Business Excellence in technologieorientierten Unternehmen
Christian Marxt · Fredrik Hacklin Herausgeber
Business Excellence in technologieorientierten Unternehmen
Mit 24 Abbildungen
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PD Dr. Christian Marxt Dr. Fredrik Hacklin ETH Zurich Department of Management, Technology and Economics Kreuzplatz 5 CH-8032 Zurich Switzerland
[email protected] [email protected]
ISBN 978-3-540-73880-0
e-ISBN 978-3-540-73881-7
DOI 10.1007/978-3-540-73881-7 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.com
Würdigung und Dank
Prof. PhD. Fritz Fahrni – Entrepreneur, Lehrer, Vorbild Die Ausbildungszeit verbrachte Fritz Fahrni sowohl in der Schweiz als auch im Ausland. Das Studium als Maschineningenieur an der ETH schloss er 1966 mit Auszeichnung ab und erhielt die ETH Medaille für herausragende Leistungen. Im Anschluss daran begab er sich in die Vereinigten Staaten an das Illinois Institute of Technology in Chicago und promovierte dort im Jahr 1970 im Rahmen eines NASA-Projektes auf dem Gebiet Fluid Dynamics. Nach Abschluss des ersten Teils seiner akademischen Karriere wechselte Fritz Fahrni in die Wirtschaft. Bei Ciba-Geigy in der Schweiz und in England übernahm er rasch erste Führungsverantwortung. Von 1977 an arbeitete er dann fast zwanzig Jahre lang für ein Unternehmen, das er entscheidend mitgeprägt hat: Sulzer AG. Seine Stationen gingen über verschiedene Führungsebenen von der Entwicklung, über die Bereichsleitung Gasturbinen, Webmaschinen bis hin zur Leitung des Konzernbereichs Textilmaschinen. Im Jahr 1988 übernahm er dann die Konzernleitung von Sulzer und führte das Unternehmen erfolgreich für mehr als 10 Jahre. Im Rahmen seiner Managementtätigkeit als CEO von Sulzer beschäftigte sich Fritz Fahrni vor allem das Thema Business Excellence und darin insbesondere die Bereiche Technologie und Innovation, Nachhaltigkeit und Human Resources. Für ein grosses Unternehmen wie Sulzer war es wichtig, sich mit allen Bereichen des Unternehmens gleichermassen zu beschäftigen – es fehlte aber zu dieser Zeit ein passendes Modell. Daher schlossen sich Mitte der achtziger Jahre zahlreiche Unternehmen zusammen und gründeten die European Foundation for Quality Management (EFQM). Fritz Fahrni war in seiner Funktion als CEO von Sulzer eines der vierzehn Gründungsmitglieder der EFQM im Jahr 1988. Ziel war es ein Konzept zu schaffen, das nicht nur einen einmaligen Benchmark ermöglicht, sondern vielmehr ein Rahmenwerk bietet, um ein Unternehmen und dessen Geschäftstätigkeit auf Ebene der Geschäftsleitung einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu unterwerfen. Daraus entstand das EFQM-Modell für Business Excellence. Heute gehören der EFQM mehr als 700 Organisationen an.
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Nachhaltigkeit im Management bzw. nachhaltiges Management war das zweite wichtige Thema, das die Arbeit von Fritz Fahrni prägte. Aufmerksame Leser erinnern sich bestimmt noch an die zahlreichen Anekdoten über den Zug und Fahrrad fahrenden CEO von Sulzer. Das war gelebte Nachhaltigkeit. In einem Interview im Jahr 2000 sagte Fritz Fahrni „ … heute bezahlen wir für den Diebstahl von Erdöl und Erdgas an unseren Kindern und Enkel praktisch nichts.“ Ein Weg zu nachhaltigerem Wirtschaften führt auch über neue Technologien. Obwohl Technologie und Innovation in einem Technologiekonzern zum Tagesgeschäft gehören, hat Fritz Fahrni mit einem Spin-out aus dem Sulzerkonzern zum Thema Brennstoffzellen einen besonderen Schwerpunkt gelegt. Auch in seiner Lehrtätigkeit hat er mit zahlreichen Vorlesungen und Vorträgen das Thema einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sowie sich persönlich in zahlreichen Unternehmen engagiert, die sich diesem Thema aktiv widmen. Aus- und Weiterbildung waren ihm sowohl in der Wirtschaft als auch an der Universität sehr wichtig. Früh stellte Fritz Fahrni die Mitarbeiter ins Zentrum seiner Arbeit. Er startete eine Ausbildungsinitiative, die mehrere Jahre dauerte und das Ziel verfolgte, die Mitarbeiter zu unternehmerischem Denken anzuleiten. Als CEO widmete er dreissig Tage im Jahr der Arbeit als Coach und Ausbildner. Sein Interesse für Aus- und Weiterbildung hat auch den dritten – vermutlich aber nicht letzten – Teil seiner Karriere geprägt. Seit dem Jahr 2000 hält er eine Doppel-Professur für Technologiemanagement und Entrepreneurship an der ETH Zürich und an der Universität St. Gallen. Hier hat er sich den bereits erwähnten Themen verschrieben und war massgeblich am Aufbau der Lehrveranstaltungen zum Bereich Entrepreneurship, Nachhaltigkeit und Business Excellence beteiligt. An beiden Universitäten hat er mit viel Engagement den Studierenden seine Erfahrungen vermittelt. Seine Ausdauer und seine Bescheidenheit stellen vermutlich einen der wichtigsten Charakterzüge Fritz Fahrnis dar. Das spiegelt sich auch in seinen Freizeitinteressen wieder: Er ist nicht nur ein begeisterter Fünfkämpfer sondern auch hervorragender Bergsteiger. So hat er nicht nur beinahe alle Viertausender der Alpen bestiegen sondern kennt auch die Berge Asiens, Afrikas und Amerikas. Auch wenn wir Fritz Fahrni erst seit wenigen Jahren persönlich kennen, haben wir Ihn in dieser Zeit sehr schätzen gelernt. Seine ruhige, besonnene Art und die Leidenschaft, seine Erfahrungen an seine Studierenden, Mitarbeiter und Kollegen weiterzugeben, haben uns sehr beeindruckt. Ihm gebührt unser herzlicher Dank. Danken möchten wir auch unseren Kollegen aus der Akademia und den Praktikern aus der Wirtschaft, die mit Ihren Beiträgen dieses Buch erst
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ermöglicht haben. Sie haben auch speditiv und mit grossem Einsatz zum Teil enge Abgabezeiten eingehalten. Darüber hinaus geht unser Dank an Frau Maria Fahrni Steiner, die durch Ihre persönliche Unterstützung und Ihr Sponsoring, einen äusserst wichtigen Beitrag geleistet hat. Unser Dank geht auch an Frau Barbara Fess von Springer und Frau Cornelia Kresser von LE-TeX für Ihre Beratung und Ihre Geduld bei der Gestaltung und Erstellung des Buches. Erst im Zusammenspiel zwischen diesen Personen ist ein spannendes Buch gelungen.
Christian Marxt und Fredrik Hacklin Zürich, 24. Oktober 2007
Inhaltsverzeichnis
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Strategie und Innovation 1.1 Business Excellence durch Innovation................................... Oliver Gassmann 1.2 „Lean Innovation – ein Widerspruch in sich?“ ...................... Günther Schuh, Walter Eversheim, Michael Jung, Michael Lenders, Sebastian Schöning 1.3 Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies ........................................ Roman Boutellier, Karin Löffler 1.4 Distributed Innovation in the Education of Future Entrepreneurs ......................................................... Georg von Krogh, Stefan Haefliger 1.5 Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur......................................................... Pius Baschera Produkt und Prozess 2.1 Operative Exzellenz in der Pharmazeutischen Industrie........ Thomas Friedli, Daniel Tykal, Thomas Gronauer 2.2 Exzellenz durch Nachhaltigkeit im Einkauf........................... Jens Hamprecht, Daniel Corsten 2.3 Präventives Qualitätsmanagement ......................................... Anja Schulze, Thomas Mohr 2.4 Virtual Architecture – Immersive Technologien für das Bauen der Zukunft am Beispiel des Fraunhofer Zentrum für Virtuelles Engineering .............. Hans-Jörg Bullinger, Wilhelm Bauer, Günter Wenzel 2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung in technologieorientierten Unternehmen................................ Heiko Gebauer, Regine Krempl, Elgar Fleisch
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Inhaltsverzeichnis
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Führung und Personal 3.1 Unternehmensqualität – in der Verantwortung der Geschäftsleitung............................................................... Hans Dieter Seghezzi 3.2 Reinventing the Management Education Industry – A Revolution in the Making................................................... Derek F. Abell 3.3 The Human Asset: Mehr als ein Schlagwort für erfolgreiche, innovative Unternehmen ............................. Massimo S. Lattmann, Sita Mazumder 3.4 Die Chancen der Ungleichheit ............................................... Ulrich Bremi 3.5 Business Excellence: Der Mensch im Zentrum ..................... Johann Niklaus Schneider-Ammann
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Curriculum Vitae von Prof. Dr. Fritz Fahrni .................................... 181
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Strategie und Innovation 1.1 Business Excellence durch Innovation Abb. 1 Management von Innovation auf normativer, strategischer und operativer Ebene (Gassmann 2006) ....................................................... 1.3 Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies Fig. 1 Bottlenecks prevent the benefits for the customer ..... Fig. 2 Illustration of railway power innovations versus maximal velocity enabled by improved railway tracks. Adapted from (Rütimann et al. 2006) ............ Fig. 3 Comparison of battery types, according to specific energy density (based on company data and Kiehne 2003; McGrath 1998) ............................. Fig. 4 Cooperation structures depending on goal congruence and technical uncertainty........................ Fig. 5 The perception of technical limitations has implications on risks & chances in development projects. ............................................ 1.5 Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur Abb. 1 Das Hilti-Geschäftsmodell......................................... Abb. 2 Wie Hilti aufs Messen kam........................................ Produkt und Prozess 2.1 Operative Exzellenz in der Pharmazeutischen Industrie Abb. 1 Konzept zur Einordnung der strategischen Bedeutung der Produktion ......................................... Abb. 2 Gestaltungsmodell Operative Exzellenz .................... 2.2 Exzellenz durch Nachhaltigkeit im Einkauf Abb. 1 Spannungsfeld des Einkaufs ...................................... Abb. 2 Beurteilungsschema für mögliche Schadenfälle ........
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Abb. 3 Unterschiedlichste Verpflichtungen schränken die Handlungsfreiheit des Einkaufs ein. Am erfolgreichsten agiert der Einkauf, wenn er soziale und ökonomische Verträge erfüllt. ................ Abb. 4 Ansatzpunkte für die Umsetzung eines nachhaltigen Einkaufs ...................................... Abb. 5 Einflussnahme auf die bestehenden impliziten Verträge des Unternehmens....................................... 2.3 Präventives Qualitätsmanagement Abb. 1 Das Modell „präventives Qualitätsmanagement“...... 2.4 Virtual Architecture – Immersive Technologien für das Bauen der Zukunft am Beispiel des Fraunhofer Zentrum für Virtuelles Engineering Abb. 1 Zentrum für Virtuelles Engineering (ZVE), VR-Visualisierung mit dem VR Planungswerkzeug VRfx ........................................... Abb. 2 Tag-/Nachtmodell für die Planung der Fassade des ZVE mit der VR-Software VRfx......................... Abb. 3 VR-unterstützte ZVE-Baubesprechung am Fraunhofer IAO.................................................... Abb. 4 Frontloading als Beitrag zur Sicherung von Immobilienperformanz ....................................... 2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung in technologieorientierten Unternehmen Abb. 1 Wichtigkeit und Implementierungsgrad von Voraussetzungen für die Entwicklung von Dienstleistungen in produktorientierten Unternehmen (Quelle: ITEM-HSG 2005, n = 182) ... 3
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Führung und Personal 3.1 Unternehmensqualität – in der Verantwortung der Geschäftsleitung Abb. 1 Hierarchie der Qualität .............................................. 134 Abb. 2 St. Galler Modell „Integriertes Qualitätsmanagement“............................................... 135 3.2 Reinventing the Management Education Industry – A Revolution in the Making Fig. 1 Teaching, Research and New Practice Development as an All-in-One Process ..................... 150
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Business Excellence durch Innovation
Oliver Gassmann Institut für Technologiemanagement, Universität St. Gallen
Megatrend Transformation Im Jahr 2005 fragte McKinsey rund 9.000 Führungskräfte, was die wichtigste Voraussetzung für Wachstum sei. Das Ergebnis war eindeutig: Innovation. Innovation wird zur einzigen Konstante beim erfolgreichen Wettbewerb in der globalisierten Wissensgesellschaft. Das innovative Unternehmen 3M hat rund 60.000 Produkte im Portfolio, für 2007 hat dieses angestrebt, dass 50% des Geschäftes durch Produkte kommt, die nicht älter als 3 Jahre sind. Die Globalisierung des Wettbewerbs, welche noch in den 90er Jahren eine Domäne der multinationalen Großunternehmen war, wird derzeit durch schnelle, flexible und schlagkräftige Unternehmen weiter vorangetrieben. Aufgrund der exponentiellen Dynamik der Märkte und der hohen Bedeutung von Standards werden nur noch die schnell wachsenden Unternehmen überleben. Fast-Mover haben in dynamischen Branchen immense Wettbewerbsvorteile. In zahlreichen Branchen haben im letzten Jahrzehnt Transformationsprozesse begonnen, welche von dramatischer Bedeutung für das jeweilige Kerngeschäft sein werden. Die Geschwindigkeit und Breite dieser Transformationsprozesse müssen verstanden werden: 1. Industrie-Rekonfiguration: Größere Restrukturierungen gesamter Industriebereiche sind zu erwarten, Branchengrenzen werden neu definiert, z. B. die Tankstelle als 24h-Shop oder die Verschmelzung von Computer und Telefon. Dies geht einher mit Technologiefusionen, z. B. ist aus den bisher autonomen Sektoren Computer, Telekommunikation und Entertainment die Multimedia-Branche entstanden. Unternehmensgrenzen verwischen zunehmend.
