinnvoll definiert, wenn ausschließlich positive Merkmalsauspr¨agungen vorliegen (und x ¯ = 0 ist). Der Variationskoeffizient ist definiert als v=
s . x ¯
(3.40)
Dies ist ein dimensionsloses Streuungsmaß, das insbesondere beim Vergleich von zwei oder mehr Messreihen desselben Merkmals eingesetzt wird.
3.3 Schiefe und W¨ olbung
83
Beispiel 3.2.5. Die Analyse der Reparaturkosten von Armbanduhren ergab Werkstatt in Deutschland: Werkstatt in der Schweiz:
x ¯D = 16 EUR x ¯CH = 20 SFR
sD = 4 EUR sCH = 4 SFR,
also 4 EUR = 0.25 16 EUR 4 SFR = = 0.20 , 20 SFR
vD = vCH
(3.41) (3.42)
d. h. vD > vCH und damit eine geringere Streuung der Reparaturkosten in der Schweiz bezogen auf die mittleren Reparaturkosten.
3.3 Schiefe und W¨ olbung Schiefe und W¨ olbung sind weitere Maßzahlen, die die Form der Verteilung charakterisieren. Eine sinnvolle Verwendung ergibt sich jedoch nur im Fall eingipfliger Verteilungen. Eingipflige Verteilungen k¨onnen symmetrisch, linksoder rechtsschief sein (vgl. Abbildung 3.11).
Abb. 3.11. Symmetrische, linksschiefe und rechtsschiefe Verteilungen
3.3.1 Schiefe Die Maßzahl Schiefe gibt die Richtung und eine Gr¨ oßenordnung der Schiefe der Verteilung an. Bei Beobachtungswerten x1 , . . . , xn mit arithmetischem Mittel x ¯ ist die Schiefe definiert als 1 n
g1 =
1 n
n
(xi − x ¯)3
i=1
n
(xi − x ¯)2
i=1
3 .
(3.43)
84
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Die H¨ aufigkeitsverteilung ist symmetrisch, wenn g1 = 0 gilt. Ist g1 < 0, so heißt die H¨ aufigkeitsverteilung linksschief, f¨ ur g1 > 0 heißt die H¨aufigkeitsverteilung rechtsschief. Der Absolutbetrag von g1 gibt das Ausmaß der Schiefe an. ¯k ist die Schiefe defiF¨ ur gruppierte Daten mit Klassenmitteln x ¯1 , . . . , x niert als k 1 (¯ xj − x ¯)3 nj n j=1 (3.44) g1 = 3 . k 1 (¯ xj − x ¯)2 nj n j=1
Die x ¯j werden, falls unbekannt, durch die Klassenmitten ersetzt.
3.3.2 W¨ olbung Eine weitere Maßzahl zur Beschreibung der Gestalt von eingipfligen Verteilungen ist die W¨olbung (Kurtosis). Sie ist gegeben durch n 1 (xi − x ¯)4 n i=1 (3.45) g2 =
2 . n 1 2 (x − x ¯ ) i n i=1
Der Exzess leitet sich aus der W¨ olbung ab: Exzess = g2 − 3 .
Er ist ein Maß f¨ ur die Abweichung gegen¨ uber einer Normalverteilung (vgl. hierzu z. B. Toutenburg, 2005) mit gleichem arithmetischem Mittel und gleicher Varianz in der Umgebung des arithmetischen Mittels. Die W¨olbung einer Normalverteilung ist 3, der Exzess einer Normalverteilung ist damit 0. F¨ ur positive Werte von g2 − 3 ist das Maximum der H¨aufigkeitsverteilung gr¨ oßer als das einer Normalverteilung mit gleicher Varianz, f¨ ur negative Werte von g2 − 3 ist das Maximum der H¨ aufigkeitsverteilung kleiner als das einer Normalverteilung mit gleicher Varianz. F¨ ur gruppierte Daten wird folgende Formel f¨ ur die W¨olbung angewandt: 1 n
g2 =
1 n
k
(¯ xj − x ¯)4 nj
j=1 k
(¯ xj − x ¯)2 nj
j=1
2
(3.46)
mit x ¯j als Klassenmittel der j-ten Klasse. Liegen die Klassenmittel nicht vor, so wird an dieser Stelle wieder die Klassenmitte verwendet. Weichen Schiefe und Exzess einer H¨ aufigkeitsverteilung wesentlich von 0 ab, so ist das ein Hinweis daf¨ ur, dass die zugrundeliegende Verteilung der Grundgesamtheit von der Normalverteilung abweicht.
3.4 Box-Plots
85
Abb. 3.12. Normalverteilung (durchgezogen), Verteilung mit geringerer W¨ olbung (gestrichelt) und mit st¨ arkerer W¨ olbung (gepunktet)
3.4 Box-Plots Bei der deskriptiven Analyse von Daten, insbesondere von gr¨oßeren Datenmengen, bedient man sich neben der Berechnung von Maßzahlen h¨aufig grafischer Methoden. Sie sollen einen Eindruck vom Verhalten der Daten wie Konzentration, Ausdehnung oder Symmetrie vermitteln. Neben vielen anderen Darstellungen hat sich in der Praxis der sogenannte Box-Plot (auch Box-Whisker-Plot) als diagnostisches Instrument bew¨ahrt. Box-Plots stellen als Werkzeug zur grafischen Analyse eines Datensatzes die Lage • des Medians • der 25 %- und 75 %-Quantile (unteres und oberes Quartil) und • der Extremwerte und Ausreißer grafisch dar. In Abbildung 3.13 sind die einzelnen Elemente eines Box-Plot erkl¨ art. Die untere bzw. obere Grenze der Box ist durch das untere bzw. obere Quartil gegeben, d. h., die H¨ alfte der beobachteten Werte liegt in der Box. ˜0.75 − x ˜0.25 (vgl. Die L¨ ange der Box ist somit der Quartilsabstand dQ = x (3.23)). Die Linie innerhalb der Box gibt die Lage des Medians wieder. Die Werte außerhalb der Box werden dargestellt als • Extremwerte (mehr als 3 Box-L¨ angen vom unteren bzw. oberen Rand der Box entfernt), wiedergegeben durch einen ‘∗’ und • Ausreißer (zwischen 1.5 und 3 Box-L¨ angen vom unteren bzw. oberen Rand der Box entfernt), wiedergegeben durch einen ‘◦’.
86
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
∗ ∗
Extremwerte
◦
Ausreisser
x ˜0.75
Median x ˜0.5
x ˜0.25
◦ ◦
Ausreisser
∗ ∗
Extremwerte
Abb. 3.13. Komponenten eines Box-Plot
Der kleinste und der gr¨ oßte beobachtete Wert, die nicht als Ausreißer eingestuft werden, sind durch die a ¨ußeren Striche dargestellt. Box-Plots eignen sich besonders zum Vergleich zweier oder mehrerer Gruppen einer Gesamtheit in bezug auf ein Merkmal (vgl. Kapitel 4). Beispiel. Wir betrachten wieder die Daten der Studentenbefragung. Als Merkmal X untersuchen wir die ‘K¨ orpergr¨ oße’. Wir erhalten mit SPSS den Box-Plot in Abbildung 3.14. M¨ anner sind im Mittel gr¨oßer als Frauen, die Streuung ist bei beiden Gruppen in etwa gleich.
3.5 Konzentrationsmaße Wir wenden uns nun einem anderen Problem der deskriptiven Beschreibung eines metrisch skalierten Merkmals X zu – der Messung der Konzentration. n Dazu betrachten wir die Merkmalssumme i=1 xi und fragen danach, wie sich dieser Gesamtbetrag aller Merkmalswerte auf die einzelnen Beobachtungen aufteilt. Beispiel. In einer Gemeinde wird bei allen landwirtschaftlichen Betrieben die Gr¨ oße der Nutzfl¨ ache in ha erfasst. Von Interesse ist nun die Aufteilung der Nutzfl¨ ache auf die einzelnen Betriebe. Haben alle Betriebe ann¨ahernd gleich große Nutzfl¨ achen oder besitzen einige wenige Betriebe fast die gesamte Nutzfl¨ ache der Gemeinde?
3.5 Konzentrationsmaße
87
210
200
5 179
190
180
Körpergröße in cm
170 101
160
150
161
140 N=
98
141
weiblich
männlich
Geschlecht
Abb. 3.14. Box-Plot der K¨ orpergr¨ oße der Studenten getrennt nach Geschlecht
Wir betrachten dazu folgendes Zahlenbeispiel. Die Gemeinde umfasst eine landwirtschaftliche Nutzfl¨ ache von 100 ha. Diese Fl¨ache teilt sich auf die Betriebe wie folgt auf: Betrieb i 1 2 3 4 5
xi (Fl¨ ache in ha) 20 20 20 20 20 5 x = 100 i=1 i
Die Nutzfl¨ ache ist also gleichm¨ aßig auf alle Betriebe verteilt, es liegt keine Konzentration vor. In einer anderen Gemeinde liegt dagegen folgende Situation vor: Betrieb i 1 2 3 4 5
xi (Fl¨ ache in ha) 0 0 0 0 100 5 i=1 xi = 100
88
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Die gesamte Nutzfl¨ ache konzentriert sich auf einen Betrieb. Ein sinnvolles Konzentrationsmaß m¨ usste dem ersten Fall die Konzentration Null, dem zweiten Fall die Konzentration Eins zuweisen. Im folgenden Abschnitt werden wir ein solches Maß definieren und ein grafisches Hilfsmittel zur Veranschaulichung der Konzentration kennenlernen. 3.5.1 Lorenzkurven Betrachten wir an n Untersuchungseinheiten ein metrisch skaliertes h¨aufbares Merkmal X, welches nurpositive Auspr¨ agungen besitzt. Der Gesamtbetrag n aller Merkmalswerte ist i=1 xi = n¯ x. Liegen gruppierte Daten vor, bestimk men wir den Gesamtbetrag aller Merkmalswerte als j=1 aj nj , wobei die nj wieder die Klassenbesetzungen sind, die aj die Klassenmitten bzw., falls bekannt, die Klassenmittelwerte x ¯j . Zur grafischen Darstellung der Konzentration der Merkmalswerte verwenden wir die sogenannte Lorenzkurve. Dazu werden die Gr¨oßen ui = und vi =
i
j=1 n
j=1
i , n
i = 0, . . . , n
(3.47)
x(j) ,
i = 1, . . . , n; v0 := 0
(3.48)
x(j)
aus den der Gr¨ oße nach geordneten Beobachtungswerten 0 ≤ x(1) ≤ x(2) ≤ . . . ≤ x(n) berechnet. Die vi sind die Anteile der Merkmalsauspr¨agungen der Untersuchungseinheiten (1), . . . , (i) an der Merkmalssumme aller Untersuchungseinheiten. F¨ ur gruppierte Daten mit Klassenmitten a1 < a2 < . . . < ak verwenden wir u ˜i und v˜i gem¨ aß u ˜i =
i
fj ,
i = 1, . . . , k; u ˜0 := 0
(3.49)
j=1
und
v˜i =
i
fj aj
j=1 k
(3.50) fj aj
j=1
=
i
nj aj
j=1
n¯ x
,
i = 1, . . . , k; v˜0 := 0.
(3.51)
3.5 Konzentrationsmaße
89
Die Lorenzkurve ergibt sich schließlich als der Streckenzug, der durch die Punkte (u0 , v0 ), (u1 , v1 ), . . . , (un , vn ), bzw. (˜ u0 , v˜0 ), (˜ u1 , v˜1 ), . . . , (˜ uk , v˜k ) im gruppierten Fall, verl¨ auft (vgl. Abbildung 3.15). v5 = 1
v5 = 1 v4
u0 = 0 u1
u2
u3
u4
v4
v3
v3
v2
v2
v1
v1 v0 = 0 u5 = 1
u0 = 0 u1
u2
u3
v0 = 0 u4 u5 = 1
Abb. 3.15. Beispiel f¨ ur Lorenzkurven
Die Lorenzkurve stimmt mit der Diagonalen u ¨berein, wenn keine Konzentration vorliegt (im obigen Beispiel: alle Betriebe bearbeiten jeweils die gleiche Nutzfl¨ ache). Mit zunehmender Konzentration h¨angt die Kurve durch“ ” (unabh¨ angig von dem Bereich der Konzentration). Ein Punkt der Lorenzkurve (ui , vi ) beschreibt den Zusammenhang, dass auf ui · 100 % der Untersuchungseinheiten vi · 100 % des Gesamtbetrags aller Merkmalsauspr¨agungen entf¨ allt. 3.5.2 Gini-Koeffizient Der Gini-Koeffizient bzw. das Lorenzsche Konzentrationsmaß ist eine Maßzahl, die das Ausmaß der Konzentration beschreibt. Er ist definiert als G = 2 · F,
(3.52)
wobei F die Fl¨ ache zwischen der Diagonalen und der Lorenzkurve ist (vgl. Abbildung 3.16). F¨ ur die praktische Berechnung von G aus den Wertepaaren (ui , vi ) stehen folgende alternative Formeln zur Verf¨ ugung (vgl. die Herleitung weiter unten). n n x(i) ix(i) − (n + 1) 2 i=1 i=1 (3.53) G= n x(i) n i=1
oder alternativ
90
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
F vi Fi vi−1 ui−1
ui
Abb. 3.16. Lorenzsches Konzentrationsmaß oder Gini-Koeffizient n
G=1− bzw. bei gruppierten Daten
1 (vi−1 + vi ) , n i=1
(3.54)
k
G=1−
1 nj (˜ vj−1 + v˜j ) . n j=1
(3.55)
Die Fl¨ ache F kann auch mittels der Summe der Trapezfl¨achen Fi berechnet werden: n F = Fi − 0.5 (3.56) i=1
mit den Trapezfl¨ achen Fi (vgl. Abbildung 3.16) Fi =
ui−1 + ui (vi − vi−1 ) . 2
(3.57)
F¨ ur den Gini-Koeffizienten gilt stets 0≤G≤
n−1 , n
(3.58)
weswegen auch der normierte Gini-Koeffizient (Lorenz-M¨ unzner-Koeffizient) G+ =
n G n−1
(3.59)
betrachtet wird. Durch die Normierung hat G+ Werte zwischen 0 (keine Konzentration) und 1 (vollst¨ andige Konzentration).
3.5 Konzentrationsmaße
91
Beispiel 3.5.1. Wir untersuchen 7 landwirtschaftliche Betriebe und betrachten das Merkmal X ‘Nutzfl¨ ache in ha’. Die beobachteten Merkmalsauspr¨agungen sind in folgender Tabelle angegeben: Betrieb Nr. xi
1 20
2 14
3 59
4 9
5 36
6 23
7 3
Wir ordnen die xi der Gr¨ oße nach und erhalten mit (3.47), (3.48) und 7 x = 164 die Werte in folgender Tabelle, mit denen sich das Bild in i i=1 Abbildung 3.17 ergibt. i 1 2 3 4 5 6 7
x(i) 3 9 14 20 23 36 59
1 7 2 7 3 7 4 7 5 7 6 7 7 7
ui = 0.1429 = 0.2857 = 0.4286 = 0.5714 = 0.7143 = 0.8571 = 1.0000
3 164 12 164 26 164 46 164 69 164 105 164 164 164
vi = 0.0183 = 0.0732 = 0.1585 = 0.2805 = 0.4207 = 0.6402 = 1.0000
1
0.64 vi 0.42 0.28 0.16 0.07 0.02 0 0
0.14 0.29 0.43 0.57 0.71 0.86 ui
1
Abb. 3.17. Lorenzkurve im Beispiel 3.5.1
Der Gini-Koeffizient wird als 2(1 · 3 + 2 · 9 + 3 · 14 + 4 · 20 + 5 · 23 + 6 · 36 + 7 · 59) − (7 + 1) · 164 7 · 164 2 · 887 − 8 · 164 462 = = = 0.4024 7 · 164 1 148
G=
92
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
berechnet. Es gilt G = 0.4024 ≤ 67 = n−1 n . Der normierte Gini-Koeffizient lautet 7 7 G+ = G = · 0.4024 = 0.4695 . 6 6 Herleitung von G: Nach (3.52) ist G definiert als G = 2·F . Gem¨aß Abbildung 3.16 ist die Fl¨ ache F gleich der Summe aller Trapezfl¨achen Fi , wobei die zuviel gez¨ ahlte Fl¨ ache oberhalb der Diagonalen – also 0.5 – abzuziehen ist (vgl. (3.56)): n Fi − 0.5 , (3.60) F = i=1
so dass
G=2
n i=1
folgt. Mit ui =
i n
und vi =
i j=1 n j=1
x(j) x(j)
Fi − 1
erhalten wir aus (3.57)
i j=1
(i − 1 + i) n x(i) 2i − 1 n . = n j=1 x(j)
2Fi =
(3.61)
x(j) − n j=1
i−1
j=1 x(j)
x(j)
Damit wird G (vgl. (3.61)) G=2 = =
n
Fi − 1 i=1 n n n n i=1 2 i=1 ix(i) − i=1 x(i) n − n n i=1 x(i) n i=1 n n 2 i=1 ix(i) − (n + 1) i=1 x(i) n . n i=1 x(i)
x(i) x(i)
¨ Dies ist die Formel (3.53). Wir beweisen nun die Ubereinstimmung mit (3.54), indem wir (3.54) umformen (man beachte dabei v0 = 0 und vn = 1) n
1−
1 1 (vi−1 + vi ) = 1 − (v0 + v1 + v1 + . . . + vn−1 + vn ) n i=1 n n−1 1 (2 vi + 1) n i=1 n−1 (n − 1) − 2 i=1 vi = n
= 1−
3.6 Aufgaben und Kontrollfragen
93
n−1 i 2 j=1 x(j) (n − 1) − (vi (3.48) eingesetzt) = n n i=1 nj=1 x(j) n n (∗) (n − 1) i=1 (n − i)x(i) i=1 x(i) − 2 = n n i=1 x(i) n n 2 i=1 ix(i) − (n + 1) i=1 x(i) n = n i=1 x(i)
¨ Dies ist aber gerade (3.53), so dass die Ubereinstimmung mit (3.54) bewiesen ist. Die mit (∗) gekennzeichnete Gleichheit kann wie folgt gezeigt werden: n−1 i
x(j) =
i=1 j=1
x(1) + x(1) + x(2) + x(1) + x(2) + x(3) + ... +
+ x(1) + x(2) + x(3) + . . . + x(n−1) = (n − 1) x(1) + (n − 2) x(2) + ... +
+ (n − (n − 1)) x(n−1) n (n − i) x(i) = i=1
3.6 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 3.1: Welche Lage- und Streuungsmaße kennen Sie? Nennen Sie die Vor- und Nachteile der einzelnen Maßzahlen. Aufgabe 3.2: Berechnen Sie die geeigneten Lage- und Streuungsmaße f¨ ur das Merkmal ‘Punkte’ in der Statistikklausur aus Aufgabe 2.2. Aufgabe 3.3: Die Preise f¨ ur eine Portion Kaffee wurden 1995 in M¨ unchen in 8 und in Wien in 7 Caf´es festgestellt: Preise in M¨ unchen in DM Preise in Wien in ¨ oS
4.20 28
3.90 32
3.50 38
3.70 42
3.40 40
4.60 36
3.80 32
4.00
Vergleichen Sie die beiden Verteilungen anhand geeigneter Maßzahlen. Aufgabe 3.4: Studierende der Wirtschaftswissenschaften an den Universit¨aten in M¨ unchen und in Dresden wurden nach der H¨ ohe des Stundenlohns befragt, den sie in ihrem letzten Praktikum erhielten. Es kamen folgende Antworten (Angaben in EUR):
94
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
M¨ unchen 8 9.5 Dresden 6 8.5
12.5 0
0 11.5
9.5 13
13 20
17 0
21 7.5
19 8
14.5 15.5
14
18
a) Berechnen Sie aus diesen Angaben f¨ ur M¨ unchen und f¨ ur Dresden jeweils das arithmetische Mittel und den Median der Stundenl¨ohne. Berechnen Sie das arithmetische Mittel aller angegebenen Stundenl¨ohne. b) Ein Q-Q-Plot (Quantil-Quantil-Diagramm) bietet eine M¨oglichkeit, die beiden Verteilungen der Stundenl¨ ohne grafisch zu vergleichen. Zeichnen Sie einen Q-Q-Plot, wobei nur der Median und die Quartile zu ber¨ ucksichtigen sind. Interpretieren Sie diesen Plot. c) Berechnen Sie f¨ ur beide Verteilungen jeweils die Standardabweichung. Ist ein direkter Vergleich der beiden Werte fair? Welches Streuungsmaß schlagen Sie statt dessen vor? Aufgabe 3.5: Wir betrachten wieder die Befragung der 10 Kleinbetriebe aus Aufgabe 2.7. a) Gibt es Lage- und Streuungsmaßzahlen, durch welche sich die Verteilungen der drei erhobenen Merkmale jeweils sinnvoll charakterisieren lassen? Begr¨ unden Sie Ihre Antwort und berechnen Sie – soweit sinnvoll – das am besten geeignete Lage- und Streuungsmaß. b) In einer zweiten Befragung wurden weitere 90 Betriebe befragt, deren durchschnittlicher Umsatz im Jahr 1996 700 TDM bei einer Standardabweichung von 200 TDM betrug. Berechnen Sie den durchschnittlichen Umsatz 1996 sowie die Standardabweichung aller Betriebe. Aufgabe 3.6: Welche Lage- und Streuungsmaße charakterisieren die Merkmale unseres Fragebogens aus Beispiel 1.3.1 am besten? Aufgabe 3.7: Ein Unternehmen der M¨ obelbranche hat f¨ ur den abgelaufenen Monat seine Auftr¨ age nach den einzelnen Sparten (Wohnzimmer, Schlafzimmer, B¨ urom¨ obel) aufschl¨ usseln lassen. Leider ging ein Teil der Ergebnisse verloren. Es stehen noch folgende Daten zur Verf¨ ugung: Anzahl der Auftr¨ age Wohnzimmer Schlafzimmer B¨ urom¨ obel Gesamt
50 30 ? 100
arith. Mittel des Auftragswerts (in Tsd.EUR) 120 100 ? 112
Standardabweichung des Auftragswerts (in Tsd.EUR) √ √20 30 ? 10
Berechnen Sie die fehlenden Maßzahlen. Aufgabe 3.8: Dem Jahresbericht eines Industriebetriebs entnimmt man die folgenden Angaben u ¨ber die Umsatzentwicklung: Periode Ver¨ anderungen des Umsatzes gegen¨ uber dem Vorjahr (in %)
1985 −3
1986 −2
1987 +2
1988 +10
1989 +18
1990 +12
Man berechne die durchschnittliche j¨ ahrliche Umsatzsteigerung in Prozent.
3.6 Aufgaben und Kontrollfragen
95
Aufgabe 3.9: Die Mitgliederzahlen eines Sportvereins wachsen im Verlauf von 4 Jahren wie folgt: Jahr Mitgliederstand zum 31.12.
1988 100
1989 120
1990 135
1991 135
1992 108
a) Wie groß ist die durchschnittliche Wachstumsrate? b) Welcher Mitgliederbestand (gerundet) w¨ are aufgrund dieser durchschnittlichen Wachstumsrate zum 31.12.1993 zu erwarten? Aufgabe 3.10: Die Bev¨ olkerung eines Landes habe sich in den Jahren 1984 bis 1994 wie folgt entwickelt: Ende 1984 bis Ende 1985: Ende 1985 bis Ende 1989: Ende 1989 bis Ende 1994:
j¨ ahrliche Zunahme um 12 % j¨ ahrliche Zunahme um 5 % j¨ ahrliche Zunahme um 1 %
a) Berechnen Sie die durchschnittliche j¨ ahrliche Wachstumsrate in diesen Jahren. b) Das Land lasse sich in 3 Besiedlungszonen aufteilen. Aus dem Jahr 1994 liegen folgende Daten u ¨ber die Besiedlungsdichte (Einwohnerzahl pro km2 ) und die Einwohnerzahl (in Mio.) vor: Zone Besiedlungsdichte Einwohnerzahlen
I 150 9
II 10 0.9
III 2 0.1
Berechnen Sie die Besiedlungsdichte des Landes im Jahre 1994. c) Welche Besiedlungsdichte lag Ende 1987 jeweils in den 3 Besiedlungszonen vor, wenn man von den Wachstumsraten der Teilaufgabe a) ausgeht? (bei unver¨ anderter Fl¨ ache und einer zum Gesamtwachstum analogen Entwicklung in den einzelnen Zonen!) Aufgabe 3.11: Ein Auto f¨ ahrt von A nach B mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h. F¨ ur den R¨ uckweg von B nach A betr¨agt die Durchschnittsgeschwindigkeit 60 km/h. Berechnen Sie die Durchschnittsgeschwindigkeit f¨ ur die Gesamtfahrt von A nach B und zur¨ uck. Die Entfernung zwischen A und B betrage 20 km. Wie ver¨ andert sich die Durchschnittsgeschwindigkeit f¨ ur eine Gesamtfahrt, wenn A und B nicht 20 km sondern 40 km voneinander entfernt w¨ aren? Aufgabe 3.12: Bei einer Statistik-Klausur wird die Zeit (in Minuten) notiert, die zur L¨ osung einer bestimmten Aufgabe ben¨otigt wird (14 Studenten nehmen an dieser Klausur teil). 93
87
96
77
73
91
82
71
Erstellen Sie den zugeh¨ origen Box-Plot.
98
74
95
89
79
88
96
3. Maßzahlen f¨ ur eindimensionale Merkmale
Aufgabe 3.13: F¨ ur die Bev¨ olkerung der Regionen der Erde werden folgende Sexualproportionen – d. h. M¨ anner je 100 Frauen – angegeben (Zeitschr. f. Bev. Wiss. 11, 1985, S. 498): 94 101
96 100
95 100
96 99
98 103
97 99
102 107
97 106
98 101
95 108
100 88
Erstellen Sie den zugeh¨ origen Box-Plot. Aufgabe 3.14: In einer Großgemeinde gibt es 10 Facharztpraxen, die sich in kleinere, mittlere und große Praxen einteilen lassen (wobei einfachheitshalber angenommen wird, dass innerhalb einer Gruppe jeweils das gleiche Einkom¨ men erzielt wurde). 2002 erzielten alle 10 Arzte zusammen ein Einkommen von 3 Millionen EUR. Allein 40 Prozent davon entfielen auf die einzige große Facharztpraxis, w¨ ahrend die 5 kleinen Praxen nur insgesamt ein Einkommen von 600 000 EUR erzielten. a) Zeichnen Sie die Lorenzkurve. b) Berechnen Sie den Gini-Koeffizienten. Aufgabe 3.15: In der BRD besaßen im Jahr 1999 die oberen 28 % aller landwirtschaftlichen Betriebe 67 % der gesamten landwirtschaftlichen Fl¨ache. Man bestimme die sich aus dieser Information ergebende Lorenzkurve und das dazugeh¨ orige Konzentrationsmaß. Ist letzteres gr¨oßer oder kleiner als das Maß, das sich ergeben w¨ urde, wenn mehr Information u ¨ber die Verteilung der Fl¨ ache auf die Betriebe vorhanden w¨ are? Aufgabe 3.16: In Aufgabe 2.8 haben wir die relativen und absoluten H¨aufigkeiten f¨ ur den Umsatz von Betrieben in einer bayerischen Kleinstadt berechnet. a) Berechnen Sie nun das arithmetische Mittel und die Standardabweichung des Merkmals ‘Umsatz’. b) Die Betriebe mit den Ums¨ atzen bis zu 0.5 Mio. EUR erzielten insgesamt einen Umsatz von 12 Mio. EUR, die Betriebe mit den Ums¨atzen zwischen 3 und 7 Mio. EUR vereinigten ein Viertel des gesamten Umsatzes von 80 Mio. EUR auf sich. Der Gesamtumsatz in Klasse 3 war drei mal so groß wie in Klasse 2. Bestimmen und zeichnen Sie die entsprechende Lorenzkurve! Aufgabe 3.17: Von den 15 Haushalten in einem Wohnblock sind jeweils ein Drittel Single-Haushalte, Zwei-Personen-Haushalte und Drei-PersonenHaushalte. a) Berechnen Sie die Gesamtzahl der Personen in den 15 Haushalten. b) Berechnen Sie den Anteil der Personen in Single-, Zwei-Personen- bzw. Drei-Personen-Haushalten. c) Die Konzentration der Personen auf die 15 Haushalte kann in einer Lorenzkurve dargestellt werden. Skizzieren Sie diese. d) In welcher Weise m¨ ussten sich die Personen auf die 15 Haushalte verteilen, damit das Maß f¨ ur die Konzentration in c) gleich Null wird? Skizzieren Sie die zugeh¨ orige Lorenzkurve.
3.6 Aufgaben und Kontrollfragen
97
Aufgabe 3.18: In einem Land sind 90 % des gesamten Privatverm¨ogens in der Hand von 20 % der Bev¨ olkerung, der sogenannten Oberschicht. Es sei angenommen, dass das Privatverm¨ ogen unter den Angeh¨origen der Oberschicht gleichm¨ aßig verteilt ist. Gleiches gilt f¨ ur die Aufteilung des Privatverm¨ogens unter den u ¨brigen Bewohnern des Landes. a) Zeichnen Sie die Lorenzkurve f¨ ur die Verm¨ogenskonzentration im Land. b) Wir nehmen nun an, dass es in dem Land zu einer Revolution kommt. Diese verl¨ auft unblutig und ist insofern erfolgreich, als alle Angeh¨origen der Oberschicht v¨ ollig enteignet und deren ehemaliger Besitz gleichm¨aßig auf alle u ¨brigen Bewohner des Landes verteilt wird. Zeichnen Sie die Lorenzkurve f¨ ur die Verm¨ ogenskonzentration nach der Revolution. c) Nehmen wir nun zus¨ atzlich an, dass die gesamte nach der Revolution enteignete Oberschicht das Land verl¨ asst. Wie verl¨auft nun die Lorenzkurve f¨ ur die Verm¨ ogenskonzentration im Land?
4. Maßzahlen fu ¨ r den Zusammenhang zweier Merkmale
Wir haben uns in den bisherigen Kapiteln mit der Darstellung der Verteilung eines Merkmals und mit Maßzahlen zur Charakterisierung ihrer Gestalt besch¨ aftigt. Wie in Kapitel 1 angesprochen, werden in der Regel mehrere Merkmale gleichzeitig erhoben. Neben der Verteilung der einzelnen Merkmale interessieren wir uns daher auch f¨ ur die gemeinsame Verteilung zweier (oder mehrerer) Merkmale und den Zusammenhang zwischen den Merkmalen. In diesem Kapitel behandeln wir Maßzahlen, die die St¨arke und – falls dies sinnvoll interpretierbar ist – die Richtung des Zusammenhangs angeben. Diese Maßzahlen h¨ angen zum einen vom Skalenniveau der beiden Merkmale ab. Zum anderen haben die verschiedenen Maßzahlen, die bei einem Skalenniveau Anwendung finden, in bestimmten Situationen unterschiedliche Eigenschaften, was bei ihrer Anwendung und Interpretation zu ber¨ ucksichtigen ist. Liegt ein Zusammenhang vor, so kann dieser Zusammenhang auch durch ein Modell, d. h. durch eine funktionale Beziehung zwischen den beiden Merkmalen ausgedr¨ uckt werden. In Kapitel 5 wird diese Modellbildung ausf¨ uhrlich behandelt.
4.1 Darstellung der Verteilung zweidimensionaler Merkmale Bevor wir die einzelnen Zusammenhangsmaße und deren Eigenschaften behandeln, besch¨ aftigen wir uns zun¨ achst mit den verschiedenen Darstellungsformen f¨ ur die Verteilungen eines zweidimensionalen Merkmals. Die Darstellung h¨ angt dabei – ebenso wie die Maßzahlen – vom Skalenniveau der einzelnen Merkmale ab. 4.1.1 Kontingenztafeln bei diskreten Merkmalen Sind die beiden Merkmale X und Y diskret, so gibt es nur eine definierte endliche Anzahl an m¨ oglichen Kombinationen von Merkmalsauspr¨agungen. Seien x1 , . . . , xk die Merkmalsauspr¨ agungen von X und y1 , . . . , yl die Merkmalsauspr¨ agungen von Y . Dann k¨ onnen die gemeinsamen Merkmalsauspr¨agungen (xi , yj ) und ihre jeweiligen absoluten H¨aufigkeiten nij , i = 1, . . . , k;
100
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
j = 1, . . . , l in der folgenden k × l-Kontingenztafel (Tabelle 4.1) angegeben werden. Tabelle 4.1. Schema einer k × l-Kontingenztafel
Merkmal X
x1 .. . xi .. . xk
Merkmal yj · · · n1j .. . · · · nij .. . · · · nkj · · · n+j
y1 n11 .. . ni1 .. . nk1 n+1
Y ··· ··· ··· ···
yl n1l .. . nil .. . nkl n+l
n1+ .. . ni+ .. . nk+ n
Die Notation ni+ bezeichnet die i-te Zeilensumme, d.h. Summation u ¨ber l den Index j gem¨ aß ni+ = n . Analog erh¨ a lt man die j-te Spaltenj=1 ij k summe n+j durch Summation u ¨ber den Index i als n+j = i=1 nij . Der Gesamtumfang aller Beobachtungen ist dann n=
k
ni+ =
i=1
l j=1
n+j =
k l
nij .
i=1 j=1
Vier-Felder-Tafeln. Ein Spezialfall ist die sogenannte Vier-Felder-Tafel bzw. 2 × 2-Kontingenztafel. Die beiden Merkmale sind in diesem Fall bin¨ar oder dichotom. Hierf¨ ur gibt es zum einen spezielle Maßzahlen, wie wir im Folgenden sehen werden. Zum anderen verwendet man hier eine spezielle Notation (Tabelle 4.2). Tabelle 4.2. Schema einer 2 × 2-Kontingenztafel
Merkmal X
x1 x2
Merkmal Y y1 y2 a b c d a+c b+d
a+b c+d n
Beispiel 4.1.1. Wir wollen 20 Frageb¨ ogen unserer Studentenbefragung exemplarisch in eine Kontingenztafel eintragen. Hierzu betrachten wir das Merkmal ‘Geschlecht’ (X) und das Merkmal ‘Studienfach’ (Y ), die in zwei (m¨annlich, weiblich) bzw. drei Kategorien (BWL, VWL und Sonstige) vorliegen. Die Datenmatrix in Abbildung 4.1 zeigt die Ausgangsdaten. Student 1 ist m¨ annlich und studiert BWL, er liefert also einen Eintrag/Strich in der Zelle (m¨ annlich, BWL) der 2 × 3-Kontingenztafel:
4.1 Darstellung der Verteilung zweidimensionaler Merkmale
ID 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Geschlecht m¨ annlich weiblich m¨ annlich weiblich m¨ annlich weiblich weiblich m¨ annlich m¨ annlich weiblich weiblich weiblich m¨ annlich m¨ annlich weiblich m¨ annlich m¨ annlich weiblich weiblich weiblich
Studienfach BWL VWL Sonstige BWL VWL Sonstige BWL VWL VWL Sonstige Sonstige BWL VWL Sonstige BWL BWL VWL Sonstige VWL Sonstige
101
Abb. 4.1. Beobachtete Werte der 20 Frageb¨ ogen
BWL
VWL
Sonstige
m¨ annlich weiblich Student 2 ist weiblich und studiert VWL. Es kommt also ein Eintrag in die Zelle (weiblich, VWL) hinzu: BWL
VWL
Sonstige
m¨ annlich weiblich Nach Eintrag aller Studenten in die Kontingenztafel erhalten wir: BWL
VWL
Sonstige
m¨ annlich weiblich bzw. m¨ annlich weiblich
BWL 2 4 6
VWL 5 2 7
Sonstige 2 5 7
9 11 20
Alternativ h¨ atten wir auch eine dazu gleichwertige 3 × 2-Tafel durch Vertauschen von X und Y erzeugen k¨ onnen:
102
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
BWL VWL Sonstige
m¨ annlich 2 5 2 9
weiblich 4 2 5 11
6 7 7 20
Mit Hilfe der Kontingenztafel ist es uns also gelungen, die bereits bei 20 Beobachtungen un¨ ubersichtliche Datenmenge aus Abbildung 4.1 in kompakter Form darzustellen. Gemeinsame Verteilung, Randverteilung und bedingte Verteilung. In der Kontingenztafel in Tabelle 4.1 sind die absoluten H¨aufigkeiten angegen ben. Alternativ k¨ onnen auch die relativen H¨ aufigkeiten fij = nij verwendet werden. Die H¨ aufigkeiten nij bzw. fij , i = i, . . . , k; j = 1, . . . , l stellen die gemeinsame Verteilung des zweidimensionalen Merkmals dar. Die H¨aufigkeiten ni+ bzw. fi+ sind die H¨ aufigkeiten der Randverteilung von X, die H¨ aufigkeiten n+j bzw. f+j sind die H¨ aufigkeiten der Randverteilung von Y . Die Randverteilungen sind dabei nichts anderes als die jeweiligen Verteilungen der Einzelmerkmale. Daneben ist man h¨ aufig an der Verteilung eines Merkmals bei Vorliegen einer bestimmten Auspr¨ agung des anderen Merkmals interessiert. So k¨onnte beispielsweise die Geschlechtsverteilung bei den BWL-Studenten von Interesse sein. Damit sind die relativen H¨ aufigkeiten nicht durch Adjustierung auf den Gesamtstichprobenumfang n, sondern auf den Teilstichprobenumfang nBWL gegeben. Allgemein ist die bedingte Verteilung von X gegeben Y = yj definiert durch nij . (4.1) fi|j = n+j Beispiel 4.1.2. Nehmen wir die in Beispiel 4.1.1 erzeugte 2×3-Kontingenztafel. Ihre gemeinsame Verteilung mit den relativen H¨aufigkeiten ist gegeben durch m¨ annlich weiblich
BWL 0.1 0.2
VWL 0.25 0.1
Sonstige 0.1 0.25
Die Randverteilungen von X und Y sind gegeben durch fi
m¨ annlich 0.45
weiblich 0.55
fj
BWL 0.3
Die bedingten Verteilungen von X gegeben Y sind fi|BWL fi|VWL fi|Sonstige
m¨ annlich weiblich 0.33 0.67 m¨ annlich weiblich 0.71 0.29 m¨ annlich weiblich 0.29 0.71
VWL 0.35
Sonstige 0.35
4.1 Darstellung der Verteilung zweidimensionaler Merkmale
103
und die bedingten Verteilungen von Y gegeben X sind BWL 0.22 BWL 0.36
fj|m¨annlich fj|weiblich
VWL 0.56 VWL 0.18
Sonstige 0.22 Sonstige 0.46
In Abbildung 4.2 ist die gemeinsame Verteilung als SPSS-Kontingenztafel sowohl mit den absoluten als auch mit den relativen H¨aufigkeiten dargestellt. Zus¨ atzlich sind die beiden Randverteilungen angegeben. In Abbildung 4.3 sind die bedingten Verteilungen des Geschlechts gegeben das Studienfach und die bedingten Verteilungen des Studienfachs gegeben das Geschlecht als Kontingenztafel dargestellt.
Geschlecht
männlich weiblich
Total
Count % of Total Count % of Total Count % of Total
BWL 2 10.0% 4 20.0% 6 30.0%
Studienfach VWL Sonstige 5 2 25.0% 10.0% 2 5 10.0% 25.0% 7 7 35.0% 35.0%
Total 9 45.0% 11 55.0% 20 100.0%
Abb. 4.2. Kontingenztafel Geschlecht × Studienfach in SPSS
% within Studienfach
Geschlecht Total
männlich weiblich
% within Geschlecht BWL 33.3% 66.7% 100.0%
Studienfach VWL Sonstige 71.4% 28.6% 28.6% 71.4% 100.0% 100.0%
Total 45.0% 55.0% 100.0%
Geschlecht Total
männlich weiblich
BWL 22.2% 36.4% 30.0%
Studienfach VWL Sonstige 55.6% 22.2% 18.2% 45.5% 35.0% 35.0%
Total 100.0% 100.0% 100.0%
Abb. 4.3. Bedingte Verteilungen in SPSS-Darstellung
4.1.2 Grafische Darstellung bei diskreten Merkmalen In Anlehnung an die Darstellung in der Kontingenztafel k¨onnte man die gemeinsame Verteilung zweier diskreter Merkmale in einer dreidimensionalen Grafik darstellen. Die Merkmalsauspr¨agungen der beiden Merkmale w¨ urden dann eine Ebene aufspannen und die absoluten bzw. relativen H¨aufigkeiten stellen analog zum Balkendiagramm die Balkenh¨ohe in der dritten Dimension dar. Bei der Visualisierung dreidimensionaler Grafiken besteht jedoch das Problem, dass diese Grafik in den zweidimensionalen Raum (Bildschirm,
104
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Papier) projiziert wird. Damit h¨ angt die Darstellung stark vom Betrachtungspunkt ab. Dies birgt die Gefahr von Fehlinterpretationen, falls der Betrachtungspunkt ung¨ unstig gew¨ ahlt wurde. Daher ist es sinnvoller, die notwendige Projektion bereits von vornherein durchzuf¨ uhren, indem man in einem zweidimensionalen Balkendiagramm innerhalb jeder Auspr¨agung des ersten Merkmals die verschiedenen Auspr¨ agungen des anderen Merkmals angibt (Abbildung 4.4). Alternativ zu dieser genesteten Darstellung kann man auch die gestapelte Form w¨ ahlen, bei der die Balken innerhalb des ersten Merkmals nicht nebeneinander sondern u ¨bereinander angeordnet sind (Abbildung 4.5). Die Darstellung der Randverteilungen entspricht dem eindimensionalen Balkendiagramm aus Abschnitt 2.3.1. Bei der grafischen Darstellung der bedingten Verteilungen k¨ onnen wir entweder die genestete Form w¨ahlen, wobei jeweils die gleichfarbigen Balken eine bedingte Verteilung darstellen (Abbildung 4.6), oder wir verwenden die gestapelte Darstellung (Abbildung 4.7), bei der die verschieden schraffierten Anteile eines Balkens die bedingte Verteilung charakterisieren. Beispiel 4.1.3. Wir stellen nun die Verteilungen aus Beispiel 4.1.2 grafisch dar. Abbildung 4.4 zeigt die gemeinsame Verteilung der beiden Merkmale in genesteter Form. Die Balkenh¨ ohen entsprechen den absoluten H¨aufigkeiten. Die gestapelte Darstellung der gemeinsamen Verteilung findet man in Abbildung 4.5. Die gesamte Balkenh¨ ohe entspricht dabei der kumulierten absoluten H¨aufigkeit der M¨ anner bzw. Frauen. Damit ist zugleich die Randverteilung des Merkmals ‘Geschlecht’ dargestellt. Die verschiedenfarbigen Abschnitte eines Balkens charakterisieren die absoluten H¨aufigkeiten der gemeinsamen Verteilung. In SPSS kann die gemeinsame Verteilung nur mit den absoluten ¨ H¨aufigkeiten dargestellt werden. Da der Ubergang zu den relativen H¨aufigkeiten nur die Achsenbeschriftung, nicht aber die Verteilungsgestalt beeinflusst, ist dies kein entscheidender Nachteil. Die grafische Darstellung der bedingten Verteilung ist sowohl mit Hilfe der genesteten als auch mit der gestapelten Form m¨oglich. Abbildung 4.6 zeigt die verschachtelte Darstellung der bedingten Verteilungen des Geschlechts gegeben die verschiedenen Studienf¨ acher. Die Balken gleicher Farbe stellen jeweils eine bedingte Verteilung dar. Abbildung 4.7 stellt die bedingten Verteilungen des Studienfachs gegeben das Geschlecht in gestapelter Form dar, wobei jeder Balken eine bedingte Verteilung mit den kumulierten relativen H¨aufigkeiten charakterisiert. Die gemeinsame Verteilung der ersten 20 Frageb¨ogen in Abbildung 4.4 zeigt, dass die Kombinationen (m¨ annlich, VWL) und (weiblich, Sonstiges) am h¨ aufigsten vorkommen. In der gestapelten Darstellung k¨onnen wir zus¨atzlich ablesen, dass bei M¨ annern und Frauen die absolute H¨aufigkeit der Wirtschaftswissenschaftler (BWL und VWL) fast gleich ist. Bei den bedingten Verteilungen erkennt man, dass die meisten M¨ anner VWL studieren, w¨ahrend bei BWL und Sonstigen die Frauen u ¨berwiegen.
6
Anzahl
Anzahl
4.1 Darstellung der Verteilung zweidimensionaler Merkmale
12
5
10
4
8
3
6
2
4
Studienfach
Studienfach
BWL
Sonstige
1
2 VWL
VWL
Sonstige
0 männlich
BWL
0
weiblich
männlich
Geschlecht
weiblich Geschlecht
Abb. 4.4. Gemeinsame Verteilung mit den absoluten H¨ aufigkeiten 80
Abb. 4.5. Gemeinsame Verteilung in ‘gestapelter’ Darstellung Prozent
Prozent
105
100 90 80
60 70 60 50
40
40 Studienfach
Studienfach
30
20 BWL
20
Sonstige
VWL
10
VWL
Sonstige
0 männlich
weiblich Geschlecht
Abb. 4.6. Bedingte Verteilungen des Geschlechts gegeben das Studienfach
0
BWL männlich
weiblich Geschlecht
Abb. 4.7. Bedingte Verteilungen des Studienfachs gegeben das Geschlecht
4.1.3 Maßzahlen zur Beschreibung der Verteilung bei stetigen und gemischt stetig-diskreten Merkmalen Ist eines der beiden Merkmale stetig, so gibt es in der Regel sehr viele verschiedene Kombinationen von Merkmalsauspr¨ agungen. Die Auflistung der vorkommenden Merkmalsauspr¨ agungen bietet damit keinen Informationsgewinn im Vergleich zu den einzelnen Beobachtungen. Ist das eine Merkmal diskret und das andere Merkmal stetig, so ist in der Regel die Darstellung der bedingten Verteilungen des stetigen Merkmals gegeben die Auspr¨agungen des diskreten Merkmals die gebr¨ auchliche Darstellung. In Analogie zu Kapitel 3 k¨ onnen wir diese bedingten Verteilungen durch die dort behandelten Lageund Streuungsmaßzahlen beschreiben. Sind beide Merkmale stetig, so liegen in jeder bedingten Verteilung nur eine oder wenige Beobachtungen. Ihre Darstellung ist daher weder praktikabel noch sinnvoll, da beispielsweise die Frage nach der Verteilung des Gewichts gegeben eine K¨orpergr¨oße von exakt 173 cm nicht interessiert. Die gemeinsame Verteilung der beiden stetigen Merkmale kann im Gegensatz dazu durch Maßzahlen charakterisiert werden. Hierzu gibt man den Vektor der Maßzahlen der einzelnen Randverteilungen
106
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
an. Das arithmetische Mittel ist dann beispielsweise (¯ x, y¯) usw. Eine Maßzahl, die nicht auf die Randverteilung sondern direkt auf die gemeinsame Verteilung zweier stetiger Merkmale abzielt, ist die Kovarianz, die in Abschnitt 4.4 behandelt wird. Beispiel 4.1.4. Zus¨ atzlich zu den Merkmalen ‘Geschlecht’ und ‘Studienfach’ sind in Abbildung 4.8 die Werte der Merkmale ‘Gewicht’ und ‘K¨orpergr¨oße’ f¨ ur die ersten 20 Frageb¨ ogen angegeben.
ID 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Geschlecht m¨ annlich weiblich annlich m¨ weiblich m¨ annlich weiblich weiblich m¨ annlich m¨ annlich weiblich weiblich weiblich m¨ annlich m¨ annlich weiblich m¨ annlich m¨ annlich weiblich weiblich weiblich
Studienfach BWL VWL Sonstige BWL VWL Sonstige BWL VWL VWL Sonstige Sonstige BWL VWL Sonstige BWL BWL VWL Sonstige VWL Sonstige
K¨ orpergr¨ oße 183 179 164 176 180 171 177 192 180 171 174 178 186 179 168 180 178 175 169 150
Gewicht 90 54 50 61 80 64 80 72 65 61 54 73 85 70 62 80 67 57 60 50
Abb. 4.8. Werte der ersten 20 Frageb¨ ogen
Betrachten wir zun¨ achst das zweidimensionale Merkmal (Y, X), bestehend aus der ‘K¨ orpergr¨ oße’ (Y ) und dem ‘Geschlecht’ (X). Da es sich um ein gemischt stetig-diskretes Merkmal handelt, ist die Darstellung der bedingten Verteilungen der K¨ orpergr¨ oße f¨ ur die M¨ anner bzw. Frauen von Interesse. Die entsprechenden Lage- und Streuungsmaßzahlen sind im SPSS-Output in Abbildung 4.9 angegeben. Interessieren wir uns f¨ ur das stetige zweidimensionale Merkmal ‘K¨ orpergr¨ oße’ (X) und ‘K¨ orpergewicht’ (Y ), so k¨onnen wir nur die Maßzahlen der beiden Randverteilungen heranziehen (Abbildung 4.10). W¨ ahrend die bedingten Verteilungen das zweidimensionale Merkmal (K¨orpergr¨ oße, Geschlecht) gut charakterisieren, k¨ onnen die Randverteilungen von K¨ orpergr¨ oße und K¨ orpergewicht keinen Aufschluss u ¨ber den Zusammenhang der beiden Merkmale geben. Hier ben¨ otigt man die im n¨achsten Abschnitt beschriebene grafische Darstellung.
4.1 Darstellung der Verteilung zweidimensionaler Merkmale
Geschlecht männlich weiblich
Körpergröße in cm Körpergröße in cm
Valid N 9 11
Mean 180.22 171.64
Median 180.00 174.00
Mode 180 171
Std. Deviation 7.50 8.05
107
Variance 56.19 64.85
Abb. 4.9. Lage- und Streuungsmaßzahlen der bedingten Verteilungen der K¨ orpergr¨ oße gegeben das Geschlecht
Körpergröße in cm Körpergewicht in kg
Valid N 20 20
Mean 175.50 66.75
Median 177.50 64.50
Mode 180 80
Std. Deviation 8.77 11.71
Variance 77.00 137.04
Abb. 4.10. Lage- und Streuungsmaßzahlen der Randverteilungen der K¨ orpergr¨ oße und des K¨ orpergewichts
4.1.4 Grafische Darstellung der Verteilung stetiger bzw. gemischt stetig-diskreter Merkmale Neben der Darstellung der Verteilungen durch Maßzahlen k¨onnen wir auch grafische Darstellungsformen w¨ahlen, die insbesondere bei stetigen Merkmalen die gemeinsame Verteilung besser charakterisieren. Zur Darstellung der gemeinsamen Verteilung verwendet man den sogenannten Scatterplot (Streudiagramm). Hier werden die Wertepaare (xi , yi ) in ein X-Y -Koordinatensystem eingezeichnet. Abbildung 4.11 zeigt den Scatterplot zweier stetiger Merkmale. Im Scatterplot in Abbildung 4.12 ist das eine Merkmal diskret. In diesem Fall ist die Darstellung der bedingten Verteilung der Darstellung der gemeinsamen Verteilung vorzuziehen. Hierzu verwenden wir die in den Kapiteln 2 und 3 vorgestellten Histogramme (Abbildung 4.14) bzw. Box-Plots (Abbildung 4.15). Die bedingten Verteilungen k¨onnen aber auch als empirische Verteilungsfunktion (Abbildung 4.13) dargestellt werden. Beispiel. Betrachten wir die Ergebnisse aller 253 Frageb¨ogen der Umfrage Statistik f¨ ur Wirtschaftswissenschaftler“ aus Beispiel 1.3.1. Die gemeinsame ” Verteilung der beiden stetigen Merkmale ‘K¨orpergr¨oße’ und ‘K¨orpergewicht’ ist als Scatterplot (Abbildung 4.11) dargestellt. Es ist ein Zusammenhang zwischen den beiden Merkmalen erkennbar, da große Personen auch hohe Gewichtswerte haben und kleine Personen niedrige Gewichtswerte. Der Scatterplot des stetig-diskreten Merkmals ‘K¨orpergr¨oße’ und ‘Geschlecht’ (Abbildung 4.12) zeigt, dass die verschiedenen K¨orpergr¨oßen bei den M¨annern bzw. Frauen jeweils auf einer Linie liegen. Der Abstand zwischen diesen beiden Punktlinien ist rein willk¨ urlich durch die Kodierung 1 = Frauen und 2 = M¨anner. Er hat aber keine interpretierbare Bedeutung, da bei diskreten Merkmalen keine Abst¨ande definiert sind. Deshalb ist die Darstellung der bedingten Verteilung wesentlich sinnvoller. Zur Darstel-
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
200
200
190
190
180
180
170
170
160
160
Körpergröße in cm
Körpergröße in cm
108
150
140 40
50
60
70
80
90
100
110
150
140 0
Körpergewicht in kg
1
2
3
Geschlecht
Abb. 4.11. Scatterplot der Merkmale ‘K¨ orpergr¨ oße’ und ‘K¨ orpergewicht’
Abb. 4.12. Scatterplot der Merkmale ‘Geschlecht’ und ‘K¨ orpergr¨ oße’
lung der bedingten empirischen Verteilungsfunktion berechnen wir zun¨achst die Punkte ej , F (ej ) der beiden bedingten Verteilungen, wie in Abschnitt 2.2 und zeichnen dann beide Kurven in ein Diagramm ein (Abbildung 4.13). 1
0.75
0.5
0.25
0 140
150
160
170
180
190
Abb. 4.13. Verteilungsfunktion des Merkmals K¨ orpergr¨ oße, gruppiert nach dem Merkmal Geschlecht; gepunktete Linie: Verteilungsfunktion der K¨ orpergr¨ oße bei den Frauen; durchgezogene Linie: Verteilungsfunktion bei den M¨ annern
Alternativ k¨ onnen wir die bedingten Verteilungen auch durch Histogramme (Abbildung 4.14) bzw. Box-Plots (Abbildung 4.15) darstellen. In SPSS ist beim Histogramm im Gegensatz zu den Box-Plots die Anordnung in einer einzigen Grafik nicht m¨ oglich. Die Verteilungsfunktionen zeigen, dass bei jedem Wert der K¨orpergr¨oßenskala der kumulierte Frauenanteil stets gr¨ oßer oder gleich dem kumulierten M¨ anneranteil ist. Die Verteilung der K¨ orpergr¨oße bei den Frauen ist also
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
30
109
40
30
20
20
10
10
0
0
150.0 - 152.5
165.0 - 167.5 157.5 - 160.0
180.0 - 182.5 172.5 - 175.0
195.0 - 197.5 187.5 - 190.0
150.0 - 152.5
165.0 - 167.5 157.5 - 160.0
Körpergröße in cm
180.0 - 182.5 172.5 - 175.0
195.0 - 197.5 187.5 - 190.0
Körpergröße in cm
Abb. 4.14. Bedingte Verteilung der K¨ orpergr¨ oße bei Frauen (links) bzw. M¨ annern (rechts) als Histogramm
210
200 112 210
190
180
170 163
Körpergröße in cm
160
150
67
140 N=
98
141
weiblich
männlich
Geschlecht
Abb. 4.15. Box-Plot der bedingten Verteilungen der K¨ orpergr¨ oße gegeben Geschlecht
gegen¨ uber der der M¨ anner nach links verschoben, was auch durch den Vergleich der Histogramme deutlich wird. Das heißt, Frauen scheinen kleiner als M¨anner zu sein. Der Box-Plot zeigt dar¨ uber hinaus, dass die Streuung bei den M¨ annern geringer ist als bei den Frauen.
4.2 Maßzahlen fu ¨ r den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale Wir behandeln zun¨ achst Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang nominaler Merkmale. Da bei nominalen Merkmalen die Anordnung der Merkmalsauspr¨agun-
110
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
gen willk¨ urlich ist, geben diese Maßzahlen nur an, ob ein Zusammenhang vorliegt. So ist bei einem Zusammenhang zwischen nominalen Merkmalen beispielsweise die Angabe einer Richtung im Gegensatz zu ordinalen oder metrischen Merkmalen nicht m¨ oglich. Man spricht daher allgemein von Assoziation. Eine Ausnahme stellt die Vier-Felder-Tafel dar. Da es nur jeweils zwei Auspr¨ agungen gibt, kann die Art des Zusammenhangs in diesem Fall durch eine Richtungsangabe beschrieben werden. Unabh¨ angigkeit. Wir besch¨ aftigen uns im folgenden mit Maßzahlen, die den Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen messen. Vorher m¨ ussen wir aber erst festlegen, was wir unter der Unabh¨ angigkeit der Merkmale – d. h. zwischen ihnen besteht kein Zusammenhang – verstehen. Intuitiv w¨ urden wir zwei Merkmale als voneinander unabh¨ angig betrachten, wenn die Auspr¨agung eines Merkmals keinen Einfluss auf die Auspr¨agung des anderen Merkmals hat. Formal entspricht dies der Tatsache, dass alle bedingten Verteilungen eines Merkmals gegeben das andere Merkmal gleich sind. Sie sind dann auch gleich der Randverteilung: fi|j = fi+
und fj|i = f+j ,
i = 1, . . . , k; j = 1, . . . , l
(4.2)
Die gemeinsame Verteilung zweier Merkmale l¨asst sich allgemein darstellen als fij = fi|j f+j bzw. als fij = fj|i fi+ . Damit gilt im Fall der Unabh¨angigkeit, dass die gemeinsame Verteilung gleich dem Produkt der Randverteilungen ist fij = fi+ f+j .
(4.3)
Die mit Hilfe von (4.3) berechneten relativen H¨aufigkeiten bezeichnet man auch als (unter der Annahme der Unabh¨ angigkeit) erwartete relative H¨ aufigkeiten. Die erwarteten absoluten H¨ aufigkeiten berechnen sich daraus als ni+ n+j ni+ n+j = . nij = n fij = n n n n Ein exakter Zusammenhang liegt vor, falls durch die Kenntnis der Merkmalsauspr¨ agung des einen Merkmals auch die Merkmalsauspr¨agung des anderen Merkmals bekannt ist. Im Fall der quadratischen k ×k-Tafel ist diese Beziehung symmetrisch. In diesem Fall ist in jeder Zeile und jeder Spalte nur eine Zelle besetzt, wobei die gemeinsame H¨ aufigkeit gleich den Randh¨aufigkeiten ist. Diese Situation ist in Tabelle 4.3 dargestellt. Im Fall einer k × lKontingenztafel, bei der k < l ist, sprechen wir von einem exakten Zusammenhang, falls bei Kenntnis der Merkmalsauspr¨agung von Y (des Merkmals mit der gr¨ oßeren Anzahl an Auspr¨ agungen) die Merkmalsauspr¨agung von X bekannt ist. In diesem Fall ist also in jeder Spalte nur eine Zelle besetzt, die gemeinsame H¨ aufgkeit ist gleich der Randh¨ aufigkeit des Merkmals Y . Diese Situation ist in Tabelle 4.4 dargestellt.
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
111
Tabelle 4.3. Exakter Zusammenhang in einer 3 × 3-Kontingenztafel x1 x2 x3
y1 n+1 = n1+ 0 0
y2 0 0 n+2 = n3+
y3 0 n+3 = n2+ 0
Tabelle 4.4. Exakter Zusammenhang in einer 2 × 3-Kontingenztafel x1 x2
y1 n+1 0
y2 n+2 0
y3 0 n+3
4.2.1 Pearsons χ2 -Statistik Die Grundlage einer Reihe von Maßzahlen ist die χ2 -Statistik von Pearson, die die beobachteten Zellh¨ aufigkeiten der k × l-Kontingenztafel mit den unter der Annahme der Unabh¨ angigkeit zu erwartenden Zellh¨aufigkeiten in Beziehung setzt. Dabei wird der quadratische Abstand zwischen beobachteten und erwarteten Zellh¨ aufigkeiten in Relation zu den erwarteten H¨aufigkeiten berechnet: 2 n n k l nij − i+n +j χ2 = . (4.4) ni+ n+j i=1 j=1 n In der speziellen Notation der Vier-Felder-Tafel (vgl. Tabelle 4.2) erhalten wir f¨ ur die χ2 -Statistik (4.4) χ2 =
n(ad − bc)2 . (a + b)(c + d)(a + c)(b + d)
(4.5)
Nach Aufl¨ osung der quadratischen Gleichung (4.4) ergibt sich die alternative Berechnungsformel ⎛ ⎞ k l 2 n ij χ2 = n ⎝ (4.6) − 1⎠ . n n i+ +j i=1 j=1
Sind die beiden Merkmale unabh¨ angig, so sind die beobachteten H¨aufigkeiten gleich den erwarteten H¨ aufigkeiten. Die χ2 -Statistik nimmt damit den Wert Null an. Je mehr die beobachteten H¨ aufigkeiten von den unter der Annahme der Unabh¨ angigkeit zu erwartenden H¨ aufigkeiten abweichen, desto gr¨oßer wird der Wert der χ2 -Statistik. Im Fall des exakten Zusammenhangs nimmt die χ2 -Statistik den Maximalwert n (min(k, l) − 1) an. Dies l¨asst sich leicht anhand von (4.6) zeigen: Sei ohne Beschr¨ ankung der Allgemeinheit k ≤ l, dann ist nij = n+j , wie wir in Tabelle 4.4 sehen. Damit wird
112
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
⎛ ⎞ ⎞ k l 2 n nij n+j ij − 1⎠ = n ⎝ − 1⎠ χ2 = n ⎝ n n n n i+ +j i=1 j=1 i=1 j=1 i+ +j ⎛ ⎞ l k 1 = n⎝ nij − 1⎠ = n (k − 1) n i=1 i+ j=1 ⎛
k l
Weiterhin ist die χ2 -Statistik ein symmetrisches Maß, d. h. der χ2 -Wert ist invariant gegen eine Vertauschung von X und Y . Beispiel 4.2.1. Wir wollen nun den Zusammenhang zwischen dem Studienfach und dem Geschlecht bei unserer Studentenbefragung untersuchen. Hierzu verwenden wir wiederum exemplarisch die 20 Frageb¨ogen aus Beispiel 4.1.1, die in der Kontingenztafel auf Seite 101 dargestellt sind. Berechnen wir den χ2 -Wert mit Hilfe von (4.4), so m¨ ussen wir zun¨achst die unter der Annahme der Unabh¨ angigkeit zu erwartenden Zellh¨ aufigkeiten berechnen. F¨ ur die Zelle (m¨ annlich, BWL) berechnet sich die erwartete Zellh¨aufigkeit beispielsweise als 9·6 nm¨annlich nBWL = = 2.7 . n 20 Wir erhalten schließlich die folgende Kontingenztafel mit den unter der Annahme der Unabh¨ angigkeit zu erwartenden Zellh¨aufigkeiten, die man auch als Unabh¨ angigkeitstafel bezeichnet: m¨ annlich weiblich
BWL 2.7 3.3
VWL 3.15 3.85
Sonstige 3.15 3.85
Damit berechnet sich die χ2 -Statistik gem¨ aß (4.4) als (5 − 3.15)2 (2 − 3.15)2 (2 − 2.7)2 + + 2.7 3.15 3.15 (2 − 3.85)2 (5 − 3.85)2 (4 − 3.3)2 + + + 3.3 3.85 3.85 = 0.18158 + 1.08651 + 0.41984 + 0.14848 + 0.88896 + 0.34351 = 3.06878 .
χ2 =
Alternativ k¨ onnen wir den χ2 -Wert auch gem¨aß (4.6) berechnen:
2 52 22 42 22 52 2 + + + + + −1 χ2 = 20 9 · 6 9 · 7 9 · 7 11 · 6 11 · 7 11 · 7 = 20 (0.07407 + 0.39683 + 0.06349 + 0.24242 + 0.05195 + 0.32468 − 1) = 3.06878 .
Es besteht also ein Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Studienfach. Da der Maximalwert der χ2 -Statistik hier bei 20(2 − 1) = 20 liegt, ist der Zusammenhang als schwach einzustufen.
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
Geschlecht
männlich weiblich
Total
Count Expected Count Count Expected Count Count Expected Count
Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases
Value df 3.069a 2 3.136 2 .060 1 20
BWL 2 2.7 4 3.3 6 6.0
Studienfach VWL Sonstige 5 2 3.2 3.2 2 5 3.9 3.9 7 7 7.0 7.0
113
Total 9 9.0 11 11.0 20 20.0
Asymp. Sig. (2-sided) .216 .208 .806
a. 6 cells (100.0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 2.70.
Abb. 4.16. SPSS-Listing zu Beispiel 4.2.1
In Abbildung 4.16 ist das entsprechende SPSS-Listing zu sehen. Hier sind in der Kontingenztafel neben den beobachteten H¨aufigkeiten auch die erwarteten H¨ aufigkeiten angegeben. Die χ2 -Statistik ist mit ‘Pearson ChiSquare’ bezeichnet. Die beiden anderen Maßzahlen spielen ebenso wie ‘df’ und ‘Asymp. Sig.’ erst in der induktiven Statistik eine Rolle. Die χ2 -Statistik h¨angt – wie wir gezeigt haben – sowohl vom Erhebungsumfang n als auch von der Dimension der Kontingenztafel ab. Bei großen absoluten H¨aufigkeiten in einer Kontingenztafel wird aus Gr¨ unden ¨ der Ubersichtlichkeit meist die Einheit ver¨andert. Die dargestellten absoluten H¨ aufigkeiten der Kontingenztafel sind mit dem gew¨ahlten einheitlichen Faktor A > 0 (Maßeinheit) zu multiplizieren. Beispiel 4.2.2. Es soll untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Stellung im Beruf besteht. Die folgende Kontingenztafel gibt die Erwerbst¨atigen nach Geschlecht und Stellung im Beruf, BRD 1992, in Mio., an. Selbst¨andige mithelfende Familienang. Angestellte
m¨annlich 2.3 0.1 19.2
weiblich 0.8 0.4 14.1
Die Angabe in der Kontingenztafel erfolgt in Mio., d. h. die dargestellten absoluten H¨ aufigkeiten sind mit dem Faktor A = 1 000 000 zu multiplizieren. F¨ ur die transformierten absoluten H¨aufigkeiten (Symbol ˜“ ) gelten fol” ˜ i+ = A ni+ , n ˜ +j = A n+j und n ˜ → A n. Dagende Beziehungen: n ˜ ij = A nij , n 2 mit gilt folgender Zusammenhang f¨ ur die Berechnung der χ -Statistik gem¨aß
114
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
(4.4) A2 ni+ n+j 2 ) An A2 ni+ n+j An
A2 (nij − ni+ n+j )2 n = A χ2alt . n n A i+n +j (4.7) Die Berechnung des χ2 -Wertes mit den angegebenen Werten der Kontingenztafel (ohne Faktor A) liefert also einen falschen χ2 -Wert. Die Beziehung (4.7) kann jedoch zur vereinfachten Berechnung der χ2 -Statistik verwendet werden. χ2neu
=
(Anij −
=
Beispiel 4.2.3. Wir berechnen nun den χ2 -Wert in Beispiel 4.2.2 unter Verwendung von (4.7). Aus der Kontingenztafel auf S. 113 berechnen wir mit (4.6) den (inkorrekten) Wert 2.32 0.82 0.12 0.42 χ2alt = 36.9 + + + 3.1 · 21.6 3.1 · 15.3 0.5 · 21.6 0.5 · 15.3
14.12 19.22 + − 1 = 0.630 + 33.3 · 21.6 33.3 · 15.3 und erhalten damit nach Multiplikation mit A = 1 000 000 den korrekten Wert χ2neu = 1 000 000 · 0.630 = 629 631.09 4.2.2 Phi-Koeffizient Der Phi-Koeffizient Φ bereinigt die Abh¨ angigkeit der χ2 -Statistik vom Erhebungsumfang n durch folgende Normierung χ2 . (4.8) Φ= n Der Phi-Koeffizient nimmt im Fall der Unabh¨angigkeit ebenso wie die χ2 Statistik den Wert Null an. Der Maximalwert des Phi-Koeffizienten ist ! n(min(k,l)−1) = min(k, l) − 1. n In der speziellen Notation der Vier-Felder-Tafel l¨asst sich Φ auch direkt berechnen als ad − bc Φ= ! . (4.9) (a + b)(c + d)(a + c)(b + d)
In diesem Fall ist es m¨ oglich – wie oben bereits erw¨ahnt – die Art des Zusammenhangs durch eine Richtungsangabe zu beschreiben. Φ ist positiv, falls ad > bc ist, und negativ, falls ad < bc ist. Der Maximalwert ist bei einer 2 × 2-Tafel Eins. Φ liegt also im Intervall [−1; 1], wobei −1 einem exakten negativen Zusammenhang und +1 einem exakten positiven Zusammenhang entspricht. Diese beiden Situationen sind in der folgenden Abbildung 4.17 schematisch dargestellt.
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
Merkmal X
x1 x2
Merkmal Y y2 y1 a 0 0 d
Merkmal X
x1 x2
115
Merkmal Y y2 y1 0 b c 0
Abb. 4.17. Exakter positiver bzw. negativer Zusammenhang
Beispiel 4.2.4. Wir berechnen nun f¨ ur den Zusammenhang zwischen Studienfach und Geschlecht aus Beispiel 4.2.1 den Phi-Koeffizienten gem¨aß (4.8): 3.069 = 0.392 . Φ= 20 Die F¨ acher BWL und VWL sind bez¨ uglich ihrer Studieninhalte sehr ¨ahnlich. Wir gehen deshalb davon aus, dass eventuelle Geschlechtsunterschiede eher zwischen diesen wirtschaftswissenschaftlichen F¨achern einerseits und den sonstigen Studienf¨ achern andererseits bestehen k¨onnten. Wir fassen die F¨acher BWL und VWL zusammen und erhalten dadurch folgende Kontingenztafel: m¨ annlich weiblich
Wirtschaftswissenschaften 7 6
Sonstige 2 5
Die Berechnung des Phi-Koeffizienten mit (4.9) liefert 23 7·5−2·6 =√ = 0.242 . Φ= √ 9 · 11 · 13 · 7 9009 Der Zusammenhang ist positiv, d. h. die Merkmalsauspr¨agungen ‘m¨annlich, Wirtschaftswissenschaften’ und ‘weiblich, Sonstige’ treten ¨ofter als unter der Unabh¨ angigkeitsannahme zu erwarten ist auf. M¨anner studieren also eher ein wirtschaftswissenschaftliches Fach und Frauen eher ein sonstiges Studienfach. Da bei einer Vier-Felder-Tafel der Maximalwert 1 ist, ist der Zusammenhang als schwach einzustufen. In der urspr¨ unglichen 2×3-Tafel ist der Maximalwert ebenfalls 1. Die beiden Φ-Werte sind somit vergleichbar. Da der Zusammenhang in der kleineren Kontingenztafel schw¨ acher ist, haben wir die falschen F¨ acher zusammengefasst. Dies wird auch deutlich, wenn wir uns die bedingten Verteilungen in Beispiel 4.1.2 anschauen. Dort sind die F¨acher BWL und Sonstige eher gleich und VWL weist eine andere Verteilung auf. Der Phi-Koeffizient ist also eine von n unabh¨angige Maßzahl. Dadurch hat auch die Ver¨ anderung der Einheit der absoluten H¨aufigkeiten um den Faktor A keinen Einfluss auf Φ, wie folgende Rechnung zeigt: A χ2alt = Φalt . Φneu = A nalt
116
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
4.2.3 Kontingenzmaß von Cramer Das Kontingenzmaß V von Cramer bereinigt den Phi-Koeffizienten zus¨atzlich um die Dimension der Kontingenztafel. V ist definiert als χ2 V = . (4.10) n(min(k, l) − 1) Das Kontingenzmaß liegt bei allen Kontingenztafeln zwischen 0 und 1 und erf¨ ullt damit alle w¨ unschenswerten Eigenschaften einer Maßzahl f¨ ur die Assoziation zwischen zwei nominalen Merkmalen. Im Fall der Vier-Felder-Tafel ist das Kontingenzmaß gleich dem Absolutbetrag des Phi-Koeffizienten. Das Kontingenzmaß ist ebenso wie Φ unabh¨ angig von der Einheit. Beispiel. Betrachten wir die beiden Merkmale ‘mathematische Vorkenntnisse’ und ‘Studienfach’ unserer Studentenbefragung, so erhalten wir im SPSSListing in Abbildung 4.18 die resultierende Kontingenztafel und die entsprechenden Assoziationsmaße bei den 253 Frageb¨ ogen. Da bei einem Fragebogen keine Angabe zu den mathematischen Vorkenntnissen gemacht wurde, reduziert sich die Fallzahl auf 252.
BWL Math. Vorkenntnisse
kein Vorwissen Grundkurs Mathematik LK Mathematik Vorlesung Mathematik
Total
58 25 108 191
Studienfach VWL anderes 16 6 11 7 3 16 2 29 32
Total 16 75 35 126 252
Symmetric Measures
Nominal by Nominal N of Valid Cases
Phi Cramer’s V
Value .712 .504
Approx. Sig. .000 .000
252
Abb. 4.18. SPSS-Listing zum Zusammenhang zwischen den Merkmalen ‘Studienfach’ und ‘mathematischen Vorkenntnisse’
Wir erhalten ein Kontingenzmaß von 0.504, was auf einen Zusammenhang zwischen dem Studienfach und den mathematischen Vorkenntnissen hindeutet. Betrachten wir zus¨ atzlich die Kontingenztafel, so sehen wir, dass geringe Vorkenntnisse eher bei den sonstigen Studienf¨achern und h¨ohere Vorkenntnisse eher bei den Wirtschaftswissenschaften vorliegen.
