Gerrit Heinemann Der neue Online-Handel
Gerrit Heinemann
Der neue Online-Handel Erfolgsfaktoren und Best Practices 3...
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Gerrit Heinemann Der neue Online-Handel
Gerrit Heinemann
Der neue Online-Handel Erfolgsfaktoren und Best Practices 3., überarbeitete Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Prof. Dr. Gerrit Heinemann ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, Management und Handel an der Hochschule Niederrhein, Mönchengladbach.
1. Auflage 2009 2. Auflage 2010 3. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Barbara Möller | Jutta Hinrichsen Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-8349-2312-7
Vorwort zur 3. Auflage
Alle Prognosen deuten darauf hin, dass der InternetBoom auch in den kommenden JahrenanhaltenwirdundvorallemderstationäreEinzelhandeldavonstarkprofitie ren könnte. Noch vor zehn Jahren gingen Wissenschaft und auch Praxis davon aus, dass sich über das Netz vornehmlich klar typisierbare Waren gut verkaufen lassen, etwaBücheroderSoftware.DieEntwicklungimOnlineHandelhatmittlerweileetwas ganz anderes gelehrt: Jede Produktkategorie lässt sich über das Internet vertreiben, und je sperriger und beratungsintensiver die Produkte sind, umso erfolgreicher sind dieseoffensichtlichimNetz.DerBedarfanaktuellenInformationenüberdenOnline Handel ist folglich hoch und die Zahl an aktuellen Quellen, in denen man sich über die neuesten Entwicklungen im Netz informieren kann, angesichts der Dynamik des Internetimmerwiederschnellveraltetunddadurchgering. DieersteundzweiteAuflagediesesWerkeshatinWissenschaftundPraxisgleicher maßen gute Resonanz gefunden. In der vorliegenden dritten Auflage wurden die zugrunde gelegten Zahlen aktualisiert und ergänzt sowie die Best Practices auf den neuestenStandgebracht.WeiterhinwurdeimletztenKapiteldemAspektderTrans formationeinbesondererStellenwerteingeräumt. GerritHeinemann V
Vorwort zur 1. Auflage
Zwei Geburtstage in 2008: Das World Wide Web (WWW) ist fünfzehn Jahre alt ge wordenundmitihmzusammenfeiert„dierevolutionärsteErfindungseitGutenbergs Buchdruck“, die Suchmaschine Google, ihr zehnjähriges Jubiläum. Gleichzeitig errei chen die Mitgliederzahlen der OnlineNetzwerke Größenordnungen in nie da gewe senerDimension(„Web2.0“).DasZauberwortfürdieMedienweltheißtheuteCom munityBuilding. Es geht darum, das Web2.0 als Werbeplattform und zur Kunden gewinnung zu nutzen. Gewinner sind schon jetzt die InternetHändler, die es verstanden haben, das Web2.0 zur Kundenakquisition oder dessen Prinzip im eige nenCommunityBuildingweitgehendzunutzen.DiesesdeutetaufeineZeitenwende imInternetHandelhin:MitderKombinationaus„sozialer“Vernetzung,fortgeschrit tenerDSLBreitbandvernetzung,mobilerSupervernetzung,digitalerProduktentwick lung,neuerBrowserTechnologie,innovativerAnwendungundFernsehenüberInter netProtokoll sowie akzeptierter Interaktivität, optimierter Usability, beschleunigter Abwicklung, revolutionierter Darstellungsform und erhöhter Sicherheit, ist der Onli neHandel in eine neue Phase eingetreten („Der neue OnlineHandel“). Das Buch nimmtdieseEntwicklungzumAnlass,dasThema„OnlineHandelderneuenGenera tion“zuplatzieren. Der OnlineHandel vollzieht aber nicht nur einen Generationenwechsel, sondern er lebtaucheinendrittenFrühling,dennnachdemNiedergangderNewEconomyund ihrerWiederauferstehungwächstderInternetHandelsoschnellwieniezuvor.Dieses hatzugleichaucheinenweitreichenden„Nebeneffekt“,denndurchdenOnlineBoom wird der seit Jahren rückläufige Versandhandel wiedergeboren. „Der zweite Auf schwung“, so titelt die FAZ vom 8. Januar 2008 über den Versandeinzelhandel, der durch das Internet beflügelt wird, und zwar „gleich auf zweifache Weise“: Auf der einen Seite konnte sich der Versandhandel einen modernen, zusätzlichen Bestellweg erschließen,aufderanderenSeiteisterdamitauchfürneueAnbieterwiederinteres santgeworden.FolglichboomtinDeutschlandderVerkaufüberdenDistanzhandel, während der stationäre Einzelhandel seit Jahren nur auf der Stelle tritt. Eine Steige rungderOnlineAnteileandenEinzelhandelsumsätzenistoffensichtlichauchfürdie nächsten Jahre sichergestellt. Dieses setzt allerdings voraus, dass der OnlineHandel den aktuellen Generationenwechsel tatsächlich vollzieht und sich an den zugrunde liegendenErfolgsfaktorenausrichtet.DiemittlerweileüberdreizehnjährigeErfahrung imOnlineHandellässtesheutezu,EmpfehlungenfüreineerfolgreicheNeugründung oderaberauch(Neu)AusrichtungvonOnlineHandelssystemenzugeben.Hiersetzt dasvorliegendeBuchan,dasachtzentraleErfolgsfaktorenfürdenOnlineHandelder neuen Generation aufzeigt und um internationale BestPracticeBeispiele aus diesem Bereichergänzt.FürdiePureOnlineHändlerentpuppensichdabeivorallemOnline VII
Bekleidungs und OnlineModehändler als Erfolgsbeispiele. Die identifizierten Best PracticeswurdenpraktischerstnachdemHypeder„NewEconomy“als„Unterneh menderzweitenStunde“ausderTaufegehobenodergeradegegründet,alsdieInter netBlase in 2000 platzte. Die Frage, wie der OnlineHandel der Zukunft aussehen sollte, orientiert sich stark an diesen Best Practices und soll mit dem vorliegenden Buchbestmöglichbeantwortetwerden. DieIdeefürdiesesBuchentstandwährenddes„OnlineHandelskongresses2008“,den ich am 30. und 31. Januar 2008 in Wiesbaden besucht und auf dem ich für Manage ment Forum das Referat „Erfolgsfaktoren im MultiChannelHandel“ gehalten habe. Die Erfahrungsberichte auf der Veranstaltung machten deutlich, dass der Internet HandelindiedritteGenerationgeht.DieseErkenntnistrafauf„innereVorbereitung“, denn es lag umfassendes Forschungs und vor allem Erfahrungsmaterial vor: Bereits 1996durfteichalsMitgliedimGeschäftsleitungskreisderDouglasGruppeanDiskus sionsrunden zum Thema „Douglas online?“ teilnehmen. Als Leiter des Competence CentersHandelderDroege&Comp.Unternehmensberatungwurdeichvon1997bis 2003 mit den Themen ECommerce und OnlineHandel in nahezu allen Handelspro jekten konfrontiert. Unvergessen bleiben die Projekterlebnisse beim „Der Club“ BertelsmannundBOLwährenddes„Hypes“der„NewEconomy“.NachhaltigeWir kung für dieses Buch hinterlassen hat aber auch die Interimsgeschäftsführung von 2001bis2002beim„MultiChannelPionier“Kettner,deralleFehlerbegangenhat,die imInternetHandelnurdenkbarsind.Meinewichtigsten„OnlineHandelsLehrjahre“ stammen aus den Jahren 2003 bis 2004, indenen ich gemeinsam mitPhilipp Humm, ehemaliger Geschäftsführer von Amazon Deutschland, als Gründungspartner der H&PConsultingforConsumerGoodsberatendtätigwar. Mein Dank gebührt Frau Barbara Roscher, Frau Jutta Hinrichsen und Frau Barbara Möller vom Gablerverlag für die „Initialzündung“ zu diesem Buch sowie die bisher ausgezeichnete Zusammenarbeit. Ohne meine Frau Kirsten, die mir während der Entstehungsphase den Rücken freigehalten hat, wäre das Buch allerdings nicht so reibungslosundschnellfertiggeworden,wofürichihrganzbesondersdankenmöch te. Dank schulde ich auch meinem Bruder Rolf Heinemann, der auf InternetRecht spezialisiertenANWALTSKANZLEIHEINEMANNausMagdeburgsowieFrauNora Gundelach und Herrn Matthias Witek für die kritischen und schnellen Durchsichten des Manuskriptes und die wertvollen Anregungen. Abschließend möchte ich gerne daraufverweisen,dassesmeinvordringlichstesAnliegenwar,mitdiesemBuchwie derumeineBrückezwischenTheorieundPraxiszubauenunddiesesbenutzerfreund lichzugestalten.SollteichdiesemAnspruchjedochnichtgenügthaben,bitteichum Nachsicht,aberauchumentsprechendesFeedback.
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GerritHeinemann
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis……………………………………………....XV
1OnlineHandelimWandel–RevolutionstattEvolution..............1 1.1OnlineHandelderneuenGeneration.................................................................. ..1 1.2PrivaterKonsumzunehmendonline ................................................................... ...4 1.3UngenutztePotenzialeimOnlineHandel .......................................................... ..6 1.4GünstigerStartzeitpunktfürdenOnlineHandel............................................ ..9 1.5InternetEinflussverändertKaufverhaltengrundlegend ................................. 10 1.6DigitalNativesimAnmarsch................................................................................ 16 1.7SchnelleBreitbandvernetzungpushtOnlineWachstum .................................. 17
2NewOnlineRetailing–Wasistdaseigentlichgenau? ..............19 2.1GrundlagendesNewOnlineRetailing ............................................................... 19 2.1.1TechnischeGrundlagendesOnlineHandels............................................. 19 2.1.2MedienspezifischeGrundlagendesOnlineHandels................................ 25 2.1.3GeschäftsspezifischeGrundlagendesOnlineHandels ............................ 27 2.2BesonderheitendesNewOnlineRetailing.......................................................... 29 2.2.1OnlineHandelalsFormdesDistanzhandels............................................. 29 2.2.2KernkompetenzenundFähigkeitenimOnlineHandel ........................... 31 2.2.3GeschäftssystemdesNewOnlineRetailing............................................... 33 2.3MarketingundVertriebspolitikimNewOnlineRetailing.............................. 35 2.3.1SortimentspolitikimOnlineHandel ........................................................... 36 2.3.2PreispolitikimOnlineHandel ..................................................................... 38 2.3.3VerkaufsundDistributionspolitikimOnlineHandel............................. 40
IX
2.3.4KommunikationspolitikimOnlineHandel ............................................... 42 2.4CRMalsBasisinstrumentdesNewOnlineRetailing ......................................... 46 2.4.1CRMNormstrategienimOnlineHandel .................................................... 47 2.4.2KundenbindungimOnlineHandel ............................................................ 48 2.4.3KundengewinnungimOnlineHandel ....................................................... 56 2.4.4KundenConversionimOnlineHandel...................................................... 60 2.4.5KundenCutimOnlineHandel ................................................................... 64 2.4.6WirtschaftlichkeitvonCRMimOnlineHandel ........................................ 67 2.5FormendesNewOnlineRetailing ........................................................................ 68 2.5.1PureOnlineHandel ...................................................................................... 68 2.5.2KooperierenderOnlineHandel .................................................................. 70 2.5.3MultiChannelHandel ................................................................................... 70 2.5.4HybriderOnlineHandel................................................................................ 73 2.5.5VertikalisierterOnlineHandel...................................................................... 75 2.6MobileShoppingundNewOnlineRetailing ....................................................... 77 2.6.1StatusdesMShopping ................................................................................. 77 2.6.2GrundlagenundAbgrenzungdesMShopping....................................... 79 2.6.3TechnischeGrundlagendesMShopping.................................................... 80 2.6.4ProdukteignungdesMShoppingamBeispielMode ................................ 82 2.6.5ApplikationenveränderndieMShoppingWelt ....................................... 85 2.6.6Zukunftspotenziale–AusblickfürdasMShopping ................................. 86
3Die8SErfolgsfaktorenimneuenOnlineHandel........................88 3.1ErmittlungderErfolgsfaktorenimneuenOnlineHandel ............................... 88 3.2ShopAttractionandSellingPropositionalsErfolgsfaktorNr.1 .................... 91 3.2.1AttractionMarketingundCustomerValueOrientierung...................... 91 3.2.2KillerDifferenzierungsfaktoren.................................................................. 94 3.2.3MultimedialeDarstellungundMehrdimensionalität .............................. 96 3.2.4EBranding,EBrandUSPundEBrandPull ............................................ 98 X
3.2.5ExternePromotionderEStoreBrand........................................................ 103 3.3SocialTargetingandSocietingalsErfolgsfaktorNr.2 ..................................... 104 3.3.1PotenzialvonKundenbeteiligungen .......................................................... 105 3.3.2OnlineMarktsegmentierungundTargetMarketing ................................. 106 3.3.3IntegriertesCommunityMarketing ............................................................ 108 3.3.4CommunitybasierteMarkenführung .......................................................... 111 3.3.5ConsumerGeneratedAdvertising .............................................................. 113 3.3.6Mikroblogging................................................................................................ 115 3.3.7LinkingValue.................................................................................................. 116 3.4ServiceandSearchSolutionsalsErfolgsfaktorNr.3......................................... 117 3.4.1EyeTrackingoptimierteWebUsability ...................................................... 118 3.4.2Navigations,SelektionsundEvaluationshilfen ....................................... 119 3.4.3ServiceorientierteDialogelemente ................................................................ 125 3.4.4SelfServiceFunktionalitäten ........................................................................ 126 3.4.5PreundAfterSalesService.......................................................................... 128 3.4.6KundenFeedback ........................................................................................... 129 3.5SingularityCustomizationandPersonalizationalsErfolgsfaktorNr.4 ........... 131 3.5.1OnetoOneMarketing................................................................................... 132 3.5.2IndividualisierteAngebote ............................................................................ 135 3.5.3PersonalisierteBeratungundPräsentation ................................................. 136 3.5.4MassCustomization ....................................................................................... 138 3.5.5OpenInnovation............................................................................................. 143 3.6SystemandSupplyChainExcellencealsErfolgsfaktorNr.5 .......................... 144 3.6.1KomplexitätsPerformance ........................................................................... 145 3.6.2SchnelligkeitundCycleTimeReduction ................................................... 147 3.6.3StrategischerITEinsatz.................................................................................. 148 3.6.4Automatisierung ............................................................................................. .150 3.7SecurityStandardandReputationalsErfolgsfaktorNr.6 ................................ 151 3.7.1RisikowahrnehmungimOnlineHandel ..................................................... 152 XI
3.7.2Bezahlsicherheitundflexibilität .................................................................. 154 3.7.3Datensicherheitundschutz.......................................................................... 156 3.7.4BeachtungrechtlicherRahmenbedingungen ............................................ 157 3.7.5AGBSicherheit................................................................................................ 158 3.8SupplementandSupportChannelStrategyalsErfolgsfaktorNr.7 ................ 160 3.8.1ChannelHoppingMöglichkeitalsKundenmehrwert............................... 162 3.8.2InternetalsLeadChannelmitstationäremZusatzkanal........................... 164 3.8.3IntegriertesMultiChannelSystem .............................................................. 166 3.8.4KanaleigenschaftenimVergleich.................................................................. 169 3.9SourcingConceptandStrategicAlliancesalsErfolgsfaktorNr.8..................... 172 3.9.1GlobalSourcing............................................................................................ 175 3.9.2ESourcing...................................................................................................... 177 3.9.3Outsourcing ................................................................................................... 180 3.9.4StrategischeundvirtuellePartnerschaften................................................ 183
4BestPracticesimNewOnlineRetailing .........................................186 4.1ErfolgsbeispieleimNewOnlineRetailing .......................................................... 186 4.1.1BestPracticesimPureOnlineHandel ........................................................ 186 4.1.2BestPracticesimkooperierendenOnlineHandel..................................... 191 4.1.3BestPracticesimMultiChannelHandel.................................................... 195 4.1.4BestPracticesimhybridenOnlineHandel................................................. .199 4.1.5BestPracticesimvertikalisiertenOnlineHandel ...................................... 200 4.2BeispielefürerfolgreichesOnlineManagement ................................................. 202 4.2.1BestPracticesindenFrontOfficeFunktionen............................................ 203 4.2.2BestPracticesindenBackOfficeFunktionenundSupplyChains.......... 206 4.3„LessonsLearned–20RegelnfürdenneuenOnlineHandel......................... 210
XII
5RiskBenefitundTransformationimOnlineHandel ..................212 5.1RiskBenefitfürdenPureOnlineHandel .......................................................... 212 5.1.1RiskBenefitausOnlineHandelssicht....................................................... 212 5.1.2RiskBenefitausOnlineKundensicht ....................................................... 214 5.2RiskBenefitfürdenMultiChannelHandel ...................................................... 217 5.2.1RiskBenefitausMultiChannelHandelssicht ......................................... 217 5.2.2RiskBenefitausMultiChannelKundensicht.......................................... 223 5.3ChancenfürbarrierefreienOnlineHandel ........................................................ 225 5.3.1DigitaleSpaltungundrechtlicheSituation............................................... 225 5.3.2WirtschaftlicheBedeutungundtechnischeUnterstützung.................... 226 5.4RisikennichtanforderungsgerechterAGBimOnlineHandel....................... 227 5.4.1NeueWiderrufsbelehrung .......................................................................... 227 5.4.2KeinWiderrufsrechtbeiProduktindividualisierung .............................. 228 5.5TransformationundPerspektivenimOnlineHandel ....................................... 230
Literaturverzeichnis………………………………………….………….235 Stichwortverzeichnis………………………………………………...….259
XIII
Abkürzungsverzeichnis
2G…………………………………………………...……………….………...….2.Generation 2,5G…………………………………………………...…………………….…..2,5.Generation 3G………………………………………………..……………………………......3.Generation 3,5G……………………………………..……………………………………....3,5.Generation Abb…………………………………………………...……………….……………..Abbildung Adm…………………………………………………...………………………..Administration AGB………………………………………………..…….AllgemeineGeschäftsbedingungen Agof……………………………………..………….ArbeitsgemeinschaftOnlineForschung asw……………………………………………..……………………………..Absatzwirtschaft BGB………………………………………………………………..BürgerlichesGesetzbuch BGG…………………………………………..…………Behindertengleichstellungsgesetz BITKOM….BundesverbandInformationswirtschaftTelekommunikationNeueMedien bn……………………………………………………………………………………….…billion B2C………………………………………………….……………….….BusinesstoConsumer B2B………………………………………………………………………..BusinesstoBusiness BVH…………………………………BundesverbanddesDeutschenVersandhandelse.V. bzw……………………………………………………….…………..………beziehungsweise CAGR…………………………………..……………..…..CumulatedAverageGrowthRate CBC…………………………………….……………………..……....CustomerBuyingCycle CCG…………………………………….………………………..CentralefürCoorganisation CEO…………………………………….…………………………..….ChiefExecutiveOfficer CIC……………………………………….……………...………CustomerInteractionCenter CM……………………………………………………………………..CategoryManagement CNC…………………………………….……………...……………..…CostsNewCustomer Comp…………………………………….……………………………..……………..Company
XV
CRM……………………………………….……...…..CustomerRelationshipManagement CS……………………….................................................................................CustomerService CU……………………………………………………………………..……….CorporateUnits Disc………………………………………….………………………………………….Discount DSL………………………………………………………………….…DigitalSubscriberLine e……………………………………………….………………………..……………….expected E…………………………………………………………………………………….…Electronic EAN……..……………………….……………………………EuropäischeArtikelNummer EC………………………………………………………………………………ElectronicCash ECC………………………………………………………...……………..ECommerceCenter ECR…………………………………………………...………..EfficientConsumerResponse EDGE……………………………….………….…EnhancedDataRatesforGSMEvolution EH…………………………………………………………………………………Einzelhandel EHI………………………………………………………………….…....EuroHandelsinstitut etal.……………………………………………………………………………..……….…etalii etc.…………………………………………………………………………………….…etcetera e.V.…………………………………………………………………….…eingetragenerVerein EVP………...………………………………………………………….…Endverbraucherpreis FAZ………………………………………………………....FrankfurterAllgemeineZeitung FernAbsG……………………………………………………………..…..FernAbsatzGesetz f…………………………………………………………………………………...….…folgende ff……………………………………………………………………………..…….fortfolgende ges………………………………….…………………………………….……………….gesamt GfK………………………………….……………..…….GesellschaftfürKonsumforschung ggf………………………………………………………………….……………gegebenenfalls GmbH……………………………….………………GesellschaftmitbeschränkterHaftung GPRS……………………………………………………...……GeneralPacketRadioService GSM……………………………………………GlobalSystemforMobileCommunications HMWVL……HessischesMinisteriumfürWirtschaft,VerkehrundLandesentwicklung XVI
Hrsg.…………………………………………………………………….…………Herausgeber HSDPA………………………………………………..HighSpeedDownlinkPacketAccess HSPA+…………………………………………..……..…………HighSpeedPacketAccess+ http………………………………….………………………….HyperTextTransferProtocol i.d.R.…………………………………………………………………………...……inderRegel IfH…………………………………….……………………….InstitutfürHandelsforschung IMS…………………………………………………………………IPMultimediaSubsystem inkl.………………………………………………………………………………….…inklusive IPTV…………………………………………………………...…InternetProtocolTelevision ISDN……………………………………………………IntegratedServicesDigitalNetwork IT……………………………………….…………………………….Informationstechnologie KFZ…………………………………….………….…………………………….Kraftfahrzeuge KB………………………………………..……………………………..……………….Kilobyte kBit/s……………………………………………………………...………KilobitproSekunde KRW……………………………………..………………………………..….Käuferreichweite LBS……………………………………………………………………LocationBasedServices Log…………………………………………..……………………………….………….Logistik LTE………………………………………………………...…………….LongTermEvolution m…………………………………………….……………………………………………million M………………………………...……………………………………………..…………Mobile Max…………………………………………..…………………………………………maximal MB…………………………………………….……………………………...……….Megabyte Mio……………………………………………..………………………………..…….Millionen Mrd……………………………………………….…………………………………..Milliarden MW………………………………………………...…………………………………Mittelwert NOS……………………………………………………………...…………NeverOutofStock Nr.……………………………………………..…………………………………….…Nummer o.J.……………………………………………..…………………………………….…ohneJahr PDA………………………………………………….…..…………PersonalDigitalAssistant XVII
PDF……...……………………………………………..…………PortableDocumentFormat P&L………………………………………………….…………………………….Profit&Loss POS…………………………………………………..…………...……………..…PointofSale ProdHaftG…………………………………………………………..ProdukthaftungsGesetz ROI……………………………………………………...…………..…..ReturnofInvestments RP…………………………………………….……………………………...…RheinischePost s……………………………………………..……...……………………………….………siehe S……………………………………………..………………………………………….……Seite Sec…………………………………………………………...……………………...…Sekunden SKU…………………………………………………………...……………StockKeepingUnit SMS…………………………………………………………..…………ShortMessageService Std…………………………………………………………….…………………………..Stunde SU…………………………………………………………….…………………....ServiceUnits TV…………………………………………………………….………………….…....Television UMTS………………………………………UniversalMobileTelecommunicationsSystem URL…………………………………………………………….….UniformResourceLocator USP…………………………………………………………….….UniqueSellingProposition uvm……………………………………………………………………..………..undvielmehr vgl………………………………………………………………..………………..….vergleiche vs…………………………………………………………………..………………………versus VDA………………………......…….….VerbandderDeutschenAutomobilwirtschafte.V. WAMS………………………………………………………...…………..….WeltamSonntag WAP………………………………….……………..…………WirelessApplicationProtocol WIMAX……………………..……...…WorldwideInteroperabilityforMicrowaveAccess WLAN……………………………………………..……..……WirelessLocalAreaNetwork WWW……………………………………………………………..…………WorldWideWeb ZAW…………………………..………….ZentralverbandderDeutschenWerbewirtschaft z.B………………………………………………………………………………….zumBeispiel
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1
1.1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
Online-Handel der neuen Generation
OnlineHandelfindetheuteimGegensatzzudenAnfangsjahrendesECommerceauf einer höheren Evolutionsstufe statt. Diese zeichnet sich insbesondere durch die frei willige und aktive Einbeziehung der Kunden in den Verkaufsprozess in Form von zumBeispielRückmeldungenandenVerkäufer,EmpfehlungenanandereInteressen ten und öffentliche Produktbewertungen, sowie auch durch die Bildung sozialer Ge meinschaftenundsozialerInteraktionenimInternetaus.Rund26MillionenDeutsche warenbereitsimdrittenQuartal2009insozialenNetzwerkenaktivundberücksichti gen bei ihrer Kauf vorbereitenden Informationssuche zunehemend Kommentare aus DiskussionsforenoderMeinungenvonanderenInternetNutzern(vgl.Höfling2009,S. 54; Hornig/Müller/Weingarten 2008, S. 82; FAZ 2008 Nr. 245, S. 19). In der Welt des „socialnetworking“werdensowohlpositivealsauchnegativeKauferlebnisseungefil tert ausgetauscht und verbreiten sich damit in Windeseile im Netz. Dabei wird glei chermaßen auch über Unternehmen gesprochen, die noch nicht online sind. Egal ob offlineoderonline,dasWeb2.0istfolglichauchinHinblickaufKaufentscheidungen zurdominierendenKraftimInternetgewordenundhatdenOnlineHandelderneuen Generationbereitsnachhaltiggeprägt. MitderstarkzunehmendenNutzungdesInternetalsInformationsmediumundmas senhaftenVerlagerungsozialerBeziehungeninsNetzsteigendieUmsätzeimOnline Handelrasant(vgl.Abbildung11).LautBundesverbanddesDeutschenVersandhan dels(BVH)lagenalleindieErlösemitphysischvorhandenenWarenimvergangenen Jahrumrund16ProzentüberdemVorjahrunderreichten15,5Mrd.€,währendder gesamte Einzelhandel im Krisenjahr 2009 um 2,4 Prozent auf rund 391 Mrd. € schrumpfte(vgl.WeltOnline2010).InklusiveDienstleistungenwiez.B.Ticketverkäu feerzieltederOnlineHandelsogar21,7Mrd.€(vgl.Wilhelm2010,S.5).Damitistdas Netz der Vertriebskanal mit der höchsten Wachstumsdynamik. In den kommenden Jahren wird nach Expertenmeinung das Handelswachstum primär im OnlineSektor stattfinden. Was 1995 mit amazon.com begann, ist somit zu einem bedeutenden Teil des Einzelhandels geworden. Der OnlineHandel tritt als sogenannte Meta Betriebsform in Wettbewerb zu den traditionellen MetaBetriebsformen des Einzel handels, zu denen der stationäre Handel, der Katalogversandhandel, das Teleshop ping sowie der ambulante Handel zu zählen sind. Das Internet bildet mittlerweile einenneuenMassenmarktmithohemZielwachstum.
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
Abbildung11:
UmsatzentwicklungOnlineHandel
Quelle: Eigene/ GfK-Webscope/ BVH/ HDE 2010 B2C-Online-Umsätze 2000-2020e (Mrd. €) Entwicklung B2C-Umsatz* in Mrd. € > 60,0 = Dienstleistungen = Waren
> 40,0 > 17% CAGR
21,7 19,3 15,5
18,3 13,6 16,3 11,4 % Einzelhandel
2,5
10,2 4,2
4,5
4,8
5,5
2000
2006
2007
2008
2009
2020e
*ohne KFZ und Apotheken, Prognose mit 2% Inflation angenommen
Zwar wird diese Entwicklung maßgeblich durch die stark wachsende Anzahl der Nutzer mitgetragen, aber auch bei abflachendem Wachstum der Nutzerzahl ist ein weiterer Anstieg der OnlineUmsätze absehbar. Denn für die bestehenden Online Kunden nimmt der Nutzen des Internet durch Medienvernetzung und neue Verbin dungen stetig zu. Darüber hinaus werden durch den Austausch von Anbieter und Nutzererfahrungen zunehmend Verbesserungen und Innovationen ermöglicht, die den Nutzerkomfort weiter erhöhen. Bereits heute ist absehbar, dass zum Teil noch bestehende Barrieren für das InternetShopping durch die fortlaufende Entwicklung desInternetüberwundenwerdenkönnen.Hinzukommt,dasssichindenvergange nenJahrenderKomfortbeiderInternetNutzungunddieGeschwindigkeitdurchden spürbarenKapazitätsaufbaubeiServernundNetzensowiederBreitbandübertragung zwarverbesserthaben,jedochindennächstenJahrennocherheblichmehrverbessern werden.VorallemaberzeichnetsicheinenachhaltigeQualitätssteigerungderOnline Angebote auf Handelsseite durch die Weiterentwicklung des InternetKanals ab. In haltundDesignderWebsiteswerdennichtnurausgefeilterundattraktiver,sondern erleben regelrechte „Innovationsschübe“ (vgl. Boersma 2010, S. 23 ff.). Dieses ist we sentlichesKennzeichendesOnlineHandelsderneuenGeneration.Insofernbenötigen
2
Online-Handel der neuen Generation
Handelsunternehmen mehrdennjeeineInternetStrategie,auchwenndiesebeinhal tet,vorerstnichtimOnlineHandelaktivwerdenzuwollen. Folgende Faktoren begründen die Notwendigkeit, sich als Handelsunternehmen mit dem„NewOnlineRetailing“auseinanderzusetzen(vgl.Hurth2002,S.1):
Der OnlineHandel wächst weiter. Daraus ergeben sich Wachstumschancen, die dertraditionelleHandelsonichtmehrhat.
Unabhängig vom eigenen InternetStandpunkt sind alle Handelsunternehmen durch die veränderten Kundenwünsche und durch Aktivitäten des Wettbewerbs gezwungen,sichzumindestdemThemazustellenundPositionzubeziehen.
Hat ein Handelsunternehmen die Entscheidung getroffen, mit InternetRetailing zu starten, ist die Frage zu beantworten, wie der neue Kanal in die bestehenden Absatzsystemezuintegrierenist. Deswegen wird der OnlineHandel auch in den nächsten Jahren eine herausragende Rollespielen. NichtdigitaleWarengruppenimOnlineHandelsinddieGewinner Insbesondere die Brancheneignung des Internet ist immer wieder Gegenstand reger Diskussionen. Im Raum steht die These, dass die Branchen jeweils unterschiedlich geeignet sind für den InternetVerkauf. Aussagefähige Kriterien zur Spezifikation dieser Branchen sind dabei das Transaktionskostensenkungspotenzial sowie die Au tonomie des Käufers (vgl.Meffert 2001, S.167). Tendenziell gilt,dass eine Branchen eignungumsoehergegebenist,jegrößerdasEinsparpotenzialbeiderDurchführung von Transaktionen über das Internet und je größer die Autonomie des Käufers bzw. das Selbstbedienungspotenzial sind. Auch wenn diesbezüglich digitalisierbare Leis tungenoffensichtlichdiebesteBrancheneignungaufweisen,weswegenz.B.dasInter net im Retailbanking zu einem strategischen Muss geworden ist, so hatdie Zahl der das Internet nutzenden Branchen unentwegt zugenommen. Dabei haben vor allem klassischeSortimenteundallenvoranTextilundBekleidungstarkwachsendeAkzep tanzimOnlineHandelgefunden.Fürüber5,2Milliarden€wurdein2009Textilund Bekleidungonlinegekauft,waseinemZuwachsvonca.11,7Prozentgegenüber2008 entspricht(vgl.BVH2010;Wilhelm2010,S.4).InsbesondereDesignermodelässtsich online gut verkaufen. Ob als ConceptStore („www.openingceremony.us“), Shop für Biostoffe (www.uniquenature.com oder www.glore.de), OnlineBoutique für deut sche Designer (www.styleserver.de) oder OnlineShop für skandinavische Mode (www.tresienshop.net),derOnlineEinkaufsbummelbietetvielfältigeMöglichkeiten. HinterTextilundBekleidungfolgtdieWarengruppeMedien/BildundTonträgermit knapp 2,3 Milliarden € (plus 19,1 Prozent), die zwar (noch) nach Stückzahlen vorne liegt, jedoch zunehmend von EContents substituiert wird. Auch Unterhaltungselek tronik/ElektroartikelundComputer/ComputerzubehörsindunterdenTop4mitüber 1,4sowie1,1Milliarden€Umsatz(vgl.Abbildung12).Nichtaufgelistetistmitrund 3
1.1
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
Abbildung12:
OnlineUmsätzenachWarengruppen
Quelle: BVH 2010 Internet-Umsätze nach Warengruppen 2008 (in Mrd. €)
+/- zu 2008 %
Textilien/Bekleidung
5,2
Medien/Bild- und Tonträger
2,3
UE/Elektronik/Elektroartikel
1,4
Computer und Zubehör
1,1
Hobby/Sammel-/Freizeitartikel
0,8
DIY/ Garten/Heimwerken Haushaltsgeräte Möbel/Dekoration Auto-/Motorrad-Zubehör Haushaltswaren
+ 11,7% + 19,1% + 11,7% +
3,8%
+ 14,5%
0,6 0,5 0,4 0,4 0,3
120Millionen€UmsatzdiegrößteEinzelhandelskategorie,nämlichLebensmittel.Im deutschenLEHstandenbishersicherlicheherandereThemenaufderTagesordnung alsdieEntwicklungeinesOnlineShops.Hierhatsichinzwischenaberzumindestdie Erkenntnisdurchgesetzt,dassesnichtausreicht,denKundennureinenEinkaufskanal anzubieten.DiezunehmendeZahlvonzumBeispielConvenienceShopsinTankstel lenundFactoryOutletsverdeutlichtdieEntwicklungwegvomtraditionellen,statio nären Handel mit starren Öffnungszeiten und traditionell gewachsenen Sortimenten undServiceleistungen.DieseArtvonBetriebstypendiversifikationoderauchMehrka nalstrategie nutzt das Internet bisher allenfalls als Informationsmedium, aber nicht offensivalsVerkaufskanal,wieeszumBeispielTesco,derwohlerfolgreichsteeuropä ischeLebensmittelOnlineHändler,tut.
1.2
Privater Konsum zunehmend online
KeineandereBrancheistsosehrvomInternetbetroffenwiederEinzelhandel.Sodürf tein2009inklusiveDSLbereitseinUmsatzvolumenvonüber100Mrd.€imprivaten ECommerce erzielt worden sein (vgl. FAZ 2010, Nr. 101, S. 12). Werden neben dem reinenOnlineHandelauchOnlineReisen,AusgabenfürDSLVerträge,KfZundGe brauchtwagen, MediaContents und Downloads, OnlineBanking und sonstige E VermittlungenwieOnlineApothekenoderDatingDienstemiteinbezogen,dannlässt sichdieseZahlaufBasisdesMonitoringReportDeutschlandDigital2009leichthoch 4
Privater Konsum zunehmend online
rechnen(vgl.MonitoringReportDeutschlandDigital2009,S.64).Diesentsprichtrund 10ProzentdesgesamtenprivatenKonsumsinDeutschlandohneWohnungsausgaben (vgl. Abbildung 13). Damit gehen die Privatausgaben zunehmend an dem ohnehin schrumpfenden stationären Einzelhandel vorbei. Vor allem, wenn dieser weiterhin denOnlineMarkteinstiegaufbreiterFrontverweigernsollte.UnddabeisinddieAus sichtengeradefürdiestationärenHändlereigentlichsehrgut:AllePrognosendeuten daraufhin,dassderInternetBoomauchindenkommendenJahrenanhaltenwirdund vorallemderangestammte Einzelhandeldavonstarkprofitierenkönnte(vgl.Heine mann2010c,S.12). Abbildung13:
B2CECommerceUmsätzeinDeutschland B2C E-Commerce in Mrd. € *
+16,2 %
10 % des privaten Konsums ohne Wohnen
> 100
87 8 Vermittlung/ Verträge
75
9 Online-Banking 10 Media/ Content etc. 11 C2C-KfZ 12 DSL 17 Online-Reisen 22 (15,5)
20 Online-Handel 2007
2008
+ 11,7 %
2009
*B2C E-Commerce inkl. C2C
DennnochvorzehnJahrendachtenalle,überdasNetzlassensichvornehmlichklar typisierbare Waren gut verkaufen, etwa Bücher oder Software. Die Praxis hat etwas ganzanderesgelehrt,dennmittlerweilelässtsichallesüberdasInternetvertreiben.Je sperriger und beratungsintensiver die Produkte sind, umso erfolgreicher sind diese offensichtlichimNetz.DieBaumarktketteHagebauvertreibtz.B.inMengenSchorn steine über den OnlineShop. Im letzten Weihnachtsgeschäft sollen es über 20.000 5
1.2
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
gewesensein.OderAutoreifen:RundzehnProzentdesAutoreifenNachrüstgeschäf tes in Deutschland gehen heute über den InternetKanal. Der OnlineReifenhändler Delticom.comausHannovergiltalsinternationalesErfolgsbeispielinseinemSegment mitannähernd300MillionenEuroUmsatzimletztenJahr.AuchFahrräder,einesehr beratungsintensive Warengattung, werden von immer mehr Kunden via Internet gekauft.Fahrrad.dezähltmittlerweilezudengrößtenFahrradhändlernDeutschlands. Als beratungsintensiv gilt ebenfalls Bekleidung, mit über 5 Milliarden € Online Umsatz mittlerweile die mit Abstand erfolgreichste Warengruppe im Netz. Von die sem Erfolg lassen sich erstaunlicherweise jedoch bisher nur wenige TextilFilialisten anstecken. Gleiches gilt auch für alle anderen Handelsbranchen wie z.B. der Lebens mitteleinzelhandel,derinDeutschlandnichteinmal0,1ProzentOnlineAnteilerreicht, währendTescointernationalbereitsüber5ProzentseinerUmsätzeüberdasInternet erzielt. Auch wenn der OnlineHandel mit Lebensmitteln in Deutschland zur Zeit noch in den Kinderschuhen steckt und zu den eher langsam wachsenden Online Segmentengehört,erwartenMarktforschereinedeutlicheBelebungindiesemBereich. Denn auch der traditionell geprägte, stationäre LEH ist durch die neue Technologie herausgefordert. Nahezu jeder der großen deutschen Lebensmitteleinzelhändler be schäftigtsichinzwischenmitdemThemaderinternetgestütztenBestellungundBelie ferung privater Konsumenten (vgl. Heinemann 2008g, S. 12), allerdings nutzt bisher kaumeinervonihnendiegebotenenOnlinePotenziale.
1.3
Ungenutzte Potenziale im Online-Handel
EineraktuellenTrendstudiederZeitschriftShopaffairsausdemAugust2009zufolge (vgl.Heinemann/Vocke2010,S.41)interessierensichInternetNutzerinhohemMaße für Kosmetik oder lebensmittelnahe Produkte im Netz: Unter den Top 10 der meist geforderten Produkte im OnlineHandel (vgl. Abbildung 14) befinden sich neben Körperpflegeprodukten(61,5Prozent),Zahnpflegeprodukten(54,2Prozent)undalko holfreienGetränken(49,0Prozent)z.B.auchMilchprodukte(47,6Prozent)sowieHaar pflegeprodukte (45,6 Prozent). Derartige Kundenwünsche können in Deutschland bisherjedochonlinenichtbefriedigtwerden,dennesfehlendafürdiegroßen,bekann ten LebensmittelAnbieter im Netz. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass hier zu Lande der OnlineAnteil im Lebensmittelverkauf nur rund 10 Prozent des Versandhandelsumsatzes von insgesamt rund 1,2 Mrd. Euro erreicht. Damit kommt diese Sparte nicht annähernd an die Größenordnung anderer Warengruppen heran, dieinderRegelüber50ProzentihrerVersandumsätzeonlineabwickeln. AusländischeHändlernutzenoffensichtlichihreOnlinePotenzialebesser.ImGegen satz zum deutschen LEH boomt vor allem im englischsprachigen Raum Anzahl und UmsatzderLebensmittelshopsimWeb.EinViertelderUSamerikanischenHaushalte hatschoneinmalonlineLebensmittelbestelltunddabeiimvergangenenJahrfürmin 6
Ungenutzte Potenziale im Online-Handel
destens 10 Mrd. US $ Food im Netz geordert, so die Marktforschungsgesellschaft PHAYDON.UndinGroßbritanniendürftendieOnlineLebensmittelumsätzeimvergan genenJahrdie3Mrd.PfundGrenzeüberschrittenhaben.ZusammenmitseinenNon FoodArtikelnerreichtalleinedasUKHandelsunternehmenTESCO 3Mrd.PfundOn lineUmsatz.DiebestenKonzeptederOnlineLebensmittelanbieter,zudenendeswe genauchnichtohneGrundTESCOzählt,sinddenMultiChannelSystemenzuzuord nen.DiesezeigeneinenhohenIntegrationsgradihrerAbsatzkanäle.Derempfundene KundennutzenzwischendenKanälenistannäherndidentischinBezugaufPreispoli tik,KernsortimenteundServiceLevels.ZugleichwerdendiespezifischenVorteileder unterschiedlichen Verkaufsformen herausgestellt, wie z.B. im OnlineKanal die mo dernenInstrumentedesWeb2.0.DabeiwächstderOnlineKanalinderRegeldeutlich schnelleralsdieanderenKanäle,invielenFällenummehrals40ProzentimJahr. Abbildung14:
BeliebtesteProdukteimNetz
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.V. (AGOF) 2009
%
Beliebteste Produkte im Internet 2009 Körperpflegeprodukte
61,5
Bücher
56,5
Schuhe
54,3
Zahnpflegeprodukte
54,2
Musik-CDs
51,4 49,0
Alkoholfreie Getränke Urlaubs-/Last-Minute-Reisen Milchprodukte
47,7 47,6
Haarpflegeprodukte
45,6
Herrenbekleidung
45,6
Beispiel: 61,5% der Befragten interessieren sich für den Kauf von Körperpflegeprodukten über das Internet. * Nachgefragte Produkte im Internet in den letzten 12 Monaten (Angaben in Prozent)
Diese Wachstumschance bleibt nicht nur vom deutschen Lebensmitteleinzelhandel ungenutzt. Auch die TopHerstellermarken scheinen das OnlineZeitalter noch nicht erkanntzuhabenund–wieinanderenBranchenüblich–alsVertikalisierungsinstru mentzunutzen.SoisteszwarerklärteZielsetzungdergroßenMarkenartikelanbieter, den persönlichen Kontakt zu den Verbrauchern zu suchen, um so Einblicke in ihre Wünsche und Bedürfnisse zu erhalten. Und zugleich sollen die Marken in großen 7
1.3
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
FlagshipStores und MarkenHäusern, also in direkter Interaktion mit den Kunden, erlebbargemachtwerden.FaszinationbeimEinkaufistjedochnichtmehrnureinrein „stationäres“ Thema: Einprägsame und interaktive Erlebnisse werden den Kunden heutzutage vor allem im ECommerce und anknüpfenden Communities geboten. NebenderGründungeinereigenenInternetGemeinschaft,inderdieKundensichihr Konsumerlebnis teilen können, rückt dabei zunehmend auch die Nutzung externer InternetGemeinschaftenfürMarkforschung,WerbezweckeundKundenakquisitionin denFokus.DiefreiwilligeundaktiveEinbeziehungderKundenindenVerkaufspro zessbeispielsweiseinFormvonRückmeldungenandenVerkäufer,Empfehlungenan andere Interessenten und öffentliche Produktbewertungen, sowie auch die Bildung sozialerGemeinschaftenundsozialerInteraktionenimInternet,stelltzweifelsohnedie hoheSchuledes„OnlineMarketingderneuenGeneration“dar. UngenutzteOnlinePotenzialeimstationärenHandel Eine Erhebung der Hochschule Niederrhein unter den größten deutschen Einzelhan delsFilialistendecktauf,dassdieMehrzahlvonihnennochüberhauptkeinenOnline Shop betreibt. Dieses gilt nicht nur für den LEH, sondern für alle Handelsbranchen gleichermaßen.UndselbstwennsolcheShopsexistieren,werdendiesevorwiegendals „starrer”OnlineKanalgenutzt,umentwederalteWarezuverramschenodermagere Rumpfsortimente anzubieten. Viele der Angebote quälen die OnlineKunden zudem mitschwerenWebsitesunddamitlangenLadezeiten,mangelnderBedienungsfreund lichkeit („Usability”) sowie fehlenden Funktionalitäten. Die langen Ladezeiten sind auchdeswegenkritisch,weilSchnelligkeitimOnlineGeschäftdasallesentscheidende Kriterium ist. Wenn die Kunden auf eine angeklickte Seite zu lange warten müssen, suchensiesicheinneuesZielundsindfürdenAnbietermitderlangenLadezeitver loren.OnlineHandelist„dieschnellsteHandelsform“.DasgiltauchfürdieBearbei tungs und Lieferzeiten. Damit tut sich sicherlich der einoder andere stationäre Ein zelhändler schwer, der in seinen saisonalen und routinisierten Abläufen schnellstes Handeln vielleicht nicht gewohnt ist. Nur wenige der OnlineShops der Filialisten erreicheneinakzeptablesNiveau,dasallerdingsbeiWeitemnichtandasderinterna tionalen Best Practices heranreicht. Derartige OnlineUnternehmen finden sich kaum imdeutschsprachigenRaum.UndauchdiesogenanntenMultiChannelAnbieter,die in der Kombination von Offline und OnlineKanälen ihren Kunden Channel HoppingMöglichkeiten bieten könnten und denen das größte OnlinePotenzial bei gemessenwird,tundieseshierzulandebisherkaum.SosindimdeutschenHandelbis auf ganz wenige Ausnahmen keine voll integrierten MultiChannelKonzepte anzu treffen, die losgelöst vom stationären Geschäft („LeadChannel“ bzw. Leitkanal) den OnlineShopwirklichalsstrategischeWachstumschancenutzenundzueinemgleich berechtigten Kanal ausbauen. Nur Globetrotter kann in Deutschland vielleicht als echter MultiChannelHändler bezeichnet werden. Jedochkein DaxHandelskonzern erreicht – sofern bei ihm eine stationäre Vertriebsschiene um einen OnlineShop er gänzt wird – nennenswerte OnlineAnteile im zweistelligen Bereich. Diese „Internet 8
Günstiger Startzeitpunkt für den Online-Handel
Zurückhaltung” ist höchst bedenklich. Echte, voll integrierte MultiChannelSysteme inklusiveStationärgeschäft,indenenalleKanälegleichberechtigtbetriebenundInter netAnteile im hohen zweistelligen Bereich erreicht werden, sind praktisch nur im englischsprachigen Raum anzureffen. Interessanterweise erwirtschaften diese Han delsunternehmentraumhafteUmsatzrenditen,dieimdeutschsprachigenEinzelhandel sonichterreichtwerden.DiebestenKonzeptederMultiChannelPlayer,zudenendie britischen Handelsunternehmen Argos, Next und TopShop zählen, zeigen einen ho hen Integrationsgrad ihrer Absatzkanäle. Der empfundene Kundennutzen zwischen den Kanälen ist annähernd identisch in Bezug auf Preispolitik, Kernsortimente und ServiceLevels. Zugleich werden die spezifischen Vorteile der unterschiedlichen Ver kaufsformen herausgestellt, wie z.B. im OnlineKanal die modernen Instrumente des Web2.0 (Kundenforen, Communities, Verlinkung zu sozialen Netzen etc.). Dabei wächst der „bewegte“ OnlineKanal in der Regel deutlich schneller als die anderen Kanäle,invielenFällenmehrals50ProzentimJahr.DieseErfolgsbeispieleverdeutli chen,dassFaszinationbeimEinkaufnichtmehrnureinrein„stationäres“Themasein muss, wie viele Traditionshändler in Deutschland immer noch meinen. Einprägsame undinteraktiveErlebnissekönnendenKundenheutzutageauchimECommerceund denanknüpfendenCommunitiesgebotenwerden.UndwenndieKundendemnächst imInternetim3DVerfahrenihreProdukteaussuchenundüberberührungsempfind liche Bildschirme bestellen können, dürfte hier sogar eine neue Dimension des Ein kaufserlebnisseseingeläutetwerden.DertypischeEinwanddeutscherHändler–„Die Investitionen sind nicht zu stemmen“ – kann widerlegt werden. Die erfolgreichsten OnlineHändler sind „naked companies“, also extrem schlanke Unternehmen, die keine eigene Infrastruktur aufbauen, sondern auf professionelle FulfilmentProvider zurückgreifen.DiekönnenesinderRegelbesserundgünstiger.Hinzukommt,dass derStartzeitpunktderzeitgünstigist,wiesichimFolgendenbelegenlässt.
1.4
Günstiger Startzeitpunkt für den OnlineHandel
ImZusammenhangmitneuenTechnologiensinddasTimingdesMarkteinstiegsund dierichtigeMarkteintrittsplanungdieallesentscheidendenKriterien.Pionierebezah len ihren Pioniergeist häufig mit viel Lehrgeld und verausgaben sich nicht selten, bevor sie Geld verdienen. Und wer zu spät kommt, den bestrafen die erfolgreichen Vorreiter,denndannsindhäufigschondieMarktanteileaufgeteiltundMarkteintritts barrieren errichtet. Diese gängigen Managementregeln müssten eigentlich auch für die InternetTechnologie gelten. Für den Start in den OnlineHandel sind jedoch die üblichen Entscheidungskriterien außer Kraft gesetzt. Man kann hier sogar von einer historisch einmaligen Chance sprechen, die derzeit ein strategisches Fenster für den Einzelhandel öffnet. Denn auf der einen Seite wurde das Lehrgeld der Internet 9
1.4
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
Pioniere mit dem Zusammenbruch des ersten InternetHype bereits gezahlt: Die er folgreichenOnlineHändlervonheutewurdenpraktischerstnachderAnfangsphase der „NewEconomy“ als „Unternehmen der zweiten Stunde“ ausder Taufe gehoben oder gerade gegründet, als die InternetBlase in 2000 gerade platzte. Sie standen da durch bei den Kapitalgebern und deren „CashBurn“Erfahrungen unter erheblich stärkererKontrollealsdievielen„verbanntenStartUpsdererstenStunde“undhaben ausdenFehlernderInternetPionierzeitgelernt.AufderanderenSeitesinddiePfrün de des OnlineMarktes noch lange nicht verteilt und für den Start mit dem Internet Verkauf ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt: So steht nach Expertenmeinung der ganz große Boom im OnlineHandel erst noch bevor und Markteintrittsbarrieren gibt es eigentlich keine. Während andere Branchen wie etwa die Reiseveranstalter bereits mehralseinDrittelihrerUmsätzeonlineerzielen,erreichtderOnlineAnteilimEin zelhandel gerade mal rund 5 Prozent. Selbst in der eher als konservativ geltenden Bankenwelt wird im Gegensatz zum Einzelhandel eine ganz andere Internet Durchdringungerreicht,dennmehrals42ProzentallerGiroKontensindbereitsonli ne. Das wichtigste Argument für einen OnlineMarkteintritt liefert aber die Kunden seite:ImmermehrVerbraucherinformierensichvorihremKaufimInternetüberdie gewünschten Produkte. Mehr als ein Viertel aller stationären Käufer tun dies bereits und fordern zunehmend von ihren Händlern eine „ChannelHoppingMöglichkeit“ (vgl. Heinemann 2010c, S. 12). Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass bis 2015 voraussichtlich mehr als 40 Prozent aller stationären Einzelhandelskunden ihre Käufe im Netz vorbereiten werden. Dabei zeigen Studien, dass gerade die Kunden besonderswertvollundloyalsind,diezwischendenverschiedenenHandelskanälen hinundherspringenundaufallenKanälenkaufenkönnen.VondieserWechselwir kung kann vor allem der „krisengeschüttelte“ stationäre Einzelhandel profitieren. Denn die Gewinner im ECommerce werden insbesondere MultiChannelHändler sein,dieinderKombinationvonFilialgeschäftundOnlineHandelihrenKundendas „ChannelHopping“ ermöglichen und ihnen dadurch einen echten Kundenmehrwert bieten können. Das ist auch der Grund dafür, dass jetzt auch zunehmend Online HändlerindasStationärgeschäfteinsteigen,sowieneuerdingsLascanaundBonPrix bzw.seitlängeremArgosinGroßbritannien.AbervorallemStationärhändlerkönnen nichtmehrverhindern,dassauchdiestationärenKundenzunehmenddasInternetzur Kaufvorbereitungnutzen.
1.5
Internet-Einfluss verändert Kaufverhalten grundlegend
Informationen aus dem Web bestimmen zunehmend die Entscheidung der Kunden für ein Produkt. „Kaufentscheidungen werden im Internet getroffen“ (FAZ 2008, Nr. 245, S. 19). Herausragende Bedeutung haben Suchmaschinen, Vergleichsseiten und 10
Internet-Einfluss verändert Kaufverhalten grundlegend
Kommentare anderer Nutzer, während Werbung Kaufentscheidungen nur selten beeinflusst(vgl.FAZ2008,Nr.144,S.21).WiedieMarktforschungsgesellschaftHarris InteractivemiteinerBefragungvon5.000Europäernherausgefundenhat,beeinflusst kein anderes Medium so stark die Entscheidungen europäischer Konsumenten wie dasInternet.DerKaufeinerKamera,dieSuchenachdembilligstenStromlieferanten, dieFragenachdembestenHotel,dieWahldesArztes,beialldiesenEntscheidungen istmittlerweilederEinflussdesInternetweitausgrößeralserwartet,undebenfallsviel größeralsderjenigeausklassischenMedien(FAZ2008,Nr.138,S.19). Abbildung15:
InternetEinflussaufKaufentscheidungen
Quelle: FAZ 2008, Nr. 144, S. 21 Internet-Einfluss auf Entscheidungen Entscheidungsarten (Angaben in Prozent) Flugticket kaufen
89
Ferien buchen
87 Kommentare anderer Internet-Nutzer
57
Aktien kaufen Stromlieferant suchen
54
Hypothek abschließen
54
Gaslieferant suchen
49
Kredit schließen
48
Medikament kaufen
Beim Kauf eines Flugtickets Beim Kauf eines Fernsehers
75
Auto mieten
Arzt wählen
Stärke der Einflussarten
Unternehmensseite
OnlineWerbung
41 39
Suchmaschine
Produkt/ Preisvergleichsseite
Demnach haben Suchmaschinen, Anbieterseiten, Kommentare anderer Nutzer, Pro duktvergleichsseitenunddieOnlineWerbungfürdeutscheKundenmittlerweileeine doppelt so hohe Bedeutung für Kaufentscheidungen wie das Fernsehen. Während erwartungsgemäßKaufentscheidungenfürReisenundtechnischeProduktesehrhäu figmitHilfedesInternetgetroffenwerden,nehmen65ProzentderdeutschenKonsu mentenbeiderKaufentscheidungfüreineAutoversicherungdasInternetzuHilfe.Bei derAuswahldesStromversorgersliegtdieZahlbeiimmerhin63Prozent,während47 Prozent ihren Kreditgeber im Internet recherchiert haben (vgl. FAZ 2008, Nr. 144, S. 21).
11
1.5
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
DieNutzungderOnlineInformationsquellenschwanktstarknachProduktart,wobei dieInternetRelevanzumsogeringerist,jeetabliertereineMarkeunddiedazugehöri ge InternetSeite sind. Vor allem bei technischen und komplexen Produkten werden Kommentare anderer Konsumenten gelesen. Harris Interactive hat einen digitalen Entscheidungsindex ermittelt. Dieser setzt sich zusammen aus der Zeit, die ein Kon sument mit einem Medium verbringt, sowie dem Einfluss des Mediums auf seine Entscheidung. Aus der entsprechenden Studie geht hervor, dass das Internet mit 40 Prozent Anteil deutlich vor dem Fernsehen mit 22 Prozent Anteil liegt, gefolgt von Zeitungenmit14Prozent,Radiomit13ProzentundMagazinenmit11ProzentAnteil (vgl.FAZ2008,Nr.144,S.21).AufgrunddesgroßenKaufeinflussesdesInternetistzu erwarten, dass die Marketingbudgets zunehmend in diese Richtung umgeschichtet werden. „Werbung ist das Modell von gestern. OnlineKonversationen, Suchmaschi nenoptimierung und eine starke InternetSeite werden immer wichtiger“, so Fleisch manHillard(vgl.FAZ2008,Nr.138,S.19). InAbbildung15istderInternetEinflussaufKaufentscheidungendargestellt.Aufder linken Seite ist der InternetEinfluss nach Entscheidungsarten quantifiziert, der bei Flugtickets mit 89 Prozent am höchsten sowie bei Medikamenten mit 39 Prozent am geringstenist.AufderrechtenSeiteistamBeispieleinesFlugticketkaufssowieeines Fernsehkaufs exemplarisch skizziert, wie stark die Einflusskriterien jeweils wirken. DemnachhabenbeimKaufeinesFernsehgerätesdieSuchmaschinenunddieProdukt oderPreisvergleichsseiteneinenhohenEinfluss.DemgegenüberübenhierKommenta reandererNutzersowiedieInternetSeitedesHerstellerseinenmittlerenEinflussaus, während die OnlineWerbung schließlich fast keinen Einfluss mehr auf die Kaufent scheidunghat.AberauchbeimFlugticketliegendieSchwerpunkteähnlich,wobeihier die Unternehmensseite und die Suchmaschine die wichtigste Rolle spielen. Online Werbung und Kommentare anderer Nutzer sind dagegen für den Flugticketkauf kaumvonBedeutung.„WaskostetdasFlugticket?WiewirddasWetter?Wieistder Wechselkurs? Das Internet hat alle Antworten. Nicht nur Flüge, Hotels, Mietwagen, PauschalreisenkönnenrundumdieUhronlinegebuchtwerden,imNetzgibtesauch Informationen zu wichtigen Themen“ (Warnholz 2008, S. 91). Ob Hotelbewertungen (www.holidaycheck.de), Flugsicherheit (www.luftfahrtbundesamt.de), Reiserecht (www.adac.de), Urlaubswetter (www.earthcam.com oder www.wetter.de), günstige Ticketpreise (www.swoodoo.de), InternetAnschluss (www.worldofinternetcafes.de) oder Währungsrechner (www.bdb.de/hmtl/reisekasse/waehrungsrechner.de), nahezu alle kaufrelevanten Informationen sind jederzeit online abrufbar. Aber auch im Ein zelhandel selbst ist der Einfluss des Internet auf Kaufentscheidungen mittlerweile offensichtlich.DieseszeigtsichnichtnurinderBedeutungdesInternetzurKaufvor bereitung,sondernvorallemauchinseinerRollealsEinkaufskanal,dieineineraktu ellen Studie des ECommerceCenter Handel (ECC) der Universität Köln untersucht wurde.DabeiwurdenimSeptember1.000InternetNutzermitWohnsitzinDeutsch landbefragt,diehinsichtlichsoziodemographischerMerkmalefürOnlineBesucherab 14Jahrenrepräsentativquotiertwurden.DiesewurdenzuihrerletztenBestellungim
12
Internet-Einfluss verändert Kaufverhalten grundlegend
Internet,ihremletztenKaufimstationärenHandelsowieihrerletztenBestellungaus einem PrintKatalog befragt. Dabei standen physische Produkte im Fokus, allerdings ohne Lebensmittel. Auch der Kauf über elektronische Marktplätze, wie z.B. eBay, wurde ausgeschlossen (vgl. van Baal/Hudetz 2008, S. 12ff.). Um den Einfluss eines InternetKanals auf den Umsatz eines Handelsunternehmens zu bestimmen, wurde zunächstdieFrageuntersucht,inwieweitsichOnlineundOfflineKanälegegenseitig beeinflussenbzw.inwiefernessichbeidenKanalumsätzenjeweilsumZusatzumsätze handelt, die in einem Einzelkanal so nicht generiert worden wären. Da das Ausmaß dieser Transaktionswirkungen entscheidend von den Konsumenten bestimmt wird, wurdendiesedanachgefragt,obsieihrenKaufinVertriebskanalAineinemanderen AbsatzkanalBdesselbenHändlersgetätigthätten,wenndiesesHandelsunternehmen denKanalAnichtbetreibenwürde.InAbbildung16sinddieTransaktionswirkungen zwischendenuntersuchtenVertriebskanälendargestellt(vgl.vanBaal/Hudetz2008,S. 80). Die stärkste Transaktionswirkung findet dabei zwischen den B2CDistanz Vertriebskanälen OnlineShop und PrintKatalog statt. So wären zum Beispiel 51,6 ProzentderOrdersausPrintKatalogenimInternetKanaldesselbenAnbietersgetätigt worden,wennderAnbieterkeinenPrintKataloganbietenwürde,wobeidieseUmsät ze53,2ProzentdesPrintKatalogumsatzesentsprechen. Abbildung16:
TransaktionswirkungendesInternetaufandereAbsatzkanäle
Quelle: Van Baal/Hudetz 2008, S. 80 9,6% / 13,9% Stationäre Filialen
Online-Shop 15,7% / 15,0%
12,8% / 16,7%
Lesebeispiele:
8,9% / 8,1%
51,6% / 53,2%
17,8% / 22,0%
Print-Katalog
9,6 Prozent der Transaktionen in Online-Shops von Multi-Channel-Anbietern stellen eine Kannibalisierung von Käufen in stationären Geschäftsstellen dar; diese Käufe entsprechen 13,9 Prozent des Umsatzes in Online-Shops. 15,7 Prozent der Käufe in stationären Geschäftsstellen von Multi-Channel-Anbietern stellen eine Kannibalisierung von Käufen in Online-Shops dar; diese Käufe entsprechen 15,0 Prozent des Umsatzes in stationären Geschäftsstellen.
Wenigerstarkausgeprägt,allerdingsimmernochrechthoch,istdieTransaktionswir kungzwischendenDistanzkanälenunddenstationärenLäden.Sowärenmehrals9,6 Prozent der OnlineBestellungen und damit 13,9 Prozent des InternetUmsatzes in 13
1.5
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
stationären Geschäftsstellen zustande gekommen, wenn das Unternehmen keinen OnlineKanal betreiben würde. Allerdings darf im Umkehrschluss nicht übersehen werden,dassderrestlicheAnteilderKäufeunddamitdesUmsatzeseinesVertriebs kanals zusätzlich zu den anderen Kanälen generiert wird. Insofern sind 86,1 Prozent des OnlineUmsatzes echter Zusatzumsatz, der im stationären Geschäft alleine so nicht erzielt worden wäre (vgl. Baal/Hudetz 2008, S. 80ff.). Außerdem lässt sich der Beweisantreten,dasssichOnlineHandeltrotzvorliegenderKannibalisierungseffekte auf alle Fälle auch für Stationärhändler lohnen kann, wenn die Informationswirkun genaufKundenseitemitinsKalküleinbezogenwerden. DieErgebnissederECCStudiezeigenauchauf,wiesichdieKundenvordemKaufin einemKanalinformieren.Beispielsweisewerdenbei27,2ProzentderOrdersinOnli neShopsvorherstationäreGeschäftedesAnbietersbesuchtsowiein29,1Prozentder FällezuvorPrintKatalogeherangezogen.BeimKaufindenstationärenFilialeninfor mieren sich 15,2 Prozent der Kunden vorher in PrintKatalogen und 23,4 Prozent im OnlineShop. Hier ist die Informationswirkung also etwas geringer, jedoch immer nochbeträchtlich.BeachtlichmiteinemWertvon38,2ProzentistdievorherigeInfor mationbeimOnlineShop,wennanschließendausPrintKatalogenbestelltwird(vgl. Baal/Hudetz 2008, S. 34ff.). Dieses stützt die Eingangsthese, dass Informationssuche und Kauf eines Produktes häufig in unterschiedlichen Vertriebskanälen desselben Handelsunternehmens erfolgen. Diese Wechselwirkung ist verständlicherweise zwi schen OnlineShop und PrintKatalog am stärksten und erklärt auch den Internet ErfolgderklassischenVersender,dahier„pureSubstitution“stattfindet.Soinformie ren sich bei 29,9 Prozent der Bestellungen aus PrintKatalogen die Kunden vorab im OnlineShopdesselbenUnternehmens.InumgekehrterRichtungbenutzendieOnline Käufer eines InternetShops in 21,6 Prozent der Fälle bei Bestellungen vorher einen PrintKatalog desselben Anbieters. Solche Wechselwirkungen sind auf stationärer Ebene zweifelsohne geringer, aber immer noch recht deutlich. Hier informieren sich die Kunden bei 9,3 Prozent der stationären Käufe vorher im OnlineShop desselben Anbieters(vgl.vanBaal/Hudetz2008,S.34ff.). Die Frage, ob sich der OnlineKanal rechnet, muss sicherlich den informatorischen WertdiesesMediumsInternetunddessenStellenwertimRahmenvonKaufprozessen berücksichtigen. So ist der These nachzugehen, dass die Informationssuche in einem KanaldenImpulszueinemKaufbeidiesemUnternehmenineinemanderenAbsatz kanalliefert.AuchdiesemAspektistdieECCStudienachgegangenundkommtwie derum zum Ergebnis, dass die Wechselwirkungen diesbezüglich zwischen Print Katalog und OnlineShop am stärksten sind. Bei 14,9 Prozent der Bestellungen im InternetShopstammtderImpulszurWahleinesAnbietersausdessenPrintKatalog. Umgekehrt sind es 19,0 Prozent der Bestellungen. Die Bedeutung der kanalübergrei fendenKaufimpulsewirdimstationärenHandelbesondersdeutlich,dahier4,5Pro zent der Käufe durch einen PrintKatalog desselben Unternehmens und weitere 6,4 Prozent der Kaufimpulse durch dessen OnlineKanal ausgelöst werden (vgl. van Baal/Hudetz2008,S.36ff.). 14
Internet-Einfluss verändert Kaufverhalten grundlegend
Abbildung17:
EinflussdesInternetaufstationäreKaufentscheidungen
Quelle: ECC 2008, S. 94ff.
Kaufvorbereitung im Internet Produktgruppe
InfoSuche
Kaufimpuls
Mode/Sport
20,0%
12,3%
Haushaltswaren
39,0%
18,7%
Elektroartikel
41,0%
18,1%
Mediengüter
27,1%
14,4%
Sonstige Produkte
17,1%
5,5%
Gesamt
23,4%
10,7%
Wechselseitige Kaufimpulse
13,9% des Online-Umsatzes Onlineshop
Stationäre Filialen 10,7% durch Online-Kaufimpuls
NochausgeprägteristdieUmsatzwirkung,dadieKaufbeträgemitkanalübergreifen derInformationssuchedeutlichhöhersindalsbeiEinkanalkäufen:
24,7ProzentdesUmsatzesinInternetShopssteheninVerbindungmitvorherigen KaufimpulseninPrintKatalogen.
10,7ProzentdesUmsatzesderstationärenGeschäftsstellenwerdendurchKaufim pulseimOnlineShopdesselbenAnbietersausgelöst.
21,9 Prozent des Umsatzes aus PrintKatalogen sind auf Kaufimpulse aus dem OnlineShopdesAnbieterszurückzuführen. VerantwortlichfürdenKanalwechselistindenmeistenFällendieSuchederChannel Hopper nach Preisinformationen. Ferner stehen ConvenienceAnsprüche im Vorder grund (z.B. detaillierte Information, jederzeitige Bestellmöglichkeit, Zustellung etc.). Der Einfluss des Internet auf Kaufentscheidungen wird dabei immer größer (vgl. Abbildung17),aberauchdieUmsätzeimInternetKanalselbstnehmenrasantzu.
15
1.5
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
1.6
Digital Natives im Anmarsch
SchonalleineaufgrundderdemographischenEntwicklungsolltendieHandelsunter nehmenschnellstensumdenken,umnichtschonbaldabgehängtzuwerden.Sowach sen in den kommenden Jahren die internetaffinen Zielgruppen der „PreDigitals” überproportionalstarknach.DieseMenschenkönnensichzwarnochgutaneineZeit ohneInterneterinnern,nutzenesaberzunehmend.Siewachsenimmerstärkerindie älteren Zielgruppen der „InternetAnalphabeten” hinein, die noch nie im Internet waren.IndiemittlerenAltersgruppender„PreDigitals”wächstwiederumdiegroße Flutder„DigitalNatives”herein,jeneMenschen,dieschonmitdemWebaufgewach sensind.MitihremprimärinternetbasiertenEinkaufsverhaltendürftedieseGruppein dennächstenJahreneineregelrechte„RevolutionderInformationsgewinnung”auslö sen(vgl.Abbildung18).
Abbildung18:
DigitalNativesimAnmarsch
Quelle: In Anlehnung an Backhaus 2009, S. 11 Entwicklung der Digital Natives
„Internet-Liver“
Digitale Nachfrage
„Internet-User“
„Silver Surfer“
„InternetAnalphabeten“ ab 2012 t „Predigitals“
„Digital Natives“
Es dauert schließlich nur noch ein paar Jahre, dann sind diese jungen Menschen ge schäftsfähig.DerersteOnlineHändler,Amazon,wird2010geradeeinmal15Jahrealt. Diederzeitnochdeutlichjüngeren„DigitalNatives”,diemitdiesemAngebotaufge wachsen sind, werden zunehmend diejenigen Händler abstrafen, die das Online
16
Schnelle Breitbandvernetzung pusht Online-Wachstum
Zeitalter unverständlicher Weise bisher ignorieren. Insbesondere aufgrund der he ranwachsendenFlutderDigitalNativesistdasWachstumimECommercenichtmehr zu stoppen. Hinzu kommt folgende Erkenntnis, die zunehmend stationäre Händler zum Nachdenken zwingt: Sind die stationären Kunden, die ihren Kauf im Internet vorbereitenwollen,aberdochschonaufderHomepageeinesEinzelhandelsgeschäfts, lässt man sie doch nicht wieder laufen, ohne ihnen Ware anzubieten. Deshalb sollte derNetzauftrittkeinStandbildsein,sonderndenWegzumsofortigenGeschäftebnen. InsofernstelltsichdieFrage„OnlineHandeljaodernein?“eigentlichschongarnicht mehr.
1.7
Schnelle Breitbandvernetzung pusht OnlineWachstum
In Hinblick auf die zukünftigen OnlinePotenziale wird schnell übersehen, dass Deutschland die Entwicklungsmöglichkeiten bei Weitem nicht ausschöpft und schon jetztinsHintertreffengeratenist.ZwarbetrughierzulandenachneuestenZahlenvon GIAdasECommerceWachstumstattliche16,2Prozent.DemgegenüberlegtendieE CommerceUmsätze in den EU15 Ländern jedoch durchschnittlich um 20 Prozent, weltweit sogar um 33 Prozent zu. Mit rund 65 Prozent ist die Internet DurchdringungsrateinDeutschlandaufdenerstenBlickimLändervergleichdurchaus akzeptabel.AllerdingsweistdervonderDeutschenCardServicespublizierteneueste ECommerceReport 2009 für Deutschland eine Rate an schnellen Breitband Anschlüssen von nur rund 27 Prozent aus, die auch der MünchenerKreis bestätigt (vgl. ECommerceReport 2009, S. 14; FAZ 2009, Nr. 295, S. 14). Im Vergleich dazu kommen kleine Länder wie Dänemark oder die Niederlande auf deutlich über 36 Prozent.DieschnellenVDSLVerbindungendesNetzmonopolistenDeutscheTelekom erreichen gerade mal zehn Millionen Haushalte in den 50 größten Städten Deutsch lands.DerRestderRepublikgucktsprichwörtlichindieRöhre.Deswegenerreichtdas deutsche Breitbandnetz auch nur eine durchschnittliche Übertragungsrate von nicht maleinemMBit/SekundefürstationäreNutzung.DasstelltiminternationalenQuer vergleicheinenkatastrophalschlechtenWertdar. Die langen Übertragungszeiten bedeuten auch lange Wartezeiten, und dies ist auch deswegen bedenklich, weil Schnelligkeit im OnlineGeschäft das alles entscheidende Kriterium ist. Insofern muss Deutschland erheblich aufholen, wenn es nicht hinter andere Wirtschaftnationen zurückfallen möchte. Das hat auch die Bundesregierung erkannt.SolautetdasZielderBundesregierung,bis2014mindestens75Prozentaller Haushalte mit 50 MBit/Sekunde ans schnelle Internet anzubinden (RP März 2010, S. B1). Aber auch hier gilt die leidige Erfahrung „Worte statt Taten”. Denn obwohl für die TurboVernetzung Deutschlands nach Experteneinschätzung eigentlich rund 40
17
1.7
1
Online-Handel im Wandel — Revolution statt Evolution
Milliarden€investiertwerdenmüssten,stelltdieBundesregierunggeradeeinmal150 Millionen€bereit(FAZ2009,Nr.295,S.14).DamitistdemStaatderAusbaudesTur boBreitbandshierzulandeumgerechnetnurrund2€proEinwohnerwert.Dieande renEULänderwendendagegenimDurchschnitt3Euroauf.DieUSAkommenum gerechnet auf 17 € pro Kopf der Bevölkerung beim staatlich geförderten Ausbau des TurboNetzes, Australien sogar auf 1100 €. Vielleicht leiden wir in Deutschland aber auchuntereinereinzigartigen„Altlast”:WienurinwenigenanderenLändernsitzen in der deutschen Politik und Wirtschaft immer noch erschreckend viele „Internet Analphabeten”andenInvestitionshebeln.DieseEntscheiderlassenhäufignochihren komplettenEMailSchriftverkehrvonSekretärinnenausdrucken.Sieselbsthabendas Internet niemals genutzt. Nur dieses Unverständnis gegenüber dem Internet kann erklären, warum das Web bei den letzten großen Subventionsentscheidungen nicht berücksichtigt wurde. Sowohl im Konjunkturpaket I mit seinen 31 Milliarden € als auch beim Konjunkturpaket II mit weiteren 50 Milliarden € und nochmals beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz (8,5 Milliarden €) wurde der forcierte Ausbau des TurboBreitbandnetzesvölligausgeblendet.DasGeldflossstattdesseninandereKanä le.Dochwervermagzuerklären,dassdieMehrwertsteuerabsenkungfürHotelsmehr Wachstum beschleunigen soll als ein ausgebautes TurboBreitbandnetz, das weniger als die Hälfte als die beiden Konjunkturprogramme gekostet hätte (vgl. Heinemann 2010b,S.C6).ZunehmendweisenaberExpertenaufdiesenMissstandhinundkenn zeichnenDeutschlandalsWebEntwicklungsland.Deswegenkannauchdavonausge gangen werden, dass in den nächsten Jahren der Druck auf die Politik steigen und dadurchdieNetzInfrastrukturforciertausgebautwerdenwird.Insbesonderefürden mobilenInternetMenschenistdurchdenAusbaudesbreitbandigenMobilfunksBes serungzuerwarten:„LongTermEvolution“(LTE)isteinParadigmenwechsel,„esist die vierte Mobilfunkgeneration, die alles besser machen soll: mehr Kapazität, höhere Bandbreiten, bessere Funkabdeckung – und das alles zu geringeren Kosten“ (vgl. Spehr/Jörn2010,S.T1).AuchvondieserSeiteistdeswegendavonauszugehen,dass dasweitereWachstumimECommerceinDeutschlandnichtzuverhindernist.
18
Grundlagen des New Online-Retailing
2
2.1
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Grundlagen des New Online-Retailing
Mit der Kombination aus Vernetzung, InternetPenetration, Technologieentwicklung, Mobilität,Schnelligkeit,Mediennutzung,Kommunikationsveränderung,Interaktivität („Web2.0“) sowie Geschäftsmodellinnovation, ist das Internet in die nächste Phase eingetreten.„VomWeb2.0zumWebNG“,sotiteltdieFAZ(FAZ2008,Nr.93,S.25). HandinHandmitdemInternetdernächstenGenerationistauchderOnlineHandel in neue Dimensionen vorgestoßen („New OnlineRetailing“). Der OnlineHandel stützt sich dabei im Wesentlichen auf technische, medienspezifische sowie geschäfts spezifischeGrundlagen(vgl.Kollmann2007,S.13ff.).
2.1.1
Technische Grundlagen des Online-Handels
DieexponentiellsteigendeRechnerleistungbeigleichzeitigsinkendenHardwareprei senundzunehmenderMiniaturisierungderHardwareunterstütztdenweiterenInter netBoom,dadieInformationsübertragungaufdieseWeisemobilundohnezeitliche undräumlicheBeschränkungenvollzogenwerdenkann (vgl.Kollmann2007,S.14). Dazu tragen auch zunehmende Speicherkapazitäten der verwendeten Speicherchips, immer schnellere und leistungsfähigere Prozessoren sowie steigende Taktfrequenzen dieserProzessorenbei,dasiedieweitereDigitalisierungfördernundeinengrößeren Datentransfer ermöglichen. In Abbildung 21 sind die technischen Schlüsselfaktoren desInternetWachstumsdargestellt(vgl.Rayport/Jaworski2002,S.52).DieStandards basieren auf dem Hypertext Transfer Protocol (http) und der Seitenbeschreibungs sprache HTML (Hypertext Markup Language), mit denen es gelungen ist, trotz der anfangsstarklimitiertenBandbreitedesInternetsgrafischeOberflächen(Browser)mit einfacher Steuerung durch Mausklick sowie multimedialen Inhalten anzubieten. Standards und Browser sind die wesentlichen technischen Säulen des Internet Wachstums, wobei das Internet seine große Bedeutung ohne Frage der Entwicklung des World Wide Web (WWW) verdankt, dessen globale Nutzung jedoch ohne Stan dards(TCP/IP)nichtmöglichwäre.DiesesetzenwiederumeineweltweiteEinigung (W3C)voraus.DerDurchbruchderBrowserTechnologieermöglichtdabeiGeschwin digkeit, unkomplizierten Download sowiePlattformenunabhängigkeit. Basierend auf deneinheitlichenStandardskonntedieEinfachheitfürdenAbrufunddieEinstellung
19
2.1
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
vonInhaltenbeizugleichhohemKomfortdurchMaussteuerungrealisiertwerden.In HinblickaufdenContentistdabeidieEntwicklungderBrowsersowiedieMultime diafähigkeit und technische Offenheit von zentraler Bedeutung für das Internet Wachstum. Die ContentNutzung setzt einfachen Zugang, Wegfall von spezifischen KostensowieKonvertierbarkeitvoraus. Abbildung21:
SchlüsselfaktorendesInternetWachstums
Quelle: In Anlehnung an Rayport/ Jaworski 2002, S. 52 Technik
Inhalt
Standards
Content-Einstellung
• Sicherheitsstandards • WWW ist offen für jeden • TCP/Ix-Standard • Weltweite Einigung (W3C)
• Aktualisierbarkeit • Entwicklung der Browser • Multimedialität • Technische Offenheit
Browser
Content-Nutzung
• Geschwindigkeit • Usability • Unkomplizierter Download • Plattformenunabhängigkeit
• Identifizierbarkeit • Einfacher/ schneller Zugang • Keine spezifischen Kosten • Konvertierbarkeit
Das Mobile Commerce (MCommerce) stellt eine Verschmelzung von Internet und Mobilfunkdar.WährendsichdieGerätezunehmenddenPCsannähernundinsofern eine Art „MiniaturPC mit Telefonie“ darstellen, unterscheiden sich die Übertra gungswege.SostehtmitdemUMTS(UniversalMobileTelecommunicationSystem)in Europa ein Mobilfunkstandard bereit, der sich in seiner Leistungsfähigkeit der Breit bandübertragungzunehmendannähert.Mansprichtdiesbezüglichauchvonderdrit ten Mobilfunkgeneration (G3). Allerdings ist die Anzahl an mobilen Applikationen immernochsehrgering,dasiederzeitnochkeineneindeutigenMehrwerthinsichtlich dessituativenNutzensbieten.InHinblickaufdiezunehmendeMobilitätmöchtesich aber vor allem Google zukünftig unentbehrlich machen und über neue Funktionen „immerundüberalleinHelferimAlltag“sein.ZwaristdasSuchenimInternetüber MobilfunknochimmernichteinVergnügen,daesimmernochmitlängerenWartezei
20
Grundlagen des New Online-Retailing
ten verbunden ist. Google hat aber mit Android bereits eine Plattform für Mobil Softwareentwickelt,zuderauchHandyhersteller(HTC,LG,MotorolaundSamsung) sowieTelekommunikationskonzerne(TMobile,Telefonica,TelecomItaliaundChina Mobile) gehören. Mitglieder der Plattform sind außerdem eBay mit Skype sowie die ChipherstellerIntel,TexasInstruments,QualcomundBroadcom.Zielistes,aufBasis eines Betriebssystems für Handys, das alleHersteller nutzen können, den Mobilfunk zu öffnen (vgl. Jüngling 2008, S. 62). Google möchte aber auch die Funktechnik Wi MAX (Worldwide Interoperability for Microwave Access) weiterentwickeln, mit der Daten wesentlich schneller und weiter alsmit UMTS übertragen werden können. Im FolgendenwirddasMCommerceauchdemInternetKanalzugeordnet,dadieÜber gänge zum ECommerce von beiden Seiten aus fließend sind und beide Formen zu künftigimmerweiterzusammenwachsenwerden.Außerdemwirdauchmittragbaren PCszunehmend„wireless“gearbeitet,wobeiessichimFalleeinesKaufesdannauch umeineArtdesMCommerceEinkaufshandelt. Obfestodermobil,derweiterentechnischenEntwicklungsindkeineGrenzengesetzt. „SchnellesInternetfüralle“(Fredrich2008,S.C2),sokönnendiein2008aufderwelt größtenComputerundTechnikmesseCebitinHannoverpräsentiertenInnovationen zusammengefasst werden. Dabei lassen sich für Privatanwender folgende Entwick lungenaufzeigen(vgl.Fredrich2008,S.C2/eigeneEinschätzung):
Trend 1 — Mobiles Supernetz und Flatrate in alle (Super) Netze: „Das mobile Supernetz kommt“ (Fredrich 2008, S. B3). Demnach wird es in anderthalb Jahren Realitätsein,mitdemHandygenausoschnellwieamheimischenComputersur fen zu können, wenn mit LTE (Long Term Evolution) der neue Datenturbo zum Einsatzkommenwird.Biszu100MBinderSekundesolldieneueTechniküber tragenkönnen,wobeinochhöhereBandbreitenimGesprächsind.Damitwerden drahtloseBreitbandnetzevielschnelleralsDSL.WeltweitsolleninnaherZukunft 600MillionenKundenmobileBreitbandnetzenutzen(FAZ2008,Nr.156,S.19).
Trend 2 — Breitband überall: Für die kommenden drei Jahre wird noch Wachs tumimDSLGeschäfterwartet,wobeidiePreisedeutlichlangsamerfallensollen. Komplettpakete aus Telefonie und Internet kosten mittlerweile weniger als 30 €. DasProblemderDSL„Unterversorgung“insbesondereinländlichenGebietenist erkannt und wird durch entsprechende Investitionen der großen Netzbetreiber derzeitbehoben.
Trend3—IPTVundmobilesTV:AlsgroßerHoffnungsträgerderTelekommuni kationsbranche gilt das Fernsehen über InternetProtokoll (IPTV), womit Kunden vomklassischenKabeloderSatellitenempfanginsInternetgelocktwerdensollen. Die Telekom plant, bis Jahresende mit ihrem Angebot 20 Millionen Haushalte zu erreichen.EineentscheidendeRollespieltdieVereinfachungderBedienung.Künf tigkannz.B.derVideorekorderperInternetprogrammiertwerden.Auchsollmit tels einer neuen Technik ermöglicht werden, dass sämtliche Anwendungen gerä teunabhängig(Handy,PC,Fernseher)bedientwerdenkönnen. 21
2.1
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Trend4—NeueAnwendungen:VorallemdermobileDatentransferwirdgestei gert werden. Netzbetreiber und Handyhersteller setzen auf direkte Verbindungs buttons auf der Handyoberfläche, die mit einem Klick zur Anwendung wie E MailFlächen,BilderportalenoderCommunitiesleiten.YahoosneuemobileSuche, mitderTMobilekooperiert,liefertdirektBilder,Podcasts,NachrichtenundLinks zueinemSuchbegriffohneklassischeLinkliste,diez.B.(noch)beiGoogleanzutref fenist.
Trend 5 — Neue digitalisierte Produkte: „Die Musikbranche hat sie hinter sich, der Buchindustrie steht sie unmittelbar bevor: Die Digitalisierung von Inhalten“ (Der Spiegel 11/2009, S. 102), oder: „Das Buch der Zukunft ist digital“ (Schröder 2008, S. A8). Für das elektronische Buch „Kindle“ hält Amazon 150.000 Titel vor, die beim Herunterladen für das EBook durchschnittlich 9,90 $ kosten. Während derBuchmesse2009inLeipzigstellteauchSonyseinenReadervor.Dasneue„E Ink“ oder „elektronisches Papier“ genannte Gerät kommt ohne Hintergrundbe leuchtungausundistdamitauchinderSonneleichtzulesen.Dabeikannesbiszu 200Bücherspeichern.NacherstenErfolgenindenUSAglaubenBranchenkenner, dassderartigeLesegerätebeiPreisenunter200€ingrößerenStückzahlenzuver kaufensind.AberauchdieZeitungsarchivewerdendigital.GoogleplanteinPro gramm,mitdemZeitungsseitendigitalisiertundfürNutzerkostenlosnutzbarge machtwerdensollen(vgl.FAZ2008Nr.212,S.17;FAZ2009Nr.60,S.22).
Trend6NeueBrowserTechnologie:SeitNeustembietetGoogleaufseinerHo mepageeinenneuenBrowser„Chrome“zumkostenlosenHerunterladenan.Wäh rend bisher Browser nur Programme waren, mit deren Hilfe die InternetSeiten sichtbar gemacht wurden, kann der neue GoogleBrowser alle derzeit üblichen ComputerAnwendungen ersetzen. Dabei plant Google, gängige Software Produkte auf virtuellen Plattformen im Internet aufzubauen. Diese können dann überdenneuenChromeBrowserbenutztwerden,derschneller,sichererundnut zerfreundlicher sein soll als die gängigen Browser. Dabei können die Nutzer auf verschiedenen Seiten simultan surfen. „Chrome“ soll als OpenSourceProgramm erscheinen, so dass jeder Programmierer den Browser für sich weiterentwickeln kann(vgl.RPvom3.Sept.2008,S.B1). Technisch gesehen kann heute jeder Rechner weltweit mit jedem anderen Rechner verbunden werden, wobei der Datenaustausch über die technologisch normierten Datenprotokolle erfolgt. Diese haben die Aufgabe, das Browser und Server unter schiedlicher Rechner eine gemeinsame Sprache sprechen. Dabei hat die kostenlose elektronische Post die jederzeitige und schnelle Kommunikation auch auf globaler Ebene möglich gemacht. Für eine weltweite OnlineVerbindung sorgen derzeit rund 200 Seekabel. Das über 13.000 Kilometer lange ApolloKabel, das Europa mit Nord amerikamitbiszu400GigabyteproSekundeverbindet,giltalseinesdermodernsten Verbindungen.InteressanterweisespieltÄgypteneinezentraleRolleimInternet,weil Leitungen von Europa nach Indien durch den Suezkanal führen. Doch wie vieles
22
Grundlagen des New Online-Retailing
Neue, bringt auch das Internet immer noch Probleme mit sich. So kommt es immer wieder zu Leitungsunterbrechungen, wie zum Beispiel im Februar 2008 im Mittel meer,wodurchdiearabischeHalbinselundIndienausdemweltweitenNetzteilweise ausgeklinktwurden(vgl.Jovanovic2008,S.A7).