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Oliver Gassmann
2. Branchenerweiterung: Die Portersche Branchenanalyse muss sich immer stärker auf die Gefahr der Neueintretenden ausrichten. Das IT-Unternehmen IBM hat beispielsweise im Jahr 2004 bezüglich Anzahl Patente in der Biotechnologie weltweit den Platz 8 eingenommen. 3. Verlagerung des Denkplatzes: Die Globalisierung verschärft den Wettbewerb weiter. Die kostengetriebene Verlagerung von Werkplätzen in Niedriglohnländer schreitet voran. Für die nationale Wettbewerbsfähigkeit der westlichen Volkswirtschaften wirkt sich jedoch noch stärker aus, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer schneller als vielfach erwartet eigene Innovationsfähigkeiten aufbauen. Folgt auf den Verlust des Werkplatzes auch der des Denkplatzes, wird es kritisch, da dies bislang noch der komparative Vorteil der Hochlohnländer Schweiz und Deutschland war. Schweizer Unternehmen geben laut Bundesamt für Statistik im Jahr 2005 bereits 49% ihrer F&E-Aufwendungen im Ausland aus – trotz der starken Wissenschaftsorientierung der Schweiz. 4. Innovationslokus Entwicklungsland: Bislang schien sich die F&E-Internationalisierung auf die Triadenländer zu beschränken. Entgegen der Theorie (z. B. Vernons Internationalisierungsansatz) findet aber immer stärker Innovation in Entwicklungs- und Schwellenländern statt. China hat im Jahr 2005 bereits 700 ausländische F&E-Labore aufgebaut, der Trend ist fortsetzend. Indien ist heute schon das führende Land für Software-Outsourcing weltweit – nicht nur quantitativ, sondern auch bezüglich der Qualität der Softwareentwicklungen. 5. Konsumentenverwirrung: Wachsende Sparquote in Deutschland (10,7% in 2005) führt zu einer steigenden Konsumverweigerungsquote oder Aldisierung des Marktes. Dabei lassen sich die Kunden immer weniger klar segmentieren: Die Frau mit Pelzmantel im Porsche jagt im Aldi nach 5 Cent günstigeren Joghurts. Smart Shopping weicht bisherige Kategorisierungen auf. Gleichzeitig wird der Konsument durch die zunehmende Variantenvielfalt erschlagen; weniger ist mehr, wie auch Migros und Coop erkennen. 6. Downstream-Fokus: Die Geschäftsprozesse werden neu rekonfiguriert und zum Teil sogar radikal erneuert, z. B. FederalExpress, Publishing Amazon. Neue Serviceanbieter fokussieren auf mehr Wertschöpfung in Downstream-Aktivitäten, z. B. eBay. Gleichzeitig werden aufgrund der Erfahrungen des Internet-Hypes die Geschäftsmodelle stärker hinsichtlich Nachhaltigkeit und Robustheit hinterfragt. In der Wissenschaft zeigt sich dieser Downstream-Fokus durch eine verstärkte Anwendungsorientierung in der Forschung; Unternehmen konzentrieren sich hingegen stärker auf die Wissensumsetzung in neue Produkte und Dienstleistungen.
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7. Knowledge Broker: Wissen wird zur wichtigsten Ressource, der Kampf um die weltweit besten Köpfe verschärft sich. Dabei werden die Wissensarbeiter zunehmend zu Portfolio-Worker, welche mehrere Tätigkeiten gleichzeitig für unterschiedliche Organisationen durchführen. Unternehmen öffnen dabei zunehmend ihre Innovationsprozesse: externes Wissen und vorhandene Kompetenzen werden in das Unternehmen absorbiert. Dies erfordert neue Fähigkeiten in Unternehmen: Weniger Technologiefachexperten, mehr Systemspezialisten werden benötigt. Es gibt nun mehrere Wege zu Business Excellence durch die Herausforderungen durch die externen Transformationsprozesse: 1. Kostenreduktionen durch Verlagerung in kostengünstige Niedriglohnländer: Der dänische Danfoss-Konzern hat beispielsweise China als den neuen ‚Heimatmarkt‘ bezeichnet. Grössere Wertschöpfungselemente werden konsequent verlagert. Nach der Produktion findet heute auch zunehmend F&E in China statt. Die Konsequenz sind Arbeitsplatzverluste in grossem Stile. 2. Innovation in Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen: Mehr Wertschöpfung durch neue Produkte, stärkere Marken und damit Erhöhung des subjektiven Kundennutzens, innovativere Kundenbeziehungen, kostengünstigere Verfahren. Innovation als Ausweg von produzierenden Unternehmen in Westeuropa: Business Excellence durch Innovation hilft den Unternehmen, der Volkswirtschaft und damit auch der Gesellschaft in Westeuropa.
Innovation: normativ, strategisch und operativ Auf der Suche nach dem Glück stellte der amerikanische Verhaltensforscher Gregory Berns fest: Nicht Geld, Sex und Erfolg bringen Erfüllung, sondern das Streben nach Neuem. Oder in anderen Worten: ‚Befriedigung bedarf des Unerwarteten‘. Dabei gilt jedoch die Erkenntnis des Dichters Christian Morgenstern, dass jede Schöpfung ein Wagnis ist. Fehlschläge sind unmittelbar verbunden mit Innovation. Erneuerung ist nur möglich über stetiges Scheitern. Wie sagte doch bereits der Erfinder Thomas Edison, bei der Erfindung der Glühbirne: ‚Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die zu keinem Ergebnis führen.‘ Die Möglichkeit des Scheiterns erfordert jedoch Mut, Unbeirrbarkeit im Handeln und starkes
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Oliver Gassmann
Unternehmertum. Nur Unternehmen mit mutigen, unternehmerischen Mitarbeitern sind in der Lage stetig zu innovieren. Aus strategischer Sicht ist Innovation die zentrale Quelle für Differenzierung und Kostenreduktion. Die Anreize für Investitionen in risikoreiche Innovationsvorhaben liegen in der Erwartung über diese Wettbewerbsvorteile temporäre Monopolgewinne zu erzielen. Dies ist nur möglich, wenn die Innovation nicht imitiert wird. Der Schutz von Innovation hat daher von je her eine wichtige Bedeutung für die Anreize in Innovationen zu investieren. In Ländern wie China in denen die Durchsetzung von Rechten aus geistigem Eigentum schwierig bis unmöglich ist, findet F&E unter stark erschwerten Bedingungen statt. Es reicht nicht mehr aus, Technologien erfolgreich zu entwickeln. Vielmehr hat das Management von Innovation ganzheitlich auf normativer, strategischer und operativer Ebene zu erfolgen (siehe Abb. 1): Das normative Management von Innovation muss sich auch aktiv mit Visionen, Missionen, Werten und Leitbildern auseinandersetzen. Gerade in hoch entwickelten Volkswirtschaften wird die Technologieeuphorie ersetzt durch grundsätzliche Technologieskepsis: Wo liegen die Grenzen in der Forschung? Gentechnologie und Stammzellenforschung sind aktuelle Beispiele hierfür. Das strategische Management von Innovation muss zum einen Aussagen machen zu Ressourcen, Technologien, Wissen und Kompetenzen der Mitarbeiter (interne Sicht). Gleichzeitig müssen die Märkte, Kunden, Lieferanten, Kooperationspartner und Wettbewerber berücksichtigt werden (externe Perspektive). Als sich spätestens in den 70er Jahren die Verkäufermärkte
Abb. 1. Management von Innovation auf normativer, strategischer und operativer Ebene (Gassmann 2006)
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zu Käufermärkten wandelten, rückte die Kundenperspektive ins Zentrum des Technologie- und Innovationsmanagement. Eine Geschäftsstrategie hatte sich ausschließlich an den Kunden zu orientieren. In den 80er Jahren wurde diese Perspektive ergänzt durch Porters Wettbewerbsperspektive, bei der vor allem komparative Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten erzielt werden sollten. In den 90er Jahren wurde diese externe Kunden- und Wettbewerbsperspektive durch die interne, ressourcenbasierte Sicht ergänzt; Fokussierung auf Kernkompetenzen wird ein zentraler Bestandteil. Wichtig ist ein ganzheitliches Management von neuen Technologien und Innovationen, bei dem alle drei Perspektiven gleichermaßen berücksichtigt werden. Auf operativer Ebene steht die Gestaltung und Führung des Innovationsprozesses im Mittelpunkt. Häufig wird die Analogie eines Entwicklungstrichters verwendet, bei der eine große Anzahl an Ideen und Konzepten in der frühen, unstrukturierten kreativen Phase bewertet und gefiltert werden; in der späten, strukturierteren Umsetzungsphase werden die neuen Produkte und Dienstleistungen entwickelt. Zahlreiche Methoden und Instrumente sind verfügbar, um den Innovationsprozess effektiver und effizienter zu gestalten. Das Management von Leistung, Qualität, Kosten und Zeit steht dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Vordergrund. Die Generierung und Bewertung von Ideen und Konzepten hinsichtlich einer optimalen Ausrichtung auf die Wertschöpfung des Unternehmens ist Gegenstand des operativen Technologie- und Innovationsmanagements (Albers, Gassmann 2005). Häufig entdeckt man in Unternehmen Partialperspektiven: Zahlreiche KMUs bleiben auf der operativen Ebene des Durchwurstelns von F&E-Projekten, während man in Grossunternehmen oft in sich konsistente Strategieplanungen in den Stabsabteilungen entdeckt – die umsetzenden Einheiten kennen diese Papiere jedoch nicht einmal. Ganzheitliche Perspektiven werden wichtiger, um zu Business Excellence zu gelangen.
Mut zu Bandbreiten Der Fortschritt ist heute so schnell, dass während eine Sache für unmöglich erklärt wird, sie andernorts bereits realisiert ist. Albert Einstein
Innovation ist riskant, aber keine Innovation ist in der Regel noch riskanter. Es gilt daher, das Risiko zu erkennen, möglichst zu reduzieren oder es
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zu akzeptieren. Es müssen die zentralen Treiber des Risikos identifiziert und verstanden werden. Der Projektmanager muss klar kommunizieren, welche Information er noch nicht hat. Unsicherheiten bezüglich der Zukunftsschau müssen klar ausgedrückt werden. Zweideutige Informationen sollten dabei jedoch nicht mit völliger Unsicherheit vermischt werden. Es hilft, bei unsicheren Prognosen eher in Bandbreiten und Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu denken, als auf eine absolute Punktlandung zu hoffen. Anders gesagt: Es ist besser ungefähr richtig zu liegen, als präzise falsch. In der modernen Naturwissenschaft wurden spätestens mit der Entwicklung der Quantenmechanik die Annahmen von Determinismus und Prognostizierbarkeit der Welt aufgegeben. Dies lässt sich am einfachen Beispiel des Wetters verdeutlichen: Die Prognose des Wetters ist aufgrund chaotischer, kaum erfassbarer Prozesse stark begrenzt (a.d. Heiden 1996). Derzeit kann mit rund 10.000 Wetterstationen eine einigermaßen zuverlässige Wettervorhersage für einen Zeitraum von 4 Tagen erstellt werden. Für eine entsprechende Vorhersage von 11 Tagen wären bereits 100 Millionen gleichmäßig über die Erde verteilter Datenstationen erforderlich. Eine Monatsvorhersage wird völlig unmöglich, da 1020 Wetterstationen benötigt würden, das heißt je eine auf je 5 mm2 Erdoberfläche. Nach dem Physiker Günther Küppers (1996) liegt der Wert des wissenschaftlichen Wissens vor allem in der Möglichkeit, Prognosen für die Zukunft zu machen. Problematisch werden diese Vorhersagen im Falle komplexer Systeme mit chaotischen Prozessen, da ähnliche Ursachen völlig unterschiedliche Wirkungen haben können; selbst bei nahezu identischem Sachverhalt wiederholen sich die Folgen niemals exakt. Der am Wetterbeispiel auftretende „Schmetterlingseffekt“ basiert auf dem Vorliegen einer instabilen Situation mit Selbstverstärkungseffekt. Prognosen werden hinfällig, wenn eine mikroskopisch kleine Störung zu einer makroskopischen Veränderung führen kann. Hier kann man nur versuchen, schwache Signale rechtzeitig zu erkennen und proaktiv Zukunftsbilder zu entwerfen. Risikoreiche Projekte sind anders zu führen als Routineprojekte. Die meisten Innovationsvorhaben scheitern aufgrund ungenügender Beachtung der Risiken zu Projektbeginn. Häufig machen die hohe Unsicherheit und Dynamik eine langfristige Detailplanung unmöglich. Klassische Projektmanagement-Methoden müssen unbedingt angepasst werden. Das Innovationscontrolling sollte nicht bremsen, sondern coachen, fördern und ausbalancieren. Bei der Projektplanung sind realistische Zeitreserven für unvorhersehbare Ereignisse einzuplanen. Bei der frühen Planung gilt insgesamt: Denken in Extremen und Szenarien unterstützt eine realistische Zielplanung. Grundsätzlich gilt im Projektmanagement: Je früher potentielle Probleme angegangen werden, desto geringer ist der Schaden. Typischerweise
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werden die Probleme erst angegangen, wenn der Produkt-Launch naht, da dann hohe Investitionen getätigt werden und dies die Aufmerksamkeit des Top Management anzieht. Diese Feuerwehraktionen führen jedoch immer zu kostenintensiven Korrektivmaßnahmen im Feld. Die Regel, dass eine Problemlösung in der Konzeptphase 1,–$, beim Prototypen 10,–$, in der Produktion 100,–$, im Feld 1000,–$ kostet, stimmt nur tendenziell. Frühe Problembewältigung ist jedoch besser als die übliche Problemverdrängung.