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
117
4.2.4 Kontingenzkoeffizient C Eine alternative Normierung der χ2 -Statistik bietet der Kontingenzkoeffizient C nach Pearson. Der Kontingenzkoeffizient C ist definiert als χ2 . (4.11) C= 2 χ +n Der Wertebereich von C ist das Intervall [0,1). Der Maximalwert Cmax von C ist ebenso wie der Maximalwert beim Phi-Koeffizienten abh¨angig von der Gr¨ oße der Kontingenztafel. Es gilt min(k, l) − 1 . (4.12) Cmax = min(k, l) Deshalb verwendet man den sogenannten korrigierten Kontingenzkoeffizienten C min(k, l) χ2 Ckorr = , (4.13) = Cmax min(k, l) − 1 χ2 + n
der bei jeder Tafelgr¨ oße als Maximum den Wert Eins annimmt. Mit Ckorr k¨ onnen Kontingenztafeln verschiedener Dimension bez¨ uglich der St¨arke ihres Zusammenhangs verglichen werden, d. h. der korrigierte Kontingenzkoeffizient besitzt alle w¨ unschenswerten Eigenschaften einer Maßzahl. Der korrigierte Kontingenzkoeffizient ist ebenfalls unabh¨ angig von der Multiplikation mit einem Faktor A. Beispiel 4.2.5. Wir greifen wieder den Zusammenhang zwischen Geschlecht und Studienfach der 20 Frageb¨ ogen aus Beispiel 4.2.4 auf. Mit (4.11) erhalten wir 3.069 = 0.365 . C= 3.069 + 20 In diesem Fall ist min(2, 3) = 2 und Cmax = 12 . Damit ist 2 · 3.069 = 0.516 Ckorr = 1(3.069 + 20) Nach Zusammenfassung der wirtschaftswissenschaftlichen F¨acher erhalten wir 2 · 1.1744 Ckorr = = 0.333 . (2 − 1)(1.1744 + 20) Der Kontingenzkoeffizient von 0.516 deutet also auf einen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Studienfach hin. Ebenso wie beim Phi-Koeffizienten wird auch hier der Zusammenhang nach Zusammenfassung schw¨acher. Das entsprechende SPSS-Listing finden wir in Abbildung 4.19. Dabei ist zu beachten, dass SPSS nur C, nicht aber Ckorr angibt.
118
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Symmetric Measures
Nominal by Nominal N of Valid Cases
Contingency Coefficient
Value .365 20
Approx. Sig. .216
Abb. 4.19. SPSS-Listing zum Kontingenzkoeffizienten
4.2.5 Lambda-Maße Auf einem anderen Konstruktionsprinzip beruhen die Lambda-Maße von Goodman und Kruskal (Goodman und Kruskal, 1954). Hier wird die Assoziation durch die Reduktion des Fehlers in der Vorhersage der Beobachtungen ausgedr¨ uckt. Betrachten wir die beiden nominalen Merkmale X und Y . Wir wollen nun bei den n Beobachtungsobjekten die Merkmalsauspr¨agungen von X vorhersagen. W¨ urden wir die Randverteilung vorher kennen, so w¨are eine M¨oglichkeit, jedem Beobachtungsobjekt die h¨aufigste Merkmalsauspr¨agung zuzuordnen. Wir w¨ urden damit die nmodal Beobachtungen korrekt spezifizieren, bei denen tats¨ achlich die h¨ aufigste Merkmalsauspr¨agung vorliegt, die urden falsch vorhergesagt werden. Kennt anderen n−nmodal Beobachtungen w¨ man zus¨ atzlich f¨ ur jedes Beobachtungsobjekt die Merkmalsauspr¨agung von Y , so kann man die Auspr¨ agung von X anhand der bedingten Verteilung von X gegeben Y vorhersagen. Man w¨ urde also die h¨aufigste Auspr¨agung jeder bedingten Verteilung w¨ ahlen. Sind die beiden Merkmale abh¨angig, so f¨ uhrt dieses Vorgehen zu einer Reduktion des Vorhersagefehlers. Das Lambda-Maß ist damit die relative Fehlerreduktion λx =
E1 − E2 , E1
(4.14)
wobei E1 die Anzahl der Fehler bei Vorhersage mittels der h¨aufigsten Merkmalsauspr¨ agung bei der Randverteilung von X, und E2 die Anzahl der Fehler bei Vorhersage mittels der h¨ aufigsten Merkmalsauspr¨agung der bedingten asst sich das Lambda-Maß beVerteilungen von X gegeben yj ist. Formal l¨ rechnen durch l j=1 maxi nij − maxi ni+ . (4.15) λx = n − maxi ni+
Da das so definierte Lambda-Maß nicht symmetrisch ist, ist das Lambda-Maß f¨ ur Y dementsprechend definiert als k maxj nij − maxj n+j . (4.16) λy = i=1 n − maxj n+j
Um den Nachteil der Unsymmetrie auszugleichen, wurde von Goodman und Kruskal schließlich noch das symmetrische Lambda-Maß
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
λ=
l
j=1
maxi nij +
k
i=1
maxj nij − (maxi ni+ + maxj n+j )
2n − (maxi ni+ + maxj n+j )
119
(4.17)
eingef¨ uhrt. Beispiel 4.2.6. Betrachten wir wiederum den Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Studienfach der 20 Frageb¨ogen aus Beispiel 4.2.1. Die Randverteilungen und die bedingten Verteilungen sind in Beispiel 4.1.2 angegeben. Der Wert nmodal der Randverteilung von ‘Geschlecht’ ist 11. F¨ ur die bedingten Verteilungen des Geschlechts gegeben das Studienfach erhalten wir die Werte 4, 5 und 5 als die Maxima der absoluten H¨aufigkeiten. Damit ist 14 − 11 3 λGeschlecht = = = 0.33 . 20 − 11 9 Der Vorhersagefehler kann damit bei Kenntnis des Studienfachs um etwa 33% reduziert werden. Analog k¨ onnen wir mit den Maxima 5 und 5 der bedingten Verteilungen des Studienfachs gegeben das Geschlecht und einem Wert nmodal der Randverteilung des ‘Studienfachs’ von 7 λStudienfach =
10 − 7 3 = = 0.23 20 − 7 13
berechnen. Die Fehlerreduktion ist hier also geringer. F¨ ur λ erhalten wir λ=
6 14 + 10 − (11 + 7) = = 0.27 40 − (11 + 7) 22
Ist X vollst¨ andig von Y abh¨ angig, so nimmt λx den Wert 1 an. In einer symmetrischen Kontingenztafel ist dann auch λ gleich 1. Sind die Merkmale X und Y unabh¨ angig, so sind λx , λy und λ gleich Null. Es ist jedoch zu beachten, dass ein λ-Wert von Null nicht notwendigerweise die Unabh¨angigkeit impliziert. Liegen alle Spaltenmaxima in derselben Zeile der Kontingenztafel und alle Zeilenmaxima in derselben Spalte, so sind die Lambda-Maße ebenfalls gleich Null. Diese Situation hat jedoch nichts mit der Unabh¨angigkeit der Merkmale zu tun. Zur Vorhersage k¨ onnen neben der Verwendung der h¨aufigsten Merkmalsauspr¨ agung auch andere Strategien angewandt werden. So kann man zur Vorhersage die relativen bzw. absoluten H¨ aufigkeiten der Randverteilung und der bedingten Verteilung verwenden. Anstatt bei allen Beobachtungen die h¨ aufigste Merkmalsauspr¨ agung zu vergeben, w¨ urde man also n1+ -mal die Auspr¨ agung x1 vergeben, n2+ -mal die Auspr¨ agung x2 usw. Man w¨ urde dann erwarten, dass f1+ % der n1+ Beobachtungen mit x1 richtig vorhergesagt wurden, f2+ % der n2+ Beobachtungen mit x2 richtig vorhergesagt wurden, usw. In Analogie zu den Lambda-Maßen erhalten wir damit Goodmans und Kruskals tau als r k l 2 i=1 fi+ j=1 fi|j fij − i=1 r , (4.18) τx = 2 1 − i=1 fi+
120
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
das nicht mit Kendalls τ (4.27) zu verwechseln ist. In der Notation der absoluten H¨ aufigkeiten erhalten wir τx =
n
k
i=1
r n2ij j=1 n+j − i=1 r n2 − i=1 n2i+ l
n2i+
.
(4.19)
τy wird in Analogie dazu berechnet.
Beispiel 4.2.7. F¨ ur den Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Studienfach der 20 Frageb¨ ogen aus Beispiel 4.2.1 erhalten wir mit (4.18) τGeschlecht = 2 4 5 2 2 5 2 2 6 0.1 + 6 0.2 + 7 0.25 + 7 0.1 + 7 0.1 + 7 0.25 − 0.45 + 0.55 = 0.153 1 − (0.452 + 0.552 ) τStudienfach = 2 2 5 2 4 2 5 2 2 9 0.1 + 9 0.25 + 9 0.1 + 11 0.2 + 11 0.1 + 11 0.25 − 0.3 + 0.35 + 0.35 1 − (0.32 + 0.352 + 0.352 ) = 0.080 Das entsprechende SPSS-Listing finden wir in Abbildung 4.20.
Directional Measures
Nominal by Nominal
Lambda
Goodman and Kruskal tau
Symmetric Geschlecht Dependent Studienfach Dependent Geschlecht Dependent Studienfach Dependent
Value .273 .333 .231 .153 .080
Asymp. Std. Errora .175 .240 .178 .160 .086
Approx. Tb 1.491 1.172 1.172
Approx. Sig. .136 .241 .241 .233c .221c
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis. c. Based on chi-square approximation
Abb. 4.20. SPSS-Listing der Lambda- und tau-Maße von Goodman und Kruskal
4.2.6 Der Yule-Koeffizient Der Yule-Koeffizient ist eine Maßzahl, die nur f¨ ur Vier-Felder-Tafeln definiert ist. Ihre Konstruktion beruht auf der Beziehung zwischen konkordanten und diskordanten Paaren von Merkmalsauspr¨ agungen. Die Definition konkordanter und diskordanter Merkmalsauspr¨ agungen ist im allgemeinen nur bei zwei
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
121
ordinalen Merkmalen m¨ oglich. Im Spezialfall der Vier-Felder-Tafel bezeichnen wir die Merkmalskombination (x2 , y2 ) als konkordant zur Merkmalskombination (x1 , y1 ) und die Kombination (x2 , y1 ) als diskordant zur Merkmalskombination (x1 , y2 ). Der Yule-Koeffizient Q setzt die konkordanten und diskordanten Paare wie folgt in Beziehung: ad − bc (4.20) Q= ad + bc Der Yule-Koeffizient liegt zwischen −1 und +1. Im Fall der Unabh¨angigkeit ist Q = 0. Die Werte −1 und +1 werden bereits angenommen, falls a oder d bzw. b oder c Null sind. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Definition des exakten Zusammenhangs. Beispiel 4.2.8. Wir wollen untersuchen, ob Studenten, die kein Baf¨og erhalten, eher einer Nebent¨ atigkeit nachgehen als Baf¨og-Empf¨anger. Hierzu verwenden wir wiederum unsere Studentenbefragung. Die Kontingenztafel ist in Abbildung 4.21 angegeben.
Bafög-Empfänger Total
ja nein
Nebenbei jobben ja nein 13 89 144 7 157 96
Total 102 151 253
Symmetric Measures
Ordinal by Ordinal N of Valid Cases
Gamma
Value -.986
Asymp. Std. Errora .007
Approx. Tb -19.454
Approx. Sig. .000
253 a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Abb. 4.21. SPSS-Listing zum Zusammenhang zwischen ‘Empfang von Baf¨ og’ und ‘nebenbei Jobben’
Wir berechnen daraus mit (4.20) 13 · 7 − 89 · 144 −12725 = = −0.986 13 · 7 + 89 · 144 12907 Es liegt also ein starker, negativer Zusammenhang vor. Es besteht eine Beziehung zwischen ‘Baf¨og-Empfang’ und ‘keiner Nebent¨atigkeit’ und ‘nebenbei Jobben’ und ‘keinem Baf¨og-Empfang’. Wie wir sp¨ater sehen werden, ist der Yule-Koeffizient ein Spezialfall des γ-Koeffizienten. Daher wird im SPSSListing nur die Bezeichung ‘Gamma’ verwendet. Q=
122
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
4.2.7 Der Odds-Ratio Der Odds-Ratio ist eine Maßzahl, die nur f¨ ur Vier-Felder-Tafeln definiert ist. Das zugrundeliegende Konstruktionsprinzip l¨ asst sich am leichtesten im medizinischen Kontext erkl¨ aren. Betrachten wir das Merkmal X als Schichtungsur diese beide merkmal, d. h. X definiert die Gruppen x1 und x2 . Dann kann f¨ Gruppen das Verh¨ altnis der relativen H¨ aufigkeiten der Merkmalsauspr¨agungen von Y – das sogenannte relative Risiko – f1|1 f1|2
f2|1 f2|2
bzw.
(4.21)
angegeben werden. Der Odds-Ratio ist dann das Verh¨altnis dieser beiden relativen Risiken f1|1 f2|2 f1|1 /f1|2 = . (4.22) OR = f2|1 /f2|2 f2|1 f1|2 Mit der allgemeinen Beziehung fi|j = OR =
fij f+j
l¨ asst sich (4.22) umformen in
f11 f22 f21 f12
bzw. in der Notation der Vier-Felder-Tafel OR =
ad . bc
(4.23)
Im Fall der Unabh¨ angigkeit sind die beiden relativen Risiken (4.21) gleich. Damit nimmt der Odds-Ratio im Fall der Unabh¨angigkeit den Wert 1 an. Falls ¨ eine hohe Ubereinstimmung zwischen X und Y dahingehend vorliegt, dass die gleichgerichteten Paare (x1 , y1 ) und (x2 , y2 ) h¨aufiger als die gegenl¨aufigen Paare (x1 , y2 ) und (x2 , y1 ) beobachtet werden, so liegt ein positiver Zusammenhang zwischen X und Y vor. Der Odds-Ratio ist dann gr¨oßer 1. Liegt ein negativer Zusammenhang vor, d. h. die gegenl¨aufigen Paare (x1 , y2 ) und aufiger beobachtet als die gleichgerichteten Paare (x1 , y1 ) (x2 , y1 ) werden h¨ und (x2 , y2 ), so ist der Odds-Ratio kleiner 1. Der Odds-Ratio ist stets gr¨oßer Null, wie man an (4.23) leicht erkennen kann. Beispiel 4.2.9. Wir wollen f¨ ur den Zusammenhang zwischen ‘Empfang von Baf¨ og’ und ‘nebenbei Jobben’ aus Beispiel 4.2.8 den Odds-Ratio bestimmen. Wir erhalten aus Abbildung 4.21 mit (4.23) OR =
13 · 7 = 0.007 89 · 144
Der starke negative Zusammenhang wird auch hier sichtbar. Im SPSS-Listing in Abbildung 4.22 sind neben dem Odds-Ratio die relativen Risiken f¨ ur ‘nebenbei Jobben’ bei den Baf¨ og-Empf¨ angern und bei den Studenten ohne Baf¨og
4.2 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier nominaler Merkmale
123
Risk Estimate
Odds Ratio for Nebenbei jobben (ja / nein) For cohort Bafög-Empfänger = ja For cohort Bafög-Empfänger = nein N of Valid Cases
Value .007 .089 12.579 253
95% Confidence Interval Lower Upper .003 .018 .053 .151 6.154 25.709
Abb. 4.22. SPSS-Listing f¨ ur den Odds-Ratio und das relative Risiko
angegeben. Das relative Risiko f¨ ur einen Nebenjob bei den Baf¨og-Empf¨angern betr¨ agt rund 9:100, bei den Studenten ohne Baf¨og rund 13:1. In Abbildung 4.23 sind die bedingten relativen H¨aufigkeiten des Baf¨ogEmpfangs gegeben den Nebenjob grafisch dargestellt. Die Kreisfl¨ache ist dabei proportional zur bedingten relativen H¨aufigkeit. Da die Kreisfl¨achen der Nebendiagonalen deutlich gr¨oßer als die Kreisfl¨achen der Hauptdiagonalen sind, ist auch hier der starke negative Zusammenhang erkennbar.
Abb. 4.23. H¨ aufigkeitsplot der Vier-Felder-Tafel in Beispiel 4.2.9
Wir haben in diesem Abschnitt Zusammenhangsmaße f¨ ur den Fall zweier nominaler Merkmale behandelt. Ist eines der Merkmale nominalskaliert und das andere ordinalskaliert, so sind die Maßzahlen f¨ ur nominalskalierte Merkmale zu verwenden. Die Ordnungsinformation des ordinalen Merkmals kann dabei jedoch nicht genutzt werden. Ist eines der beiden Merkmale metrisch skaliert und das andere nominal, so kann die Maßzahl eta (Guttman, 1988)
124
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
verwendet werden, auf die wir hier nicht eingehen wollen. Alternativ kann man das metrische Merkmal klassieren. Dies ist jedoch mit erheblichem Informationsverlust verbunden und besitzt dar¨ uber hinaus den Nachteil, dass der Zusammenhang sehr stark von der gew¨ ahlten Klasseneinteilung abh¨angt.
4.3 Maßzahlen fu ¨ r den Zusammenhang ordinaler Merkmale Im Gegensatz zu den nominalen Merkmalen besitzen ordinale Merkmale eine Ordnungsstruktur, die bei der Berechnung und Interpretation der Maßzahlen genutzt werden kann. Aussagen wie . . . je gr¨oßer der Wert von X, desto ” gr¨ oßer der Wert von Y . . .“ machen hier also Sinn. Wir haben f¨ ur den Spezialfall der Vier-Felder-Tafel bereits in Abschnitt 4.2 das Yulesche Assoziationsmaß kennengelernt, das auf dem Konstruktionsprinzip konkordanter und diskordanter Paare beruht. Wir wollen diese Begriffe nun f¨ ur eine allgemeine k × l-Kontingenztafel zweier ordinaler Merkmale einf¨ uhren. Konkordanz und Diskordanz. Wir bezeichnen die Auspr¨agung (xi2 , yj2 ) des zweidimensionalen Merkmals (X, Y ) als zur Auspr¨agung (xi1 , yj1 ) konkordant, falls i2 > i1 und j2 > j1 oder i2 < i1 und j2 < j1 ist. Die Auspr¨agungen heißen diskordant, falls i2 < i1 und j2 > j1 oder i2 > i1 und j2 < j1 ist. Ist i2 = i1 oder j2 = j1 , so liegt eine Bindung vor. Die Zuordnung der konkordanten und diskordanten Merkmalsauspr¨agung sowie die Bindungen zu jeder einzelnen Zelle sind in Abbildung 4.24 anhand einer 2 × 3-Tafel dargestellt. y1 x1 x2 x1 x2
b y1 b
y2 b k
y3 b k
y1 b d
y2
x1 x2
y2 d b
y3 d b
x1 x2
y1 k b
y2 b
b
y3 b k
y1 b d
y2 b d
y3
x1 x2
y3 d b
x1 x2
y1 k b
y2 k b
y3 b
b
Abb. 4.24. Konkordante (k), diskordante (d) Merkmalsauspr¨ agungen und Bindungen (b) zu den Merkmalsauspr¨ agungen (x1 , y1 ) bis (x2 , y3 )
Die Anzahl der konkordanten Beobachtungen zur Merkmalsauspr¨agung (x1 , y1 ) ist n11 n22 + n11 n23 . Entsprechend berechnet sich die Anzahl der konkordanten Beobachtungen zu (x1 , y2 ) als n12 n23 . Allgemein erhalten wir die Anzahl der konkordanten Beobachtungen in einer k × l-Kontingenztafel durch nij nmn (4.24) K= i<m j
4.3 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang ordinaler Merkmale
und die Anzahl der diskordanten Paare als D= nij nmn .
125
(4.25)
i<m j>n
4.3.1 Gamma Goodmans und Kruskals γ bildet die Differenz aus den Anteilen der konkordanten Beobachtungen K/(K + D) und diskordanten Beobachtungen D/(K + D): K −D (4.26) γ= K +D F¨ ur den Fall der Vier-Felder-Tafel reduziert sich – wie bereits erw¨ahnt – (4.26) zu (4.20). Im Fall der Unabh¨ angigkeit nimmt γ den Wert Null an. Umgekehrt impliziert jedoch ein Wert von Null nicht notwendigerweise die Unabh¨ angigkeit der beiden Merkmale, wie die Kontingenztafel 4.5 zeigt. γ ist −1, falls es keine konkordanten Beobachtungen gibt, und 1, falls es keine diskordanten Beobachtungen gibt. In diesen F¨allen muss jedoch kein streng monotoner Zusammenhang in der Kontingenztafel bestehen, wie wir aus den Tabellen 4.6 und 4.7 sehen. Tabelle 4.5. 3 × 3-Kontingenztafel der absoluten H¨ aufigkeiten. γ = 0, V = 0.7 x1 x2 x3
y1 a a 0
Tabelle 4.6. 3 × 3-Kontingenztafel der absoluten H¨ aufigkeiten mit γ = 1 x1 x2 x3
y1 a a 0
y2 0 a a
y3 0 0 a
y2 0 0 a
y3 a a 0
Tabelle 4.7. 3 × 3-Kontingenztafeln der absoluten H¨ aufigkeiten mit γ = −1 x1 x2 x3
y1 0 0 a
y2 0 a a
y3 a a 0
Beispiel 4.3.1. Wir wollen den Zusammenhang zwischen den ‘mathematischen Vorkenntnissen’ und der ‘Anzahl der Versuche in Statistik I’ betrachten und ziehen hierf¨ ur die 253 Frageb¨ ogen unserer Studentenbefragung heran. Die resultierende Kontingenztafel ist in Abbildung 4.25 gegeben. Wir fassen beide Merkmale als ordinal auf. Mit (4.24) und (4.25) erhalten wir die Anzahl der konkordanten und diskordanten Beobachtungen:
126
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
K = 13 · 21 + 13 · 2 + 13 · 10 + 13 · 22 + 13 · 5 +3·2+3·5 + 52 · 10 + 52 · 22 + 52 · 5 + 21 · 5 + 25 · 22 + 25 · 5 + 10 · 5
= 3 555 D = 3 · 52 + 3 · 25 + 3 · 99
+ 2 · 10 + 2 · 25 + 2 · 22 + 2 · 99 + 21 · 25 + 21 · 99
+ 10 · 99 = 4 434 Damit ergibt sich γ=
Math. Vorkenntnisse
Total
3 555 − 4 434 −879 = = −0.110 3 555 + 4 434 7989
Versuch Statistik I 1. 2. 3. Versuch Versuch Versuch kein Vorwissen 13 3 Grundkurs Mathematik 52 21 2 LK Mathematik 25 10 Vorlesung Mathematik 99 22 5 189 56 7
Total 16 75 35 126 252
Symmetric Measures
Ordinal by Ordinal N of Valid Cases
Gamma
Value -.110
Asymp. Std. Errora .113
Approx. Tb -.959
Approx. Sig. .338
252
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Abb. 4.25. SPSS-Listing zum Zusammenhang zwischen ‘mathematischen Vorkenntnissen’ und ‘Anzahl der Versuche in Statistik I’
Es besteht also nur ein schwacher negativer Zusammenhang zwischen den mathematischen Vorkenntnissen und der Anzahl der Versuche bei der Statistikklausur. Die Aussage ist in diesem Fall jedoch etwas problematisch, da
4.3 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang ordinaler Merkmale
127
wir die Vorlesung Mathematik als beste ‘Vorkenntnis’ einstufen. Andererseits sollte auch jeder Student, der zum zweiten Versuch antritt, die Vorlesung Mathematik geh¨ ort haben, so dass eine monotone Beziehung zwischen den Vorkenntnissen und der Anzahl der Versuche sachlogisch wohl nicht gerechtfertigt erscheint. 4.3.2 Kendalls tau-b und Stuarts tau-c In die Berechnung von γ gehen nur die konkordanten und diskordanten Paare ein, die Bindungen bleiben unber¨ ucksichtigt. Die Bindungen k¨onnen in drei verschiedene Gruppen unterteilt werden. Es gibt die Bindungen von X, bei denen f¨ ur die Merkmalsauspr¨ agungen (xi2 , yj2 ) und (xi1 , yj1 ) i2 = i1 und j2 = j1 ist. Bei den Bindungen von Y ist i2 = i1 und j2 = j1 . Die dritte Gruppe ist die Gruppe der Bindungen, bei denen i2 = i1 und j2 = j1 ist. Es liegt also eine Bindung in X und Y vor. Die Anzahl der Beobachtungen in diesen drei Gruppen wird mit TX , TY und T bezeichnet. Kendalls tau-b ber¨ ucksichtigt die Bindungen von X und Y bei der Adjustierung der Differenz: τb = !
K −D
(K + D + TX )(K + D + TY )
.
(4.27)
Wenn alle Randh¨ aufigkeiten gr¨ oßer als Null sind, nimmt τb nur im Fall einer quadratischen Kontingenztafel Werte im ganzen Bereich [−1; 1] an. Um diesen Nachteil auszugleichen, ber¨ ucksichtigt tau-c die Dimension der Kontingenztafel: 2 min(k, l)(K − D) . (4.28) τc = 2 n (min(k, l) − 1) Beispiel 4.3.2. Wir berechnen f¨ ur den Zusammenhang zwischen den mathematischen Vorkenntnissen und der Anzahl der Versuche bei der Statistikklausur aus Beispiel 4.3.1 tau-b und tau-c. Hierzu ben¨otigen wir zun¨achst die Anzahl TX der X-Bindungen und die Anzahl TY der Y -Bindungen: TX = 13 · 3 + 52 · 21 + 52 · 2 + 21 · 2
+ 25 · 10 + 99 · 22 + 99 · 5 + 22 · 5 = 4 310 TY = 13 · 52 + 13 · 25 + 13 · 99 + 52 · 25 + 52 · 99 + 25 · 99 + 3 · 21 + 3 · 10 + 3 · 22 + 21 · 10 + 21 · 22 + 10 · 22 +2·5
= 12 272 Damit erhalten wir τb = !
3 555 − 4 434
(3 555 + 4 434 + 4 310)(3 555 + 4 434 + 12 272)
= −0.056
128
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
und τc =
−5 274 2 · 3(3 555 − 4 434) = = −0.042 . 2522 (3 − 1) 127 008
Das entsprechende SPSS-Listing findet man in Abbildung 4.26. Der Zusammenhang erscheint hier noch schw¨ acher als bei γ. Dies ist sicherlich auch durch die große Anzahl von Bindungen bedingt, die bei γ unber¨ ucksichtigt bleiben.
Symmetric Measures
Ordinal by Ordinal
Kendall’s tau-b Kendall’s tau-c
N of Valid Cases
Value -.056 -.042 252
Asymp. Std. Errora .058 .043
Approx. Tb -.959 -.959
Approx. Sig. .338 .338
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Abb. 4.26. SPSS-Listing zu tau-b und tau-c
4.3.3 Rangkorrelationskoeffizient von Spearman Ist die Kontingenztafel d¨ unn besetzt, d. h., in jede Zelle fallen nur wenige oder gar keine Beobachtungen, so ist die Darstellung in einer Kontingenztafel wenig aussagekr¨ aftig. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Merkmale X und Y die Platzierung der Formel-1-Rennfahrer bei den Rennen in Monaco und Hockenheim sind. Die Merkmalsauspr¨agung (xi , yi ) ist dann in der Regel f¨ ur jeden Fahrer verschieden. Da die Platzierungen jedoch nur ordinalskaliert sind, kann eine geeignete Maßzahl f¨ ur den Zusammenhang nur die Information der Rangordnung nutzen. F¨ ur die Beobachtungen des Merkmals (X, Y ) sind zun¨achst f¨ ur jede Komponente die R¨ ange zu vergeben. Dabei bezeichne RiX = R(xi ) den Rang der X-Komponente der i-ten Beobachtung und RiY = R(yi ) den Rang der Y Komponente. Haben zwei oder mehr Beobachtungen die gleiche Auspr¨agung des Merkmals X oder Y , so liegt eine sogenannte Bindung vor. Als Rang der einzelnen Beobachtungen wird dann der Mittelwert der zu vergebenden R¨ ange genommen. Beispiel. Bei 5 BWL-Studenten wurden folgende Noten in der Mathematikklausur und in der Statistikklausur notiert:
4.3 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang ordinaler Merkmale
Student ⎛ 1 ⎜ 2 ⎜ ⎜ 3 ⎜ ⎝ 4 5
Note in Mathematik 1 2 2 4 2
Student ⎛ 1 ⎜ 2 ⎜ ⎜ 3 ⎜ ⎝ 4 5
Rang in Mathematik 1 3 3 5 3
129
Note in Statistik ⎞ 1 ⎟ 4 ⎟ ⎟ 3 ⎟ ⎠ 4 2
Der erste Student bekommt die R¨ ange (1, 1) zugewiesen. Die Note ‘2’ kommt in Mathematik dreimal vor. Hierf¨ ur sind also die R¨ange 2, 3 und 4 zu vergeben. Alle Studenten mit der Note ‘2’ erhalten damit den Rang 13 (2+3+4) = 3. Die Note ‘4’ kommt in der Statisikklausur zweimal vor. Hierf¨ ur sind die R¨ange 4 und 5 zu vergeben, d. h. f¨ ur die entsprechenden Beobachtungen ergibt sich ein mittlerer Rang von 4.5. Student 2 bekommt somit das Rangpaar (3, 4.5) zugewiesen. Insgesamt erhalten wir schließlich folgende R¨ange Rang in Statistik ⎞ 1 ⎟ 4.5 ⎟ ⎟ 3 ⎟ ⎠ 4.5 2
Die Maßzahl f¨ ur den Zusammenhang vergleicht nun die jeweiligen X- und Y -R¨ ange. Da auf Grund des ordinalen Skalenniveaus keine Abst¨ande definiert sind, basiert der Rangkorrelationskoeffizient von Spearman nur auf der Differenz di = R(xi ) − R(yi ) der X- bzw. Y -Rangordnung. Liegen keine Bindungen vor, so ist der Rangkorrelationskoeffizient definiert als 6 R=1−
n
d2i
i=1 n(n2 −
1)
(4.29)
Der Wertebereich von R liegt in den Grenzen von −1 bis +1, wobei bei R = +1 zwei identische Rangreihen vorliegen. Ist R = −1, so liegen zwei gegenl¨ aufige Rangreihen vor. Aus dem Vorzeichen von R lassen sich also Aussagen u ¨ber die Richtung des Zusammenhangs ableiten. Anmerkung. W¨ ahrend der Begriff ‘Assoziation’ f¨ ur einen beliebigen Zusammenhang steht, legt der Begriff ‘Korrelation’ die Struktur des Zusammenhangs – eine lineare Beziehung – fest. Da diese lineare Beziehung bei ordinalen Daten nur auf den R¨ angen basiert, sprechen wir vom Rangkorrelationskoeffizienten. Beispiel 4.3.3. An einem Hallenfußballturnier und einem Freiluftfußballturnier nahmen jeweils die gleichen 5 Mannschaften teil. In der folgenden Tabelle sind die Platzierungen der Mannschaften A bis E bei den beiden Turnieren angegeben. Wir wollen untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen den Platzierungen bei den beiden Turnieren gibt oder nicht.
130
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Mannschaft A B C D E
Platzierung Hallenfußballturnier Freiluftfußballturnier 1 2 2 3 3 1 4 5 5 4
Da hier die Platzierungen bereits die R¨ ange darstellen, k¨onnen wir gleich die Rangdifferenzen di berechnen. Wir erhalten Mannschaft A B C D E Damit ist
n
i=1
di −1 −1 2 −1 1
d2i 1 1 4 1 1
d2i = 8 und mit (4.29) ergibt sich R=1−
6·8 = 0.6 . 5(25 − 1)
Es besteht also ein positiver Zusammenhang zwischen den Platzierungen bei den beiden Turnieren, d. h. je besser eine Mannschaft beim Hallenfußballturnier abgeschnitten hat, desto besser hat sie auch beim Freiluftturnier abgeschnitten. Tritt eine Merkmalsauspr¨ agung ¨ ofter auf, so liegt – wie bereits oben erw¨ ahnt – eine Bindung vor. Diese Bindungen sind bei der Berechnung des Rangkorrelationskoeffizienten zu ber¨ ucksichtigen. Der sogenannte korrigierte Rangkorrelationskoeffizient lautet: bj (b2j − 1) − 12 ck (c2k − 1) − 6 d2i n(n2 − 1) − 21 i j k . (4.30) Rkorr = n(n2 − 1) − bj (b2j − 1) n(n2 − 1) − ck (c2k − 1) j
k
wobei j = 1, . . . , J die Gruppen mit den verschiedenen Merkmalsauspr¨agungen von X bezeichnet. bj ist die Anzahl der Beobachtungen mit der gleichen Merkmalsauspr¨ agung in der j-ten Gruppe. Analog bezeichnet k = 1, . . . , K die Gruppen mit den verschiedenen Merkmalsauspr¨agungen von Y . ck ist die Anzahl der Beobachtungen mit der gleichen Merkmalsauspr¨agung in der kten Gruppe. Die Gruppen mit nur einer Beobachtung – d. h. es liegt hier keine J Bindung vor – k¨onnen bei der Berechnung der Summen j=1 bj (b2j − 1) bzw. K 2 2 k=1 ck (ck − 1) auch weggelassen werden, da 1(1 − 1) = 0 keinen Beitrag liefert.
4.3 Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang ordinaler Merkmale
131
Beispiel 4.3.4. Bei einer Unternehmensbefragung wurde die derzeitige Auftragslage und die Konjunkturprognose f¨ ur das n¨achste Jahr erhoben. Beide Fragen konnten mit ‘sehr schlecht’, ‘schlecht’, ‘normal’, ‘gut’ oder ‘sehr gut’ beantwortet werden. 10 Unternehmen haben wie folgt geantwortet: Unternehmen ⎛ 1 ⎜ 2 ⎜ ⎜ 3 ⎜ ⎜ 4 ⎜ ⎜ 5 ⎜ ⎜ 6 ⎜ ⎜ 7 ⎜ ⎜ 8 ⎜ ⎝ 9 10
derzeitige Auftragslage gut normal normal schlecht gut schlecht sehr gut schlecht gut gut
Konjunkturprognose ⎞ sehr gut ⎟ schlecht ⎟ ⎟ normal ⎟ ⎟ schlecht ⎟ ⎟ gut ⎟ ⎟ schlecht ⎟ ⎟ gut ⎟ ⎟ schlecht ⎟ ⎠ gut schlecht
Um Rkorr zu ermitteln, m¨ ussen zun¨ achst die R¨ange vergeben werden. Dabei gehen wir so vor, dass dem Unternehmen mit der besten Auftragslage der kleinste X-Rang und dem Unternehmen mit der besten Prognose der kleinste Y -Rang zugewiesen wird. Da hier bei beiden Merkmalen Bindungen auftreten, m¨ ussen mittlere R¨ ange vergeben werden. So erhalten wir folgende Tabelle: Unternehmen R(xi ) R(yi ) di d2i 2+3+4+5 1 = 3.5 1 2.5 6.25 4 6+7+8+9+10 6+7 = 8 −1.5 2.25 2 2 = 6.5 5 6+7 3 5 1.5 2.25 2 = 6.5 8+9+10 6+7+8+9+10 4 =9 =8 1 1 3 5 2+3+4 2+3+4+5 = 3.5 =3 0.5 0.25 5 4 3 8+9+10 6+7+8+9+10 6 =9 =8 1 1 3 5 2+3+4 =3 −2 4 7 1 3 8+9+10 6+7+8+9+10 8 =9 =8 1 1 3 5 2+3+4+5 2+3+4 9 = 3.5 =3 0.5 0.25 4 3 2+3+4+5 = 3.5 6+7+8+9+10 = 8 −4.5 20.25 10 4 5 n Es ist i=1 d2i = 38.5. In der X-Rangreihe liegen Bindungen bei ‘gut’, ‘normal’ und ‘schlecht’ vor. Damit ist J j=1
bj (b2j − 1) = 4(42 − 1) + 2(22 − 1) + 3(32 − 1) = 90
In der Y -Rangreihe liegen Bindungen bei ‘gut’ und ‘schlecht’ vor, damit ist K
k=1
ck (c2k − 1) = 3(32 − 1) + 5(52 − 1) = 144
132
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Wir setzen die Werte in (4.30) ein und erhalten 10(102 − 1) − 21 90 − 12 144 − 6 · 38.5 ! Rkorr = ! 10(102 − 1) − 90 10(102 − 1) − 144 990 − 45 − 72 − 231 √ = 0.736 . = √ 990 − 90 990 − 144
Es liegt also ein starker positiver Zusammenhang zwischen der aktuellen Auftragslage und der Konjunkturprognose vor. D. h. je besser es einem dieser Unternehmen geht, desto optimistischer f¨ allt die Prognose aus. Abbildung 4.27 enth¨ alt das entsprechende SPSS-Listing. Der Rangkorrelationskoeffizient ‘Spearmans rho’ ist in einer sogenannten Matrixdarstellung angegeben. W¨ urden wir drei oder mehr Merkmale gleichzeitig betrachten, so werden alle bivariaten Korrelationen gleichzeitig in dieser Matrix dargestellt.
Spearman’s rho
Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N
Auftragslage Konjunkturprognose Auftragslage Konjunkturprognose Auftragslage Konjunkturprognose
Auftragslage 1.000 .736 . .015 10 10
Konjunkturprognose .736 1.000 .015 . 10 10
Abb. 4.27. SPSS-Listing des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman
H¨ atten wir die Bindungen nicht ber¨ ucksichtigt und zur Berechnung (4.29) verwendet, so h¨ atten wir R = 1− 6·38.5 = 0.767 eine (f¨alschlicherweise) h¨ohere 10·99 Korrelation erhalten.
4.4 Zusammenhang zwischen zwei stetigen Merkmalen Sind die beiden Merkmale X und Y metrisch skaliert, so sind die Abst¨ande zwischen den Merkmalsauspr¨ agungen interpretierbar und k¨onnen bei der Konstruktion eines Zusammenhangsmaßes ber¨ ucksichtigt werden. Liegt ein exakter positiver Zusammenhang vor, so erwartet man, dass bei Erh¨ohung des einen Merkmals um eine Einheit sich auch das andere Merkmal um das Vielfache seiner Einheit erh¨ oht. Liegt ein exakter negativer Zusammenhang vor, so erniedrigt sich der Wert des einen Merkmals um das Vielfache seiner Einheit, wenn das andere Merkmal um eine Einheit erh¨oht wird. Der Zusammenhang l¨ asst sich also durch eine lineare Funktion der Form y = a + b x beschreiben. Wir sprechen daher auch von Korrelation und wollen damit ausdr¨ ucken, dass es sich um einen linearen Zusammenhang handelt. Ein exakter Zusammenhang d¨ urfte nur selten vorkommen. Abbildung 4.28 zeigt die drei typischen Situationen.
4.4 Zusammenhang zwischen zwei stetigen Merkmalen
133
Abb. 4.28. Stark positive, schwach negative bzw. keine Korrelation
Als Maß f¨ ur den Zusammenhang zweier metrischer Merkmale dient der Korrelationskoeffizient von Bravais-Pearson, der die Abst¨ande zwischen den Beobachtungen der beiden Merkmale und deren arithmetischen Mitteln zueinander in Beziehung setzt. Der Korrelationskoeffizient ist definiert als r(X, Y ) = r mit
r= = ! = Dabei sind Sxx =
n i=1
n
(xi − x ¯)(yi − y¯)
i=1 n
(xi − x ¯)2 ·
i=1
Sxy Sxx Syy n
i=1
(
n
i=1
x2i
die Quadratsummen und n i=1
(yi − y¯)2
i=1
(4.31) xi yi − n¯ xy¯
− n¯ x2 )(
(xi − x ¯)2
Sxy =
n
n
i=1
bzw.
yi2
.
(4.32)
− n¯ y2 )
Syy =
n i=1
(xi − x ¯)(yi − y¯)
(yi − y¯)2
(4.33)
(4.34)
134
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
die Summe der gemischten Produkte. Es gilt Sxy =
n i=1
xi yi − n¯ xy¯ .
(4.35)
Der Korrelationskoeffizient ist ein dimensionsloses Maß, in das beide Merkmale X und Y symmetrisch eingehen, d. h. es gilt r(X, Y ) = r(Y, X). Anmerkung. Mit den Varianzen s2x = n1 Sxx und s2y = n1 Syy und dem mittleren gemischten Produkt – der deskriptiven Kovarianz – sxy = n1 Sxy l¨asst sich der Korrelationskoeffizient auch darstellen als sxy sxy = r=! sx sy s2 s2 x
y
Der Korrelationskoeffizient r liegt zwischen den Grenzen −1 und +1. Ist r = +1 oder r = −1, so liegt ein exakter linearer Zusammenhang zwischen X und Y vor, d. h. es gilt Y = a + b X. Dies gilt speziell f¨ ur a = 0 und b = 1, d.h. Y = X. Jede stetige Variable ist mit sich selbst mit r(X, X) = 1 korreliert. Im Fall a = 0 und b = −1 folgt Y = −X und r(X, −X) = −1. Es l¨ asst sich zeigen, dass die Anwendung des Korrelationskoeffizienten von Bravais-Pearson auf Rangdaten gleich dem Wert des Rangkorrelationskoeffizienten von Spearman ist. Wir geben diesen Beweis hier an. Beweis: Sei das Merkmal (X,Y) gegeben, das in das rangskalierte Merkmal (Rix , i) umgewandelt wird. Dabei ist i (i=1,. . . ,n) der Rang innerhalb der Y-Komponente und Rix = xi der zugeh¨ orige Rang der X-Komponente. Wir setzen voraus, dass keine Bindungen vorliegen. Die xi stellen eine Permutation der i dar. Der Mittelwert der i bzw. der xi ist 21 (n + 1) und ihre Varianz 1 ist 12 (n2 − 1). Damit wird der Korrelationskoeffizient von Bravais-Pearson f¨ ur die Rangdaten (xi , i) mit Formel (4.31) zu: n ixi − n 1 (n + 1)2 r = i=1 n 2 4 (4.36) 12 (n − 1) Mit den Beziehungen: n i=1
(xi − i)2 = n i=1
x2i =
n
i=1 n i=1
x2i +
n i=1
i2 =
i2 − 2
n
ixi
(4.37)
i=1
1 n(n + 1)(2n + 1) 6
(4.38)
folgt n i=1
n
ixi =
1 1 n(n + 1)(2n + 1) − (xi − i)2 . 6 2 i=1
(4.39)
4.4 Zusammenhang zwischen zwei stetigen Merkmalen
135
Damit wird der Z¨ ahler von (4.36) zu: 12
n
n 1 ixi − 12n (n + 1)2 = n(n2 − 1) − 6 (xi − i)2 4 i=1 i=1
Damit gilt: r =1−
n 6 i=1 d2i = R. n(n2 − 1)
(4.40)
(4.41)
Dieser Zusammenhang kann bei der Berechnung des Rangkorrelationskoeffizienten ausgenutzt werden (vgl. Beispiel 4.4.2). Beispiel 4.4.1. In einem Unternehmen wurde folgende Umsatz- und Gewinnentwicklung in den Jahren 1990 bis 1994 verzeichnet. Jahr 1990 ⎜ 1991 ⎜ ⎜ 1992 ⎜ ⎝ 1993 1994 ⎛
Umsatz 60 70 70 80 90
Gewinn ⎞ 2 ⎟ 3 ⎟ ⎟ 5 ⎟ ⎠ 3 5
Wir interessieren uns f¨ ur den Zusammenhang zwischen Umsatz und Gewinn. Zur Berechnung des Korrelationskoeffizienten stellen wir die folgende Arbeitstabelle auf: Jahr 1990 1991 1992 1993 1994
Umsatz (X) 60 70 70 80 90 370
Gewinn (Y ) 2 3 5 3 5 18
x2i 3 600 4 900 4 900 6 400 8 100 27 900
yi2 4 9 25 9 25 72
xi yi 120 210 350 240 450 1 370
Daraus berechnen wir x ¯ = 74 und y¯ = 3.6 und mit (4.32) erhalten wir r=√
38 1 370 − 5 · 74 · 3.6 √ =√ = 0.6210 . 2 2 520 · 7.2 27 900 − 5 · 74 72 − 5 · 3.6
Es liegt also eine positive Korrelation zwischen X : Umsatz und Y : Gewinn vor: Je h¨ oher der Umsatz, desto h¨ oher der Gewinn. Beispiel 4.4.2. Bei n = 10 Filialen in 10 St¨adten eines Kaufhauskonzerns wird der Zusammenhang zwischen dem Umsatz (Y ) und der Entfernung (X) (in km) von der zentralen Fußg¨ angerzone beurteilt.
136
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Stadt 1 ⎜ 2 ⎜ ⎜ 3 ⎜ ⎜ 4 ⎜ ⎜ 5 ⎜ ⎜ 6 ⎜ ⎜ 7 ⎜ ⎜ 8 ⎜ ⎝ 9 10 ⎛
Entfernung 0 10 30 15 4 1 2 5 7 9
Umsatz ⎞ 450 130 ⎟ ⎟ 100 ⎟ ⎟ 150 ⎟ ⎟ 300 ⎟ ⎟ 400 ⎟ ⎟ 320 ⎟ ⎟ 310 ⎟ ⎟ 250 ⎠ 270
Da beide Merkmale stetig sind, beurteilen wir den Zusammenhang zwischen X und Y anhand des Korrelationskoeffizienten nach Bravais-Pearson. Wir berechnen x ¯ = 8.3, y¯ = 268, Sxy = −7724, Sxx = 712.1, Syy = 117 560 und erhalten mit (4.31) r=!
−7 724 Sxy =√ = −0.84 . Sxx Syy 712.1 · 117 560
YI
Es besteht also ein starker negativer Zusammenhang zwischen der Entfernung und dem Umsatz, d. h. je gr¨ oßer die Entfernung vom Zentrum ist, desto geringer ist der Umsatz. Die grafische Darstellung des Zusammenhangs ist in Abbildung 4.29 gegeben.
500
400
300
200
100
0 0
10
20
30
40
XI
Abb. 4.29. Zusammenhang zwischen Umsatz Y und Entfernung X
Wir verwenden nun nur noch die ordinale Struktur der Beobachtungen und berechnen den Rangkorrelationskoeffizienten von Spearman. Hierzu ver-
4.4 Zusammenhang zwischen zwei stetigen Merkmalen
137
geben wir zun¨ achst die R¨ ange f¨ ur die beiden Merkmale und wenden den Korrelationskoeffizienten von Bravais-Pearson auf die Rangdaten an, wobei RX = RY = 5.5 ist: RiX − RX RiY − RY i RiX RiX − RX RiY RiY − RY 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
10 3 1 2 7 9 8 6 5 4
4.5 -2.5 -4.5 -3.5 1.5 3.5 2.5 0.5 -0.5 -1.5
1 9 10 8 5 2 3 4 7 6
-4.5 3.5 4.5 2.5 -0.5 -3.5 -2.5 -1.5 1.5 0.5 n
- 20.25 -8.75 -20.25 -8.75 -0.75 -12.25 -6.25 -0.75 -0.75 -0.75
n Y Wir erhalten die Quadratsummen (RiX − RX )2 = 82.5, i=1 i=1 (Ri − n RY )2 = 82.5 und i=1 (RiX − RX )(RiY − RY ) = −79.5. Die Anwendung von (4.31) auf die Rangdaten liefert
Y-Ränge
−79.5 = −0.96 . r= √ 82.5 · 82.5
12
10
8
6
4
2
0 0
2
4
6
8
10
12
X-Ränge
Abb. 4.30. Zusammenhang zwischen Umsatz Y und Entfernung X (Rangdaten)
Die starke negative Korrelation wird also auch bei Verwendung des Rangkorrelationskoeffizienten deutlich. Der schw¨achere Zusammenhang (aus-
138
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
gedr¨ uckt durch den betragsm¨ aßig kleineren Koeffizienten r = −0.84) bei den ¨ Originaldaten kann durch eine gewisse Gl¨ attung“ beim Ubergang von Ori” ginaldaten zu Rangdaten erkl¨ art werden (vgl. hierzu die Abbildungen 4.29 und 4.30). Transformation des Korrelationskoeffizienten. Wir wollen nun untersuchen, ob und wie sich der Korrelationskoeffizient ¨andert, wenn X oder Y ˜ = u + vX und Y˜ = w + zY , (oder beide) linear transformiert werden. Sei X ¯ ¯ ¯ so erhalten wir x ˜ = u + v X und y˜ = w + z y¯ und damit x˜i − x ¯ = (u + vxi ) − (u + v¯ x) = v(xi − x ¯) und y˜i − y¯ = z(yi − y¯) . Somit gilt f¨ ur den Korrelationskoeffizienten der beiden transformierten Merk˜ und Y˜ male X (xi − x ¯)(yi − y¯) ˜ Y˜ ) = ! vz r(X, = r(X, Y ) . (4.42) 2 2 v (xi − x ¯) z 2 (yi − y¯)2
Damit ist der Korrelationskoeffizient ein translations¨aquivariantes Maß.
Beispiel. Wir betrachten die beiden Merkmale X: Betriebszugeh¨origkeit in Jahren und Y : H¨ ohe der Weihnachtsgratifikation in DM bei n = 5 Mitarbeitern im Jahr 2000. i 1 2 3 4 5
xi 10 12 15 20 23
yi 1 000 1 700 2 000 3 000 4 500
Die Firma wird nun von einem US-amerikanischen Eigent¨ umer u ¨bernommen. Er f¨ uhrt die obige Analyse erneut durch, misst jedoch die Betriebszugeh¨ origkeit in der Einheit 10 Jahre und die Gratifikation in US-Dollar (1 DM ˜ = 0.1X und Y˜ = 0.625Y . Der transformierte = 0.625 $). Es gilt also X Datensatz lautet: i 1 2 3 4 5 Wir berechnen x ¯=
80 5
= 16, y¯ =
x˜i 1.0 1.2 1.5 2.0 2.3
y˜i 625.00 1 062.50 1 250.00 1 875.00 2 687.50
12 200 5
= 2 440 und
4.5 Explorative Grafiken f¨ ur mehrere Variablen
i 1 2 3 4 5
(xi − x ¯) -6 -4 -1 4 7
(xi − x ¯)2 36 16 1 16 49 Sxx = 118
(yi − y¯) -1 440 -740 -440 560 2 060 Syy
(yi − y¯)2 2073600 547600 193600 313600 4243600 = 7372 × 103
139
(xi − x ¯)(yi − y¯) 8 640 2 960 440 2 240 14 420 Sxy = 28 700
Damit ist
28 700 287 = 0.973 . = 3 294.9 118 · 7372 × 10 ¯˜ = 0.1¯ Wir berechnen weiter x x = 1.6, y¯˜ = 0.625¯ y = 1 525 und r=√
Sx˜x˜ = 0.12 Sxx = 1.18 Sy˜y˜ = 0.6252 Syy = 287.97 × 104 Sx˜y˜ = 0.1 · 0.625Sxy = 1 793.75
und erhalten damit (vgl. (4.42)) 1 793.75 = 0.973 . r= √ 1.18 · 287.97 × 104
4.5 Explorative Grafiken fu ¨ r mehrere Variablen Wollten wir in den vorangegangenen Kapiteln Daten und Variablen visualisieren, so haben wir uns stets auf den zwei- oder dreidimensionalen Fall beschr¨ ankt. Stab-, Balken- oder Kreisdiagramme k¨ onnen uns einen Eindruck einer kategorialen Gr¨ oße, Histogramme einer stetigen Variable geben. Wollen wir ¨ uns einen grafischen Uberblick u ¨ber zwei stetige Merkmale verschaffen, so betrachten wir Streudiagramme, sind die Merkmale diskret bzw. gemischt stetig-diskret so sind aufgesplittete Balkendiagramme oder Boxplots heranzuziehen. Sobald wir jedoch mehrere Variablen betrachten und diese zu visualisieren versuchen, ben¨ otigen wir mehr als die bisher beschriebenen Methoden. In diesem Kapitel sollen einige einfache und sch¨one Konzepte vorgestellt werden, die es erlauben mehrere Variablen gleichzeitig grafisch darzustellen. 4.5.1 Coplots Der Name Coplot entstand aus einer Abk¨ urzung f¨ ur die Bezeichnung ’conditioning scatter plots’. Dem Namen entsprechend werden dabei mehrere Streudiagramme f¨ ur vorher definierte Bedingungen erstellt. Im einfachsten Fall bedeutet dies, dass neben zwei stetigen Variablen X und Y - f¨ ur die
140
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
ein Streudiagramm gezeichnet werden soll - eine weitere Variable A vorliegt, die die Bedingungen vorgibt. Das heißt, dass f¨ ur jede Auspr¨agung von A das bedingte Streudiagramm X-Y geplottet wird. Die Variable A sollte dabei nat¨ urlich nicht metrisch sein, sondern bin¨ ar, kategorial oder klassiert. Tabelle 4.8 veranschaulicht noch einmal die hier vorliegende Datensituation. Tabelle 4.8. Einfachste Datensituation f¨ ur einen Coplot (links), sowie ein Beispiel mit m¨ oglichen Merkmalsauspr¨ agungen (rechts). 1 2
n
X x1 x2 . . . xn
Y y1 y2 . . . yn
A a1 a2 . . . an
1 2 3 4
X 4.3 3.8 4.1 3.1 . .
Y 2.4 2.6 2.1 2.4 . .
A 0 1 0 0 . .
Beispiel 4.5.1. Wir betrachten einen Datensatz zu seismologischer Aktivit¨at ¨ im Gebiet der Fiji-Inseln und Tonga. Uber einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren wurde dabei bei einem Wert von mindestens ’4’ auf der Richter-Skala Ort und St¨ arke des Erdbebens festgehalten. Es liegen folgende Variablen vor: lat long depth mag stations
L¨ angengrad des Ortes seismologischer Aktivit¨at Breitengrad des Ortes seismologischer Aktivit¨at Tiefe des Bebens (in km) St¨ arke des Bebens (auf der Richter-Skala) Nummer der Kontrollstation
¨ Um einen Uberblick u ¨ber die Schwerpunkte der Beben zu bekommen empfiehlt es sich ein Streudiagramm der Variablen der L¨angen- und Breitengrade zu zeichnen. Interessiert dabei nun aber auch noch ob sich die Schwerpunkte f¨ ur eine unterschiedliche Tiefe der Beben unterscheiden, so k¨onnte man einen Coplot zeichnen. Wir klassieren die Tiefe in eine bin¨are Variable, die den Wert ’0’ f¨ ur eine Tiefe von ’0 - 300 m’ annimmt, und den Wert ’1’ bei einer Tiefe von mehr als 300 Metern. Insgesamt lagen 1000 Beobachtungen vor, 547 davon erhielten den Wert ’0’, 453 den Wert ’1’. In Abbildung 4.31 sind die Ergebnisse unseres Datensatzes zu betrachten. Es scheint so, als w¨ urde bei Beben in der N¨ahe der Erdoberfl¨ache (also in einer Tiefe von 0-300 m) das Gebiet der seismologischen Aktivit¨at weiter gestreut zu sein. Es liegen zwei gr¨ oßere ¨ ortliche Schwerpunkte vor, bei Beben in einer gr¨ oßeren Tiefe sind diese jedoch deutlich konzentrierter. Anmerkung. Selbstverst¨ andlich muss die Variable ’depth’ nicht bin¨ar kodiert sein. Wir h¨ atten ebenfalls die Variable in beispielsweise 6 Kategorien (’0-100 m’, ’100-200 m’,...) unterteilen k¨ onnen. Als Resultat h¨atten wir dann eben 6
4.5 Explorative Grafiken f¨ ur mehrere Variablen
141
Given : depthcat
1
0
170
175
180
185
lat
−35
−30
−25
−20
−15
−10
165
165
170
175
180
185
long
Abb. 4.31. Coplot f¨ ur das Streudiagramm der L¨ angen- und Breitengrade, aufgesplittet nach der bin¨ aren Variable ’Tiefe’
verschiedene Streudiagramme erhalten. Zu beachten ist jedoch stets, dass bei einer Unterteilung f¨ ur jeden Fall immer noch genug Beobachtungen vorliegen sollten. Als Erweiterung zu der bisher beschriebenen Situation wollen wir nun den Fall n¨ aher untersuchen, bei dem zwei kategoriale Einflußgr¨oßen vorliegen und somit ein zweidimensionaler Coplot gezeichnet werden k¨onnte. Wir bezeichnen die neue Variable als ’B’ und betrachten die Datensituation wie in Tabelle 4.9 veranschaulicht: Tabelle 4.9. Datensituation f¨ ur einen Coplot bei zwei metrischen und zwei kategorialen Variablen(links), sowie ein Beispiel mit m¨ oglichen Merkmalsauspr¨ agungen (rechts). 1 2
n
X x1 x2 . . . xn
Y y1 y2 . . . yn
A a1 a2 . . . an
B b1 b2 . . . bn
1 2 3 4
X 4.3 3.8 4.1 3.1 . .
Y 2.4 2.6 2.1 2.4 . .
A 0 1 0 0 . .
B 6 6 7 7
142
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Wollen wir nun Streudiagramme f¨ ur die beiden Variablen X und Y zeichnen, so m¨ ussen wir dies f¨ ur jede Kombination von Auspr¨agungen von A und B tun. Sind A und B bin¨ ar erhalten wir also vier verschiedene Diagramme, bei h¨ oherer Anzahl entsprechend mehr. Beispiel 4.5.2. Wir betrachten erneut das Beispiel der seismologischen Aktivit¨ at im Gebiete der Fiji-Inseln und Tonga. Neben der Tiefe soll nun auch noch die St¨ arke des Bebens als relevante Variable erfasst werden. Ist der Wert auf der Richter-Skala geringer als 4.6, so erh¨alt unsere Variable den Wert ’0’, ansonsten den Wert ’1’. Von den 1000 F¨allen wiesen 486 einen Wert von weniger als 4.6 auf, 514 dagegen waren gr¨ oßer. In Abbildung 4.32 ist der entsprechende Coplot abgebildet. Auch hier ist deutlich zu erkennen, dass bei gr¨ oßerer Tiefe (also Tiefe = 1) weniger große Schwerpunkte zu erkennen sind. Given : depthcat
1
0
170
175
180
185
lat
−35
−30
0
−25
−20
−15
−10
−35
Given : magcat
−30
1
−25
−20
−15
−10
165
165
170
175
180
185
long
Abb. 4.32. Coplot f¨ ur das Streudiagramm der L¨ angen- und Breitengrade, aufgesplittet nach den bin¨ aren Variablen ’Tiefe’ und ’St¨ arke’
Verschiedene Programmpakete bieten auch die M¨oglichkeit Coplots f¨ ur mehrere stetige Variablen zu konstruieren. Wir haben also eine Datensituation wie in Tabelle 4.10 veranschaulicht. Das Programmpaket unterteilt dann, je nach Vorgabe, zwei der vier Variablen in sich u ¨berlappende Klassen und erstellt den Coplot wie gewohnt.
4.5 Explorative Grafiken f¨ ur mehrere Variablen
143
Tabelle 4.10. Datensituation f¨ ur einen Coplot bei vier metrischen Variablen(links), sowie ein Beispiel mit m¨ oglichen Merkmalsauspr¨ agungen (rechts) X x1 x2 . . . xn
1 2
n
Y y1 y2 . . . yn
A a1 a2 . . . an
B b1 b2 . . . bn
X 4.3 3.8 4.1 3.1 . .
1 2 3 4
Y 2.4 2.6 2.1 2.4 . .
A 200 212 198 234 . .
B 66.6 62.9 71.5 70.3
Beispiel 4.5.3. Betrachten wir erneut das Beispiel der seismologischen Aktivit¨ at. F¨ ur die beiden metrischen Variablen ’L¨ angengrad’ und ’Breitengrad’, erhalten wir unter der Bedingung der beiden anderen metrischen Variablen ’Tiefe’ und ’St¨ arke’ einen Coplot wie in Abbildung 4.33. Eine detailliertere Betrachtung bringt hier jedoch keine neueren Erkenntnisse. Given : depth
175
185
300
165
175
400
185
500
165
175
600
185
5.0 −20 −35
4.5 4.0
−20
−35
−20
−35
Given : mag
lat
−35
−20
−35
5.5
−20
−35
−20
165
200
6.0
100
165
175
185
165
175
185
165
175
185
long
Abb. 4.33. Coplot f¨ ur das Streudiagramm der L¨ angen- und Breitengrade, aufgesplittet nach den stetigen aber klassierten Variablen ’Tiefe’ und ’St¨ arke’
144
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Anmerkung. Unter SPSS k¨ onnen Coplots sehr einfach f¨ ur bin¨are, kategoriale oder klassierte Bedingungsvariablen erstellt werden. Unter ’Grafiken’ → ’Streudiagramm’ → ’einfaches Streudiagramm’ → ’Felder anordnen nach’ kann optional eine Unterteilungs- und damit auch Bedingungsvariable eingestellt werden. Andere Programmpakete wie R oder S-Plus lassen unter ihrer Funktion coplot() auch eine metrische Bedingungsvariable zu. 4.5.2 Chernoff Faces Die grundlegende Idee der ’Chernoff faces’ ist, dass jeder Teil eines Gesichtes eine einzelne Variable repr¨ asentiert. So kann f¨ ur jede Beobachtungseinheit ein Gesicht gezeichnet werden, das die individuellen Eigenschaften dieser Einheit f¨ ur mehrere (in der Regel bis zu 15) Variablen widerspiegelt. In Tabelle 4.11 ist die detaillierte Auflistung zu sehen, wie jede Variable in einem ’Chernoff face’ wiederzufinden ist. Tabelle 4.11. Chernoff faces. Repr¨ asentation der Variablen durch Gesichtsz¨ uge Var Var Var Var Var Var Var Var
1 2 3 4 5 6 7 8
Fl¨ ache des Gesichts Form des Gesichts L¨ ange der Nase Ort des Mundes Kr¨ ummung des Lachens Breite des Mundes Ort der Augen Distanz der Augenbrauen
Var Var Var Var Var Var Var
9 10 11 12 13 14 15
Blickwinkel der Augen Form der Augen Breite der Augen Ort der Pupille Ort der Augenbraue Winkel der Augenbraue Breite der Augenbraue
Beispiel 4.5.4. Als Beispiel betrachten wir einen Datensatz mit den Eigenschaften verschiedener Biere. So wurden f¨ ur 32 verschiedene Biere die Merkmale ’Alkoholgehalt (in %)’, ’Stammw¨ urze’, ’Kilokalorien pro 0.33l’, ’Brauereigr¨ undung’ und ’Bittereinheiten’ erhoben. Tabelle 4.12 zeigt einen Auszug aus den Daten. Wir k¨ onnen uns nun die dazugeh¨origen Chernoff faces plotten lassen (siehe Abbildung 4.34 ). Gem¨ aß Tabelle 4.11 sollte also nun ein h¨ oherer Alkoholgehalt des Bieres zu einem gr¨ oßeren Gesicht f¨ uhren, ein h¨ oherer Bittergehalt (unpassenderweise) zu einem gr¨ oßeren Lachen. Tats¨ achlich scheint auch beispielsweise Bier Nummer 10 (Clausthaler Alkoholfrei) ein sehr kleines Gesicht zu haben, Bier Nummer 3 (Erdinger) hat mit einem sehr geringen Bittergehalt von 9 ein sehr trauriges Gesicht, Bier Nummer 11 (Jever) dagegen ein sehr fr¨ohliches. Als eine freie Variante und Interpretation der Chernoff faces ist f¨ ur das Programmpaket R eine Funktion erh¨ altlich, die ¨ahnliche Gesichter plottet.
4.5 Explorative Grafiken f¨ ur mehrere Variablen
145
Tabelle 4.12. Auszug aus den Bierdaten Nr. . . 14 15 16 17 . .
Biersorte . . Paulaner Holsten Astra Maisels . .
Alkoholgehalt . . 6.0 4.8 4.9 5.4 . .
Stammw¨ urze . . 13.7 11.2 11.2 12.3 . .
kcal (pro 0.33l) . . 165 136 136 142 . .
Gr¨ undungsjahr . . 1634 1879 1897 1887 . .
Bittereinheiten . . 24 29 28 12 . .
1
6
11
16
21
2
7
12
17
22
3
8
13
18
23
4
9
14
19
24
5
10
15
20
25
Abb. 4.34. Chernoff faces f¨ ur 25 der 32 verschiedenen Biersorten
Vorteil daran ist ein detaillierteres a ¨ußeres Erscheinungsbild der Gesichter sowie eine Kennzeichnung der Gesichter mit Namen (siehe auch Abbildung 4.35). Bei dieser Funktion w¨ urde beispielsweise ein ’kurzes’ Gesicht auf einen geringen Alkoholgehalt hinweisen, ein breiter Mund dagegen auf hohe Bittereinheiten. Anmerkung. Auch wenn die originelle Idee von Chernoff teilweise einen ¨ schnellen Uberblick u ¨ber viele Variablen verschaffen kann, so sind doch noch folgende wichtige Bemerkungen zu machen: • Das Aussehen der einzelnen Gesichter h¨ angt von der Reihenfolge der Variablen ab. Bei einer Umordnung ¨ andert sich aus das Aussehen der ’Chernoff
146
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Rolinck
Andechs
Erdinger
Flensburger
Lübzer
Rostocker
Sion
Warsteiner
König
Clausthaler
Jever
Radeberger
Schöfferhofer
Gilden
Barre
Kauzen
Henninger
Oettinger
Einbecker
Paulaner
Holsten
Astra
Maisels
Herrenhäufer
Herrenbräu
Moninger
Gilde2
Bürgerbräu
Wolters
Becks
Diebels
Hasseröder
Abb. 4.35. Chernoff faces f¨ ur die 32 verschiedenen Biersorten
faces’. • Teilweise ist es schwierig die Gesichter schnell und genau zu interpretieren. • In SPSS sind die ’Chernoff’ faces leider nicht implementiert. F¨ ur andere Programmpakete (z.B. R und S-Plus), gibt es jedoch Funktionen die die Gesichter plotten. Innerhalb der verschiedenen Software gibt es jedoch teilweise kleinere Unterschiede bei der Konstruktion der Gesichter.
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken Bei den ersten Erfahrungen im Umgang mit statistischen Softwarepaketen oder der Interpretation von Grafiken ergibt sich f¨ ur den Anwender oft das Problem, dass zu schnell falsche R¨ uckschl¨ usse innerhalb eines Sachverhaltes gezogen werden. Outputs weisen eine irref¨ uhrende Skalierung auf, Hypothesen werden unsachgem¨ aß formuliert und u ¨berladene Grafiken laden zu falschen Interpretationen ein. In diesem Kapitel soll ein erster Einblick gegeben werden, welche Fehler gemacht werden k¨ onnen und wie diese am besten vermieden werden.
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken
147
4.6.1 Ad¨ aquate Skalierung Bei den meisten Softwarepaketen wird die Skalierung per Voreinstellung automatisch reguliert. Die damit produzierten Outputs k¨onnen unter Umst¨anden dazu f¨ uhren, dass falsche R¨ uckschl¨ usse gezogen werden. Die folgenden Beispiele sollen den Anwender ermutigen sich mit einem Sachverhalt intensiv auseinanerzusetzen bevor er R¨ uckschl¨ usse zieht. Beispiel 4.6.1. Im Rahmen einer Untersuchung sollte unter anderem der Einfluss der G¨ uhtemperatur auf die Katalysatoraktivit¨at untersucht werden. Die Variable ’Temperatur’ war dabei nicht stetig, sondern konnte (aufgrund des Messverfahrens) nur die Auspr¨ agungen ’500 ◦ C’, ’540 ◦ C’, ’570 ◦ C’ und ’600 ◦ C’ annehmen. In Abb. 4.36 ist zu sehen welchen Output uns SPSS f¨ ur die mittlere Katalysatoraktivit¨ at in Abh¨ angigkeit von der Temperatur liefert.
Abb. 4.36. Katalysatoraktivit¨ at in Abh¨ angigkeit von der Temperatur
Die Grafik vermittelt den Eindruck, dass bei einer Gl¨ uhtemperatur von 540◦ C die Katalysatoraktivit¨ at vehement abnimmt. Es scheint einen starken Einbruch zu geben. Betrachtet man die Datensituation jedoch genauer, so f¨ allt auf, dass die Werte f¨ ur die Aktivit¨ at bei den einzelnen Beobachtungen etwa zwischen 10 und 130 schwanken. Auch wenn die Mittelwerte f¨ ur die einzelnen ’Klassen’ um die Werte 60 und 70 liegen, so ist immer noch die starke Variabilit¨ at und auch die Spannweite der eigentlichen Aktivit¨atswerte zu beachten. Es empfiehlt sich eine andere Achsenskalierung zu w¨ahlen. Beachtet man die zweite kategoriale Einflussgr¨ oße Druck in Abb. 4.37, so empfiehlt es sich beide Grafiken einheitlich zu skalieren um den Effekt beider Variablen vergleichen zu k¨ onnen.
148
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Abb. 4.37. Katalysatoraktivit¨ at in Abh¨ angigkeit vom Druck
Wenn wir in Abb. 4.36 auch die Skalierung von 20 - 90 wie in Abb. 4.37 w¨ ahlen (in SPSS durch Doppelklick auf die Skala und danach ver¨andern), so erhalten wir Abb. 4.38. Hier kann man erkennen, dass die Anpassung der Skalierung zu einer weniger starken Interpretation des Einflusses von Temperatur auf die Katalysatoraktivit¨ at f¨ uhrt.
Abb. 4.38. Katalysatoraktivit¨ at in Abh¨ angigkeit von der Temperatur
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken
149
H¨ aufig kann man durch eine Grafik mit beiden Einflussgr¨oßen (Abb. 4.39) eine Kombination der optischen Eindr¨ ucke erzielen und somit Fehlinterpretationen vorbeugen.
Abb. 4.39. Profildiagramm aufgeteilt nach Druck und Temperatur
Beispiel 4.6.2. In einer Verkehrserhebung in der Schweiz wurde der Arbeitsweg von Pendlern 1994 und 1989 erhoben. Die Scatterplots ergaben f¨ ur M¨anner und Frauen folgende Bilder (Abb. 4.40 und 4.41), die zun¨achst auf einen ¨ ahnlich starken Einfluss des Arbeitsweges 1989 schließen lassen. Wir passen die x-Achse bei den M¨ annern von max. 80 Minuten auf das Maximum von 120 Minuten in Abbildung 4.40 an und erhalten Abbildung 4.42 die nun einen sinnvollen Vergleich M¨ anner / Frauen erm¨oglicht. Wir sehen, dass der Einfluss der unabh¨ angigen Variable Arbeitsweg 1989 bei den M¨annern st¨ arker ausgepr¨ agt ist als bei den Frauen. Dies best¨atigt auch die Regression mit den Parametern 0.917 (M¨ anner) bzw. 0.707 (Frauen). Ohne die Korrektur der Achsenskalierung w¨ are dieser Effekt grafisch verborgen geblieben. 4.6.2 Einfluss von Extremwerten Die Datenanalyse wird h¨ aufig von Extremwerten oder Ausreißern beeinflusst. onnen so beeinflusst und verf¨alscht werden. FolWichtige Entscheidungen k¨ gendes Beispiel soll dies verdeutlichen.
150
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Abb. 4.40. Regression 1989/1994 bei M¨ annern
Abb. 4.41. Regression 1989/1994 bei Frauen
Beispiel 4.6.3. Wir betrachten erneut das Beispiel der Arbeitszeiten von Pendlern in den Jahren 1989 und 1994. In Boxplots werden Extremwerte und Ausreißer gesondert gekennzeichnet, im folgenden Boxplot 4.43 ist die Dauer des Arbeitsweges getrennt nach dem Geschlecht aufgetragen. Der Fall Nummer 1 ist ein Ausreisser. Mit Fall Nummer 1, also unter Ber¨ ucksichtigung des Ausreißers, erhalten wir folgendes Streudiagramm Arbeitsweg 1994 / Arbeitsweg 1989 mit der zugeh¨ origen Regressionsgerade (Abbildung 4.44). Nach Entfernen des Aus-
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken
151
Abb. 4.42. Regression 1989/1994 bei M¨ annern nach Anpassung der x-Achse
Abb. 4.43. Boxplot aufgesplittet nach Geschlecht
reissers ergibt sich Abbildung 4.45. Da die Skalen in beiden Grafiken u ¨bereinstimmen, kann der Effekt von Fall Nummer 1 deutlich abgelesen werden. Bei der praktischen Datenanalyse sollte also stets auf ’merkw¨ urdige’ Datenpunkte geachtet werden, da sie die Analyse v¨ ollig auf den Kopf stellen k¨ onnen. Ihre Entfernung muss nat¨ urlich sachlich begr¨ undet sein - Eingabefehler (Alter eines Patienten: 120 Jahre), Messfehler (Gewicht einer Person: - 50 kg), usw.
152
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Abb. 4.44. Streudiagramm mit Betrachtung des Ausreißers
Abb. 4.45. Streudiagramm ohne Betrachtung des Ausreißers
4.6.3 Geschickte Wahl einer Grafik Zur Kl¨ arung einer Fragestellung k¨ onnen oft verschiedene Grafiken oder Outputs herangezogen werden. Nicht immer ist auf Anhieb zu erkennen, welche davon die gr¨ oßte Aussagekraft besitzt. Oft ist es hilfreich mehr als eine Grafik zu betrachten und sich unter Abw¨ agung der Fragestellung f¨ ur eine Interpretation zu entscheiden. Das folgende Beispiel soll zeigen, dass durch geschickte Wahl der Grafik Arbeitshypothesen deutlicher herausgearbeitet werden k¨onnen.