Abbildung22:
DSLAnschlüsseinDeutschland
Quelle: FAZ 2009, Nr. 125, S. 20; Schmundt 2008, S. 170; FAZ 2009 Nr. 82, S. 19, DSL-WEB Spezial 2010. 21,5 DSL-Anschlüsse in Deutschland in Millionen 18,6
6,1
6,0
Telekom Anbieter, die Telekom-InternetZugänge weiterverkaufen
14,4 4,1 3,7
Anbieter mit eigenem Netz, die oft auf die Teilnehmeranschlussleitungen der Telekom angewiesen sind
3,5 10,5 2,5
3,2
*viertes Quartal 4,4 3,2 1,9
9,0
6,8
1,6
0,9 0,3 5,6
6,4
2004
2005
11,7
7,1
4,0 3,0
1,8 2001
2002
2003
2006
2007
2009*
InDeutschlandhätteeinderartigerAusfallvonDatenleitungenaberkaumFolgen,da es mit dem Telefonnetz schon lange vor dem Internet eine ausgebaute Infrastruktur gab,aufdermoderneOnlineZugängeaufsetzenkonnten.AußerdemverlagernsichE Mails und Datentransfers zunehmend auf Handys und damit Mobilfunknetze. Ein aktuelles Thema ist allerdings derzeit die mangelnde Verfügbarkeit schneller DSL Verbindungen.VorallemindünnbesiedeltenGebieten,aberauchinungünstiggele genen Vororten großer Städte, steht häufig keine DSLTechnologie zur Verfügung. Dadurch sind immer noch viele Privathaushalte, Firmen und Behörden gezwungen, ihre Rechner an langsame analoge Modems oder unwesentlich schnellere ISDN Leitungen anzuschließen (vgl. WAMS 2008, Nr. 4, S. 26). Mittlerweile bietet aber die 23
2.1
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Firma Ericsson eine Überbrückungslösung fehlender Kabel unter der Erde an, wobei über Funkmasten Signale gefunkt werden, die über Antennen eines regionalen Part ners an den Nutzer weitergeleitet werden. Das Signal lässt sich auch alternativ über bereitsvorhandeneTelefonkabeleinspeisen,wobeiimmerhinGeschwindigkeitenvon 500 Mbit pro Sekunden denkbar sind (vgl. Fredrich 2008, S. C3). Aber auch bei den DSLAnschlüssen gibt es noch Probleme. Viele DSLInternetAnschlüsse sind nicht annäherndsoschnell,wievomAnbieterversprochenwurde.Esistaberdavonauszu gehen,dassdietechnischenProblemeinnichtallzufernerZukunftbehobenwerden. In Abbildung 22 ist die Anzahl der DSLAnschlüsse in Deutschland im Bundeslän dervergleichdargestellt(Stand4.Quartal2008). Abbildung23:
BreitbandAnschlüsseimBundesländervergleich
Quelle: BITKOM auf Basis von Eurostat/Eito: Stand 12/2008
Wie Abbildung 23 zeigt, hatten 2008 bereits 58 Prozent aller Haushalte in Deutsch landeinenschnellenInternetzugang,allerdings—bisaufBerlinmit61Prozent—mit deutlichemGefällezwischenWestundOstdeutschland.BisEnde2009sollen65Pro zent aller deutschen Haushalte mit Breitband verkabelt sein. Experten sprechen von einemregelrechtenBreitbandBoom(vgl.BITKOMvom19.Mai2008).Sohatsichdie Zahl der BreitbandAnschlüsse seit 2003 vervierfacht, womit Deutschland erstmals klar über dem europäischen Schnitt (42 Prozent in 2007), jedoch immer noch weit 24
Grundlagen des New Online-Retailing
hinter skandinavischen Ländern (zwischen 60 und 70 Prozent) sowie den Niederlan den(mehrals74Prozent)liegt.DieNetzbetreiberinvestierenderzeitMilliardenbeträ ge in die Infrastruktur. Zunehmend setzen sich aber auch schnelle Internet VerbindungenimMobilfunkdurch.NachBITKOMSchätzungengabesperEnde2007 erstmals mehr als 10 Millionen UMTSAnschlüsse in Deutschland. In 2008 soll die Zahl um 60 Prozent auf fast 16 Millionen steigen. Die Basis für weiteres Internet Wachstum ist folglich sichergestellt. Darüber hinaus prüft die EU, „ob das Netz zur GrundversorgungzähltwieWasserundStrom“(DerSpiegel2008,Nr.10,S.170).
2.1.2
Medienspezifische Grundlagen
DiebesonderenEigenschaftendesMediumsInternetführenzueinerVeränderungder ArtundWeise,wiesichdieKommunikationzwischenIndividuenindigitalenDaten netzengestaltet(vgl.Kollmann2007,S.32).ZuihnengehörtdieVirtualität,Multime dialität und Interaktivität. Mit der Virtualität wird die Präsenz im Kommunikations prozess überflüssig, wobei die Multimedialität durch Einbindung verschiedenster MedienundKommunikationsmittelganzneueMöglichkeitenderInformationsüber mittlung eröffnet. Die Interaktivität erlaubt dabei eine gegenseitige Kommunikation unddamitFörderungdesDialogeszwischeneinzelnenHandelspartnern.
Abbildung24:
DasMediumInternetimKommunikationsprozess
Quelle: In Anlehnung an Kollmann 2007, S. 33 E-Botschaft Sender/
Kodierung
Internet
Dekodierung
Sender/
Virtualität
Empfänger/
Empfänger/ Multimedialität
Context
Dekodierung
Interaktivität
Kodierung
Context
Individualität
Feedback/ Feedforward Context
InderAbbildung24wirddasMediumInternetindenKommunikationsprozessein geordnet.DurchdasInternetwirddabeidieMöglichkeitgegeben,dassderEmpfänger einerBotschaftauch(unmittelbar)zumSendereinerBotschaftwirdunddadurchdie
25
2.1
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
ursprünglichen Rollen der Kommunikationspartner z.T. vermischt odergar aufgeho benwerden.DieSimultanitätdieserSender/EmpfängerRolleistdurchdiebesondere EigenschaftdesMediumsInternetgegeben,diesichinderVirtualität,Multidimensio nalität sowie Interaktivität manifestiert. Die Virtualität ergibt sich aus dem Umgang mitdigitalenInformationen,dienichtrealsindundsichauseinemVerbundvonDa tenströmen und Informationskanälen zusammensetzen. Die digitalen Informationen könnensichsowohlaufdigitalisierteLeistungen(z.B.Rechte,Downloadsetc.)alsauch auf reale Güter beziehen (physische Welt). Neben der physischen Welt tritt aber in jedem Fall dann komplementär eine virtuelle Geschäftswelt, die durch vernetzte In formationen und Kommunikationswege gekennzeichnet ist. Beide Ebenen ergänzen sich (z.B. Bestellung realer Produkte über das Internet), können jedoch auch separat funktionieren(z.B.kostenpflichtigerDownloadvonSoftwareimInternet).DieVirtua lität der Handelsebene ermöglicht eine Loslösung von Raum und Zeit. So ist es eine typische Eigenschaft von OnlineHändlern wie z.B. Buch.de, jederzeit und (über das Netz) von überall her zugreifen zu können, wobei Anbieter und Käufer nicht zeit gleich online sein müssen, da der Informationsaustausch über Datenbanken erfolgt. DamitwirddasInternetzueinemubiquitärenMedium(anytime/anyplace).Während aber die Produkte über das Internet weltweit „anytime“ und „anyplace“ verkauft werden können, muss die physische Lieferung außerhalb der elektronischen Ebene erfolgen.ZurAusgestaltungdesvirtuellenKontaktesstehenzahlreicheMedienformen zur Verfügung (z.B. Bild, Video, Ton, Text etc.), die nach Belieben kombiniert und somitmultimedialgenutztwerdenkönnen.Dadurchwirdesmöglich,demKommu nikationspartner auch komplexe Inhalte zugänglich zu machen. Dabei erfolgt der Informationsaustausch auf einer verständlichen und leicht zugänglichen Ebene. Zugleich wird die elektronische Handelsebene einer breiten Konsumentenschicht angeboten.AußerdemwerdendieInhaltederdigitalenInformationendurchdiemul timediale Darstellung besser wahrnehmbar, attraktiver sowie nutzbarer gemacht. DiesesistauchderwesentlicheGrunddafür,dasssichdasInternetzueinemMassen medium entwickeln konnte. Vor allem Musikanbieter nutzen die multimediale Dar stellung wie z.B. musicload.com, bei denen zu einem Musikstück sowohl dasBild in Form des Plattencovers, ein Text zur Beschreibung des Musiktitels, der Ton als Hör probe sowie bewegte Bilder in Form von Vidioausschnitten multimedial angeboten werden(vgl.Kollmann2007,S.37). Ein entscheidendes Merkmal des OnlineHandels ist die aktive Komponente für den Informationsaustausch,dasichdieTeilnehmerindividuellinsdigitaleDatennetzein wählen müssen (z.B. IPAdresse). Der Grad der Interaktivität bzw. „wechselseitigen Kommunikation“ ergibt sich jeweils aus den von der Software abhängigen Interakti onsmöglichkeiten.DabeikommtesaberinjedemFallzueineraktivenEinzeltransak tion,diesichvollkommenvonderpassivenMassentransaktionunterscheidet.Sower denInformationennichtnur voneinemzumanderenMarktteilnehmerverteilt(„one way“),sonderndieTeilnehmermüssensichdieInformationenauchselbstbeschaffen („twoway“).ImGegensatzzudenklassischenKommunikationsundHandelsformen,
26
Grundlagen des New Online-Retailing
bei denen der Kunde ohne aktiven Schritt mehr oder weniger ununterbrochen mit Reizenkonfrontiertwird,mussbeimInternetderKundedenerstenSchritttun,sichzu allerersteinwählenunddieWebsiteeinesHändlersöffnen.DadurcherlangtdieKun dengewinnung und Kundenbindung, also das CustomerRelationshipManagement (CRM), im Rahmen des OnlineHandels eine herausragende Bedeutung. Interaktive KommunikationwirddabeiauchzurIndividualisierungundPersonalisierunggenutzt (OnetoOneMarketing).
2.1.3
Geschäftsspezifische Grundlagen des Online-Handels
Für die Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse können mit EProcurement, E Shop sowie EMarketplace drei OnlinePlattformen unterschieden werden (vgl. Koll mann 2007, S. 45). Während sich das EProcurement auf den elektronischen Einkauf von Produkten bzw. Dienstleistungen bezieht, stehen EShop und EMarketplace für elektronischenVerkaufbzw.HandelundsinddamitdiefürdenOnlineHandelrele vantenPlattformen.WieinKapitel1bereitserwähnt,wirdindiesemBuchvorrangig das Geschäftsmodell „BusinesstoConsumer“ (B2C) und damit der Einzelhandel betrachtet.Die„Gretchenfrage“indiesemZusammenhangist:„WiekönnenUmsätze erzieltwerden?“Dazuisteserforderlich,diegrundsätzlichenOptionenelektronischer Geschäftskonzepte darzustellen und zu erläutern. Diese beschreiben den Austausch einer angebotenen Leistung im Rahmen des OnlineHandels hinsichtlich des Inhalts und der dabei zum Tragen kommenden Vergütung. Mit EContent, ECommerce, E Context und EConnection können dabei grundsätzlich vier idealtypische Geschäfts konzeptoptionen unterschieden werden (vgl. Kollmann 2007, S. 49 ff.). Einen Über blicküberdiebeschriebenenEGeschäftskonzeptegibtAbbildung25:
DasGeschäftskonzept„EContent“beziehtsichaufdieVermarktungvonInhalten aufeinereigenenPlattforminnerhalbeinesNetzwerkes.Dabeigehtesprimärdar um, die Inhalte für den Nutzer einfach, bequem, visuell ansprechend und online zugänglichzupräsentierenbzw.zuhandhaben.DieInhaltekönneninformierend, unterhaltendoderbildendsein,wobeidieErlösebeidiesemKonzeptentwederdi rekt(z.B.VerkaufvonInhalten)oderindirekt(z.B.WerbungbeiInhaltspräsentati on)erzieltwerdenkönnen.DerAnbieterLZnet.de,beidemFachartikelnurgegen Nutzungsgebührgekauftwerdenkönnen,erzieltz.B.damitdirekteErlöse,wohin gegen sämtliche Nachrichten auf tonline.de kostenlos sind und Einnahmen hier indirektüberWerbunggeneriertwerden(z.B.Banner).
ImGeschäftskonzept„ECommerce“findetsichder„echte“OnlineHandel,denn hier geht es um die Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung von geschäftli chen Transaktionen über Netzwerke. Die Transaktionsphasen unterscheiden sich grundsätzlichnichtvondenen„traditionellerAnbieter“undwerdeninderRegel elektronischunterstützt,ergänztoderineinzelnenPhasensubstituiert.Zieldieses
27
2.1
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Konzeptes ist es, Kauf und Geschäftsprozesse zu vereinfachen oder auch beque merundschnellerabzuwickeln.ErlösewerdenhierüberwiegenddirekterArter zielt (echter Verkauf von Produkten und Leistungen). Es können aber auch indi rekteEinnahmenerzieltwerden,z.B.mitWerbungoderWerbekostenzuschüssen. TypischeVertreterdiesesGeschäftskonzeptessindz.B.buch.de,Amazonoderdas Reisunternehmenexpedia.de.BeidekaufenProdukteund/oderLeistungenein,um diesedannmitMargenaufschlaganihreKundenweiterzuverkaufen. Abbildung25:
GeschäftskonzepteimInternet
Quelle: In Anlehnung an Kollmann 2006, S. 138
Definition
Ziel
E-Content
E-Commerce
E-Context
E-Connection
Sammlung, Selektion, Systematisierung, Kompilierung und Bereitstellung von Inhalten über Internet
Anbahnung, Aushandlung und/oder Abwicklung von Geschäftstransaktionen über Internet
Klassifikation, Systematisierung und Zusammenführung von verfügbaren Informationen im Internet
Herstellung der Möglichkeit eines Informationsaustausches im Internet
Bereitstellung von konErgänzung bzw. sumentenorientierten, Substitution traditioneller personalisierten Inhalten Transaktionsphasen über Internet über Internet
Komplexitätsreduktion Schaffung von technologiund Bereitstellung von schen, kommerziellen oder rein kommunikativen Navigationshilfen und Verbindungen Matchingfunktionen im Internet über Internet
Erlösmodell
Direkte (Premiuminhalte) und indirekte Erlösmodelle (Werbung)
Transaktionsabhängige direkte und indirekte Erlösmodelle
Direkte (Inhaltsaufnahme und indirekte Erlösmodelle (Werbung)
Direkte (ObjektAufnahme/ Verbindungsgebühr) und indirekte Erlösmodelle (Werbung)
Plattformen
E-Shop, E-Community, E-Company
E-Shop, E-Procurement, E-Marketplace
E-Community, E-Marketplace
E-Marketplace, E-Company E-Community
Beispiel
Added Value
genios.de, sueddeutsche.de, manager-magazin.de guenstiger.de
hutshopping.de, amazon.com, buch.de gourmondo.de
google.de yahoo.de msn.de Chiao.com
Überblick, Auswahl, Kooperation, Abwicklung
Überblick, Auswahl, Abwicklung
Überblick, Auswahl, Vermittlung, Austausch
immoscout24.de, travelchannel.de, t-online.de, web.de Überblick, Auswahl, Vermittlung, Abwicklung, Austausch
BeidemGeschäftskonzept„EContext“stehtdieKlassifizierung,Systematisierung und Zusammenführung von verfügbaren Informationen und Leistungen in Netz werkenimVordergrund.Esgehtdarum,dieMarkttransparenzfürdenKundenzu verbessernundseinenSuchaufwandzureduzieren.Erlösewerdenhierentweder direktüberGebühren(fürdieAufnahmeund/oderPlatzierungvonInhalten)oder 28
Besonderheiten des New Online-Retailing
auchindirekterzielt(z.B.überWerbung,Statistiken,Inhalteetc.).Suchmaschinen anbieter wie Google und Yahoo praktizieren dieses Geschäftskonzept, mit dem Netzinhaltegesuchtundkatalogisiertwerden.AlsBeispielnennenlassensichauch WebKataloge,diequalitativeBewertungenvonWebSitesvornehmen.
Das vierte Geschäftskonzept „EConnection“ organisiert die Interaktion von Ak teureninDatennetzen,wasnichtnuraufkommerzieller,sondernauchkommuni kativerodertechnologischerEbeneerfolgenkann.Erlösewerdenhierentwederdi rekt erzielt (z.B. mit Objektaufnahme/anbindung oder Verbindungsgebühren). GängigsindaberauchindirekteErlösez.B.überWerbung,StatistikenoderCross Selling.TechnologischeZusammenführungfindetz.B.beiAOLodertonlinestatt, da hier ein genereller Zugang zum Internet angeboten wird, wofür eine Verbin dungsgebühr erhoben wird. Beispiele für eine kommerzielle Zusammenführung sinddieScout24Marktplätzewiez.B.ImmobilienScout24.de,dieImmobilienmak ler zum Zwecke des Hausverkaufs mit einer Datenbankanbindung auf einen E Markplatzbringen.BeispielfüreinekommunikativeZusammenführungsindsozi aleNetzwerke,CommunitiesoderEMailServiceanbieter(zumBeispielgmx.de).
2.2
Besonderheiten des New Online-Retailing
Entsprechend des Kontaktprinzips, also der Art und Weise, wie das Handelsunter nehmen und seine Kunden in Beziehung zueinander treten, folgt der OnlineHandel ganzklardemDistanzprinzip:AnbieterundKundetretenphysischnichtinKontakt. DerenräumlicheTrennungwirddurchMedienüberbrückt,undzwarentwederKata loggestütztoderüberdasInternet.DementsprechendzähltauchderOnlineHandel neben dem Versandhandel zum wichtigsten Betriebstypen des Distanzhandels (vgl. Heinemann2008g,S.16).
2.2.1
Online-Handel als Form des Distanzhandels
DieAbgrenzungderDistanzhandelsformenliegtinderVermarktungskonzeptionund demdabeizugrundeliegendenKontaktmedium:EinKatalog,derentwedergedruckt oder elektronisch vorliegen kann, oder der Einsatz elektronischer Medien, entweder überdasInternet,dasHandyoderdasFernsehgerät(vgl.Heinemann2008g,S.21):
TraditionellerVersandhandel:AngebotanEndkundenmittelsKatalog,Prospekt, Anzeigen,elektronischeMedienz.B.inFormeinerCDRom,Außendienstmitarbei ter. Bestellung schriftlich, mündlich oder telefonisch. Auslieferung an den ge wünschten Ort des Konsumenten. Je nach Sortimentsausrichtung Fach
29
2.2
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
/Spezialhandel bzw. Sortiments/Universalhandel. Beispiel: Otto, Quelle, Necker mannundLandsEnd.
OnlineHandel:AngebotanEndkundenüberWorldWideWeb.Bestellunginter aktivüberInternetodertelefonisch.LieferungundHandlingwieimVersandhan del. Eher breitere und flachere Sortimentsausrichtung mit kundenindividuellen Angeboten.EinsatzneuerEMarketinginstrumente.Beispiel:Amazon,eBay,Asos undSpreadshirt.
TeleShop: Spezielle Fernsehsender mit 24stündigen Produktshows und interak tiver Bestellmöglichkeit. Keine besondere Sortimentsausrichtung. Lieferung und HandlingwieimVersandhandel.Beispiel:QVCundRTLShop.
MShop: Nutzung des Handys als PCPlattform für OnlineHandel. Bestellung telefonischüberMobilfunkbzw.perSMS.AnsonstenwieOnlineHandel.Beispiel: Vodafone3G. DerTeleShopgehörtnichtzumOnlineHandel.WieinKapitel2.1.2dargestelltwur de,wirdderMShopalsVariantedesOnlineHandelsbetrachtet.DerOnlineHandel isteinetypischeFormdesB2CDistanzhandels.DieBetriebstypendesDistanzhandels verfügenüberkeinenphysischenOrt,andemdieWareandenKundenverkauftwird. Der Kunde bestellt die Ware beim Einzelhändler und lässt sich diese zu sich nach Hause,andenArbeitsplatz,aneinePickUpStationliefern.AlszentralerUnterschied zumstationärenHandelkanndamitherausgestelltwerden,dassderpersönlicheKon taktimDistanzhandelentfälltundstetsübereinMediumstattfindet.DerStandortdes Distanzhändlers hat eigentlich keine nachfragebeeinflussende Bedeutung, zumal die Ware physisch nicht präsent ist. Das hat zur Folge, dass auch nicht alle relevanten Produktinformationen vermittelt werden können, es sei denn, diese lassen sich in Bildern oder textlichen Beschreibungen darstellen. Unabdingbare Voraussetzung für den Kaufabschluss und die Lieferung der Ware ist die Erfassung der individuellen Kundendaten,weshalbauchdasThemaAdressmanagementeinwesentlicherErfolgs faktor im B2CDistanzhandel ist. Folgende Wesensmerkmale kennzeichnen zusam menfassenddenDistanzhandel(vgl.Zaharia2006,S.18):
MedialesAngebot:EinsatzvonPrintmedienoderelektronischenMedien. Kauf aus Distanz: Raum zwischen Anbieter und Nachfrager wird auf schriftli chem, telefonischem oder sonstigem elektronischen Wege überbrückt, wodurch sichzeitlicheDifferenzenzwischenBestellundWarenverfügbarkeitszeitpunkter geben.
VersandderWareandieKundenbzw.Retrodistribution(Rückgabe)durcheigene oderoutgesourcteZustelldienste.
30
Besonderheiten des New Online-Retailing
2.2.2
Kernkompetenzen und Fähigkeiten im Online-Handel
AusdemklassischenstationärenGeschäftsindnurwenigeErfahrungenaufdenOnli neHandelübertragbar.WesentlicherGrunddafürist,dassderOnlineHandelkeinen neuen Vertriebskanal im herkömmlichen Sinne darstellt, sondern ein vollkommen neuesGeschäftmitneuenFähigkeitsanforderungen.ImOnlineHandelsinddiebisher so wichtigen Standorte, Verkaufsmitarbeiter und FilialBestandssteuerungsprozesse unbedeutend. Auch die mit dem Internet einhergehende globale Preistransparenz steht im Konflikt zum lokalen Pricing, wie es der stationäre Händler gerne betreibt. HierkommenebenfallsneueAufgabenaufihnzu,dennimtraditionellenstationären EinzelhandelwerdennuretwadreibisvierHändlermiteinanderverglichen.Auchdie stationären Sortimentskonzepte sind nicht anwendbar, da im elektronischen Handel dieZielgruppenundSortimentenichtabgestecktwerdenkönnen. VölligesUmdenkenistindenBereichenRetailBranding,MarkenprofilundWerbung gefragt, da die erhebliche Komplexität des OnlineHandels ein neues Internet Markenmanagementerfordert.IndernahezuunübersehbarenVielfaltderMarkenna men und Shops muss vor allem Aufmerksamkeit und Markenbekanntheit erreicht werden, da der OnlineShopper sonst auf bekanntere Anbieter zurückgreifen wird. AuchdasklassischeStoreMerchandisingistimInternetnichtmehrnutzbar.Hierist einespezifische,gänzlichandersartigeInternetShopGestaltunggefragt.Lastbutnot leasttretenimOnlineHandelanStellevongeschlossenenWarenwirtschaftssystemen und effizienten, schlanken und schnellen Geschäftsprozessen konsequent kundenori entierte Geschäftsprozesse. (vgl. Heinemann 2008g, S. 28 ff.; Schnetkamp 2001, S. 35 ff.).Entscheidendist,dassvorallemkundenorientierteGeschäftsprozesseundunein geschränkteKundenorientierungwesentlicheErfolgsvoraussetzungimOnlineHandel sind.Schnelligkeit,TransparenzundServiceorientierungsindallerdingsThemen,die inder„ServicewüsteDeutschland“häufigerstnochgelerntwerdenmüssen. OnlineHändler sind angesichts des veränderten Marktumfeldes sowie der Kunden erwartungen an Zeit und Kosten mittlerweile in jedem Fall dazu gezwungen, einer seits die Effektivität zu erhöhen und andererseits nachhaltige Effizienzschübe zu realisieren, um den anstehenden Herausforderungen standzuhalten. Diesbezüglich kommt zum Beispiel im OnlineHandel der Geschwindigkeit der innerbetrieblichen Entscheidungs und Arbeitsabläufe eine Schlüsselrolle zu. Effizienz und „Durchlauf zeitenReduzierung“ gilt als wesentliche Basis des Erfolges der dritten ECommerce Generation(vgl.DerVersandhandelsberater,Sonderheft2007,S.7).DieserAnspruch istnurerfüllbar,wenndurcheineprozessorientierteNeuausrichtungdieOrganisation schlanker, schneller und schlagkräftiger ausgestaltet wird. Hinzu kommt der An spruch an eine kompromisslose Kundenorientierung, die infolge der drastisch ver kürztenKundenreaktionszeitenGrundvoraussetzungfürdieWettbewerbsfähigkeitist undBasisfüreineWachstumsdynamikbildet.Dieseserforderteinekundenorientierte RundumbearbeitunginProzessen.
31
2.2
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung26:
FähigkeitzurkundenorientiertenRundumbearbeitung
Quelle: Osterloh/Frost 2003, S. 32
Kundenorientierte Rundumbearbeitung
Auftragsabwicklungsprozess
Beschaffung
Konventionelle Sichtweise
• Verkaufs- und Beratungsabteilung • Versandabteilung • Kundendienstabteilung
Logistik
Marketing/ Vertrieb
Prozessorientierte Sichtweise
• Erfüllung des Kundenauftrages
Dabeiistesnotwendig,zwischenBeschaffungsundAbsatzmarktdurchgängigePro zesse ohne Schnittstellen soweit wie möglich zu gestalten und so für jeden Prozess „ein Fenster zum Kunden“ zu schaffen. Nur so ist die tatsächliche „Kundenorientie rung“möglich,diedenOnlineHandelauszeichnetundeineunmittelbareRückkopp lungvonSeitenderKundenerlaubt(vg.Osterloh/Frost2003,S.31).FürjedenProzess muss es dabei prozessverantwortliche Personen (ProcessOwner) sowie Prozessbear beiter(CaseWorker)geben.JenachArbeitsumfangistaberauchdenkbar,einganzes Team für einen Prozess verantwortlich zu machen (CaseTeam), das sich dann im WegederSelbstabstimmungkoordiniert.DiesessetztallerdingsausgeprägteTeamfä higkeiten voraus sowie das „Selbstentscheidenkönnen“. Dafür benötigen aber die Mitarbeiter entsprechende Befugnisse, um den Kunden im Rahmen der jeweiligen Prozessvariantebefriedigenzukönnen(Empowerment).DiesesgehtinderRegelmit 32
Besonderheiten des New Online-Retailing
größeren Leitungsspannen und flacheren Hierarchien einher. Ergebnis ist eine kun denorientierteRundumbearbeitungmitminimierterSchnittstellenanzahl(vgl.Abb.2 6), die allerdings ein internetspezifisches Geschäftssystem erfordert, das den Prinzi piendesBusinessReengineeringRechnungfolgt(vgl.Osterloh/Frost2003,S.31).
2.2.3
Geschäftssystem des New Online-Retailing
Das OnlineHandelsunternehmen sollte sich als „Bündel von Kernprozessen“ derart organisieren,dassdurchgängigeProzesseohneSchnittstellenvomLieferantenbiszum Kunden realisierbar sind und so eine kundenorientierte Rundumbearbeitung ermög licht wird. Wie in Abbildung 27 dargestellt ist, beinhaltet dieses drei „innovative Ideen“, nämlich die ProzessIdee, TriageIdee sowie die Idee der informationellen Vernetzung(vgl.Osterloh/Frost2003,S.27ff.).
Die ProzessIdee umfasst einen 90°Shift in der Organisation, eine Untergliede runginKernundSupportprozessesowiedieentsprechendenProzessTeamsund ProcessOwner.Der90°ShiftbezeichneteineUmorientierungvondertraditionell vertikalausgerichteten,arbeitsteiligenOrganisationineinehorizontale,funktions übergreifende Sichtweise (vgl. Abb. 26). Die Unterscheidung in Kern und Sup portprozesse ermöglicht es, zwischen kundenrelevanten (Nutzen stiftenden) und wenigerkundenrelevanten(nichtNutzenstiftenden)Tätigkeitenzudifferenzieren. DiekundenrelevantenProzesse(z.B.Auftragserfüllung)sindhäufigQuellefürei nenWettbewerbsvorteil(z.B.Schnelligkeit)undsolltennichtoutgesourctwerden, was für weniger kundenrelevante Prozesse (z.B. Kantinenwesen) nicht gilt. Die BildungvonProcessTeamssowiedieBestimmungderProcessOwnerfolgenden generellenRegelnderTeambildungunddesAssignment.
Die TriageIdee beinhaltet die horizontale Segmentierung von Prozessen. Diese erfolgtnachFunktionen,KomplexitätsbereichensowieKundengruppen.Diefunk tionaleSegmentierungträgtdemUmstandRechnung,dassimRahmenderKern prozessebestimmteFunktionenfürdieAuftragsabwicklungwiez.B.Einkauf,Lo gistikundVertriebinjedemFallerfülltwerdenmüssen,versuchtdabeiaberauch durch eine Prozessverantwortung (ProcessOwner) die Schnittstellen zu minimie ren.DemgegenüberunterscheidetdieSegmentierungnachKomplexität,Tätigkei tenundProblemhaltigkeit(z.B.komplexeFälle,mittelschwereFälle,Routinefälle). Sie ordnet diese nach Routinisierbarkeit, um sie dann ggf. zu automatisieren. Bei der Segmentierung nach Kundengruppen schließlich geht es darum, nach Kun denwertzudifferenzierenunddie„Schlüsselkunden“bevorzugtzubedienen.Die ses Grundprinzip spiegelt sich auch im CustomerRelationshipManagament (CRM)wieder,daseinewichtigeBasisfürdenInternetHandeldarstellt.
33
2.2
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung27:
GeschäftssystemPrinzipiendesNewOnlineRetailing
Quelle: In Anlehnung an Osterloh/ Frost 2003, S. 27 Triage-Idee
Prozess-Idee
Funktionale Segmentierung
90°-Shift der Organisation
Segmentierung nach Komplexität
Kernprozesse und Supportprozesse
Segmentierung nach Kundengruppen
Prozess-Team und Prozess-Owner
Kundenorientierte Rundumbearbeitung
Informationelle Vernetzung
E-Mail-Ethos
Dezentraler Datenzugriff
Simultane, papierlose Datenverarbeitung
DieIdeederinformationellenVernetzungistes,aufdiepapierbasierteInforma tionsübermittlung weitestgehendzuverzichten,dadieseschnellihreGrenzener reichtunddemGrundprinzipderDigitalisierungimOnlineHandelentgegenläuft. Sie beinhaltet im Wesentlichen den EMailEthos, den dezentralen Datenzugriff sowie die simultane und papierlose Datenverarbeitung. Dieses setzt intelligente Netze voraus, die einen dezentralen Aufbau von Netzwerken (ClientServer Lösungen) sowie Hypermediastrukturen der in den Netzen angebotenen Inhalte erlauben. Der dezentrale Aufbau von Netzen macht Navigationsentscheidungen überflüssig, indem einzelne Bereiche z.B. mit eigenen Servern arbeiten. Demge genüber erlaubt es Hypermedia, zwischen Dokumenten oder innerhalb von Do kumentenhinundherzuspringen,ohnedassdiesegesucht,aufgerufenoderkom plettdurchgelesenwerdenmüssen. Den Prinzipien des Geschäftssystems OnlineHandel folgend, sollte das Online HandelsunternehmenalsProzessorganisationaufgebautwerden,indemdieKernpro zesse die strategisch relevanten Wertschöpfungsprozesse abbilden (z.B. Vertrieb). Diese haben idealerweise immer externen Marktkontakt (z.B. Absatzmärkte), da sie 34
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
derErfüllungvonKundenaufträgendienen.SiewerdenunterstütztvondenSupport prozessen, die keinen Marktkontakt haben müssen und reine Zuliefererfunktion für dieKernprozessebesitzen.IhreLeistungsverflechtungmitdenKernprozessensollteso geringsein,dasssiejederzeitalseigenständigeLeistungseparierbaroderoutsourcebar sind.DasistallerdingsbeidenZentralabteilungen(funktionaleSchulen),diespezifi scheFachkenntnisseanbietenundinHinblickaufdieWissensvermittlungandiePro zesseprimäreineDienstleistungsaufgabehaben(z.B.MarktkenntnisseimMarketing), nichtohneWeiteresmöglich.
Abbildung28:
ParadigmenwechselimMarketing
Quelle: In Anlehnung an Schneider 2001, S. 12
Wirksamkeit
New Marketing durch Internet:
• Kundenbindung/ Interaktion • Individualisierte Ansprache/ Angebote
Weltweit einsetzende Internet-Penetration
• Breite Markendefinition (Werte,Kern) • Fokus Kundenwertsteigerung
Traditionelles Marketing im Stationärgeschäft:
• Massenmarketing - Fokus Frequenzabschöpfung • Möglichst viele Kunden für standardisierte Produkte • Enge Definition der Marke (Bekanntheit, Image) • Fokus Marketingeffizienz 1960
2.3
1980
2000
2020
Zeit
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
MitdemAufkommendesOnlineHandelsisteingrundlegenderParadigmenwechsel im Marketing verbunden. Ziel des OnlineHandelsmarketings ist es, die richtigen SortimentefürattraktiveKundenbereitzustellen.NeueCRMSysteme,Kundendaten banken und ein intelligentes 1:1Marketing rücken in den Fokus, der auf dauerhafte 35
2.3
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Kundenbeziehungenangelegtist.DieMarkendefinitiongestaltetsichbreiterundum fasst das gesamte operative Leistungsversprechen sowie das Kundenvertrauen und die Unternehmenskultur. Informationstechnologien werden vorrangig mit dem Ziel eingesetzt,denKundenwertzusteigern.AndiesemZielrichtensichalleMarketingin strumente aus. Der mit dem OnlineHandel einhergehende Paradigmenwechsel im MarketingistinAbbildung28dargestellt.
Abbildung29:
EinordnungdeskonventionellenunddigitalenCM
Quelle: In Anlehnung an Ahlert 2002, S. 23
Nachfragesystem
Bedürfnisse
Herkömmlich
PL
Standardprodukte
Angebotssystem
Innovativ Problem-Lösungs-Komplexe
Kanal
Systemhintergrund
konventionell
digital
digital
konventionell
Handelsdominanz
ECR Team
Konventionelles Category Management
Digitales Category Management
Herstellerdominanz
2.3.1
Sortimentspolitik im Online-Handel
Auch im OnlineHandel stellt das Sortiment „das Herz“ des Geschäftes dar. Im Ver gleichzumStationärundauchVersandhandelzeichnetsichderOnlineHandelaller dingsdurch„unbegrenzte“Sortimentsvielfaltaus,dieausdemWegfallzeitlicherund räumlicherRestriktionenresultiert.DarausergebensichauchfürdasCategoryMana gement(CM)imVergleichzumbisherigenCMVerständnis(konventionellesCategory Management)völligneueMöglichkeiten.SoistdaskonventionelleCMaufherkömm licheBedürfnisbereicheundstationäreHandelsformenausgerichtet.DieseKennzeich nungistinAbbildung29dargestellt,wobeizwischenAngebotssystemeinerseitsund Nachfragesystem andererseits unterschieden wird. Bezüglich des Angebotssystems 36
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
kann der Systemhintergrund entsprechend des ECRAnsatzes handelsdominant oder herstellerdominant sein (vgl. Heinemann 2008g, S. 102). Das Nachfragesystem unter scheidetzwischenherkömmlichenoderinnovativenBedürfnissen,Standardprodukten oder ProblemLösungsKomplexen (z.B. PCKonfigurationen) sowie Kanälen, die entwederkonventionelloderdigitalseinkönnen(vgl.Ahlert2002,S.22ff.).Dabeiist es durchaus möglich, dass bei neuen Warengruppenordnungen auch neuartige Ent wicklungenvonVerbraucherbedürfnissenoderAnsatzpunktedesCRMberücksichtigt werden.DiekonsumentenorientierteZusammenstellungderCategoryerlaubtes,auf spezifische Bedürfnisse der Kunden einzugehen, allerdings können diese noch nicht kundenindividuellzusammengestelltwerden. ImkonventionellenGeschäftsansatz(StationäroderVersandgeschäft)kannaufgrund derräumlichenBeschränkungdas„100.000X100.000Kombinationen“Problemnicht gelöst werden (vgl. Ahlert 2002, S. 22 ff.). Hier setzt das digitale Category Manage mentan,beidemdiekundenindividuelleZusammenstellungderCategoriesmöglich wird, wenn Waren digital dargestellt werden können. In der virtuellen Welt spielen dabeiwederräumlicheBegrenzungen,zeitlicheBeschränkungen,nochKombinations problemeundDarstellungsschwierigkeiteneineRolle.DadurchergibtsichdieinAb bildung210dargestelltePositionierungdesdigitalenCM,dasdemBereichderkon ventionellen Bedürfnisbefriedigung mit dem Angebot von Standardprodukten über digitaleAbsatzkanälezuzuordnenist.AusderKombinationstationärerunddigitaler Absatzkanälewerden die Handelsunternehmen in dieLage versetzt, die Möglichkei tendesdigitalenmitdenendeskonventionellenCMzukombinieren.DieWeiterent wicklung von Kundenbeziehungen kann dabei über die verschiedenen Absatzkanäle erfolgen. Im Falle einer InternetBestellung erhält das Unternehmen detaillierte Kun dendaten,dieesimRahmendesCMnutzenkannunterBerücksichtigungindividuel lerBedürfnissedesKonsumenten.DasebnetdenWegzueineminnovativen,kunden getriebenen CM, über das gegebenenfalls die komplette Wertschöpfungskette neu gestaltet wird. Dadurch wird es möglich, innovative Lösungskonzepte für komplexe Konsumprobleme effizient zu vermarkten und die Beziehungsqualität im Sinne des CRMauszubauen. Komplexe Konsumprobleme oder auch ProblemLösungsKomplexe können sich aus Angebotskombinationen verschiedener Produkte, Handwerks und Dienstleistungen ergeben.DasBedürfnisnacheineradäquatenMultimediaausstattungkannbereitsein komplexes Konsumproblem darstellen, wenn man die notwendigen Komponenten dafürbetrachtet.AlsBeispiellässtsichdieKombinationausTV,DVDPlayer,Stereo anlage, Computer, Software, Raumverdunkelung und entsprechenden Handwerks leistungen nennen, wenn es darum geht, diese Bestandteile sinnvoll zu kombinieren unddemKunden„wieauseinemGuss“zuliefern(vgl.Ahlert2002,S.27).Besonders gutgeeignetfürdenOnlineHandelsinddigitalisierbareSortimenteundProdukte,die darüberhinauseinenausgeprägtenSelbstbedienungscharakteraufweisen.Dabeihan delt es sich z.B. um Sortimente wie MusikDownloads, Nachrichten, Software oder Bücher,nichtdagegenProdukte,dievordemKaufvondenKundenbesichtigtwerden 37
2.3
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
müssen. Der OnlineHändler muss also vornehmlich solche Produkte ins Sortiment aufnehmen, die sich über den Distanzhandel auch problemlos verkaufen lassen. Es kanndavonausgegangenwerden,dassdabeinebendenreinenEProduktenauchalle bisherigen Versandhandelssortimente gut für den OnlineHandel geeignet sind (vgl. Kap.1.5).
Abbildung210: EinordnungdesinnovativenundkundengetriebenenCM Quelle: Ahlert 2002, S. 27 Nachfragesystem
Bedürfnisse
Angebotssystem
PLK
Innovativ
Herkömmlich Standardprodukte Kanalausprägung
Problem-Lösungs-Komplexe Kanalausprägung
Kanal Systemhintergrund
konventionell
digital
digital
konventionell
Handelsdominanz
ECR Team
Hybrides Category Management
Kundengetriebenes Category Management
Herstellerdominanz
2.3.2
Preispolitik im Online-Handel
ImWorldWideWeblassensichPreiseverschiedenerAnbieterproblemlosundschnell vergleichen, unterstützt von Preisvergleichsseiten. Insofern spielt der Preisvergleich im OnlineHandel eine herausragende Rolle. Dieser hat nicht nur zur Erhöhung der Preistransparenz beigetragen, sondern auch das Kaufverhalten der Kunden maßgeb lich beeinflusst. Beim „OnlineShopping“ legen die InternetUser Wert auf günstige Preise,weshalbsieimmermehrPreisAgentenoderauchPreissuchmaschineneinset zen (z.B. ciao.de, geizkragen.de, guenstiger.de, kelkoo.de, billiger.de, rockbottom.de oderwowowo.de).IndieseRichtunggehtauchdasOnlinePowershopping,beidem sich Nachfrager zusammenschließen, um durch das dann entstandene größere Ab satzvolumen den Preis zu drücken. Auch hierdurch wirdder Preiskampf im Online 38
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
HandelgefördertunddieMachtzuGunstenderNachfragererhöht(Fredrich2008,S. D6; Kollmann 2007, S. 131 ff.). Aufgrund der steigenden Markttransparenz und des damit einhergehenden Wettbewerbsdrucks durch das Internet erwartet der Kunde, dassdiePreisspielräumederAnbieterAbschlägezulassen.DieKundenhabengelernt, dass die Preiskalkulationen in den neuen Kanälen häufig geringer sind als in den anderen Kanälen. Dieses wird auch dadurch gefördert, dass die Kunden selbst Teil aufgaben der Kaufprozesse übernehmen (z.B. Selbstbedienung, Bestellabwicklung etc.).DieErfahrungzeigt,dassdasPreisniveauvergleichbarerArtikelimOnlineKanal geringeristalsindenstationärenGeschäften.DafürerhältderKundeaberauchkeine persönlicheBeratung. AufgrunddergroßenPreistransparenzimInterneterfahrendieAnbietereinenPreis druck, dem sie nur durch Individualisierung und Personalisierung ihrer Angebote standhalten können. Insofern empfiehlt sich das Angebot von Eigenmarken im Web. AuchkanneinHandelsunternehmenPaketangebotebzw.Preisbündelfürzusammen gestellte Produkte schnüren, um die Vergleichbarkeit mit den Mitbewerbern zu er schweren. Grundsätzlich erfolgt die Preiskalkulation im elektronischen Absatz aber nach denselben Prinzipien und Methoden wie im nichtelektronischen Handel. Eine AusnahmebildenjedochdiedynamischenPreisstrategiennachdemOnlineRequest Prinzip oder OnlineAuctionPrinzip. Kennzeichen des OnlineRequestPrinzips ist eine aggregierte Nachfragerfassung in Hinblick auf Kaufwünsche und Preisvorstel lungen, die an einen Vermittler (z.B. Marktplatzbetreiber) weitergegeben werden. Dieser prüft die Angaben in anonymisierter Form (auch z.B. Bonitätsprüfung) und leitetsiedannangeeigneteTransaktionspartneraufderAnbieterseiteweiter(Request forProposal).Dieseentscheidendann,obsieeinaufdieNachfragepassendesAnge bot formulieren. Ein derartiges OnlineRequestPrinzip findet z.B. Anwendung bei demReiseMarktplatzbetreiberaskerus.de(vgl.Kollmann2007,S.124). Mit dem OnlineAuctionPrinzip versuchen InternetAnbieter, durch den Einsatz verschiedener Auktionsformen den individuellen Nutzen und die persönliche Zah lungsbereitschaftdesKäuferszuquantifizieren.DabeikommteinoffenerPreismecha nismus zum Tragen, bei dem sich der Kaufpreis eines Produktes nach der Angabe eines Startpreises seitens des Anbieters durch immer höhere Gebote verschiedener Nachfrager auf dasselbe angebotene Gut entwickelt (einseitig dynamische Preisbil dung). Dabei ist die Laufzeit einer Auktion in der Regel zeitlich begrenzt (vgl. Koll mann 2007, S. 127). Dem OnlineAuctionPrinzip folgt z.B. der elektronische Markt platzeBay,überdenbereitsselbstdieDeutscheBahnAGFahrkartenangebotenhat. Zur Preispolitik gehört auch die Gestaltung der Bedingungen der Entgeltentrichtung (ePayment),dieindenAGBgeregeltseinsollten(Heinemann2008g,S.174).EinOnli neHändler hat prinzipiell alle denkbaren Zahlungsverfahren zur Verfügung. Dabei bestehtdieMöglichkeit,jenachAbsatzkanalauchunterschiedlicheZahlungsmöglich keiten anzubieten, wobei die Kreditkarte als wichtigstes Zahlungsmittel im Online shopgilt.AllerdingszähltdieBezahlsicherheitfürvieleKundenalsGrundvorausset
39
2.3
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
zung, überhaupt im Internet zu kaufen. So darf z.B. die Eingabe der Zahlungsdaten (Kreditkartennummer etc.) nicht als Risiko angesehen werden. Dementsprechend wurden in den letzten Jahren die Sicherheitssysteme und Verschlüsselungsverfahren erheblichverbessert(vgl.Kollmann2007,S.90).
2.3.3
Verkaufs- und Distributionspolitik im Online-Handel
VerkaufsundAbsatzprozessesindimInternetHandelsehrkanalspezifischgestaltet. Wichtig ist, dass einSystemzu Beginneines Bestellvorgangs Informationen über die bestellten Produkte, Dienstleistungen, gewünschte Liefer und Zahlungsmodalitäten sowie den Kunden erfasst,sei es ausinternen Datenbanken oder im Dialog mit dem Besteller.VomKundenmüssenjederzeitWarenzurBestelllistehinzugefügtoderent ferntwerdenkönnen.GleichesgiltfürdieLieferundZahlungsmodalitäten,diejeder zeit veränderbar sein müssen. Stammkunden sollten die Möglichkeit haben, auf ge speicherte Stammdaten zurückzugreifen. Standard ist die Erstellung eines Bestelldo kuments,aufderdiezuvorgetroffeneAuswahlfestgehaltenundderPreisberechnet wird.GängigistmittlerweileaucheineAuftragsbestätigungnachBestellfreigabeoder eineSofortrechnung.FürdieDauerderLieferzeitsolltenKundenüberdenStandder Auftragserledigunginformiertwerden(vgl.Schobesberger2007,S.47). GrundsätzlichlassensichdieProzessbereichebeimKaufimOnlineHandelnachder Vorkauf,KaufsowieNachkaufphasegliedern(vgl.Abb.211).InderVorkaufphase gehtesdarum,potenzielleKundenanzulockenunddannmitdemProduktangebotzu konfrontieren. Eine Schlüsselrolle in dieser Phase kommt der Produktsuche zu (e SearchProzess), bei der ein zum Bedarf passendes Angebot durch den Kunden ge sucht und eventuell auch gefunden wird. Mit der Produktauswahl und der Platzie rung in den Warenkorb erfolgt der Übergang in die Kaufphase, die dann mit dem DruckaufeinenBestellButtonstartet.IndieserPhase(eSalesProzess)gehtesumdie GeschäftsvereinbarungzwischenAnbieterundNachfragersowiedieTransaktionsab wicklung (eFulfillment). Dazu gehört auch die OnlineBezahlung (ePayment) sowie die Produktauslieferung (eDistribution). Nach Kaufabschluss und vollständiger TransaktionsabwicklungbeginntdieNachkaufphase,inderesumSupportundSer viceAngebotesowiedieKundenbewertunggeht.IndiesePhasegehörtauchdieRe tourenabwicklungunddieOnlineBeschwerdesowiedieSteuerung(eControlling)zur Optimierung des Prozessaufbaus und zur Überprüfung aller vertriebsrelevanten Un ternehmensaktivitäten(vgl.Kollmann2007,S.148ff.).
40
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
Abbildung211: ProzessbereichebeimKaufimOnlineHandel Quelle: Kollmann 2007, S. 149 in Anlehnung an Foscht/Swoboda 2004, S. 162 Vorkauf Interne Info-Suche
Problemerkennung
Produktsuche
Externe Info-Suche
Kauf
OnlineWarenkorb
Alternativenidentifikation
Nachkauf TransaktionsAbwicklung (eFulfilment)
OnlineKauf/ eSales
Auslieferung (eDistribution)
OnlineBezahlung (ePayment)
Retoure
OnlineBeschwerde
Konsum/ Nutzung
Steuerung (eControlling)
Evaluierung
Die Kundenbewertung soll Auskunft geben über die Kundenzufriedenheit, die wie derumausschlaggebendfürdieFortführungderGeschäftsbeziehungmitdemKunden und damit die Kundenbindung ist. Eine zentrale Rolle für die Kundenzufriedenheit spielt dabei die OnlineAuftragsbearbeitung, die in der Regel dem Kundenservice zugeordnet ist. Grundvoraussetzung für eine aus Kundensicht funktionierende Auf tragsbearbeitungistzuallererstdieProduktverfügbarkeit.IstdieWarenichtselbstim Lager vorrätig, verlängert sich die Lieferzeit. Mittlerweile ist jedoch eine Belieferung innerhalbvon24Stunden,spätestensjedochnach48StundenschonfastStandard,so dassdieKundeninjedemFallübermöglicheLieferverzögerungeninformiertwerden sollten,bevorsiedenKauftätigen.Dieseshilft,MissverständnisseaufKundenseitezu vermeiden, erfordert aber die technische Möglichkeit, die Verfügbarkeit des ge wünschtenProduktesprüfensowiediekonkreteLieferzeitangebenzukönnen.Aller dingsistesauchhiermittlerweileStandard,denKundenüberdengenauenLiefersta tus zu informieren. Darüber hinaus sind der problemlose, in der Regel kostenlose Umtausch (Retourenmanagement) sowie ein professionelles Beschwerdemanagement ebenfalls „StateoftheArt“. Gerade aufgrund des fehlenden persönlichen „Faceto Face“Kontaktes sollte das Beschwerdemanagement auf keinen Fall vollautomatisiert ablaufen, sondern stets auch eine telefonische Kontaktmöglichkeit für die Kunden vorsehen. Dabei setzen sich auch „CallBack“Funktionen immer mehr durch, mit denen der Kunde einen Rückrufwunsch anklicken kann und innerhalb weniger Se kundenzurückgerufenwird.WieimstationärenHandelauch,kommtdabeinatürlich derFreundlichkeitundFachkompetenzdesPersonalseineSchlüsselrollezu,wasauch imFalleeines„Total“OutsourcingdesKundenserviceszubedenkenist.Gleichesgilt für die Zustellung über Dienstleister, die dann in der Regel den Letztkontakt zum Kunden haben und damit auch das Erscheinungsbild des OnlineHändlers entschei dendprägen. 41
2.3
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
DemKundenserviceistinderRegelauchdasCallCenterzugeordnet.Negativerfah rungen mit CallCentern treiben viele Kunden zur Weißglut und etliche Online HändlerindieImagefalle.AutomatischeTelefonanlagen,indievieleKundenimZuge der Selbstselektion geschickt werden, sind sicherlich geeignet, Personalkosten einzu sparen, aber niemals dazu in der Lage, gegenüber dem Kunden eine persönliche Kommunikation zu vermitteln. Insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Call CenterPartnernimFalleeinerOutsourcingLösungsolltensichOnlineHändlerauch überdieImagegefahrenimKlarensein,wennz.B.KundenmitProblemenaufunaus gebildete AushilfsJobber treffen, die nicht einmal den Namen des Unternehmens richtig aussprechen können. Hinzu kommt das Unvermögen vieler CallCenter, die mit dem MultiChannelHandel notwendig gewordene Koordination der Kommuni kationaufgrundderunterschiedlichenMediennutzung(Telefon,EMail,Fax,Internet und SMS) sicherzustellen. Das unter der Prämisse der persönlichen Kommunikation proklamierte Ziel einer hohen Beziehungsqualität und eines „Onefacetothe Customer“ wird dann häufig mit einer konventionellen CallCenterLösung obsolet. Dadurch greift Verärgerung bzw. Unzufriedenheit auf der Kundenseite um sich. AbhilfeschaffenzunehmendCustomerInteractionCenter(CIC),derenBedeutungim RahmendesOnlineHandelsindenletztenJahrenstarkangestiegenist.Siestelleneine Weiterentwicklung von klassischen CallCentern dar, die neben dem Telefon weitere Medienwiez.B.Fax,SMS,InternetundEMailineinerorganisatorischenEinheitge genüberdemKundenkoordinierenundbündeln(vgl.Kantsperger/Meyer2006,S.26). Da alle Informations, Beratungs, Kauf und Nachkaufprozesse im B2C Distanzhandel im Normalfall heutzutage medial gestützt ablaufen, sind Customer InteractionCentervorallemimOnlineHandelvonbesondererBedeutung. Neben effektivitätsorientierten Zielen müssen sich CustomerInteractionCenter zu nehmendauchaneffizienzorientiertenMaßstäbenmessenlassen,wobeidiesbezüglich KostenundKundenwertimVordergrundstehen.Hinzukommt,dassdieCICzuneh mendalsProfitCentergeführtwerdenundnichtalsCostCenter,wiefrüherbeiCall Centern üblich. Hinzu kommt die effizienzgetriebene Tendenz zum Outsourcing an externeDienstleister,dasjedochinHinblickaufImageundKundenzufriedenheitsas pektenichtohneGefahrenistundzumindesteinedetaillierteFixierungallerService levelsbeinhaltensollte.
2.3.4
Kommunikationspolitik im Online-Handel
Kommunikation im OnlineHandel bedeutet vor allem, den elektronischen Kanal onlinezubewerbenunddieOnlineKommunikationwerbewirksamzukoordinieren. DerschnellwachsendeMarktderOnlineWerbunghatin2008Einnahmenvonrund 3,7Milliarden€erzielt,waseinerSteigerungvon29Prozententspricht(vgl.Fredrich 2008,S.C3).DenmitAbstandgrößtenAnteilvereinendiegroßenEinzelkanalOnline Anbieter auf sich. Die OnlineHändler sollten sich umgehend mit den neuen Gege 42
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
benheitenderOnlineWerbungauseinandersetzenundinihrenBudgetsberücksichti gen. Hier sind derzeit Web2.0Gemeinschaften das große Thema. Diese verändern aktuell die Strukturen des deutschen OnlineWerbemarktes. Web2.0Seiten wachsen deutlichschnelleralsdieklassischenPortaleundsinddabei,zurdominierendenKraft im Internet zu werden. Schnell wachsende soziale Netzwerke treffen in Deutschland auf die zwar immer noch dominierenden klassischen Portale. Diese haben allerdings in 2008 allesamt an Reichweite eingebüßt und werden von immer weniger Internet Nutzern besucht. So hat Freenet z.B. 3,3 Prozentpunkte seiner Reichweite im vierten Quartal 2008 verloren, wozu sicherlich auch hausgemachte Probleme beigetragen haben dürften. Aber auch United Internet hat mit seinem Web.de rund 2,6 Prozent punkte eingebüßt und ebenso gehörte GMX und TOnline zu den Verlierern in 2008 (vgl.FAZ2009,Nr.70,S.15).
Abbildung212 ReichweitenimInternet Quelle: FAZ 2009, Nr. 70, S. Reichweite in %
Web-2.0 schlägt Web-1.0
Veränderung der Reichweite (4. Quartal 2008 gegenüber 4. Quartal 2007 in Prozentpunkten) 10,2
Wer-kennt-wen 7.8
Mein VZ Stayfriends
5,7
Facebook MS
4,8 4,2
StudiVZ
1,2
Myvideo
7.8 12,5 6,0 25,4 12,7 16,8
0,8 0,7
Myspace
13,7
11,7
-0,7
GMX
20,2
-0,7
T-Online
36,9
-1,1
Clipfish
5,2
-2,3
1&1
5,9
-2,4
AOL
-2,6
Yahoo
10,8 24,6
-2,6
Web.de
30,9
-3,3
Freenet.de
9,3
Wie Abbildung 212 zeigt, findet zunehmend eine Wachablösung im Internet statt. GewinnersindnachZuwachsrateneindeutigdieWeb2.0Seiten.Bisherhatkeinesder klassischenPortaleeineüberzeugendeAntwortaufdieHerausfordererausdemWeb
43
2.3
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
2.0Lager gefunden. Lediglich die OnlineWeltgruppe/Berliner Morgenpost der Axel Springer AG scheint erkannt zu haben, wie klassische Verlage mit „SocialMedia Angeboten“ in Form von z.B. Twitter „UserGeneratedContent“ generieren und auf ihren Nachrichtenportalen integrieren können (vgl. Jockwer 2009). Besonders brisant fürdieklassischenPortaleist,dassdieWeb2.0UnternehmenmitihrenKommunika tionsangebotengeradedenPortaleneinenwichtigenTeilderOnlineAktivitätenweg nehmen.JungeMenschensendenstattEMailszunehmendNachrichteninSchülerVZ, StudiVZ, Werkenntwen oder Facebook. Innovative Angebote wie Twitter läuten derzeitdas„EchtzeitInternet“ein,indemNachrichtenohneZeitverzögerungumdie Weltgeschicktwerden(vgl.FAZ2009,Nr.70,S.15).DieAnnahmedesWeb.deChefs JanOetjen,dassessichdabeium„TeenagerPhänomene“handelt(vgl.ebenda),dürfte sich als fatale Fehleinschätzung erweisen. So sind in dem besonders erfolgreichen Netzwerk „Werkenntwen“ mittlerweile alle Altersschichten mit bis zu 95Jährigen vertreten. Als Orientierungsseiten bleiben auch Preisvergleichsseiten zukünftig beliebt, zumal dieseesauchimmerwiederschaffen,beiGoogleundYahooganzobenzustehenund vor den eigentlichen OnlineHändlern unter den eingegebenen Suchbegriffen aufzu tauchen(vgl.FAZ2008,Nr.29,S.19).StarkeWachstumsratenverzeichnenauchneu artigeNachrichtenportalewieGoogleNewsoderNetvibes,aufderenSeitendieBesu cher Nachrichten aus verschiedensten Quellen zusammenstellen und individuell mit kleinen Zusatzprogrammen (Widgets) ergänzen können. Insgesamt ist eine enorme Angebotsausweitung zu verzeichnen. Alleine die beliebten Web2.0WebSites wie StudiVZoderMyVideohabendasInventarvermarktbarerSeitenummehrals10Mil liarden Seiten erhöht. Dadurch steigt der Druck auf die Werbepreise, wodurch ein zusätzlicherAnreizfürOnlineHändlergegebenist(vgl.FAZ2008,Nr.29,S.19).Viel fachversäumendieseesaberimmernoch,ihreWerbebudgetsentsprechendderneuen Kanalstrukturenundzieleanzupassenbzw.neuzuallokieren.SozeigtAbbildung2 13 den Werbewirkungseffekt von Kampagnen ohne sowie mit zusätzlicher Online Werbung. Während mit reiner OfflineWerbung, also ohne OnlineWerbung, die Kaufabsichtenum3,4Prozentgesteigertwerdenkonnten,verbessertesichdieserWert bei einem 7Prozentanteil von OnlineWerbung auf 3,8 Prozent, was einer Steigerung von9Prozententspricht.AlsoptimalerweistsicheinAnteilderOnlineWerbungan derGesamtkampagnevon11Prozent,wodurchsichdieKaufabsichtenauf4,3Prozent steigern lassen, also mehr als 20 Prozent gegenüber der reinen OfflineKampagne. „DerMarktistaufgewacht.AuchdieGroßunternehmengebenjetztVollgasimInter net. Die Rolle des Internets für das Marketing muss nicht mehr erklärt werden. Das Internet ist akzeptiert“, bemerkt Philipp Schindler, Nordeuropachef des Suchmaschi nenbetreibers Google laut Zeitungsmeldung in der FAZ vom 1. Oktober 2007 (vgl. FAZ2007,Nr.229,S.23).ObwohlderAufschwungderOnlineWerbungsichauchin denZahlenerkennenlässt,wonachderOnlineWerbemarktin2008aufca.3,6Milliar den€zugelegthatunddamit13ProzentAnteilamgesamtenWerbemarktausmacht, sindvieleInternetauftritteimmernochfalschkonzipiert(vgl.FAZ2007,Nr.229,S.23).
44
Marketing- und Vertriebspolitik im New Online-Retailing
HäufigsinddieHomepageszusehraufdieSelbstdarstellungdesUnternehmensaus gerichtet, statt Markenwelten um die besten Produkte herum aufzubauen und sich damitandenInteressenderKundenauszurichten.DieseslässtsichanhandderVer weildauer nachweisen, wonach der InternetNutzer auf einer direkt angesteuerten Homepage durchschnittlich 23 Sekunden verweilt gegenüber 2 Minuten bei direkt angesteuerterProduktseiteübereineGoogleSuche(vgl.FAZ2007,Nr.229,S.23). Abbildung213: VerbesserungderWerbewirkungdurchOnlineWerbung Quelle: H&P 2004 Kaufabsicht 6,0 5,0
+9%
4,0 Steigerung gegenüber Level vor der Kampagne 3,0
Verbesserung gegenüber nur Offline-Kampagne
+20 %
4,3% 3,8%
3,4%
2,0 1,0 0,0 Nur Offline
Online mit 7%
Online mit 11%
Absolute Steigerung gegenüber dem Level vor Kampagnenstart
Auf graphische Werbung wie Banner entfällt mit über 1,3 Milliarden € der größte Anteil des InternetWerbemarktes, gefolgt von 1,2 Milliarden € für Suchmaschinen marketingsowierund0,2Milliarden€fürdieVermarktungvonPartnerseiten(Affilia teMarketing).BesteAussichtenhatdasSuchmaschinengeschäft,fürdaseinigeUnter nehmenzweistelligeMillionenbeträgeeinsetzen,umihreProdukteüberSchlüsselwör ter zu bewerben. Dabei entfallen etwa 90 Prozent auf den Branchenprimus Google. AuchdasneuePanamasystemvonYahookonntedabeidenAbstandaufGooglenicht verringern. Keine offiziellen Zahlen liegen bisher für das EMailMarketing und die mobileWerbungvor(vgl.FAZ2008,Nr.29,S.19;FAZ2007,Nr.229,S.23).
45
2.3
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
2.4
CRM als Basisinstrument des New OnlineRetailing
Aufgrund der Interaktivität des Mediums Internet sind der OnlineHandel und das Customer Relationship Management (CRM) untrennbar miteinander verbunden. Die Kundengewinnung, Gestaltung von Kundenbeziehungen und die gezielte Ausrich tungallerProzeseaufdieKundenbedürfnissehabenfürdenOnlineHandelherausra gendeBedeutung.DerAufbaudirekterundloyalerKundenbeziehungenistunmittel bar erfolgsrelevant im OnlineHandel. Er zielt darauf ab, den Wert des einzelnen Kunden für das Unternehmen zu steigern und damit Gewinne und Unternehmens wert zu erhöhen. Im Zusammenhang mit CRM geht es um vier Kernfragen, die ein Handelsunternehmenbeantwortenmuss(vgl.Schneider2002,S.31ff.): 1. WiekönnendieKundenprozesseoptimalunterstütztwerden,umdauerhafteund profitableKundenbeziehungenaufzubauen? 2. WelcheSortimenteundLeistungenmüssendemindividuellenKundenangeboten werden,umdessenBedürfnissedauerhaftambestenzubefriedigen? 3. WiekönnendieseLeistungeneffizientselbstoderdurchDritteerbrachtwerden? 4. WelcheKundensindamprofitabelsteninHinblickaufdieGesamtdauerderKun denbeziehungundwielassensichähnliche,neueprofitableKundengewinnen? CRMbringteineradikaleNeuausrichtungderMarketingpolitikimOnlineHandelmit sich.ImGegensatzzumMassenmarketing,dasimstationärenHandelweitverbreitet ist und in dem es vor allem darum geht, zur Steigerung der Marktanteile möglichst vielestandardisierteMassenproduktezuvermarkten,setztCRMaufdenlangfristigen Aufbau loyaler Kundenbeziehungen. Die wichtigsten Ziele von CRM im Online Handelsinddamit:
IndividuelleKundengewinnenundbinden. ProfitableKundenbeziehungdauerhaftpflegen. KundenzufriedenheitundKundenwertpermanentsteigern. EngeKundenbeziehungenundhoheKundenloyalitätsindwichtigeErfolgsvorausset zungen, insbesondere für interaktive Absatzkanäle, und haben diesbezüglich einen direkten Einfluss auf das Unternehmensergebnis. Folgende Erkenntnisse konnten bishergesammeltwerden(Schneider2002,S.32nachReichheld1999):
In den USA verlieren Unternehmen durchschnittlich die Hälfte ihrer Kunden in fünfJahren.Die„ChurnRate“beideutschenMobilfunkbetreibernliegtnochdar überunderreichtbiszu30ProzentproGeschäftsjahr.
46
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
Kundenbindung korreliert positiv mit Profitabilität. Nach empirischen Untersu chungen führt eine um fünf Prozentpunkte verbesserte Kundenbindungsrate zu einem3595ProzenthöherenUnternehmenswert.
DieKostenderNeukundengewinnunglassensichmitlangjährigenKundenbezie hungengutarmortisierenundsteheninkeinemVerhältniszudenpositivenEffek ten aus Umsatzwachstum, Weiterempfehlungen des Kunden und zunehmender KostendegressionausderZusammenarbeitmitdenKunden.
DiemeistenNeukunden,nämlichgutdieHälfte,gehenindenerstenbeidenJah renwiederverloren,währendzwanzigjährigeStammkundennurmitfünfProzent WahrscheinlichkeitdieBeziehungeinstellen.
NeukundenGewinnung ist teurer als Kundenbindung. Es ist davon auszugehen, dassesfünfbiszehnmalmehrkostet,Kundenzugewinnenalszuhalten. Die„Informationsrevolution“imZusammenhangmitdemInternetbirgtPotenzialein HinblickaufalleCRMNormstrategienfürdenOnlineHandel.
2.4.1
CRM-Normstrategien im Online-Handel
DasInterneteröffnetvorallemdemKundenbeziehungsundKundenbindungsmana gement umfassende Möglichkeiten. Ziel dabei ist derAufbau einer „uniquen“ Bezie hung zum Kunden, die nicht ohne Weiteres von den Mitbewerbern imitiert werden kann und dadurch zum strategischen Wettbewerbsvorteil wird. Aber nicht alle Kun densindeswert,gehaltenzuwerden.Eskommtimmerauchdaraufan,engeBezie hungenzudenrichtigenKundenzupflegen.DabeihilftsicherlicheineSegmentierung derKundennachihremWertzurStrukturierungderKundenanalyse,derMarketing maßnahmen und des eigenen Leistungsangebotes. Die Analyse verschiedener Kun denwertsegmenteerlaubtes,einfacheNormstrategienabzuleitenwieAbbildung214 zeigt(vgl.Schneider2002,S.33): 1. AkquirierenneuerKundenmitPotenzialundähnlichemProfilwiedieprofitablen Kunden(Kundengewinnung) 2. Ausbau und Verlängerung der Beziehung zu profitablen Kunden (Kundenbin dung) 3. MigrationunprofitablerzuprofitablenKunden(KundenConversion) 4. TrennungvonunprofitablenKunden(KundenCut)
47
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung214: IdentifikationvonCRMNormstrategienimOnlineHandel Quelle: Schneider 2002, S. 34 Beitrag zum Gesamtwert 7
1 Akquirieren neuer vielversprechender Kunden
3
4
Migration nicht profitabler zu profitablen Kunden
Abstoßen dauerhaft unprofitabler Kunden
2 Ausbau der Kundenbeziehung
2 9
3
1
0 -1
10
20
30
40
50
60
70
-2 80
-3 90
-9 100
Anzahl der Kunden
2.4.2
Kundenbindung im Online-Handel
Wichtig ist, dass der OnlineHandel seine Kundenbindungsmaßnahmen an dem Po tenzial der jeweiligen Kunden ausrichtet, was detailliertes Wissen über jeden einzel nen Kunden erfordert. Loyale Kunden und langfristige Geschäftsbeziehungen sind folglichunumstößlichmitKostensenkung,UmsatzsteigerungundWachstumverbun den. Zusätzlich bringt ein hoher Stammkundenanteil dem Anbieter eine verbesserte Planungssicherheit bzw. geringere Fehlerquoten in Hinblick auf Disposition der Pro dukteundLeistungenfürFolgeperioden.DiepositivenökonomischenWirkungender KundenbindungimOnlineHandelsindzusammenfassendinAbbildung215darge stellt(vgl.Schrödter2003,S.14). HilfreichkanndieEinordnungdereinzelnenKundenineinentypischenLebenszyklus sein.Sospielenz.B.imMöbelhandelAlterundFamilienstandeinewichtigeRollefür Marketingmaßnahmen, da die Bedürfnisse von Singles, Rentnern und Familien sich hier eklatant unterscheiden.Mit jedem Jahr, in demdie Geschäftsbeziehung fortdau ert,wirdeinKundewertvollerfürdenOnlineHändler.DermitloyalenKundennach mehreren Jahren erzielbare Jahresgewinn erreicht nicht selten ein Vielfaches des Grundgewinns im ersten Jahr. Das strategische Potenzial der Kundenbindung zeigt sich vor allem in solchen Märkten, in denen das Erstkäuferpotenzial nahezu ausge schöpft ist, wie aktuell zum Beispiel in der Mobilfunkbranche. Auch angesichts der 48
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
zunehmenden Austauschbarkeit von Produkten und Leistungen, nimmt der Stellen wert der Kundenbindung als Erfolgsfaktor zu. Die skizzierten Zusammenhänge ver deutlichen, dass es für den OnlineAnbieter immer wichtiger wird, die Kundenbin dung zu erhöhen bzw. die Kundenabwanderung („ChurnRate“ oder Migration) so geringwiemöglichzuhalten.Dazugehörtesauch,abwanderungsgefährdeteKunden rechtzeitig zu identifizieren. Auch sollte der OnlineHändler zusammen mit den ab gewanderten Kunden die Umstände analysieren, die letztendlich zur Abwanderung geführt haben. Die Informationen über abwanderungswillige oder bereits abgewan derteKundenunddiedarausgewonnenen ErkenntnisseüberAbwanderungsgründe könnendazugenutztwerden,durchadäquateMaßnahmendieAbwanderungweite rerKundeninZukunftzuverhindern(vgl.Schrödter2003,S.1415).
Abbildung215: ÖkonomischeWirkungderKundenbindung Quelle: Schrödter 2003, S. 14
Ökonomische Effekte der Kundenbindung Erlös erhöhende
Kosten senkende
• Wiederholungskäufe
• Senkung der Transaktionskosten
• Cross-buying
• verminderte Streuverluste im Marketing
• höhere Kauffrequenz und -intensität
• sinkender Neukunden-Akquisitionsanteil
• verbesserte Preisbereitschaft
• Rationalisierungseffekte
• Weiterempfehlung
• Lerneffekte
HandinHandmitderKundenbindungwerdenzunehmendauchCustomerBuying CycleModelle(CBC)diskutiert.EshandeltsichumLebenszyklusmodelleeinerKun denbeziehung, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Beziehung zu den Kunden verän dern und erweitern können. Für jede Phase der Zusammenarbeit mit dem Kunden wirdgeprüft,wiedieseverbessertwerdenkann.DasCBCModell,dasinAbbildung 216 dargestellt ist, lehnt sich an ein vierstufiges Phasenmodell der IBM an und be steht aus den vier Hauptphasen Anregung, Evaluation, Kauf und After Sales (vgl. Güttler2003,S.24ff).
49
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung216: CustomerBuyingCycle Quelle: Güttler 2003, S. 26
Werbung und PR
Kundenbindung und -pflege
Verkaufsförderung
Zusatzleistungen
Bedürfnisanalyse und Beratung
Anregung Evaluation
Kundendienst und Wartung
Produkt- und Preisinformationen After-Sales
Installation und Schulung
Konfiguration und Offerterstellung Kauf
Lieferung und Leistungserbringung
Zahlungsverkehr
Bestellung und Kaufabwicklung
Anregung: In der Anregungsphase, die am Anfang der Beziehung zum Kunden steht,möchteeinUnternehmenbeipotenziellenKundendasBedürfnisnachseinen Produkten wecken. Dazu versucht es, mögliche Kunden auf das Angebot des Händlersaufmerksamzumachen,wozuWerbungundVerkaufsförderungeinge setztwerden.
Evaluation:HateinUnternehmenInteressebeidenKundengeweckt,dannmöchte dieser detaillierte und konkretere Informationen über die angebotenen Produkte bzw. Leistungen erhalten. Insofern muss das Unternehmen den Kunden entspre chendseinerBedürfnisseberaten,ihneventuellauchmitProbenundMusternver sorgen und unterstützend auf seine Entscheidung einwirken. Abschluss dieser PhasebildeteinkonkretesAngebotfürdenKunden.
Kauf: Ist die Entscheidung auf Kundenseite gefallen, gelangt er in die nächste Phase, den Kauf. Hier findet dann die komplette Bestell und Kaufabwicklung statt. Der Kunde kann nun Produkte bestellen und bezahlen. Auch die Lieferung erfolgtindieserPhase.
50
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
After Sales: Hier beginnt der Zeitraum der Produktnutzung bis hin zur Entsor gung.AuchEinführung undSchulungsowieKundendienstfallenindiesePhase, die ebenfalls Anreizsysteme für den erneuten Produktkauf bzw. Anschlusskauf beinhaltensollte. Bei wiederholten Durchläufen ist es möglich, dass Phasen des CBC übersprungen werden,daderKundeohneerneuteBewertungWiederholungskäufetätigtoderwenn ervonsichausInteresseanweiterenLeistungendesAnbietersentwickeltunddirekt zur Evaluationsphase übergeht, ohne eine besondere Anregung durch den Anbieter erhaltenzuhaben(vgl.Schrödter2003,S.37).UnterbrechungendesCBCkönnenda gegenauftreten,
wenndieAnregungendesAnbietersbeimKundenwirkungslosverpuffenunder keinInteresseanseinemLeistungsangebotweckt,
wenn der Kunde gegen Ende der Bewertungsphase für die Leistung doch einen anderenAnbietervorziehtoder
wenndieKundennachInanspruchnahmederLeistungkeinInteressemehrhaben aneinemWiederholungskaufoderCrossBuying. Ziel eines jeden Anbieters muss dementsprechend sein, einer Unterbrechung dieses Zyklus entgegenzuwirken. Dazu kann er gezielt auf die Bedürfnisse seiner Kunden eingehen.HohenStellenwerthatdiesbezüglichdasRetentionMarketinginderAfter SalesPhase,mitdemderKundezumWiederkaufanimiertwerdensoll.Diepraktische Anwendung des CBCModells im OnlineHandel hängt stark von den angebotenen Produkten und Leistungen ab. Dabei kann ein Unternehmen prinzipiell sowohl alle PhasenderKundenbeziehungalsauchnurausgewähltePhasenmitdemCBCModell unterstützen. Voraussetzung für die Nutzung in allen Phasen ist die Zustellung auf elektronischemWege.DiesesbetriffteigentlichnurNominalleistungen(Wertpapiere, Devisen) und digitalisierbare Produkte (z.B. Software, EBooks etc.). Bei materiellen Gütern,beidenendieWarendistributionnichtaufelektronischemWegedurchgeführt wird,bestehtaberdieMöglichkeitdes„OnlineTracking“.DamitkönnendieKunden verfolgen,anwelchemOrtsichdieWarederzeitbefindet.InmodifizierterFormkann das CBCModell jedoch auch gut für den OnlineHandel mit materiellen Gütern he rangezogen werden. Abbildung 217 zeigt diesbezüglich Anwendungen, die anhand von Recherchen ermittelt wurden. Möglich ist dabei eine selektive Anwendung zur Unterstützung bestimmter Teilphasen (vgl. Güttler 2003, S. 29ff.). Wichtige Säule für Kundenbindung im OnlineHandel ist auch das Thema „Loyalitätsprogramm und Kundenkarte“. Loyalitätsprogramme bieten dem InternetUnternehmen zusätzliche MöglichkeitenzurKundenbindung.Zielistes,dieKonsumentenübereinegezieltere AnspracheinloyaleKundenzuverwandeln.GenerelllassensichdreiArtenvonLoya litätsprogrammenunterscheiden(vgl.Meyer/Schneider2002,S.309ff.):
Rabattprogramme:BeiderVorlagederKundenkartewerdenPreisnachlässege währt. 51
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Bonusprogramme:UmsatzabhängigeBoniinFormvonBargeldund/oderPrä mien.
Mehrwertprogramme:ZusatzleistungenfürloyaleKunden. Häufig werden diese drei Typen mit weiteren Eigenschaften kombiniert (wie z.B. Zahlungsfunktion).SeitWegfalldesRabattgesetzesin2000isteinüberproportionaler Anstieg von Kundenkartenprogrammen in Deutschland zu verzeichnen. Der Trend gehteindeutigzufirmenwiebranchenübergreifendenProgrammen(hierauchregio nale Programme) mit der Möglichkeit, in verschiedenen Einkaufsstätten Punkte zu sammeln.ZudemerfährtdasThemapermanentneueImpulse,zuletztz.B.durchdas MundEPaying,dainsbesonderederPaidContentBereichimmerweiterausgebaut wird.
Abbildung217: CustomerBuyingCycleimOnlineHandel Quelle: Güttler 2003, S. 29 Phase
Teilphase
CBC-Anwendungen
Anregung
Werbung/ Public Relations
Werbung auf den Websites anderer Anbieter (z.B. Banner, Suchmaschinen); Links mit und zu anderen Anbietern
Beratung/ Angebotseinholung
Kaufvorgang
AfterSales
52
Verkaufsförderung
Affiliate-Programme; Preisausschreiben
Zusatzleistungen
Give-Aways (z.B. Spiele, Schoner), kostenlose Leistungen
Bedürfnisanalyse/ Beratung
Intelligente Kaufberater; individuelle Angebotserstellung auf Basis des bisherigen elektronisch ermittelten Kaufverhaltens
Produkt- und Preisinformationen
Angebot eines elektronischen Produktkatalogs; elektronische Preislisten und elektronische Sonderangebote
Konfiguration/ Offerteerstellung
Serviceprogramme und Selbstserviceprogramme, mit denen der Kunde Varianten selbst kalkulieren kann
Bestell- und Kaufabwicklung
Führung eines Warenkorbes; Bestellmöglichkeit auf der Website; Bestellung per E-Mail, Sicherheiten für Transaktion
Preisermittlung
Angebot eines elektronischen Produktkatalogs
Zahlungsverkehr
Möglichkeit der elektronischen Bezahlung
Lieferung/ Leistungserbringung
Möglichkeit, das Produkt herunterzuladen (z.B. E-Books); Online-Tracking und elektronische Serviceleistungen
Installation/Schulung
Bedienungsanleitungen und Handbücher zum Runterladen
Kundendienst/ Wartung
FAQ-Listen; Bearbeitung von Kundenanfragen per E-Mail; Online-Registrierung nach dem Kauf; Online-Updates
Kundenbindung/ Kundenpflege
Regelmäßiger Versand eines Newsletter an Kunden per E-Mail; CommunityAngebote auf virtueller Basis
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
DadasKartenpotenzialinDeutschlandimmernochhochist(aufjedenBundesbürger entfälltwenigerals1KarteimSchnittimVergleichzuFrankreichmit2,1undGroßbri tannien mit 2,8), würde sich ein Relaunch vieler Kundenkartenprogramme in jedem Fallanbieten:DieKundennutzenbiszu3Programmeparallel,56Prozentderbeste henden Karteninhaber legt Wert auf Sonderaktionen und die Mehrzahl begrüßt die DatennutzungfürzielgruppengerechteAnsprachen(z.B.WeinangebotefürWeinlieb haber). Jeder zweite Konsument ist bereit, Coupons zu nutzen und 72 Prozent der KartenhalterbevorzugenMultipartnerProgramme.Solokartenwiez.B.dieEDECARD müssen deshalb im Gegensatz zu branchen und firmenübergreifenden Programmen ihrenKundenhohenZusatznutzenbieten(Club/CommunityAnsatz),umzusätzliche Akzeptanz zu finden. Trotz einiger Erfolgsbeispiele haben viele Kundenkarten eine geringe Akzeptanz bei den Kunden und innerhalb der eigenen Organisation. Nicht selten ist nur ein Bruchteil der Kunden Teilnehmer am Bonusprogramm. Konzeptio nell fällt auf, dass häufig noch mit einem eigenen Prämienshop gearbeitet wird, der erfahrungsgemäßeinenerheblichenKostenblockdarstelltundsonichtnotwendigist. AuchdiehäufigpraktizierteBarauszahlungistinderRegelkostspieligundheutzuta ge eher die Ausnahme bei Loyalitätsprogrammen. Geringe Akzeptanz von Kunden karten darf nicht verwundern, wenn wichtige Komponenten fehlen, die eigentlich „StateoftheArt“sind.SoarbeitenvieleOnlineHändlerimmernochohneKooperati onspartner und geben ihren Kunden somit keine Möglichkeit, die Karte in anderen, nichtselbstgeführtenKonsumbereichen,einzusetzen.AuchfindethäufigkeineKom munikationmitdemKartenhalterstatt,esfehlenz.B.Contents,MailingsoderSonder aktionen für Mitglieder. Wertvolle Kundendaten können so nur ansatzweise genutzt werden. Darüber hinaus ist es suboptimal, Bonuspunkte unbegrenzt „haltbar“ zu lassen,dadamitzusätzlicherAnreizfürKundenzumShoppenfehlt(inUSAverfallen über30ProzentbeiBonusprogrammen).ImmerwennkeineKartengebührabverlangt wird, lässt das konzeptionelle Schwächen vermuten. Gleiches gilt für die Bonifizie rung,dienationaleinheitlichgestaltetseinsollteundinderSpitzeaufüblichenStan dardsliegensollte(zwischen1Prozentund3Prozent). Eng mit der Kundenkarte verbunden ist auch die Idee eines KundenClubs mit dem Ziel der Emotionalisierung durch den persönlichen Kontakt. Neben der Kundenbin dungverfolgenKundenClubsauchnochfolgendeZiele:
SchärfungderPositionierunggegenüberderKonkurrenz. AkquisitionvonNeukunden. VerbesserteKundenkenntnissedurchAufbauvonKundendatenbankmitpersönli chen,wieverkaufshistorischenDaten.
Produktinteressefördernz.B.durchexklusiveVorabinformationenüberNeuigkei ten.
DirekteKundenansprachemitindividuellenBedürfnissenmöglich(Weinliebhaber bekommenWeinangeboteetc.). 53
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
GenerierungzusätzlicherUmsätzedurchCrossundUpSelling(z.B.durchgüns tigeZubehörteileoderErsatzteile).
ÖkonomischeAnreizedurchBonusundRabattprogramme. PlattformfürviralesMarketingdurchEngagementderKundenundMundzu MundPropaganda.
AngebotvonnachkauforientiertenServicesz.B.bezüglichTransport,Entsorgung oderHotline.
StärkungderpersönlichenBindungundIdentifikationz.B.durchCommunities oderClubveranstaltungen. Insgesamt bieten KundenClubs dem Anbieter die Möglichkeit, exklusive Vorteile in Anspruch zu nehmen. Dabei decken KundenClubs nicht nur Aspekte der Kunden bindung,sondernbeinhaltenauchMöglichkeitenderKundengewinnung.Esgehtalso auch um Anreize für NichtMitglieder, einem Club und damit auch einer speziellen Community beizutreten. Tritt ein Kunde bei, hilft der KundenClub auch dabei, den NutzerdurchdieRegistrierungbeimEintrittindenClubausseinerAnonymitäther auszulösenunddaraufaufbauendeinepersonalisierte,dialogorientierteKommunika tion aufzubauen. Deswegen eignen sich KundenClubs auch hervorragend als Kom munikationsundMarktforschungsinstrument. BeidenKundenClubssindzweiunterschiedlicheArtenzuunterscheiden,undzwar VorteilsclubsundPrämienclubs.WährendbeidenVorteilsclubsdieKundenunmittel barindenGenussdermitderMitgliedschaftverbundenenVorteilekommen,müssen diesebeimPrämiensystemzunächstdurchKäufeBonuspunktesammeln,diesiedann spätergegenausgelobtePrämienoderGeldeinlösenkönnen.TypischfürVorteilsclubs sindSonderkonditionenodertemporäreRabatte.DieKundenClubseignensichgera de für OnlineHändler deswegen, weil die Clubleistungen im Internet eng mit dem Leistungsangebot des Anbieters verknüpft werden können, die dann im Sinne von zusätzlichen Services eine bessere Nutzung der Grundleistungen ermöglichen. Dabei kannderKundenClubauchdazudienen,dieMitgliederübereinLeistungsspektrum zuinformieren,dasihnenindergesamtenBreitevielleichtnochgarnichtbewusstist. AberauchgrundleistungsferneAngebotewieOnlineServices,PräsenteoderClubver anstaltungen sind einsetzbar, insbesondere wenn die Grundleistung relativ aus tauschbarist(z.B.Lebensmittelhandel). KernleistungenderartigerKundenClubssindnebenClubkartealsZugehörigkeitzur exklusivenGemeinschaftinderRegeleinClubmagazinund/oderNewsletteralszent rales Informationsmedium, flankiert durch eine Hotline und/oder Website als Kom munikationsplattformen. Darüber hinaus werden häufig MerchandisingProdukte im Club,spezielleServiceleistungen(Produktproben,Rezepteetc.),EventsundGewinn spiele für Mitglieder sowie ein besonderer Premiumstatus angeboten. Ein derartiger bevorzugter Status wird in der Regel bei überdurchschnittlichen Umsätzen erreicht
54
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
underöffnetdenAnspruchaufzusätzlicheLeistungsangebote(vgl.Schrödter2003,S. 44). Das Leistungsspektrum bei KundenClubs sollte auch abhängig sein von den Merkmalen der Kundenzielgruppen, z.B. hinsichtlich Loyalitätsgrad. Im Idealfall mutiertderKundenClubfürdieKundenzueinemattraktivenUmfeld,dasauchdas Weiterempfehlungsverhaltenfördert.DasUnternehmensolltejedochstetsaufpassen, nichtandereKundenzusehrauszugrenzenunddadurcheineReaktanzzuproduzie ren,wennNichtmitglieder(aberKunden)z.B.dasGefühlbekommen,vonbestimmten LeistungenundServiceszuihremNachteilausgeschlossenzusein.EinegefühlteHer absetzung der Kunden in ihrem Kundenstatus sollte unbedingt vermieden werden. Daswirdu.a.dadurcherreicht,dassdieKernleistungenaußerhalbdesKundenClubs bereitsdenGrundbedarfderKonsumentenzufriedenstellenderfüllenunddabeidie Eintrittsvoraussetzungen mit Bedacht gewählt werden. Daher bieten sich selbst vom Kunden gewählte Kriterien für einen Sonderstatus (z.B. VIPKlub oder „Preferred Customer“Status)an. DasInternetnunbietetgeradefürKundenClubsverbesserteMöglichkeitenzurPer sonalisierungundInteraktionmitdenKonsumenten(vgl.Schrödter2003,S.44):
Die OnlineRegistrierung und Aufzeichnung der kundenindividuellen Daten kanneineKundenkartevollundganzersetzen,wennesausschließlichumMarkt forschungszweckegeht,sodassderKundeundseinKaufverhaltenidentifizierbar underfassbarwerden.
Die Kundenzeitschrift kann online durch den ENewsletter ersetzt werden oder auchdurchclubspezifischeInternetseitenbereiche,diedengedrucktenMedienklar überlegensind,dasieflexibelundindividuellgestaltetwerdenkönnen.
Die Trennung der clubspezifischen InternetSeitenbereiche von den öffentlich zugänglichenWebsiteTeilenerlaubtaucheinebessereAufgabenteilungvonKun dengewinnungeinerseitsundKundenbindungandererseits.Währenddieöffentli chenSeiteneinenVorgeschmackgebenunddabeiaufdieClubseitenAppetitma chenkönnen,sinddanndieMitgliederseitenmitdeneigentlichenkundenbinden den Leistungen nur über Password zugänglich, die aber für die Nichtmitglieder durchsofortigeMitgliedschaftauchunmittelbarzugänglichseinsollten.
Gezielt eingesetzte ResponseElemente wie z.B. EMails oder OnlineBlätter bzw. Formulare(z.B.fürBestellungoderBefragung)könnendenKundenkontakterheb lichintensivieren. Im OnlineHandel bietet sich an, die Nutzung des Clubangebotes mit traditionellen ElementendesKundenClubs,alsodieKundenkarteund/oderZeitschrift,zukombi nierenundgegenseitigzufördern.DarüberhinauskannbeieinemPrämiensystemdie Prämienvergabe auch mit der WebsiteNutzung verknüpft werden, so dass die Kun denzurverstärktenInanspruchnahmedesInternetKanalsincentiviertbzw.motiviert werden. Dazu liefert das Internet zahlreiche Ansatzpunkte wie z.B. Login, Registrie rung, NewsletterAbonnement, Diskussionsbeiträge in Foren, Weiterempfehlungen 55
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
(Kunde wirbt Kunde), Bestellung, Bewertungen sowie Beteiligung an Online Umfragen(vgl.Schrödter2003,S.45). Eine weitere Dimension für KundenClubs eröffnet die Kommunikation zwischen Kundenz.B.überForenoderLiveChats,wodurchdiesezueinersichaustauschenden, sogenanntenvirtuellenGemeinschaftentwickeltwerdenkönnen(„VirtuellCommuni ties“). Diese können dann wiederum auch Aspekte der CBCPhasen abdecken bzw. unterstützen.AuchsindderartigeCommunitiesimSinnedes„DazugehörenWollens“ zurKundengewinnungnutzbar.