Schwache Signale in heutigen Zeiten? Frühaufklärung wird erforderlich, um rechtzeitig schwache Signale im Sinne von Ansoff (1976) für Chancen und Risiken eines Unternehmens zu erkennen. Die Verdoppelung der weltweit verfügbaren Wissensmenge alle sieben Jahre führt jedoch zu einer immer schwierigeren Identifizierung von schwachen Signalen. Dies kann auch der enorme Fortschritt von immer intelligenteren Suchalgorithmen von Google und seinen Mitwettbewerbern nicht aufhalten. 80% aller weltweit veröffentlichten technischen Informationen sind übrigens – für jeden zugänglich – als Patente veröffentlicht. Das Management des neu generierten Wissens gewinnt dramatisch an Bedeutung, zumal der Grossteil aller Innovationen lediglich Rekombinationen aus existierenden Ideen, Konzepten und Technologien sind. Dies erfordert eine aktive Suche nach Information, die schlecht definiert ist und damit unterschiedliche Interpretation ermöglicht. Kirsch (1991) veranschaulicht diese Frühaufklärung mit der Metapher des „AufwirbelAnsaug-Filter-System mit systematischem Recycling und automatischer Filterüberprüfung“. Schwache Signale müssen aktiv angesaugt werden. Zuvor müssen Informationen spielerisch aufgewirbelt („Technology of Foolishness“) und die breite Informationssuche gefiltert werden, um einen Informations-Overload zu verhindern. Wichtig sind jedoch das Recycling der Ideen und die Überprüfung der Filterkriterien, wie z. B. strategische Konsistenz, Bewertungs- und Relevanzkriterien. Frühaufklärung wird in zahlreichen Unternehmen zur Erkennung technologischer und Markt-Risiken institutionell verankert. Intelligence, Technology Forecast und Competitor Observation sind Elemente eines integrierten Technologiemanagements. Zunehmend wird die Aufgabe einer effizienten industriellen F&E als „Knowledge Broker“ gesehen. Statt Wissen zu schaffen, wird vorhandenes Technologie-Wissen aus Universitäten und anderen Industrien angesaugt und auf die Applikation in der eigenen Industrie hin überprüft. Damit lässt sich die eigene Forschung auf Gebiete innerhalb der definierten Kernkompetenzen reduzieren und gleichzeitig
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Technologieführerschaft erzielen. In der Automobilbranche werden beispielsweise nicht die Mikroprozessoren der allerneuesten Generation eingesetzt; Materialien können häufig durch eine intelligente Applikation aus der Luft- und Raumfahrtindustrie übernommen werden. Spielerischer Freiraum bleibt in der „Aufwirbel-Ansaug-Funktion“. Grenzen eines Technologiemanagements dieser Art, in der auch die Forschung und Vorentwicklung integriert sind, bestehen in Spitzentechnologie-Industrien, in denen hochdynamische, chaotische Prozesse dominieren. In Industrien, die durch dominante Designs gekennzeichnet sind, besteht die Gefahr, dass sich die Entwicklung und das Management zu stark auf bestehende Technologien konzentrieren. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass in solchen Branchen eine verpasste Chance dramatische Auswirkungen haben kann. Der Wechsel von mechanischen zu elektronischen Wasserzählern hat bei Landis&Gyr in kürzester Zeit einen enormen Wechsel in der Ausrichtung der Kernkompetenzen bewirkt. Unvorbereitet kann ein Unternehmen leicht vom Wettbewerb überholt werden; das Projekt erleidet Schiffbruch. Relevante Technologietrends müssen daher rechtzeitig erkannt werden. Die Hirnforscherin Danah Zohar vom MIT hat gezeigt, dass an der Grenze, an der Chaos und Ordnung zusammentreffen, neue Informationen auftauchen und neue Ordnungen entstehen können. Innovation lebt von undefinierten Bereichen, auch der Kunde weiß häufig nicht, was er wirklich möchte. Die klassische Marktforschung reicht nicht aus, um die Trends von Lead-Usern aufzufangen oder innovativer als der Kunde zu sein. In stagnierenden Märkten ist es gut, wenn ein Unternehmen seine Kunden und deren Bedürfnisse kennt. Ein innovatives Unternehmen muss den Kunden besser verstehen als er sich selbst: Die Aufgabe des Innovationsmanagement bei BMW liegt darin, „dem Kunden etwas zu geben, was er haben möchte, von dem er aber nie wusste, dass er es suchte und von dem er sagt, dass er es schon immer haben wollte“. Verborgene Bedürfnisse zu befriedigen schafft begeisterte Kunden. Noch wichtiger aber ist es, die „Nicht-Kunden“ zu kennen. Trendforschung ergänzt hierbei die klassische Marktforschung (Lead-User, anthropologische Expedition).
Das iPod-Syndrom Die Untersuchungen des MIT Professors Charles Fine (1998) haben gezeigt, dass nicht nur die dynamischen High-Tech-Industrien, sondern auch traditionelle Industrien deutlich ihren Rhythmus erhöhen. Kürzere Produktlebenszyklen und höhere Technologiedynamik erfordern eine schnelle Adaptionsfähigkeit an rasch verändernde Umweltbedingungen. Die Folgen
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von Geschwindigkeit sind klar: Je schneller Projekte durchgezogen und je mehr Aktivitäten bereits in frühen Phasen parallelisiert werden müssen, desto wichtiger wird die Fähigkeit risikoreiche Innovationsvorhaben erfolgreich zu managen. Schumpeters Innovationsinterpretation als „Sturm der kreativen Zerstörung“ ist heute aktueller denn je. Am bekanntesten ist das iPod-Syndrom: Apple – und nicht Sony – entwickelte aus überwiegend bekannten Technologien den MP3 Player iPod, welcher die Musikbranche revolutionierte. Der iPod wurde 2003 vorgestellt, am 22. Februar 2006 wurde bereits der 1. Millardste (!) Song über das Internet verkauft. Apple hat heute mehr als 50% seines Konzernumsatzes mit dem iPod und dem internetbasierten iTunes-Musikgeschäft erzielt. Sony hat stets daran geglaubt, dass Musikverkauf auf Datenträger (CD, DVD, etc.) basieren muss. Geteilte, meist unbewusste und selten hinterfragte Glaubensgrundsätze, die Soziologie spricht hier von Orthodoxien, können grosse Innovationsbarrieren darstellen. Je radikaler eine Innovation ist, umso stärker muss das Unternehmen die Orthodoxien überwinden. Dies gilt umso stärker, je erfolgreicher das Unternehmen in der Vergangenheit war.
Literatur Albers, S.; Gassmann, O. (Hrsg., 2005): Handbuch Technologie- und Innovationsmanagement, Strategie – Umsetzung – Controlling, Gabler: Wiesbaden. An der Heiden, U. (1996): Chaos und Ordnung, Zufall und Notwendigkeit. In: Küppers, G. (Hrsg.): Chaos und Ordnung, Formen der Selbstorganisation in Natur und Gesellschaft. Stuttgart 1996, S. 97–122. Ansoff, H.I. (1976): Managing Surprise and Discontinuity – Strategic Response to Weak Signals. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 28 (1976), S. 129–152. Fine, Ch. (1998): Clocktime. Perseus: Boston. Gassmann, O. (2006): Innovation und Risiko: zwei Seiten einer Medaille. In: Gassmann, O., Kobe, C. (Hrsg.): Management von Innovation und Risiko – Quantensprünge in der Entwicklung erfolgreich managen. Springer: Berlin, S. 3–24. Kirsch, W. (1991): Unternehmenspolitik und strategische Unternehmensführung. 2. Aufl., München.
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„Lean Innovation – ein Widerspruch in sich?“
Günther Schuh, Walter Eversheim, Michael Jung, Michael Lenders, Sebastian Schöning Werkzeugmaschinenlabor (WZL), RWTH Aachen
Lean, ein Widerspruch zur Komplexität der Produktentwicklung Der Lean-Thinking-Ansatz nach Womack und Jones hat unter dem Stichwort Lean Production in den letzten Jahrzehnten große Erfolge zu verbuchen. Die grundlegende Idee des Lean-Thinking-Ansatzes ist die Erhöhung des Kundennutzens und die konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf die wertschöpfenden Prozesse. Die Anerkennung Toyotas als Begründer des Lean-Ansatzes besteht seit der Veröffentlichung einer Studie des amerikanischen „International Motor Vehicle Program“ im Jahr 1990 in dem Buch „The machine that changed the world“ durch Womack und Jones [1]. Basierend auf den Grundsätzen des Toyota Produktionssystems wurde der Begriff Lean Production geprägt [2]. Das Lean Production Konzept ist entsprechend eines Zielsystems aufgebaut und ermöglicht die Steigerung von Effektivität und Effizienz in der Fertigung und Montage, indem es determinierbare Abläufe und Ergebnisse optimiert. Die Generierung von kurz hintereinander getakteten Innovationen ist heute mehr denn je ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen. Der Trend zur Vermischung in Teilmärkte und Erweiterung der Produktpalette führt zu steigenden F&E-Aufwänden. Für die Aufrechterhaltung einer konkurrenzfähigen F&E ist deswegen ein Umdenken erforderlich. Erfolgsentscheidend in dieser Situation ist es, nicht nur die Wirkung (Effektivität) der Produktentwicklung zu steigern und die richtigen Produkte zu entwickeln, sondern gleichzeitig auch die Innovationseffizienz im Sinne der aufgewendeten Ressourcen zu optimieren. Transparenz über die eigenen Aktivitäten und Strukturen ist für die Optimierung entscheidend.
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Naheliegend ist es nun, den etablierten Lean-Ansatz von Womack und Jones aus der Produktion im Sinne einer „Lean Innovation“ auf die F&E zu übertragen. Dies gelingt jedoch zunächst nur bedingt. Die Hintergründe der bislang noch nicht umfänglich vollzogenen Interpretation der Lean Management-Prinzipien auf die F&E lassen sich anhand der spezifischen Charakteristika derselben erläutern. Im Vergleich zur Produktion sind die Forschung und Produktentwicklung mit höheren Unsicherheiten der Prozesse behaftet, eine Detaillierung der Aktivitäten ist a priori nur begrenzt sinnvoll oder überhaupt möglich und der Automatisierungsgrad im Sinne einer vollkommenen Systemunterstützung ist begrenzt. Während der Fertigungsprozess von der Reduzierung an Variabilität profitiert, ist die Produktentwicklung auf Veränderlichkeit an vielen Stellen geradezu angewiesen und benötigt eine Steuerung, die diesen Umstand unterstützt. Die Innovation und die Produktentwicklung können nicht effizient als rein konsekutiv ablaufender Prozess gemanagt und vorgeplant werden. Die Strukturierung von Innovations- und Entwicklungsprozessen muss dieser Besonderheit Rechnung tragen. Der Planungshorizont ist länger als in der Produktion und ist dementsprechend mit Unsicherheiten und laufenden Änderungen behaftet. Auf Seiten der Mitarbeiter sind durchschnittlich höhere kognitive Fähigkeiten als in der Produktion erforderlich. In Summe bewirken diese Faktoren, dass die Identifikation von Verschwendung in der F&E sehr viel schwieriger ist als in der Produktion. Viele Tätigkeiten in der F&E sind nicht direkt wertschöpfend, aber dennoch unumgänglich und dürfen nicht als Verschwendung per se klassifiziert werden. Weite Teile der Produktentwicklung weisen sämtliche Merkmale eines komplexen Systems auf. Komplexe Systeme sind gekennzeichnet durch einen hohen Vernetzungsgrad einer hohen Zahl systemimmanenter Variablen, ein dynamisches Verhalten zur Eigenentwicklung, durch Intransparenz und damit einhergehender Unfähigkeit für einen Betrachter, das System vollständig zu erfassen. Komplexe Systeme verhalten sich unvorhersehbar und sind folglich nicht planbar. Deutlich davon unterschieden werden müssen Systeme, die zwar auf den ersten Blick komplex wirken, jedoch in ihren Eigenschaften lediglich kompliziert sind. Komplizierte Systeme lassen sich strukturieren und mit Hilfe von Lernen und der Verwendung von Methoden und Modellen erfolgreich beherrschen. Die Beherrschung des komplexen Systems hingegen wird bestimmt durch Üben, Erfahrung und Meisterkultur. Es gilt folglich zu prüfen, welche Inhalte einer F&E komplex und welche eigentlich nur kompliziert sind. Entsprechend dieser Unterscheidung muss die Beherrschung dieser Systeme erfolgen. So besagt Ashby’s Law zum Beispiel: Das Ausmaß, in dem es möglich ist, ein System unter Kontrolle zu bringen, hängt ab von dessen eigener Komplexität und von der Komplexität der Regulierung, die zur Verfügung steht. Angewendet auf die Produktent-
1.2 „Lean Innovation – ein Widerspruch in sich?“
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wicklung folgt nach diesem Naturgesetz zur Beherrschung von Komplexität, wenn das Umfeld komplex ist, wenn die Kunden immer anspruchsvoller und Konkurrenten immer besser werden, dann muss auch das Innovationsmanagement in der Lage sein, ausreichende Komplexität zu entwickeln, um richtig reagieren zu können. Trotz eines offenkundigen Potenzials zur Produktivitätssteigerung der F&E hat sich aber bis dato dennoch kein einheitliches Verständnis für die Anwendung der Lean Management-Prinzipien auf die F&E entwickelt [3]. Die Studie „Mit Lean Innovation zu mehr Erfolg“ des WZL aus dem Jahr 2006 zeigt, dass erst 33% der produzierenden Unternehmen in Deutschland erste Optimierungsprojekte zur Produktivitätssteigerung der F&E im Sinne der Lean Management-Prinzipien angestoßen haben [4]. Die übrigen 67% der Unternehmen haben entweder noch gar keine Bestrebungen in Richtung Lean Management in der F&E oder tragen sich mit ersten Projektideen im konzeptionellen Status. Dabei ist erschwerend das Begriffsverständnis für ein Lean Management in der F&E noch sehr heterogen geprägt. Teilweise wird „Lean Development“ als Methodensammlung verstanden, teilweise werden „Good Practice“ Beispiele beschrieben, teilweise wird eine kulturelle Ausprägung bezeichnet. Was fehlt, ist ein ganzheitlicher, allgemein gültiger und sich verbreitender Ansatz, vergleichbar mit der Bewegung der Lean Production bzw. des Lean Manufacturing.