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken
153
Beispiel 4.6.4. In einer Untersuchung innerhalb einer Firma wurden unter anderem die Merkmale ’aktuelles Gehalt’ und ’Jobkategorie’ erhoben. Zu kl¨ aren war, ob sich die Geh¨ alter in den einzelnen Jobkategorien unterscheiden. ¨ Ein gesplitteter Boxplot liefert uns einen ersten Uberblick (siehe Abbildung 4.46)
Abb. 4.46. Boxplot des aktuellen Gehalts, aufgesplittet nach der Jobkategorie
Es scheint als w¨ urden College-Trainees und Freie Mitarbeiter am meisten verdienen, die Mitarbeiter der drei anderen Kategorien deutlich weniger. Eine leichte Tendenz f¨ ur ein h¨ oheres Gehalt beim Sicherheitsdienst gegen¨ uber den B¨ uro-Trainees und den B¨ uro-Angestellten ist aufgrund des Medians zu vermuten. Betrachten wir nun einen Error-Plot derselben Fragestellung (Abbildung 4.47). Dabei wird f¨ ur jede Kategorie der Mittelwert samt eines Konfidenzintervalls (f¨ ur Details siehe Toutenburg, Induktive Statistik ) angegeben. Die Linie spiegelt dabei die Unsicherheit bez¨ uglich des arithmetischen Mittels wider und kann ein Hinweis daf¨ ur sein, ob sich die Gehaltsklassen unterscheiden (und zwar genau dann wenn sich die einzelnen Intervalle nicht u ¨berschneiden). Nun l¨ asst sich sehr deutlich erkennen, dass die dritte Jobkategorie (Sicherheitsdienst) ein deutlich h¨ oheres Einkommen aufzuweisen hat als die erste und zweite Jobkategorie. Im Boxplot ist zwar auch ein Anstieg des Gehalts
154
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Abb. 4.47. Error-Plot des aktuellen Gehalts, aufgesplittet nach der Jobkategorie
u ¨ber die Jobkategorien zu erkennen, die Error-Plots trennen jedoch die einzelnen Kategorien deutlicher und verzichten auf die Darstellung der Ausreißer und Extremwerte. So ist hier zu erkennen, dass die dritte Kategorie ’Sicherheitsdienst’ sich statistisch von den beiden ersten Kategorien unterscheiden k¨onnte. Beispiel 4.6.5. In einem geplanten Experiment sollten 24 Studenten vier Schokoladensorten auf einer Punkteskala von 0 (’miserabel’) bis 10 (’sehr lecker’) bewerten. Die Schokolade stammte von zwei Firmen und war in je zwei Sorten (gefleckt, Nuss) vertreten. Damit m¨ ussen vier Merkmalsauspr¨ agungen grafisch ausgewertet werden. SPSS bietet die folgende Grafik der vier Histogramme (Abb. 4.48), die eine vergleichende Betrachtung bez¨ uglich Symmetrie, Schiefe, Konzentration, Mehrgipfligkeit, Ausreißer usw. erm¨ oglicht. Will man die mittleren Bewertungen f¨ ur die Firmen getrennt nach Sorten veranschaulichen, so kann man zun¨ achst Sorte als Merkmal auf der x-Achse w¨ahlen (Abb. 4.49, links). W¨ ahlt man Firma als Merkmal auf der x-Achse, so erh¨alt man Abb. 4.49 (rechts). Wie man sieht, ist die Aussagekraft beider Grafiken nicht identisch. ¨ In Abb. 4.49 (rechts) ist zus¨ atzlich eine Uberschneidung beider Geraden zu erkennen, die man als Wechselwirkung bezeichnet (vgl. Toutenburg, Induktive Statistik ).
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken
155
Abb. 4.48. Histogramme der Punktbewertung der vier Kombinationen Sorte / Firma
Abb. 4.49. Sorte als x-Achse (links), Firma als x-Achse (rechts)
Beispiel 4.6.6. In einer Studie soll der Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Monatstemperatur und der Hotelauslastung an drei Orten untersucht werden. Als typischer Wintersportort wurde Davos gew¨ahlt, f¨ ur den Sommerurlaub Polenca auf Mallorca und als Stadt- und Gesch¨aftsreiseziel Basel. Es wurden in den Monaten des Jahres 2002 die Durchschnittstemperaturen (X) tags¨ uber sowie die prozentuale Hotelauslastungen (Y ) erhoben.
156
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Monat Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec
Davos X -6 -5 2 4 7 15 17 19 13 9 4 0
Y 91 89 76 52 42 36 37 39 26 27 68 92
Polenca X 10 10 14 17 22 24 26 27 22 19 14 12
Y 13 21 42 64 79 81 86 92 36 23 13 41
Basel X 1 0 5 9 14 20 23 24 21 14 9 4
Y 23 82 40 45 39 43 50 95 64 78 9 12
Wir plotten die Variable Hotelauslastung gegen die Variable Durchschnittstemperatur und erhalten Abb. 4.50 in der kein Zusammenhang zu erkennen ist.
Abb. 4.50. Streudiagramm Durchschnittstemperatur / Hotelauslastung
Zeichnen wir die Streudiagramme separat f¨ ur die drei Orte, so ergeben sich folgende Abbildungen 4.51 die f¨ ur Davos einen negativen, f¨ ur Polenca einen positiven und f¨ ur Basel keinen Zusammenhang zeigen. Dies belegt, dass Zusammenh¨ ange manchmal global nicht zu erkennen sind sondern erst nach Aufsplitten bez¨ uglich einflussreicher Kovariablen.
4.6 Sachgem¨ aße Gestaltung von Grafiken
157
Abb. 4.51. Streudiagramm Durchschnittstemperatur / Hotelauslastung aufgesplittet nach dem Ort (Davos, Polenca, Basel)
4.6.4 Probleme bei der Berechnung einer linearen Regression Wie in Kapitel 5 beschrieben, kann der Zusammenhang zweier Merkmale mit Hilfe einer Regressionsgerade quantifiziert werden. Wir gehen dabei aber immer von einem linearen Zusammenhang aus, und sch¨atzen daher auch Koeffizienten f¨ ur einen solchen Sachverhalt. Folgendes bekannte Beispiel soll verdeutlichen, welche Probleme sich ergeben k¨ onnen, wenn die Linearit¨at des Zusammenhangs nicht hinterfragt wird. Beispiel 4.6.7. In einem ber¨ uhmten Beispiel von Anscombe werden vier v¨ollig unterschiedliche Datensituationen beschrieben und anschließend eine lineare Regression angepasst (siehe auch Abbildung 4.52). Sofort f¨ allt auf, dass f¨ ur alle Situationen dieselbe Gerade gesch¨atzt wird, und das obwohl die Daten auf den ersten Blick extrem unterschiedlich wirken. Grund daf¨ ur ist, dass f¨ ur die Berechnung der Sch¨atzungen die Residuenquadratsumme minimiert wird und extreme Werte einen intuitiven Verlauf der Gerade ver¨ andern k¨ onnen.
158
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
12 10 8
y2
4
6
8 4
6
y1
10
12
Anscombe’s 4 Regression data sets
5
10
15
5
10
12 10 4
6
8
y4
10 8 4
6
y3
15 x2
12
x1
5
10
15 x3
5
10
15 x4
Abb. 4.52. Regressionsgeraden f¨ ur vier v¨ ollig unterschiedliche Datensituationen
Die erste Grafik (oben links) scheint tats¨ achlich einen linearen Verlauf widerzuspiegeln. Die Regressionsgerade kann man daher als durchaus sinnvolle und ad¨ aquate Datenbeschreibung ansehen. Die zweite Grafik jedoch (oben rechts) scheint einem eher quadratischen Muster zu folgen und die Linearit¨ at eines Zusammenhangs muß angezweifelt werden. Das Kriterium zur Berechnung der Regressionsgerade, n¨amlich die Minimierung der Residuenquadratsummen, liefert hier aber dieselbe Gerade. In der dritten Grafik (unten links) ist zwar ein linearer Verlauf zu erkennen, ein Ausreißerpunkt ver¨ andert die Steigung der Geraden jedoch ung¨ unstig. Die vierte Grafik (unten rechts) zeigt ebenfalls, dass ein Ausreißerpunkt die Sch¨ atzung einer Geraden v¨ ollig verzerren kann.
¨ 4.7 Maße zur Messung der Ubereinstimmung von Beobachtern Sicherlich hat sich auch der Leser schon oft Fragen der folgenden Art gestellt: war eine Beurteilung, zum Beispiel die durch den Lehrer vergebenene Note f¨ ur die Schulaufgabe oder die durch den Professor vergebene Note f¨ ur das Referat
¨ 4.7 Maße zur Messung der Ubereinstimmung von Beobachtern
159
gerecht? Nun, diese Frage kann die Statistik nat¨ urlich nicht beantworten. Was die Statistik allerdings leisten kann ist eine quantitative Bewertung, inwieweit mehrere Beobachter in ihrer Einsch¨ atzung u ¨bereinstimmen (im engl.: rater agreement oder interrater agreement). Um bei den obigen Beispielen zu bleiben: h¨ atte man die Bewertung von zwei (oder mehreren) Lehrern oder Professoren verf¨ ugbar, k¨ onnte man zumindest u ufen, wie gut sie in ih¨berpr¨ ren Bewertungen u ¨bereinstimmen. Weitere interessante Anwendungsgebiete ergeben sich in der Medizin, wo man daran interessiert ist, inwiefern die Dia¨ gnose zweier (oder mehrerer) Arzte u ¨bereinstimmt. Dazu betrachten wir das folgende Beispiel: Beispiel 4.7.1. Eine Klinik macht computertomografische Aufnahmen (CT– Bilder) oder R¨ ontgenaufnahmen von sogenannten Kalkschultern, also Schul¨ tern, die Kalkablagerungen aufweisen. Mehrere Arzte sollen anhand von 56 Patienten beurteilen, um welchen Typ es sich bei diesen Ablagerungen handelt (sog. G¨ artner–Skala, ordinal): • Typ 1: Aufbauphase (kann Monate oder Jahre dauern). Der Patient hat chronische Beschwerden, Schmerztherapie und Krankengymnastik bringen keine Linderung, eine Operation muss erwogen werden. • Typ 2: Beginnende Aufl¨ osungsphase. • Typ 3: Aufl¨ osung des Kalkdepots (kann Wochen oder Monate dauern). Behandlung meist konservativ durch Krankengymnastik und Schmerztherapie. ¨ Die Beobachtungen lassen sich f¨ ur zwei Arzte in einer quadratischen Kontingenztafel veranschaulichen. Die Kontingenztafeln 4.13 und 4.14 geben die ¨ Ergebnisse f¨ ur jeweils zwei verschiedene Arzte bei den gleichen 56 Patienten ¨ wieder. Vollst¨ andige Ubereinstimmung in der Einsch¨atzung des Patienten Tabelle 4.13. 3 × 3–Tafel f¨ ur die Einsch¨ atzung von Arzt A und Arzt B Arzt B 1 2 3
1 8 2 0 10
Arzt A 2 20 15 5 40
3 3 1 2 6
31 18 7 56
¨ durch die jeweils zwei Arzte liegt vor, wenn beide den gleichen Typ (1,2 oder 3) zuordnen. Es ist anzumerken, dass dies noch nicht bedeutet, dass wenn bei¨ de Arzte die gleiche Einstufung vornehmen, diese dann auch richtig im Sinne einer validen Einstufung ist. Vielmehr k¨ onnen sich beide irren. Allerdings ¨ wird man eine Beurteilung f¨ ur umso plausibler halten, je mehr Arzte die gleiche Beurteilung vornehmen. Weiterhin sind die u ¨blichen Maßzahlen, welche den Zusammenhang beschreiben, f¨ ur diese Art von Daten weniger geeignet:
160
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale Tabelle 4.14. 3 × 3–Tafel f¨ ur die Einsch¨ atzung von Arzt C und Arzt D Arzt D 1 2 3
1 27 2 0 29
Arzt C 2 3 6 3 6 3 4 5 16 11
36 11 9 56
wir gehen ja schon davon aus, dass ein Zusammenhang zwischen den Beurteilungen besteht. Die Frage ist nur noch, wie groß dieser ist. Das heisst, die Beurteilungen werden von den Beobachtern zwar als unabh¨ angig voneinander durchgef¨ uhrt betrachtet, d.h. kein Beobachter kennt die Einsch¨atzung des jeweils anderen Beobachters, die Beurteilungen selbst h¨angen aber zusammen, da sie das gleiche Subjekt (Patient) betreffen. ¨ F¨ ur Tabelle 4.13 erh¨ alt man (8 + 15 + 2) = 25 vollst¨andige Ubereinstimmungen, bei Tabelle 4.14 sind es (27 + 6 + 5) = 38. Wir w¨ urden daraus ¨ schließen wollen, dass die Ubereinstimmung in Tabelle 4.14 h¨oher ist als in Tabelle 4.13. Dabei m¨ ussen wir aber noch beachten, dass es eine gewisse ¨ zuf¨ allige Ubereinstimmung gibt. ¨ Im Folgenden soll eine entsprechende Maßzahl f¨ ur die Ubereinstimmung ein¨ gef¨ uhrt werden, wenn das Merkmal, bei welchem die Ubereinstimmung gemessen werden soll, diskret mit wenigen Auspr¨agungen ist. 4.7.1 Kappa–Koeffizient ¨ Der Kappa–Koeffizient nach Cohen (1960) dient zur Messung der Ubereinstimmung in quadratischen I ×I–Kontingenztafeln und verwendet dazu ledig¨ lich die Beobachtungen, bei denen eine vollst¨ andige Ubereinstimmung vorliegt, also die Hauptdiagonale der Kontingenztafel. Das Schema ist in Tabelle 4.15 dargestellt. Der Kappa–Koeffizient ber¨ ucksichtigt dar¨ uber hinaus Tabelle 4.15. Schema einer I ×I-Kontingenztafel. Die fettgedruckten H¨ aufigkeiten liegen auf der Diagonalen und werden zur Berechnung von Kappa verwendet
Beobachter 2
1 .. . i .. . I
1 n11 .. . ni1 .. . nI1 n+1
Beobachter 1 i · · · n1i · · · .. . ··· nii ··· .. . · · · nIi · · · · · · n+i · · ·
I n1I .. . niI .. . nII n+I
n1+ .. . ni+ .. . nI+ n
¨ 4.7 Maße zur Messung der Ubereinstimmung von Beobachtern
161
¨ die zuf¨ allige Ubereinstimmung die man auch bekommen w¨ urde, wenn die Einsch¨ atzungen der Beobachter keinen Zusammenhang aufweisen w¨ urden. Wir berechnen daher zwei Gr¨ oßen: ¨ • Relativer Anteil der Ubereinstimmung beider Beobachter: fo =
I
fii =
I nii i=1
i=1
n
=
I
i=1
n
nii
.
(4.43)
¨ • Zuf¨ allige Ubereinstimmung, wenn kein Zusammenhang besteht: dies ist aquivalent zur Bestimmung der sogenannten erwarteten relativen H¨aufig¨ keiten gem¨ aß Gleichung (4.3): fe =
I i=1
fi+ f+i =
I ni+ n+i i=1
n
n
=
I ni+ n+i i=1
n2
=
I
ni+ n+i . n2
i=1
(4.44)
Der Kappa–Koeffizient ist dann definiert durch κ=
fo − fe , 1 − fe
(4.45)
und wird folgendermaßen interpretiert: ¨ • Der Z¨ ahler ist die Differenz aus der beobachteten Ubereinstimmung und ¨ der unter Zuf¨ alligkeit zu erwartenden Ubereinstimmung. Dies ist damit ¨ ein Maß f¨ ur die u alligkeit hinausgehende Ubereinstimmung der ¨ber die Zuf¨ Beobachter (engl.: chance corrected agreement). • Die Eins im Nenner stellt die maximal m¨ ogliche relative H¨aufigkeit f¨ ur ¨ Ubereinstimmung dar, n¨ amlich wenn alle Beobachtungen auf der Diagonalen der Kontingenztafel liegen und s¨ amtliche Nebendiagonalen nur Nullen enthalten. • Der Kappa–Koeffizient ist damit ebenfalls Eins, wenn alle Beobachtungen auf der Diagonalen der Kontingenztafel liegen und s¨amtliche Nebendiagonalen nur Nullen enthalten. Er kann auch negativ werden, wenn zum ¨ Beispiel keine Ubereinstimmung da ist (im Extremfall: Nullen auf der Diagonalen). • Der Kappa–Koeffizient ist Null, wenn f¨ ur alle i = 1, . . . , I gilt: fii = fi+ f+i , das heißt, wenn exakte Unabh¨ angigkeit in der beobachteten Tafel vorliegt. Die Berechnung wollen wir anhand unseres Einf¨ uhrungsbeispiels 4.7.1 und der beiden Kontingenztafeln 4.13 und 4.14 durchf¨ uhren. Beispiel 4.7.2 (Fortsetzung von Beispiel 4.7.1). F¨ ur Tabelle 4.13 berechnen wir: 25 8 + 15 + 2 = fo = 56 56 und
162
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
31 · 10 562 18 · 40 562 7·6 562 31 · 10 + 18 · 40 + 7 · 6 562 1072 . 562
f11 = f22 = f33 = fe = = Damit erhalten wir κ=
25 56
− 1072 562 = 0.159 . 1 − 1072 562
F¨ ur Tabelle 4.14 berechnen wir: fo =
38 27 + 6 + 5 = 56 56
und f11 = f22 = f33 = fe = =
36 · 29 562 11 · 16 562 9 · 11 562 36 · 29 + 11 · 16 + 9 · 11 562 1319 . 562
Damit erhalten wir κ=
38 56
− 1319 562 1319 = 0.445 . 1 − 562
¨ Man sieht, dass in Tabelle 4.14 sowohl die beobachtete Ubereinstimmung ¨ fo als auch die zuf¨ allige Ubereinstimmung fe gr¨oßer sind als in Tabelle 4.13. ¨ Die Einsch¨ atzung der Arzte ist in Tabelle 4.13 schwach, in Tabelle 4.14 m¨aßig u ¨bereinstimmend. Anmerkung: Der Kappa–Koeffizient als quantitative Maßzahl zur Messung ¨ der Ubereinstimmung ist nicht unumstritten. Ein Kritikpunkt ist, dass der Koeffizient zwei Aspekte vermischt“: ” ¨ 1. Die Beobachter k¨ onnen einen Bias aufweisen, das heisst, die Nicht–Ubereinstimmung beruht darauf, dass zum Beispiel Lehrer 1 generell bessere Noten vergibt als Lehrer 2. Man sagt dann auch, dass die Beobachter nicht kalibriert sind.
¨ 4.7 Maße zur Messung der Ubereinstimmung von Beobachtern
163
¨ 2. Die Beobachter sch¨ atzen die Subjekte verschieden ein. Die Nicht–Ubereinstimmung beruht darauf, dass Beobachter 1 zum Beispiel Subjekt 1 h¨ oher einstuft als Subjekt 2, Beobachter 2 dagegen Subjekt 2 h¨oher als Subjekt 1. Beispiel: Lehrer 1 gibt Sch¨ uler 1 eine bessere Note als Sch¨ uler 2, Lehrer 2 dagegen gibt Sch¨ uler 2 eine bessere Note als Sch¨ uler 1. Aspekt 2 ist der eigentlich uns interessierende Aspekt, w¨ahrend Aspekt 1 (Bias) nach M¨ oglichkeit durch Kalibrierung vermieden werden sollte. Zwei Beispiele sollen weitere Probleme bei der Verwendung von Kappa illustrieren. In Tabelle 4.16 werden zwei m¨ ogliche Ergebnisse f¨ ur die Einsch¨atzung zweier Beobachter f¨ ur 20 Objekte bez¨ uglich eines dichotomen Merkmals dar¨ gestellt. In beiden F¨ allen erh¨ alt man eine Ubereinstimmung in 19 von 20 Tabelle 4.16. Problematik von Kappa 1 0
1 10 0
0 1 9
1 0
1 18 0
0 1 1
Objekten, oder einen Wert von fo = 0.95. Allerdings ist Kappa f¨ ur die linke Tafel 0.9 und f¨ ur die rechte Tafel nur 0.64. Die Randverteilungen der beiden Beobachter unterscheiden sich dabei jeweils nur gering, d.h. sie scheinen gut kalibriert zu sein. Bef¨ urworter von Kappa argumentieren hier so, dass offenbar die Pr¨ avalenz (d.h. der Grundanteil in der untersuchten Population) in der rechten Tafel f¨ ur die Auspr¨ agung 1“ wesentlicher gr¨oßer ist als ” ¨ f¨ ur die Auspr¨ agung 0“. Damit ist aber auch die zuf¨allige Ubereinstimmung ” wahrscheinlicher! Genau dieser Effekt wird bei Kappa ber¨ ucksichtigt und herausgerechnet. Das zweite Beispiel ist in Tabelle 4.17 dargestellt. In der linken Tabelle 4.17. Problematik von Kappa 9 5
3 3
5 1
7 7
Tafel ergibt sich ein Kappa von 0.13, in der rechten Tafel ein Kappa von 0.26, obwohl wieder in beiden F¨ allen 12 von 20 Objekte (fo = 0.6) u ¨bereinstimmend eingestuft wurden. Dabei divergieren die Randverteilungen in der rechten Tafel wesentlich st¨ arker als in der linken Tafel (d.h. hier kann ein Kalibrierungsproblem vorliegen). Rechte Tafel: • Beobachter 1: ((5 + 7)/20, (1 + 7)/20) = (0.6, 0.4) • Beobachter 2: ((5 + 1)/20, (7 + 7)/20) = (0.3, 0.7)
164
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
Linke Tafel: • Beobachter 1: (12/20, 8/20) = (0.6, 0.4) • Beobachter 2: (14/20, 6/20) = (0.7, 0.3) Ein weiterer Nachteil von Kappa ist, dass nur die Diagonale ber¨ ucksichtigt wird. Wenn die Bewertungsskala sehr viele verschiedene Merkmalsauspr¨agungen besitzt, so liegen aufeinanderfolgende Auspr¨agungen oft nicht so weit auseinander. Wenn zwei Beobachter sich nur gering in der Bewertung unterscheiden, so sollte ein Maß dies auch ber¨ ucksichtigen k¨onnen. Ein solches Maß ist das gewichtete Kappa, welches im Folgenden besprochen werden soll. 4.7.2 Gewichtetes Kappa Das gewichtete Kappa wurde von Cohen (1968) vorgeschlagen. Dabei gehen formal alle Zellen der Kontingenztafel in die Berechnung ein. Die Zellen auf der Hauptdiagonalen erhalten das h¨ ochste Gewicht (in der Regel Gewicht Eins), w¨ ahrend die anderen Zellen ein geringeres Gewicht erhalten. Die Idee ¨ ist, die Zellen umso geringer zu gewichten, je schlechter die Ubereinstimmung der beiden Beobachter ist. Das gewichtete Kappa ist definiert als κw =
fo∗ − fe∗ , 1 − fe∗
(4.46)
mit fo∗ =
I I
wij fij
i=1 j=1
fe∗ =
I I i=1 j=1
wij fi· f·j .
¨ Dabei wird fo∗ wie beim ungewichteten Kappa als relativer Anteil der Uber¨ einstimmung beider Beobachter aufgefasst, w¨ ahrend fe∗ die zuf¨allige Ubereinstimmung darstellt, wenn kein Zusammenhang bestehen w¨ urde. Zur Berechnung des gewichteten Kappas sind schliesslich noch die Gewichte zu w¨ahlen. Zwei popul¨ are Vorschl¨ age sind wij = 1 − und
(i − j)2 (I − 1)2
(4.47)
|i − j| . (4.48) I −1 F¨ ur eine 3 × 3–Kontingenztafel erh¨ alt man die Gewichte wie in den Tabellen 4.18 und 4.19 angegeben. ∗ wij =1−
¨ 4.7 Maße zur Messung der Ubereinstimmung von Beobachtern
165
Tabelle 4.18. Gewichte wij einer 3 × 3–Tafel 1.0 0.75 0.0
0.75 1.0 0.75
0.0 0.75 1.0
∗ Tabelle 4.19. Gewichte wij einer 3 × 3–Tafel
1.0 0.5 0.0
0.5 1.0 0.5
0.0 0.5 1.0
Tabelle 4.20. Gewichte wij einer 4 × 4–Tafel 1.0 0.89 0.56 0.0
0.89 1.0 0.89 0.56
0.56 0.89 1.0 0.89
0.0 0.56 0.89 1.0
∗ Tabelle 4.21. Gewichte wij einer 4 × 4–Tafel
1.0 0.67 0.33 0.0
0.67 1.0 0.67 0.33
0.33 0.67 1.0 0.67
0.0 0.33 0.67 1.0
Die Zellen der gr¨ oßten Nicht¨ ubereinstimmung (Zelle (1, 3) und (3, 1) bei einer 3 × 3–Tafel) werden in beiden F¨ allen mit 0 gewichtet, die Zellen auf der Diagonalen mit Gewicht 1. F¨ ur eine 4 × 4–Tafel ergeben sich dagegen die Gewichte wie in den Tabellen 4.20 und 4.21 angegeben. Beispiel 4.7.3 (Fortsetzung von Beispiel 4.7.1). F¨ ur Tabelle 4.13 berechnen wir unter Verwendung der Gewichte aus 4.47: nfo = 8 · 1.0 + 20 · 0.75 + 3 · 0.0 + 2 · 0.75 + 15 · 1.0 + 1 · 0.75 + 0 · 0.0 + 5 · 0.75 + 2 · 1.0 und damit fo =
46 = 0.8214 , 56
sowie n2 fe = 31 · 10 · 1.0 + 31 · 40 · 0.75 + 31 · 6 · 0.0
+ 18 · 10 · 0.75 + 18 · 40 · 1.0 + 18 · 6 · 0.75
166
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
+ 7 · 10 · 0.0 + 7 · 40 · 0.75 + 7 · 6 · 1.0 und damit fe =
2428 = 0.7742 . 562
Damit erhalten wir 0.8214 − 0.7742 = 0.209 . 1 − 0.7742
κw =
Verwenden wir dagegen die Gewichte aus 4.48, so erhalten wir nfo = 8 · 1.0 + 20 · 0.5 + 3 · 0.0 + 2 · 0.5 + 15 · 1.0 + 1 · 0.5 + 0 · 0.0 + 5 · 0.5 + 2 · 1.0 und damit fo =
39 = 0.6964 , 56
sowie n2 fe = 31 · 10 · 1.0 + 31 · 40 · 0.5 + 31 · 6 · 0.0 + 18 · 10 · 0.5 + 18 · 40 · 1.0 + 18 · 6 · 0.5 + 7 · 10 · 0.0 + 7 · 40 · 0.5 + 7 · 6 · 1.0
und damit fe =
1976 = 0.6301 . 562
Damit erhalten wir κw ∗ =
0.6964 − 0.6301 = 0.179 . 1 − 0.6301
F¨ ur dieses Beispiel erhalten wir also
κ = 0.159 < κw∗ = 0.179 < κw = 0.209 . F¨ ur Tabelle 4.14 berechnen wir unter Verwendung der Gewichte aus 4.47 κw = 0.601 und unter Verwendung der Gewichte aus 4.48 κw∗ = 0.525 . Auch hier erhalten wir κ = 0.445 < κw∗ = 0.525 < κw = 0.601 .
4.8 Aufgaben und Kontrollfragen
167
4.8 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 4.1: Der Geburtenstatistik einer Großen Kreisstadt in der BRD f¨ ur 1989 entnehmen wir folgende Daten: m¨ annlich weiblich ehelich 480 320 800 unehelich 70 130 200 550 450 1 000
Berechnen Sie den χ2 -Wert, den Phi-Koeffizienten, den korrigierten Kontingenzkoeffizienten und den Odds-Ratio. Interpretieren Sie das Ergebnis. Aufgabe 4.2: F¨ ur die Therapie von Kreislaufbeschwerden stehen zwei Medikamente A und B zur Verf¨ ugung, die mit einer Kontrollgruppe (keine Therapie) verglichen werden. Das Ergebnis der Studie findet man in nachstehender Kontingenztafel.
Kreislaufbeschwerden
nein ja
Med. A 50 10
Therapie Med. B kein Med. 40 10 10 80
a) Berechnen Sie ein Zusammenhangsmaß, das f¨ ur den Vergleich von Kontingenztafeln verschiedener Dimension geeignet ist. b) Fassen Sie in obiger Kontingenztafel die Medikamente A und B zur Gruppe Medikamente zusammen. Berechnen Sie die geeigneten Zusammenhangsmaße. Vergleichen und interpretieren Sie die Ergebnisse mit Teilaufgaben a). Aufgabe 4.3: In der Erhebung der Kleinbetriebe in Aufgabe 2.7 wurden die Merkmale ‘Art des Unternehmens’ und ‘Einsch¨ atzung f¨ ur 1997’ erhoben. Stellen Sie die dazugeh¨ orige Kontingenztafel auf und beurteilen Sie den Zusammenhang mit Hilfe der Lambda-Maße. Aufgabe 4.4: In einem Bundesland wurden die Studierenden der F¨acher BWL, VWL und der Naturwissenschaften befragt, ob sie Baf¨og erhalten oder nicht. Die nachfolgende Tabelle enth¨ alt das Ergebnis der Erhebung (Angabe in 100): BWL VWL Naturwissenschaften
Baf¨ og 30 5 10
kein Baf¨og 10 15 30
a) Berechnen Sie die unter der Annahme der Unabh¨angigkeit der beiden Merkmale ‘Studienfach’ und ‘Empfang von Baf¨og’ zu erwartenden H¨aufigkeiten und berechnen Sie eine geeignete Maßzahl, die eine Aussage u ¨ber den Zusammenhang zwischen den Merkmalen ‘Studienfach’ und ‘Empfang von Baf¨ og’ liefert.
168
4. Maßzahlen f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale
b) Welcher Zusammenhang ergibt sich, wenn man nur noch zwischen Wirtschaftswissenschaften und Naturwissenschaften unterscheidet? c) Vergleichen und interpretieren Sie die Ergebnisse aus a) und b). Aufgabe 4.5: Eine Erhebung der Merkmale ‘Geschlecht’ und ‘Beteiligung am Erwerbsleben’ im April 1989 in der BRD ergab die folgende Kontingenztafel (Angabe in 1 000): m¨ annlich weiblich
Erwerbst¨ atig 16 950 10 800
Erwerbslos 1 050 1 100
Nichterwerbspersonen 11 780 20 200
a) Berechnen Sie die dazugeh¨ origen Zusammenhangsmaße und interpretieren Sie das Ergebnis. b) Wir unterscheiden das Merkmal ‘Beteiligung am Erwerbsleben’ nur nach Erwerbspersonen (= Erwerbst¨ atig oder Erwerbslos) und Nichterwerbspersonen. Stellen Sie die entsprechende Vier-Felder-Tafel auf und berechnen Sie den korrigierten Kontingenzkoeffizienten und den Phi-Koeffizienten. Aufgabe 4.6: Aus dem letzten Semester sind die Noten von 100 Teilnehmern an den Klausuren in Mathematik und Statistik bekannt:
Note Statistik
1 2 3 4 5
1 5 4 1 0 0
Note Mathematik 2 3 4 5 5 0 0 0 6 0 0 0 9 40 0 0 0 0 0 10 0 0 10 10
a) Besteht ein Zusammenhang zwischen den Noten in den beiden Klausuren? Pr¨ ufen Sie dies durch Berechnung einer geeigneten Maßzahl. b) Wir interessieren uns nun nur noch daf¨ ur, ob ein Teilnehmer die jeweilige Klausur bestanden hat (Note besser als 5) oder nicht. Stellen Sie die zugeh¨ orige Kontingenztafel auf und pr¨ ufen Sie nun in dieser Kontingenztafel den Zusammenhang zwischen dem Abschneiden in den beiden Klausuren. c) Vergleichen und interpretieren Sie die Ergebnisse aus a) und b). Aufgabe 4.7: In einer zahnmedizinischen Studie wurden die zwei F¨ ullungsmaterialen ‘H¨ altimmer’ und ‘Totalfest’ auf ihre Festigkeit hin getestet, wobei nur das Ergebnis ‘fest’ oder ‘nicht fest’ erhoben wurde. Das Ergebnis der Studie ist in der folgenden Kontingenztafel dargestellt: H¨ altimmer Totalfest
fest 6 2
nicht fest 4 8
a) Berechnen Sie die geeigneten Maßzahlen zur Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der Festigkeit und dem F¨ ullungsmaterial.
4.8 Aufgaben und Kontrollfragen
169
b) Nehmen wir an, es wurden weitere 20 Z¨ ahne mit dem F¨ ullungsmaterial ‘H¨ altimmer’ auf ihre Festigkeit untersucht. 12 F¨ ullungen waren fest und 8 F¨ ullungen waren nicht fest. Ber¨ ucksichtigen Sie diese zus¨atzlichen Beobachtungen und berechnen Sie die Maßzahlen aus Teilaufgabe a) mit den neuen H¨ aufigkeiten. Wie ist das Ergebnis zu interpretieren? Aufgabe 4.8: Die Weißw¨ urste von f¨ unf M¨ unchner Metzgereien werden zwei Testessern vorgelegt. Zur Bewertung der Wurstqualit¨at wurde ein Punkteschema von 1 (= miserabel) bis 15 (= ausgezeichnet) eingef¨ uhrt. Die jeweiligen Urteile der Testesser X und Y sind der folgenden Tabelle zu entnehmen: Metzgerei i 1 2 3 4 5
xi 14 13 12 10 5
yi 11 13 13 15 7
Beurteilen Sie die Wertungen der beiden Testesser zueinander mit Hilfe des Rangkorrelationskoeffizienten von Spearman. Aufgabe 4.9: Um die Arbeitsabl¨ aufe in einer KFZ-Werkstatt zu u ufen, ¨berpr¨ wurden bei 6 Kraftfahrzeugen, die zur Reparatur kamen, jeweils die Verweildauern in der Werkstatt (in Gesch¨ aftszeitstunden) und die Reparaturzeiten gemessen. Die Werte sind in nachfolgender Tabelle festgehalten: Fahrzeug Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std.
1 8 1
2 3 2
3 8 2
4 5 0.5
5 10 1.5
6 8 2
a) Messen Sie mit Hilfe des Korrelationskoeffizienten nach Bravais–Pearson, ob ein linearer Zusammenhang zwischen Verweildauer und Reparaturzeit vorliegt. b) Verwenden Sie zur Messung des linearen Zusammenhangs den Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman, wobei Sie die R¨ange aufsteigend vergeben. c) Zu welchem Ergebnis kommen Sie, wenn Sie die R¨ange der Reparaturzeit absteigend vergeben? Aufgabe 4.10: In den Jahren 1952 bis 1961 entwickelten sich das Bruttosozialprodukt (BSP zu Preisen von 1954 in Mrd. DM) und der Prim¨arenergieverbrauch (PEV in Mio. t SKE) wie folgt: Jahr BSP PEV
’52 135 150
’53 145 150
’54 160 160
’55 170 175
’56 190 185
’57 200 190
’58 210 180
’59 220 185
’60 250 215
’61 270 220
Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen dem Prim¨arenergieverbrauch und dem Bruttosozialprodukt?
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
5.1 Einleitung In Kapitel 4 haben wir den Begriff des zweidimensionalen Merkmals behandelt, wobei Maße f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale X und Y f¨ ur die verschiedenen Skalenniveaus hergeleitet wurden. In diesem Kapitel diskutieren wir Methoden zur Analyse und Modellierung des Einflusses eines quantitativen Merkmals X auf ein anderes quantitatives Merkmal Y . Die Erweiterung auf den Fall der Modellbildung bei qualitativem X wird in Abschnitt 5.9 behandelt. Wir setzen voraus, dass an einem Untersuchungsobjekt (Person, Firma, Geldinstitut usw.) zwei Merkmale X und Y gleichzeitig beobachtet werden. Diese Merkmale seien quantitativ (Intervall- oder Ratioskala). Es werden also n Beobachtungen (xi , yi ), i = 1, . . . , n des zweidimensionalen Merkmals (X, Y ) erfasst. Diese Daten werden – wie bereits in Kapitel 1 beschrieben – in einer Datenmatrix zusammengestellt. i 1 2 .. . n
X x1 ⎜ x2 ⎜ ⎜ .. ⎝ . ⎛
xn
Y ⎞ y1 y2 ⎟ ⎟ .. ⎟ . ⎠
yn
Beispiele. • • • • •
Einkommen (X) und Kreditwunsch (Y ) eines Bankkunden Geschwindigkeit (X) und Bremsweg (Y ) eines Pkw Einsatz von Werbung in EUR (X) und Umsatz in EUR (Y ) in einer Filiale Investition (X) und Exporterl¨ os (Y ) eines Betriebs Flussmittelmenge (X) und Schmelzpunkt (Y ) von Glasuren
Beispiel 5.1.1. In einem Versuch l¨ asst man ein Testauto mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten an einen Messpunkt fahren und dort bremsen. Man misst jeweils die Geschwindigkeit X in km/h und den Bremsweg Y in m. Mit diesen Daten erhalten wir den Scatterplot in Abbildung 5.1.
172
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
X 20 ⎜ 30 ⎜ ⎜ 35 ⎜ ⎝ 41 60 ⎛
Y ⎞ 25 57 ⎟ ⎟ 62 ⎟ ⎟ 65 ⎠ 90
100
90
80
70
60
50
Bremsweg
40
30
20 10
20
30
40
50
60
70
Geschwindigkeit
Abb. 5.1. Scatterplot Geschwindigkeit/Bremsweg eines Pkw
Um u ¨berhaupt einen Zusammenhang zwischen X und Y darstellen und aufdecken zu k¨ onnen, m¨ ussen X und Y an verschiedenen Stellen beobachtet werden. W¨ urde man X konstant halten (X = c), so erg¨abe sich die folgende Darstellung (Abbildung 5.2), aus der kein Zusammenhang zwischen X und Y erkannt werden kann. Man erkennt aber die nat¨ urliche Streuung von Y bei gegebenem X-Wert x = c. Neben der grafischen Darstellung eines zweidimensionalen quantitativen Merkmals (X, Y ) kann man die St¨ arke und die Richtung des linearen Zusammenhangs zwischen den beiden Merkmalskomponenten X und Y durch ein Maß erfassen. F¨ ur zwei quantitative Merkmale X und Y auf metrischem Skalenniveau ist dies der Korrelationskoeffizient von Bravais-Pearson (vgl. (4.31)) r(X, Y ) = r = !
Sxy . Sxx Syy
Er ist ein dimensionsloses Maß, das die St¨ arke und die Richtung des linearen Zusammenhangs zwischen X und Y angibt, wobei beide Merkmale X und Y gleichberechtigt (symmetrisch) in dieses Maß eingehen. Es gilt also r(X, Y ) = r(Y, X). Wir gehen nun einen Schritt weiter und versuchen, den linearen Zusammenhang zwischen X und Y durch ein Modell zu erfassen. Dazu setzen wir
5.2 Plots und Hypothesen
173
100
90
80
70
60
50
Bremsweg
40
30
20 10
20
30
40
50
60
70
Geschwindigkeit
Abb. 5.2. Kein Zusammenhang zwischen konstanter Geschwindigkeit X und Bremsweg Y erkennbar
voraus, dass ein Merkmal (X) als gegeben oder beeinflussbar angesetzt werden kann, w¨ ahrend das andere Merkmal (Y ) als Reaktion auf X beobachtet wird. Dies ist die allgemeine Struktur einer Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen X und Y . Das einfachste Modell f¨ ur einen Zusammenhang Y = f (X) ist die lineare Gleichung Y = a + bX . (5.1) Eine lineare Funktion liefert einen einfach zu handhabenden mathematischen Ansatz und ist auch insofern gerechtfertigt, als sich viele andere Funktionstypen gut durch lineare Funktionen approximieren lassen. Stehen X und Y in diesem Zusammenhang (5.1), so spricht man von linearer Regression von Y auf X. Das Merkmal Y heißt der Regressand oder Response, X heißt der Regressor oder Einflussgr¨ oße. Das Merkmal X ist – wie oben beschrieben – fest gegeben. Das Merkmal Y wird zu vorgegebenem X beobachtet und weist im allgemeinen eine nat¨ urliche Streuung auf. Aus diesem Grund werden die Werte von Y nicht exakt auf der Geraden (5.1) liegen. Deshalb bezieht man ein Fehlerglied oder Residuum e in den linearen Zusammenhang mit ein: Y = a + bX + e .
(5.2)
Eine genauere Definition und Interpretation von e wird mit Formel (5.3) und dem darauffolgenden Absatz gegeben.
5.2 Plots und Hypothesen Bevor man an die Modellierung einer Ursache-Wirkungs-Beziehung geht, sollte man sich durch grafische Darstellungen eine Vorstellung vom m¨oglichen Verlauf (Modell) verschaffen.
174
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Schneidgeschwindigkeit
Beispiel. In der Baubranche schneidet man angelieferte Baust¨ahle auf die geforderte L¨ ange zu, wobei Laserschneideger¨ ate eingesetzt werden. Werden in einem Versuch nur Baust¨ ahle mit gleicher Materialst¨arke eingesetzt und mit variierender Laserleistung bearbeitet, so l¨asst sich der Zusammenhang zwischen Leistung X und Arbeitsgeschwindigkeit Y als Scatterplot darstellen, wie er in Abbildung 5.3 zu sehen ist.
8
7
6
5
4
3 400
600
800
1000
1200
1400
1600
Laserleistung
Abb. 5.3. Positive Korrelation, monoton wachsender nichtlinearer Zusammenhang
Die Geschwindigkeit nimmt mit zunehmender Leistung zun¨achst linear zu und erreicht dann eine S¨ attigungsgrenze, so dass insgesamt ein nichtlinearer Zusammenhang gegeben scheint (Abbildung 5.3). Ein lineares Regressionsmodell f¨ ur den gesamten Wertebereich ist also nicht passend.
Abb. 5.4. Keine Korrelation, kein linearer Zusammenhang
5.3 Prinzip der kleinsten Quadrate
175
Falls zwei Merkmale X und Y keinen Zusammenhang aufweisen, so ergibt sich als typisches Bild der Punktwolke (xi , yi ) eine Darstellung wie in Abbildung 5.4. Die Punktwolke weist kein erkennbares Muster auf, die Anordnung der Punkte wirkt rein zuf¨ allig. Man nennt ein solches Bild auch Null-Plot. H¨ aufig wird ein erkennbarer Zusammenhang durch einzelne, von der großen Masse der Daten wesentlich entfernt liegende Werte gest¨ort. Diese sogenannten Ausreißer m¨ ussen gesondert eingesch¨atzt und gegebenenfalls – bei sachlicher oder statistischer Rechtfertigung – aus dem Datensatz entfernt werden. Beispiel 5.2.1. Wir demonstrieren den Einfluss von ‘Ausreißern’ auf die Regression. Mit den in der folgenden Tabelle angegebenen Werten erhalten wir die zwei Grafiken in Abbildung 5.5. Sie geben die gesch¨atzte Regressionsgerade an, die mit bzw. ohne den Punkt (x5 , y5 ) = (5, 1) bestimmt wurde. Wie man an den Grafiken sieht, kann ein Punkt den Verlauf der Regressionsgeraden entscheidend beeinflussen. Wir gehen auf diese Problematik im Verlauf des Kapitels noch detailliert ein. xi yi
8 7 6 5 4 3 2 1
1 2.1
2 3.2
Ausreißer nicht entfernt 1
2
3
4
5
3 4.5
4 4.9
5 1.0
8 7 6 5 4 3 2 1
Ausreißer entfernt 1
2
3
4
5
Abb. 5.5. Regression mit und ohne Ber¨ ucksichtigung des als Ausreißer eingestuften Punktes (xi , yi ) = (5, 1)
5.3 Prinzip der kleinsten Quadrate Die n Beobachtungen Pi = (xi , yi ), i = 1, . . . , n, des zweidimensionalen Merkmals P = (X, Y ), werden als Punktwolke (bivariater Scatterplot) in das x-y-Koordinatensystem eingetragen. Durch die Punktwolke Pi wird die Ausgleichsgerade yˆ = a + bx gelegt (vgl. Abbildung 5.6). Dabei sind der Achsenabschnitt a und der Anstieg b frei w¨ ahlbare Parameter, die nach dem auf Gauß zur¨ uckgehenden Prinzip der kleinsten Quadrate bestimmt werden.
176
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
yˆ = a + bx
y3 y4 y1
y2
Anstiegswinkel
e3
e1
e4
e2
a
x1
x2
x3
x4
Abb. 5.6. Regressionsgerade, Beobachtungen yi und Residuen ei
Wir greifen einen beliebigen Beobachtungspunkt Pi = (xi , yi ) heraus. Ihm entspricht der Punkt Pˆi = (xi , yˆi ) auf der Geraden, d. h. es gilt yˆi = a + bxi . Vergleicht man den beobachteten Punkt (xi , yi ) mit dem durch die Gerade angepassten Punkt (xi , yˆi ), so erh¨ alt man als Differenz (in y-Richtung) das sogenannte Residuum oder Fehlerglied ei = yi − yˆi = yi − a − bxi .
(5.3)
Die Residuen ei (i = 1, . . . , n) messen die Abst¨ande der beobachteten Punktwolke Pi = (xi , yi ) von den angepassten Punkten (xi , yˆi ) l¨angs der y-Achse. Je gr¨ oßer die Residuen ei insgesamt sind, um so schlechter ist die Anpassung der Regressionsgeraden an die Punktwolke. Als globales Maß f¨ ur die G¨ ute der Anpassung muss man eine Funktion w¨ahlen, die daf¨ ur sorgt, dass die absoluten Fehler erhalten bleiben. Ein Maß wie z. B. ei w¨are wenig sinnvoll, da sich positive und negative e gegeneinander aufheben k¨onnten. i Dieses Maß ei w¨ are dann durch Ver¨ anderung des Geradenverlaufs nicht sinnvoll zu beeinflussen und damit nicht zu minimieren. Um zu verhindern, dass sich positive und negative ei ’s gegenseitig aufheben, nimmt man statt der ei selbst ihren Absolutbetrag |ei | oder ihr Quadrat e2i und definiert dann z. B. folgende Maße n i=1
|ei | ,
max |ei | , i
n
e2i .
(5.4)
i=1
Der Absolutbetrag ist eine bei Minimierungen recht unhandliche mathematische Funktion. Dagegen lassen sich quadratische 2 Funktionen leichter minimie¨ ren. Ublicherweise wird daher das Maß ei gew¨ahlt. Auf der Minimierung dieses Maßes basiert das Prinzip der kleinsten Quadrate.
5.3 Prinzip der kleinsten Quadrate
177
Die durch das Optimierungsproblem min a,b
n
e2i = min a,b
i=1
n (yi − a − bxi )2
(5.5)
i=1
gewonnenen L¨ osungen a ˆ und ˆb heißen empirische Kleinste-QuadrateSch¨ atzungen von a und b, auch KQ-Sch¨ atzungen. Die damit gebildete Gerade yˆ = a ˆ + ˆbx heißt (empirische) Regressionsgerade von Y nach X. 5.3.1 Bestimmung der Sch¨ atzungen Notwendige Bedingung f¨ ur die Existenz eines Minimums der quadratischen Funktion n n (yi − a − bxi )2 (5.6) e2i = S(a, b) = i=1
i=1
ist das Vorliegen einer Nullstelle der partiellen Ableitungen erster Ordnung nach a bzw. b. Hinreichend daf¨ ur, dass bei der Nullstelle tats¨achlich ein Minimum der Zielfunktion vorliegt, ist, dass die Matrix der partiellen Ableitungen zweiter Ordnung – die Hesse-Matrix – an dieser Stelle positiv definit ist. 5.3.2 Herleitung der Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzungen Wir wollen nun die Herleitung der Kleinste-Quadrate-Sch¨atzungen ausf¨ uhrlich demonstrieren. Wir bestimmen zun¨ achst die partiellen Ableitungen erster Ordnung von S(a, b) nach a bzw. b. Mit Hilfe der bekannten Regeln f¨ ur die Differentiation einer quadratischen Funktion erhalten wir n n ∂ ∂ S(a, b) = (yi − a − bxi )2 = −2 (yi − a − bxi ) , ∂a ∂a i=1 i=1
n n ∂ ∂ S(a, b) = (yi − a − bxi )2 = −2 (yi − a − bxi )xi . ∂b ∂b i=1 i=1
(5.7) (5.8)
Durch Nullsetzen von (5.7) und (5.8) erhalten wir die sogenannten Normalgleichungen zur Bestimmung der Werte von a und b an der Stelle des m¨ oglichen Minimums: n (y − a ˆ − ˆbxi ) = 0 (I) n i=1 i (II) ˆ − ˆbxi )xi = 0 . i=1 (yi − a
Aufl¨ osen der Klammern liefert die Gleichungen n n nˆ a + ˆb i=1 xi = i=1 yi (I′ ) n n n (II′ ) a ˆ i=1 xi + ˆb i=1 x2i = i=1 xi yi
178
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Multiplikation von Gleichung (I′ ) mit
1 n
liefert
a ˆ + ˆb¯ x = y¯ . Damit lautet die L¨ osung f¨ ur a a ˆ = y¯ − ˆb¯ x. Setzen wir diesen Wert f¨ ur a ˆ in die Gleichung (II′ ) ein, so ergibt sich (¯ y − ˆb¯ x) Daraus folgt mit
n
i=1
n
xi + ˆb
n
x2i =
i=1
i=1
n
xi yi .
i=1
xi = n¯ x
n n ˆb ( xi yi − n¯ xy¯ . x2i − n¯ x2 ) = i=1
i=1
Nutzen wir die Beziehungen n i=1
und
n i=1
x2i − n¯ x2 =
xi yi − n¯ xy¯ =
so erhalten wir schließlich
n i=1
(xi − x ¯)2 = Sxx
n (xi − x ¯)(yi − y¯) = Sxy , i=1
ˆb Sxx = Sxy ˆb = Sxy = Sxx
n (x − x ¯)(yi − y¯) i=1 n i . (x ¯)2 i=1 i − x
Die Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzungen von a und b lauten also " ˆb = Sxy Sxx a ˆ = y¯ − ˆb¯ x
(5.9)
Anmerkung. Der Vollst¨ andigkeit halber weisen wir jetzt nach, dass die hinreichenden Bedingungen f¨ ur ein Minimum erf¨ ullt sind. Diese Ausf¨ uhrungen ¨ setzen Kenntnisse in Matrixtheorie voraus. Einen Uberblick u ¨ber S¨atze der Matrixtheorie findet man in Toutenburg (1992) bzw. Toutenburg (2002a). Wir berechnen die folgenden partiellen Ableitungen zweiter Ordnung:
5.3 Prinzip der kleinsten Quadrate
179
n ∂2 (−1) = 2n , S(a, b) = −2 ∂a2 i=1 n ∂2 x2i , S(a, b) = 2 ∂b2 i=1
n ∂2 S(a, b) = 2 xi = 2n¯ x. ∂a∂b i=1
Damit erhalten wir die Matrix der partiellen Ableitungen zweiter Ordnung ⎞ ⎛ 2 ∂ S(a, b) ∂ 2 S(a, b) 2 ∂a∂b ⎠ H = ⎝ ∂a2 ∂ S(a, b) ∂ 2 S(a, b) 2 ∂a∂b
∂b n n¯ x =2 n n¯ x i=1 x2i ′ 1n =2 (1n , x) (5.10) x′ wobei 1′ n = (1, . . . , 1) der Einsvektor und x′ = (x1 , . . . , xn ) der Vektor aus den Beobachtungswerten von X ist. Eine Matrix der Gestalt (5.10) ist niemals indefinit. Sie ist positiv definit, falls die Determinante positiv ist, n n 2 2 2 xi − n x ¯ |H| = 2 n x2i − n¯ x2 ) = 2n( i=1
= 2n
n i=1
i=1
(xi − x ¯)2
(5.11)
und der Eintrag Zeile und Spalte von H positiv (2n > 0). Nun nin der ersten ist n gilt entweder i=1 (xi − x ¯)2 > 0 und damit |H| > 0, oder i=1 (xi − x ¯)2 = 0. Im ersten Fall ist H f¨ ur beliebiges (a, b) positiv definit; deshalb hat S(a, b) ein eindeutiges globales Minimum in (ˆ a, ˆb). Der zweite Fall ist der Fall identischer Beobachtungen xi = c. Wir haben bereits in der Einleitung erl¨autert, dass in diesem Fall ein Zusammenhang zwischen X und Y nicht definiert ist. 5.3.3 Eigenschaften der Regressionsgeraden Wir wollen nun einige interessante Eigenschaften der linearen Regression diskutieren. Generell ist vorab festzuhalten, dass die Regressionsgerade yˆi = a ˆ + ˆbxi nur sinnvoll im Wertebereich [x(1) , x(n) ] der x-Werte zu interpretieren ist. Vergleiche dazu auch Beispiel 5.4.2 auf Seite 187. F¨ ur die Beobachtungen x1 , . . . , xn und y1 , . . . , yn k¨onnen wir als Lageparameter das jeweilige arithmetische Mittel x ¯ bzw. y¯ berechnen. Damit erhalten wir mit (¯ x, y¯) den Lageparameter arithmetisches Mittel“ des zwei” dimensionalen Merkmals (X, Y ). Physikalisch stellt (¯ x, y¯) den Schwerpunkt
180
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
der bivariaten Daten (xi , yi ) dar. Es gilt, dass der Schwerpunkt (¯ x, y¯) auf der Geraden liegt. Aus (5.9) folgt f¨ ur die Werte Pˆi = (xi , yˆi ) die Beziehung yˆi = a ˆ + ˆbxi = y¯ + ˆb(xi − x ¯) .
(5.12)
Setzt man xi = x ¯, so wird yˆi = y¯, d. h. der Punkt (¯ x, y¯) liegt auf der Geraden. Die Summe der gesch¨ atzten Residuen ist Null. Die gesch¨atzten Residuen sind eˆi = yi − yˆi
= yi − (ˆ a + ˆbxi ) = yi − (¯ y + ˆb(xi − x ¯)) .
(5.13)
Damit erhalten wir f¨ ur ihre Summe n
eˆi =
n i=1
i=1
yi −
n i=1
y¯ − ˆb
n i=1
(xi − x ¯)
= n¯ y − n¯ y − ˆb(n¯ x − n¯ x) = 0 .
(5.14)
Die Regressionsgerade ist also fehlerausgleichend in dem Sinne, dass die Summe der negativen Residuen (absolut genommen) gleich der Summe der positiven Residuen ist. Die durch die Regression angepassten Werte yˆi haben das gleiche arithmetische Mittel wie die Originaldaten yi : n
1 1 y + ˆb(n¯ x − n¯ x)) = y¯ . yˆi = (n¯ y¯ˆ = n i=1 n
(5.15)
Im folgenden wollen wir den Zusammenhang zwischen der KQ-Sch¨atzung ˆb und dem Korrelationskoeffizienten r betrachten. Der Korrelationskoeffizient der beiden Messreihen (xi , yi ), i = 1, . . . , n, ist (vgl. (4.31)) r= !
Sxy . Sxx Syy
Damit gilt (vgl. (5.9)) folgende Relation zwischen ˆb und r Syy Syy ˆb = Sxy = √ Sxy ! · =r . Sxx Sxx Sxx Sxx Syy
(5.16)
Die Richtung des Anstiegs, d. h. der steigende bzw. fallende Verlauf der Regressionsgeraden, wird durch das positive bzw. negative Vorzeichen des Korrelationskoeffizienten r bestimmt. Der Anstieg ˆb der Regressionsgeraden ist also direkt proportional zum Korrelationskoeffizienten r. Der Anstieg ˆb ist andererseits proportional zur Gr¨ oße des Anstiegswinkels selbst. Sei der Korrelationskoeffizient r positiv, so dass die Gerade steigt. Der Einfluss von X
5.3 Prinzip der kleinsten Quadrate
181
auf Y ist dann um so st¨ arker je gr¨ oßer ˆb ist. Die Gr¨oße von ˆb wird gem¨aß (5.16) ! aber nicht nur vom Korrelationskoeffizienten r sondern auch vom Fakohere Korrelation nicht automatisch tor Syy /Sxx bestimmt, so dass eine h¨ einen steileren Anstieg ˆb bedeutet. Andererseits bedeutet eine identische Korrelation nicht den gleichen Anstieg ˆb. Wir verdeutlichen den zweiten Sachverhalt in einem Beispiel. Beispiel 5.3.1. In zwei landwirtschaftlichen Betrieben A und B werden Kartoffeln angebaut. Gemessen wird der Response Y , der Ertrag in t je ha Anbaufl¨ ache. Als Einflussgr¨ oße X wird eine gewisse Sorte D¨ unger in f¨ unf verunf verschiedenen Feldern des Betriebs A und schiedenen Mengen xi auf f¨ auf f¨ unf verschiedenen Feldern des Betriebs B eingesetzt. Wir erhalten als Versuchsergebnis die beiden folgenden Datens¨ atze f¨ ur Betrieb A und Betrieb B. Betrieb A i xi yi 1 1 5 2 2 7 3 3 9 4 4 11 5 5 13
⎛ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
⎞⎛ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
Betrieb B i xi yi 1 1 7 2 2 11 3 3 15 4 4 19 5 5 23
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
Wir berechnen f¨ ur den ersten Betrieb x ¯ = 3 und y¯ = 9. F¨ ur den zweiten Betrieb erhalten wir ebenfalls x ¯ = 3 aber y¯ = 15. Mit den Werten aus der folgenden Arbeitstabelle berechnen wir mit (4.33) und (4.34) die Quadratsummen Sxx , Syy sowie Sxy f¨ ur die beiden Betriebe A und B. Betrieb A 2
(xi − x ¯) 2
(−2)
2
2
(yi − y¯) 2
(−4)
2
Betrieb B
(xi − x ¯)(yi − y¯) 8
2
(yi − y¯) 2
(−8)
2
(xi − x ¯)(yi − y¯) 16
(−1)
(−2)
2
(−4)
4
02
02
0
02
0
12
22
2
42
4
2
2
8
8
16
2
4
Wir erhalten Sxx = 10 f¨ ur Betrieb A und Betrieb B, da wir jeweils die gleichen D¨ ungermengen, also die gleichen Kovariablen vorliegen haben. Weiterhin erur Betrieb A und Syy = 160, Sxy = 40 f¨ ur halten wir Syy = 40, Sxy = 20 f¨ ˆ Betrieb B. F¨ ur r und b erhalten wir damit jeweils: Betrieb A Betrieb B S Sxy 20 40 20 √ √ r= = 10·40 = 20 = 1 r = √ xy = √10·160 = 40 40 = 1 ˆb =
Sxx Syy Sxy 20 Sxx = 10
=2
ˆb =
Sxx Syy Sxy 40 Sxx = 10
=4
182
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Y Datensatz (i)
In beiden F¨ allen A und B ist der Korrelationskoeffizient gleich 1. Im Fall B ist der Anstieg ˆb jedoch doppelt so groß wie im Fall A. Vergleiche dazu ur Abbildung 5.7. Die Ursache liegt in der gr¨ oßeren Variabilit¨at Syy = 160 f¨ Betrieb B gegen¨ uber Syy = 40 f¨ ur Betrieb A.
30
25
20
15
10
5
0 0
1
2
3
4
5
6
Y Datensatz (ii)
X
30
25
20
15
10
5
0 0
1
2
3
4
5
6
X
Abb. 5.7. Gesch¨ atzte Regressionsgeraden f¨ ur die Betriebe A und B aus Beispiel 5.3.1
Wir fassen die bisherigen Ergebnisse zusammen: Zu einem gegebenen zweidimensionalen Datensatz Pi = (xi , yi ), i = 1, . . . , n haben wir eine Ausgleichsgerade – die lineare Regression yˆi = a + bxi – berechnet. Dabei wurden die zun¨ achst frei w¨ ahlbaren Parameter a und b nach dem Prinzip der kleinsten Quadrate so bestimmt, dass die Funktion S(a, b) = e2i minimal wird. Das Ergebnis ist die lineare Regression yˆ = a ˆ + ˆbx mit a ˆ und ˆb aus (5.9). Die Regressionsgerade erkl¨ art im Sinne des Prinzips der kleinsten Quadrate in optimaler Weise die Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen X und Y . Trotzdem stimmen nat¨ urlich – von Ausnahmef¨ allen abgesehen – die beobachteten ollig mit den angepassten Punkten Pˆi = (xi , yˆi ) Punkte Pi = (xi , yi ) nicht v¨ u ande eˆi = yi − yˆi , die man als gesch¨atzte Residuen ¨berein. Es bleiben Abst¨ bezeichnet. Diese Abst¨ ande h¨ angen von den Beobachtungen ab. Wir m¨ ussen
5.4 G¨ ute der Anpassung
183
nun einsch¨ atzen, wie groß diese Abst¨ ande in ihrer Gesamtheit sind und insbesondere untersuchen, wie gut die Regressionsgerade den Zusammenhang zwischen X und Y beschreibt (G¨ ute der Anpassung). Diese Betrachtungen k¨ onnen mit zwei verschiedenen Vorgehensweisen durchgef¨ uhrt werden, die wir in den folgenden Abschnitten demonstrieren.
5.4 Gu ¨ te der Anpassung 5.4.1 Varianzanalyse Wir wollen nun ein erstes Maß f¨ ur die G¨ ute der Anpassung der Regressionsgeraden an die Punktwolke (xi , yi ), i = 1, . . . , n, herleiten und analysieren deshalb die gesch¨ atzten Residuen eˆi = yi − yˆi . Dazu verwenden wir folgende Identit¨ at yi − y¯) . (5.17) yi − yˆi = (yi − y¯) − (ˆ Wir quadrieren beide Seiten und summieren: n i=1
2
(yi − yˆi ) =
n i=1
2
(yi − y¯) +
n i=1
2
(ˆ yi − y¯) − 2
n i=1
(yi − y¯)(ˆ yi − y¯) .
F¨ ur das gemischte Glied erhalten wir n i=1
(yi − y¯)(ˆ yi − y¯) =
n i=1
= ˆb Sxy = ˆb2 Sxx =
n i=1
Damit gilt
(yi − y¯)ˆb(xi − x ¯) [vgl. (5.12)]
n
(yi − yˆi )2 =
n
(yi − y¯)2 =
i=1
oder anders geschrieben
i=1
n i=1
n i=1
[vgl. (5.9)]
(ˆ yi − y¯)2
[vgl. (5.12)] .
(yi − y¯)2 −
n
(ˆ yi − y¯)2 +
i=1
(ˆ yi − y¯)2 ,
n (yi − yˆi )2 .
(5.18)
i=1
Die Quadratsumme Syy auf der linken Seite von Gleichung (5.18) misst die totale Variabilit¨ at der y-Messreihe bezogen auf das arithmetische Mittel y¯. Sie wird auch mit SQTotal bezeichnet. Die beiden Quadratsummen auf der rechten Seite haben folgende Bedeutung:
184
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
SQRest =
n i=1
(yi − yˆi )2
(5.19)
misst die Abweichung (l¨ angs der y-Achse) zwischen der Originalpunktwolke und den durch die Regression angepassten, also durch die Gerade vorhergesagten Werten. SQRest heißt auch h¨ aufig SQResidual , da eˆi = (yi − yˆi ) die gesch¨ atzten Residuen sind, so dass wir SQRest auch mit S(ˆ a, ˆb) (vgl. (5.6)) bezeichnen k¨ onnen. Die andere Quadratsumme aus (5.18) SQRegression =
n i=1
(ˆ yi − y¯)2
(5.20)
misst den durch die Regression erkl¨ arten Anteil an der Gesamtvariabilit¨at. Damit lautet die fundamentale Formel der Streuungszerlegung SQTotal = SQRegression + SQResidual .
(5.21)
Ausgehend von dieser Gleichung definiert man folgendes Maß f¨ ur die G¨ ute der Anpassung SQRegression SQResidual =1− . (5.22) R2 = SQTotal SQTotal R2 heißt Bestimmtheitsmaß. Es gilt 0 ≤ R2 ≤ 1. die Variabilit¨at der y-Werte, Interpretation: Mit den Werten (x i ,nyi ) ist auch y )2 = n1 SQTotal gegeben. Die Forgemessen mit der Varianz s2 = n1 i=1 (yi −¯ mel der Streuungszerlegung (5.21) besagt, dass sich diese Variabilit¨at in zwei Komponenten zerlegen l¨ asst. Das Bestimmtheitsmaß R2 setzt beide Komurde man R2 mit 100 multiplizieren, so ponenten in Relation zu SQTotal . W¨ bedeutet SQRegression R2 · 100 = · 100 SQTotal den prozentualen Anteil der durch die Regression erkl¨arten Variabilit¨at. Analog w¨ are SQResidual · 100 SQTotal der prozentuale Anteil der nicht durch die Regression erkl¨arbaren Variabilit¨ at. Nach Gleichung (5.22) gilt arten Variabilit¨at R2 = Anteil der erkl¨ = 1 − Anteil der nicht erkl¨ arten Variabilit¨at . aher R2 an 1 liegt, desto besser ist die mit Je kleiner SQResidual ist, d. h. je n¨ der Regression erzielte Anpassung an die Punktwolke. Wir betrachten die beiden m¨ oglichen Grenzf¨ alle.
5.4 G¨ ute der Anpassung
185
Falls alle Punkte (xi , yi ) auf der Regressionsgeraden liegen w¨ urden, w¨are yi = yˆi , (i = 1, . . . , n) und damit SQResidual = 0 und R2 =
SQRegression =1. SQTotal
Diesen Grenzfall bezeichnet man als perfekte Anpassung (vgl. Abbildung 5.8). Beispiel. Eine Firma zahlt Geh¨ alter nach dem Schl¨ ussel Grundbetrag a plus ” Steigerung in Abh¨ angigkeit von der Dauer der Betriebszugeh¨origkeit“, d. h. nach dem linearen Modell Gehalt = a + b · Dauer der Betriebszugeh¨origkeit . angigkeit von der Dauer der Betriebszugeh¨origkeit xi Die Geh¨ alter yi in Abh¨ liegen damit exakt auf einer Geraden (Abbildung 5.8).
5000 4000 3000 2000 1000 0 0
1
2
3
4
5
Abb. 5.8. Perfekte Anpassung, alle Punkte liegen auf der Regressionsgeraden
Der andere Grenzfall R2 = 0 (Null-Anpassung) tritt ein, falls SQRegression = 0, bzw. ¨ aquivalent SQResidual = SQTotal ist. Dies bedeutet yˆi = y¯ f¨ ur alle i und ˆb = 0 . Die Regressionsgerade verl¨ auft dann parallel zur x-Achse, so dass zu jedem x-Wert derselbe yˆ-Wert, n¨ amlich y¯, geh¨ort. Damit hat X u ¨berhaupt keinen Einfluss auf Y , es existiert also keine Ursache-Wirkungs-Beziehung. Beispiel 5.4.1. Wir erheben die Merkmale X ‘Punktezahl in der Mathematikklausur’ und Y ‘Punktezahl in der Deutschklausur’ bei n = 4 Sch¨ ulern. Mit den beobachteten Wertepaaren (10, 20), (40, 10), (50, 40) und (20, 50) erhalten wir x ¯ = 30, y¯ = 30, Sxy = 0 und ˆb = 0 und damit R2 = 0. Es besteht also kein Zusammenhang zwischen beiden Merkmalen.
186
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
50 40 30 20 10
10
20
30
40
50
Abb. 5.9. Kein Zusammenhang zwischen X und Y (Beispiel 5.4.1)
5.4.2 Korrelation Die G¨ ute der Anpassung der Regression an die Daten wird durch R2 gemessen. Je gr¨ oßer R2 , desto st¨ arker ist eine lineare Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen X und Y ausgepr¨ agt. Andererseits gibt auch der Korrelationskoeffizient r Auskunft u arke des linearen Zusammenhangs zwischen X ¨ber die St¨ und Y . Das Bestimmtheitsmaß R2 und der Korrelationskoeffizient r stehen in folgendem direkten Zusammenhang: R2 = r 2 .
(5.23)
Diese Beziehung l¨ asst sich leicht herleiten. Es gilt: SQResidual =
n i=1
=
n i=1
(yi − (ˆ a + ˆbxi ))2 [(yi − y¯) − ˆb(xi − x ¯)]2
= Syy + ˆb2 Sxx − 2ˆbSxy = Syy − ˆb2 Sxx
(Sxy )2 , Sxx = Syy − SQResidual (Sxy )2 = Sxx = Syy −
SQRegression
(5.24) (5.25) (5.26)
5.4 G¨ ute der Anpassung
und damit R2 =
187
(Sxy )2 SQRegression = = r2 . Syy Sxx Syy
In der einfachen linearen Regression wird die G¨ ute der Anpassung durch das Quadrat des Korrelationskoeffizienten von X und Y bestimmt. Wir wollen nun anhand eines Beispiels die Berechnung der linearen Regression und des Bestimmtheitsmaßes ausf¨ uhrlich demonstrieren. Beispiel 5.4.2. In einem Kaufhauskonzern mit n = 10 Filialen sollen die Auswirkungen von Werbeausgaben auf die Umsatzsteigerung untersucht werden. Wir betrachten die Merkmale X ‘Werbung’ mit 1 000 EUR als Einheit und Y ‘Umsatzsteigerung’ mit 10 000 EUR als Einheit. i x ⎛ i 1 1.5 2 ⎜ ⎜ 2.0 3 ⎜ ⎜ 3.5 4 ⎜ ⎜ 2.5 5 ⎜ ⎜ 0.5 6 ⎜ ⎜ 4.5 7 ⎜ ⎜ 4.0 8 ⎜ ⎜ 5.5 9 ⎝ 7.5 10 8.5
yi ⎞ 2.0 3.0 ⎟ ⎟ 6.0 ⎟ ⎟ 5.0 ⎟ ⎟ 1.0 ⎟ ⎟ 6.0 ⎟ ⎟ 5.0 ⎟ ⎟ 11.0 ⎟ ⎟ 14.0 ⎠ 17.0
Werbung xi 1.5 2.0 3.5 2.5 0.5 4.5 4.0 5.5 7.5 8.5
xi − x ¯ −2.5 −2.0 −0.5 −1.5 −3.5 0.5 0.0 1.5 3.5 4.5
Daraus berechnen wir x ¯ = 4.0 und y¯ = 7.0. Mit den Werten in der folgenden Arbeitstabelle i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Umsatzsteigerung yi 2.0 3.0 6.0 5.0 1.0 6.0 5.0 11.0 14.0 17.0
yi − y¯ −5.0 −4.0 −1.0 −2.0 −6.0 −1.0 −2.0 4.0 7.0 10.0
(xi − x ¯)(yi − y¯) 12.5 8.0 0.5 3.0 21.0 −0.5 0.0 6.0 24.5 45.0
erhalten wir Sxx = 60.0, Syy = 252.0 und Sxy = 120.0. Mit (5.9) erhalten wir damit die KQ-Sch¨ atzungen ˆb = Sxy = 120 = 2 Sxx 60 ˆ a ˆ = y¯ − b¯ x = 7 − 2 · 4 = −1 ,
188
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
also die Regressionsgerade yˆi = −1 + 2xi . Die Sch¨ atzwerte yˆi und die daraus resultierenden Residuen eˆi = yi − yˆi sind in der folgenden Tabelle angegeben. i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
yi 2.0 3.0 6.0 5.0 1.0 6.0 5.0 11.0 14.0 17.0
yˆi eˆi = yi − yˆi yˆi − y¯ 2.0 0.0 −5.0 3.0 0.0 −4.0 6.0 0.0 −1.0 4.0 1.0 −3.0 0.0 1.0 −7.0 8.0 −2.0 1.0 7.0 −2.0 0.0 10.0 1.0 3.0 14.0 0.0 7.0 16.0 1.0 9.0 n 2 Wir n erhalten 2damit SQResidual = i=1 (yi − yˆi ) = 12.0 und SQRegression = yi − y¯) = 240.0, d. h. (vgl. Relation (5.21), beachte SQTotal = Syy ) i=1 (ˆ SQTotal = SQRegression + SQResidual 252 = 240 + 12
Der Korrelationskoeffizient ist r= !
Sxy 120 = 0.9759 , =√ Sxx Syy 60 · 252
das Bestimmtheitsmaß ist R2 =
SQRegression 240 = 0.9523 = (0.9759)2 . = Syy 252
In diesem Beispiel werden 95.23 % der Variabilit¨at der Umsatzsteigerungen yi durch das lineare Regressionsmodell erkl¨ art. Die Regressionsgleichung yˆi = −1 + 2 · xi besagt, dass bei Erh¨ ohung der Werbeausgaben um eine Einheit (d. h. um 1 000 EUR) eine Umsatzsteigerung um zwei Einheiten (d. h. um 20 000 EUR) zu erwarten ist. Die Regressionsgleichung gilt nur im Wertebereich der xi , d. h. in dem Intervall [x(1) , x(n) ] = [0.5, 8.5]. Damit ist beispielsweise die Regression an der Stelle x = 0 nicht sinnvoll zu extrapolieren, es gilt also nicht: keine Werbung = Umsatzr¨ uckgang (ˆ y=a ˆ = −1). Abbildung 5.10 enth¨ alt die Ergebnisse obiger Berechnungen mit SPSS. Es sind hier sowohl Maße der deskriptiven Statistik wie der induktiven Statistik (die wir hier nicht kommentieren) angegeben. Wir erkennen folgende
5.4 G¨ ute der Anpassung
189
deskriptive Maßzahlen: den Korrelationskoeffizienten r = 0.976 (‘R’), das Bestimmtheitsmaß R2 = 0.952 = r2 (‘R Square’), sowie in der Tabelle ‘ANOVA’ die Gr¨ oßen SQRegression = 240.000 (‘Regression’), SQResidual = 12.000 (‘Residual’), und SQTotal = 252.000 (‘Total’). Die gesch¨atzten Regressionskoeffizienten sind in der Tabelle ‘Coefficients’ durch die Werte a ˆ = −1.000 (‘Constant’, Spalte ‘B’) und ˆb = 2.000 (‘Werbung’, Spalte ‘B’) angegeben. In Abbildung 5.11 sind die berechneten Residuen und die Sch¨atzwerte yˆi als von SPSS berechnete neue Variablen dargestellt. In Abbildung 5.12 ist die gesch¨ atzte Regressionsgerade abgebildet.
Variables Entered/Removed
Model 1
Variables Entered Werbunga
b
Variables Removed .