2.4.3
Kundengewinnung im Online-Handel
OnlineHändlersindgezwungen,dasInternetaktivzurNeukundengewinnungzunutzen. DiegelaunchteWebsiteistzwarhäufigfunktionalundmodern,nutztabervielfachbedeu tende,dieKundengewinnungsteigerndeEToolsnicht.EntsprechendhochsinddieWerbe kostenbezogenaufdieAnzahlderNeukunden.DiehierfürtypischeKennzahl,CostsNew Customer (CNC), liegen nicht selten bei bis zu 300 € im Versandbereich, wovon ca. 80 € reineAkquisitionskostensind.AuchbeidenBuchclubs,diebiszu1Millionen.Neukunden imJahrakquirierenmüssen,erreichenCNCvonbiszu100€,obwohldieAkquisitionskos tenproNeukundeundKanaldetailliertkontrolliertwerden.EinGrundhierfürliegtanden immernochhohenAnteilenderklassischenKanäle,insbesondereAgentenmitca.45Pro zent Anteil an gewonnenen Neukunden sowie AdressKooperationen mit ca. 20 Prozent Anteil.AuchFreundschaftswerbung–über10ProzentAnteilanNeukunden–isteineteure Werbeform (Präsent und/oder 60 € Gutschein). Die CNC der Reaktivierungen oder Ver tragsverlängerungenliegensicherlichgünstiger,erreichenjedochbeiweitemnichtdieCNC im InternetKanal. Folgende Instrumente stehen für die Kundengewinnung im Internet grundsätzlichzurVerfügung(vgl.Kollmann2007,S.176ff.):
Suchmaschinenmarketing: Diesbezüglich geht es um alle Maßnahmen, die auf eine bessere Platzierung in den redaktionellen Ergebnisseiten der Suchmaschinen (z.B.google.de,yahoo.de)ausgerichtetsind(vgl.Lammenett2006,S.145).Suchma schinenmarketingwirdauchdeswegenimmerwichtiger,weilrunddieHälftealler Kaufentscheidungen mit der Nutzung von Suchmaschinen und dabei der Suche nach Keywords beginnen und diese somit zum ersten Anlaufpunkt für Kunden werden.FolglichliegtinderPlatzierungaufdieTop5derErgebnislisteneinegro ße Chance, interessierte InternetUser auf die eigene Website zu locken und zu Kundenzumachen.ZurKundengewinnungbietetsichauchderEinsatzbezahlter SuchergebnisseimRahmendessogenanntenKeywordAdvertisingan,mitderbei Eingabe eines Keyword die eigene Anzeige sicher als „Werbung“ auf der ersten Seite erscheint. Durch keyword bzw. anzeigenspezifische TrackingTools unter Nutzungder WebanalyticsSoftwarekann darüberhinausderAnzeigenerfolgbei den gebuchten Keywords sukzessive verbessert werden. Aufgrund der herausra
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CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
genden Bedeutung von Suchanfragen sollte der permanenten Suchmaschinenop timierung Beachtung geschenkt werden. Das wichtigste dabei ist, dass der Code derHomepagesauberprogrammiertist(vgl.Initiativbanking4/2008,S.8).
BannerMarketing: Bei dieser Werbeform wird Werbung gezielt auf unterneh mensfremden Seiten, die einen Bezug zum beworbenen Produkt haben sollten, platziert,umKundenaufdieeigeneWebsitezulocken.DieGrößedesBannersist in der Regel individuell gestaltbar. Die gängigsten Formate sind Fullsize Banner (468 x 60 Pixel), Rectangle (180 x 150 Pixel), Medium Rectangle (300 x 250 Pixel), Skyscraper(120x600Pixel)sowieWideSkyscraper(160x600Pixel).JenachFunk tionalitätkönnenBannerentwederstatischoderanimiertsein.Darüberhinausgibt essogenannteFakeBanner,dienichtalsWerbungerkanntwerdensollenundbe wusst in den Content der Seite eingebettet werden, sowie zahlreiche Spezialfor men,vondenenderPopUpBannerdiegrößteVerbreitunggefundenhat.PopUps überlappen Hauptseiten mit neuen Fenstern, die ausschließlich Werbung enthal ten.ImmermehrPopUpBlockeruntergrabenaberzunehmenddieseWerbeform. KlassischeBannerwerbungbleibtjedochmitrund50ProzentAnteilandenOnline MarketingausgabendergrößtePostenimOnlineWerbebudget(vgl.Schwarz2007, S.7).
EMailMarketing bzw. PermissionMarketing: Dem Grundprinzip des Dialog marketingsfolgendgehteshierdarum,durchdasVerschickenvonEMailsdirekt Kunden anzusprechen. Sehr verbreitet ist das Verschicken von Newslettern, die dannaufdieWebsitedesWerbetreibendenführen,umdortdurchspezielleAnge boteKundenzuwerben(vgl.Schwarz2007,S.17ff.).FürdieseFormderKunden gewinnungsprechendierelativniedrigenKostensowiedierechthoheResponse Quote. So können einmal erstellte Inhalte beliebig oft und dazu noch kostenlos weiterverschickt werden. Die Verlinkung auf die Website vereinfacht die Reakti onsmöglichkeit,allerdingsmussderKundeseinEinverständniszumErhaltregel mäßiger Informationen und News geben (OptinGebot). Als erlaubnisbasierte Versendeform ist das EMailMarketing damit eine Unterform des Permission Marketing.EinwesentlicherVorteildesEMailMarketingistdieMessbarkeitdes Erfolges,dersichinHinblickaufdieAnundAbmeldungen,Kampagnenundde renVergleichsowieResponseundAngebotebeziehenkann.NebenderMessung der„CostperInterest“(CPI)undder„CostperClick“(CPC)kannauchdirektdie Messung des „Return on Investment“ erfolgen. Dabei zeigen die Messergebnisse, dass „Single Topic Mailings“, die als Transpromotional Mail (transaktionsbasiert) nur ein einziges Angebot enthalten, oft bessere Ergebnisse erzielen als reguläre Newsletter(vgl.Schwarz2008,S.35).JenachArtundAnlasslassensichverschie dene EMailTypen unterscheiden, und zwar Trigger, Split oder Life Cycle E Mails.UmTriggerEMailshandeltessich,wenndieseauseinembestimmtenAn lass(z.B.JubiläumoderGeburtstag)verschicktwerden.EineSplitEMailliegtvor, wenn die Resonanz einer EMail getestet werden soll. Life CycleEMails schließ
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New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
lichorientierensichanderLebenssituationderKunden(z.B.Anpassunganältere Zielgruppe).
ViralMarketing: Mit diesem Marketinginstrument sollen InternetUser gezielt dazuanimiertwerden,Kommunikationsbotschaftenkostenloszuverbreiten,ähn lich des Prinzips der MundzuMundPropaganda. Allerdings werden gezielt die NetzeffektedesInternetsgenutzt,ummöglichstschnellundwirksameinekosten freie Verbreitung der Informationen zu erzielen. Dabei bedient sich das Viral Marketing verschiedener Trägerinstrumente wie z.B. Suchmaschinen (z.B. ya hoo.de)undLinkseiten(z.B.ecnet.de).InspeziellenLinkseitenkönnenzusätzlich kostenloseLeistungenbekanntgemachtwerden(z.B.umsonst.de).Darüberhinaus können virtuelle Kommunikationsräume wie Themenforen oder Chats, spezielle Kommunikationsträgerwiez.B.HotmailoderaberWeiterempfehlungenvonCon tentseiten (z.B. spiegel.de) zur Informationsverbreitung genutzt werden. Schließ lichsindauchGewinnspieleeineffektivesInstrument,umaufLeistungsangebote aufmerksamzumachen(vgl.Schwarz2007,S.37).
AffiliateMarketing:DieseWerbeformbasiertaufdemPrinzipderVertriebsund Netzpartnerschaften zwischen verschiedenen Unternehmen. Grundlage ist eine Vereinbarung zwischen Partnern (Affiliates) in Hinblick auf die Bewerbung be stimmter Angebote. Die Vergütung des Affiliate kann individuell sehr unter schiedlich und dabei durchaus ohne Zahlung als reines Tauschgeschäft erfolgen. ErfolgskritischistbeidieserWerbeformvorallemdieAuswahldesgeeigneten,af finenPartnersmithoherBesucherzahl(Traffic).Aufgrundderz.T.sehrausgeklü gelten Vergütungsmodelle im AffiliateMarketing, stehen für diese Werbeform verschiedeneTrackingToolszurVerfügung.HäufigeAnwendungfindenz.B.das URLTracking (Integration der PartnerID in den HTMLCode), CookieTracking (SpeicherungvonidentifizierbarenInformationenimBrowserdesBesuchers),Da tenbankTracking (Kombination aus URL und CookieTracking) sowie Webbugs (EinsatzvonHTMLWanzen).AffiliateMarketingistzueinerwichtigenSäuleder OnlineNeukundengewinnung geworden, die auch bei namhaften Unternehmen wiez.B.EPluszunehmendAkzeptanzfindet(vgl.Schwarz2007,S.29).AnAttrak tivitätgewinntzunehmenddieNutzungsogenannterAffiliateNetzwerkBetreiber wiez.B.affilinet.deoderzanox.de,diezwischenProgrammBetreibernundpoten ziellenAffiliateNetzwerkbetreibernvermitteln.DieRegistrierungfürdasöffentli chePartnerprogrammvonQuelle.deerfolgtz.B.beimAnbieterzanox. Im Internet findet man leicht Zugang zu großen EMailDatenbeständen, mit denen KooperationenzurNeukundengewinnungeingegangenwerdenkönnen.DasGleiche giltfürWerbebanner,dieauch—fallsmitAngebotenversehen—zurKundengewin nung genutzt werden können. Diesbezüglich bieten sich insbesondere Affiliate Modelle(10ProzentderNeukundenderEHändler)undGuerillaKampagnenan.
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CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
Abschließend ist festzuhalten, dass mit dem Internet eine sehr große Anzahl von Transaktionen (Orders oder Neukundenorders) generierbar ist. Wie effektiv dies ge machtwerdenkann,zeigenAmazonundeBay,dieüber2MillionenNeukundenp.a. akquirierenunddabeinichtmehrals10€proNeukunde(CNC)ausgeben.DieseUn ternehmen nutzen intensiv virale Instrumente (Suchmaschinen, Affiliates, Freund schaftswerbung, Neukundengutscheine, NewsletterGewinnausschreibung) und Ko operationenmitUnternehmen,dieeinengroßenKundenstammhaben.FürAmazon &Co.sind>75ProzentihresWerbebudgetsmessbar,daanTransaktionengebunden. Auch Finanzdienstleister wie DiBa gewinnen mit ihrem GuthabenKonto viele Kun denonline. SuchmaschinenalszentraleTrafficquelle In jüngster Zeit ist viel Bewegung in den Suchmaschinenmarkt gekommen. Mit der neuen Kooperation der beiden großen GoogleVerfolger Yahoo und Microsoft sowie demStartderneuenMicrosoftSuchmaschineBingkönntensichdieMarktanteileauf demSuchmaschinenmarktzuGunsteneineshöherenWettbewerbswiedereinwenig verschieben.Eszeigtsich,dassbereitsjetztvorderEinführungdernächstenGenerati onvonSuchmaschinen,diedurchdieBerücksichtigungsemantischerZusammenhän genzwischendenKeywordsintelligenterseinsoll,erheblichBewegungindenMarkt gekommen ist. Die Zukunft wird zeigen, ob diese nächste Entwicklungsstufe der SuchmaschinenmitrelevantensowiesemantischeingeordnetenErgebnissenaufdem Markt erfolgreich und konkurrenzfähig werden kann (vgl. Krekeler 2010, S. 96). Mit ca. 62 Prozent Anteil an allen Suchanfragen ist Google weltweit unangefochtener Marktführer(vgl.:Bitkom2009).GenerellgibteszurzeitzweiverschiedeneArten,sich indenSuchergebnissenvonGooglezuplatzieren.DieersteOption,dasSEO(Search Engine Optimization), beinhaltet eine Optimierung der eigenen Website und der ex ternen Struktur, bis die eigene Seite möglichst auf den vorderen Rängen der organi schenSuchergebnisseaufderlinkenSeitezufindenist(sieheAbbildung118).Beider zweiten Variante, dem SEM (Search Engine Marketing), wird ein so genanntes Key wordAdvertising betrieben, bei dem gegen Zahlung eines gewissen Betrags, der bei KlickeinesUsersaufeinesolcheAnzeigefälligwird(CPC–CostPerClick).Eshan deltsichdabeialsoumeineWerbeanzeige,dieimIdealfalloberhalboderrechtsneben denorganischenSuchergebnissengeschaltetwird.FälschlicherweisewerdendieBeg riffe SuchmaschinenMarketing und SEM im deutschen Sprachgebrauch häufig syn onymverwendet.VielmehrsolltedasSuchmaschinenMarketingjedochalsOberbeg riff für beide Disziplinen, SEM und SEO, verwendet werden. Wie im Offline MarketingMix lassen sich auch im OnlineSegment grundsätzlich unterschiedliche Strategien verfolgen, je nachdem, ob ein Unternehmen SEM als Vertriebskanal oder zurWeiterentwicklungderMarkenutzt.InbeidenBereicheneignetsichSEMsowohl zurAkquisitionvonNeukundenalsauchzurBindungbzw.ReaktivierungvonKun den(vgl.Krekeler2010,S.97ff.).
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New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung118:
UnterschiedSEMundSEO
Quelle: Krekeler 2010, S.97.
2.4.4
Kunden-Conversion im Online-Handel
Die Migrationnichtprofitabler Kunden zu profitablen Kunden ist im OnlineHandel inderRegelnurmiteinemoffensivenInternetAuftrittmöglich.BasisErfolgsfaktoren einesEShopssinddiesbezüglichsicherlicheinkompetentesAngebot,attraktivePreise undguterService.Dasreichtabernichtaus. Weiterer differenzierender Erfolgsfaktor istdie Fähigkeit,den Kunden zu animieren, häufiger (Frequenz) und mehr (CrossSelling) einzukaufen. Häufig werden keine CrossSellingMöglichkeiten angeboten. Auch fehlen nicht selten „KillerFeatures“ (z.B.vonAmazon/Tchibo/eBay/Freenet),dieCrossSellingundBesuchsfrequenznach obentreiben,wiez.B.Communities,Similarities,CrossSellingGutscheine,wöchentli cheAktionen,ZielgruppendifferenzierungenundBundles.Häufigsinddieangebote nen Services keine „KillerServices”, insbesondere nicht fürs Internet oder den Ver sandhandel. Wenn OnlineHändler in der KundenConversion mit Serviceangeboten Erfolg haben wollen, müssen klare Alleinstellungsmerkmale erreicht werden. Bei diesemThemaistauchzuüberlegen,obundwiedieGeschäftsmodellesozuoptime rensind,dasssieobigemAnspruchgerechtwerden(z.B.TicketingDiscountmitonli nebuchbarenTicketsoderFotos,diederKundemitPreisvorteilnachHausezuge stelltbekommt).NichtseltenschlägtauchnegativaufdieKundenConversiondurch, dassvieleOnlineHändleresversäumen,derOnlineWerbungadäquatRechnungzu 60
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
tragen. Die Allokation eines Teils des Mediabudgets (1015 Prozent) in die Online Werbung erhöht überproportional die Effektivität der Werbekampagne, ohne die Spendings zu erhöhen. Dieses zeigt ein Vergleich von IAB mit Dove, McDonalds, Colgate und Kimberley Clark aus dem Jahre 2004, der in Abbildung 219 dargestellt ist. In Hinblick auf die KundenConversion ist auch zu bedenken, dass das Internet als Direktvertriebskanal geeignet ist, eine sehr große Anzahl von Transaktionen (Orders oderNeukundenorders)zugenerieren.Dabeikönnenz.B.intensivviraleInstrumente und Kooperationen mit Unternehmen gesucht werden, die einen großen Kunden stamm haben. Wichtig ist aber auch die Messbarkeit der KundenConversion. Dem entsprechend muss die Website eines jeden OnlineHändlers regelmäßig bezüglich ihrerVerkaufseffektivitäteinemBenchmarkunterzogenwerden(z.B.bezüglichOrder Funnel, CrossSelling, UpSelling, Personalisierung, u.a.), um dann daraus Maßnah menzurKundenConversionabzuleiten.
Abbildung219: EffektderOnlinePräsenzaufdieConversion Quelle: H&P 2004
Markenimage Kaufabsicht
+8%
Awareness
+34% +14% 15%
+7%
+20% 13%
11%
10%
7% Dove
McDonald´s
Colgate
Marken werden optimiert mit 10-15% Online-Präsenz Online bringt 15-25% der Kontakte, die über TV-Werbung nicht erreicht werden Online-Werbung kann sowohl Markenimage transportieren als auch Emotionen ansprechen Online-Werbung kann produktiver/ preiswerter bei der Erreichung der Markenziele sein
Kimberly-Clark
Eng mit der KundenConversion und Kundenbindung verbunden ist der Begriff „Kundenzentriertheit“, der immer häufiger im OnlineRetailbanking anzutreffen ist undVorbildfürdenOnlineHandelhabendürfte.ObwohldiemeistenKundenange ben,eigentlichmitihrerBankzufriedenzusein,wieimKundenmonitor2003mitder Note2,4denGeldhäusernattestiert(vgl.Kundenmonitor2003),gehenHausbankkun den erstaunlich häufig fremd: 15 Prozent von ihnen beabsichtigen sogar, ihre Haus banküberdienächsten12Monatewechselnzuwollen(vgl.KPMG2004).Undtatsäch lich nutzen viele Kunden bereits parallel zu ihrer Hausbank spezialisierte Finanz
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2.4
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New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
dienstleisterwiez.B.dieDABbeiWertpapieren,dieDiBafürTagesgeldkonten,schlie ßen ihre Kredite mit der Citibank ab, kaufen ihre Versicherung bei Tchibo und/oder finanzieren ihr Eigenheim mit der örtlichen Kreissparkasse. Dabei kommt unweiger lichdieFrageauf,wieesseinkann,dassangeblichzufriedeneKundenimmerweniger bei ihrer Hausbank einkaufen und zunehmend zu anderen Instituten überlaufen. OffensichtlichreichtKundenzufriedenheitalsErfolgsmessernichtmehraus. Unternehmen ziehen häufig den Anteil zufriedener Kunden als Indikator für den wirtschaftlichenErfolgheran,weilzufriedeneKundeninderRegelmehrkonsumieren alsunzufriedene.InderTatkonntenachgewiesenwerden,dassderMarktanteileiner Bank,bezogenaufdieFinanzprodukteihrerKunden(ShareofWallet),inhohemMa ßemitderKundenzufriedenheitkorreliert.DiesehrzufriedenenKundengebendem nach bis zu 65 Prozent mehr aus als die unzufriedenen (vgl. Bain/Net Promotors). Während offensichtlich ein starker Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit undMarktanteileinerBankbesteht,trifftdiesjedochfürdasUmsatzwachstumnicht zu. Untersuchungen zeigen, dass Wachstum eines Unternehmens weniger mit der KundenzufriedenheitalsvielmehrmitdemAnteilweiterempfehlenderKundenkorre liert (vgl. Booz 2003). Die absolute Anzahl der Kunden, die das Unternehmen aktiv weiterempfehlen,bemisstdieKundenzentriertheit. EingeeigneterIndikatorfürdieKundenzentriertheitistz.B.dieIntensität,mitderdas Instrument „Freundschaftswerbung“ (Kunde empfiehlt das Unternehmen einem FreundoderBekanntenunderhälteinenGutschein)vonbestehendenKundengenutzt wird.AbgesehenvonunzufriedenenKundensindvorallemdiebegeistertenKunden emotional engagiert und kommunizieren deshalb intensiv mit ihren Freunden und Bekannten.Sieratenihnenzu,fallssiebegeistertsind.DavonunzufriedenenKunden behauptet wird, dass sie siebenmal häufiger ihre Eindrücke kommunizieren als zu friedene Kunden, kann davon ausgegangen werden, dass begeisterte Kunden eben fallsingleicherHäufigkeitmitanderenkommunizieren. EigentlichistkeinUnternehmenbekannt,welchesnichtkundenorientiertseinmöchte unddiesnichtinseinerVisionsofestgehaltenhätte.KundenzentrierteUnternehmen, dieinMaximierungderKundenbegeisterungdenken,sindjedochnachweislicherfolg reicher als kundenorientierte Unternehmen. Kundenzentriertheit impliziert Leiden schaftundGlaubwürdigkeitderFührungundeinbedingungslosamKundenwunsch ausgerichtetes Unternehmen. Jeff Bezos, CEO von Amazon, ist der festen Überzeu gung, dass nur überragender Service am Kunden und genaues Verstehen der Kun denwünschelangfristigErfolggewährleistenkönnen.DaKundenAngeboteverschie dener Händler zu einem Produkt vergleichen wollen, hat er anderen Händlern er laubt, auch bei Amazon anzubieten, selbst auf die Gefahr hin, dass Amazon von anderen Händlern unterboten werden kann. „Tut ihr es nicht, so wird es der Kunde tun“istdabeiseinMotto. Kundenzentriertheit durchdringt das komplette Geschäftssystem des Unternehmens undgibtMitarbeiterneinenOrientierungsrahmenvorfürihretäglichenEntscheidun 62
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
gen.SoweißeinMitarbeiterbeiWalMart,dasserzuerstdenKundenbedienenmuss, bevorereineminternenProblemnachgeht.EinAldiEinkäuferweiß,dasserdiePreise beipreisunelastischenArtikelnnichterhöhensollte,auchwennesdieWettbewerbssi tuation hergeben würde. So weiß ein AmazonMitarbeiter, dass er Platzierungen der Industriealssolchekenntlichmachenmuss,umnichtdenEindruckzuerweckendiese wären objektiv generiert. Einem CortalConsorsMitarbeiter ist bewusst, dass seine Hauptaufgabe darin besteht, in erster Linie Probleme offen und ehrlich mit seinen KundenimCommunityBereichzudiskutieren. EinKundeistnichtgleicheinemanderenKunden.IdealerweisewirdjederKundeals IndividuumbetrachtetwiebeiBerenbergoderSalOppenheim.ImMassengeschäftist eine Individualisierung nicht wirtschaftlich darstellbar, deshalb werden Kunden sta tistisch relevanten Segmenten zugeordnet (personalisiert). Diese werden entweder statischgebildetbeitraditionellenUnternehmenoderdynamisch/chaotischbeiInter netAnbietern.DieKunstderKundenzentriertheitliegtinderüberragendenIndividu alisierungoderPersonalisierungdesUnternehmensundinderrichtigenImplementie rung, die „Chefsache“ sein muss. Nur wenn die oberste Führung von der Kunden zentriertheit überzeugt und quasi „passioniert“ ist, ist sie auch bereit, dies glaubwürdigvorzulebenunddasUnternehmensystematischkundenzentriertauszu richten.DabeiisteinvierstufigesVorgehensinnvoll:
Phase 1: Kunden verstehen: Hier geht es um Fragen der Kundensegmentierung (SegmentofOne, statische oder dynamische Personalisierung), die Wünsche ein zelnerKundengruppen,derenPerformance,denErfüllungsgradderKundenwün schedurchdasUnternehmenimWettbewerbsvergleichsowiedieAktivierungsin tensität.
Phase2:Unternehmenszieleformulieren:AbgeleitetvonderStrategie sollendie Quellen zukünftigen Wachstums bestimmt werden, dabei wird nach Produkten und Kundensegmenten differenziert. Letztendlich werden Ziele für die einzelnen Kundensegmentefestgelegt.
Phase 3: Maßnahmen erarbeiten: In dieser Phase werden konkrete Maßnahmen, die zu einer erhöhten Weiterempfehlung bei Kunden führen, erarbeitet und nach der 80/20Regel umgesetzt. Flankierend werden eine Meilensteinplanung und ein Controllingaufgebaut.
Phase4:OrganisatorischeVoraussetzungenschaffen:IndieserPhasewerdendie PromotorenundBlockiererderVeränderunginderOrganisationidentifiziertund fürdenVeränderungsprozesseingespannt,geschultundmöglicherweiseveroder ersetzt. Ferner werden die erforderlichen strukturellen Voraussetzungen und die Prozessedefiniertundangepasst.
63
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
2.4.5
Kunden-Cut im Online-Handel
DasAbstoßendauerhaftunprofitablerKundengehtmitderzunehmendenSuchevon DistanzhandelsUnternehmeneinher,dieWirtschaftlichkeitderKundenansprachezu erhöhen.Bedenktman,dasskompletteKatalogstreckenimVersandhandelnichtselten mehrals100€proKundeimJahrkosten,wirddieUnwirtschaftlichkeitpassiver,nicht kaufender Kunden schnell deutlich, zumal deren Anteil in Kundenstämmen auf bis zu 30 Prozent veranschlagt wird. Es geht beim KundenCut also darum, dauerhaft unprofitableKundenabzustoßen. Dies setzt eine permanente Kundenbewertung voraus, wozu unterschiedliche Kun denbewertungsverfahren eingesetzt werden können. Der Wert von Kunden kann monetärundnichtmonetärausgedrücktwerden.WährenddiemonetärenVerfahren nach Geldeinheiten quantifizieren, beschreiben nichtmonetäre Methoden den Kun denwert auf qualitative Art und Weise. Die gängigen Kundenbewertungsverfahren sindinAbbildung220dargestellt.BeidendargestelltenMethodenwirdauchdanach differenziert, ob diese retrospektiv sind und sich auf Daten aus der Gegenwart und Vergangenheitbeziehen,oderprospektiveMethodensind,dieeinePrognosezukünf tiger Entwicklungen auf der Grundlage vorhandener Informationen verfolgen (vgl. Wittkötter/Steffen 2002, S. 76 ff.). FolgendeVerfahren zur Kundenbewertung können angewendetwerden:
Abbildung220: SystematisierungausgewählterKundenbewertungsverfahren Quelle: Wittkötter/ Steffen 2002, S. 77
Retrospektiv
Monetär
• Kundenumsatzanalyse • Kundendeckungsbeitragsanalyse
NichtMonetär
• Scoring Modelle • Kunden-Portfolioanalysen
Prospektiv
• Customer Lifetime Value • Kundendeckungsbeitragspotenzialanalyse
• Scoring Modelle • Kunden-Portfolioanalysen
Kundenumsatzanalyse: Hierbei werden Kunden nach ihren getätigten Umsätzen bewertetundklassifiziert.GängigistdabeieineABCAnalyse.DieUmsatzanalyse istinderHandelspraxisweitverbreitet,dadieKundenumsätzeleichtzuerheben sind und diese einfach vorzunehmen ist. Die Kostenseite wird dabei allerdings 64
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
nichtberücksichtigt,sodassesdurchausmöglichist,dassnachUmsatzstarkeA Kundenunrentabelsind.
Kundendeckungsbeitragsanalyse: Bei diesem Verfahren wird der Deckungsbei trageinesKundenausderDifferenzseinerErlöseundKostenerrechnet.DieseIn formationlässtdifferenzierteAussagenüberdieProfitabilitätvonKundenzuund welche Marketingmaßnahmen als angemessen gerechtfertigt sind. Abgesehen da von,dassdieverursachungsgerechteZurechnungderKosteninderRegelproble matisch ist (Gemeinkostenschlüsselung), werden zukünftige Entwicklungen bei diesemVerfahrennichtberücksichtigt,wonachunrentableKundensichdurchaus noch entwickeln lassen, wenn geeignete ConversionInstrumente angewendet werden.InsofernbestehtdurchausdieGefahrvonFehlbewertungen,vorallemin jungen Unternehmen oder Kanälen, die sich erst noch im Aufbau befinden und deswegenhäufigfixkostenlastigsind.
Kundendeckungsbeitragspotenzialanalyse: Diese Methode berücksichtigt neben den Deckungsbeiträgen auch zukünftige Entwicklungspotenziale und ist bei Un ternehmen mit vertraglichen Kundenbeziehungen weit verbreitet (Verlage mit Abonnements etc.). Dabei wird nach Phasen unterschieden und berücksichtigt, dassbeiKundeninderAnfangsphaseVerlustedurchausnormalsindundinKauf genommen werden können, wenn diese im Verlaufe der Geschäftsbeziehung im merprofitablerwerden.DaauchzukünftigprognostizierteDeckungsbeiträgemit berücksichtigt werden, kann dieses Verfahren auch gut für Neukunden oder po tenzielleKundenherangezogenwerden.Esistallerdingsratsam,fürdiePrognose der zukünftigen Nachfrageentwicklung sowie die wahrscheinliche Dauer der Ge schäftsbeziehung Vergleichskunden mit ähnlichen Merkmalsprofilen heranzuzie hen.
Customer Lifetime Value: Hier werden Prinzipien der Investitionsrechnung auf die Kundenbewertung angewendet und so der Vermögenswert eines Kunden er rechnet. Das Verfahren orientiert sich an der Kapitalwertmethode, nach welcher der Barwert eines Kunden aus den diskontierten Ein und Auszahlungsströmen währendseinerLebensdauerberechnetwird.VorteildieserMethode,diebeiUn ternehmenmithohenKundengewinnungskostenangewendetwird(z.B.Buchclubs undMobilfunkbetreiberliegtinderBerücksichtigungdeszeitlichenAuseinander klaffensvonInvestitionenundZahlungsrückflüssen.Siewirdebenfallsfürdiebi lanzielle Aktivierung von „Kundenstämmen“ oder beim Kauf solcher „Kunden stämme“vonprofessionellenKundenwerbernangewendet.
ScoringModelle: Diese Modelle erlauben die Berücksichtigung von monetären und nichtmonetären Kriterien, anhand derer ein Kunde mit Punkten bewertet wird, die dann zu einem KundenScore addiert werden. Je höher der Punktwert, destobedeutenderistderKundefürdasUnternehmen.Eskannauchberücksichtigt werden, wann ein Kunde das letzte Mal gekauft hat (Recency), wie häufig er ein
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2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
kauft (Frequency) und mit welchem Volumen er kauft (Monetary Ratio). Dabei handeltessichdannumsogenannteRFMRMethoden.
KundenPortfolioanalysen: Hierbei wird die Wertigkeit eines Kunden mehrdi mensionalerfasstunddokumentiert.ZunächstwerdenverschiedeneDimensionen zugrunde gelegt, die für eine Kundenbeziehung wichtig sind, wie zum Beispiel Kundenattraktivität und eigene Wettbewerbsposition gegenüber dem Kunden. In einem zweidimensionalen Raum werden dann die Kundenpositionen dargestellt undderenWertabgeleitet.MarketingmaßnahmeninAbhängigkeitvonderjeweili genKundenpositionleitensichab,ebensowieDesinvestitionsEntscheidungen,al soderKundenCut. Empfehlenswert ist der Einsatz mehrerer Methoden, um die KundenCut EntscheidungnocheinmalvonverschiedenenSeitenzuverprobenundauffundierter Basis zu treffen. Dabei handelt es sich keinesfalls um ein einmaliges Verfahren, son derneineRoutinemaßnahme,dieregelmäßigmindestenseinmalproJahrzuwieder holen ist. Sie kann auch als Grundlage für eine wertorientierte Kundensteuerung im RahmendesInternetControllingsinstalliertwerden.Dassetztallerdingsauchvoraus, dass die Ziele, die im CRM verfolgt werden sollen, vorher festgelegt werden. In Ab bildung221sindBeispielefürderartigeZieledargestellt.
Abbildung221: BeispielefürinternetspezifischeCRMZiele Quelle: In Anlehnung an H&P 2004
Neukunden gewinnen
Kunden halten und Umsatz steigern
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Massen-E-mail/Internet Kampagnen mit Gutscheinen für neue Kunden (z.B. 40.000 Neukunden mit einem Partner-Mailing gewonnen) „Viral-Marketing“-Werkzeuge: Weiterempfehlungsprogramm, Geschenkgutscheine auf der Web-Seite, Integration von Werbepartnern (Affiliate Programm) (>15% der Neukunden im E-Commerce werden so gewonnen) Leistungen/Sonderangebote, die nur über das Internet angeboten werden (z.B. Vorveröffentlichung, Sondermodelle, Zusatzleistungen) Inaktive Kunden aktiv nach Grund für Nichtnutzung befragen und zurückgewinnen (Bis zu 5 Prozentpunkte Kundenreaktivierung durch Rückgewinnungsmanagement) Personalisiertes Cross-Selling auf Basis früherer Käufe, verwandte Bedarfe und Daten (Mail an ehemalige Käufer mit einer Konversionsrate von 35%) Kundenbindungsprogramme (Klubkarte Tesco +30% Umsatz, personalisierte E-Mails bei Amazon) Personalisiertes „Up-Selling“ auf der Webseite (z.B. wenn Kunde Artikel in den Warenkorb legt oder vor der Bezahlung: +15% Umsatz) Erhöhung der Kontaktfrequenz (z.B. 52 mal pro Jahr, jede Mail mit einer Konversionsrate von 0,3-0,5%)
CRM als Basisinstrument des New Online-Retailing
2.4.6
Wirtschaftlichkeit des CRM im Online-Handel
Das im Zusammenhang mit Internet betriebene CustomerRelationshipManagement ist anderen CRMAnsätzen überlegen, was sich anhand einer KostenNutzen Betrachtungaufzeigenlässt.WieinAbbildung222aufgezeigt,sindineinemzweidi mensionalenKostenNutzenPortfoliogrundsätzlichvierExtremPositionendenkbar, undzwarjeweilsausderKombinationhochundniedrig.DieKonstellation„niedrige Kosten und niedriger Nutzen“ kann im Rahmen von CRM nicht vorkommen. Dabei zeigt sich, dass die persönliche Kundenansprache („FacetoFace“ oder „Mouthto Mouth“) hohe Kosten verursacht, aber auch einen hohen Nutzen bringt (Position 4). Der Mitarbeiter geht hier individuell auf die Kunden ein, z.B. wenn er einen Mobil funkKunden rechtzeitig anruft vor Vertragsende und eine Vertragsverlängerung vereinbart. Massenkommunikation ist dagegen ebenfalls teuer, jedoch vom Nutzen herstetsfraglich(Position1).Zielgruppenwerbung,diez.B.aufderBasisvonNutzen differenzierung(KaufbetragundKaufhäufigkeit)sowieBedarfsdifferenzierung(Kauf historie)erfolgenkann,bewegtsichimMittelfeld(Position2).DieinternetbasierteE Personalisierung dagegen ist mit Abstand am kostengünstigsten, realisiert dagegen aberdenhöchstenNutzen,daderKundeeinvomSystemgeneriertespersonalisiertes Angebotbekommt,dessenAnstoßausdemAbgleichseinerKaufhistoriemitderande rerKundenkommt(Position3).
Abbildung222: CRMAnsätzeimKostenNutzenVergleich Quelle: In Anlehnung an H&P 2004
1
Kosten
4 2 3
Hoch
1
4
1
4 2
Persönliche Kundenansprache Mitarbeiter geht individuell auf Kunden ein (z.B. ruft Kunden rechtzeitig vor Vertragsende an und vereinbart eine Vertragsverlängerung). Massenkommunikation Werbungen/Mails, Kundenzeitschriften und Kundenkarten gehen an alle Kunden.
3
2 1
Niedrig
3
4 2 3
Niedrig
Hoch Nutzen
1
4 2 3
Zielgruppenansprache Best Practice ist Dunn Humby (arbeiten für Tesco) Differenzierung erfolgt auf Basis Nutzung (Kaufbetrag und Kaufhäufigkeit) und Bedarf (aus Kaufhistorie abgeleitet). E-Personalisierung Kunde erhält ein vom System generiertes personalisiertes Angebot. Der Anstoß kommt aus dem Abgleich seiner Kaufhistorie mit der anderer Kunden (z.B. past-buyer-mail, personal similarities).
67
2.4
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
2.5
Formen des New Online-Retailing
MittlerweilesindverschiedeneBetriebstypendesOnlineHandelsanzutreffen.Alsdie TopPlayer im OnlineHandel gelten zweifelsohne die klassischen Versandhändler wie Otto, Quelle, Neckermann usw. mit OnlineAnteilen von bis zu 50 Prozent (vgl. Giersberg 2008, S. 15). Fälschlicherweise werden diese Distanzhandelsformen häufig alsMultiChannelSystemebezeichnet,auchwennsiekeinStationärgeschäftbetreiben. SiebildenmitdemParallelbetriebausklassischemsowieelektronischemVersandden „hybriden OnlineHandel“ als eine eigenständige Handelsform. Diese ist von der FormdesreinenOnlineHandels,dem„PureOnlineHandel“zuunterscheiden.Über PortalesindzunehmendaberauchKooperationenvonOnlineHändlernzubeobach ten,diedamitden„kooperierendenOnlineHandel“bilden. EineweitereFormdesOnlineHandelsstelltderMultiChannelHandeldar.Ohnedie Kombination aus stationären sowie elektronischen Verkaufskanälen kann allerdings nichtvon„modernen“MultiChannelSystemen,sondernimmernurvon„traditionel len“Mehrkanalsystemengesprochenwerden(vgl.Giersberg2007,S.18). Zunehmend nutzen Herstellerunternehmen wie u.a. Esprit, BOSS, adidas oder Nike den InternetKanal, um in das Direktgeschäft einzusteigen und Disintermediation zu betreiben(vgl.Heinemann2008g,S.34).DieseFormdesOnlineVerkaufsanEndkun denstelltden„vertikalisiertenOnlineHandel“dar.
2.5.1
Pure-Online-Handel
ReineOnlineHändler,diesogenannten„PurePlayer“,sindimmerselteneranzutref fen. Insgesamt beträgt der Marktanteil der reinen OnlineHändler am ECommerce Umsatz nur noch ca. 26 Prozent. Unter den acht größten WebHändlern in Deutsch land findet sich mit Amazon lediglich ein einziges echtes StartUpUnternehmen, allerdings mit enormem Erfolg. Mit deutlich über 1 Milliarden € Umsatz (FAZ 2008, Nr. 53, S. 19) zählt Amazon mit rund 50 Prozent Buch und Medienumsatz zu den TopBuchhändlerninDeutschland.Nebendiesem„BornGlobal“,zudenenaucheBay Powerseller zählt, gehört nach Expertenmeinung die Zukunft ganz klar den kleinen PureOnlineHändlern, deren Marktanteil am ECommerceUmsatz überproportional wachsen wird (openstream.ch/infos/news vom 15.04.2008). Ob bei Tiernahrung (z.B. petshop.de), Delikatessen (z.B. gourmondo.de), Wein (z.B. avinos.de) oder Hüten (z.B. hutshopping.de), vor allem für hochspezialisierte Angebote bildet das Internet offensichtlichdieidealeVerkaufsformmitkleinerBetriebsgröße.Gefördertwirddiese Entwicklungsicherlichauchdadurch,dassdietechnischeEntwicklungdasBetreiben dieserEShopsvom„HomeOffice“ausermöglicht.IndennächstenJahrensollenviele kleine OnlineShops an den Start gehen, die auch viel flexibler auf Veränderungen reagierenkönnen. 68
Formen des New Online-Retailing
BeidenPureOnlineHändlerntrittaberaucheineganzneueGenerationvonInternet shops auf den Plan. Folgende Betriebstypeninnovationen sind zu erkennen (Wie schowski2008,S.47;FAZ2008,Nr.156,S.19):
Liveshop—NureinProduktundeinPreis:„EinTag,einProdukt,einaggressiver Preis“,solässtsichdasGeschäftsmodellderLiveshopswiez.B.„guut.de“zusam menfassen. Mit überschaubarer Produktpalette, nicht selten nur einem einzigen Produkt zu Kampfpreisen (z.B. knallroter Schlitten), machen die Liveshops den herkömmlichenInternetLädenzunehmendKonkurrenz.
Clubverkauf – Shoppen nur nach Anmeldung: Als Pionier für den Clubverkauf gilt Vente Privée. Der OnlineHändler hat in 2002 dieses neue Verkaufskonzept eingeführt, das in Deutschland sehr erfolgreich von den beiden ShoppingClubs BuyVipundBrands4Friendskopiertwird.DiebeidendeutschenClubShopswur den in 2007 gegründet und werden beide nach eigenen Angaben in 2009 voraus sichtlichdie70Millionen.Grenzeüberschreiten.AlleineimletztenJahrkonnteder OnlineHändlerBuyVip,andemsichneuerdingsdieBertelsmannAGbeteiligthat, seinenUmsatzverfünffachen.BeidenClubverkäufendarfnurderKundeeinkau fen, der sich vorher angemeldet hat. Das geht aber wiederum nur, wenn dieser vorher von einem Freund eingeladen wurde. Exklusivität steht demnach im Vor dergrund, wobei der Schwerpunkt des Angebotes auf Marken, Mode und Life styleProdukten liegt (z.B. von Diesel, Swatch, Dolce & Gabbana, Armani oder Converse).GängigsindfünfAktionenproWoche,überdiealleClubmitgliederper EMailinformiertwerdenunddiedanneinbiszweiTagelaufen.
Shoppingbörse – Kaufen, wenn der Kurs stimmt: Das Geschäftsmodell von Gi mahhotfunktioniertähnlichwiedieFrankfurterBörse.DemnachschlagenVerkäu ferundKäuferfüreinbestimmtesProdukt(z.B.iPodNanooderaktuellesMotoro laHandy) auf Shoppingbörsen für ein bestimmtes Produkt jeweils ihre Wunsch preise vor. Zum Auftakt stellt der Händler sein Produkt zu einem bestimmten Preis ein, wobei in einer Tabelle alle Anbieter des Produktes aufgelistet werden. Nachdem der Kunde seinen Wunschpreis eingetragen hat, beginnt das Verhan deln,wobeialleHändlerdenPreisvorschlagbekommenundmehrereTageZeitfür ihre Entscheidung haben, ob sie das Produkt zum gewünschten Preis verkaufen. BeiZustimmungwirdderKundeperMailüberverkaufswilligeHändlerbenach richtigt.DieTransaktionwirdjedochausschließlichüberGimahhotabgewickelt.
Flohmarkt – Handarbeit statt Massenware: Im Gegensatz zu den klassischen FlohmärktenbietenheutehandwerklichbegabteKleinstunternehmenihreProduk te auf Internetplattformen wie z.B. Dawanda an. Dabei wird keine Massenware, sondern„ProductswithLove“angeboten,d.h.Selbstgemachtes,Einzelstückeoder limitierte Editionen kleiner Manufakturen. Die rund 15.000 Hersteller mit ihren über200.000ProduktengebenbeiDawandadarüberhinausauchEinblickinihre ArbeitundtauschensichmitKollegenundKundenaus.DieÜbergängediesesBe triebstypszumkooperierendenundvertikalisiertenOnlineHandelsindfließend. 69
2.5
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Neue Auktionsform — eBay für Zocker: Telebild.de bietet neuerdings eine Mi schungausAuktion,GlücksspielundSchnäppchenjagdan.JedesGebotkostetda bei50CentundsteigertdengebotenenPreisum10Cent.Gewonnenhatderjenige, derzuletztbietet.DabeikannderGewinnereinSchnäppchenmachen,wobeivor allem Technikprodukte versteigert werden (z.B. Handys, Computer, Spielkonso len, Haushaltsgeräte, Autos und sogar Geldgutscheine). Gegenüber dem Laden preissparendieGewinnerimDurchschnitt65Prozent.Esgibtaberimmernurei nen einzigen Gewinner, während alle anderen Mitbietenden Verlierer sind und trotzdem für ihre Gebote bezahlen müssen. Trotzdem melden sich in den drei LändernDeutschland,GroßbritannienundSpanien,indenendieSofinaGmbHdie Telebildbetreibt,jedenTag3.000neueNutzeran.InsgesamtwerdenamTagWa renimWertvondeutlichüber30.000€umgesetzt.
2.5.2
Kooperierender Online-Handel
ZunehmendtretenHändlerkooperationenuntereinereinheitlichenEStoreBrandauf. HäufighandeltessichdabeiumBranchenlösungeninFormvonPortalen,diez.B.von Großhändlern, Verbundgruppen, Herstellern oder unabhängigen Institutionen ange botenwerden.GängigistdieseFormdesOnlineHandelsbeiApothekengroßhändlern (z.B.apotheke.com)oderbeiBuchgroßhändlern(z.B.buchhandel.deoderlibri.de). Mittlerweile ist aber auch die Nutzung eines vollständigen OnlineShops über das Auktionshaus eBay oder auch als Partner von Amazon möglich. Dieses ist relativ unkompliziertundmitüberschaubarenKostendurchführbar.MitexternenToolslässt sich z.B. ein eBayShop relativ einfach und schnell zu einem vollständigen E CommerceSystemausbauen.DabeiunterstützendiegängigeneBayServiceswiez.B. PayPal, Inkasso und Treuhandkonto die Abwicklung. Es ermöglicht zudem, vom Vertrauenspotenzial, von der Bekanntheit sowie von den Werbemaßnahmen dieser beidenbeliebtenHandelsplattformenzuprofitieren.Amazonistz.B.miteinergroßen AnzahlfremderWebsitesdynamischverlinkt.AußerdemkannmandenInkassoservi ce„AmazonPayments“inAnspruchnehmen.DieKostendes„AmazonMarketplace“ liegenzwischen10und15ProzentdesVerkaufspreiseszuzüglich0,99€proerfolgrei chemVerkauf.Mitdem„zShop“kannmansogareineigenesSortimentoderAuktio nenerzeugen.DieKostenhierfürliegengestaffeltzwischen5ProzentbeieinemPreis bis100€und1,25Prozentplus52,50€beiPreisenüber2.000€(vgl.HMWVL2007,S. 52ff.).
2.5.3
Multi-Channel-Handel
IndererstenPhasedesOnlineHandelsspezialisiertensichvieleUnternehmennurauf dasInternetalsAbsatzkanal,ohnedenstationärenHandelinsVisierzunehmen,wäh 70
Formen des New Online-Retailing
rend die traditionellen Händler auf der anderen Seite dem „Hype“ misstrauisch be gegnetenundsichaufihraltbewährtesStationärgeschäftkonzentrierten.ImZugeder InternetDiffusionundEvolutionnahmenjedochimmermehrUnternehmenauchaus dem traditionellen Bereich das Internet in ihr Vertriebsportfolio mit auf und setzten damitersteMultiChannelStrategienum.Dabeiwurdenvielederhalbwegserfolgrei chen OnlineHändler von großen Handelskonzernen aufgekauft und in deren Multi ChannelStrategie integriert. Zunehmend bemerkten auch die OnlineHändler, dass ihre Chancen deutlich steigen, wenn sie ihr Vertriebssystem mit Katalogversandhan del und stationären Geschäften ergänzen bzw. erweitern (vgl. Krone, 2004, S. 5ff.). Mittlerweile existiert eine Fülle unterschiedlicher MultiChannelSysteme, wobei von MultiChannelHandel immer nur in Verbindung mit einem InternetKanal gespro chenwerdenkann:
Ursprünglich stationäre Einzelhändler („Brick&MortarAnbieter“), die einen zu sätzlichen elektronischen Absatzkanal zur Unterstützung des stationären Lead Channeleinrichten(„Click&MortarAnbieter“),wieu.a.Douglas,Tengelmannund Schlecker.
Stationäre Einzelhändler, die mit OnlineShopbetreibern kooperieren, die zusätz lichauchklassischerKatalogversenderseinkönnen,umsovonderenKnowhow zu profitieren und sich damit Zugang zu einem MultiChannelSystem zu ver schaffen,wieu.a.BognermitPrimondo/QuelleoderehemalsOBImitOtto.
Ursprüngliche MehrkanalSysteme (stationärer Handel in Verbindung mit dem Katalogversand),dieumeinenelektronischenKanalerweitertwerden,wieu.a.bei Tchibo,ConradElectronicoderIKEA.
Bisherige „PureInternetPlayer“, die bislang ausschließlich den elektronischen Kanal benutzt haben und nun Ladengeschäfte erwerben bzw. eröffnen, um sich damitZugangzuneuenKundenzuverschaffen.Beispielesindu.a.Beautynetoder Pixelnet,diein2001PhotoPorstübernahmen. Versandhändler, die neben dem Kataloggeschäft auch OnlineHandel betreiben, stel lenkeineFormdesMultiChannelHandelsdar,sondernbetreibenalsDistanzhändler „hybriden Internethandel“, da sie zusammengenommen denselben Distanzhandels kanal nutzen. Von allen Erscheinungsformen am häufigsten anzutreffen ist die Um wandlung vom Brick&MortarAnbieter (stationärer Handel) zum „Click&Mortar Händler“nachERetailingForm.DurchMultiChannelSystemestehendemKunden– inderRegelmitdemstationärenHandelunddemOnlineHandel–insofernmindes tens zwei Vertriebswege für die Beschaffung seines Produktes zur Verfügung. Dabei stellt sich die Frage, wie viele reine OnlineHändler ohne Stationärgeschäft es über haupt noch gibt. Insgesamt beträgt der Anteil der „NichtPure“OnlineRetailer in Deutschland unter den OnlineHändlern über 65 Prozent. Die restlichen 35 Prozent sinddenreinenOnlineHändlernzuzuschreiben.MitdieserVerteilungliegtDeutsch land im Mittelfeld. Während Italien mit nur 39 Prozent MultiChannelAnteil das
71
2.5
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Schlusslicht bildet, weist die Schweiz mit 84 Prozent den höchsten Anteil der Multi ChannelRetailerauf(vgl.Krone,2004,S.6). DieKombinationvonOnlineHandelundstationäremHandel,alsodieechtenMulti ChannelSysteme, können aufgrund sehr verschiedener Kompetenz und Fähigkeits anforderungen zweifelsohne als komplexeste Form des OnlineHandels angesehen werden. Mit dem Eintritt eines OnlineHändlers ins StationärGeschäft müssen kom plexe neue Fähigkeiten entwickelt werden wie z.B. Sortimentskonzepte und innovationen sowie eine Standortführung (vgl. Abb. 223). Andererseits verfügt der OnlineHandelüberStärken,dieimstationärenGeschäftzukünftigsowiesoanBedeu tunggewinnenwerdenundbereitsinKundenbindungsbzw.Loyalitätsprogrammen ihrenNiederschlagfinden.DasStationärgeschäftistfürUniversalversendersicherlich keineOptionfüreineidentischePositionierung.AnderesgiltfürSpezialversender,die hierüberwiegendbereitsfachgeschäftsähnlicheSortimentemitbringen.
Abbildung223: KernkompetenzenjeKanalausVersendersicht Quelle Nach Bähre 2007, S. 15 Versand
• Kundenorientierte Umsatzausschöpfung
• Katalogabhängige Sortimentskonzeption und –planung (präzise Prognose/Planung)
• Katalogbasierte Planung, Nachsteuerung der Sortimente durch Katalog-Anstoßkette
• Einzelkundenlogistik • Hoher Grad an Systematik
Ziel: Leverage der Versandpositionierung in andere Kunden-Kauf-Kanäle
72
E-Commerce
Stationär-Geschäft
Natürliche Stärken konnten weitgehend genutzt werden • Logistik • CRM-Fähigkeit/Einzelkundenoptimierung • Katalog als gute Basis für E-Commerce-Adaption E-Commerce dient auch als „Kosteneinsparinstrument“
Versand verfügt über Stärken, die im stationären Geschäft an Bedeutung gewinnen • Kundenbindungssysteme • Denken in Kundenpotenzialen • Ausgefeilte analytische Instrumente • Systematisches und konzeptionelles Vorgehen
Neue Fähigkeiten (klassisch stationär) konnten entwickelt werden • Sortimentsdynamik • Präsentations-/Positionierungsflexibilität
Muss aber mehr und komplexere neue Fähigkeiten entwickeln • Sortimentskonzepte • Sortimentsinnovation • Standortführung
Hauptproblem: Synchronisation der Positionierung und des Preisthemas; neue Aufteilung von Sortiments-/Fequenzmanagement
Für Universal-Sortiment keine Option mit gleicher Positionierung
Formen des New Online-Retailing
2.5.4
Hybrider Online-Handel
Der Parallelbetrieb aus klassischem sowie elektronischem Versand in einem gemein samenDistanzhandelskanalbildetden„hybridenOnlineHandel“alseineeigenstän digeHandelsform.DerInternetErfolgderVersandhändleristkeinZufall.ImInternet Kanal können in vielen Fällen natürliche Versandstärken genutzt werden. Dieses be trifft die Logistik und Warenwirtschaft, den Katalog als gute Basis für eine Internet Adaption sowie CRMFähigkeiten im Zusammenhang mit Einzelkundenoptimierun gen. Internet wird aus der Versandhandelsbrille nicht selten als „Kosteneinsparin strument“ gesehen, mit dem vor allem die hohen Katalogkosten reduziert werden können.AlsHauptproblementpuppensichjedochdieSynchronisationderPositionie rung und des Preisthemas sowie eine neue Aufteilung von Sortiments und Fre quenzmanagement.AufderanderenSeitekonnteninHinblickaufdieSortimentsdy namik sowie Präsentations und Positionierungsflexibilität neue Fähigkeiten entwi ckeltwerden.InHinblickaufdenparallelenBetriebeinesOnlineKanalsstelltsichaus der Perspektive eines Versenders folglich die Übertragbarkeit der Fähigkeiten relativ einfachdarundbietetsichschondadurchpersean.SostehtimVersandzunächstdie kundenorientierteUmsatzausschöpfungimMittelpunkt.Esgilt,ausdenvorliegenden KundenadressendenhöchstmöglichenNutzenzuziehen.NebendenAdressenistder KatalogHauptstellhebel.AllesdrehtsichumdenKatalog,Sortimentskonzeptionund planungsindkatalogabhängigunderfordernpräzisePlanungenundPrognosen.Ein hoher Grad an Systematik prägt das Versandgeschäft. Die Planung ist katalogbasiert und ist nicht zu trennen von der Kataloganstoßkette, über die auch die Sortimente nachgesteuert werden. Schließlich erfordert die Warenzustellung eine Einzelkunden logistik.ZielsetzungausderKombinationmitdemOnlineHandelistesinderRegel, die Versandpositionierung in den elektronischen Kanal zu leveragen. Die entspre chendenKernkompetenzenjeKanalausVersendersichtsindinAbbildung223darge stellt. InKombinationmitdemOnlineHandelwirdderseitJahrenrückläufigeVersandhan delsoebenwiedergeboren.„DerzweiteAufschwung“,sotiteltdieFAZvom8.Januar 2008überdenVersandeinzelhandel,derdurchdasInternetbeflügeltwird,undzwar „gleichaufzweifacheWeise“(Giersberg2008,S.15).AufdereinenSeitekonntesich der Versandhandel einen modernen, zusätzlichen Bestellweg erschließen, auf der anderen Seite ist er damit auch für neue Anbieter interessant geworden. Folglich boomt in Deutschland vor allem der von Versandhandelsunternehmen betriebene OnlineHandel, während der traditionelle Versandhandel seit Jahren rückläufig ist. Eine Steigerung der OnlineAnteile an den Distanzhandelsumsätzen erscheint also auch für die nächsten Jahre gegeben zu sein. Ob es sich allerdings beiden Internet Umsätzen der Versender um Zusatzumsätze handelt, ist umstritten. Der Anteil des reinenVersandhandelsgehtaugenmerklichzurück,währendderB2CDistanzhandel, der das Internet mit einschließt, seit 2003 wieder wächst. Treiber der positiven Ent wicklungdesDistanzhandelsistdamitganzklardasInternet(vgl.Abbildung224).
73
2.5
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung224: EntwicklungdesB2CDistanzhandels Quelle: BVH 2010; Welt Online 2010
Anteilsentwicklung B2C-Distanzhandel am Einzelhandel
Volumen in Mrd. EUR und % ohne Apotheken und KFZ-Handel 397,2 391,0 370,5
370,5
384,6
Einzelhandel i.e.S.
>13,0%
7,2%
7,4%
6,8% 5,0%
Online
5,5% >10,0%
B2C-Distanzhandel 2002
2004
2006
2008
2009
2020e
ExpertenderDeutschenBankgehensogardavonaus,dassimJahr2015einVersand handelsanteilamEinzelhandelvon13Prozenterreichtwird,wovonetwa10Prozent punkteaufdenOnlineHandelentfallensollen(vgl.Giersberg2008,S.15).„DerInter netkanalistweiterhinderWachstumsmotorderVersandhandelsbranche“,betontauch BVHHauptgeschäftsführerThomasSteinmark(vgl.tagesschau.devom25.Mai2008, S.1).„DasInternethatdemDistanzhandelneuesLebeneingehaucht.Dasindsichdie Experteneinig.ECommercebleibtalsobisaufweiteresderTreiberfürdasVersand handelsgeschäft“ (Lippok 2008, S. 41). Dabei ist es unerheblich, ob es sich um neue UmsätzeoderumSubstitutionhandelt.JedertraditionelleHändleristbetroffen,wenn in seinem Segment nennenswerte Umsatzanteile über das Internet realisiert werden und dieser Umsatz aufgrund der für Kunden nicht gegebenen Online Einkaufsmöglichkeitverlorengeht.
74
Formen des New Online-Retailing
2.5.5
Vertikalisierter Online-Handel
Immer mehr TopModemarkenhersteller nutzen den OnlineHandel als Vertikalisie rungsinstrument,betreibenalsovertikalisiertenOnlineHandel.Grunddafürist,dass nichtvertikalorganisierteUnternehmenzunehmendbedrängtwerdenvondenpreis aggressivenVertriebsformenausdemDiscountbereichunddenzumeistvertikalisier ten ModeKetten, die überhaupt keinen Vertriebspartner mehr benötigen, sowie den Großvertriebsformen des Handels, die sich zunehmend über Eigenmarkenpolitik profilieren.DievertikalenBetriebsformen,diemanvereinfachtals„geschlosseneHer stellerHändlerKombination“bezeichnenkann,zeichnensichdurchdieBeherrschung derkomplettenSupplyChainausunderzielendamitinderRegelüberdurchschnittli cheZuwachsratenundRenditen. Auch der Direktvertrieb durch die FashionIndustrie wächst stark, sei es durch eige nen stationären Einzelhandel oder B2COnlineVertrieb. Anbieter wie boss.de, adi das.de, puma.de und esprit.de, um nur einige Beispiele zu nennen, sind mittlerweile zumindestinTeilbereichenvertikalisiertundbetreibendabeiOnlineHandel.Vertika lisierteKonzeptewachsenseitJahrendynamischinDeutschland.EineklareMarken handschrift,verbundenmiteinerhohenEinflussnahmeaufdasSourcingundDesign undsomitaufdiewesentlichenBestandteilederWertschöpfungskette,führenzueiner überdurchschnittlichenPerformance.VertikalorganisierteBekleidungsanbieterkonn ten beispielsweise seit 1998 den Gesamtmarkt mit Umsatzzuwächsen von durch schnittlich 27 Prozent deutlich outperformen. Allein der Verzicht auf die Zwischen distributionsstufe erschließtbeträchtlichesSynergiepotenzial und fördert zudem eine vergleichsweiseschnelleExpansion.AuchderWegfallvonZwischenlägernspartZeit undKostenundermöglichteinehöhereDatentransparenzund–Qualität,alsesbeider „klassischenArbeitsteilung“möglichist.DamitkannauchflexibleraufdieNachfrage agiert werden. Wichtig ist allerdings ein integriertes Branding, das die Markenbot schaft und die Leistung für den Kunden transparenter und leichter bewertbar macht (vgl.KPMG2005,S21ff.). DerTrendzurVertikalisierungistmittlerweileinnahezuallenBranchenzuerkennen. Herstellermarken wie BREE, NIVEA, GEOX, FaberCastell, Samsonite, Bang & Oluf sen, LEGO, Apple und sogar Maggi und Frosta betreiben mittlerweile auch eigenen Einzelhandel.InsgesamtgesehenwirdderherstellereigeneOnlineHandelinZukunft weiter zunehmen. Die in Deutschland über Jahrzehnte gewachsenen, arbeitsteiligen Strukturgebilde zwischen Industrie und Handel erscheinen vor dem Hintergrund ihrerzunehmendausbleibendenErfolgeveraltetzuseinundsindoffensichtlichnicht mehr in der Lage, den wachsenden Konsumentenanforderungen gerecht zu werden. Vertikale Angebotsformen sind in Hinblick auf Verfügbarkeit, Abwechslung, Insze nierung und Identifikation den traditionellen Handelsformen überlegen. Durch wel cheenormeVorteilhaftigkeitdervertikalisierteHandelauchinZukunftweitergetrie benwerdenwird,zeigtdasBeispiel„Inditex“inAbbildung225.DiesesVorzeigebei spielveranschaulichtdenuneinholbarenZeitgewinneinesvertikalenSystemsimVer
75
2.5
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
Abbildung225: VorteilhaftigkeitvertikalerGeschäftssystemeamBeispielInditex Quelle: KPMG 2005, S. 23 Wertschöpfungsprozess der textilen Kette
K l a s s i s c h e
Vorstufe
Textilproduktion
Produktion
Konfektion
Produktion
Kollektionsentwicklung
Produktion
Markenführung/-politik
Produktion
Distribution zu Verkaufsstätte/Lager
Produktion
Warenversorgung in Verkaufsstelle
Handel
POS-Marketing
Handel
Sortimentsgestaltung
Handel
Verkauf
Handel
Werbung
Optimierung durch Vertikalisierung
A r b e i t s t e i l u n g
A u s s c h a l t u n g I n t e r m e d i ä r e
Design
• Eig. Designer/Auftr.-fertigung • >20 eigene Lieferanten • Hoher Autonomisierungsgrad • >50.000 Teile pro Tag
Fertigung
• Automatisiertes Zentrallager • 24-h-Belieferung für Europa • 48-h-Belieferung für Übersee • Auslieferung 2x pro Woche
Auslieferung
Abverkauf
• Nur 2-3 Teile pro Artikel • Automat. Bestellvorgang • Warenbestellung bis Mi 15:30 und Sa 9:30
• 2 Kollektionen pro Jahr, aber alle 14 Tage neue Ware
Reduktion der Durchlaufzeiten
Mind. 60-90 Tage*
Vorteil Vertikale mind. 45 Tage
12-15 ´Tage* *exklusive der Leistungen der Vorstufe
gleich zu einem arbeitsteilig organisierten System durch die Reduktion von Durch laufzeiten innerhalb der Prozesskette. Als neueste Vertreter des vertikalisierten Onli neHandels gelten die InternetAnbieter, die ihren Kunden Produktkonfigurationen („MassCustomization“)oderCoDesignMöglichkeiten(„OpenInnovation“)anbieten wiez.B.Spreadshirt.DieseAnbieternutzendieInternetTechnologie,umdieKunden innahezualleStufenderWertschöpfungzuintegrieren(vgl.Reichwald/Piller2006,S. 209). Das setzt eine vertikale Struktur voraus, da sonst die Einflussnahme auf das Produktnichtmöglichwäre.
76
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
2.6
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
DasHandyistfürvieleMenschenzueinerSelbstverständlichkeitgeworden,dasMo bileShoppingabernochnicht(vgl.Wilhelm2009,S.10).ZwaristauchdasSurfenim Internet per Mobiltelefon seit der Einführung des „Wireless Application Protocol“ (WAPStandard)imJahr1997möglich(vgl.Turowski/Pousttchi2004,S.89;Alby2008, S.22). Langsame Verbindungen, fehlende Angebote und hohe Kosten führten jedoch zunächstzueinerunzureichendenNutzungdesWAP.Inzwischenistesaufgrundder technischen Weiterentwicklung im Bereich der Übertragungstechnologien und mobi len Endgeräte aber gelungen, neue Perspektiven für das mobile Internet zu schaffen (Bernauer2008,S.4).ZudemistdieMarktdurchdringungdesMobiltelefonserheblich höher als die des PCs. Statistisch gesehen besitzt jeder fünfte Deutsche mehr als ein Handy.BereitsimApril2008wurdedieGrenzevon100MillionenMobilfunkteilneh merninDeutschlandüberschritten(vgl.Gruner+Jahr2008a,S.6).Hinzukommt,dass die mobilen Endgeräte wie das Apple iPhone bedienungsfreundlicher und auch die Displays immer größer und besser lesbar werden. Als wesentliches Hindernis muss aber die Mobilfunktechnik „Universal Mobile Telecommunications System“ (UMTS) angesehen werden, die ursprünglich als Wachstumsmotor für das mobile Internet geltensollte,jedochdemgestiegenenDatenvolumenimMobilfunknichtmehrgerecht werden kann und inzwischen als überholt gilt (Kowalewski 2010, S. A7; Spehr/ Jörn 2010,S.T1).DieexplosionsartigeZunahmedesDatenverkehrsperMobiltelefonwird gefördert durch den immer stärkeren Preisverfall bei der Netztechnik, wodurch im mer günstigere Angebote für mobiles Surfen möglich werden. In Hinblick auf das heutige Datenvolumen hat sich UMTS in der Rückschau als Fehlschlag erwiesen. Insofernweisendiein2010versteigertenneuenMobilfunkfrequenzendenWegindie Zukunft: „Long Term Evolution (LTE) ist ein Paradigmenwechsel, es ist die vierte Mobilfunkgeneration,dieallesbessermachensollmehrKapazität,höhereBandbrei ten,bessereFunkabdeckung,unddaszugeringerenKosten“(Spehr/Jörn2010,S.T1).
2.6.1
Status des M-Shopping
Derzeit besitzen 26 Millionen Deutsche ein internetfähiges Handy, davon fast die Hälfte ein schnelles UMTSHandy. Tatsächlich nutzen allerdings nur 13 Prozent von ihnendasmobileInternet(vgl.BITKOM/Goldmedia2008,S.27).FastzweiDrittelder Deutschen,diekeininternetfähigesHandyhaben,sindauchzukünftignichtaneinem solchenGerätinteressiert(vgl.Accenture2008,S.4f).Abbildung226verdeutlichtdie GründefürdiegeringeAkzeptanzdesmobilenInternets.TrotzallerVorbehaltesteigt allerdingsdieZahldermobilenInternetKunden,diesichindenletztenbeidenJahren verdoppelt hat (vgl. Gruner + Jahr 2008a, S.17). Sinkende Preise und FlatrateTarife, verbesserte Geräte und Angebote im mobilen Internet sowie schnelle Verbindungen durch Technologien wie UMTS werden zukünftig für eine intensivere Nutzung des 77
2.6
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
mobilen Internets sorgen (vgl. Gruner + Jahr 2008a, S.6). Aktuelle Studien kommen einhelligzumSchluss,dasssichdas„HosentaschenInternet“(Bernauer2008,S.4)in naherZukunftdurchsetzenwirdunddamitauchfürdasMShoppingneueMöglich keiten eröffnet (vgl. Accenture 2008, S.15; Gruner + Jahr 2008a, S.17; BITKOM/ Gold media2008,S.45).
Abbildung226: VorbehaltegegenüberdemmobilenInternet Quelle: Accenture 2008, S. 11 Besitzer internetfähiger Handys, die Mobile Web nicht nutzen: Warum gehen Sie mit Ihrem Handy nicht ins Internet? Besitzer internetfähiger Handys, die Mobile Web nicht nutzen: Warum gehen Sie mit ihrem Handy nicht ins Internet?* Zugang über PC/Laptop ausreichend
79% 71%
Hohe Verbindungskosten Kleine, unübersichtliche Darstellung auf HandyDisplays
39%
Internetseiten auf dem Handy kompliziert zu navigieren
22%
Langsame Verbindung
22%
Unwissen, wie Internet auf dem Handy funktioniert
5%
* Mehrfachnennungen möglich
WährendderzeitimmobilenInternetvorallemklassischeDienstewieEMail,Nach richten und Wetter oder Verkehrsinformationen genutzt werden, erreicht das M Shopping den siebten Platz in den TopTen der beliebtesten mobilen Internet Angebote(vgl.BITKOM/Goldmedia2008,S.28).EineUmfrageergab,dass25Prozent derdeutschenKonsumenten ProdukteoderDienstleistungenmitihrem Mobiltelefon einkaufen würden (vgl. Lightspeed Research 2008, S.2). Auf den vordersten Plätzen liegen dabei nicht erklärungsbedürftige bzw. „onthego“Produkte (vgl. Lightspeed Research2008,S.1).InsofernbietetdasMShoppingdurchausChancenfürHandelsun ternehmen, obwohl das Mobiltelefon im Vergleich zum PC unweigerlich Einschrän kungen mit sich bringt und es derzeit in Deutschland nur begrenzte MShopping Angebotegibt.FürBekleidungsindz.B.lediglichMShopsderUnternehmenAmazon, Neckermann,Otto,QuelleundRalphLaurenbekannt.Dabeihandeltessichumspe ziellfürMobiltelefoneoptimierteSeiten.NichtoptimierteInternetSeitenbzw.Online 78
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
2.6
ShopssindfürMobiltelefoneentwedergarnichtodernursehreingeschränktnutzbar. Verglichen mit der hohen Zahl der OnlineShops in der Bekleidungsbranche ist das Angebot an MShops deutlich reduziert. Eine Studie von Proximity Germany weist deswegen auch darauf hin, dassdie ModeUnternehmen derzeitdigitale Trends ver schlafenunddasMShoppingnichtnutzenwürden(vgl.Proximity2008,S.1).
2.6.2
Grundlagen und Abgrenzung des M-Shopping
ZunächststelltsichallerdingsdieFrage,wasderBegriffMShoppingkonkretbedeu tet.DerBegriff„mobile“bzw.„M“verdeutlichtbereits,dassdieseArtdesShoppings nichtaneinenfestenStandortgebundenist.MobilwirddasShoppingdurchdieVer wendungvonGeräten,diefürdenmobilenEinsatzentwickeltwurden(vgl.Turowski/ Pousttchi 2004, S. 2) Sie können im Alltag mitgenommen und benutzt werden und sind außerdem in der Lage, mobiles Internet darzustellen (Bernauer 2008, S. 26). Bei den mobilen Endgeräten handelt es sich um klassische Mobiltelefone (Handys) im weiteren Sinne, den „Personal Digital Assistant“ (PDA) oder das Smartphone (vgl. Wiecker2002,S.405).AllerdingswirdalsAbgrenzungzumklassischenOnlineHandel dasNotebookalsMöglichkeitdesMShoppingsausgeschlossen,daesdemstationären PCinseinenMöglichkeiten(z.B.hinsichtlichDisplaygröße,Eingabemöglichkeitenetc.) zu ähnlich ist.Hinsichtlich des PDA ist festzustellen,dassder Verkauf dieser Geräte rückläufig ist. Diese werden außerdem immer mehr durch das Smartphone – einer MischungausHandyundPDA–ersetzt(vgl.BITKOM/Goldmedia2008,S.13;Wiecker 2002, S.417). Das Smartphone ist dabei als Mobiltelefon zu betrachten, für das syn onym der Begriff Handy verwendet werden kann. Dieses ermöglicht mit Hilfe von Übertragungstechnologienwiez.B.demUMTSdenZugangzumInternet,derdannin dieserKombinationdasmobileInternetdarstellt.DerMShopunterscheidetsichfolg lich vom OnlineHandel durch den Einsatz eines mobilen Endgerätes an Stelle eines stationären PC´s. Für ihn gelten ansonsten dieselben Merkmale wie für den „klassi schen“OnlineHandelunddamitdenDistanzhandel(vgl.Thelen2009,S.4). MShoppingisteinTeilbereichdesMobileCommerce(MCommerce).Zwarstehthier derAustauschvonWarenundDienstleistungenimVordergrund,dochzähleneben falls Informations und Kommunikationsprozesse wie z.B. „Location Based Services“ (LBS) zum MCommerce (vgl. Scheer et al. 2002, S.100; Lehner 2002, S.8; Turowski/Pousttchi2004,S.2).MCommerceundECommercegrenzensichvorallem hinsichtlichderverwendetenEndgerätevoneinanderab.BeimECommercehandeltes sichinderRegelumstationäreGeräte,wodurchderHandelüberwiegendortsgebun denstattfindet(vgl.Turowski/Pousttchi2004,S.1),währenddieserbeimMShopping nichtortsgebundenist.
79
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
2.6.3
Technische Grundlagen des M-Shopping
DadieVerbreitungdesmobilenInternetbzw.desMShoppingwesentlichdurchdie Entwicklung von schnelleren Übertragungstechnologien und verbesserten Geräten beeinflusst wird, werden im Folgenden beide Aspekte besonders gewürdigt (vgl. BITKOM/Goldmedia2008,S.11): Übertragungstechnologien Auf dem „Global System for Mobile Communications“ (GSMStandard) basierende MobilfunknetzezählenzudenMobilfunksystemenderzweitenGeneration(2G).Auf grund der jedoch sehr langsamen Datenübertragungsraten von GSM (9,6 kBit/s) ent wickeltensichEndeder90erJahreBrückentechnologien,dieauchals2,5Gbezeichnet werden. Das „General Packet Radio Service“ (GPRS) ist die dabei wohl bekannteste undammeistengenutzteTechnologie.Siewurde2001inDeutschlandeingeführt.Es handelt sichdabei um eineErweiterung des GSMStandards, der eineschnellere Da tenübertragung (115 kBit/s) ermöglicht (vgl. Bernauer 2008, S.22). Die dritte Mobil funkgeneration (3G) stellt das UMTS dar, das seit 2004 in Deutschland verfügbar ist (vgl. vgl. Thelen 2009, S. 6 f.). Bei UMTS ist jedoch, im Unterschied zur Erweiterung des GSMStandards durch GPRS, kein einfaches Update mehr möglich. Hier ist der Aufbau eines eigenen Netzes notwendig. Das hat zur Folge, dass die UMTS AbdeckungnochnichtmitderdesnahezuflächendeckendenGSMNetzesvergleich bar ist. Durch die Abwärtskompatibilität des UMTSNetzes wird überall dort, wo UMTS derzeit noch nicht verfügbar ist, automatisch auf das weiter verbreitete, aber langsamere GSM/GPRSNetz übergegangen. Während der Telefonkunde davon nichts mitbekommt, macht sich der Wechsel für den InternetKunden deutlich be merkbar(vgl.Alby2008,S.24).AuchkanndasUMTSnichtmitdenGeschwindigkei teneinesDSLAnschlussesimstationärenInternetkonkurrieren.DieseswirdinAb bildung 227 verdeutlicht. Trotzdem gilt UMTS als das Zukunftssystem, das die VerbreitungdesmobilenInternetvorantreibenwirdundaufdemzukünftigeTechno logienbasierenwerden(vgl.Alby2008,S.26).Zudiesenzählendiebereitsentwickel ten UMTSErweiterungen wie z.B. das „High Speed Downlink Packet Access“ (HSDPA).Siewerdenals3,5GbezeichnetundkönnenmitderErweiterungvonGSM durch GPRS verglichen werden. Die Datenübertragungsgeschwindigkeit wird da durchganzerheblichgesteigert(vgl.Alby2008,S.26f).AufdieFrage,welcheTechno logien sich als das Mobilfunksystem der vierten Generation durchsetzen werden, existierenunterschiedlicheMeinungen:Fürdieeinengiltdas„LongTermEvolution“ (LTE) als das „mobile Supernetz“, die anderen sehen Technologien wie „Worldwide Interoperability for Microwave Access“ (WiMAX) oder „IP Multimedia Subsystem“ (IMS)anvordersterStelle(vgl.Alby2008,S.30f.;Bernauer2008,S.24und26f.).
80
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
Abbildung227: ÜbertragungsgeschwindigkeitenimVergleich(inkBit/s) Quelle: Alby 2008, S. 27
MobileEndgeräte DisplaygrößeundbegrenzteEingabemöglichkeitenüberdieklassischeHandytastatur erschwerendieNutzungdesmobilenInternet.VoraussetzungfürdasSurfenimmobi lenInternetisteingrundsätzlichinternetfähigesGerät.Eine„schnelle“Verbindungins mobile Netz via UMTS ist nur mit einem speziellen, UMTSfähigen Gerät möglich. Diesbezüglich sind die auf dem Markt erhältlichen Mobiltelefone/Handys heute fast ausnahmslos UMTSfähig (vgl. Bernauer 2008, S. 26 f.). Handys unterscheiden sich dabei vor allem durch ihre kleinere Größe von den Smartphones. Smartphones sind eine Mischung aus Mobiltelefon und PDA, die für sich genommen eigentlich keine Telefonierfunktionbesitzen.Siebesitzeni.d.R.eingrößeresDisplayalsMobiltelefone undkönneneinehöhereAnzahlvonFarbendarstellen(vgl.Bernauer2008,S.27und 28f.).AuchunterscheidensichdieEingabemöglichkeitenüberkleinere,einklappbare oder einschiebbare Tastaturen (QWERTZTastaturen) bzw. Touchscreens von denen desHandys.SiekönnengewöhnlichmiteinemFingeroderStiftbedientwerden.So wohldieDisplaygrößealsauchdieEingabemöglichkeitendesSmartphonesermögli chenimVergleichzumMobiltelefoneineeinfachereundkomfortablereNutzungdes mobilenInternet.DaderAbsatzdieserGerätesteigt,befindendiesesicheindeutigauf dem Vormarsch (vgl. Bernauer 2008, S. 28). Mit dem wohl prominentesten Vertreter desSmartphones,demAppleiPhone,hatdas„InternetimTaschenformat“endgültig seinen Durchbruch erlebt. Doch machen jetzt auch die Wettbewerber wie Nokia, Microsoft und Google auf breiter Front mobil und strebennach dem „iPhoneKiller“ (vgl. Lufthansa Exclusive 03/09, S. 17). Große Beachtung erfährt das AndroidHandy G1 des Herstellers HTC, mit dem Google „in den Ring gestiegen ist“ (vgl. Fredrich 81
2.6
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
2009b, S. B3). Nach den Zahlen des Marktforschers Gartner hat Google mit seinem HandyBetriebssystem Android zu Jahresbeginn 2010 bereits seinen Konkurrenten Microsoft überholt und lag mit 10% Marktanteil erstmals auf Platz vier vor dem MicrosoftBetriebssystem Windows Mobile. Neben Google tummeln sich auf den erstenvierPlätzenweiterNokiasSymbiansowiedieSystemevonResearchinMotion und Apple. Mittlerweile wird das GoogleHandy Nexus One, das sich eng an die HTCTechnologie anlehnt, auch über den deutschen Einzelhandel vertrieben, wo durchseinErfolgauchhierzulandeabsehbarist(vgl.Heuzeroth2010a,S.30).
2.6.4
Produkteignung des M-Shopping am Beispiel Mode
Die Möglichkeiten des MShopping für den Verkauf von anspruchsvollen Produkten wurdenineinerStudienarbeitvonKristinaThelenuntersucht,dieimWintersemester 2008/2009anderHochschuleNiederrheinvondemAutorbetreutwurde.Daringing es um die Frage, inwieweit das MobileShopping auch für Bekleidung geeignet ist. Dabei wurden nicht nur die Besonderheiten von Bekleidung beachtet, sondern auch diespezifischenEigenschaftendermobilenEndgeräteunddesMobilfunksmitunter sucht(vgl.Thelen2009,S.11ff.). GeräteabhängigeMerkmale DasDisplayisteincharakteristischstesMerkmaldesMobiltelefons.Obwohlsichdies bezüglich ein Trend zu immer größeren Displays abzeichnet, wird dasMobiltelefon als„Hosentaschenbegleiter“niemalsdieGrößeerreichen,diefürdieDarstellungder meistenWebseitenakzeptabelwäre(vgl.Alby2008,S.64).Darinbestehteinedergra vierendstenEinschränkungendesMShoppingsfürBekleidung.JekleinerdasDisplay ist, desto kleiner sind die Produktabbildungen, die dem Kunden einen Eindruck der Warevermittelnsollen.EinerealistischeWiedergabevonMaterial,StrukturundFarbe ist jedoch gerade für Bekleidung von großer Bedeutung, um z.B. auch übermäßige Retourenzuvermeiden.GenaudarinliegtjedochaufgrundderkleinenDisplaygröße eine wesentliche Herausforderung für das MShopping. So müssen die Bilder vom ShopBetreibernachbearbeitetwerden,wobeidanndieDarstellungdesMaterialsbzw. derStrukturderWarealsErsatzfürdiehaptischeKomponenteoptimiertundFarben andasOriginalangepasstwerden(vgl.Erlinger2008,S.52f.).Einenichtzubeeinflus sendeKomponentebleibtaberdasverwendeteEndgerät.EinerseitsspieltdieBildauf lösung des Gerätes, die für eine scharfe Darstellung verantwortlich ist, eine zentrale Rolle.AufderanderenSeiteistdieAnzahlderdarstellbarenFarben(Farbtiefe)äußerst wichtig. Der Kunde muss sich auf die Farbdarstellung der abgebildeten Bekleidung verlassen können. Die Abweichung der auf dem Display erscheinenden Farbe vom realen Farbton ist allerdings häufig zu groß (vgl. Lochmann 2007, S.92). Vor allem ältere Mobiltelefone sind in der Darstellung der Farben stark begrenzt und auch die Displayauflösung ist noch nicht mit der von PCs vergleichbar (vgl. Alby 2008, S.64).
82
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
Ein weiterer Aspekt, der die Nutzung von Mobiltelefonen beeinträchtigt, ist die un günstigeLichteinwirkungaufdasDisplay.Mobileingekauftwerdenkannzwartheo retischüberall,anOrtenmitstarkerSonneneinstrahlungwirdderHandynutzeraller dingsProblemehaben,aufdemDisplayetwaszuerkennen(vgl.Alby2008,S.65f.).Bei trivialenProdukten,wiez.B.einemShampoo,istdasweitwenigervonBedeutungals beieinemanspruchsvollenProdukt,wiez.B.Bekleidung.NebendemDisplayistaber auch die Tastatur durch die Größe des Handys beschränkt. Während die klassische Handytastatur mit Mehrfachbelegung der Tasten zum Telefonieren ausreicht, ist sie fürdieNutzungdesmobilenInternetseherunkomfortabel.MitzunehmenderBeliebt heitvon„InternetHandys“(z.B.iPhone)nimmtallerdingsauchdieAnzahlderGerä te, die über bequemere Eingabemöglichkeiten verfügen, zu. Dazu zählen Touch screens,dieentwedermiteinemStiftoderFingerzubedienensindoderauchGeräte mitkleinen,vollständigenTastaturen,diesicheinklappenoderzuschiebenlassen.Mit einerComputertastaturistallerdingskeinedieserEingabemöglichkeitenvergleichbar (vgl.Alby2008,S.65ff.).DieNavigationimNetzstellteinweiteresHindernisfüreine bequeme Nutzung des mobilen Internets dar. Anstatt einer Maus oder anstelle von Tastaturbefehlen müssen Geräte ohne ein Touchscreen allein mit der Handytastatur auskommen. Bei Geräten mit Touchscreen, die mit dem Finger bedient werden, be stehtdieSchwierigkeitdarin,dieohnehinschonverkleinertenElementeexaktzutref fenunddieSeitezunavigieren(vgl.Alby2008,S.65ff.).ZusätzlichwirddiesesProb lemauchnochdadurchverstärkt,dassnurwenigeInternetSeitenfürdieDarstellung aufkleinenHandydisplaysoptimiertsind.DerHandynutzeristnichtnurgezwungen, nachuntenbzw.nachoben,sondernhäufigauchnochnachlinksbzw.nachrechtszu scrollen. Eine weitere, häufig ebenfalls nicht erfüllte Voraussetzung für das mobile InternetistdiereibungsloseStromversorgung.DieseerfolgtinderRegeldurcheinen Akku.DieInanspruchnahmeklassischerDienstedesMobiltelefonswiedasTelefonie renoderVerschickenbzw.EmpfangenvonSMSkostetnurwenigStrom.Diesbezüg lich sind Akkulaufzeiten von mehreren Tagen normal. Neue Anwendungen jedoch, wie das Verschicken und Abholen von EMails oder das MShopping via UMTS, verbrauchen relativ viel Strom (vgl. Alby 2008, S.66 f.). Schwierige Navigation und langeLadezeitennehmenZeitinAnspruchundbelastendementsprechenddenAkku. Mobil einkaufen kann der Handynutzer demnach nur solange, wie es die Akku Kapazität des mobilen Endgerätes auch tatsächlich hergibt. Diese reicht häufig noch nichtausundkanndeswegendenmobilenEinkaufbehindern.DaswohlgrößteHin dernis für das MShopping von Bekleidung stellt allerdings das fehlende Angebot mobiler InternetSeiten dar. So entscheiden sich viele ModeAnbieter immer noch gegen eine Optimierung ihrer InternetSeiten für Mobiltelefone, wie z.B. der Esprit OnlineShop (vgl. Thelen 2009, S. 16 ff.). Bei der Optimierung der InternetSeiten für denMShop,wieesz.B.derOttoMShoptut(z.B.www.otto.de),wirdjeweilszusätz lichzuderbestehendenInternetSeiteeinespeziellanMobiltelefoneangepassteSeite entwickelt (z.B. www.mobil.otto.de). Diese ist für den Anbieter unweigerlich mit ei nem höheren Aufwand verbunden, erleichtert aber das MShopping für die Kunden erheblich. So werden entsprechend der „Mobil Web Best Practices“ (vgl. Alby 2008, 83
2.6
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
S.118)dieDarstellungenvonInhaltenundauchdieInhalteselberandieeingeschränk ten Möglichkeiten der Geräte angepasst. Dieses betrifft z.B. Browser, Displaygröße sowieEingabemöglichkeiten(vgl.Alby2008,S.33)undistinsofernsinnvoll,alsdass sich Mobiltelefone aufgrund ihrer Einschränkungen nicht für eine umfassende Infor mationsdarstellung eignen. Außerdem ist davon auszugehen, dass Mobiltelefone häufiginanderenSituationenalsPCszumEinsatzkommenundabgerufeneInforma tionen in Bezug zu dem aktuellen Kontext des Benutzers stehen können (vgl. Alby 2008, S.33). Bezüglich der Gestaltung bzw. Darstellung von Inhalten bedeutet eine Optimierung beispielsweise, auf Bilder mit hoher Auflösung, vielen Farben, kompli zierten Tabellen sowie Frames zu verzichten und die Informationen kompakt darzu stellen. Hilfreich ist dabei auch die Fokussierung der Navigation sowie die Reduzie rung der Ladezeit. Speziell optimierte InternetSeiten für mobile Geräte bieten den Vorteil einer relativ schnellen, übersichtlichen und bequemen Nutzung. Sie sind au ßerdemaufnahezualleninternetfähigenHandysverfügbar.Esistalsosichergestellt, dassmöglichstvieleMobiltelefoneinderLagesind,dieoptimiertenSeitendarzustel len(vgl.Alby2008,S.118ff.und136ff.).EinerheblicherNachteilistallerdings,dass diese„abgespeckten“VersionenaufeinenGroßteilderimInternetverfügbarenFunk tionenverzichtenmüssen.Diesesistallerdingsimmernochbesser,alsInternetSeiten fürmobileGerätenichtzuoptimieren.DenndannsinddieSeitenmitdemMobiltele fon überhaupt nicht darstellbar oder allenfalls nur sehr eingeschränkt nutzbar (vgl. Alby2008,S.68f.).InternetSeitenbzw.OnlineShopssindhäufigjedochsehraufwän dig gestaltet und bieten dem Nutzer vielseitige Funktionen (z.B. der OttoStyling Shop). Dadurch erreichen die InternetSeiten eine Größe, die die Möglichkeiten der mobilen Geräte derzeit noch übersteigen. Die wichtigsten Funktionen, die dem Kun den eine intensive, interaktive Auseinandersetzung mit der Ware ermöglichen, sind derzeitübermobileGerätenichtverfügbar.DieNutzungdesOnlineShopsvonEsprit istzumBeispielmiteinemklassischenMobiltelefonundauchmiteinemSmartphone kaum möglich. Sie ist mit langen Ladezeiten, fehlerhaften Darstellungen sowie schlechterNavigationverbunden.AuchsindbeiEspritZoomFunktionennichtabruf bar. Ähnlich wie bei Esprit stellen sich auch die OnlineShops von Tommy Hilfiger undS.Oliverdar.DadienichtoptimiertenInternetSeitenkaumNutzungsmöglichkei tenfürdasMShoppingbieten,wurdeninderStudienarbeitvonKristinaThelenaus schließlich Mobiltelefone optimierter Angebote wie z.B.der OttoMShop herangezo gen,dievorallemVerbesserungenhinsichtlichderLadezeitenundderBedienbarkeit aufweisen(vgl.Thelen2009,S.18ff.). MobilfunkabhängigeMerkmale ObwohlvorallemderAusbaudesGSMNetzesheutesehrweitvorangeschrittenist, treten in ländlichen Regionen immer noch Funklöcher auf. Vor allem Zugreisenden dürftediesesProblembekanntsein.GeradeinSituationen,indenendasMobiltelefon eigentlichprädestiniertwäre,ummobilimInternetzusurfen,störenVerbindungsun terbrechungen erheblich. Fehlt die Verbindung ins mobile Internet, kann das M ShoppingdenAnsprucheinerMarkeimSinnederUbiquitätundÜberallerhältlichkeit 84
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
2.6
nicht mehr erfüllen (vgl. Thelen 2009, S. 18 f.). Eine dauerhafte Netzverfügbarkeit sowie eine hohe Übertragungsgeschwindigkeit sind für das MShopping ebenso wie für den OnlineErlebniseinkauf Grundvoraussetzung. Zwar wird das UMTS als Wachstumsmotor für die Verbreitung des mobilen Internet bezeichnet, trotzdem rei chendieÜbertragungsgeschwindigkeitennichtandieschnellenundrelativweitver breiteten DSLAnschlüsse des stationären Internets heran. Diesbezüglich schaffen Erweiterungen wie das HSDPA zwar Abhilfe, doch nicht alle Mobilfunkanbieter ha benihreNetzemitdiesem„Datenturbo“aufgerüstet(z.B.EPlusnicht).Hinzukommt, dassdieUMTSAbdeckungderzeitnochnichtalsflächendeckendbezeichnetwerden kann.DashatzurFolge,dassüberalldort,woUMTSnichtverfügbarist,automatisch auf das weiter verbreitete GSM/GPRSNetz zurückgegriffen wird. Dieser Wechsel bedeutetfürdenmobilenInternetKundeneineganzerheblicheVerlangsamung(vgl. Thelen 2009, S. 19). Das MShopping, welches auf Produktabbildungen mit längeren Ladezeitennichtverzichtenkann,wirddabeizurGeduldsprobe.DielangsameÜber tragungsgeschwindigkeitstelltderzeiteinesdergrößtenHindernissefüreinbequemes MShoppingdar.AberauchdiePreisederMobilfunkanbieterfürmobileDatendienste stelleneinweiteresHindernisfürdieNutzungdesmobilenInternetdar(vgl.Thelen 2009,S.19).TrotzsinkenderPreiseundFlatrateAngebotengeben71ProzentderBe sitzerinternetfähigerHandyshoheVerbindungskostenalswesentlichenGrundfürdie Nichtnutzung desmobilenInternetan(vgl. Accenture2008,S.11).Diesesind,vergli chenmitdenGesprächskostenundFlatratePreisenderzuverlässigerenundschnelle renDSLAnschlüsse,tatsächlichrelativhoch.DemgegenüberhatderKundeallerdings auchdenVorteil,mobilsurfenzukönnen(vgl.Albey2008,S.68).