Differenzierung von Komplexität: Prozesse statt Multiprojekte Gegenwärtige Entwicklungsstrukturen und Prozesse führen an vielen Stellen zur Verschwendung von Entwicklungskapazitäten beispielsweise durch unnötige Iterationsschleifen und ineffiziente Entscheidungswege. Die Ausgestaltung der Prozesse in der Lean Innovation erfolgt im Bemühen, der Natur der Produktentwicklung besser gerecht zu werden. Produktentwicklung kann hierbei als eine Kausalverkettung angesehen werden, bei der die Arbeitsschritte auf den kreativen Ergebnissen vorheriger Entwicklungsstufen aufbauen. Dieser Umstand stellt einen fundamentalen Unterschied zwischen den Aktivitäten in der Produktentwicklung und denen in der Produktion dar. Während in der Fertigung der Wert gerade darin besteht, dasselbe Produkt auf Basis identischer Prozesse mehrmals herzustellen, findet im Entwicklungsprozess in der Regel nur dann eine Wertschöpfung statt, wenn ein neues Ergebnis als Resultat am Ende steht. Hierin liegt die Ursache dafür, dass im Entwicklungsprozess viel mehr Streuung als in überwiegend repetitiven Prozessen auftritt. Diese Variabilität hat zur Folge, dass Aufgaben und ihre Abfolge im Vorfeld nur grob strukturierbar und schwierig
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planbar sind. Während der Fertigungsprozess von der Reduzierung der Variabilität profitiert, ist die Produktentwicklung auf Veränderlichkeit an vielen Stellen geradezu angewiesen und benötigt somit ein Management, das diesen Umstand unterstützt. Bislang erfolgen nahezu alle Aktivitäten in der F&E im Rahmen von komplexen Projektstrukturen. Diese Vorgehensweise führt zu einem gleichermaßen hohen Effizienzdruck für alle Projekttätigkeiten. Eine Unterscheidung zwischen komplexen und komplizierten Tätigkeiten wird aufgrund des Projektcharakters in der Produktentwicklung nur unzureichend getroffen. Die Strukturierung von Innovations- und Entwicklungsprozessen muss diese Besonderheit reflektieren. Während sich in verschiedenen Entwicklungsprojekten immer wieder ähnliche Aufgaben finden werden, so trifft dies nicht notwendigerweise auf die zugrunde liegenden Prozessschritte und Tätigkeiten zu. Produktentwickler leben in einer Welt immer wiederkehrender Aufgaben, aber einmaliger Prozesse. Zur Verbindung von Struktur und Flexibilität ist eine gezielt definierte und lokalisierte eigenverantwortliche Prozessgestaltung unabdingbar. Hier bietet es sich an, a priori Prozessmodule für wiederkehrende Aufgaben zu definieren. Diese Prozessmodule „aus der Schublade“ sind im Extremfall entweder nur „Bilanzhüllen“ für kreative Tätigkeiten oder aber vollkommen standardisierte Prozessschritte. Um die Prozessarchitektur jeweils auf dem richtigen Granularitätsniveau zu gestalten, können Abläufe auch im Kontinuum zwischen den beiden Extrema liegen. Somit ist es erfolgsentscheidend, separate Handlungsmaßstäbe für kreative Phasen und Routine-Tätigkeiten zu definieren. Module als „Bilanzhüllen“ für kreative Tätigkeiten sind in ihren Schnittstellen und weit weniger in ihrem inneren Aufbau festgelegt. Einmalige, kreative Aufgaben mit Projektcharakter werden als Strukturprozesse definiert, deren Optimierungsziel die Steigerung der Effektivität darstellt. Effektivitätsziele sind beispielsweise Kundenorientierung, Innovativität und Anforderungsgerechtheit. Rückkehrend zur Projektdefinition nach DIN 69901 sollten nur komplexe, kreative Aufgaben mit ungewissem Ergebnis echten Projektcharakter haben. Eine hohe Arbeitsteilung ist bei komplexen, kreativen Tätigkeiten nicht gegeben. Für kreative Tätigkeiten erfolgt die Definition der Bilanzhüllen bottom-up, wobei die Gestaltung und Steuerung der Prozesse eigenverantwortlich erfolgt. Bezug nehmend auf Ashby’s Law entspricht die Komplexität der Planung und Steuerung des Entwicklungsprojektes der Komplexität der Lösung im Projekt. Wichtig für die Definition von Bilanzhüllen für kreative Tätigkeiten ist die Definition von Zielvorgaben, Eingangsgrößen, Budget und Zeitplänen. Repetitive Aufgaben in der Produktentwicklung können als Abwicklungsprozesse bezeichnet werden. Das Optimierungsziel der Abwicklungsprozesse besteht in der Steigerung der Effizienz in Form von Aufwand,
1.2 „Lean Innovation – ein Widerspruch in sich?“
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Schnelligkeit und Zuverlässigkeit. Repetitive Aufgaben sind oftmals kompliziert aber nicht komplex, daher ergibt sich die Notwendigkeit einer standardisierten Handhabung. Für repetitive Tätigkeiten werden standardisierte Prozessschritt-Module definiert, um eine effiziente Abwicklung der Tätigkeiten zu ermöglichen. Für die repetitiven Routine-Abläufe kann in der F&E ein getakteter Prozesscharakter etabliert werden, zeit-, kosten- und qualitätsorientierte F&E zu ermöglichen. Entscheidend hierbei ist es, die Prozessarchitektur hinsichtlich der Detaillierung auf dem richtigen Niveau auszuführen. Um einen kontinuierlichen Fluss zu gewährleisten, müssen nach dem Vorbild der Wertstromoptimierung gleichmäßige Takte, Arbeitsteilung und die Optimierung der Auslastung in den Prozessen durch Bündelung in der Produktentwicklung etabliert werden. Erst durch den Prozesscharakter von repetitiven Routine-Abläufen kann eine Elimination von Verschwendungsformen in den Entwicklungsprozessen erfolgen.
Lösungsraummanagement in der alternativenorientierten Produktentwicklung Die eigentliche „Meisteraufgabe“ in der Produktentwicklung ist das Management des Lösungsraumes. Ausgehend von einem Problem erfolgt durch Abstraktion, Analogie oder Verfremdung die Definition eines Problemraums. In dieser Phase wird durch die Problemanalyse die Aufgabe in einem Klärungsprozess festgelegt. Anschließend erfolgt im Lösungsraum die Generierung von Lösungsalternativen, indem in einem iterativen Ablauf die Inkubation, Illumination, Verifikation und Auswahl von verschiedenen Lösungsalternativen durchlaufen wird. Dieser Ablauf wird erschwert durch technische und kulturelle Barrieren. Abschließend erfolgt durch Bewertung und Auswahl die Realisation einer Lösung. Die Objekte im Rahmen des Lösungsraumes sind nicht statisch, sondern wandeln sich mit fortschreitendem Entwicklungsstand. In den verschiedenen Phasen des allgemeinen Lösungsprozesses können sich die Objekte des Lösungsraumes ändern. Das Lösungsraum-Management ist in der Praxis immer noch defizitär ausgeprägt, da es nicht systematisch erfolgt. Die größten Defizite sind zum einen die unsystematische Planung von Größe und zeitlichem Verlauf des Lösungsraumes sowie die unsystematische Eingrenzung, die zu einer suboptimalen Auswahl von Lösungsalternativen führt. Die Ergebnisse der aktuellen Studie „Mit Lean Innovation zu mehr Erfolg“ belegen wesentliche Defizite des Lösungsraum-Managements. Die Studie zeigt, dass 76% der befragten Unternehmen bereits in der Konzeptphase den Lösungsraum endgültig festlegen und somit eine eingehende Untersuchung von Alternativen
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oftmals ausschließen. Die mehrheitliche Aussage, dass Prozesse zu Entscheidungen auf unsicherer Informationsbasis zwingen, ist die Ursache für kosten- und zeitintensive Iterationen in den späten Phasen der Produktentwicklung. Der Lean Innovation Ansatz fokussiert eine echte Alternativenorientierung mit deren Hilfe alle Lösungsalternativen hinsichtlich Zeit, Kosten und Qualität der Lösung bewertet werden können. Das Denken und Entwickeln in Alternativen impliziert, verschiedenartige Lösungskonzepte für Subsysteme relativ lange parallel weiter zu entwickeln [4, 5]. Ziel dieses Vorgehens ist es, Entscheidungen für oder gegen eine Lösung erst dann zu treffen, wenn eine ausreichende Informationsbasis als Grundlage einer Entscheidung vorhanden ist. Vorhandene Kosten-, Qualitäts- und Zeitziele werden mit zunehmender Entwicklungsreife der Konzepte weiter konkretisiert, um die Alternativen erst nach und nach ausscheiden zu lassen. Nicht weiter entwickelte Lösungen werden im aktuellen Entwicklungsstand „eingefroren“ und im Sinne eines ausgereiften Wissensmanagements gut dokumentiert. Nachfolgende Entwicklungsprojekte nehmen Erfolg versprechende Lösungen, deren Reifegrad möglicherweise aus Zeitgründen zur Deselektion geführt hat, dann ohne Verzögerung wieder auf und treiben die Komponentenentwicklung weiter voran. Entscheidender Vorteil dieses Vorgehens ist der Entfall aufwändiger Iterationsschleifen. Konventionelle Vorgehensweisen erfordern die Selektion eines Lösungsprinzips für alle Subsysteme bereits zu Beginn der Produktentwicklung, um dann im weiteren Verlauf bei auftretenden Konflikten oder nicht ausreichenden Ergebnissen den Lösungsraum sukzessive wieder zu erweitern und durch änderungsintensive Iterationsschleifen zu führen („fail and react“). Der Ansatz der alternativenorientierten Produktentwicklung hingegen lässt den Lösungsraum für Subsysteme zu Beginn weiter offen und engt diesen nach und nach ein („combine, test, decide“). Außer einer Kostenreduzierung durch Iterationen wird so auch die Wiederverwendung von Lösungskonzepten gefördert.
Lean Innovation als Hebel zur Entwicklungsproduktivität Das Modell der Lean Innovation des Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen (WZL) beschreibt und erläutert die entscheidenden Fragestellungen für ein Innovationsmanagement auf dem Weg zur Umsetzung des Lean Management. Lean Innovation bestimmt sowohl die Ausgestaltung des Entwicklungsprozesses als auch den Output der F&E [6]. Ziel des Lean Innovation Modells ist die Bereitstellung von Leitlinien, um am Markt effektive Produkte mit einem Höchstmaß an Effizienz in der
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Entwicklung zu realisieren. Beide Felder – die Effektivität der Produkte im Sinne von Kundenorientierung sowie die Effizienz in der Produktentwicklung – offenbaren heute noch signifikantes Potenzial. Auf einer aggregierten Ebene stellt sich das Modell in sechs Leitlinien mit Geltung über alle Bereiche einer F&E dar und adressiert gezielt die Formen von Verschwendung in der F&E. Die sechs Leitlinien mit ihren zugehörigen Kernfragen lauten: • Kundennutzenorientierung – welchen Nutzen braucht der Kunde wirklich? • Prozessorientierung – wie kann der Wertstrom in Entwicklung und Produktion durch die Lean Innovation verbessert werden? • Wertekultur – wie kann die Kultur die Umsetzung der Lean Innovation weiter vorantreiben? • Standardisierung – wie kann der geforderte Kundennutzen möglichst einfach realisiert werden? • Volumenmarktfähigkeit – wie können Skaleneffekte in Produkten erzielt werden? • Qualität – wie können robuste Produkte mit hoher Qualität entwickelt werden? Die Leitlinien der Lean Innovation sollte stufenweise erschlossen werden, um organisatorische, technische und kulturelle Aspekte zu integrieren. Diese Vorgehensweise ermöglicht das Prozessreifegradmodell des WZL, das die Abläufe einer F&E vor dem Hintergrund der Lean Innovation Leitlinien in fünf hierarchische Stufen der Weiterentwicklung beschreibt. Im Rahmen der ersten Stufe (Ad hoc) des Reifegradmodells ist noch keine Orientierung an den Leitlinien des Lean Innovation im Unternehmen zu erkennen. In der zweiten Stufe (Repeatable) sind bereits erste Interpretationen der Lean Innovation Leitlinien im Unternehmen zu erkennen und umgesetzt. Ein allgemeines Verständnis für die Umsetzung der Lean Innovation Leitlinien im Unternehmen wird erst in der dritten Stufe (Lean organised) des Reifegradmodells erreicht. Das bedeutet, die Methoden des Lean Innovation sind überwiegend implementiert, aber noch nicht vollständig gelebt. In der vierten Stufe (Lean managed) des Reifegradmodells sind die Leitlinien und Methoden des Lean Innovation im Unternehmen vollständig akzeptiert und werden rege genutzt. Den Abschluss des Reifegradmodells bildet die fünfte Stufe (Lean optimised), in der die F&E-Kultur vollständig auf den Lean Innovation Leitlinien basiert und eine kontinuierliche Verbesserung in der F&E gelebt wird. Der Lean Management Ansatz bietet umfangreiche Ansätze zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Bis heute werden die
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Ansätze allerdings primär auf die Gestaltung der Produktion angewandt. Eine Übertragung der Idee des Lean Thinking auf das Innovationsmanagement im Sinne des Lean Innovation bietet vielfältige Potenziale, erfordert aber auch einen Transfer der bisherigen Lean Thinking Prinzipien auf dieses neue Anwendungsgebiet. Dabei muss jedoch im angemessenen Maße den komplexen Teilen der Produktentwicklung Rechnung getragen werden. Diverse Ansätze wie beispielsweise das diskutierte Lösungsraummanagement und die Differenzierung von Prozessen und Multiprojekten erlauben es jedoch, dem skizzierten Widerspruch der Lean Innovation gerecht zu werden.
Literatur 1. Womack JP, Jones DT (2003) Lean Thinking – Banish Waste and Create Wealth in Your Corporation. Simon & Schuster, New York 2. Liker JK (2004) The Toyota way – 14 Management Principles from the World’s Greatest Manufacturer. McGraw-Hill, New York 3. Kennedy M (2003) Product Development for the lean Enterprise: Why Toyota’s System is four times more productive and how you can implement it. The Oklea Press, Richmond 4. Schuh G (2006) Mit Lean Innovation zu mehr Erfolg. (Ergebnisse einer Befragung präsentiert auf dem Lean Innovation Summit am 09.11.06 in Aachen) 5. Ward A, Liker JK, Christian JJ, Sobek DK (1995) The second Toyota paradox – How delaying decisions can make better cars faster. Sloan Management Review: 43–61 6. Sobek DK, Ward AC (1996) Principles from Toyota’s Set Based Concurrent Engineering Process. (Proceedings of the 1996 ASME Design Engineering Technical Conferences and Computers in Engineering Conference in Irvine) 7. Schuh G, Schöning S, Kubosch A, Lenders M (2005) Lean Innovation – Idealtypisches Management von Innovationsprozessen in der Investitionsgüterindustrie. In: Schuh G (Hrsg.) Innovationsmanagement in der Investitionsgüterindustrie treffsicher voranbringen. VDMA, Frankfurt am Main 8. Teboul J (1991) Management Quality Dynamics. New York 9. Jacobs L, Herbig P (1998) Japanese Product Development Strategies. Journal of Business & Industrial Marketing 13: 132–154
1.3
Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies
Roman Boutellier, Karin Löffler Chair for Technology and Innovation Management, ETH Zurich
Corporate Development tries to spot and assess new business opportunities in a systematic way. In a world of ever growing diversity in customer needs and technical possibilities this gets closer and closer to finding not a needle, but a straw in a haystack that fits to the company’s core capabilities, is attractive for customers, and looks convincing enough to unfreeze corporate resources. Thus to ensure an efficient search for new business opportunities, we need to search and filter systematically and focus on the most promising opportunities. At least three criteria have to be met. 1. Does the new technology fit to the overall strategy of the company? McDonald’s is presumably not moving into production of packaging materials for its take-away food. 2. Is there a customer who is willing to pay for the benefits provided for a new or improved function? A longer battery-life in a laptop is certainly welcome, the Sterling motor on the other hand is an engineers dream, but has not found many customers since its invention some 150 years ago. Usually, customers do pay without hesitation only for technologies that solve a need no other technology is able to meet. 3. Has the new technology the potential to catalyze innovation for a broad range of applications? The introduction of new membrane technologies allowed for a spread of central and de-central water treatment facilities worldwide. Promising new business opportunities are many times identified in fields with technical bottlenecks. These bottlenecks limit product functions, and therefore hinder improved customer benefits to be realized. Technical bottlenecks can appear in complementary technology fields and
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Roman Boutellier, Karin Löffler
Fig. 1. Bottlenecks prevent the benefits for the customer
can change the “rules” and business opportunities. Innovation systems across firm’s boundaries must be analyzed and understood in order to early identify bottleneck technologies relevant for corporate development. For the purpose of this research, a characterization of bottleneck technologies was worked out basing on many case studies. “Technical bottlenecks limit at least one function of a technical system which is critical for the system” (Boutellier and Loeffler 2006). Because of their constraining properties, bottleneck technologies are usually pushed to their limits. In analyzing bottleneck technologies the interdependencies in systems, tradeoffs and coupling must be taken into account. Christensen provides a description and explanation of industry dynamics and changing market paradigms with changing bottlenecks (Christensen 1997). His example of excavation changing from machines with steel ropes to hydraulics is the story changing from big excavation machines to flexible ones, triggered by new customer needs. Kay underlines, owning the bottleneck in a value chain is important, and how firms make profit out of it (Kay 1993). Technical bottlenecks may be a threat and business opportunities at the same time. Thus, identifying technical bottlenecks in value chains is of outmost importance. Increasing product complexity complicates the identification (Marti et al. 2006). “The problem is that bottlenecks are constantly shifting from one phase of the design process to another” (Collett 2003: 72ff). As technical bottlenecks constantly change not only during product design, but as well during corporate development, they must be managed on a continuous basis: “Any time one bottleneck is opened, the next becomes critical” (Levy 1998: 86). In many industries, bottlenecks shift across various divisions of a firm or even across different firms, as illustrated in the case of Swiss railways.