Method Enter
a. All requested variables entered. b. Dependent Variable: Umsatzsteigerung Model Summary
Model 1
Std. Error of the Estimate 1.2247
Adjusted R Square .946
R R Square .976a .952
a. Predictors: (Constant), Werbung
ANOVAb
Model 1
Regression Residual Total
Sum of Squares 240.000 12.000 252.000
df 1 8 9
Mean Square 240.000 1.500
F 160.000
Sig. .000a
a. Predictors: (Constant), Werbung b. Dependent Variable: Umsatzsteigerung
Coefficients a
Model 1
(Constant) Werbung
Unstandardized Coefficients B Std. Error -1.000 .742 2.000 .158
Standardi zed Coefficien ts Beta .976
t -1.348 12.649
Sig. .214 .000
a. Dependent Variable: Umsatzsteigerung
Abb. 5.10. Berechnungen zum Beispiel 5.4.2 mit SPSS
Beispiel 5.4.3. Wir wollen den Einfluss von Ausreißern auf die G¨ ute der Anpassung untersuchen und demonstrieren dies anhand der Daten aus Beispiel
190
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression Predicted
Residual
2.00000 3.00000 6.00000 4.00000 .00000 8.00000 7.00000 10.00000 14.00000 16.00000
.00000 .00000 .00000 1.00000 1.00000 -2.00000 -2.00000 1.00000 .00000 1.00000
Umsatzsteigerung
Abb. 5.11. Von SPSS berechnete Sch¨ atzwerte und Residuen zum Beispiel 5.4.2 20
10
0 0
2
4
6
8
10
Werbung
Abb. 5.12. Regressionsgerade und Originalwerte aus Beispiel 5.4.2
5.2.1. Ermitteln wir die Sch¨ atzungen der Regressionskoeffizienten und das Bestimmtheitsmaß unter Verwendung aller Werte, so erhalten wir a ˆ = 3.148 , ˆb = −0.047 ,
R2 = 0.002 .
Schließen wir die von den anderen vier Punkten entfernt liegende Beobachtung (x5 , y5 ) aus den Berechnungen aus, so erhalten wir a ˆ = −1.147 , ˆb = 0.992 , R2 = 0.963 . Wie wir aus den Ergebnissen und aus Abbildung 5.5 ersehen, hat die Entfernung der Beobachtung (x5 , y5 ) weitreichende Konsequenzen. Die Parame-
5.6 Lineare Transformation der Originaldaten
191
tersch¨ atzungen ¨ andern sich grundlegend und das Bestimmtheitsmaß w¨achst von fast Null auf fast Eins.
5.5 Residualanalyse Im Beispiel 5.4.2 haben wir mit SPSS die vorhergesagten Werte yˆi und die gesch¨ atzten Residuen eˆi = yi − yˆi berechnet. Die grafische Analyse der Residuen gibt h¨ aufig Auskunft dar¨ uber, ob die Annahme eines linearen Modells gerechtfertigt ist. Dazu plottet man entweder die eˆi gegen die yˆi im (ˆ y ,ˆ e)Koordinatensystem oder man berechnet die sogenannten standardisierten Residuen yi − yˆi eˆi =√ (5.27) dˆi = √ SQResidual SQResidual ˆ und plottet die dˆi gegen die yˆi im (ˆ y ,d)-Koordinatensystem. Die folgenden Abbildungen zeigen typische Verl¨ aufe derartiger Plots. Die Abbildung 5.13 zeigt den Verlauf f¨ ur den Fall, dass ein lineares Modell korrekt ist. Die Punktwolke zeigt kein geordnetes Muster. Abbildung 5.14 deutet auf einen Trend in den Residuen und damit darauf hin, dass eine Regressionsgerade nicht geeignet ist, den Zusammenhang zu beschreiben. In Abbildung 5.15 erkennt man einen parabelf¨ ormigen Verlauf der Punkte, was ebenfalls auf ein nichtlineares Regressionsmodell hindeutet.
5.6 Lineare Transformation der Originaldaten Wir haben bei der Einf¨ uhrung von Maßzahlen stets das Problem untersucht, welchen Einfluss lineare Transformationen der Daten auf diese Maßzahlen haben. Eine w¨ unschenswerte Eigenschaft ist die Unempfindlichkeit der Maßzahl gegen¨ uber solchen Transformationen (Translations¨aquivarianz). Seien wiederum folgende lineare Transformationen von X und Y vorzunehmen: ˜ = u + vX , X
Y˜ = w + zY .
(5.28)
Dann gilt f¨ ur die arithmetischen Mittel und die Quadratsummen: xalt , x ¯neu = u + v¯ 2
Sxx(neu) = v Sxx(alt) ,
y¯neu = w + z y¯alt Sxy(neu) = vzSxy(alt) .
Damit erhalten wir f¨ ur die Regressionsparameter a ˆ und ˆb (vgl. (5.9)) ˆbneu = Sxy(neu) = vzSxy(alt) Sxx(neu) v 2 Sxx(alt)
(5.29)
vzSxy(alt) a ˆneu = y¯neu − ˆbneu x ¯neu = (w + z y¯alt ) − 2 (u + v¯ xalt ). (5.30) v Sxx(alt)
192
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
dˆ
0
dˆ
yˆ
Abb. 5.13. Korrekt spezifiziertes lineares Modell
0
yˆ
Abb. 5.14. Trend in den Residuen
dˆ
0
yˆ
Abb. 5.15. Parabelf¨ ormiger Verlauf, Hinweis auf ein nichtlineares Regressionsmodell
F¨ ur den allgemeinen Fall ist kein direkter Zusammenhang bei diesen Transformationen zwischen a ˆneu und a ˆalt festzustellen. Falls v 2 = vz, also v = z gilt, so erh¨ alt man stets ˆbneu = ˆbalt , der Anstieg bleibt also unver¨andert. Zentrierungstransformation. Wir betrachten folgende spezielle lineare Transformation ˜ = −¯ X x + X , Y˜ = −¯ y+Y , (5.31) die ein Spezialfall der Transformation (5.28) mit der Wahl u = −¯ x, v = 1, w = −¯ y und z = 1 ist. Diese Transformation f¨ uhrt die Originalwerte (xi , yi ) in ihre Abweichungen vom jeweiligen Mittelwert u ¨ber, die Werte werden zentriert: Sxy(alt) (xi − x ¯, yi − y¯). Damit wird x ¯neu = 0, y¯neu = 0 und ˆbneu = Sxx(alt) = ˆbalt (vgl. (5.29)) und a ˆneu = 0 (vgl. (5.30)). Der Anstieg ˆb bleibt also unver¨ andert, die Regressionsgerade wird mit Hilfe einer Parallelverschiebung durch den Ursprung gelegt. Die zentrierte Regression wird verwendet, wenn man am Vergleich von relativen Entwicklungen (bezogen auf die Mittelwerte) und nicht an den Originaldaten interessiert ist. Verglichen wird dann der Anstieg von zwei oder mehr Regressionsbeziehungen im selben Koordinatensystem.
5.7 Multiple lineare Regression und nichtlineare Regression
193
Regression durch den Ursprung. In vielen Zusammenh¨angen in den Naturwissenschaften, Technik oder Sozialwissenschaften bewirkt ein Wert x = 0 auch einen Wert y = 0. Beispiele sind Geschwindigkeit X und Bremsweg Y eines PKW, Spannung X und Brenndauer Y einer Gl¨ uhbirne usw. Wenn man also aus sachlogischen Erw¨ agungen weiß, dass ein Modell des Zusammenhangs durch den Koordinatenursprung (0,0) gehen muss, so wird man die Merkmalswerte nicht durch ein Modell yi = a + bxi sondern durch ein Modell yi = bxi anpassen, also den Parameter a (Achsenabschnitt auf der y-Achse bei x = 0) von vornherein Null setzen. Dann ver¨andert sich der empirische Regressionskoeffizient ˆb zu ˆb = xi yi . x2i Beispiel. Der elektrische Widerstand Y eines Kabels h¨angt von seiner L¨ange X ab. Wir beschreiben diesen Zusammenhang durch eine lineare Regression, die nat¨ urlicherweise durch den Ursprung geht. F¨ ur 7 Kabel verschiedener L¨ angen erhalten wir folgende Versuchsmessungen: i 1 ⎜2 ⎜ ⎜3 ⎜ ⎜4 ⎜ ⎜5 ⎜ ⎝6 7 ⎛
xi 1.0 1.1 1.5 1.9 2.0 2.2 3.0
yi ⎞ 17.2 19.7 ⎟ ⎟ 26.4 ⎟ ⎟ 32.9 ⎟ ⎟ 35.6 ⎟ ⎟ 40.0 ⎠ 52.1
Da die Regression nat¨ urlicherweise durch den Ursprung verl¨auft, passen wir eine Gerade yi = bxi an und berechnen n xi yi ˆb = i=1 n 2 = 17.62. i=1 xi Mit jedem Meter L¨ ange erh¨ oht sich der Widerstand um 17.62 mΩ.
5.7 Multiple lineare Regression und nichtlineare Regression Wir haben bereits in einem einf¨ uhrenden Beispiel in Abbildung 5.3 – Schneidgeschwindigkeit eines Laserschneideger¨ ats in Abh¨angigkeit von der Laserleistung in Watt – gezeigt, dass das Problem auftreten kann, dass der Zusammenhang zwischen X und Y nichtlinear ist. Wir unterscheiden dabei zwei grunds¨ atzliche F¨ alle: Die funktionale Abh¨ angigkeit von X und Y wird durch eine
194
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
(i) in X nichtlineare Funktion, die jedoch in den Parametern linear ist (ii) in X und in den Parametern nichtlineare Funktion beschrieben. Beispiele. Typ y y y y
= b0 + b1 e + bx2 = b0 + b1 x + b2 x2 + · · · + bp xp = b0 eb1 x = b1 sin x + b2 cos x x
(Polynom p-ter Ordnung)
(i) (i) (ii) (i)
Die Funktionen vom Typ (i) sind linear in den Parametern und lassen sich durch Umkodierung als lineares Regressionsmodell darstellen, wobei sich allerdings die Dimension (d. h. die Anzahl der Variablen bzw. Einflussgr¨oßen) erh¨ ohen kann, so dass ein multiples Regressionsmodell y = b0 + b1 x1 + · · · + bp xp + e
(5.32)
entsteht, das die Abh¨ angigkeit zwischen der Variablen y und den p Einflussgr¨ oßen x1 , . . . , xp simultan modelliert. Beispiel 5.7.1. Wir betrachten als Regressionsmodell ein Polynom p-ter Ordnung in x y = b0 + b1 x + b2 x2 + . . . + bp xp + e und f¨ uhren eine Umkodierung durch, indem wir neue Einflussgr¨oßen x ˜1 , . . . , x ˜p wie folgt definieren: x → x ˜1
x2 → x ˜2 .. .
xp → x ˜p Das Ergebnis der Umkodierung ist ein multiples lineares Regressionsmodell y = b0 + b1 x ˜ 1 + · · · + bp x ˜p + e mit einer Konstanten und p Regressoren x ˜1 , . . . , x ˜p . c + e. Durch folgende Beispiel 5.7.2. Gegeben sei die Funktion y = a + bex + x Umkodierung erhalten wir ein multiples lineares Regressionsmodell y = a + x2 + e mit zwei Regressoren x ˜1 und x ˜2 . b˜ x1 + c˜ ex → x ˜1 1 → x ˜2 . x
5.8 Polynomiale Regression
195
Bei den in X und in den Parametern nichtlinearen Funktionen des Typs (ii) kann man h¨ aufig durch geschickte Transformationen wieder ein lineares Modell erhalten. Beispiel 5.7.3. Gegeben sei eine nichtlineare Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen x und y der Gestalt y = aebx . Logarithmieren liefert eine lineare Funktion ln y = ln a + bx . W¨ ahlen wir die Umkodierung: ln y → y˜ ln a → a ˜, so k¨ onnen wir nach Datenerhebung eine lineare Regression y˜ = a ˜ + bx + e in der neuen Variablen y˜ = ln y und in x durchf¨ uhren. Anmerkung. Liegt eine nicht zu linearisierende Funktion vor, so muss die Parametersch¨ atzung mittels alternativer, z. B. iterativer Verfahren durchgef¨ uhrt werden. Auf diese Problematik gehen wir hier nicht ein.
5.8 Polynomiale Regression Mit einem Polynom p-ter Ordnung in x y = f (x) = b0 + b1 x + b2 x2 + . . . + bp xp + e l¨ asst sich eine recht weite Klasse von nichtlinearen Funktionen approximieren. Ist der Funktionstyp unbekannt und liegen Beobachtungen der Funktion in Gestalt von Wertepaaren (xi , yi ), i = 1, . . . , n vor, so kann man den tats¨ achlichen Kurvenverlauf durch eine polynomiale Regression mit Hilfe der empirischen Methode der kleinsten Quadrate sch¨atzen. Dazu wird die in Beispiel 5.7.1 angegebene Transformation durchgef¨ uhrt. Dies ergibt das multiple lineare Regressionsmodell (5.32), das sich in Matrixschreibweise als y = Xb + e darstellen l¨ asst, mit ⎞
⎛
y1 ⎜ ⎟ y = ⎝ ... ⎠ , yn ⎛ ⎞ b0 ⎜ b1 ⎟ ⎜ ⎟ b= ⎜ . ⎟, ⎝ .. ⎠ bp
⎞ 1 x11 x12 · · · x1p ⎜ 1 x21 x22 · · · x2p ⎟ ⎟ ⎜ X=⎜. ⎟, ⎠ ⎝ .. ⎛
n1 xn2 · · · xnp ⎛ 1 x⎞ e1 ⎜ e2 ⎟ ⎜ ⎟ e =⎜ . ⎟. ⎝ .. ⎠
en
196
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Der empirische Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzer des gesamten Parametervektors b hat die Gestalt ˆ = (X′ X)−1 X′ y. b Die Berechnung dieses Sch¨ atzers setzt die L¨ osung eines linearen Gleichungssystems voraus, so dass wir im Rahmen dieses Buches nur die Anwendung demonstrieren k¨ onnen. Das Ziel der polynomialen Regression ist es, den unbekannten Funktionsverlauf durch ein Polynom m¨ oglichst niedriger Ordnung p zu modellieren. Dazu werden folgende Schritte durchgef¨ uhrt: a) Start mit p = 1. Wir erhalten ein lineares Modell y = b0 + b1 x. Durch Beurteilung der Plots verschaffen wir uns einen Eindruck u ute ¨ber die G¨ der Anpassung. Falls der Eindruck einer schlechten Anpassung entsteht, gehen wir zum n¨ achsten Schritt u ¨ber. b) Durch Erh¨ ohung des Grades um 1 erhalten wir ein quadratisches Modell y = b0 + b1 x + b2 x2 , das wir wiederum durch die Beurteilung der Plots einsch¨ atzen. c) Falls die Diskrepanz zwischen dem Modell und den Daten noch groß“ ist, ” wird die Ordnung des Polynoms erneut um 1 erh¨oht usw. Dies geschieht solange, bis eine weitere Erh¨ ohung nur noch zu unbedeutenden Ver¨anderungen f¨ uhrt. Da klein“ nicht definiert werden kann, sollte man dieses ” Vorgehen durch Vergleich der jeweiligen Plots zu jeder Polynomordnung begleiten, um durch dieses empirische Vorgehen eine Vorstellung von der G¨ ute der Anpassung in Abh¨ angigkeit von der Ordnung des Polynoms zu gewinnen. In SPSS wird diese Modellwahl u ¨ber p-values der sogenannten FChange Statistik gesteuert. Dieses Vorgehen kann erst in der Induktiven Statistik erl¨ autert werden. Wir wollen das oben beschriebene deskriptive Vorgehen hier an einem Beispiel erkl¨ aren. Beispiel. Betrachten wir wieder die Situation, die in Abbildung 5.3 dargestellt wurde (Schneidgeschwindigkeit eines Laserschneideger¨ats in Abh¨angigkeit von der Laserleistung in Watt). Zunehmende Schneidgeschwindigkeit eines Laserschneideger¨ ates bei zunehmender Leistung: zun¨achst linear und nach Erreichen einer S¨ attigungsgrenze flacher, insgesamt also ein nichtlinearer Verlauf. In Abbildung 5.16 sind die angepassten Polynome der oben beschriebenen einzelnen Schritte der Modellwahl gezeigt. Wie wir aus Abbildung 5.16 erkennen, liegt ein nichtlinearer Zusammen¨ hang zwischen Laserleistung und Schneidgeschwindigkeit vor. Der Ubergang vom quadratischen zum kubischen Polynom bringt keine wesentliche Verbesserung.
5.9 Lineare Regression mit kategorialen Regressoren
197
Schneidgeschwindigkeit 8
7
6
5 Observed Linear
4
Quadratic Cubic
3 400
600
800
1000
1200
1400
1600
Laserleistung
Abb. 5.16. SPSS Grafik (Curve Fitting) lineare, quadratische und kubische Polynome
5.9 Lineare Regression mit kategorialen Regressoren In den bisherigen Ausf¨ uhrungen haben wir Y und X stets als quantitativ stetig vorausgesetzt. Wir wollen nun den in Anwendungen ebenfalls wichtigen Fall behandeln, dass der Regressor X kategoriales Skalenniveau besitzt. Wir betrachten zun¨ achst einige Beispiele f¨ ur kategoriale Regressoren: Beispiele. • Geschlecht: m¨annlich, weiblich • Familienstand: ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet • Pr¨ adikat des Diplomzeugnisses: sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend Regressoren mit kategorialem Skalenniveau erfordern eine spezifische Behandlung. Die kodierten Merkmalsauspr¨ agungen wie z. B. ‘ledig’=1, ‘verheiratet’=2, ‘geschieden’=3, ‘verwitwet’=4 k¨ onnen wir nicht wie reelle Zahlen in die Berechnung der Parametersch¨ atzungen a ˆ und ˆb einbeziehen, da den Kodierungen wie z. B. beim nominalen Merkmal ‘Familienstand’ nicht notwendig eine Ordnung zugrundeliegt und Abst¨ ande bei ordinalen Merkmalen nicht definiert sind. Um diesem Problem zu begegnen, m¨ ussen kategoriale Regressoren umkodiert werden. Hierf¨ ur gibt es zwei M¨oglichkeiten: Dummyund Effektkodierung. Dabei wird ein kategorialer Regressor mit k m¨oglichen Merkmalsauspr¨ agungen in k − 1 neue Regressoren (Dummys) umgewandelt. Eine der Originalkategorien (Merkmalsauspr¨ agungen) wird dabei als sogenannte Referenzkategorie ausgew¨ ahlt.
198
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Dummykodierung. Ein kategoriales Merkmal X mit k m¨oglichen Merkmalsauspr¨ agungen wird durch k − 1 Dummys Xi kodiert. Nach Wahl einer Referenzkategorie j ∈ {1, . . . , k} ergeben sich die Dummys Xi , i = 1, . . . , k, i = j wie folgt: 1 falls Kategorie i vorliegt, xi = (5.33) 0 sonst. Effektkodierung. Ein kategoriales Merkmal X mit k m¨oglichen Merkmalsauspr¨ agungen wird durch k − 1 Dummys Xi kodiert. Nach Wahl einer Referenzkategorie j ∈ {1, . . . , k} ergeben sich die Dummys Xi , i = 1, . . . , k, i = j wie folgt: ⎧ ⎨ 1 falls Kategorie i vorliegt, xi = −1 falls Kategorie j vorliegt, (5.34) ⎩ 0 sonst.
Beispiel. Betrachten wir das Merkmal X ‘mathematische Vorkenntnisse’ der Studentenbefragung. Es besitzt vier m¨ ogliche Merkmalsauspr¨agungen (‘keine’, ‘Mathe-Grundkurs’, ‘Mathe-Leistungskurs’ und ‘Vorlesung Mathematik’), die mit 1, 2, 3 und 4 kodiert sind. Wir verwenden die letzte Kategorie, d. h. die Kategorie 4 ‘Vorlesung Mathematik’, als Referenzkategorie. Damit erhalten wir die Dummys X1 , X2 und X3 wie in folgender Tabelle angegeben. Merkmalsauspr¨ agung von X 1 ‘keine’ 2 ‘Mathe-Grundkurs’ 3 ‘Mathe-Leistungskurs’ 4 ‘Vorlesung Mathematik’
Wert von X 1 X2 X3 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0
F¨ ur die Effektkodierung erhalten wir Merkmalsauspr¨ agung von X 1 ‘keine’ 2 ‘Mathe-Grundkurs’ 3 ‘Mathe-Leistungskurs’ 4 ‘Vorlesung Mathematik’
Wert von X 1 X2 X3 1 0 0 0 1 0 0 0 1 −1 −1 −1
Beispiel 5.9.1. Wir wollen die Berechnung der Parametersch¨atzungen an einem Rechenbeispiel demonstrieren. Dazu betrachten wir die bei der Statistikklausur erreichten Punktezahlen (Merkmal Y ) abh¨angig vom Studienfach (Merkmal X). Ein Ausschnitt der Daten ist in der folgenden Datenmatrix angegeben.
5.9 Lineare Regression mit kategorialen Regressoren
Punkte 1 34 2 ⎜ 78 ⎜ 3 ⎜ 30 ⎜ 4 ⎜ 64 ⎜ 5 ⎝ 71 .. .. . . ⎛
199
Studienfach ⎞ BWL ⎟ BWL ⎟ Sonstige ⎟ ⎟ ⎟ VWL ⎟ VWL ⎠ .. .
Mit der Kodierung BWL=1, VWL=2, Sonstige=3 erhalten wir mit Wahl der Referenzkategorie 3 (Sonstige) zwei Dummys X1 (f¨ ur BWL) und X2 (f¨ ur VWL) gem¨ aß folgendem Schema Merkmalsauspr¨ agung von X 1 ‘BWL’ 2 ‘VWL’ 3 ‘Sonstige’
Wert X1 1 0 0
von X2 0 1 0
Die Datenmatrix wird damit zu y 1 34 2 ⎜ 78 ⎜ 3 ⎜ 30 ⎜ 4 ⎜ 64 ⎜ 5 ⎝ 71 .. .. . . ⎛
x1 1 1 0 0 0 .. .
x2 ⎞ 0 0 ⎟ ⎟ 0 ⎟ ⎟ 1 ⎟ ⎟ 1 ⎠ .. .
Wir berechnen die Sch¨ atzungen a ˆ, ˆb1 und ˆb2 mit SPSS und erhalten die Ausgabe in Abbildung 5.17. Aus den Parametersch¨atzungen erhalten wir die angepassten Werte yˆ gem¨ aß yˆ = a ˆ + ˆb1 X1 + ˆb2 X2 . Diese entsprechen gerade den durchschnittlichen Punktezahlen der Studenten der verschiedenen Fachrichtungen. Wir erhalten f¨ ur BWL yˆ = a ˆ + ˆb1 · 1 + ˆb2 · 0 = 62.800 + 1.083 = 63.883 , VWL yˆ = a ˆ + ˆb1 · 0 + ˆb2 · 1 = 62.800 + (−6.229) = 56.571 ,
Sonstige yˆ = a ˆ + ˆb1 · 0 + ˆb2 · 0 = 62.800 .
Verwenden wir nun die Effektkodierung zur Berechnung der Parametersch¨ atzungen, wobei wir wieder als Referenzkategorie die Kategorie 3, Sonstige, verwenden, so erhalten wir folgende Datenmatrix
200
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Coefficients a
Model 1
(Constant) x_1 x_2
Unstandardized Coefficients Std. Error B 62.800 7.432 1.083 7.501 -6.229 9.731
Standardized Coefficients Beta .013 -.058
t 8.450 .144 -.640
Sig. .000 .885 .523
a. Dependent Variable: PUNKTE
Abb. 5.17. Berechnungen der Parametersch¨ atzungen bei Dummykodierung in Beispiel 5.9.1 mit SPSS
y 1 34 2 ⎜ 78 ⎜ 3 ⎜ 30 ⎜ 4 ⎜ 64 ⎜ 5 ⎝ 71 .. .. . . ⎛
x1 1 1 −1 0 0 .. .
x2 ⎞ 0 0 ⎟ ⎟ −1 ⎟ ⎟ 1 ⎟ ⎟ 1 ⎠ .. .
Wir berechnen ebenfalls die Sch¨ atzungen a ˆ, ˆb1 und ˆb2 mit SPSS und erhalten die Ausgabe in Abbildung 5.18. Aus den Parametersch¨atzungen erhalten wir die angepassten Werte yˆ wiederum gem¨ aß yˆ = a ˆ + ˆb1 X1 + ˆb2 X2 , nun aber mit anderen Parametersch¨ atzungen. Die angepassten Werte yˆ entsprechen auch bei Effektkodierung den durchschnittlichen Punktezahlen der verschiedenen Fachrichtungen. Wir erhalten: BWL yˆ = a ˆ + ˆb1 · 1 + ˆb2 · 0 = 61.085 + 2.798 = 63.883 , VWL yˆ = a ˆ + ˆb1 · 0 + ˆb2 · 1 = 61.085 + (−4.513) = 56.571 , Sonstige yˆ = a ˆ + ˆb1 · (−1) + ˆb2 · (−1) = 61.085 − 2.798 + 4.513 = 62.799 . Wie wir sehen liefern Dummy- und Effektkodierung die gleichen Ergebnisse f¨ ur die mittleren erreichten Punktezahlen der verschiedenen Fachrichtungen. Die Interpretation der Parameter ist jedoch verschieden. Bei der Dummykodierung sind die Parameter als Abweichung zur Referenzkategorie zu verstehen. Hier bedeutet ˆb1 = 1.083, dass die BWL-Studenten um 1.083 Punkte besser abgeschnitten haben als die Studenten sonstiger Fachrichtungen, die die Referenzkategorie bilden. Bei der Effektkodierung sind die Parameter als Abweichung zu einer mittleren Kategorie zu verstehen. Hier bedeutet ˆb1 = 2.798, dass die BWL-Studenten um 2.798 Punkte besser abgeschnitten haben als Studenten einer ‘mittleren’ Fachrichtung, also
5.10 Spezielle nichtlineare Modelle – Wachstumskurven
201
‘durchschnittliche’ Studenten, bei denen der Effekt des Studienfachs herausgerechnet ist.
Coefficients a
Model 1
(Constant) x_1 x_2
Unstandardized Coefficients Std. Error B 61.085 3.261 2.798 3.313 -4.513 4.877
Standardized Coefficients Beta .051 -.056
t 18.731 .845 -.925
Sig. .000 .399 .356
a. Dependent Variable: PUNKTE
Abb. 5.18. Berechnungen der Parametersch¨ atzungen bei Effektkodierung in Beispiel 5.9.1 mit SPSS
5.10 Spezielle nichtlineare Modelle – Wachstumskurven Wachstumskurven liefern eine flexible Klasse von nichtlinearen Modellen zur Beschreibung zahlreicher Vorg¨ ange in den Wirtschaftswissenschaften sowie in biologischen und technischen Systemen. H¨ aufig benutzte und in der Praxis erprobte Typen sind Exponentialfunktion yt = αeβt modifizierte Exponentialfunktion yt = δ + αeβt γt Gompertz-Kurve yt = αe(βe ) α logistische Funktion yt = 1 + βeγt 2 • die logarithmische Parabel yt = αeβt+γt • • • •
die die die die
Als Einflussgr¨ oße haben wir hier die Zeit t, t = 1, . . . , T . Diese Wachstumskurven werden durch maximal drei Parameter beschrieben. Der Behandlung nichtlinearer Modelle mit deskriptiven Methoden sind Grenzen gesetzt. Wir wollen uns deshalb darauf beschr¨ anken, den Verlauf einiger Wachstumskurven grafisch darzustellen (vgl. Abbildungen 5.19 bis 5.22). Abbildung 5.21 zeigt z. B. einen Wachstumsprozess mit S¨ attigungsverhalten, wie wir ihn bei der Markteinf¨ uhrung neuer Produkte beobachten k¨ onnen. Nach einem Anstieg des Umsatzes u attigung ¨ber die Zeit tritt eine S¨ ein.
202
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
80 70 60 50 40 30 20 10 0
100 80 60 40 20 0 0
5
10 15 20 25 30 35
0
Abb. 5.19. Exponentialfunktion mit α = 2.0 und β = 0.1
5
10 15 20 25 30 35
Abb. 5.20. Gompertz-Funktion mit α = 2.0, β = 0.1 und γ = 0.1
1
2
0.75
1.5
0.5
1
0.25
0.5
0
0
0
5
10 15 20 25 30 35
0
Abb. 5.21. Logistische Funktion mit α = 1.0, β = 30 und γ = −0.3
5
10 15 20 25 30 35
Abb. 5.22. Logarithmische Parabel mit α = 2.0, β = 0.05 und γ = 0.01
5.11 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 5.1: In den Jahren 1952 bis 1961 entwickelten sich das Bruttosozialprodukt (BSP zu Preisen von 1954 in Mrd. DM) und der Prim¨arenergieverbrauch (PEV in Mio. t SKE) wie folgt: Jahr BSP PEV
’52 135 150
’53 145 150
’54 160 160
’55 170 175
’56 190 185
’57 200 190
’58 210 180
’59 220 185
’60 250 215
’61 270 220
a) Ermitteln Sie die Regressionsgerade f¨ ur den PEV in Abh¨angigkeit vom BSP. b) Berechnen Sie das Bestimmtheitsmaß. Aufgabe 5.2: Eine Gesamtheit von 20 Elementen, bei der man sich f¨ ur ein zweidimensionales Merkmal (X, Y ) interessiert, wird aufgeteilt in zwei gleich große Teilgesamtheiten. F¨ ur die Teilgesamtheiten ergeben sich die folgenden Maßzahlen:
5.11 Aufgaben und Kontrollfragen
Teilgesamtheit 1 2
x ¯ 0 12
y¯ 6 0
s2x 9 36
s2y 36 9
203
r 1 1
Wie groß ist der Korrelationskoeffizient r der Gesamtheit? Aufgabe 5.3: Ein fiktives Science-fiction-Beispiel: Space racer industries, ein Hersteller von flinken kleinen Raumschiffen, verzeichnet in den Jahren 2090 bis 2095 die folgenden Ums¨ atze (in Mio. Sterntalern): Jahr Umsatz Subventionen
2090 20 8
2091 10 6
2092 10 8
2093 30 12
2094 40 16
2095 70 22
Die Tabelle gibt zugleich die H¨ ohe der Subventionen wieder, die space racer industries in diesen Jahren erhalten hat (ebenfalls in Mio. Sterntalern). a) Ermitteln Sie die Regressionsgerade des Umsatzes in Abh¨angigkeit von der H¨ ohe der erhaltenen Subventionen. b) Berechnen Sie das Bestimmtheitsmaß und interpretieren Sie den berechneten Wert. ¨ Aufgabe 5.4: Zur Uberpr¨ ufung der Wirkung von Kraftfutter f¨ ur Milchk¨ uhe verwenden sechs benachbarte Bauern mit gleichem Viehbestand verschiedene Mengen. Die Kraftfuttermengen und die Milchertr¨age sind in der folgenden Tabelle dargestellt (Angaben jeweils in kg bzw. l): Bauer A B C D E F
Kraftfuttermenge (X) 80 200 240 140 400 320
Milchertrag (Y ) 2 700 3 250 3 500 3 100 4 000 3 800
a) Stellen Sie die Werte der Tabelle grafisch dar und u ufen Sie anhand ¨berpr¨ dieser Zeichnung, ob es gerechtfertigt ist, einen ann¨ahernd linearen Zusammenhang zwischen den beiden Merkmalen anzunehmen. b) Berechnen Sie die Parameter der Regressionsgeraden. c) Lohnt sich der Einsatz des Kraftfutters, wenn 1 kg 0.80 EUR kostet und f¨ ur 100 l Milch ein Preis von 30.00 EUR erzielt werden kann? d) Welchen Milchertrag k¨ onnte man bei globaler G¨ ultigkeit der in Teilaufgabe b) berechneten Regressionsgeraden bei einem Kraftfuttereinsatz von 1 500 kg pro Stall erwarten? Ist dieses Ergebnis realistisch? Aufgabe 5.5: Um die Arbeitsabl¨ aufe in einer KFZ-Werkstatt zu u ufen, ¨berpr¨ wurden bei 6 Kraftfahrzeugen, die zur Reparatur kamen, jeweils die Verweildauern in der Werkstatt (in Gesch¨ aftszeitstunden) und die Reparaturzeiten gemessen. Die Werte sind in nachfolgender Tabelle festgehalten:
204
5. Zweidimensionale quantitative Merkmale: Lineare Regression
Fahrzeug Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std.
1 8 1
2 3 2
3 8 2
4 5 0.5
5 10 1.5
6 8 2
a) Stellen Sie die Datenlage grafisch dar. b) Messen Sie mit Hilfe einer geeigneten Maßzahl, ob ein linearer Zusammenhang zwischen Verweildauer und Reparaturzeit vorliegt. Bestimmen Sie die Regressionsgerade der Verweildauer in Abh¨angigkeit von der Reparaturzeit, falls Sie einen linearen Zusammenhang feststellen. ur dieAufgabe 5.6: Gegeben seien die Beobachtungen (x1 , y1 ), . . . , (xn , yn ). F¨ se Beobachtungen gelte SQTotal = 0. Welchen Wert von R2 erh¨alt man damit? Wie verl¨ auft die Regressionsgerade? Liegt eine perfekte oder eine Nullanpassung vor? Aufgabe 5.7: Bei einer statistischen Gesamtheit mit n Untersuchungseinheiten wird ein zweidimensionales Merkmal (X, Y ) untersucht. Die Regressionsgleichung von Y bez¨ uglich X lautet: y = 3 − 2x . Mit E bezeichnen wir die Residualvariable (Fehlervariable) mit den Auspr¨agungen ei = yi − (3 − 2xi ), i = 1, . . . , n .
Die Varianz von E sei 0. Wie groß ist der Korrelationskoeffizient von BravaisPearson zwischen X und Y ? Aufgabe 5.8: Bei einer Gesamtheit mit n Untersuchungseinheiten werden zwei Merkmale X und Y untersucht. Die beiden Merkmale seien standardisiert und die Kovarianz zwischen ihnen betrage −0.5.
a) Wie groß ist der Korrelationskoeffizient von Bravais-Pearson zwischen X und Y ? b) Wie lautet die Regressionsgleichung? c) Wie groß ist die Varianz der Residualvariablen?
Aufgabe 5.9: Gegeben ist die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion Y = A · Lα · K 1−α . Dabei ist A eine Konstante, α der unbekannte Parameter, L die eingesetzte Arbeitsmenge, K der Kapitaleinsatz und Y der Output. F¨ uhren Sie eine geeignete Variablentransformation durch, so dass die Regressionsgleichung linear ist. Aufgabe 5.10: Versuchen Sie, folgende Regressionen in lineare Regressionen zu transformieren: y = α + βxγ y = αeβx y = α + βx1 + γx22 k y= 1 + αe−βx
5.11 Aufgaben und Kontrollfragen
205
Aufgabe 5.11: Ein Warenhauskonzern hat Filialen in den USA und Deutschland und untersucht den Zusammenhang zwischen Werbung und Umsatzsteigerung. Um die Filialen in den USA und Deutschland vergleichen zu k¨onnen, f¨ uhrt man eine Bereinigung um die unterschiedlichen Ausgangspositionen (W¨ ahrungen $ bzw. EUR, andere Mittelwerte) durch. Schlagen Sie eine geeignete Transformation vor! Aufgabe 5.12: Bei Verwendung von Dummy- bzw. Effektkodierung erh¨alt man verschiedene Sch¨ atzungen f¨ ur die Regressionskoeffizienten. Erkl¨aren Sie die Unterschiede der beiden Vorgehensweisen anhand der Ergebnisse in Beispiel 5.9.1.
6. Zeitreihen
In den bisherigen Kapiteln haben wir im wesentlichen Bestandsmassen und ihre statistische Beschreibung betrachtet. Im folgenden wollen wir Merkmale betrachten, die im Laufe der Zeit wiederholt erfasst werden (Bestandsmassen zu verschiedenen Zeitpunkten, nicht zu verwechseln mit Bewegungsmassen).
6.1 Kurvendiagramme Hat man ein Merkmal wiederholt u ¨ber die Zeit beobachtet, so kann die zeitliche Entwicklung durch ein Kurvendiagramm dargestellt werden. Bei einem einfachen Kurvendiagramm unterstellt man einen linearen Verlauf zwischen zwei Beobachtungen. Die horizontale Achse des Kurvendiagramms (Abbildung 6.1) ist die Zeitachse, auf der vertikalen Achse werden die Merkmalsauspr¨ agungen zum jeweiligen Zeitpunkt abgetragen. Beispiele. • Bei Patienten in einem Krankenhaus ist es u ¨blich, wiederholt die K¨orpertemperatur zu messen und dann aus der Fieberkurve Informationen etwa u ¨ber den Verlauf der Genesung zu erhalten. • In meteorologischen Instituten werden Niederschlagsmengen, Temperaturen, Windst¨ arke und andere Werte t¨ aglich erfasst und im zeitlichen Verlauf ausgewertet. • Die Werte eines Aktienindex werden t¨ aglich festgehalten und u ¨ber die Zeit abgetragen. • Ums¨ atze eines Unternehmens werden erfasst und ihre zeitliche Entwicklung (Umsatzentwicklung) wird dargestellt und ausgewertet. Bei allen diesen Beispielen ist nicht nur die Beschreibung der Vergangenheit von Interesse, sondern auch die Prognose von zuk¨ unftigen Werten oder die M¨ oglichkeit, Ver¨ anderungen im Verlauf zu erkennen (wie z. B. bei der Fieberkurve) um dadurch entsprechende Gegenmaßnahmen treffen zu k¨onnen. All dies ist Gegenstand der Zeitreihenanalyse. Die Folge der Beobachtungswerte wird als Zeitreihe bezeichnet. Gemessen wird jeweils die Auspr¨agung eines zweidimensionalen Merkmals (t, yt ) mit der Zeit t als Einflussgr¨oße und der Messung yt als Response.
6. Zeitreihen
Index: DAX
208
5000
4000
3000
2000
1000
0 97 VO -N -97 10 EP 7 -S -9 25 U G -A -97 13 U L 7 -J -9 01 AY 7 -M -9 15 AR -M -97 27 EB 6 -F -9 1 2 EC 6 -D -9 27 OV -N -96 11 EP 6 -S -9 26 U G -A 96 14 U L- 6 -J -9 02 AY 6 -M -9 1 5 AR -M -96 28 EB -F -96 1 4 AN 5 -J -9 02 OV -N
15
Abb. 6.1. Kurvendiagramm einer Zeitreihe
6.2 Zerlegung von Zeitreihen Die Beobachtungen yt werden als Summe verschiedener Einzelkomponenten aufgefasst. Den Grundbestandteil bildet die glatte Komponente gt , die die langfristige Entwicklung modelliert. Eventuelle saisonale Schwankungen, wie sie beispielsweise bei den Arbeitslosenzahlen bekannt sind, werden durch die saisonale Komponente st wiedergegeben. Der Rest, also die Differenz zwischen den beobachteten Werten yt und dem durch gt und st modellierten Anteil wird in der irregul¨ aren Komponente rt erfasst, die im Mittel den Wert 0 haben soll. Insgesamt haben wir damit das lineare Modell yt = gt + st + rt , t = 1, . . . , T , (6.1) unter der Nebenbedingung rt = 0. Eine andere Darstellungsm¨oglichkeit (bei Wachstumsprozessen wie Inflationszeitreihen) ist die multiplikative Form y˜t = g˜t · s˜t · r˜t , die durch entsprechende Transformationen (vergleiche dazu Abschnitt 5.7) in die additive Form (6.1) u uhrt werden kann. Dabei ist die Nebenbedin¨bergef¨ # gung r˜t = 1. Setzen wir yt = ln(˜ yt ), gt = ln(˜ gt ), st = ln(˜ st ) und rt = ln(˜ rt ) ,
so sind beide Modelle ¨ aquivalent, so dass wir uns auf das additive Modell (6.1) beschr¨ anken k¨ onnen.
6.4 Gleitende Durchschnitte
209
6.3 Fehlende Werte, ¨ aquidistante Zeitpunkte Viele Verfahren, die in der Zeitreihenanalyse verwendet werden, setzen voraus, dass die Werte yt aller Beobachtungszeitpunkte vorhanden sind. Ebenso wichtig ist es, dass die Abst¨ ande zwischen den Beobachtungszeitpunkten u ¨ber den gesamten Untersuchungszeitraum gleich sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn wir Zeitreihen mit saisonaler Komponente betrachten. Besonders problematisch sind hierbei fehlende Werte, die nicht am Anfang oder am Ende der Zeitreihe stehen. Beispiel. Bei monatlicher Erhebung von Ums¨atzen fehlt der Wert y f¨ ur Mai 1993. Eine Auflistung und Indizierung in der Form ··· ···
M¨ arz 1993 yi
April 1993 yi+1
Mai 1993
Juni 1993 yi+2
Juli 1993 yi+3
··· ···
h¨atte zwar zur Folge, dass keine fehlenden Werte yi vorliegen, die Forderung der einheitlichen Abst¨ ande ist jedoch verletzt, was einen weitaus gravierenderen Mangel f¨ ur die Analyse darstellt. Als L¨ osung des Problems w¨ urde sich hier z. B. die Angabe eines Ersatzwertes“ f¨ ur Mai 1993 anbieten, wobei der ” fehlende Wert mit geeigneten Methoden durch eine Sch¨atzung ersetzt wird. Wir h¨ atten dann ··· ···
M¨ arz 1993 yi
April 1993 yi+1
Mai 1993 yˆi+2
Juni 1993 yi+3
Juli 1993 yi+4
··· ···
Der Begriff gleiche Abst¨ ande“ ist jedoch nicht immer auf die Kalender” zeit zu beziehen. Betrachten wir z. B. die Entwicklung eines Aktienindex, so werden die Werte montags bis freitags erfasst. Da samstags und sonntags kein B¨ orsenhandel stattfindet, stellen diese zwei Tage keine Zeitpunkte in unserem Sinne dar. Der Abstand von Montag bis Dienstag ist der gleiche wie der von Freitag bis zum darauffolgenden Montag: jeweils ein B¨orsentag.
6.4 Gleitende Durchschnitte Zeitreihen weisen h¨ aufig starke Zufallseinfl¨ usse auf. Um diese auszuschalten und glattere Reihen zu erhalten, f¨ uhrt man Gl¨attungen der Zeitreihenwerte durch. Unter einem gleitenden Durchschnitt der (ungeraden) Ordnung 2k + 1 f¨ ur den Zeitreihenwert yt verstehen wir das arithmetische Mittel yt∗ =
k 1 yt+j . 2k + 1
(6.2)
j=−k
Wir mitteln u ¨ber die k vor dem Zeitpunkt t liegenden Werte, den Wert yt selbst und u ¨ber die k nach dem Zeitpunkt t liegenden Werte. Damit ist klar,
210
6. Zeitreihen
dass yt∗ f¨ ur die Zeitpunkte 1, 2, . . . , k sowie T − k + 1, . . . , T nicht definiert ist, da hier die f¨ ur die Berechnung ben¨ otigten Werte nicht vollst¨andig vorliegen. ¨ Der Ubergang von der Reihe yt zur Reihe yt∗ vermindert also die Anzahl der Beobachtungen um 2k. Unter einem gleitenden Durchschnitt der (geraden) Ordnung 2k f¨ ur den Zeitreihenwert yt verstehen wir dann das arithmetische Mittel ⎛ ⎞ k−1 1 1 1 ⎝ yt−k + yt+j + yt+k ⎠ . (6.3) yt∗ = 2k 2 2 j=−k+1
Hier werden die gleichen Beobachtungswerte wie in (6.2) ber¨ ucksichtigt, jedoch gehen die Randwerte nur mit halbem Gewicht ein.
Beispiel. Betrachten wir als Merkmal den DAX u ¨ber den Zeitraum 16. Oktober 1997 bis 14. November 1997, d. h. an T = 22 (B¨orsen-)Tagen. In Abbildung 6.2 sind die Originalreihe und die zwei im folgenden betrachteten gegl¨ atteten Reihen dargestellt, die durch Bilden gleitender Durchschnitte entstehen. Das Verwenden gleitender Durchschnitte der ungeraden Ordnung 5 f¨ uhrt zu der gegl¨ atteten Reihe yt∗ . Die Originaldaten yt und die gegl¨atteten Werte yt∗ sind in Tabelle 6.1 angegeben. Tabelle 6.1. Beobachtete und mit gleitenden Durchschnitten der ungeraden Ordnung 5 gegl¨ attete Werte des DAX an 22 Tagen t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
yt 4118.00 4062.00 4041.00 4140.00 4171.00 3977.00 4051.00 3879.00 3567.00 3792.00 3727.00
yt∗ 4106.40 4078.20 4076.00 4043.60 3929.00 3853.20 3803.20 3738.40 3733.40
t 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
yt 3727.00 3854.00 3812.00 3867.00 3824.00 3700.00 3753.00 3731.00 3659.00 3704.00 3731.00
yt∗ 3782.40 3797.40 3816.80 3811.40 3791.20 3775.00 3733.40 3709.40 3715.60
Durch Bilden gleitender Durchschnitte der geraden Ordnung 4 erhalten wir die gegl¨ attete Reihe yt∗ , die zusammen mit den Originaldaten yt in der Tabelle 6.2 angegeben sind. Betrachten wir allgemein eine Zeitreihe ohne saisonale Komponente, d. h. yt = gt + rt und gehen zu einem gleitenden Durchschnitt der Ordnung k u ¨ber, so erhalten wir die gegl¨ attete Reihe yt∗ . Wir hoffen, durch die Bildung der gleitenden
6.5 Saisonale Komponente, konstante Saisonfigur
211
Tabelle 6.2. Beobachtete und mit gleitenden Durchschnitten der geraden Ordnung 4 gegl¨ attete Werte des DAX an 22 Tagen
Index: DAX
t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
yt 4118.00 4062.00 4041.00 4140.00 4171.00 3977.00 4051.00 3879.00 3567.00 3792.00 3727.00
yt∗ 4096.88 4092.88 4083.50 4052.13 3944.00 3845.38 3781.75 3722.25 3739.13
t 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
yt 3727.00 3854.00 3812.00 3867.00 3824.00 3700.00 3753.00 3731.00 3659.00 3704.00 3731.00
yt∗ 3777.50 3797.50 3827.13 3820.00 3793.38 3769.00 3731.38 3711.25 3709.00
4300 4200
4100
4000 3900
3800
3700
Index: DAX
3600
MA(DAX,5,5)
3500
MA(DAX,4,4)
97 VO -N 7 13 V-9 O -N 7 11 V-9 O -N 7 07 V-9 O -N 7 05 V-9 O -N 7 03 T-9 C -O 7 30 -9 CT -O 7 28 T-9 C -O 7 24 T-9 C -O 7 22 T-9 C O 7 -9 CT O 20
16
Abb. 6.2. Entwicklung des DAX u ¨ber den Zeitraum 16. Oktober 1997 bis 14. November 1997 und gegl¨ attete Reihen durch gleitende Durchschnitte der Ordnungen 4 und 5
Durchschnitte den Einfluss der irregul¨ aren Schwankung rt ausgeschaltet bzw. zumindest verringert zu haben und so eine glattere Reihe zu erhalten. Bei ur die glatte Komgeschickter Wahl von k erhalten wir mit yt∗ einen Sch¨atzer f¨ ponente gt , da die gegl¨ attete Reihe yt∗ ungef¨ ahr gleich der ‘gegl¨atteten’ glatten ahr gleich der glatten Komponente Komponente gt∗ ist, die wiederum ungef¨ gt ist.
6.5 Saisonale Komponente, konstante Saisonfigur Wir betrachten nun wieder das Modell (6.1) yt = gt + st + rt ,
212
6. Zeitreihen
das zus¨ atzlich zu dem oben betrachteten Modell eine saisonale Komponente beinhaltet. Diese saisonale Komponente ist eine Folge von Einfl¨ ussen, die sich nach einem bestimmten Muster wiederholen. Ist die Saisonfigur konstant, d. h. gilt (6.4) st = st+p (vgl. Abbildung 6.3), so bezeichnen wir die nat¨ urliche Zahl p als Periode der Saisonfigur. Der Wert der saisonalen Komponente zum Zeitpunkt t ist dann identisch mit dem Wert der saisonalen Komponente zum Zeitpunkt t+p (eine Periode sp¨ ater).
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Abb. 6.3. Schematische Darstellung einer saisonalen Komponente st der Periode p = 4 f¨ ur die Punkte t = 0, . . . , 2p
Betrachten wir eine Zeitreihe mit konstanter Saisonfigur der Periode p, so soll stets p−1 st+j = 0 (6.5) j=0
gelten. Wir verstehen die saisonale Komponente als sich regelm¨aßig wiederholende Schwankungen um die glatte Komponente der Zeitreihe. Bilden wir nun gleitende Durchschnitte der Ordnung k = l · p (l ∈ N), so erhalten wir yt∗ = gt∗ + s∗t + rt∗ = gt∗ + rt∗ . Die saisonale Komponente entf¨ allt durch die Gl¨attung, da wegen (6.5) s∗t = 0 ∗ ur die glatte Kompogilt. Wir haben dadurch mit yt wieder eine Sch¨atzung f¨ nente gt erhalten. Mit der Differenz aus der Original- und der gegl¨atteten Reihe dt = yt − yt∗ = (gt + st + rt ) − (gt∗ + rt∗ ) erhalten wir einen Sch¨ atzer f¨ ur st + rt , da gt∗ ≈ gt
und rt∗ ≈ 0
6.5 Saisonale Komponente, konstante Saisonfigur
213
gilt. Bei konstanter Saisonfigur der Periode p folgt, dass dj und dj+p und dj+2p bis auf die Restkomponente r gleich sind. Es gilt dj ≈ dj+lp
j = 1, . . . , p und l = 0, . . . , nj ,
(6.6)
wobei wir nj so w¨ ahlen, dass j + nj p ≤ T < j + (nj + 1)p erf¨ ullt ist. nj ist also die Maximalzahl von vollst¨andig beobachteten Perioden ab dem Zeitpunkt j bis zum Ende der Zeitreihe T . Wegen (6.6) bilden wir nun die arithmetischen Mittel nj 1 d¯j = dj+lp nj
f¨ ur j = 1, . . . , p .
l=0
Als Sch¨ atzer f¨ ur die Saisonkomponente sj+lp verwenden wir schließlich sˆj+lp
p 1 ¯ ¯ = dj − dm p m=1
f¨ ur j = 1, . . . , p und l = 0, . . . , nj .
(6.7)
p Es gilt dann j=1 sˆj+lp = 0, womit die Forderung (6.5) erf¨ ullt ist. Eine saisonbereinigte Reihe erhalten wir aus der urspr¨ unglichen Zeitreihe schließlich durch Differenzenbildung gem¨ aß yt − sˆt . Beispiel 6.5.1. In Tabelle 6.3 sind die Arbeitslosenzahlen des Baugewerbes angegeben (vgl. Hartung, Elpelt und Kl¨osener, 1982). Wir berechnen zun¨ achst yt∗ als einen gleitenden Durchschnitt der L¨ange 12 (Monate). Mit den Differenzen dt = yt − yt∗ erhalten wir eine Sch¨atzung f¨ ur die Saisonaß (6.7) und damit schließlich die saisonbereinigte Reihe komponente st gem¨ yt − sˆt (vgl. Abbildung 6.4). Wie man sieht, zeigen die Arbeitslosenzahlen eine starke saisonale Komponente. Nach Bereinigung um die saisonale Komponente und Gl¨attung verzeichnen die Arbeistlosenzahlen einen R¨ uckgang u ¨ber die Zeit. Diese Entwicklung kann aus den Originaldaten nicht in dieser Deutlichkeit abgelesen werden.
214
6. Zeitreihen
Tabelle 6.3. Arbeitslose des Baugewerbes zwischen Juli 1975 und September 1979 yt 60 572 52 461 47 357 48 320 60 219 84 418 119 916 124 350 87 309 57 035 39 903 34 053 29 905 28 068 26 634 29 259 38 942 65 036 110 728 108 931 71 517 54 428 42 911 37 123 33 044 30 755 28 742 31 698 41 427 63 685 99 189 104 240 75 304 43 622 33 990 26 819 25 291 24 538 22 685 23 945 28 245 47 017 90 920 89 340 47 792 28 448 19 139 16 728 16 523 16 622 15 499
Datum JUL 1975 AUG 1975 SEP 1975 OKT 1975 NOV 1975 DEZ 1975 JAN 1976 FEB 1976 ¨ 1976 MAR APR 1976 MAI 1976 JUN 1976 JUL 1976 AUG 1976 SEP 1976 OKT 1976 NOV 1976 DEZ 1976 JAN 1977 FEB 1977 ¨ 1977 MAR APR 1977 MAI 1977 JUN 1977 JUL 1977 AUG 1977 SEP 1977 OKT 1977 NOV 1977 DEZ 1977 JAN 1978 FEB 1978 ¨ 1978 MAR APR 1978 MAI 1978 JUN 1978 JUL 1978 AUG 1978 SEP 1978 OKT 1978 NOV 1978 DEZ 1978 JAN 1979 FEB 1979 ¨ 1979 MAR APR 1979 MAI 1979 JUN 1979 JUL 1979 AUG 1979 SEP 1979
t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51
yt∗ . . . . . . 66 714.96 64 420.79 62 540.96 60 883.29 59 202.54 57 508.42 56 318.00 55 292.71 53 992.25 53 225.63 53 242.33 53 495.58 53 754.29 53 997.04 54 196.83 54 386.29 54 591.46 54 638.71 54 101.63 53 425.38 53 387.71 53 095.25 52 273.29 51 472.25 50 719.88 50 137.79 49 626.38 49 050.96 48 178.67 46 934.92 45 895.88 44 930.50 43 163.33 41 384.75 40 133.71 39 094.46 38 308.67 37 613.50 36 984.25 . . . . . .
dt . . . . . . 53 201.04 59 929.21 24 768.04 −3 848.29 −19 299.50 −23 455.40 −26 413.00 −27 224.70 −27 358.30 −23 966.60 −14 300.30 11 540.42 56 973.71 54 933.96 17 320.17 41.71 −11 680.50 −17 515.70 −21 057.60 −22 670.40 −24 645.70 −21 397.30 −10 846.30 12 212.75 48 469.13 54 102.21 25 677.63 −5 428.96 −14 188.70 −20 115.90 −20 604.90 −20 392.50 −20 478.30 −17 439.80 −11 888.70 7 922.54 52 611.33 51 726.50 10 807.75 . . . . . .
sˆt . . . . . . 53 136.29 55 495.45 19 965.88 −2 756.03 −14 733.70 −20 039.90 −22 369.40 −23 106.70 −23 838.30 −20 612.10 −12 022.60 10 881.05 53 136.29 55 495.45 19 965.88 −2 756.03 −14 733.70 −20 039.90 −22 369.40 −23 106.70 −23 838.30 −20 612.10 −12 022.60 10 881.05 53 136.29 55 495.45 19 965.88 −2 756.03 −14 733.70 −20 039.90 −22 369.40 −23 106.70 −23 838.30 −20 612.10 −12 022.60 10 881.05 53 136.29 55 495.45 19 965.88 . . . . . .
yt − sˆt
. . . . . . 66 779.71 68 854.55 67 343.12 59 791.03 54 636.74 54 092.86 52 274.35 51 174.71 50 472.28 49 871.06 50 964.63 54 154.95 57 591.71 53 435.55 51 551.12 57 184.03 57 644.74 57 162.86 55 413.35 53 861.71 52 580.28 52 310.06 53 449.63 52 803.95 46 052.71 48 744.55 55 338.12 46 378.03 48 723.74 46 858.86 47 660.35 47 644.71 46 523.28 44 557.06 40 267.63 36 135.95 37 783.71 33 844.55 27 826.12 . . . . . .
6.6 Modell f¨ ur den linearen Trend
215
140000
120000
100000
80000
60000
40000
20000
0 JUL 1975
JAN 1976
OCT 1975
JUL 1976
APR 1976
JAN 1977
OCT 1976
JUL 1977
APR 1977
JAN 1978
OCT 1977
JUL 1978
APR 1978
JAN 1979
OCT 1978
JUL 1979
APR 1979
Abb. 6.4. Plot der Reihen yt (durchgezogene Linie), yt∗ (gepunktete Linie) und der saisonbereinigten Reihe yt − sˆt (gestrichelte Linie)
6.6 Modell fu ¨ r den linearen Trend Neben den eben beschriebenen Gl¨ attungsverfahren kann man Zeitreihen auch als lineares Regressionsmodell auffassen und den Zeiteffekt sch¨atzen. Wir behandeln nun den speziellen Fall einer linearen Regression, bei der die Einflussgr¨ oße X die Zeit ist. Beispiele hierf¨ ur sind die t¨aglichen Aktienpreise, der DAX und der Dow Jones, das monatliche Einkommen eines Studenten oder auch andere Prozesse u ¨ber die Zeit wie die Fieberkurve eines Patienten usw. Diese zweidimensionalen Merkmale stellen die Entwicklung von Y dar, wobei nur die Zeit als Ursache der Entwicklung einbezogen wird. Eine weitere Einflussgr¨ oße wird zun¨ achst nicht ber¨ ucksichtigt. Es liegen also Daten der Struktur t yt ⎞ ⎛ 1 y1 ⎜ 2 y2 ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ .. .. ⎟ ⎝. . ⎠ n yn
216
6. Zeitreihen
vor. Hier beschr¨ anken wir uns auf den Spezialfall des linearen Regressionsmodells (6.8) yt = a + bt + et , t = 1, . . . , n , das auch als lineares Trendmodell bezeichnet wird. Die Zeitvariable t wird ganzzahlig und in gleichen Abst¨anden gemessen. Der Startpunkt t = 1 kennzeichnet den Zeitpunkt der ersten Beobachtung. Die Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzungen ˆb und a ˆ (5.9) haben mit xt = t und damit t¯ = n+1 folgende spezielle Gestalt 2 n ¯) (t − n+1 2 )(yt − y ˆb = t=1 n , (6.9) n+1 2 t=1 (t − 2 ) n+1 a ˆ = y¯ − ˆb . (6.10) 2 Beispiel 6.6.1. Der Durchschnittspreis Y einer Aktie wird u ¨ber mehrere Jahre notiert. Die entsprechenden Werte sind in der folgenden Tabelle angegeben. 1985 1 30
1986 2 35
Preis der Aktie
Jahr t yt
1987 3 33
1988 4 38
1989 5 40
1990 6 44
1991 7 40
1992 8 44
50
40
30
20
10
0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
Zeitpunkt
Abb. 6.5. Zeitreihen-Plot des Aktienpreises Y aus Beispiel 6.6.1
¯ 9+1 Wir berechnen y¯ = 351 9 = 39, t = 2 = 5 und damit 9 9 (t − t¯) (yt − y¯) t=1 (t − 5)(yt − 39) ˆb = t=1 = 1.917 = 9 9 2 2 ¯ t=1 (t − 5) t=1 (t − t) n+1 a ˆ = y¯ − ˆb = 39 − 1.917 · 5 = 29.417 . 2
1993 9 47
6.7 Praktisches Beispiel mit SPSS
217
6.7 Praktisches Beispiel mit SPSS Um die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten betrachten wir die monatlichen Arbeitslosenzahlen aus den Jahren 1997-2004. Es soll u uft ¨berpr¨ werden, ob sich ein statistisch signifikanter Trend bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit nachweisen l¨ asst und welche Trendfunktion dazu am besten passt. In SPSS gehen wir dabei wie folgt vor: Analysieren → Regression → Kurvenanpassung Als Output erhalten wir: Gleichung Linear Log Quadratisch Kubisch Potenzfunktion Aufbaufunktion Exponentiell Logistisch
R2 .773 .910 .972 .977 .869 .845 .845 .845
F 309.439 914.937 1589.771 1264.530 605.103 497.202 497.202 497.202
df 91 91 90 89 91 91 91 91
Sig. .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000
SPSS pr¨ uft dabei welcher Vorschlag f¨ ur eine Trendfunktion am besten die Daten repr¨ asentiert. Die erste Zeile k¨ onnen wir beispielsweise wie folgt interpretieren: Wollen wir die Trendfunktion durch eine lineare Funktion sch¨atzen, so liegt die Anpassung an die Daten (R2 ) bei 0.773. Da der Wert der Signifikanz unter 0.05 liegt (n¨ amlich 0.000) k¨ onnen wir davon ausgehen, dass es m¨oglich ist den Trend als lineare Funktion anzusehen. Ein Vergleich unter den verschiedenen Vorschl¨agen zeigt uns, dass eine kubische Anpassungsfunktion sich am besten eignet (h¨ochstes R2 : 0.977). Alle untersuchten Anpassungsmodelle w¨ aren signifikant. Abbildung 6.6 verdeutlicht die verschiedenen M¨oglichkeiten der Kurvenan¨ passung noch einmal, in Abbildung 6.7 ist der Ubersicht wegen noch einmal die kubische Trendfunktion illustriert. Interessant ist jetzt jedoch die Fragestellung inwieweit sich St¨arke und Signifikanz des Trends ver¨ andern, wenn die saisonalen Schwankungen ber¨ ucksichtigt werden. Es sollen nun also durch Bildung gleitender Durchschnitte die saisonalen Schwankungen ausgeschaltet werden und mit den gegl¨atteten Daten erneut eine Kurvenanpassung durchgef¨ uhrt werden. Dazu erzeugen wir in SPSS zuerst eine Datumsvariable: Daten → Datum definieren → Jahre, Monate Um dann die Saisonbereinigung anhand gleitender Durchschnitte durchzuf¨ uhren gehen wir wie folgt vor: Transformieren → Zeitreihen erstellen → Funktion zentr. gleitende Durchschnitte
218
6. Zeitreihen
Abb. 6.6. Verschiedene M¨ oglichkeiten der Kurvenanpassung
Abb. 6.7. Kubische Kurvenanpassung
Unter Ber¨ ucksichtigung dieses Sachverhaltes und Bildung gleitender Durchschnitte k¨ onnen wir erneut in SPSS Vorschl¨ age f¨ ur eine Trendfunktion u ¨berpr¨ ufen:
6.8 Aufgaben und Kontrollfragen
Gleichung Linear Log Quadratisch Kubisch Potenzfunktion Aufbaufunktion Exponentiell Logistisch
R2 .803 .863 .988 .988 .894 .937 .894 .894
F 322.46 498.25 3245.43 3245.43 664.39 1184.82 664.39 664.39
df 79 79 78 77 79 79 79 79
219
Sig. .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000
Die Kurvenanpassungen f¨ ur die saisonal gegl¨attete Zeitreihe der Arbeitslosenzahlen weisen noch h¨ ohere Anpassungsg¨ uten auf (da R2 -Werte h¨oher). Durch die saisonalen Schwankungen wurde die St¨arke des Trends noch etwas verschleiert.
6.8 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 6.1: Wie lautet das lineare Modell einer Zeitreihe? Welche Bedeutung haben die einzelnen Komponenten? Aufgabe 6.2: Wie ist ein gleitender Durchschnitt gerader bzw. ungerader Ordnung definiert? Aufgabe 6.3: Gegeben sei folgende Zeitreihe t yt
1 5
2 7
3 6
4 8
5 9
6 9
7 10
8 11
9 9
10 12
11 14
Bestimmen Sie die gleitenden Durchschnitte der 3. bzw. 4. Ordnung. Aufgabe 6.4: In den Jahren 1952 bis 1961 entwickelte sich der Prim¨arenergieverbrauch (PEV in Mio.t SKE) wie folgt: Jahr PEV
’52 150
’53 150
’54 160
’55 175
’56 185
’57 190
’58 180
’59 185
’60 215
’61 210
Bestimmen Sie das lineare Trendmodell. Aufgabe 6.5: Von einer Pension in Bayern sind folgende Belegungszahlen f¨ ur die Jahre 1990 bis 1992 bekannt: Jahr 1990 1991 1992 Quartal I II III IV I II III IV I II III IV ¨ Ubern. 740 550 850 600 680 500 850 580 640 510 840 580 a) Berechnen Sie das lineare Trendmodell. b) Gl¨ atten Sie die Zeitreihe geeignet und berechnen Sie das lineare Trendmodell mit den gegl¨ atteten Werten. c) Interpretieren Sie die Ergebnisse.
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
7.1 Einleitung Eine wesentliche Aufgabe der deskriptiven Statistik ist die Bereitstellung von Hilfsmitteln zur quantitativen Beschreibung von Sachverhalten in den Sozialund Wirtschaftswissenschaften, der Medizin, Technik usw. Dazu werden unter allgemeinen Gesichtspunkten (Beschreibung von Verteilungen) oder unter fachwissenschaftlichen Anforderungen Maßzahlen definiert, die sowohl allgemeine mathematisch-statistische Eigenschaften (wie z. B. Translations¨aquivarianz, Normiertheit) als auch fachspezifische Charakteristika besitzen m¨ ussen. Neben den bereits behandelten Maßzahlen von Verteilungen wie den Lagemaßen Mittelwert, Median und Modalwert oder den Streuungsmaßen wie Varianz und Quartilsabstand oder Quotienten von Maßzahlen (Korrelationskoeffizient, Variationskoeffizient), betrachtet man in der deskriptiven Statistik h¨ aufig weitere Maßzahlen bzw. Quotienten zweier Maßzahlen, um Relationen von Teilmassen zu Gesamtmassen darzustellen oder zeitliche Entwicklungen auszudr¨ ucken. Eine wesentliche Aufgabe von Maßzahlen ist der Vergleich von Sachverhalten. Bei ¨ aquivalenten Sachverhalten m¨ ussen die Maßzahlen u ¨bereinstimmen, bei Unterschieden muss der Unterschied sinnvoll durch die Maßzahl wiedergegeben werden. Die Beziehungen zwischen Maßzahlen werden folgendermaßen klassifiziert (Ferschl, 1985; Hartung et al., 1982): • Verh¨ altniszahlen – Gliederungszahlen – Beziehungszahlen – einfache Indexzahlen (auch Messzahlen genannt) • Zusammengesetzte Indexzahlen Verh¨ altniszahlen entstehen durch Quotientenbildung aus zwei Maßzahlen oder durch Quotientenbildung aus den Auspr¨agungen zweier extensiver Merkmale (d. h. Merkmale bei denen Summenbildung sinnvoll ist). Die drei verschiedenen Verh¨ altniszahlen-Typen lassen sich wie folgt charakterisieren. Gliederungszahlen beziehen eine Teilmenge auf eine u ¨bergeordnete Gesamtmenge. Damit sind z. B. alle relativen H¨aufigkeiten bei diskreten oder gruppierten H¨ aufigkeitsverteilungen Gliederungszahlen. Die Gliederungszahlen k¨ onnen als Quoten oder als Quote×100 in Prozent angegeben werden.
222
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Beispiele. Zahl der Erwerbspersonen Umfang der Bev¨olkerung Zahl der Arbeitslosen Arbeitslosenquote = Zahl der Erwerbspersonen Zahl der Ausschussteile Ausschussquote = Gesamtzahl der produzierten Teile Anzahl Nicht Bestanden“ ” Durchfallquote = Zahl der Klausurteilnehmer Erwerbsquote =
Beziehungszahlen bilden den Quotienten aus zwei Maßzahlen oder Gr¨oßen, die verschieden gemessen werden (also nicht Teilmengen von Gesamtmengen sind), aber in sachlich sinnvoller Beziehung zueinander stehen. Bei den Beziehungszahlen unterscheidet man Verursachungszahlen (Bewegungsmassen bezogen auf Bestandsmassen) und Entsprechungszahlen (hier ist kein Bezug auf einen Bestand m¨ oglich). Verursachungszahlen spielen vor allem in der Bev¨ olkerungsstatistik eine Rolle. Beispiele. Verursachungszahlen sind z. B.: Lebendgeborene × 1 000 Bev¨ olkerung Verstorbene (rohe) Sterbeziffer = × 1 000 Bev¨ olkerung
(rohe) Geburtenziffer =
Als Maßzahl f¨ ur die Wirtschaftslage in einer Branche k¨onnte man u. a. definieren: Anzahl der Konkurse × 1 000 Konkursziffer = Anzahl der Betriebe Beispiele. Entsprechungszahlen sind z. B.: Einwohnerzahl Fl¨ ache in km2 zur¨ uckgelegte Strecke Durchschnittsgeschwindigkeit = ben¨otigte Zeit Gesamtertrag (Weizen) Hektarertrag (Weizen) = Anbaufl¨ache (Weizen) Nettoproduktion Produktivit¨ at = Anzahl der Besch¨aftigten Bev¨ olkerungsdichte =
Bei der Angabe von Beziehungs- und Gliederungszahlen spielt der Nenner eine wesentliche Rolle. Insbesondere f¨ ur Vergleiche muss er einheitlich und
7.2 Einfache Indexzahlen
223
sinnvoll definiert sein. So sind Bev¨ olkerungsdichten nur bei geografisch ¨ahn¨ lich gearteten L¨ andern vergleichbar – Schweiz/Osterreich sind vergleichbar, Sudan/Niederlande sind kaum vergleichbar wegen des hohen unbewohnten W¨ ustenanteils im Sudan.
7.2 Einfache Indexzahlen Die einfachen Indexzahlen (oder Messzahlen) beschreiben den Zusammenhang zwischen Ergebnissen f¨ ur eine Maßzahl, gemessen zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung einer Grundgesamtheit. Es liegt also eine Zeitreihe von Maßzahlen vor: • x0 , Wert der Maßzahl in der Basisperiode, • xt , Wert derselben Maßzahl in der Berichtsperiode. Damit erhalten wir die Indexzahl xt = I0t . x0 Die Entwicklung
x0 x1 x2 xt , , ,..., x0 x0 x0 x0 heißt Zeitreihe der Indizes. Wichtigste Anwendung dieser Index-Zeitreihen ist das vergleichende Studium verschiedener Zeitreihen, insbesondere f¨ ur Preismesszahlen =
pt = P0t p0
(Preisindex)
(7.1)
Mengenmesszahlen =
qt = Q0t q0
(Mengenindex) .
(7.2)
oder
Dabei ist p der Preis eines bestimmten Produkts und q die produzierte oder verkaufte Menge (quantity) dieses Produkts jeweils zur Basisperiode 0 bzw. zur Berichtsperiode t. Damit wird eine Zeitreihe von Messungen (Preise, Mengen) durch Bezug auf eine Basisperiode in gewisser Weise standardisiert oder bereinigt. Indizes k¨ onnen – wie definiert – oder nach Multiplikation mit 100 in Prozent angegeben werden: I0t =
xt · 100 % . x0
Beispiel 7.2.1. Wir betrachten die Abwassermengen in Rastatt (Baden-W¨ urttemberg). Zur Einsch¨ atzung des Bedarfs an Kl¨aranlagen werden die Abwassermengen in Rastatt vom dortigen Amt f¨ ur Statistik erfasst. Es ergeben sich ur die Jahre folgende Mengen qt und daraus die Mengenmesszahlen Q1989,t f¨ 1989–1993 (vgl. Tabelle 7.1). Die Abbildung 7.1 zeigt die zeitliche Entwicklung der Abwassermengen.
224
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes Tabelle 7.1. Abwassermengen qt und Mengenindex Q1989,t t 1989 1990 1991 1992 1993
qt 3.00 3.30 3.90 4.20 4.60
Q1989,t 1.00 1.10 1.30 1.40 1.53
5 4 3 2 1 0 1989
1990
1991
1992
1993
Abb. 7.1. Zeitreihe der Abwassermengen qt aus Beispiel 7.2.1
Falls ein Index gleich Eins ist, hat keine Ver¨anderung stattgefunden. Ein Indexwert gr¨ oßer Eins bedeutet einen Anstieg – z. B. I0t = 1.04 bedeutet ein Wachstum um 4 % gegen¨ uber dem Basiszeitpunkt – ein Indexwert kleiner Eins bedeutet entsprechend einen R¨ uckgang im Vergleich zur Basisperiode. Beispiel 7.2.2. Eine Firma pr¨ uft die Notwendigkeit neuer Investitionen. Als Indikator wird die Umsatzentwicklung von 1985–1993, gemessen durch die Ums¨ atze qt selbst und den Umsatzindex Q1985,t herangezogen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 7.2 und Abbildung 7.2 dargestellt. 7.2.1 Ver¨ anderung des Basisjahres Bei l¨ angeren Zeitreihen kann es zu Strukturbr¨ uchen kommen, die eine Umbasierung, d. h., die Festlegung eines neuen Basiszeitpunkts erforderlich machen. Will man z. B. die Entwicklung der Lebenshaltungskosten in den alten Bundesl¨ andern beschreiben, so ergibt das Basisjahr 1949 einen Sinn. F¨ ur die neuen Bundesl¨ ander ergibt sich zwangsl¨ aufig als Basisjahr 1990. Um die Entwicklung in den alten und den neuen Bundesl¨andern auf eine gemeinsame
7.2 Einfache Indexzahlen
225
Tabelle 7.2. Umsatz und Umsatzindex Umsatz [1 000 DM] t qt Q1985,t 1985 80 1.0000 1986 85 1.0625 1987 90 1.1250 1988 85 1.0625 1989 90 1.1250 1990 95 1.1875 1991 95 1.1875 1992 100 1.2500 1993 110 1.3750
1.5 1.25 1 0.75 0.5 0.25 0 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 Abb. 7.2. Umsatzindex (Beispiel 7.2.2)
Basis zu stellen, wird man in den alten Bundesl¨andern eine Umbasierung auf 1990 vornehmen. W¨ ahlt man die neue Basisperiode k, so gilt Ikt =
xt = xk
xt x0 xk x0
=
I0t . I0k
(7.3)
Damit m¨ ussen wir bei Umbasierung einer Indexzeitreihe, die vor dem neuen Basisjahr gemessen wurde, nicht die vorangegangenen Daten xi , (i = 1, . . . , k − 1) kennen. Es reicht aus, die Indexreihe I01 , . . . , I0k zu kennen. Durch die Umkehrung der obigen Beziehung erhalten wir die sogenannte Verkettungsregel: (7.4) I0t = I0k · Ikt ,
226
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
die wir sp¨ ater bei der Behandlung spezieller Probleme einsetzen werden. Beispiel 7.2.3. W¨ ahlen wir im Beipiel 7.2.2 als neues Basisjahr 1990, so erhalten wir z. B. mit q1990 = 95 und q1993 = 110 f¨ ur 1993 den Index I1990,1993 =
110 = 1.1579 . 95
Die Anwendung der Verkettungsregel liefert z. B. bei Kenntnis der Indizes I1985,1990 und I1990,1993 I1985,1993 = I1985,1990 · I1990,1993 = 1.1875 · 1.1579 = 1.3750 .