2.6.5 Applikationen verändern die M-Shopping-Welt Während eine Applikation ursprünglich jede Art von Anwendungssoftware oder Programmkennzeichnet(vgl.Wikipedia2010),hatdieseimZusammenhangmitdem iPhone von Apple im Rahmen der sogenannten iPhoneApps eine mobilspezifische Rolleeingenommen.NachaktuellenMarktforschungsstudienvonGartnerwerdenin 2010rund4,5MilliardeniPhoneAppsausdemiTunesStoreheruntergeladen.Aktuell sindca.135.000vorausgewählteSoftwareprogrammefürdasiPhoneimAngebotmit täglichsteigenderTendenz(vgl.Meyer2010,S.1).SicherlichbeflügeltderVerkaufser folgdesiPhonesdiesenTrend.8,75MillioneniPhoneswurdenimletztenQuartal2009 von Apple verkauft. In Deutschland hat TMobile bisher mehrere Hunderttausend Geräte abgesetzt (vgl. Apple 2010; NETZWERTIG.COM 2008), und das, obwohl in technischerHinsichtdiverseandereSmartphonesmitdemiPhoneproblemlosmithal tenkönnenodergardessenFunktionsumfangübertreffen.AlsentscheidenderGrund fürdensichandeutendeniPodEffektbeimiPhone,dieAllgegenwärtigkeit,sindnach ExpertenmeinungdieApplikationenanzusehen,mitdenensichdieFunktionalitätdes Gerätesnahezuunbegrenzterweiternlässt.AufabsehbareZeitwirdhiersicherlichbis
85
2
New Online-Retailing — Was ist das eigentlich genau?
aufGooglesAndroidPlattformundderen„ApplicationMarket“keinandererAnbie ter mithalten können. Die Motivation, eine Anwendung zu installieren, liegt beim iPhone primär in der Erweiterung der Grundfunktionalität (NETZWERIG.COM 2008).FürjedeKategoriegibtesmittlerweileunterschiedlichsteRankingsundFavori ten. Alleine in Bezug auf das Thema Urlaub und Reisen werden rund 10.000 kleine Zusatzprogramme bereitgehalten. Damit wird das Handy zum multifunktionalen „Reiseführerwährungsumrechnerhotelfinderfahrplannavigator“. Ob Währungsrecner (Currencies), Mietwagenbuchung (Kayak), Restauranttischreservierung (Open Table) Mietfahrräder (Call a Bike) oder sogar Parkplatzbuchung (Simty), für jedes Problem hältderzentraleAppBasar,deriTunesStore,einepassendeAppbereit(vgl.Heuze roth2010,S.101).InHinblickaufdasMShoppingführtdieApp„woabi.de“(Abkür zung für „woandersbilliger“) bereits heutezu einem völlig veränderten Einkaufsver haltenbeidenAppNutzern.EsmussnurderBarcodedesgewünschtenProduktesan die Touchscreen gehalten werden, und in Sekundenschnelle wird angezeigt, wo es dasselbeProduktmitwelchemPreisbilligergibt.Insofernkommteszueineminnova tiven „ChannelHopping“ zwischen Stationärkauf und MShopping, der die M Shoppingweltverändernwird.
2.6.6 Zukunftspotenziale – Ausblick für das M-Shopping DerMShoperöffnetfürKundenundUnternehmenzweifelsohneattraktiveMöglich keiten.DiesekönnenallerdingsdiegravierendenEinschränkungen,diedasMobiltele fonalsVertriebskanalderzeitnochmitsichbringt,kaumkompensieren.FürdenPro duktbereich Bekleidung ist das MShopping noch nicht als geeignet anzusehen (vgl. Thelen 2009, S. 32). Die entscheidenden Kriterien beim Bekleidungskauf können auf grunddertechnischenMöglichkeitenderzeitnichtausreichendberücksichtigtwerden, was vor allem für modische Bekleidung gilt. Sicherlich ist dabei zu berücksichtigen, dasssogenannteTopBrandsvoneinemVertrauensbonushinsichtlichPassformund Qualitätprofitieren,weswegensiesichjaauchdurchausfürdenDistanzkaufanbieten (vgl.Fuchslocher/Hochheimer2001,S.137).DieserVorteilfälltjedochbeimodischen ProduktenweitwenigerinsGewichtalsbeiBasics,daModehinsichtlichderPassform ein größeres Wagnis für den Kunden darstellt. Sicherlich ist das MShopping für (Marken)Basicsoder„NeveroutofStock“Artikel(NOS)bessergeeignet.DasRisiko eines Fehlkaufs ist hier deutlich geringer, da i.d.R. Standardformen und keine hoch modischen Schnitte vorliegen. Auch sind das Produkt und die dazugehörige Größe gewöhnlich bekannt. Dass eine differenzierte Betrachtung der Bekleidungsprodukte fürdieBeurteilungdesMShopssinnvollist,bestätigtauchderRalpLaurenMShop, derausschließlich„RLClassics“(z.B.PoloShirts,SweatshirtsoderShorts)zumKauf überdasMobiltelefonanbietet(vgl.Thelen2009,S.33).DasUnternehmendürfteda mit die im Vergleich zum OnlineShop existierenden Einschränkungen des MShops undihreBedeutungfürdenKaufmodischerProdukteberücksichtigthaben.InAnbe
86
Mobile-Shopping und New Online-Retailing
trachtderNetbooks,diezunehmendaufdenMarkttretenundsichdurchausfürden mobilenAlltageignen,stelltsichdieFrage,obfürdasHandyalsmobileEinkaufsmög lichkeit überhaupt noch ein Bedarf besteht. Mittels UMTSKarten bzw. UMTSUSB Sticks kann auch mit diesen„MiniNotebooks“ drahtlos und überall im Netz gesurft werden.ImUnterschiedzumMobiltelefonistmitdiesenGeräteneinuneingeschränk terZugriffaufOnlineShopsunddamitdieNutzungallerdortzurVerfügungstehen denAngebotemöglich.Netbookssinddahersicherlichdiebessereundkomfortablere Lösung für den Bekleidungskauf (vgl. Thelen 2009, S. 33). Allerdings sind sie noch lange nicht so verbreitet wie das Mobiltelefon. Außerdem fehlen ihnen wichtige Merkmale des Mobiltelefons wie z.B. die „Hosentaschengröße“ und die ständige Er reichbarkeit per Anruf oder SMS. Aufgrund der fehlenden Telefonfunktion werden Netbooks wahrscheinlich für den Menschen niemals die gleiche Bedeutung erlangen wie das Handy. Sie sind deswegen auch keine echte Alternative zum MShopping (vgl.Thelen2009,S.33).TrotzseinermangelndenEignungfürmodischeBekleidung bietet der MShop als ergänzender Vertriebskanal nicht von der Hand zu weisende Chancen. Hier könnte die Einbindung des MShops in ein System bestehender Ver triebskanäle und die daraus resultierende ChannelHoppingMöglichkeit der Kanäle fürdenKundensicherlicheinenwesentlichenVorteilbieten(vgl.Thelen2009,S.33). DabeiermöglichendieanderenKanälewiez.B.derOnlineundderStationärHandel einumfassenderesInformationsangebot.Siesinddeswegenauchinsbesonderefürden VerkaufvonBekleidungzweifelsohnebessergeeignet.DiegroßeStärkedesMShops bestehtjedochinderAnywhereundAnytimeVerfügbarkeit.DerMehrwertfürden Kunden ergibt sich dabei nicht nur aus der ortsungebunden „RundumdieUhr Bestellmöglichkeit“, sondern ebenfalls auch aus der ständigen Nutzungsmöglichkeit vonServiceangeboten.SostellensicherlichdiespeziellaufdasHandyausgerichteten mobilen Services wie z.B. der Preisalarm im OttoMShop einen bedeutsamen Kun dennutzendar.InderNutzungdieserStärkeliegtdieChancedesMShopsalsergän zenderVertriebskanalzumOnlineShop(vgl.Thelen2009,S.33).Wiehochjedochdas genaue MShoppingUmsatzpotenzial in Deutschland ist, lässt sich nur schwer ab schätzen. Mit rund 100 bis 150 Mio. € Umsatz bewegt sich der Anteil am Online Handelbeimaximal1Prozent.NeuesteUmsatzprognosenschätzendenMarkt2014– je nach Nutzerkapazität – auf 300 Millionen bis 1,8 Milliarden € (vgl. Internet World 2009, S. 26). Dabei wird im optimistischen Fall eine Shopperquote von 80 Prozent unterstellt.SelbstdieHälftederMaximalprognose,also900Millionen€,stellennoch einerechtoptimistischeZahldar.Insofernistbis2014–beidannrund40Mrd.€Um satzimOnlineHandel–einMShoppingAnteilvonvielleicht2Prozentzuerwarten. Hinsichtlich der HandyApplikationen ist im Gegensatz zum reinen Warenumsatz jedochdasMShoppingschonjetzteineErfolgsgeschichte.NacheineraktuellenStudie vonGartnerwerden2010weltweit6,2Milliarden$fürHandyAnwendungenausge geben,voraussichtlich60Prozentmehrals2009.Dahinterstehenrund4,5Milliarden heruntergeladeneMiniProgramme,vondenenca.80Prozentkostenlosseinwürden. Allerdings erzielen die Anbieter solcher Anwendungen mit Werbung zu den so ge nanntenAppsnocheinmalrund600Millionen$(vgl.Handelsblatt.com2010,S.1). 87
2.6
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.1
Ermittlung der Erfolgsfaktoren im OnlineHandel
Im nächsten Schritt geht es darum, allgemein gültige Grundsätze abzuleiten, die als Erfolgsfaktoren des OnlineHandels angesehen werden können. Erfolgsfaktoren sind üblicherweiseEinflussfaktoren,dieeinenmaßgeblichenBeitragzumUnternehmenser folgleisten(vgl.Patt1988,S.6ff).EsgehtdabeivorallemumdieFrage,warumund auf welche Art OnlineHändler Erfolg haben, während es dem nichterfolgreichen OnlineHandel misslingt, die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen. Der Erfolg bemisst sich dabei sowohl an betriebswirtschaftlichen Größen des betrachteten Inter netUnternehmens, wie z.B. Umsatzwachstum und Profitabilität, als auch an spezifi schenOnlineKennzahlen.Diesebetreffenz.B.dieReichweitedesEShops(z.B.Besu cherproMillionenWWWNutzer),dieVernetzungdurchdenUniformResourceLo cator (URL), der auf eine andere URL verlinkt, sowie die Schnelligkeit der Website (z.B.LadezeitinSekunden).InsbesondereandenbetriebswirtschaftlichenKennzahlen sind viele OnlineHändler gerade in den Anfangsjahren der New Economy geschei tert, als die Höhe der „CashBurnRate“ noch ein Statussymbol in den einschlägigen Insiderkreisendarstellte(vgl.Heinemann2008g,S.140ff.). Die qualitative Ermittlung der Erfolgsfaktoren folgt einer standardisierten Vorge hensweise, die in Abbildung 31 dargestellt ist. Demnach wird zunächst die Aus gangssituation der OnlineHandelsunternehmen differenziert beleuchtet. Dabei wird recherchiert, welche Form des OnlineHandels vorliegt, ob also PureOnlineHandel, kooperierender OnlineHandel, MultiChannelHandel, hybrider OnlineHandel oder vertikalisierter OnlineHandel betrieben wird. Außerdem wird der Internationalisie rungsgrad, die Betriebsgröße sowie die Historie berücksichtigt. Danach folgt die ge naue Abschätzung des Geschäftskonzeptes aus einer OutsideInPerspektive (vgl. Heinemann 1989, S. 105). Dabei geht es um die Frage, welche Geschäftsidee vorliegt und welcher Kundenmehrwert geboten wird. Der nächste Schritt ist ein Strategie Check,beidemu.a.gefragtwird,welchePositionierunggewähltwurde,welchePro dukte und Dienstleistungen vertrieben werden, welche Wertschöpfungstiefe (make orbuy) zugrunde liegt und welches Vermarktungskonzept verfolgt wird. Danach erfolgt dann die Einschätzung des Geschäftssystems nach Kern und Supportprozes sensowieProzessIdee,TriageIdeeundinformellerVernetzung.ImletztenAnalyse schrittgehtesschließlichdarum,welcheStrukturenundSystemevorliegen,differen 88
Ermittlung der Erfolgsfaktoren im Online- Handel
Abbildung31:
ErmittlungderErfolgsfaktorenimOnlineHandel
Quelle: Eigene in Anlehnung an Droege&Comp. 2003
Ausgangssituation
• Handelsform? • Betriebsgröße? • Internationalität? • Historie?
Was ist die Geschäftsidee und welcher Kundenmehrwert wird geboten?
Geschäftskonzept Strategie Produkte
Welche Konzepte liegen vor? AddedValue
Kunden
•Welche Positionierung? •Welche Produkte/Dienstleistungen? •Welche Wertschöpfungstiefe? •Welches Vermarktungskonzept?
Geschäftssystem Wie sind die Kern- und SupportProzesse gestaltet?
Prozess-Idee
Triage-Idee
Informationelle Vernetzung Welcher Art sind die Strukturen? und Systeme?
Strukturen
•Organisation •Zuständigkeiten •Infrastruktur
SteuerungsSysteme
•Planung •Steuerung •Controlling
IT
Personal Welcher Erfolg wird realisiert?
•Hardware •Software •Netz
•Qualität •Erfahrung •Anreize
Erfolgsfaktoren im OnlineHandel
ziert nach Organisation, Steuerungssystemen, IT sowie Personal und internetspezifi schenFähigkeiten.BasisfürdiequalitativeErmittlungderErfolgsfaktorenimOnline Handel bilden über 150 Erfahrungsberichte aus unterschiedlichen Online Handelsunternehmen, mehr als internationale „Best Practice Case Studies“ seit 2007 sowie mittlerweile unzählige Expertengespräche, die zu diesem Thema geführt wur den. Eingeflossen sind auch die Erfahrungen aus 20 Beratungsprojekten, die direkt oderindirektmitdemOnlineHandelzutunhatten. FasstmandiegewonnenenAnalyseergebnissezusammen,dannkönnenachtzentrale Erfolgsfaktorenabgeleitetwerden,dieinAbbildung32dargestelltsind:
89
3.1
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Abbildung32:
8SErfolgsfaktorenimOnlineHandel
Shop-Attraction and SellingProposition Sourcing-Concept and Strategic Alliances
SocialTargeting and Societing
Supplement- and Support-ChannelStrategy
Service- and SearchSolutions
SecurityStandard and -Reputation System- and Supply-ChainExcellence
Singular-focusedCustomization and Personalization
ErfolgsfaktorNr.1:DieeinzigartigeAnziehungskraftdesEShopsundeindeut lichprofiliertesLeistungsversprechen(ShopAttractionandSellingProposition).
ErfolgsfaktorNr.2:EineextensiveNutzungvonCommunitiesundsozialenNetz werken(SocialTargetingandSocieting).
ErfolgsfaktorNr.3:ExzellenteundschnelleSelbstbedienungs,ServiceundSuch lösungen(ServiceandSearchSolutions).
ErfolgsfaktorNr.4:MaximalmöglicheIndividualisierungundPersonalisierungin derKundenansprache(SingularfocusedCustomizationandPersonalization).
Erfolgsfaktor Nr. 5: System und SupplyChainExzellenz (System und Supply ChainExcellence).
Erfolgsfaktor Nr. 6: Bestmögliche SicherheitsStandards und Reputation (Securi tyStandardsandReputation).
Erfolgsfaktor Nr. 7: Ergänzung des OnlineLeadChannels um unterstützende Absatz und Kommunikationskanäle (Supplement and SupportChannel Strategy).
Erfolgsfaktor Nr. 8: SourcingKonzept und strategische Allianzpartnerschaften (SourcingConceptandStrategicAlliances).
90
Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
3.2
Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
Der OnlineKunde von heute ist nicht zuletzt aufgrund seiner Multioptionalität an spruchsvollerundvielschichtigerinseinenBedürfnissengeworden.Dabeiisteserfor derlich, in der strategischen und operativen Ausrichtung des OnlineUnternehmens frühzeitigdie zukünftigenEntwicklungen undMegatrendszuberücksichtigen.Dies bezüglich stoßen allerdings die herkömmlichen Marketinginstrumente wie z.B. die klassische Marktsegmentierung und das TargetMarketing schnell an ihre Grenzen (vgl. Gömann/Münchow 2004, S. 178). Erfolgreiche Handelskonzepte im Internet zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie Megatrends bereits in der Vergan genheitrechtzeitigerkanntundantizipierthaben.Ihnenistesgelungen,denGesamt mix aus Markenauftritt, Vertriebsweg, Sortiment, Service und Preisgestaltung weit übereineausschließlichzielgruppengerechteBedarfsdeckungsfunktionhinausauszu richten.Nursokonntensieesschaffen,auchinderinteraktivenKundenbeziehungein einzigartigesKauferlebniszuerzeugen,dasnichtnurvoneinerspitzenZielgruppeals solches empfunden wird, sondern zielgruppenübergreifend Anziehungskraft ausübt. Dieses Erfolgsrezept bringt die Bezeichnung „AttractionMarketing“ treffend zum Ausdruck(vgl.Gömann/Münchow2004,S.180).
3.2.1
Attraction-Marketing
und Customer-Value-
Orientierung ImOnlineHandelsindvorallemdieGeschäftskonzepteerfolgreich,dieeineeindeuti geDifferenzierunggegenüberdenWettbewerbernerreichthaben.Esgehtdarum,eine Anziehungskraft im OnlineMarkt zu erzielen, der von hybriden Konsumenten ge prägtwird.IndiesemMarkt,derinHinblickaufdasKonsumentenverhaltenunbere chenbaristundindemsichdieKundenschwervoneinerspeziellenMarkeundeinem speziellen Anbieter nachhaltig begeistern lassen, ist auch der OnlineKunde nicht mehr nur durch einfache oder integrierte Zielgruppenmodelle abbildbar. Die ent scheidendeFrageist,wiedurcheineneinzigartigenundaufalleEbenenderKunden kommunkationvernetztenEinsatzvonMarketinginstrumenteneineAnziehungskraft ausgeübtwerdenkann,diezielgruppenübergreifenddenKonsumentenzurInterakti onmitdemMediumInternetbewegt(vgl.Gömann/Münchow2004,S.183). EineaußergewöhnlicheAnziehungskraft(ShopAttraction)kannabernichtbloßdurch einzelneMaßnahmenerzieltwerden,sondernmussaufeineganzheitlicheAnsprache und Befriedigung der OnlineKunden ausgerichtet sein. Sie sollte vor allem auf den glaubhaften Auftritt des EShops abzielen. Beim HomeShopping stehen vor allem Motive wie z.B. Kontrolle über den Einkaufsprozess (z.B. Vergleichsmöglichkeiten, Preistransparenz, Retourenmöglichkeiten) sowie Convenience im Vordergrund. Bei 91
3.2
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
des reicht aber nicht aus, um Kundenbegeisterung und nachhaltige Kundenbindung sicherzustellen. Entscheidend ist der Brückenschlag zur Sortimentsebene. Im Sorti mentsangebotmusssichdiekommunizierteMarkenpositionierungwiderspiegelnund eine glaubhafte Verbindung zum EShop herstellen. Gerade die „räumliche Unbe grenztheit“imOnlineHandelverleitetoftdazu,allesanzubietenunddamiteineklare Liniebzw.Ausrichtungunmöglichzumachen.EinemOnlineHändlersollteesnicht egalsein,oberalsMedienhändlermitZusatzsortimentenoderalsGemischtwarenla den wahrgenommen wird. Diesbezüglich bietet sich z.B. ein definierter Mindestum fangdesKernbzw.Stammsortimentes(z.B.mindestens50ProzentUmsatzanteilmit Medienprodukten)an.BrücheimMarkenbilddesKundensindbeiderSortimentsaus richtung unbedingt zu vermeiden. Bei vielen OnlineHändlern kommt es heute zu teilweise erheblichen Widersprüchen zwischen den Handlungsebenen EShop, E MarkesowieSortiment.DabeifindensichdanndaskommunizierteMarkenbildsowie dieversprochenenMehrwerteaufderShopundSortimentsebenenichtwieder. ErstaunlichhäufigwirddieNotwendigkeiteinerBetriebstypenprofilierungdesInter netShopsvernachlässigt(vgl.Heinemann1989,S.17).WürdederNameweggelassen, könnten die Kunden die betroffenen OnlineHändler kaum noch identifizieren (vgl. Gömann/Münchow 2004, S. 194). Hier steckt in Hinblick auf den ganzheitlichen An satz des AttractionMarketings noch vielPotenzial.Esist nicht nachvollziehbar, dass sich der „FlagshipStore“Gedanke, der zentrale Bedeutung im stationären Handel erlangt hat, noch immer nicht im OnlineHandel durchsetzen konnte, vor allem des halb,weildietechnischenMöglichkeiten(z.B.3DBildqualitätmitZoomfunktion)eine beinahenochgrößereFaszinationsvermittlungbeimWebshopbesuchermöglichenals beim Einkauf im stationären Geschäft. Während dort allerdings Millionenbeträge in immer gigantischere Ladeneinrichtungen investiert werden, bleibt die EShop Gestaltung vielfach noch weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das ist insofern unverständlich,alsdassderInternetKanaldieweitausgrößerenUmsatzpotenzialezu bieten hat als der stationäre Verkaufskanal. Erfolgreiche OnlineHändler haben den FlagshipStoreGedankenaufgegriffenundumgesetzt. Abgesehen von den Voraussetzungen in Hinblick auf Produkteignung und Produkt darstellung geht es beim AttractionMarketing vor allem auch darum, dem Online KundeneinenMehrwertzubieten.Erfolgskritischistdiesbezüglich,demKundendas Produktangebotsodarzustellen,dassderGesamtnutzendesInternetEinkaufsgrößer istalsderAufwanddieserKunden,imInternetKanalihrenProduktwünschennach zukommen. Tendenziell sollte der Nettonutzen aus dem OnlineEinkauf größer sein, alsderjenigeausdemEinkaufintraditionellenHandelsformen.Nurwennderspezifi scheVorteildesInternetsvonUnternehmenmaximalausgeschöpftwird,kanndieser imdirektenVergleichzumtraditionellenShoppingeinenhöherenNutzenstiften.Das betrifftalleBereichedesMarketingMix.ErstdasZusammenspielallerFaktorenbildet den Gesamtnutzen, wie Abbildung 33 zeigt. Es wird deutlich, dass Aufwand und Nutzen von erhöhenden und vermindernden Faktoren abhängt, die dann in ihrer Gesamtheit gegeneinander aufgewogen werden. Wirksam wird dabei die Tatsache, 92
Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
dassAngeboteimOnlineShopnichtnuralseigenständigesProduktwahrgenommen werden, sondern auch die Art und Weise des InternetEinkaufs damit verbunden wird.DeswegensolltejederOnlineHändlerdafürsorgen,dassauchdieInformation und Kommunikation der Vorteile den wahrgenommenen Nettonutzen erhöhen (vgl. Kollmann 2007, S. 79ff.). Auch der Erfolg von Amazon beruht auf diesem Prinzip. DurchZusatzinformationenüberdasProduktundpersonalisierteDienstestelltAma zoneineindividuelleBedienungderKundensicher,diezumTeilQualitätendeseins tigen Kleinbuchhändlers aufweist (vgl. Booz 2000, S. 38). Amazon stellt dabei weit mehr Inhalte zur Verfügung als die reine Titelinformation. Rezensionen, persönliche Empfehlungen, Neuerscheinungshinweise, Geschenktipps sowie Informationen über weiterführendeoderähnlicheLiteraturschaffeneinenpermanentenInformationsaus tauschunddadurcheinenerheblichenCustomerValue.DieserMehrwertwiederum erhöhtdieShopAttractionunddamitden„interaktivenAnreiz“fürdenKunden.
Abbildung33:
DasNettonutzenKonzeptimOnlineHandel
Quelle: Kollmann 2007, S. 79 in Anlehnung an Billen 2004, S. 343
+
• Erhöhte Markttransparenz • Informationsmehrwert • Unterhaltungswert
+ -
Nutzen
• Beurteilungsprobleme • Beschreibungsprobleme • Geringes E-Potenzial Nettonutzen
+
• Einkauf von zu Hause • Keine Öffnungszeiten • Schnelle Einkäufe • Vergleichsmöglichkeit
-
Aufwand
• Erschwerte Preisverhandlungen
• Datenschutz • Beratungsaufwand
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Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.2.2
Killer-Differenzierungsfaktoren
ElementareGrundlagefüreineklareDifferenzierungwirdindenkommendenJahren diePolarisierungdesKonsumentenverhaltensbilden.WieausAbbildung34hervor geht, muss es aufgrund der strategischen Ausrichtung in Discount, Source, Erlebnis und Convenience insbesondere bei den OnlineHändlern zu einer Erweiterung ihres bisher überwiegend praktizierten TargetMarketing zu einem AttractionMarketing kommen.NurdiejenigenOnlineHändlerwerdennachhaltigErfolghabenkönnen,die mindestens einen der vier „KillerDifferenzierungsfaktoren“ KillerPreis, Killer Produkt/Category,KillerServiceundKillerFeatureaufweisen.DabeisolltederOnli neHandeldasAttractionMarketingunterBerücksichtigungpsychographischerKun den und Lebenstiltypen weiterentwickeln, um damit kundenübergreifend Anzie hungskraft in Hinblick auf die strategischen Differenzierungsfaktoren zu erzeugen. Diese Anziehungskraft ist durch eine Schaffung neuer sowie die Entdeckung bisher unbefriedigter Motivationslagen und Kundenbedürfnisse zu erreichen. Dabei zeigt sich,dass vorallem die OnlineHändler Erfolg haben, diemöglichst viele der in Ab bildung34aufgezeigtenKillerDifferenzierungsfaktorensimultanverfolgen. Abbildung34:
KillerDifferenzierungsfaktorenimOnlineHandel
Quelle: Eigene Killer-Produkt/ -Category als erfolgskritischer Differenzierungsfaktor („Source“)
Killer-Feature als erfolgskritischer Differenzierungsfaktor („Erlebnis“)
Killer-Preis als erfolgskritischer Differenzierungsfaktor („Discount“)
Killer-Service als erfolgskritischer Differenzierungsfaktor („Convenience“)
Hardfactors
Softfactors
DiesbezüglichgehtesauchumdieSchaffungbesondererMehrwerte,diedenKunden zeitnah angeboten werden. Insofern kann AttractionMarketing nicht losgelöst von einer CustomerValueOrientierung praktiziert werden. Als Beispiele lassen sich ver einfachte Kaufvorgänge („mit 3 Klicks zum Ziel“), günstige Preise (z.B. Shopping Börsen) oder ein hochmodisches und zugleich attraktives Angebot (z.B. Liveshops) nennen (vgl. Gömann/Münchow 2004, S. 184). Im Sortiment des OnlineHändlers müssensichdiekommunizierteEMarkenPositionierungundderMehrwertdesKun
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Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
den widerspiegeln. Insbesondere aufgrund der räumlichen „Unbegrenztheit“ neigen OnlineHändlerdazu,Sortimenteaufgrundder(noch)kurzfristigerzielbarenUmsätze anzubieten,obwohldieseProduktenichtzurMarkenaussagepassen.Entscheidendist, obderOnlineHändlerinderLageist,seinenKundeneinattraktivesSortiment(„Kil lerCategory“) in der erforderlichen Breite und Tiefe zu einem guten Preis Leistungsverhältnis anzubieten. Dabei ist nicht unbedingt die absolute Anzahl der angebotenenArtikelentscheidend,sondernvorallemdasAngebotderfürdieKunden passenden Artikel. Erfolgreiche OnlineHändler konzentrieren sich dabei eher auf wenige Artikel, die zum richtigen Zeitpunkt die entsprechenden Kundenbedürfnisse deckenbzw.wecken.SiebietenregelmäßigKillerProduktean,alsoAngebote,diesich durch ein besonderes PreisLeistungsverhältnis in Verbindung mit einer trendigen Ausstattungauszeichnen(z.B.iProdinSpezialfarbenbzw.mitInitialien,diewöchent liche TchiboWorld, der Top1Hitlistenartikel etc.). KillerProdukte erzeugen beim Kunden eine hohe Begeisterung und führen zu intensiver MundzuMund Propaganda,forcierenalsoauchViralMarketingMaßnahmen.GleichesgiltfürKiller Preise, die mindestens „AldiNiveau“ haben sollten, wenn der Positionierungs schwerpunkt in Richtung Discount angelegt ist. Ähnlich den KillerProdukten und KillerPreisen können auch KillerFeatures und KillerServices eine Sogwirkung ent wickeln.AlsKillerFeaturewirdeineEigenschaftbezeichnet,diedafürsorgt,dassder Nutzer eines InternetKanals einen Mehrwert hat. Dieser Mehrwert kann sehr unter schiedlichausgeprägtseinundvonderLösungeinesprogrammatischenProblemsbis hinzueinerBeziehungsfindungreichen.EristalsAuslöserfürdieBildungeinerOnli neCommunitygedachtundistzugleichauchBedingungdafür.DasMerkmal(„Fea ture“) der Groupware muss einen direkten Nutzen für die Anwender geben. Aller dingsreichtdiepureExistenzeinesderartigenMerkmalsfürdieBildungeinerCom munity nicht aus. Genauso wichtig sind die Bereiche Awareness, Stabilität und Benutzerschnittstelle. Ein Nutzer sollte bereits einen Mehrwert haben, wenn er sich aufderCommunityWebsitealleineanmeldet.DerMehrwertvervielfältigtsichdann, wenn sich zusätzlich noch andere Nutzer anmelden (vgl. Pietsch/König 2007, S. 1). KillerServices kommen neben Schnelligkeit, Usability sowie Reklamations und Re tourenkulanz vor allem in herausragenden SelfServiceFunktionalitäten zum Aus druck.DurchLimitierungundintensivemultimedialeHerausstellungderverfügbaren ProduktekannzusätzlichzurEFlagshipStoreGestaltung auchdurchdieAttraktivi tätdesAngebotseinSogeffekterzieltwerden.DieseSogwirkunghatdannwiederum positiveAusstrahlungaufdieEStoreBrand.WesentlichesErfolgsrezeptvonBogner Homeshopping ist z.B. die Limitierung hochwertiger Artikel, die ausschließlich im InternetKanalerhältlichsind.InengerAbstimmungmitdemMagazinkatalogwerden dabei exklusive Angebote im OnlineShop lifestyleorientiert dargestellt. Bogner ge lingt es z.B. auch, DOBJacken im TopPremiumSegment über 8.000 € als „Renner“ onlinezupositionierenundkanninsofernalshervorragendesBeispielfüreinen„Life styleInternetKanal“angesehenwerden.DieseristauchvondenGeschäftszahlenher zueinemgroßenErfolggeworden(vgl.Heinemann2008g,S.155).
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Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.2.3
Multimediale Darstellung und Mehrdimensionalität
Das Design der Websites wird für die ShopAttraction immer wichtiger. Bevor aber die neuesten Darstellungsformen auf dem Programm stehen, gilt es, die Basis Gestaltungsregeln eines Webshops zu beachten. So geht der Blick des Users einer WebsiteinderRegelvonlinksobennachrechtsoben,weswegendiewichtigstenEin kaufswerkzeuge sich in einer Navigationsleiste am oberen Rand befinden sollten. Ferner empfiehlt es sich, den Eingang zum EShop am oberen Rand der Startseite anzubringen. Sobaldder Kunde sich aufder Hauptseite des Shops befindet,sollte er die Buttons zum Warenkorb, zum persönlichen Konto sowie zu den zentralen Hilfs funktioneninderoberenEckeanklickenkönnen.Wichtigistdabei,dassdieSuchfunk tionschnellundproblemlosgefundenwerdenkann.SchließlichsolltedielinkeRand leistedenOnlineKundendirektzudenSortimentenundBeratungsfunktionenleiten. Das Alleinstellungsmerkmal des Shops, die Hotspots sowie die (schnell ladenden) VorteilsargumentebefindetsichidealerweiseimZentrum(vgl.Lochmann2007,S.72). Die Möglichkeiten der Produktpräsentation in elektronischen Medien sind denen in Printmedien weit überlegen. Das Zusammenspiel von multimedialer Darstellung, detaillierten Informationsangeboten, Suchhilfen, Konfigurationshilfen, Dialogelemen ten sowie interaktiven Unterhaltungselementen ist mehr als geeignet, auch vor dem Bildschirm faszinierende Kauferlebnisse zu vermitteln. Gerade deswegen ist es ver wunderlich, dass sich der „FlagshipStore“Gedanke bisher im OnlineHandel noch nicht durchsetzen konnte, denn die technischen Möglichkeiten lassen seine Umset zungzu.Factory121,einInternetAnbieterfürhochwertigeHerrenundDamenuhren aus der Schweiz, ist eines der immer noch wenigen Beispielunternehmen, die dieses begriffenhaben.BenutzerfreundlicheKonfigurationsmöglichkeiten,schnellerBildauf bausowieausgezeichnete3DBildqualitätmitZoomfunktionzeigen,wie„NewOnli neHandel“ sich „StateoftheArt“ präsentieren sollte (vgl. Reichwald/Piller 2006, S. 240). DieKombinationverschiedenerMultimediaKomponentenwiez.B.Text,Bild,Grafik, Ton, Video und Animation lässt jedes Produkt mittlerweile vermarktungsgerecht darstellen und ermöglicht die Inszenierung von Erlebniswelten. Neben den klassi schenElementenText,BildundGrafikwerdenfolgendeElementefüreinemultimedi aleundmehrdimensionaleProduktdarstellunggenutzt(vgl.u.a.Lochmann2007,S.73 ff.;Kollmann2007,S.69ff.).VorallemEShopsimLuxusbereichwieu.a.Escada,Dior, Gucci, eLuxury, Netaporter und Neiman Marcus zeigen, was heute in Hinblick auf MultimedialitätundMultidimensionalitätmöglichist:
Video und virtueller Laufsteg: Podukte können bei ihrem Einsatz gezeigt wer den, während eine Stimme die Funktionen des Produktes erklärt. Vor allem für Produkte mit hohem Informationsbedarf bietet sich diese Darstellungsform an, ohne den Kunden zu „überfrachten“. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn nur professionellwirkendeVideosanimierendieKundenzumKaufundermöglichen den OnlineKunden, sich in der virtuellen Welt realistische Vorstellungen vom 96
Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
Produktzumachen(vgl.Kollmann2007,S.70).VorallemfürhochwertigeMode bietetsichdiesesInstrumentan.SoermöglichenLuxusMarkenwiez.B.Chanelei ne Art Insiderzugang zum Catwalk, der normalerweise nur VIPs oder der Presse vorbehaltenist.DieseserfolgtmitHilfevonStreamingVideos,DiashowsundRe views von variierenden Laufsteg und Backstage Videos (vgl. Lochmann 2007, S. 74).DadurchwirddemBesuchereineinzigartigeswebspezifischesErlebnisgebo ten.BeiHugoBosskannmansichnichtnurdieKollektionmiteinerentsprechen denMusikuntermalunganschauen,sondernauchdurchAnklickenderVideofunk tion interaktiv auf dem Laufsteg sehen. Dadurch ist es möglich, das Kleidungs stückinBewegungzubetrachtenundinEchtzeitzuerleben.
Sound:AuchohneVideosistesmöglich,einebesondereEinkaufsatmosphäreim EShop zu schaffen, indem der WebAuftritt mit Musik untermalt wird. Es bietet sich auch an, die Produktdarstellungen durch akustische Elemente zu unterstüt zen,wasbeiMusikdownloadsbereitshäufigpraktiziertwird.DabeikannderOn lineKundeseinProdukt(z.B.MP3File)nacheinerHörprobebeurteilenundkau fen(vgl.Kollmann2007,S.70).InHinblickaufeinbarrierefreiesInternetgewinnt die Akustik in Form von Sprachausgabefunktionen ebenfalls eine herausragende Bedeutung.
Animation: Anders als beim Video beinhalten Animationen keine realen Darstel lungen eines Produktes, sondern benutzen ausschließlich grafische Zeichnungen. Häufiges Ziel dabei ist es, den Unterhaltungswert einer Website zu erhöhen, wie z.B. beim Nokia Designspecial (www.nokia.de/designspecial), bei dem einzelne FunktionenderdargestelltenMobiltelefonedurchAnimationverdeutlichtwerden (vgl.Kollmann2007,S.70).ZunehmendEinsatzfindetdieAnimationjedochauch bei der Produktindividualisierung. Die so genannten MassCustomization Anbieterwiez.B.Factory121,NikeID,MiAdidasoderauchSpreadshirtbietenih ren Kunden die Möglichkeit einer individuellen Produktkonfiguration an. Das KonfigurationsToolstelltdabeiaucheineFormderAnimationdar.
Interaktive Elemente: Hierbei handelt es sich um bestimmte OnlineFunktionen, mitdenenKundendazuangeregtwerdensollen,sichintensivermiteinemPodukt auseinanderzusetzen. Typische Beispiele sind Bewegungs und Zoomfunktionen, dieeserlauben,einausgesuchtesProduktvonallenSeitendreidimensionalzube trachtenwiez.B.beivodafone.de,woderBesucherdenBildausschnittinalleRich tungenbewegenunddasausgesuchteHandybeliebighinundherschiebenkann. Die dazu verwendeten FlashElemente können dabei auch für das Heranzoomen einesProduktesbenutztwerden.Diesesfindetz.B.imFashionOnlineHandel(z.B. bei esprit.de) zunehmend Verbreitung, damit die Kunden die Stoffstruktur eines Kleidungsstückesbessererkennenundbeurteilenkönnen(vgl.Kollmann2007,S. 71). Viele Websites bieten mittlerweile dem Kunden eine Gelegenheit, ihre Mei nungen zu äußern oder Fragen zu stellen, wodurch über das Internet eine Art Kundenserviceentsteht(vgl.Lochmann2007,S.77).
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3.2
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Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.2.4
E-Branding, E-Brand-USP und E-Brand-Pull
EineEStoreBrandistVehikelderShopAttraction.Ihre„PullKraft“beeinflusstmaß geblichdieEntscheidungdesInternetUsers,oberKontaktzumOnlineHändlerauf nimmt oder nicht. Dieses ist vor allem dann gegeben, wenn die EBrand dem Inter netNutzerWiedererkennung,Orientierung,Vertrauen,IdentitätsowieWertschätzung bietet und dieKernvorteileder Unternehmensleistung für den Konsumenten verkör pert.VoraussetzungdafüristallerdingsdieEntwicklungeinesklarerkennbarenMar kenprofils, die Schaffung differenzierender Mehrwerte („KillerDifferenzierungs faktoren“)sowiedieKontinuitätinderMarkenführung(vgl.Gömann/Münchow2004, S. 185). Die Möglichkeiten des EBranding hängen stark von der vorliegenden Form des OnlineHandels ab. PureOnlineHändler (z.B. hutshopping.de, gourmondo.de oderbuch.de)sindstetsgezwungen,eineneue,internetbasierteMarkeaufzubauen.Im Gegensatz dazu eröffnen sich für alle anderen Formen des OnlineHandels, die ja bereits über eine etablierte Marke verfügen, die folgenden MarkenOptionen (vgl. Bongartz2002,S.311ff.;Schröder2005,S.235):
Kennzeichnung mit unterschiedlichen Marken und deswegen virtuelle Marken strategiefürdenneuenInternetKanal,diekeineVerbindungenzubereitsvorhan denenMarkenausklassischenMarktumgebungenaufweist.Beispielefüreineder artige, separierte und virtuelle Marke war z.B. BOL für Bertelsmann, oder ist buch.de für Thalia/Douglas, Eworld für Edeka, Peapod für Ahold sowie Shop ping24 für Otto. Diese Markenoption gilt natürlich auch für alle PureOnline Händler.
EinsatzvonverwandtenMarkenmitkombinierterMarkenstrategie,diezwareine ZusammengehörigkeitderverschiedenenKanäleerkennenlassenundinsofernbis zueinemgewissenGradintegriertsind,sichaberinderMarkenaufmachungdeut lich unterscheiden. Eine existierende Kernmarke wird durch die Ergänzung mit neuen internetspezifischen Komponenten wie zum Beispiel Namenszusätzen zu einer InternetMarke entwickelt. Beispiele sind BognerHomeshopping, famila24 odereSixt.
Verwendung derselben Marke für alle Kanäle als hybride Markenstrategie mit vollständiger Integration zwischen vorhandener und internetbasierter Marke. Die bestehende Marke wird quasi auf den neuen OnlineHandel übertragen, so dass einMarkenoderImagetransfervorliegt(vgl.Meffert/Heinemann1999,S.119).Die gemeinsameVerwendungerforderteineengeAbstimmungundKoordinationaller Marketingaktivitäten, um Verwirrung auf Kundenseite zu verhindern. Beispiele für eine hybride Markenstrategie sind Tchibo, Conrad Electronic, Rossmann, Schlecker,Quelle,NeckermannsowieBarnes&Noble. InAbbildung35sinddiemarkenstrategischenOptionenfürdie„NichtPure“Online Händler zusammenfassend dargestellt (vgl. Bongartz 2002, S. 312). Bei der hybriden Markenstrategie wird darauf abgezielt, dass der neue Kanal von der eingeführten 98
Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
Marke partizipiert. Außerdem werden Anfangsinvestitionen und Kosten eingespart, wenndieNutzungvonWerbesynergienmitdembisherigenKanalmöglichist.Um gekehrt kann es zu einer Absatzförderung für das bestehende Geschäft durch die InformationderKundenimInternetsowiedieMöglichkeiteinergezieltenVerjüngung deretabliertenMarkedurchihrAuftretenimInternetkommen. Eskannaberauchbeabsichtigtsein,dasssichdieneueMarkebewusstvonder„Alt marke“ emanzipieren soll, um ein eigenes kanalspezifisches Profil zu entwickeln. GeradeimInternetKanalsprechengewichtigeGründefürdieErschaffungeinerneu en, virtuellen Marke. Wesentliches Argument für die virtuelle Markenstrategie ist, dass im Web junge, moderne Marken durchaus vorteilhaft sind. Das hat auch den positiven Nebeneffekt, mögliche Imagerisiken für die bereits existierende Marke zu verringern, falls es zu einem Misserfolg desneuen InternetKanals kommt. Die Neu schaffung einer Marke ermöglicht zudem eine unabhängige Weiterentwicklung eben dieser im Internet. Dadurch wird die Ausdehnung des Geschäftes in neue Waren gruppen, Preislagen und neue Kundenkreise möglich (vgl. Schnetkamp 2001, S. 41). AuchkanneineneueMarkedieinternationaleKooperationsfähigkeitimRahmenvon Partnerschaftenerhöhen.DieOptionenbewertungundwahlfürdieMarkierungeines neuenKanalsistfolglicheinkomplexesProblem(vgl.Heinemann2008g,S.113).Für die detaillierte Bewertung der unterschiedlichen EBrandingOptionen sind dabei verschiedeneKriterienheranzuziehen.
Abbildung35:
MarkenstrategischeOptionenim„NichtPure“OnlineHandel
Quelle: Bongartz 2002, S. 312 Eigenständige Markenführung Bedingung: …
Strategietyp
Definition
Integrationsgrad
Beispiele
Virtuelle Markenstrategie
Bedingung: Existenz einer Marke aus klassischer Marktumgebung Kombinierte Markenstrategie
Hybride Markenstrategie
Unabhängige, internetspezifische Marke ohne Verbindung zu Marken aus klass. Marktumgebungen
Verbindung vorhandener Elemente einer Kernmarke mit neuen internet-spez. Bestandteilen zu kombinierter Marke
Verwendung eines einheitlichen MarkenNamens für Electronic-Commerce und weitere Transaktionskanäle
keine Integration
teilweise Integration
vollst. Integration
• hutshopping.de • gourmondo.de • buch.de
• Bogner-Homeshopping • famila24 • eSixt
• Quelle • Neckermann • Barnes & Noble
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Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
HinsichtlichderfürdenInternetKanalerforderlichenPullWirkungderEMarke,mit der die natürliche „Interaktionsbarriere“ für den Onlinekauf reduziert werden muss, kommt der hybriden Markenstrategie das größte Potenzial zu. Neben den bereits vermuteten Vertrauens und Bekanntheitsvorsprüngen belegen Testuntersuchungen, dass HybridMarken wegen ihrer Mehrkanalpräsenz über ausgeprägte Differenzie rungsmerkmale verfügen, die sich in deutlich ansteigenden Wiedererkennungsraten für diese Marken niederschlagen. Die Gefahr negativer Ausstrahlungseffekte steigt allerdingsdabei,dadieKundenalleKanäledesAnbietersalseineEinheitsehen.Die sesgiltinsbesonderefürdasinderRegelvondenVersandhändlernverfolgteModell des kombinierten Distanzhandels, also der Kombination aus Katalogversand und OnlineHandel.UnterRisikoaspektengewinntdeswegendiekombinierteMarkenstra tegieanBedeutung,dadienegativenAusstrahlungseffekteabgemildertwerdenkön nen,wasaberdannmitdemRisikoeinesunprofiliertenImagesdervorhandenenund der kombinierten Marke einhergeht (vgl. Bongartz 2002, S. 313). Ein etwas anderes BildergibtsichhinsichtlichderSteuerungsundGestaltungsfreiräumeimRahmendes Prozesses der identitätsorientierten Markenpositionierung und profilierung. Hier existieren bei den virtuellen Markenstrategien eher größere Spielräume, da Traditio nenundVerpflichtungenkeineRollemehrspielen.AuchistderKoordinationsbedarf hier geringer, der bei einer hybriden Markenstrategie zur Sicherstellung eines konsi stenten Erscheinungsbildes nun mal höher ist. Darüber hinaus haben hier neben der kommunikativen Harmonisierung auch leistungsbezogene medienübergreifende Abstimmungen zu erfolgen. Dabei ist zusätzlich zu bedenken, dass bei der Hybrid Strategie gesteigerte Ansprüche an den Prozess einer ganzheitlichen Markenführung wirksam werden, um den Aufbau einer starken Markenidentität sicherzustellen. Un geachtet ihrer Flexibilitätsvorteile erfordern virtuelle Marken demgegenüber hohe InvestitionenzurErzeugungausreichenderMarkenbekanntheitundstärke. IstdieEntscheidungfürdieEStoreBrandgefallen,danngeltenvorallemim„World Wide Web“ die „Naturgesetze der Markenführung“ (Hermes 2004, S. 277). Während imEinzelhandeldieVeränderungsgeschwindigkeitderUmweltohnehinschongrößer alsinkaumeineranderenBrancheist,giltdiesesinverstärktemMaßefürdenOnline Handel. Diesbezüglich lassen sich folgende Überlebensregeln (vgl. Hermes 2004, S. 278)fürdieEStoreBrandaufzeigen(vgl.Abb.36):
Differenzierung als Überlebensregel 1 „Be different!“: Ohne Differenzierung hatdieEBrandkeineExistenzberechtigung(„Bedifferent–ordie“).Deroftprak tizierteGrundsatz„vonallemeinbischen“istsuboptimalfürdenInternetKanal. EStoreInnovationen müssen extrem sein, d.h. extrem preisorientiert, extrem ser viceorientiert, extrem convenienceorientiert, extrem qualitätsorientiert – in jeder Beziehungextrem.DabeispieltdieemotionaleDifferenzierungeineimmerbedeu tendere Rolle.Dabei geht es nicht nur um ein „positives Einkaufserlebnis“ durch emotionale Shopgestaltung, sondern um die Besetzung neuer, emotionaler Mar kenterritorien.Diesezufindenistnichtleicht,siekönnenaberausMegatrendsab geleitetwerdenwiez.B.PatriotismusoderWellness(vgl.Hermes2004,S.279). 100
Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
Abbildung36:
DieGesetzmäßigkeitendesEBrandingimOnlineHandel
Quelle: In Anlehnung an Hermes 2004, S. 284 Relevanz „be relevant!“ (E-Brand-Insights)
E-BrandUSP Glaubwürdigkeit „be credible!“ (E-Brand-Heritage)
Differenzierung „be different!“ (E-Brand-Innovation und E-Brand-Communication)
Relevanz als Überlebensregel 2 – „Be relevant!“: Relevanz erfordert spezielle Insights,d.h.EinblickeinPsyche,KaufmotiveundKaufbarrierenderVerbraucher. DabeilassensichdreiVerhaltensmusterableiten,dieinZukunftrelevantsind,und zwarSozialprestige,permanentsteigendesEffizienzundEffektivitätsbewusstsein sowieVielfaltderKonsumwelt.DerWunschnachSozialprestigeresultiertausdem Überlebenstrieb„Anerkennung“,dervielRaumlässtfürpsychologischeKaufmo tive(z.B.sichinspirierenlassenodereinenHauchvonLuxusgenießen).DasEffi zienz und Effektivitätsbewusstsein führt zu immer höheren Preis Leistungsansprüchen, bei denen sich weder Billiganbieter eine schlechte Qualität erlaubenkönnen,nochQualitätsanbieterüberteuertverkaufendürfen.DieVielfalt der Konsumwelt führt zu einem immer stärker divergierenden Konsumentenver halten, einer wachsenden Nachfrage nach Spitzenleistungen und zugleich einem zunehmendenBedürfnisnachBilligangeboten(vgl.Hermes2004,S.281).
GlaubwürdigkeitalsÜberlebensregel3–„Becredible!“:EineEBranddarfsich nichtständigneuerfinden,sondernmussihrerKernkompetenzfolgenundständig überprüfen,wassiean(notwendigen)Veränderungenverträgt.„BrandHeritage“ bedeutet,dassauchdieEBrandeineGeschichtehat,dieeszubeachtengilt.Dieses erfordert eine evolutorische Weiterentwicklung statt sprunghafter bzw. opportu nistischer Veränderungen. Dabei sind die EBrands im Vorteil, die wachsen und damit „Stärke reproduzieren“ (z.B. Internationalisierung). Damit steigt aber die Komplexität,diegemanagtwerdenmuss.DiesesistnichtnureineFragederOrga nisationsform des Handelssystems. Mittlerweile sind vielfältige Kooperationen 101
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Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
möglich und es stehen für jede zu erbringende Leistung Dienstleister zur Verfü gung(vgl.Hermes2004,S.282ff.). DieEinhaltungderGesetzmäßigkeitendesEBrandingbestimmenmaßgeblichdieUnique SellingProposition(USP)derEStoreBrand.WährenddieMarkenderKatalogVersender inderRegelübersehrdifferenzierendeundrelevanteUSPfürdenKatalogversandhandel verfügen,sindderenEKanälejedochseltendifferenzierendgenug.Häufigfehleninsbeson dere in den EShops der hybriden OnlineHändler die typischen InternetUSP wie Sorti mentskompetenz, Aktualität und Servicekompetenz, die neben den Killer DifferenzierungsfaktorenBasisvoraussetzungfüreinsolchesHandelsgeschäftsind:
Sortimentskompetenz steht dabei für überragende Auswahl gegenüber Offline Anbietern.EinBeispielhierfüristeBaymitdemweltweitgrößtenProduktangebot im C2CBreich, das zunehmend auch auf den B2CBereich ausgeweitet wird. Ein anderes Beispiel ist Amazon, das in seinen Produktbereichen die mit Abstand größteAuswahlanB2CundC2CSortimentenvorzuweisenhat.
AktualitätkannfürzweiSachenstehen:ZumeinenfürNeuheitenundAngebote, die einen Kunden zum häufigen Besuch der Site animieren. Beispiele sind Aldi, MediaMarkt,Tchibo—miteinerneuenAktionsweltinjederWoche—sowieA mazon mit seinen wöchentlichen Angeboten oder der Gold Box. Zum anderen stehtAktualitätfürNeuheitenundThemen,dieAmazonz.B.mitseinerVorbestell funktionalität, den dynamischen Hitlisten sowie der taggenauen Einsteuerungs möglichkeitvonThemencontentserreicht.
Servicekompetenz geht weit über einen schnellen und kulanten Kundenservice sowieguteProduktbeschreibungenundFotoshinaus.BeimServicegehtesvoral lem auch um die Ausliefergeschwindigkeit (Benchmark 48 Stunden außer Mon tags)unddieEinhaltungderOnlineLieferversprechen.Darüberhinausistkom petente Fachberatung auf der Website oder per EMail ebenfalls wichtig. Dabei sollten auch Kundenrezensionen/bewertungen, technische Produktvergleiche, Zubehörlisten, dynamische Produktempfehlungen, Wunschlisten, Listmania und/odereinSuchservicefürselteneTitelzumEinsatzkommen. Am Beispiel von Shopping 24 soll das Thema „USP als Markeninhalt“ im Wettbe werbsvergleichverdeutlichtwerden(Stand2004).Shopping24giltalsführendeShop pingMallinDeutschland.DieoffiziellenEckdatenumfassen8MillionenArtikel,400 450.000 Besucher pro Monat und 170.000 Newsletter. Shopping 24 erleichtert Inter netNutzerndasFindenvonProdukten,z.B.aufWerbeplatzierungenundüberBrow ser oder Suchoptionen. Der Kunde kann eine virtuelle Einkaufsberaterin „Atira“ einsetzen.Shopping24verlinktBesucheraufPartnerseiten.BeiderSuchesetztShop ping24diePangoraTechnologie(Bertelsmann)ein.DerUmsatzkommtausderVer mietung von Werbeplätzen und der Provision aus der Vermittlung von Kunden (Clicks). Erfolgsvergütungen ersetzen zunehmend Festmieten. Das Geschäftsmodell von Shopping 24 ist vergleichbar mit dem der großen Portale (TOnline Shopping,
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Shop-Attraction and Selling-Proposition als Erfolgsfaktor Nr. 1
Yahoo Shopping, Lycos Shopping oder MSN Shopping/Kelkoo), deren Shopping Bereiche vom hohen Traffic profitieren, ohne selbst wesentlich Traffic beizusteuern. GattungsUSP sind dabei vor allem die Produktauswahl sowie die Übersichtlichkeit/ Strukturiertheit der Suchergebnisse. Die Portale differenzieren sich wenig voneinan der, allerdings ist Kelkoo führend in der Auswahl – u.a. auch durch die Einbindung von einer eBaySuche — gefolgt von Lycos (2 Millionen Artikel) und TOnline (1,5 Millionen Artikel). Yahoo und Shopping 24 haben deutlich weniger Auswahl (< 500.000Artikel).BeiShopping24fehltdienatürlicheBesucherfrequenzeinesPortals, die auch nicht durch die Anbindung an die OttoGruppe kompensiert werden kann. ZusätzlichenTrafficzukaufen,z.B.überOnlineWerbung,lohntsichdabeioffensicht lichnicht.Shopping24müsstesichstärkervonseinenWettbewerberndifferenzieren, ein eigenständiges USP entwickeln und neue Wachstumsquellen erschließen. Beson dersnaheliegendfürShopping24istderAuktionsmarkt.DessenAttraktivitätbesteht inderMarktgrößeundderDifferenzierungsmöglichkeitzueBay.Dabeikönntenzum BeispielUSPProfilierungspunktewieSicherheit,ServiceundGebührengenutztwer den. ShoppingBereichesolltendemKundeneinenechtenMehrwertliefern(z.B.finanzielle Anreize(RabatteoderEinkaufsgutscheine),Content(Katalog,Produktvergleiche)oder Convenience (integrierter Warenkorb, Zahlungsfunktionalität). Ihre Bedeutung geht durch den wachsenden Marktanteil der Suchmaschinen (insb. Google inklusive Dienstleister) und der AffiliatePlattformen (Zanox u.a.) allerdings zurück. Zuneh mend werden auch Amazon und eBay zu direkten Wettbewerbern, da sie größere HändleraufihrerPlattformintegrierenundsomiteineVerlinkungüberdieShopping Bereicheüberflüssigmachen.
3.2.5
Externe Promotion der E-Store-Brand
ErfolgreicheOnlineHändlersindstetsbestrebt,ihreEStoreBrandmöglichstbekannt zumachenundpotenziellenKundenzuermöglichen,sieproblemlosundohnelanges Suchen im Internet zu finden. Vor allem die Präsenz in Suchmaschinen sowie die Bannerwerbung gelten als effiziente Mittel, den Bekanntheitsgrad zu steigern, wenn siegezielteingesetztwerden.EffizientistauchderAustauschvonLinks,diedannauf den Websites von Partnern erwähnt werden. Auch sollte der OnlineHändler in E MailServices präsent sein, damit die Kunden seine Präsenz im Internet registrieren können(vgl.Schnetkamp2001,S.41ff.). Alle Möglichkeiten für externe Promotions außerhalb des Internets sollten genutzt werden, um die EStoreBrand zusätzlich zu bewerben. Diesbezüglich liegt es nahe, „alle Werbeflächen“, d.h. auch Produkte, Lieferscheine, Pakete, Verpackungen, Fahr zeuge, Gebäude und Publikationen des OnlineHändlers zu nutzen, um die URL zu präsentieren. Dieses setzt allerdings voraus, dass die EBrand mit dem Uniform Re
103
3.2
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
sourceLocator(URL)harmonisiertist.NichtsisthinderlicherfürdenInternetErfolg, alsdievergeblicheSucheeinerMarkeimInternet.DieURLsolltevölligidentischmit dem EMarkennamen sein. Es gelten hier die gleichen Anforderungen wie bei der Namensgebung,undzwarPrägnanzundInternationalisierungsfähigkeit.InalleMar kenüberlegungenimOnlineHandelist1:1dieURLmiteinzubeziehen.JederKunden kontakt sollte für PromotionZwecke genutzt werden, vor allem auch der einzige physischeKundenkontakt,denderHandelmitdemKundenhat,undzwardieAbga beundÜbernahmederWare.GeradeimDistanzhandelwerdenhierhäufigdiegröß ten Fehler gemacht, vor allem wenn die Zustelldienste outgesourct sind und das Er scheinungsbild der Kontaktpersonen nicht mehr kontrollierbar ist. Mit entscheidend istauchdieEinflussnahmeunddasStandingbeiMeinungsführernundMultiplikato ren,dadiesezueinergutenMundzuMundPropagandabeitragen.
3.3
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
InHinblickaufdieebenzitierteexternePromotionderEBrandistauchderEintrittin eine InternetGemeinschaft angeraten, damit das InternetUnternehmen einen hohen BekanntheitsgraderreichtundTopPlatzierungeninHitlistenbesetzenkann.Auchdie Präsenz in News Groups ist sinnvoll, um „von sich reden zu machen“. Das Thema Content und Community berücksichtigt die Integration der eigenen InternetPräsenz in die Welt des „World Wide Web“. Selbst für kleinere und mittlere OnlineHändler isteineeigenevirtuelleInternetGemeinschaft(Community)bezüglicheinesAngebo tes, Produktes, einer Dienstleistung oder eines damit in Zusammenhang stehenden Themassinnvoll,beispielsweiseinFormvon„schwarzenBrettern“odereinesGäste buches. Darüber hinaus ist auch die Teilnahme an etablierten Foren und virtuellen Gemeinschaftenmöglich,umdieeigeneFachkompetenzdarzustellenundsoaufsich aufmerksamzumachen(vgl.HMWVL2007,S.13).NebenderGründungeinereige nenInternetGemeinschaft,alsoeinerCommunityodersozialenGruppe,inderKun den sich ein Konsumerlebnis teilen, rückt zunehmend auch die Nutzung externer InternetGemeinschaften für Werbezwecke und Kundenakquisition in den Fokus. HochinteraktiveKommunikationsumgebungenimWeb2.0bietendenKundenvöllig neue Möglichkeiten, um ihre Interessen zu koordinieren. Das Erschließen und Aus schöpfenvonKundenpotenzialeninderartigenUmgebungen,dasneuerdingsauchals „Societing“ bezeichnet wird (vgl. Bolz 2008, S. 255), entpuppt sich zunehmend als „Key Issue“. Denn durch das Internet und die Vernetzung von Millionen von Men schenaufderganzenWeltgibtesnunmehrfürjedeGegebenheitkonkreteErfahrun gen – jeder Ort wurde schon einmal besucht, jedes Produkt von jemanden gekauft, jeder positive oder negative Service von jemanden erfahren (Global Brain). In dieser Welt haben Werbeversprechen keine Glaubwürdigkeit mehr. „Nur was gut ist, wird 104
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
gut genannt“ – das sollte die Strategie von Unternehmen sein: mithilfe des Kunden, guteProdukteundServicesmitMehrwertanzubietenundKundendazuzumotivie ren, durch Beteiligung in Kundenempfehlungen und/ oder Produktbewertungen glaubwürdigdarüberzuberichten(vgl.Haug/Küper2010,S.117).
3.3.1
Potenzial von Kundenbeteiligungen
Die Kundenbeteiligung wird von BestinClass Unternehmen in diversen Bereichen praktiziert. Neben der klassischen KundenProduktbewertung integrieren viele Onli neShopsnutzergenerierteProduktbilderundvideos,dieKundengelieferthaben.Ein weiteres Beispiel ist das Thema „Passform“: Durch die fehlende Möglichkeit etwas vorabanzuprobierenoderzutesten,stelltdieseimDistanzhandelseitjehereinProb lemfürKundendar.
Abb.37: EinsatzbereichefürUserGeneratedContentimOnlineShop Quelle: Haug/ Küpers 2010, S. 119 Einsatzbereiche für UGC
Best-in-Class Beispiele
Produktbewertung
amazon.com, americanapparel.com
Produktdarstellung
zazzle.co.uk, spreadshirt.net, expotv.com
Passform
revolveclothing.com, shoes.com
Marketing Werbung
ikea.com, burgerking.com
Empfehlung
polyvore.com, mydeco.com
Vertrieb Widgets
lemonade.com, cartfly.com
eShops
zlio.de, amazonstore.com
Kommunikation/Branding
nikeplus.com
Sortimentsauswahl
myfab.com, factory.lego.com
Personalisierbarkeit
mymuesli.de, tastebook.com, cafepress.com, chocri.de
105
3.3
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
UmeinehoheRetourenquotezuvermeiden,istesdeswegensinnvoll,möglichstviele Informationen zur Größenberatung aufzubauen. Wenn es gelingt, viele Daten dieser Art zu sammeln und anderen Kunden zur Verfügung zu stellen, kann die Konversi onsrate (Anteil der Kunden, die einen Kauf tätigen) erhöhen und die Retourenquote substantiell reduzieren (vgl. Haug/ Küper 2010, S. 119ff.). Vielfach werden Kunden auch in Werbe und Marketingaktionen integriert. Über Facebook z.B. wurden Kun denvonBurgerKingineinergroßenviralenKampagne(„WhopperSacrifice“)aufge rufen, Freunde zu löschen und als Belohnung einen Burger zu erhalten. Zusätzlich stellen Unternehmen ihren Kunden ganze Verkaufsshops oder Widgets zur Verfü gung,sodassKundenalsVertriebsmitarbeiterfürdieUnternehmentätigwerdenund die Produkte ihrem Freundes und Bekanntenkreis anbieten. In Tabelle 21 werden verschiedene Beispiele für Kundenintegration aufgeführt. Bevor jedoch das mögliche Kundenpotenzial abgeschätzt und das „Societing“ erfolgswirksam gestartet werden kann,bedarfeseinerOnlineMarktsegmentierung,umTransparenzüberdieeigenen OnlineZielgruppenzubekommen.
3.3.2
Online-Marktsegmentierung und Target-Marketing
Die Segmentierung des Absatzmarktes in homogene Käufersegmente ist im Online Handel ebenso wichtig wie in den traditionellen Handelsformen, denn auch hier ist die undifferenzierte Bearbeitung des Gesamtmarktes weder möglich noch sinnvoll. DieEinteilungdesgesamtenNutzerpotenzialszuOnlineZielgruppenbildetdieBasis fürdasTargetMarketing,dasalsFundamentfürdasAttractionMarketingangesehen werden kann (vgl. Gömann/ Münchow 2004, S. 185). Die verschiedenen Segmentie rungsansätze,zudenendiegeographische,demographische,soziokulturelle,affektive undkognitivesowieverhaltensorientierteSegmentierungzählen,sindabernichtglei chermaßen für eine OnlineMarktsegmentierung geeignet. Hier ist es notwendig, die Kunden in verhaltenstypische Zielgruppen einzuteilen und demnach auf die verhal tensorientierte Segmentierung zurückzugreifen, da sie u.a. die Mediennutzung, den Loyalitätsstatus, den Nutzungsgrad sowie die Nutzungssituation berücksichtigen kann. Diesbezüglich liegen umfassende elektronische Daten vor, die die Kunden bei ihrenTransaktionenundInteraktionenwieSpurenaufderWebsitehinterlassen.Aus diesenInformationenlässtsichdanneineTypenclusterungvornehmen,mitderKun den auf der Basis ihrer Merkmalsausprägungen zu Gruppen zusammengefasst wer den,dieinsichhomogensind(vgl.Kollmann2007,S.75). AlseinesvonvielenBeispielenfüreineTypenclusterungvonOnlineKundenkanndie aktuelle Zielgruppendefinition des ClubShopBetreibers Brands4Friends genannt werden. Als Datengrundlage dienten 57.224 Kunden mit ihren kaufrelevanten und demografischen Merkmalen aus einem Zeitraum von sieben Monaten aus 2009. Die Rohdaten über die Kunden wurden dabei mit den verfügbaren Merkmalen zusam mengetragen, in verarbeitbare Werte konvertiert, bereinigt und auf Erfüllung der 106
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
Anforderungender„TwoStep“Clusteranalysegeprüft.DieaufbereiteteDatengrund lage wurde dann unter Anwendung der statistischen Software PASW (Predictive AnalyticsSoftWare)analysiert,wobeidieinAbbildung38dargestelltenKundenseg mente bzw. Kundentypen identifiziert wurden (vgl. Heitmeyer/ Naveenthirarajah 2010,S.88):
Abbildung38: AuszugausderKäufertypologievonBrands4Friends Quelle: Heitmeyer/ Naveenthirarajah 2010, S. 88
107
3.3
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Mittlerweile gibt es verschiedenste Typologisierungen von OnlineKäufern, die ent weder die Einkaufsmotive oder Values und Lifestyles stärker gewichten. Darüber hinaus gibt es auch Ansätze, mit denen NichtOnlineKäufer typologisiert werden. EntscheidendfürdasTargetMarketingistwenigerdieWahleinerTypologisierungals vielmehr die bewusste Entscheidung für oder gegen eine OnlineZielgruppe, damit dementsprechend die Kundenpotenziale in den interaktiven Kommunikationsumge bungenbesserabgeschätztwerdenkönnen,umdieMarketingstrategiendaraufauszu richten(vgl.Kollmann2007,S.77).ZunehmendeAufmerksamkommtdabeiden„Sil verSurfern“ zuteil, alsodenälteren Menschen, die einenstark anwachsenden Anteil andenInternetUserndarstellen(vgl.Schulz2006,S.1).
3.3.3
Integriertes Community-Marketing
Im Zuge des Web2.0Zeitalters findet der multioptionale Kunde für fast jeden Le bensbereich inzwischen eine interessenbasierte Gemeinschaft, also eine Community, mitdererseinKonsumerlebnisteilenoderindererzuspeziellenThemen,bestimm tenProduktenodereinerbestimmtenMarkeseineInteressenkoordinierenkann.Auch wenn das Targeting im Web2.0 vielleicht noch etwas Zeit bis zur wirtschaftlichen Anwendungsreife benötigt, so kann ein OnlineHändler aber zumindest mit anderen Communities kooperieren, die von Kunden oder anderen Unternehmen ins Leben gerufenwurden.ErkannaberauchselbsteineCommunityaufbauenunddamitdas SocialTargetinginseinemEinzugsbereichpraktizieren.FürdenOnlineHandelerge ben sich daraus neue Chancen, da er Gruppen von Kunden mit gleichen Interessen gezielt mit einem Leistungsangebot ansprechen kann. Die Best Practices des Online Handels praktizieren dieses bereits überaus erfolgreich (z.B. fahrrad.de). Darüber hinausbestehtdieMöglichkeit,neueLeistungenzuschaffen,dadurchdassCommuni ties in den Gestaltungsprozess eingebunden werden. Im Falle eines Community Aufbaus muss das Unternehmen die Community allerdings aktivieren, indem es die InteraktionzwischendenKundenfördert(Enabling),andernfallskanneine„leblose“ Community entstehen (vgl. Kaul 2008, S. 55), die nutzlos ist. Als Pionier im Bereich desCommunityMarketinggiltzweifelsohneSpreadshirt(seit2006Sprd.netAG),das als Web2.0Unternehmen in 2002 von dem Studenten Lukasz Gadowski in Leipzig gegründet wurde und heute weltweit mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt. Der Um satzliegtSchätzungenzufolgebei15Millionen€in2007.DieKundenentwerfenihre Produktmotive(z.B.fürHemden,TassenoderMützen)ineinemvirtuellenDesignstu dioselbstundbietendiesedannaufihrereigenenHomepagezumKaufan,wobeidie Bestellungen direkt an Spreadshirt gehen. Die mittlerweile mehr als 300.000 „Shop Partner“ bilden zugleich die SpreadshirtCommunity, die mit dem Unternehmen zu sammenkontinuierlichweiterwächst(vgl.FAZ2007,Nr.251,S.18).
108
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
DasCommunityMarketingverfolgtvierKernaufgaben,undzwardieKundenakquisi tion, die Kundenbindung, die Leistungsinnovation sowie die Leistungspflege (vgl. Kaul2008,S.57):
Die Kundenakquisition umfasst sämtliche Maßnahmen, die den Kunden dazu bewegen sollen, erstmalig im Unternehmen zu kaufen. Dazu können Online Händler zum Beispiel themenbezogene Partnerprogramme einsetzen, um damit dieMundzuMundKommunikation(ViralMarketing)zuaktivieren.Mitmehrals 900.000 Teilnehmern weltweit hat z.B. Amazon eines der erfolgreichsten Partner programmeentwickelt.
Durch Kundenbindung sollen attraktive Kunden zu Wiederholungskäufern ge macht und ein Wechsel zum Wettbewerb verhindert werden. Als Beispiel lassen sich SupportCommunities nennen, mit denen die Kundenbindung intensiviert und über CrossSelling und Folgekäufe der Umsatz gesteigert werden kann (z.B. „MacUserGroups“fürMacintoshKunden).
Leistungsinnovationen stellen Tätigkeiten von der Ideenfindung bis hin zur Ein führungneuerProdukteundServicesdar.SpreadshirtisteintypischesBeispielfür diese Kernaufgabe, indem Kunden eigene DesignEntwürfe austauschen („Open Innovation“).
MitderLeistungspflegesolleinemöglichstlangandauerndeMarktpräsenzerzielt werden.Beispielsinddie„AppleUserGroups“,dieinderöffentlichenWahrneh mungbeständigeAufmerksamkeitgenießen. Um die Kernaufgaben erfolgreich im Markt umsetzen zu können, muss der Online Händler sein Verhalten gegenüber seinen Communities konkretisieren. Das Unter nehmen musszunächstklären,wiesehrsichderWissensaustauschderKundennetz werkemitdeneigenenInteressendecktundinwieweitesEinflussaufdieinteraktive Kommunikation nehmen möchte. In Abhängigkeit davon, ob das Unternehmen die relevanten Communities eher beherrschend führt oder eher der Selbstbestimmung überlässt, kann das autoritäre, kooperative oder Laissezfaire CommunityMarketing unterschiedenwerden(vgl.Kaul2008,S.60).DieseFührungsstilesindinAbbildung3 9dargestellt,wobeiderAktivitätsgradderKundeneinerseitsundderdesUnterneh mensandererseitsdiejeweiligeNormstrategiedefinieren:
Autoritäres CommunityMarketing: Die Interaktion zwischen den Kunden soll unterdrückt und/oder kontrolliert werden. Regelverstöße werden gezielt verfolgt (z.B.Lizenzen,Markenrechteetc.).EinderartigerKontrollmechanismuswirktsich abernurunterderBedingung,dassdieeigenenLeistungenfürdieCommunitye lementarsind,positivaus.MancheCommunityBrandspositionierensichvonBe ginn an selbstbewusst gegenüber der Gemeinschaft, wie z.B. YouTube, müssen diesenAnspruchabermiteigenenKernkompetenzenbegründen.
109
3.3
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Kooperatives CommunityMarketing: Die Interaktionen zwischen den Kunden werden toleriert oder sogar gefördert. Ziel ist ein optimierter Wissensaustausch (z.B. für Marktforschungszwecke). Bei Amazon kann die Beratungsleistung auch als Symbiose aus Unternehmens und Kundenkompetenz angesehen werden. So wird z.B. das Produktwissen der Kunden mit den eigenen Interessen verbunden, indemz.B.LieblingsbücherListenvonKundengegenüberanderenInternetUsern bedürfnisgerechtpräsentiertwerden.
Laissezfaire CommunityMarketing: Die Interaktionen zwischen den Kunden werden stark gefördert, ohne dass das Unternehmen eingreift (z.B. Loyalitätsge danke).FürdasEnablingkönnenInstrumentewieBlogs,Wikis,TagssowieBera tungs und Empfehlungssysteme eingesetzt werden. MySpace unterstützt die In teraktionderKunden,umsiebeimeigenenMarkenaufbauherauszustellen(„apla cetomakefriends“).
Abbildung39:
StrategischesRahmenmodellfürCommunityMarketing
Quelle: Kaul 2008, S. 66 ARTEN DER KOMPETENZEN Primär Unternehmensinterne Kompetenzen
Führungsaufgaben
Coca Cola
Kompetenzverteilung zwischen Community und Unternehmen Primär Communityinterne Kompetenzen
amazon.com
BLAIR WITCH PROJECT
BLAIR WITCH PROJECT
Kundenakquisition
amazon.com
Kundenbindung
Leistungsinnovation
K O M P E T E N Z Q U E L L E N
Leistungspflege
Kernaufgaben
Das integrierte CommunityMarketing nimmt ein strategisches Rahmenmodell zu Hilfe,dasdieKernaufgabenundFührungsstileimCommunityMarketinggegenüber
110
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
stellt und damit praktikable Hinweise liefert, wie das Community Marketing auszu richten ist. Abbildung 39 zeigt zwölf Strategiefelder, die jeweils eine grundlegende Handlungsoptionrepräsentieren.AlsBeispielfüreineautoritäreLeistungspflegelässt sich CocaCola nennen, die „Brand Cops“ (Markenwächter) zur kontinuierlichen In ternetÜberwachungeinsetzenunddabeiMarkenrechtsverletzungenaufFanWebsites streng verfolgen. Dementsprechend wird auch die interaktive Kommunikation wei testgehend unterdrückt. Kooperative Kundenbindung praktiziert Amazon. Amazon Kunden werden dazu bewegt, Rezensionen zu schreiben und Bewertungen ab zugeben, die dann wiederum als Verkaufsargument für andere Käufer eingesetzt werden.BeispielfüreinLaissezfaireCommunityMarketinginFormvonAkquisition und Innovation sind die „Blair Witch“FanWebsites, die Kunden dazu auffordern, eigeneMarkenassoziationenzuentwickeln(vgl.Kaul2008,S.66).Wichtigist,dassalle Maßnahmen untereinander abgestimmt werden. Bei Amazon sind z.B. Lieblingsbü cherListen mit der Suchfunktion der Plattform verknüpft. Aber auch zwischen dem klassischen Marketing und dem CommunityMarketing sind alle Maßnahmen zu harmonisieren,sodassesnichtzurKundenkonfusionkommt(vgl.Kaul2008,S.68ff.).
3.3.4
Communitybasierte-Markenführung
Wesentliches Kennzeichen einer Community ist die emotionale Bindung und das „WirGefühl“. Die Bindungen können dabei unterschiedlich stark sein und einer un terschiedlichenAusprägungvonAdhäsion(Haftkraft,Anziehungskraft)sowieeinem unterschiedlichen Grad an Interaktion unterliegen. Diesbezüglich lassen sich eine IntraCommunityKraft (ICK) und eine MarkenCommunityKraft (MCK) definieren (vgl. Steinmann/Ramseier 2008, S. 43). Beide Konstrukte können je nach Verbindung vonMarkeundCommunitysehrunterschiedlichausfallen.Dabeigilt,dassdieEinheit ausMarkeundCommunityumsostabilerist,jestärkerMCKundICKausfallen.Drei Beispiele, und zwar HarleyDavidson, das Miles&MoreVielfliegerprogramm sowie dieMarkeTupperwaresollendiesverdeutlichen(vgl.Abb.310).WährenddieMCK bei der „Kultmarke“ HarleyDavidson außerordentlich hoch ist, da die Markenbin dung der HOGsMitglieder (HarleyDavidson Owner Groups) sehr intensiv ist, fällt dieICKvonHarleyDavidsondagegenrelativbescheidenaus,dadieMarkesichsehr starküberdieWerteIndividualisierung,Unabhängigkeit,FreiheitundRebelliondefi niert. Derartige Persönlichkeiten sind als weniger interaktiv einzustufen. Demgegen über ist beim Vielfliegerprogramm Miles&More sowohl die MCK als auch die ICK relativgeringausgeprägt,dajenachBedürfnislageundSituationauchschnellaufeine andere Marke umgestiegen wird und die Markenzeichen keine dominante Wirkung haben.BeiderMarkeTupperwareistdagegendieICKsehrstark,dadiesedurchdie TupperwarePartiesstarkbeeinflusstwirdunddabeieinebedeutsameinterpersonelle und emotionale Ausprägung hat, während die MCK sich stark auf die Botschafterin derMarkekonzentriertunddeswegenehergeringausfällt.IndengenanntenBeispie
111
3.3
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
len ist der Aktivitäts und Intensitätsgrad entweder Communityinduziert (Harley Davidson Owner Groups) oder Markeninduziert (Tupperware). Dabei ist festzuhal ten, dass jede erfolgreiche Marke eine „Community“ zumindest derart hat, dass sie eineKundschaftaufweist,dieentwedermehroderwenigertreuist.MitihrerMarken treue ist diese an die Marke gebunden (MCK), in der Regel aber wenig aktiv (ICK). Genau hier setzt modernes Community Marketing an, indem eine Community Bildung von Unternehmensseite aktiv unterstützt wird (vgl. Steinmann/Ramseier 2008,S.45).
Abbildung310: VerbindungvonMarkeundCommunity Quelle: Steinmann/ Ramseier 2008, S. 44 HARLEY DAVIDSON
Miles & More
Tupperware
Hoch
Tief
MCK
ICK
MCK
ICK
MCK
ICK
MCK = Marken-Community-Kraft ICK = Intra-Community-Kraft
MarkenverfügenalsoüberunterschiedlichgroßesCommunityPotenzial.Esgilt,dass die CommunityMitglieder umso homogener in iIhrer Einstellung zur Marke sind, je stärkerdieAdhäsionenMCKundICKzurMarkesind.DabeikönnenvierEbenender MarkenCommunityBindungskraft unterschieden werden (vgl. Steinmann/Ramseier 2008,S.46):
Ebene1–Markenpräsenz:AufdieserEbenegehtesdarum,obdieMarkeimBe wusstseinderInternetUserpräsentistundsichim„AwarenessSet“befindet.Die Bindung zur Marke ist hier nutzenorientiert, multioptional und opportunistisch. Dementsprechend ist auch die Wechselbereitschaft hoch. Die Mehrzahl der Mar kenbefindetsichaufdiesemNiveau(z.B.Stromproduzenten,Informationsportale etc.).
112
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
Ebene2–Markenpräferenz:HieristbereitsdieCommunityZugehörigkeitauffäl lig, allerdings ganz rational und nutzenorientiert, so dass auch das „WirGefühl“ relativschwachausgeprägtist.DieBindungzurMarkeistsituativundmöglicher weise opportunistisch mit relativ hoher Wechselbereitschaft. Als Beispiele lassen sich AirlineVielfliegerProgramme oder KundenKlubs (z.B. IKEAFamily) auf führen.
Ebene3–Markenpermanenz:DieseEbenezeichnetsichdurcheinedominierende psychologischeNutzenfunktionaus.DieMitgliederderCommunityidentifizieren sichmitderMarke,wasdurchInsignien,RitualeoderexpressiveBekenntnissezur Markesichtbarwird.ObwohldieIdentifikationmitderMarkepermanentundin tensiv ist, hat der Nutzer stets auch ein bis zwei Alternativen vor Augen. Promi nentesBeispielfürMarkenpermanenzistGoogle(z.B.gegenüberYahoo).
Ebene 4 – Markenprominenz: Erreicht eine Marke diese Ebene, dann weist sie irrationaleKräfteundeinestarkeemotionaleBindungihrerCommunitymitstar kem„WirGefühl“auf.DieInteraktioninnerhalbderCommunityiststarkundteil weiseorganisiert.InderRegelhabendieProminenzmarken„Kultstatus“,kennen keineAlternativenundsindfürdenMarkengläubigenpersönlichkeitsprägendund beschreibend. Typische Beispiele für eine Markenprominenz sind Harley DavidsonoderApple,dessenCommunityjedesJahrandervonAppleinitiierten MacWorldExpoteilnimmt,umdenFirmengründerSteveJobspersönlichzuerle ben.AberaucheBayentwickeltsichzunehmendindieseRichtung. Das Ziel der Communitybasierten Markenführung ist es, die EStoreBrand auf die jeweils höhere Ebene zu bringen bis schließlich die Markenprominenz erreicht wird. Entscheidend ist dabei die Überzeugung, dass Marke und Community eine dynami scheundvariableVerbindungdarstellenkönnen,diezeitlichundsituativvariiert.In jedemFallgiltaberderGrundsatz,dassdieEinheitvonMarkeundCommunityumso stabiler ist, je stärker MCK und ICK sind (vgl. Steinmann/Ramseier 2008, S. 50). Die Kür ist dabei ein Kultstatus, wie ihn z.B. Apple genießt, der aber auch maßgeblich vomAppleChefSteveJobsgetragenundzelebriertwird.„DerGuruundseinTelefon (…) das JesusPhone und sein graubärtiger Vater“, so titelt die FAZ (vgl. FAZ 2007, Nr.219,S.20).SoweitmussdieMarkenprominenzzwarnichtunbedingtgehen,aber zumindest„derWegistdasZiel“.
3.3.5
Consumer-Generated-Advertising
„Digital Native“ kennzeichnet eine Generation von InternetUsern, die mit neuen TechnologienaufeinesoselbstverständlicheArtundWeiseagiert,dieselbstetlichen ausgebildeten „Mediengestaltern“ bis heute verschlossen bleibt. Diese „Nets“ sowie zusätzliche,technikaffineMenschenentwickelnsichzunehmendvonKonsumentenzu „Prosumenten“, also mit in die Erstellung integrierte Kunden. Mit dem Internet 113
3.3
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
EinkaufunddabeivorallemderProduktkonfigurationgibtderKonsumentfreiwillig Informationen über seine Präferenzen preis, die Basis für die Erstellung des eigentli chen Gutes sind. Dabei verwischt die Grenze zwischen Konsument und Produzent. DementsprechendwirdUserGeneratedContentalsElementargutimWebgehandelt, wieYouTube,Flickr,FacebookoderMySpaceeindrucksvollverdeutlichen.Voninsge samt mehr als sieben Milliarden monatlich betrachteten OnlineVideos istder größte TeiloffensichtlichUserGeneratedContent(vgl.Unterberg2008,S.205).Deninterak tivenGesprächenüberKonsumerlebnissekönnensichvorallemOnlineHändlerheu tenichtmehrentziehen.DieKonsumentenhabensichmitHilfedesInternetemanzi piertundentscheidenheuteinzunehmendemMaßedarüber,wann,woundaufwel che Weise Medien genutzt und damit Werbung „konsumiert“ werden. Der passiv rezipierende Konsument gehört immer mehr der Vergangenheit an. Für die Werbe treibendenwirdesimmerwichtiger,andenGesprächenderKonsumententeilzuneh men oder auch derartige Gespräche zu organisieren. Die damit einhergehende Akti vierung der Kunden ist Inhalt des ConsumerGeneratedAdvertising (CGA). Dieser BegriffbezeichnetallevomKonsumentenerzeugtenInhalte,diewerbendenCharakter haben. Ist also die Erstellung werblicher Inhalte von Konsumenten durch ein Unter nehmen initiiert, handelt es sich um eine ConsumerGeneratedAdvertising Kampagne,dieerfahrungsgemäßvonanderenKonsumentenalsehrlicherundglaub hafterwahrgenommenwird.Auchsindz.B.TeilnehmervonCGAKampagnenhäufig Meinungsführer in ihren Konsumwelten oder sogar Erstverwender des beworbenen Produktes(vgl.Unterberg2008,S.208ff.). Bei einer CGAKampagne werden im ersten Schritt die Konsumenten per Briefing aufgefordert,ihreIdeeninFormvonFotoundVideomaterialabzugeben.Durcheinen Ideenwettbewerb mit ausgelobten Preisen sollen möglichst viele Konsumenten zum Mitmachenmotiviertwerden.DabeiistdasBriefingerfolgskritisch,wirdjedochhäu figvonUnternehmenunterschätzt,dasiezusehraufdie„Kraft“ihrereigenenMar ken und Produkte vertrauen. Die Bewertung, Abstimmung und Kommentierung der Ideenbeiträge erfolgt wiederum durch die Teilnehmer. Dadurch wird sichergestellt, dassdiebestenIdeennichtuntergehensowiezusätzlicheAufmerksamkeitundCom munitygeneriertwird.CGAKampagnenkönnenaußerdemdurchweitereCommuni tybildende Maßnahmen unterstützt werden. Wird zum Beispiel der Kampagne eine PlattformzurVerfügunggestellt,lassensichdieGesprächederbeteiligtenCommuni tyMitglieder besser verfolgen und für Marktforschungszwecke nutzen (vgl. Unter berg2008,S.210). Mittlerweile liegen zahlreiche Beispiele für erfolgreiche CGAKampagnen vor. Erst malspraktizierteMozilla,derAnbieterdesFirefoxBrowsers,dieseneueArtderinter aktiven Werbegestaltung. Aber auch BMW nutzt CGAKampagnen zunehmend für die LifestyleMarke Mini. Im OnlineHandel kann z.B. zappos.com als CGABeispiel aufgeführtwerden,dahiervonjedemUserdirektYouTubeVideosvonKundenauf rufbarsind,diedortihreKauferfahrungenwiedergeben.