1.3 Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies
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Example 1: Co-Innovation in railway and train technologies in Switzerland
Sometimes innovation moves between internal and external bottlenecks, for example between new locomotives with increased power and better railway tracks. After significant improvements in locomotive power in Switzerland, which is a product innovation, the railway tracks needed significant improvement to allow for increased train speed. However, the infrastructure limitation of railway tracks lies beyond the sphere of influence of the train engineering team. In case of railway and railway tracks in Switzerland, the innovation steps from 1900 to 2004 were sequential and not in parallel. Literature and management often concentrate on internal bottlenecks. In practice, bottlenecks outside the firm’s boundaries are often underestimated, their impact on the firm’s own success is even neglected (Adner 2006). As many breakthrough innovations are expected to come from outside (Rice et al. 2001), firms should enlarge the scope of business development to technical bottlenecks outside the own firm boundaries. As many technology innovations don’t match existing technology and product architectures, co-innovation, complementary technology is important for business development to avoid or handle new bottlenecks. For the purpose of this work, co-innovation is defined as an additional innovation providing an improved customer solution. A complementary technology is defined as a technology that enhances the business by the technology in question [based on (Brandenburger and Nalebuff 1996)]. In other words, a complementary technology is one that in combination with the technology
Fig. 2. Illustration of railway power innovations versus maximal velocity enabled by improved railway tracks. Adapted from (Rütimann et al. 2006)
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Roman Boutellier, Karin Löffler
referred to will achieve benefits that are not possible when the technologies are considered separately. Kogut provides examples for complementary infrastructure bottleneck technologies: operating system standards, telecommunication infrastructure or electrical grids (Kogut 2000: 417). Understanding the bottlenecks in other value chains enables business development. The importance of systematic technology management for corporate development is already highlighted by Fahrni & Schuh (Fahrni and Schuh 2001). This contribution focuses on technical bottlenecks as inhibitors of and drivers for technology based growth. Example 2: Battery as the technical bottleneck in hybrid electric cars
The battery for hybrid electric cars is an excellent example for a recent technical bottleneck. The example shows how new business is created by attacking a technical bottleneck in a growing market. Reliable and affordable energy storage is the key factor in hybrid vehicle design, as performance and cost of the system are closely linked to battery properties. The better the battery, the more hybrid cars can be sold. The system car is limited in its reach, an important feature, perceived as a benefit by the customer. The invention of hybrid electric cars goes back to 1898. Ferdinand Porsche built a hybrid car using lead-acid, nickel-iron batteries. Because of the low battery performance, the car was far from being good enough to compete with standard fuel cars. Today, Toyota’s Prius II Battery Pack contains nickel metal hydride (NiMH) batteries. Supported by CO2 concerns and high fuel prices, the hybrid technology is competing well with standard combustion engines, especially in urban regions. NiMH is a major step up from the lead acid battery, as illustrated in Fig. 3. But still, battery formulas with nickel have not provided the breakthrough and the long-term cost benefits that battery engineers had hoped for. Even if there have been big steps forward, energy density is still the bottleneck for hybrid cars. “To make a big leap forward with hybrids, we’ll need a new battery technology” (VP R&D Toyota). In December 2005, Toyota announced that they would accelerate the development of lithium batteries for use in their hybrids. Each type of lithium-ion battery that uses different materials has its own set of problems. For example, the cobalt lithium-ion battery causes thermal runaway. The iron phosphate lithium-ion battery has a lower power ratio but less thermal runaway. The price per Watt-hour of lithium-ion batteries decreased drastically, by USD 0.5 per year from 1990 to 1998. In 1998, the price was about USD 0.5 per Watt-hour and stagnated although energy density is still being improved.
1.3 Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies
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Fig. 3. Comparison of battery types, according to specific energy density (based on company data and Kiehne 2003; McGrath 1998)1
The emergence of advanced lithium batteries could change the automotive industry drastically. To better understand the changes ahead, several automotive companies, including Subaru, Nissan, and Mitsubishi, have produced concept cars that use lithium batteries. Toyota became the first to use lithium-ion batteries in a mass produced vehicle. Today, Toyota Motor Corporation invests more than 1 Billion Euro in R&D for hybrid drives per annum; a big share is budgeted for battery development. The development of alternative battery systems shows the potential of achieving a technical breakthrough and considering today’s concerns about ecology this could be also an economic breakthrough. Many firms can collectively benefit from “owning” a technical bottleneck in the value chain, even small players. A123 Systems, a private company in Massachusetts, founded in 2001, invented a lithium battery that earned them USD 32 million in funding from big name investors, such as Sequoia Capital, Motorola, and the Massachusetts Institute of Technology.
Principal Agent Challenges in Bottleneck Situations Sometimes a system is limited not by the technology of one company, but by the technology of a co-innovator, a company that produces complementary technology. Locomotives in Switzerland have been optimized to 1
Additional data sources: Panasonic Energy, Sanyo, Batteryknowledge, HybridCars.com, BatteryUniversity.com, AEA Technology.
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240 km/h in 2000 already. But to make use of speeds above 160 km/h, signals along the railway tracks cannot be recognized by eye any more; they have to be transferred electronically to the engine driver: Innovation is needed in infrastructure (see as well Fig. 2). Technical limits can induce collaboration decisions. Innovators and coinnovators decide on partnerships according to technology characteristics and strategic considerations: goal congruence and technical uncertainty are decision-relevant. An important indication for the quantification of technical uncertainty is the existence of technical limits. If technical limits are identified, technical uncertainty is reduced. If firms know the technical limits and if positive market reactions towards innovations are foreseeable, firms are ready to invest in R&D and to take a risk. The situation ‘innovator and his technology/co-innovator and his complementary technology’ can be described using the principal-agent dilemma (Sydow 1992): The innovator wants the co-innovator to invest in complementary technology, to solve a new bottleneck created by his innovation. If the co-innovator has the capabilities to fill the gap and solve the bottleneck, he has a strong position within the value chain. In case the co-innovator needs additional incentive to develop the missing complementary technology, cooperation may be necessary: Joint Ventures, and strategic partnerships help to motivate the co-innovator to invest. In case no co-innovation can be initiated, a firm may be forced to develop the complementary technology by itself, even if the technology field is out of the firm’s scope. The four possible solutions are illustrated with case studies. Case 1: Joint Venture Panasonic Electric Vehicle Energy
Based on a thorough analysis and due to time restrictions, Toyota realized to be dependant on co-innovation in batteries, the critical component in vehicles. Therefore the firm has to develop incentive schemes for improving battery technology using external capabilities. The company has a strong interest in sponsoring battery technology and is ready to share the risk. Toyota Motor Corporation and Matsushita Electric Industrial Co., Ltd. and Matsushita Battery Industrial Co., Ltd. founded a joint venture called “Panasonic Electric Vehicle Energy”. The Joint Venture develops and produces batteries for Toyota Hybrid models and had in 2006 a market share of 74 percent of the total hybrid motor battery market. Toyota holds 60 percent equity in the Joint Venture. Matsushita group is interested in enhancing the market, and therefore in taking over part of the risk as well. The partners have congruent goals, but the effectiveness and efficiency of battery development is difficult to measure, as technical limits are unknown.
1.3 Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies
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The information about technology is split asymmetrically. Toyota knows how to design drive systems, Matsushita knows how to improve batteries. The organizational form Joint Venture constellation allows for coping with uncertainty, development risk can be shared. Via a majority share (60%), Toyota owns in principle the technical bottleneck of the hybrid electric car value chain. This assures strategic flexibility. Case 2: Strategic Alliance Sony–Zeiss
The lens system turned out to be a complementary bottleneck in digital photography after 2004 for firms who had experience in developing electronic systems but who lacked experience in optical systems. The number of pixels had become so big and CCDs so small, that optics became the limiting function in the overall system, with respect to light per pixel and resolution as well. On the other hand, for firms who specialized on the optical system of analog cameras, the electronic components of digital cameras were the bottleneck. To overcome this challenge, Sony and Zeiss formed a strategic alliance. “Sony’s technological expertise and understanding of consumer markets combined with Carl Zeiss’ proven proficiency of optics and lens solutions makes us a strong team” comments Dr. Winfried Scherle, General Manager & Vice President Carl Zeiss AG Camera Lens Division2. Both firms assumed that the necessary investments and goals can be clearly defined, therefore Sony and Carl Zeiss AG decided to cooperate in a strategic partnership. A Joint Venture would require too much managerial attention for such a classical situation and the performance of optics and CCDs can be measured easily. Technical uncertainty is low. Case 3: In-house R&D at Intel
Once, Intel as the leading developer of processors realized a bottleneck: It’s basically new processors would generate any advantage only on new adapted motherboards. However, at the early stage of the processor development, possible partners refused to invest in the development of a new generation of motherboards, because of high uncertainty and unknown technical risks. Against its strategic intention, Intel had to move upstream and develop motherboards in order to circumvent the bottleneck and to enable the launch of new processors. At the time the bottleneck ‘motherboard’ was solved, the firm left the technology field again, because it was out of it’s strategic scope. 2
Press declaration 2006
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Case 4: Merck GmbH & Co KG
The bottleneck for pharmaceutical companies is to provide a pipeline of new active components. Biotechnology firms offer a co-innovation, the use of genetics and functional genomics to identify new therapeutic proteins. In 2006 Merck GmbH&Co KG bought Serono, a Swiss based Biotech company. The strategy of Merck is described as “focused diversification”3, by adding complementary co-innovation to the classical set of pharmaceutical research. Interpretation of Results The challenge is to match internal and external capabilities to provide a solution to technical bottlenecks and at the same time to own the bottleneck for future positioning or to guarantee access to the bottleneck solution. In case of high technological uncertainty and high goal congruence, Joint Ventures seem to be the most efficient organizational form to cope with principal agent challenges: The principal, e. g. Toyota, has inferior information on the critical bottleneck ‘battery technology’ of the system he sells on the market. The agent, the supplier Matsushita, does not have the capacity and the incentive to invest alone in risky battery technologies, but has a big battery market to open up an additional market segment with his core technology. With shares in the JV, both have an incentive to bring forward battery technology. The partners complement each other. Joint Ventures have been observed as suitable organizational form in many bottleneck technology fields as energy production and energy storage technologies: RWE SCHOTT Solar GmbH was a successful Joint venture between the German energy group RWE and SCHOTT AG, until SCHOTT bought all shares. Nobody knew the technical limits of solar panels, it was a high risk project, but succeeded – partially due to shared risk and benefit in the JV organization. If goal congruence is high, but the uncertainty of technical results is low, i. e. if technical requirements and limits are known, strategic alliances are the cooperation form of choice. Sony knows exactly what they can expect from Zeiss in terms of technical performance and vice versa. They know as well that the famous brand Zeiss will increase the volume of its digital camera. If technical uncertainty is low, and the goals of complementing companies diverge, the principal of the pair should buy and control the co-innovating company. In this case, in-house R&D to develop a complementary 3
Merck Fact Sheet, March 2007
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Fig. 4. Cooperation structures depending on goal congruence and technical uncertainty
technology is a difficult last option. Only big firms like Intel can afford big R&D-strategy shifts to overcome missing co-innovation in an acceptable timeframe: New core capabilities have to be built up under time pressure. A popular strategy to cope with principal-agent challenges is to reduce the information asymmetry as much as possible. One strategy for the principal to reduce information asymmetry is to decrease uncertainty by identifying technical limits and trade-offs.
Do Entrepreneurs Need to Know all Technical Limits? Example Sia Abrasives (Attacking in niches)
Sia abrasives successfully attacked a bottleneck created by a new innovation of DaimlerChrysler. Sia knew the limits of existing technologies, and designed a solution. Sia Abrasives, a Switzerland-based company, is producing abrasives for the automotive and airplane industry. With abrasives the surface of a car body is prepared before a coating can be applied. New persistent, scratch-resistant
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coatings in the automotive industry were causing disruptions. With the existing abrasives the OEM needed much more time for the process, abrasives became the technical bottleneck. Sia Abrasies was the first of the surface related abrasives companies to launch new abrasives for grinding surfaces with nano scale particles, new problems could be overcome. As the risk involved in the new development and technical limits were known, Sia had enough incentive to develop a new abrasives solution, without the investment of DaimlerChrysler. The example indicates a high relevance of knowing the limits of a technology for making appropriate decisions, not to waste resources or to miss chances. Early identification of a technical limit constitutes a competitive advantage, it reduces the risk of surprises through competitors. The firm which identifies limitations in an existing core technology can use this knowledge for strategic considerations. Limitations can be used as guidance for innovation and even for firm strategy. Wrong assumptions about limitations lead to overly optimistic or pessimistic development decisions. On the other hand, it is impossible to clarify all technical limitations. Often it is sufficient to know that a technical limitation exists in a certain range. In analyzing the selected technologies, a rational assessment of a bottleneck technology is crucial – but human behavior tends to counteract a rational assessment. In 40 interviews in European and Japanese firms, the identification of bottleneck technologies has been discussed. The most typical behavioral challenges encountered in many firms are: • Sales employees are generally more prone to disavow a technical limitation than developers: They have experienced many times that customers change their opinion after intensive discussions. • Scientists tend to stick to “theoretical” limitations, neglecting cost constraints. They know that physics allows far more in most cases than what can be achieved by today’s technology. You have to go far in semiconductors until you hit on the hard limit of Heisenberg’s uncertainty relation. • Engineers typically know well the technical limitations in their field and handle them as given constraints. They see first of all practical limitations: They know the limits of manufacturing, testing and purity of material. Sometimes they don’t see that physical limits are far off today’s technical potentials. In addition to functions and disciplines, team culture, company culture, and the cultural background of individuals impact on the identification of limitations. In late stages of development projects, developers tend to disavow the existence of technical limitations, especially in non-priority or
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Fig. 5. The perception of technical limitations has implications on risks & chances in development projects.
non-core technology fields. Then, much time is lost until action is taken how to manage the bottleneck, when it surfaces despite all the optimism. As it is often impossible or too expensive to specify technical limitations in advance, firms base their decisions on rough assumptions. Perceived technical limitations do not always match with reality. In the late 80s computer experts predicted CPU speed limitation at 100 MHz, and today’s computers surpassed all performance limits. In contrary, experts assumed superconduction to be much more powerful than it turned out to be. To err is human – so firms have to take into account possible errors in the estimations to reduce the risk involved. Following questions are crucial: • What kind of risk are firms facing when they have wrong assumptions about technical limits? • How much should companies invest to get a sound understanding of physical and technical limits? In 30 interviews we analyzed the impact of assumptions regarding technical limits on risk and chance in R&D investment decisions. In spite of changing problem properties, we could identify recurring risk and chance patterns. The resulting pattern shows chance and risk fields depending on the gap between assumed and real technical limitations (Fig. 5). Recommendations for R&D investment decisions and innovation strategy can be drawn.