7.3 Preisindizes Im Unterschied zu den bisherigen Messzahlen betrachten wir in den folgenden Abschnitten sogenannte zusammengesetzte Indexzahlen, die gleichartige Indexreihen f¨ ur n verschiedene G¨ uter verkn¨ upfen. Sei i = 1, . . . , n der Indikator (Laufindex) f¨ ur verschiedene G¨ uter. Dann bezeichne p′0 = (p0 (1), . . . , p0 (n)) den Vektor der Preise dieser G¨ uter in der Basisperiode, p′t = (pt (1), . . . , pt (n)) den Vektor der Preise dieser G¨ uter in einer Berichtsperiode t. Mit q′0 = (q0 (1), . . . , q0 (n)) bzw. q′t = (qt (1), . . . , qt (n)) bezeichnen wir den Vektor (Warenkorb) der verkauften bzw. produzierten Mengen dieser G¨ uter in den Perioden 0 bzw. t. Dann entsteht z. B. das Problem, einen sinnvollen Index f¨ ur die Preisentwicklung eines Warenkorbs zu beuter rechnen, der die unterschiedlichen (Markt-)Anteile q0 (i) und qt (i) der G¨ ber¨ ucksichtigt. Beispiel 7.3.1. Aus der folgenden Tabelle berechnen wir die Preismesszahlen f¨ ur drei G¨ uter: Gut i 1 2 3
Preise p0 (i) pt (i) 4 6 6 8 10 12
Mengen q0 (i) qt (i) 5 4 10 15 8 16
7.3 Preisindizes
227
6 pt (1) = = 1.50 p0 (1) 4 8 pt (2) p I0t = = 1.33 (2) = p0 (2) 6 12 pt (3) p = = 1.20 I0t (3) = p0 (3) 10
p I0t (1) =
Die Bewertung der Preisentwicklung kann durch verschiedene Ans¨atze erfolgen. Die einfachste M¨ oglichkeit ist die Bildung eines arithmetischen Mittels der Preismesszahlen gem¨ aß n
P0t =
1 p I (i) . n i=1 0t
(7.5)
Dieser Mittelwert ber¨ ucksichtigt jedoch nicht die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen G¨ uter, ausgedr¨ uckt durch ihre Mengen q0 (i) bzw. qt (i), da er alle G¨ uter gleichberechtigt behandelt. Da die in einem Korb zusammengefassten Waren in der Regel mit verschiedenen Mengen und verschiedenen Preisen und damit nicht gleichgewichtig eingehen, empfiehlt es sich, ein gewichtetes arithmetisches Mittel zu berechnen. Wir bilden das gewichtete Mittel der Preismesszahlen als P0t = =
pt (1) p0 (1) w(1)
+ ··· +
pt (n) p0 (n) w(n)
w(1) + · · · + w(n) p + · · · + I0t (n)w(n) ˜ .
p (1)w(1) ˜ I0t
(7.6)
Die verwendeten positiven w(i) bzw. die damit gebildeten Gewichte w(i) ˜ w(i) w(i) ˜ = , k w(k)
n
w(i) ˜ =1
(7.7)
i=1
k¨ onnen alternativ bestimmt werden. Hierzu gibt es eine Vielzahl aus der o¨konomischen Theorie abgeleitete M¨ oglichkeiten. Wir betrachten hier die Vorschl¨ age von Laspeyres und von Paasche, die sich in der Praxis durchgesetzt haben. 7.3.1 Preisindex nach Laspeyres Die w(i) nach Laspeyres lauten w(i) = p0 (i)q0 (i) ,
(7.8)
so dass w(i) die Ausgabensumme (Menge×Preis) des Gutes i in der Basisperiode ist. Damit gilt f¨ ur den Laspeyres-Preisindex
228
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
L P0t
n pt (i)q0 (i) = ni=1 i=1 p0 (i)q0 (i) p′t q0 (7.9) = ′ p0 q0 Wert des Warenkorbs der Basisperiode zu aktuellen Preisen . = Wert des Warenkorbs der Basisperiode zu Basispreisen
7.3.2 Preisindex nach Paasche Die w(i) nach Paasche lauten w(i) = p0 (i)qt (i) ,
(7.10)
so dass w(i) die Ausgabensumme des Gutes i in der Berichtsperiode zum Preis der Basisperiode ist. Damit wird der Preisindex nach Paasche pt (i)qt (i) P P0t = i p i 0 (i)qt (i) ′ p qt = ′t (7.11) p0 qt Wert des Warenkorbs der Berichtsperiode zu aktuellen Preisen = . Wert des Warenkorbs der Berichtsperiode zu Basispreisen Der Preisindex von Laspeyres gibt an, wie sich das Preisniveau ge¨andert hat, wenn der Warenkorb der Basisperiode zum Vergleich herangezogen wird. Der Preisindex von Paasche gibt an, wie sich das Preisniveau ge¨andert hat, wenn der Warenkorb der Berichtsperiode zum Vergleich herangezogen wird. L Beispiel. Ein Laspeyres-Index von P0t = 1.12 bedeutet, dass der Warenkorb q0 der Basisperiode in der Berichtsperiode 12 % mehr kostet. Ein PaascheP Index von P0t = 1.12 bedeutet, dass die Ausgaben f¨ ur den Warenkorb qt der Berichtsperiode gegen¨ uber der Basisperiode um 12 % gestiegen sind. In der Praxis wird man den Preisindex nach Laspeyres bevorzugen, da der Basiswarenkorb als Bezugsgr¨ oße einen sinnvollen Ausgangspunkt zur Berechnung aktueller Preisentwicklungen bietet. Ein weiterer (praktischer) Vorteil ist die Tatsache, dass die Gewichte nicht st¨andig neu berechnet werden m¨ ussen.
Beispiel 7.3.2. In Fortsetzung von Beispiel 7.3.1 berechnen wir die Preisindizes nach Laspeyres und Paasche. Die Preis- bzw. Mengenvektoren (Warenk¨ orbe) lauten p′0 = (4, 6, 10)
(Basispreise)
p′t q′0 q′t
(aktuelle Preise) (Basiswarenkorb)
= (6, 8, 12) = (5, 10, 8) = (4, 15, 16)
(aktueller Warenkorb)
7.4 Mengenindizes
229
Damit erhalten wir den Preisindex nach Laspeyres als 6 · 5 + 8 · 10 + 12 · 8 p′t q0 = ′ p0 q0 4 · 5 + 6 · 10 + 10 · 8 206 = = 1.2875 . 160
L P0t =
Der Preisindex nach Paasche ergibt sich als p′t qt 6 · 4 + 8 · 15 + 12 · 16 = ′ p0 qt 4 · 4 + 6 · 15 + 10 · 16 336 = 1.2632 . = 266
P P0t =
7.3.3 Alternative Preisindizes Die Bezugsbasis beim Preisindex nach Laspeyres ist der Warenkorb in der Basisperiode, der im Zeitablauf konstant gehalten wird. Die Bewertung erfolgt mit den Preisen zur Berichts- und zur Basisperiode und gibt diese relative Preis¨ anderung an. Analog ist beim Preisindex nach Paasche die Bezugsbasis der Warenkorb in der Berichtsperiode. Um diese Abh¨angigkeit von der Wahl des Warenkorbs zu einem Zeitpunkt zu umgehen, schlug Lowe vor, einen zeitutern zu w¨ahlen und unabh¨ angigen Warenkorb q′ = (q(1), . . . , q(n)) aus n G¨ ihn mit den Preisen zur Basis- und zur Berichtsperiode zu bewerten. Der Preisindex nach Lowe lautet also n pt (i)q(i) p′ q LO = ni=1 P0t = ′t . p0 q i=1 p0 (i)q(i)
Als Modifikation des Preisindex von Lowe kann man den Preisindex von Marshall-Edgeworth ansehen, der als Warenkorb die gemittelten Verbrauchsmengen in der Basis- und Berichtsperiode verwendet: n pt (i) 12 (q0 (i) + qt (i)) p′t (q0 + qt ) ME P0t = ni=1 = . 1 p′0 (q0 + qt ) i=1 p0 (i) 2 (q0 (i) + qt (i)) Einen weiteren Vorschlag machte I. Fisher. Sein Idealindex ist das geometrische Mittel aus dem Laspeyres- und dem Paasche-Index: F P0t =
LPP . P0t 0t
7.4 Mengenindizes Vertauscht man die Rolle von Preisen und Mengen in den beiden Preisindizes, ¨ so erh¨ alt man Mengenindizes, die die Anderung des Warenkorbs u ¨ber die Zeit angeben, bewertet mit den Preisen einer bestimmten Periode.
230
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
7.4.1 Laspeyres-Mengenindex Der Mengenindex nach Laspeyres verwendet die Preise der Basisperiode und ist definiert als p′ qt (7.12) QL0t = ′0 . p0 q0 QL0t gibt das Verh¨ altnis an, in dem sich der Wert des Warenkorbs von der Basis- zur Berichtsperiode – bewertet mit Preisen der Basisperiode – durch Ver¨ anderung der Mengen ge¨ andert hat. 7.4.2 Paasche-Mengenindex Der Mengenindex nach Paasche verwendet die Preise der Berichtsperiode und ist definiert als p′t qt QP . (7.13) 0t = ′ pt q0 QP anderung des Wertes des Warenkorbs an, wobei zur Bewer0t gibt die Ver¨ tung die Preise der Berichtsperiode verwendet werden.
7.5 Umsatzindizes (Wertindizes) Definition Der Index W0t =
p′t qt p′0 q0
(7.14)
gibt die Ver¨ anderung des Wertes des Warenkorbs der Berichtsperiode im Verh¨ altnis zum Wert des Warenkorbs der Basisperiode an. Beispiel 7.5.1. Ein kleiner Kiosk f¨ uhrt zwei Sorten Zigaretten, eine Sorte Pfeifentabak und eine Sorte Zigarren. Der Besitzer vergleicht die Entwicklung des Warenkorbs von 1970 zu 1990. Er verwendet folgende Arbeitstabelle zur Berechnung der Indizes: Ware i 1 2 3 4
Preis p70 (i) p90 (i) 3 5 5 8 9 10 12 20
Menge q70 (i) q90 (i) 10 20 10 5 20 10 20 10 60 45
p′70 q70 p′70 q90 p′90 q70 30 60 50 50 25 80 180 90 200 240 120 400 500 295 730
p′90 q90 100 40 100 200 440
7.6 Verkn¨ upfung von Indizes
231
Preisindex nach Laspeyres L P0t =
730 p′90 q70 = 1.46 , = p′70 q70 500
Preisindex nach Paasche P P0t =
p′90 q90 440 = = 1.49 , p′70 q90 295
Mengenindex nach Laspeyres QL0t =
295 p′70 q90 = 0.59 , = p′70 q70 500
Mengenindex nach Paasche QP 0t =
440 p′90 q90 = 0.60 , = ′ p90 q70 730
Wert- oder Umsatzindex W0t =
p′90 q90 440 = 0.88 . = ′ p70 q70 500
Wenn wir die Tabelle genau betrachten, sehen wir, dass alle Preise angestiegen sind. Daraus geht hervor, dass beide Preisindizes gr¨oßer als Eins sein m¨ ussen, denn sie dr¨ ucken – jeweils zu den Mengen in den Jahren 1990 bzw. 1970 – die relative Preis¨ anderung aus. Analog aber umgekehrt verh¨alt es sich mit den Mengen. Sie sind bis auf Ware 1, die am preiswertesten ist, zur¨ uckgegangen. Demzufolge ist zu erwarten, dass die Mengenindizes durch den R¨ uckgang der Mengen kleiner als Eins sind. Der Wert- oder Umsatzindex von 0.88 bedeutet einen Umsatzr¨ uckgang. Dies h¨atte aber nicht allein aus der Tabelle abgelesen werden k¨ onnen, da steigende Preise und zur¨ uckgehende Mengen gegenl¨ aufig auf den Umsatz wirken.
7.6 Verknu ¨ pfung von Indizes Der Umsatz eines Gutes berechnet sich aus seinem Preis mal der umgesetzten Menge (Umsatz = Preis×Menge). F¨ ur die zugeh¨origen Indizes gilt dieser Zusammenhang – bis auf den Fall, dass wir nur ein Gut betrachten – nicht. Das heißt, f¨ ur den Preis- und Mengenindex eines Typs (Paasche oder Laspeyres) gilt im allgemeinen Umsatzindex = Preisindex × Mengenindex. ¨ Es gilt jedoch f¨ ur den Umsatzindex folgende Uberkreuzregel“ ”
232
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
p′t qt p′0 q0 p′ qt p′ qt = ′t · ′0 p0 qt p0 q0 = (Paasche-Preisindex) × (Laspeyres-Mengenindex)
W0t =
(7.15)
und p′t q0 p′t qt · p′0 q0 p′t q0 = (Laspeyres-Preisindex) × (Paasche-Mengenindex).
W0t =
(7.16)
Beispiel 7.6.1. Wir wollen die Verkn¨ upfung von Indizes mit den Daten aus Beispiel 7.5.1 demonstrieren. Die Beziehungen (7.15) und (7.16) lauten hier: (7.15)
W0t =
440 295 440 P · , · QL0t = = P0t 295 500 500
(7.16)
W0t =
440 730 440 L = P0t · QP · . 0t = 500 500 730
F¨ ur die jeweils gleichen Indextypen (Paasche bzw. Laspeyres) erhalten wir W0t =
440 440 440 · ,
= 295 730 500
Laspeyres: W0t =
440 730 295
= · . 500 500 500
Paasche:
Matrizensymbolik Die Konstruktion der verschiedenen Indizes kann man durch eine Matrixdarstellung anschaulich symbolisieren (vgl. Ferschl, 1985). Statt des allgemeinen Index t w¨ ahlen wir 1 f¨ ur die Berichtsperiode.
Preisindex nach Laspeyres
L P01
=
p′1 q0 p′0 q0
Preisindex nach Paasche
P = P01
p′1 q1 p′0 q1
Mengenindex nach Laspeyres
QL01 =
p′0 q1 p′0 q0
Mengenindex nach Paasche
QP 01 =
p′1 q1 p′1 q0
Umsatzindex
W01 =
p′1 q1 p′0 q0
p q 10 00
11 01
01 00
11 10
11 00
7.7 Spezielle Probleme der Indexrechnung
233
7.7 Spezielle Probleme der Indexrechnung Bei der Berechnung von Indizes u angere Zeitr¨aume k¨onnen Probleme ¨ber l¨ dadurch entstehen, dass bestimmte Waren durch andere substituiert werden. So kann der Trend zu ges¨ underer Ern¨ ahrung z. B. dazu f¨ uhren, dass weniger Schweinefleisch und daf¨ ur mehr Gefl¨ ugel konsumiert wird. Ein weiteres Problem bringen neu auf den Markt kommende Waren wie z. B. Personalcomputer mit sich, die in den Warenkorb Lebenshaltung“ von einem bestimmten ” Jahr ab einbezogen werden. Anmerkung. Die Methoden sind sehr detailliert in Ferschl (1985) dargestellt. Wir beschr¨ anken uns hier auf einige Kommentare und Beispiele. 7.7.1 Erweiterung des Warenkorbs Falls eine Ware zus¨ atzlich in einem Warenkorb ber¨ ucksichtigt werden soll, geht man bei der Berechnung von abge¨ anderten Preisindizes wie folgt vor (Ferschl, 1985, S. 163). Sei 0: der Basiszeitpunkt t′ : der Zeitpunkt der Einf¨ uhrung der neuen Ware. Man berechnet zun¨ achst den Index f¨ ur den urspr¨ unglichen Warenkorb mit n G¨ utern zum Zeitpunkt t′ , z. B. den Preisindex nach Laspeyres: L P0t ′ =
p′t′ q0 . p′0 q0
Danach setzt man die Ware (n + 1) mit Preisen pt′ (n + 1), pt′ +1 (n + 1) und Mengen qt′ (n + 1), qt′ +1 (n + 1) zur Berechnung des Index vom Zeitpunkt t′ zum Zeitpunkt t′ + 1 mit ein: PtL′ ,t′ +1 (erweitert) =
p′t′ +1 q0 + pt′ +1 (n + 1)qt′ (n + 1) . p′t′ q0 + pt′ (n + 1)qt′ (n + 1)
(7.17)
Da p0 (n + 1) und q0 (n + 1) nicht existieren, wird die Formel von Laspeyres f¨ ur 0 als Basisperiode dahingehend abgewandelt, dass man pt′ (n + 1) und qt′ (n + 1) verwendet. Der verkettete Index lautet schließlich L L L P0,t ′ +1 (verkettet) = P0,t′ Pt′ ,t′ +1 (erweitert) .
(7.18)
Beispiel 7.7.1. Eine Konfektionsfirma f¨ ur Damenkost¨ ume und Herrenanz¨ uge erweitert ihr bisheriges Produktionsprogramm um die Herstellung von Sportbekleidung (Trainingsanz¨ uge). In der folgenden Tabelle sind die Produktionsdaten zu den verschiedenen Zeitpunkten angegeben (St¨ uckzahl in 1 000).
234
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Periode t 0 1 2 3
Damenkost¨ ume pt qt 300 10 400 15 500 17 400 18
Herrenanz¨ uge pt qt 40 20 50 25 60 25 50 30
Trainingsanz¨ uge pt qt – – – – 300 10 400 20
F¨ ur den kleinen Warenkorb (Damenkost¨ ume und Herrenanz¨ uge) erhalten wir vom Zeitpunkt 0 auf Zeitpunkt 2 den Laspeyres-Preisindex: L P02 =
p′2 q0 500 · 10 + 60 · 20 = p′0 q0 300 · 10 + 40 · 20 6 200 = 1.6316 . = 3 800
¨ F¨ ur den Ubergang von Periode 2 auf 3 berechnen wir L P23 (erweitert) =
(400 · 10 + 50 · 20) + 400 · 10 p′3 q0 + p3 (3)q2 (3) = p′2 q0 + p2 (3)q2 (3) (500 · 10 + 60 · 20) + 300 · 10 5 000 + 4 000 9 000 = = = 0.9783 . 6 200 + 3 000 9 200
Damit gilt schließlich L P03 (verkettet) = 1.6316 · 0.9783 = 1.5962 .
Die folgenden Arbeitstabellen verdeutlichen noch einmal die Berechnungen. Wir erhalten die Indizes f¨ ur den kleinen Warenkorb: t 0 1 2
Warenkorb p′t q0 300 · 10 + 40 · 20 = 3 800 400 · 10 + 50 · 20 = 5 000 500 · 10 + 60 · 20 = 6 200
Index 1.0000 1.3158 1.6316
und die erweiterten Indizes f¨ ur den großen Warenkorb: t 2 3
Warenkorb p′t q0 + pt (3)q2 (3) 500 · 10 + 60 · 20 + 300 · 10 = 9 200 400 · 10 + 50 · 20 + 400 · 10 = 9 000
Index 1.0000 0.9783
7.7.2 Substitution einer Ware In der Praxis ersetzen sehr oft technische Neuerungen u ¨berholte Waren (wie z. B. Ersatz von Schwarzweiß- durch Farbfernseher), wobei die Substitution h¨ aufig mit anderen Mengen und Preisen verbunden ist. Man kann die Anpassung auf verschiedene Weise vornehmen. Eine M¨oglichkeit besteht darin, die Preisreihe der substituierten Ware mit der Preisreihe der alten Ware am Zeitpunkt der Auswechslung zu verketten (d. h. die Preise der neuen Ware an die Preise der substituierten Ware anzupassen) und den verketteten Index mit den konstanten Mengen des Warenkorbs zur Basisperiode zu berechnen.
7.7 Spezielle Probleme der Indexrechnung
235
Beispiel 7.7.2. Betrachten wir die folgende Situation, bei der wir annehmen, dass ab einem bestimmten Jahr im Warenkorb Schwarzweiß-Fernsehger¨ate durch Farbfernsehger¨ ate substituiert werden. Wir nehmen an, uns sei der folgende vereinfachte Warenkorb aus Radios und Fernsehger¨aten gegeben, wobei in der Periode 3 die Substitution stattfindet. Ab dieser Periode wird also mit einer Ware ‘Fernseher’ gerechnet, deren Preis durch proportionale Fortschreibung des Preises eines Schwarzweiß-Fernsehger¨ates zum Zeitpunkt der Substitution festgelegt wird.
Radios S.W.-TV Farb-TV
q0 (i) ×10 000 1 2 –
0 400 2 000 –
Perioden 2 3 Preise pt (i) 420 430 440 1 900 1 800 – – 3 000 3 500 1
4 450 – 4 200
Wir berechnen angepasste Preise, d. h., wir verwenden die Preissteigerungen f¨ ur Farbfernsehger¨ ate, um die Preise der alten Ware SchwarzweißFernsehger¨ ate fortzuschreiben. 3 500 = 2 100 3 000 4 200 p˜4 (S.W.-TV) = 1 800 · = 2 520 . 3 000
p˜3 (S.W.-TV) = 1 800 ·
Damit k¨ onnen wir mit dem alten Warenkorb weiterrechnen. Wir erhalten dann die verketteten Reihen
Radioger¨ ate TV Wert des Warenkorbs (× 10 000) L Preisindex P0t
q0 (i) ×10 000 1 2
0
1
2
3
4
400 2 000
420 1 900
430 1 800
440 2 100
450 2 520
4 400 1.000
4 220 0.959
4 030 0.916
4 640 1.055
5 490 1.248
7.7.3 Subindizes Warenk¨ orbe sind h¨ aufig sehr umfangreich. Betrachtet man den Warenkorb zur Berechnung des Preisindex f¨ ur die Lebenshaltung, so hat man z. B. die Aufteilung in die Unterwarenk¨ orbe (Subk¨ orbe) 1. Nahrungs- und Genussmittel, 2. Kleidung, Schuhe, 3. Miete, 4. Nebenkosten, 5. Dienstleistungen usw. Der Gesamtindex wird dann als gewogenes Mittel der Teilindizes berechnet, wobei als Gewichte z. B. die Ausgabenanteile in der Basisperiode gew¨ahlt werden.
236
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Beispiel 7.7.3. Ein Warenkorb bestehe aus zwei Subk¨orben, Korb I und Korb II. Die zugeh¨ origen Warenmengen sind q′I = (q1 , . . . , qm ) und q′II = (qm+1 , . . . , qn ). Die Laspeyres-Preisindizes f¨ ur die beiden Subk¨orbe lauten m L i=1 pt (i)q0 (i) , P0t (I) = m i=1 p0 (i)q0 (i) n pt (i)q0 (i) L P0t (II) = ni=m+1 . p i=m+1 0 (i)q0 (i) Der Gesamtumsatz zur Basisperiode ist U=
n
p0 (i)q0 (i).
(7.19)
i=1
Damit sind die Umsatzanteile bezogen auf die Basisperiode m p0 (i)q0 (i) I , w = i=1 U n p0 (i)q0 (i) . wII = 1 − wI = i=m+1 U
(7.20) (7.21)
Der Gesamtindex ist dann L L L P0t = wI P0t (I) + wII P0t (II) ,
(7.22)
denn es gilt n pt (i)q0 (i) L = ni=1 P0t p 0 (i)q0 (i) i=1 n m i=1 pt (i)q0 (i) + i=m+1 pt (i)q0 (i) = U m n L L P0t (I) i=1 p0 (i)q0 (i) + P0t (II) i=m+1 p0 (i)q0 (i) = . U Diese Formel bietet die M¨ oglichkeit, erst die Teilindizes der Subk¨orbe zu berechnen und sie dann zum Gesamtindex zu verkn¨ upfen. Beispiel 7.7.4. Die Produktion einer Konfektionsfirma wird untergliedert in die beiden Warenk¨ orbe I und II gem¨ aß folgender Tabelle (Mengen in 10 000 St¨ uck):
t 0 1 2 3
Korb I Damenkost¨ ume Herrenanz¨ uge pt qt pt q t 400 1 500 1 420 1 550 2 450 2 600 3 500 2 650 4
Korb II Trainingsanz¨ uge pt q t 300 1 320 1 340 2 360 2
7.8 Standardisierung von Raten und Quoten
237
Der Gesamtumsatz im Basisjahr ist die Summe der Ums¨atze von Korb I und Korb II. Er betr¨ agt U = (400 · 1 + 500 · 1) + (300 · 1) = 1200 . Die Umsatzanteile zum Basisjahr sind damit wI = (400 · 1 + 500 · 1)/1 200 = 0.75 f¨ ur Korb I und (300 · 1)/1 200 = 0.25 f¨ ur Korb II. Die Teilindizes sind: t 0 1 2 3
Korb I pt (i)q0 (i) 400 · 1 + 500 · 1 = 900 420 · 1 + 550 · 1 = 970 450 · 1 + 600 · 1 = 1 050 500 · 1 + 650 · 1 = 1 150
L P0t (I) 1.000 1.078 1.167 1.278
Korb II L pt (3)q0 (3) P0t (II) 300 1.000 320 1.067 340 1.133 360 1.200
Die Gesamtindizes f¨ ur die einzelnen Zeitpunkte sind damit: L P00 = 1.000 · 0.75 + 1.000 · 0.25 = 1.0000
L P01 = 1.078 · 0.75 + 1.067 · 0.25 = 1.0753 L P02 = 1.167 · 0.75 + 1.133 · 0.25 = 1.1585
L P03 = 1.278 · 0.75 + 1.200 · 0.25 = 1.2585
7.8 Standardisierung von Raten und Quoten In der Praxis hat man h¨ aufig das Problem, gleichartige Maßzahlen aus zwei (oder mehr) verschiedenen Erhebungen vergleichen zu m¨ ussen. Beispiele. • Arbeitslosenquote (alte und neue Bundesl¨ ander) • Sterberaten in verschiedenen L¨ andern • S¨ auglingssterblichkeit Industrie-/Entwicklungsl¨ander Der Vergleich setzt voraus, dass beide Erhebungen homogen bez¨ uglich aller anderen, die Maßzahl beeinflussenden Kovariablen sind. Dies ist jedoch h¨ aufig nicht der Fall, so dass man vor einem Vergleich diese Einfl¨ usse ‘herausrechnen’ muss. Diese Methode bezeichnet man als Standardisierung. Wir wollen die beiden gebr¨ auchlichsten Verfahren an einem Beispiel demonstrieren.
238
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Beispiel 7.8.1. Wir untersuchen die Altersabh¨angigkeit des Sterberisikos bei Rauchern und Nichtrauchern. Tabelle 7.3 gibt die absoluten H¨aufigkeiten von Nichtrauchern und Rauchern der Erhebung in der jeweiligen Altersgruppe an. Da neben dem Risikofaktor Rauchen auch das Lebensalter ein Risiko darstellt, ist zun¨ achst zu u ufen, ob die Subgruppen Raucher und Nicht¨berpr¨ raucher eine homogene Altersgruppenverteilung besitzen. Tabelle 7.3. Altersverteilung bei Nichtrauchern und Rauchern (Woolson, 1987) Altersgruppe 35–44 45–54 55–64 65–74 >75
Nichtraucher 35 200 15 100 214 000 171 000 8 490
Raucher 40 600 12 800 103 000 50 000 1 270
Wir vergleichen die empirischen H¨ aufigkeitsverteilungen des Merkmals ‘Lebensalter’ der beiden Gruppen Raucher und Nichtraucher und erhalten Tabelle 7.4. Die daraus resultierenden Werte der empirischen Verteilungsfunktionen sind in Tabelle 7.5 enthalten. Tabelle 7.4. Empirische H¨ aufigkeitsverteilungen des Lebensalters der beiden Gruppen Nichtraucher und Raucher Altersgruppe 35–44 45–54 55–64 65–74 > 75
Nichtraucher 0.0793 0.0340 0.4822 0.3853 0.0191
Raucher 0.1955 0.0616 0.4960 0.2408 0.0061
Tabelle 7.5. Empirische Verteilungsfunktionen des Lebensalters der beiden Gruppen Nichtraucher und Raucher (vgl. Abbildung 7.3) 35–44 45–54 55–64 65–74 > 75
Nichtraucher 0.0793 0.1133 0.5955 0.9808 1.0000
Raucher 0.1955 0.2571 0.7531 0.9939 1.0000
Differenz 0.1162 0.1438 0.1576 0.0131 0.0000
7.8 Standardisierung von Raten und Quoten
239
1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 35
45
55
65
75
Abb. 7.3. Empirische Verteilungsfunktionen des Lebensalters der beiden Gruppen Nichtraucher (durchgezogene Linie) und Raucher (gepunktete Linie)
Die grafische Umsetzung in Abbildung 7.3 ergibt, dass die empirische Verteilungsfunktion des Lebensalters in der Gruppe der Raucher oberhalb der Verteilungsfunktion in der Gruppe der Nichtraucher liegt. Dies bedeutet, dass die Raucher in den j¨ ungeren Altersgruppen relativ st¨arker vertreten sind als die Nichtraucher, d. h., die Raucher sind insgesamt relativ j¨ unger. Die Altersgruppenverteilungen sind also nicht homogen. In dem vorliegenden Beispiel interessiert die Frage: Ist die Sterberate bei ” Rauchern h¨ oher als bei Nichtrauchern?“ Einen ersten Hinweis liefern die rohen Sterbeziffern, die wir aus den in Tabelle 7.6 angebenen Todesf¨allen und der in Tabelle 7.3 angegebenen Altersverteilung ermitteln k¨onnen. Insgesamt sind 78 von 443 790 Nichtrauchern, aber 460 von 207 670 Rauchern verstorben, d. h., wir haben eine rohe Sterberate von 1.76 je 10 000 Nichtraucher und eine rohe Sterberate von 22.15 je 10 000 Raucher. Tabelle 7.6. Todesf¨ alle bei Nichtrauchern und Rauchern (Woolson, 1987) Altersgruppe 35–44 45–54 55–64 65–74 >75
Nichtraucher 0 0 25 49 4 78
Raucher 4 10 245 194 7 460
Aufgrund unserer bisherigen Betrachtungen kommen wir beim Vergleich ¨ von Nichtrauchern und Rauchern zu folgenden Uberlegungen:
240
• • • •
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
die H¨ aufigkeitsverteilungen der Altersgruppen sind verschieden, das Alter hat einen Einfluss auf die Sterberate, die Raucher in der Altersgruppe 35–44 sind zahlenm¨aßig u ¨berrepr¨asentiert, die Raucher in der Altersgruppe 65–74 sind zahlenm¨aßig unterrepr¨asentiert.
Damit entsteht die Frage nach einer m¨ oglichen Verzerrung in der Sterberate. Wie hoch ist also das tats¨ achliche Sterberisiko bei Rauchern, wenn man den Alterseffekt herausrechnet? Zur Adjustierung ungleich besetzter Subgruppen bez¨ uglich eines sogenannten Schichtungsmerkmals (im Beispiel: Altersgruppen) wurden zwei Methoden – die direkte und die indirekte Standardisierung – entwickelt. 7.8.1 Datengestaltung f¨ ur die Standardisierung von Raten Wir bezeichnen mit Schicht 1, . . . , K die verschiedenen Auspr¨agungen des Schichtungsmerkmals, mit rij = dij /nij die Rate der Gruppe i in der Schicht j und mit r0+ = d0+ /n0+ bzw. r1+ = d1+ /n1+ die rohe Rate in der Gruppe 0 bzw. Gruppe 1 (vgl. Tabelle 7.7). Tabelle 7.7. Daten der zu vergleichenden Gruppen Gruppe 0 Unter Risiko n01 n02 .. . n0K n0+
Gruppe 1 Unter Risiko n11 n12 .. . n1K n1+
Schicht
Ereignisse
Rate
Ereignisse
Rate
1 2 .. . K Summe
d01 d02 .. . d0K d0+
r01 r02 .. . r0K r0+
d11 d12 .. . d1K d1+
r11 r12 .. . r1K r1+
Zur Bereinigung von der Inhomogenit¨ at der Schichten bei beiden Gruppen konstruiert man eine Standardpopulation, deren H¨aufigkeiten und Raten zur Unterscheidung mit Großbuchstaben gekennzeichnet werden (Tabelle 7.8). Die Standard- oder Vergleichspopulation erh¨alt man entweder durch Vereinigung beider Gruppen (hier im Beispiel Raucher/Nichtraucher) oder als Population eines Landes oder Gebiets. Hierbei sind die Rj = Dj /Nj schichtspezifische Raten und R+ die rohe Rate. 7.8.2 Indirekte Methode der Standardisierung Die indirekte Methode der Standardisierung kommt zur Anwendung, wenn die nij klein oder die rij unbekannt sind, weil dij oder nij unbekannt sind.
7.8 Standardisierung von Raten und Quoten
241
Tabelle 7.8. Daten der Standardpopulation Schicht 1 2 .. . K
Ereignisse D1 D2 .. . DK D+
Unter Risiko N1 N2 .. . NK N+
Rate R1 R2 .. . RK R+ = D+ /N+
Man bestimmt die erwartete Anzahl von Ereignissen (im Beispiel Sterbef¨alle) in den beiden zu vergleichenden Gruppen nach den schichtspezifischen Raten der Standardpopulation: e0 =
K
Rj n0j
bzw.
e1 =
K
Rj n1j .
(7.23)
j=1
j=1
Dabei ist ei (i = 0, 1) die erwartete Anzahl der Ereignisse in der Gruppe i, wenn die schichtspezifischen Raten der Standardpopulation vorgelegen h¨atten. Somit erh¨ alt man die indirekt standardisierten rohen Raten S0 = R +
d0+ e0
bzw.
S1 = R +
d1+ . e1
(7.24)
Als weiteres Maß kann man die indirekt standardisierten Mortalit¨atsquotienten SMR0 =
d0+ e0
bzw.
SMR1 =
d1+ e1
(7.25)
betrachten, wobei SMR =
beobachtete Anzahl der Ereignisse erwartete Anzahl der Ereignisse
ist. Beispiel 7.8.2. (Fortsetzung von Beispiel 7.8.1). Als Standardpopulation w¨ahlen wir die Vereinigung der Gruppen Raucher und Nichtraucher (vgl. Tabelle 7.9). Wir berechnen die erwartete Anzahl von Sterbef¨allen in beiden Gruppen unter Annahme des Sterberisikos der Standardpopulation. F¨ ur die Nichtraucher erhalten wir e0 =
10 11 4 · 35 200 + · 15 100 + . . . + · 8 490 = 387.13 75 800 27 900 9 760
und analog f¨ ur die Raucher e1 =
4 10 11 · 40 600 + · 12 800 + . . . + · 1 270 = 150.87. 75 800 27 900 9 760
242
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Tabelle 7.9. Standardpopulation (Vereinigung von Rauchern und Nichtrauchern) 35–44 45–54 55–64 65–74 > 75
Ereignisse 4 10 270 243 11 538
unter Risiko 75 800 27 900 317 000 221 000 9 760 651 460
Raten Rj 0.00005 0.00036 0.00085 0.00110 0.00113 0.00083
Es gilt e0 +e1 = 538. Die Gesamtzahl von 78+460 = 538 Sterbef¨allen wird also durch indirekte Standardisierung durch Herausrechnen der unterschiedlichen Altersgruppenverteilung auf die beiden Gruppen neu aufgeteilt. F¨ ur die indirekt standardisierten Mortalit¨ atsquotienten erhalten wir SMR0 =
78 = 0.20 387.13
bzw.
SMR1 =
460 = 3.05 . 150.87
Daraus berechnen wir die indirekt standardisierten Raten S0 = 0.00083 · SMR0 = 0.00017 und S1 = 0.00083 · SMR1 = 0.00253 . Die beiden indirekt standardisierten Raten unterscheiden sich also betr¨achtlich: S1 Sterberate Raucher 0.00253 = 14.88 = . = S0 0.00017 Sterberate Nichtraucher H¨ atten wir nur die rohen Sterberaten in Beziehung gesetzt, so h¨atten wir Sterberate Raucher = Sterberate Nichtraucher
460 207 670 78 443 790
=
0.002215 = 12.60 0.000176
erhalten. Durch die Korrektur, d. h. durch die Ber¨ ucksichtigung der verschiedenen Altersverteilungen ist das Sterberatenverh¨altnis Raucher/Nichtraucher von 12.60 auf 14.88 gestiegen. Beispiel 7.8.3. Wir vergleichen zwei Gruppen (BWL- und VWL-Studenten) bez¨ uglich des Ereignisses ‘5 in der Statistikklausur’, d. h. bez¨ uglich des Ereignisses ‘Klausur nicht bestanden’. Als Schichtungsvariable w¨ahlen wir die Leistungen bzw. Vorkenntnisse in Mathematik mit den m¨oglichen Auspr¨agungen ‘Mathematik-Leistungskurs’, ‘Mathematik-Grundkurs mit Note 2 oder 3’ und ‘Mathematik-Grundkurs mit Note 4 oder 5’.
7.8 Standardisierung von Raten und Quoten
Mathe-Leistungskurs Mathe Grundkurs, Note 2 oder Mathe Grundkurs, Note 4 oder
Mathe-Leistungskurs Mathe Grundkurs, Note 2 oder Mathe Grundkurs, Note 4 oder
BWL Ereignisse d0j 5 3 10 5 20 35 VWL Ereignisse d1j 1 3 50 5 100 151
243
n0j 100 200 300 600
unter Risiko Rate r0j 0.050 0.050 0.067 35 r0+ = 600 = 0.058
n1j 10 100 200 310
unter Risiko Rate r1j 0.10 0.50 0.50 r1+ = 151 310 = 0.487
Das Verh¨ altnis beider Durchfallquoten vor Standardisierung ist VWL/BWL :
151/310 = 8.35 . 35/600
Wir w¨ ahlen als Standardpopulation die Vereinigung beider Gruppen Dj 6 60 120 186
Nj 110 300 500 910
Rj 6/110 60/300 120/500 R+ = 186 910 = 0.204
Die erwarteten Anzahlen von ‘F¨ unfern’ bei Annahme der Durchfallquote der Standardpopulation sind mit der Methode der indirekten Standardisierung 60 120 6 · 100 + · 200 + · 300 110 300 500 = 5.45 + 40 + 72 = 117.455
eBWL =
bzw. 60 120 6 · 10 + · 100 + · 200 110 300 500 = 0.545 + 20 + 48 = 68.545 .
eVWL =
Die standardisierten Mortalit¨ ats“-Quotienten lauten damit ” 35 SMRBWL = = 0.2980 117.455 151 SMRVWL = = 2.203 . 68.545
244
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Die indirekt standardisierten Raten sind dann 186 910 186 = 910
SBWL = R+ · SMRBWL = SVWL = R+ · SMRVWL
35 = 0.06091 117.455 151 · = 0.45027 . 68.545
·
Das Verh¨ altnis nach Standardisierung wird damit zu SVWL 0.45027 = 7.39 . = SBWL 0.06091 Nach Standardisierung bez¨ uglich der Schichtungsvariablen Vorkenntnisse in ” Mathematik“ verringert sich das Verh¨ altnis der Durchfallquoten VWL/BWL von 8.35 auf 7.39 . 7.8.3 Direkte Standardisierung Die direkt standardisierten Raten werden nach folgenden Formeln berechnet: T0 =
K Nj r0j N + j=1
bzw.
T1 =
K Nj r1j . N + j=1
(7.26)
T0 ist die rohe Sterberate in der Standardpopulation, wenn das Sterberisiko der Gruppe 0 zugrunde gelegt wird, T1 ist analog die rohe Sterberate in der Standardpopulation, wenn das Sterberisiko der Gruppe 1 zugrunde gelegt wird. Die Differenz T0 − T1 =
K Nj (r0j − r1j ) N+ j=1
(7.27)
misst den Unterschied in den Sterberaten der beiden Gruppen, projiziert auf die jeweils andere Gruppe als Standardpopulation. Beispiel 7.8.4. Wir berechnen nun in Fortsetzung von Beispiel 7.8.2 die direkt standardisierten Raten f¨ ur beide Subgruppen. Unter Zugrundelegung des Sterberisikos der Nichtraucher erhalten wir die rohe Sterberate der Standardpopulation 75 800 0 27 900 0 317 000 25 · + · + · 651 460 35 200 651 460 15 100 651 460 214 000 49 9 760 4 221 000 · + · + 651 460 171 000 651 460 8 490 = 0.00016
T0 =
und analog T1 = 0.00260 falls das Sterberisiko der Raucher zugrundegelegt wird. Zum Vergleich: in der Standardpopulation war die rohe Sterberate altnis der Mortalit¨atsrisiken als R+ = 0.00083. Damit erhalten wir das Verh¨
7.8 Standardisierung von Raten und Quoten
245
T1 0.00260 = 16.25 . = T0 0.00016 Nach Korrektur durch direkte Standardisierung erh¨oht sich das Sterberatenverh¨ altnis Raucher/Nichtraucher von 12.60 auf 16.25. Die Ergebnisse der indirekten und der direkten Standardisierung stimmen also im Trend aber nicht in den Korrekturen selbst u ¨berein. Beispiel 7.8.5. Die S¨ auglingssterblichkeit ist definiert als der Quotient Zahl der im ersten Lebensjahr gestorbenen Kinder × 1 000 . Zahl der Geburten im selben Jahr
Tabelle 7.10. S¨ auglingssterblichkeit in der Schweiz und in Quebec (AckermannLiebrich et al., 1986, S. 37) Geburtsgewicht 500 − 999g 1 000 − 1 499g 1 500 − 1 999g 2 000 − 2 499g > 2 500g
j 1 2 3 4 5
Schweiz Nj Rj N+ 0.729 0.002 0.248 0.005 0.070 0.010 0.019 0.037 0.002 0.946 1.000
Quebec n0j r0j n+ 0.6570 0.003 0.2100 0.005 0.0540 0.012 0.0156 0.043 0.0018 0.937 1.000
Nj · r0j N+ 0.001314 0.001050 0.000540 0.000577 0.001702 T0 =0.005183
Als Schichtung w¨ ahlt man das Geburtsgewicht. Die rohe Sterberate ist dann die S¨ auglingssterblichkeit/1 000. Die rohen Sterberaten der Schweiz und der kanadischen Provinz Quebec sollen miteinander verglichen werden. Die rohen Sterberaten sind mit den Werten in Tabelle 7.10: R+ = 0.0051 bzw. r0+ = 0.0063
(Schweiz als Standardpopulation) (Quebec) .
Damit erhalten wir f¨ ur die S¨ auglingssterblichkeit die Werte 5.10 f¨ ur die Schweiz und 6.30 f¨ ur Quebec. Bei direkter Standardisierung von Quebec auf die als Standardpopulation gew¨ ahlte Schweiz werden die Sterberaten von Quebec und die Schichtung des Geburtsgewichts in der Schweiz kombiniert, so dass wir die standardisierte Sterberate T0 = 5.18 (bezogen auf 1 000) erhalten. T0 ist also die an die Bedingungen der Schichtung der Schweiz angepasste rohe Sterberate von Quebec. Damit werden die Schweiz und Quebec bez¨ uglich der rohen Sterberate vergleichbar: 5.10 bzw. 5.18. Beispiel 7.8.6. Wir betrachten eine m¨ ogliche Strukturverschiebung in den Altersgruppen von einer Startpopulation zur Kontrollpopulation. Bei personen-
246
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
oder firmenbezogenen Langzeitstudien hat man typischerweise mit dem Ausfall von Einheiten (Drop-out) von der Startpopulation zur Kontrollpopulation zu rechnen. Liegt eine Kovariable vor (hier mit Gruppe bezeichnet), so h¨angt das Ergebnis davon ab, ob in der Kontrollpopulation Ver¨anderungen bez¨ uglich der Besetzungen der Gruppen gegen¨ uber der Startpopulation vorliegen, also ein nichtproportionaler Drop-out stattfand. Wir betrachten das folgende hypothetische Beispiel, dessen zugrundeliegende Daten in Tabelle 7.11 angegeben sind. Tabelle 7.11. Daten zum hypothetischen Beispiel 7.8.6 zweier Gruppen Standardpopulation Nj Gruppe N+ 1 0.10 2 0.10 3 0.20 4 0.20 5 0.40 1.00
Kontrolle nach 3 Jahren n0j Ereignisse d0j n0j r0j n+ 0.05 10 25 0.4 0.05 20 25 0.8 0.10 30 50 0.6 0.30 40 150 0.27 0.50 50 250 0.2 1.00 150 500 0.3 r0+ d0+
Die rohe Rate in der Kontrollpopulation ist r0+ = 0.3. Nach Korrektur auf die Gruppenverteilung der Startpopulation erhalten wir T0 = 0.4 · 0.1 + 0.8 · 0.1 + 0.6 · 0.2 + 0.27 · 0.2 + 0.2 · 0.4 = 0.374 . Mit dieser Rate muss gearbeitet werden, da sie den ungleichm¨aßigen Ausfall von Personen in den Gruppen korrigiert. Der Grund f¨ ur die Korrektur nach oben liegt darin, dass die Gruppen 1, 2 und 3 mit hohem Risiko in der Kontrollgruppe jeweils mit 50 % unterrepr¨asentiert sind im Vergleich zur Standardpopulation. Beispiel 7.8.7. Um die Wirkungsweise der direkten Standardisierung zu demonstrieren, betrachten wir das folgende extreme Beispiel, das die Daten in Tabelle 7.12 verwendet. Die Anwendung der direkten Standardisierung ergibt f¨ ur die Umrechnung der Gruppe 1 auf die als Standardpopulation verwendete Gruppe 0 T1 = r11 ·
n01 n02 + r12 · = 0.1 · 0.1 + 0.8 · 0.9 = 0.73 . n0+ n0+
Umgekehrt liefert die Umrechnung der Gruppe 0 auf die als Standardpopulation verwendete Gruppe 1 T0 = 0.8 · 0.9 + 0.1 · 0.1 = 0.73 .
7.9 Ereignisanalyse
247
In beiden Gruppen haben wir jeweils die Kombination von hohem Risiko (0.8) mit schwacher Besetzung (10 von 100) und von kleinem Risiko (0.1) mit hoher Besetzung (90 von 100). Damit f¨ uhrt die direkte Standardisierung in beiden F¨ allen zu u ¨bereinstimmenden Ergebnissen. Tabelle 7.12. Daten zu Beispiel 7.8.7 Schicht 1 2 Summe
d0j 8 9 17 d0+
n0j 10 90 100 n0+
0 r0j 0.8 0.1 0.17 r0+
n0j /n0+ 0.1 0.9 1.0
d1j 9 8 17 d1+
n1j 90 10 100 n1+
1 r1j 0.1 0.8 0.17 r1+
n1j /n1+ 0.9 0.1 1.0
Betrachten wir nun eine hypothetische Ver¨anderung der Gruppe 1 zu: d1j 16 1 17
n1j 90 10 100
1 r1j 0.17 0.1 0.17
n1j /n1+ 0.9 0.1 1.0
Damit erhalten wir f¨ ur die Gruppe 1 mit Gruppe 0 als Standardpopulation T1 = 0.17 · 0.1 + 0.1 · 0.9 = 0.11 bzw. unver¨ andert f¨ ur die Gruppe 0 mit Gruppe 1 als Standardpopulation T0 = 0.8 · 0.9 + 0.1 · 0.1 = 0.73 . Die ver¨ anderten Daten in Gruppe 1 haben wir erzeugt, indem wir • das Risiko in der ersten Schicht geringf¨ ugig auf 0.17 erh¨oht haben und • das Risiko in der zweiten Schicht, die in Gruppe 0 stark besetzt ist, von 0.8 auf 0.1 gesenkt haben. Durch die relativ geringf¨ ugig ver¨ anderten Ausgangsdaten f¨allt T1 drastisch von 0.73 (vor Ver¨ anderung) auf 0.11.
7.9 Ereignisanalyse 7.9.1 Problemstellung Eine statistische Erhebung kann als Querschnittanalyse die Werte von Merkmalen X, Y , . . . an Merkmalstr¨ agern zu einem definierten Zeitpunkt oder Zeitabschnitt registrieren. Bei einer L¨ angsschnittanalyse wird ein Merkmal
248
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
X u ¨ber die Zeit (Y ) beobachtet. Damit liegt ein zweidimensionales Merkmal (X, Y ) vor. Falls ein diskretes Merkmal X mit den Auspr¨agungen xi , i = 1, . . . , k Zust¨ ande beschreibt und das zweite Merkmal Y die Zeit zwischen Zustandswechseln (sogenannten Ereignissen) darstellt, heißt dieser spezielle Typ der L¨ angsschnittsanalyse auch Ereignisanalyse. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Zeit stetig gemessen wird. Die Ereignisanalyse wird – neben ihrem Hauptgebiet Medizin – zunehmend in Technik, Soziologie und Betriebsund Volkswirtschaft eingesetzt. Beispiele. • Zuverl¨ assigkeit von technischen Systemen (Lebensdauer von Gl¨ uhlampen, Lebensdauer von LKW-Achsen bis zur ersten Reparatur). Zust¨ ande: intakt/nicht intakt Ereignis: Ausfall der Gl¨ uhlampe bzw. der Achse • Lebensdauer von kleinen Regionalbanken Zust¨ ande: Fortbestand einer kleinen Bank ja/nein ¨ Ereignis: Ubernahme durch eine Großbank • Zuverl¨ assigkeit von zahnmedizinischen Implantaten Zust¨ ande: Funktionsf¨ ahigkeit ja/nein Ereignis: Extraktion Wird die Zeit nur diskret gemessen, so spricht man von einer zeitgestaffelten Erhebung. Die drei Erhebungstypen sind in Abbildungen 7.4 bis 7.6 beispielhaft f¨ ur das Merkmal X ‘Erwerbszustand einer Person’ dargestellt. In Abbildung 7.4 ist der augenblickliche Erwerbszustand einer Person dargestellt, es sind weder die Entwicklung vor Zeitpunkt t, noch die Dauer zu erkennen, seit der sich die betrachtete Person in dem Zustand befindet. Zustandsraum Arbeitslosigkeit 3. Beruf Krankheit 2. Beruf 1. Beruf Ausbildung Zeit t Abb. 7.4. Querschnittanalyse der beruflichen Entwicklung einer Person
7.9 Ereignisanalyse
249
Die zeitgestaffelte Untersuchung in Abbildung 7.5 bietet einen Einblick in die berufliche Entwicklung im Verlauf der Zeit. Es sind jedoch auch nur die Zust¨ ande zu erkennen, in der sich die betrachtete Person zu den vorgegebenen Zeitpunkten befindet. Zustandsraum Arbeitslosigkeit 3. Beruf Krankheit 2. Beruf 1. Beruf Ausbildung Zeit t1
t2
t3
t4
t5
t6
t7
Abb. 7.5. Zeitgestaffelte Untersuchung u ¨ber die berufliche Entwicklung einer Person
Abbildung 7.6 enth¨ alt im Gegensatz zu Abbildungen 7.4 und 7.5 zus¨atzlich auch die Information u ¨ber das Andauern der verschiedenen Zust¨ande. Zustandsraum Arbeitslosigkeit 3. Beruf Krankheit 2. Beruf 1. Beruf Ausbildung Zeit t1
t 2 t3
t4
t5 t6
t7
Abb. 7.6. Ereignisanalyse der beruflichen Entwicklung einer Person
250
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Die zeitstetige Erhebung bietet die gr¨ oßtm¨ogliche Information. Von speziellem Interesse sind zeitstetige Ereignisanalysen f¨ ur ein Merkmal X, das nur zwei Zust¨ ande x1 und x2 annehmen kann. Man bezeichnet diesen Spezialfall auch als Lebensdaueranalyse, da diese statistische Methode f¨ ur die Analyse der Sterblichkeit in einer Bev¨ olkerung entwickelt wurde. Das Merkmal X kann in dieser Anwendung die beiden Merkmalsauspr¨agungen x1 = 1 (verstorben) und X2 = 0 (nicht verstorben) annehmen. Wir wollen uns im folgenden auf die Lebensdaueranalyse konzentrieren. Bei Lebensdaueranalysen wird ein Studienende festgelegt. Bez¨ uglich eines ¨ Ereignisses (Ausfall der Gl¨ uhlampe, Ubernahme der kleinen Bank, Extraktion des Implantats) gibt es damit Einheiten, die zum Studienende noch ohne Ereignis sind. Ihre Verweildauer heißt zensiert. Auch die Verweildauer von Untersuchungseinheiten, die vor Studienende aus Gr¨ unden, die nicht notwendig mit der Untersuchung in Zusammenhang stehen, aus der Studie ausfallen, ist zensiert. Ziel der Lebensdaueranalyse ist es, alle Information zu nutzen, die von jeder Einheit entsprechend ihrer tats¨ achlichen Verweildauer in der Studie geliefert wird. Die Verweildauer als Zusatzinformation wirkt somit gewichtend auf die Ereignisse, die bei der Kontingenztafel-Analyse lediglich gez¨ahlt werden. Beispiel 7.9.1. Wir wollen an einem hypothetischen Beispiel die N¨ utzlichkeit der Lebensdaueranalyse demonstrieren. Wir nehmen an, dass wir zwei Therapien A und B f¨ ur eine Krankheit zur Verf¨ ugung haben. In einer Querschnittanalyse wird die folgende Tabelle der Sterblichkeit ermittelt. A B
verstorben 20 80
geheilt 80 20
gesamt 100 100
Auf den ersten Blick ist Therapie A der Therapie B vorzuziehen. Hat man zus¨ atzlich die Information, wann die Patienten nach Therapie A bzw. B verstorben sind, kann sich dieser Eindruck v¨ ollig verschieben. Nehmen wir folgenden Sachverhalt an: A B
verstorben 20 80
Zeit bis zum Tod 10 Tage 1 Jahr
Dann erscheint nat¨ urlich Therapie B weniger risikoreich als Therapie A. Die grafische Darstellung w¨ urde typischerweise wie in Abbildung 7.7 aussehen. 7.9.2 Grundbegriffe der Lebensdaueranalyse Die wesentliche Basis der Lebensdaueranalyse ist die Registrierung von Zustandswechseln zusammen mit den genauen Zeitpunkten der Zustands¨anderung, so dass die Zust¨ ande entsprechend ihrer Verweildauer gewichtet werden. Die Lebensdaueranalyse untersucht die Verteilung von Lebensdauern,
7.9 Ereignisanalyse
251
0.8
0.2
10 Tage
1 Jahr
Abb. 7.7. Verl¨ aufe bei Therapie A (durchgezogene Linie) und Therapie B (gepunktete Linie)
die zwischen einem Ausgangs- und einem definierten Zielzeitpunkt beobachtet werden. Neben den Zust¨ anden muss die Beobachtungseinheit festgelegt sein, z. B. Patient, Gl¨ uhlampe, LKW-Achse, kleine Bank. Die Beobachtungseinheit kann w¨ ahrend der Beobachtungszeit einen Zustandswechsel erfahren, wie zum Beispiel von intakt zu nicht intakt. Gemessen wird f¨ ur jede Beobachtungseinheit das Zeitintervall von einem Ausgangszeitpunkt bis zum Eintreten des Zielzustands. Der interessierende Zustand wird immer diskret gemessen. Die Zeit hingegen ist stetig. • Ausgangszeitpunkt: Eintritt der Beobachtungseinheit in die Untersuchung • Endzeitpunkt: Austritt der Beobachtungseinheit aus der Untersuchung • Verweildauer in einem Zustand: Zeitintervall bis zum Zustandswechsel Der einfachste Fall mit nur zwei definierten Zust¨anden und damit nur einem m¨ oglichen Zustandswechsel (Ein-Episoden-Fall) – die Lebensdaueranalyse – ist auf viele Probleme anwendbar und soll deswegen hier behandelt werden. Zur Veranschaulichung wird folgendes Beispiel verwendet. Beispiel 7.9.2. Wir untersuchen die Lebensdauer von Regionalbanken. Wir betrachten US-amerikanische Regionalbanken, die mit zwei Abwehrstrategien ¨ A bzw. B einer Ubernahme durch eine Großbank entgegenwirken wollen. Die Strategien lauten ¨ A: 90 % der Aktion¨ are m¨ ussen f¨ ur eine Ubernahme stimmen B: Wechsel in einen anderen Eintragungsstaat (mit besserem gesetzlichen Schutz). Ausgangszeitpunkt ist das Datum des Eintritts der jeweiligen Regionalbank in den Interessenverbund. Das Datum der letzten R¨ uckmeldung der Bank ist
252
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
¨ in 11 F¨ allen identisch mit dem Eintreten des Ereignisses (Ubernahme durch ¨ die Großbank). In den F¨ allen, in denen keine Ubernahme stattfand, ist das ¨ Uberleben der jeweiligen Regionalbank bis zur letzten Kontrolle erwiesen. Diese Beobachtungen sind durch das Untersuchungsende oder durch andere Gegebenheiten (Abbruch der Kontakte der Regionalbank zum Kooperationsverbund) zensiert. Die Zeit zwischen Eintritt und letztem Kontakt bzw. ¨ ¨ Ubernahme wird festgehalten (Epsioden). Banken ohne Ubernahme stehen nach Abschluss der Studie weiter unter Risiko. Da ihre Episoden nicht abgeschlossen wurden, sind diese Daten zensiert. F¨ ur die Banken mit Verlust der Eigenst¨ andigkeit sind die Episoden gleichzeitig die Verweildauern. ¨ 7.9.3 Empirische Hazardrate und Uberlebensrate Bei Lebensdaueranalysen sind drei Typen von Untersuchungseinheiten (z. B. Firmen, Patienten, Teilnehmer einer Umfrage etc.) zu unterscheiden: Solche, die (i) im Studienzeitraum ein Ereignis haben, (ii) zum Studienende nachweislich ohne Ereignis sind, (iii) im Studienzeitraum aus der Studie ausgefallen sind (aber aus Gr¨ unden, die nicht Gegenstand der Studie waren). Die Gruppen (ii) und (iii) heißen Untersuchungseinheiten mit zensierter Verweildauer (vgl. Abbildung 7.8).
(iii)
? (ii)
?
(i)
Start
Studienende
Abb. 7.8. (i) Untersuchungseinheit mit Ereignis, Zensierte Untersuchungseinheiten: (ii) Ausscheiden aus der Studie, (iii) zensiert durch Studienende
In Anlehnung an die Sterbetafel-Methode (grouped lifetable oder actuarial method), einem der klassischen Verfahren zur Analyse von Verweildauern, wird die Zeitachse in s Intervalle aufgeteilt: [t0 , t1 ) , [t1 , t2 ) , . . . , [ts−1 , ts )
(7.28)
7.9 Ereignisanalyse
253
wobei t0 = 0 und ts der letzte Beobachtungszeitpunkt ist. Die Intervalle m¨ ussen dabei nicht gleich lang sein. F¨ ur die Analyse liegen folgende Informationen vor: N = Anzahl der Untersuchungseinheiten dt = Anzahl der Ereignisse zum Zeitpunkt t wt = Anzahl der Zensierungen zum Zeitpunkt t. Entsprechend der Intervalleinteilung wird diese Information umgeformt zu: dk = Anzahl der Ereignisse im k-ten Intervall wk = Anzahl der Zensierungen im k-ten Intervall Rk = Anzahl der unter Risiko stehenden Einheiten zu Beginn des k-ten Intervalls. Die Anzahl Rk der zu Beginn des k-ten Intervalls unter Risiko stehenden Versuchseinheiten, d. h. aller Einheiten, die zu Beginn des Intervalls weder einen Zustandswechsel hatten noch zensiert sind, berechnet sich wie folgt: R1 = N ,
(7.29)
Rk = Rk−1 − dk−1 − wk−1
(k = 2, . . . , s) .
(7.30)
Das empirische Risiko f¨ ur ein Ereignis im k-ten Intervall – unter der Bedingung, dass es erreicht wurde – wird berechnet durch den Quotienten λk =
dk Rk −
wk . 2
(7.31)
λk heißt auch empirische Hazard-Rate. ¨ Bezeichnen wir mit pk die empirische Uberlebensrate f¨ ur das k-te Intervall (unter der Bedingung, dass das (k − 1)-te Intervall u ¨berlebt wird), so gilt pk = 1 − λ k .
(7.32)
¨ ¨ Die empirische Uberlebensrate f¨ ur das Uberleben des 1. bis k-ten Intervalls ist dann S(tk ) = pk · pk−1 · . . . · p1
= (1 − λk )(1 − λk−1 ) . . . (1 − λ1 ).
(7.33) (7.34)
S(tk ) heißt auch empirische Survivorfunktion. Dabei gilt folgende Rekursivformel S(tk ) = (1 − λk ) · S(tk−1 ).
(7.35)
Beispiel 7.9.3. In der Medizin wird die Gef¨ ahrlichkeit einer Krankheit u. a. durch Angabe ihrer Survivorfunktion in der Bev¨olkerung eingesch¨atzt. Wir betrachten folgendes Beispiel von Patienten mit Lungenkrebs und Hautkrebs. In der Tabelle 7.13 sind die Merkmale X mit den Auspr¨agungen x = 1 f¨ ur
254
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes Tabelle 7.13. Datenmatrix zum Beispiel 7.9.3 Patient-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
xi 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0
yi 1 2 3 3 5 6 6 6 7 8
zi 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
Patient-Nr. 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
xi 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1
yi 4 6 6 7 7 7 9 10 10 13
zi 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
‘Patient verstorben’, x = 0 f¨ ur ‘Patient zensiert’ und Y als ‘Zeit in Monaten bis zum Ereignis oder bis zur Zensierung’ sowie Z mit den Auspr¨agungen z = 1 f¨ ur ‘Lungenkrebs’ bzw. Z = 2 f¨ ur ‘Hautkrebs’ angegeben. Wir bestimmen z. B. f¨ ur die Gruppe mit Lungenkrebs (z = 1) die empirische Hazardrate: λ1 λ2 λ3 λ4 λ5
= = = = =
0 10−0/2 1 10−0/2 1 9−0/2 2 8−0/2 0 6−0/2
λ6 λ7 λ8 λ9
= = = =
1 6−0/2 1 5−2/2 0 2−1/2 0 1−1/2
(Intervalle: [0,1), [1,2), . . . , [8,9) Monate) Beispiel 7.9.4. (Fortsetzung von Beispiel 7.9.2). Wir wollen die Berechnung der Survivorfunktionen anhand der in Tabelle 7.14 angegebenen Werte demonstrieren. Wir betrachten Strategie A und w¨ahlen z. B. das dritte Intervall, d. h. den Zeitraum [12 Monate, 18 Monate). F¨ ur Strategie A haben wir im A = 3 Ereignisse und w = 0 Zensierungen, im zweiten ersten Intervall dA 1 1 A = 0. Damit stehen zu Beginn des dritten In= 0 und w Intervall sind dA 2 2 tervalls R3A = 11 Einheiten (Regionalbanken mit Strategie A) unter Risiko. Die empirische Hazard-Rate f¨ ur das dritte Intervall ist nach (7.31) λA 3 =
R3A
dA 1 3 = = 0.0952 . 11 − 1/2 − w3A /2
¨ Somit ist die empirische Uberlebensrate f¨ ur das dritte Intervall (vgl. (7.32)), nachdem es bereits erreicht wurde: A pA 3 = 1 − λ3 = 0.9048 . A F¨ ur die Intervalle 1 und 2 erhalten wir jeweils λA k = 0 bzw. pk = 1, da hier keine Ereignisse vorliegen, d. h. in diesen beiden Intervallen keine Banken ¨ mit Strategie A u f¨ ur das ¨bernommen wurden. Die empirische Uberlebensrate
7.9 Ereignisanalyse
255
¨ Uberleben des dritten Intervalls unter der Bedingung, dass das erste und das zweite Intervall u ¨berlebt wurden, ist dann (vgl. (7.35)) A S A (3. Intervall) = pA 3 · S (2. Intervall) = 0.9048 · 1 · 1 = 0.9048
¨ Tabelle 7.14. ‘Uberlebensdaten’ von 26 amerikanischen Regionalbanken in Halbjahresintervallen Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Strategie A A A B B B A B A A B A A
Dauer 1 1 1 1 1 1 3 3 3 4 4 4 5
Zensiert 1 1 1 1 0 1 1 1 0 0 0 1 0
Nr. 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26
Strategie B B A B B B A A B A A B A
Dauer 5 5 5 6 6 6 6 7 7 7 8 8 8
Zensiert 1 0 1 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0
Survival
Die grafische Darstellung der empirischen Survivorfunktionen in Abbil¨ dung 7.9 vermittelt einen Eindruck vom zeitlichen Verlauf der Uberlebensraten. Von besonderem Interesse sind solche Grafiken, wenn zwei oder mehr Gruppen gleichzeitig dargestellt werden. Es ist zu ersehen, dass Strategie B ¨ ein l¨ angeres ‘Uberleben’ sichert, Strategie B ist also ‘risikosenkend’.
1.0
.8
.6
.4
.2
Strategie B A
0.0 0
2
4
6
8
10
Abb. 7.9. Empirische Survivorfunktionen der 26 Banken mit Strategie A oder Strategie B
256
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
7.10 Aufgaben und Kontrollfragen Aufgabe 7.1: Gegeben sind folgende Preismesszahlen (einfache Indizes f¨ ur die Einfuhr von Roh¨ ol zur Basis 1981): Jahr 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 Preismesszahl 1.00 0.99 0.93 1.01 1.02 0.44 0.40 0.34 0.43 0.47 Berechnen Sie die entsprechenden Preismesszahlen zur Basis 1985. ¨ Aufgabe 7.2: Ein Unternehmen produziert drei G¨ uter A, B und C. Uber die Verkaufspreise und -mengen sind folgende Angaben bekannt: Gut Umsatzanteile im Jahr 1980 Preismesszahlen f¨ ur 1985 in %
A 10 % 120
B 30 % 130
C 60 % 150
Berechnen Sie den Preisindex nach Laspeyres (Basisjahr 1980, Berichtsjahr 1985). Aufgabe 7.3: Der Preisindex nach Laspeyres f¨ ur den Korb Wohnungsmieten ” und Energie“ kann aus den Subindizes f¨ ur Wohnungsmieten und Energie errechnet werden. Der Ausgabenanteil f¨ ur Wohnungen lag im Basisjahr 1985 bei 71 %. Der Subindex f¨ ur Wohnungsmieten zur Basis 1985 f¨ ur 1991 betr¨agt 117.3 %. Der Preisindex f¨ ur Wohnungsmieten und Energie f¨ ur 1991 zur Basis 1985 betr¨ agt 109.7 %. Wie ¨ andert sich der Gesamtindex f¨ ur Wohnungsmieten und Energie, wenn der Ausgabenanteil f¨ ur Wohnungsmieten im Basisjahr 1985 nur 50 % betragen w¨ urde? Aufgabe 7.4: Ein Gesch¨ aft vertreibt B¨ ucher und (bis zum Jahr 1988) Schallplatten. Der Umsatzanteil des Schallplattenverkaufs betrug im Jahr 1985 80 %. Von 1985 bis 1988 stiegen die Preise f¨ ur B¨ ucher um 10 % und f¨ ur Schallplatten um 5 % an. a) Die Preisentwicklung von 1985 auf 1988 soll f¨ ur das gesamte Warensortiment aus B¨ uchern und Schallplatten mit Hilfe eines Preisindex quantifiziert werden. Welche Versionen von Preisindizes k¨onnen mit den obigen Angaben berechnet werden? F¨ uhren Sie die Rechnung durch. b) Im Jahr 1988 betrug der (durchschnittliche) Preis einer verkauften Schallplatte 21 DM. Im selben Jahr stellt das Gesch¨aft den Verkauf von Schallplatten jedoch zugunsten von CDs ein. Die (durchschnittlichen) Preise f¨ ur CDs betrugen in den Jahren 1988 bis 1990: 28 DM, 24 DM und 32 DM. Die Preise f¨ ur B¨ ucher blieben in diesen Jahren stabil. Berechnen Sie f¨ ur die Jahre 1989 und 1990 jeweils den Preisindex des ver¨anderten Warensortiments zum Basisjahr 1985.
7.10 Aufgaben und Kontrollfragen
257
Aufgabe 7.5: Ein an Statistik interessierter Schokoladenfan notiert sich u ¨ber drei Wochen hinweg, wieviele Tafeln (zu je 100 g) der Marke weiß“ bzw. ” lila“ er konsumiert: ” Woche 1 Woche 2 Woche 3 weiß“ 2 3 4 ” lila“ 6 3 5 ” Die Preise je Tafel betragen 49 Pfennig f¨ ur weiß“ bzw. 79 Pfennig f¨ ur lila“ ” ” und bleiben in den drei Wochen konstant. Der Schokoladenfan m¨ochte einen Mengenindex f¨ ur seinen Schokoladenkonsum zur Basiswoche 1 berechnen. a) Berechnen Sie den Mengenindex nach Laspeyres f¨ ur die Wochen 2 und 3. b) Unterscheiden sich die Werte von Laspeyres- und Paasche-Index in diesem Beispiel? Begr¨ unden Sie Ihre Antwort. c) Zu welchem Ergebnis kommen Sie unter b), wenn Sie die Preisindizes vergleichen? Begr¨ unden Sie Ihre Antwort. Aufgabe 7.6: Im Jahr 1965 wurden f¨ ur Rindfleisch, Kartoffeln und Brot folgende Durchschnittspreise notiert: Rindfleisch (1 kg)
Kartoffeln (5 kg)
Brot (1 kg)
6.50 DM
1.85 DM
1.00 DM
Im Durchschnitt verbrauchte 1965 jeder B¨ urger 22 kg Rindfleisch, 120 kg Kartoffeln und 66 kg Brot. a) Im Jahr 1975 ergaben sich folgende Durchschnittspreise Rindfleisch (1 kg)
Kartoffeln (5 kg)
Brot (1 kg)
8.30 DM
3.30 DM
2.00 DM
Berechnen Sie einen geeigneten Preisindex f¨ ur diesen Warenkorb zur Basis 1965. b) Im Jahr 1985 kosten Schweineschnitzel, Kartoffeln und Brot im Durchschnitt Schweineschnitzel (1 kg)
Kartoffeln (5 kg)
Brot (1 kg)
30.00 DM
4.50 DM
3.00 DM
Berechnen Sie den Preisindex f¨ ur diesen Warenkorb zur Basis 1965, wenn 1975 1 kg Schweineschnitzel 25.00 DM gekostet hat. c) Berechnen Sie den passenden Preisindex, wenn Sie ber¨ ucksichtigen, dass 1985 je B¨ urger 20 kg Schweineschnitzel, 90 kg Kartoffeln und 58 kg Brot verbraucht wurden. Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem aus b).
258
7. Verh¨ altniszahlen und Indizes
Aufgabe 7.7: In einem Betrieb liege folgende Umsatzentwicklung vor: t qt Qt
0 100 1
1 150
2 300
3 400
4
5
a) Bestimmen Sie die Umsatzindizes. b) Zum Zeitpunkt 4 liege eine Steigerung der Indexzahl gegen¨ uber Zeitpunkt 3 um 10 %, zum Zeitpunkt 5 eine Senkung um 10 % gegen¨ uber Zeitpunkt 4 vor. Ist damit zum Zeitpunkt 5 der Zustand zum Zeitpunkt 3 wiederhergestellt? Aufgabe 7.8: Ein Student der Philosophie jobbt nebenbei als Taxifahrer. Er m¨ochte einen Preisvergleich und auch einen Mengenvergleich der wichtigsten Waren seines t¨ aglichen Bedarfs u ¨ber die letzten 5 Jahre hinweg anzustellen, um zu sehen wie sich der ‘Wert’ seines u ¨ber die Jahre gleich gebliebenen Nebeneinkommens entwickelt. Er stellt folgende Liste mit den wichtigsten Waren seines t¨ aglichen Bedarfs und ihrer Preise auf.
Miete (warm) Benzin in l Bier in l Zeitschriften (Zahl) Brot in kg Fleisch/Wurst (kg) Obst/Gem¨ use (kg) Zigarettenschachteln
Menge im Juli 1992
Menge im Juli 1997
1 120 32 10 8 7 14 30
1 200 46 16 4 5 9 10
Preis 1992 in DM je Mengeneinheit 560.− 1.40 1.30 8.− 1.80 13.80 1.70 4.−
Preis 1997 in DM je Mengeneinheit 580.− 1.10 1.60 5.− 3.20 15.80 2.40 5.−
F¨ uhren Sie einen Preis- und Mengenvergleich durch. Verwenden Sie f¨ ur ihre Berechnungen die Strukturen von 1997 und kommentieren Sie die Ergebnisse. Aufgabe 7.9: Familie Prollmann beschließt im Jahr 1999, die Entscheidung u ¨ber ihr Urlaubsgebiet auch anhand von Reisegeldparit¨aten zu treffen. Dies sind Preisvergleiche von Urlaubsl¨ andern – eine besondere Form von Kaufkraftparit¨ aten. Die Familienmitglieder stellen ihren Urlaubswarenkorb (f¨ ur 7 Tage und 4 Personen) mit f¨ unf repr¨ asentativen G¨ utern und Dienstleistungen zusammen. Anschließend ermitteln sie die Preise dieser G¨ uter und Dienstleistungen f¨ ur die beiden Urlaubsgebiete. Die folgende Tabelle enth¨alt neben diesen Informationen außerdem die Preise der G¨ uter und Dienstleistungen des Warenkorbs am Heimatort der Familie.
7.10 Aufgaben und Kontrollfragen
Gut
Menge in jeweiligen Einheiten Wiener Schnitzel (St¨ uck) 28 Deutsches Bier (0.5 l) 56 Postkarte incl. Porto (St¨ uck) 12 Folkloreveranstaltung (Anzahl) 1 Unterkunft im Hotel (Anzahl) 1
259
Preis je Mengeneinheit Italien Frankreich Heimatort (in Lit) 22 000 2 000 800 90 000 2 000 000
(in FF) 55.00 5.00 3.50 500.00 8 500.00
(in DM) 10.00 0.70 1.10 100.00 2 700.00
a) Berechnen Sie die Kosten des Urlaubswarenkorbs am Heimatort sowie in den beiden Urlaubsl¨ andern. Welche Informationen erh¨alt man, wenn man die Kosten f¨ ur jeweils zwei L¨ ander zueinander in Beziehung setzt? b) F¨ ur welches Urlaubsland wird sich die Familie entscheiden, wenn 1 000 italienische Lire 1.40 DM und 100 franz¨ osische Francs 33 DM kosten?