114
Social-Targeting and Societing als Erfolgsfaktor Nr. 2
3.3.6
Mikroblogging
Sehr wahrscheinlich ist Mikroblogging eines der aktuell am stärksten diskutierten Themen im Internet. Die zunehmende Verbreitung entsprechender Dienste zur Tei lung von Informationen mit anderen Anwendern, lässt die Frage aufkommen, wel chen Herausforderungen Unternehmen gegenüber stehen und welchen potenziellen Nutzensiedarausziehenkönnen.DieseFragewirdinsbesonderedurchdenInternet Dienst Twitter forciert, denn Millionen Nutzer teilen täglich der Welt über diesen Dienstinmaximal140ZeichenihreGedanken,spontanenErlebnisseundGeschehnis seperEmailoderSMSmitundverbreitendieseviralüberdasWorldWideWeb(Fi scher 2010, S. 137). Die einzelnen Postings sind entweder privat oder öffentlich zu gänglich und werden wie in einem Blog chronologisch dargestellt. Die Nachrichten könnenmeistüberverschiedeneKanälewieSMS,EMail,InstantMessagingoderdas Web erstellt und abonniert werden. Mikroblogging wird als eine neue, leichte und einfache Kommunikationsform verstanden, die es den Usern ermöglicht, sich über ihrenaktuellenStatus,überMeinungenoderGedankenauszutauschenundInforma tionenzuveröffentlichen(vgl.Fischer2010,S.141).Mikrobloggingkannvondertech nischen Seite zwischen Instant Messaging und Weblogs angesiedelt werden und ist eine Vermischung von beiden Dienstarten. Mittels des Interaktionspotenzials kann allerdingseinebessereDifferenzierungdesDienstesundEinordnungermöglichtwer den(vgl.auchimFolgendenFischer2010,S.143). Mikroblogging basiert auf der Möglichkeit, kurze, blogähnliche Textnachrichten öf fentlichimWebzuposten.MikroblogsstelleneinekleinereAusgabederWeblogsdar, die es den Nutzern ermöglicht, sich zu vernetzen. Meldungen anderer Mitglieder lassensichverfolgen,indemsiezudenKontaktendespersönlichenNetzwerkshinzu gefügtwerden.WiebeieinemWeblogerscheinenauchbeimMikrobloggingdieNach richteninzeitlicherReihenfolgeaufderStartseitedesBenutzers.ZuGunstenschnel ler, kürzerer Beiträge und eingeschränkter multimedialer Darstellungen verzichtet man hierbei allerdings weitestgehend auf ein ContentManagement System. Kleinste Meldungen, die so genannten Tweets, werden hier ausgetauscht und mit interessier ten Beobachtern geteilt. Die Tweets können beispielsweise per SMS, DesktopClient oder über zahlreiche andere Programme von Drittanbietern, wie etwa Tweetdeck (www.Tweetdeck.com),versendetwerden.ImGegensatzzuWeblogsliegtderNutzen von Mikroblogs besonders auf der fast synchronen Kommunikation. Aufgrund der ZeichenbegrenzungkannmanauchvoneinerArtMassenSMSsprechen,dieanjeden gerichtetist,dersieempfangenmöchte.ÄhnlichwiebeimInstantMessagingsetztdas MikrobloggingauchaufMobilitätundFlexibilität,wassowohlfürdasPostenalsauch für das Lesen der Nachrichten gilt. Mikroblogs sind in der Regel nicht an ein Portal gebunden. Auch stehen eine Vielzahl an Programmen, Plattformen und Geräten zur Verfügung,überdieUpdatesgesendetundabgerufenwerdenkönnen.Dabeinutzen die größeren sozialen Netzwerke wie Facebook, MySpace oder Xing inzwischen MikroblogginginFormderStatusmeldungen,umMikroblogginginderenServicezu integrieren(vgl.Fischer2010,S.143144). 115
3.3
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.3.7
Linking-Value
Durch die Digitalisierung aller Daten ist es möglich geworden, sämtliche Darstel lungsmedien multimedial miteinander zu verknüpfen. Diesbezüglich kannibalisieren sichdieMedienkaum,sondernergänzensichundtragendemWunschdermultiopti onalenKonsumentennachChannelHoppingRechnung.Mehrundmehrzeichnetsich ab,dassbeiderinteraktivenKommunikationdenMenschenoffensichtlichdieBeteili gung an Kommunikation wichtiger ist alsdie eigentliche Information.Dieses Phäno men wird als„LinkingValue“ bezeichnet.Dementsprechend hat der „Link“ im Web herausragendeBedeutungerlangt.DerdaraufabgestimmteMehrwert,deneinOnline Händler schaffen kann, heißt „LinkingValue“ oder auch Verknüpfungswert. Der „LinkingValue“wirdzunehmendzurBewertungvonNetzwerken,d.h.fürkonkrete Unternehmensbewertungen, herangezogen. So lassen sich die TopPlayer der New Economyden„LinkingValue“mittlerweileeinigeskosten.„AmerikanischenMedien berichtenzufolgehatMicrosoftin2007einenAnteilvon1,6ProzentanFacebookfür 240 Millionen $ übernommen. Das hat das erst gut drei Jahre alte Unternehmen mit rund15Milliarden$bewertet.DieseSummeübersteigtbeiweitemdieBeträge,diein denvergangenenJahrenfürandereOnlineGemeindenbezahltwurden.Sokaufteder InternetGigantGoogleimvergangenenJahrdieVideoseiteYouTubeundzahltedafür 1,65Milliarden$.EinJahrzuvorerwarbderMedienkonzernNewsCorp.dieGemein deMySpacefür580Millionen$(…)gemessenanderZahlderMitgliederistFacebook noch deutlich kleiner als MySpace, wächst aber schneller. Zuletzt hatte die Seite 40 MillionenMitgliederindenUSA.DasWallStreetJournalschriebunlängstunterBeru fung auf unternehmensnahe Kreise, Facebook erwarte in diesem Jahr einen Umsatz von150Millionen$undeinenNettogewinnvon30Millionen$.“(FAZ2007,Nr.229, S.23).DersozialeMehrwertderWarestehtdementsprechendhochimKursdesNew Marketing, weshalb auch bereits vom „Societing“ gesprochen wird. Dabei ist Ver knüpfung wichtiger als das, was verknüpft wird (vgl. Bolz 2008, S. 255). Aber nicht nurdiesozialenNetzwerkehabeneinen„LinkingValue“.ZumBeispielbieteteBayals virtuellesAktionshaus„Linking“und„Rating“,alsodieVerknüpfungundBewertung vonKäufernundVerkäufern.AmazonlässtsichebenfallsalsBeispielfüreinen„Lin kingValue“ nennen, da es allen Käufern Echtzeitinformationen über Konsumtrends und GeschmacksCluster liefert („EConnection“). Und auch Google liefert einen „LinkingValue“fürWerbetreibende,indemWerbebotschaftenexaktmitbestimmten Suchanfragen verknüpft werden. Der dabei eingesetzte PageRankAlgorithmus gibt Empfehlungen, ähnlich wie z.B. das Ranking und Rating bei MySpace, Netflix, eBay undAmazon.Zunehmendwirdbereitsvom„RecommendationAge“gesprochen(vgl. Bolz 2008, S. 251ff.). „Millionenfach beurteilen Menschen im Web Produkte und Dienstleistungen.DiedigitaleBewertungsorgierevolutioniertganzeBranchen“(Focus 10/2008,S.76),sotiteltderFocus. Als Erfolgsprinzip der InternetBranche gibt der „LinkingValue“ dem Online HändlerwichtigeHinweise,nämlichvorallem„multimedialundnetzsozial“zuden kenundseinenKanalalsBestandteileinesumfangreicherenMedienmixeszubegrei 116
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
fen,dadieKundenzunehmendmultioptionalhandelnundimmer mehrnachChan nelHoppingMöglichkeiten verlangen. Diese Kunden betreiben dabei aber auch in steigendemAusmaßinteraktiveKommunikationundnutzendementsprechendsozia leNetzwerke.GelingtesdemInternetAnbieternicht,zudenbestehendenCommuni tiesvorzudringenoderabereigeneCommunitiesoderCommunityKooperationenzu aktivieren(z.B.überConsumerGeneratedAdvertising),danngehterzunehmendan zukünftigenKundenpotenzialenvorbei.
3.4
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
Hauptgrundfürdie„EinkaufsstättenwahlInternet“istdieReduzierungvonzeitlichen undfinanziellenAufwendungenausKundensicht(vgl.Kollmann2007,S.141).Diese ergeben sich in erster Linie aus der Navigation und Effizienz des OnlineHändlers (vgl.DerVersandhausberater–Sonderheft2007,S.7).FüreffizienteOnlineShopsist die treffsichere Suchfunktionalität „Key Performance Indicator“. Dieses ist bereits in der Suchphase relevant, z.B. ob bei der GoogleSuche von Produkten aus dem Sorti menteinesOnlineHändlersauchtatsächlichderOnlineShopaufdenvorderenRän genzufindenist.FalschgeschriebeneBegriffeoderalternativeBezeichnungen(„Syn onyme) müssen in der Volltextsuche des Shops dennoch zum Erfolg führen. Ist der potenzielle Kunde in der Suchphase bis zur Website des Händlers vorgedrungen, dannmussdieKategoriensucheschnellzumgewünschtenObjektführen.Hiergehtes u.a. darum, ob die Suchergebnisse durch relevante Kriterien wie Marken, Farben, Größen,Preiseusw.eingeschränktwerdenkönnen.AlsselbstverständlicheVorausset zunggiltheuteeinesaubereSchlüsselungderKategorienundSubKategorien,damit esnichtzueinerKundenkonfusionkommt. Aktuelle Thematik des OnlineMarketing in diesem Zusammenhang ist das Eye Tracking, bei dem mit Hilfe entsprechender technischer Hilfsmittel die Augen bzw. Blickbewegungen der InternetUser aufgezeichnet und ausgewertet werden (vgl. Schulz, 2007, S. 1). Die Ergebnisse des EyeTracking werden dabei in der Web Usability,alsoderBenutzerfreundlichkeitderWebsite,umgesetzt.HäufigerGrundfür DesorientierungundIrritationistzumBeispieldieArtundWeise,wieOnlineKunden über die anfallenden Lieferpreise informiert werden. Während sich diese in klassi schenPrintKatalogeninderRegelaufdenServiceseitenfindenoderaufdemBestell schein,befindensiesichimInternetKanalhäufigandenverschiedenstenPositionen. EinerseitssinddieInformationenüberdieLieferpreiseaufderStartseiteanzutreffen, in anderen Fällen muss derKunde sichdamit gedulden,bis erseinen gesamten Wa renkorb zusammengestellt hat. Generell sollte dem Kunden die Möglichkeit gegeben werden, sich vor dem Füllen des Warenkorbes über die Lieferpreise informieren zu
117
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
können, um nicht von völlig inakzeptablen Versandkostenzuschlägen an der Kasse überrascht zu werden. Versandpreisübersichten und auch Allgemeine Geschäftsbe dingungensolltendabeiübersichtlichundnichtzutextlastiggestaltetsein. ZieleinesjedenOnlineHändlersmussessein,dasServiceangebotsinnvollzuergän zenundeinebestmöglicheServiceExzellenzzuerreichen,diezumaximalerKunden zufriedenheitführt.DasInternetbietetdazuvieleMöglichkeiten,mitdenenzusätzlich sogarnochKostenvorteilerealisiertwerdenkönnen.DabeibietensichChancen,durch innovativeIdeendemKundenechtenMehrwertzubieten(vgl.HMWVL2007,S.57). Diesbezüglich kommt vor allem der WebUsability eine entscheidende Rolle zu, die zunehmendauchEyeTrackingAnalysenfürOptimierungenheranzieht.
3.4.1
Eye-Tracking-optimierte Web-Usability
DieEyeTrackingoptimierteWebUsabilitybeziehtsichaufdasErscheinungsbilddes OnlineShops und seine Bedienbarkeit. Hier besteht in der Regel großer Nachholbe darf.Esistratsam,dieBedienbarkeitdereigenenWebsitemitdenenderMitbewerber zuvergleichenunddabeiinsbesonderezutesten,mitwievielenKlicksderKundean dasgewünschteZielkommt.FürdenNichtPureOnlineHändlerstelltsichzusätzlich die Frage, ob und in welchem Ausmaß er das Erscheinungsbild seines OnlineShops demseinerVersandkatalogesowiedemseinerstationärenGeschäfteangleichensollte. DabeikanndasEyeTrackinghelfen.WirddieseszurAnalysedesBenutzerverhaltens aufInternetSeiteneingesetzt,lassensichmitdieserMethodebeispielsweisefolgende Fragenbeantworten(vgl.Schulz2007,S.1):
WaswirdaufderBildschirmseitevondenUsernwahrgenommen? Welche Betrachtungsdauer haben einzelne Websites und einzelne Teile innerhalb einerSeite?
Wie oft und wie lange erfasst der InternetUser bestimmte Inhaltsbereiche mit seinemBlick?
WelcheBereichelesendieNutzerintensivundwelchewerdennurschnellüberflo gen?
WerdennurÜberschriftenbzw.TeaseroderauchganzeInhaltegelesen? DieausdiesenFragengewonnenErkenntnissewerdenimRahmenderWebUsability von erfolgreichen OnlineHändlern umgesetzt. Deren Websites zeigen, dass sie sich fürihreBesucherinteressieren.DabeigehteswenigerumunkonventionellesDesign, dasdieKundenbewundern.Vielmehrgehtesdarum,einebestimmteInformationzu finden, ein Anliegen schnellzu erledigen oder ein Produkt zügig und unkompliziert einzukaufen(vgl.Schulz2006,S.2).DieseserforderteineVermeidungvonHindernis sen,WartezeitenundEinarbeitungserfordernissenfürdenBesucher.Diediesbezüglich 118
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
anzutreffenden,wesentlichenachtUsabilityProbleme,sindinAbbildung311darge stellt.
Abbildung311: UsabilityProbleme Quelle: Schulz 2006, S. 3 Die acht wesentlichen Usability-Probleme
3.4.2
Links, die ihre Farbe nicht ändern, wenn sie besucht wurden
Vereiteln der Funktion des Zurück-Buttons
Öffnung neuer Browser-Fenster
Pop-up-Fenster
Design-Elemente, die wie Werbung aussehen
Verstöße gegen Web-weite Konventionen
Textblasen und leere Hype
Dichter Content und schwer überfliegbarer Text
Navigations-, Selektions- und Evaluationshilfen
Mittlerweileistesmöglich,mitHilfeder3DAnimationdenOnlineShopsehrnahean die Realität des stationären Geschäftes anzugleichen und dabei den Kunden einen empfohlenenEinkaufsvorgangzuvermitteln(Immersion).AuchkannineinemLage plandieRegalanordnungangezeigtwerden,wodurchauchWiedererkennungseffekte vermittelbarsind(vgl.Schröder2005,S.171).EinNavigationssystemistinsbesondere aufgrundderSelbstbedienungsorientierungfüreinenOnlineShopabsoluterfolgskri tisch. Es sollte in jedem Fall dem Besucher die folgenden Fragen beantworten (vgl. Schulz,2006,S.1):
Wobinich?–aufderWebsite/imgesamtenWorldWideWeb? Wowarich?–welchenWeghabeichhintermir? Wokannichhingehen?–mitwelchenKlicksgelangeichzumZiel? AktuelleUntersuchungenzeigen,dassüber50ProzentderInternetUserzunächstauf eine untergeordnete Seite („deep link“) einer aufgerufenen Website gelangen, da die Suchmaschine sie dahin verwiesen hatte. Zentrale Bedeutung haben deswegen fol gendeOrientierungshilfen(vgl.Schulz2006,S.1):
119
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
DasLogoinderoberenlinkenEckeverweistaufdieHomepage. EinKlickaufdasLogosolltevonjederWebsiteaufdieHomepageführen. InderoberenrechtenEckejederSeitesollteeinSuchfeldsein. Ein BreadcrumbPfad sollte anzeigen, wo der Kunde sich innerhalb der Seite be findet. ImOnlineShopkanndieKontakthäufigkeitmitdemSortimentgutdurchdieBenut zerführung beeinflusst werden. Dabei sind hierarchische und offene Verknüpfungs strukturenzuunterscheiden.WährenddieoffenenStrukturendemKundeneinevoll ständigeFreiheitbeiSucheundGangdurchdenvirtuellenShopermöglichen,sinddie hierarchischenStrukturenentwederlinearoderbaumartigaufgebaut.Beiderlinearen Konzeption ist der Kunde angehalten, im Sinne einer festen „Zwangsführung“ an allen Produkten vorbeizugehen. Das baumartige Konzept ermöglicht ihm, an be stimmtenPunktenabzuzweigenunddamitnichtanallenProduktenentlanggehenzu müssen,biserdengewünschtenArtikelgefundenhat.
Abbildung312: NavigationshilfenfürdenOnlineShop Quelle: Schröder 2005, S. 171
Lineare Hilfen
Inhaltsverzeichnis, Register, alphabetisches Glossar etc.
Hypermediale Hilfen
Sitemap
gibt z.B. in Form von Netz- oder Baumstrukturen einen Shop-Überblick
Fischaugengesicht
gibt analog zu einer Fischaugenlinse eine detaillierte Sicht der nahen Umwelt und eine grobe Sicht der Umwelt
Backtrack-Funktionen
ermöglicht das schrittweise Zurückgehen oder das direkte Ansteuern besuchter Seiten
Bookmark
ermöglicht das Kennzeichnen von Bereichen
EinspeziellerFallsinddiesogenannten„guidedtours“,dievorallemdenungeübten Nutzern die Orientierung und Navigation in komplizierten Umgebungen erleichtern sollen. Dabei können Suchfunktionen und Schlüsselbegriffe gute Hilfestellung geben (vgl.Schröder2005,S.170).MöglicheNavigationshilfenfüreinenOnlineShopsindin Abbildung 312 dargestellt. Mit der Navigation hängen auch die internetbasierten Produktkataloge eng zusammen, die im Vergleich zu den konventionellen Print 120
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
KatalogendiegesamteProduktundLeistungspalettevollständigunddetalliertabbil den können, ohne dass es räumliche Beschränkungen gibt. Darüber hinaus sind sie besseraktualisierbar.EingroßesMankodergedrucktenKatalogeistdielangeLaufzeit (inderRegeleineSaison),wodurchsievölligunflexibelsind.Auchbietetdervirtuelle Katalog eine Vielzahl zusätzlicher Darstellungs und Informationsmöglichkeiten, die nützlichfürdenbewertendenProduktvergleichseinkönnen.MittlerweilegibtesWeb sites, auf denen mehr als 220.000 Artikel online abrufbar sind (z.B. der USAnbieter Grainger), was einem gedruckten Katalog von mehr als 10.000 Seiten entsprechen würde(vgl.Schrödter2003,S.51). Abbildung313: TesteinerWebsiteimAmazonBenchmarking Quelle: Nach H&P 2004 Geschwindigkeit
184 kb (+75% zu Amazon) 44% der Kunden nutzen Modems (44 kb/sec.)
Features
- Verfügbarkeit - Kundenrezensionen - Up-Selling bei Bestellung - Vorbestellung - Personalisierung
Suche / Browse
Browse nach Marke, Sub-Categories Sortierbare Listen
Information
Versandkosten nicht gezeigt Was ist mit Österreich und der Schweiz?
Operatives
Empfehlung Geschenk für Seniorin: „2 mal Staubsauger“ Keine Preisgegenüberstellung bei Schnäppchen
Elektronische Produktkataloge dieser Art müssen in mehreren Ebenen jeweils nach Kategoriengeordnetsein,umdemNutzerdasproblemloseAuffindendesProduktes zu ermöglichen. Hilfreich ist hier auch eine Suchfunktion nach Stichwörtern, wofür verschiedene Schlagwörter, Attribute oder Keywords für jedes Produkt im Datenbe standhinterlegtseinmüssen.DieelektronischenKatalogesindaucherweiterbarund können durch Videos, Audioelemente, 3DAnimationen, 360°Rundumsichten oder virtuelle Rundgänge ergänzt werden. Abbildung 313 zeigt den beispielhaften Test einer Website im Benchmarkvergleich mit Amazon aus dem Jahre 2004. Angesichts der schnellen Innovationszyklen im OnlineHandel sollten Unternehmen derartige VergleichenachverschiedenenKriterien(z.B.Geschwindigkeit,KomfortundBedien elemente)regelmäßigdurchführen,umnichtindieGefahrdes„OutofDate“zugera ten.Nachteilisthieraberhäufig,dassfürihreNutzungvomBenutzerunterUmstän denspezielleZusatzprogramme(sogenanntePlugins)geladenwerdenmüssen,was 121
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
sich insbesondere bei Endkunden häufig in langen DownloadZeiten niederschlägt. Auch spielt immer wieder die Menge der mit der Darstellung an sich verbundenen Daten eine Rolle, wobei die Website dann sehr „schwer“ ist (vgl. Schrödter 2003, S. 52ff.).InelektronischenProduktkatalogensindeineVielzahlvoninteraktivenGestal tungselementen einsetzbar, mit denen der Prozess der Produktauswahl und bewertungvereinfachtwerdenkann.IhreverbindendeAufgabeistes,Empfehlungen zu geben, Alternativen darzustellen und Lösungsvorschläge anzubieten. Der Kunde hat den Nutzen, dass sich sein Zeitaufwand bei der Produktauswahl verringert und sichdieQualitätdesAuswahlprozesseserhöht.FolgendeSelektionshilfenundEvalua tionsmöglichkeitensinddenkbar(vgl.Schrödter2005,S.57ff.):
Vorschlaglisten: Der Anbieter kann dem Kunden eine engere Auswahl von be währtenProduktenvorschlagenunddamitdenKreisderWahlmöglichkeitenein grenzen.Dabeibietetsichan,aufden„SuggestedLists“diegängigstenArtikelfür verschiedene Produktbereiche/Kategorien aufzuführen. So stellt Amazon (www.amazon.de)z.B.indenKategorienBücherundCDssogenannte„Empfeh lungenderRedaktion“fürverschiedeneInteressengebietezusammen.Dasvermit telt den Kunden zusätzlich den Eindruck, dass sich auf den Seiten des Online Händlers Fachleute oder auch „Gleichgesinnte“ mit den Kundeninteressen ausei nandersetzen.
Checklisten und Einkaufslisten: Bei vielen Anwendungen ist es auch denkbar, mehrereProdukteeinesAnbietersoderandererkompatiblerAnbieterinKombina tioneinzusetzen.InderartigenFällenistesmöglich,entsprechendeListenzusam menzustellen,diedemKundeneinenÜberblicküberdiebenötigtenKomponenten geben(Checklisten)undzugleicheineVorselektiongeeigneterArtikelvornehmen (Einkaufslisten). Maggi (www.maggi.de) stellt den Nutzern seiner Website ver schiedene Kochrezepte zur Verfügung im Zusammenhang mit den eigenen Pro dukten. Hornbach (www.hornbach.de) stellt Material und Werkzeuglisten für spezifischeDoitYourselfAnwendungeninsNetz.
Bestsellerlisten:DerAnbieterzeigtaufBestsellerlisteninregelmäßigenAbständen und in jeweils aktualisierter Form seine meistverkauften Produkte nach Themen bereichen, Bedürfnissen, Anwendungen oder Problemstellungen. Der gezeigte VerkaufserfolgderProduktestelltdabeieinenAnhaltspunktfürdieKundendar.
CollaborativeFiltering:HierbeiwirddieDarstellungvonProduktenundLeistun genmitHinweisenundLinksaufandereProdukteoderLeistungenversehen,die Käufer des gerade begutachteten Artikels auch erworben haben. Beidiesem auch intensivvonAmazongenutztenToolgehendieAnbieterdavonaus,dassähnliche Gebrauchsmuster und Vorlieben von Kunden vorliegen und potenzielle Kunden durch entsprechende Informationen nützliche Hinweise auf Waren erhalten, die für sie möglicherweise interessant sind. Auch entsteht hierdurch bereits der Ein druckeinergewissenIndividualisierung.
122
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
Persönliche Produktempfehlungen: Bei diesem Instrument geht es darum, dass die Kunden jeweils individuell zugeschnittene Produktvorschläge erhalten, die nicht selten in personalisierten Einstiegsseiten eingebunden sind. Voraussetzung istallerdings,dassindividuelleKundendatenausbereitsgetätigtenKäufenvorlie gen bzw. gesammelt wurden oder ein vom Kunden hinterlegtes Interessenprofil vorliegt. Dabei kann ein relativ hohes Maß an Personalisierung des Angebots er reicht werden. Die Kundenidentifikation erfolgt entweder automatisch aufgrund bereitshinterlegterDaten(sogenannteCookies)oderübereinLogindesKunden.
ProduktbewertungenvonKunden:DiesesToolbeinhaltetdieaktiveMitwirkung von Kunden, durch die aktive Produktempfehlungen zustande kommen. Dazu müssen auf der Website entsprechende Dialogelemente zur Artikelbewertung in tegriertsein.DiederartigeEinbindungvonKundenkannauchpositiveEffektefür dieKundenbindunghaben.ZugleichwirdeinwichtigerMehrwertfürdenAnbie ter geschaffen, da die Bewertung zumindest mit der Angabe von Name und E MailAdressedesBewertendenverbundenist.
Ratings:ImmermehrAnbieterbietendenNutzerndieMöglichkeit,ihreangebote nenArtikelimRahmeneinessogenanntenRatingsaufeinerWerteskalazubeur teilen. Dabei werden in der Artikelanzeige jeweils die Anzahl der abgegebenen WertungensowiedieDurchschnittsnotemitangegeben,wodurchsichderKunde relativschnelleinerstesBildvonderProduktqualitätmachenkann.
Rezensionen und Erfahrungsberichte: Vom Kunden verfasste Rezensionen in Form von kritischen Beurteilungen oder Erfahrungsberichten geben potenziellen Kunden die Gelegenheit, sich ein differenzierteres Bild über ein Produkt zu ma chen. Derartige Stellungnahmen besitzen einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit undwerdendeshalbebenfallshäufiginArtikelanzeigenmiteingebunden.Gerade fürOnlineHändlerbietensichRezensionenundRatingsan,dadieseinderRegel einegroßeAuswahlvonProduktenandererHerstellervertreibenundauchnega tiveBewertungennichtunbedingtaufdaseigeneImageausstrahlen.
Expertenmeinungen:MöglichkeitenzurProduktempfehlungbietenauchHinwei sebzw.DarstellungenvonTestberichtenundEmpfehlungenunabhängigerDritter, also Experten. Dazu zählen auch Institutionen wie z.B. Stiftung Warentest, Verbraucherschutzorganisationen und/oder Fachzeitschriften. Compaq stellt z.B. aufseinerWebsite(www.compaq.de)eineÜbersichtzurVerfügung,diederartige Expertenaussagen aufführt. Auch Amazon zeigt z.B. bei MusikCDs Rezensionen vonRedakteurenbekannterFachmagazine.
Produktgegenüberstellungen: Hiermit kann dem Kunden der Produktvergleich erleichtertwerden.SobietetHewlettPackard(www.hp.com)einToolan,mitdem derKundediewichtigstenEckdatenvondreifreiwählbarenArtikelneinerKate gorieinTabellenformaufeinerSeitegegenüberstellenkann.
123
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Konfigurationen: Falls ein Produkt in mehreren Varianten oder Ausführungen (z.B. Farbkombinationen oder Zusatzausstattungen) aus verschiedenen Kompo nentenkombiniertwerdenkann,bietensichKonfigurationsToolsan,dieauchals konstruierendeelektronischeKatalogebezeichnetwerden.Vorteildiesesauchzu nehmend von Bekleidungshändlern und herstellern wie z.B. Tailor Store (www.tailorstore.com) angebotenen Instruments ist es, dass der Kunde das Pro duktnachseinenindividuellenWünschenrelativzeiteffizientselbstamPCkonfi gurieren bzw. zusammenstellen kann und dabei unmittelbar das Ergebnis seiner Arbeitsieht.Dabeibietetsichauchan,dassderKundeparalleldenPreisdesPro duktes kalkulieren kann, so wie inzwischen bei fast allen Autoanbietern möglich („CarConfigurator“).
Bedürfnisanalysen: Dieses Instrument können Anbieter nutzen, um den Bedarf beim Kunden abzuklären und zu erforschen, welche Artikel oder Leistungen aus seinem Sortiment für die Bedarfsdeckung geeignet sind. Dazu werden auf den Websites entsprechende Dialogelemente eingesetzt, mit welchen die Rahmenbe dingungen und Präferenzen des Kunden erfasst werden können. Es handelt sich umeineArtEignungsbewertung,diederAnbietervornimmt,umeineVorselekti onfürseineProdukteanbietenzukönnen.DabeikommtdieWebbasierteBedürf nisanalysedemCharaktereinesrealenVerkaufsundBeratungsgesprächesrelativ nahe,dennauchhieristeingewissesMaßanVertrauenindieKompetenzdesAn bieters erforderlich. In vereinfachter Form findet die Bedürfnisanalyse bei der In ternetAutomobilbörse„Automobiles.com“(www.automobiles.com)Anwendung. Eine detalliertere Bedürfnisanalyse findet sich beim „Skincare Advisor“ auf der WebsitedesSchweizerKosmetikherstellersJuvena(www.juwena.com).Dieserlegt Angaben wie Alter, Hauttyp, Hautproblem und bevorzugten Pflegeaufwand sei nerProduktempfehlungzugrunde.
FAQListen:AuchdieFAQListen,beidenenessichumeineübersichtlicheAuflis tunghäufiggestellterFragen(„FrequentlyAskedQuestions“)handelt,dieument sprechende vom Anbieter formulierte Antworten ergänzt werden, können als Se lektionsundEvaluationshilfeangesehenwerden,soweitsiesichaufdieProdukte undLeistungendesAnbietersbeziehen.Eskanndurchausvorkommen,dasssich durchFAQListenderAufwandeinerpersönlichenAnfragefürdenNutzererüb rigt und damit auch die Wartezeit auf eineAntwort entfällt. In andererRichtung profitiertnatürlichauchderOnlineHändlervonderreduziertenAnzahlzubear beitenderKundenanfragensowievonderInformation,dieindirektindenFragen enthaltenist.
Tags: Bei der Speicherung von Daten in Dateien bezeichnet Tag eine Meta oder Zusatzinformation(z.B.SchlagwörterinFormvonKarteiReitern),dieeinerDatei angefügtwird,umsieaufeineranderenWebsitedurchbloßesAnklickenjederzeit zu finden und direkt dorthin gelangen zu können. Dabei werden neben den zu speicherndenDatenzusätzlichInformationenz.B.überderenUrsprungoderVer
124
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
wendungszweckabgelegt(vgl.Wikipedia2008).SobietetdasID3TagetwainMu sikdateienInformationenüberName,Genre,Interpretetc.an.FürBilddatenistdas TaggedImageFileFormat(TIFF)gängig.WeiterhingibteszurzusätzlichenAus zeichnungvonbeliebigenDatenEXIF.
3.4.3
Serviceorientierte Dialogelemente
DieNutzungdesInternetKanalserweitertauchdieMöglichkeitenzumserviceorien tiertenDialogmitdemKundenunterAnwendunginternetbasierterKommunikations elemente. Dabei müssen Mittel der asynchronen Kommunikation (EMail, Foren, Blogs) und der synchronen Kommunikation (Chat, Videokonferenzen, CoBrowsing, InternetTelefonie, Wikis) unterschieden werden. Zum Teil eignen sich diese Tools auchzurEvaluation(z.B.EMailKorrespondenzundForen).FolgendeDialogelemen tesindzunennen(vgl.Schrödter2003,S.87ff.):
EMail:Hierbeihandeltessichwohlumdieammeistengenutzteinternetbasierte Kommunikationsform. Wesentlicher Vorteil ist die Schnelligkeit und direkte Zu stellmöglichkeit. Darüber hinaus sind die formellen Erwartungen nicht so hoch wie bei konventionellen Briefen und bauen mögliche Schwellen zur Kontaktauf nahme ab. Deswegen werden EMails auch häufig genutzt, um Kundenfeedback zu erhalten. Darüber hinaus können damit auch persönliche und individuell er scheinendeProdukthinweisegegebenwerden.
Forenbeitrag: Auch der Anbieter kann sich an Foren, die eigentlich Kunden zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch dienen, mit eigenen Beiträgen beteiligen. Da durchwerdendiesezueinerweiterenSchnittstelleimDialogmitdenKunden.In derRegelsinddieKundenanliegenaberanNutzergemeinschaftenundwenigeran den Anbieter gerichtet, so dass häufig auch keine Antworten von ihm erwartet werden. Trotzdem kann der OnlineHändler jederzeit auch auf einzelne Beiträge eingehen,wiediesz.B.CompaqunterMitwirkungeigenerExpertenmacht.
Chat:DieseinternetbasierteKommunikation(engl.Plauderei)erlaubteinenInfor mationsaustauschinEchtzeit.DieTeilnehmerbringensichdurchDiskussionsbei träge ein, wobei der inhaltliche Rahmen durch themenorientierte Diskussionsbe reiche, so genannte virtuelle Chatrooms, gebildet wird. Allerdings sind die Mög lichkeitendersynchronenKommunikationsehrbegrenzt.
Videokonferenz:VideokonferenzenüberdasInternetsinddorthilfreich,woVisu alisierungenerforderlichsind,umSachverhaltezuklärenundKundenanliegenzu klären.DiesesKommunikationsmittelkommteigentlichdemCharaktereinesrea len Beratungs und Verkaufsgespräches sehr nahe. Es setzt allerdings spezifische SoftwarebeimKundenvoraus(z.B.Headset,Webcam).
125
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
CoBrowsing: Das CoBrowsing macht es dem Anbieter möglich, dem Kunden seineWebsiteausderDistanzvorzustellenundihnbeiderNutzungzunavigieren. KundeundAnbieterblickensynchronauf eineidentischeSeiteinihremBrowser undgreifenbeideaufdiejeweilsangebotenenSeitenfunktionenzu.Dadurchspart derKundeZeit,essindallerdingsspezifischeSoftwarekomponentenerforderlich.
Callback: Typische CallbackOptionen sehen vor, dass der Kunde den Online Händler per OnlineFormular um telefonischen Rückruf bitten kann. Neben dem Namen und der Telefonnummer können in entsprechende Formularfelder auch Stichworte zum Anliegen sowie ein gewünschter Rückruftermin angegeben wer den.ObwohlessichhierbeinichtumeineneigentlichenOnlineServicehandelt,so wirderdochonlineeingeleitet.CallbackOptionenkönneninderEvaluationspha sefürKundenhilfreichsein,umgezieltweiterführendeInformationenzuerfragen.
Wiki: Wikis bezeichnen Softwarelösungen oder Sammlungen von Webseiten, die von den Benutzern gelesen und auch direkt online geändert werden können. Sie ermöglichenesverschiedenenAutoren,gemeinsamanTextenzuarbeitenundso ErfahrungundWissenderAutorenkollaborativzuerfassen(vgl.Wikipedia2008).
Blog: Als Blog bezeichnet man ein auf der Website geführtes und öffentlich ein sehbaresTagebuchoderJournal.DiesesistinderRegel„endlos“,d.h.einechrono logisch sortierte Liste von Einträgen, die in gewissen Abständen unterbrochen werden. Der Blog stellt ein einfach zu handhabendes Medium dar, mit dem z.B. innerhalb einer Community Aspekte des eigenen Lebens, Meinungen zu Themen oder Einkaufserlebnisse dargestellt werden. Es ähnelt dem InternetForum und dientdemInformationsundErfahrungsaustausch(vgl.Wikipedia2008).Einebe sondere Form ist der MikroBlog. Dabei können angemeldete Benutzer limitierte Textnachrichten(z.B.140ZeichenbeiTwitter)sendenunddieNachrichtenanderer Benutzerempfangen.DieNachrichtenandererBenutzersindals„Follower“abon nierbar.AufderTwitterStartseitekannmanNachrichteneingebenunddieNach richtenderPersonen,denenmanfolgt,chronologischsortiertsehen.DerAbsender entscheidet, ob er seine Nachrichten oder den Zugang auf eine Freundesgruppe beschränkenmöchte(vgl.Bluhm2009,S.A6;Wikipedia2009).
3.4.4
Self-Service-Funktionalitäten
PositivenEinflussaufdieKundenzufriedenheithates,wennderOnlineKundeunmit telbar selbst zum gewünschten Ergebnis kommt. Die Übergänge von Kommunikati onsinstrumenten zu Selbstbedienungsfunktionen sind fließend und aus Kundensicht nicht unterscheidbar. Gibt z.B. der InternetUser eine Anschriftenkorrektur in ein Webformular ein, ist es für ihn ohne Bedeutung, ob dies eine automatische Daten bankänderungzurFolgehatoderlediglicheineEMailandenzuständigenSachbear beitererzeugt(vgl.HMWVL2007,S.60ff.).DieAutomatisierungsmöglichkeiteninder 126
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
Abwicklung des OnlineHandels eröffnen allerdings gerade im interaktiven Zusam menspielmitdenKundensogenannteSelfServiceFunktionalitätenaufderWebsite. Diesemachenesmöglich,dassderKundeselbstTransaktionenmitdemUnternehmen abwickelt, ohne dass ein Verkaufsmitarbeiter aktiv werden muss. Grundproblem bei der Nutzung solcher SelfServiceModule ist die Komplexität der Benutzerführung, die oftmals komplizierter ist als ein schneller Anruf im CallCenter. Die sich daraus ergebende Ablehnung des SelfService kann aber durch Anreizsysteme überwunden werden.EsgiltdieDaumenregel,dassdieHöhederAnreizeumgekehrtproportional zuderNutzungsfrequenzsowieproportionalzuderKomplexitätderAufgabeist. Abbildung314: TypischesOnlineNutzungsverhaltenohneAnreize Quelle: Laue 2004, S. 87 Produktinformationen
Antragsbearbeitung
1/Tag
Einkauf 1/Woche Stammdatenpflege OnlineBanking
Nutzerfrequenz
Produktinformationen
1/Monat OnlineShopping
1/Jahr
Stammdatenpflege
0
20
40
60
80
Nutzeranteil Privatkunden
Gewerbliche Kunden / indirekter Vertrieb
FolgendeAnreizBeispielefürdieNutzungderSelfServiceFunktionalitätlassensich nennen(vgl.Laue2004,S.81):
24/7VerfügbarkeitdesInternetvs.CallCenter KostenloseKontoführungoderBrokerageKonditionen 127
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
GeringereVersandkostenpauschalen NurimInternetexklusivverfügbareArtikel SonderpreisefürausgewählteProdukteimInternet VermeidungdesAnrufskostenpflichtigerServicenummern Mankannaberdavonausgehen,dassvorallemdannfürdenInformationsaustausch ein dauerhafter Anreiz gegeben werden sollte, wenn der Kunde die SelfService ModulenichtmindestenseinmalproWochenutzt.DieErfahrungzeigt,dassgewerb liche Kunden eine höhere Nutzung in Verbindung mit hohen Nutzungsfrequenzen habenalsprivateKunden.PrivateKundengebendieTransaktionsvereinfachung(z.B. OnlineBanking) sowie weitergehende Produktinformationen als Nutzungsgrund an, wie in Abbildung 314 dargestellt ist. Ein Teil der Nutzer wird aber auch stets Self ServiceFunktionen ohne explizite Anreize nutzen. Es ist deswegen wichtig, die Er fahrungswertefürdiesekonstantenNutzerzusammeln,umdieKostenfürAnreizsys teme den Einsparpotenzialen gegenüberzustellen. Die Frequenzsteigerungen können beträchtlich sein. Durch Entfall der Versandkostenpauschale werden erfahrungsge mäß die Transaktionszahlen um ein Vielfaches erhöht. Im Einzelfall sollte aber jede Maßnahmenocheinmalnachkalkuliertwerden(vgl.Laue2004,S.87).
3.4.5
Pre- und After-Sales-Service
AusSichtderKundenbeinhaltetderOnlineVerkaufsprozessvierPhasen(vgl.Abb.3 15). Die dargestellten Teilprozesse von der Anbietersuche bis zur Belieferung sind mittlerweile weitgehend standardisiert, so dass eine Differenzierung nur inhaltlich erfolgenkann.InsbesondereimBereichderKundenpflegeunddesServiceskannder OnlineHändler sich positiv vom Mitbewerber abheben. OnlineHändler können so wohl in der Vorkauf als auch in der NachkaufPhase ihren Kunden oft erheblichen Mehrwert bieten. Dabei sollten vor dem Kauf Produkte detailliert beschrieben und möglichst multimedial dargestellt werden. Umfassendes Informationsmaterial und interessanteErgänzungenkönnenzumDownloadoderalsLinkzuexternenInforma tionsquellen angeboten werden. Auch besteht die Möglichkeit von Probelieferungen. Darüber hinaus sollte maximale Transparenz gewährt werden. Dazu gehört beim BestellvorgangundauchimVorfeld,stetsdietatsächlichzuerwartendenKostenund Preiseersichtlichzumachen.VersteckteAufschlägeoderZusatzkosten(z.B.Versand aufschlag), die den Kunden erst bei Abschluss des Geschäftes „überraschend begeg nen“,führenzurVerärgerungodergarReaktanzen.AlszusätzlicheExtraskönnenin derPreSalesPhasedenInternetKundenOnlineToolszurVerfügunggestelltwerden, die ihnen die Entscheidung erleichtern wie z.B. Finanzierungsberatung, Wirtschaft lichkeitsberechnungen, Beantragung öffentlicher Fördergelder oder ELearning (vgl. HMWVL2007,S.62ff.).
128
Service- und Search-Solutions als Erfolgsfaktor Nr. 3
Abbildung315: RolledesServicesimOnlineVerkaufsprozess Quelle: HMWVL 2007, S. 57 Online-Verkaufsprozess 1. Information
Anbietersuche
Anbietervergleich
2. Vereinbarung
Anbahnung
Abschluss
3. Abwicklung
Bezahlung
Distribution
4. Nachfrage
Service
AfterSales
Für die AfterSalesPhase sollten neben Newslettern auch sämtliche Informationsma terialien angeboten werden, die vom Kunden nachgefragt werden könnten. Dabei handelt es sich z.B. um Bedienungsanleitungen oder Einbauhilfen. Technische Infor mationen in Form von Datenblattbibliotheken mit Datenblättern, Bedienungs und Montageanleitungen, Übersichtstabellen oder z.B. Umrechnungshilfen erhöhen die wahrgenommeneServicequalitätundkönnenauchnochnachvielenJahrenvonKun denabgerufenwerden.VorallemaberUmtauschservice,Reklamationswesen,Garan tieabwicklung sowie Reparaturservice sind sehr sensible Themen im Distanzhandel, dieäußerstkulantgehandhabtwerdensollten(vgl.HMWVL2007,S.63).Diesesindin jedemFallinternetspezifischindenAGBzuregelnundherauszustellen. Auf sehr hohe Akzeptanz bei den OnlineKunden stoßen auch OnlineHilfeSysteme zurDiagnoseundBehebungvonFehlern.ErfolgserlebnissebeiderSelbsthilfeerhöhen die Kundenzufriedenheit und reduzieren zugleich den eigenen Aufwand. Es kann außerdem Sinn machen, den Kunden die BestellHistorie zur Geschäftsbeziehung onlinezurVerfügungzustellen.DiesehilftdenKunden,dortaufgeführteProduktein dieaktuelleBestellungzuübernehmenundermöglichteinenÜberblicküberdiegetä tigtenEinkäufe(z.B.beimOnlineWeinkauf).
3.4.6
Kunden-Feedback
Für die Kundenbindung, die ja gerade im OnlineHandel herausragende Bedeutung hat, ist es äußerst dienlich, Kundenwünsche aufzugreifen und zu erfüllen. In diesem ZusammenhangbietetdasInternethervorragendeMöglichkeiten,Kundenwünschezu erfragenundzuerkennen.DementsprechendlassensichdurchFeedBackFormulare und/oder OnlineBefragungen Kundenzufriedenheiten und Verbesserungspotenziale ermitteln.DiesbezüglichsollteunbedingtaufdieBefragunghingewiesenwerden,um einenhohenResponsezubekommen.FürWebUmfragenstellenmittlerweilemehrere Marktforschungsanbieter Systeme zur Verfügung, die in die eigene Webpräsenz ein gebunden werden können oder vom Anbieter zur Verfügung gestellt werden. Über 129
3.4
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Zugangscodes(TAN)kanndieTeilnahmeoffengesteuertunddurchEinladungsbzw. ErinnerungsEMailsgefördertwerden(vgl.HMWVL2007,S.65ff.). DaüberpotenzielleKundennochkeineumfassendenInformationenvorliegen,bietet sich an, alle Daten, die aufgrund jeglicher Art von Interaktionen mit den Internet Usern anfallen, zu sammeln und auszuwerten (z.B. Anfragen, Newsletter, Beschwer den). Die Speicherung der Daten kann automatisiert erfolgen und zur Erstellung so genannterKundenprofilegenutztwerden.DazusolltenzusätzlichauchexterneDaten über den Markt, die Mitbewerber sowie Präferenzen bestimmter Käufergruppen ge sammeltwerden,umeinexaktesBildderZielgruppezuerhalten.ImDataWarehouse können dann alle Daten systematisiert und gespeichert werden, die bisher durch In teraktionenangefallensind.DortwerdendannsowohldieexternenDatenalsauchdie internen — durch Automatisierung generierten — Daten zusammengeführt. Daraus entsteht mit der Zeit ein Datenpool, der durch den Einsatz von DataMining MethodenfürWerbemaßnahmengenutztwerdenkann,wodurchdanndasDatabase MarketingzumEinsatzkommt(vgl.Kollmann2007,S.193). Mit Hilfe von WebUmfragen gewonnene Daten können auf dem Webserver analy siertwerden,wobeidannjederAbrufvomWebserverinProtokolldateien(WebLog) gespeichert und nach verschiedensten Fragestellungen ausgewertet werden kann (WebMining).DieOnlineBefragungstelltabernureineuntervielenmöglichenMe thoden der Datenerhebung dar. Wie Abbildung 316 zeigt, bedient sich die Online Marktforschung prinzipiell der gleichen Erhebungsformen wie in der klassichen Marktforschung, weist jedoch aufgrund der Transaktionsart erhebliche Effizienzvor teile auf (vgl. Kollmann 2007, S. 194ff.). Außderdem bieten zahlreiche Online Datenbanken umfassendes Informationsmaterial an, das weit über die klassischen MöglichkeitenderSekundärforschunghinausgeht.NebenDatenbankenstehenzudem Suchmaschinen,Mailinglisten,Kataloge,InformationsseitensowieRankinglistenjegli cherArtzurVerfügung.KostenloseTrafficRankingsfürdiemeistbesuchtenWebsites in den verschiedensten Produktkategorien liefert z.B. Alexa (alexa.com — „The Web InformationCompany“),eineTochtergesellschaftvonAmazon,dieauchunterschied lichsteKennzifferanalysen anbietet. Folglich stehen für den OnlineHändler mehr als genugToolszurVerfügung,umKundenFeedbackeinzuholen.BesondereBedeutung erlangtdabeidie„OnlineBeobachtung“,diedenEinsatzvonTrackingToolsbeinhal tet.(vgl.Lammenett2006,S.28ff.;Kollmann2007,S.189ff.).Außerdemliegenzahl reiche internetspezifische Kennziffern vor, die regelmäßig überprüft werden können undauchsollten.DazuzählenbeispielsweisedieAnzahlderabgerufenenSeiten(Page Impressions) sowie die Anzahl der Besuche (Visits). Darüber kann eine Analyse des Surfablaufs(ClickStream)AuskunftüberProblemederNavigationgeben.Dabeizeigt eineAuswertungderVorgängerseiten,welcheWegezumAngebotbevorzugtwerden oder welche Suchbegriffe verwendet werden. Außerdem gibt sie Auskunft über die WerbewirkungvonBannernundSuchmaschinenwerbung.OftmalsstelltderInternet ServiceProvider in professionellen Nutzungsangeboten Basisauswertungen zur Ver fügung, wenn die Website nicht selbst betrieben wird (WebHosting). Das Web 130
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
Mining kann aber auch an spezialisierte Dienstleister (ASPModell) wie eTracker, Intares, HotTracker oder Netstat ausgelagert werden. Das selbst betriebene Web MiningerforderteingewissesVerständnisdereingesetztenKonzepteundMethoden. DieentsprechendeSoftware(z.B.MescalerooderClicktracks)istjenachVersionaber schonab100€erhältlich(vgl.HMWVL2007,S.67ff.).
Abbildung316: MethodenderOnlineMarktforschung Quelle: Kollmann 2007, S. 195 in Anlehnung an Fritz 2004, S. 144
Online-Marktforschung
Primärforschung
OnlineBefragungen
OnlineBeobachtungen
3.5
Sekundärforschung
OnlineExperiment
OnlineDatenbanken OnlinePanel
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
Die OnlineKunden erwarten eine gezielte und personalisierte Bedüfnisbefriedigung. DiesesgehtmitdemTrendzurIndividualisierungeinher.EinAnsatz,sichvomWett bewerb abzugrenzen, Marktanteile dauerhaft zu sichern und zugleich in stärkere In teraktionmitdeneigenenKundenzutreten,liegtzweifelsohneinderIndividualisie rungvonProdukten,dieinVerbindungmitderInternetTechnologieunterdemBeg riff MassCustomization oder OpenInnovation diskutiert wird. Abgesehen von der Produktindividualisierung zeichnet sich der erfolgreiche OnlineHandel aber vor allemdurcheinenZuwachs an„EinzelkundenorientierungmiteinzigartigerBehand lung“ aus, also einer „SingularityCustomization and Personalization“. Die techni schenMöglichkeiteninVerbindungmitdemInterneterlaubenes,demzunehmenden Trend zur Individualisierung bei den Endverbrauchern durch innovative Marketing maßnahmen Rechnung zu tragen. Die Fülle an Informationen über die Kunden und 131
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
damit das Wissen über deren Verhalten, Bedürfnisse und Eigenschaften, kann mitt lerweile relativ einfach für individualisierte Marketingmaßnahmen verwendet wer den. Die damit einhergehende Bezeichnung „OnetoOneMarketing“ signalisiert bereitsdieRealisierungeiner„EinszuEins“BeziehungmitdemKunden.
Abbildung317: EinordnungdesOnetoOneMarketing Quelle: Peppers/ Rogers 1997, S. 65 Erweiterung der Bedürfnisse hoch differenziert FrequencyMarketing
One-to-OneMarketing
Wert des Kunden Nischenund ZielMarketing
MassenMarketing
I n t e r a k t i v i t ä t
einheitlich
einheitlich
3.5.1
Kundenbedürfnisse
hoch differenziert
One-to-One-Marketing
Im „OnetoOne“Marketing geht es um eine möglichst individuelle und interaktive Erfüllung der Kundenwünsche. Dabei werden die Kundenbedürfnisse auf Basis per sonalisierterAngebotehochdifferenziertbehandelt(vgl.Abb.317).DieInteraktivität geht Hand in Hand mit den Möglichkeiten des Internet, Kundendaten automatisch undzeitnahzugenerieren.DasOnetoOneMarketingnutztdabeiumfassendeInfor mationen über die Präferenzen und das Kundenverhalten. Dieses bedient sich der OnlineMarktforschung im Rahmen des Profiling, also der detaillierten Kundenbe schreibung. Die permanente Interaktion erlaubt dabei eine Erweiterung und Vertie
132
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
fung des Individualisierungsgrades im Zeitverlauf (dynamisches Profiling). Das Tar getMarketing mit der Unterteilung des Marktes in homogene Untergruppen steht dabeiinengemZusammenhangmitdemProfiling,dasaufgrundderKosteneffizienz und Aktualität digitaler Daten im Vergleich zu früher relativ kostengünstig erfolgen kann. Allerdings darf nicht unterschätzt werden, dass spezielle Technologie für den AufbauunddieVerwaltung derKundendatenerforderlichist,wasinjedemFallein gewichtiger Kostenfaktor ist. Dieser hat jedoch investiven Charakter, vereinfacht die Automatisierung von Prozessen und reduziert Streuverluste (vgl. Kollmann 2007, S. 210 ff.). Im Rahmen des OnetoOneMarketing wird der registrierte Nutzer bei Ein wahlidealerweisepersönlichbegrüßt.AufgrundderKenntnisseinerKaufgewohnhei ten wird dem Kunden anschließend sein Lieblingsprodukt als erste Option automa tisch in seinen virtuellen Warenkorb gelegt. Beratung und Präsentation für andere Produkte erfolgt persönlich und die Bezahlung schließlich ist über Kreditkarte mög lich,ohnedassderKundeseineNummerneueingebenmuss(vgl.Booz,2000,S.87). In den meisten Fällen stehen dem OnlineHändler neben der reinen EMailAdresse auch weitergehende Informationen zur Hand, die zu einer persönlichen Ansprache oderfüreineaufdasspezifischeProfildesEmpfängersindividualisierteAusgabedes NewslettersoderMailingsnutzbarist.ImFalleumfangreicherodervielfältigdifferen zierter Themen, wie z.B. Sport, Tourismus oder kulinarische Angebote, bietet es sich an, dass Interessenten denNewsletterindividuell auseinem Themenangebot zusam menstellen können (vgl. Abb. 319). Dabei erhöhen individuelle Zusatzangebote wie z.B.personalisierteCouponsdieWirkungdesNewsletters. DasCouponingwirdauchvondenMarketerndeswegenzunehmendgenutzt,weiles messbar ist, die Regalpreise schont und den Absatz ankurbelt. Darüber hinaus kann das Tracking darüber Aufschluss angeben, wer sich wann welchen Coupon angese hen, wer ihn aufgefordert und wer ihn an welchem Point of Sale eingelöst hat (vgl. Hermes2010,S.86).NochistdasCouponingindenUSAweitausverbreiteteralshier zulande, denn 87 Prozent der USKonsumenten nutzen Coupons. 5 Milliarden Cou ponswerdenjährlichindenUSAeingelöstundimmerhin8ProzentderWerbeetatsin denUSAwirdfürCouponingausgegeben(vgl.Heinemann2008,S.65).Einähnlicher TrendzeichnetsichjedochauchzunehmendfürDeutschlandab.Bereitsjeder2.Kon sumentinDeutschlandistbereit,Couponszunutzen.DieWiederkaufrateunterEinlö sern beträgt bereits 64 Prozent und das Verkaufsvolumen im Zusammenhang mit Coupons ist um 30 bis 60 Prozent höher als bei Aktionspreisen. Lebensbereiche, in denenKundenCouponseinsetzen,sindLebensmittel(64Prozent),CD/DVD(59Pro zent),Tanken(45Prozent)undBekleidung(44Prozent).IndividualisiertesCouponing undEMailswerdenalsidealerWegzumKundenangesehen.AlsBeispielefürprakti ziertes Couponing in Deutschland lassen sich Tchibo und Bonusnet nennen. Tchibo verbindetCouponingmitdemClubansatz „PrivatProgramm“,wobeiderKundefür 10 € Jahresgebühr 4 Coupons a´ 3 € erhält, die jeweils pro Quartal eingelöst werden können.DafürgibteseinmonatlichesPrivatMagazin,dasPrivatkundenfrüherüber Angebote informiert. Außerdem gibt es weitere Coupons für Kaffee und TCM
133
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Produkte, exklusive Veranstaltungen, Sonderermäßigungen sowie Gewinnspiele und Reiseangebote.GrundansatzfürBonusnetistdemgegenübereinRabattclubimInter net,indemderKundefüreineMonatsgebührvon5€grundsätzlichdieMöglichkeit hat, bei 350 OnlinePartnern vergünstigt einzukaufen und Rabatte überwiesen zu bekommen (z.B. 30 Prozent der Festnetzgespräche). Zusätzlich erhält er monatlich CouponsimWertvonbiszu100€.
Abbildung318: IndividuellerNewsletter Quelle: MWVL 2007, S. 33 Regionaler kategorisierter Newsletter Rock im Rheinland oder Schlager im Schwarzwald – was ist los in Ihrer Nähe? Der regionale Everdirn-Newsletter informiert Sie über aktuelle Veranstaltungen in Ihrer Gegend – natürlich nur in den Kategorien, die Sie interessieren Ja, ich möchte den kategorisierten regionalen Newsletter Bitte wählen Sie mindestens eine und höchsten drei Kategorien aus! Konzerte Rock & Pop
Sonstiges Comedy&
Hard & Heavy
Kabarett
HipHop & Black
Show
Jazz & Blues
Festivals
Schlager & Volkslied
Kinder
Konzerte Weitere
Sonstiges Weitere
Klassik
Gala
Musical
Revue
Oper & Operette
Circus
Theater Lesungen Kultur Weitere Sport Fußball Motorsport Tennis Eissport Handball Sport Weitere
134
Lesung
Klassische Konzerte
Revue Merchandising Variete
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
3.5.2
Individualisierte Angebote
Die Individualisierung des Kauferlebnisses sollte Produktangebot und auswahl ein schließen. Denkbar ist z.B., einem Weintrinker während seines OnlineEinkaufs zum WeinkaufaucheinenKorkenzieheroderdemLiebhabereinerbestimmtenSorteauch einmal einen anderen Wein zur Probe anzubieten. Darüber hinaus ermöglicht die AuswertungderKundendaten,demKundenLiteraturzueinembestimmtenWeinan baugebietodereinerReihevonGerichten,zudeneneinbestimmterWeinpasst,anzu bieten.DasindividualisierteAngebotkanndemKundenübereinenpersönlichgestal teten Shop dargeboten werden. Dabei können wiederholt nicht nachgefragte Waren gruppen ausgeblendet sowie eine auffällige, kreative Herausstellung der Kernabteilungen erfolgen. Nach diesem Prinzip würde sich auch verbieten, einem überzeugten Rotweintrinker, der seit Jahren keinen Weißwein bestellt hat, mit Weiß weinwerbungzubombardierenunddamitzunerven. DiepersonalisierteAngebotsgestaltungerfordertdieIntegrationvonProdukt,Prozess undKunde.InsofernsindKundenundPartnerauchindenProzessderLeistungser stellungmiteinzubinden(vgl.Abbildung318).VonderInteraktionzwischenOnline HändlerundUserprofitierenbeideSeiten.SoerhältderKundedurchdasindividua lisierte Angebot einen höheren Produktnutzen, während der OnlineHändler eine nachhaltigeWertsteigerungseinesAngebotessowiemöglicheEffizienzgewinnedurch dieAusgliederungvonFunktionenanPartnererzielt(vgl.Booz2000,S.88).Jeinten siver der Dialog zwischen dem OnlineHändler und seinen Kunden ist und je mehr dieser über seine Kunden und ihre Kaufgewohnheiten erfährt, desto zielgerichteter kannerfürdieseProduktundServicepaketezusammenstellen. VonderEinbindungindieProzesseprofitiertderOnlineKundemehrfach.Zumeinen ermöglicht ihm die interaktive, leicht zu navigierende Benutzerführung in der Vor kaufphase einen schnellen und nachvollziehbaren Überblick über das Leistungspro gramm.ZumanderenkannderKundedurchindividuelleGestaltungvonProduktpa rametern das Angebot wunschgemäß zusammenstellen und gleichzeitig seinen End preis bestimmen. Außerdem wird er auf weitere Angebote seines Interessengebietes oderaufergänzendeProduktehingewiesen.AuchsolltederKäuferdurchübersichtli cheNutzerführungbiszumAbschlussderTransaktion,alsobiszurBezahlung,beglei tetwerden.DabeiwerdenihmidealerweiseauchFinanzierungsmöglichkeitendarge legt (vgl. Booz 2000,S. 90). Diesbezüglich ist es möglich, dem OnlineKunden indivi duelle Preismodelle und Zahlungsmöglichkeiten zu anzubieten. Von Auskunfts dateien (z.B. Creditreform) angebotene, differenzierte ScoringModelle lassen die BonitätderKundenanhanddesNamensundderAdressebeurteilenundermöglichen kundenbezogene großzügige Rückgabe oder Zahlungsmodalitäten, die auch zur VertrauensbildungundTreuebeitragen.Esistaberauchmöglich,scheinbare„Risiko kunden“durchflexibleAngeboteandasUnternehmenzubinden,wenndiesez.B.nur die„falscheAdresse“haben.SinddieKundenpersönlichbekannt,sollteeineTeilbe lieferungdurcheine1:1kalkulierteRisikobegrenzungerwogenwerden,wasvorallem
135
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
beivonanderenUnternehmenabgewiesenen„Risikokunden“zueinerextremhohen Loyalitätführt(vgl.HMWVL2007,S.38ff.).
Abbildung319: IndividualisierteEKaufprozesse Quelle: Booz 2000, S. 88 Kaufprozesse „Real World“ Variantenvielfalt
Produkte/ Services
Kauf/Verkaufsprozesse
Kunden
3.5.3
Kaufprozesse „iWorld“ Individualisierte Variantenvielfalt
Standardisiert/automatisiert
A
B
Individualisiert
C
A
B
C
Personalisierte Beratung und Präsentation
Da im OnlineHandel die persönliche Komponente des sozialen Austausches fehlt, wirdalsKompensationeineinternetbasierteBeratungangeboten.Hierbeigibteszahl reiche Möglichkeiten, die OnlineKunden individuell zu unterstützen und sie auf Produkteweiterzuleiten,dieaufihreBedürfnisseabgestimmtsind.VorallemimOn lineFashionHandel werden kundenbezogene Hilfestellungen wie Figur und Pro blemzonenberatungen eingesetzt. Ferner kann Beratung auch über die Empfehlungs und Bewertungssysteme anderer Kunden eingesetzt werden, in dem sie ihm einen erstenEindruckvomProduktverschaffen.AberauchvirtuelleVerkäufer,sogenann ten Avatare, die auch zur Bekleidungssimulation nutzbar sind, können eingesetzt werden(vgl.Rathgeber/Weining2008,S.78ff.):
Kundenbezogene Hilfestellungen bezeichnen jegliche Angebote in Form von Beratungsleistungen durch den OnlineHändler wie z.B. Figur, Typ, Stil, Prob lemzonen,Farb,StylingoderKonfektionsgrößenberatung.Diesesinddanachzu unterscheiden, ob sie eine Weiterleitung zum individuell abgestimmten Produkt vorsehenodernicht.
Empfehlungssysteme beziehen sich auf Bewertungen durch Kunden. Bei der Be wertung hat sich das FünfSterneSystem als Bewertungsskala durchgesetzt, das auch von Amazon genutzt wird. Häufig wird die Möglichkeit angeboten, neben
136
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
derBeurteilungdurchSterneauchKommentareandererKundeninTextformdar zustellen. Darüber hinaus besteht zunehmend die Möglichkeit eines persönlichen Erfahrungsaustausches in CorporateBlogs (vgl. Klein 2006, S. 7), in denen unter schiedlichste Themenbereiche im Zusammenhang mit dem Produkt diskutiert werden können, was aber eine unabhängige und authentische Berichterstattung voraussetzt.
AvataremitVerkaufsfunktionsindkünstlichanimierteFiguren,dieinderdigita lenWelteigentlichalsStellvertreterdereigenenPersoneingesetztwerden(z.B.im SecondLife),jedochauchalsBeratungselementihrenEinsatzfindenkönnen(vgl. Michels/Schultze 2008, S. 109). Dabei werden auch Synonyme wie „virtueller A gent“, „Bot“, „Lingubot“ oder „Chatterbot“ gebraucht (vgl. Rathgeber/Weining 2008,S.80).IndereherunpersönlichenvirtuellenWeltsollenAvataredemEShop einemenschlicheNoteverleihenmitFunktionenwieinAbbildung320dargestellt.
Abbildung320 EinsatzfelderfürAvatareimOnlineHandel Quelle: Rathgeber/ Weining 2008, S. 81; Lindner 2003, S. 13 FAQ bei Transaktion, Cross-/ Up-Selling, Support Chat, Recherche FAQ, Support Chat, Service-Hotline
Nutzungsphase
Kaufphase
Eye-Catcher, Akustische Kaufanreize
Evaluationsphase Anregungsphase
Vergleich, Recherche
Avatare zur Bekleidungssimulation haben keine Verkaufsfunktion, sondern er möglichen„virtuelleAnproben“.DiesersiehtdieAbstimmunggewisserpersönli cherEigenschaftenwiez.B.individuelleEinstellungenvonHaut,HaarundAu genfarbe vor. Zudem können verschiedene Kleidungsstücke miteinander kombi
137
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
niertwerden,wasmiteinerreinfotographischenDarbietungvonProdukteninder Regelnichtmöglichist.
Hochladen eines Selbstportraits wird von einigen InternetAnbietern auch zur Produktpräsentation eingesetzt. Dabei kann die Darstellung des Produktes direkt „amKunden“erfolgen,wodurchauchdieIdentifikationdesKundenmitderWare erhöhtwird. Avatare bilden eine Schnittstelle zum Nutzer und führen den Kunden als Navigator durch die Websites. Darüber hinaus unterstützen sie den InternetUser durch den kompletten Kaufprozess hindurch, wobei sie auch zusätzliche Kaufanreize geben, Fragenbeantworten(SupportChat)oderaucherweiterteAngebotepräsentierenkön nen (Cross/UpSelling). Gewöhnlich verstehen Avatare natürliche Sprache und sind inderLage,FrageninEchtzeitzubeantworten.
3.5.4
Mass-Customization
Die Umsetzung des Individualisierungsgedankens mündete im OnlineFashion HandelbereitsindenAnfangsjahrendesInternetinderKonzeptionderindustriellen Maßkonfektion(vgl.Ahlert2001,S.15).DieseInnovationistdiebekleidungsspezifi scheUmsetzungderMassCustomizationStrategieimSinneeinerkundenindividuel lenMassenproduktionfüreinkomplexesBekleidungsgutinHinblickaufindividuelle KörpergrößeundPassform.MassCustomization(kundenindividuelleMassenproduk tion) nimmt die traditionelle Fertigung von Individualprodukten zum Vorbild, ver bindetdiesejedochmitdenKostensenkungspotenzialenderMassenmarktbearbeitung (vgl.Piller,2006,S.5ff.)undnutztdabeiweitgehenddieMöglichkeitenderInternet Technologie, um in Form einer „interaktiven Wertschöpfung“ den Kunden in die Produktindividualisierung einzubeziehen. MassCustomization ist die Produktion vonGüternundLeistungenfüreinen(relativ)großenAbsatzmarkt,welchedieunter schiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen. Dieses soll zu Kosten erfolgen, die ungefähr denen einer massenhaften Fertigung vergleich barer Standardgüter entsprechen MassCustomization bezeichnet demnach die Pro duktion von individualisierten Gütern und Leistungen mit der Effizienz einer ver gleichbaren Massen bzw. Serienproduktion. Die Informationen, die im Zuge des Individualisierungsprozesseserhobenwerden,dienendemAufbaueinerdauerhaften, individuellen Beziehung zu jedem Abnehmer“ (Reichwald/Piller, 2006, S. 65). Die Definition von Piller weist aufgrund der starken Fokussierung des Konsumentenbe dürfnisses und der Konkretisierung der Kostendimension eine hohe Praxisrelevanz auf. Die Prinzipien von MassCustomization sind in Abbildung 321 dargestellt. Ne benderschonbeschriebenenProduktindividualisierungsowieMassenproduktionsef fizienz sind dabei auch die Kundenintegration (Prosumentenfunktion) sowie stabile Prozesse und Produktarchitekturen von zentraler Bedeutung. Die Entwicklung vom
138
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
KonsumentenzumProsumentendurch„interaktiveWertschöpfung“isterstdurchdie InternetTechnologiemöglichgeworden(vgl.Unterberg2008,S.203),wobeidasPrin zip der Kundenintegration auch im Rahmen des ConsumerGeneratedAdvertising wirksam wird. Das Kriterium „stabiler Lösungsraum“ schließlich besagt, dass die ProzessundProduktarchitekturenfixiertunddamitstandardisiertseinmüssen(vgl. Reichwald/Piller2006,S.203ff.). Abbildung321: PrinzipienvonMassCustomization Quelle: Nach Reichwald/Piller 2006, S. 200
Anpassung von Absatzleistungen an individuelle Kundenbedürfnisse Differenzierungsvorteil (Produktindividualisierung)
Stabiler Lösungsraum (stabile Prozesse und Produktarchitektur)
Grundlage der kundenindividuellen Produktion
Kostenposition
Kundenintegration
(Massenproduktionseffizienz)
(Prosumentenfunktion)
Kosten- und Preisposition, die die Güter für größere Abnehmergruppen erschwinglich macht
Beteiligung des Kunden an der Wertschöpfung
Der Erfolg der OnlineHändler, die MassCustomization betreiben, beruht auf der individualisierten Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten, die ein qualitativ hoch wertiges,individualisiertesProduktzueinemmitStandardproduktenvergleichbaren Preis wünschen (vgl. Piller/Reichwald, 2006, S. 1 ff.). Umgekehrt hat die Mass Customization in Verbindung mit den Möglichkeiten der InternetTechnologie und der daraus möglich gewordenen „interaktiven Wertschöpfung“ zweifelsohne den entscheidenden Auftrieb erhalten. Wesentliches Ziel der MassCustomization ist da bei, sich vom Wettbewerb abzugrenzen, Marktanteile dauerhaft zu sichern und zugleichinstärkereInteraktionmitdeneigenenKundenzutreten.Dabeiwirdsowohl 139
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Zusatznutzen für die Endkunden als auch für die Unternehmen geschaffen. Denn nach dem Prinzip des OpenSource kann externes kreatives Potenzial aktiviert wer den.BeiAnbieternwiez.B.Spreadshirt(TShirts)oderSellaband(eigeneMusik)kann derKonsumentnachdemPrinzipdesOpenInvestmentauchzumProduzentenwer denundseineProdukteüberdiePlattformvermarkten(vgl.aswSonderheft2008,S. 113114). MassCustomization und die durch diese möglich gewordene Produktindividualisie rungliegtimTrend,wieverschiedeneStudienzeigen.Sowiesdie„DeutscheDelphi Studie“bereits1998aufdiewachsendeBedeutungvonMassCustomizationhin(vgl. Fraunhofer 2008). Eine Studie von Gartner aus dem Jahre 2001 zeigt in einem CRM TrendRanking das Thema MassCustomization bereits auf dem dritten Platz (vgl. 4managers2008).UnddiejüngsteStudievonFörster&KreuzausdemJahre2003,in der546PraktikerzudiesemThemenkreisbefragtwurden,führtaus,dass50Prozent der Befragten bereits das Konzept MassCustomization kennen und immerhin 34 Prozentschoneinmaldavongehörthaben(vgl.Förster2003,S.133). Die Individualisierung von Produkten ist allerdings keine Innovation. So besteht die Möglichkeit beispielsweise Handtücher o.ä. bestickt zu bestellen, schon seit vielen Jahren. Innovativ ist jedoch der Ansatz, dies über einen OnlineShop einer breiten MassevonEndkundenanzubietenunddiesesindasbestehendeSortimenteinzubau en.Beispielehierfürsind
Esprit(BestickenvonBabybekleidungundhandtüchern), Freitag(TaschenausLKWPlanen), Nike,Vans(IndividualisierungvonTurnschuhen)und Apple(Gravurvonmp3playern). EinweitererAnsatzistderOnlineVertriebausschließlichindividualisierterProdukte, wie ihn z.B. timbuk2 für Taschen oder Spreadshirt für Bekleidung und Accessoires anbieten. Dieser Trend wird unterstützt von der mittlerweile fast flächendeckenden Anbindung mit breitbandigen InternetAnschlüssen in Verbindung mit Flatrates, die dieÜbertragunghoherDatenmengenrundumdieUhrmöglichmachen.SosindOn lineApplikationenfüreinehochauflösendeAuswahlvonDruckmotivenoderSchrift formen und die Versendung dieser für die meisten Haushalte kein Problem mehr. Individualisierungbietetsichabernichtnurfür„PureOnlineHändler“alsServiceer weiterung an. Auch MultiChannelHändler profitieren von dieser Option. So kann die Kundenbindung am Point of Sale deutlich erhöht werden. Für den Handel sind aberzweizentraleHerausforderungenzulösen,nämlichdieZeitunddieMenge. HerausforderungZeit Im Distanzhandel sind Konsumenten über die Jahre an immer kürzere Lieferzeiten gewöhntworden.DiesemüssenauchbeiindividualisiertenProduktenberücksichtigt
140
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
werden. Zeitvorteile werden grundsätzlich über räumliche Nähe zum Endkunden sowieSchnelligkeitindenProzessenerreicht.DiesstelltVertreibervor Herausforde rungen: Produktion findet zunehmend außerhalb des deutschen bzw. europäischen Absatzmarktes statt. Zeitvorteile können nur durch teurere Luft statt Seetransporte eingekauftwerden.AusdiesemGrundsolltederIndividualisierungsschrittnachträg lichbeidenbereitsproduziertenundimAbsatzmarktzurVerfügungstehendenPro duktenerfolgen.ImGegensatzzueinemHerstellerodervertikalisiertenSystemmuss derOnlineHändlerdeswegentendenziellaufeineIndividualisierunginderFunktio nalitätdesProduktesverzichten(z.B.Verwendungszwecke)undsicheheraufgustati ve bzw. visuelle Eigenschaften beschränken (z.B. Design, Farben, Muster). Dadurch rückt die Vorproduktion von Rohlingen oder Komponenten in den Fokus, die auf Lagervorgehaltenwerdenmüssen. HerausforderungMenge Die zweite Herausforderung bei der Individualisierung von Produkten liegt in der Mengenplanung.InderRegelerreichtdieMengederzuindividualisierendenProduk te keine kritische Masse, so dass sich für Händler Investitionen in eigene Technik meistnichtamortisieren.EineAlternativebietetderEinkaufvonVeredelungsleistun gen.DieSchwierigkeitliegtvorallemdarin,geeigneteAnbieterzufinden,dieauchbei sehrunkonkretenMengenprognoseninderLagesind,konkurrenzfähigePreiseanzu bieten. Die Menge der zu individualisierenden Produkte ist, gerade zu Beginn, nur sehr schwer planbar. Da Individualisierung aber im mittleren Preissegment, in dem derDruckdurchdasunterePreissegmentsehrhochist,einenechtenWettbewerbsvor teil darstellt, bleibt hier nicht viel Spielraum. Darüber hinaus sind herkömmliche Dienstleister meist nur auf das Customizing einer bestimmten Materialart bzw. Pro duktgruppebeschränkt,wiez.B.Textilien. CustomizingdurchFulfillmentDienstleister DieseProblematikhatdieHermesWarehousingSolutionsGmbH(HWS)erkanntund bietetihrenMandanteneineinnovativeneueDienstleistungan.DerHamburgerFul fillmentAnbieter, eine 100prozentige Tochtergesellschaft der OttoGroup, ist auf Dienstleistungen für den europäischen Distanz und Stationärhandel mit Geschäfts kunden und Endverbrauchern spezialisiert, und gilt als Best Practice in den Back OfficeFunktionen und SupplyChains (vgl. Detailbeschreibung in Kap. 4.2.2). Auf Grund vielfältiger und zahlreicher Mandanten bietet die HWS eine natürliche Men genbündelungsfunktionfürHändleran.DadurchwirdübervielekleinereMengendie kritischeMassefürIndividualisierungerreicht.SokönnenSchwankungeninderein zelnen Auftragslage ausgeglichen werden und ein breites Spektrum aus verschiede nen Techniken übergreifend zur Verfügung gestellt werden. Die Verfahren und die AnforderungenandieTechnikmüssenallerdingsimVorfeldaufKundenseitegenau erhobenundbenanntwerden.Denndiesewissenambesten,soHWS,unterwelchen Bedingungen sich ihre Produkte für Individualisierung eignen und verkauft werden können(vgl.Abbildung322). 141
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Abbildung322: HWSAblauforganisationfürMassCustomization Quelle: HWS 2008 Filialen
Cross Docking
Filiale Filiale
Sorting
Filiale Filialkunde
Hersteller
Reservelagerung
Kommissionierung
Direktkunde
Individualisierung WGR WGR WGR WGR
Generisches Produkt Individuelles Produkt
DieHWSbündeltdieseInformationenundstelltdaraufaufbauenddieTechniksowie passgenaueProzessezurVerfügung.AuseinemzentralenBestandkanndiebenötigte Menge dann ausgeschleust werden. Nach der Individualisierung werden die indivi dualisierten Produkte den Bestellungen aus der Filiale bzw. denen der Endkunden zugeführtundineinerSendungverschickt.DieserServicebietetHändlernzudemden Vorteil, dass nur die Menge an Produkten veredelt wird, die im Vermarktungszeit raum benötigt wird, was die Disposition erheblich erleichtert. Es müssen keine Be stände bei Subdienstleistern vorgehalten werden, die anderweitig abgesetzt werden können.DienachträglicheVeredelungüberHWSkannebenfallsfüreineProduktion „ondemand“eingesetztwerden,wasfürKleinserienundspezielleVerkaufsaktionen vorteilhaftist.AuchdieverkaufsgesteuerteProduktionistdamitmöglich.Sokönnen mehrere Designs bei einem Grundprodukt angetestet werden und das Design des VerkaufsschlagerswirdzeitnahaufdenRohlingenproduziert.DasbreiteVerfahrens spektrumderHWSermöglichtesHändlernzudem,einweitesProduktspektrumohne die aufwändige Steuerung mehrerer spezialisierter Subdienstleister zu veredeln. So könnenTextilitenauchSortimenteausnichttextilenMaterialienveredelnlassenund HartwarenhändlerergänzendeProduktezurIndividualisierungauseinerHandanbie ten.
142
Singularity-Customization and Personalization als Erfolgsfaktor Nr. 4
3.5.5
Open-Innovation
„Prosumenten“ erwarten zunehmend eine stärkere Einbeziehung in den gesamten Wertschöpfungsprozess und sind bereit, dies zu honorieren, wie die neuen „Erfolgs StartUps“imFashionSektor(z.B.threadless.comundspreadshirt.com)eindrucksvoll aufzeigen. Grundlage des Wertschöpfungsprozesses ist dabei ein CoDesignProzess zurDefinitionderindividuellenLeistunginInteraktionzwischenAnbieterundEnd kunden,derauchalsOpenInnovationbezeichnetwird(vgl.Piller/Reichwald,2006,S. 95ff.).DerentscheidendeUnterschiedzurbisherigenMassCustomizationliegtinder Einbeziehung des Kunden zu einem früheren Zeitpunkt, d.h. bereits vor Fertigungs beginn. Abbildung323: AbgrenzungderOpenInnovation Quelle: Reichwald/Piller 2006, S. 209 Anbieter als Gestalter der Wertschöpfung
Kunden/ Nutzer als Wertschöpfungspartner
Ideengenerierung O p e n I n n o v a t i o n
Konzeptentw.
Prototyp
Prod.-/ Markttest
Markteinführung I n d i v i d u a l i s i e r u n g
Interaktionsfeld
Fertigung Montage Vertrieb After Sales
Wertschöpfungsphasen
K u n d e n b e t e i l i g u n g
K u n d e n i n t e g r a t i o n
Individualisierung Ansatzpunkte zur zur Produktindividualisierung/ Kundenintegration
Development-to-order/ Engineer-to-order
Kundenintegration vor Fertigung
Make-to-order
Kundenintegration in Fertigung
Assemble-to-order
Kundenintegration bei Montage
Match-to-order/ Locate-to-order
Kundenintegration im Vertrieb
Gestaltungsraum
WieAbbildung323zeigt,kannderGradderKundenintegrationunterschiedlichaus geprägt sein. Ähnlich wie beim ConsumerGeneratedAdvertising kann der Kunde dabei bereits in die Ideengenerierung mit einbezogen werden. Hinsichtlich der An 143
3.5
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
satzpunktezurProduktindividualisierungsindjenachZeitpunktderKundenintegra tiondreiKonzeptedesCoDesignProzesseszuunterscheiden:
Developmenttoorder(Engineertoorder):HöchsteFormderWertschöpfungsin tegrationmitIntegrationdesKundenindieProduktentwicklung,wobeiindividu elleNeukonstruktionenrealisiertwerden.HierbeihandeltessichnachKundenum eineklassischeEinzelfertigung,diejedochausFirmensichteffizienzgetriebenist.
Assembletoorder und Maketoorder (Builttoorder): Der optimale Punkt der Kundenintegration wird für die Produktindividualisierung genutzt, wobei ein EingriffindieAktivitätenderFertigungerfolgt(„Sonderwünsche“).Beiauftrags bezogener Fertigung von Standardwaren findet allerdings keine Integration des Kunden statt. Typisches Beispiel für diesen Ansatzpunkt der Produktindividuali sierungstelltdiePoduktkonfigurationdar.
Matchtoorder und Locatetoorder (SoftCustomization): Kundenintegration erfolgt erst in nachgelagerten Wertschöpfungsstufen, wobei ein Interaktionstool WünscheineinemSpektrumanStandardleistungensammeltundzuordnet.Diese FormderProduktindividualisierungbasiertnichtaufFertigung,sondernTätigkei tenimVertriebundKundenservice. FürdenklassischenHändler,dernichtvertikalisiertistunddamitkeinenEinflussauf die Fertigung und der Fertigung vorgelagerten Stufen der Wertschöpfung nehmen kann, bietet sich ausschließlich die SoftCustomization, also das Matchtoorder und Locatetoorderan.
3.6
System- and Supply-Chain-Excellence als Erfolgsfaktor Nr. 5
Zentrale Erfolgsvoraussetzung im OnlineHandel ist ein nachhaltiges Komplexitäts management, das zugleich die schnellstmögliche Abwicklung im InternetKanal si cherstellt (CycleTimeReduction). Der Erfolgsfaktor „System and SupplyChain Excellence“ bezieht sich dabei vor allem auf die „Insideout“Komplexität des Inter netUnternehmens. Wesentliche Herausforderung besteht diesbezüglich in der maxi malenAutomatisierung(ITundSystemManagement)einerseits,aberzugleichkanal spezifischen Sicherstellung der optimalen und schnellstmöglichen Arbeitsabläufe/ Prozesseandererseits(SupplyChainManagement). DieReduzierungderDurchlaufzeit(CycleTime)wurdeim„Vorzeitalter“desInternet ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Komplexitätsreduktion diskutiert. Die virtuellenMöglichkeitenderInternetTechnologieermöglichenabereineBewältigung derKomplexität,ohnedurcheineReduktionAbstricheimLeistungsumfangerkaufen
144
System- and Supply-Chain-Excellence als Erfolgsfaktor Nr. 5
zumüssen.DiesekommttreffenderunterderBezeichnungKomplexitätsPerformance zumAusdruck.
3.6.1
Komplextitäts-Performance
ImZugederfortschreitenden„Wikinomics“verliertdievertikaleIntegrationzukünf tiganBedeutungzuGunstenderFokussierungaufdieeigentlichenKernkompetenzen derInternetUnternehmen(vgl.Tapscott2008,S.14).OnlineHändlersindangesichts des veränderten Marktumfeldes sowie der Kundenerwartungen an Zeit und Kosten unausweichlichdazugezwungen,einerseitsdieEffektivitätzuerhöhenundanderer seits nachhaltige Effizienzschübe zu realisieren, um den anstehenden Herausforde rungen standzuhalten. Diesbezüglich kommt zum Beispiel im OnlineHandel der Geschwindigkeit der innerbetrieblichen Entscheidungs und Arbeitsabläufe eine Schlüsselrollezu.Der„traditionelle“Händlermussbegreifen,dassvorallemkunden orientierte Geschäftsprozesse und uneingeschränkte Kundenorientierung Erfolgsvor aussetzungNr.1imOnlineHandelsind.Schnelligkeit,TransparenzundServiceorien tierung sind allerdings Themen, die in der „Servicewüste Deutschland“ häufig erst nochgelerntwerdenmüssen. DieserAnspruchistnurerfüllbar,wenndurcheineprozessorientierteNeuausrichtung die Organisation schlanker, schneller und schlagkräftiger ausgestaltet wird. Hinzu kommt der Anspruch an eine kompromisslose Kundenorientierung, die infolge der drastisch verkürzten Kundenreaktionszeiten Grundvoraussetzung für die Wettbe werbsfähigkeitistunddieBasisfürWachstumsdynamikbildet.Esisterwiesen,dass diedurchradikaleProzessoptimierungenhervorgerufeneDurchlaufzeitenreduzierung Effizienzverbesserungen zwischen 20 Prozent und in einzelnen Fällen sogar über 60 Prozent bewirken können. Diese ergibt sich u.a. aus erhöhter Lagerumschlagsge schwindigkeit, Produktivitätssteigerung, Bestandsabbau sowie deutlicher Minimie rung von NichtVerkaufsaktivitäten (vgl. Management Engineers 2008).Doch gelingt dieser Kraftakt nur, wenn nicht nur die Kostenstrukturen, sondern ebenfalls das ge samte Geschäftssystem auf die Anforderungen im OnlineHandel getrimmt wird. Gerade in „traditionellen“ Einzelhandelsunternehmen sind immer noch deutliche IneffizienzeninProzessenundStrukturenzufinden.UnzureichendeVerzahnungder Kernprozesse, suboptimale Regelungen von Verantwortlichkeiten sowie strukturell bedingte Verzögerungen deuten in der Regel auf umfangreiche Verbesserungspoten zialehin. ImRahmenderkundenorientiertenNeuausrichtungsindalleKernprozessenachZeit, QualitätsundKostenaspekteninFragezustellen.Zielistes,sichaufdieKernfunkti onen zu fokussieren, um so auf Kosten sowie Umsatzseite Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Die Prozessoptimierung hat „spitz” entlang der Kernprozesse in Marke ting/Logistik, Zentrallagerlogistik, Distribution/Verteilung sowie RetroDistribution
145
3.6
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
zu erfolgen. Diesbezüglich müssen alle Prozessabläufe auf ihren erfolgskritischen Kern hin untersucht und neu ausgerichtet werden. Barrieren, die eine reibungslose undeffizienteLeistungserstellungverhindern,sindzubeseitigen.DabeisindSachbar rieren(z.B.unzureichendeWWSInstrumente),Prozessbarrieren(z.B.fehlendeWWS Prozessverantwortung) und Kulturbarrieren (z. B. mangelnde Teamkultur) zu unter scheiden.
Abbildung324: KomplexitätsPerformanceinfünfStufen Quelle: In Anlehnung an Management Engineers 2008
Kunde / Verbraucher
5 Perfektion anstreben
1
Pull installieren
Kundenwert definieren Lean Thinking
2 Wertfluss optimieren
Prozess verankern
4 Strategisches Strategische KomplexitätsKomplexitätsmanagement Performance
Zielgrößen definieren
3 Konzentration auf Kunden-Wertschöpfung
Transparenz schaffen
Diesbezüglich lassen sich für OnlineHändler in Anlehnung an die legendären fünf Stufendes„LeanThinking“(vgl.Womack/Jones2003,S.9ff.)ebenfallsfünfPhasender KomplexitätsPerformance aufzeigen, die in Abbildung 324 dargestellt sind und bei einerkundenorientiertenNeuausrichtunghelfenkönnen.AusgangspunktistdieDefi nitiondesMehrwertesfürdenKunden(„CustomerValue“),derjaauchzentraleBe deutung für das AttractionMarketing des OnlineHändlers hat. Im nächsten Schritt gehtesdarum,alleProzesseimUnternehmenaufdieErfüllungdiesesKundenmehr wertesauszurichten.DiesesermöglichtdieausreichendeTransparenz,umZielgrößen zudefinieren(z.B.Prozessgeschwindigkeit,CycleTimeetc.)unddieProzessenachhal tig zu implementieren. Dabei hilft das internetspezifische Geschäftssystem, das nach
146
System- and Supply-Chain-Excellence als Erfolgsfaktor Nr. 5
denPrinzipiendesBusinessReengineering(vgl.Osterloh/Frost2003,S.31)einekun denorientierteRundumbearbeitungermöglicht. ImGegensatzzumbisherigenVerständnisdesKomplexitätsManagementgehtesbei der KomplexitätsPerformance nicht um die bloße Reduzierung der Komplexität, sonderndieBewältigungder„nichtreduzierbarenKomplexität“.Währenddem„Lean Thinking“nochdieÜberlegungzugrundeliegt,dieKomplexitätumjedenPreisredu zierenzumüssen,umdamitdieKomplexitätskostenzusenken,löstsichderKomple xitätsPerformanceAnsatz von diesem Postulat. Er nimmt die Tatsache als gegeben hin, dass die Geschäftswelt immer komplexer wird und die immer differenzierteren Marktanforderungen nur mit einer immer höheren Komplexität erfüllbar sind. Die neuen Möglichkeiten der Netzwerkorganisation („virtuelle Organisation“) befähigen allerdings Unternehmen auch dazu, diese Komplexität zu bewältigen und trotz stei gender Komplexität oder sogar gerade wegen dieser zunehmenden Komplexität er folgreichzusein(vgl.Zentes/Swoboda/Morschett2004,S.295ff.).