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The chances
Given the limit is soft and the company assumes so, the company can systematically invest in optimization, in addition moderately in substitution and compensation. The situation can be illustrated with the example of batteries for hybrid cars. The limits are not known, depending on material combinations, but limits are assumed to be soft. If the limit is hard as assumed, the company can systematically invest in system innovation and compensation. If a hard limit is set by physical laws which cannot be surmounted, an optimization to the border of this limit would be a waste of R&D resources. For example the resolution in microscopes is limited by the wavelength of the light used, as diffraction cannot be eliminated. Instead, optical firms accept this fundamental limitation, create new ideas, for example oil immersion or the use of shorter wavelengths. The risks
Risks emerge, whenever a hard limit exists, but the company assumes that the limit is soft. Superconduction, the loss-free electric conduction properties of some materials at very low temperatures, illustrates this situation. The discovery of new ceramic materials made the application of superconductors in energy technology economically feasible. Researchers had great expectations and assumed only some challenges to be overcome by incremental innovation before applying the technology. Then, a hard limit surprised the researchers: the new ceramic superconductors could not carry high currents, many research projects had to be stopped. If the limit is soft, but the company assumes a hard limit, the risk of getting surprised by the performance of competitors’ products appears: In the late 80s it was a popular ‘fact’ that 100 MHz was an absolute limit for the speed of a CPU. Consequently, the potential of computing power has been underestimated for a while. In spite of all predictions, computers surpassed all performance limits. Most wrong assumptions on technical limits result from a lack of knowledge. For example the combination of an ex post wrong assumption on technical limits and an underestimated market potential lead to false decisions many times: for example the development of hybrid cars was stopped by German car makers in the 1990ies. Cases underline the importance of identifying technical limits correctly in order to allocate R&D resources effectively. First propositions on possible solutions and recommendations can be formulated:
1.3 Corporate Development: Focus on Bottleneck Technologies
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• The first measure to prevent wrong decisions should be to create awareness for technical limits, in- and outside the own corporation. • It is recommendable to include the monitoring of technical limits in innovation risk management tools. • The human factor in identifying and assessing technical limits should be taken into account. Besides disciplines and functions of employees, culture and project stage are to be respected.
Conclusions For corporate development, companies can start with the identification of bottlenecks in the value chain. Unsolved technical bottlenecks are hints for upcoming changes and hints for resource allocation and strategic positioning. In this contribution we focused on how to take informed decisions on R&D investment and on collaboration with partners in co-innovation situations facing technical bottlenecks. For the early identification of bottlenecks within and outside a company, technologies limiting the performance of customer solutions have to be analyzed. To prioritize technical limits, the following questions should be answered: • Are these technical limits within the company’s strategic scope and related to existing firm capabilities? • Are the limits known or assumed? • How big is the limit’s impact on risk and chance of innovation investments? As knowing all technical limits in a system is impossible, one has to base decisions partially on assumptions. Facing close hard technical limits, R&D spending does not make sense. If only little is known about the limits, prepare yourself for surprises. If the limits are known, technical uncertainty is low. Thus the type of collaboration can be decided: High goal congruence and low uncertainty favors strategic partnerships. Having diverging goals, the principal might favor buying the co-innovating company due to the fact that the agent has not enough incentive to invest sufficiently in R&D activities. Combined with goal congruence, relatively high technical uncertainty asks for risk sharing in Joint Ventures. If technical uncertainty is high and no partner with congruent goals exists, in-house R&D is often the last option.
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Roman Boutellier, Karin Löffler
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1.4
Distributed Innovation in the Education of Future Entrepreneurs
Georg von Krogh, Stefan Haefliger Department of Management, Technology, and Economics, ETH-Zurich
Introduction Information technologies have facilitated distributed and collaborative forms of innovation over the last decades. It has become increasingly easier to share information at low costs and to search for information with high accuracy, including matching people, projects, and resources. The training of entrepreneurs and managers should reflect these developments by incorporating the concepts associated with distributed innovation into the curricula of management schools. Open innovation (Chesbrough 2003, 2006) advocates business models that in-license and out-license technologies, knowledge, and ideas, while external sources play an equal role to internal sources in the organization, and the research and development departments in particular. The private-collective model of innovation (von Hippel and von Krogh 2003) explains the emergence of knowledge as a public good and recognizes that a distributed group of individuals (such as users) can contribute to a common goal and innovate, given that their benefits from the innovation exceed their private efforts. While the open innovation model focuses on firms and the private-collective innovation model on the broader market or institutional environment, these concepts share the conviction that knowledge can and will cross organizational boundaries at different stages of development towards a final product or service and that key contributions to an innovation may originate from outside the firm. In this chapter, we argue that the training of future entrepreneurs, today’s engineering and management students, could centrally incorporate theories of distributed innovation because of four commonalities that connect the logic of private-collective innovation with the behavior of successful entrepreneurs. First, sticky information privileges the user of technology and the
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entrepreneur in their experimentation with new technologies and resource combinations (von Hippel 1988). Use of, intense discourse about, or handson activity with a technology generates insights that are tacit and closely related to the interaction with that technology. Second, entrepreneurs are known to engage in bricolage and improvisation that involves the search and unconventional use of resources (Baker and Nelson 2005; Baker et al. 2003). Similarly, users experiment with new materials and new approaches to solve their use-related needs (Franke and von Hippel 2003; Hienerth 2006). Third, the exploration of a new design space requires the sharing of experience and knowledge among users and entrepreneurs (Baldwin et al. 2006). The search for new designs of an artifact is characterized by trial and error for both lead users and entrepreneurs. Fourth, participative models of innovation such as communities of practice or active user communities appear conducive to learning, suggesting that entrepreneurs, like users, should collaborate in order to tap knowledge outside their known search space. As job specifications involve more complex technologies, young professionals and entrepreneurs need to acquire skills that qualify them for new challenges in high-tech companies as leaders and partners who drive the business and innovate. Functional expertise becomes insufficient and “the key skills that rapidly gain importance include the ability to gain access to new knowledge, learning and working techniques, network thinking, as well as soft skills (Fahrni and Schreiner 2001).” Today’s business educators should tackle the difficult task of teaching the next generation of entrepreneurs models that explicitly incorporate the insight that, first, valuable business-relevant knowledge resides outside firm boundaries and, second, that experts include volunteers. We outline five potential direct benefits from teaching and experimenting with models of distributed innovation in the classroom – models that explicitly incorporate both knowledge being shared with the public and knowledge originating from outside the organization. The chapter proceeds as follows: the next section summarizes the key models we refer to, then we discuss four commonalities that connect distributed innovation with entrepreneurship, followed by the potential benefits of teaching the models.
A Brief History of Distributed Innovation In 1976, Eric von Hippel published an article in Research Policy that traced innovations in scientific instruments back to their inventors (von Hippel 1976) who turned out to have been users in 77% of the cases. Over the following decades, von Hippel and his students analyzed innovation cases
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for many products across various industries in order to demonstrate the role of the user in innovation (von Hippel 1988; 2005). As cases repeatedly demonstrate, inventions and the innovativeness of a given product or service frequently lie in the eyes of the beholder (von Hippel 1988: 132) and the novelty can be qualified only from a historical perspective, if at all (e. g., Tuomi 2002). These difficulties not only impact research but for a long time clouded the recognition that innovation always builds on prior work and that the sources of innovation can be found inside and outside the organizations that develop new products. While the manufacturing of hardware itself often involves machinery and raw materials, hence financial investments, the knowledge input can be sourced from users. The input can include ideas for product improvements (Jeppeson and Fredricksen 2006), product designs (Franke and Shah 2003; Hienerth 2006), or customer services such as helping other customers (Lakhani and von Hippel 2003). The sharing of knowledge has been greatly facilitated by the Internet, allowing users to distribute and publish documents, drawings, code, and advice effectively. Their reach obviously increased in parallel and today’s user communities are often global and, at the same time, highly specialized. The development of the Linux operating system kernel by thousands of programmers, started in the early 90s by Linus Torvalds, exemplifies the potential of user communities (see Moon and Sproull 2000; Moody 2001). The emergence of virtual communities that center around innovating in a focused, technical field led to the formulation of novel (distributed) innovation models that take into account the origin and use of publicly available knowledge. The private-collective innovation model highlights the incentive structure behind the individual volunteers’ contributions to a public good (von Hippel and von Krogh 2003). On the level of a group of users and developers, the communitybased model of knowledge creation (Lee and Cole 2003) describes the learning processes in virtual communities, using a small set of tools such as mailing lists, web pages, and repositories for archiving (Lee and Cole 2003). The publicly available knowledge (in the form of Free software, for example) and the relatively direct access to volunteer experts is of interest to both individuals and firms who seek to learn. The concept of open innovation captures the interaction and knowledge exchange of firms with other institutions (firms, universities, user communities, and others) or individuals and explains new trends in business models on a high level of abstraction (Chesbrough 2003; 2006). Research that operationalizes open innovation can offer explanatory or predictive potential for managers who seek to apply the logic of collaborating with users and sourcing critical knowledge from outside the firm (e. g. Dahlander and Wallin 2006). A recent eye-opening contribution documented software and
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hardware manufacturers’ revealing of software to Open Source software development communities (Henkel 2006). The study surveyed the companies’ give-and-take behavior vis-à-vis the communities and recorded the managers’ logic for revealing software developed by company employees.
Distributed Innovation and Entrepreneurship While some students of management enter large established organizations, a few found new organizations. Among the latter, again, some build business models that replicate existing organizations with small twists and improvements, whereas others implement ideas that have rarely seen a market before – ideas that build on new technologies (Shane 2000) or explore new consumer behavior. Generally, entrepreneurship is defined as the pursuit of opportunities beyond the resources currently controlled (Stevenson and Jarillo 1990). Management education successfully uses examples from case studies for teaching. These cases are real examples that should provide the students with a repository of answers to common challenges that managers face and they should also inspire the more exploratory-minded mavericks among the students to try new business models. However, teaching how to explore the unknown is usually left to art schools simply because of a lack of methodology. Founding a new organization involves the act of creating an institution, a product or service, and a business model where none has been before. Starting an innovative business from scratch means relying on a set of skills and experience, a personal network or community, and pursuing and modifying the entrepreneurial vision in light of the perceived context (Sarasvathy, 2001). The entrepreneur balances the options of what their resources can achieve with the losses that seem affordable (Sarasvathy 2001) in order to carry the venture to the next level. For example, an entrepreneur leverages a new technology that they envision as a market success with the input of partners who might want to become suppliers or customers. If the partner perceives another application of the technology, the entrepreneur might change their mind. The prototype may be lost, but the partner’s advice creates options on where to go forward. As this occurs outside the boundaries of an established organization, there are a few fundamental similarities to a user who weighs the costs against the benefits of sharing an innovation with the public (von Hippel and von Krogh 2003). While many differences exist that cannot be elaborated here, one being the appropriability of freely shared knowledge (von Krogh 2006), the commonalities warrant a close
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consideration of distributed innovation models in the training of entrepreneurs. First, distributed innovation hinges on sticky information (von Hippel 1994). Users perceive their needs as a result of their context-specific activity and they frequently act on their needs by modifying the given products in new ways (von Hippel 2005). The stickiness of information privileges the users in terms of their knowledge about problem solutions that manufacturers often cannot guess or will learn about only via the user and customer. Similarly, entrepreneurs start with their skills and experiences and experiment with options and opportunities (Sarasvathy 2001; Shane 2000) in order to match their skills with their projects and visions. Second, distributed innovation relies on a community-based model (Lee and Cole 2003) in which knowledge is public, hence its “distribution extends beyond the boundary of the firm” (Lee and Cole 2003: 635). For the individual member of a user-community, joining an existing community requires particular efforts and the observation of a joining script (von Krogh et al. 2003). The contribution to the innovation needs to fit with the community’s project and get past the gate-keepers into the community. Reusing existing resources has been identified as one opportunity to join an Open Source software development community (von Krogh et al. 2003). Bricolage (Lévi-Strauss 1964) has been described as the entrepreneurial activity of making do with resources and tools at hand to create something new (Baker et al. 2003). Farmers in an abandoned mining district turned into energy entrepreneurs by converting old engines into generators fueled by waste methane emitted from the old mine shafts on their property (Baker and Nelson 2005). Network bricolage, the use of contact networks to reach first customers, suppliers, and advisors, helps entrepreneurs to found an organization and, less surprisingly, favors an organization located in the founder’s prior industry (Baker et al. 2003). Given the insights from user innovation, the sticky information might lead the entrepreneur to experiment with business models close to their experience base. Third, a close commonality is the recent discovery of a model that depicts the path by which users become entrepreneurs and the conditions that make the passing from user to entrepreneur more likely, including the notion of a design space (Baldwin et al. 2006; Hienerth 2006, Lettl et al. 2005). The design space denotes the abstract territory delimiting the search for a new design of a given class of artifact (Baldwin et al. 2006). Design is both a costly and uncertain process because it requires effort and its outcome and reception is unknown (Simon 1969; Baldwin and Clark 2000). In Baldin, Hienerth, and von Hippel’s model (2006) the users exchange their experiences and try out new designs (for rodeo kayaks in their case) that require labor-intensive prototypes. First successful prototypes are reproduced and
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sold to fellow users. The small series involve high labor and low capital intensity. The emergence of breakthrough designs changes the incentives for user manufacturers to invest in machinery and large series production at high capital intensity. In Hienerth’s study (2006), rodeo kayak users developed the boats over years and exchanged the designs of their new boats with other users who then built upon them when designing and building their own boats. The design space contains all possible designs for rodeo kayaks, given the needs of the users as defined by their way of riding river currents and rapids, and the constraints from the environment such as the river and white water conditions. One crucial assumption about the role of the design space for user entrepreneurs is its finite character. Once “mined-out”, the rate of user innovations slows down. Similarly, technical designs are known to converge to a dominant form after an initial state of flux with contested standards (Clark 1985; Utterback 1994). If the state of technological flux corresponds to a territory for experimental designs and user interaction, the evolution of technology might be even more strongly influenced by users than previously assumed. More importantly here, however, the design space opens an uncharted land for entrepreneurs who can innovate by claiming points on the map and shaping the design evolution with their distinct product and brand. Fourth, entrepreneurs and users need to collaborate within their networks. The definition of the entrepreneurial opportunity rests on the exclusivity of insight. The knowledge that an entrepreneur possesses about a market, a customer segment, a technology or a network connection may create the crucial advantage necessary for a business to come into existence. Beyond the opportunity, however, “a single mind is unable to survey, or even to control, a firm’s knowledge (Lee and Cole 2003: 634).” A community-based model of innovation emphasizes the learning through exchange with other community members. A small set of information technology-based tools enables distributed collaboration: these tools include mailing lists and forums, version control systems for archiving and search and, generally, the low-cost access to bandwidth over the Internet. Given these tools, users collaborate over long periods of time to produce complex software such as the GNU/Linux operating system (Moon and Sproull 2000). Firms have recognized the opportunities of sponsoring user communities (Jeppeson and Fredricksen 2006) and interact with communities both in order to learn and to freely reveal their knowledge (Henkel 2006). The broad insight that innovation is stifled if limited to in-house research and development (Chesbrough 2003) has far-reaching consequences for different industries and institutional contexts (West et al. 2006) and for the
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entrepreneurial activities of firms both early and later on in their life cycles. Distributed innovation requires firms to “run in packs” in order to ally their resources and knowledge and gain political weight (Van de Ven 2005; Vanhaverbeke 2006). While the ideal strategies of distributed innovation for entrepreneurial firms remain largely unknown, it seems safe to say that the explicit planning of the firm’s network position and path impacts on the success of the venture. Hence, collaboration plays an important role for users and entrepreneurs because of the increasingly distributed nature of publicly available relevant knowledge.