8. Fehlende Daten
Zu Beginn wollen wir einen kleinen R¨ uckblick auf das erste Kapitel (Grundlagen) machen. Wir erinnern uns, dass dort ein Kernsatz lautete: Je h¨oher ” die Qualit¨ at der erhobenen Daten ist, desto besser sind die Chancen f¨ ur eine aussagekr¨ aftige statistische Analyse“. Dabei hatten wir sehr viel Wert gelegt auf die Planung vor einer Datenerhebung in einer Studie oder in einem Experiment (Auswahl der geeigneten Untersuchungseinheiten, Festlegung der zu erhebenden Merkmale). In der Praxis taucht nun h¨aufig das Problem auf, dass trotz aller Bem¨ uhungen bei der Erhebung der Daten die Auspr¨agungen eines oder mehrerer Merkmale an einigen, oft auch an vielen Untersuchungseinheiten, nicht erhoben werden konnte. Wir sind also nach Erhebung der Daten in der Situation, die wahren Merksmalsauspr¨agungen nicht immer beobachtet zu haben. Allerdings kommt es nicht immer ungewollt zu fehlenden Daten. Es kann auch der Fall auftreten, dass Daten per Design, also geplant fehlen. Beispielsweise sind in Frageb¨ ogen oftmals Verzweigungen eingebaut, die dazu f¨ uhren, dass bestimmte Fragen nur dann beantwortet werden sollen, wenn eine andere Frage zuvor mit einer bestimmten Merkmalsauspr¨agung beantwortet wurde. Als triviales Beispiel diene die Frage nach Anzahl und Alter der Kinder, die nur dann sinnvoll beantwortet werden kann, wenn die Frage Haben ” Sie Kinder?“ zuvor mit ja“ beantwortet wurde. Wir werden geplantes oder ” systematisches Fehlen allerdings nicht n¨ aher behandeln. In den fogenden Abschnitten 8.1 und 8.2 werden wir uns mit dem ungeplanten Fehlen von Daten besch¨ aftigen.
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals Im Folgenden wollen wir das Problem fehlender Daten zun¨achst durch univariate Betrachtungen anhand eines einf¨ uhrenden Beispiels erl¨autern. Beispiel 8.1.1. Ein Unternehmen, welches davon u ¨berzeugt ist, dass motivierte und zufriedene Mitarbeiter wichtig f¨ ur den Erfolg des Unternehmens sind, f¨ uhrt eine schriftliche, anonyme Befragung seiner Mitarbeiter hinsichtlich der Zufriedenheit am Arbeitsplatz durch. Eines der erhobenen Merkmale lautet:
262
8. Fehlende Daten
Sind Sie mit Ihrer Situation im Unternehmen eher zufrieden oder eher unzu” frieden?“ Es handelt sich dabei also um ein diskretes, genauer gesagt bin¨ares Merkmal mit zwei m¨ oglichen Merkmalsauspr¨ agungen: eher zufrieden“ oder ” eher unzufrieden“. Von den 500 Mitarbeitern antworteten 240 eher zufrie” ” den“, 150 eher unzufrieden“, aber 110 Mitarbeiter machten keine Angabe. ” Typischerweise w¨ urde man die Datenverdichtung durch Prozentangaben vornehmen. Als grafische Darstellung k¨ ame ein Balken- oder Kreisdiagramm in Frage. Eine einfache M¨ oglichkeit ist, eine zus¨ atzliche Kategorie keine An” gabe“ einzuf¨ uhren und in die deskriptive Analyse einzubeziehen. Statistische Programmpakete dagegen ignorieren in der Grundeinstellung meist die fehlenden Daten. In SPSS erh¨ alt man zun¨ achst das Balkendiagramm wie in Abbildung 8.1, wenn man Prozentzahlen (statt absoluter H¨aufigkeiten) w¨ahlt.
Abb. 8.1. Zufriedenheit mit der Situation im Unternehmen, fehlende Daten werden ignoriert (Beispiel 8.1.1)
Eine vorschnelle Aussage erg¨ abe daher das Bild, dass mehr als 60% der Mitarbeiter eher zufrieden“ mit ihrer Situation sind. Dieses Ergebnis ergibt ” sich, wenn man die 110 fehlenden Angaben ignoriert und stattdessen mit der verringerten Datenbasis von 390 (240+150) beobachteten Antworten arbeitet. Dann ergibt sich gerade, dass 240 von 390, also 61.5% der Mitarbeiter, welche eine Antwort gaben, eher zufrieden“ sind, w¨ahrend 150 von 390, also ” 38.5% der Mitarbeiter, welche eine Antwort gaben, eher unzufrieden“ sind. ” W¨ahlt man dagegen die zus¨ atzliche Option, dass fehlende Werte als eigene Kategorie behandelt werden, erh¨ alt man das Balkendiagramm in Abbildung 8.2.
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
263
Abb. 8.2. Zufriedenheit mit der Situation im Unternehmen, fehlende Daten werden als eigene Kategorie dargestellt (Beispiel 8.1.1)
Die Prozentzahlen betragen jetzt • 240 von 500, also 48% f¨ ur • 150 von 500, also 30% f¨ ur • 110 von 500, also 22% f¨ ur
eher zufrieden“ ” eher unzufrieden“ ” keine Angabe“ ” Als Nebeneffekt ergibt sich dabei, dass sich die Differenz der Prozente von eher zufrieden“ und eher unzufrieden“ von 23% (61.5%-38.5%, Ignorieren ” ” der fehlenden Daten) auf 18% (48%-30%) verringert (Ber¨ ucksichtigung der fehlenden Daten). Wir stellen also fest, dass eine Analyse, die sich allein auf die vollst¨andig beobachteten Daten st¨ utzt, zu Ergebnissen f¨ uhren kann, die sich stark von denen unterscheiden, welche die fehlenden Daten ber¨ ucksichtigen. Fehlende Daten f¨ uhren also zu einem Informationsverlust. Das Unternehmen oder der mit der Auswertung beauftragte Statistiker wird mit der bisherigen Analyse sicher nicht zufrieden sein. Beide k¨ onnten beispielsweise folgende Fragen stellen: • Warum haben 110 Mitarbeiter nicht geantwortet? • K¨ onnte die Nichtantwort mit der Zufriedenheit in Beziehung stehen? • Haben vielleicht besonders unzufriedene Mitarbeiter nicht geantwortet, weil sie zum Beispiel der Aussage, dass die Erhebung anonym sei, nicht vertraut haben oder einfach keine Lust hatten zu antworten? • Waren diese 110 Mitarbeiter zu sehr mit ihren Aufgaben besch¨aftigt und empfanden die Umfrage als st¨ orend, weil zeitraubend? Das w¨ urde vielleicht bedeuten, dass besonders engagierte Mitarbeiter (die dann sicher auch eher zufrieden“ sind) nicht geantwortet haben. ”
264
8. Fehlende Daten
• Wurden Mitarbeiter schlicht vergessen, also die Umfrage trotz aller Bem¨ uhungen nicht ordentlich durchgef¨ uhrt oder wurden Mitarbeiter nicht erreicht, weil sie beispielsweise gerade im Aussendienst t¨atig waren? Es ist typisch f¨ ur diese Art von Fragen oder Vermutungen, dass sie sich alle auf die eigentliche Fragestellung der Untersuchung beziehen, welche man durch die Erhebung gerade beantworten wollte und nun aber mit den verf¨ ugbaren Daten nicht ohne weitere Annahmen, die vor der Erhebung nicht in Betracht gezogen wurden eindeutig beantworten kann. In der Sprache der Statistik bedeutet das, dass wir, allerdings oft nicht u ¨berpr¨ ufbare, Annahmen u ¨ber den sogenannten Fehlendmechanismus treffen m¨ ussen, um dem durch die fehlenden Daten entstandenen Informationsverlust zu begegnen. Der Fehlendmechanismus wird dabei durch Wahrscheinlichkeitsaussagen formuliert, was aber Gegenstand der induktiven Statistik ist. Daher wollen wir im Folgenden einen intuitiven Zugang verfolgen. 8.1.1 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein bin¨ ares Merkmal Im Folgenden beschr¨ anken wir uns zun¨ achst auf ein bin¨ares Merkmal, wobei wir das Beispiel 8.1.1 weiter analysieren wollen. Best Case und Worst Case Analyse. Eine einfache M¨oglichkeit f¨ ur ein diskretes univariates Merkmal wie in unserem Beispiel 8.1.1 ist die Betrachtung der extremen F¨ alle. Beispiel 8.1.2 (Fortsetzung von 8.1.1). Eine Best Case Anlayse im Sinne unseres Unternehmens liegt dann vor, wenn wir annehmen, dass alle 110 Mitarbeiter, die nicht geantwortet haben, eher zufrieden“ sind. Dies w¨ urde zum ” maximal erreichbaren Wert von (240+110) von 500, also 70% zufriedenen Mitarbeitern f¨ uhren. Analog f¨ uhrt eine im Sinne des Unternehmens worst case Analyse zu einem minimalen Anteil von eher zufriedenen“ Mitarbeitern, ” wenn wir annehmen, dass alle 110 Mitarbeiter, die nicht geantwortet haben, eher unzufrieden“ sind. In diesem Fall sinkt der Anteil eher zufriedener“ ” ” Mitarbeiter auf 240 von 500, also 48% und entspricht damit dem Wert, den wir auch bei unserer Analyse mit Einf¨ uhrung einer eigenen Kategorie f¨ ur die fehlenden Daten erhalten haben. Wir erhalten also ein Intervall [48%, 70%], indem sich der wahre Anteil eher zufriedener“ Mitabeiter bewegen muss ” (nat¨ urlich nur, sofern alle, die geantwortet haben, wahrheitsgem¨aß geantwortet haben!) Eine mathematische“ Formulierung des Problems. Wir wollen nun ” versuchen, das Problem etwas formaler zu behandeln. Wir kodieren das bin¨are Merkmal so, dass es entweder die Auspr¨ agung 0 oder die Auspr¨agung 1 annehmen kann. Beispiel 8.1.3 (Fortsetzung von 8.1.1). Wir definieren das bin¨are Merkmal X, so dass
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
xi =
265
1 wenn der Mitarbeiter i eher zufrieden“ ist ” 0 wenn der Mitarbeiter i eher unzufrieden“ ist . ”
W¨ aren die Daten vollst¨ andig, so w¨ urden wir durch 500
f1 = x ¯=
1 xi 500 i=1
gerade den Anteil (relative H¨ aufigkeit) f1 der eher zufriedenen“ Mitarbeiter ” erhalten. Da aber 110 Mitarbeiter nicht geantwortet hat, erhalten wir 390 110 1 m o x x + ¯= f1 = x 500 i=1 i i=1 i 110 1 m = 240 + xi 500 i=1 110
= 0.48 +
1 m x , 500 i=1 i
wobei die Superskripte o und m f¨ ur observed, also beobachtet und missing, also fehlend stehen. Jedes der xm i kann dabei entweder 1 oder 0 sein, allerdings kommt es nur auf die Anzahl der xm i an, die 1 bzw. 0 sind. Damit kann 110 m x ohne weitere Annahmen jeden ganzzahligen Wert in der Menge i=1 i {0, 1, . . . , 110} annehmen. Der Anteil f kann indiesem Fall jeden Wert in 1 1 110 0 annehmen. Abbildung 8.3 , 0.48 + 500 , . . . , 0.48 + 500 der Menge 0.48 + 500 veranschaulicht den Sachverhalt (wobei die diskreten Punkte durch eine Linie verbunden wurden und sich daher eine Gerade ergibt). Diese Art der Darstellung erlaubt uns also, jede m¨ogliche Aufteilung der nichtantwortenden Mitarbeiter in eher zufriedene“ und eher unzufriedene“ ” ” Mitarbeiter zu betrachten. Verwendung von Vorwissen. Haben wir beispielsweise Vorwissen aus fr¨ uheren Umfragen, so l¨ aßt sich dieses zusammen mit der Darstellung des vorhergehenden Abschnitts benutzen, um korrigierte Anteile zu berechnen, die n¨ aher an der Wirklichkeit“ sind als die Berechnungen basierend auf den ” vollst¨ andig beobachteten Daten. Beispiel 8.1.4 (Fortsetzung von 8.1.1). Wenn wir wissen, dass der Anteil der eher unzufriedenen“ Mitarbeiter bei den nichtantwortenden Mitarbeitern ” sehr hoch ist, etwa um die 90%, dann k¨ onnen wir den tats¨achlichen Anteil eher zufriedener“ Mitarbeiter wie folgt bestimmen: der Anteil eher zufrie” ” dener“ Mitarbeiter bewegt dann im Bereich um (240 + (1 − 0.9) · 110) von 500, also 50%.
266
8. Fehlende Daten
0.70
f1
0.65 0.60 0.55 0.50 0
20
40
60
80
100
∑ xmi Abb. 8.3. M¨ ogliche Anteile f1 der eher zufriedenen“ Mitarbeiter in Abh¨ angigkeit ” von der unbekannten Anzahl eher zufriedener“ Mitarbeiter in der Gruppe der 110 ” nichtantwortenden Mitarbeiter (Beispiel 8.1.1)
Ersetzung fehlender Werte unter der Annahme zuf¨ alligen Fehlens. Eine weitere Idee besteht darin, f¨ ur die fehlenden Werte Ersatzwerte zu verwenden, oder wie wir sagen, die fehlenden Werte zu imputieren. Im Prinzip wurde dies auch in den beiden vorangegangenen Abschnitten so gehandhabt: die Best (Worst) Case Analyse ist ¨ aqivalent dazu, alle fehlenden xm i ausschliesslich durch Einsen (Nullen) zu ersetzen. Im letzten Abschnitt haben wir untersucht, welche Werte f1 bei Ersetzung durch eine variable Anzahl von Einsen und Nullen annehmen kann. Wir wollen nun die Annahme treffen, dass die Werte zuf¨ allig fehlen. Wie interpretiert man das in unserem Beispiel 8.1.1? Beispiel 8.1.5 (Fortsetzung von 8.1.1). Wir interpretieren hier zuf¨allig“ da” hingehend, dass sich unter den nichtantwortenden 110 Mitarbeitern im gleichen Verh¨ altnis eher zufriedene“ und eher unzufriedene“ Mitarbeiter be” ” finden wie bei den 390 Mitarbeitern, die geantwortet haben. Diese Annahme w¨ are beispielsweise verletzt, wenn u ¨berwiegend eher unzufriedene“ Mitar” beiter die Antwort verweigern. In Zahlen: wir gehen davon aus, dass auch von den 110 Mitarbeitern in etwa 61.5%, also ungef¨ahr 68 Mitarbeiter eher ” zufrieden“ sind und 42 eher unzufrieden“, wobei eine gewisse Streuung er” laubt ist (dies genau zu quantifizieren ist allerdings Aufgabe der induktiven Statistik). Ersetzen wir zum Beispiel zwischen 58 und 77 der fehlenden Wer-
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
267
te durch Einsen, also durch eher zufriedene“ Mitarbeiter, erhalten wir einen ” Anteil zwischen (gerundet) 60% und 63% eher zufriedener“ Mitarbeiter. ” Ersetzung fehlender Werte durch Lagemaße. Eine oft vorgeschlagene Methode ist, die fehlenden Werte durch Lagemaße, berechnet mit den vollst¨ andigen Daten, zu ersetzen. Hierbei kommen, je nach Skalenniveau, Modus, Median und arithmetisches Mittel in Frage. Wir wollen dazu wieder unser Beispiel betrachten. Beispiel 8.1.6 (Fortsetzung von 8.1.1). Da ein bin¨ares Merkmal vorliegt, liefern Modus und Median (wir k¨ onnen unser Merkmal Zufriedenheit“ als or” dinal betrachten), angewendet auf die beobachteten Daten, hier das gleiche Ergebnis. Den 240 eher zufriedenen“ Mitarbeitern stehen 150 eher unzu” ” friedene“ Mitarbeiter gegen¨ uber. Damit gilt: x ¯M = 1
x ˜0.5 = 1 .
Ersetzen wir damit alle fehlenden Werte, erhalten wir gerade das Ergebnis der Best Case Analyse aus Abschnitt 8.1.1. Die Verwendung des arithmetischen Mittels, also in diesem Fall der relativen H¨ aufigkeit x ¯ = f1 = 240/390 als , f¨ u hrt dazu, dass die vervollst¨andigten Ersetzungswert f¨ ur alle fehlenden xm i Daten exakt die gleiche relative H¨ aufigkeit f1∗ besitzen wie die beobachteten Daten: 390 110 1 1 m ∗ o (240 + 110f1 ) xi f1 = xi + = 500 i=1 500 i=1
240 · 390 + 110 · 240 1 240 1 = 240 + 110 · = 500 390 500 390
240 · (390 + 110) 240 240 1 1 · 500 = = = 500 390 500 390 390 = f1 Problem der Varianzuntersch¨ atzung bei Verwendung des arithmetischen Mittels. An dieser Stelle wollen wir zeigen, dass die Verwendung des arithmetischen Mittels zu einer Untersch¨ atzung der Variabilit¨at in den Daten f¨ uhrt. andig beobachteten Daten ist: Die Varianz s2 bei Verwendung der vollst¨ 390
2 240 1 1 s2 = 240 − 390 · (xo )2 − 390 · f12 = 390 i=1 i 390 390
2 240 240 − = = f1 − f12 = f1 (1 − f1 ) 390 390 = 0.237 . Dabei haben wir ausgenutzt, dass f¨ ur die bin¨aren, 0/1–kodierten Variablen xi gilt: x2i = xi . Wir bemerken ausserdem das Ergebnis, dass s2 = f1 (1 − f1 ).
268
8. Fehlende Daten
Dagegen ergibt sich f¨ ur die Varianz s2∗ der vervollst¨andigten Daten wegen ∗ f1 = f1 und der Ersetzung der xm i durch f1 : ⎞ ⎛ s2∗ =
⎜ 390 ⎟ 110 ⎟ 1 ⎜ 2⎟ ⎜ (xoi − f1 )2 − (f − f ) 1 1 ⎟ ⎜ 500 ⎝ i=1 ⎠ i=1 $ %& ' =0
390
2 1 240 1 o 2 2 = (x ) − 390 · f1 = 240 − 390 · 500 i=1 i 500 390
= 0.185 .
Wichtig ist anzumerken, dass diese Varianz kleiner ist, als alle Varianzen, die sich durch alle m¨ oglichen Aufteilungen der 110 fehlenden Werte in Einsen und Nullen ergeben w¨ urden. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 8.4 veranschaulicht. Da f1 (1 − f1 ) ≤ 0.25 f¨ ur 0 ≤ f1 ≤ 1 und f1 (1 − f1 ) = 0.25 genau dann wenn f1 = 0.5, wird das Maximum im Beispiel erreicht, wenn 10 der 110 nichtantwortenden Mitarbeiter zu den eher zufriedenen“ Mitarbeitern ” zugeordnet werden (dann ist f1 = 250/500 = 0.5). Die minimale Varianz wird erreicht, wenn alle 110 nichtantwortenden Mitarbeiter den eher zufriedenen“ ” Mitarbeitern zugeordnet werden (dann ist f1 = 0.7 und f1 (1 − f1 ) = 0.21). Bemerkung: Bei Verwendung des Modus oder des Medians erh¨alt man gerade die minimal m¨ ogliche Varianz von 0.21. Zuammenfassung. Wir wollen die Resultate der vorangegangenen Abschnitte f¨ ur ein bin¨ ares Merkmal bez¨ uglich der relativen H¨aufigkeit der Eins“ ” (ohne wesentliche Einschr¨ ankung: man k¨ onnte auch alles mit der relativen H¨ aufigkeit der Null“ formulieren) kurz zusammenfassen: ” • Das Ignorieren fehlender Daten f¨ uhrt zu Informationsverlust. • Die Bestimmung der relativen H¨ aufigkeit mittels der vollst¨andigen Daten kann irref¨ uhrend sein. • Die relative H¨ aufigkeit nimmt ohne weitere Annahmen keine eindeutige Zahl mehr an, sondern kann in einem Bereich (Intervall) liegen. Die Intervallgrenzen werden durch das best und worst case Szenario bestimmt. • Durch zus¨ atzliche Annahmen kann eine Pr¨ azisierung erreicht werden. Allerdings ist immer zu beachten, dass die Annahmen nicht aus den Daten abgeleitet werden k¨ onnen, sondern als zus¨ atzliche Information (Vorwissen) benutzt werden. Dies gilt sowohl f¨ ur die Annahme, dass die Daten zuf¨allig fehlen, als auch f¨ ur die Annahme, dass sich die Anteile in der Gruppe der Nichtantworter anders verhalten als in der Gruppe der Antworter. • Die Ersetzung fehlender Werte durch das arithmetische Mittel f¨ uhrt zu falschen Ergebnissen f¨ ur die Varianz. Die Varianz ist kleiner als alle Varianzen, die sich durch alle m¨ oglichen Aufteilungen der fehlenden Werte in Einsen und Nullen ergeben w¨ urden. Beim Modus und Median ergibt sich eine Varianz, die sich auch bei vollst¨ andigen Daten ergeben k¨onnte.
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
269
0.24 Varianz
0.22 0.20 0.18 0.16 0
20
40
60
80
100
∑ xmi Abb. 8.4. M¨ ogliche Varianzen in Abh¨ angigkeit von der unbekannten Anzahl eher ” zufriedener“ Mitarbeiter in der Gruppe der 110 nichtantwortenden Mitarbeiter, die horizontale Linie ist die Varianz bei Ersetzung durch das arithmetische Mittel (Beispiel 8.1.1)
8.1.2 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein nominales Merkmal Hier k¨ onnen die Ergebnisse aus Abschnitt 8.1.1 sinngem¨aß u ¨bertragen werden. Zu beachten ist allerdings, dass die Verwendung des Medians und des arithmetischen Mittels f¨ ur nominale Merkmale nicht angemessen ist. Als Beispiel f¨ ur ein nominales Merkmal sei an die Variable Verkehrsmittel“ unserer ” Studentenbefragung in Kapitel 1 erinnert. Als grafische Darstellung bietet sich wiederum ein Balken– oder Kreisdiagramm an, welches um die zus¨atzliche Kategorie Fehlende Angabe“ erweitert wird. ” Sodann lassen sich verschiedene Szenarien durchspielen, etwa wie sich die Anteile ver¨ andern, wenn alle fehlenden Daten einer bestimmten Merkmalsauspr¨ agung zugeschlagen werden, zum Beispiel der modalen Auspr¨agung in den beobachteten Daten. So kann man wieder Grenzen f¨ ur die Anteile bestimmen, wenn wir dies f¨ ur alle Merkmalsauspr¨agungen durchspielen. Die Annahme zuf¨ alligen Fehlens l¨ aßt sich in analoger Weise wie in Abschnitt 8.1.1 anwenden, indem wir die fehlenden Daten in etwa gem¨ aß der Anteile der beobachteten Daten auf die verschiedenen Merkmalsauspr¨agungen aufteilen. Sinngem¨ aß kann auch Vorwissen u ¨ber die Fehlendanteile verwendet werden. Wir k¨ onnen daher auch f¨ ur nominale Merkmale festhalten:
270
8. Fehlende Daten
• Das Ignorieren fehlender Daten f¨ uhrt zu Informationsverlust. • Die Bestimmung der relativen H¨ aufigkeiten der einzelnen Merkmalsauspr¨ agungen mittels der vollst¨ andigen Daten kann irref¨ uhrend sein. • Die relativen H¨ aufigkeiten nehmen ohne weitere Annahmen keine eindeutige Zahl mehr an, sondern k¨ onnen in einem Bereich (Intervall) liegen. Die Intervallgrenzen werden durch verschiedene best und worst case Szenarien bestimmt. • Durch zus¨ atzliche Annahmen kann eine Pr¨ azisierung erreicht werden. Allerdings ist immer zu beachten, dass die Annahmen nicht aus den Daten abgeleitet werden k¨ onnen, sondern als zus¨ atzliche Information (Vorwissen) benutzt werden. Dies gilt sowohl f¨ ur die Annahme, dass die Daten zuf¨allig fehlen, als auch f¨ ur die Annahme, dass sich die Anteile in der Gruppe der Nichtantworter anders verhalten als in der Gruppe der Antworter. 8.1.3 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein ordinales Merkmal
Abb. 8.5. Zufriedenheit mit der Situation im Unternehmen, fehlende Daten werden ignoriert (Beispiel 8.1.7)
Auch hier k¨ onnen die Ergebnisse aus Abschnitt 8.1.1 und 8.1.2 sinngem¨aß u anken uns auf den Fall, dass das ordinale ¨bertragen werden. Wir beschr¨ Merkmal wenige Merkmalsauspr¨ agungen besitzt. Zu beachten ist, dass die Verwendung des arithmetischen Mittels f¨ ur ordinale Merkmale, im Gegensatz zur Vewendung bei bin¨ aren Merkmalen, meist nicht angemessen ist. Im Folgenden wandeln wir unser Beispiel 8.1.1 dahingehend ab, dass wir die Zufriedenheit auf einer Skala mit drei m¨ oglichen Auspr¨agungen messen: Sehr ” zufrieden“, zufrieden“ und unzufrieden“. ” ”
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
271
Abb. 8.6. Zufriedenheit mit der Situation im Unternehmen, fehlende Daten werden als eigene Kategorie dargestellt (Beispiel 8.1.7)
Abb. 8.7. Zufriedenheit mit der Situation im Unternehmen, best case Analyse (Beispiel 8.1.7)
Beispiel 8.1.7 (Abwandlung von Beispiel 8.1.1). Von den 500 Mitarbeitern antworteten 150 sehr zufrieden“, 90 zufrieden“, 150 unzufrieden“, 110 ” ” ” Mitarbeiter machten keine Angabe. Die Abbildungen 8.5 und 8.6 stellen den Sachverhalt grafisch dar.
272
8. Fehlende Daten
Abb. 8.8. Zufriedenheit mit der Situation im Unternehmen, worst case Analyse (Beispiel 8.1.7)
Eine im Sinne des Unternehmens best case Analyse erh¨alt man, wenn von allen 110 fehlenden Daten angenommen wird, dass sie der Kategorie sehr ” zufrieden“ entsprechen. Das Ergebnis ist in Abbildung 8.7 dargestellt. Eine worst case Anlayse geht analog davon aus, dass alle 110 fehlenden Daten der Kategorie unzufrieden“ zugeordnet werden k¨onnen. Das Ergebnis ist in ” Abbildung 8.8 dargestellt. Wir erhalten: • Die Kategorie sehr zufrieden“ hat im besten Fall einen Anteil von 52%, ” im schlechtesten Fall 30%. • Die mittlere Kategorie zufrieden“ hat bei beiden Betrachtungen den glei” chen Anteile von 18%. • Die Kategorie unzufrieden“ hat im besten Fall einen Anteil von 30%, im ” schlechtesten Fall einen Anteil von 52%. Die Annahme zuf¨ alligen Fehlens l¨ aßt sich in analoger Weise wie in Abschnitt 8.1.1 anwenden, indem wir die fehlenden Daten in etwa gem¨ aß der Anteile der beobachteten Daten auf die verschiedenen Merkmalsauspr¨agungen aufteilen. In unserem Fall sind die beobachteten Anteile 38.46% f¨ ur sehr ” zufrieden“, 23.08% f¨ ur zufrieden“ und 38.46% f¨ ur unzufrieden“. Eine Auf” ” teilung der 110 fehlenden Werte gem¨ aß dieser Anteile ergibt sich n¨aherungsweise dadurch, dass wir 42 Personen als sehr zufrieden“, 26 Personen als ” zufrieden“ und 42 Personen als unzufrieden“ einstufen. ” ” Sinngem¨ aß kann auch Vorwissen u ¨ber die Fehlendanteile verwendet werden. F¨ ur eine Imputation der fehlenden Daten durch Lagemaße bieten sich f¨ ur ordinale Daten grunds¨ atzlich der Modus und der Median der beobachteten
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
273
Daten an. Das arithmetische Mittel ist eher nicht zu empfehlen, wenngleich auch wir wissen, dass es h¨ aufig f¨ ur ordinale Daten verwendet wird (Beispiel Schulnoten). Der Modus ist in unserem Beispiel nicht eindeutig definiert, da sowohl die Kategorie sehr zufrieden“ als auch die Kategorie unzufrieden“ die gleiche ” ” Anzahl von Beobachtungen (150) haben. Grunds¨atzlich ist aber der Effekt einer Ersetzung durch den Modus, sofern er eindeutig w¨are, leicht zu beschreiben: die in den beobachteten Daten am st¨arksten besetzte Kategorie wird bez¨ uglich ihres Anteils im Verh¨ altnis zu allen anderen Kategorien auf ihren maximalen Wert erh¨ oht, a ¨hnlich der best/worst case Analyse. ¨ F¨ ur die Ersetzung durch den Median dient folgende Uberlegung: F¨ ur die Rangordnung unzufrieden“ ≺ zufrieden“ ≺ sehr zufrieden“ und der Ko” ” ” dierung ⎧ ⎨ 1 wenn der Mitarbeiter unzufrieden“ ist ” xi = 2 wenn der Mitarbeiter zufrieden“ ist ” ⎩ 3 wenn der Mitarbeiter sehr zufrieden“ ist ” ergibt sich die Rangreihe der beobachteten Daten als 1 = x(1) = . . . = x(150) < 2 = x(151) = . . . = x(240) < 3 = x(241) = . . . = x(390) . Damit ist der Median x ˜0.5 = 12 (x(195) + x(196) ) = 2. Die Ersetzung durch den Median ist also ¨ aquivalent dazu, alle 110 fehlenden Daten der Kategorie zufrieden“ zuzuordnen. Entsprechend erh¨ alt man dadurch die Anteile ” • 30% unzufriedene“ Mitarbeiter ” • 40% zufriedene“ Mitarbeiter ” • 30% sehr zufriedene“ Mitarbeiter ” im imputierten Datensatz. ¨ Ahnlich der zu kleinen Varianz bei Ersetzung durch das arithmetische Mittel im Abschnitt 8.1.1 kann man diesen Effekt bei der Ersetzung durch den Median in Bezug auf das Streuungsmaß mittlere absolute Abweichung vom Median beobachten. Die Imputation mit dem Median f¨ uhrt hier (ohne Beweis) zur kleinsten mittleren absoluten Abweichung vom Median, die sich bei allen m¨ oglichen Imputationen ergeben kann. Es gilt f¨ ur die beobachteten 1 (150 + 0 + 150) = 0.769. Ersetzt man alle fehlenden Werte Daten: d˜0.5 = 390 1 durch den Median 2, erh¨ alt man: d˜0.5 = 500 (150 + 0 + 150) = 0.6. Anmerkung: Ist man einer Kategorie im Speziellen interessiert, so lassen sich die Daten entsprechend binarisieren. Sind wir beispielsweise besonders am Anteil der Kategorie sehr zufrieden“ interessiert, so k¨onnen wir die Daten ” gem¨ aß sehr zufrieden“ und nicht sehr zufrieden“ aufteilen und anschließend ” ” alle Betrachtungen aus Abschnitt 8.1.1 durchf¨ uhren. Auch hier k¨ onnen wir also zusammenfassend feststellen: • Das Ignorieren fehlender Daten f¨ uhrt zu Informationsverlust.
274
8. Fehlende Daten
• Die Bestimmung der relativen H¨ aufigkeiten der einzelnen Merkmalsauspr¨ agungen mittels der vollst¨ andigen Daten kann irref¨ uhrend sein. • Die relativen H¨ aufigkeiten nehmen ohne weitere Annahmen keine eindeutige Zahl mehr an, sondern k¨ onnen in einem Bereich (Intervall) liegen. Die Intervallgrenzen werden durch verschiedene best und worst case Senarien bestimmt. • Durch zus¨ atzliche Annahmen kann eine Pr¨ azisierung erreicht werden. Allerdings ist immer zu beachten, dass die Annahmen nicht aus den Daten abgeleitet werden k¨ onnen, sondern als zus¨ atzliche Information (Vorwissen) benutzt werden. Dies gilt sowohl f¨ ur die Annahme, dass die Daten zuf¨allig fehlen, als auch f¨ ur die Annahme, dass sich die Anteile in der Gruppe der Nichtantworter anders verhalten als in der Gruppe der Antworter. • Imputation durch den Median f¨ uhrt zur kleinst m¨oglichen mittleren absoluten Abweichung vom Median d˜0.5 . 8.1.4 Behandlung fehlender Daten f¨ ur ein metrisches Merkmal Wir erinnern uns an die Definition der metrischen Skala in Abschnitt 1.2. Metrisch skalierte Merkmale k¨ onnen intervallskaliert, verh¨altnisskaliert oder absolut skaliert sein. Dabei m¨ ussen metrisch skalierte Merkmale nicht immer (quasi-)stetige Merkmale sein. Auch Anzahlen, beispielsweise die Anzahl von Verkehrsunf¨ allen mit Fußg¨ angern in 2005 in Deutschland, sind metrisch skaliert. Als einfaches Beispiel wollen wir nochmals die Gehaltsdaten aus Beispiel 3.1.8 heranziehen. Beispiel 8.1.8 (Fortsetzung von Beispiel 3.1.8). Dort wurde als Merkmal X das ‘monatliche Gehalt (in EUR) in einem Unternehmen an 6 F¨ uhrungskr¨ aften betrachtet. Die beobachteten Merkmalsauspr¨agungen xi sind im Folgenden nochmals angegeben. i 1 ⎜2 ⎜ ⎜3 ⎜ ⎜4 ⎜ ⎝5 6 ⎛
xi ⎞ 3 442 2 195 ⎟ ⎟ 4 500 ⎟ ⎟ 3 871 ⎟ ⎟ 2 810 ⎠ 4 150
Als durchschnittliches Gehalt je Mitarbeiter hatten wir x ¯ = 3 494.67 EUR errechnet. Wir wollen nun im Folgenden annehmen, dass die Daten nicht beim Unternehmen direkt erhoben wurden, sondern durch eine Befragung der 6 Personen. Typischerweise geh¨ oren Fragen nach dem Einkommen zu den sen” siblen“ Fragen, wo damit zu rechnen ist, dass die Selbstauskunft aus der Sicht der befragten Personen unerw¨ unscht ist und daher diese Fragen (zum Beispiel als Teil eines unfangreicheren Fragebogens) gar nicht oder nicht wahrheitsgem¨ aß beantwortet werden. Wie in den vorherigen Abschnitten wollen wir
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
275
nur den Fall betrachten, dass einige Personen die Auskunft verweigern, nicht aber den Fall einer Falschauskunft. Die geordnete Beobachtungsreihe lautet dann i x(i) ⎛ ⎞ 1 2 195 ⎜ 2 2 810 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 3 3 442 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 4 3 871 ⎟ ⎜ ⎟ ⎝ 5 4 150 ⎠ 6 4 500
Wir nennen diese Beobachtungsreihe im Folgenden die hypothetisch voll” st¨ andigen Daten“. Hypothetisch meint, dass diese Reihe den wahren“ Da” ten im Unternehmen entspricht, welche wir aber nicht vollst¨andig beobachten k¨ onnen. Wir wollen also nun annehmen, dass einer oder mehrere der Mitarbeiter die Auskunft verweigern und wieder verschiedene Szenarien diskutieren.
Verhalten wichtiger statistischer Kennzahlen bei Ersetzung fehlender Werte. W¨ ahrend bei Merkmalen mit wenigen diskreten Auspr¨agungen eine Best/Worst Case Analyse m¨ oglich ist (wenngleich nur sinnvoll f¨ ur bin¨are und ordinale Merkmale), ist dies bei einem metrischen Merkmal durch folgenden Sachverhalt erschwert: wir kennen nicht alle tats¨achlich m¨oglichen Auspr¨ agungen, insbesondere oft nicht die minimal beziehungsweise maximal m¨ oglichen Auspr¨ agungen. Daher wird eine solche Analyse nur durch zus¨atzliche Annahmen m¨ oglich. Beispiel 8.1.9 (Fortsetzung von Beispiel 3.1.8). Angenommen, (nur) die F¨ uhrungskraft mit dem h¨ ochsten Gehalt (4500 EUR) weigert sich, Auskunft zu geben. Da wir ja diesen wahren“ Wert nicht kennen, haben wir wieder im ” einfachsten Fall die M¨ oglichkeit, nur die vollst¨ andig beobachteten F¨alle zu verarbeiten. D.h. unsere beobachtete Reihe ist jetzt i 1 ⎜2 ⎜ ⎜3 ⎜ ⎜4 ⎜ ⎝5 6 ⎛
x(i) 2 195 2 810 3 442 3 871 4 150 ?
Status o: beobachtet, m: fehlend ⎞ o ⎟ o ⎟ ⎟ o ⎟ ⎟ o ⎟ ⎠ o m
In Tabelle 8.1 haben wir die Kenngr¨ oßen artihmetisches Mittel, Varianz, Median und mittlere absolute Abweichung vom Median gegen¨ ubergestellt. Erwartungsgem¨ aß, da ja gerade der gr¨ oßte Wert nicht beobachtet wurde, sind artihmetisches Mittel und Median zu klein im Vergleich zu den wahren Daten. Gleiches trifft f¨ ur die Varianz und die mittlere absolute Abweichung vom Median zu. Selbst wenn wir nun, zum Beispiel durch externes Vorwissen, davon ausgehen, dass eher gutbezahlte F¨ uhrungskr¨ afte die Auskunft verweigern,
276
8. Fehlende Daten
Tabelle 8.1. Kennzahlen aller 6 Geh¨ alter und nur der 5 Geh¨ alter ohne die F¨ uhrungskraft mit dem h¨ ochsten Gehalt Szenario
Mittelwert
Varianz
Median
6 Geh¨ alter 5 Geh¨ alter
3494.67 3293.60
623743.20 505925.00
3656.50 3442.00
Mittlere absolute Abweichung vom Median 679.00 603.20
hilft uns dies f¨ ur unsere gew¨ unschte Analyse, zum Beispiel die Berechnung einer Obergrenze f¨ ur den Gehaltsdurchschnitt, nicht viel weiter, solange wir ¨ nicht eine sinnvolle Obergrenze f¨ ur das Gehalt kennen. Entsprechende Uberlegungen in die andere Richtung sind analog: angenommen, unser Vorwissen ist dahingehend, dass eher niedrig bezahlte F¨ uhrungskr¨afte die Auskunft verweigern, so ben¨ otigen wir f¨ ur die Berechnung eventueller Untergrenzen f¨ ur den Gehaltsdurchschnitt Annahmen f¨ ur ein minimales Gehalt. Zwar existiert in diesem Fall die nat¨ urliche Untergrenze 0, die aber vermutlich nicht sehr realistisch ist. Abbildung 8.9 zeigt die Funktion f¨ ur das artithmetische Mittel, wenn wir f¨ ur den fehlenden Wert nur Werte im Bereich von 2000 EUR bis 5000 EUR zulassen, also ein Intervall vorgeben, indem sich der fehlende Wert befinden soll. Diese Funktion ist linear im fehlenden Wert xm 6 , denn es gilt: 6 5 1 o 1 xi = x + xm x ¯= 6 6 i=1 6 i=1 i 5
=
1 o 1 m 1 1 x + x6 = 16468 + xm 6 i=1 i 6 6 6 6
1 . = 2744.67 + xm 6 6
Das Minimum des arithmetischen Mittels wird bei einem angenommenen fehlenden Wert von 2000 EUR erreicht, n¨ amlich 3078 EUR, das Maximum 3578 EUR bei einem angenommenen fehlenden Wert von 5000 EUR. Das Fehlen eines einzelnen Werts kann also, trotz plausibler Annahmen u ¨ber den Bereich, in dem sich dieser Wert befinden soll, erhebliche Unsch¨arfe erzeugen. ¨ Analoge Uberlegungen f¨ ur den Median, basierend auf dem gleichen Intervall von 2000 EUR bis 5000 EUR f¨ uhren zu Abbildung 8.10. Der Kurvenverlauf ergibt sich durch die Definition des Medians. Bei 6 Werten ist dieser definiert durch x ˜0.5 = 21 (x(3) + x(4) ). Man erh¨alt in diesem Beispiel den wahren“ Median von 3656.50 EUR, also den Median aus unserer hy” pothetisch vollst¨ andigen Beobachtungsreihe genau dann, wenn der ersetzte Wert gr¨ oßer oder gleich x(4) (3871 EUR) ist, da sich in diesem Bereich x(3) und x(4) nicht ¨ andern. Hier zeigt sich wieder die Robustheitseigenschaft des Medians. Selbst wenn das fehlende Gehalt in Wirklichkeit 1 000 000 EUR betr¨ agt, w¨ urden wir immer diesen Wert erhalten. Im Bereich kleiner als 3871
8.1 Betrachtung eines einzelnen Merkmals
277
Gehaltsdurchschnitt
x in Abhängigkeit des ersetzten Werts
3500 3400 3300 3200 3100 2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Ersetzung für fehlenden Wert Abb. 8.9. Artihmetisches Mittel der Geh¨ alter in Abh¨ angigkeit des ersetzten Werts, wobei ein zul¨ assiger Bereich von 2000 EUR bis 5000 EUR angenommen wurde (Beispiel 8.1.9)
EUR allerdings ¨ andern sich x(3) und/oder x(4) und wir erhalten ein abweichendes Ergebnis. Beispielsweise erh¨ alt man bei Ersetzung mit dem Wert 2000 EUR die geordnete Reihe (2 000, 2 195, 2 810, 3 442, 3 871, 4 150) und damit als Median x ˜0.5 = 12 (2810 + 3442) = 3126 (EUR). Wir erhalten in diesem Beispiel also auch f¨ ur den Median einen großen Unsch¨arfebereich. Abschließend wollen wir noch die entsprechenden Abbildungen f¨ ur die Varianz beziehungsweise der Standardabweichung und die mittlere absolute Abweichung betrachten. Abbildung 8.11 zeigt den Effekt, dass eine Ersetzung des fehlenden Werts durch das arithmetische Mittel der beobachteten Daten zur kleinsten Varianz (Standardabweichung) f¨ uhrt: 421604.20 EUR2 (649.31 EUR) gegen¨ uber dem wahren“ Wert von 623743.20 EUR2 (789.77 ” EUR). Auch dies kann durch mathematisch einfache Berechnungen hergeleitet werden. Abbildung 8.12 zeigt die mittlere absolute Abweichung vom Median. Hier ergibt sich das Minimum 502.67 EUR beim Median der beobachteten Daten, also bei 3442 EUR. Also auch die Ersetzung fehlender Werte durch den Median der beobachteten Daten f¨ uhrt zu einer zu kleinen Streuung, wenn man das dem Median angemessene Streuungsmaß verwendet. Ausserdem erkennt man, dass dieses Streuungsmaß nicht mehr die dem Median zugeschriebene Robustheitseigenschaft besitzt, da auch die mittlere absolute Abweichung vom Median rechts“ vom Minimum je gr¨oßer wird, je ” gr¨ oßer der angenommene ersetzte Wert ist.
278
8. Fehlende Daten
Median in Abhängigkeit des ersetzten Werts
3600 Median
3500 3400 3300 3200
2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Ersetzung für fehlenden Wert Abb. 8.10. Median der Geh¨ alter in Abh¨ angigkeit des ersetzten Werts, wobei ein zul¨ assiger Bereich von 2000 EUR bis 5000 EUR angenommen wurde. Die senkrechte Linie ist bei 3871 EUR. (Beispiel 8.1.9)
Ersetzung fehlender Werte unter der Annahme zuf¨ alligen Fehlens. F¨ ur bin¨ are, nominale und ordinale Daten hatten wir bisher so argumentiert, dass die Annahme zuf¨ alligen Fehlens bedeutet, dass die relativen H¨aufigkeiten in den fehlenden Daten etwa denen bei den beobachteten Daten entsprechen. F¨ ur metrische Merkmale brauchen wir einen anderen Zugang, da relative H¨ aufigkeiten hier wenig Sinn machen. Eine Idee ist, auf die empirische Verteilungsfunktion der beobachteten Daten zur¨ uckzugreifen. Man kann dann zuf¨ alliges Fehlen dahingehend interpretieren, dass die empirische Verahnlich“ verl¨auft wie in den beobachteten teilung in den fehlenden Daten ¨ ” Daten. Die konkrete Umsetzung eines solchen Verfahrens erfordert in der Regel (ausser bei sehr kleinen Stichprobenumf¨angen) die Verwendung eines Zufallszahlengenerators. Wir ziehen“ dann zuf¨allige Ersetzungswerte, wel” che der empirisch beobachteten Verteilung folgen. Solche Verfahren sind als sogenannte Bootstrap–Verfahren bekannt. Eine genauere Beschreibung dieser Verfahren w¨ urde allerdings den Umfang dieser Einf¨ uhrung u ¨bersteigen. Zusammenfassend halten wir fest: • Sensitivit¨ atsanalysen bei metrischen Merkmalen sind schwer bis unm¨oglich, wenn keine weiteren Zusatzinformationen verf¨ ugbar sind, wie zum Beispiel Intervalle, in denen die fehlenden Beobachtungen sinnvollerweise liegen m¨ ussen. Sind diese Intervalle groß, so ist auch die Unsch¨arfe m¨oglicherweise sehr hoch.
8.2 Betrachtung zweier Merkmale
279
Standardabweichung in Abhängigkeit des ersetzten Werts
Standardabweichung
900 850 800 750 700 650 2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Ersetzung für fehlenden Wert Abb. 8.11. Standardabweichung der Geh¨ alter in Abh¨ angigkeit des ersetzten Werts, wobei ein zul¨ assiger Bereich von 2000 EUR bis 5000 EUR angenommen wurde. Die senkrechte Linie ist beim artihmetischen Mittel der beobachteten Daten: 3293.60 EUR (Beispiel 8.1.9)
• Zusatzannahmen wie zuf¨ alliges Fehlen k¨ onnen kaum mehr elementar, das heisst ohne Zuhilfenahme eines Computers, behandelt werden. Im Prinzip handelt es sich um kombinatorische Probleme, die nur bei kleinem Stichprobenumfang exakt gel¨ ost werden k¨ onnen. • Ersetzung fehlender Werte durch Lagemaße wie arithmetisches Mittel oder Median f¨ uhrt zu zu kleinen Streuungsmaßen.
8.2 Betrachtung zweier Merkmale Betrachten wir zwei Merkmale X und Y simultan, so k¨onnen drei F¨alle auftreten, wobei n jeweils die Gesamtzahl der Beobachtungspaare darstellt: • X vollst¨ andig beobachtet (n Werte beobachtet), fehlende Daten in Y (nur m < n Werte beobachtet) • Fehlende Daten in X (nur m < n Werte beobachtet), Y vollst¨andig beobachtet (n Werte beobachtet) • Fehlende Daten in X (nur m1 < n Werte beobachtet) und Y (nur m2 < n Werte beobachtet) Diese drei Situationen sind in Abbildung 8.13 dargestellt. Wollen wir u ¨ber
Mittlere absolute Abweichung vom Median (MAD)
280
8. Fehlende Daten
MAD in Abhängigkeit des ersetzten Werts 750 700 650 600 550 500 2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Ersetzung für fehlenden Wert
Abb. 8.12. Mittlere absolute Abweichung vom Median der Geh¨ alter in Abh¨ angigkeit des ersetzten Werts, wobei ein zul¨ assiger Bereich von 2000 EUR bis 5000 EUR angenommen wurde. Die senkrechte Linie ist beim Median der beobachteten Daten: 3442 EUR. (Beispiel 8.1.9) X x1 x2 .. . .. . .. . xn
Y y1 y2 .. . ym
X x1 x2 .. . xm
Y y1 y2 .. . .. . .. . yn
X x1 x2 .. . .. . xm1
Y y1 y2 .. . ym2
Abb. 8.13. Drei verschiedene Fehlendmuster, siehe Text f¨ ur die Beschreibung.
die separate Betrachtung jedes Merkmals wie in Abschnitt 8.1 hinausgehen, so m¨ ussen wir versuchen, einen eventuell vorhandenen Zusammenhang der beiden Merkmale X und Y auszunutzen. Dabei wollen wir der Einfachheit halber nur den Fall betrachten, dass eines der beiden Merkmale fehlende Werte aufweist. Nat¨ urlich m¨ ussen wir wieder das Skalenniveau der beiden Merkmale beachten. Wir beschr¨ anken uns auf a´usgew¨ahlte F¨alle, n¨amlich dass beide Merkmale bin¨ ar sind und der Odds Ratio als Zusammenhangsmaß von Interesse ist und den Fall, dass beide Merkmale metrisch sind.
8.2 Betrachtung zweier Merkmale
281
8.2.1 Zwei bin¨ are Merkmale Zwei bin¨ are Merkmale kann man in einer 2 × 2–Kontingenztafel darstellen. Oft interessiert dann der Odds Ratio (oder ein anderes Maß aus Kapitel 4) als Maß f¨ ur den Zusammenhang. Sei Y immer beobachtet und X teilweise fehlend. Die Situation kann dann folgendermaßen veranschaulicht werden: X Y 1 0
1 n11 n01
X ? 0 n10 n00
m1 m0
Die 2 × 2–Tafel besteht gerade aus den Beobachtungen, wo X und Y zusammen beobachtet wurden. Beispielsweise weisen n10 Beobachtungen die Auspr¨ agung 1 f¨ ur Y und 0 f¨ ur X auf. Dar¨ uber hinaus sind in der zweiten Tafel“ die Beobachtungen versammelt, bei denen nur der Wert f¨ ur Y , aber ” kein Wert f¨ ur X bekannt ist. Beispielsweise haben m1 Beobachtungen die Auspr¨ agung 1 f¨ ur Y , die Auspr¨ agung f¨ ur X wurde nicht beobachtet. Zur Illustration wandeln wir Beipsiel 4.2.8 und die dazu in Abbildung 4.21 angegebene Kontingenztafel etwas ab. Beispiel 8.2.1 (Abwandlung von Beispiel 4.2.8). Dort wollten wir untersuchen, ob Studenten, die kein Baf¨ og erhalten, eher einer Nebent¨atigkeit nachgehen als Baf¨ og-Empf¨ anger. Wir nehmen an, dass uns statt der wahren“ ” Kontingenztafel aus Abbildung 4.21 nur die folgenden Tafeln zur Verf¨ ugung stehen, was signalisiert, dass der Status Nebenbei jobben“ nicht f¨ ur alle ” Studenten bekannt ist: Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein
Nebenbei jobben ja nein 12 50 84 7
Nebenbei jobben? 40 60
Der Odds Ratio wurde in Beispiel 4.2.9 berechnet als OR = 0.007, woraus ein starker negativer Zusammenhang abgeleitet wurde: das Risiko“ f¨ ur einen ” Baf¨ og–Empf¨ anger zu arbeiten ist wesentlich geringer als f¨ ur einen Studenten, der kein Baf¨ og erh¨ alt. Betrachten wir nun unsere abgewandelten Tafeln, so ergibt sich f¨ ur den Odds Ratio, basierend auf den vollst¨andigen Beobachtungen, ein Wert von 12 · 7 OR = = 0.02 . 50 · 84 Eine M¨ oglichkeit, das Problem fehlender Werte zu behandeln, besteht wiederum in einer Sensitivit¨ atsanalyse. Sensitivit¨ atsanalyse f¨ ur den Odds Ratio. Wir betrachten dazu wieder Beispiel 8.2.1.
282
8. Fehlende Daten
Beispiel 8.2.2 (Fortsetzung von Beispiel 8.2.1). Wir stellen uns dazu vor, dass die Beobachtungen, bei denen nur das Merkmal Baf¨og–Empf¨anger beobachtet wurde, in einer hypothetischen Tafel verteilt werden: Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein
Nebenbei jobben ja nein 12 50 84 7 Nebenbei jobben ja nein m11 m10 m01 m00
mit den Randbedingungen m11 + m10 = 40 m01 + m00 = 60 . Prinzipiell ist, ohne Einbringen von Vorwissen, jede Konstellation denkbar, bei der die Randbedingungen erf¨ ullt sind, zum Beispiel auch folgende Konstellation: Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein
Nebenbei jobben ja nein 12 50 84 7 Nebenbei jobben ja nein 28 12 18 42
Bei dieser Konstellation erg¨ abe sich der Odds Ratio dann durch die ad¨ ditive Uberlagerung beider Tafeln als: OR =
40 · 49 (12 + 28) · (7 + 42) = = 0.31 , (50 + 12) · (84 + 18) 62 · 102
was eine deutliche Abschw¨ achung des negativen Zusammenhangs bedeuten w¨ urde. ¨ Maximal m¨ oglicher Odds Ratio. Eine einfache Uberlegung sagt uns, dass der maximale Odds Ratio dann erreicht wird, wenn folgende Konstellation angenommen wird, da dann der Z¨ ahler maximal und der Nenner minimal werden:
8.2 Betrachtung zweier Merkmale
Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein
283
Nebenbei jobben ja nein 12 50 84 7 Nebenbei jobben ja nein 40 0 0 60
Bei dieser Konstellation erg¨ abe sich der Odds Ratio dann wiederum durch ¨ die additive Uberlagerung beider Tafeln als: OR =
52 · 67 (12 + 40) · (7 + 60) = = 0.83 , (50 + 0) · (84 + 0) 50 · 84
was eine noch deutlichere Abschw¨ achung des negativen Zusammenhangs bedeuten und bereits in Richtung eines Odds Ratios von 1 (kein Zusammenhang) tendieren w¨ urde. ¨ Minimal m¨ oglicher Odds Ratio. Analoge Uberlegungen f¨ uhren dazu, dass der minimale Odds Ratio bei folgender Konstellation erreicht wird: Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein
Nebenbei jobben ja nein 12 50 84 7 Nebenbei jobben ja nein 0 40 60 0
¨ Die additive Uberlagerung beider Tafeln liefert: OR =
(12 + 0) · (7 + 0) 12 · 7 = = 0.0065 , (50 + 40) · (84 + 60) 90 · 144
was fast dem urspr¨ unglichen Odds Ratio von 0.007 aus dem urspr¨ unglichen Beispiel 4.2.8 enspricht. Odds Ratio bei Annahme zuf¨ alligen Fehlens. Wir wollen die grunds¨atzliche Idee an Beispiel 8.2.1 erl¨ autern. Beispiel 8.2.3 (Fortsetzung von Beispiel 8.2.1). Zun¨achst k¨onnte man auf die Idee kommen, die F¨ alle mit fehlendem Jobstatus einfach jeweils 50-50 aufzuteilen. Dies entspricht jedoch nicht der bisherigen Vorgehensweise, dass zuf¨ alliges Fehlen bedeutet, dass bei den fehlenden Daten die Verh¨alnisse ¨ahnlich wie bei den beobachteten Daten gelagert sind. Dies erreicht man durch die Annahme, dass die relativen bedingten H¨ aufigkeiten in der Gruppe der
284
8. Fehlende Daten
Baf¨ og–Empf¨ anger und die relativen bedingten H¨aufigkeitem in der Gruppe der Nicht–Baf¨ og–Empf¨ anger sich auch in den fehlenden Daten (in etwa) widerspiegeln: • In der Gruppe der Baf¨ og–Empf¨ anger erhalten wir f¨ ur die beobachteten Daten: 12 = 0.19 62 50 = 0.81 . f (Nebenbei jobben=nein|Baf¨ og–Empf¨ anger=ja) = 62 f (Nebenbei jobben=ja|Baf¨ og–Empf¨ anger=ja) =
• In der Gruppe der Studenten, die kein Baf¨ og bekommen, erhalten wir f¨ ur die beobachteten Daten: 84 = 0.92 91 7 = 0.08 . f (Nebenbei jobben=nein|Baf¨ og–Empf¨ anger=nein) = 91 f (Nebenbei jobben=ja|Baf¨ og–Empf¨ anger=nein) =
• Wir teilen also die 40 F¨ alle, bei denen nur bekannt ist, dass sie Baf¨og– Empf¨ anger sind, gem¨ aß den Anteilen 0.19 und 0.81 auf, also etwa 8 und 32. • Wir teilen die 60 F¨ alle, bei denen nur bekannt ist, dass sie keine Baf¨og– Empf¨ anger sind, gem¨ aß den Anteilen 0.92 und 0.08 auf, also etwa 55 und 5. Dies f¨ uhrt zu folgender Konstellation: Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein Baf¨ og–Empf¨ anger ja nein
Nebenbei jobben ja nein 12 50 84 7 Nebenbei jobben ja nein 8 32 55 5
¨ Die additive Uberlagerung beider Tafeln liefert: OR =
20 · 12 (12 + 8) · (7 + 5) = = 0.02 , (50 + 32) · (84 + 55) 82 · 139
was in keiner Weise dem urspr¨ unglichen wahren“Odds Ratio von 0.007 aus ” Beispiel 4.2.8 enspricht. Deshalb sei folgende Anmerkung erlaubt: Anmerkung: Das Ergebnis zeigt, dass unser abgewandeltes Beispiel gerade nicht den Fall zuf¨ alligen Fehlens simulierte. So fehlen in der Gruppe der Baf¨ og–Empf¨ anger haupts¨ achlich (bis auf einen Studenten) die Antworten der Nicht–Jobber, w¨ahrend in der Gruppe der Studenten, die kein Baf¨og erhalten, ausschließlich Antworten der Jobber fehlen.
8.2 Betrachtung zweier Merkmale
285
Zusammenfassend halten wir f¨ ur den Odds Ratio exemplarisch fest: • Das Ignorieren fehlender Daten f¨ uhrt zu Informationsverlust. • Der Informationsverlust kann dazu f¨ uhren, dass bei Betrachtung aller m¨ oglichen Konstellationen sowohl kein Zusammenhang“ als auch Zusam” ” menhang“ m¨ oglich sind, wir also ohne Zusatzinformation eventuell keine Aussage dahingehend treffen k¨ onnen. 8.2.2 Zwei metrische Merkmale Sind X und Y beide metrisch, so ist zun¨ achst f¨ ur jedes Merkmal eine univariate Herangehensweise wie in Abschnitt 8.1.4 m¨oglich. Die Nachteile wurden dort ausf¨ uhrlich diskutiert. Wir beschr¨ anken uns in der folgenden Darstellung auf den Fall, dass Y vollst¨ andig beobachtet wurde mit n F¨allen, w¨ahrend X fehlende Werte aufweist, also nur in m < n F¨ allen beobachtet wurde. Diese Situation ist im mittleren Fehlendmuster in Abbildung 8.13 dargestellt. Der einfachste Fall der Analyse nur der vollst¨ andigen F¨alle sei erw¨ahnt, aber nicht weiter untersucht. Bedingte Mittelwertsimputation oder Regressionsimputation. Die bedingte Mittelwertimputation, im Englischen auch first order regression (FOR), conditional mean imputation oder ganz allgemein regression imputation genannt, ben¨ otigt ein Hilfs(regressions)modell zur Ersetzung der fehlenden Werte. Die Idee besteht darin, den jeweils fehlenden Wert basierend auf einem Hilfsregressionsmodell vorherzusagen. Dabei nutzt man die Sch¨atzungen eines Modells, bei dem die unvollst¨ andige Variable auf zu bestimmende unabh¨ angige Variablen regressiert wird, ausgehend von der Stichprobe der vollst¨ andigen F¨ alle. Man k¨ onnte im u ¨bertragenen Sinne davon sprechen, die Struktur innerhalb der Variablen im Sinne korrelativer Information ausnutzen zu wollen. Zur Veranschaulichung wollen wir eine Abwandlung von Beispiel 5.4.2 betrachten. Beispiel 8.2.4 (Abwandlung von Beispiel 5.4.2). Wir gehen von folgenden Daten aus, bei denen zwei Werte von X, n¨ amlich die urspr¨ unglich bekannten Werte x4 = 2.5 und x7 = 4.0, nicht beobachtet wurden: i x ⎛ i 1 1.5 2 ⎜ ⎜ 2.0 3 ⎜ ⎜ 3.5 4 ⎜ ⎜ ? 5 ⎜ ⎜ 0.5 6 ⎜ ⎜ 4.5 7 ⎜ ⎜ ? 8 ⎜ ⎜ 5.5 9 ⎝ 7.5 10 8.5
yi ⎞ 2.0 3.0 ⎟ ⎟ 6.0 ⎟ ⎟ 5.0 ⎟ ⎟ 1.0 ⎟ ⎟ 6.0 ⎟ ⎟ 5.0 ⎟ ⎟ 11.0 ⎟ ⎟ 14.0 ⎠ 17.0
286
8. Fehlende Daten
Die Idee der Regressonsimputation besteht darin, eine Hilfsregression, in diesem Fall von X auf Y zu berechnen, wobei nur die vollst¨andigen 8 Beobachtungen einbezogen werden. Wir berechnen also zum Beispiel ein Modell xi = α + βyi
i = 1, 2, 3, 5, 6, 8, 9, 10 ,
in diesem Falle also ein lineares Modell, und erhalten daraus Sch¨atzungen ˆ die einen eventuell vorhandenen linearen Zusammenhang von f¨ ur α ˆ und β, X und Y quantitativ beschreiben. Wir erinnern uns, dass in diesem Beispiel urspr¨ unglich die lineare Regression von Y auf X von Interesse war. Deshalb hat die Bezeichnung Hilfsregression“ ihre Berechtigung. Sie dient lediglich ” der Ersetzung der fehlenden Werte durch Hilfs– oder Ersatzwerte. Sind die Sch¨ atzungen der Parameter der Hilfsregression berechnet, so erfolgt eine Ersetzung der fehlenden Werte im einfachten Fall durch die Prognosen ˆ 4 ˆ + βy x ˆ4 = α ˆ 7, x ˆ7 = α ˆ + βy wobei y4 = 5.0 und y7 = 5.0 beobachtete Werte sind. In obigem Beispiel erh¨ alt man die Sch¨ atzungen (gerundet) α ˆ = 0.58 und βˆ = 0.48. Damit lauten die Ersetzungswerte x ˆ4 = 0.58 + 0.48 · 5.0 = 2.98
x ˆ7 = 0.58 + 0.48 · 5.0 = 2.98 .
Ergebnisse: f¨ ur die vollst¨ andigen Daten aus Beispiel 5.4.2 erh¨alt man α ˆ = −1.0
βˆ = 2.0 ,
bei Verwendung nur der vollst¨ andigen acht F¨ alle erh¨alt man α ˆ = −0.97
βˆ = 2.02 ,
nach Ersetzung durch Regressionsimputation α ˆ = −0.99
βˆ = 2.02 .
¨ Analoge Uberlegungen und Berechnungen lassen sich f¨ ur den Korrelationskoeffizienten (Bravais–Pearson oder Spearman) anstellen. Wir wollen noch einige Hinweise zu diesem Verfahren geben und auftretende Probleme ansprechen: • In unserer Darstellung wurde nicht explizit unterschieden, ob es sich bei dem zu imputierenden Merkmal um eine Response– oder Einflussvariable handelt, d.h. X und Y wurden symmetrisch betrachtet. Oftmals ist die wissenschaftliche Fragestellung so angelegt, dass als prim¨ares statistisches
8.2 Betrachtung zweier Merkmale
287
Verfahren eine Regression in Frage kommt, wobei meistens eine Responsevariable Y mehreren Einflussgr¨ oßen X1 , . . . , Xp gegen¨ ubersteht. Die FOR– Methode wird dann u ¨blicherweise so angewandt, dass fehlende Werte in den X–Variablen durch Hilfsregressionen ohne Einbeziehung der Responsevariablen ersetzt werden. Fehlende Werte in Y werden meist durch ein zugrundeliegendes statistisches Modell ersetzt. Gleiches gilt f¨ ur den Fall, dass es sich bei einer Einflussgr¨ oße mit fehlenden Werten um eine bin¨are, nominale oder ordinale Variable handelt. Dies kann jedoch an dieser Stelle nicht weiter ausgef¨ uhrt werden. • Die Regressionsimputation kann auch kompliziertere als lineare Beziehungen in den Variablen unterstellen. Die Frage ist dann: welche Beziehung beschreibt den Zusammenhang ad¨ aquat? • Die Ursache des Fehlens (zuf¨ allig oder nicht zuf¨allig) beeinflusst auch die G¨ ute und Validitat¨ at der Regressionsimputation. • Die Imputationen k¨ onnen zu glatt“ sein, da die ersetzten Werte praktisch ” auf der Regressionsgeraden“ der vollst¨ andigen Beobachtungen liegen und ” die Streuung damit nicht ad¨ aquat ber¨ ucksichtigt wird. Hot Deck und Cold Deck Imputation. Bei der Hot Deck und Cold Deck Imputation werden fehlende Werte einer Untersuchungseinheit durch Werte einer anderen Untersuchungseinheit ersetzt. Dabei sollen diese beiden Untersuchungseinheiten bez¨ uglich sogenannter Matchingvariablen u ¨bereinstimmen ¨ oder zumindest sehr ¨ ahnlich“ sein, wobei Ahnlichkeit“ dann ad¨aquat ope” ” rationalisiert werden muss (man denke an unterschiedliche Skalenniveaus der Variablen!). Die Matchingvariablen m¨ ussen dann nat¨ urlich f¨ ur alle Untersuchungseinheiten vorhanden sein. Gibt es mehrere Untersuchungseinheiten, die bez¨ uglich der Matchingvariablen u ¨bereinstimmen, kann zuf¨allig eine Einheit ausgew¨ ahlt werden, deren Werte zur Ersetzung dienen oder es kann eine Maßzahl, berechnet aus allen Einheiten (zum Beispiel Mittelwert) verwendet werden. Damit das Matching funktioniert, werden stetige Matchingvariablen meist kategorisiert. Weitere Varianten, bei denen einige Matchingvariablen wichtiger als andere angesehen werden, sind ebenfalls denkbar. Hot Deck und Cold Deck Imputation unterscheiden sich dadurch, dass bei der Hot Deck Imputation Untersuchungseinheiten der gleichen Erhebung verwendet werden, w¨ ahrend bei der Cold Deck Imputation Einheiten aus anderen, zum Beispiel fr¨ uheren, Erhebungen verwendet werden. Wir wollen anmerken, dass die implizit gemachte Annahme, dass zwei Untersuchungseinheiten sich in allen Merkmalen gleichen, wenn sie in den Matchingvariablen u ¨bereinstimmen, auch auf Plausibilit¨ at u uft werden muss. ¨berpr¨ N¨ achste Nachbarn Imputation. Ein in der Praxis eher selten angewendetes Verfahren ist die nearest neighbor imputation (NNI), die Imputation des n¨ achsten Nachbarn. Es vermeidet die bei der Hot Deck und Cold Deck Imputation notwendige Kategorisierung stetiger Matchingvariablen. Gehen wir erneut von m fehlenden Werten f¨ ur i = n − m + 1, . . . , n aus, also einer Situation
288
8. Fehlende Daten
x1 , . . . , xn−m , xn−m+1 , . . . , xn %& ' $ %& ' $ beobachtet
und
fehlend
y1 , . . . , yn−m , yn−m+1 , . . . , yn $ %& '
.
(8.1) (8.2)
beobachtet
Dann wird ein fehlender Wert xj , j = n − m + 1, . . . , n, durch denjenigen Wert xi ersetzt, 1 ≤ i ≤ n − m, der der n¨ achste Nachbar—im Sinne einer zu spezifizierenden Metrik—von xj ist. In einem einfachen Zusammenhang zweier Variablen bezieht sich das Distanzmaß zur Bestimmung des n¨achsten Nachbarn auf y–Werte, so dass i die Bedingung | yi − yj | =
min
1≤l≤n−m
| yl − yj |
(8.3)
erf¨ ullt. Gegen¨ uber den bisher genannten Verfahren hat die NNI einige Vorteile: Etwa werden Werte imputiert, die in der beobachteten Stichprobe tats¨ achlich vorkommen und demzufolge eine gewisse Sinnhaftigkeit offenbaren, vorausgesetzt, man hat meßfehlerfreie Daten. Als sogenanntes nichtparametrisches Verfahren ist auch eine gewisse Robustheit gegen¨ uber Verletzungen von Modellannahmen zu erwarten. Jedoch gestaltet sich eine Erweiterung der NNI auf den mehrdimensionalen Fall nicht einfach und ist f¨ ur den Laien demzufolge auch schwer zu implementieren. Weitere Verfahren. Es gibt eine Reihe weiterer Verfahren, die hier nicht weiter behandelt werden k¨ onnen. Dazu z¨ ahlen modellbasierte Verfahren, beispielsweise Likelihood– und Bayes–Ans¨ atze. Diese erlauben auch eine Formalisierung des Begriffs des nichtzuf¨ alligen Fehlens. Eine weitere Idee besteht darin, fehlende Werte mehrfach zu ersetzen (multiple Imputation), um somit mehrere vervollst¨andigte Datens¨atze zu erhalten. Diese werden dann mit der gew¨ unschten statistischen Methode analysiert und die Ergebnisse in geeigneter Weise kombiniert und zusammengefasst. Mittels multipler Imputation kann, wenngleich auch nicht ohne gewisse Vorannahmen, eine Sensitivit¨ atsanalyse durchgef¨ uhrt werden. Man kann also die Auswirkung verschiedener Annahmen u ber die Ursache des Fehlens auf ¨ die Ergebnisse der statistischen Analyse studieren. Schliesslich wurden auch Gewichtungsmethoden vorgeschlagen. Hierbei werden die vollst¨ andigen F¨ alle in geeigneter Weise so gewichtet, dass sie die fehlenden Untersuchungseinheiten mit repr¨asentieren. Auch dies erfordert mehr oder weniger starke Annahmen, die u uft werden m¨ ussen, was ¨berpr¨ in der Praxis allerdings oft schwierig ist.
9. Einfu ¨ hrung in SPSS
SPSS ist ein statistisches Softwarepaket und in seiner urspr¨ unglichen Version (“Statistical Package for the Social Sciences“) als anwendungsorientiertes Analyseinstrument f¨ ur die Sozialwissenschaften konzipiert. Heutzutage steht das K¨ urzel SPSS f¨ ur “Statistical Product and Service Solution“ und zielt damit auf die Integration zwischen Statistik und Service ab. Im Vergleich zu anderen statistischen Softwarepaketen wie S-Plus, R, SAS, MINITAB, etc. ist SPSS noch immer im Wesentlichen auf den Anwender fokussiert und erlaubt dadurch statistische Instrumente einfach und interaktiv einzusetzen. Dies bringt viele Vorteile, jedoch auch einige Nachteile, mit sich. Prinzipiell ist SPSS intuitiv und einfach bedienbar, es existieren eine gute Online Hilfe sowie gute Handb¨ ucher, SPSS ist Windows-konform und erstellt automatisch Programmcodes (Syntax). Leider birgt die einfache Bedienung auch Gefahren, so werden schnell falsche Methoden angewandt und interpretiert. Auch ist die automatische Manipulation von Grafiken nur beschr¨ ankt m¨ oglich. Neben typischen Programmierwerkzeugen wie beispielsweise Schleifen fehlen auch statistische Verfahren, die in anderen Programmpaketen implementiert sind. Einzelne Prozeduren weisen Inkonsistenzen auf. Wer mit dem Textsatzprogramm Latex arbeitet wird schnell bemerken, dass ein Einbinden der Grafiken oft sehr m¨ uhselig ist.
9.1 Grundaufbau des Programms SPSS besteht im Wesentlichen aus drei verschiedenen Fenstern bzw. Dateien: 1. Datendatei.sav → Hier werden die Daten entweder eingelesen oder eingegeben. Variablen k¨ onnen modifiziert werden, Berechnungen sind m¨oglich und Anweisungen werden hier erteilt. 2. Ausgabedatei.spo → Hier werden Grafiken und Berechnungen ausgegeben. Per Mausklick k¨ onnen die Ausgabegrafiken und Tabellen noch ver¨ andert werden. 3. Syntaxdatei.sps → Hier kann der Programmcode (also die Syntax) eingesehen, gespeichert und modifiziert werden. Um Speicherplatz zu sparen wird meist die Syntax anstelle der Outputs gespeichert.
290
9. Einf¨ uhrung in SPSS
9.1.1 Das Datenfenster Das Datenfenster spaltet sich in zwei Teile auf, die “Variablenansicht“ und die “Datenansicht“. Datenansicht. Im Datenfenster mit Datenansicht k¨onnen im Wesentlichen Daten eingelesen und ausgewertet werden. Typisch ist die Datenbankform der Daten: Die Spalten beschreiben dabei Variablen bzw. Merkmale, die Zeilen stehen f¨ ur die Untersuchungseinheiten. Werden die Daten nicht eingetippt sondern liegen schon als Datei vor, so ¨offnet man sie u ¨ber ¨ Datei → Offnen → Daten. Liegen die Daten bereits als .sav -Datei vor, so erscheinen sofort alle Werte, ansonsten m¨ ussen noch interaktiv Fragen zu dem Datenfile beantwortet werden (z.B.: Wie sind die einzelnen Werte voneinander getrennt?). F¨ ur die Datenanalyse wird die obere Schaltleiste ben¨ utzt. Durch Mausklick k¨ onnen folgende Men¨ us aufgerufen werden: • Datei → Hier k¨ onnen mit allen .sav, .sps, .spo Dateien administrative Dinge wie Speichern, Laden und Umbennen erledigt werden. • Bearbeiten → Erm¨ oglicht im Wesentlichen Kopier- und Einf¨ ugearbeiten. • Ansicht→ Regelt die visuelle Ausrichtung der Datenansicht. • Daten→ Erm¨ oglicht die Strukturierung eines Datenfiles. Verschiedene Datens¨ atze k¨ onnen verschmolzen und (Fall-)Bedingungen ausgew¨ahlt werden. • Transformieren → Erlaubt die Transformation oder Umkodierung von Variablen. • Analysieren → Das Herzst¨ uck von SPSS. Alle statistischen Prozeduren werden hier ausgew¨ ahlt. • Grafiken → Grafiken, speziell im Bereich deskriptiver Analysen, k¨onnen hier ausgew¨ ahlt werden. • Extras → Einige zus¨ atzliche Optionen. • Fenster → Erm¨ oglicht verschiedene Ansichten der Fenster. • Hilfe → Hilfe zu Themen und Syntax. Variablenansicht. In der Variablenansicht werden die Eigenschaften der Merkmale angegeben. Auch hier k¨ onnen interaktiv alle erforderlichen Dinge angegeben werden: • Name → Der Name der Variable. • Typ → Ist meine Variable numerisch oder ein Wort (also ein ’String’)? Liegen die Auspr¨ agungen als Zahl, als Datum oder gar als W¨ahrung vor? • Spaltenformat → Hier kann die Anzahl der angezeigten Zahlen pro Feld ausgew¨ ahlt werden.