3.6.2
Schnelligkeit und Cyle-Time-Reduction
ErfolgreicheOnlineHändlerwiez.B.AmazonziehenalsVergleichsmaßstabvorallem Kenngrößen von Wettbewerbern heran, d.h. sie führen ein externes Benchmarking anhand von Prozesstreibern durch. Das mit Priorität anzustrebende „Primärziel” bleibt dabei die Durchlaufzeit, also die reine Bearbeitungszeit im Optimalfall. Für Amazon sind Vorgaben im Customer Service wie beispielsweise „ein Klick zum Kaufakt“, „unter 24 Std. Durchlauf“ oder „EMail in 24 Std. und Phone innerhalb 1 Minute“ selbstverständlich, nicht aber für ein typisches deutsches Versandunterneh men.Kriterienwie„mitdreiKlickszumZiel“,„RückrufnachmaximaleinerStunde“, „Lieferung in maximal 48 Stunden“ sind „StateoftheArt“ im OnlineHandel und Messlatte für jeden Quereinsteiger aus dem traditionellen Handel. „CycleTime Reduction“istdaszentralePrinzip,dasauchder„CustomerSupplyChain“vonAma zonzugrundeliegt,dieinAbbildung325dargestelltist. Voraussetzung für eine „CycleTimeReduction“ ist eine Prozessoptimierung, deren Ergebnis es sein muss, dass die identifizierten Kernprozesse gestrafft und Ersatzpro zessekonsequenteliminiertsind.UmlangfristigdenErfolgderOptimierungsicherzu stellen, ist es ratsam, den Stand der Barrierenbeseitigung in den Kern bzw. Teilpro zessen ständig zu messen. In Restrukturierungsprojekten hat sich diesbezüglich be währt, an definierten Messstellen regelmäßig die zentralen Prozesstreiber „Durchlaufzeit”, „HitRate” und „Termintreue” zu ermitteln. Anhand der Verände rung der Treiberwerte werden neue Barrieren identifiziert bzw. die angestrebte Pro zessoptimierungaufgezeigt(vgl.Droege&Comp.2000).DiemöglichenundimVorfeld definierten Zielwerte hinsichtlich z.B. Umsatz und Kostenwirkung (2040 Prozent), Bestandsabbau (2535 Prozent), Produktivitätssteigerung (1530 Prozent) und Kun
147
3.6
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
denzufriedenheit (3050 Prozent) werden dann zeitversetzt realisiert. Die übersichtli che Darstellung und Dokumentation der aktuellen Werte von Prozesstreibern und Resultaten erlaubt die direkte Einbindung jeder Stufe in der Projekthierarchie. Im Laufe eines Restrukturierungsprojektes führt die Messung der Verbesserungen zu einerpermanentenLeistungstransparenzundsomitzurMotivationallerBeteiligten.
Abbildung325: CustomerSupplyChainvonAmazon Quelle: H&P 2004
Website
Schnelligkeit Aktualität Übersichtlichkeit
Angebot
Selfservice
Customer Service
Marketing
Mit drei Klicks zum Ziel
< 24 Std. Durchlauf
Ein Klick zum Kaufakt
Individiuelle Kundenführung
Sofort-Bestellbestätigung
Stimmiger Preis
Einhaltung Lieferversprechen (Zeit/ Vollständigkeit)
Persönliche Antwort/ Verfügbarkeitsinfo
Beratung Personalisierung
Logistik
Risikominimierung (z.B. Reinhören)
Hauslieferung
Relevante, personalisierte Info Belohnung für Treue
E-mail in 24 Std. Phone < 1 Minute
LoyalityProgramme
Einfaches Retourenhandling
Individuelle Kaufvorschläge
Special: Call-Center !
3.6.3
Strategischer IT-Einsatz
Die Kunden kommunizieren im OnlineHandel über eine Softwareschnittstelle mit demUnternehmen.DasverdeutlichtdieWichtigkeitderInformationstechnologie(IT) undihrerInfrastrukturfürdenOnlineHändler,mitdersichdieITvoneinemunter stützenden Bereich hin zu einer Kernfunktion, die in alleWertschöpfungsstufen und prozesse integriert ist, entwickelt hat. Damit ist der ITEinsatz zu einer zentralen Erfolgsvoraussetzung für den OnlineHandel geworden. Dieser sollte vor allem die folgendendreiElemente,diesichausdenGeschäftsanforderungenableiten,aufweisen (vgl.Booz2000,S.157):
BestmöglicheIntegrationmitbestehendenSystemen,wassicherlichvonderorga nisatorischenEinbindungdesInternetKanalsabhängt(z.B.Ausgründung,Green field,StartUpversusorganisatorischeEinbettung),jedochsoweitwiemöglichei
148
System- and Supply-Chain-Excellence als Erfolgsfaktor Nr. 5
nemanuelleDurchführungvonProzessenverhindernsollte(„Medienbrüche“).In den Anfangsjahren der New Economy gescheitert sind vor allem Internet UnternehmenmitnichtintegriertenSystemenundvielenMedienbrüchen.
Maximaler Grad an Standardisierung von InternetLösungen innerhalb des Un ternehmens: Hierbei geht es einerseits um die Kompatibilität und damit Verknüpfbarkeit, andererseits um die Prozesseffizienz, transparenz sowie über prüfbarkeit. Insellösungen verhindern in der Regel den Anspruch der bestmögli chenIntegration.
Weitestgehende ITAbdeckung aller Wertschöpfungsprozesse und Unterstüt zung.Auchhiergehtesdarum,ProzessabläufeohneMedienbrüchesicherzustellen unddamitdieBasisfürSchnelligkeitundVollautomatisierungzuschaffen.Erfolg habenvorallemdieInterneUnternehmen,dieaufdieIntegrationimbestehenden BackOfficeverzichtethabenundvonderKundenschnittstellebishinzurProduk tionundLogistikeinekomplettneueSystemArchitekturentwickelthaben.
Abbildung326: KomplexitätstreiberderInternetITArchitektur Quelle: Booz 2000, S. 158 Integration Mit internen und externen Systemen Mit Legacy-Systemen
Stand-alone-Awe-Site
Einfache Lösung
Standardisierung Keine Standardisierung Einheitlicher „Look & Feel“ Einheitliche Prozesse
Prozessabdeckung Produktion Bestellabwicklung Kundenschnittstelle
AlledreiElementeentwickelnsichschnellzuKomplexitätstreibern,wennsiemissach tetwerden.Abbildung326zeigtdiesenZusammenhangauf.Jeweiterdieerforderli cheITArchitekturaufdendreiAchsennachaußengezogenwird,umsomehrsteigen die Anforderungen an die Umsetzung, was wiederum höhere Investments erfordert.
149
3.6
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
DieseAnforderungenwerdenvorallemvomMarktundGeschäftssystemdiktiertund treibendieKomplexität.AufgrundderhohenRealtimeAnforderungenistbeidigitali sierten Produkten (z.B. EBooks, Downloads etc.) auf jeden Fall eine BackOffice Integrationerforderlich.BeiklassischenProdukten(z.B.Textil,Möbeletc.)sinddiese Anforderungen aufgrund der zeitverzögerten Auslieferungen geringer. Allerdings steigen auch hier die Schnelligkeitsanforderungen der Kunden, so dass heutzutage mindestens eine 48StundenBelieferung sicherzustellen ist. Mehr Erfolg haben die noch schnelleren OnlineHändler mit einer 24StundenBelieferung, was dann aber auchinjedemFalleineBackOfficeIntegrationerfordert.
3.6.4
Automatisierung
DiesofortigeDatenübertragungalleranfallendenDatendesVerkaufprozesseserlaubt einezeitgleicheBenutzerundBedürfnisanalyse,dieAnhaltspunkteüberProblemebei derDurchführungeinerTransaktiongebenkann(vgl.Kollmann2007,S.169).Dieses spricht dafür, die umgehende Datenübertragung an möglichst vielen Stellen durch nutzerübergreifende Automatisierungen zu ermöglichen. Diese unterstützt nicht nur den reinen Abverkauf auf Unternehmensseite, sondern vereinfacht ebenfalls den KaufvorgangaufKundenseite.AmazonistbestesBeispieldafür,wiedurchAutomati sierung auch die wahrnehmbare Servicequalität steigen kann. So reduziert der „1 KlickKauf“ den Aufwand des Kunden erheblich, vor allem, weil die Lieferadresse nichtnocheinmaleingegebenwerdenmussunddamitaucheinLogIndurchCookie NutzungsowieeineAbfragederZahlungsdatenentfällt.AnhandderAktivierungdes „1KlickButtons“ kann der InternetUser alle Einzelschritte, die normalerweise im Kaufprozess üblich sind, für alle zukünftigen Einkäufe umgehen. Dadurch wird der Einkauf aus Kundensicht erheblich vereinfacht und beschleunigt, wodurch der Onli neHändler wiederum das Risiko minimieren kann, den Kunden durch Hindernisse imVerkaufsprozessvomKaufabzuhalten(vgl.Kollmann2007,S.169). Aber nicht nur der zeitliche und personelle Aufwand lässt sich durch Automatisie rungverringern,sonderneskönnenzugleichauchQualitätsvorteiledurchFehlerver meidung realisiert werden. Durch die effiziente Abwicklung der Transaktionen lässt sich außerdem der Verkauf steigern, obwohl die Verkaufsabteilung entlastet wird. DiesessetztabereineStandardisierungderTransaktionenvoraus,sodassdieseunab hängig von Zeitpunkt und Anzahl professionell gemanagt werden können sowie ein größeresTransaktionsvolumenerlauben,ohnedassdieVerkaufskostensteigen.Dabei handelt essich um typische Skaleneffekte („EconomiesofScale“). Voraussetzung für dieRealisierungderartigerSkaleneffekteistjedoch,dassdieTransaktionensoeffizient wiemöglichgestaltetsind.Diesesgehtnur,wenndieAutomatisierungallestandardi sierbarenAufgabenübernimmt.Dadurchwirdesmöglich,Informationen(z.B.Online Beratung) zeitnah für den InternetUser anzubieten, wodurch der Absatz gefördert wird.DamitistdanndaswesentlicheZiel,dasmitderAutomatisierungdesVerkaufs 150
Security-Standard and –Reputation als Erfolgsfaktor Nr. 6
prozessesundseinerTeilprozesse(z.B.Informationssuche,Bestellvorgang,Bezahlung, Produktauslieferung)verfolgtwird,erreicht(vgl.Kollmann2007,S.170). Buch.de nutzt z.B. die Automatisierung auch weitgehend im Rahmen der Verkaufs förderung. So wurde in 2007 ein EMailSystem eingeführt, mit dem der Workflow und die Benutzerfreundlichkeit bei der Erstellung von Mailings effektiver gestaltet werden kann. Dieses EMailSystem wurde in das Warenwirtschaftssystem und die OnlineShops integriert. Dabei ist es möglich, dass durch die Eingabe eines kurzen Artikelcodes die NewsletterRedakteure die gesamten Produktinformationen impor tieren,indemdieseausdemjeweiligenEShopbzw.ERPSystemdirektindieEMail gelangen. So werden Name und Beschreibung des Artikels, Bild, Preis sowie URL automatisch übernommen. Ein einheitliches NewsletterDesign, das einmalig einge richtet wurde, stellt die Formatierung aller versendeten Newsletter sicher (vgl. Schwarz2008,S.43).
Abbildung327: NichtkaufgründeimOnlineHandel Quelle: Statistisches Bundesamt 2006; Lochmann 2007, S. 64
66
Bis jetzt kein Bedarf Persönliche Beratung erwünscht
48
Bedenken, Sicherheit, Kreditkarteninformationen
29
Bedenken, Reklamationen, Garantieleistungen
28 24
Bedenken, Datenschutz 0
3.7
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Security-Standard and –Reputation als Erfolgsfaktor Nr. 6
DieAutomatisierung,VereinfachungundBeschleunigungdesEinkaufsistmitgewis sen Gefahren verbunden. Die Umgehung von Einzelschritten durch die einmalige Aktivierungdes„1Klick“ButtonsbeispielsweiseerleichtertauchdenMissbrauchder
151
3.7
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
UserAccounts, wenn andere Personen Zugriff auf die fixierten Einstellungen haben. DerartigeGefahrenundeinegewisseSensibilisierungaufKundenseiteinHinblickauf die „Tücken des Einkaufs im Internet“ (Fründt 2008, S. 55) beeinflussen maßgeblich dieRisikowahrnehmungderInternetUserunddamitdasSicherheitsimagedesOnli neHändlers. Angesichts der Anonymität im Internet sowie der weltweiten Zugriffs möglichkeitfragensichinsbesonderebei(noch)nichtsobekanntenAnbieternimmer mehr Kunden, ob der Anbieter seriös ist. Das Sicherheitsimage des OnlineHändlers wird damit immer mehr zu einem zentralen Erfolgsfaktor. Dieses wird maßgeblich von der aktuellen Risikowahrnehmung der Kunden sowie deren Einschätzung in Hinblickauf,Bezahlsicherheitundflexibilität,DatenschutzsowieRechtsundAGB Sicherheitbestimmt(vgl.Ludowig2007,S.31).EineUmfragedesStatistischenBun desamtes, bei der die Nichtkäufer im Internet nach ihren Nichtkaufgründen gefragt wurden,bestätigendiegenanntenPunkte.Diesemachennebendembishernochnicht wahrgenommenenBedarfsowiedemMangelanpersönlicherBeratung diewichtigs tenNichtkaufgründeaus(vgl.Abb.327).
3.7.1
Risikowahrnehmung im Online-Handel
EineVielzahlunterschiedlicherEinflussgrößenwirktaufdaswahrgenommeneRisiko beiInternetKäufen.NebendenproduktbezogenenEinflussgrößenwirkendabeiper sonenbezogeneEinflussgrößen,diejenachKundentypsehrunterschiedlichausfallen und wirken, sowie situationsbezogene Einflussgrößen, die sich aus dem Verwen dungszweck, zeitlichen Rahmen (z.B. Zeitdruck) und demEinkaufsmodus (z.B. Kauf im hybriden OnlineHandel) ergeben. Diese Einflussgrößen sind eng miteinander verknüpftundbeeinflussensichgegenseitig.Allerdingskanndasdarausresultierende wahrgenommeneRisikovölligunterschiedlichausfallen,jenachdemwiestarkjeweils das funktionale, finanzielle, persönliche oder zeitliche Risiko wirkt (vgl. Kollmann 2007,S.84).DieserZusammenhangistinAbbildung328dargestellt:
Funktionales Risiko wird beim OnlineKauf wahrgenommen, da weder Qualität nochFunktionalitäteinesProduktesphysischüberprüfbarsind.DieeinzigeMög lichkeitdesOnlineHändlers,diesemspezifischenInformationsdefizitseinerKun denentgegenzuwirken,bestehtinderArtdesAngebotes(z.B.Markenware),Zusi cherungvonRechten(z.B.Umtauschmöglichkeit)sowieinderStärkungseinerei genenReputation(z.B.PRArbeit).
Finanzielles Risiko besteht aus Kundensicht für den Fall der Rücksendung bzw. ReklamationvonWarenoderinHinblickaufDatenmissbrauchwährendderÜber tragungvonKreditkartennummern,obwohlmittlerweileausgeklügelteVerfahren zur Erhöhung der Sicherheit existieren. Hier kann der OnlineHändler entgegen wirken, indem er großzügige AGB herausstellt sowie alternative Zahlungsmög lichkeitenanbietet(z.B.Bankeinzug).
152
Security-Standard and –Reputation als Erfolgsfaktor Nr. 6
PersönlichesRisikosehendieInternetUservoralleminHinblickaufdenDaten missbrauch bei persönlichen Angaben, die Kunden bei Transaktionen machen müssen.DabeistörtesKundeninsbesondere,wennunautorisierterZugriffaufver traulicheDatenmöglichwird(z.B.HerausgabederEMailAdresse).OberstePrio rität müssen OnlineHändlerdeswegen derWahrung derPrivatsphäresowie Ge währleistungderAnonymitätihrerKundeneinräumen.
Zeitliches Risiko sehen Kunden im Falle ausufernder Lieferzeiten, insbesondere wenn bei Geschenkkäufen Termine eingehalten werden müssen. Nicht selten kommtesbeiAuftragsspitzenvorWeihnachtenzulängerenLieferzeitenalserwar tet,worausStressfaktorenentstehenkönnen.HiermussderOnlineHändlerdurch flexible Kapazitätsplanung entgegenwirken. Aber auch das zeitliche Risiko im RahmenvonReklamationsundUmtauschaktivitätendarfnichtunterschätztwer den,insbesonderewennKundengezwungenwerden,sichmitschlechterreichba renCallCenterninVerbindungsetzenzumüssen(z.B.Telekom)oderlängereDis tanzenbiszur nächstenPostfilialezurücklegenmüssen.DieKostenderRücksen dungbeinhaltendabeizusätzlichefinanzielleRisiken.
Abbildung328: EinflussgrößenaufdaswahrgenommeneRisikobeiOnlineKäufen Quelle: Kollmann 2007, S. 83 Kauf/Nicht-Kauf über das Medium Internet
Wahrgenommenes Risiko funktional
finanziell
persönlich
Personenbezogene Einflussgrößen OnlineKauferfahrung
InternetAffinität
Selbstvertrauen
Kaufhäufigkeit
Nutzungsintensität
Spezifisch
Zufriedenheit
Nutzungsdauer
zeitlich
Soziodemographika
Produktbezogene Einflussgrößen
Situationsbezogene Einflussgrößen
Alter
Preis
Verwend.zweck
Geschlecht
Komplexität
Zeitrahmen
Einkommen
Neuigkeit
Einkaufsmodus
Allgemein
153
3.7
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Empirische Studien zeigen, dass das finanzielle Risiko den stärksten Einfluss auf die Kaufentscheidunghat.DengrößtenEinflussaufdieWahrnehmungdesRisikoshaben Kaufhäufigkeit, Zufriedenheit sowie das spezifische Selbstvertrauen. Insofern sollten OnlineHändler keine Möglichkeit ungenutzt lassen, die Kundenzufriedenheit zu maximieren(vgl.Kollmann2007,S.85).
3.7.2
Bezahlsicherheit und -flexibilität
„Die Betrugsfälle bei Geldgeschäften nehmen dramatisch zu“ (Billard/Borst/Johann/ Körner2008,S.117)und„BoomzeitfürInternetKriminelle“(WZ2008,S.5).Aufder einenSeitesteigtdieZahlderÜberweisungenvomheimischenPC,dasiebequemund schnell sind. Wie aus Abbildung 329 zu entnehmen ist, sind bereits über 42% der Girokontenonline.Bereits2006überwiesendieBundesbürgerrund1,8MilliardenMal GeldperInternet,wasin2009rund2,4MilliardenMalderFallgewesenseindürfte. Auf der anderen Seite ist es für Kriminelle immer verlockender, Straftaten von zu Hauseauszubegehen.Sogeltenalsgängigste„AbzockerTricks“die„PhishingMail“, das„trojanischePferd“,der„Keylogger“,diegefälschte„PharmingWebSeiteundder „Man in the MiddleAngriff“, hinter denen sich unerlaubte und häufig unerkannte Fälschungen, Anschläge und Manipulationen verbergen (vgl. Focus 4/2008, S. 123). Am häufigsten verbreitet ist das Phishing, also der Versuch, über eine gefälschte In ternetSeite oder massenhaft verschickte EMails an Daten des InternetNutzers zu gelangen. Rund 4.100 Fälle von InternetBetrug hat es 2007 in Deutschland gegeben. Global schätzt der InternetSicherheitsanbieter Symantec den möglichen Schaden auf rundsiebenMilliarden$(vgl.WZ2008,S.5).„2008habendieBankenundVerbrau cheraberoffensichtlichdienötigenAbwehrmaßnahmengetroffen,weshalbsichauch nach aktuell veröffentlichten Zahlen des Branchenverbandes BITKOM erstmals seit JahreneindeutlicherRückgangdessogenanntenPhishingsabzeichnet.Statistischist sogarvoneinerHalbierungderFallzahlenauszugehen.TippsgibtesimInternetz.B. beiwww.bitkom.org(vgl.RP3.September2008,S.B1).Oftschützenschonkomplexe PasswörtervorMissbrauch(vgl.WAMS2009,Nr.5,S.51).EtablierteOnlineHändler bieten in der Regel unterschiedliche Zahlungsarten an. Standard sind Bankeinzug, Zahlung auf Rechnung sowie Kreditkartenzahlung. Kleinere OnlineHändler oder private Verkäufer (z.B. bei OnlineAuktionen) lassen sich nicht selten bestellte Ware im Voraus bezahlen. Das ist aus Kundensicht insofern bedenklich, als dass der Zah lung bei Nichtlieferung nicht widersprochen werden kann, da aktiv bezahlt wurde (vgl. WAMS 2007 Nr. 49, S. 55). Hier sollte der OnlineHändler unbedingt in seinen AGB eine entsprechend kulante Regelung herausstellen, wenn er auf Vorauszahlun genangewiesenist.BeiÜberweisungenpassiertesimmerwieder,dassKundennicht genug Zeit bis zur Buchung auf das Konto des Händlers oder privaten Verkäufers eingeplant haben oder im Weihnachtsstress auch mal eine Buchung übersehen wird. Diesbezüglich bietet es sich an, den Geldeingang per EMail zu bestätigen oder ent
154
Security-Standard and –Reputation als Erfolgsfaktor Nr. 6
sprechendeVersandinformationenzuverschicken.AuchsolltenKundendieMöglich keithaben,beimOnlineHändlerjederzeitinHinblickaufihreZahlungennachfragen odernachhakenzukönnen.
Abbildung329: OnlineGirokonteninDeutschland Quelle: Deutsche Bundesbank/ DPA 2010 Anzahl Girokonten in Millionen 93,2 90,8 88,9
87,9
83,9
84,5
87,1
85,5
Girokonten insgesamt
39,3 29,7
30,8
33,1
33,3
35,3
33,2
19,1 Darunter Online-Konten
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
> 42%
InHinblickaufKreditkartenzahlungenbefürchtenKunden,dassesSicherheitslücken gibtundHackerbeiInformationsübertragungKreditkartennummernlesenundmiss brauchenkönnen.SolcheVorfällekönnensehrteuerfürdenInternetKäuferwerden. ExpertenratenOnlineKundendeswegen,stetsdaraufzuachten,dassrelevanteZah lungsinformationen ausschließlich verschlüsselt übertragen werden. Dabei werden alle Angaben mithilfe eines geheimen Schlüssels für die Übertragung unlesbar ge macht und erst wieder vom OnlineHändler übersetzt. Immer mehr Käufer achten darauf, dass aus dem http:// in der InternetAdresse ein https:// wird, wobei das „s“ für „secure“ steht. Auch wird den InternetUsern empfohlen, auf das kleine Schloss symbol rechts unten im Fenster zu achten. Mit Abstand am sichersten ist und bleibt allerdingsfürdieOnlineKundendieZahlungperLastschrifteinzug,dasiedasGeld 155
3.7
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
hierinnerhalbvonsechsWochenvonihrerBankzurückholenlassenkönnen(vgl.SZ 2007, Nr. 282, S. 31).Bei den Zahlungsarten Giropay, Firstgate oder Paypal wird das GeldfastinEchtzeitgutgeschrieben,womitdieWaredannumgehendbezahltistund verschicktwerdenkann.DieseZahlungssystemehabensichmittlerweileetabliertund sindauchausKundensichtsicher,schnellundvertrauenswürdig.
3.7.3
Datensicherheit und –schutz
„Peinliche Panne bei Beate Uhse: Dem Erotikanbieter Beate Uhse ist offenbar eine pikante Datenpanne unterlaufen. Vertrauliche Kundendaten — darunter tausende E MailAdressen—lagenfreiimInternetfürjedermannverfügbar,unddasmonatelang. EinJournalistentdecktezufälligdiesensiblenAdressdaten.MittlerweileistderZugriff gesperrt“(tonlinevom2.September2008).DieunerlaubteWeitergabevonKunden datenistnichtnurrechtlichproblematisch,sondernhinterlässtvorallemauchgravie rendeVertrauensschäden.VielenInternetUsernwarbishergarnichtbewusst,dasssie beimSurfenpermanentDatenhinterlassen.BeieinemganznormalenOnlineEinkauf werdenz.B.nebenAdresseundBankverbindunginderRegelauchpersönlicheDaten registriert. Außerdem speichert das OnlineTracking Präferenzen der Nutzer für be suchte Websites und bevorzugte Waren. Die Kunden werden diesbezüglich zuneh mend aufgeklärter und realisieren dabei, dass ihre Daten nicht löschbar sind. „Das Internetschläftnie.ZwarhatmanzumBeispieldasRechtameigenenBildundkann kompromittierendeFotoslöschenlassen.DochwaseinmalimInternetist,kannmilli onenfach kopiert werden und vielleicht erst in 20 Jahren wieder auftauchen“ (Breit kopf 2008, S. E3). Datenschützer raten bereits, äußerst zurückhaltend mit der Daten eingabe ins Internet zu sein. „Alles was nicht im Internet ist, kann auch nicht miss braucht werden. Am besten sehr sparsam mit der Weitergabe persönlicher Informationensein“(Breitkopf2008,S.E3).WeiterhinratenExpertendazu,fürjeden Zugang im Netz möglichst ein anderes Passwort zu benutzen und nicht den Namen derFreundinoderdesFreundeszuverwenden. Im Zuge der allgemeinen Verunsicherung sollten OnlineHändler nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern in die Offensive gehen und ihre Kunden aufklären. Sie könnensichdieTippsderDatenschützerauchzueigenmachenundproaktivanihre Kunden weitergeben. Außerdem geht es darum, vertrauensbildende Maßnahmen zu nutzen undgesetzlicheVorschriftennichtnurzubeachten,sondernauchalsChance zubegreifen.SoschreibtdasTelemediengesetz(TMG)demOnlineHändlervor,seine Kundenüber Art,ZweckundUmfangderErhebungvon persönlichenDatenzuun terrichten (§ 13 TMG). Er muss dem InternetUser auch mitteilen, wenn er z.B. seine DatenanderenUnternehmenzurVerfügungstellt.DabeisolltedieHandelsplattform eine derartige Datenunterrichtung gut sichtbar darstellen. Andernfalls besteht die Gefahr,dassderKundeannimmt,dasOnlineUnternehmengebeseineAdressenund Telefonnummern weiter und er erhalte z.B. unerwünschte Werbung (vgl. Ludowig 156
Security-Standard and –Reputation als Erfolgsfaktor Nr. 6
2007,S.31).Transparenz,Offenheit,proaktiveInitiativen,AufklärungundLernfähig keitsindAttribute,dievorallemindemsensiblenBereichderKundendatenzurNor malitätdesOnlineHändlersgehörensollten.
3.7.4
Beachtung rechtlicher Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen des OnlineHandels sollten Beachtung finden undnichtaufgrundvonMissachtungAnlassdafürsein,daswahrgenommeneRisiko des InternetEinkaufs zu verstärken. So sind im OnlineHandel die besonderen Be stimmungen des Fernabsatzrechtes zu berücksichtigen. Darüber hinaus bestehen bei MaßnahmendesOnlineMarketingsgroßeGefahren,gegenBestimmungendesUrhe ber und Wettbewerbsrechts, des Marken und Datenschutzes sowie gegen fremde Persönlichkeitsrechte zu verstoßen. Abgesehen von kostenpflichtigen Abmahnungen kann es auch schnell zu weitergehenden Schadensersatzforderungen kommen. Bei spielsweise bestehen bereits bei der Bereitstellung von Inhalten Haftungsrisiken in HinblickaufurheberrechtlichgeschützteWerkewieTexte,Musikstücke,Filme,Fotos, Pläne,KartenoderTabellen.DiesesindnurmitEinwilligungzuverwenden.Darüber hinaus sind unzulässige Links zu vermeiden, z.B. zu Programmen, die den Kopier schutzentfernenoderumgehenbzw.fremdeMarkenunerlaubtverwenden.Zubeach tensindauchWerbebeschränkungenfürbestimmteProduktgruppen(z.B.Arzneimit tel und alkoholische Getränke) sowie spezielle standes bzw. berufsrechtliche Ein schränkungen (z.B. bei Apothekern, Optikern, Ärzten und Rechtsanwälten) (vgl. HMWVL2007,S.81). Insbesondere im Zusammenhang mit dem EMailMarketing gilt es, spezifische ge setzliche Regelungen zu beachten. Demnach gelten EMails, die zu Werbezwecken versendetwerden,alsunzumutbareBelästigung,soweitkeinevorherigeEinwilligung, d.h. vorherige Zustimmung, vorliegt. Zwar gibt es hierbei den Ausnahmefall, wenn z.B. EMailAdressen gekauft wurden und der Kunde deren Nutzung zu Werbezwe cken bei der Erhebung nicht widersprochen hat. OnlineHändler sollten dabei aller dingsmehrdaswahrgenommeneRisikoderKundenimAugebehaltenalsvorrangig die Nutzung einer „Gesetzeslücke“, zumal der Absender und der kommerzielle ZweckderEMailKommunikationstetsklarerkennbarseinmüssen.Demnachisteine TarnungalsprivateEMailunzulässig,ebensowiederZugangzuInformationennicht von der Preisgabe persönlicher Daten abhängig gemacht werden darf. Weiterhin be steht aus Datenschutzgründen eine Informationspflicht gegenüber dem Adressaten einer EMail, wenn persönliche OnlineVerhaltensweisen mit ResponseTracking Systemenaufgezeichnetwerden(vgl.HMWVL2007,S.82).WieimklassischenHan delbestehenauchindervirtuellenWeltweitgehendeInformationspflichtenbezüglich des Betreibers (Impressum), der Preisauszeichnungen sowie der Allgemeinen Ge schäftsbedingungen(AGB).
157
3.7
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.7.5
AGB-Sicherheit
Mit der InternetEntwicklung und der Verbreitung des OnlineHandels kommt zu nehmenddieFragenachdergesetzeskonformenGestaltungderAGBindiesenneuen Handelskanälen auf. Wie die zu diesem Themenkreis eingebundene, auf diesem Ge biet spezialisierte ANWALTSKANZLEI HEINEMANN aus Magdeburg ausführt, liegenAGBimSinnedergesetzlichenVorschriftenvor,wennessichumfüreineViel zahl von Verträgen vorformulierte Regelungen handelt, die dem einen vom anderen Vertragspartner gestellt werden (§ 305 Abs.1 S. 1 BGB). Allgemeine Geschäftsbedin gungen können für InternetAnbieter also als spezifische, vorformulierte Vertragsbe dingungendefiniertwerden,dieineinerVielzahlvonFällenbeiVertragsabschlussder anderen Partei vorgelegt werden. Dabei ist gleichgültig, ob die AGB ein gesonderter Bestandteil eines Vertrages sind oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden. Darüber hinaus ist irrelevant, welchen Umfang die AGB haben und in wel cherSchriftartsieverfasstsind.KeineAGBliegenvor,wennimEinzelfallausgehan delte,individuelleVertragsbedingungenvereinbartwerden. VielenOnlineHändlernsinddieTragweitefalscherundunspezifischerAGBunddas daraus resultierende Konfliktpotenzial nicht bewusst. So werden die AGB gemäß § 305 Abs. 2 BGB nur dann Bestandteil eines Vertrages, wenn der Verwender bei Ver tragsschluss auf sie hinweist. Darüber hinaus muss die Möglichkeit der zumutbaren KenntnisnahmedesInhaltsderAGBbestehenunddieandereVertragsparteimitder GeltungderAGBeinverstandensein.DabeireichteinpauschalesEinverständnisüber dieEinbeziehungderAGBindenVertragaus.Allerdingswerdensogenannteüberra schendeKlauselngemäߧ305cAbs.1BGBinkeinemFallVertragsbestandteil.Über raschendeKlauselnliegenvor,wennsiesoungewöhnlichsind,dassderVertragspart nerdesVerwendersnichtmitihnenzurechnenbraucht.DieÜberraschungswirkung kann sich dabei auch aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages ergeben. Als überraschendwärez.B.eineKlauselzubewerten,wonachderKäufereinesFotoappa ratesauchverpflichtetseinsoll,dieaufgenommenenBilderbeimHändlerentwickeln zulassen. Die Verwendung von AGB dient regelmäßig der Abwandlung gesetzlicher Regelun gen, um mögliche Unzulänglichkeiten auszugleichen. AGB bezwecken in der Regel eineRationalisierung,ErgänzungundRisikoverlagerung.SindkeineAGBvereinbart, gelten die allgemeinen Regeln, z.B. des BGB oder HGB. Dies kann für den Internet Anbieteru.U.nachteiligsein.AndererseitskönnenAGBeinstarkesMachtinstrument sein,durchdaseinVertragspartner,alsoinderRegelderOnlineKunde,starkbenach teiligt werden kann. Deswegen hat der Gesetzgeber mit den §§ 307 – 309 BGB einen gesetzlichen Rahmen vorgegeben, in dem sich die anbieterspezifischen Regelungen ihremInhaltnachzubewegenhaben.Damitsollsichergestelltwerden,dassAGBden Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Danach wäre z.B. eine Klausel, wonachbeieinemKaufneuhergestellterSachendieGewährleistungsrechtevollstän digausgeschlossenseinsollen,wegendesVerstoßesgegendasspezielleKlauselverbot
158
Security-Standard and –Reputation als Erfolgsfaktor Nr. 6
des§309Nr.8b)aa)BGBunwirksam.SindAGBKlauselnüberraschendoderversto ßensiegegendengesetzlichenRahmenin§§307–309BGB,hatdiesdieUnwirksam keitderbetreffendenKlauselnzurFolge.DerInhaltdesVertragesrichtetsichinsoweit dannnachdenallgemeinengesetzlichenVorschriften(§306Abs.2BGB). Bei der Verwendung von AGB im Internet ist insbesondere zu berücksichtigen, dass demKundengemäߧ312eAbs.1S.1Nr.4BGBdie
MöglichkeitdesAbrufsunddie MöglichkeitdesSpeichernsinwiedergabefähigerForm,z.B.pdfDatei, zuverschaffenist.Zudemist,entsprechenddemallgemeingeltendenTransparenzer fordernis, auf eine übersichtliche und sinnvolle Gliederung Wert zu legen. Sicherge stellt werden muss auch, dass die AGB leicht, d.h. durch wenige Klicks, erreichbar sind.Nursokannvoneiner„zumutbarenKenntnisnahme“gesprochenwerden.Dem dürfteentsprochensein,wenndieAGBdurchmaximal2Klickserreichtwerdenkön nen,wiederBGHzurvergleichbarenFragederleichtenErreichbarkeitderAnbieter kennzeichnung(„Impressum“)mitseinemUrteilvom20.Juli2006(IZR228/03)ent schiedenhat. UmZweifelüberdieEinbeziehungvonAGBzuvermeiden,sollteeinHinweisaufdie AGB oder die ganzen AGB vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden (Bestel lung) erscheinen. Am besten wird die Genehmigung der AGB in einem gesonderten Fenster verlangt, wobei technisch dann nur bei Betätigung des Bestätigungsbuttons mit der Menüführung fortgefahren werden kann. Durch die Erfüllung der Anforde rungenvon§312eAbs.1S.1Nr.4BGBgenügtderVerwenderregelmäßigzugleich seinenObliegenheitenaus§305Abs.2BGB. Die AGB im OnlineHandel sollten zweckmäßigerweise insbesondere drei Aspekte ausdrücklich regeln, und zwar den Transport, die Versandkosten sowie die Bezah lung:
Transport:DieBeschädigungvonWarenaufdemTransportwegzumVerbraucher („B2C“)gehtzuLastendesInternetAnbieters(§474Abs.2BGB).Deswegensind Transportversicherungen anzuraten. Dafür anfallende Kosten dürfen dem Kauf preisnichthinzugeschlagenwerden.EineBerechnungals„Servicepauschale“o.ä. dürfteaufgrundmangelnder Transparenzfürden Verbrauchergemäߧ307BGB unwirksamsein.
Versandkosten: Im DistanzHandel und damit auch im OnlineHandel können dem Kunden die Versandkosten auferlegt werden, wobei ab einem bestimmten BestellwertüblicherweisedasUnternehmendieVersandkostenübernimmt;soz.B. beiAmazonab€20,Kaufsumme.Gängigistes,einezusätzlicheVersandkosten pauschale bei Expressversand zu berechnen. Für Fälle der Ausübung des Wider rufsrechtsdesVerbrauchersistesnachMaßgabevon§357Abs.2S.3BGBmög lich,demVerbraucherdieKostenderRücksendungaufzuerlegen. 159
3.7
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Bezahlung:KundenwerdenimOnlineHandelverschiedeneBezahlmöglichkeiten zur Verfügung gestellt wie z.B. Kreditkarte, Rechnung oder Vorkasse. Bei Zah lungsverzugwerdendemKundengewöhnlichZinsenberechnet.Übersteigendie sedengesetzlichenZinssatz,ist§309Nr.5BGBzubeachten.
3.8
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
Im Internet auf Produktsuche gehen, Angebote und Preise vergleichen, per Handy bestellen oder beim nächsten Einkaufsbummel in der City im Geschäft kaufen: Ein solches Konsumentenverhalten ist mittlerweile für viele Verbraucher zur Selbstver ständlichkeit geworden. DasInternet beeinflusst mehr denn je als Informationsmedi um das herkömmliche Informationsverhalten und ist damit zu einem zentralen Be standteil der zunehmend durch MultiChannelStrategien gekennzeichneten Han delswelt geworden. Dementsprechend darf nicht verwundern, dass mehr als 60 Prozent aller InternetUmsätze auf MultiChannelHändler entfallen. Diesbezüglich lässt sich eindeutig sagen, dass MultiChannelRetailer Kundenbedürfnisse besser erfüllen können und dem Kunden einen höheren Gesamtnutzen bieten als „Pure Internet“Händler(vgl.Zaharia2006,S.2):
Den geänderten Kundenbedürfnissen wird mit MultiChannelHandel Rechnung getragen. Den Kunden wird eine Vielzahl von alternativen Kontaktpunkten und damit Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung geboten. Der sich zunehmend multioptional verhaltende Kunde hat damit an verschiedenen Orten zu verschie denen Zeiten die Möglichkeit zur unterschiedlichen Bedürfnisbefriedigung. Er kann, je nachdem welche Bedürfnisse im Vordergrund stehen, zwischen conve nience, erlebnis oder preisorientierten Einkaufsstätten wählen. MultiChannel Retailing kommt den nach unterschiedlichen Bedürfnissituationen variierenden AnforderungenderKundenanEinkaufsstättenentgegen.
Den Kunden wird mit MultiChannelRetailing ein höherer Gesamtnutzen gebo ten,alseseinSingleChannelHändlerkann.SokönnendieKundenverschiedene KanäleimRahmenihresEinkaufsprozesseskombinieren,wodurchsiemehrAus wahlundKontrolleüberdenProzesserhalten.JenachKaufphaseunddendabei relevantenBedürfnissen,wählenundnutzendieKundendenambestengeeigne ten Kanal. Dieses versetzt wiederum das MultiChannelHandelsunternehmen in dieLage,dieKanäleimSinneeinesbesserenKundeninteraktionsprozesseszuge stalten, wodurch zusätzliche Umsatzpotenziale erschlossen werden können. So wirddemOnlineKanaleinezentraleRollealsInformationsquellefürdieKaufan bahnungzugesprochen.
160
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
DerOnlineHändlerhatdurchdasAngebotvonzusätzlichenSupplementoderSup portChannels die Möglichkeit, seine Kunden erheblich besser kennenzulernen und wertorientierteKundenbeziehungenaufzubauen.ErkannaucheineintegrierteMulti ChannelStrategie verfolgen und dabei das Kanalwahlverhalten der Kunden aktiv beeinflussen, wenn sich damit die Profitabilität der Kunden steigern lässt. Vor allem der wahrnehmbare Nutzen der Vertriebskanäle beeinflusst das Kanalwahlverhalten der Kunden. Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Kanal wählen, der ihnen denhöchstenNutzenstiftet.DieserNutzenergibtsichausderwahrnehmbarenQuali täteinesKanals,derempfundenenConvenience,demdortwahrgenommenenRisiko sowie dem mit dem Kanal assoziierten Preis bzw. den damit verbundenen Beschaf fungskosten.Dabeiistzuberücksichtigen,dassdieVertriebskanälejenachPhasedes Kaufprozesses verschiedene Aufgaben erfüllen können, wenn man z.B. zwischen Informations, Kauf und Produktnutzungsphase unterscheidet (vgl. Gensler, Böhm 2006,S.31).DiesbezüglichsindjedochdreiverschiedeneGrundtypenvonKundenzu unterscheiden. Der erste Typ nutzt für den gesamten Kaufprozess grundsätzlich im merdenselbenKanal,z.B.denstationären.DerzweiteTypwickeltzwarseinenkom plettenKaufprozessübereinenKanalab,wechseltaberinAbhängigkeitvondenge nanntenEinflussfaktorendenKanalunterbestimmtenVoraussetzungen.DerTypdrei schließlich nutzt während des Kaufprozesses grundsätzlich mehrere Kanäle (vgl. Schröder2005,S.64).FürdenOnlineHändleristdeshalbwichtigzuerfahren,
welcheKundenwannwelcheProdukteinwelchemKanalkaufen, welcheKanäledieKundenwannnutzenfürwelchePhasedesKaufes, wiedieKundenihrBudgetaufdieeinzelnenKanäleverteilen, wasdieGründefüreineKanalnutzungsind, welchesRisikodieKundenjeweilsindenKanälenwahrnehmen, wiedieKundendieKanälejeweilsbeurteilenund wiezufriedendieKundenmitdeneinzelnenLeistungenderKanälesind. Insgesamtlässtsichfeststellen,dass35ProzentderjenigenKunden,diesichbeispiels weise im OnlineShop eines Händlers informieren, auch in dessen Geschäft kaufen. Dabei werden in 31 Prozent der Fälle dasselbe Produkt und dieselbe Marke einge kauft,in4ProzentderFällewechselndieKundenaufeinanderesProduktbzw.eine andereMarke.Bemerkenswertist,dass65ProzentderKonsumentenallerdingsnach derInformationsphasedenAnbietergewechseltundimGeschäfteinesMitbewerbers gekaufthaben(vgl.Schröder2005,S.69).DenumgekehrtenFall,d.h.Informationsein holungstationärundKaufonline,praktizierenknapp30 ProzentderKunden.Dabei kaufendannabervonallenKundenwenigerals3ProzentbeigenaudemselbenHänd ler(vgl.Dach2002a,S.7).
161
3.8
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Abbildung330: MultioptionalesKaufverhalten Quelle: Wegener 2004, S. 211
Fachmärkte
Informieren
Probieren
Bestellen
Erhalten
Bezahlen
Informieren
Umtausch
Katalogversand
Electronic Shops
3.8.1
Channel-Hopping-Möglichkeit als Kundenmehrwert
Das MultiChannelRetailing fokussiert auf den multioptionalen Kunden, der inner halbdesKaufprozesseszwischendenangebotenenKanälenwechselt,also„Channel Hopping“oderauch„KanalZapping“betreibt.DieAbsatzkanäleexistierennebenein ander und ermöglichen dem multioptionalen Kunden die Befriedigung seiner viel schichtigen Bedürfnisse. Sie versuchen – ähnlich wie in anderen Lebensbereichen – auchbeimEinkaufendieVorteileallersichbietendenOptionenzunutzen.Typischfür dieseKundenistzumBeispielderStartseinesKaufprozessesmitderInformationssu cheimInternet.ImstationärenShopwirddanndasProduktbegutachtetunddanach im OnlineKanal bestellt, bezahlt und der Verlauf der Auslieferung begutachtet (Or derTracking).IstdieWarebeschädigtodergefälltsiedemKundendanndochnicht, gibt er diese dann im stationären Shop zurück (vgl. Wegener 2004, S. 211). In Abbil dung 330 ist dargestellt, wie ein derartiges multioptionales Kanalkaufverhalten aus sehen kann. Wird den Kunden die Möglichkeit zum „ChannelHopping“ gegeben, dann wirkt sich diese erfahrungsgemäß positiv auf das Stammgeschäft aus (vgl. OC&C2001,S.2):
MultiChannelKundenkaufenmehr:ErfolgreicheMultiChannelHändlerinden USA und in England setzen mit ihren Kunden 200400 Prozent mehr um als mit den„EinkanalKunden“.EinebloßeKannibalisierungdesStammgeschäftesfindet alsonichtunbedingtstatt,sondernehereinedeutlicheSteigerungdes„Customer
162
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
Value“ mit diesen Kunden. Auch lassen sich im stark wachsenden OnlineMarkt besserNeukundengewinnen.
MultiChannelKundensindloyaler:MitdergestiegenenPräsenzeinesHändlers sinddieWünschederKundenjederzeitundüberallerreichbar.Dadurchsteigtdie KundenbindungundKundenzufriedenheit.DerpersönlicheKontaktzumKunden reduziert die Wechselbereitschaft zu Wettbewerbern. Intensives Customer RelationshipManagement nutzt Informationen über die Kundenpräferenzen für maßgeschneiderteAngebote. Egal, in welchen Fällen die Kunden in welchem Ausmaß die verschiedenen Kanäle nutzen, so kann unbestritten festgehalten werden, dass ein „ChannelHopping“ der Kundentatsächlichstattfindet,wasinsbesonderedenconvenienceorientiertenKunden auszeichnet. Ein Konsument kann z.B. in einem gedruckten Katalog auf ein Produkt aufmerksamwerdenundbeschafftsichdannüberdasInternetweitereInformationen. Esistauchdenkbar,dasseranschließenddasGeschäftdesHändlersaufsucht,umdas gewünschte Produkt zu bestellen. Ebenfalls kann der Fall auftreten, dass der Kunde dasProduktimInternetbestelltundperPostnachHausezugestelltbekommt. GehterallerdingsdanachindieFiliale,umseinProduktzureklamierenoderumzu tauschen,kannesimFallenichtintegrierterKanäleleichtvorkommen,dassderUm tausch des online bestellten Produktes im Geschäft gar nicht möglich ist. Mangelnde Kundeninformationen und eine unzureichende Integration der Warenwirtschaftssys teme innerhalb der verschiedenen Absatzkanäle lassen ein derartiges Szenario als nicht unwahrscheinlich erscheinen. In solchen Fällen ist es nicht möglich, auf den Kunden als ChannelHopper einzugehen (vgl. Abb. 331). Weitere Problemfälle sind dabei vorprogrammiert, z.B. wenn die Kunden in den verschiedenen Kanälen des Händlers unterschiedliche Sortimente vorfinden. Bei einer MultiChannelStrategie besteht dabeidie große Gefahr, dass ein Kunde seine negativen Erfahrungen auf die übrigenAbsatzkanäleüberträgt. Angesichts der skizzierten Problematik muss erstaunen, dass bei den meisten Multi ChannelUnternehmen ein konsistentes Zusammenwirken der Kanäle nicht stattfin det. Nur ein geringer Teil der Händler ist auf das „ChannelHopping“ eingestellt, obwohl Kunden diese Art des Kanalverhaltens bevorzugen. Konsumenten, die z.B. stark nachgefragte Aktionsartikel in einer TchiboFiliale nicht erhalten, versuchen in den meisten Fällen eine Bestellung per Telefon oder Internet. Auch haben Online Käufer häufig noch telefonische Anfragen, die sie gerne persönlich geklärt haben möchten. Besonders herausfordernd für viele MultiChannelUnternehmen sind Re klamationen in anderen Kanälen. Auf eine solche Situation sind nur wenige Unter nehmenwirklicheingestellt.LiegtdanndieKontrollenichtinderObhutdeseigenen UnternehmensundsindexternePartnereingebunden,dannentpupptsichdieserFall alsdoppeltproblematisch.DerMobilfunkkundevonD2z.B.wirdsichwahrscheinlich auchdannbeiVodafonebeschweren,wennerseinenVertragbeieinemunabhängigen Providerabgeschlossenhat(vgl.Schneider2001,S.174ff.). 163
3.8
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Abbildung331: ChannelHoppingMöglichkeit Quelle: In Anlehnung an Ahlert/Hesse/Jullens/Smend 2003, S. 12 ff. „Channel-Hopping“ des Kunden
Online-Kauf
Sieht Produkt in Filiale
Zusatzinfo im WWW
Hotline Reklamation
Beratung in Filiale
Defekt, Umtausch
Filialen Kein Umtausch
Versand/ Internet Einsendung
Multi-Channel-Retailing Kauf im WWW
Anlieferung zu Hause
Beschwerde in Filiale
Nachfrage via Call-Center
Unterschiedliches Sortiment Uneinheitliches Branding/Corporate Design Kein kanalübergreifendes CRM-System Keine Verknüpfung WWS/Daten
SollteesdaherZielsetzungdesHandelsunternehmenssein,separierte,nichtverknüpf teAbsatzkanäleaufzubauenunddabeikanalspezifischeSortimenteanzubieten,dann solltendiesenichtuntereinereinheitlichenMarkierunggegenüberdemKundenprä sentiertwerden(vgl.Ahlert/Hesse/Jullens/Smed2003,S.11ff.).Damitwirddannaber auchdieChancefürdenOnlineHändlerhinfällig,durchSupplementoderSupport Channels vom ChannelHopping der Kunden zu profitieren. Andererseits bestehen verschiedeneOptionenfüreineMultiChannelStrategie.SomussnichtinjedemFall gleicheinintegriertesMultiChannelSystemaufgebautwerden,indemdieverschie denen Kanäle gleichberechtigt nebeneinander stehen. Es ist auch denkbar, dass die zusätzlichen Kanäle jeweils unterschiedliche Rollen einnehmen. Für PureOnline Händler ist es durchaus sinnvoll, dass der InternetKanal (zunächst) zum „Lead Channel“wirdunddieMarkenhoheitüberalleKanälehinwegbesitzt,diesichdann dem OnlineKanal unterordnen und diesen arrondieren. Dabei kann der Internet KanalalsLeadChanneldurchausdominieren,wobeiderstationäreKanaldannüber wiegendSupportfunktionfürdasOnlineGeschäfthatundseinUmsatzanteildeutlich unter10Prozentliegenkann.
3.8.2
Internet als Lead-Channel mit stationärem Zusatzkanal
Historisch bedingt ist es beinahe die Regel, dass es bei den meisten MultiChannel UnternehmeneinUngleichgewichtinHinblickaufdieBedeutungdereinzelnenKanä legibt.DarausdarfaberinkeinemFalleineauseinanderdriftendeQualitätderjeweili 164
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
genKanalgestaltungresultieren.DieKundenrealisierennureineinzigesMarkenver sprechenundbewertenalleKanälenachgleichemMaßstab.Sieempfindennurdann ein konsistentes Bild, wenn es dem MultiChannelUnternehmen gelingt, ein kon sistentesMarkenversprechenüberalleKanälehinwegeinzulösen(vgl.Wegener2004, S.216). WirdeinenationaleAbdeckungmiteinemstationärenKanal,fürdieerfahrungsgemäß mindestens 200 Filialen in Deutschland erforderlich sind, nicht angestrebt, dann gilt es,diegenaueRolledesstationärenZusatzkanalszudefinierenunddiesedenKunden entsprechend zu kommunizieren. Dabei sind folgende Rollen für einen stationären Zusatzkanaldenkbar:
AbholundServicestationen:EsgehtumeinServiceangebotandieKunden,phy sischen Kontakt mit dem Anbieter und seinen Produkten bekommen zu können, wofür aber eine gewisse Fahrzeit in Kauf genommen werden muss. Dabei steht nicht die Vermittlung eines Kauferlebnisses im Vordergrund, sondern die Mög lichkeitfürdieKunden,Warenphysischabholen,ReparaturfragenoderReklama tionen abklären oder Produkte retournieren zu können. Es handelt sich weniger um stationäre Geschäfte als vielmehr um „Niederlassungen“ oder „Repräsentan zen“, für die ein Netz von ca. 3050 Stationen in Deutschland ausreichen dürfte. Diese benötigen keine TopStandortqualität (z.B. 1ALagen), sondern können durchaus in Gewerbegebieten angesiedelt sein. Größter Fehler, der von Multi ChannelHändlernbeidieserSupplementChannelRollegemachtwerdenkann,ist das Eröffnen von FlagshipStores in kaum bezahlbaren 1AStandortlagen sowie das Versäumnis, die „reduzierte“ Standortrolle gegenüber den Kunden klar und konsequentzukommunizieren(z.B.Buchclubsin1ALagen).
ShowRooms: Den Kunden wird die Möglichkeit gegeben, ihr Produkt „live“ zu erleben,umihnendasfunktionaleRisiko,nämlichQualitätundFunktionalitätei nesProduktesphysischnichtüberprüfenzukönnen,zunehmen.Auchhiermuss nichtunbedingteinepersönlicheKaufmöglichkeitbestehen,daderKaufjederzeit onlineerfolgenkann,allerdingssolltedieInstallationvonbedienungsfreundlichen Terminals erwogen werden, um Kaufimpulse „vor Ort“ ausnutzen zu können. Auch für derartige „ShowRooms“, die mit Abhol und Servicestationen kombi niert werden können, reicht ein Netz aus ca. 3050 Stationen in Deutschland aus, ebenfallsohneAnspruchaufTopStandortqualität. DerMisserfolgder„stationärenVersuche“vonNeckermannundQuelleistsicherlich auchdaraufzurückzuführen,dassesversäumtwurde,diegenaueRollederstationä ren„Versender“GeschäftezudefinierenundklarandieKundenzukommunizieren. Wenn der Name des Versenders als StoreBrand für ein stationäres Geschäft in 1A Lage verwendet wird, weckt das Einkaufserwartungen, die nicht erfüllbar sind und verursacht Mietkosten, die aufgrund der mangelhaften ShopAttraction niemals ver dientwerdenkönnen.
165
3.8
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
3.8.3
Integriertes Multi-Channel-System
Im Gegensatz zum Ansatz „LeadChannelInternet mit stationärem Zusatzkanal“ müssen im MultiChannelHandel die betriebenen Online und OfflineKanäle Ver käufebzw.echteTransaktionenermöglichenunddabeidasZieleinermöglichstgro ßenReichweiteundAbdeckunginbeidenKanälenverfolgen.Dementsprechendhoch istauchderVerkaufsanteildesstationärenFilialgeschäftes,dasindiesemFallmehrals die Hälfte zum Umsatz beisteuern sollte.Rechtlich gesehen stellen alle Kanäle damit dieverbindlicheSpezifizierungderGüterübertragunghinsichtlichMenge,Preis,Zah lungsbedingungen, Lieferung, Garantieleistungen etc. dar. Liegt allerdings „nur“ kataloggestütztesVersandgeschäftinKombinationmitstationäremFilialgeschäftvor, nicht aber ein InternetShop, dann handelt es sich nicht um MultiChannelHandel, sondern traditionellen MehrkanalHandel (wie z.B. bei SORRusche). Erst durch das Internet wurde der klasische Mehrkanalhandel durch den MultiChannelHandel abgelöst. MultiChannelHandel bezeichnet dabei die relativ neue und innovative Verknüpfung von stationärem Geschäft und OnlineHandel plus möglicherweise zusätzlichkataloggestütztemVersand. Nach vorliegender Definition des MultiChannelHandels sind z.B. Karstadt Waren haus GmbH mit Karstadt.de, oder Tchibo GmbH mit Tchibo.de typische Multi ChannelHandelsunternehmen.DiesesgiltnichtfürdieThaliaHoldingGmbH(als75 ProzentTochterunternehmen der DouglasHolding AG) und buch.de, einer 35,2Pro zentKonzernbeteiligung der ThaliaGruppe. Bloße Beteiligungen oder unabhängige Schwesterunternehmen in einem Konzernverbund rechtfertigen nicht den Begriff MultiChannelHandel. Beide Kanäle müssen operativ vom gleichen Unternehmen betrieben werden, was die unternehmerische Führung im Falle eines JointVentures miteinschließt.BognerHomeshopping,derjeweilsals50ProzentBeteiligungsowohl vonBogner,alsauchvonderPrimondoGruppe/Quellebetriebenwird,kanndemge genüberdurchausalsTeileinesBognerMultiChannelSystemsangesehenwerden,da von Bogner aus ein Teil der operativen Führung in Personalunion gestellt wird. Na mensgleichheit muss nicht unbedingt gegeben sein, d.h. die Kanäle des Multi ChannelHandels können durchaus unterschiedlich markiert sein, auch wenn dieses suboptimalist.ReineKommunikationskanäle,diekeineTransaktionenzulassen,stel len keinen Absatzkanal in diesem Sinne dar und sind somit nicht die zweite „Ver kaufssäule“.einesMultiChannelHandelsunternehmens(vgl.Bohlmann2007,S.21). Die Festlegung, welche Kanäle ein Handelsunternehmen überhaupt bedienen soll, erfolgt am besten anhand einer MultiChannelMatrix, in der alle Geschäftsbereiche und Absatzkanäle des betreffenden Unternehmens aufgeführt werden. Diese Matrix hilft dabei, eine MultiChannelStrategie zu visualisieren. In Abbildung 333 ist bei spielhaft ein Bekleidungshandelsunternehmen dargestellt,das über fünf Sparten ver fügt. Daraus ergeben sich vielfältige MultiChannelBeziehungen z.B. zwischen Filia len, Katalogen und Internet. Weiterhin sind auch innerhalb eines Handelsunterneh menshorizontaleBeziehungenzwischendenverschiedenenSpartenmöglich,diebei der Gestaltung der Kanäle berücksichtigt werden müssen (vgl. Schneider 2002, S. 39 166
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
ff.). Nachdem Art und Anzahl der Absatzkanäle anhand der MultiChannelMatrix festgelegt wurden, geht es darum, die Handlungsoptionen für den MultiChannel Händler auszuloten. Die Potenziale einer systematischen Ausweitung und Abstim mung der Kanäle sind jedoch kaum zeitgleich zu erschließen. Stattdessen ist von ei nemzeitaufwändigenIntegrationsprozessauszugehen,wiesichamBeispieldermeis tenexistierenden„echten“MultiChannelHändlernachweisenlässt.
Abbildung333: MultiChannelMatrixamBeispieleinesBekleidungshändlers Quelle: In Anlehnung an Schneider 2002, S. 40
Stationäre Kanäle -Filialen -Shop-in-Store
Versandkanäle -Print-Katalog -Internet-Katalog -Telefonverkauf
Werbekontakte -Beilagen/Prospekte -Anzeigen -Radio -Website
Sparte A Basics
Sparte B Junge Mode
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Sparte C DesignerMode
Sparte D Discount
Sparte E HeimTextilien
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„Echte”MultiChannelSystemeliegenvor,wenndieKanälegleichberechtigtneben einander stehen und die „gewachsenen” Steuerungssysteme der Einzelkanäle syn chronisiert werden. Unter der Voraussetzung gegebener finanzieller Mittel und ent sprechender Kunden und Produktstruktur lässt sich generell davon ausgehen, dass einedurchgängigePräsenzaufmöglichstvielensowiemöglichstintegriertenKanälen dabeiamvorteilhaftestenist.InderMedienbranchesprichtmanvoneinersogenann ten „CrossProperty“Vermarktung der Inhalte. Martha Steward und Oprah Winfrey haben in den USA z.B. LifestyleMarken aufgebaut, die über alle Medien und Shop pingKanäle agieren, also auch über Fernsehen, Radio, Zeitschriften, Bücher und In ternet(vgl.Schneider2001,S.177).AuchwennvordergründigKostenundKomplexi tätsteigen,sollteeinUnternehmensichheutefürmöglichstvieleKanäleentscheiden, da die Kunden mittlerweile eine ubiquitäre Erreichbarkeit und damit durchgängige PräsenzdesUnternehmenserwarten.Damitverbundenisteineeinheitlicheundkon sistente Erfahrbarkeit des Leistungsversprechens für die Kunden über alle für ihn
167
3.8
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
relevantenKanäleundKontaktpunktehinweg.DervollintegrierteAnsatzfüreinMul tiChannelSystemgehtdabeimiteinervollständigenKoordinationundAbstimmung der Kanäle untereinander einher. Die Kanäle sind praktisch voneinander abhängig undbetreibeneineeinheitlichePreisundMarkenpolitik.Erfolgsrechnungenerfolgen hier weniger kanalspezifisch als kundenspezifisch. Da Aufgaben und Rollen klar ab gegrenztsind,kommtesnichtzueinerKonkurrenzsituationunddamitauchnichtzu Konflikten. Warenwirtschafts und Informationssysteme arbeiten kanalübergreifend undstellenallenKanälendiegleichenDatenzurVerfügung(vgl.Schobesberger2007, S.35ff.).DieseFormdesMultiChannelHandelsversprichtdiepotenziellgrößteAus schöpfung von Synergien und CrossSellingPotenzialen, wird jedoch von den deut schen MultiChannelHändlern noch nicht konsequent betrieben (vgl. Heinemann 2008g, S. 156 ff.). Hier werden die Prozesse und Funktionen zwischen den Kanälen bisher nicht besonders intensiv integriert. In der Regel liegen Verknüpfungen nur in FormkommunikativeroderinformativerVerbindungenvor.Aktionenwerdenhäufig nicht kanalübergreifend abgestimmt Insbesondere in der Warenwirtschaft werden Verknüpfungen der Warenprozesse wie z.B. Retourenabwicklung oder Verfügbar keitsprüfungen für unterschiedliche Kanäle selten umgesetzt. Hauptgrund dafür ist sicherlich die Komplexität der damit verbundenen BackEndProzesse. Nur im Falle von Kundenkarten ist häufig ein durchgängig kanalübergreifender Einsatz zu beo bachten(vgl.Zentes/SchrammKlein2006,S.9). Insgesamt lässt sich jedoch die Tendenz erkennen, zumindest MarketingMix KonzepteimMultiChannelHandelzuvereinheitlichen.SozeigensichBestrebungen, dieMarkierungderKanälezuharmonisieren,indemdieVariantenderRetailBrands reduziertwerden.WährendimLEHdieserAnsatzauchkonsequentaufalleBetriebs typendesstationärenGeschäftsübertragen wird,wiedieBeispieleAVAundMarkt kauf sowie Rewe bzw. Toom zeigen, lassen sich im Textilbereich auch gegenteilige Tendenzen erkennen (vgl. Zentes/SchrammKlein, 2006, S. 9). Hier sind separierte Konzepte anzutreffen, mit denen anhand einer differenzierten Gestaltung der Retail Brand unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden sollen, z.B. bei den Ver sendernOttoGroupundQuelle. ImdeutschenTextilhandelisteinTrendzuintegriertenSystemen,indenenmiteiner einheitlichen RetailBrand fast durchgängig ähnliche Konzepte der Sortiments und Preispolitikrealisiertwerdensollen,durchauserkennbar.Unterschiedegibtesaberin derSortimentsbreitebzw.tiefezwischendenKanälenausGründeneinergrundsätz lich unterschiedlichen Sortimentsfindungslogik. Auch werden häufig im Internet KanalZusatzsortimenteausanderenWarengruppenangeboten,diederKundeinden stationärenKanälennichtantrifft.InderRegelsinddieOnlineSortimenteaberdoch deutlicheingeschränkteralsimstationärenGeschäft,trotzdereigentlich„unbegrenz tenRegalkapazität“.UnterschiedesindauchnichtselteninderPreispolitikzuerken nen,wasaufunterschiedlichePreisaktionenzurückzuführenist.Hauptgrunddafürist ein immer noch recht häufig verbreitetes „MauerblümchenDasein“ des Internet Kanals,deroft(noch)nichtalsvollwertigerKanaleingestuftwirdunddeswegennicht 168
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
selten separat oder outgesourct betrieben wird. Bei den Preisdifferenzen, die auch durchVersandkostenzustandekommenkönnen,gibtesinderRegelaberkeineProb lemeaufKundenseite.SinddiePreisdifferenzenaberzugroß,wiehäufiginderUn terhaltungsbranchezubeobachtenist,kommteszuVertrauensverlustundUnzufrie denheit bei den Kunden, wie empirische Untersuchungen zeigen (vgl. Zentes/ SchrammKlein,2006,S.9).
3.8.4
Kanaleigenschaften im Vergleich
FürdenVergleichzwischen„Offline“und„Online“sollderFokusaufUnterhaltung, sozialeInteraktion,Sicherheit,Kontaktpunkte,Auswahl,Informationsmöglichkeit(en) und Fulfillment (Zeiteinsatz und Kosten) gelegt werden. In Abbildung 334 werden dieVorteilebzw.derNutzenimSinneeiner„relativenAttraktivität“derunterschied lichenHandelsformengegenübergestellt(vgl.Schobesberger2007,S.23): Abbildung334: AttraktivitätOfflineversusOnline Quelle: In Anlehnung an Schobesberger 2007, S. 23 Dimensionen
Geschäft
Katalog
Internet-Shop
mittel bis hoch
niedrig
mittel bis hoch
soziale Interaktion
hoch
niedrig
niedrig
persönliche Sicherheit
hoch
mittel
gering bis mittel
mittel bis hoch
mittel
niedrig bis mittel
Kontaktpunkte/Möglichkeiten der Bestellabgabe
wenig
überall
viele
Lieferzeit
sofort
Tage
Tage
niedrig bis hoch
begrenzt
mittel bis hoch
Informationsangebot - Quantität - Qualität
mittel hoch
mittel mittel
hoch hoch
Zeiteinsatz beim Einkauf
hoch
niedrig
niedrig
niedrig
hoch
hoch
Unterhaltung
Datensicherheit
Sortimentsauswahl
Lieferkosten
DieUnterhaltungistinGeschäftenaufgrundderpersönlichenKomponentesowie dervielfältigenInszenierungsmöglichkeitenhöheralsmitKatalogen.Dievielfälti gen Animationsmöglichkeiten im InternetShop lassen diesen ebenfalls als relativ unterhaltsam erscheinen. Experten bestätigen aber, dass die „reale“ Einkaufswelt
169
3.8
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
im stationären Kanal aufgrund der multisensualen Sinnesansprache (z.B. Ein kaufsatmosphäre oder Ladengestaltung) der virtuellen Einkaufswelt im Distanz handelüberlegenist.
SozialeInteraktionfindetbeiKatalogundInternetShoppraktischnichtstatt,ist hieralsoniedrigimGegensatzzumGeschäft,daspersönlicheKontakteermöglicht.
Persönliche Sicherheit ist nach allgemeiner Meinung in einem stationären Kanal eher gegeben als beim Kauf in einem Distanzkanal, da die Kunden die Produkte vorKaufbegutachten,anfassenundprobierenkönnen.Darüberhinaushabensie dieMöglichkeitzurBarzahlung,könnendieWaresofortmitnehmenundverfügen hierüberbessereundeinfachereReklamationsmöglichkeiten.
AuchdieDatensicherheitistbeimKaufineinemstationärenKanalehergegeben, da der Kunde hier auf Wunsch anonym bleiben kann. Dagegen müssen im Dis tanzhandel zahlreiche individuelle Daten erfasst werden, wodurch beim Kunden auchAngstvordem„gläsernenKunden“entsteht.AusKundensichtbestehtauch dasRisiko,dassderAnbieterDatenanDritteweitergibt.
WährenddieKontaktpunkteinstationärenKanälenaufgrundderlimitiertenZahl fixerStandortebegrenztist,giltdieseRestriktionfürdenDistanzhandelnicht.Es istdavonauszugehen,dassdieräumlicheNäheunddadurchauchdieErreichbar keitderDistanzkanäleweitaushöheristalsbeistationäremEinkauf.
LieferzeitenhatderKundeimGeschäftinderRegelnicht,wenndieWarevorrätig istunderdiesesofortmitnehmenkann.DagegenistDistanzhandelohneLieferzeit praktischnichtmöglich,daimmereineZeitspannezwischenBestellungundLiefe rungliegt.LediglichbeiEBüchernunddigitalenProduktenkanneseineSofortlie ferungviaInternetgeben.
Hinsichtlich der Auswahl kann es im OnlineShop eventuell ein breiteres bzw. tieferes Angebot geben aufgrund der fehlenden räumlichen Restriktionen (z.B. Präsentations und Lagerfläche). Auf der anderen Seite kommt es aber vor, dass Waren mit geringer Handelsspanne nicht angeboten werden. Tendenziell ist die AuswahlimGeschäftundInternetShophöheralsimKatalog.
Die Informationsmöglichkeiten sind zu differenzieren. Während der Kunde im stationärenKanalvordemKaufbegutachten,anfassenundprobierensowie„mul tisensual“ erleben kann, geht das im Distanzhandel nicht. Ebenso kann jederzeit auf das Verkaufspersonal als Informationsquelle zurückgegriffen werden. Auch dienen hier Schaufenster als wichtige Informationsquelle. Dagegen ist der Kunde im nichtstationären Handel auf bildliche Darstellung sowie textliche Produktbe schreibungangewiesen.AndererseitskannermittelsBrief,TelefonundEMailei ne personalisierte Information einholen oder durchaus per Telefon auch direkt KontaktzumVerkaufspersonalaufnehmen(z.B.CallBackOptionoderCallNow
170
Supplement- and Support-Channel-Strategy als Erfolgsfaktor Nr. 7
Option). Außerdem ist die „interaktive“ Informationsmöglichkeit, ausführliche Produktinformationeneinzuholen,unangefochtenerVorteilbeimOnlineKauf.
DerZeiteinsatzistengverbundenmitdemThemaRaumüberbrückung.Wennder Kunde ein stationäres Geschäft aufsucht, ist der Zeitaufwand in der Regel hoch, wennessichnichtgeradeumeinenNahversorgerstandortinunmittelbarerNähe handelt.Diese„Überbrückungszeit“entfälltindenDistanzhandelsKanälen,wird dannabermithöherenLieferzeitenerkauft.
DieKosten,diemitdemKaufvorgangverbundenseinkönnenundsichnichtauf den Produktpreis beziehen, sind vielfältig und in jeder Phase des Kaufprozesses wirksam.DabeihandeltessichumdiesogenanntenTransaktionskostenwiez.B. Reisekosten, Liefer bzw. Versandkosten, Kosten für Transportverpackungen, Be schwerdekosten,RückgabekostenbeiNichtgefallenoderOpportunitätskosten(z.B. NutzenundZeitentgang).DieseKostensindzusammenfassendinAbbildung335 dargestellt.
Abbildung335: OnlineundOfflineBeschaffungskostenbeimKaufimVergleich Quelle: Bohlmann 2007, S. 39 in Anlehnung an Schröder 2005, S. 13 Kosten beim Kauf im… Online-Shop
stationären Einzelhandel
• • •
Fahrtkosten / Anbahnungskosten Zeit (Opportunitätskosten) Kosten des Transportmittels
• • •
Anbahnungskosten Zeit (Opportunitätskosten) Kosten der Internet-Verbindung
Kosten für Transportverpackung • einmalige Verwendung • mehrmalige Verwendung
Lieferkosten, z.B. abhängig von: • Bestellung • Warengruppenart • Produktanzahl • Transportverpackung • Lieferzeit • Liefergebiet • Zahlungsart
Kosten der Beschwerdeführung / Kontrollkosten (entfallen soweit Beschwerden durch Kontrollen vor Abschluss des Kaufvorgangs Mängel erkennen und beseitigen lassen)
Beschwerdekosten bei mangelhafter Lieferung / Kontrollkosten • Zeit (Opportunitätskosten) • Kosten der Internet-Verbindung • sonstige Kosten bei mangelhafter Lieferung • Nutzenentgang • Kosten für Ersatzprodukte
Rückgabekosten bei Nichtgefallen der Ware: Fahrtkosten, falls Ware bereits mitgenommen — im übrigen keine
Rückgabekosten bei Nichtgefallen der Ware: regelmäßige Kosten bei Anwendung des Wiederrufsrechtes können vertraglich auferlegt werden bei einer Bestellung bis 40 Euro (§357 Abs. 2 BGB)
171
3.8
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
NebendenskizziertenMerkmalen,anhanddererdieKanäleverglichenwerdenkön nen,wirdauchnochConvenienceundBezahlunggenannt.ZumConveniencegradder beidenKanälekannjedochkeineallgemeingültigeAussagegetroffenwerden,danicht zu bestimmen ist, in welcher Situation welche Person welche Aspekte als wichtig erachtet.Esistdurchausmöglich,dassverschiedeneEffektejenachKanalgegenläufig sind, wie z.B. die SofortBestellmöglichkeit im Internet versus Nichtsofortverfügbar keit der Ware. Auch zur Bezahlung ist es schwer möglich, allgemeingültige Schluss folgerungenzuziehen.ZwaristimstationärenVerkaufdieBarzahlungrelativgängig, jedoch nimmt die Kreditkartenzahlung, die für OnlineKauf typisch ist, auch in Ge schäften zu. Im Gegensatz zum Ladengeschäft sind im OnlineHandel eine Rech nungsregelundauchdieZahlungperNachnahmehäufiganzutreffen,wasangesichts des potenziellen Datenmissbrauchs eine für den Kunden angenehmere Art der Zah lung sein dürfte. Alles in allem lassen sich jedoch die mit der Zahlung verbundenen AspektedemebenschonaufgeführtenSicherheitsmerkmalzuordnen(vgl.Bohlmann 2007,S.4345).
3.9
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
DasSourcing,dasals„GesamtheitalleraufdieBeschaffungsmärktegerichtetenAkti vitätenvonOrganisationenmitdemZielihrerBeeinflussung“(vgl.Liebmann/Zentes 2001,S.709ff.)definiertwerdenkann,hatsichzueinemwesentlichenErfolgsfaktor für OnlineHändler entwickelt. Entsprechend der traditionellen Handelsweisheit, wonach „der Gewinn im Einkauf liegt“, verfolgt Sourcing vordergründig kundenge richtete,lieferantengerichteteundwettbewerbergerichteteZiele:
KundengerichteteZieleumfassendieSicherstellungderVersorgungderKunden. InHinblickaufdasgestiegeneAnspruchsniveauderKonsumentengiltesLösun gen zu finden, um diesem Anspruchsdenken gerecht werden zu können. Dabei rücktdieausschließlicheBeurteilungvonLieferantennachPreisundProduktqua litätskriterienzunehmendindenHintergrundbzw.mussumzusätzlicheAspekte erweitertwerden.
Lieferantengerichtete Ziele sind darauf ausgerichtet, auf Basis stabiler Lieferan tenbeziehungenüberMengeneffekteundstabileVertrauenspositioneneineKondi tionenverbesserung im Zeitablauf anzustreben. Dabei geht es vor allem auch um die Innovationsfähigkeit der Lieferanten. Lieferantenbezogene Aspekte gewinnen auch angesichts der ECRThematik („Efficient Consumer Response“) zunehmend anBedeutung.IndiesemZusammenhanggehtesnichtmehrnurumeineoptimale AbwicklungderBeschaffungvonProdukten,sondernvielmehrauchumdenpart nerschaftlichen Aufbau eines effizienten Versorgungssystems. Die ECR 172
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
BestrebungenführendabeizueinerdeutlichenVerringerungderLieferantenzahl, wodurchdieAbhängigkeitvondenLieferantensteigenkann.
WettbewerbsgerichteteZielestellenaufeinekonkurrierendeAbgrenzungab,die bis zum Abschluss von Ausschließlichkeitsverträgen führen kann. Entscheidend dafür ist aber die Wettbewerbsposition des Handelsunternehmens. Können näm lichUnternehmenaufgrundihrerGrößealleinekeinennennenswertenEinflussauf dieEinkaufskonditionenihrerLieferantennehmen,sollteeherübereinekoopera tiveBeschaffungnachgedachtwerden. Sourcing ist nicht generell anwendbar und wird durch die Sortimentsstrategie maß geblich vorbestimmt. Ist ein Bekleidungshändler gezwungen, aufgrund von Pull WirkungenstarkeMarken(z.B.Boss,AdidasundPuma)imSortimentführenzumüs sen, sind Lieferanten, Beschaffungs und Verhandlungsmanagement aus Handels sicht kaum beeinflussbar. Dieses trifft für Zweit und Drittmarken sowie Eigenmar kenlieferanten jedoch nicht zu. Hier findet vorrangig das Sourcing Anwendung. Da der größte Sortimentsanteil im Bekleidungshandel auf nicht markierte Ware oder Produkte mit Eigenlabels entfällt, spielt das Sourcing hier eine große Rolle (vgl. Al baum2003,S.7). Bei der Systematisierung der SourcingStrategien kann eine SourcingToolbox heran gezogenwerden,dieinAbbildung336dargestelltist(vgl.Liebmann/Zentes2001,S. 712 ff.). Wie aus der Abbildung zu entnehmen ist, bestehen die SourcingStrategien aus sechs Teilstrategien, die sich jeweils auf eine bestimmte Dimension beziehen. In Bezug auf die Dimension „Beschaffungssortiment” steht der Sortimentsumfang im Vordergrund, der entweder eng („Narrow Sourcing”) oder breit („Wide Sourcing”) sein kann. Bei der Dimension „Beschaffungsobjekt” geht es darum, ob der Beklei dungshändler versucht, aktiv Einfluss auf die Produktgestaltung des Herstellers zu nehmen („Active Sourcing”) oder aber nicht („Passive Sourcing”). Bezüglich der Di mension„Lieferant”bestimmtdieAnzahlderLieferantendiezuwählendeStrategie variante.ExistiertnureinLieferantalsQuasiMonopolist,überdennureinbestimmtes Produkt bezogen werden kann (z.B. starke Markenartikler), dann spricht man von „SoleSourcing”.Demgegenüberliegt„SingleSourcing”vor,wennaufgrundfreiwilli gerEntscheidungderBezugderWarenurvoneinemLieferantenerfolgt.Handeltes sichumzweiLieferanten,sprichtmanvon„DualSourcing”,währendbeivielenLiefe ranten von „Multiple Sourcing” gesprochen wird. In Bezug auf die Dimension “Be schaffungszeit”wirdfestgelegt,inwieweitZeitpunktderBeschaffungunddesAbver kaufes auseinander liegen sollen, wobei zwischen bedarfsnaher Beschaffung („Stockless”) und bedarfsferner Beschaffung („Stock”) im Extremfall unterschieden wird.DieTeilstrategie“Beschaffungssubjekt”unterscheidetzwischeneinerAlleinstel lung („individuell”) und einem kooperativen Vorgehen („Cooperative”). Im Rahmen des Aspektes „Beschaffungsareal” geht es schließlich um die internationale Ausdeh nung der Beschaffungsmärkte, die entweder „local”, „domestic” oder „global” sein kann(vgl.Liebmann/Zentes2001,S.712ff.).
173
3.9
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Abbildung336: SourcingToolbox Quelle: Liebmann/Zentes 2001, S. 712; Arnold, 1998, S. 247 Beschaffungssortiment Beschaffungsobjekt Lieferant
Sole
Beschaffungszeit
Stock
Narrow
Passiv
Active Single
Dual
Stock Reduced Individual
Beschaffungssubjekt Beschaffungsareal
Wide
Local
Multiple Stockless Cooperative
Domestic
Global
Welche dieser SourcingStrategien sinnvoller ist, muss einer eingehenden Prüfung unterzogenwerden.SokanneininternationaltätigesUnternehmenbeiKonzentration aufeinoderzweiLieferantenseineNachfragemachtdazubenutzen,beimLieferanten Preisvorteile durchzusetzen. Andererseits kann dies jedoch dazu führen, dass die eigene Liefersicherheit bei einem Ausfall des Vorlieferanten (z.B. bei einem Streik) Schadennimmt.DerAufbauvonPartnerschaftenistjedochwiederummiteinemMul tiple Sourcing nicht möglich (vgl. Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 341 f.). Unab hängig von der gewählten SourcingStrategie ist ein ungelöstes Kernproblem der in ternationalenBeschaffungbislang,dasseinganzheitlichesKonzeptfehlt,mitdemdie zahlreichen Aspekte der komplexen Beschaffungsrealität abgebildet werden können. Neuere Ansätze des MultiChannelSourcing versuchen deshalb, eine ganzheitliche BetrachtungsweisederinternationalenBeschaffungsicherzustellenunddierelevanten Stellhebel aufzuzeigen, durch die das unternehmensspezifische Mehrkanal Beschaffungssystemgesteuertwerdenkann(vgl.Rudolph/Loos2006,S.726ff.). In Bezug auf die Besonderheiten des Geschäftssystems „OnlineHandel“ erhält das Sourcing jedoch eine zusätzliche Dimensionen, da es angesichts der Einbindung in das „World Wide Web“ quasi zwangsweise auch aus der globalen Perspektive, also unter dem Aspekt des „Global Sourcing“ beleuchtet werden sollte. Untrennbar mit dem Global Sourcing sind dabei die neuen Formen des „ESourcing“ verbunden, bei demesu.a.umdieIntegrationvonEProcurementSystemenimRahmenGlobalSour cinggeht. Weiterhin hat das „Outsourcing“, also die Auslagerung von Unternehmensaufgaben anDrittunternehmen,imOnlineHandelherausragendeBedeutungerlangt.Kaumein OnlineHändlerkannmittlerweileaufdieDienstevonFulfillmentAnbieternverzich ten.AusdenBegriffenOutsourcingundCrowdwurdemit„Crowdsourcing“eineerst 2006 geprägte Wortneubildung geboren. Crowdsourcing setzt auf die Verlagerung 174
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
von Unternehmensfunktionen auf die Kunden, die „Intelligenz und die Arbeitskraft einer Masse von Freizeitarbeitern“(Unterberg 2008, S. 210) im Internet. Das Crowd sourcingwirdvorrangiginderMassCustomizationundOpenInnovationpraktiziert, findet sich aber auch in den SelfServiceFunktionalitäten sowie im Consumer GeneratedAdvertisingwieder.
3.9.1
Global Sourcing
Ein wesentlicher PushFaktor für die Globalisierung der Beschaffungsmärkte liegt eindeutig in der TotalCostorientierten Betrachtung, die sich in Form von vertikalen Wertschöpfungspartnerschaften mit Herstellern wiederfindet. Dabei wird über mo derneSupplyKonzepteundneuereLogistikkonzepteeineunternehmensübergreifen de Optimierung realisiert, die mit einer Erzielung von Effizienzgewinnen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg einhergeht (vgl. Zentes/Hilt/Domma 2007, S. 56).„GlobalSourcinglässtsichalseineStrategiekennzeichnen,diedurcheinesyste matische Ausdehnung der Beschaffung auf weltweite Beschaffungsquellen gekenn zeichnet ist und als aktive, strategisch geleitete Unternehmenspolitik, die dazu bei trägt, in bisher nicht bearbeiteten Zielmärkten strategische Brückenköpfe zu bilden” (Zentes/Swoboda2001,S.183).DamitträgtGlobalSourcingzurRealisierungvonvier Beschaffungszielen (vgl. Abb. 337) bei, nämlich der Innovationsfähigkeit, vertikalen Verbundeffekten, der Integrationsfähigkeit sowie horizontalen Verbundeffekten (vgl. Zentes/Swoboda/Morschett2004,S.319). ZurInnovationsfähigkeitdesOnlineHändlerskannGlobalSourcingbeitragen,indem neueausländischeBezugsquellendieEinführungneuer,nochnichtbekannterProduk te ermöglicht (z.B. KillerProdukte). Vertikale Verbundeffekte oder auchLieferpoten ziale kann Global Sourcing durch eine engere Zusammenarbeit mit internationalen Lieferanten sicherstellen. Dabei kann es sich z.B. um Logistikeffekte oder Informati onseffekte handeln, bei denen die Nähe zu Kunden oder das eigene Knowhow ge nutztwerden,umLieferanteninderNeuproduktentwicklungzuhelfen.Engmitver tikalenVerbundeffektenistdieIntegrationsfähigkeitvonProduktenoderMaterialien verbunden, z.B. im Rahmen der Produktlinien oder Sortimentspolitik. Ein eigenes akquisitorisches Potenzial kann demnach nur dann entstehen, wenn Produkte zu einemausKundensichtattraktivenSortimentverknüpftwerden.Aberauchphysische Integrationsvorteile sind denkbar, z.B. durch Einsparung von Transaktionskosten. Horizontale Verbundeffekte ergeben sich aus einer verbesserten Abstimmung von UnternehmenaufgleicherMarktoderWertschöpfungsstufe.TypischesBeispielhier für sind Einkaufskooperationen, die eine institutionelle Erscheinungsform zur Reali sierung horizontaler Verbundeffekte darstellen und vor allem bei der Erschließung internationalerBeschaffungsmärkteeineherausragendeRollespielen.
175
3.9
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
Abbildung337: BeschaffungszieledesGlobalSourcing Quelle: Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 319; Arnold 1997, S. 66
richtige Menge*
richtige Zeit*
vertikale Verbundeffekte
Innovationsfähigkeit
Wettbewerbsposition sichern/ ausbauen • Kosten • Differenzierung • Zeit
Integrationsfähigkeit
horizontale Verbundeffekte
richtiger Ort*
richtige Qualität* * operative Aufgaben
Zunehmend zeichnet sich ein Trend zu zwei Ansätzen im Rahmen des Global Sour cingab,dieauchfürdenOnlineHandelvongroßerRelevanzsind(vgl.Zentes/Hilt/ Domma2007,S.85):
LowCostCountrySourcing: Sehr niedrige Lohnkosten sind Haupttreiber einer Verlagerung der Beschaffung aus Ländern wie vor allem China, Indien, Taiwan, Korea, Pakistan, Brasilien, Vietnam, Marokko, Algerien, Ägypten, Thailand und Bangladesh.DieseLänderwerdendeshalbauchalsLowCostCountries(LCC)de finiert, aus denen im Rahmen des LowCostCountrySourcing (vgl. Zentes/Hilt/ Domma2007,S.85)danndieWarebezogenwird.GleichzeitigkönnenauchVor teilebeidenEnergiesowieKapitaloderadministrativenKostenfürdieEntschei dung für ein LCC mitentscheidend sein. Während allerdings die LCCs eine ent scheidende Rolle in Hinblick auf PreisLeistungsVerhältnis, niedrige Einstands preisesowieniedrigeGesamtbeschaffungskostenspielen,liegendieVorteileeiner Beschaffung in NonLCCs insbesondere in besseren Serviceleistungen der Liefe ranten, der höheren Qualität der Produkte sowie der deutlich kürzeren Beschaf 176
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
fungszeiten(vgl.Zentes/Hilt/Domma2007,S.85).DieDominanzvonLCCsinkos tenorientierten Aspekten in Verbindung mit dem weiter zunehmenden Kosten druckimHandel,verleihtderBeschaffunginLCCszudauerhaftemCharakter.Es mussdavonausgegangenwerden,dassBekleidungshändlerihreBeschaffungsak tivitäten noch verstärkt geographisch distribuieren, um alle Beschaffungsvorteile zunutzen(vgl.Zentes/Hilt/Domma2007,S.85).
SpeedSourcing: Trotz des dargestellten Trends des LCCSourcing werden auch geographisch nahe Beschaffungsregionen ihre Bedeutung zukünftig beibehalten oder sogar vergrößern. Zentrale Erfolgsfaktoren im OnlineHandel sind nun ein maldieschnelleReaktionaufVeränderungen,dieKollektionszahlproSaison,die schnelle Identifikation und Umsetzung von Trends sowie die möglichst zeitnahe BeschaffungundBelieferung.AusChinabeispielsweiselässtsicheinebeschleunig te Lieferung nur über den relativ teuren Luftweg bewerkstelligen, wodurch die Arbeitskostenvorteileschnellüberkompensiertwerdenkönnen.DerKonfliktzwi schen„KostenundZeit“findetsichvorallemimOnlineFashionHandelbeimo discher Ware. Dieses führt zu einer Bedeutungszunahme von Beschaffungsregio nen,diesichdurchräumlicheNäheauszeichnenundüberkurzeStreckendieLie ferzeiten reduzieren. Im Rahmen dieses so genannten SpeedSourcing (vgl. Zentes/Hilt/Domma 2007, S. 85 ff.) bestimmt die Geschwindigkeit nicht nur die Länderauswahl, sondern ebenfalls die Lieferantenselektion. Sie dominiert zuneh menddieAnforderungenanUmfangundIntensitätdesInformationsaustausches, der immer mehr elektronisch per EDI oder Internet erfolgt. Große Bedeutung kommtdiesbezüglichebenfallsdenmodernenSupplyChainKonzepten(z.B.VMI oderQuickResponse)zu. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Auswahl von Beschaffungs märkten zunehmend bei modischer Ware nach regionaler Nähe und Lieferschnellig keit erfolgt, während sie bei „zeitunkritischer“ Standardware (z.B. Basics) weiterhin aufLCCsgesetztwird.