The Student is the User is the Entrepreneur The recent changes that information technologies have induced in our everyday lives (Castells 1996) should reflect in our teaching. Sticky information or tacit knowledge, bricolage, user-created design spaces, and the importance of collaboration are shared by users and entrepreneurs. The student is always a user and potentially an entrepreneur. By extrapolating their experiences as a user of technology, a classroom setting can generate valuable discussions about business models that draw from these experiences. Possibly in technical universities more than in other institutions, a considerable proportion of the students have experienced distributed innovation as contributors and users. Demographic surveys of contributors to Free and Open Source software projects show that a large part of the programmers is below the age of 22 (Ghosh et al. 2002). As contributors to a Free software project, the students co-developed software, fixed software bugs, helped write documentation and manuals or provided feedback to the work of other developers. For example as computer gamers, they might have interacted with a community of other gamers and the game developers by modding the games, creating artwork for the games, and sharing it with other gamers (see Jeppeson and Fredriksen 2006). As computer literate and Internet users for likely over a decade, the students have encountered various online communities, interacted on user forums, and shared their thoughts or problem solutions with an audience online. Given the theoretical arguments above, their experiences as active users and contributors online ideally prepare the students for critical class discussions about distributed innovation models and ultimately for a future as entrepreneurs. Teaching open innovation and private-collective innovation models can create awareness in five distinct areas. First, the concept of open innovation and the implementations and recommendations that embody it (Henkel 2006; Dahlander and Wallin 2006;
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Baldwin and Clark 2000; Christensen 2006) call for a learning culture that looks beyond the organization’s boundaries, defined as the firm’s payroll staff or the physical premises. The necessary learning culture defies the notorious Not-Invented-Here syndrome first diagnosed among members of large organizations who even suspected ideas originating from another department of the same organization (Katz and Allen 1982). The classroom debates and examinations of business models that build on distributed innovation strategies can instill a vision of learning that includes external sources of knowledge from the beginning. Second, new uses of given technologies enable and inspire user innovation. Theoretically speaking, the interpretative flexibility of technology (Orlikowski 1992) allows the user to change the context of use, experiment with their behavior vis-à-vis the technology, and discover new applications and uses that point beyond the original purpose of the technology. The modification of wind-surfing equipment (including the mounting of foot straps) allowed surfers to jump on waves, an option ignored by the initial developers of the equipment (Franke and Shah 2003). Another example involves the off-label use of drugs. While pharmaceutical companies undergo expensive tests and application procedures to clear their drugs for the market indicating a particular treatment or use, the actual users of the drugs, physicians that prescribe them to patients, discover new applications over time (DeMonaco et al. 2006). The awareness for new uses and the state-ofmind that questions the current understanding of technologies can be taught. Classroom examples and student presentations can guide a critical thinking of established routines and use-contexts for any given technology. Third, the entrepreneurs’ training itself should incorporate information technologies and encourage the students to embrace the very technologies that drive innovation to date. While these technologies are evolving even as this text is written and printed, the message is clear. Students of management, and entrepreneurship in particular, must experiment with current technologies and use them extensively. These may be social software applications today (e. g., Friendster or Xing), but they may be mobile games, local search, or wearable computing tomorrow. Own use and close analysis can generate the key to understanding the technologies and pushing them forward to create a business. Teaching can reflect the use of these technologies, expand on current entrepreneurial examples, analyze case studies, and encourage students to present and discuss their experiences in virtual worlds, in their own software extensions on their mobile devices, or in their use of community forums and so on. Fourth, for all companies who rely heavily on web distribution of their products, the user community constitutes an invaluable asset (von Krogh 2006). Thus, understanding how to interact with a distributed virtual com-
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munity is essential for developing the business. Current textbooks in management tend to be brief on community management because the users’ motives for revealing their knowledge have only recently been subject to research. Jeppeson and Fredriksen (2006) found that listing the individual user on a credit page of the company’s Internet appearance motivates code contributions to a computer game. Sharing knowledge with other community members depends on the embeddedness of the individual in the community, and their perceived reputation and informational benefits; however, the influence of the level of commitment to the community is contested (Wiertz and de Ruyter 2007; Wasko and Faraj 2005). Fifth, new businesses that successfully harness the challenges of distributed innovation appear constantly. An analysis of these business models in class can raise awareness of the options that are available to entrepreneurs and managers. Many areas of “e-business” are only starting to generate interest through success stories. Business models distinguish themselves by a myriad of combinations given by traditional aspects mixed with online facilities and community services. The bursting of the bubble in 2000 left Internet entrepreneurs with a humble demeanor and an eye for the realistic (see Honan 2007; Chaddus 2006) and taught management scholars and investors to, again, consider consistency and sustainability as success factors when evaluating business models. A critical dialog with the students about the feasibility, impact, sustainability, and likelihood of success of these business models can inspire the students’ own entrepreneurial aspirations.
Distribute Innovation Studies The development of complex products requires a partitioning of tasks (von Hippel 1990; Gerwin 2004) and coordination between the teams that develop the parts and tasks according to the technical interfaces and work flows that can cross organizational boundaries (Baldwin and Clark 2000). For large corporations, coordination happens under well-defined, explicit contracts with suppliers, competitors, and customers. For the start-up entrepreneur and the individual user, resource scarcity limits the ideal way of implementation and coordination frequently relies on the personal network and the help and interest of friends and online community members (Sarasvathy 2001, Baker and Nelson 2005, Lakhani and von Hippel 2003). Understanding distributed innovation becomes crucial wherever volunteers or outside experts contribute to the business success, or when the sharing of knowledge escapes the control of managers despite incentives and contracts (von Krogh et al. 2000). The ideal entrepreneur is innovative, competent,
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fast, reliable, simple, self-confident, and docile. No single individual, however, exhibits this series of virtuous traits, which calls for team work (Fahrni 2000). The need to collaborate and learn from individuals outside the organization, combined with the difficulties encountered in knowledgesharing situations, favors the explicit integration of distributed innovation models in the training of entrepreneurs. Teaching distributed innovation cases and theories should include a dedicated course and should also be a topic in strategy, marketing, and technology management classes.
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1.5
Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur
Pius Baschera Professur für Unternehmensführung, ETH Zürich
Jeden Monat beruft die Konzernleitung der Hilti-Gruppe am Hauptsitz in Schaan ein Gipfeltreffen ein. Nicht die hierarchisch Höchsten werden eingeladen, sondern zwölf Mitarbeitende ohne Führungsfunktion, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Bei einem Frühstück mit Kaffee, Brötchen und Gipfeli – die Bezeichnung „Gipfeltreffen“ wird dadurch doppeldeutig – können die Teilnehmenden alles ansprechen, was sie mit Blick auf Unternehmen und Beruf beschäftigt. Das informelle, offene Gespräch kennt weder Agenda noch Monologe. Es dreht sich einzig und allein um das, was die Mitarbeitenden freut oder beunruhigt, was sie motiviert oder demotiviert. Die Palette der Diskussionsthemen ist breit – und sie hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Kamen früher zum Beispiel Arbeitsplatzprobleme zur Sprache, so werden heute etwa Fragen zur Unternehmensstrategie aufgeworfen, zu Neuprodukten und Dienstleistungen oder zur Produktivität. Die Konzernleitung bekommt auch unangenehme Dinge zu hören und erfährt, wo es klemmt und was sich verbessern liesse. Nur Offenheit – auch im Zuhören – führt zu Offenheit im Kommunizieren und Handeln. Am Gipfeltreffen bringen die Teilnehmenden die Werte zum Ausdruck, die sie auch im Alltag hochhalten: Integrität, Mut zur Veränderung, Teamwork und hohes Engagement. Die vier Werte Integrität, Mut zur Veränderung, Teamwork und hohes Engagement bilden den Kern des Leitbilds, zu dem sich die derzeit rund 20.000 Hilti-Mitarbeitenden rund um den Globus bekennen und verpflichten: „Wir begeistern unsere Kunden und bauen eine bessere Zukunft“ – so umschreibt das Leitbild Ziel und Zweck der Hilti-Gruppe. Es ist nicht einfach ein lebloses Stück Papier oder gar eine Alibi-Übung. Das Leitbild steht bei Hilti am Anfang allen Tuns – und das nicht nur in theoretischem
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Pius Baschera
Sinn: Die vier Werte haben in allen Kulturen ihre Gültigkeit. Sie sind die „Spielregeln“, die alle Hilti-Mitarbeitenden in weltweit mehr als 120 Ländern anwenden, um in regionalen und internationalen wie auch in interdisziplinären Teams Hervorragendes zu leisten.
Das Geschäftsmodell Das Leitbild macht deshalb auch den Anfang des Hilti-Geschäftsmodells (Abb. 1).
Abb. 1. Das Hilti-Geschäftsmodell Die Unternehmenskultur
Direkt aus dem Leitbild ergibt sich die Unternehmenskultur, welche die Mitarbeitenden der Hilti-Gruppe pflegen und weiterentwickeln. Sie verstehen Arbeit nicht einfach als Beschäftigung, sondern empfinden sie als Quelle persönlichen Wachstums, das nie abgeschlossen ist. Wenn persönliches Wachstum und Unternehmenswachstum in Einklang stehen, macht Arbeit Sinn und gibt Erfüllung. Die Unternehmenskultur ist vor diesem Hintergrund eine gemeinsame Reise, die immer weitergeht. Und: Die Unternehmenskultur wird damit zu einem wichtigen, wenn nicht gar zum wichtigsten Treiber des wirtschaftlichen Erfolgs. Zu einem ähnlichen Schluss kommen Larry Bossidy, der frühere Chef von Honeywell International, zusammen mit den Autoren Ram Charan und Charles Burck im Buch „Execution: The discipline of getting things done“:1 „The hardware of a computer is useless
1.5 Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur
49
without the right software. Similarly, in an organization the hardware (strategy and structure) is inert without the software (beliefs and behaviors).“ Die einzelnen Teams aller hierarchischen Ebenen und rund um den Globus, von Schaan bis Shanghai, treffen sich regelmässig ausserhalb des Arbeitsalltags, um auf ihrer gemeinsamen Reise für drei bis vier Tage innezuhalten und um über ihren Beitrag zur Umsetzung des Leitbild und zur weiteren Entwicklung der Unternehmenskultur wie auch über die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit nachzudenken. Allein für diese interaktiven Unternehmenskultur-Workshops hat Hilti 2006 insgesamt mehr als zehn Millionen Schweizer Franken aufgewendet: eine unternehmerisch wohlbegründete Investition in die wichtigste Ressource, den Menschen, und somit eine Investition zur Sicherung der Zukunft. Auch die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Konzernleitung von Hilti durchlaufen die unternehmenskulturellen Trainings. Die vier Mitglieder der Konzernleitung engagieren sich zusätzlich in den Workshops für die Führungskräfte als Moderatoren und Teilnehmer und wenden dafür jährlich gegen zehn Arbeitstage auf. Genau hier beginnt das hohe Engagement konkret zu werden, das Hilti als einen der vier Werte im Leitbild festgeschrieben hat. „Mut zur Veränderung oder Mut, den Kreis der Gewohnheiten zu verlassen“, um einen weiteren der vier Werte herauszugreifen, heisst, Risiken einzugehen und so neue Erfahrungen zu sammeln. Es liegt nicht im Interesse des Unternehmens, unkritisch an vermeintlich Altbewährtem festzuhalten. Doch wer Risiken eingeht, kann auch Fehler machen. Das wiederum verlangt von den Vorgesetzten den Mut, Fehler zu akzeptieren, denn an Fehlern wachsen Menschen und Unternehmen. Ein Beispiel für diesen Mut, den Kreis der Gewohnheiten zu verlassen, ist auch die in der Wirtschaftswelt wohl einzigartige, so genannte 56er Regel: Sie besagt, dass Hilti-Konzernleitungsmitglieder in der Regel bei Erreichen des 56. Lebensjahrs aus dem operativen Führungsgremium ausscheiden. Fähige Führungskräfte sollen bereits in relativ jungen Jahren, also in der Regel im Alter zwischen 35 und 45 Jahren, in die Konzernleitung berufen werden. Ihre Tätigkeit als Konzernleitungsmitglied ist nicht nur eine grosse Herausforderung, sondern auch eine starke persönliche Belastung. Daher erscheint nach 12 bis 15 Jahren anspruchsvoller Tätigkeit ein Wechsel in eine andere Funktion als sinnvoll. Die Kontinuität der Hilti-Gruppe hängt somit nicht an einzelnen Namen, sondern an der Weitergabe von Wissen und an der systematischen Förderung von Nachwuchsleuten, die dadurch in anspruchsvollere Positionen hineinwachsen. Ausgehend von diesen Überlegungen und Überzeugungen hat es die Hilti-Gruppe zustande gebracht, innerhalb von lediglich 24 Monaten drei