9.1 Grundaufbau des Programms
291
• Dezimalstellen → Wieviele Dezimalstellen sind f¨ ur meine Variable relevant? • Variablenlabel → Wird hier ein zus¨ atzlicher Name eingetragen, so erscheint dieser bei den ausgegebenen Grafiken und Analysen. • Wertelabels → Sehr wichtig und hilfreich. Speziell f¨ ur bin¨are oder kategoriale Variablen k¨ onnen die Kodierungen in Worte u ¨bersetzt werden. So kann SPSS beispielsweise mitgeteilt werden, dass die Zahl ’0’ f¨ ur m¨annlich steht, die Zahl ’1’ dagegen f¨ ur weiblich. Bei Outputs wird dies ber¨ ucksichtigt. • Fehlende Werte → Zum Ausw¨ ahlen von Bereichen oder Werten, die fehlende Daten kodieren. • Spalten → Hier kann die Breite eines Feldes reguliert werden. • Ausrichtung → es kann ausgew¨ ahlt werden ob der Text (bzw. die Werte) mittig, links oder rechts stehen soll. • Messniveau → es kann zwischen ’nominal’, ’ordinal’ und ’metrisch’ gew¨ ahlt werden. 9.1.2 Das Grafikfenster Das Grafikfenster besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: Die obere Schaltleiste erm¨ oglicht die Analyse eines Datensatzes und unterscheidet sich nur unwesentlich von der Leiste des Datenfensters. Speziell f¨ ur kurze Analysen ist so ein st¨ andiges Wechseln zwischen den einzelnen Fenstern nicht unbedingt notwendig. Der Großteil des Fensters besteht nat¨ urlich aus den Ausgaben selbst, also Tabellen und Grafiken. Per doppeltem Mausklick k¨onnen vor allem die Grafiken editiert werden. Sehr schnell lassen sich so Farbe, Achsenskalierung und Beschriftungen ¨ andern. Sollen Grafiken separat abgespeichert werden, so k¨ onnen unter Rechte Maustaste → Exportieren viele g¨angige Grafikformate ausgew¨ ahlt werden. Auf der linken Leiste des Fensters sind u ¨bersichtlich alle bisherigen Outputs angeordnet. Diese k¨ onnen per Mausklick schnell aufgerufen, editiert bzw. gel¨ oscht werden. 9.1.3 Das Syntaxfenster ¨ Um sich einen schnellen Uberblick zu verschaffen, gen¨ ugt es oft u ¨ber eine Best¨ atigung per Mausklick (’OK ’) Grafiken und Tabellen ins Outputfenster zu schicken. Damit Ergebnisse nicht verloren gehen, kann selbstverst¨andlich der gesamte Output abgespeichert werden (.spo). Leider ist dies sehr speicherplatzintensiv und bietet auch nicht die M¨ oglichkeit im Nachhinein nachzuvollziehen wie Grafiken und Tabellen produziert wurden. Als L¨ osung bietet es sich an, anstelle der Ausgabe die Syntax zu speichern. Hierf¨ ur wird einfach anstelle der einfachen Best¨atigung (also ’OK’) der Button ’Einf¨ ugen’ angeklickt. Es ¨ offnet sich ein neues Fenster (das Syntaxfenster)
292
9. Einf¨ uhrung in SPSS
mit dem Programmcode. Durch Klicken auf den ⊲ - Button wird der markierte Teil der Synatx ausgef¨ uhrt. Durch Kopieren und Einf¨ ugen k¨ onnen so auch sehr schnell ¨ahnliche Operationen durchgef¨ uhrt werden.
9.2 Ein praktisches Beispiel Wir betrachten den Datensatz ’autodatensatz.sav’ (entspricht dem SPSSDatensatz ’cars.sav’). Dieser ist auch unter ’www.stat.uni-muenchen.de/institut/ag/toutenb/daten’ zu finden. An verschiedenen Autos wurden die Merkmale ’mpg’ (Gefahrene Meilen pro Gallone), ’Hubraum’, ’PS’, ’Gewicht’, ’Beschleunigung’, ’Baujahr’, ’Herkunftsland’ und ’Zylinder’ erhoben. Tabelle 9.1 zeigt einen Auszug aus dem Datensatz. ID . . 3 4 5 6 7 . .
mpg . . 18 15 18 16 17 . .
Hubraum . . 307 350 318 304 302 . .
PS . . 130 165 150 150 140 . .
Gewicht . . 3504 3693 3436 3433 3449 . .
Beschl. . . 12 12 11 12 11 . .
Baujahr . . 70 70 70 70 70 . .
Land . . 1 1 1 1 1 . .
Zylinder . . 8 8 8 8 8 . .
Tabelle 9.1. Auszug aus dem Datensatz
Ziel der Untersuchung war unter anderem herauszufinden welche Merkmale einen Einfluss auf die Variable ’mpg’ besitzen. In anderen Worten k¨onnte man sagen, dass von Interesse ist, welche Eigenschaften den Verbrauch der Autos erh¨ ohen bzw. vermindern. Wir wollen nun systematisch erl¨ autern, analog zum Aufbau des Buches, wie SPSS angewendet werden kann. 9.2.1 Aufbau des Datensatzes Wie in Kapitel 1 beschrieben wollen wir uns zuallererst Gedanken u ¨ber unsere Daten machen. Wir wissen, dass die einzelnen Autos unsere Unterschungseinheiten darstellen und durch die Zeilen in SPSS repr¨asentiert werden. Die einzelnen Merkmale finden wir in den Spalten von SPSS.
9.2 Ein praktisches Beispiel
293
Wir stellen fest, dass sowohl metrische Merkmale vorliegen (wie beispielsweise ’Beschleunigung’) als auch kategoriale (’Herkunftsland’). Um dieses Wissen SPSS mitzuteilen wechseln wir in die Variablenansicht und geben in der letzten Spalte das Messniveau ein. ’Herstellungsland’, ’Baujahr’ und ’Zylinder’ werden dabei als nominal bzw. ordinal gekennzeichnet, die u ¨brigen Variablen als metrisch. Unter dem Unterpunkt ’Wertelabels’ k¨ onnen wir nun die Codierung der Variable ’Herkunftsland’ angeben: ’1’ steht f¨ ur alle amerikanischen Autos, ’2’ f¨ ur alle europ¨ aischen und ’3’ f¨ ur Autos japanischer Herkunft. Die Daten liegen also vor und sind sachgerecht aufgearbeitet worden, so dass mit der Analyse begonnen werden kann. 9.2.2 Deskriptive Analyse Wir wollen nun ad¨ aquate Verfahren aus Kapitel 2 und Kapitel 3 anwenden ¨ um einen ersten Uberblick u ¨ber die Daten zu erhalten. Deskriptive Analyse f¨ ur einzelne Variablen. Man ben¨ utzt Analysieren → Deskriptive Statistiken → H¨aufigkeiten • f¨ ur diskrete Variablen, • um eine H¨ aufigkeitstabelle auszugeben, • um Lage- und Streuungsmaße auszugeben. Ben¨ utzen Sie Analysieren → Deskriptive Statistiken → Deskriptive Statistiken • f¨ ur stetige Variablen, • um standardisierte Variablen zu berechnen. Leider fehlen hier Masszahlen wie der Modus und der Median. Beispiel 9.2.1. F¨ ur die diskrete Variable ’Zylinder’ erhalten wir von SPSS unter anderem folgende Outputs: Statistiken Anzahl der Zylinder | --------------- | ------| N | G¨ ultig | | ------| | Fehlend | --------------- | ------| Mittelwert | ------------------------| Median | ------------------------| Modus | ------------------------| Standardabweichung | ------------------------| Summe | --------------- | -------
| | | | | | | | | | | | | | |
----- | 405 | ----- | 1 | ----- | 5.47 | ----- | 4.00 | ----- | 4 | ----- | 1.710 | ----- | 2215 | ------|
294
9. Einf¨ uhrung in SPSS
Wir k¨ onnen nun alle Informationen u ¨ber die Variable ablesen. Optional w¨ are es nat¨ urlich m¨ oglich gewesen auch noch Maße zur Streuung, Perzentile und Verteilung ausgeben zu lassen. Sch¨ on ist in diesem Beispiel der Unterschied von Median und Mittelwert zu erkennen.
Anzahl der Zylinder | ------- | ---------| | | ------- | ---------| G¨ ultig | 3 Zylinder | | ---------| | 4 Zylinder | | ---------| | 5 Zylinder | | ---------| | 6 Zylinder | | ---------| | 8 Zylinder | | ---------| | Gesamt | ------- | ---------| Fehlend | System | ------- | ---------| Gesamt | --------------------
| | | | | | | | | | | | | | | | | | |
---------H¨ aufigkeit ---------4 ---------207 ---------3 ---------84 ---------107 ---------405 ---------1 ---------406 ----------
| | | | | | | | | | | | | | | | | | |
------Prozent ------1.0 ------51.0 ------.7 ------20.7 ------26.4 ------99.8 ------.2 ------100.0 -------
| | | | | | | | | | | | | | | | | | |
---------------G¨ ultige Prozente ---------------1.0 ---------------51.1 ---------------.7 ---------------20.7 ---------------26.4 ---------------100.0 ----------------
| | | | | | | | | | | | | | | | ---------------- | | ---------------- |
---------Kum. Proz. ---------1.0 ---------52.1 ---------52.8 ---------73.6 ---------100.0 ----------
| | | | | | | | | | | | | | ---------- | | -----------| | ---------- |
Wir sehen, dass die Autos im wesentlichen 4 oder 6 oder 8 Zylinder aufweisen. Anhand der kumulierten Prozente k¨ onnten wir auch eine Verteilungsfunktion zeichnen. F¨ ur die stetige Variable ’Hubraum’ erhalten wir folgenden Output Deskriptive Statistik | --------------------------| | --------------------------| Hubraum (cu. inches) | --------------------------| G¨ ultige Werte (Listenweise) | ---------------------------
| | | | | | |
--N --406 --406 ---
| | | | | | |
------Minimum ------4 -------
| | | | | | ------- |
------Maximum ------455 -------
| | | | | | ------- |
---------Mittelwert ---------194.04 ----------
| | | | | | ---------- |
-------------| Standardabw. | -------------| 105.207 | ----------- | | -------------|
Deutlich ist zu erkennen, dass nur ein Lagemass ausgegebn wird, n¨amlich das aritmethische Mittel. Kreuztabellen. Man verwendet Analysieren → Deskriptive Statistiken → Kreuztabellen um sich eine Kreuztabelle ausgeben zu lassen. Man ben¨otigt daf¨ ur nat¨ urlich diskrete Variablen und erh¨ alt dann eine zweidimensionale Tabelle. Optional k¨ onnen auch weitere Schichtungsvariablen eingef¨ uhrt werden und Assoziationsstatistiken (wie z.B. der Kontingenzkoeffizient) berechnet werden. Beispiel 9.2.2. F¨ ur unseren Autodatensatz wollen wir die beiden (diskreten) Merkmale ’Herstellungsland’ und ’Zylinder’ gegeneinander auflisten, um zu sehen ob ein Zusammenhang vermutet werden kann. Wir erhalten folgenden Output:
9.2 Ein praktisches Beispiel
Anzahl der Zylinder * Herstellungsland Kreuztabelle Anzahl | -------- | ---------- | --------------------------- | -----| | | Herstellungsland | Gesamt | | | ---------- | ------ | ----- | | | | Amerika | Europa | Japan | | -------- | ---------- | ---------- | ------ | ----- | -----| Anzahl | 3 Zylinder | 0 | 0 | 4 | 4 | der | ---------- | ---------- | ------ | ----- | -----| Zylinder | 4 Zylinder | 72 | 66 | 69 | 207 | | ---------- | ---------- | ------ | ----- | -----| | 5 Zylinder | 0 | 3 | 0 | 3 | | ---------- | ---------- | ------ | ----- | -----| | 6 Zylinder | 74 | 4 | 6 | 84 | | ---------- | ---------- | ------ | ----- | -----| | 8 Zylinder | 107 | 0 | 0 | 107 | -------- | ---------- | ---------- | ------ | ----- | -----| Gesamt | 253 | 73 | 79 | 405 | --------------------- | ---------- | ------ | ----- | ------
295
| | | | | | | | | | | | | | | | |
Es scheint, als w¨ urden Autos mit 6 und 8 Zylindern im Wesentlichen in Amerika gebaut werden, 4 Zylinder-Autos dagegen eher in Europa und Japan. Um diese Vermutung zu best¨ atigen, brauchen wir Assoziationsmaße wie beispielsweise den Kontingenzkoeffizienten. In den Optionen kann auch eingestellt werden, diese Werte mit auszugeben. Auf die Details werden wir sp¨ater noch einmal zu sprechen kommen. Explorative Analyse. Eine explorative Analyse kann unter Analysieren → Deskriptive Statistiken → Explorative Datenanalyse durchgef¨ uhrt werden. Unter anderem kann dort auch ein Stamm - und - Blatt Diagramm erstellt werden. ¨ Grafiken. Ubliche Grafiken wie Stabdiagramm, Kreisdiagramm oder Histogramm k¨ onnen in SPSS ganz einfach u us ’Gra¨ber die Unterpunkte des Men¨ fiken’ erstellt werden. Ob die Auswertung u ¨ber die Kategorien einer Variablen gehen soll oder u ¨ber verschiedene Variablen ist die erste Frage von SPSS. Beispiel 9.2.3. Eine sch¨ one Eigenschaft von SPSS ist, dass Auswertungen sehr leicht und in sehr vielen F¨ allen f¨ ur verschiedene Untergruppen durchgef¨ uhrt werden k¨onnen. Wir betrachten zuerst das Balkendiagramm der Variable ’Zylinder’ in Abbildung 9.1. Wir erkennen, dass vor allem 4, 6 und 8 zylindrige Autos hergestellt werden. Wollen wir uns nun das Balkendiagramm aufgeteilt nach dem Herkunftsland anschauen, so geben wir zuerst an, dass wir das Balkendiagramm gruppiert haben wollen, also nicht einfach. F¨ ur die Kategorienachse w¨ahlen wir die Variable ’Zylinder’, f¨ ur die Gruppenvariable die Variable ’Herkunftsland’. Das Ergebnis ist in Abbildung 9.2 zu sehen. Unsere Vermutung der Kreuztabelle wird auch hier noch einmal deskriptiv best¨atigt. Eine geringere Zylinderanzahl ist vor allem im europ¨ aischen und japanischen Raum vertreten, eine hohe Anzahl dagegen vor allem in den USA.
296
9. Einf¨ uhrung in SPSS
Abb. 9.1. Balkendiagramm der Variable ’Zylinder’
Abb. 9.2. Balkendiagramm der Variable ’Zylinder’ aufgesplittet nach dem Herkunftsland
F¨ ur stetige Daten kann selbstverst¨ andlich ein Histogramm gezeichnet werden. Leider bietet SPSS nicht die M¨ oglichkeit einfach und variabel die Klassengr¨ oße zu definieren. So ist die Breite der Klassen immer gleich groß. Im Zweifelsfall sollte hier auf andere Programmpakete zur¨ uckgegriffen werden. Abbildung 9.3 zeigt ein Histogramm der Variablen ’mpg’. Dies ist insofern relevant, als dass man sich einen ersten Einblick u ¨ber die Zielvariable machen kann. Das Hauptaugenmerk in solch einer Analyse soll auch auf einer
9.2 Ein praktisches Beispiel
297
Regression liegen. Es kann von Vorteil sein, sich im Vorfeld ein Bild u ¨ber die zu interessierende Gr¨ oße zu machen.
Abb. 9.3. Histogramm der Variable ’mpg’
Boxplots. Ein beliebtes Instrument w¨ ahrend der ersten Analyse sind auch Boxplots. Unter Grafiken → Boxplots k¨ onnen einfache oder gruppierte Boxplots ausgew¨ahlt werden. Beispiel 9.2.4. Wir ¨ offnen unseren Autodatensatz und w¨ahlen den einfachen (also nicht gruppierten) Fall aus und bestimmen ’mpg’ als unsere Variable, sowie das ’Herkunftsland’ als Kategorienachse. SPSS liefert uns einen Output wie in Abbildung 9.4 zu sehen. Man kann sehr sch¨ on die Rangfolge der Boxplots erkennen. Der amerikanische Median liegt deutlich unter dem europ¨aischen, dieser wiederum deutlich unter dem japanischen. Um die Fragestellung unterschiedlicher Mittelwerte in den Gruppen genauer zu untersuchen, werden jedoch Methoden der induktiven Statistik ben¨ otigt. 9.2.3 Zusammenhangsanalyse Analog zu Kapitel 4 wollen wir nun erarbeiten welche Standardmethoden wir f¨ ur den Zusammenhang zweier Merkmale ben¨ utzen k¨onnen.
298
9. Einf¨ uhrung in SPSS
Abb. 9.4. Boxplot der Variable ’mpg’ aufgesplittet nach dem Herkunftsland
¨ Korrelation. Um einen ersten Uberblick u ¨ber den Zusammenhang verschiedener Variablen zu bekommen k¨ onnen wir uns u ¨ber Analysieren → Korrelation → Bivariat die Korrelationen ausgeben lassen. Optional kann angegeben werden, welcher Korrelationskoeffizient ben¨ utzt werden soll. F¨ ur metrische Daten empfiehlt sich der Koeffizient nach Bravais-Pearson, f¨ ur ordinale dagegen der von Spearman. Beispiel 9.2.5. F¨ ur unseren Autodatensatz ist vor allem die Zielvariable ’mpg’ interessant. Ein Auszug aus der Korrelationstabelle von SPSS liefert folgende Ergebnisse: Meilen PS Gewicht Beschl. Baujahr Zylinder
Meilen 1 -0.771 -0.807 0.434 0.576 -0.774
PS -0.771 1 0.859 -0.701 -0.419 0.844
Gewicht -0.807 0.859 1 -0.415 -0.310 0.895
Beschl. 0.434 -0.701 -0.415 1 0.308 -0.528
Baujahr 0.576 -0.419 -0.310 0.308 1 -0.357
Zylinder -0.774 0.844 0.895 -0.528 -0.357 1
Wir stellen fest, dass mit ’mpg’ vor allem die Variablen ’PS’, ’Gewicht’ und ’Anzahl der Zylinder’ negativ korreliert sind. Je gr¨oßer die Werte dieser Variablen sind, desto geringer ist die Zahl der mit einer bestimmten Benzinmenge zur¨ uckgelegten Meilen. Positiv korreliert mit ’mpg’ sind die Merkmale ’Beschleunigung’ und ’Baujahr’. Sie stehen f¨ ur technischen Fortschritt und erh¨ ohen die Leistungsf¨ ahigkeit des Autos! Besonders große paarweise Korrelationen finden wir bei:
9.2 Ein praktisches Beispiel
(PS, Gewicht)
(PS, Zylinder)
299
(Gewicht, Zylinder)
Wir erkennen, dass unter den drei Einflußgr¨ oßen ’PS’, ’Anzahl Zylinder’ und ’Gewicht’ hohe Korrelationen auftreten, was auf eine starke Abh¨angigkeit hindeutet. Streudiagramme. Ein weiteres wichtiges Werkzeug bei der Untersuchung von Zusammenh¨angen sind Streudiagramme. In SPSS w¨ahlt man Grafiken → Streudiagramm um sie zu erzeugen. Neben normalen Streudiagrammen zweier Variablen k¨ onnen auch ganze Diagramm-Matrizen erzeugt werden. Hat man viele Variablen, die f¨ ur einen Zusammenhang in Frage kommen, so kann man sich ¨ einen einfachen und schnellen Uberblick verschaffen. Mit einem Doppelklick auf den Output und anschließender Auswahl von ’Elemente’ und ’Anpassungslinie’ kann dem Streudiagramm eine Regressionsgerade hinzugef¨ ugt werden. Beispiel 9.2.6. Wir lassen uns von SPSS verschiedenste Streudiagramme ausgeben und erhalten die Grafiken aus Abbildung 9.5. Die Grafiken zeigen die negativen Korrelationen (Mpg, Hubraum), (Mpg, PS) und die positiven Korrelation (Mpg, Beschleunigung) - aufgesplittet nach dem Herstellungsland. Die USA scheinen dabei Autos mit der geringsten Leistungsf¨ ahigkeit (’mpg’) herzustellen. Ob jedoch noch eine weitere verdeckte Variable wie beispielsweise ’Gewicht’ das Ergebnis beeinflusst hat, w¨are eine interessante Fragestellung und im weiteren Verlauf der Analyse zu kl¨aren. Assoziationsmaße. In Kapitel 4 wurden die wichtigsten Zusammenhangsmaße wie χ2 , der Kontingenzkoeffizient und Modifikationen davon besprochen. Selbstverst¨andlich bietet SPSS die M¨ oglichkeit alle diese Maße auch wirklich anzuwenden. Man definiert sich die f¨ ur eine interessante Kreuztabelle unter Analysieren → Deskriptive Statistiken → Kreuztabellen und w¨ ahlt dann unter dem Punkt ’Statistik’ die in Frage kommenden Maße aus. Beispiel 9.2.7. Wir betrachten erneut Beispiel 9.2.2. F¨ ur die dortige Kreuztabelle liefert uns SPSS u.a. folgende Zusammenhangsmaße: Maß Wert
χ2 185.79
C 0.561
Φ 0.677
Cramer-V 0.479
Wir erkennen, dass trotz feiner Unterschiede alle Maße einen mittelstarken Zusammenhang zwischen der ’Anzahl an Zylinder’ und dem ’Herstellungsland’ prognostizieren.
300
9. Einf¨ uhrung in SPSS
Abb. 9.5. Zusammenhang zwischen ’Gefahrene Meilen’ und den Variablen ’Hubraum’, ’PS’ und ’Beschleunigung’
9.2.4 Lineare Regression Wie in Kapitel 5 beschrieben, l¨ aßt sich der Zusammenhang zweier Variablen mit Hilfe einer linearen Regression quantifizieren. SPSS bietet hierf¨ ur die M¨ oglickeit unter Analysieren → Regression → Linear Sehr einfach k¨ onnen hier Zielgr¨ oße und Einflussvariable ausgew¨ahlt werden. Beispiel 9.2.8. Wir interessieren uns daf¨ ur, ob die Zielgr¨oße ’mpg’ von der Variable ’PS’ beeinflusst wird. Dazu fitten wir in SPSS ein lineares Modell der Form: M eilen pro Gallone = a + b · P S SPSS liefert uns u.a. folgende Outputs Model 1
R 0.771
R square 0.595
Adj. R-Sq 0.594
Std. Error 4.974
9.2 Ein praktisches Beispiel
Model 1
(Constant) PS
B 39.855 -.157
Std. Error .730 .007
t 54.578 -23.931
301
Sig. 0.000 .000
Im ersten Output erkennen wir die G¨ ute der Anpassung. Das R2 liegt bei 0.595, der Anteil der von der Regression erkl¨arten Streuung liegt also bei etwa 60%. Im zweiten Output erkennen wir die Sch¨ atzungen f¨ ur die Koeffizienten (a = 39.855, b = −0.157). SPSS schl¨ agt also folgendes Modell vor: M eilen pro Gallone = 39.855 − 0.157 · P S Je PS-Einheit verringert sich die Strecke, die mit einer Gallone Benzin gefahren werden kann, also um 0.157 Meilen. F¨ ur eine genauere Interpretation der gesamten Outputs ist ein Wissen u ¨ber multiple lineare Regression notwendig (siehe dazu Toutenburg, Induktive Statistik ). 9.2.5 Weiterf¨ uhrende Analysen In diesem Beispiel haben Sie ein erstes Gef¨ uhl f¨ ur den Umgang mit SPSS bekommen. Die Devise lautet ’Learning by doing’, selbstverst¨andlich bietet SPSS noch mehr M¨ oglichkeiten als die bisher beschriebenen. Dazu ist aber auch oft ein detaillierteres Wissen u ¨ber die induktive Statistik notwendig. F¨ ur die in Kapitel 6 beschriebenen Methoden zu Zeitreihen betrachten Sie bitte Kapitel 6.7, ein ausf¨ uhrliches Beispiel mit SPSS finden Sie dort. Hilfsmittel f¨ ur die in Kapitel 7 beschriebenen Verh¨altniszahlen und Indizes finden Sie nicht in SPSS, ebenso wie eine ad¨ aquate Auswahlm¨oglichkeit an Methoden zu fehlenden Daten (Kapitel 8). Hierf¨ ur bieten sich vor allem Programmpakete wie R oder S-Plus an.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben
Vorbemerkungen ¨ Wir stellen im Folgenden m¨ ogliche L¨ osungswege zu den Ubungsaufgaben dieses Buches vor. Gibt es mehrere L¨ osungswege, so beschr¨anken wir uns auf einen. Zu den theoretischen Aufgaben, die dem Leser zur Kontrolle des Stoffs dienen sollen, werden im allgemeinen keine L¨osungen angegeben. Der Leser sei hierzu auf das entsprechende Kapitel verwiesen. Bei der L¨osung der ¨ Ubungsaufgaben geben wir die zugrundeliegende Formel nur durch die entsprechende Gleichungsnummer an. Sind in einem L¨osungsweg Zwischenergebnisse angegeben, so sollen diese dem Leser zur Kontrolle dienen. Es wird jedoch nicht immer mit den gerundeten Zwischenergebnissen weitergerechnet, sondern h¨ aufig mit dem exakten Wert.
304
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 1
L¨ osung zu Aufgabe 1.1: a) Die Grundgesamtheit besteht aus allen Mitarbeitern des Unternehmens. Dazu z¨ ahlen Angestellte, Arbeiter, Aushilfskr¨afte. Jeder einzelne Mitarbeiter ist eine Untersuchungseinheit. b) Die Grundgesamtheit besteht aus allen Studenten, die an der Klausur teilgenommen haben. Der einzelne Student ist die Untersuchungseinheit. c) Zur Grundgesamtheit z¨ ahlen alle Personen im Untersuchungsgebiet (Stadt, Landkreis, Bundesland, . . .), die an Bluthochdruck leiden. Die einzelne Person ist dann die Untersuchungseinheit. Es wird in der Regel keine Vollerhebung sondern nur eine Stichprobenerhebung durchgef¨ uhrt. L¨ osung zu Aufgabe 1.3: a) b) c) d) e)
Bewegungsmasse Bestandsmasse Bewegungsmasse Bewegungsmasse Bestandsmasse
L¨ osung zu Aufgabe 1.5: a) nominalskaliert, m¨ ogliche Auspr¨ agungen sind ‘blau’, ‘braun’, und ‘sonstige’. b) metrisch skaliert (Verh¨ altnisskala), die Auspr¨agungen werden in Zeiteinheiten (min., Std., Tage) gemessen, der nat¨ urliche Nullpunkt ist der Produktionsbeginn; c) metrisch skaliert (Verh¨ altnisskala), die Auspr¨agungen werden in Jahren gemessen, der nat¨ urliche Nullpunkt ist die Geburt; d) metrisch skaliert (Intervallskala), die Auspr¨ agungen werden in Jahren gemessen, das Jahr Null (Geburt Christi) ist kein nat¨ urlicher Nullpunkt; e) metrisch skaliert. Da EUR keine nat¨ urliche Einheit ist, liegt eine Verh¨altnisskala vor. f) nominal skaliert, da die Ziffern nur als Zeichen bzw. Identifikationsnummer zu interpretieren sind; g) metrisch skaliert. Da cm keine nat¨ urliche Einheit ist, liegt eine Verh¨altnisskala vor. h) ordinalskaliert, da die Platzierungen nur eine Rangordnung angeben; i) metrisch skaliert (Verh¨ altnisskala), da kg keine nat¨ urliche Einheit sind; j) ordinalskaliert, da die Schwierigkeitsgrade nur eine Reihenfolge erstellen; k) ordinalskaliert, falls die Auspr¨ agungen die Windst¨arken 0, 1, 2, . . . (in Beaufort) sind; Das Merkmal ist verh¨ altnisskaliert, falls die Windgeschwindigkeit in m/s gemessen wird. L¨ osung zu Aufgabe 1.6: Verkehrsmittel ist ein qualitatives, diskretes Merkmal, das auf einer Nominalskala gemessen wird.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 1
305
Fahrzeit ist ein quantitatives, metrisch skaliertes Merkmal, das in Minuten und damit diskret gemessen wird. Gibt es sehr viele Auspr¨agungen, so kann die Fahrzeit auch als (quasi-)stetiges Merkmal aufgefasst werden. Gemessen wird die Fahrzeit auf einer Verh¨altnisskala. Studienfach ist wieder ein qualitatives nominalskaliertes Merkmal. Studienordnung ist ebenfalls ein qualitatives, nominalskaliertes Merkmal. Hierbei ist das Besondere, dass die Merkmalsauspr¨agung f¨ ur alle Studenten, die nicht BWL oder VWL studieren, automatisch ‘fehlend’ ist, da f¨ ur diese Studenten das Merkmal nicht erhoben werden kann, da die Unterscheidung in alte und neue Pr¨ ufungsordnung nur f¨ ur BWL und VWL existiert. Anzahl der Versuche ist ein quantitatives, metrisch skaliertes, diskretes Merkmal. Da die Anzahl eine nat¨ urliche Einheit ist, wird das Merkmal auf einer Absolutskala gemessen. Studienbeginn stellt eine Sonderform dar. Es handelt sich hierbei um zwei Merkmale. Erstens das qualitative, nominalskalierte Merkmal ‘Semester’ (Sommersemester oder Wintersemester) und zweitens das Jahr des Studienbeginns, das ein quantitatives, metrisch skaliertes Merkmal ist, welches auf einer Intervallskala gemessen wird. Die Kombination beider Merkmale zu Auspr¨ agungen der Form ‘April 1996’ f¨ ur ‘Sommersemester’ und ‘1996’, bzw. ‘Oktober 1996’ (‘Wintersemester’, ‘1996’) ergibt ein intervallskaliertes Merkmal. Semesterwochenstunden ist ein quantitatives, metrisch skaliertes, diskretes Merkmal. Analog zur Fahrzeit kann auch die Anzahl der Semesterwochenstunden als (quasi-)stetig aufgefasst werden. Gemessen wird auf einer Absolutskala, da die Anzahl eine nat¨ urliche Einheit ist. Mathematische Vorkenntnisse ist ein qualitatives, ordinalskaliertes Merkmal in dem Sinne, dass die einzelnen Auspr¨ agungen einer Rangordnung unterliegen, wenn man davon ausgeht, dass der Lehrplan im ‘Leistungskurs Mathematik’ den Lehrplan im ‘Grundkurs Mathematik’ einschließt und die ‘Vorlesung Mathematik’ noch umfangreicher ist. Baf¨ og-Empf¨ anger und Nebenbei jobben sind qualitative, nominalskalierte Merkmale. Da nur zwei Merkmalsauspr¨ agungen vorkommen, werden diese Merkmale auch als bin¨ are Merkmale bezeichnet. Monatliche Kaltmiete ist ein quantitatives, metrisch skaliertes, stetiges Merkmal, das auf einer Verh¨ altnisskala gemessen wird. Geschlecht ist ein qualitatives, nominalskaliertes Merkmal mit zwei m¨oglichen Auspr¨ agungen, also ein bin¨ ares Merkmal. Familienstand ist ein qualitatives, nominalskaliertes Merkmal. Alter, K¨ orpergr¨ oße und K¨orpergewicht sind quantitative, metrisch skalierte, diskrete Merkmale. Da bei allen drei Merkmalen jedoch sehr viele Merkmalsauspr¨ agungen vorkommen, k¨ onnen wir diese Merkmale auch als (quasi-)stetig auffassen. Alle drei Merkmale sind verh¨altnisskaliert.
306
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 1
L¨ osung zu Aufgabe 1.9: a) Die Mitarbeiterzufriedenheit k¨ onnte anhand einer Befragung erhoben werden. M¨ ogliche Merkmale f¨ ur die Zufriedenheit w¨aren ‘Verh¨altnis zu den Kollegen’, ‘Verh¨ altnis zu Vorgesetzten’, ‘pers¨onliche Einsch¨atzung der Zufriedenheit’. Dies sind alles ordinale Merkmale, die auf einer entsprechenden Skala zu messen w¨ aren. Um diese Antworten sinnvoll einsch¨atzen zu k¨ onnen, m¨ ussen die Untersuchungseinheiten (Mitarbeiter) auch m¨oglichst gut charakterisiert werden. Neben allgemeinen demografischen Merkmalen wie ‘Alter’, ‘Geschlecht’, . . . sind daher Merkmale wie ‘Abteilung’, ‘Position’, ‘Gehalt’ ‘Dauer der Zugeh¨ origkeit zum Unternehmen’, . . . wichtig. b) Die Untersuchung des Einflusses von Bew¨ asserung und D¨ ungung auf den Ertrag verschiedener Getreidesorten ist ein klassisches Beispiel f¨ ur ein Experiment. Zun¨ achst muss gekl¨ art werden, welche Bew¨asserungsmengen und welche D¨ ungearten und -mengen in Frage kommen. Darauf basierend ist ein Versuchsplan zu erstellen, der Kombinationen Bew¨asserung/D¨ ungung festlegt. Diese festgelegten Wertekombinationen werden dann in dem Experiment erprobt und der so gewonnene Ertrag wird festgehalten. c) Die Eignung von Spielger¨ aten f¨ ur Kleinkinder k¨onnte durch eine Beobachtung gepr¨ uft werden. W¨ ahrend die Kinder die Spielsachen benutzen, werden Merkmale wie ‘Greifbarkeit der Gegenst¨ande’, ‘Handhabung durch das Kind’, ‘Gefahren beim Umgang mit den Gegenst¨anden’, ‘Welche Spielsachen sind interessanter’ erhoben. Um die Ergebnisse einsch¨atzen zu k¨ onnen, sind wiederum Merkmale wie ‘Alter’, ‘soziales Umfeld’, ‘Geschlecht’, ‘K¨ orpergr¨ oße’, . . . , die die Untersuchungseinheiten charakterisieren, wichtig. d) Als Erhebungstechnik bietet sich eine Befragung von Personalchefs an, wobei evtl. auch auf Sekund¨ arerhebungen zur¨ uckgegriffen werden muss. Die Arbeitsmarktsituation l¨ asst sich durch Merkmale wie ‘Anzahl offener Stellen’, ‘Anzahl der Bewerber je Stelle’, ‘wichtige Einstellungskriterien’, . . . beschreiben. Wichtige Einstellungskriterien w¨aren beispielsweise ‘Auslandserfahrung’, ‘Fremdsprachenkenntnisse’, ‘EDV-Kenntnisse’, . . . Dar¨ uber hinaus sind auch demografische Merkmale wichtig. e) Die Konjunktursituation k¨ onnte durch eine Befragung von Kleinbetrieben erhoben werden. Wichtige Merkmale sind ‘Einsch¨atzung der Konjunktur durch die Kleinbetriebe’, ‘Auftragslage’, ‘Gewinnspanne’. Die Charakterisierung der Untersuchungseinheiten kann durch ‘Branche’, ‘Besch¨aftigtenzahl’, ‘Umsatz’, . . . erfolgen. L¨ osung zu Aufgabe 1.10: Wir kodieren die Merkmalsauspr¨agungen der qualitativen Merkmale wie in Tabelle L.1 angegeben. SPSS behandelt fehlende Eintr¨ age in der Datenmatrix automatisch als sogenannte ‘System-Missing’-Werte. Daher ist in diesem Fall keine spezielle Kodierung notwendig. Die Auspr¨ agungen der nominalen und ordinalen Merkmale werden entsprechend der Reihenfolge im Fragebogen beginnend mit ‘1’
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 1
307
Tabelle L.1. Kodierliste Merkmal Verkehrsmittel
Studienfach
Pr¨ ufungsordnung Studienbeginn (Semester) Math. Vorkenntnisse
Baf¨ og-Empf¨ anger Nebenbei jobben Geschlecht Familienstand
Merkmalsauspr¨ agung Deutsche Bahn o ¨ffentlicher Nahverkehr Pkw, Motorrad, Mofa Fahrrad anderes BWL VWL anderes APO NPO Wintersemester Sommersemester kein Vorwissen Grundkurs Mathematik Leistungskurs Mathematik Vorlesung Mathematik ja nein ja nein weiblich m¨ annlich ledig verheiratet geschieden verwitwet
Kodierung 1 2 3 4 5 1 2 3 1 2 1 2 1 2 3 4 1 2 1 2 1 2 1 2 3 4
fortlaufend kodiert. Eine besondere Rolle kommt dem Merkmal ‘Pr¨ ufungsordnung’ zu. Da diese Frage nur von BWL- und VWL-Studenten beantwortet werden kann, haben alle anderen Untersuchungseinheiten hier keine Merkmalsauspr¨ agung. Diese ‘fehlend’-Auspr¨ agung ist jedoch nicht mit einer ‘fehlend’-Auspr¨ agung gleichzusetzen, falls ein BWL-Student die Frage nicht beantwortet hat. Daher sollte diese Auspr¨ agung auch eine spezielle Kodierung, z. B. die ‘−1’ erhalten.
308
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
L¨ osung zu Aufgabe 2.2:
Count
a) Das Merkmal X ‘Punkte’ ist quantitativ diskret. Daher ist ein Stab- oder Balkendiagramm die geeignete Darstellung, da die Ordnung des Merkmals ber¨ ucksichtigt werden kann. Abbildung L.1 zeigt ein mit SPSS erzeugtes Balkendiagramm. SPSS zeigt dabei nur die Balken mit einer absoluten H¨ aufigkeit gr¨ oßer als Null an, deshalb ist die Achsenskalierung falsch, der Wert ‘3’ fehlt auf der x-Achse. 30
20
10
0 0
1
2
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17
Abb. L.1. Balkendiagramm der erreichten Punkte
Schauen wir uns noch das Stabdiagramm mit der richtigen Achsenskalierung in Abbildung L.2 zum Vergleich an. 18 b) Es ist n = j=1 nj = 120. Wir berechnen mit (2.2) die relativen H¨aufigkeiten und erhalten mit (2.3) die empirische Verteilungsfunktion F (x) an den Stellen aj wie in Tabelle L.2 angegeben. Tabelle L.2. Berechnung der empirischen Verteilungsfunktion des Merkmals ‘Punkte’ aj 0 1 2 3 4 5 6 7 f (aj ) 4/120 1/120 1/120 0 7/120 5/120 6/120 4/120 F (aj ) 4/120 5/120 6/120 6/120 13/120 18/120 24/120 28/120 aj 8 9 10 11 12 13 14 f (aj ) 7/120 7/120 17/120 22/120 13/120 16/120 1/120 F (aj ) 35/120 42/120 59/120 81/120 94/120 110/120 111/120 aj 15 16 17 18 f (aj ) 5/120 2/120 2/120 0 F (aj ) 116/120 118/120 120/120 120/120
Abbildung L.3 zeigt die Darstellung der Verteilungsfunktion mit SPSS. Die Spalte ‘Cumulative Percent’ gibt die Werte an. Dabei ist zu beach-
309
10 0
5
absolute Häufigkeiten
15
20
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
0
1
2
4
5
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9
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17
Punkte
Abb. L.2. Stabdiagramm der erreichten Punkte
ten, dass Merkmalsauspr¨ agungen aj , die nicht beobachtet wurden, in der Tabelle nicht erscheinen. Es ist z. B. F (3) = F (2) = 0.05 (5 %). Da das Merkmal ‘Punkte’ diskret ist, ist die empirische Verteilungsfunktion eine Treppenfunktion. Abbildung L.4 stellt die Treppenfunktion dar. Eine entsprechende Darstellung in SPSS gibt es nicht. c) Die Klausur ist nicht bestanden, falls weniger als f¨ unf Punkte erreicht werden. Damit erhalten wir H(x < 5) = H(x ≤ 4) = F (4) =
13 = 0.108 . 120
L¨ osung zu Aufgabe 2.4: a) Wir erstellen die folgende Arbeitstabelle zur Berechnung der Verteilungsfunktion. Dabei sind die Grenzen ej die vorgegebenen Intervallgrenzen des gruppierten Monatseinkommens und die nj die Anzahl der Haushalte mit dem jeweiligen Monatseinkommen.
310
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
PUNKTE
Valid
0 1 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Total
Total
Frequency 4 1 1 7 5 6 4 7 7 17 22 13 16 1 5 2 2 120 120
Percent 3.3 .8 .8 5.8 4.2 5.0 3.3 5.8 5.8 14.2 18.3 10.8 13.3 .8 4.2 1.7 1.7 100.0 100.0
Valid Percent 3.3 .8 .8 5.8 4.2 5.0 3.3 5.8 5.8 14.2 18.3 10.8 13.3 .8 4.2 1.7 1.7 100.0
Cumulative Percent 3.3 4.2 5.0 10.8 15.0 20.0 23.3 29.2 35.0 49.2 67.5 78.3 91.7 92.5 96.7 98.3 100.0
Abb. L.3. SPSS-Listing der empirischen Verteilungsfunktion
1
0.75
0.5
0.25
0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Abb. L.4. Empirische Verteilungsfunktion der Punktzahlen
j 1 2 3 4 5 6
ej−1 0 1 200 1 800 3 000 5 000 10 000
ej 1 200 1 800 3 000 5 000 10 000 mehr
nj 4 500 5 200 5 000 2 700 3 400 1 300 22 100
fj 0.204 0.235 0.226 0.122 0.154 0.059 1
F (ej ) 0.204 0.439 0.665 0.787 0.941 1.000
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
311
Wir nehmen an, dass die Merkmalsauspr¨ agungen innerhalb einer Klasse gleichverteilt sind. Abbildung L.5 stellt den Polygonzug dar. Da die Klasse 6 offen ist, ist hier die Verteilungsfunktion nicht eindeutig definiert. Wir haben daher den Polygonzug nur bis (10 000, 0.941) gezeichnet.
0.941 0.787 0.665
0.439
0.204 0 0
1200 1800
3000
5000
10000
Abb. L.5. Verteilungsfunktion des Merkmals ‘Einkommen’
b) Die gesuchten Anteile der Haushalte berechnen sich wie folgt: H(X ≤ 1 500) = F (1 500)
1 500 − 1 200 = f1 + f2 600 1 = 0.204 + · 0.235 = 0.322 , 2 H(X > 5 400) = 1 − H(X ≤ 5 400) = 1 − F (5 400)
5 400 − 5 000 = 1 − F (5 000) + f5 5 000 = 1 − (0.787 + 0.08 · 0.154) = 0.201 , H(1 500 ≤ X ≤ 3 500) = H(X ≤ 3 500) − H(X < 1 500)
= F (3 500) − F (1 500)
3 500 − 3 000 = F (3 000) + f4 − 0.322 2 000 = 0.665 + 0.0305 − 0.322 = 0.374 .
L¨ osung zu Aufgabe 2.5: a) Wir erstellen die Arbeitstabelle zur Berechnung der absoluten H¨aufigkeiten nj aus den gegebenen Werten der empirischen Verteilungsfunktion
312
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
F (x). Aus den Differenzen der Werte der empirischen Verteilungsfunktion erhalten wir die relativen H¨ aufigkeiten fj der einzelnen Klassen. Die Multiplikation mit dem Gesamtumfang der Erhebung n = 200 ergibt die absoluten H¨ aufigkeiten nj . Mit Hilfe der relativen H¨aufigkeiten bestimmen wir noch die H¨ ohen f¨ ur das Histogramm. Klasse 1 2 3 4 5
ej−1 0 2 4 8 12
ej 2 4 8 12 20
dj 2 2 4 4 8
F (ej ) 0.25 0.65 0.75 0.95 1.00
fj 0.25 0.40 0.10 0.20 0.05 1
nj = nfj 50 80 20 40 10 200
b) Das Histogramm ist in Abbildung L.6 abgebildet.
0.10 0.00
0.05
Density
0.15
0.20
Histogram of pfund
0
5
10
15
20
pfund
Abb. L.6. Histogramm der verlorenen Pfunde
c) Wir berechnen H(x ≥ 9) = 1 − H(x ≤ 9) = 1 − F (9)
hj 0.125 0.2 0.025 0.05 0.006
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
⎛
= 1−⎝
3
fj +
j=1
= 1 − (0.75 +
313
⎞
9−8 ⎠ f4 4
1 · 0.2) = 0.2 , 4
d. h. 20% der Personen haben mindestens 9 Pfund abgenommen. d) Es ist H(2 ≤ x ≤ 6) = H(x ≤ 6) − H(X < 2) = F (6) − F (2) ⎛ ⎞ 2 6 − 4 =⎝ fj + 0.1⎠ − 0.25 4 j=1 = 0.65 + 0.05 − 0.25 = 0.45 ,
d. h. 45% der Personen haben zwischen 2 und 6 Pfund abgenommen. L¨ osung zu Aufgabe 2.6: a) Das Diagramm ist ein Histogramm. Da die Fl¨ache und nicht die H¨ohe proportional zur relativen H¨ aufigkeit ist, gibt die H¨ohe allein keinen Hinweis auf die relative H¨ aufigkeit der Dauer von Gespr¨achen. Bei gleicher Klassenbreite (di = dj ) ist aber hi /hj = fi /fj . Hier betrifft das die ersten f¨ unf Klassen. b) Die Klasse der gr¨ oßten H¨ aufigkeit ist die Klasse mit Gespr¨achen einer Dauer von 0 bis 1.5 Minuten (= 90 Sekunden). Der alte Preis f¨ ur ein Gespr¨ ach aus dieser Klasse betrug 23 Pfennig, der neue Preis betr¨agt 12 Pfennig. Die relative Preis¨ anderung betr¨ agt damit 11 12 − 23 100% = − 100% = −47.8% 23 23 Das heißt, es ist eine Preissenkung um etwa 48% f¨ ur diese Gespr¨ache eingetreten. L¨ osung zu Aufgabe 2.7: a) Das Merkmal ‘Wartezeit auf den n¨ achsten Kunden’ ist stetig, deshalb bietet sich die klassierte H¨ aufigkeitstabelle an. j 1 2 3 4
[ej−1 , ej ) [0, 8.5) [8.5, 23) [23, 46) [46, 119)
dj 8.5 14.5 23 73
nj 5 5 5 5 20
fj 0.25 0.25 0.25 0.25 1
hj 0.029 0.017 0.011 0.003
In jede Klasse fallen gleich viele Beobachtungen.
F (ej ) 0.25 0.5 0.75 1
314
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
0.015 0.000
0.005
0.010
Density
0.020
0.025
0.030
Histogramm
0
20
40
60
80
100
120
Wartezeit
Abb. L.7. Histogramm der Wartezeiten
b) Das Histogramm ist in Abbildung L.7 dargestellt. c) Die Klassengrenzen sind die sogenannten Quartile, vgl. die Definition der Quartile mit den Informationen der empirischen Verteilungsfunktion in der H¨ aufigkeitstabelle oder berechne die Quartile aus der Urliste. Also w¨ urde ein Boxplot der Urliste das gleiche darstellen wie die Abbildung L.7 außer das im Boxplot noch die ‘118’ als Ausreißer markiert werden ¨ w¨ urde. (Bestimmen Sie als Ubung den Boxplot der Daten!) d) Die Wartezeiten sind die Minuten, die er auf den n¨achsten Kunden wartet. Diese hat er an einem Tag erhoben, also hatte er an diesem Tag (56+2+7+...+64) = 10.45 Stunden mindestens ge¨offnet. 60 L¨ osung zu Aufgabe 2.8: a) Das Merkmal ‘Unternehmensart’ ist nominalskaliert. M¨ogliche grafische Darstellungen sind also Kreis- oder Balkendiagramm. Wobei das Kreisdiagramm bevorzugt wird, da es keine Ordnung darstellt. Der Umsatz ist ein quantitativ stetiges, also metrisch skaliertes Merkmal, die geeignete Darstellungsform ist das Histogramm. Das Merkmal ‘Einsch¨atzung 1997’ ist ordinalskaliert und sollte deshalb durch ein Balkendiagramm dargestellt werden, da hier die Ordnung in der Grafik erhalten bleibt.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
315
b) Wir erstellen die folgende Arbeitstabelle: Klasse 1 2 3
ej−1 0 500 1 000
ej 500 1 000
nj 3 5 2 10
fj 0.3 0.5 0.2 1.0
F (ej ) 0.3 0.8 1
Wir erhalten f¨ ur die gesuchte Klasse H(400 < x ≤ 600) = H(x ≤ 600) − H(X ≤ 400) = F (600) − F (400)
400 − 0 600 − 500 0.5 − 0.3 = f1 + 500 500 = 0.3 + 0.1 − 0.24 = 0.16 . Bei Verwendung der Originaldaten erhalten wir einen Anteil von 0.4, 4 von 10 Unternehmen haben einen Umsatz von mehr als 400 aber h¨ochstens 600 TDM. Die Annahme der Gleichverteilung innerhalb der Klassen widerspricht in dieser Situation also den tats¨achlichen Beobachtungen. L¨ osung zu Aufgabe 2.9: Es gilt fj = hj · dj . Aus den gegebenen Rechtecksh¨ ohen hj und den aus ej − ej−1 ermittelten dj berechnen wir die relativen H¨ aufigkeiten fj . Durch Multiplikation mit dem Umfang der Erhebung n = 100 erhalten wir die absoluten H¨ aufigkeiten nj : j 1 2 3 4
ej−1 0 0.5 1.0 3.0
ej 0.5 1.0 3.0 7.0
hj 1.28 0.32 0.08 0.01
dj 0.5 0.5 2.0 4.0
fj 0.64 0.16 0.16 0.04
nj 64 16 16 4
L¨ osung zu Aufgabe 2.10: Abb. L.8 zeigt das Stamm-und-Blatt-Diagramm, das wir mit SPSS erhalten. Der Stamm besteht aus den 10er-Stellen 7–9, was durch ‘Stem width: 10’ angegeben wird. Die Einerbereiche 0–4 und 5–9 der Bl¨ atter sind zeilenweise zusammengefasst worden, so gibt z. B. der erste Stamm ‘7’ alle Werte zwischen 70 und 74 an, der zweite Stamm ‘7’ listet alle Werte von 75 bis 79 auf. L¨ osung zu Aufgabe 2.11: Abb. L.9 zeigt das Stamm-und-Blatt-Diagramm, das wir mit SPSS erhalten. Der Stamm besteht hier aus den 10er-Stellen. Die angegebenen Ausreißer sind analog zum Box-Plot definiert (vgl. Abschnitt 3.4). L¨ osung zu Aufgabe 2.12: Verkehrsmittel ist nominalskaliert, daher ist ein Kreis- oder Balkendiagramm passend. Wie immer ist wegen der fehlenden Ordnung das Kreisdiagramm vorzuziehen. Fahrzeit ist metrisch skaliert, deshalb sollte ein Histogramm gew¨ahlt werden.
316
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2 Bearbeitungszeit in Minuten Stem-and-Leaf Plot Frequency 3.00 2.00 1.00 3.00 2.00 3.00 Stem width: Each leaf:
Stem &
Leaf
7 7 8 8 9 9
134 79 2 789 13 568
. . . . . .
10 1 case(s)
Abb. L.8. Stamm-und-Blatt-Diagramm der Bearbeitungszeit erreichte Punktzahl Stem-and-Leaf Plot Frequency
Stem &
2.00 Extremes 1.00 5 . 3.00 6 . 4.00 7 . 5.00 8 . 4.00 9 . Stem width: Each leaf:
Leaf (=<46) 8 399 3578 12444 2478
10 1 case(s)
Abb. L.9. Stamm-und-Blatt-Diagramm der Punktzahl
Studienfach ist wieder nominalskaliert: Kreis- oder Balkendiagramm. Studienordnung ist nominalskaliert. Da jedoch nur zwei Auspr¨agungen vorkommen, ist eine Grafik nicht u ¨bersichtlicher als der direkte Vergleich der relativen H¨ aufigkeiten. Daher kann man hier auch auf eine Grafik verzichten. Anzahl der Versuche ist metrisch skaliert. Da jedoch nur wenige, diskrete Auspr¨ agungen vorkommen, ist ein Balkendiagramm am sinnvollsten. Studienbeginn ist zwar metrisch skaliert. Da auch hier nur wenige diskrete Auspr¨ agungen vorliegen, erscheint ebenfalls das Balkendiagramm am sinnvollsten. Semesterwochenstunden ist metrisch skaliert, das Histogramm ist zu w¨ahlen. Mathematische Vorkenntnisse ist ordinalskaliert, daher ist ein Balkendiagramm passend. Baf¨ og-Empf¨ anger und Nebenbei jobben sind nominalskalierte Merkmale mit jeweils nur zwei Auspr¨ agungen. Deshalb ist die relative H¨aufigkeit ausreichend.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
317
Monatliche Kaltmiete ist metrisch skaliert, daher ist das Histogramm die geeignete Darstellungsform. Geschlecht ist nominalskaliert, bin¨ ar und damit ist die Angabe der relativen H¨ aufigkeit ausreichend. Familienstand ist ebenfalls nominalskaliert, daher ist ein Kreis- oder Balkendiagramm zu w¨ ahlen. Alter, K¨ orpergr¨ oße und K¨ orpergewicht sind metrische, (quasi-)stetige Merkmale. Deshalb sind Histogramme zu erstellen.
318
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
L¨ osung zu Aufgabe 3.2: Das Merkmal ‘Punkte’ ist quantitativ diskret und wird auf einer Intervallskala gemessen, daher sind Modus, Median und arithmetisches Mittel m¨ ogliche Lagemaße. Der Modus ist x ¯M = 11, da 11 die Merkmalsauspr¨ agung mit der gr¨ oßten H¨ aufigkeit ist. Da die Verteilung jedoch nicht unimodal ist, l¨ asst sich der Modus nicht sinnvoll interpretieren. Die Anzahl der Beobachtungen n = 120 ist gerade. Damit gilt f¨ ur den Median mit (3.4) 1 1 x ˜0.5 = (x(60) + x(61) ) = (11 + 11) = 11 . 2 2 Das arithmetische Mittel berechnet sich gem¨ aß (3.10) als x ¯=
1 1 (4 · 0 + 1 · 1 + . . . + 18 · 0) = 1 170 = 9.75 . 120 120
Als Streuungsparameter k¨ onnen Spannweite, Quartilsabstand, Varianz und Standardabweichung berechnet werden. Mit x(1) = 0 und x(n) = 17 erhalten wir R = 17 − 0 = 17 . F¨ ur den Quartilsabstand bestimmen wir zun¨ achst das untere und obere Quartil gem¨ aß (3.7) mit α = 0.25 bzw. α = 0.75: 1 (x(30) + x(31) ) = 2 1 = (x(90) + x(91) ) = 2
x ˜0.25 = x ˜0.75
1 (8 + 8) = 8 , 2 1 (12 + 12) = 12 . 2
Der Quartilsabstand ist damit dQ = 12 − 8 = 4. F¨ ur die Varianz gilt mit (3.29) 1 (4 · 02 + 1 · 12 + 1 · 22 + . . . + 2 · 172 + 0 · 182 ) − 9.752 = 13.42 . 120 √ Daraus ergibt sich die Standardabweichung als s = 13.42 = 3.66. Abbildung L.10 zeigt den entsprechenden SPSS-Output. Da SPSS bei 1 anstatt n1 rechnet, kommt es zu den leicht der Varianz mit dem Faktor n−1 unterschiedlichen Ergebnissen bei Varianz und Standardabweichung. s2 =
L¨ osung zu Aufgabe 3.3: Es liegen zwei Erhebungen f¨ ur Kaffeepreise in verschiedenen W¨ ahrungen vor. Deshalb k¨ onnen die beiden Verteilungen nicht mit den u ¨blichen Lage- und Streuungsmaßen direkt verglichen werden. Eine M¨ oglichkeit w¨ are die Transformation der Kaffeepreise von DM in ¨oS mit der linearen Transformation 7·Preis in DM = Preis in ¨oS (bei einem angenommenem Wechselkurs von 7 ¨ oS = 1 DM). Nach dieser Transformation k¨onnen die f¨ ur stetige Merkmale geeigneten Lage- und Streuungsmaße verwendet werden. Zum gleichen Ergebnis bez¨ uglich x ¯ und s kommt man aber auch, indem man aus den angegebenen Preisen x ¯M¨unchen bzw. sM¨unchen berechnet und dann 7 · x ¯M¨unchen bzw. 7 · sM¨unchen bildet. Will man die Verteilungen ohne
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
N
Valid Missing
Mean Median Mode Std. Deviation Variance Range Minimum Maximum Percentiles
319
PUNKTE 120 0 9.75 11.00 11 3.68
25 50 75
13.53 17 0 17 8.00 11.00 12.00
Abb. L.10. Lage- und Streuungsmaße der Punkteverteilung
Transformation vergleichen, so ist der Variationskoeffizient die einzig sinnvolle Maßzahl. Dazu berechnen wir zun¨ achst das arithmetische Mittel der Kaffeepreise in beiden Erhebungen mit (3.9) 1 1 (4.20 + 3.90 + . . . + 4.00) = 31.10 = 3.89 DM , 8 8 1 1 = (28 + 32 + . . . + 32) = 248 = 35.43 ¨oS 7 7
x ¯M¨unchen = x ¯Wien
und die Varianzen mit (3.27) 1 1 (4.202 + 3.902 + . . . + 4.002 ) − 3.892 = 121.95 − 3.892 = 0.11 , 8 8 1 1 = (282 + 322 + . . . + 322 ) − 35.432 = 8 936 − 35.432 = 21.29 . 7 7
s2M¨unchen = s2Wien
Die Variationskoeffizienten berechnen sich dann mit (3.40) als √ 0.33 0.11 = = 0.08 , vM¨unchen = 3.89 √3.89 21.29 4.61 vWien = = = 0.13 . 35.43 35.43 Die Streuung der Wiener Kaffeepreise ist –gemessen mit dem Variationskoeffizienten– also wesentlich gr¨ oßer als die der M¨ unchener Preise. L¨ osung zu Aufgabe 3.4: a) Bezeichne nM = 12 die Anzahl der Praktikanten in M¨ unchen und nD = 10 die Anzahl der Praktikanten in Dresden. Mit (3.9) und (3.4) berechnen wir arithmetisches Mittel und Median
320
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
1 1 (8 + 9.5 + . . . + 18) = 156 = 13 , 12 12 1 1 = (x(6) + x(7) ) = (13 + 14) = 13.5 , 2 2 1 (6 + 8.5 + . . . + 15.5) = 9 , = 10 1 1 = (x(5) + x(6) ) = (8 + 8.5) = 8.25 . 2 2
x ¯M¨unchen = M¨ unchen x ˜0.5
x ¯Dresden x ˜Dresden 0.5
Das arithmetische Mittel aller Werte berechnen wir mit (3.10) als gewichtetes Mittel der arithmetischen Mittel in beiden Erhebungen: x ¯ges =
1 (12 · 13 + 10 · 9) = 11.18 . 22
b) Wir berechnen zun¨ achst die Quartile f¨ ur die beiden Erhebungen gem¨aß (3.7) mit α = 0.25 bzw. α = 0.75: 1 1 (x(3) + x(4) ) = (9.5 + 9.5) = 9.5 , 2 2 1 1 = (x(9) + x(10) ) = (17 + 18) = 17.5 , 2 2 = x(3) = 6 ,
M¨ unchen x ˜0.25 = M¨ unchen x ˜0.75
x ˜Dresden 0.25
= x(8) = 13 . x ˜Dresden 0.75 Abbildung L.11 stellt den Q-Q-Plot dar. Dresden 15 10 5 M¨ unchen 5
10
15
20
Abb. L.11. Q-Q-Plot der Stundenl¨ ohne
Die Verteilung der Stundenl¨ ohne in M¨ unchen ist gegen¨ uber der Verteilung der Stundenl¨ ohne in Dresden nach rechts verschoben. Die Stundenl¨ohne in M¨ unchen sind systematisch gr¨ oßer.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
321
c) Die Berechnung der Standardabweichungen gem¨aß (3.27) ergibt s2M¨unchen = sM¨unchen =
1 2 (8 + 9.52 + . . . + 182 ) − 132 = 30.25 , 12 s2M¨unchen = 5.5 ,
1 2 (6 + 8.52 + . . . + 15.52 ) − 92 = 36 , 10 = 6.
s2Dresden = sDresden
Ein direkter Vergleich ist ungerechtfertigt, da die Stundenl¨ohne in Dresden systematisch kleiner sind. Da alle Werte ≥ 0 sind, sollte der Variationskoeffizient als geeignete Streuungsmaßzahl verwendet werden. L¨ osung zu Aufgabe 3.5: a) Unternehmensart ist ein nominalskaliertes Merkmal. Als Lagemaß ist nur der Modus sinnvoll, ein sinnvolles Streuungsmaß existiert nicht. Aus der H¨ aufigkeitsverteilung aj Gastst¨ atten Einzelhandel Handwerk nj 3 4 3 ermitteln wir die Auspr¨ agung ‘Einzelhandel’ als h¨aufigsten Wert. Umsatz 1996 ist ein stetiges Merkmal. Das arithmetische Mittel ist damit das gebr¨ auchliche Lagemaß, die Standardabweichung das entsprechende Streuungsmaß. 1 (1 050 + 800 + . . . + 550) = 650 , 10 1 (1 0502 + 8002 + . . . + 5502 ) − 6502 = 61 500 , s2 = 10 s = 247.99 . x ¯=
Einsch¨ atzung 1997 ist ein ordinalskaliertes Merkmal. Wir k¨onnen den Auspr¨ agungen ‘sehr gut’, . . . , ‘schlecht’ zwar die Zahlen ‘1’ bis ‘4’ zuordnen, dies dient jedoch nur der einfacheren Darstellung. Wir betrachten zun¨ achst die H¨ aufigkeitsverteilung aj sehr gut gut normal schlecht nj 0 2 4 4 Der Modus ist in diesem Fall nicht eindeutig definiert. Da die beiden mittleren Werte x(5) und x(6) die gleiche Auspr¨agung haben, ist der Median definiert (˜ x0.5 = ‘normal’) und das einzig berechenbare Lagemaß. Die Spannweite ist das einzig sinnvolle Streuungsmaß und es gilt R = 4−2 = 2. Das heißt, die Spannweite betr¨agt zwei Skaleneinheiten. b) Das arithmetische Mittel aller Beobachtungen berechnet sich mit (3.10) als gewichtetes arithmetisches Mittel. x ¯ges =
90 10 650 + 700 = 695 . 100 100
322
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
Die Standardabweichung aller Beobachtungen erhalten wir mit (3.33), (3.35) und (3.36) als 1 10(650 − 695)2 + 90(700 − 695)2 100 1 (10 · 61 500 + 90 · 40 000) + 100 = 225 + 42 150 = 42 375 ,
s2ges =
s = 205.85 . L¨ osung zu Aufgabe 3.6: In Tabelle L.3 ist jeweils das gebr¨auchlichste Lageund Streuungsmaß f¨ ur die einzelnen Merkmale angegeben. Die Zahl der Versuche ist quantitativ diskret und damit sind arithmetisches Mittel und Standardabweichung zul¨ assige Maßzahlen. Da jedoch nur die Werte 1, 2 und 3 vorkommen k¨ onnen, sind Modus, Median und Quartilsabstand ebenfalls gebr¨ auchlich. Der Studienbeginn kann zwar als stetiges, klassiertes Merkmal aufgefasst werden, wenn wir aber die Information Sommersemester/Wintersemester und Jahr getrennt betrachten, so ist nur der Modalwert sinnvoll. Die Vorkenntnisse in Mathematik sind ordinal, es ist aber nur der Modalwert sinnvoll interpretierbar. Baf¨ og und Nebenjob sind bin¨are Merkmale, es ist also allenfalls der Modalwert sinnvoll. Die Datenreduktion von der Verteilung zum Modalwert ist hier jedoch nur gering. Kaltmiete ist stetig, so dass das arithmetische Mittel und die Standardabweichung am gebr¨auchlichsten sind. Dies gilt auch f¨ ur die Merkmale Alter, Gewicht und K¨orpergr¨oße. Das Geschlecht ist bin¨ ar, es ist also h¨ ochstens der Modalwert sinnvoll. Tabelle L.3. Gebr¨ auchliche Lage- und Streuungsmaße f¨ ur die Merkmale der Studentenbefragung Merkmal Verkehrsmittel Fahrzeit Studienfach Studienordnung Zahl der Versuche Studienbeginn Semesterwochenstunden Vorkenntnisse Mathematik Baf¨ ogempf¨ anger Nebenjob Kaltmiete Geschlecht Familienstand Alter K¨ orpergr¨ oße K¨ orpergewicht
Art nominalskaliert (quasi-)stetig nominalskaliert nominalskaliert quantitativ diskret stetig, klassiert (quasi-)stetig ordinal bin¨ ar bin¨ ar stetig bin¨ ar nominal (quasi-)stetig (quasi-)stetig (quasi-)stetig
x ¯M × × × × × × × × ×
x ˜0.5
x ¯
R
dQ
s
×
×
×
×
×
×
×
×
× × ×
× × ×
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
323
L¨ osung zu Aufgabe 3.7: Wir ermitteln zun¨ achst nB = nges − nW − nS = 100 − 50 − 30 = 20 . Aufl¨ osen von x ¯ges nach dem gesuchten x ¯B ergibt mit 1 (nW x ¯W + nS x ¯S + nB x ¯B ) , nges 1 x ¯B = (nges x ¯ges − nW x ¯W − nS x ¯S ) nB 1 (100 · 112 − 50 · 120 − 30 · 100) = 110 . = 20
x ¯ges =
Die Ermittlung der Standardabweichung sB geschieht nach dem gleichen Schema: s2ges =
1 (nW s2W + nS s2S + nB s2B ) nges 1 nW (¯ + xW − x ¯ges )2 + nS (¯ xS − x ¯ges )2 + nB (¯ xB − x ¯ges )2 , nges
nB s2B = nges s2ges − nW s2W − nS s2S
− nW (¯ xW − x ¯ges )2 − nS (¯ xS − x ¯ges )2 − nB (¯ xB − x ¯ges )2 , 1 ( nges s2ges − nW s2W − nS s2S s2B = nB ) − nW (¯ xW − x ¯ges )2 − nS (¯ xS − x ¯ges )2 − nB (¯ xB − x ¯ges )2 ) 1 ( 100 · 100 − 50 · 20 − 30 · 30 − 50 · 82 − 30 · 122 − 20 · 22 = 20 = 25 .
Es gilt also nB = 20, x ¯B = 110 und sB = 5. L¨ osung zu Aufgabe 3.8: Die Umsatz¨ anderung gegen¨ uber dem Vorjahr in % ist die Wachstumsrate. Zur Berechnung der durchschnittlichen Umsatz¨anderung ben¨ otigen wir zun¨ achst die Wachstumsfaktoren xt , die wir aus den Wachstumsraten rt mit xt = rt /100 + 1 erhalten: Periode t xt
1 0.97
2 0.98
3 1.02
4 1.10
5 1.18
6 1.12
Der durchschnittliche Wachstumsfaktor wird mit dem geometrischen Mittel (3.14) berechnet: 1
x ¯G = (0.97 · 0.98 · 1.02 · 1.10 · 1.18 · 1.12) 6 = 1.06 . Die durchschnittliche j¨ ahrliche Umsatzsteigerung betr¨agt damit 6%.
324
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
L¨ osung zu Aufgabe 3.9: a) Aus den Mitgliedsbest¨ anden berechnen wir zun¨achst die Wachstumsfaktoren xt = Bt /Bt−1 Jahr Wachstumsfaktor xt
1988
1989 1.2
1990 1.125
1991 1.0
1992 0.8
Mit dem geometrischen Mittel erhalten wir f¨ ur den durchschnittlichen Wachstumsfaktor 1
x ¯G = (1.2 · 1.125 · 1.0 · 0.8) 4 = 1.02 . Die durchschnittliche Wachstumsrate betr¨ agt also 2%. b) Gehen wir davon aus, dass die Fortschreibung der Mitgliederbest¨ande Bt mit dem geometrischen Mittel m¨ oglich ist, so erhalten wir B93 = x ¯G · B92 = 1.02 · 108 = 110; L¨ osung zu Aufgabe 3.10: a) Aus den Wachstumsraten rt erhalten wir wieder die Wachstumsfaktoren xt wie in Aufgabe 3.8. Damit berechnet sich das geometrische Mittel bei Gewichtung mit den Zeitr¨ aumen als 1
x ¯G = (1.12 · 1.054 · 1.015 ) 10 = 1.036 . Die durchschnittliche Wachstumsrate betr¨ agt 3.6% . b) Wir berechnen zun¨ achst die Teilfl¨ achen 9 000 000 = 60 000 , 150 900 000 GebietII = = 90 000 , 10 100 000 = 50 000 . GebietIII = 2 GebietI =
F¨ ur die gesamte Besiedlungsdichte erhalten wir damit Besiedlungsdichte =
9 000 000 + 900 000 + 100 000 = 50 . 60 000 + 90 000 + 50 000
c) Die Einwohnerzahlen 1987 berechnen sich mit den Wachstumsfaktoren xt aus B1994 = B1987
1994
xt ,
t=1988
B1987 = B1994 #
1
1994 t=1988
xt
= B1994
(1.052
1 · 1.015 )
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
325
als 1 = 7 767 067 , (1.052 · 1.015 ) 1 = 900 000 · = 776 707 , 2 (1.05 · 1.015 ) 1 = 86 301 . = 100 000 · (1.052 · 1.015 )
I B1987 = 9 000.000 · II B1987 III B1987
Daraus erhalten wir die Besiedlungdichten 7 767 067 = 129.45 , 60 000 776 707 GebietII : = 8.63 , 90 000 86 301 GebietIII : = 1.73 . 50 000 GebietI :
Diese k¨ onnten auch direkt berechnet werden, indem die Wachstumsfaktoren in obiger Weise auf die gegebenen Besiedlungsdichten von 1994 ‘angewendet’ werden. Es ist z. B. die Besiedlungsdichte f¨ ur Gebiet I in 1987 150 #1994
t=1988
xt
= 129.45 .
L¨ osung zu Aufgabe 3.11: Wir verwenden zur Berechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit das harmonische Mittel. Da die Strecken gleich sind, erhalten wir f¨ ur die Gewichte wi in (3.20) jeweils 12 , ohne ihre L¨ange kennen zu m¨ ussen. Dadurch ¨ andert sich die Durchschittsgeschwindigkeit durch Verdoppelung der Entfernung von A nach B von 20 km auf 40 km nicht: x ¯H =
1 1/2 30
+
1/2 60
= 40 km/h .
L¨ osung zu Aufgabe 3.12: Wir berechnen zun¨ achst den Median und die Quantile (vgl. Abbildung L.12)
N Valid Zeit in Minuten
14
Missing 0
Median 87.50
25 76.25
Percentiles 50 87.50
75 93.50
Abb. L.12. Maßzahlen des Merkmals ‘Zeit’
Unter Anwendung unserer Rechenvorschrift (vgl. die Hinweise zur anderen Verfahrensweise von SPSS) erhalten wir mit dQ = 93 − 77 = 16 die Grenzen
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
70
75
80
85
90
95
326
Abb. L.13. Boxplot des Merkmals ’Zeit’
f¨ ur die Einstufung der Werte als extreme Werte bzw. Ausreißer. Mit dQ ·1.5 = 24 und x ˜0.75 = 93 erhalten wir z. B. f¨ ur die obere Grenze zur Einstufung als Ausreißer den Wert 93 + 24 = 117. Der obere Strich wird dann durch den gr¨ oßten beobachteten Wert bestimmt, der kleiner als 117 ist. Dies ist der Wert 98. Da dies zugleich auch der gr¨ oßte beobachtete Wert ist, gibt es keine Ausreißer bzw. extremen Werte (nach oben). In analoger Weise wird der untere Strich f¨ ur den Wert 71 (kleinster Wert, der gr¨oßer als 77 − 24 = 53 ist) ermittelt. Auch hier gibt es keine Ausreißer oder extremen Werte. Damit erhalten wir den Box-Plot in Abbildung L.13. L¨ osung zu Aufgabe 3.13: Wir berechnen zun¨ achst den Median und die Quantile. Als Quantile erhalten wir: x.25 = 94, x.5 = 99, x.75 = 108 Damit finden wir wie in Aufgabe 3.12 die Grenzen f¨ ur die Beurteilung der Werte als Ausreißer bzw. extreme Werte und erhalten damit den Box-Plot in Abbildung L.14. Sch¨ on zu erkennen ist der Ausreisser unterhalb des Wertes 90, der sichtbar unter der eineinhalbfachen L¨ ange der Box liegt.
327
90
95
100
105
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
Abb. L.14. Boxplot des Merkmals ’Sexualproportion’
L¨ osung zu Aufgabe 3.14: a) Aus den Angaben berechnen wir mit (3.49) und (3.51) die Punkte (˜ ui , v˜i ) der Lorenzkurve: Klasse klein mittel groß
nj 5 4 1 10
fj 0.5 0.4 0.1
u ˜i 0.5 0.9 1.0
nj aj 600 000 1 200 000 1 200 000 3 000 000
v˜i 0.2 0.6 1.0
b) Der Ginikoeffizient berechnet sich mit (3.55) als G=1−
1 5(0 + 0.2) + 4(0.2 + 0.6) + 1(0.6 + 1.0) = 1 − 0.58 = 0.42 . 10
L¨ osung zu Aufgabe 3.15: Die oberen 28 % aller landwirtschaftlichen Betriebe besaßen 67 % der landwirtschaftlichen Fl¨ ache. Damit besaßen die unteren 72 % aller landwirtschaftlichen Betriebe 33 % der landwirtschaftlichen Fl¨ache. Es sind also folgende Punkte der Lorenzkurve in Abbildung L.16 gegeben: (u0 , v0 ) = (0, 0)
(u1 , v1 ) = (0.72, 0.33)
(u2 , v2 ) = (1, 1) .
n F¨ ur den Lorenz-M¨ unzner-Koeffizienten gilt G+ = n−1 G. Da wir eine bundesweite Erhebung betrachten, k¨ onnen wir n als ‘groß’ ansehen, d. h. es gilt G+ ≈ G. Wir erhalten
328
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
1
0.6
0.2 0 0
0.5
0.9 1
Abb. L.15. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.14
G = 1 − 0.72 · (0 + 0.33) + (1 − 0.72)(0.33 + 1) = 1 − 0.61 = 0.39 .