3.9.2
E-Sourcing
WeitereMöglichkeitenimBereichderBeschaffungbietetdasThema„ESourcing“,das sichhervorragendindasGeschäftssystemdesOnlineHandelseinfügt.Zugrundeliegt dieTatsache,dassdieBeschaffungimOnlineHandelgrößtenteilsdurchdieProzess kosten belastet wird. Kostensenkungsmaßnahmen können daher Maßnahmen zur Vereinfachung dieser Prozesse sein. Durch die Integration von EProcurement Systemenistesmöglich,dieProzesseeffektiverundgleichermaßeneffizientzugestal ten.DabeiisteineausführlicheAnalysederProzesseundihrerKostendieGrundvor aussetzung.UnterESourcingkönnenalleMaßnahmenbzw.AktivitäteneinesUnter
177
3.9
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
nehmens verstanden werden, die webbasierte EinkaufsTools in Anspruch nehmen mitdemZiel,dieEffizienzundEffektivitätzuverbessern(vgl.Booz2003,S.3).
Abbildung338: FormendesESourcing Quelle: Booz 2003, S. 3
Bidding Electronic Catalogs • RFQ is sent • Supplier establish electronically to custom catalogs for different suppliers on buyers • Buyers work with pre- as a needed basis • RFQ responses established supplier catalogs and prices to are received and procure materials and evaluated electronically services • See box below for catalog options
English auction • Auction initiated by one seller • Seller wants to sell surplus capacity/ production • Price rises during auction • Price paid is dependent on bids of other buyers • Last bid known to all
Reverse Auction Market Exchange • Auction initiated by • Perfect electronic one buyer marketplace where • Buyer specifies demand and multiple buyers and sends RFQ with time limit sellers can meet and to multiple suppliers exchange goods • Suppliers submit price (and services) at quotes and are able to view spot price other quotes submitted • Market clearing (sanitized). Furthermore, price depends on they are able to reduce supply/demand price quotes during auction balance • Price drops during auction • Last bid known to all
DEGREE OF INTERACTION ELECTRONIC CATALOG OPTIONS Static Product Catalog • Catalog content is static and has to be updated on a regular basis by vendor • Predeterminded price agreed upon by seller and buyer • Content from multiple vendor(s) is integrated into one database and can be searched and compared • Ideally, business unit-specific views can be defined
Static Configurable Product Catalog Dynamic Product Catalog • Catalog content is static and has to be • Catalog content from multiple updated on a regular basis by vendor vendor(s) is generated at the • Predetermined price agreed upon by same moment as the user seller and buyer accesses the catalog • Content from multiple vendor(s) is • Price dependent on integrated into one database and can availability of be searched and compared product/service • Ideally, business unit-specific views can be defined • Product can be configured along a set of pre-defined criteria (e.g., IT Hardware)
Wie Abbildung 338 zeigt, kann ESourcing in unterschiedlichster Form in Erschei nung treten. Entweder geht es um die Nutzung so genannter EKataloge, in denen LieferantenihreProduktepräsentierenunddiejenachStatikundKonfigurationsmög lichkeit in unterschiedlicher Form auftreten können. Diese Form des ESourcing hat einen relativ geringen Interaktionsgrad, der z.B. steigt, wenn via Internet gezielt An gebote eingeholt werden (Bidding bzw. Tender). So können kleinere Unternehmen, die nicht unbedingt über das notwendige Marktwissen und Knowhow verfügen, beispielsweise ohne großen Aufwand über internetbasierende Procurement PlattformenAufträgeanfähigeHerstellervergeben.IndenletztenJahrenhabensich einigeSystemeetabliert.GrößereBekleidungsunternehmenkönnenübereingerichtete Plattformen ihre geplanten Artikel den weltweit verteilten Lieferanten präsentieren unddabeidienotwendigenInformationenliefern. Die interessanteste Variante ist hierbei eine Art Lieferantenauktion. Über die einge richtete Plattform können die Unternehmen bestimmte oder alle Lieferanten zum 178
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
Bieteneinladen.DabeisindentwederEnglischeAuktionenmöglich,dievonderVer käuferseiteinitiiertwerden,oderReverseAuktionen,dievonKäuferseiteausdurchge führtwerden.NebendenAuktionenbestehtauchdieMöglichkeit,überverschiedene ToolsInformationenüberLieferantenzuerhaltenunddiesesomitzubewerten.Alles inallembietetEProcurementeinbreitesAnwendungsfeld,dasjedochbishererstvon wenigenBekleidungsunternehmengenutztwird.
Abbildung339: VorteiledesESourcing Quelle: Booz 2003, S. 4
Operational Benefits
Streamlining Processes
• Simpler/ faster ordering • Reduced paperwork • Easy online comparison • Fewer human errors • Lower inventory costs
Purchased Cost Reductions
• Transparency of spend • Buy aggregation • Better compliance • Reduced maverick buying
• Comparability and
Strategic Options
New Business Opportunities
• Transaction fees for running marketplaces
• Information generation • Access to new customers • Create new market segments
competition • Efficient market and pricing mechanisms • Data for Strategic Sourcing • Virtual buying organizations to increase bargaining power
Der virtuelle Marktplatz bietet entscheidende Vorteile auf Beschaffungsseite. Kalku liertmanzudenGebotenlieferantenbzw.länderspezifischeFaktenhinzu,lassensich alleAngebotevergleichen.DieProzessesindfüralletransparent,womiteineextreme KonkurrenzsituationzwischendenLieferantengeschaffenwird.ESourcingspartdem Beschaffungsmanagement auf diese Art nicht nur Zeit, sondern auch Kosten. Diese Mechanismen greifen jedoch nur, wenn eine entsprechende leistungsfähige E SourcingPlattforminFormeineselektronischenMarktplatzestatsächlichnutzbarist. Dabeiistentscheidend,obessichumhandelsbzw.käufergetriebene,industriebzw. verkäufergetriebene sowie neutrale Tauschsysteme handelt. In diesem Zusammen
179
3.9
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
hangistauchdieWahleinesgeeignetenProviderseinewichtigeEntscheidung.Dieser kann schnell einen Wissensvorsprung erwerben, den er als aktiver Marktteilnehmer für sein eigenes Angebot und Nachfrageverhalten gewinnbringend einsetzen kann (vgl.Bergauer/Wierlemann2008,S.13).DiewesentlichenVorteiledesESourcingsind inAbbildung339dargestellt.DemnachkannESourcingu.a.dieTransaktionskosten senken und den Orderprozess beschleunigen. Zudem steht eine erheblich größere Auswahl an Lieferanten zur Verfügung. Auch wenn die Vorteile für das ESourcing offensichtlich sind, so ist dieses nicht ohne Risiken. Erfahrungsgemäß kommt es im Rahmen von ESourcingProjekten immer noch zu Schwierigkeiten im Zusammen hang mit Sicherheitsaspekten, unvorhergesehenen Kosten sowie Schwierigkeiten in derneuenKäuferVerkäuferBeziehung.Außerdemdarfnichtvernachlässigtwerden, dassESourcingzuerheblichenVeränderungenführtundhoheAnforderungenanein professionellesChangeManagementstellt.
3.9.3
Outsourcing
Erfolgreiche „InternetUnternehmen sind heute nackt (…) Um das herum, was ein InternetHändler am besten kann, baut er ein BusinessNetz mit Partnern, die ihrer seitsdastun,wassieambestenkönnen.Zumzweitengiltes,dieKraftderSelbstorga nisation für das Unternehmen zu nutzen, sowohl innerhalb wie auch außerhalb (…) DabeiwerdenUnternehmenaufvielenEbenenwenigerhierarchisch(…)DurchOut sourcing und Zusammenarbeit mit Kunden und Anspruchsgruppen gelangen Inter netUnternehmenaufeineneueEbenedesFortschritts“(Tapscott2008,S.14).Sostellt sichfürjedeeinzelneAktivitätderWerteketteeinesOnlineHändlersmittlerweiledie FragenachderzweckmäßigenTransaktionsform. Der OnlineHandel steht dabei aktuell der Situation gegenüber, dass für nahezu alle Aktivitäten der Wertekette professionelle FulfillmentDienstleister zur Verfügung stehen, die oftmals Leistungen nicht nur besser, sondern auch kostengünstiger als in Eigenregieerfüllenkönnen.InzwischenkönnenOnlineHändleraufStandardangebote von spezialisierten FulfillmentAnbietern zurückgreifen, von denen die komplette Bandbreite vom reinen Transport bis hin zum FullService angeboten wird. Diese wickelnauchweitereoperativeAufgabenwiez.B.dieAuftragsabwicklung,dasInkas so oder das Retourenmanagement ab. Abbildung 340 zeigt z.B. das Leistungsspekt rum der DHLFulfillment GmbH. Derartige FulfillmentAnbieter ermöglichen durch die Abgabe eines verbindlichen Angebotes, die zu erwartenden operativen Kosten exaktabzuschätzenundfüreineBusinessPlanungverwendenzukönnen.
180
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
Abbildung340: LeistungsspektrumderDHLFulfillmentGmbH Quelle: HMWVL 2007, S. 47
BeschaffungsManagement
Auftragsannahme IT/ProzessIntegration
ZahlungsManagement
Auftragsabwicklung NetzwerkManagement
RetourenManagement
Distribution
GängigistvorallemdieAuslagerungbestimmterAktivitätenanLogistikdienstleister (vgl. Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 185). So werden mittlerweile die europäi schen Logistikströme von Logistikdienstleistern dominiert. Wesentlicher Treiber die serEntwicklungistzweifelsohnedieInternationalisierungi.S.einerverstärktenCross BorderWertschöpfung und die Forcierung von Auslandsmärkten. Weiterhin hat die TendenzzurFokussierungaufKernkompetenzenauchAuslagerungvon„Randaktivi tätenzurFolge“undauchdasInternetmitderEntwicklungneuerInformationsund Kommunikationstechnologien ist wesentlich an dieser Entwicklung beteiligt (vgl. Zentes/Swoboda/Morschett2004,S.496). VorallemimOnlineHandelübernehmenLogistikdienstleisterwichtigeAufgabenbei derOptimierungderSupplyChain.Vonihnenwirderwartet,dasssiedielogistischen Aufgaben nicht nur kostengünstiger, sondern vor allem auch schneller realisieren. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass mit dem Outsourcing nicht nur Vorteile,sondernauchgravierendeNachteileverbundenseinkönnen.Diesebetreffen neben potenziellen Schnittstellenproblemen vor allem Abhängigkeiten sowie eine mangelnde Kontrolle bei differenzierenden Prozessen (z.B. letzter Käuferkontakt bei ZustellungdurchSubZusteller).DieOutsourcingEntscheidungmussinsofernsauber vorbereitet werden mit einer detaillierten Definition der erfolgskritischen Servicele vels. In Abbildung 341 ist die OutsourcingEntscheidung in der Logistik dargestellt. 181
3.9
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
DiesehängtengmitderFragezusammen,inwieweitdieLogistikeineKernkompetenz desUnterehmensdarstellt.Dieseistumsohöherzugewichten,jeaustauschbarerdie angebotenen Sortimente und Produkte sind. Insofern ist die Outsourcing EntscheidunganhängigvomDifferenzierungspotenzialderlogistischenProzesse. In der Konsumgüterwirtschaft haben sich beispielsweisedie Form der Zusammenar beitunddamitdieArtderArbeitsteilungzwischenIndustrieundHandelsunterneh mengrundsätzlichverändert,womitabernichtimmernurOutsorcing,sondernauch InsourcingEntscheidungen verbunden sein können. Die Wahl zwischen „make or buy“ bzw. Eigenleistung oder Fremdbezug der Leistung kann sich demzufolge auch durchausaufdie(Re)IntegrationvonLeistungenbeziehen(Insourcing).
Abbildung341: LogistikOutsourcingEntscheidungimOnlineHandel Quelle: Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 498 Verfügbarkeit kompetenter Logistikdienstleister niedrig hoch
hoch
Kernkompetenz
EinzelfallEntscheidung
Differenzierung durch Logistikstrategie
Outsourcing sinnvoll Randkompetenz
• Wettbewerbsgetriebene Leistungen
• Hohe Synergien bei Dienstleistern
• Hohe Austauschbarkeit von Dienstleistern
• Große Einkaufsmacht
niedrig
Eigenbetrieb sinnvoll • Hohe Abhängigkeit von Dienstleistern • Geringe Synergien von Dienstleistern • Niedrige Flexibilität der Dienstleister (bei Bedarfsschwankungen) • Individualität der Leistungen besser durchsetzbar • Geringe Einkaufsmacht
182
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
3.9.4
Strategische und virtuelle Partnerschaften
WährendfrüherlediglichBeziehungenzuEndkundengepflegtwurden,sindstrategi sche Partnerschaften für alle Funktionen im OnlineHandel mittlerweile unerlässlich geworden. In der schnelllebigen InternetBranche stellen intensiv gepflegte Bezie hungsnetzeheutzutageeinenzentralenWettbewerbsvorteildar.Dieseermöglichenes, einfacher und schneller an Informationen zu gelangen und diese dann effizienter zu nutzen. Das „Networking“ ist zu einem bedeutenden Faktor des OnlineHandels ge worden und gründet sich erfahrungsgemäß auf Zuverlässigkeit, Vertrauen, Fairness sowiebeidseitigenNutzen(vgl.Heinemann/Puhlmann,1999,S.312ff.). Aufgrund der internationalen Verflechtung des OnlineHandels ist es wichtig, das fachliche Wissen ständig zuaktualisieren sowie Verständnis für Partner aus anderen Ländern aufzubringen. Dazu gehören beispielsweise die Verhandlungsführung mit Geschäftspartnern unterschiedlicher Hierarchiestufen sowie deren kulturelle Her kunft. Hierfür ist nicht nur ein Mindestmaß an Einfühlungsvermögen auf der Sach ebene erforderlich. Gefragt sind dabei vor allem auch interkulturelle und soziale Kompetenzen. Insofern verwundert es nicht, dass das interkulturelle Management auch in der Ausbildung des Managementnachwuchses im Handel zunehmend an Bedeutunggewinnt. DajedesUnternehmeninnerhalbderWertschöpfungsketteeigeneStrategienverfolgt, ist im Rahmen des Beziehungsmanagements ein Mindestmaß an Transparenz erfor derlich, um den gesamten SupplyChainProzess zu optimieren (vgl. Heinemann/ Puhlmann,1999,S.312ff.).DiesesbetrifftauchdasProdukt.Dabeigehtesnichtnur umdieGestaltungundQualitätdesProdukts,sondernebenfallsumdieendgültigen Preise. Dazu müssen die Unternehmen ihre Unternehmensgrenzen gegenüber ihren Partnern öffnen und eine gewisse Transparenz ihrer Geschäftsabläufe sicherstellen. Kennen die Lieferanten die Prozesse derUnternehmen im Detail, ist es für sie einfa cher,ihreeigenenAbläufedementsprechendeffizienterauszurichten. Der Gedanke strategischer Partnerschaften ist nicht neu. So gründete z.B. die Firma WillyBognerbereitsimJahr1985dieInteressensgemeinschaft„DialogTextil“.Hierbei trifft ein Kreis von Unternehmen aus allen Bereichen der textilen Kette zusammen. Rund 140 Mitglieder kommen aus acht europäischen Ländern und befassen sich hauptsächlich mit den Themen Qualitätssicherung, Ökologie im Arbeitsprozess und Verbesserung der Kommunikationsbedingungen innerhalb der SupplyChain. Durch den „Dialog Textil“ können aktuelle Probleme in kurzer Zeit gelöst und zum Ab schluss gebracht werden. Beim Thema Produktqualität, aber auch anderen Anliegen istesmöglich,alleindurchdieKenntnissederProblemeandererUnternehmeninner halbdereigenentextilenKetterechtzeitigEinflussaufEntscheidungenzunehmen. Aktuelle Beispiele für eine vertikale Partnerschaft auf Lieferantenseite im Online Handel sind Amazon und Libri. Libri ist Lieferant von Amazon und praktiziert mit ihmalsDistributoreinestrategischePartnerschaft,soz.B.auchElectronicPartnermit
183
3.9
3
Die 8 S-Erfolgsfaktoren im neuen Online-Handel
buch.de(www.buch.de).FürdieNutzerdesOnlineKanalsvonElectronicPartnerist beispielsweisenichtersichtlich,dassdiekomplettenBuchsortimenteinDienstleistung von buch.de bearbeitet werden. Daneben betreibt buch.de als Dienstleister auch den InternetKanalvonThalia(www.thalia.de)alsFulfillmentPartner. Eine spezielle Form der strategischen Partnerschaft im OnlineHandel betrifft die „virtuelle Partnerschaft“. Hintergrund dabei ist die Überlegung, sich als Online Händler einer breiteren Öffentlichkeit bemerkbar zu machen, da eine überregionale oder gar internationale Präsenz sowie Beachtung im Internet nicht einfach zu finden ist. Mit dem virtuellen Zusammenschluss liegt eine Möglichkeit vor, die kritische Größe zu überwinden und sich dadurch bei potenziellen Kunden bemerkbar zu ma chen.Sollteesdabeiaußerdemgelingen,mitHilfeeinervirtuellenPartnerschafteinen Mehrwert wie „geprüfte Qualität“ oder „24StundenService“ anzubieten, kann ein weiterer strategischer Vorteil generiert werden (vgl. HMWVL 2007, S. 69). In Abbil dung342sinddieVorteiledervirtuellenKooperationdargestellt. Abbildung342: VorteiledervirtuellenPartnerschaft Quelle: HMWVL 2007, S. 69
Vorteile einer virtuellen Partnerschaft
Erschließung neuer Kundengruppen
Zielgruppenspezifische Ansprache
Mehrwert für Kunden durch Synergien
Kostenteilung
Zentrale Site-Promotion
Standardisierte Webauftritte
Skaleneffekte
Typische Formen von virtuellen Partnerschaften im Netz sind virtuelle Consolidator wiePortale,VirtuelleShoppingMallsoderProduktfinder(vgl.HMWVL2007,S.70):
Portale stellen zweifelsohne die bekannteste Form von virtuellen Kooperationen dar.DiesewerdenoftauchvonVerbänden,WirtschaftsförderernoderinEigenre giebetriebenundzielendaraufab,demInternetUserfürseineAnliegenOrientie rungundHilfestellungzugeben.Esgehtdarum,diegewünschtenAngeboteoder Informationenschnellundzuverlässigbereitzustellen.DabeibindenPortalehäufig auchPartnerunternehmenmitein,denendamiteineattraktivePlattformmithoher Besucherfrequenzgebotenwird.SiekönneninFormeinesGeneralInterestPortal vorkommen, die dann InternetUsern als Einstiegsseite ins Internet dienen und 184
Sourcing-Concept and Strategic-Alliances als Erfolgsfaktor Nr. 8
übereinebreiteAusrichtunghoheReichweitenerzielen.BeispielfürderartigePor talesindtonline.de,yahoo.de,web.deoderspiegel.de.
Virtuelle ShoppingMalls bündeln das Angebot an Waren und Services unter einerWebPräsenz,unterstützenalsodenaktivenVerkauf(ECommerce).Oftmals integrieren Portale auch Marktplätze oder umgekehrt werden auf Marktplätzen auchProduktangebotedurchContentergänzt,sodassdieUnterschiedegegenüber den Kunden häufig verwischen. Insbesondere für kleinere OnlineHändler haben virtuelleMarktplätzedenVorteil,dasseigeneAngeboteimVerbundstärkerwahr genommen werden. Demgegenüber profitieren größere InternetAnbieter gerne vom „Traffic“ attraktiver ShoppingMalls. In Abbildung 343 ist der wesentliche Unterschied zwischen Portalen und ShoppingMalls dargestellt. Auch eBay hat sich mittlerweile als Marktplatz für gewerbliche Anbieter im B2COnlineHandel etabliert.HierkanndieAuktionsplattformflexibelvomergänzendenVertriebsweg für spezielle Angebote (z.B. Altwarenvermarktung) bis hin zum globalen Haupt absatzkanal(inüber30Ländern)genutztwerden.
PangoraoderProduktsuchmaschinenhelfenOnlineAnbietern,dassihreAngebo te gefunden werden. Die Kooperation erfolgt zwischen dem Technologieanbieter Pangora,bekanntenPortalbetreibern(z.B.aol.de,gmx.deweb.de,tonline.deoder bild.de), Shopsoftware und Mietshopanbietern (z.B. 1&1/ 1und1.de, epages.de o der strato.de) sowie OnlineShops. Dabei werden die Produktdaten außerdem an denGoogleProduktfinderFroogleübertragen.WährenddiePortaledenPangora ProduktfinderinihrAngeboteinbinden,übermittelndieangeschlossenenOnline ShopsihreProduktdatenandasSystemvonPangora(vgl.HMWVL2007,S.69ff.).
Abbildung343: PortaleundVirtuelleMarktplätze Quelle: HMWVL 2007, S. 70
Content
Pre-Sale
Sale
Portale dienstleistungsorientiert
Virtuelle Marktplätze verkaufsorientiert
Communication/ Connection
Content/ Community
Commerce
185
3.9
4
Best Practices im New Online-Retailing
4
4.1
Best Practices im New OnlineRetailing
Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
OnlineHändler sind differenziert danach zu bewerten, welche OnlineHandelsform vorliegt. Die Erfolgsbeispiele für den OnlineHandel sind höchst unterschiedlich, je nachdem, ob ein PureOnlineHandel vorliegt oder aber ob MultiChannelHandel, hybrider OnlineHandel oder vertikalisierter OnlineHandel betrieben wird. Die fol gendenBestPracticeswurdendurchOnlineRecherchenu.a.imRahmendesenglisch sprachigen MasterProjektes „Benchmarking of International OnlineRetailers“ (Mas terProject 2009), das im Wintersemester 2009/2010 an der Hochschule Niederrhein unterBetreuungdesAutorsdurchgeführtwurde,identifiziert.DieDaten,Zahlenund Fakten dazu wurden größtenteils den aktuellen Geschäftsberichten aus 2009 oder InformationenaufdenWebsitesundausderPresseentnommen.
4.1.1
Best Practices im Pure-Online-Handel
Von reinen OnlineHändlern, so genannten „PurePlayern“, kann nur gesprochen werden, wenn als SupplementChannel allenfalls ein Abhollager betrieben wird. Die AbgrenzungzudenkombiniertenDistanzhändlernistinsofernnichtganzeinfach,als dassPureOnlineHändlernichtseltenauchDirektmarketingmaßnahmenaufpostali schemWegeinPapierformdurchführen. DabeihandeltessichaberinderRegelum Angebote mit kurzer Laufzeit (maximal zwei Wochen), während der Hauptkatalog eines Versandhändlers gewöhnlich ein halbes Jahr Laufzeit hat. Weiterhin gehen im mer mehr ursprüngliche PureOnlineHändler dazu über, in Form von Portalen ko operativenOnlineHandelzubetreiben.Amazonbeispielsweisearbeitetbereitsmit1,2 MillionenkleinerenHändlernzusammen,diemehreinDritteldesAmazonUmsatzes auf sich vereinen. Die Best Practices in der Kategorie PureOnlineHändler ergeben sichausderbestmöglichenUmsetzungder8SErfolgsfaktoren,diesieaufderanderen Seite aber auch maßgeblich mit bestimmt haben. Diesbezüglich entpuppen sich mit Zappos, Asos, NetAPorter, Yoox und Vente Priveé vor allem OnlineModehändler alsErfolgsbeispiele.BeiVentePrivéehandeltessichdarüberhinausumeinenpromi nenten Vertreter der ClubShops, die derzeit die größten Zuwachsraten im Pure OnlineHandel aufweisen. Die folgenden Best Practices wurden praktisch erst nach demHypeder„NewEconomy“als„UnternehmenderzweitenStunde“ausderTaufe gehoben oder gerade gegründet, als die InternetBlase in 2000 platzte. Sie standen 186
Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
dadurch bei den Kapitalgebern und deren „CashBurn“Erfahrungen unter erheblich stärkererKontrollealsdievielen„verbanntenStartUpsdererstenStunde“: Asos (www.asos.com) wurde in 2000 als InternetFashionStore in London ge gründetundhatsichmittlerweilezueinemderamschnellstenwachsendenPure OnlineFashionHändler entwickelt mit einem Umsatz von 165 Millionen £ in 2008/2009(+104Prozent),einemErgebnisvorSteuernvonmindestens17Millionen £ (> +104 Prozent) in dem am 31. März 2009 zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2008/2009.Für2009/2010sindaufBasisderersten42WochendesJahresrund230 Millionen£Umsatzzuerwarten.DieKernzielgruppeistzwischen16und34Jah ren alt, wobei neben eigenen Labels auch alle relevanten HighStreetMarken im Bereich HAKA und DOB vertrieben werden. Asos setzt auf Schnelligkeit in den Systemen und schlägt den Lagerbestand alle acht Wochenkomplett um (vgl. TW 2007,Nr.44,S.41).Diejederzeitverfügbaren5.000Artikel,dienebenModeauch Schmuck,KosmetikundAccessoiresumfassen,könnenbisinsDetailvondenIn ternetUsern hochgezoomt werden. Außerdem kann jedes Teil in verschiedenen FarbenkonfiguriertundalsBildperEMailanFreundeweitergeleitetwerden.Ne benderexzellentenShopAttractionsiehtdasMarketingkonzeptdiewöchentliche VersendungeinesNewsletterssowieeinhochwertigesModemagazinvor,mitdem neueKundengewonnenwerdensollen.AlsErfolgsrezeptverfolgtAsosnebender Markenstrategie auch ein ausgeklügeltes OnetoOneMarketing sowie ein konse quent auf Durchlaufzeitenreduzierung ausgerichtetes Fulfilment. Damit ist Asos zumgrößtenunabhängigenOnlineFashionStoreinGroßbritannienavanciertmit über 6,9 Millionen Besuchern pro Monat, über 2,9 Millionen registrierten Usern sowie mehr als 1,2 Mio. aktiven Kunden. Außerdem ist Asos mehrfach ausge zeichnet worden, z.B. mit dem „Drapers ETailor“ des Jahres 2006, dem „Retail WeekOnlineRetailer“ des Jahres 2007 sowie dem „Business XL Company“ des Jahres2007(vgl.ProjectMaster2008,S.120).InsgesamtsetztauchAsosnahezual le SErfolgsfaktoren bis auf SupplementChannels um, setzt dabei aber zusätzlich diemodischeAusrichtunggezieltalsTargetInstrumentein.
Zappos (www.zappos.com) wurde 1999 in San Francisco von Nick Swinmurn zunächstalsOnlineHändlerfürSchuhegegründet.In2000übernahmTonyHsieh, derdieGründungalsBeraterundInvestorbegleitethatte,dieLeitungvonZappos (zapatos=spanischesWortfürSchuhe)alsCEO.Geschäftsideewares,eineWebsi temitdembestenSchuhsortimentinHinblickaufMarken,Style,FarbenundPass formen anzubieten und damit den Kunden einen einzigartigen Mehrwert zu bie ten.MittlerweileistZapposnichtnur„No.1onlinefootwearretailer“und„catego ry killer“ bei Schuhen, sondern bietet auch Mode und Lifestylesortimente an. AußerdemarbeitetZapposimachtenJahrseitGründungprofitabel.ZielvonZap pos ist es, wesentlich am InternetBoom der nächsten Jahre teilhaben zu wollen. ZugrundeliegtdieVision,dassinnichtallzufernerZukunft30ProzentallerEin zelhandelskäufe in den USA online erfolgen werden. Der Schlüssel des enormen
187
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
ErfolgesvonZappos,derindemUmsatzwachstumvon1,6Millionen$in2000auf 370 Millionen $ in 2005 sowie knapp 1,2 Milliarden $ in 2009 zum Ausdruck kommt,liegtinderkonsequentenUmsetzungnahezualler8SErfolgsfaktoren.So realisiertZapposeineenormeShopAttractionüberdieklareKommunikationsei nes USP undKundenmehrwertes („Hasslefree Online Shoe Shopping“,„BestSe lection in Shoes“). Dabei werden „alle Register des SocialTargeting und Societing“gezogeninHinblickaufeigene CommunitiesundderdirektenVerlin kung mit YouTube. Zielsetzung ist es, der weltweite „Online Service Leader“ zu werden („Deliver WOW through service“, „365day return policy“,”return free“, „24hourcustomerservice“).WeiterhinistGeschäftsprinzip,derschnellsteOnline Händler in Hinblick auf Selbstbedienung („Our Website is easy to use“), Beliefe rung(„OvernightShipping“)undSortimentsaktualität(„DailyShoeDigest“,„New Styles“ etc.) zu sein. Dabei wird auch das Prinzip „Schnelligkeit schlägt Perfekti on“verfolgt.SoweistdieZapposWebsitemit0,879SekundendieschnellsteLade zeitallerTop50OnlineHändlerindenUSAauf.WeiterhinperfektioniertZappos inAnspracheundAuswahlmöglichkeitdenPersonalisierungsgedanken,wobeidie stark penetrierte „Shopping Card“ im CRM hilft. Dementsprechend wird eine „LongTerm CustomerRetention Strategy“ verfolgt. Aber auch alle System und SupplyChainAbläufe werden permanent perfektioniert und auf höchstmögliche Durchlaufzeitenreduzierung getrimmt. In Hinblick auf die „Security Reputation“ wird das wahrgenommene Risiko durch ständig abrufbare „EchtzeitVideos“ mit Testimonials und Kunden sowie aktuellen Fotos von MitarbeiterTeams und Un ternehmenseinrichtungen soweit wie möglich reduziert. Zusätzlich wird bereits aufderHomepageaufdiestarkethischgeprägtenUnternehmensgrundsätzehin gewiesen. Schließlich wird über ausgeprägtes Sourcing die vertikale Umsetzung dereinzigartigenSortimentsideenerreichtunddurchkonsequentesOutsourcingin denSupplyChainFunktionenhöchstmöglicheFlexibilitätundKostenreduzierung realisiert. Außerdem werden über Affiliates umfassend virtuelle Partnerschaften praktiziert. Im Herbst 2009wurde Zappos für 850 Mio. $ von Amazon übernom men.
NetAPorter (www.netaporter.com) wurde in 2000 von der ModeJournalistin Natalie Massenet in London gegründet. NetAPorter ist klar im Premium FashionSegmentfürDOBpositioniert.DerUmsatzbetrugin2009ca.120Millio nen£,waseinemPlusvonrund50ProzentzumVorjahrentspricht.DamitistNet APortereinesderamschnellstenwachsendenPrivatunternehmeninGroßbritan nien,dasin2006immerhininderSundayTimesPlatz42der„FastTrack100“ein nahm.DieEBITMargekonntetrotzdiesesforciertenWachstumsaufannähernd12 Prozentausgebautwerden.DiesesdürfteauchdasÜbernahmeangebotdesschwei zerLuxuswarenabietersRichemontinHöhevon350Millionen£rechtfertigen.Ba sis des Erfolges ist eindeutig das Attraction und TargetMarketing von NetA Porter,dasmitNOTESeineigenesModemagazineinsetztunddamitzweimalim JahrdieLifestylephilosophietransportiert.DasNOTESMagazinwirddeutlichauf
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Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
derHomepageherausgestelltundkannauchdorteingesehenwerden.Außerdem wird der Content auf den Websites wöchentlich aktualisiert, wodurch erhebliche Frequenzgeneriertwird.DerContent,dersichaufhöchstemNiveaubewegt,spielt eine entscheidende Rolle im Vermarktungskonzept. Neben Interviews mit Top ModedesignernundTrendberichtenwerdenauchaktuelleLifestylethemenaufge griffen und neuste Modetrends aufgezeigt („Whats New“). Das Sortiment reprä sentiertLuxusModelabelsausLondon,Paris,Mailand,NewYorkundLosAnge leswiez.B.RolandMouret,CortoMoltedo,VeraWang,Issa,JovovichHawkund Burberry. Die hochwertigen Bekleidungsstücke können jeweils in einer 3D AnimationundmitZoomfunktiondetailgetreuangeschautwerden,wobeidieIn ternetUserzumAnprobierenaufgefordertwerden(„tryitonathome,ifitdoesn´t fit, return it for free“). Dabei werden auch Empfehlungen gegeben, wie und zu welchenAnlässenwelcheKleidungsstückeambestenzutragensind,z.B.wasman in Kalifornienim Winter trägt. Zentraler Erfolgsfaktor neben der ShopAttraction und dem Kundenmehrwert ist vor allem das SocialTargeting im Luxussegment. SokönnenimanspruchsvollenPremiumsegmentjedenMonatüber3.000Neukun dengewonnenwerden.ImDurchschnittgebendieKundenüber630€proOrder aus. Zweifelsohne ist NetAPorter damit der Beweis gelungen, dass auch Premi umartikelüberdenOnlineHandelerfolgreichverkkäuflichsind.ZugleichistNet APorter der einzige OnlineLuxusFashionHändler, der globale Lieferfähigkeit besitztunddieentsprechendenLieferformulareunterEinhaltungderinternationa lenHandelsvorschriftenundZollregularienaufderHomepagedazuanbietet.Ein Großteil des Umsatzes wird mittlerweile im Export erzielt, wobei gerade in den USAeinneuesDistributionsCentereingeweihtwurde.
Yoox (www.yoox.com) erlöste als „OnlineBoutique“ im Startjahr 2000 rund 1 Millionen€,diebisEnde2009aufüber152Millionen€gesteigertwerdenkonnten (+50Prozent).Seit2004arbeitetYooxprofitabel.Der38jährigeGründerundChef des Mailänder OnlineRetailers, Frederico Marchetti, bringt Erfahrungen als In vestmentbanker und Consultant mit, die er nach seinem Wirtschaftsstudium ge sammelthat.Erbetontimmerwiederundfast„gebetsmühlenartig“,dassYooxals Dienstleistungsunternehmen „EService, EService, EService und nochmals E Service“(vgl.WAMS2008,Nr.30,S.37)großschreibt.DabeilegtYoox Wertauf freundlicheMenschenimCallCenter,einefehlerfreieLogistikkettesowiekosten lose und unkomplizierte Rückgabemöglichkeiten. Der OnlineShop ist als E FlagshipStore konzipiert und weist sowohl 3DDarstellung als auch Zoom FunktionenfürjedesProduktauf.AußerdemwirdaufSchnelligkeitbeimAufbau der Website sowie bei der Belieferung Wert gelegt und mit Lieferung in ein bis zweiTagengeworben.DamitkonnteYooxmittlerweile300.000Kundenin25Län derngewinnen.DasSortimentbestehtausexklusiverMode,dievon300Lieferan tenbezogenwird.AngebotenwerdensowohlgroßeLuxusmarkenalsauchStücke von kleinen und relativ unbekannten Labels, die nur über Yoox bezogen werden können,wodurcheinwesentlichesAlleinstellungsmerkmalinBezugauf„Source“
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4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
erzielt wird. Der KillerProduktCharakter bezieht sich aber noch mehr auf den Sortimentskern, der aus Teilen der vergangenen Saison besteht, die über Yoox günstig bezogen werden können. Hinzu kommen einzelne aktuelle Killer Produktewiez.B.einTShirtvonStellaMcCartney.InsgesamtstelltdasSortiment ein„MixundMatch“verschiedenerLabelsundStiledar,umdemTrendRechnung zu tragen, dass die Kunden nicht von Kopf bis Fuß in einer Marke herumlaufen wollen. Als weiteres Standbein werden derzeit MonomarkenShops im Internet aufgebaut,die20bis30ProzentUmsatzanteilerreichensollen.UmimInternetden Modehandelkomplettabbildenzukönnen,sollaußerdemeinvirtuellesKaufhaus miteigenenMarkenCornersrealisiertwerden(vgl.WAMS2008,Nr.30,S.37).
Vente Privée (www.venteprivee.com) ist es in den vergangenen sieben Jahren gelungen, mit dem ClubShopKonzept von Frankreich aus ein neues Geschäfts modellundeineigenständigesMarktsegmentimECommercezuetablieren.Vente Privée hat in 2009 einen europaweiten Umsatz von rund 680 Millionen € erzielt, arbeitetprofitabelundpeiltalsMarktführerfür2010dieUmsatzmilliardean.Das Unternehmenwurde2001inParisvondemheutigenCEOJacquesAntoineGran jonundsiebenweiterenPartnerngegründet,dielangjährigimLagerabverkaufsge schäft tätig waren. Aus dieser Erfahrung heraus stammt das Konzept, das es er laubt, Überproduktionen und Restposten von bekannten Markenartikeln bei zeit lichbegrenztenVerkäufenineinemOnlineClubShopabzusetzen.Dabeiwirddie LagerwaredesMarkenherstellersschnellabgebaut,ohneseinImagezuschädigen oder den angestammten Verkaufskanal zu kannibalisieren. Die Website ging be reitsin2001inFrankreichonline,allerdingsgelangerstnachmühsamen,kontinu ierlichenSystemoptimierungenin2004derDurchbruchmitdemVerkaufeinerbe kanntenDessousMarke.DasKonzept,dasvondendeutschenAnbieternBuyVip und Brands4Friends erfolgreich kopiert wird, sieht ständig wechselnde, zeitlich begrenzte Verkaufsaktionen mit verschiedenen Marken vor. Vente Privée organi siert täglich mehrere solcher Aktionen in direkter Zusammenarbeit mit den Mar kenherstellern.ZudenOnlineAktionen,die2bis4Tagedauernundbeidenendie Ware50bis70ProzentunterdemüblichenLadenpreisangebotenwerden,haben nur eingeschriebene Mitglieder Zugang. Die kostenlose Mitgliedschaft ist unver bindlichunderfolgtüberdieAnwerbungdurcheinbereitseingeschriebenesMit glied, das den Newcomer einladen muss. Bei den angebotenen Markenartikeln handelt sich um Produkte aus den Bereichen Fashion, Accessoires, Spielzeug, Sportswear, Uhren, Haushaltswaren, HighTech, Wein, Gartenmöbel und Autos. Diesbezüglich vereinen Fashion und Sportswear den größten Umsatzanteil auf sich.Kurzvor Verkaufsbeginnerhaltendie MitgliedereineEinladungperEMail zusammenmiteinemVerkaufstrailer,dereineVorschauaufdieimVerkaufange botenen Produkte gibt. Die ShoppingEvents beginnen an Wochentagen morgens um 7 Uhr, am Wochenende um 9 Uhr und enden nach 2 bis 4 Tagen um Mitter nacht.DieKundenkönnenalleProdukteretournierenundsichdasGelderstatten lassen.DasKonzeptvonVentePrivéeisteinMusterbeispielfürdenerstenErfolgs
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Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
faktor im New OnlineRetailing, nämlich die ShopAttraction und Selling Proposition.SostelltdiehochattraktiveundzugleichstarkreduzierteMarkenwa reeinhervorragendesKillerProduktdar,dasmiteinemKillerPreisausgezeichnet wird.ZugleichwirddieAttractionWirkungdurchdasClosedShopPrinzipnoch verstärkt. DieKundengewinnung erfolgt dabei effektiv und effizient über die be stehendenMitgliederselbst.DamitwirdderzweiteErfolgsfaktorimNewOnline Retailing erfüllt, nämlich das SocialTargeting und Societing. Der enorme Erfolg vonVentePrivéeseit2004führtedazu,dassdasUnternehmenimJuli2007zwan zig Prozent seiner Geschäftsanteile an dasVentureCapitalUnternehmen Summit Partnersabgebenkonnte.DiesesunterstütztdenClubShopseitdembeiseinenin ternationalen Entwicklungsbestrebungen, und zwar mit Erfolg, wie die Zahlen beweisen.SohatteVentePrivéeperEnde2008mehrals7MillionenMitgliederin nerhalb Europas, davon 3,5 Millionen aktive Kunden. Mehr als eine Million Uni queVisitsamTagsowie28MillionenverkaufteArtikelin2008rundendasBildab. Bei den Kampagnen, die sich im letzten Jahr auf 1.250 Verkaufsaktionen beliefen und in 2009 auf 1.800 ausgedehnt werden sollen, werden im Schnitt 250 unter schiedlicheProdukteeinerMarkepräsentiert.EinzelneAktionenkönnenbiszu450 Produkte umfassen, die jeweils eigens in Szene gesetzt werden. Vente Privée ist nebenFrankreichmittlerweileauchinDeutschland,Spanien,ItalienundGroßbri tannienerfolgreichtätig.DasUnternehmenwurdein2008unterdiesechsinterna tionalenFinalistendes„WorldRetailAward“inderKategorie„etailerdesJahres“ nominiert.WeiterhinwurdederCEOJacquesAntoineGranjonin2007vomfran zösischenMagazin„Ecommerce“undseinenLesernzum„ManndesJahresimE Commerce“gewähltsowieanlässlichder50JahresfeierderFEVAD(französischer VerbanddesECommerceundVersandhandels)mitdem„Favor’id’Honneur“als eine der wichtigsten Personen im Versandhandel in den letzten 50 Jahren ausge zeichnet.DieWebsiteselbsterhieltden„Favor’iderInternetnutzerinderKatego rie OnlineShoppingEvents“. Vente Privée ist in Frankreich bereits zum drittgrößten Modeversender aufgestiegen. In Deutschland erzielte der ClubShop in2009rund42Millionen€Umsatz,waseinerVerdopplungderErlösegegenüber 2008entspricht.
4.1.2
Best Practices im kooperierenden Online-Handel
BeidenkooperierendenOnlineHändlernhandeltessichinderRegelumbranchenbe zogene Portale, die von Großhändlern, Verbundgruppen, Herstellern oder unabhän gigenInstitutionenbetriebenwerden.ImmerhäufigerkooperierenaberauchOnline AnbietermitstationärenServicepartnern.AlsBestPracticesdeskooperierendenOnli neHandelskönnenAmazon,Delticom,Hagebauundfahrrad.deangesehenwerden:
Amazon(www.amazon.com)giltalsdasPionierunternehmendesOnlineHandels schlechthin.In2009konnteAmazonseinenUmsatzaufrund24,5Milliarden$und 191
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
damit um 28 Prozent steigern. Das gesamte über Amazon abgewickelteHandels volumen hat bei rund 29,7 Milliarden $ gelegen. Der NettoGewinn stieg um 39 Prozentauf902Millionen$.DasDeutschlandgeschäftsteuertemehrals10Prozent zumGesamtumsatzbeiunderreichtein2009einenUmsatzvonrund1,8Milliar den€(Handelsvolumeninsgesamtca.2,1Milliarden€),womitAmazonoffensicht lich der größte OnlineHändler in Deutschland gewesen sein dürfte. Der größte TeildesUmsatzwachstumsistmittlerweileauf„virtuellePartnerschaften“zurück zuführen.AmazonbautderzeitmitHochdruckdasGeschäftssystemzueinemko operierenden InternetPortal aus. Jedes dritte Produkt, das Amazon verkauft, stammt bereits von den über 1,2 Millionen OnlineHändlern, die ihre Ware über dieAmazonWebsiteanbieten.DerAnteilderBuchundMedienproduktebewegt sich bei rund 50 Prozent (vgl. Amazon 2010). Dementsprechend fährt Amazon CEOJeffBezozseitzweiJahrendieInvestitioneninneueTechnologienhochund hatin2009rund1,2MilliardeninneueSystemeinvestiert.DieseInvestitionendie nen vor allem dazu, Amazon zur universellen Einkaufsplattform zu entwickeln, aufderalledenkbarenProduktezufindensind.BisaufdieSupplementChannels sindpraktischalleSErfolgsfaktoren„StateoftheArt“umgesetzt.DerErfolgvon AmazonistkeinZufall.BereitsdieAmazonGründungin1994inSeattleundder Start als OnlineHändler in 1995 beruht auf der Überlegung eines in der Finanz welterfahrenenManagers.SchonfrüherkannteJeffBezoz,wiedieenormenInter netPotenzialezurVermarktungvonProduktenfüreinHandelsgeschäftbestmög lichzunutzensindundsetzteindenAnfangsjahrenkonsequentaufdenVerkauf von Büchern und Medienprodukten, die eher SkalenEffekte über Land und Sprachgrenzen hinaus ermöglichen, als andere Sortimente. Die Standortwahl der LägerorientiertsichinderRegelanderStandortlagegroßerDistributorenwiez.B. Ingram in den USA, der rund 400.000 Titel permanent vorhält, so dass Amazon nur für die gängigsten Produkte ein kleines Lager benötigt und weitgehend die Infrastruktur des Distributors nutzen kann. Diese Strategie zeigt sich auch in DeutschlandinderZusammenarbeitmitLibrialsDistributor.Mitdemdabeiprak tizierten SingleSourcing erhält Amazon aufgrund der Mengenbündelung außer dem hohe Rabatte. Wesentlicher Grund für den durchschlagenden Markterfolg vonAmazonistdiekompromissloseKundenorientierung,dergezielteAufbauvon FähigkeitensowiedieenormenInvestitioneninTechnik.AlswesentlicherErfolgs faktor von Amazon kann zweifelsohne die System und SupplyChainExcellence undderhoheAutomatisierungsgradangesehenwerden.
Etsy (www.etsy.com) wird als Web2.0treues Portal beschrieben, bei dem hand gemachte Produkte ver und gekauft werden. Erst in 2005 gegründet, umspannt die EtsyCommunity mittlerweile Käufer und Verkäufer aus 150 Ländern und ist damiteinechter„BornGlobal“.DieEtsyHändlerhabenalleineimDezember2009 Rekordumsätzevon25,6Millionen$erzielt,waszurSteigerungdesJahresumsat zesin2009von88Millionen$auf181Millionen$beitrug.ZugleichistEtsyprofi tabel,giltdabeijedochalstypischerSocialCommerceAnbieter,der„nichtnurE
192
Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
Commerce mit ein bisschen SocialGedöns drumherum, sondern vor allem sozia len(Lebens)Raum,indemauchverkauft,gefeilschtundgehandeltwerdendarf“ (excitingcommerce2010,S.1)anbietet.RobKalin,GründerundaktuellerCEOvon Etsy, legt Wert auf „Social Commerce“ statt „ECommerce“ („KillerFeature“). NachihmhatECommerceinersterLiniemitProdukten,SocialCommercejedoch inersterLiniemitMenschenzutun:„Wearefocusedonourservice:buildingthe besttoolsandsupportingthiscommunity.Ifwedothiswell,revenuewillfollow. Nowthatweareprofitable,wecanredoubleoureffortshere,andImreallyexcited aboutthis.Oursuccessasacompanyfollowsyoursuccessasmembers(exciting commerce 2010, S. 1). Den User unterstützen viele sinnvolle Funktionen wie die Suche nach Produkten anhand einer vordefinierten Farbe, eines Materials, einer Kategorie oder eines Verkäufers. Damit erhalten zahllose und noch so kleine Ni schenanbieter aus aller Welt in kooperativer Form die Möglichkeit, ihre Hand werksprodukteweltweitzuvermarkten.EtsykannzweifelsohnealsParadebeispiel fürerfolgreichesSocialTargetingundSocietingimkooperierendenOnlineHandel angesehenwerden.
Delticom (www.delti.com) gilt als Europas führender OnlineReifenhändler und wurde 1999 in Hannover gegründet. Das Unternehmen ist für Privat und Ge schäftskundenmit106OnlineShopsin35Ländernaktiv.Angebotenwirdeinbei spiellos breites Sortiment („KillerCategory“) aus PkwReifen, Motorradreifen, LeichtLkw und LkwReifen, Busreifen, Spezialreifen, Kompletträdern (vormon tierte Reifen auf Felgen), ausgesuchten PkwErsatzteilen und Zubehör, Motoröl undBatterien.DieDelticomKundenerhaltenaufderunabhängigenTestplattform Reifentest.com eine neutrale Entscheidungshilfe, bevor sie aus mehr als 100 Rei fenmarken und25.000ModellendenpassendenReifenauswählenkönnen.Gelie fertwirdentwederdirektnachHauseoderaneinenderweltweitmehrals20.000 ServicepartnerWerkstätten,mit denen Delticom kooperiert. DiePartnerunterneh menwerdenausdemTankstellenbereichund/oderKfZHandwerkrekrutiertund stellen keine reinen Reifenhändler dar. Sie ermöglichen eine Direktlieferung von ReifenanihreAdresseoderaneineanderegewünschteLieferadressezurMontage amKundenfahrzeug.ÜbereinenB2BOnlineKanalverkauftDelticomauchReifen anGroßhändlerimInundAusland.Mit311,3Millionen€Umsatzin2009(plus20 Prozent gegenüber 2008) ist die Delticom AG Deutschlands größter Online Reifenhändler. Das EBIT konnte um 78,8 Prozent auf 29,4 Millionen € gesteigert werden. Die Zahlen sind auch Ausdruck der erfolgreichen Internationalisierung. ZukünftigesWachstumversprichtderReifenhändlersichvoralleminNordameri ka.AuchdieKernländerEuropaswürdenweiterhingenugSpielraumbieten,was die wachsende Zahl der OnlineKäufer bestätige. Aktuell zählen rund 3,4 Millio nenReifenkäuferzudenKundenderHannoveraner(vgl.Delticom2010). AlsPionierdeskooperierendenOnlineHandelskannLibriangesehenwerden.Libri hat seinen Handelskunden bereits in den Anfangsjahren des Internet eine E CommercePlattform angeboten, die diese unter ihrem eigenen Namen oder im Co 193
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
Branding als weiteren Absatzkanal nutzen können. In Abbildung 41 ist das Libri Modell als Beispiel für ein BranchenPortal dargestellt, wie es z.B. in ähnlicher Form auchvonanderenVerbundgruppenbetriebenwird.
Abbildung41:
DasLibriModell
Quelle: In Anlehnung an H&P 2004 Webshop Libri.de Auslieferung
• Kompetentes Sortiment/ Downloads • Nationale Preise • „State-of-the-Art“- Website
Provision
Stationäre Buchhändler
2. Abholung Kunden 1. Versand
Bezahlung
Abwicklung
194
x
Individualisierter Webshop für Buchhändler (Monatsbeitrag < 50 EUR)
x
Provision auf Libri-Umsätze (5% im Einzugsgebiet), 10-15% Provision bei Eigenverkauf
x
Libri erhält Logistikprovision vom Buchhändler bei Abholung im Buchladen
x
Buchhändler nehmen an zentralen Vermarktungsaktionen mit Sonderkonditionen teil
x
Käufer bezahlt Libri bei Direktversand oder Buchhändler bei Abholung
Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
4.1.3
Best Practices im Multi-Channel-Handel
MultiChannelSysteme liegen vor, wenn InternetKanal und Stationärkanal sowie zusätzlich möglicherweise Versandhandelskanal gleichberechtigt nebeneinander stehenunddiegewachsenenSteuerungssystemederEinzelkanälesynchronisiertwer den.Diesesäußertsichu.a.auchinnennenswertenOnlineUmsatzanteilenunddabei inderRegelweitüberdurchschnittlichenZuwachsratendesOnlineGeschäftes.Echte MultiChannelKonzepte sind jedoch fast nur im englischsprachigen Raum anzutref fen (vgl. OC&C 2005). Dabei können sechs „echte“ MultiChannelSysteme identifi ziertwerden.DabeierzielendiebeschriebenenMultiChannelHändlerindenletzten JahrenhoheWachstumsratenaufBasisdesCAGR(CumulatedAverageGrowthRate), zweivonihnensogarüber30ProzentnachCAGR.Bemerkenswertbeidengezeigten Erfolgsbeispielen ist, dass die „echten“ MultiChannelAnbieter trotz ihres enormen Wachstumshochrentabelarbeiten.IhreKonzeptezeigeneinenhohenIntegrationsgrad zwischen den Kanälen. Der „CustomerProposition“ zwischen den Kanälen ist annä herndidentischinBezugaufPreispolitik,KernsortimenteundServiveLevels.Obwohl Migrationen vom PrintKatalog zum OnlineShop stattfinden, arbeiten beide Kanäle mit hoher Komplementarität zusammen und ergänzen sich hervorragend. Dabei wächstderOnlineKanaldeutlichschnelleralsdieanderenKanäle.EristindenAu gen der Kunden eine kostengünstige und angenehme Bestellmöglichkeit. Die erfolg reichenMultiChannelAnbieternutzennebenderhohenIntegrationdiespezifischen Vorteile der unterschiedlichen Kanäle durch „maßgeschneiderte“ Kanalangebote. Im Folgenden sollen ausgezeichnete MultiChannelUnternehmen kurz charakterisiert werden(vgl.Heinemann2008g,S.156ff.):
NEXT (www.next.co.uk) wurde mit der Übernahme der „Kendalls Rainwear Shops“1981alsEinzelhandelsunternehmenfürDamenbekleidunggegründet.Seit 1984wirdauchHerrenbekleidungangeboten.In1988erfolgtemitNextDirectory derStartfürdasKatalogVersandgeschäft,dasdann1999durchdenInternetShop ergänztwurde.Nextbetreibtrund500FilialenimStationärgeschäftunderzieltein 2009/2010 als MultiChannelHandelsunternehmen für „Bekleidung und Living“ rund 3,4 Milliarden £ Umsatz bei einer Umsatzrendite von rund 15 Prozent vor Steuern(OperatingProfit).NEXTDirectoryerzieltimabgelaufenenGeschäftsjahr rund 0.9 Milliarden £ Umsatz und damit rund 27 Prozent Geschäftsanteil, wozu derOnlineShopmehrals70Prozentbeisteuerte.Mitüber20ProzentUmsatzren dite (Operating Profit) ist Next Directory überdurchschnittlich profitabel. Next kennzeichneteinenhohenIntegrationsgradallerKanälemitextremguterChannel Abstimmung.DiesesäußertsichineinemkonsistentenProduktangebotundeiner harmonisiertenPreisstrategiezwischendenKanälen.DabeiistaucheineKatalog seitensucheimNetzsowiedieBestellung,AbholungundRetoureinallenFilialen möglich. Zugleich werden die kanalspezifischen Möglichkeiten weitestgehend ausgenutzt. So findet sich jeweils in den Kanälen ein breiteres und wachsendes Produktangebot. Darüber hinaus werden hohe Servicelevels definiert. Bereits im Jahre 2000 wurde die Belieferung innerhalb von 24 Stunden als Standard gesetzt. 195
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
Der Katalog unterstützt die Kunden beim „browsing“ und bei der Farbauswahl. SchließlichwirdderKundenserviceausEffizienzgründenverstärktüberNetzoder Filialeforciert.
TopShop (www.topshop.com) ist zu einem Synonym für junge britische Mode geworden. Das Unternehmen wurde 1964 gegründet, in 2002 von Philipp Green übernommen und ist Teil der Arcadia Group Ltd., zu der auch Dorothy Perkins sowie Burton gehören. Arcadia hat in 2009 rund 1,9 Milliarden £ Umsatz erzielt beieinerUmsatzrenditevonrund14Prozent.TopShopbetreibtmehrals300Ge schäfte in Großbritannien sowie weitere 125 Outlets im Ausland. Topshop.com wurdeimNovember2006relaunchtundbegannin2007mitderInternationalisie rung.MittäglichenUpdatesundüber3.000ProduktenzähltTopshop.comzuden größtenOnlineHändlerninGroßbritannien.NachBesucherzahllagdieserbereits in 2007 mit 6,25 Prozent Marktanteil auf dem zweiten Platz aller UKWebsites, knapp hinter der Website von Next, die auf 7,94 Prozent Marktanteil kam. Top shop.comkommuniziertmitseinenKundenübereinewöchentliche„StyleNotes” Email,einemMagazinähnlichenRemindermitrund350.000Beziehern,zweiRSS feeds (der „Style Blog“ und der „Daily Fix“), einem „Widget“ sowie mit Video Podcasts einschließlich 9 Londoner ModewochenCatwalkFilmen, die jeweils in nerhalb von 24 Stunden nach den Shows veröffentlicht werden. Topshop spricht seine junge und dynamische Kundschaft somit zielgruppenadäquat an. Dabei ist dasLayoutattraktivundzugleicheinfachzuhandhaben.WenneinArtikelnicht passtodergefällt,kannerleichtretouniertwerden,undzwarauchindiestationä renFilialen.Studentenerhalten10ProzentStudentenrabattbeiZahlungmiteiner speziellen NUSKreditkarte. Topshop.com generiert auch dadurch “Online Traffic”,dasseseinausgeprägtes“SocialNetworking”betreibt.Sowurdenin2008 ca. 5 Prozent aller Besuche des OnlineStores über dessen MySpaceProfil gene riert,mehralszweimalsovielwievonMSNundYahooSuchenzusammen.Kein anderer UKOnlineRetailer erreicht solche Werte. Der Erfolg ist Ergebnis eines ausgeprägtenSocialTargetingundSocieting.
REI (www.rei.com), die Recreational Equipment Inc., ist ein integrierter Multi ChannelHändlerfürSportundFitness,derin2008rund1,4Milliarden$Umsatz erzielt hat. Das „Operating Income“ lag bei ca. 6 Prozent und wird in Form von „PatronageRefunds“zumGroßteilandieMitgliederbzw.Kundenausgeschüttet. Ein kooperatives Beteiligungsmodell, das dem deutschen Genossenschaftsmodell ähnelt, schafft Anreize für eine Mitgliedschaft und damit Gewinnbeteiligung der Kunden. So wurden in 2008 über 64 Millionen $ als „Patronage Refunds“ ausge schüttet.DasStationärgeschäft,dasin1938gegründetwurde,bestehtaus105Filia lenindenUSAmiteinerdurchschnittlichenVKFlächevonca.1.500qmaberauch FlagshipStoresmitüber10.000qm.DabeihandeltessichummultipleBetriebsty pen mit klarer Konzentration auf die Zielgruppe. Seit 1996 gibt es den Online Kanal,derdieKatalogangeboteergänzt.MindestenseinDrittelderUmsätze,also rund 500 Millionen $, dürften in 2008 online erzielt worden sein. In den Filialen 196
Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
sindauchCallCenterundInternetTerminalsinstalliert.Durcheinüberzeugendes ServiceKonzept wird eine exzellente Kundenbindung und zufriedenheit erzielt. NebendemAngebotvonSport,Outdoor,Lifestyleu.Freizeitartikelnkönnendie KundenauchattraktiveEvents,Seminare,ReisenundKursebuchen.ZumService gehören auch umfangreiche Testmöglichkeiten (z.B. Kletterfelsen, BikeTrail, Jog ging/Trekkingpfad, Kühlzone, Kanustrecke), großzügiger Umgang mit Reklama tionen sowie kompetente Beratung. Durch eine konsequente Community Umsetzung wird kontinuierlich die Kundenbindung gestärkt und die Kundenzu friedenheiterhöht.
The White Company (www.thewhitecompany.com) wurde erst 1994 gegründet, zunächstalsVersandhandelsunternehmenfürlifestyleorientiertesWohnen.Nach Etablierung des Versandgeschäftes wurde 2001 der erste stationäre „Store“ eröff net.Erst2004wurdemitdemInternetVerkaufgestartet,allerdingskompromisslos iminnovativen„FlickablePage“Format.TheWhiteCompanyverfügtheuteüber 14 eigene Läden und 3 Concessions in Großbritannien sowie 2 Franchiseläden in Dubai.DieDistanzhandelskanäleversendenimJahr10Katalogezwischen36und 72 Seiten an 625.000 Stammkunden. Das Unternehmen gilt mit über 40 Prozent Jahreswachstum nach CAGR seit 1997 als einer der am schnellsten wachsenden MultiChannelRetailerinGroßbritannien.In2009konnteeinUmsatzinHöhevon rund80Millionen£erzieltwerden,waseinemzweistelligenZuwachsgegenüber demVorjahrentspricht.DabeilegtederOnlineShopamstärkstenzuunderzielte runddieHälftedesVersandumsatzes,derinsgesamtaufrund50ProzentUmsatz anteilkommt.Die„OperatingMargin“liegtbeica.achtProzent.Auch„TheWhite Company“ zeichnet sich durch einen hohen Integrationsgrad und eine exzellente Harmonisierung der Kanäle aus. Die Kunden können nicht nur problemlos „ChannelHopping“ betreiben, sondern werden ebenfalls zur wechselnden Nut zung der verschiedenen Kanäle ermuntert. Dabei wird auf einen konstant guten ServiceaufallenKanälenWertgelegt,derdurcheinpermanentes„CrossChannel Service“Monitoring sichergestellt wird. Die Unternehmensphilosophie schreibt fest,dassdieMarkeingleicherAufmachungundkonsistentüberalleKanäle,die gleichen Markenwerte „Best Quality“ und „Outstanding Value for Money“ ver körpert.
Argos(www.argos.co.uk),mitaktuellrund4,3Milliarden£UmsatzgrößtesStand bein der Home Retail Group, die zu den führenden Elektronik, Haushalts und Hartwarenanbietern in Großbritannien zählt, gilt zweifelsohne als der führende MultiChannelHändler.Die„OperatingMargin“vonArgosliegtmitüber8Pro zentdeutlichüberderRenditedeutscherHandelsunternehmenausdemSegment. ZunächstalsreinerKatalogVersenderin1973gegründet,wurdebisheuteeinFili alnetz aus über 700 Ladenlokalen aufgebaut, die bis auf rund 800 multipliziert werdensollen.Rund17MillionenHaushalteinGroßbritannienverfügendauerhaft übereinenArgosKatalog,derca.17.000ArtikelausdemBereichHaushalt,Möbel und Elektronik beinhaltet. Sämtliche Artikel können auch online bestellt werden 197
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
undsindzeitgleichinallenFilialenvorrätig.DieInternetBestellungensindimab gelaufenenGeschäftsjahrum50Prozentauf900Millionen£gewachsenundreprä sentieren21ProzentdesArgosUmsatzes.Weitere6ProzentderUmsätzesindauf Katalogbestellung zurückzuführen. Bemerkenswert ist, dass über 10 Prozent der Umsätze Versandumsätze sind, die in den Filialen bestellt wurden, so dass rund einDrittelallerVerkäufebeiArgosdurchKundenzustandekommt,diemehrals einenAbsatzkanalbenutzen.DasvollintegrierteMultiChannelSystemstellteinen einzigartigen Wettbewerbsvorteil für Argos dar, abgesichert durch ein hochkom plexesSupplyChainSystem,dasvonWettbewerbernnichtohneweitereskopier bar ist. Bemerkenswert ist die Steigerung von „Online Check & Reserve“ um 50 Prozent. In Abbildung 42 ist die MultiChannelNetzwerkarchitektur von Argos dargestellt. Die Verknüpfung aller Kanäle und zentrale Verwaltung der Kunden daten erlaubt es, die Käufe der Kunden in allen Kanälen nachzuvollziehen. In Kombination mit der Kundenkarte können gezielte CRMAnstöße gegeben wer den. Ziel ist es, den Kunden das Einkaufen auf allen Kanälen so angenehm und einfach wie nur möglich zu machen. Gleiches gilt auch für die über 7 Millionen. Hauszustellungen pro Jahr, die Argos zum größten NonFoodZusteller in Groß britannien machen. Die MultiChannelFähigkeiten von Argos werden dabei zu nehmend auch von Homebase, dem zweiten Standbein der Home Retail Group, genutzt. Nicht ohne Grund wurde Argos Non Retail Weeks 2006 zum „Online Retaileroftheyear“gewähltundwarGewinnerdes„CustomerServiceInitiative Award“.
Abbildung42:
MultiChannelNetzwerkarchitekturvonArgos
Quelle: OC&C 2005 Ordering / Payment
Selection/Browsing Internet
Catalogue
Catalogue numbers can be entered into website
–
Order
Home Delivery Network
Website (www.argos.co.uk)
Large proportion of internet users use catalogue for browsing / idea generation
Catalogue
Store
Phone Order Store Pick Up Order online or phone store directly for reserve and pick up (c.7% of sales) Stock Availability can be checked from in-store “browsing kiosks
Identical catalogue is source of information instore
198
Browse
Delivery of Product
Browse
Catalogue numbers clearly identified for every product for noting down
Orders placed in-store can be delivered at home (c.10% of sales)
Introduction of Self-Pay Kiosks allows payment by customers instore without retail staff assistance –
Order Store Network (680 stores)
–
Pick Up
Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
4.1.4
Best Practices im hybriden Online-Handel
Nahezu alle klassischen Versandhändler betreiben mittlerweile kombinierten Dis tanzhandelundstellensomithybrideOnlineHändlerdar.Währenddiegroßendeut schen Versender zwar erstaunliche OnlineAnteile von bis zu 60 Prozent ausweisen, schaffensieesabernicht,trotzdesoffensichtlichenOnlineBoomsdenGesamtumsatz nennenswertzusteigern.DasaberzeichnetdieBestPracticesNBrown,JPBodenund LandsEndaus,denenesgelingt,nichtmitdemInternetKanaldasbisherigeVersand geschäftzukannibalisieren,sondernzubeleben:
NBrown (www.nbrown.co.uk) wurde bereits 1859 in Manchester zunächst als mobilerHändlergegründetundentwickeltesichüberdieJahrezumVersandhan delsunternehmen für Bekleidung, bis dann in 2000 die Website gelauncht wurde. ImGeschäftsjahr2009wurdenrund662Millionen£Umatzerwirtschaftet,wasei nem Zuwachs von 8,4 Prozent entspricht. Der größte Teil des Zuwachses ist auf den InternetKanal zurückzuführen, der mit rund 272 Millionen £ um 21 Prozent zulegenkonnte.TrotzdiesesforciertenWachstumskonnteeineUmsatzrenditevon knapp14Prozent(Profitbeforetax)erzieltwerden(+18,3Prozent).NBrownzeich net sich durch ein exzellentes CustomerDatabaseManagement aus, das für aus geklügeltes SocialTargeting eingesetzt wird. Die klare Nischenpositionierung fo kussiert die Sortimentsausrichtung auf bestimmte Alterssegmente und Stile, für dieauchjeweilsSpezialkatalogeundseparateMarkenangebotenwerden.ImGe gensatzzuvielenanderenVersenderngelingtesNBrown,dasInternetWachstum nicht auf Kosten des Kataloggeschäftes zu forcieren, sondern in beiden Distanz handelskanälendeutlicheZuwächsezugenerieren.
JPBoden(www.jpboden.com)wurde1991alsVersandhandelsunternehmeninUK gegründet.DieWebsitewurdein1999gelauncht.Beiannähernd30ProzentCAGR seitGründungdesInternetKanalskonntenin2009(geschätzt)rund180Millionen £ Umsatz bei über 15 Prozent Umsatzrendite (Operating Margin) erzielt werden. ImGeschäftsjahr2008wurdenüber168Millionen£umgesetzt.DerOnlineKanal trägtrundzweiDrittelzumGesamtumsatzbeiundhatdasKataloggeschäftesbis hernichtkannibalisiert.JPBodengiltalseinerdererfolgreichstenVersandhändler inGroßbritannien,dieimPrivatbesitzsind.SchlüsselfaktoristdieultimativeKun denorientierung. Die Produkte sind auf die mittleren Zielgruppen in klassischem Stilausgelegt.DieKatalogexpansionwirdüberNischenkatalogesukzessiveausge baut.AuchJPBodengelingtes,dasInternetWachstumnichtaufKostendesKata loggeschäftes zu forcieren, sondern in beiden Distanzhandelskanälen deutliche Zuwächsezugenerieren.
Lands End (www.landsend.com) wurde 1963 in Chicago gegründet und hat in 2009über3Milliarden$(geschätzt)umgesetzt,davonca.40ProzentInternetanteil. LandsEndgiltalsführenderDirektvermarkterfürCasualBekleidungundistbe kanntfürseinhervorragendesPreisLeistungsVerhältnis.LandsEndistaberauch
199
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
ein InternetPionier, da es seine Website bereits in 1995 und damit im gleichen Gründungsjahr wie Amazon als erstes InternetUnternehmen gelauncht hat. Ge startetmit100Produkten,wirdheuteimNetzdasidentischeKomplettprogramm wieindenKatalogenangeboten.DieStrategievonLandsEndzieltaufeinesyner getische Wirkung und gegenseitige Befruchtung vom Katalog und Internet Geschäftab,wofüridentischeSortimenteaufbeidenKanälenVoraussetzungsind. Die Websiteist sehr bedienungsfreundlich aufgebaut und weist auf dieaktuellen Katalogehin.AußerdemwerdendieServiceleistungenoffensivherausgestelltwie z.B. das jederzeitige Rückgaberecht der Produkte ohne Nennung von Gründen. Mit „My Virtual Model“ war Lands End der erste Bekleidungshändler, der eine 3DAnimationaufseinerWebsiteangebotenhat.Auchdieheuterechtverbreitete Idee des „My Personal Shopper“ stammt von Lands End, genauso wie die Mög lichkeit des „Shop with my Friend“ (vgl. Zentes/Swoboda 2004, S. 409). In 2002 wurdeLandsEndvomWarenhausgigantenSearsRoebuckübernommen.
4.1.5
Best Practices im vertikalisierten Online-Handel
Der vertikalisierte OnlineHandel kontrolliert den gesamten Wertschöpfungsprozess undistimHinblickaufVerfügbarkeit,Abwechslung,InszenierungundIdentifikation dentraditionellenHandelsformenüberlegen.AlsneuesteVertreterdesvertikalisierten OnlineHandelsgeltendieMassCustomizationAnbieter,dieihrenKundenProdukt konfigurationen („MassCustomization“) oder CoDesignMöglichkeiten („Open Innovation“)anbieten.DieseOnlineHändlerder„NewGeneration“stellenaufgrund desenormenIndividualiserungssowiePersonalisierungsgradesdieBestPracticesfür vertikalenOnlineHandeldar:
MaßhemdenTailorStore (www.tailorstore.com): Die schwedische Firma Tailor StorehatinnerhalbvondreiJahrenmitIhremOnlineAngebotanmaßgeschneider ten Hemden zu bezahlbaren Preisen einen preisgekrönten Shop entwickelt, der seinenOnlineServicemittlerweileinfünfSprachenanKundeninüber30Ländern anbietet.
Drucksachen online — dieDruckerei.de (www.diedruckerei.de): Dieser Online Anbieter verkauft online Drucksachen, also zum Beispiel Flyer, Plakate, Broschü ren,Kataloge,BriefpapieroderVisitenkarten.DieseDrucksachenwerdendannim hochwertigenOffsetdruckoderdemnächstauchimDigitaldruckproduziert.
PCKombinationenAGANDO(www.agando.de):Agandobietetkomplettindivi duell konfigurierbare PCSysteme/Notebooks. Der Kunde kann sich online sein Wunschsystem individuell zusammenstellen. Eine möglichst hohe Individualität solldenpersönlichenAnforderungenundPräferenzenRechnungtagen.
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Erfolgsbeispiele im New Online-Retailing
Schmuckkonfiguration–Juwelon(www.juwelon.de):BeiJuwelonhatderKunde dieMöglichkeit,sichseinSchmuckstückimStileinesBaukastensystemsselbstzu sammenzustellen. Er kann bei Material, Design und Steinbesatz unterschiedliche Varianten wählen. Alle Schmuckstücke werden den individuellen Kundengrößen angepasst.
TShirtsfreigestalten–Spreadshirt(www.spreadshirt.de):Erst2002vonStuden teninLeipziggegründet,beschäftigtdieGruppeheutefast300MitarbeiterinEu ropaundAmerika.AnstattaufHaldezuproduzieren,entstehendieProdukte(u.a. Hemden,Tassen,Mützen)zunächstnurimInternet,wobeidieKundenihreMoti ve in einem virtuellen Designstudio entwerfen und auf ihrer eigenen Homepage zumKaufanbieten.ProduziertwirderstnachOrder.
FotoprodukteundBüchermiteigenenMotiven–Pixum.de(www.pixum.de):Die ProduktpalettevonPixumumfasstnebenKartendruckdieBelichtungvondigita len Bildern als Foto, Fotoposter oder Fotokalender, individuelle Foto Geschenkartikelalsz.B.Tasse,Puzzle,TShirtundStofftier.PixumwurdeimOk tober2007u.a.vonCapitalmitdem„Fast50Award“der50amschnellstenwach sendenTechnologieunternehmeninDeutschlandausgezeichnet.
Factory121 (www.factory121.com): Der InternetAnbieter aus der Schweiz bietet nachästhetischenGesichtspunktenindividualisierteUhrenan.DieTeilnehmerdes Interaktionsprozesses haben die Wahl zwischen 82 Uhrenmodellen, durch deren Zahl i.S. der Vorauswahl/Vorkonfiguration die Komplexität aus Kundensicht ge senkt wird. Mit Hilfe einer benutzerfreundlichen Konfiguration wählt der Kunde das Gehäuse, das Zifferblattdesign, das Uhrenarmband und die Farben nach sei nem Geschmack aus. Alle Optionen können jederzeit geändert und verglichen werden,wobeiinEchtzeitmithervorragender3DBildqualitätgearbeitetwird.
LEGO Factory (http://factory.lego.com): LEGO Factory ist ein hochentwickeltes Toolkit für Nutzerinnovationen und CoDesign („LEGODesigner“). Es handelt sichumeinfreiherunterladbares3DModellprogramm,mitdemNutzerzunächst von digitalen Kollektionen der Steine wählen können, um die eigenen Modelle dann zusammenzubauen. Dabei können Nutzer ihre eigenen LEGOModelle ent wickeln, wobei die interaktive Software ihnen hilft, Ingenieurprobleme zu lösen undBasiselemente(z.B.Bausteine)inNeuentwicklungenzukombinieren.Danach produziert die Fabrik die Steine, die für die neuen Modelle notwendig sind und sendetsiedenNutzernzu,diedanndamitihreModellezusammenbauenkönnen. KundenkönnenauchdieSteinekaufen,diefürdenBauneuerDesignsnotwendig sind,unddieaufderWebsiteangebotenwerden.
My Müsli (www.mymuesli.com): Das Passauer Unternehmen wurde im April 2007 von drei Studenten gegründet und bietet die Möglichkeit sich aus über 70 verschiedenen Zutaten sein Müsli individuell im Internet zusammenzustellen.
201
4.1
4
Best Practices im New Online-Retailing
MyMüsli wurde vergangenes Jahr mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter u.a.mitdemGründerpreisderFinancialTimes.
Personal Novel (www.personalnovel.de): Dieser OnlineAnbieter verkauft seit 2003 personalisierte Bücher in denen die Nutzer selber die Hauptrolle überneh men,d.h.derKundekanndenRomanfiguren,OrtenoderTiereneigenepersönli che Namen geben. 70 unterschiedliche Titel hat PersonalNovel mittlerweile im Programm.
NikeiD(http://nikeid.nike.com):BeiNikeiDkannsichderKundenonlineSchuhe, Taschen,Sportuhrenkonfigurieren.Modellebasierenaufdennormalerhältlichen SerienmodellenundkönneninderFarbgebungsowiedurcheineneigenenSchrift zugvomKundenindividualisiertwerden.
Cays(www.cays.de):BeiCayshatderKundedieMöglichkeitsicheineTascheaus LKWPlane selbst zu gestalten. Er kann zwischen verschiedenen Taschentypen wählenunddiesemiteigenemFotoversehenoderindividuellmitverschiedenen Farbengestalten.
Julie&Grace(www.juliegrace.de):IndiesemOnlineShopkannmanArmbänder, Halsketten und Ohrringe selbst zusammenstellen. Per DragandDropFunktion lässt sich zwischen verschiedenen Verschlüssen, Perlen, Kettenlängen wählen. AuchMaterialienundFarbenkönnenkombiniertwerden.EsbestehtdieMöglich keit,daseigeneDesignvonanderenUsernbewertenzulassenoderimöffentlichen ShowroomzumVerkaufanzubieten.
Eterna (http://hemdenmeister.de): Der Hemdenhersteller Eterna bietet in seinem OnlineShopdieMöglichkeitMaßhemdenfertigenzulassen.Kundenkönnensich ihrWunschhemdnachdemBaukastenprinzipzusammenstellen:SiekönnenMan schetten,Rumpflänge,Ärmellänge,GrößenundStoffevielfältigkombinieren.Die MaßhemdensindingroßerAuswahlanFarbenundDessinserhältlich.
4.2
Beispiele für erfolgreiches OnlineManagement
ImInternetManagementstehtnebenderfortlaufendenOptimierungderFrontOffice FunktionenimMarketingdieIntegrationderBackendProzesseimVordergrund(vgl. Heinemann2008g,S.162).WährendesindenFrontOfficeFunktionenumdieSicher stellung eines „geschlossenen“ Bildes gegenüber dem Kunden geht, stehen bei den BackendProzessen („BackOffice“) die Optimierung der Abläufe unter Synergiege sichtspunkten im Vordergrund. Primäre Ziele sind hier die Sicherstellung eines rei bungslosen Geschäftsverkehrs und Kosteneinsparungen durch effiziente Prozesse
202
Beispiele für erfolgreiches Online-Management
sowie die Nutzung von Synergien im Kostenbereich (z.B. zentrale Disposition, Sorti mentsentwicklungetc.).JemehrbestehendeKanäleesdabeizuverknüpfengilt,desto komplexeristdieseAufgabenstellung.
4.2.1 Best Practices in den Front-Office-Funktionen ImFolgendensollenzunächstdieErfolgsbeispielefürTeilfunktionenimFrontOffice dargestellt werden, die u.a. das ECC der Universität Köln auf seiner Homepage her vorhebt (vgl. www.ecchandel.de), die in der Studie von OC&C aus dem Jahre 2005 herausgestelltwerdenunddieineigenerRechercheidentifiziertwurden(vgl.OC&C 2005/Heinemann 2008g, S. 153). Als Best Practices in den FrontOfficeFunktionen geltendemnachTheGap,Comet,Tesco,BognerHomeshopping,DouglasundTchibo, wennauchmitvölligunterschiedlichenAnsätzen: TheGap(www.gap.com)wurde1969miteinemerstenGapShopinSanFranzisco gegründet und ist heute weltweit zweitgrößter Bekleidungseinzelhändler hinter Inditex. Zu Gap gehören auch die Marken Banana Republic, Old Navy sowie Pi perlime.DerInternetVerkaufwurdein1999mitBananaRepublic.comgestartet.In 2000 wurde der InternetKanal um Oldnavy.com und Gap.com erweitert. Unter Gap.com wird auch die MaternityKollektion vermarktet. Der OnlineHandel er zieltknapp6ProzentGeschäftsanteil.GapstelltinseinemMultiChannelKonzept kanalspezifische Kundenelemente heraus. Der Erfolg begründet sich hier auf das Verständnis der Zielgruppe in den unterschiedlichen Kanälen und die entspre chendeAnpassungdesAngebotes,z.B.mitdemMaternityShopoderdemOnline Sales.DarüberhinauswerdenspezifischeAnreizegegeben,andereKanälezunut zen,z.B.inFormvonGutscheinenoderspeziellenPreisenundPromotions.
Tesco(www.tesco.com),größterFoodRetailerinGroßbritannienundwohlrenta belster Lebensmitteleinzelhändler überhaupt, erzielt mittlerweile mehr als die HälfteseinesUmsatzesimAuslandmitSchwerpunktEuropaundAsien.ImOnli neHandelstarteteTesco.comnach2Testjahrenoffiziellin1999undhatsichzuei nerErfolgsstoryentwickelt.WieAbbildung43zuentnehmenist,wurdederOnli neKanal systematisch und strategisch mit hohen Investitionen aufgebaut. Mitt lerweile beträgt der OnlineGeschäftsanteil fast 4 Prozent und übersteigt deutlich die des Gesamtkonzerns. Starke Säule des OnlineKanals ist das NonFood Sortiment,dasmitdenstationärenSortimentenharmonisiertwurdeundausmitt lerweile 11.000 Artikeln besteht. Die Bestellungen können sowohl online als auch perTelefonoderinausgewähltenFilialenaufgegebenwerden.DieWarekannda bei optional nach Hause geliefert, oder in rund 200 Geschäften abgeholt werden. Dabei wird auf extrem kurze Durchlaufzeiten und hohe Servicelevels geachtet. Wesentliche Säule des OnlineErfolges ist das exzellente Kunden und Datenma nagementvonTesco,beidemderweitpenetriertenTescoClubcardeineSchlüssel
203
4.2
4
Best Practices im New Online-Retailing
rollezukommt.AlsdritterKanalwurdein2007dasKataloggeschäftmitTescoDi rectetabliert.
Abbildung43:
GeschichtevonTesco.com
Quelle: OC&C 2005
Tesco.com History Oct: JV with Grattans announced to provide extended ranges via catalogues. Initial ran-ges are Gift + Baby& Toddler but may expand to include clothing and DIY
Tesco.com officially set up as 100% owned subsidiary
1998 Online grocery shopping properly launched after 3 year trial period. Intiial coverage of 135 stores and 45% of UK Population Non-food ranges include, finance and Baby & Toddler and Home-wares provided by Grattan
Sept: Electricals range increased in direct competition to Dixons and Comet. Order fulfilment provided by Grattan
1999 Non-food range expanded considerably with the addition of Books, CDs, VHS and DVDs
Mar: Musical Instruments introduced
2000 Sep: JV announced with Safeway in the USA to operate Tesco.com model there
May: Shoppers able to redeem Clubcard points online
May: Baby and Toddler ranges removed
2001
2002
Jan: Safeway JV starts operating
Mar: “Marketplace”, a shopping portal to showcase non-food ranges launched on tesco.com. Robert Dyas and Whittard are early retailers to utilise the service
International Products / Range General
Feb: Wines Direct increased wine range introduced
2003 Aug: Travel services introduced in conjunction with Lastminute.com
Jun: DVD postal rental service introduced in conjunction with Video Island
2004 Nov: Digital Music Download service started
BognerHomeshopping (www.bognerhomeshopping.de) stellt eine hervorragen de Ergänzung zu den 50 eigenen LifestyleStores und ca. 1.600 Handelspartner shopsdar.AlseigenständigerKanalwirdBognerHomeshoppingalsJointVenture mit Primondo/Quelle betrieben. Mit dem Ziel der „Contentanreicherung“ wurde einLifestyleMagazinkatalogherausgebracht,derneuesteLifestyleInfosvermittelt und detaillierte Produktbeschreibungen für Premiumprodukte liefert, für die es „auf allen Kanälen“ eine Bestellmöglichkeit gibt. In enger Abstimmung mit dem Magazinkatalog werden exklusive Angebote auch im OnlineLifestyleShop mit 3DAnimation dargestellt. Bogner gelingt es dabei z.B., auch DOB Damenjacken imTopPremiumSegmentüber8.000€als„Renner“zupositionierenundkannin sofernalshervorragendesBeispielfüreinen„LifestyleMultiChannel“Ansatzan gesehen werden, der auch von den Geschäftszahlen her zu einem großen Erfolg gewordenist.SotrugderB2CDistanzhandelunterBognerHomeshoppingimab gelaufenenGeschäftsjahrmehralseinDrittelzumUmsatzderBognerGruppebei.
Douglas (www.douglas.de), stärkste Sparte der DouglasHolding AG und deut scher sowie europäischer Marktführer im Parfümeriemarkt, erzielt einen Online
204
Beispiele für erfolgreiches Online-Management
Umsatzanteil von rund 2 Prozent. Dem OnlineKunden steht zum einen das ge samteSortimentanDuftundPflegeproduktenzurVerfügung.Fernererfreutsich auch das Dessous und Wäschesortiment im OnlineShop offensichtlich wachsen derBeliebtheit,ebensowiedasOnlineTV,dasjedenDienstageineneueFolgedes DouglasTV ausstrahlt. Diese innovative Möglichkeit, die Vorzüge von speziellen Marken oder besonderen Produkten im Internet herauszustellen, soll weiter aus gebaut werden, wie im letzten Geschäftsbericht angemerkt wird. Der Internet KanalvonDouglaszeichnetsichdurcheineexzellenteKommunikationderOnli neMarkeaus.ErfolgsfaktorensindhierdieeinheitlicheKommunikationderMar keninhalte über alle Kanäle und die Nutzung der verschiedensten Kommunikati onselementewieTV/Print,OnlineundDirektMarketing.Hinzukommtdasexzel lenteHandlingderKundenkontakteimOnlineProzess,wiez.B.beimLieferschein, derRechnungoderderVerpackung.DamitgelingtesDouglas,dasbesonderesta tionäreKauferlebnisauchaufdenInternetKanalzuübertragen.Hinzukommtdas enorme OnlineVermarktungspotenzial, das die inzwischen mehr als 6 Millionen InhaberderDouglasCardermöglichen.
Comet (www.comet.co.uk) wurde 1933 in Hull gegründet und gehörte zwischen 1984 und 2003 zur KingfisherGruppe. Das Unternehmen ist zweitgrößter Einzel händler für Elektroartikel in Großbritannien und besitzt einen stark wachsenden OnlineKanal,dernachBesuchenaufPlatz1aller„ElektroWebsites“steht.Neben über 250 stationären Filialen werden 15 logistische Zustellplattformen betrieben, überdie1,3MillionenHausZustellungenimJahrerfolgen.DerAnteildesOnline Shops am Gesamtumsatz liegt bei annähernd 4 Prozent mit steigender Tendenz. Dabei schafft es Comet, sich online über exzellente Servicelevels gegenüber den Wettbewerbernzudifferenzieren.AlseinzigerElektroAnbieterwerdenauchonli ne optionale Installationen angeboten. Zudem wird eine klare „PreisBotschaft“ überdenInternetKanalgegeben,indemCometeinePreisgarantieimVergleichzu den acht größten OnlineWettbewerbern gibt. Schließlich nutzt Comet den Inter netKanalauchfürAuktionen,überdieLagerverkäufestattfinden.Fast35Prozent derRäumungsverkäufewerdenbeiCometaufdieseWeiseabgewickelt.
Tchibo(www.tchibo.de)stehtnachKundenzahleninderListederOnlineHändler in Deutschland auf Platz drei hinter eBay und Amazon. Für den Vertrieb seiner ProduktebedientsichTchiboeineseinzigartigenVerkaufssystemsmitrund20.000 nationalenundinternationalenOutletsbzw.Depots.Verkauftwirdaußerdemüber eigene TchiboFilialen, einem etablierten Katalogversand, via CallCenter sowie über den TchiboOnlineKanal, der rund 10 Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt. Das Netzangebot ist deckungsgleich mit den Filialsortimenten. Zahlreiche Bilder aufderStartseitesollenEmotionenwecken,wobeidasInternetnichtnuralsVer kaufsinstrumentdient,sondernebenfallsalsKommunikationsinstrument.Sowird „JedeWocheeineneueWelt“überdasNetzbeworbenundzugleichzumKaufan geboten. Aber auch neue Kunden sollen über das Internet gewonnen werden, da hierdeutlichmehrmännliche,jüngeresowiefinanzstärkereZielgruppenzufinden 205
4.2
4
Best Practices im New Online-Retailing
sindalsindenTchiboLäden.ZurNeukundenakquisitionkooperiertTchiboauch mit horizontalen Portalen wie z.B. Yahoo und TOnline. Auch sind Tchibo ProduktehäufigindenKatalogenandererAnbieterzufinden,diedieseaufProvi sionsbasisverkaufen(CostperOrderBasis).