Ist mehr Information u ¨ber die Verteilung der Betriebe gegeben, so wird die Fl¨ ache zwischen der Lorenzkurve und der Diagonalen und damit der LorenzM¨ unzner-Koeffizient gr¨ oßer. Die urspr¨ unglich gegebene Gruppierung geht von einer Gleichverteilung innerhalb der gegebenen Gruppen aus, d. h. innerhalb der Gruppen herrscht keine Konzentration. Steht nun Information u ¨ber die Verteilung innerhalb der Gruppen zur Verf¨ ugung, so beschreibt diese die Konzentration innerhalb der Gruppen, die zur bereits ermittelten Konzentration hinzukommt. Das Konzentrationsmaß wird deshalb gr¨oßer. 1
0.33
0 0
0.72
1
Abb. L.16. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.15
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
329
L¨ osung zu Aufgabe 3.16: a) Mit der in der L¨ osung zu Aufgabe 2.8 erstellten Arbeitstabelle berechnen wir mit (3.11) das arithmetische Mittel: x ¯ = 0.64 · 0.25 + 0.16 · 0.75 + 0.16 · 2.0 + 0.04 · 5.0 = 0.8 und mit (3.33) die Varianz s20 =
1 64(0.25−0.8)2 +16(0.75−0.8)2 +16(2−0.8)2 +4(5−0.8)2 = 1.13 , 100
wobei die Varianzen innerhalb der Klassen√nicht ber¨ ucksichtigt werden. Es ergibt sich die Standardabweichung s = 1.13 = 1.063 b) Wir erstellen die Arbeitstabelle zur Berechnung der Lorenzkurve. Aus den in Aufgabe 2.8 berechneten fj berechnen wir die u ˜i . Die Ums¨atze der Klassen 1 und 4 (12 bzw 0.25·80=20) sind gegeben. Ist x der Umsatz der Klasse 2, dann gilt x + 3x = 80 − (12 + 20), also x = 12. Damit erhalten wir: 1 2 3 4
fj 0.64 0.16 0.16 0.04
u ˜i 0.64 0.80 0.96 1.00
Umsatz 12 12 36 20 80
v˜i 0.15 0.30 0.75 1.000
1
0.75
0.3 0.15 0 0
0.64 0.8
1
Abb. L.17. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.16
330
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
L¨ osung zu Aufgabe 3.17: a) Die Gesamtzahl n der Personen ist n = 5 HH · 1
Person Person Person + 5 HH · 2 + 5 HH · 3 = 30 Personen . HH HH HH
b) Damit ergeben sich die relativen H¨ aufigkeiten: HH-Gr¨ oße fj
1
2
3
5 30
5·2 30
5·3 30
c) Wir berechnen die Wertepaare (˜ ui , v˜i ) als ( 31 , 61 ), ( 32 , 21 ), (1, 1) und erhalten damit die Lorenzkurve in Abbildung L.18. 1
0.5
0.167 0 0
0.333
0.667
1
Abb. L.18. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.17c)
d) Verteilen sich die 30 Personen gleichm¨ aßig auf die 15 Haushalte, so erhalten wir 15 2-Personen-Haushalte. Die entsprechende Lorenzkurve ist in Abbildung L.19 dargestellt. L¨ osung zu Aufgabe 3.18: a) Wir bestimmen die (˜ ui , v˜i ) als (0.8, 0.1) und (1, 1). Damit ergibt sich die Lorenzkurve in Abbildung L.20. b) Die Oberschicht hat ihren Besitz verloren, damit sind nun 20 % der Bev¨ olkerung ohne Besitz. Die restlichen 80 % der Bev¨olkerung besitzen gleichm¨ aßig verteilt das ganze Land. Die Koordinaten der Lorenzkurve ergeben sich damit als (0.2, 0) und (1, 1). Sie ist in Abbildung L.21 dargestellt. c) Da die enteignete Oberschicht das Land verl¨asst, vermindert sich die Bev¨ olkerung, d. h. die Basis f¨ ur die Berechnung der u ˜i ver¨andert sich.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
331
1
0 0
1
Abb. L.19. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.17d)
1
0.1 0 0
0.8
1
Abb. L.20. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.18 a)
100 % der Bev¨ olkerung besitzen nun gleichm¨aßig verteilt 100 % des Landes. Es ergibt sich das Bild in Abbildung L.22, das keine Konzentration darstellt.
332
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
1
0 0
0.2
1
Abb. L.21. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.18 b)
1
0 0
1
Abb. L.22. Lorenzkurve zu Aufgabe 3.18 c)
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
333
L¨ osung zu Aufgabe 4.1: Mit (4.5) berechnen wir den χ2 -Wert in einer VierFelder-Tafel. Die weiteren Maßzahlen berechnen wir mit (4.8), (4.13) und (4.23): 1 000(480 · 130 − 70 · 320)2 = 40.4 800 · 200 · 550 · 450 40.4 Φ=+ = 0.201 1 000 40.4 = 0.197 C= 40.4 + 1000 2 40.4 = 0.279 Ckorr = 2 − 1 40.4 + 1 000 χ2 =
OR =
480 · 130 = 2.786 70 · 320
Das entsprechende SPSS-Listing findet man in Abbildung L.23. Ckorr wird von SPSS nicht berechnet. Der Maximalwert der χ2 -Statistik ist in diesem Fall 1 000(2 − 1) = 1 000, der Maximalwert des Phi-Koeffizienten und des korrigierten Kontingenzkoeffizienten ist Eins. Es liegt also nur ein schwacher Zusammenhang zwischen dem Familienstand und dem Geschlecht vor. Der Zusammenhang ist positiv, da der Odds-Ratio gr¨oßer als Eins ist. Eheliche Kinder sind damit eher m¨ annlich, uneheliche Geburten eher weiblich. Dieses Ergebnis erhalten wir durch die Berechnungen, rein sachlogisch ist ein derartiger Zusammenhang jedoch nicht begr¨ undbar. Es handelt sich also um eine Scheinkorrelation. L¨ osung zu Aufgabe 4.2: a) Wir berechnen zun¨ achst die unter der Annahme der Unabh¨angigkeit zu erwartenden Zellh¨ aufigkeiten. Das Ergebnis ist in Abbildung L.24 zu sehen. Damit berechnen wir zun¨ achst den χ2 -Wert gem¨aß (4.4) und danach den korrigierten Kontingenzkoeffizienten mit (4.13). (50 − 30)2 (40 − 25)2 (10 − 45)2 + + 30 25 45 (10 − 25)2 (80 − 45)2 (10 − 30)2 + + + 30 25 45 = 99.11 99.11 = 0.576 C= 99.11 + 200 2 99.11 Ckorr = = 0.814 2 − 1 99.11 + 200 χ2 =
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
334
Chi-Square Tests
Pearson Chi-Square Continuity Correctiona Likelihood Ratio Fisher’s Exact Test Linear-by-Linear Association N of Valid Cases
Value df 40.404b 1 39.400 1 40.480 1
Asymp. Sig. (2-sided) .000 .000 .000
Exact Sig. Exact Sig. (2-sided) (1-sided)
.000 40.364 1000
1
.000
.000
a. Computed only for a 2x2 table b. 0 cells (.0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 90.00.
Symmetric Measures
Nominal by Nominal
Phi Cramer’s V Contingency Coefficient
N of Valid Cases
Value .201 .201 .197 1000
Approx. Sig. .000 .000 .000
Risk Estimate
Value Odds Ratio for Familienstand (ehelich / unehelich) 2.786 For cohort Geschlecht = männlich 1.714 For cohort Geschlecht = weiblich .615 N of Valid Cases 1000
95% Confidence Interval Lower Upper 2.016 3.848 1.408 2.088 .539 .703
Abb. L.23. SPSS-Output zu Aufgabe 4.1
Kreislaufbeschwerden
nein ja
Total
Count Expected Count Count Expected Count Count Expected Count
Med. A 50 30.0 10 30.0 60 60.0
Therapie Med. B 40 25.0 10 25.0 50 50.0
Placebo 10 45.0 80 45.0 90 90.0
Total 100 100.0 100 100.0 200 200.0
Abb. L.24. Beobachtete und erwartete absolute H¨ aufigkeiten zu Aufgabe 4.2
Es liegt also ein starker Zusammenhang zwischen der Therapieart und den Kreislaufbeschwerden vor. Die entsprechenden SPSS-Listings findet man in Abbildung L.25. b) Die zusammengefasste Kontingenztafel ist in Abbildung L.26 zu sehen.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Fisher’s Exact Test Linear-by-Linear Association N of Valid Cases
Value 99.111a 110.362 108.448 82.746b 200
2 2
Asymp. Sig. (2-sided) .000 .000
1
.000
df
Exact Sig. (2-sided) .000 .000 .000 .000
Exact Sig. (1-sided)
Point Probability
.000
.000
335
a. 0 cells (.0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 25.00. b. The standardized statistic is 9.096.
Nominal by Nominal
Phi Cramer’s V Contingency Coefficient
N of Valid Cases
Value .704 .704 .576 200
Approx. Sig. .000 .000 .000
Exact Sig. .000 .000 .000
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Abb. L.25. SPSS-Output zu Aufgabe 4.2 a)
Kreislaufbeschwerden Total
nein ja
Therapie Med. A/B Placebo 90 10 20 80 110 90
Total 100 100 200
Abb. L.26. Kontingenztafel nach Zusammenfassung
Da wir den Zusammenhang in der zusammengefassten Kontingenztafel mit dem Zusammenhang in der urspr¨ unglichen Tafel vergleichen wollen, berechnen wir f¨ ur die zusammengefasste Tafel ebenfalls den korrigierten Kontingenzkoeffizienten gem¨aß (4.13), unter Verwendung der χ2 -Statistik (4.5). Zur Beurteilung der Richtung des Zusammenhangs berechnen wir zus¨ atzlich den Odds-Ratio mit (4.23). 200(90 · 80 − 20 · 10)2 = 98.99 · 110 · 90 100 · 100 2 98.99 Ckorr = = 0.814 2 − 1 98.99 + 200 90 · 80 7 200 OR = = = 36 20 · 10 200 χ2 =
Die entsprechenden SPSS-Listings findet man in Abbildung L.27. In a) haben wir einen starken Zusammenhang zwischen der Therapieart und Kreislaufbeschwerden festgestellt. Die Richtung des Zusammenhangs kann nur an den Zellh¨aufigkeiten abgelesen werden. Daran erkennt man, dass Medikamente A und B zu einem Therapieerfolg f¨ uhren (keine Beschwer-
336
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Pearson Chi-Square Continuity Correctiona Likelihood Ratio Fisher’s Exact Test Linear-by-Linear Association N of Valid Cases
Value 98.990b 96.182 110.158 98.495c
1 1 1
Asymp. Sig. (2-sided) .000 .000 .000
1
.000
df
Exact Sig. (2-sided) .000
Exact Sig. (1-sided) .000
.000 .000 .000
.000 .000 .000
Point Probability
.000
200
a. Computed only for a 2x2 table b. 0 cells (.0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 45.00. c. The standardized statistic is 9.924.
Nominal by Nominal
Phi Cramer’s V Contingency Coefficient
N of Valid Cases
Value .704 .704 .575 200
Approx. Sig. .000 .000 .000
Exact Sig. .000 .000 .000
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Odds Ratio for Kreislaufbeschwerden (nein / ja) For cohort Therapie = Med. A/B For cohort Therapie = Placebo N of Valid Cases
Value 36.000 4.500 .125 200
95% Confidence Interval Lower Upper 15.909 81.465 3.024 6.696 .069 .227
Abb. L.27. SPSS-Output zu Aufgabe 4.2 b)
den), w¨ ahrend beim Placebo kein Therapieerfolg eintritt. Nach dem Zusammenfassen der Tafeln ¨ andert sich der Wert des korrigierten Kontingenzkoeffizienten nicht, d. h., der Zusammenhang ist nach Zusammenfassung unver¨ andert. Der Odds-Ratio ist gr¨ oßer als Eins, es besteht also ein positiver Zusammenhang. Die Einnahme der Medikamente wirkt unabh¨ angig davon ob A oder B genommen wurde im Vergleich zum Placebo ‘kreislaufbeschwerdesenkend’. Zus¨ atzlich entnehmen wir dem SPSSListing die relativen Risiken: bei der Gruppe der Personen mit Medikamenteneinnahme ist das Verh¨ altnis Beschwerden : keine Beschwerden 1:4.5, bei den Personen mit Placebo 8:1. L¨ osung zu Aufgabe 4.3: Die Auspr¨ agung ‘sehr gut’ f¨ ur die Einsch¨atzung wurde nie angekreuzt. Daher lassen wir sie in der Kontingenztafel weg und erhalten die Kontingenztafel in Abbildung L.28. Wir berechnen die λ-Maße mit (4.15), (4.16) und (4.17). Zus¨atzlich berechnen wir Goodmans und Kruskals τ mit (4.19): 1 1+2+2−4 = = 0.167 10 − 4 6 1 2+2+2−4 = = 0.33 = 10 − 4 3
λUnternehmensart = λEinsch¨atzung 1997
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Unternehmensart
Gaststätte Einzelhandel Handwerk
Total
Einschätzung 1997 gut normal schlecht 1 2 2 2 1 2 2 4 4
337
Total 3 4 3 10
Abb. L.28. Beobachtete absolute H¨ aufigkeiten
λ=
10 τUnt.art = =
12 2
+
02 2
+
12 2
+
02 4
τEinsch. =
12 3
+
02 3
+
22 3
+
+
22 4
+
22 4
+
22 4
+
22 4
+
02 4
102 − (32 + 42 + 32 )
10 · 5 − 34 = 0.242 100 − 34 10
=
1 5+6−4−4 = = 0.25 2 · 10 − (4 + 4) 4
02 4
16 3
10 · − 36 = 0.271 100 − 36
+
22 4
+
22 4
+
12 3
+
22 3
+
02 4
102 − (22 + 42 + 42 )
− 32 + 42 + 32
− 22 + 42 + 42
Directional Measures
Nominal by Nominal
Lambda
Goodman and Kruskal tau
Symmetric Unternehmensart Dependent Einschätzung 1997 Dependent Unternehmensart Dependent Einschätzung 1997 Dependent
Value .250 .167 .333 .242 .271
Asymp. Std. Errora .239 .340 .192 .032 .068
Approx. Tb .944 .452 1.581
Approx. Sig. .345 .651 .114 .359c .300c
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis. c. Based on chi-square approximation
Abb. L.29. SPSS-Output zu Aufgabe 4.3
Der entsprechende SPSS-Output ist in Abbildung L.29 gegeben. Wir sehen, dass die Vorhersage f¨ ur die Einsch¨ atzung stets h¨oher ist als die Vorhersage f¨ ur die Unternehmensart. Dies wird auch deutlich, wenn wir die Kontingenztafel betrachten. Bei gegebener Einsch¨atzung gibt es keine modale
338
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Unternehmensart, bei gegebener Unternehmensart liegt meist eine modale Einsch¨ atzung vor. Der Wert der λ- bzw. τ -Maße zeigt jedoch nur einen schwachen Zusammenhang. L¨ osung zu Aufgabe 4.4: Die Angabe in der Kontingenztafel ist in 100, d. h., die Werte sind mit 100 zu multiplizieren. Dies ist bei der Berechnung des ucksichtigen. Bei χ2 -Werts durch Multiplikation mit dem Faktor A zu ber¨ Verwendung von SPSS sind die Originalwerte zu verwenden. a) Die Kontingenztafel der beobachteten und erwarteten Zellh¨aufigkeiten ist in Abbildung L.30 gegeben. Als Maßzahl f¨ ur den Vergleich von Kontingenztafeln eignet sich das Kontingenzmaß von Cramer bzw. der korrigierte Kontingenzkoeffizient, da beide Maßzahlen sowohl vom Erhebungsumfang als auch von der Dimension der Kontingenztafel unabh¨angig sind. Wir beaß (4.6) und (4.7) rechnen zun¨ achst den χ2 -Wert gem¨ χ2 = = 100 · 100 = 2 424.24
*
+ 302 102 52 152 102 302 + + + + + −1 40 · 45 40 · 55 20 · 45 20 · 55 40 · 45 40 · 55
und mit Hilfe von (4.10) und (4.13) Cramers V und Ckorr : 2 424.24 V = = 0.492 10 000(2 − 1) 2 424.24 C= = 0.442 2 424.24 + 10 000 2 Ckorr = · C = 0.625 2−1
Studienfach
BWL VWL Naturwissenschaften
Total
Count Expected Count Count Expected Count Count Expected Count Count Expected Count
Bafoeg ja nein 3000 1000 1800.0 2200.0 500 1500 900.0 1100.0 1000 3000 1800.0 2200.0 4500 5500 4500.0 5500.0
Total 4000 4000.0 2000 2000.0 4000 4000.0 10000 10000.0
Abb. L.30. Beobachtete und erwartete absolute H¨ aufigkeiten
b) Wir erhalten nach Zusammenfassung folgende Kontingenztafel:
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases
Value 2424.242a 2516.073 2020.000 10000
df 2 2 1
339
Asymp. Sig. (2-sided) .000 .000 .000
a. 0 cells (.0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 900.00. Symmetric Measures
Nominal by Nominal
Phi Cramer’s V Contingency Coefficient
N of Valid Cases
Value .492 .492 .442 10000
Approx. Sig. .000 .000 .000
Abb. L.31. SPSS-Output zu Aufgabe 4.4 a)
Wirtschaftswissenschaften Naturwissenschaften
Baf¨og 3500 1000
kein Baf¨og 2500 3000
Wir berechnen wieder mit (4.13) den korrigierten Kontingenzkoeffizienten und zus¨ atzlich mit (4.23) den Odds-Ratio: 10000(35 · 30 − 25 · 10)2 = 1077.41 40 · 45 · 55 60 · 2 1077.41 C= = 0.312 2 − 1 1077.41 + 10000 2 · C = 0.441 Ckorr = 2−1 35 · 30 OR = = 4.2 25 · 10 χ2 =
Die mit SPSS erzeugte Kontingenztafel findet man in Abbildung L.32. Abbildung L.33 enth¨ alt das SPSS-Listing. c) Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Empfang von Baf¨og und dem Studienfach. Nach Zusammenfassung ist dieser Zusammenhang schw¨acher, was auf ein ‘falsches’ Zusammenfassen schließen l¨asst. Bei der zusammengefassten Tafel gilt: Naturwissenschaftler erhalten eher ‘kein Baf¨og’, Wirtschaftswissenschaftler erhalten eher ‘Baf¨ og’. Dies wird auch anhand der angegebenen relativen Risiken deutlich.
340
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Studienfach
Wirtschaftswissensch aften Naturwissenschaften
Total
Bafoeg ja nein 3500 2500 2700.0 3300.0 1000 3000 1800.0 2200.0 4500 5500 4500.0 5500.0
Count Expected Count Count Expected Count Count Expected Count
Total 6000 6000.0 4000 4000.0 10000 10000.0
Abb. L.32. Beobachtete und erwartete absolute H¨ aufigkeiten nach Zusammenfassung
Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases
Value df 1077.441b 1 1113.776 1 1077.333 1 10000
Asymp. Sig. (2-sided) .000 .000 .000
b. 0 cells (.0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 1800.00.
Symmetric Measures
Nominal by Nominal N of Valid Cases
Contingency Coefficient
Value .312 10000
Approx. Sig. .000
Risk Estimate
Odds Ratio for Bafoeg (ja / nein) For cohort Studienfach = Wirtschaftswissenschaften For cohort Studienfach = Naturwissenschaften N of Valid Cases
Value 4.200 1.711 .407 10000
95% Confidence Interval Lower Upper 3.846 4.587 1.656 1.768 .384 .432
Abb. L.33. SPSS-Output zu Aufgabe 4.4 b)
L¨ osung zu Aufgabe 4.5: a) Die Angabe wurde in 1 000 gemacht, so dass wir eine Konstante A = 1 000 haben. Wir k¨ onnen auch zur Rechenvereinfachung A = 10 000 w¨ahlen und dies in der Kontingenztafel ber¨ ucksichtigen: m¨ annlich weiblich
Erwerbst¨ atig 1 695 1 080
Erwerbslos 105 110
Nichterwerbspersonen 1 178 2 020
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
341
Geeignete Zusammenhangsmaße sind wiederum Cramers V oder der korrigierte Kontingenzkoeffizient. Wir berechnen zun¨achst den χ2 -Wert mit (4.7) und (4.6) und anschließend den Kontingenzkoeffizienten mit (4.13):
1052 2 0202 1 6952 + + ... + −1 χ2 = 10 000 · 6 188 2 978 · 2 775 2 978 · 215 3 210 · 3 198 = 349.897 · 10 000 2 349.897 · 10 000 Ckorr = = 0.327 2 − 1 349.897 · 10 000 + 6 188 · 10 000 Es liegt also ein schwacher Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Erwerbst¨ atigkeit vor. b) Nach der Zusammenfassung erhalten wir folgende Tafel: Erwerbspersonen Nichterwerbspersonen m¨ annlich 1 800 1 178 2 978 weiblich 1 190 2 020 3 210 2 990 3 198 6 188 Wir berechnen analog zu Teilaufgabe a) den χ2 -Wert und daraus den korrigierten Kontingenzkoeffizienten, sowie mit (4.8) den Phi-Koeffizienten:
6 188(1 800 · 2 020 − 1 190 · 1 178)2 χ2 = 10 000 · = 337.915 · 10000 2 978 · 3 210 · 2 990 · 3 198 2 337.915 · 10 000 = 0.322 Ckorr = 2 − 1 337.915 · 10 000 + 6 188 · 10 000 337.915 · 10 000 Φ=+ = 0.234 6 188 · 10 000 Nach Zusammenfassung wird der Zusammenhang schw¨acher, weiterhin gilt ad > bc. Der Zusammenhang ist also positiv, d. h., Frauen sind eher Nichterwerbspersonen, M¨ anner eher Erwerbspersonen. L¨ osung zu Aufgabe 4.6: a) Die Merkmale ‘Note in Statistik’ und ‘Note in Mathematik’ sind ordinal. Geeignete Maßzahlen sind damit die γ- oder τ -Maße, die das ordinale Skalenniveau ber¨ ucksichtigen. Wir berechnen zun¨achst die Anzahl der konkordanten und diskordanten Paare gem¨aß (4.24) und (4.25) und die Anzahl der Bindungen. K = 5(6 + 9 + 40 + 10 + 10 + 10) + 5(40 + 10 + 10 + 10) + 4(9 + 40 + 10 + 10 + 10) + 6(40 + 10 + 10 + 10) + 1(10 + 10 + 10) + 9(10 + 10 + 10) + 40(10 + 10 + 10) = 3 011 D = 5 · 4 + 5 · 1 + 6 · 1 + 10 · 10 = 131 TStatistik = 5 · 5 + 4 · 6 + 1(9 + 40) + 9 · 40 + 10 · 10 = 558
TMathematik = 5(4 + 1) + 1 · 4 + 5(6 + 9) + 6 · 9 + 10 · 10 = 258
342
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Mit (4.26), (4.27) und (4.28) erhalten wir 3 011 − 131 = 0.917 3 011 + 131 3 011 − 131 τb = ! = 0.812 (3 011 + 131 + 558)(3 011 + 131 + 258) 2 · 5(3 011 − 131) = 0.72 τc = 1002 · 4 γ=
Das entsprechende SPSS-Listing ist in Abbildung L.34 gegeben.
Symmetric Measures
Ordinal by Ordinal
Kendall’s tau-b Kendall’s tau-c Gamma
N of Valid Cases
Value .812 .720 .917 100
Asymp. Std. Errora .024 .031 .024
Approx. Tb 23.296 23.296 23.296
Approx. Sig. .000 .000 .000
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Abb. L.34. SPSS-Listing zu Aufgabe 4.6 a)
b) Nach Zusammenfassung erhalten wir folgende Kontingenztafel:
Note Statistik
bestanden nicht bestanden
Ergebnis Mathematik bestanden nicht bestanden 70 10 10 10
Wir erhalten analog zu Teilaufgabe a) K = 70 · 10 = 700 D = 10 · 10 = 100 TStatistik = 70 · 10 + 10 · 10 = 800
TMathematik = 70 · 10 + 10 · 10 = 800 und damit 700 − 100 = 0.75 700 + 100 700 − 100 = 0.375 τb = ! (700 + 100 + 800)(700 + 100 + 800) 2 · 2(700 − 100) τc = = 0.24 1002 (2 − 1) γ=
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
343
Symmetric Measures
Ordinal by Ordinal
Value .375 .240 .750
Kendall’s tau-b Kendall’s tau-c Gamma
N of Valid Cases
Asymp. Std. Errora .113 .084 .123
Approx. Tb 2.873 2.873 2.873
Approx. Sig. .004 .004 .004
100
a. Not assuming the null hypothesis. b. Using the asymptotic standard error assuming the null hypothesis.
Abb. L.35. SPSS-Listing zu Aufgabe 4.6b)
Das entsprechende SPSS-Listing ist in Abbildung L.35 gegeben. c) Der Zusammenhang ist in beiden Tafeln positiv. Die Tatsache, dass die τ -Maße stets kleiner sind als das γ-Maß deutet auf eine große Anzahl von Bindungen hin. Nach dem Zusammenfassen wird der Zusammenhang schw¨ acher. Das heißt, Personen, die in Mathematik schlecht sind, sind auch in Statistik schlecht und umgekehrt. Betrachten wir nur das Merkmal Bestehen/Nichtbestehen, so ist dieser Zusammenhang nicht so stark, die Aussage der ordinalen Notenstruktur wird also abgeschw¨acht. L¨ osung zu Aufgabe 4.7: a) Geeignete Maßzahlen sind der korrigierte Kontingenzkoeffizient und der Odds-Ratio. Wir berechnen zun¨ achst den χ2 -Wert gem¨aß (4.5): χ2 =
20(6 · 8 − 4 · 2)2 = 3.33 10 · 10 · 8 · 12
und daraus Ckorr =
2 ·C = 2−1
2 2−1
3.33 = 0.535 . 3.33 + 20
Der Odds-Ratio berechnet sich zu OR =
6·8 = 6. 4·2
b) Wir erhalten nun die folgende Kontingenztafel H¨ altimmer Totalfest
fest 18 2
nicht fest 12 8
Die Berechnungen analog zu Teilaufgabe a) ergeben:
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
344
40(18 · 8 − 12 · 2)2 = 4.8 · 20 · 20 30 · 10 2 4.8 = 0.463 Ckorr = 2 − 1 4.8 + 40 18 · 8 OR = =6 12 · 2 χ2 =
′ (Sind n′ij (fij ) die neuen, nij (fij ) die alten absoluten (relativen) H¨aufigkeiten, dann gilt also n′11 = 3n11 , n′12 = 3n12 , n′21 = n21 , n′22 = n22 , woraus ′ ′ /f2j = f1j /f2j f¨ ur j = 1, 2 folgt.) f1j
L¨ osung zu Aufgabe 4.8: Wir berechnen zun¨ achst die R¨ange der beiden Beobachtungsreihen sowie die Differenz in folgender Arbeitstabelle: Metzgerei i 1 2 3 4 5
xi 14 13 12 10 5
yi 11 13 13 15 7
R(xi ) 1 2 3 4 5
R(yi ) 4 2.5 2.5 1 5
d2i 9 0.25 0.25 9 0
Da Bindungen vorliegen berechnen wir 5 j=1
4
k=1
bj (b2j − 1) = 5 · 1(12 − 1) = 0 ,
ck (c2k − 1) = 1(12 − 1) + 2(22 − 1) + 1 · 1(12 − 1) + 1 · 1(12 − 1) = 6 .
Damit erhalten wir gem¨ aß (4.30) 5(25 − 1) − 12 · 0 − 12 · 6 − 6 · 18.5 ! Rkorr = ! 5(25 − 1) − 0 5(25 − 1) − 6 6 120 − 3 − 111 √ = 0.051 . = = √ 116.96 120 114 Es liegt also kein Zusammenhang vor, d. h. die beiden Testesser beurteilen die Metzgereien v¨ ollig unterschiedlich. Den enstprechenden SPSS-Output findet man in Abbildung L.36. L¨ osung zu Aufgabe 4.9: a) Bezeichne X das Merkmal ‘Verweildauer’ und Y das Merkmal ‘Reparaturzeit’. Zur Berechnung des Korrelationskoeffizienten ben¨otigen wir zun¨ achst die beiden arithmetischen Mittelwerte
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Spearman’s rho
Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N
Testesser X 1.000 .051 . .935 5 5
Testesser X Testesser Y Testesser X Testesser Y Testesser X Testesser Y
345
Testesser Y .051 1.000 .935 . 5 5
Abb. L.36. SPSS-Output zu Aufgabe 4.8
1 (8 + 3 + 8 + 5 + 10 + 8) = 7 6 1 y¯ = (1 + 2 + 2 + 0.5 + 1.5 + 2) = 1.5 6
x ¯=
und die Summen 6 i=1
xi yi = 8 · 1 + 3 · 2 + 8 · 2 + 5 · 0.5 + 10 · 1.5 + 8 · 2 = 8 + 6 + 16 + 2.5 + 15 + 16 = 63.5
6
x2i = 82 + 32 + 82 + 52 + 102 + 82 = 326
i=1
6
yi2 = 12 + 22 + 22 + 0.52 + 1.52 + 22 = 15.5
i=1
und erhalten damit gem¨ aß (4.32) 63.5 − 6 · 7 · 1.5
r= !
72 )(15.5
(326 − 6 · −6· 0.5 0.5 = 0.0625 . = √ = 8 64
1.52 )
63.5 − 63 = √ 32 · 2
Es besteht also kein linearer Zusammenhang. b) Wir stellen zur Berechnung des Rangkorrelationskoeffizienten wiederum folgende Arbeitstabelle auf: i 1 2 3 4 5 6
X 8 3 8 5 10 8
R(xi ) 4 1 4 2 6 4
Y 1 2 2 0.5 1.5 2
R(yi ) 2 5 5 1 3 5
di 2 -4 -1 1 3 -1
d2i 4 16 1 1 9 1 32
346
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Pearson Correlation Sig. (2-tailed) N
Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std. Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std. Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std.
Verweildauer in Std. 1.000 .062 . .906 6 6
Reparaturzeit in Std. .062 1.000 .906 . 6 6
Abb. L.37. SPSS-Output zu Aufgabe 4.9 a)
In der X-Rangliste ist eine Bindung bei 4, in der Y -Rangliste ist eine Bindung bei 5. Damit ist 6 j=1
bj (b2j − 1) =
6
k=1
ck (c2k − 1) = 3(32 − 1) = 24 .
Wir berechnen damit den Rangkorrelationskoeffizienten unter Ber¨ ucksichtigung der Bindungen gem¨ aß (4.30): ( ( ) ) 6 · (62 − 1) − 12 3 · (32 − 1) − 21 3 · (32 − 1) − 6 · 32 ! Rkorr = ! 6 · (62 − 1) − 3 · (32 − 1) 6 · (62 − 1) − 3 · (32 − 1) 210 − 12 − 12 − 192 −6 √ = −0.032 . = √ = 186 210 − 24 210 − 24 Das entsprechende SPSS-Listing finden wir in Abbildung L.38.
Spearman’s rho
Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N
Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std. Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std. Verweildauer in Std. Reparaturzeit in Std.
Verweildauer in Std. 1.000 -.032 . .952 6 6
Reparaturzeit in Std. -.032 1.000 .952 . 6 6
Abb. L.38. SPSS-Output zu Aufgabe 4.9 b)
c) Bei Umkehrung der Rangbildung erhalten wir folgende Arbeitstabelle
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
R(xi ) 4 1 4 2 6 4
R(yi ) 5 2 2 6 4 2 30
di -1 -1 2 -4 2 2
347
d2i 1 1 4 16 4 4
und damit ∗ Rkorr =
6 210 − 12 − 12 − 180 = = 0.032 = −Rkorr . 186 186
L¨ osung zu Aufgabe 4.10: Sei X das BSP und Y der PEV. Beide Merkmale sind quantitativ stetig. Daher verwenden wir den Korrelationskoeffizienten nach Bravais-Pearson. Hierf¨ ur berechnen wir zun¨achst 10
xi = 135 + 145 + 160 + 170 + · · · + 270 = 1 950
i=1
10 i=1
10 i=1
10 i=1
10 i=1
yi = 150 + 150 + 160 + 175 + · · · + 220 = 1 810
x2i = 1352 + 1452 + 1602 + 1702 + · · · + 2702 = 397 750 yi2 = 1502 + 1502 + 1602 + 1752 + · · · + 2202 = 332 800
xi yi = 135 · 150 + 145 · 150 + 160 · 160 + · · · + 270 · 220 = 362 150
und erhalten mit (4.32) 362 150 − 10 · 195 · 181 √ 397 750 − 10 · 1952 332 800 − 10 · 1812 9 200 √ = √ 17 500 5 190 = 0.97 .
r= √
Es besteht ein starker linearer Zusammenhang. Den SPSS-Output findet man in Abbildung L.39.
348
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
Pearson Correlation Sig. (2-tailed) N
BSP PEV BSP PEV BSP PEV
BSP 1.000 .965 . .000 10 10
PEV .965 1.000 .000 . 10 10
Abb. L.39. SPSS-Output zu Aufgabe 4.10
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
349
L¨ osung zu Aufgabe 5.1: a) Wir bezeichnen den PEV mit Y und das BSP mit X. Zur Berechnung der Sch¨ atzungen der Regressionskoeffizienten mittels (5.9) berechnen wir zun¨ achst 1 (135 + 145 + . . . + 270) = 195 10 1 y¯ = (150 + 150 + . . . + 220) = 181 10
x ¯=
n
xi yi = (135 · 150 + 145 · 150 + . . . + 270 · 220) = 362 150
i=1 n i=1
x2i = 1352 + 1452 + . . . + 2702 = 397 750 .
Damit erhalten wir mit (5.9) ˆb = 362 150 − 10 · 195 · 181 = 9200 = 0.53 397 750 − 10 · 1952 17500 a ˆ = 181 − 0.53 · 195 = 77.65 . Die Regressionsgerade lautet also yˆi = 77.65 + 0.53 xi , bei einer Erh¨ ohung des BSP um 1 Mrd. DM steigt der PEV also um 0.53 Mrd. DM. (Hinweis: Durch die Rundung ˆb = 0.53 weicht a ˆ = 77.65 vom SPSS-Wert 78.486 ab.) b) Zur Berechnung des Bestimmtheitsmaßes (5.22) bestimmen wir zun¨achst zus¨ atzlich zu den unter a) berechneten Gr¨ oßen noch n i=1
yi2 = 1502 + 1502 + . . . + 2202 = 332 800
und erhalten damit
2
R2 =
84 640 000 (362 150 − 10 · 195 · 181) = = 0.932 . 2 2 (397 750 − 10 · 195 ) (332 800 − 10 · 181 ) 90 825 000
Das SPSS-Listung zu Teilaufgaben a) und b) findet man in Abbildung L.40, die grafische Darstellung in Abbildung L.41. L¨ osung zu Aufgabe 5.2: Es gilt rxy = ! =
¯)(yi − y¯) (xi − x Sxy = ! Sxx Syy (xi − x ¯)2 (yi − y¯)2 nsxy sxy nsxy = = . nsx sy sx sy ns2 ns2 x
y
350
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
Model Summary
Model 1
Std. Error of the Estimate 6.65
Adjusted R Square .923
R R Square .965a .932
a. Predictors: (Constant), BSP Coefficients a
Model 1
Standardi zed Coefficien ts Beta
Unstandardized Coefficients B Std. Error 78.486 10.021 .526 .050
(Constant) BSP
t 7.832 10.463
.965
Sig. .000 .000
a. Dependent Variable: PEV
PEV
Abb. L.40. SPSS-Output zu Aufgabe 5.1 240
220
200
180
160
140 120
140
160
180
200
220
240
260
280
BSP
Abb. L.41. Regressionsgerade zu Aufgabe 5.1
Weiterhin gilt (ges) n s(ges) = Sxy = xy
20 i=1
=
10
x1i y1i +
i=1
xi yi − n¯ xges y¯ges 10 i=1
x2i y2i − n¯ xges y¯ges .
F¨ ur die Teilgesamtheit 1 gilt 10 i=1
x1i y1i =
10 i=1
x1i y1i − n1 x ¯ y¯ $ %&1 '1
=0, da x ¯1 =0
= n1 s(1) xy .
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
351
Da y¯2 = 0 gilt f¨ ur die Teilgesamtheit 2 analog 10
x2i y2i = n2 s(2) xy .
i=1
Wir berechnen
(1) (1) (1) n1 s(1) xy = n1 rxy sx sy = 180 (2) (2) (2) n2 s(2) xy = n2 rxy sx sy = 180 ¯2 x ¯1 + x =6 x ¯ges = 2 y¯1 + y¯2 y¯ges = =3 2 10 10 (2) ns(ges) x2i y2i − n¯ xges y¯ges = n1 s(1) xges y¯ges x y + = 1i 1i xy + n2 sxy − n¯ xy i=1
(ges) rxy
i=1
= 180 + 180 − 360 = 0 = 0.
Es liegt also ein linearer Zusammenhang in den Teilgesamtheiten vor, aber (ges) insgesamt gilt rxy = 0, d. h., es besteht kein linearer Zusammenhang in der Gesamtheit. L¨ osung zu Aufgabe 5.3: a) Bezeichne X das Merkmal ‘Subvention’ und Y das Merkmal ‘Umsatz’. Wir verwenden folgende Arbeitstabelle zur Berechnung der Sch¨atzungen der Regressionskoeffizienten Subvention Umsatz xi xi − x ¯ (xi − x ¯)2 yi yi − y¯ (yi − y¯)2 (xi − x ¯)(yi − y¯) 8 −4 16 20 −10 100 40 6 −6 36 10 −20 400 120 8 −4 16 10 −20 400 80 12 0 0 30 0 0 0 16 4 16 40 10 100 40 22 10 100 70 40 1 600 400 72 184 180 2 600 680 Wir erhalten aus der Arbeitstabelle x ¯ = 12, y¯ = 30, Sxx = 184, Syy = 2 600 Sxy = 680. Mit (5.9) berechnen wir ˆb = 3.6957 a ˆ = 30 − 3.6957 · 12 = −14.348 . Die Regressionsgerade lautet also yˆ = −14.348 + 3.6957 x .
352
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
b) Das Bestimmtheitsmaß wird mit den Ergebnissen aus a) gem¨aß (5.23) berechnet R2 = r2 = 0.982 = 0.967 . Der Anteil der durch die Regression erkl¨ arten Varianz an der Gesamtvarianz ist also nahezu 100%. Dies deutet auf einen linearen Zusammenhang zwischen Subventionen und Gewinn hin. Die Ergebnisse der Berechnungen mit SPSS sind in Abbildung L.42 angegeben.
Coefficients a
Model 1
(Constant) SUBVENT
Unstandardized Coefficients B Std. Error -14,348 4,543 3,696 ,344
Standardi zed Coefficien ts Beta ,983
t -3,158 10,752
Sig. ,034 ,000
a. Dependent Variable: UMSATZ
Model Summary
Model 1
R R Square ,983a ,967
Adjusted R Square ,958
Std. Error of the Estimate 4,6625
a. Predictors: (Constant), SUBVENT
Abb. L.42. SPSS-Output zu Aufgabe 5.3
L¨ osung zu Aufgabe 5.4: a) Die Merkmale ‘Menge des Kraftfutters’ und ‘Milchertrag’ sind metrisch. Die Beobachtungseinheiten sind die Bauernh¨ofe bzw. St¨alle. Abbildung L.43 stellt die Werte anhand eines Scatterplots grafisch dar. Zus¨atzlich ist bei jedem Punkt die Stallbezeichnung angegeben. F¨ ur die angegebenen Wertebereiche der beiden Merkmale, insbesondere des unabh¨ angigen Merkmals X mit einem Wertebereich von 80 kg/Stall bis 400 kg/Stall kann ein ann¨ ahernd linearer Zusammenhang zwischen X und Y angenommen werden. b) Zur Berechnung der Regressionsgeraden benutzen wir folgende Arbeitstabelle:
Milchertrag
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
353
4200 E 4000 F 3800 3600
C
3400 B 3200
D
3000
2800
A
2600 0
100
200
300
400
500
Menge des Kraftfutters
Abb. L.43. Scatterplot zu Aufgabe 5.4 a)
i 1 2 3 4 5 6
xi 80 200 240 140 400 320 1 380
yi 2 700 3 250 3 500 3 100 4 000 3 800 20 350
x2i 6 400 40 000 57 600 19 600 160 000 102 400 386 000
xi yi 216 000 650 000 840 000 434 000 1 600 000 1 216 000 4 956 000
Mit den Werten der Arbeitstabelle ergibt sich y¯ = 3 391.667, x ¯ = 230 und sxy = 826 000 − 780 083.41 = 45 916.59 s2x = 64 333.333 − 52 900 = 11 433.333 . Damit sind die gesch¨ atzten Regressionskoeffizienten gem¨aß (5.9) ˆb = 45 916.59 = 4.016 11 433.333 a ˆ = 3 391.667 − 4.016 · 230 = 2 467.987 = 2 468 . Die Gleichung der Regressionsgeraden ist somit yˆ = 2 468 + 4.02 x . Der Wert a = 2 468 l/Stall gibt den mittleren Milchertrag an, der – bei den ausgew¨ ahlten St¨ allen – auch ohne Zugabe von Kraftfutter erzielbar
354
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
ist, wenn die lineare Beziehung auch im Bereich 0 ≤ x < 80 g¨ ultig ist. Der Regressionskoeffizient b = 4.02 bedeutet, dass 1 kg Kraftfutter im Durchschnitt (dieser linearen Beziehung) eine Milchertragssteigerung von 4.02 l/Stall bewirkt. c) Aus b) folgt, dass zus¨ atzliche Kosten in H¨ ohe von 0.80 DM/Stall f¨ ur 1 kg Kraftfutter je Stall im Mittel einen zus¨ atzlichen Milchertrag von ˆb l/Stall, d. h. von 4.02·0.30 = 1.21 DM/Stall bewirken. Somit ist – im Wertebereich des Merkmals X – der Kraftfuttereinsatz ¨ okonomisch sinnvoll. d) Bei globaler G¨ ultigkeit“ der oben bestimmten Regressionsgeraden k¨onnte ” man bei einem Kraftfuttereinsatz von 1 500 kg/Stall einen Stall-Ertrag von yˆ = 2 468 + 4.02 · 1 500 = 8 498l/Stall erwarten. Dieses Ergebnis ist jedoch v¨ ollig unrealistisch, weil der Zusammenhang zwischen der Menge des Kraftfutters und dem Ertrag f¨ ur h¨ohere Kraftfuttergaben sicherlich nicht mehr linear ist. Dieser Zusammenhang wird wohl dem klassischen Ertragsgesetz unterliegen, wonach ab einer bestimmten S¨ attigungsgrenze der Grenzertrag abnimmt und bei extrem hohen Gaben negativ ist. Mit yˆ = 8 498 l/Stall wird also der zu erwartende Ertrag erheblich u atzt. ¨bersch¨ L¨ osung zu Aufgabe 5.5: a) Die Datenlage wird mit einem Scatterplot dargestellt, der in Abbildung L.44 zu sehen ist. b) Wie bereits in Aufgabe 4.9 berechnet, besteht kein linearer Zusammenhang zwischen der Reparaturzeit und der Verweildauer. Damit ist auch kein lineares Regressionsmodell gerechtfertigt. Dies wird auch am Scatterplot in Abbildung L.44 deutlich. n L¨ osung zu Aufgabe 5.6: Aus SQTotal = Syy = i=1 (yi − y¯)2 = 0 folgt yi = y¯ f¨ ur alle i = 1, . . . , n, d. h. die yi sind konstant. Die Punktwolke hat damit die Gestalt wie in Abbildung L.45 dargestellt. Wegen yi = y¯ f¨ ur i = 1, . . . , n folgt yi − y¯ = 0 f¨ ur i = 1, . . . , n. Daraus folgt wiederum Sxy = 0 und damit ˆb = 0 und a ˆ = y¯. Die Regressionsgerade w¨ urde damit parallel zur x-Achse verlaufen. Alle Punkte liegen auf der Geraden. Ein Bestimmtheitsmaß ist jedoch nicht definiert, da R2 den Anteil der erkl¨ arten Variabilit¨ at misst. Da Syy = 0 ist, kann nat¨ urlich auch kein Anteil erkl¨ art werden. Ein anderes Argument daf¨ ur ist die Tatsache, dass der Korrelationskoeffizient bei Sxx = 0 oder Syy = 0 nicht definiert ist. Wegen R2 = r2 folgt wieder obige Argumentation, d. h. man kann weder von Nullanpassung noch von perfekter Anpassung sprechen. L¨ osung zu Aufgabe 5.7: Da s2e = 0 ist, gilt n
s2e =
1 2 e − e¯2i = 0 n i=1 i
Verweildauer in Std.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
355
12
10
8
6
4
2 0.0
.5
1.0
1.5
2.0
2.5
Reparaturzeit in Std.
Abb. L.44. Scatterplot zu Aufgabe 5.5 a)
y¯
x1
x2
xn
···
Abb. L.45. Punktwolke mit konstanten yi
bzw. ¨ aquivalent dazu n
Daraus folgt mit
n
1 2 e −n n i=1 i
i=1 ei
n
1 ei n i=1
2
= 0.
= 0, dass n
1 2 e = 0, n i=1 i
d. h., f¨ ur alle i = 1, . . . , n gilt ei = 0. Alle Paare (xi ,yi ) liegen auf der Regressionsgeraden, es liegt also ein exakter linearer Zusammenhang vor. Damit ist
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
356
rxy = −1. Alternativ h¨ atten wir dies auch zeigen k¨onnen wenn wir wie folgt argumentieren. Aus s2e = 0 folgt, dass die ei konstant sind. Da die Summe der ei Null ergibt (s. o.) folgt ei = 0 f¨ ur i = 1, . . . , n. Damit liegen alle Punkte auf der Regressionsgeraden. L¨ osung zu Aufgabe 5.8: a) X und Y sind standardisiert. Damit ist x ¯ = 0, s2x = 1, y¯ = 0 und s2y = 1. Wir berechnen daraus mit sxy = −0.5: rxy =
−0.5 sxy = −0.5 . = sx sy 1
b) Mit Sxx = ns2x , Sxy = nsxy und Syy = ns2y erhalten wir mit (5.9) ˆb = −0.5 = −0.5 , 1 a ˆ = y¯ − (−0.5)¯ x = 0. Die Regressionsgerade lautet damit y = −0.5 x . c) Bezeichnen wir mit s2Residual die Varianz der Residualvariablen e: s2Residual =
n 2 1 yi − (ˆ a + ˆbxi ) n i=1 n
= Aus
1 1 (yi − yˆi )2 = SQResidual . n i=1 n
s2xy SQRegression = R2 = r 2 = 2 2 SQTotal sx sy
folgt mit SQTotal = n · s2y SQRegression =
s2xy ns2 s2x s2y y
und mit SQTotal = SQRegression + SQResidual s2xy 2 SQResidual = sy − 2 n , sx womit sich s2Residual = ergibt.
1 SQResidual = 1 − 0.25 = 0.75 n
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
357
L¨ osung zu Aufgabe 5.9: Wir logarithmieren die Funktion Y = ALα K 1−α und erhalten ln(Y ) = ln(A) + α ln(L) + (1 − α) ln(K) L . ln(Y ) = ln(A) + ln(K) + α ln $ %& ' K $ %& ' Konstante x
α ist hier der zu sch¨ atzende Parameter. Das Problem besteht darin, dass diese Funktion nur f¨ ur konstantes K linear ist. L¨ osung zu Aufgabe 5.10: • y = α + βxγ kann nicht geeignet transformiert werden, da γ auch im Exponenten erscheint. • Logarithmieren von y = αeβx f¨ uhrt zur linearen Regression ln(y) = ln(α) + βx . ˜2 = x22 in eine lineare • Die Funktion y = α + βx1 + γx22 kann durch x Regression y = α + βx1 + γ x ˜2 transformiert werden. • y = k/(1 + αe−βx ) kann nicht linearisiert werden.
L¨ osung zu Aufgabe 5.11: Wir m¨ ussen festlegen in welchem W¨ahrungsbereich wir den Vergleich durchf¨ uhren wollen. Wir w¨ ahlen den DM-Bereich. Der Umrechnungskurs sei 1$ = 0.65 DM. Die US-Werte sind dann wie folgt zu transformieren: y˜i(USA) = (yi − y¯)USA 0.65 ,
x ˜i(USA) = (xi − x ¯)USA 0.65 .
Die deutschen Werte sind durch Standardisierung zu transformieren. y˜i(D) = (yi − y¯)D ,
x ˜i(D) = (xi − x ¯)D .
Nach Berechnung der jeweiligen Regressiongeraden erh¨alt man z. B. folgendes Bild: y˜i USA D
xi(U SA) y˜i(U SA) = 2˜ y˜i(D) = x ˜i(D) x ˜i Werbung hat also in den US-Filialen einen gr¨oßeren Einfluss auf die Umsatzsteigerung als in den deutschen Filialen.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 6
358
L¨ osung zu Aufgabe 6.3: Beim gleitenden 3er-Durchschnitt ist k = 1. Mit (6.2) berechnen wir z. B. 1 1 (y1 + y2 + y3 ) = (5 + 7 + 6) = 6 . 3 3
y2∗ = Wir erhalten t 1 2 3 yt 5 7 6 yt∗ − 6.00 7.00
4 8 7.67
5 9 8.67
6 9 9.33
7 10 10.00
8 11 10.00
9 9 10.67
10 12 11.67
11 14 −
Beim gleitenden 4er-Durchschnitt ist k = 2 und mit (6.3) berechnen wir z. B.
1 1 1 1 ∗ y1 + (y2 + y3 + y4 ) + y5 = (2.5 + 7 + 6 + 8 + 4.5) = 7 . y3 = 4 2 2 4 Wir erhalten t yt yt∗
1 5 −
2 7 −
3 6 7.00
4 8 7.75
5 9 8.50
6 9 9.375
7 10 9.75
8 11 10.125
9 9 11.00
10 12 −
11 14 −
L¨ osung zu Aufgabe 6.4: Wir kodieren zun¨ achst die Jahreszahlen 1952 bis 1961 in t = 1, . . . , 10 um. Damit ist 10 + 1 = 5.5 . t¯ = 2 Wir berechnen weiter 10 t=1
(t − t¯)2 = (1 − 5.5)2 + (2 − 5.5)2 + . . . + (10 − 5.5)2 = 82.5 , y¯ =
10 t=1
1 (150 + . . . + 210) = 180 , 10
(t − t¯)(yi − y¯) = 570 .
Mit (6.9) und (6.10) erhalten wir ˆb = 570 = 6.91 , 82.5 a ˆ = 180 − 6.91 · 5.5 = 142 . Das lineare Trendmodell lautet also yˆ = 142 + 6.91t.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 6
359
L¨ osung zu Aufgabe 6.5: a) Wir kodieren die Quartals- und Jahresangaben um und erhalten folgende Arbeitstabelle t t − t¯ yt yt − y¯ (t − t¯)(yt − y¯) 1 −5.5 740 80 −440 2 −4.5 550 −110 495 3 −3.5 850 190 −665 4 −2.5 600 −60 150 5 −1.5 680 20 −30 6 −0.5 500 −160 80 7 0.5 850 190 95 8 1.5 580 −80 −120 9 2.5 640 −20 −50 10 3.5 510 −150 −525 11 4.5 840 180 810 12 5.5 580 −80 −440 0 7 920 0 −640 12 Wir berechnen y¯ = 660, i=1 (t − t¯)2 = 143 und erhalten ˆb = −640 = −4.48 , 143 a ˆ = 660 − (−4.48) · 6.5 = 689.09 .
b) Bei dieser Datenlage ist ein saisonaler Effekt der Periode p = 4 zu vermuten. Wir f¨ uhren also eine Gl¨ attung mit Durchschnitten 4. Ordnung durch und erhalten die gegl¨ attete Reihe yt∗ : t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 yt 740 550 850 600 680 500 850 580 640 510 840 580 yt∗ − − 677.5 663.75 657.5 655 647.5 643.75 643.75 642.5 − −
Im Gegensatz zu Teilaufgabe a) liegen die Paare (t, yt∗ ) nur noch f¨ ur 8 Zeitpunkte vor. Es d¨ urfen auch nur diese Werte f¨ u r das Trendmodell her10 angezogen werden. Mit y¯ = 653.9 und i=3 (t − t¯)2 = 42 erhalten wir ˆb = −196.88 = −4.69 , 42 a ˆ = 653.9 + 4.69 · 6.5 = 684.37 .
c) Die Trendgerade der gegl¨ atteten Werte entspricht – bis auf die Verschiebung – im Prinzip der urspr¨ unglichen Trendgeraden. W¨ahrend wir ohne Saisonbereinigung ein lineares Modell als nicht passend eingestuft h¨atten (R2 = 0.015), so erkennen wir nach Saisonbereinigung, dass das lineare Modell durchaus passend ist (R2 = 0.883). Liegt eine Saisonfigur vor, so sollte stets vor einer Modellbildung eine Bereinigung um die Saison durchgef¨ uhrt werden.
360
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 7
L¨ osung zu Aufgabe 7.1: Mit (7.1) gilt Pt P81 Pt P81,t = = P85 P81,85
P81,t = P85,t Damit berechen wir z. B.
1.00 = 0.98 1.02 0.99 = 0.97 = 1.02
P85,81 = P85,82 und erhalten Jahr ’81 P81,t 1.00 P85,t 0.98
’82 0.99 0.97
’83 0.93 0,91
’84 1.01 0.99
’85 1.02 1.00
’86 0.44 0.43
’87 0.40 0.39
’88 0.34 0.33
’89 0.43 0.42
’90 0.47 0.46
L¨ osung zu Aufgabe 7.2: Gegeben sind die Umsatzanteile (in Prozent) f¨ ur 0 (i) · 100%. Weiterhin sind die Preismesszahlen das Jahr 1980, d. h. p0p(i)·q 0 (i)·q0 (i)
pt (i) p0 (i)
· 100% gegeben. Formen wir (7.9) um, so erhalten wir L P0t
n pt (i) n p (i) · q (i) i=1 p0 (i) · q0 (i) · p0 (i) t 0 n = ni=1 = i=1 p0 (i) · q0 (i) i=1 p0 (i) · q0 (i) = 1.2 · 0.1 + 1.3 · 0.3 + 1.5 · 0.6 = 1.41 .
L¨ osung zu Aufgabe 7.3: Der Gesamtpreisindex nach Laspeyres l¨asst sich als gewichtetes Mittel der Teilindizes darstellen, wobei die Ausgabenanteile die Gewichte sind: L L L P0t = P0t (M) · wM + P0t (E) · wE . L L Gegeben sind P0t = 109.7, P0t (M) = 117.3, wM = 0.71 und wE = 1 − wM = 0.29. Daraus berechnen wir L (E) = P0t
L L − P0t (M) · wM P0t 109.7 − 117.3 · 0.71 = 91.09% . = wE 0.29
W¨ urde der Ausgabenanteil f¨ ur Wohnungsmiete nur 50% betragen, so ist wM = wE = 0.5. Damit w¨ are L P0t = 117.3 · 0.5 + 91.09 · 0.5 = 104.195% .
L¨ osung zu Aufgabe 7.4: a) Gegeben sind die Umsatzanteile f¨ ur 1985, d. h. p85 (S) · q85 (S) = 0.8 und ur 1988 gegeben, p85 (B)·q85 (B) = 0.2. Weiterhin sind die Preismesszahlen f¨ p88 (B) 88 (S) = 1.05 und = 1.1. Damit kann nur der Preisindex nach d. h. pp85 (S) p85 (B)
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 7
361
Laspeyres berechnet werden (f¨ ur den Preisindex nach Paasche ben¨otigt man auch die Umsatzanteile f¨ ur 1988). Es ist L L L P85,88 = P85,88 (S) · wS + P85,88 (B) · wB
p88 (S) p88 (B) · wS + · wB p85 (S) p85 (B) = 1.05 · 0.8 + 1.1 · 0.2 = 1.06 . =
b) Bei der Substitution von Schallplatte durch CD sind f¨ ur den Preisindex nach Laspeyres die ver¨ anderten Preismesszahlen zu berechnen: 24 = 18 , 28 32 p90 (S − CD) = 21 = 24 . 28
p89 (S − CD) = 21
Weiterhin ben¨ otigen wir den Basispreis f¨ ur Schallplatten
−1 p88 (S) 21 p85 (S) = p88 (S) = 20 . = p85 (S) 1.05 Damit ist 18 · 0.8 + 1.1 · 0.2 = 0.94 , 20 24 · 0.8 + 1.1 · 0.2 = 1.18 . = 20
L P85,89 = L P85,90
L¨ osung zu Aufgabe 7.5: a) Mit (7.12) erhalten wir 384 96 49 · 3 + 79 · 3 = = = 0.671 , 49 · 2 + 79 · 6 572 143 49 · 4 + 79 · 5 591 = = = 1.033 . 49 · 2 + 79 · 6 572
QL 12 = QL 13
b) Nein, weil bei Paasche im Vergleich zu Laspeyres zwar die Preise der Berichtsperiode herangezogen werden, die Preise aber konstant bleiben. c) Da die Preise konstant sind und f¨ ur die Mengen entweder die Berichtsperiode (Paasche) oder die Basisperiode (Laspeyres) verwendet wird, sind beide Indizes gleich 1. L¨ osung zu Aufgabe 7.6: a) Aufgrund der Angaben kann nur der Preisindex nach Laspeyres berechnet werden: 8.30 · 22 + 2.0 · 66 + 3.30 · 120 393.8 p75 q65 L 5 = 1.55 . = = P65,75 = 253.4 p65 q65 6.5 · 22 + 1.0 · 66 + 1.85 · 120 5
362
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 7
b) Rindfleisch wird durch Schweineschnitzel substituiert. Wir berechnen zun¨ achst den angepassten Preis p85 (Fleisch) = 8.30
30 = 9.96 25
und damit den ver¨ anderten Preisindex 9.96 · 22 + 3.0 · 66 + 4.5 · 120 525.12 5 = = 2.07 . 253.4 253.4 c) Sind die Mengen der Berichtsperiode gegeben, so ist der Preisindex nach Paasche passend. Zugleich ist die Substitution von Rindfleisch durch Schweinefleisch zu ber¨ ucksichtigen. Wir berechnen zun¨achst den Preis f¨ ur 1 kg Schnitzel 1965. Von 1965 nach 1975 liegt eine Preisver¨anderung bei 8.30 Rindfleisch von 6.50 = 1.28 vor. Von 1975 zu 1985 betr¨agt die Preis¨ande30 rung 25 = 1.2. Damit erhalten wir L P65,85 =
p65 (Fleisch) =
30 = 19.53 1.2 · 1.28
und berechnen 30 · 20 + 4.5 · 90 855 p85 q85 P 5 + 3.0 · 58 = 1.77 . P65,85 = = = 90 481.9 p65 q85 19.53 · 20 + 1.85 · 5 + 1 · 58
Auf Grund ver¨ anderter Verbrauchergewohnheiten ver¨andert sich der Index. Es gilt Index von Paasche < Index von Laspeyres. L¨ osung zu Aufgabe 7.7: Wir berechnen Qt = qt /q0 f¨ ur t = 1, 2, 3: t qt Qt
0 100 1
1 150 1.5
2 300 3
3 400 4
4 440 4.4
5 396 3.96
Zum Zeitpunkt 4 liegt eine 10 %ige Steigerung von Q4 gegen¨ uber Q3 vor, also uber ist Q4 = 4.40. Zum Zeitpunkt 5 liegt eine 10 %ige Senkung von Q5 gegen¨ Q4 vor, also ist Q5 = 3.96 und q5 = 396. Der alte Zustand zum Zeitpunkt 3 ist also nicht wiederhergestellt. L¨ osung zu Aufgabe 7.8: Es sollen ein Preis- und ein Mengenvergleich (1992– 1997) ausgew¨ ahlter G¨ uter auf der Grundlage der Mengen- bzw. Preisstrukturen von 1997 durchgef¨ uhrt werden. Daf¨ ur geeignete Maßzahlen sind der Preis- bzw. Mengenindex nach Paasche, weil die Strukturen von 1997 verwendet werden sollen. P a) Der Preisindex nach Paasche P92,97 berechnet sich als
580 · 1 + 1.1 · 200 + 1.6 · 46 + 5.0 · 16 + 3.2 · 4 + 15.8 · 5 + 2.4 · 9 + 5.0 · 10 560 · 1 + 1.4 · 200 + 1.3 · 46 + 8 · 16 + 1.8 · 4 + 13.8 · 5 + 1.7 · 9 + 4.0 · 10 1 117.0 = = 0.964 . 1 159.3
Die Preise f¨ ur den aktuellen Warenkorb im Zeitraum von 1992 bis 1997 sind um durchschnittlich 3.6 % gesunken.
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 7
363
b) Beim Mengenindex QP andert sich im Vergleich zum Preisindex nur 92,97 ver¨ der Nenner: 1 117.0 1 · 580 + 120 · 1.1 + 32 · 1.6 + 10 · 5.0 + 8 · 3.2 + 7 · 15.8 + 14 · 2.4 + 30 · 5.0 1 117.0 = = 0.986 1 133.0
Der Verbrauch an (bestimmten) G¨ utern des t¨aglichen Bedarfs hat also – gemessen mit dem Mengenindex nach Paasche – um durchschnittlich 1.5 % abgenommen. L¨ osung zu Aufgabe 7.9: a) Zun¨ achst sind die Kosten des Urlaubswarenkorbs der Familie Prollmann in allen drei Regionen zu bestimmen: WIt = 22 000 · 28 + 2 000 · 56 + 800 · 12 + 90 000 · 1 + 2 000 000 · 1 WFr
= 2 827 600 (Lit) , = 55 · 28 + 5 · 56 + 3.5 · 12 + 500 · 1 + 8 500 · 1 = 10 862 (FF) ,
WD = 10 · 28 + 0.7 · 56 + 1.1 · 12 + 100 · 1 + 2 700 · 1 = 3 132.40 (DM) . Setzt man die Wertgr¨ oßen paarweise in Beziehung, erh¨alt man Kaufkraftparit¨ aten vom Typ Lowe f¨ ur jeweils 2 Regionen, bei der der durchschnittliche Warenkorb durch den Urlaubswarenkorb der Familie Prollmann ersetzt wurde: FF 862 = 2 10 LOWEKP It,Fr 827 600 = 0.003841 Lit Lit 827 600 LOWEKP = 2 10 Fr,It 862 = 260.3 FF 132.4 DM = 23827 LOWEKP It,D 600 = 0.001108 Lit Lit 600 LOWEKP = 23827 D,It 134.4 = 902.7 DM KP 3 132.4 DM LOWEFr,D = 10 862 = 0.2884 FF 862 FF = 310132.4 LOWEKP = 3.468 DM D,Fr
Von besonderer Bedeutung sind die Kaufkraftparit¨aten, bei denen ein Vergleich zwischen den Kosten am Heimatort und in einer der beiden Urlaubs BF regionen angestellt werden. Beispielsweise gibt LOWEKP D,Fr = 3.468 DM an, dass der Warenkorb in Frankreich in FF das 3.468fache des Betrags in DM in der Heimatregion kostet, d. h., Urlaubskosten in H¨ohe von 100 DM entsprechen einem Betrag von 346.80 FF in Frankreich. b) F¨ ur die Entscheidung ist der Vergleich zwischen Kaufkraftparit¨aten und Wechselkurs entscheidend. Wenn 1 000 italienische Lire 1.40 DM kosten, 000 · 100 = 71 428.57 Lit. F¨ ur dann erh¨ alt Familie Prollmann f¨ ur 100 DM 11.4 Urlaubsg¨ uter und -dienstleistungen in einem Wert von 100 DM m¨ ußte sie jedoch 90 269.44 Lit. zahlen, d. h., die Kaufkraft betr¨agt in Italien f¨ ur die
364
¨ L¨ osungen zu den Ubungsaufgaben aus Kapitel 7 71 428.57 Urlaubsg¨ uter und -dienstleistungen nur 90 269.44 = 0.791 der Kaufkraft in ihrem Heimatort. 100 · 100 = 303.03 franz¨osische Francs. F¨ ur F¨ ur 100 DM erh¨ alt man 33.0 Urlaubsg¨ uter und -dienstleistungen im Wert von 100 DM m¨ usste sie 346.76 FF zahlen. Die Kaufkraft betr¨ agt in Frankreich f¨ ur die Urlaubsg¨ uter und -dienstleistungen der Familie nur 303.03 uck346.76 = 0.874, d. h., nach Ber¨ sichtigung des Wechselkurses besteht bei einem Urlaub in Frankreich ein Kaufkraftverlust von 12.6 %. Familie Prollmann wird in Frankreich Urlaub machen, da hier die Kaufkraft h¨ oher ist als in Italien.
Literatur
365
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Sachverzeichnis
Absolutskala, 6 Adjustierung von Raten, 237 arithmetisches Mittel, 61 – Eigenschaften, 63 – gewichtetes, 62 – gewogenes, 62 Assoziation, 110 Assoziationsmaß – χ2 -Statistik, 111 – Gamma, 125 – Goodmans und Kruskals tau, 119 – Kendalls tau-b, 127 – Kontingenzkoeffizient C, 117 – Kontingenzmaß von Cramer, 116 – Lambda-Maße, 118 – Odds-Ratio, 122 – Phi-Koeffizient, 114 – Rangkorrelationskoeffizient von Spearman, 128 – Stuarts tau-c, 127 – Yule-Koeffizient, 120 Ausgleichsgerade, 175 Ausreißer, 85 Balkendiagramm, 34 Basisperiode, 223 Befragung, 8 Beobachtung, 10 Berichtsperiode, 223 Bestandsmasse, 2 Bestimmtheitsmaß, 184 Bewegungsmasse, 2 Beziehungszahlen, 222 Bindung, 128 Bootstrap – Verfahren, 278 Box-Plot, 85 Chernoff Faces, 144 Cold Deck Imputation, 287 Coplot, 139
Daten – Eingabe, 13 – Erhebung, 7 – fehlende, 261 – Validierung, 15 Datenmatrix, 13 Diskordanz, 121, 124 Dummykodierung, 198 Effektkodierung, 198 Einflussgr¨ oße, 173 empirische Verteilungsfunktion, 28 Entsprechungszahlen, 222 Experiment, 11 Exponentialfunktion, 201 Extremwerte, 85 Exzess, 84 Fehlendmechanismus, 264 Fehlerglied, 176 Fragebogen, 9 geometrisches Mittel, 67 Gini-Koeffizient, 89 – normierter, 90 gleitender Durchschnitt, 209 Gliederungszahlen, 221 Gompertz-Kurve, 201 Grundgesamtheit, 1 H¨ aufigkeit, 21 – absolute, 21 – erwartete, 110 – kumulierte relative, 28 – relative, 22, 30 – Tabelle, 22 harmonisches Mittel, 71 Hazard-Rate, 253 Hesse-Matrix, 177 Histogramm, 40 Hot Deck Imputation, 287
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Imputation – Cold Deck, 287 – Hot Deck, 287 – N¨ achste Nachbarn, 287 – Nearest Neighbor, 287 – Regressionsimputation, 285 Indexzahl, 223 Indikatorfunktion, 22 Informationsverlust, 263 interrater – agreement, 159 Intervallskala, 6 Kerndichtesch¨ atzer, 44 Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzungen, 177, 178, 216 Kodierung, 14 Konkordanz, 121, 124 Kontingenzkoeffizient, 117 – korrigierter, 117 Kontingenzmaß von Cramer, 116 Kontingenztafel, 100 Konzentration, 86 Korrelation, 129, 132 Korrelationskoeffizient – von Bravais-Pearson, 133, 172 – von Spearman, 128 Kovarianz, 134 Kreisdiagramm, 37 kumulierte relative H¨ aufigkeit, 28 Kurtosis, 84 Kurvendiagramm, 207 L¨ angsschnittanalyse, 247 Lageparameter, 51 Lambda-Maße, 118 Lebensdaueranalyse, 250 lineare Regression, 173 lineares Trendmodell, 216 Lineartransformation, 51 Logarithmische Parabel, 201 Logistische Funktion, 201 Lorenz-M¨ unzner-Koeffizient, 90 Lorenzkurve, 88 Lorenzsches Konzentrationsmaß, 89 Median, 54 – mittlere absolute Abweichung vom, 76 Mengenindex, 223, 229 – nach Laspeyres, 230 – nach Paasche, 230 Merkmal, 2 – bin¨ ares, 305
– diskretes, 4 – extensives, 5 – gruppiertes, 5 – intensives, 5 – klassiertes, 5 – mehrdimensionales, 3 – qualitatives, 4 – quantitatives, 4 – quasistetiges, 5 – standardisiertes, 82 – stetiges, 4 Merkmalsauspr¨ agung, 2 Merkmalsraum, 2 Merkmalsvektor, 3 metrische Skala, 6, 274 Mittel, 62 – arithmetisches, 61 – geometrisches, 67 – gewichtetes arithmetisches, 62 – gewogenes arithmetisches, 62 – harmonisches, 71 Mittlere absolute Abweichung vom Median, 76 Modalwert, 52 Modus, 52 Mortalit¨ atsquotient, 241 multiples Regressionsmodell, 194 N¨ achste Nachbarb Imputation, 287 Nearest Neighbor Imputation, 287 Nominalskala, 6, 269 Normalgleichungen, 177 Null-Anpassung, 185 Null-Plot, 175 Odds-Ratio, 122 Ordinalskala, 6, 270 Paretodiagramm, 35 perfekte Anpassung, 185 Phi-Koeffizient, 114 Polygonzug, 31 Preisindex, 223, 226 – Idealindex, 229 – nach Laspeyres, 227 – nach Lowe, 229 – nach Paasche, 228 – von Marshall-Edgeworth, 229 Pretest, 12 Prim¨ arerhebung, 8 Prinzip der kleinsten Quadrate, 175 Q-Q-Plot, 59 Quantil, 57
Sachverzeichnis Quantil-Quantil-Diagramm, 59 Quartil – oberes, 58 – unteres, 58 Quartilsabstand, 75 Querschnittsanalyse, 247 Quote, 221 Randverteilung, 102 Range, 75 Rangkorrelationskoeffizient von Spearman, 129 – korrigiert, 130 Rangskala, 6, 270 Rate – Adjustierung, 237 – rohe, 240 – schichtspezifische, 240 rater – agreement, 159 Referenzkategorie, 197 Regeln f¨ ur relative H¨ aufigkeiten, 30 Regressand, 173 Regression – durch den Ursprung, 193 – lineare, 173 – zentrierte, 192 Regressionsgerade, 177 Regressionsimputation, 285 Regressor, 173 relative Fehlerreduktion, 118 relatives Risiko, 122 Residuum, 176 – standardisiertes, 191 Response, 173 S¨ auglingssterblichkeit, 245 Scatterplot, 107 Schichtungsmerkmal, 240 Schiefe, 83 Sekund¨ arerhebung, 8 Sensitivit¨ atsanalyse, 281 Skala, 6 – Absolutskala, 6 – Intervallskala, 6 – metrische Skala, 6, 274 – Nominalskala, 6, 269 – Ordinalskala, 6, 270 – Verh¨ altnisskala, 6 Spannweite, 75 Stabdiagramm, 34 Stamm-und-Blatt-Diagramm, 38 Standardabweichung, 80
Standardisierung, 82 Standardpopulation, 241 stem-and-leaf plot, 38 Sterberate, rohe, 239 Sterbetafel-Methode, 252 Stichprobe, 8 Streubereich, 75 Streuungsmaße, 75 Streuungszerlegung, 184 Studienende, 250 Survivorfunktion, 253 Totalerhebung, 8 Translations¨ aquivarianz, 51 Treppenfunktion, 28 Umbasierung, 224 Unabh¨ angigkeit, 110 Untersuchungseinheiten, 1 Ursache-Wirkungs-Beziehung, 173 Variable, 2 – Transformation, 16 Varianz, 77 – deskriptive, 77 – innerhalb der Klassen, 79 – Stichprobenvarianz, 78 – Verschiebungssatz, 77 – zwischen den Klassen, 79 Variationskoeffizient, 82 Verh¨ altnisskala, 6 Verh¨ altniszahlen, 221 Verkettungsregel, 225 Verkn¨ upfung von Indizes, 231 Versuchsplan, 11 Verteilung, 53 – bedingte, 102 – eingipflig, 53 – gemeinsame, 102 – linksschief, 83 – mehrgipflig, 53 – Rand, 102 – rechtsschief, 83 – symmetrisch, 83 – unimodal, 53 Verteilungsfunktion – empirische, 28 Verursachungszahlen, 222 Verweildauer, 250 Vier-Felder-Tafel, 100 W¨ olbung, 84 Wachstumsfaktor, 68 Wachstumskurve, 201
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Wachstumsprozess, 68 Wachstumsrate, 68 Yule-Koeffizient, 120 Zeitreihe, 207 – Gl¨ attung, 209 Zeitreihen – glatte Komponente, 208
– irregul¨ are Komponente, 208 – saisonale Komponente, 208 – Zerlegung, 208 Zensierung, 250 Zentralwert, 54 Zentrierungstransformation, 192 Zusammenhang, exakter, 110 Zustandsraum, 2