4.2.1
Best Practice in den Back-Office-Funktionen und Supply-Chains
Als hervorragendes Beispiel für das Management von BackOfficeFunktionen und SupplyChain gilt die Hermes Warehousing Solutions GmbH. Der Hamburger Ful fillmentAnbieter, eine 100prozentige Tochtergesellschaft der OttoGroup, ist auf Dienstleistungen für den europäischen Distanz und Stationärhandel mit Geschäfts kunden und Endverbrauchern spezialisiert. In mehreren eigenen Logistikzentren arbeitenrund5.000Mitarbeiter,dieineinbundesweitesundglobalesNetzwerkweite rer Logistikstandorte eingebunden sind. Mit über 60 Millionen abgewickelten Bestel lungen sowie 230 Millionen Warenbewegungen im Jahr, zählt das 2006 gegründete UnternehmenbereitszudengroßenPlayerninderHandelslogistik.DieKernkompe tenz der HWS ist es, ganzheitliche, zukunftsorientierte MultiChannelLösungen zu entwickelnundumzusetzen.DasUnternehmenprofitiertdabeistarkvonderzuneh menden Nutzung des Internets, die vor allem „traditionelle“ stationäre Händler vor ungeahnte Herausforderungen stellt, wenn diesein den Internet und Distanzhandel einsteigen möchten. Dabei gilt es, eine mittlerweile über zehnjährige Erfahrung der Pioniere aufzuholen und die schwerwiegenden Investitionsrisiken in die teure Infra strukturweitestgehendzuvermeiden.DiesenTrendhatHWSfrühzeitigerkannt.Der FulfillmentAnbieter deckt mit seiner integrierten MultiChannelLogistik sämtliche KanäleabundmanagtdiegesamteProzesskettevonderBeschaffung,Zollabwicklung undWareneingangsprüfungüberdieLagerung,KommissionierungundDistribution bis hin zum Retourenmanagement. Aber auch die übergreifenden Dienstleistungen, wie WebshopErstellung, Bonitätsprüfung, Zahlungsabwicklung und Forderungsma nagementwerdenvonderHWSangeboten.DieständigeWeiterentwicklunghandels naher Dienstleistungen stelltHWS mitdem innovativen Service MassCustomization unter Beweis. Das gesamte abzuwickelnde Sortiment umfasst mehr als 500.000 ver schiedeneArtikel–vonHandysundCamcordernüberTextilienundSchmuckbishin zuMöbelnundWaschmaschinen. DieBackOfficeFunktionenmüssendabeisoorganisiertsein,dassdieverschiedenen AbsatzkanälevondenKundennichtalternativ,sondernparallelgenutztwerdenkön nen. Durch eine geschickte Verknüpfung wird nicht nur der Service für bestehende Kundendeutlichverbessert.MitdenneuenAngebotskanälenwerdenauchzusätzliche Kundengruppenerschlossen,dieaufdenbisherigenWegennichterreichtwurden.So werdenvielmalsbefürchteteKannibalisierungseffektevermiedenundeinegegenseiti ge Befruchtung der Kanäle erreicht. Deshalb wird das OnlineGeschäft zunehmend 206
Beispiele für erfolgreiches Online-Management
auchfürdenstationärenFachhandelalszweitesStandbeininteressant.Hinzukommt, dass der Verbraucher inzwischen von seinem Stationärhändler gezielt eine Online Präsenz erwartet und ihm auch nicht vermittelbar ist, warum der bereits vielfältig vorhandeneWerbeauftrittnichtumeinenOnlineShopergänztwird.Darüberhinaus bietet die WebFiliale einen 24 Stunden geöffneten Shop, dessen Marketingeffekte nichtzuunterschätzensind. Bonprix hingegen hat genau die andere Richtung eingeschlagen. Aus dem Distanz handel kommend, begann der Modeanbieter bereits 1999 sehr erfolgreich mit dem Einstieg ins Stationärgeschäft, das von HWS aus demselben Warenbestand versorgt wird wie das Katalog und OnlineGeschäft. Das BonprixKonzept betrachtet HWS innerhalbderOttoGruppealsPilotenfürdieAkquisitionexternerKunden,dienicht ausdemKonzernkommen.AllerdingssinddieInvestitionshürdeunddasRisikobeim SchrittvomWebindenStationärhandelwesentlichhöheralsbeimumgekehrtenWeg, sodieErfahrungderHWS. Wenn die Absatzkanäle mit unterschiedlichen Sortimenten und Angeboten getrennt agierenundwederdieKundeninformationssystemenochdieWarenwirtschaftssyste me kanalübergreifend miteinander verknüpft sind, entsteht aus Kundensicht Chaos. EinechterMehrwertfürdenKundenunddenHändlerstelltsicherstein,wennChan nelHopping tatsächlich möglich ist. Hinzu kommt, dass der Handel in den meisten Sortimentsbereichen einem intensiven Preiswettbewerb ausgesetzt ist. Vor diesem HintergrundmüssenzusätzlicheSynergiengenutztwerden,wiesiesichbeispielswei seausderAbwicklungauseinemBestandfürStationärundOnlineHandelergeben. Deshalb gilt, dass je mehr Vertriebswege bedient werden, umso größer die Anforde rungen an die Logistik sind. Nach HWSErfahrung stellen dabei der gezielte Einsatz vonTechnikunddieVerzahnungbetrieblicherProzessedenSchlüsselzumErfolgdar. ChannelübergreifendesSystemsetztdurchlässigeKanälevoraus UnabdingbareVoraussetzungfüreinfunktionierendes,channelübergreifendesSystem ist nach HWSErfahrung die volle Durchlässigkeit aller Kanäle. Dies betrifft sowohl dieProduktinformationunddenKaufalsauchdieZahlung,LieferungundRückgabe. Damit der Verbraucher sich in der Filiale über Produkte informieren sowie Waren bestellen und abholen kann, muss – wie beim InternetHandel und Versandhandel – einKundenkontoeingerichtetwerden,dessenDatenständigverfügbarsind. ZudenweiterenAnforderungenandieMultiChannelLogistikgehörendieDispositi onundPflegevonBeständenunddieoperativeEinbindungderFilialen.Diegroßvo lumigere Erstversorgung von Geschäften, zum Beispiel zum Verkaufsstart, wird bei HWSperCrossDockingdurchgeführt.AmAbgangsortwirddieWaredirektzufilial bezogenenVersandeinheitengebündelt,diemitweiterenfürdieselbeFilialebestimm tenWarenzukomplettenSendungenzusammengestelltwerden.Zusätzlichwirddas gesamte Warensortiment für den WebShop und Nachbestellungen der Filialen in einem Lager vorgehalten, so dass auf Abruf Einzelteile für die jeweiligen Geschäfte
207
4.2
4
Best Practices im New Online-Retailing
kommissioniert werden können. In den Filialen liefert meist das Kassensystem die täglichenAbverkaufsdaten,dieBasisfürdieNachversorgungsind.Vorallemwegen der beschränkten Verkaufsfläche in den Geschäften ist nach HWSErfahrung eine punktgenaueBelieferungerforderlich. DieLogistikfürdaskleinvolumigeSortimentwickeltHWSinWarenverteilzentrenab, in denen leistungsstarke Sortieranlagen für die Kommissionierung zur Verfügung stehen. Diese können nicht nur ein sehr hohes Auftragsvolumen, sondern auch sai sonbedingte Peaks abwickeln. Großvolumige Artikel wie Schrankwände, Teppiche oderWaschmaschinenwerdenanStandortengemanagt,dieebenfallsübersortiments spezifische Aufbereitungsmöglichkeiten verfügen, so dass Durchlaufzeiten so kurz wie möglich gehalten werden. So wird nicht nur gewährleistet, dass der Endkunde seine Ware schnell erhält, sondern auch, dass die Ware im Retourenfall nach kurzer ZeitwiederindenverkaufsfähigenBestandeingegliedertwird.Jegroßvolumigerdie Warensind,destomehrmenschlicheArbeitskraftistgefragt.Wichtigistes,diefürdas spezifische Kundensortiment optimale Mischung aus Effizienz und Flexibilität zu finden. InderselbenAnlage,inderdieArtikelfürdenWebShopunddieFilialnachbestellun gen konzentriert sind, werden auch die Retouren geprüft, bei Bedarf bearbeitet und repariert, neu verpackt und in den Warenbestand integriert, so dass sie umgehend wiederindenHandelgelangen.GeradebeiTextilienisteswichtig,sieschnellzuiden tifizieren und innerhalb des Vermarktungsfensters umgehend wieder in den Handel zubringen,denninderRegelsollensienochwährendderlaufendenSaisonverkauft werden,wasbeimittlerweilebiszuzwölfKollektionenproJahreinelogistischeHer ausforderung darstellt. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob die Ware per Post zu rückgeschicktoderimGeschäftabgegebenwird,dieFilialesozusagenals„Paketstati on fungiert. Es kommt auf Schnelligkeit, Transparenz und Serviceorientierung an, weswegen der Logistik eine Schlüsselstellung für den Erfolg eines MultiChannel Systemszukommt. VonvernetztemEinkaufserlebnisprofitierenKundenundHändler MitderzunehmendenZahlvonKanälensteigenerfahrungsgemäßdieAnsprücheder Kunden,wieeineaktuelleStudiezeigt.DabeihabensichdieVerbraucherindenUSA zu ihren Erwartungen an den Handel geäußert. Mehr als die Hälfte der Befragten wünschensichbeispielsweise,einenArtikelineinemGeschäftumtauschenzukönnen, egal, ob er per Katalog bestellt, online gekauft oder in einer Filiale erworben wurde. Die Untersuchung kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Konsumenten ihre Erfahrungen aus dem OnlineShopping auf das Einkaufsverhalten im Geschäft über tragen.VoneinemvernetztenEinkaufserlebnisprofitiertnichtnurderKunde,sondern auch der Handel. Denn die Nutzung verschiedener Absatzwege verspricht dem Un ternehmennebeneinerbesserenMarkenwahrnehmungeineSteigerungderErträge,so dieHWSErfahrung.
208
Beispiele für erfolgreiches Online-Management
BestPracticeBeispielHagebau Hagebau(www.hagebau.de)konntein2008trotzderallgemeinenFinanzkriseundder damitverbundenenwirtschaftlichenVerunsicherungdenzentralfakturiertenUmsatz um3,5Prozentauf3,937Mrd.€steigernundzugleichdieBonusausschüttungenerhö hen. Zu diesen Zahlen trug auch hagebau.de bei, die mit einer Beteiligung von 49,9ProzentandderbaumarktdirektGmbH&CoKGinHamburg,einerTochterder Otto Group in 2007, gegründet wurde und in 2009 bereits rund 200 Millionen € um setzte. Im Sinne einer intensiven Leistungsvernetzung ist baumarkt direkt in umge kehrterRichtungauchGesellschafterderhagebauundsomitKommanditistderHan delgesellschaftfürBaustoffembH&Co.KG(Hagebau).Diebaumarktdirekt,istdas führendeDIYDistanzhandelsunternehmeninDeutschland.DasUnternehmenwurde 2000 unter dem Namen OBI@OTTO als Joint Venture zwischen der Otto Group und OBI gegründet, jedoch Ende 2006 zu 100Prozent von Otto Group übernommen. Die Grundideedesanschließendmitderhagebauin2007neugegründetenJointVentures war es, die Chancen des MultiChannelEinzelhandels durch Bündelung der Syner giepotenzialevonhagebaumitdenca.300stationärenBauundHeimwerkermärkten mitdenendesDistanzhandelszunutzen.SomitvereintdasJointVenturedieKompe tenz der hagebau im Bereich Doityourself und Garten mit dem Bestell und Liefer service von OTTO, der weltgrößten Versandhausgruppe. Mit dem Start der Herbst /WinterSaison im Juli 2007 wurde sowohl der erste Katalog unter der Marke „hage bau direkt“ veröffentlicht als auch der erste gemeinsame OnlineShop unter www.otto.de und www.hagebau.de live geschaltet. Der Hauptkatalog, der zweimal jährlich erscheint, bildet mit ca. 12.000 Artikeln einen Ausschnitt des Internet Sortiments ab. Der erste Hauptkatalog 2009 des Joint Ventures erschien in einer Ge samtauflagevon4,6Mio.Exemplaren.ImStationärhandelwirdderHauptkatalogals aktives Verkaufsinstrument genutzt. Um den Abverkauf ausgewählter Saisonsorti mente auf der Fläche gezielt zu unterstützen, wird der Hauptkatalog durch mehrere Spezialkatalogeergänzt.ParallelzurPrintausgabeistebenfallsdaserweiterteOnline Sortimentverfügbar,daseinenochumfangreichereAuswahlmitrund20.000Artikeln aus den Bereichen Heimwerken, Garten und Freizeit bietet. Die Verbraucher können zudemsämtlicheWarenausdemKatalogundOnlineShopimhagebaumarktordern, aufWunschdirektnachHause.DieerfahrungsgemäßerfolgreichenProdukteimVer sandhandelsindüberwiegendgroß,schwerundsperrig.BeiBestellungundAnliefe rung werden die Waren bis in die Wohnung des Kunden transportiert. Durch die Integration in die OTTOLogistik und das eigene CallCenter wird eine telefonische FachberatungsowieeineRetourenundReklamationsabwicklungsichergestellt.Wei terhin wird eine breite Palette an zusätzlichen Servicedienstleistungen wie z.B. 24 StundenLieferservice, Lieferung nach Wunschtermin, Installations, Aufbau und Montageservice und Altgerätemitnahme, angeboten. Die Vorteile für den hagebau marktergebensichweiterhinauseinerpermanentenArtikelbevorratungdesKatalog sortiments durch die Logistik von baumarkt direkt, wodurch für den hagebaumarkt keine Lager, Kapitalbindungs und HandlingsKosten entstehen. Ebenfalls können
209
4.2
4
Best Practices im New Online-Retailing
diehagebaumärktekleinsteVerpackungseinheitenbestellen,wodurchkeinezusätzli chen Frachtkostenzuschläge berechnet werden und das häufige Problem der Liefer und Mindestbestellmengen entfällt. Die Warenlieferungen erfolgen direkt an den hagebaumarktoderandenEndkunden.UmsätzevonNeukunden,welcheüberOnli neInformationenindenStationärhandelgeführtwerdenoderdasAngebotvonneu artigen Sortimentserweiterungen können ebenfalls als zusätzliche Umsätze von den hagebaumärktengeneriertwerden(vgl.Baumgardt2010,S.265278).
4.3
„Lessons Learned" - 20 Regeln für den neuen Online-Handel
AbschließendzumviertenKapitelsolleninAnlehnungandieChecklistedesEnglän ders Robin Klein, der 20 Regeln für den MultiChannelHandel formuliert hat, eben falls20RegelnfürdenerfolgreichenOnlineHandelderneuenGenerationaufgezeigt werden,diediebisherigenErkenntnisse„aufdenPunkt“bringen(vgl.Versandhaus berater2005): 1. SeienSiesichgenauüberdenspezifischenMehrwertIhresGeschäftskonzep tes auf der Basis mindestens eines der vier KillerDifferenzierungsfaktoren fürIhreKundenimKlarenundkommunizierenSiediesenmitallengegebe nenMöglichkeiten!
210
2.
Überlegen Sie genau, welche Form des OnlineHandels in Hinblick auf die HistorieIhresGeschäftes,IhrerKernkompetenzensowieIhrerPotenzialeam bestenfürSiegeeignetist!
3.
Entwickeln Sie einen realistischen BusinessPlan mit fordernden, aber auch erreichbarenLangfristzielensowiezielgenauerInvestitionsplanung!
4.
Beziehen Sie von Anfang an das CRMThema und dabei insbesondere die KundengewinnunginIhreÜberlegungenmitein!
5.
Nutzen Sie alle nur denkbaren Möglichkeiten innerhalb und außerhalb des WebzurBewerbungIhrerURL!
6.
Unterschätzen Sie nicht das Potenzial von Web2.0Communities, Contents undLinkingValues!
7.
Beziehen Sie Ihre Kunden soweit wie möglich interaktiv in die Wertschöp fungmiteinundbetreibenSiekonsequentes„Crowdsourcing“!
8.
GebenSieIhrenKundendasGefühl,einzigartigzusein,undbehandelnSie deswegenauchnichtalleKundengleich!
„Lessons Learned" - 20 Regeln für den neuen Online-Handel
9.
AchtenSiebeijederProduktundMarketingentscheidungdarauf,obSieIh renEShopzueinemwirklichinteressantenZielfürInternetUsermachen!
10. ZwingenSiepotenzielleKundennicht,beiEintrittaufIhreWebsitezuviele Angaben machen zu müssen und dadurch zu hoch empfundenen Barrieren gegenüberzustehen! 11. GebenSieIhrenWebsiteBesuchernguteGründe,IhnenNamen,Adresseund eMailAccountzunennen! 12. FolgenSiedemKontakteinesErstbesuchersIhrerWebsitewirklichraschmit einemDirektmarketingFollowUp! 13. Stellen Sie höchstmögliche Serviceorientierung, Nutzerfreundlichkeit und SchnelligkeitinallenAbläufensicher!ErmöglichenSiedadurcheinekunden orientierteRundumbearbeitung! 14. Sorgen Sie dafür, dass alle Mitarbeiter mit Begeisterung Ihren OnlineKanal optimierenwollen! 15. ÜberprüfenSie,obIhreLieferantenundDienstleisterdieAnforderungendes OnlineHandelsverstehenbzw.ihnengewachsensind! 16. ITgehörtandieersteStelleallerEntscheidungsprozesse!VersuchenSiedes halb,alleIT,CRMundWarenwirtschaftssystemevonAnfanganintegriert zuentwickeln! 17. Reduzieren Sie die Durchlaufzeiten soweit wie möglich und stellen Sie eine maximal mögliche Automatisierung Ihrer Abläufe unter Vermeidung von Medienbrüchensicher! 18. Nutzen Sie alle Möglichkeiten virtueller Partnerschaften und betreiben Sie professionellesOutsourcing! 19. Treffen Sie alle harten Entscheidungen mit Rücksicht darauf, welche Vor undNachteilediesefürIhreKundenhaben! 20. UnterschätzenSieniemalsdasKapital,dasderprofessionelleStartindenOn lineHandelerfordert!
211
4.3
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
5.1
Risk-Benefit für den Pure-Online-Handel
InsbesonderegegenüberanderenKanälenbesitztderInternetKanalalsVerkaufsform spezifischeVorundNachteilesowieChancenundRisiken.BetrachtetmandieMerk maledesHandelsüberdasInternet,empfiehltsicheinezweigeteilteBetrachtungaus Handels und Kundensicht.Dadurch wird vermieden, dass die Wertschöpfungskette vom Handelsunternehmen zum Konsumenten „abgeschnitten“ betrachtet wird und dementsprechend nur ein Partner von der Transaktion entscheidend profitiert (vgl. Passenheim2003,S.99).InAbbildung51sinddieVorundNachteiledesAbsatzka nalsInternetzunächstausHandelsperspektivezusammenfassenddargestellt
Abbildung51:
RiskBenefitdesOnlineAbsatzkanalsausHandelssicht
Quelle: In Anlehnung an Passenheim 2003, S. 99 Vorteile und Chancen
Handelssicht
5.1.1
• Globale Präsenz • Direkte Bestellannahme • Gewinnung von Kundendaten • One-to-One-Marketing • Cross-/Up-Selling • Long-Tail-Vermarktung
Nachteile und Risiken
• Hoher technischer Aufwand • Kein schneller ROI • Wettbewerb auch mit bisher branchenfremden Anbietern
• „Free-Rider“-Mentalität • Google-Abhängigkeit
Risk-Benefit aus Online-Handelssicht
Als zentrale Vorteile und Chancen des OnlineHandels aus Unternehmenssicht gelten die globale Präsenz, direkte Bestellannahme, Gewinnung von Kundendaten, OnetoOneMarketingmöglichkeiten, Cross/UpSellingMöglichkeiten sowie die LongTailVermarktung: 212
Risk-Benefit für den Pure-Online-Handel
Globale Präsenz des Internet ermöglicht dem OnlineHändler Zugang zu neuen Zielgruppen und Märkten. Gleichzeitig werden durch den OnlineVerkauf eine höhereFlexibilitätunddamiteinWettbewerbsvorteilermöglicht.Außerdemkön nenWarentagesgenauindasbestehendeSortimentaufgenommenundauchwie der herausgenommen werden. Weiterhin sind Querverweise zwischen den Pro duktgruppenmöglich.
DirekteBestellannahmeführtzurVerkürzungderVertriebskette,beiderbisheri geFunktionenaufdenKundenübertragenwerdenkönnen.Resultatsinderhebli che Zeit und Kostenvorteile, da manuelle Bearbeitungen oder CallCenter Aktivitätenentfallen,wodurchsichwiederumhöhereMargenfürdenHändlerer geben.
GewinnungvonKundendatenwirdaufelektronischemWegfürdenHändlerin bisherunerreichterQualitätmöglich,dadastatsächlicheSuchundKaufverhalten elektronischnachvollzogenwerdenkann.AnhanddersogewonnenKundendaten kann ein für den Kunden individualisiertes Angebotsprofil bis hin zur persönli chenMarketingstrategieentwickeltwerden.
OnetoOneMarketingwirdaufgrunddervorliegendenInformationenüberjeden einzelnen Kunden möglich, ohne dass dieses sich in Kostensteigerungen nieder schlagen muss, da nahezu alle Prozessschritte bis hin zur EMailErstellung voll automatisiertwerdenkönnen.
Cross/UpSellingstelltdieMöglichkeitdar,überdasangeboteneProdukthinaus nochweitereLeistungenanzubieten.EshandeltsichdabeiumeineaktiveAbsatz förderung, die entweder mit Angeboten anderer Anbieter (z.B. im Rahmen einer Kooperation) oder innerhalb des eigenen Sortimentes stattfinden. Am besten eig nensichdafürKomplementärprodukte(z.B.ParfümundDuschgel).
LongTailVermarktung beinhaltet den Verkauf umsatzschwacher Produkte oder Restsortimente,dienichtbiszumSaisonendeverkauftwerdenkonnten.Dahinter stehtauchdieIdee,fürNischenproduktedurchdieKumulationgeografischsepa rierter Kundengruppen eine kritische Nachfrage erreichen zu können. Diese Art derVermarktungistallerdingsnurzurArrondierungbestehenderKernsortimente geeignet. In Hinblick auf die LongTailVermarktung und damit einhergehende Dimensionierung der Sortimente ist im OnlineHandel eine „Renaissance der Randsortimente“(Ehrmann/Schmale2008,S.44)zubeobachten.“KeineListungsge bühren,geringeRegalkostenundeffektiveSuchmaschinen:DasInternetmachtdie VermarktungumsatzschwacherProdukteunddamitdieSortimentsnischenattrak tiv“(Ehrmann/Schmale2008,S.44). Als zentrale Nachteile und Risiken des OnlineHandels aus Unternehmenssicht gelten der hohe technische Aufwand, der auch einen schnellen ROI verhindert, der Wettbewerb mit bisher branchenfremden Anbietern, die „FreeRider“Mentalität so wiedieGoogleAbhängigkeitaufHandelsseite: 213
5.1
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
Hoher technischer Aufwand ergibt sich aus der häufig unterschätzten Notwen digkeit, eine spezifische informationstechnische Infrastruktur zu schaffen. Insbe sondere die Umsetzung der technischen und medialen Systemvoraussetzungen bedeutet in der Regel hohe Anfangsinvestitionen, die allerdings z.T. durch Zu sammenarbeitmitFulfilmentDienstleisternumgangenwerdenkönnen.
Keine schnelle Amortisation des eingesetzten Kapitals ist aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen gegeben. Außerdem ist der Aufbau einer Kundenbasis mit erheblichenAnstrengungenverbunden,sodassderUmsatzsehrzeitverzögertge neriert wird. Andererseits istnach der längeren Anlaufphase aber auch ein nach haltigerSkaleneffektrealisierbar.
WettbewerbmitbranchenfremdenAnbieternergibtsichausderräumlichenund zeitlichenUnbegrenztheitdesOnlineKanals,deresanderenAnbieternermöglicht, auchohnegroßenAufwandFremdproduktezuverkaufen.Außerdemverleitetdas InternetbisherigeLieferantendazu,direktandieKundenzuverkaufenunddamit Disintermediationzubetreiben.
„FreeRider“ProblematikentstehtdurchKunden,diesichimstationärenHandel beraten lassenund anschließend im Internet dem günstigsten Angebot hinterher jagen.Hiergiltes,durchintelligentesCRMdieKundennachhaltigzubinden.Das ChannelHoppingsprichtaußerdemauchdafür,eineMultiChannelLösunganzu denken.
GoogleAbhängigkeit hat für Internethändler „Akzeptanzzwang“ (vgl. Kap. 1.2). MittlerweilekommtkeinOnlineHändlermehrander„Frequenzabschöpfung“in derGoogleSuchmaschinevorbei.Unternehmen,dieihrGeschäftsmodellimInter net auf den Besucherstrom von Google aufgebaut haben, sind dadurch abhängig geworden(vgl.Schmidt2008,S.14).
5.1.2
Risk-Benefit aus Online-Kundensicht
DasInternet,alsvirtuellerBegegnungsraumzwischenAnbieterundNachfrager,weist Eigenschaften der Ort und Zeitunabhängigkeit (Ubiquität) auf. Jeder Teilnehmer kann in Abhängigkeit von seiner technischen Infrastruktur und seinen Präferenzen diesen virtuellen Raum betreten, in ihm verbleiben und ihn auch wieder verlassen. DamitunterscheidetersichgrundlegendvonanderenMärkten,indenendieseglobale und augenblickliche Reichweite nicht möglich ist. Dieser und auch andere Vorteile habensicherlichzurDiffusiondesInternetbeigetragen.InAbbildung52sinddieVor und Nachteile des Absatzkanals Internet aus Kundenperspektive zusammenfassend dargestellt. AlswesentlicheVorteileundChancenausKundensichtentpuppensichdieÜberal lerhältlichkeit, die Unabhängigkeit von Ladenöffnungszeiten und Standorten, die 214
Risk-Benefit für den Pure-Online-Handel
größere Auswahl und Vergleichbarkeit an Produkten und Angeboten, die Markt transparenz,dieindividuellenAngebote,dieOffenheitsowiediebesserenInformatio nen: Abbildung52:
RiskBenefitdesOnlineAbsatzkanalsausKundensicht
Quelle: In Anlehnung an Passenheim 2003, S. 99
Vorteile und Chancen
Kundensicht
• Anywhere- und Anytime-Verfügbarkeit • Unabhängigkeit von Öffnungszeiten • Größere Auswahl an Angeboten • Markttransparenz und Vergleichbarkeit an Produkten und Angeboten
• Individuelle Angebote • Offenheit • Bessere Informationen
Nachteile und Risiken
• Fehlender physischer Kontakt mit den Produkten
• Fehlender sozialer Aspekt beim Einkauf • Mögliche Schwierigkeiten bei der Reklamation
• Sicherheitsrisiko bei Zahlungsabwicklung • Mindestbestellwert und zusätzliche Kosten
AnywhereundAnytimeVerfügbarkeitergibtsichdurchdenZugangzum weltweitenNetzt.AufgrundderInternationalitätdesWWWhatderKundeZu gangzusämtlichenAnbieternweltweitundsomitzuerheblichmehralternativen Anbietern,alsesstationärmöglichwäre.
UnabhängigkeitvonÖffnungszeitenistdurchdie24StundenBestellmöglichkeit sowiedieBelieferunganjedegewünschteAdressegegeben.BisherigeErfahrungen zeigen,dassmittlerweileimOnlineHandelbevorzugtabendsundnachtsgeordert wird.
GrößereAuswahlergibtsichnichtnurdurchdenZugangzumweltweitenNetz, sondernauchdurchdiefehlendenräumlichenundzeitlichenGrenzenaufAnge botsseite,diez.B.zurLongTailVermarktungführen.
Markttransparenz ist vollumfänglich durch die „Echtzeit“Vergleichsmöglichkeit, PreisvergleichimelektronischenAbsatzsowiedieSuchmaschinenoderSoftware Agenten,dienachVorgabederNutzerdiefürihnbestenAngebotesuchen,gege ben.MitderinsgesamtverbessertenMarkttransparenzfindetderKundeohnezu sätzlicheTransaktionskostenleichtdasfürihnbesteAngebot.
Individuelle Angebote sind unmittelbare Folge des OnetoOneMarketings. Mit derProduktindividualisierunggehtderTrendzurinteraktivenWertschöpfung,al so MassCustomization und OpenInnovation einher. Weiterhin erlaubt die Tech nikeinePersonalisierungderKundenansprache.
215
5.1
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
OffenheitundTransparenzkennzeichnetdasInternetZeitalter.Davonsindnicht nur die Kunden betroffen, sondern auch die Unternehmen, die gegenüber ihren Kundennichtsmehrverbergenkönnen.
Bessere Informationen im Sinne der Verbindlichkeit ergibt sich sowohl aus der TransparenzalsauchausderDokumentation.DasInternetermöglichtes,bewegte BilderundTönezuübermitteln,wodurchesimVergleichzumVersandhandeldie Produktanschauung plastischer gestalten kann. Gleiches gilt für die immer häufi geranzutreffende3DAnimation. TrotzdervielfältigentechnischenMöglichkeitenweistderOnlineKanalimmernoch nichtzuunterschätzendeNachteileundRisikenausKundensichtauf.Dieseergeben sich aus den fehlenden Kontaktmöglichkeiten (physisch und sozial), Schwierigkeiten und Risiken bei Reklamation und Zahlung sowie möglichen finanziellen Risiken durchMindestbestellwerteoderkriminelleEnergie:
Fehlender physischer Kontakt erweist sich aus Kundensicht als entscheidender Nachteil. Dieser ist mit dem funktionalen Risiko verbunden, die Qualität und FunktionalitätdesProduktesnichtdirektprüfenzukönnen.
FehlendersozialerKontakt,derbeimEinkaufimstationärenGeschäftgegebenist, erhöht im Distanzhandel aufgrund der damit einhergehenden Anonymität das wahrgenommene Risiko der Kunden. Technische Innovationen wie z.B. Kommu nikationsplattformen,könnendarannichtsändern.Diesessprichtfüreinenstatio närenSupplementChanneloderzumindestfüreineCallCenterOption.
Mögliche Schwierigkeiten bei der Reklamation ergeben sich aus der relativen Anonymität,diemitSorgenvonKonsumentenbezüglichmöglicherSchwierigkei tenbeimUmtauschverbundensind.DieRücksendungderWarenundderdamit verbundeneGangzurnächstenPostfilialestelltaußerdemeinzeitlichesundfinan ziellesRisikoausKundensichtdar.
SicherheitsrisikenbeiderZahlungsabwicklungverursachenlatenteÄngstebei denKunden,diedurchansteigendeBetrugsfälleimZusammenhangmitOnline ÜberweisungengenährtwerdenunddievonOnlineHändlernunbedingternst
genommenwerdensollten.
MindestbestellwertundzusätzlicheKostenaufgrundvonReklamationen,Rück sendungen und Reparaturen, sind ebenfalls ein „Dauerthema auf Kundenseite“. Dieses resultiert nicht selten auch aus intransparenten oder nicht Internet spezifisch ausgestalteten AGB. Es lässt sich nachweisen, dass etliche Online HändlerdieseThematikbishervernachlässigthaben.
216
Risk-Benefit für den Multi-Channel-Handel
5.2
Risk-Benefit für den Multi-Channel-Handel
DerAufbaueinesneuenVertriebswegesstelltfüreinenEinzelhändlereineInnovation dar und zwar sowohl in Bezug auf den einzelnen innovativen Vertriebskanal „Pure InternetHandel“alsauchimHinblickaufdenEinstiegindenMultiChannelHandel. Neben zahlreichen Chancen einer derartigen Innovation können sich auch Spannun gen,KonflikteunddamitRisikenergeben,diekontraproduktivzuderursprünglichen IdeeeinerzusätzlichenUmsatzquellewirken.BetrachtetmandieChancenundRisiken des MultiChannelHandels, empfiehlt sich aus ähnlichen Gründen wie bei der Vor teilhaftigkeitsbetrachtung des reinen OnlineHandels eine zweigeteilte Betrachtung ausHandelsundKundensicht.
5.2.1
Risk-Benefit aus Multi-Channel-Handelssicht
InAbbildung53istdieVorteilhaftigkeitbeiVerwendungparallelerAbsatzkanäleaus Handelsperspektive zusammengefasst. Als Vorteile und Chancen aus Handelssicht lassen sich Erhöhung der Konsumentenreichweite und der Marktabdeckung, Wirt schaftlichkeit, Risikoausgleich, Flexibilität, Kundentreue sowie Imagegewinn und Markenverjüngungnennen: Abbildung53:
RiskBenefitdesMultiChannelHandelsausHandelssicht
Quelle: In Anlehnung an Passenheim 2003, S. 124 Vorteile und Chancen • Erhöhung der Konsumentenreichweite durch breitere Kanalstreuung
• Erhöhung der Marktabdeckung durch die Handels sicht
Erschließung neuer Kundengruppen und anderer Mediennutzer • Wirtschaftlichkeit durch die Nutzung von Synergiepotenzialen • Risikoausgleich durch die Vermeidung von Abhängigkeiten von bestimmten Medien • Flexibilität durch medienspezifische Reaktionen auf Marktentwicklungen • Kundentreue durch gestiegenes Image und medienübergreifende Aktivitäten • Imagegewinn und Markenverjüngung durch Absatzkanal-Innovation
Nachteile und Risiken • Schwierigkeiten der Implementierung durch mangelndes Problembewusstsein
• Kontrollverlust durch die Einschränkung von Handlungsspielraum auf Grund steigender Komplexität in der Mediensteuerung • Suboptimierung durch gestiegene Aufgabenkomplexität • Kannibalisierungeffekte durch konkurrierende Absatzkanäle • Konflikte durch Konkurrenzsituationen in den verschiedenen Medien • Sinkende Differenzierungspotenziale durch Zunahme von Penetration und Standards
Erhöhung der Konsumentenreichweite durch Angebote in mehreren, breiter gestreutenAbsatzkanälen:MitKonsumentenreichweiteistdieAnzahlderaktuel lenundpotenziellenKundengemeint,dievoneinerKombinationausverschiede 217
5.2
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
nenVertriebskanälen,überdieWarenvertriebenwerden,tatsächlicherreichtwer denkönnen.KundenentscheidensichbeiderKaufentscheidungfürdenBetriebs typ, der für den aktuellen Bedarf die Leistungserwartungen am besten erfüllen kann. Im Extremfall entscheidet sich der Kunde bei jedem Einkauf neu, welchen Betriebstyp bzw. Absatzkanal er in welchem Handelsunternehmen frequentiert. DabeisteigtdieAuswahlwahrscheinlichkeit,wenndieProdukteübermehrere,die verschiedenen Erwartungen erfüllenden Betriebstypen und Kanäle angeboten werden.DiedadurchansteigendeKonsumentenreichweiteeröffnetHandelsunter nehmendieChance,dassesbeiunterschiedlichenKaufanlässenausgewähltwird. MultiChannelSysteme zielen folglich darauf ab, möglichst viel von der Konsu mentenrente abzuschöpfen und unter Effizienzgesichtspunkten „aus möglichst vielenRohrenbreitzuschießen“(vgl.Schobesberger2007,S.29).
Erhöhung der Marktabdeckung durch Erschließung neuer Kundengruppen: DurchdenEinsatzeinzelnerAbsatzkanäleerreichendieAnbieterhäufignureinen BruchteildesanvisiertenMarktes.ErstdurchdieDistributioninmehrerenAbsatz kanälen kann brachliegendes Marktpotenzial erschlossen werden. Damit verbes sertsichauchdieMöglichkeit,höhereUmsätzezuerzielen.Zumanderentunsich mit neuen Kanälen wiederum auch neue Marktpotenziale auf, da andere Ziel gruppen als bisher erschlossen werden können (vgl. Schobesberger 2007, S. 29). Durch abgestimmte Kommunikation kann der Kunde auf die unterschiedlichen Beschaffungskanäle und ihre spezifischen Vorteile hingewiesen werden. Ein Mit glieddesBertelsmannBuchclubswirdsowohlinKatalogundFilialenalsauchbei dertelefonischenBestellungimmerwiederaufdieMöglichkeiteinesBesuchsder InternetSeite hingewiesen. Eine erhöhte Marktabdeckung, verbunden mit einer umfassendenErschließungallerMarktpotenzialekannhäufigdieHinzunahmeei nes weiteren Absatzkanals rechtfertigen (vgl. Ahlert, Hesse 2003, S. 18). Häufig wirdauchderEinstiegindenMultiChannelHandelgenutzt,umeineInternatio nalisierung vorzubereiten. Die WWWPräsenz kann als „Speerspitze“ in neue Länderregionengenutztwerden,wiez.B.DouglaserkannthatoderauchdieVer sandhändlerzunehmendpraktizieren.
WirtschaftlichkeitdurchRealisierungvonSynergiepotenzialen:MitderDistribu tionüberMehrkanalSystemegehennichtnurEffektivitätsüberlegungeneinher.Es werden damit häufig auch Kostenziele verfolgt. Die Überlegung besteht darin, durch den Einsatz verschiedener, wertkettenergänzender Absatzkanäle die Wirt schaftlichkeitzuerhöhen.SokanneinkostenintensiverAußendienstdurchStütz punktsysteme und forciertes Direktmarketing via Internet entlastet werden, wo durch die Wirtschaftlichkeit steigt. Weitere Beispiele sind Synergieeffekte durch dieNutzungvorhandenerRessourcen,durchdielaufendeKostenundnotwendige Anfangsinvestitionen reduziert werden können. Die gemeinsame Nutzung eines WarenlagersdurchverschiedeneKanälegibtzumBeispieldieMöglichkeit,Kapa zitätenbesserauszulastenundFixkostenzurelativieren.ÜberguteVoraussetzun genfürEffizienzvorteileverfügenvorallemdietraditionellenVersandhändler.In 218
Risk-Benefit für den Multi-Channel-Handel
der forcierten, von vielen Versandhändlern betriebenen Substitution des klassi schen Kataloggeschäftes durch den InternetKanal steckt häufig auch die Überle gung, Druck und Katalogkosten des klassischen Versandgeschäftes senken zu können. Die Versandhändler beherrschen die hinter dem OnlineAuftritt stehen denGeschäftsprozesse,dadieseinderRegelidentischsindmitdemtraditionellen Geschäftsmodell.DiesgiltauchfürdieZentrallagerlogistikunddasManagement der Verpackungszentren. Mit dem Einstieg in den OnlineHandel wird praktisch nur die Stückzahl „im BackOffice“ erhöht, so dass die damit anfallenden Stück kosten zumindest teilweise von der bereits in Gang gesetzten Erfahrungskurve profitierenkönnen.DadurchkanngegenüberWettbewerberneinKostenvorteiler zieltwerden.BranchenfremdeHändlerundNeugründersinddamitimVergleich zumVersandhandelerheblichbenachteiligt(vgl.Krone2004,S.18ff.).Dieentspre chenden Infrastrukturdefizite in der „New Economy“ waren wesentlicher Grund fürdasScheiternvielerInternetNewcomer.MitderBeschaffungsabhängigkeitvon denrelativenteurenunddamitaufdieMargendrückendenBarsortimenternkonn ten viele der neu gegründeten InternetBuchhändler ohne eigene Infrastruktur niemals schwarze Zahlen erreichen (z.B. BOL). Voraussetzung für die Erzielung von Effizienzvorteilen in MultiChannelSystemen ist aber in jedem Fall die Ver knüpfungundKoordinationderverschiedenenKanäle.
Risikoausgleich durch die Vermeidung von Abhängigkeiten auf bestimmten Ka nälen:IneinzelnenAbsatzkanälenkönnenimmerauchstarkeAnhängigkeitenvon einzelnenKundengruppenentstehen.InvielenBranchenhatsichderMarktzugang alsNadelöhrfürLieferantenerwiesen.Einkaufsmacht,Handelskonzentrationund AbhängigkeitbedrohtvorallemmittelständischstrukturierteIndustrien,dieüber MultiChannelHandelundinsbesonderedendamitverbundenenOnlineVertrieb eine Möglichkeit zur Direktvermarktung erhalten. Viele Anbieter wie z.B. Gerry Weber nutzen diese Vertikalisierungschance, um sich aus der Abhängigkeit ihrer Vertriebspartner zu lösen. Für den Händler ergibt sich ein Risikoausgleich auch auseinermitdemEinstiegindenMultiChannelHandelverbundenenBetriebsty penDiversifikation. Das BetriebstypenPortfolio lässt sich besser ausbalancieren, wodurchdasGeschäftsrisikoaufeinebreitereBasisgestelltwird.
FlexibilitätdurchkanalspezifischeReaktionenaufMarktentwicklungen:InBezug aufdieInternetNutzunglassensichzumBeispielVorteilederVertriebskanalkom binationnennen,diesosonstnichtbestehen.Insbesonderealsflexibeleinsetzbares Informationsmedium hat das Internet vielfach eine wichtige, nicht zu ersetzende Rolle im Rahmen von MultiChannelSystemen eingenommen. Studien besagen, dassca. 40 Prozent aller Verbraucher sich vor einem Kauf im stationären Handel imInternetinformierenund dabeientscheidendbeeinflussenlassen.DasInternet ermöglichtesdenHandelsunternehmen,dieKonsumentengezielt,flexibelundak tuellanzusprechenundderenBedürfnissebesserauszuloten.UnterZuhilfenahme desInternetskönnensichHändlerihrenwertvollstenKundenwidmenunddamit
219
5.2
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
dieprofitabelstenKundenbeziehungenintensivpflegen(vgl.Krone2004,S.1516), wiez.B.vonBognerHomeshoppingpraktiziert.
KundentreuedurchkanalübergreifendeAktivitäten:MultiChannelHandeleröff net die enorme Chance, den Kunden durch personalisierte Produktangebote und kundengerechte Sortimentsgestaltung langfristig zu binden. Auf Basis der neuen SystemekönnenHandelsunternehmenüberverschiedeneKanäleeineFülleunter schiedlichsterInformationenüberihreKundensammelnundgewinnbringendein setzen. In Verbindung mit Kundenkartensystemen sind sämtliche Käufe eines Kunden kanalübergreifend nachvollziehbar und seine Kaufhistorie dokumentier bar. Damit lässt sich ein aussagefähiges Kaufverhaltensprofil des Kunden auf zeichnen, das u.a. über sein Suchverhalten Auskunft gibt und für persönliche KaufEmpfehlungengenutztwerdenkann(vgl.Krone2004,S.17).Hinzukommt, dass Kunden, die permanent auf der Suche nach neuen Angeboten sind, Mehr fachangeboteaufdifferenziertenKanälenregistrierenundinderRegelauchhono rieren,wiez.B.Neckermann.debestätigt.
Imagegewinn und Markenverjüngung durch AbsatzkanalInnovation: Unter nehmenohneInternetPräsenzgeltenmittlerweileals„veraltet“.DieMehrzahlder Konsumenten nutzt das Internet, um sich im Vorfeld ihres Kaufes über Produkte zu informieren. Eine Website kann dabei auch gut dazu genutzt werden, Image werbungzubetreiben.VieleBesucherschließenvomInternetAuftrittaufdasUn ternehmenundbildensichdabeieinegefestigteMeinung.Diesesgiltinsbesondere für die jungen Käufergenerationen, die ohne Internet vielfach gar nicht mehr er reicht werden können. Wenn ein Unternehmen allerdings den InternetKanal als MarketinginstrumentzurImageverbesserungundMarkenverjüngungnutzenwill, darfessichdiesbezüglichnichtmit„halbenSachen“zufriedengeben.Mitschlech tenWebsiteskannderSchussdabei„schnellnachhintenlosgehen“.Dieseshatz.B. KarstadterkanntundmitKarstadt.deindenletztenbeidenJahreneineregelrechte „OnlineOffensive“gestartet. AlsNachteileundRisikenausHandelssichtkönnenImplementierungsschwierigkei ten,Kontrollbzw.Komplexitätsgefahren,Suboptimierung,Kannibalisierungseffekte, Konflikte,sowiesinkendesDifferenzierungspotenzialgenanntwerden:
Schwierigkeiten der Implementierung von OnlineVertrieb durch mangelndes Problembewusstsein:DieImplementierungvonOnlineVertriebskanäleninbeste hende Filialsysteme bringt nicht selten erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Für denstationärenHandelbestehtdieHerausforderungdiesesModellsinsbesondere in der Koordination des neuen Absatzkanals mit den traditionellen Vertriebswe gen.Dabeisollteberücksichtigtwerden,dassderInternetKanalvondenvorhan denen Kunden nicht nur zum Einkauf, sondern vor allem auch als Informations mediumgenutztwird.EsmachtwenigSinnundbirgtgroßeGefahreninsich,den neuenKanalimplementierenzuwollen,ihnaberdannnichtalsgleichwertigeVer kaufsformzuakzeptieren,zupflegenundweiterzuentwickeln.SogehenKunden, 220
Risk-Benefit für den Multi-Channel-Handel
die im Internet bestellen, von einer extrem hohen Warenverfügbarkeit und einer vergleichsweise sehr schnellen Lieferfähigkeit aus. Gerade hier haben viele Prob lemeihrenUrsprung,dadieBestellvorgängeinvielenUnternehmennochmanuell oder über den stationären Handel ausgeführt werden, womit die Kundenerwar tungen aber nicht erfüllbar sind und Unzufriedenheit vorprogrammiert ist. Nur eineAutomatisierungdesBestellwesens„ohneMedienbrüche“istinderLage,die zeitlichenErwartungenderKundenzuerfüllen.DenInternetKanalals„Nebenka nal“anzusehen,nichtzuintegrierenunddenKundendabeidasGefühlzugeben, miteinemvölligneuenAnbieterstattmitdemStammgeschäftzukommunizieren, ist in vielen Unternehmen Grund für den schlechten Start des OnlineVerkaufs (vgl. Krone 2004, S. 79), wie z.B. bei Mediamarkt in der Vergangenheit zu beo bachten.
Kontrollverlust durch die Einschränkung von Handlungsspielräumen auf Grund steigender Komplexität in der Kanalsteuerung: Ein MultiChannelUnternehmen ist nun einmal ein komplexes Gebilde, das nicht selten über lange Jahre hinweg gewachsen ist. Es ist daher schwer, allgemeine Regeln für die Identifikation und Realisierung von Potenzialen abzuleiten. Zwar können die verschiedenen Kanäle durch Aufgabenverteilung gewisse Wertschöpfungspotenziale realisieren, der steigendeKoordinationsaufwandfinanziellerundpersonellerArtistjedocherheb lich. Der Start ins MultiChannelRetailing wird häufig auch dadurch erschwert, dasskeinegeeignetenControllingsystemevorliegen,wodurchdiegenauenErgeb niswirkungenderKanäleinsbesondereuntereinandernichttransparentsind.Eng damitverbundenistdieTatsache,dasssichmitderEinführungneuerKanäleauch die Rangfolge der betrieblichen Ziele verschiebt. Als Auswirkung des Internet VertriebszeichnetsichzumBeispielab,dassausKundensichtdiejederzeitigeEr reichbarkeitunddieMöglichkeit,jederzeitzubestellenunddenLieferstatuszuer fahren, an Bedeutung gewinnen. Die nachhaltigsten Veränderungen ergeben sich in den Bereichen Informationsfluss, Zeit, Geschwindigkeit und Effizienz. Außer dem ist davon auszugehen, dass mit der Implementierung eines InternetKanals die Qualifikationsanforderungen der Verkaufsmitarbeiter verändert werden. Die Vertriebsmitarbeiter müssen sich von der bisherigen „Value Communication“ lö sen,umeineChancegegendiehohenEffizienzundServicepotenzialedesInternet zu haben und aus Kundensicht wertvolle Beziehungs und Dialogleistungen zu erbringen(vgl.Krone2004,S.14).
Suboptimierung durch gestiegene Aufgabenkomplexität: In der Regel müssen dieneuenFähigkeitenfürdieneuenGeschäftsartenundsystemeerstnochgelernt werden, wodurch viele MultiChannelHändler gerade in der Anfangsphase viel fachüberfordertsind.DiegroßeGefahrdabeiist,dassdieAnlaufschwierigkeiten und Probleme durch den neuen Kanal zu viel Managementkapazität binden und vomTagesgeschäftimtraditionellenGeschäftsteilablenken.Risikenbestehenhäu figauchinderSuchenachallgemeingültigenLösungen,diesichdanninallenAb satzkanälenanwendenlassen.DieSpezifikaderKanälewerdendabeiaußerAcht 221
5.2
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
gelassen,wodurchsichdieeigentlichenVorteiledesMultiChannelSystemsnivel lieren. Ferner können zusätzliche Kosten entstehen, wenn die Unterschiede der Kanälezwarantizipiertwerden,aberkeineintegriertenLösungengefundenwur den,wasdieWirtschaftlichkeitdesgesamtenGebildesgefährdenkann(vgl.Scho besberger2007,S.33).
KannibalisierungseffektedurchkonkurrierendeAbsatzkanäle:DurchneueKanä le verlieren Stammkanäle an Bedeutung und damit an Umsatz. Wie stark solche Kannibalisierungseffektewirken,hängtunteranderemvonderArtdesProduktes, der Zugänglichkeit der verschiedenen Kanäle sowie der Habitualisierung des Kaufprozesses auf Kundenseite ab. Untersuchungen über Kannibalisierung in MultiChannelSystemenkommenjedochauchzumErgebnis,dassBefürchtungen indieseRichtunghäufigübertriebensindunddieKanälesichbeirichtigerAusges taltungehergegenseitigfördernkönnen.
KonfliktedurchKonkurrenzsituationindenverschiedenenKanälen:Werdenz.B. dieeinzelnenAbsatzkanälealseigenverantwortlicheBereicheimSinneeinesPro fitCenters geführt, kann es zu erheblichen Konflikten zwischen den Kanälen kommen,dieaufopportunistischesVerhaltendereinzelnenAbsatzkanälezurück zuführen sind. Sind dieKanalverantwortlichen dann noch für ihren Kanal ergeb nisverantwortlich tätig und ein Teil ihres Einkommens erfolgsabhängig gestaltet, istderKonfliktvorprogrammiert.WiesosolltederFilialleitereinesstationärenGe schäftesseinenKundenempfehlen,dasProduktdochbesseronlineeinzukaufen? Insofern benötigen MultiChannelSysteme auch geeignete Anreiz und Kontroll systeme,diewenigerumsatzundabsatzabhängiggestaltetsindundsoeineziel setzungsgerechteKoordinationermöglichen(vgl.Ahlert/Hesse/Jullens/Smed2003, S. 21 ff.). Die neuen MultiChannelHändler müssen sich insgesamt die grundle gende Frage stellen, welche Konfliktwirkungen sich aus der neuen Konstellation ergebenkönnenundwieinderspezifischenKonfliktsituationzuagierenist,seies durch ein präventives Konfliktmanagement oder ein situatives Konfliktmanage ment.VorallembeilangfristigenVeränderungensolltenKonfliktebereitsimVor feldvermiedenwerden,z.B.durcheineoffeneKommunikationderZielesowieder angestrebten Prioritäten im neuen Distributionssystem. Missverständnisse lassen sichauchdadurchausräumen,dassdieRollenverteilungenzwischendenAbsatz kanälenklarundnachvollziehbargeklärtwerden(vgl.Krone2004,S.11).
Sinkende Differenzierungspotenziale durch Zunahme von Penetration und Standards: Es kommt vor, dass Handelsunternehmen die Leistungsunterschiede zwischen den Absatzkanälen anders interpretieren, als diese von den Kunden wahrgenommenwerden.JewenigerUnterschiedeallerdingszwischendenKanä lenhervorgehobenwerdenkönnen,destoeherkannibalisierensichdieAbsatzka näle(vgl.Krone2004,S.9ff.).ZurHerausstellungderUnterschiedemüssendieBe sonderheitendesjeweiligenAbsatzkanalsverdeutlichtwerden.ErkennbareDiffe renzierungsmerkmaleliegennurdannfürdenKonsumentenvor,wennihnenein
222
Risk-Benefit für den Multi-Channel-Handel
zusätzlicher Absatzkanal einen bedeutsamen Nutzen bzw. Vorteil bietet, den an dere Kanäle nicht aufweisen (z.B. 24StundenVerfügbarkeit). Weiterhin muss die angebotene Problemlösung von den Kunden als relevant und einzigartig angese henwerden.AuchsolltendieBedürfnisseindemspezifischenAbsatzkanalfürden KundenbessererfülltwerdenalsdurchdenWettbewerber(z.B.Lieferzeit).Aller dingsbestehtimHandeleingrundsätzlichesMankodarin,dasseinevomKunden wahrnehmbare Serviceleistung oder Profilierung nur von wenigen Handelsunter nehmen erbracht wird. Zusätzlich wird eine Differenzierung durch einen neuen OnlineKanalunddendamitverbundenen„FirstMover“Vorteilimmerschwieri ger, denn je mehr Händler im Internet aktiv werden, desto geringer werden die DifferenzierungspotenzialeeinzelnerAngebote(vgl.Passenheim2003,S.125).
5.2.2
Risk-Benefit aus Multi-Channel-Kundensicht
AuchausKundensichtsindmehrereChancenundRisikenzubeachten(vgl.Abb.54). DabeilassensichalsChancendieAnpassunganKundenbedürfnisseundderRisiko ausgleichnennen: Abbildung54:
RiskBenefitdesMultiChannelHandelsausKundensicht
Quelle: In Anlehnung an Passenheim 2003, S. 124
Vorteile und Chancen
Kunden sicht
Nachteile und Risiken
• Anpassung an Kundenbedürfnisse durch
• Verwirrung beim Kunden durch die
gezielte Kommunikation in verschiedenen Medien • Risikoausgleich durch die Vermeidung von Abhängigkeiten von bestimmten Medien
Kommunikation der gleichen Leistung in verschiedenen Medien • Unzufriedenheit durch mangelnde ChannelHopping-Möglichkeit
Anpassung an Kundenbedürfnisse durch gezielte Distribution in verschiedenen Kanälen: In der Regel sind Kunden bereit und wünschen auch, bei einem ihnen bekanntenAnbieterweitereProduktezuerwerben,insbesonderewenndiebishe rigenErfahrungengutwaren.SoerwägtderKundenachdemKaufeinerSpielkon sole vielleicht auch die passenden Spiele oder sogar ein Nachfolgemodell der Spielkonsolezuerwerben.GleichesgiltfürdenPCKauf,demsichderErwerbvon SoftwareProgrammen anschließen kann. Neue „Storeless“Kanäle versetzen den KundendabeiindieLage,auchortsunabhängigundzujederUhrzeitflexibelor dern zu können. Beispielsweise erzielt der FernsehShop QVC nachts zwischen 1:00und2:00UhrseinehöchstenUmsätzebeiderVorstellungseinerNeuangebote.
223
5.2
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
Dieses Kaufverhalten könnte in stationären Geschäften definitiv nicht befriedigt werden.
Risikoausgleich durch Vermeidung von Abhängigkeiten auf bestimmte Kanäle: Die Standortproblematik im stationären Handel schafft insbesondere in struktur schwachen Regionen Versorgungsabhängigkeiten, die im Falle von Geschäfts schließungen zu katastrophalen Konsequenzen führen können. Hier schaffen zu sätzliche OnlineEinkaufsmöglichkeiten Abhilfe und reduzieren aus Kundensicht Versorgungsrisiken. AlsNachteileundRisikendesMultiChannelRetailingausKundensichtlassensich demgegenüberVerwirrungundUnzufriedenheitbeimKundennennen:
Verwirrung beim Kunden durch das Angebot unterschiedlicher Leistungen in verschiedenen Absatzkanälen oder mangelnde ChannelHoppingMöglichkeiten. In Fällen, in denen an eine spezielle Kundengruppe unterschiedliche Leistungen über verschiedene Kanäle distribuiert werden, kann es außerdem zur Überforde rungderKundenkommen,wenndiesedieAngeboteundderenVorteilhaftigkeit dann nicht mehr beurteilen können. Dabei sind nicht selten ungenaue Vorgaben für einzelne Absatzkanäle für die Verwirrung der Kunden verantwortlich (vgl. Schobesberger 2007, S. 32). Auch das unkoordinierte Nebeneinander von Absatz kanälen ist in der Regel Ursache für Desorientierung der Nutzer. So werden z.B. Sonderangebote nicht in allen Kanälen kommuniziert oder die Sortimentsgestal tung ist vollkommen unterschiedlich ausgerichtet, Produkte haben unterschiedli chePreiseunddasCorporateDesign(z.B.Design,Schriftzug,Farbe,Position)fällt völligunterschiedlichaus.DadurchhabendieKundenständigdasGefühl,esauch mitunterschiedlichenUnternehmenzutunzuhaben.Siekönnendannnichtmehr beurteilen, welches Angebot für sie von Vorteil ist und sind dementsprechend ü berfordert. Bei den Konsumenten entsteht so ein Bild der Unprofessionalität und Unkoordiniertheit.DaskannletztlichauchzumAbwandernderKundenundda mitzuUmsatzeinbußenführen.VerbraucherbetrachtenUnternehmentrotzunter schiedlicher Kanäle als Einheit und reagieren auf Widersprüche überaus sensibel (vgl.Krone2004,S.12).
Unzufriedenheit durch mangelnde ChannelHoppingMöglichkeit: Haben Kun den keine Möglichkeit zum unbeschwerten ChannelHopping, kann das Unter nehmenauchnichtdavonprofitierenundsogareherImageschädigungdavontra gen. Folge ist eine nachhaltige Kundenunzufriedenheit, die sich nur noch schwer korrigierenlässt.DasHandelsunternehmenmussaufallenKanälenseinekomplet tenProdukteundServicesanbietenkönnen,sonstverliertesanGlaubwürdigkeit (vgl.Krone2004,S.12).
224
Chancen für barrierefreien Online-Handel
5.3
Chancen für barrierefreien Online-Handel
HandinHandmitderzunehmendenNutzungdesInternetKanalsnimmtdieForde rungnachbarrierefreiemOnlineEinkaufinderaktuellengesellschaftlichenDiskussi oneinenzunehmendenStellenwertein.ZudemerweistsichdiebetroffeneZielgruppe auch für die Unternehmen der Konsum und Gebrauchsgüterindustrie als durchaus ökonomisch interessantes und zukünftig stark wachsendes Marktsegment (vgl. Ru land/Hardt/Heinemann2007,S.65).
5.3.1
Digitale Spaltung und rechtliche Situation
Die zunehmende Integration des Internets in die normalen Lebensabläufe, aber auch die Bedeutung für wirtschaftliche Prozesse und damit einhergehend die berufliche Tätigkeit lässt auf der anderen Seite die Befürchtung einer „digitalen Spaltung“ der Gesellschaft aufkommen (vgl. BPB 2006). Personen, die aufgrund ihrer Lebensum stände, ihres Alters oder ihrer körperlichen und geistigen Konstitution von der Nut zung des Internets ausgeschlossen werden, könnten gravierende Nachteile erfahren und von entscheidenden Chancen zur Gestaltung ihres Lebens abgekoppelt werden. AufgrundderdemografischenEntwicklungderBevölkerungsstrukturundderWech selbeziehungzwischenAlterundBehinderungistabzusehen,dassdieseProblematik immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Aus dieser Überlegung ergibt sich die Forderung,dieNutzungdesInternetsfüralleohnegroßeHindernisseauszugestalten. DieserAnspruchwirdzusammengefasstunterdemBegriff„BarrierefreiesInternet“. RechtlicheSituation In Deutschland wird den Bedürfnissen von Menschen mit einer Behinderung oder EinschränkungvonrechtlicherSeiteherdurchdas„GesetzzurGleichstellungbehin derter Menschen“ (BGG) Rechnung getragen. Gesetzesziel ist die Vermeidung und Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen, sowie das Ermöglichen einergleichberechtigten,selbstbestimmtenTeilhabeamgesellschaftlichenLeben(vgl. Bundesrecht 2006). Details zur Umsetzung von barrierefreien InternetAuftritten der Bundesbehörden und Wirtschaftsunternehmen in Deutschland regelt die „Verord nungzurSchaffungbarrierefreierInformationstechniknachdem„Behindertengleich stellungsgesetz“(vgl.BITV2006).UnternehmenundUnternehmensverbändesindvon dieser Rechtsverordnung ausgenommen, also gesetzlich nicht zur barrierefreien Um setzung ihrer InternetPräsentationen verpflichtet. Im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtungkanndiesejedochangegangenwerden.AndersalsinDeutschland werdenWirtschaftsunternehmenindenUSAaufBasisder„Section508oftheRehabi litationAct“vonjeglichengeschäftlichenBeziehungenmitdenBundesbehördenaus geschlossen,solltendiesekeinebarrierefreieInformationstechnologieverwenden(vgl. Section508,2006;Ruland/Hardt/Heinemann2007,S.65). 225
5.3
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
5.3.2
Wirtschaftliche Bedeutung und technische Unterstützung
Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen spielt für eine Einschätzung der wirt schaftlichenBedeutungbarrierefreierInternetTechnikdieGrößederangesprochenen ZielgruppeeineentscheidendeRolle.BeieinersorgfältigenAnalysestelltsichheraus, dass nicht nur behinderte Menschen, sondern zum Beispiel auch ältere Menschen sowieNutzermiteinerLernbehinderungodereinemMigrationshintergrundvoneiner barrierefreienInternetPräsentationprofitierenunddamitimweitestenSinneebenfalls zurZielgruppezurechnensind.AufgrundihrerImmobilitätundderhierausresultie rendenEinschränkungsindbehinderteoderältereMenscheneinebesondersinternet affineundkaufkräftigeZielgruppe.BieteteinUnternehmenfürdieseNutzergruppen einbarrierefreiesAngebotan,bedeutetdiesnebenderAkzeptanzsteigerungderWeb seiteunderhöhterKundenloyalitäteinenzusätzlichenImagegewinninderÖffentlich keit.DieswiederumkannzuhöherenVerkaufszahlenundsomiteinerSteigerungdes Marktanteils führen. Die Größe dieser Zielgruppe kann leicht anhand zweier Zahlen erfasst werden. In der Europäischen Union gibt es ca. 38 Millionen Menschen mit Behinderungund20ProzentihrerBevölkerungsindüber60Jahrealt.ObwohlWirt schaftsunternehmenalsogroßeVorteiledurcheinebarrierefreieInternetPräsentation haben können, belegen die Ergebnisse einer Studie der INDECA GmbH im Januar 2006deutlich,dassdieNutzungderWebseitenvielerUnternehmen„durchvielfältige technische Barrieren erschwert oder sogar verhindert“, sowie „das wirtschaftliche PotenzialbarrierefreierTechnologien[…]nurunzureichend“ausgeschöpftwird(vgl. Indeca 2006). Der Hauptgrund für Unternehmen, der gegen die Einrichtung einer barrierefreienInternetpräsentationspricht,isteinvermeintlichesMehranKosten.Laut einer Kosten Nutzen Analyse (vgl. Ruland/Hardt/Heinemann 2007, S. 66) belaufen sich die relativen Zusatzkosten auf Werte zwischen 0,04 und 1,56 Prozent falls der barrierefreieAuftrittbeiEntwicklungsbeginnderWebseitemitkonzipiertwird.Diese Werte relativieren die Befürchtungen der Unternehmen und machen deutlich, dass durch die barrierefreie Umsetzung einer Webseite nur unwesentlich höhere Kosten entstehen(vgl.Ruland/Hardt/Heinemann2007,S.66). TechnischeUnterstützungdesbarrierefreienInternetzugangs Blinde oder stark sehgeschädigte Menschen benötigen zu einem vollständigen Infor mationserhalt die Möglichkeit einer variablen Schriftskalierung, verstärkte Kontraste und für alle nur visuell zu erfassendenInformationen (z.B.Bilder undAnimationen) hinterlegte Alternativtexte. Gehörlose und hörbehinderte Menschen können durch denEinsatzvonGebärdensprachenvideosalsAlternativezugeschriebenemText un terstützt werden. Körperbehinderte Menschen können aufgrund ihres meist einge schränkten Bewegungsradius Webseiten nur dann kontrolliert bedienen, wenn alle ansteuerbaren Seitenelemente logisch angeordnet und inhaltlich voneinander abge grenzt werden, da unnötig viele Eingaben und Interaktionen für den Nutzer einen zusätzlichenKraftaufwandbedeuten(vgl.Weist2004,S.67).BarrierefreieWebangebo 226
Risiken nicht anforderungsgerechter AGB im Online-Handel
te,diespeziellaufdieBedürfnisseLernbehinderterundgeistigbehinderterMenschen ausgerichtet sind, zeichnen sich in hohem Maße durch die Verwendung einfacher Sprache,denEinsatzvonSymbolenundGrafikenunddurchdenGebrauchvonFar ben als Orientierungshilfe zur Informationsvermittlung aus (vgl. Ruland/Hardt/ Heinemann2007,S.66).
5.4
5.4.1
Risiken nicht anforderungsgerechter AGB im Online-Handel
Neue Widerrufsbelehrung
Zum11.Juni2010wurdendiegesetzlichenVorschriftenzumWiderrufsundRückga berecht neu geordnet. Für OnlineHändler ist dies ein besonders wichtiges Datum, dennwerabdiesemTermindieaktuellgültigeWiderrufsbelehrungnochverwendet, riskierteinekostenpflichtigeAbmahnung(vgl.AnwaltskanzleiHeinemann2010,S.1). Die Musterwiderrufs und die Musterrückgabebelehrung werden Bestandteil des EGBGB. Das amtliche Muster erhält damit Gesetzesrang. Für den OnlineHändler führt dies zu mehr Rechtssicherheit. Verwendet dieser das neue Muster, so besteht keine Abmahngefahr. Die Gerichte sind an das gesetzliche Muster gebunden und können dies nicht mehr als wettbewerbswidrig einstufen (vgl. Anwaltskanzlei Hei nemann2010,S.1). Die Widerrufsfrist beträgt auch dann (nur) 14 Tage, wenn die ordnungsgemäße Wi derrufsbelehrung dem Verbraucher erst unverzüglich nach Vertragsschluss in Text form mitgeteilt wird. Dies führt dazu, dass nunmehr auch bei Verkäufen über die InternetHandelsplattformeBayundähnlichePortaleeineWiderrufsbzw.Rückgabe fristvon14Tageneingeräumtwerdenkann.Bislangwardiesnichtmöglich.Das14 tägigeWiderrufsrechterforderteeineBelehrungspätestensbeiVertragsschluss,diebei einemKaufvertragsschlussbeieBay–derHändlerweißjaerstnachEndederAuktion, werseinVertragspartnerist–austechnischenGründennichtmöglichwar.Spannend wirdzubeobachtensein,waskünftigals„unverzüglich“betrachtetwerdenwird.Die Gesetzesbegründung liefert hierfür jedenfalls einen ersten Anhaltspunkt. Dort heißt es,dassderUnternehmerdieersteihmzumutbareMöglichkeitergreifenmuss,umdie Belehrung mitzuteilen. Von einer Verzögerung soll hingegen auszugehen sein, wenn der Händler nicht spätestens am Tag nach dem Vertragsschluss die Widerrufsbeleh runginTextformaufdenWegbringt(vgl.AnwaltskanzleiHeinemann2010,S.1).
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5.4
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Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
Nach der Neuregelung genügt zudem eine unverzüglich nach Vertragsabschluss er folgte Belehrung in Textform, um dem Unternehmer einen Anspruch auf Wertersatz wegen bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme zu verschaffen. Dafür war bislang auch eine Belehrung spätestens bei Vertragsschluss nötig, was insbesondere eBay Händlernnichtmöglichwar(vgl.AnwaltskanzleiHeinemann2010,S.1). DiegesetzlichenÄnderungenführendazu,dassallebislanggültigenWiderrufsbeleh rungenseitdem11.Juni2010nichtmehrverwendetwerdenkönnen.OnlineHändler solltensichdaheraufdieneueRechtslageeinstellenundihreBelehrungenanpassen, zumaleseineÜbergangsregelungnichtgibt.BesondersvorsichtigmüssenalleHänd ler sein, die in der Vergangenheit bereits abgemahnt worden sind und eine strafbe wehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben. Denn durch die Änderung der BelehrungkönnteeinVerstoßgegendieUnterlassungserklärungerfolgen.Dieshätte dannzurFolge,dasseineVertragsstrafefälligwird.BetroffenesolltendaherinErwä gung ziehen, ihre Unterlassungserklärung mit Verweis auf die neue Rechtslage zu kündigen(vgl.AnwaltskanzleiHeinemann2010,S.1).
5.4.2
Kein Widerrufsrecht bei Produktindividualisierung
Bei Fernabsatzverträgen für Produkte, die nach Kundenspezifikationen angefertigt wurden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, besteht keinWiderrufsrecht(§312dAbs.4Nr.1BGB).DieswirdvonAnbieternentsprechen derProdukteindenAGBhäufignichtbedachtundindenAGBnurpauschalformu liert, der Kunde habe ein Widerrufsrecht. OnlineHändler, die individualisierte Pro dukte anbieten (z.B. Einzelfertigungen oder MassCustomization) sollten deshalb besondere Regelungen in ihre AGB aufnehmen. Gleiches gilt für urheberrechtliche Regelungen,wennKundenz.B.eigeneDesignIdeenverwirklichenkönnen. In Hinblick auf das Widerrufsrecht ist unbedingt zu berücksichtigen, dass Produkte, die nach einem so genannten Baukastensystem individuell nach Kundenwünschen zusammengestellt werden, von § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB nicht erfasst werden (z.B. Computer,Schmuck).DiesbezüglichkannaufdasUrteildesBGHvom19.03.2003,Az. VIII ZR 295/01, hingewiesen werden, welches das Widerrufsrecht bei Fernabsatzver trägen betrifft. Der die Rückabwicklung begehrende Kläger hatte ein Notebook nach seinenWünschenausstattenundmitZusatzkomponentenversehenlassen,sodassder BGH davon ausging, dass das Notebook in der konkreten Zusammenstellung nur zufällig einen anderen Käufer finden könne. Gleichwohl sei das Widerrufsrecht des Klägersnichtnach§3Abs.2Nr.1FernAbsG(jetzt§312dAbs.4Nr.1BGB)wegen Anfertigung der Ware nach Kundenspezifikation ausgeschlossen. Für den beklagten Händler habe, weil dieses aus Standardbauteilen zusammengesetzt worden sei, die ohne größeren Aufwand getrennt und anderweitig verwendet werden konnten, die Möglichkeit einer wirtschaftlich tragbaren Verwertung des Notebooks bestanden.
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Risiken nicht anforderungsgerechter AGB im Online-Handel
DeshalbwarnachAnsichtdesBGHderSchutzbereichvon§3Abs.2Nr.1FernAbsG (jetzt§312dAbs.4Nr.1BGB)nichteröffnet. EineStudie,dieimRahmeneinesForschungsprojektesunterBetreuungdesAutorsim Jahre 2008 an der Hochschule Niederrhein durchgeführt wurde, untersucht am Bei spiel von 14 ausgesuchten MassCustomizationInternetAnbietern, inwieweit den spezifischenAnforderungenandieAGBRechnunggetragenwird.Dabeiwurdenvor allemRückgaberegelungenundWiderrufsrechte,aberauchGewährleistungen,Retou renregelungen, Schutzrechteregelungen sowie Produkthaftungsregelungen im Mass Customizationuntersucht.BeidenuntersuchtenInternetAnbieternsindinderRegel die untersuchten rechtlichen Rahmenbedingungen im Rahmen der AGB geregelt. In wenigen Fällen sind die AGB unvollständig, in einem Fall fehlten sie ganz. Gewähr leistung (§§ 437 BGB) und Produkthaftung sind in der Regel nach gesetzlichen Be stimmungengeregeltbzw.begrenzt.EinLinkzudenAGBistaufjederSeiteintegriert, teilweiseexistierteinedirekteDownloadFunktion. Einen empfehlenswerten Umfang von AGB eines MassCustomization Anbieters im InternetzeigendiediesbezüglichenBestPracticeAnbieter:
§1Allgemeines,Geltungsbereich(§305BGB) §2VerantwortlichkeitfürOnlineAngebot §3Vertragsschluss §4Lieferung/Versand §5Preise §6Bezahlung §7Eigentumsvorbehalt(§449,§929,§158BGB) §8Gewährleistung(§438BGB) §9Haftung/Haftungsbeschränkung(§309BGB) §10Widerrufsrecht(§312dBGB) §11Schutzrechte/Urheberrechte(UrhG) §12TechnischeundgestalterischeAbweichungen §13Datenschutz(BDSG) §14Erfüllungsort,Gerichtsstand.
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5.4
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
Neben diesen Best Practices gibt es aber immer noch Anbieter, bei denen überhaupt keine AGB zu finden sind. Dieses ist gerade deshalb besonders problematisch, weil gemäߧ312cBGBderUnternehmerdemVerbraucherbestimmte,inVerbindungmit Artikel 246 §§ 1 znd 2 EGBGB näher bezeichnete, Informationen zur Verfügung zu stellen hat. Die Urheberrechte sind nur von wenigen der führenden Mass CustomizationAnbietern im Internet beachtet worden, und zwar lediglich von Nike iD, Lego Factory und Pixum. Spreadshirt nutzt die Bestimmung „zur Regelung des Urheberrechts an geistigem Eigentum der Kunden“ und bietet seinen Kunden die Möglichkeit,eineLizenzüberihreselbstgestaltetenMotiveanSpreadshirtzuverge ben.SpreadshirtvertreibtdanndiesesMotivundderKundeerhälteineProvisionvom UmsatzdesMotives.
5.5
Transformation und Perspektiven im Online-Handel
DasInternetschafftnichtnurTransparenz,sondernhatauchdieNutzerzu„mündi gerenKunden“gegenüberdenUnternehmengemacht:NeueInformationsundInter aktionsmöglichkeitenkönnennachindividuellenPräferenzenineinemnahezugrenz losen, weltweiten Beschaffungsmarkt genutzt werden (vgl. Haug 2010, S. 46). Hinzu kommt,dassWettbewerbsveränderungen –zumBeispieldieAnzahlderWettbewer ber–vielschnellerauftreten,alsmanesinder„PreInternetZeit“gewohntwar.Die sesführtzueinerZunahmedesWettbewerbsdrucks,wozuauchdiegesunkenenFix kostenbeiderErschließungvonOnlinePotenzialensowiedasgestiegeneAngebotan neuen Dienstleistungen wie z.B. Suchmaschinen beigetragen hat (vgl. Graf 2010, S. 342).WährendvieleUnternehmenesbishergewohntwaren,höchstens„alle5Jahre“ einen neuen Anbieter zu begrüßen, müssen sich jetzt im Internet insbesondere die B2CBranchen „alle 5 Minuten“ mit einem neuen Wettbewerber auseinandersetzen. Die Newcomer versuchen nun, die bisher geltenden USPs zu übertreffen und zum Beispiel schneller zu arbeiten, noch besser zu beraten und dem Kunden damit eine bessere Leistung zu bieten als die bisherigen Anbieter. Unternehmen, die ihr Leis tungsniveau nicht anpassen, geraten automatisch ins Hintertreffen und scheiden da mitfaktischausdemMarktaus,weilihreProdukteoderDienstleistungennichtmehr nachgefragtwerden.Dabeiermöglichendie(Informations)Intermediärejederzeitund überalleineneinfachenVergleichvonfaktischerLeistung(z.B.ServiceoderPreis)und lassen damit Anbieter in unseren Suchfokus rücken, die bisher keine Rolle gespielt haben(vgl.Graf2010,S.344).SiesorgendamitfüreinenormhohesMaßanTranspa renzundvereinfachensodieWahrnehmungneuerAnbieter,diesichdurchdasÜber treffenbishergeltenderBestleistungeninbestimmtenKategorienineinebesserePosi tion bringen. Die durch Markeninvestments und Kundenbindungsprogramme ange strebtenLockInEffekteanProdukte,DienstleistungenoderAnbieterwerdendadurch 230
Transformation und Perspektiven im Online-Handel
zunehmendineffizienter,dasichKundenvorallemaufgrundfaktischerLeistungsvor teile entscheiden (vgl. ebenda). Dadurch wird es für Anbieter immer schwieriger, schlechteLeistungenonlineandieKundenzubringen.Unternehmen,dienichtinder Lagesind,ihreLeistungendemMarktniveauanzupassen,werdenschnelleralsbisher vom Markt verschwinden. Unternehmen, die in der Lage sind mit ihren Leistungen den Benchmark zu setzen, werden noch erfolgreicher sein als bisher. Auch bisher völlig unbekannte Unternehmen können binnen kurzer Zeit durch minimale Leis tungsvorteilenahezuunbegrenzteReichweiteneffekteerzielen.EinDilemmaandiesen Effektenist,dasssowohlAufschwungalsauchAbschwungdurchsiegleichermaßen beschleunigt werden (vgl. Graf 2010, S. 345346). Vor diesem Transparenzdilemma könnensichdieUnternehmenkaumschützenundeserscheintsinnvoller,dieRegeln anzunehmenunddiesichdarausergebendenChancenzunutzen. Wie kann es angesichts dieses Transparenzeffektes jedoch sein, dass kein deutscher Handelskonzern–vielleichtmitAusnahmederOttoGruppe–ernsthaftonlineauf rüstet?EineErhebungderHochschuleNiederrheinunterdengrößtendeutschenEin zelhandelsFilialistendecktauf,dassdieMehrzahlnochkeinenOnlineShopbetreibt. UndselbstwennsolcheShopsexistieren,werdendiesevorwiegendals„starrer”Onli neKanal genutzt, um entweder alte Ware zu verramschen oder magere Rumpfsorti mente anzubieten. Viele der Angebote quälen die OnlineKunden zudem mit langen Ladezeiten, mangelnder Bedienungsfreundlichkeit („Usability”) sowie fehlenden Funktionalitäten.NurwenigederOnlineShopserreicheneinakzeptablesNiveau,das allerdings bei Weitem nicht an das der in diesem Buch aufgezeigten internationalen BestPracticesheranreicht.UndauchdiesogenanntenMultiChannelAnbieter,diein der Kombination von Offline und Online ihren Kunden ChannelHopping Möglichkeiten bieten könnten und denen das größte OnlinePotenzial beigemessen wird,tundieseshierzulandebisherkaum.SosindimdeutschenHandelkaumMulti ChannelKonzepte anzutreffen, die losgelöst vom stationären Geschäft („Lead Channel“bzw.Leitkanal)denOnlineShopwirklichalsstrategischeWachstumschan cenutzenundzueinemgleichberechtigtenKanalausbauen. Kein DaxHandelskonzern erreicht – sofern bei ihm eine stationäre Vertriebsschiene um einen OnlineShop ergänzt wird – nennenswerte OnlineAnteile imzweistelligen Bereich. Diese strategische Ignoranz und kaum nachvollziehbare „Internet Zurückhaltung”isthöchstbedenklichundmüssteAnalysteneigentlichSchweißperlen auf die Stirn treiben. Echte, voll integrierte MultiChannelSysteme inklusive Statio närgeschäft, in denen alle Kanäle gleichberechtigt betrieben und InternetAnteile im hohen zweistelligen Bereich erreicht werden, finden sich praktisch nur im englisch sprachigen Raum. Interessanterweise erwirtschaften diese Handelsunternehmen traumhafte Umsatzrenditen, die im deutschsprachigen Einzelhandel so nicht vorzu findensind.
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5.5
5
Risk-Benefit und Transformation im Online-Handel
DiebestenKonzeptederMultiChannelHändlerzeigeneinenhohenIntegrationsgrad ihrerAbsatzkanäle.DerempfundeneKundennutzenzwischendenKanälenistannä hernd identisch in Bezug auf Preispolitik, Kernsortimente und ServiceLevels. Zugleich werden die spezifischen Vorteile der unterschiedlichen Verkaufsformen herausgestellt, wie z.B. im OnlineKanal die modernen Instrumente des Web2.0 (Kundenforen,Videosbzw.Podcastsetc.).Dabeiwächstder„bewegte“OnlineKanal in der Regel deutlich schneller als die anderen Kanäle, in vielen Fällen mehr als 50 Prozent im Jahr. Diese Erfolgsbeispieleverdeutlichen,dass Faszination beim Einkauf nicht mehr nur ein rein „stationäres“ Thema sein muss, wie viele Traditionshändler immernochmeinen. Einprägsame und interaktive Erlebnisse können den Kunden heutzutage auch im E Commerce und den anknüpfenden Communities geboten werden. Und wenn die KundendemnächstimInternetim3DVerfahrenihreProdukteaussuchenundüber berührungsempfindliche Bildschirme bestellen können, dürfte hier sogar eine neue Dimension des Einkaufserlebnisses eingeläutet werden. Der typische Einwand deut scherHändler–„DieInvestitionensindnichtzustemmen“–kannwiderlegtwerden. DieOnlineHändlermitWebExzellenzsind„nakedcompanies“,alsoextremschlanke Unternehmen, die keine eigene Infrastruktur aufbauen, sondern auf professionelle FulfilmentProviderzurückgreifen.DiekönnenesinderRegelbesserundgünstiger. Vieles spricht dafür, dass die OnlineAnteile der „New Economy“ in den nächsten JahrenstärkeralsbishersteigenundsichdamiterheblichaufdieangestammtenBerei cheder„OldEconomy“auswirkenwerden.DennalleArtenvonWarenundServices haben sich mittlerweile als onlinefähig erwiesen. Und immer mehr Verbraucher in formierensichvorihremKaufimInternetüberdiegewünschtenProdukte.Mehrals 23ProzentallerstationärenKäufertundiesbereitsundspringendabeizwischenden verschiedenenHandelskanälenhinundher („ChannelHopping“).Von dieserWech selwirkung kann vor allem der „schwer gebeutelte“ stationäre Einzelhandel profitie ren. Denn die Gewinner im ECommerce werden insbesondere MultiChannel Händler sein, die in der Kombination von Filialgeschäft und OnlineHandel ihren Kundendas„ChannelHopping“ermöglichenundihnen dadurcheinenechtenKun denmehrwertbietenkönnen. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass bis 2015 voraussichtlich 40 Prozent allerstationärenEinzelhandelskundenihreKäufeimNetzvorbereitenwerden.Ange sichtsdieserfortschreitenden„RevolutionderInformation“durchdieimmerstärkere kaufvorbereitendeNutzungdesInternetmussumsomehrerstaunen,dassdieMehr zahlderstationärenEinzelhändlerinDeutschlanddenOnlineHandelalsWachstums chance nicht nutzt. Denn schon alleine aufgrund der demographischen Entwicklung sollten die Handelsunternehmen schnellstens umdenken, um nicht schon bald abge hängtzuwerden.SowachsenindenkommendenfünfbisachtJahrendieinternetaffi nen Zielgruppen der „PreDigitals” überproportional stark nach. Diese Menschen könnensichzwarnochgutaneineZeitohneInterneterinnern,nutzenesaberzuneh
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Transformation und Perspektiven im Online-Handel
mend. Sie wachsen immer stärker in die älteren Zielgruppen der „Internet Analphabeten”hinein,dienochnieimInternetwaren.IndiemittlerenAltersgruppen der„PreDigitals”wächstwiederumdiegroßeFlutder„DigitalNatives”herein,jene Menschen,dieschonmitdemWebaufgewachsensind.Mitihremprimärinternetba siertenEinkaufsverhaltendürftedieseGruppeindennächstenJahreneineregelrechte „RevolutionderInformationsgewinnung”auslösen.Esdauertschließlichnurnochein paarJahre,dannsinddiesejungenMenschengeschäftsfähig.DererstegroßeOnline Händler, Amazon, wird 2010 gerade einmal 15 Jahre alt. Die derzeit noch deutlich jüngeren „Digital Natives”, die mit diesem Angebot aufgewachsen sind, werden zu nehmend diejenigen Händler abstrafen, die das OnlineZeitalter unverständlicher Weise bisher ignorieren. Dabei ist eines sicher: Das Wachstum im ECommerce ist nicht mehr zu stoppen. Höheres Wachstum wäre möglich, wurden in Deutschland jedochoffensiveralsbisherdieChancendesInternetsgenutzt.
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5.5
Literaturverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
AffiliateMarketing58
B2C9
AfterSalesService128
B2CDistanzhandell73,199
AGBSicherheit158
B2COnlineUmsätze10,12
AnforderungsgerechteABG227
Breitband17,21
Applikationen85
BreitbandAnschlüsse24
AttractionMarketing91
CategoryManagement36
Automatisierung150
ChannelHoppingMöglichkeit162
Avatare137
CommunitybasierteMarkenführung 111
BackOfficeFunktionen206 BannerMarketing57 BarrierefreierOnlineHandel225 Beschaffungskosten171 Beschaffungsziele175 BestPractices186 imPureOnlineHandel186 imkooperierendenOnlineHandel 191 imMultiChannelHandel195 imhybridenOnlineHandel199 imvertikalisiertenOnlineHandel 200
ConsumerGeneratedAdvertising113 CRMNormstrategien47 CustomerBuyingCycle50 CustomerRelationshipManagement (CRM)46 CustomerValueOrientierung91 CycleTimeReduction147 Datensicherheit156 Datenschutz156 Dialogelemente125 DigitalesCM36 DigitaleSpaltung225
inFrontOfficeFunktionen202
DigitalNatives16
indenBackOfficeFunktionen206
Distanzhandel29
Bezahlsicherheit153
Distributionspolitik40
Bezahlflexibilität153
DSLAnschlüsse23
B2B9
EBranding17,101 259
ECommerce9,27
IndividualisierteEKaufprozesse136
Umsätze9
IndividuellerNewsletter134
EConnection29
IntegriertesCommunityMarketing 106
EContent27 EContext28 ECR172 EMailMarketing57 EMarkeninhalt103 EMarkenpromotion102 Erfolgsfaktoren87 ESourcing177,178 EStoreBrand102 Evaluierungshilfen119 EyeTracking117,118,119 Fähigkeitsprofile32 Flatrate21 FrontOfficeFunktionen203 Fulfilment141 GeschäftsspezifischeGrundlagen27 Geschäftssystem33 GlobalSourcing175 Google3 GPRS80 GSM80 Handelsform29 HSDPA80 HybriderOnlineHandel72 InformationelleVernetzung34 IndividualisierteAngebote135 260
IntegriertesMultiChannelSystem164 InternetUmsätzeWarengruppen14 Kanaleigenschaften167 Kaufentscheidungen4 Kaufprozess41 Kernkompetenzen32 Killer Differenzierungsfaktoren94 Category94 Feature94 Preis94 Produkt94 Service94 Kommunikationspolitik42 Kommunikationsprozess25 KomplexitätsPerformance145 Komplexitätstreiber148 KooperierenderOnlineHandel70 KulturTrauma15 Kunden Bewertungsverfahren64 Feedback118 Bindung48 Conversion60 Cut64
Gewinnung56
OldEconomyKultur18
Mehrwert161
OnetoOneMarketing132
Kundenorientierte Rundumbearbeitung32
OnlineHandel68
LeadChannel164 LinkingValue116 LogistikOutsourcing182 LowCostCountrySourcing176 MarkenstrategischeOptionen99 Marketingeffizienz59 Marketingpolitik35 MassCustomization3 MCommerce79 MedienspezifischeGrundlagen25 Mehrdimensionalität96 Mikroblogging115 MobileCommerce79 MobileEndgeräte82 MobilesSupernetz21 MShop30,77 MobileShopping77 MultiChannelHandel70 MultiChannelMatrix167 MultimedialeDarstellung96 MultioptionalesKaufverhalten162 Navigationshilfen120 NettonutzenKonzept93 NewEconomy15 NewEconomyKultur18
Formen68 Wachstum20 Online Marktforschung130,131 Marktsegmentierung106 Netzwerke2 Präsenz61 Überweisungen155 Verkaufsprozess129 Werbung45 Innovation143 Outsourcing180 Pangora185 Paradigmenwechsel35 PDA79 PermissionMarketing57 PersonalisierteBeratung136 PersonalisiertePräsentation136 Portale185 Preispolitik38 PreSalesService128 Produktsuchmaschinen185 ProzessIdee33 PullWirkung98 PureOnlineHandel68 RechtlicheRahmenbedingungen157 261
RegelnfürdenInternetHandel210
SupplementChannelStrategy160
Reichweiten43
SupplyChainExcellence144
Risikowahrnehmung152
SupportChannelStrategy160
RiskBenefit
SystemExcellence144
fürdenOnlineHandel212
TargetMarketing106
fürdenMultiChannelHandel217
TechnischeGrundlagen19
SearchSolutions117
TeleShop30
SecurityReputation151
Transformation230
SecurityStandard151,152
TriageIdee33
Selektionshilfen119
Übertragungstechnologien80
SelfServiceFunktionalitäten126
UMTS77
SellingProposition91
UsabilityProbleme119
ServiceorientierteDialogelemente125
USP103
ServiceSolutions117
Verkaufspolitik40
ShopAttraction91
Versandhandel29
SingularityCustomization131
VertikalisierterOnlineHandel85
SingularityPersonalization131
Vertriebspolitik35
Smartphone79
ViralMarketing58
SocialTargeting104
VirtuelleMarktplätze185
Societing104
VirtuellePartnerschaften183
SourcingConcept172
VirtuelleShoppingMalls185
SourcingToolbox174
Vorteilhaftigkeit
Sortimentspolitik36
desOnlineHandels212
SpeedSourcing177
desMultiChannelHandels217
Sprachausgabe226
WAP77
StrategicAlliances172
Web2.01
StrategischePartnerschaften183
WebUsability118
StrategischerITEinsatz148
Werbewirkung45
Suchmaschinenmarketing56
Widerrufsbelehrung227
262