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Pius Baschera
von vier Positionen in der Konzernleitung durch interne Führungskräfte neu zu besetzen und damit einen Generationenwechsel zu vollziehen. Der von langer Hand vorbereitete, sanfte Übergang steht somit für Wandel und Kontinuität zugleich. Die Unternehmensstrategie
Die Unternehmenskultur beantwortet die Fragen nach dem Wie, die Unternehmensstrategie die Fragen nach dem Was. Die unternehmenskulturellen Workshops zeigen die Wechselwirkung zwischen Unternehmenskultur und Unternehmensstrategie auf. Die Art, wie die Mitarbeitenden ihre Arbeit verstehen und wie sie miteinander umgehen, beeinflusst direkt die Umsetzung der Strategie und deren Erfolg. Umgekehrt stimuliert das Wissen um die Ziele und Inhalte der Strategie das unternehmerische Denken und Handeln, das der Unternehmenskultur entspringt. Diesen integralen Ansatz bildet das Hilti-Geschäftsmodell ebenfalls ab. Die Hilti-Unternehmensstrategie stellt den Kunden an erste Stelle. Die Mitarbeitenden orientieren sich an seinen Bedürfnissen. Diese Bedürfnisse sind ihnen Anreiz und Herausforderung zugleich, ihn mit Kompetenz zu überzeugen und zu begeistern. Wo Hilti führend ist oder eine führende Position anstrebt – sei es auf Produkt- und Dienstleistungsebene oder in Branchen und Märkten –, dort liegt auch das Augenmerk der HiltiMitarbeitenden: Sie konzentrieren sich auf diese Führungspositionen, um sie weiter auszubauen. Kunde, Kompetenz, Konzentration – oder auf Englisch: Customer, Competence, Concentration – haben der Strategie ihren Namen „Champion 3C“ gegeben. Im Rahmen des strategischen Führungsprozesses stellt das Management von Hilti die Wirksamkeit der Unternehmensstrategie jedes Jahr auf den Prüfstand, beurteilt das Erreichte kritisch, lotet neue Möglichkeiten aus und leitet entsprechende Initiativen ab. Für die nächste strategische Zeitspanne, die sich bis 2015 erstrecken wird, konzentriert sich Hilti auf die strategischen Prioritäten Wachstum, Differenzierung, Produktivität und Entwicklung der Mitarbeitenden. Die Strategie führt auch immer wieder zu ambitiösen Zielen, die zu Beginn jeweils von nicht wenigen als kaum erreichbar eingestuft werden. Doch nur so kann ein Unternehmen und können Mitarbeitende über sich selbst hinauswachsen. Hilti orientiert sich hier unter anderem an den Forschungsergebnissen von Jim Collins2. Die Prozesse
Die Prozesse, mit denen die Strategie umgesetzt wird, machen Hilti zu einem verlässlichen Partner für Kunden und Lieferanten und steigern die
1.5 Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur
51
Effizienz. Die Kernprozesse betreffen das Produktportfolio-Management, die Marktbearbeitung und den Vertrieb, die Supply Chain mit Produktion, Beschaffung und Logistik sowie die Professional Services mit den Dienstleistungen, die mit dem Verkauf von Hilti-Produkten verbunden sind. Leitbild, Unternehmenskultur, Strategie und Prozesse zielen darauf, den Kunden mit innovativen Lösungen Mehrwert zu bieten, sie zu überraschen und zu begeistern. Die Stakeholder
Die Zufriedenheit der Kunden setzt die Zufriedenheit der Mitarbeitenden voraus. Die Hilti-Mitarbeitenden werden jedes Jahr in einer anonymen Umfrage um ihre Meinung gebeten. Jedes Jahr sagen jeweils rund 87 Prozent, stolz zu sein, für Hilti zu arbeiten. Noch aussagekräftiger als die Gesamtresultate sind die Ergebnisse der einzelnen Teams. Diese individuellen Ergebnisse sind Quelle und Impuls für Verbesserungsmassnahmen, welche die Teams diskutieren, verabschieden und umsetzen. Sie stärken – im Sinne der Unternehmenskultur und der vier Werte Integrität, Mut zur Veränderung, Teamwork und hohes Engagement – das Teamverständnis und gestalten die Zusammenarbeit reibungsloser. Die hohe Zufriedenheit der Kunden ist eine der Erfolgsgrössen des Unternehmens. Jährliche Befragungen ergeben auf einer Skala von 0 bis 100 einen Zufriedenheitswert, der regelmässig über 80 liegt. Um das Leitbild „Wir begeistern unsere Kunden und bauen eine bessere Zukunft“ Realität werden zu lassen, arbeiten alle Bereiche des Unternehmens kontinuierlich an Verbesserungen, die direkt dem Kunden zugute kommen und dessen Zufriedenheit weiter steigern sollen. Die Zusammenarbeit mit den Lieferanten hat Hilti erstmals 2006 bewerten lassen – und gute bis sehr gute Noten erhalten. Gleichzeitig bringen die Resultate auch hier Verbesserungsmöglichkeiten zum Vorschein. Als Wirtschaftsunternehmen trägt Hilti auch Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt und betrachtet diese Verantwortung als unabdingbar für den Erfolg: Nur wenn ein Unternehmen die Sorge für Umwelt und Gesellschaft in sein Handeln einbezieht und so versucht, den Bedürfnissen aller wichtigen Stakeholder gerecht zu werden, kann es langfristig wachsen. Das nachhaltige profitable Wachstum
Das Hilti-Geschäftsmodell, das sich, siehe Abb. 1, grafisch relativ einfach darstellen lässt, bietet mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Die Menschen im unternehmenskulturellen Umfeld, welche mit ihren genau definierten Prozessen die Strategie umsetzen, erfüllen die Kundenbedürfnisse
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Pius Baschera
– oder übertreffen diese sogar mit Lösungen, die dem Kunden zu deutlich höherer Effizienz und Wirtschaftlichkeit verhelfen: eine fast unauffällige Selbstverständlichkeit für die Hilti-Mitarbeitenden, die in neuerer Management-Literatur als Erfolgsrezept beschrieben wird.3 Aus den beschriebenen „Essenzen“, die das Hilti-Geschäftsmodell ausmachen, entsteht profitables Wachstum, das Jahr für Jahr weiter an Nachhaltigkeit gewinnt.
Die Innovationskraft Die Quelle der Innovation
Prozessorientiertes Arbeiten, wie es die Hilti-Mitarbeitenden betreiben, macht Kräfte frei für Innovationen: Strukturiertes Vorgehen und Kreativität schliessen sich nicht aus – im Gegenteil. Dennoch bleibt die Frage, wie Innovation überhaupt entsteht. Die Hilti-Mitarbeitenden können sie einfach beantworten: „Wir gehen auf die Baustelle und zu den Kunden“, würden sie – scheinbar lapidar – sagen. 12.000 der heute 20.000 Mitarbeitenden pflegen direkte Kontakte zu kaufenden Kunden und knüpfen Kontakte zu potenziellen Kunden. So kommen jeden Tag grob gerechnet 180.000 Kundenkontakte zustande. Der für Hilti typische Direktvertrieb kostet zwar mehr als der Verkauf über Zwischenhändler, doch Hilti profitiert auch entsprechend davon: Die Kunden äussern direkt, was sie wünschen. Da heisst es nur, genau hinzuhören und hinzusehen und die gesammelten Informationen auszuwerten und zu nutzen. Die Kunden stehen am Anfang der Innovationen, sie lösen diese aus. Auch Verwaltungsrat und Konzernleitung tauschen sich direkt mit HiltiKunden aus. Allein 2006 – es war mein 13. und letztes Jahr als Vorsitzender der Konzernleitung, bevor ich von Michael Hilti das Präsidium des Verwaltungsrats übernommen habe – verbrachte ich rund siebzig Arbeitstage in Tochtergesellschaften, auf Baustellen, bei Kunden und mit Mitarbeitenden in verschiedenen Ländern. Ich war mit unseren Verkaufsberaterinnen und -beratern unterwegs, sprach mit Kunden, befragte sie nach ihren Bedürfnissen und nahm die Erkenntnisse in die Konzernzentrale mit, um sie dort mit Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren. Die Kundenkontakte, welche die Vertriebsteams und das Management pflegen, sind nur ein Ansatz für Innovationen. Einen weiteren Ansatz schafft sich Hilti mit seinem arbeitswissenschaftlichen Team. Die Mitglieder dieses Teams haben ein Ziel vor Augen: Der Kunde soll effizient, sicher und komfortabel arbeiten können. Um diesen hohen Anspruch zu erfüllen, schauen sie dem Arbeiter auf der Baustelle über die Schulter. Sie wollen wissen, wie ein Arbeiter zum Beispiel einen Hilti-Bohrhammer
1.5 Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur
53
hält, wie er damit umgeht, was er damit alles anstellt und ausrichtet. Und mit wissenschaftlicher Akribie und Hartnäckigkeit finden sie Antworten auf die scheinbar einfachen Fragen des Wer, Was, Wo, Wie, Warum und Wofür. Wo immer sie genauer hinschauen, entdecken sie Verbesserungsund Innovationschancen. Den Kreis der Gewohnheiten verlassen
Vor ein paar Jahren zum Beispiel stellte sich die Frage, wie sich Kanäle für Elektrokabel einfacher und schneller installieren lassen. Die Analyse (Abb. 2) ergab vorerst, dass am ehesten beim Messen und Bohren anzusetzen sei. Dabei stellte sich heraus, dass Arbeiter auf der Baustelle nicht für das Bohren die meiste Zeit aufwenden, sondern für das Ausmessen beziehungsweise für das Positionieren des richtigen Bohrpunktes. Das Verbesserungspotenzial, das die Hilti-Fachleute ausmachten, konzentrierte sich deshalb eindeutig auf das Messen. Daraufhin beschäftigten sie sich intensiv mit Positioniergeräten, die auf Laserbasis arbeiten, und Hilti gründete dafür eine eigene Business Unit. Inzwischen besteht diese Business Unit seit bald zehn Jahren, und sie bringt jedes Jahr eine Reihe neuer Produkte auf den Markt, die inzwischen weit über das reine Messen hinausgehen. Die Nachfrage bestätigt die Richtigkeit des damaligen Entscheids, in diese neue Technologie zu investieren. Wo früher mindestens zwei Arbeiter mit Messschnur und Notizblock auf der Baustelle herumrannten, macht jetzt einer allein die Messarbeit. Die Resultate sind erst noch genauer, und sie lassen sich je nach Gerät via Bluetooth sogar direkt auf den Computer übertragen.
Abb. 2. Wie Hilti aufs Messen kam
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Pius Baschera
Technik ist die Leidenschaft der Hilti-Forscher und -Entwickler, und diese Leidenschaft teilen sie mit führenden Universitäten und Forschungsinstituten wie der ETH. Diese Leidenschaft wird von den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden genährt. In einem Netzwerk von Lehre, Forschung und Praxis entstehen unverzichtbare Ideen und Anregungen. Mut als Voraussetzung
Natürlich braucht es einen offenen Geist und Risikobereitschaft, um einen neuen Geschäftsbereich zu gründen. Offener Geist und Risikobereitschaft lassen sich unter dem Stichwort „Mut“ zusammenfassen. Und genau dieses Wort führt zurück zur Unternehmenskultur von Hilti, die mit dem Leitbild und den Menschen, die danach leben, das Fundament für die Weiterentwicklung des Unternehmens legt. Es braucht Mut, um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und Neues zu wagen. Es braucht Mut, um sich Fehler einzugestehen und daraus die richtigen Folgerungen zu ziehen. Es braucht Mut, auch Unangenehmes anzusprechen, damit sich ein Mensch oder ein Team weiterentwickeln kann. Und dieser Mut führt zu Innovationen. Mut – und Unternehmenskultur insgesamt – lassen sich nicht per Dekret verordnen. Unternehmenskultur muss wachsen und braucht starke Persönlichkeiten, die sie beispielhaft vorleben. Das hat schon Unternehmensgründer Martin Hilti erkannt. 1962, als noch niemand von Unternehmenskultur sprach, initiierte er die „Hilti-Grundsätze“. Sie drückten das Prinzip und seine persönliche Überzeugung aus, dass die Mitarbeitenden Partner im Unternehmen, sozusagen Unternehmer im Unternehmen, sind. Aus diesen einstigen „Hilti-Grundsätzen“ hat sich das Hilti-Leitbild entwickelt. Das Leitbild ist auch das Fundament, auf dem sich selbstständiges und eigenverantwortliches Denken und Handeln entfalten kann. Die Hilti-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zeichnen sich durch hohe Selbstmotivation aus. Sie sind, wie es eben Martin Hilti formuliert hat, Partner im Unternehmen – Partner, die aus eigenem Antrieb und Willen Innovationen von hohem wirtschaftlichem Wert erbringen und die daraus auch persönliche Befriedigung schöpfen. Eine Unternehmenskultur, wie sie die Hilti-Mitarbeitenden täglich leben und weiterentwickeln, ist der beste Humus für Innovationen. Auf dieser Grundlage werden auch Dinge möglich, die auf den ersten Blick unmöglich scheinen.
1.5 Kontinuität und Innovation gründen auf Unternehmenskultur
55
Literatur 1. Larry Bossidy, Ram Charan, Charles Burck: Execution: The Discipline of Getting Things Done. Crown Business: New York, 2002 2. Jim Collins: Good to Great. HarperCollins Publishers: New York, 2001 3. Kenneth Blanchard, Sheldon Bowles: Raving Fans – A Revolutionary Approach to Customer Service. William Morrow, HarperCollins: New York, 1993
2 Produkt und Prozess
2.1
Operative Exzellenz in der Pharmazeutischen Industrie
Thomas Friedli, Daniel Tykal, Thomas Gronauer Institut für Technologiemanagement, Universität St. Gallen
Aufgrund des wachsenden Drucks auf die Produktionskosten von Pharmazeutischen Unternehmen gewinnt das Thema Operative Exzellenz zunehmend an Bedeutung. Da dieses Thema im Vergleich zu anderen Industrien – wie beispielsweise der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau – in der Pharmaindustrie nahezu stiefmütterlich behandelt wurde, soll der folgende Beitrag Probleme und Ansätze zur Steigerung der Operativen Exzellenz in der Pharmaindustrie aufzeigen. Hierfür wird in Kap. 1 näher abgegrenzt, was unter den Begriffen Operative Exzellenz und Ganzheitliche Produktionssysteme zu verstehen ist. Im Anschluss daran wird die Rolle der Produktion in der pharmazeutischen Industrie näher untersucht. Dies ist von Bedeutung, da im Anschluss daran, ein auf die Pharmaindustrie anwendbares Operatives Exzellenz-Modell vorgestellt wird. Aufbauend darauf wurden Standorte der galenischen Produktion sowie der Wirkstoffherstellung untersucht. Die identifizierten Verbesserungspotenziale werden am Ende dieses Beitrages erläutert.
Operative Exzellenz Operative Exzellenz als strategischer Erfolgsfaktor Unter dem zunehmenden Wettbewerbsdruck auf amerikanische Unternehmen durch ihre japanische Konkurrenz Anfang der 80er begann in der Wissenschaft eine Diskussion und Suche nach den kritischen Erfolgsfaktoren, die Unternehmen zu außerordentlichem Erfolg und Leistung verhelfen. Peters und Waterman untersuchten mit ihrer Studie „In Search of Excellence“ amerikanische erfolgreiche Unternehmen und identifizierten
60
Thomas Friedli et al.
hierbei sieben zentrale Erfolgsfaktoren, die diese Unternehmen von ihren Wettbewerbern signifikant unterscheiden.1 Mitte der 80er Jahre stellten Wheelwright und Hayes in Bezug auf die japanische Konkurrenz fest, dass der zunehmende Wettbewerbsdruck weder auf die überlegene Innovationsfähigkeit, die Marketing-Fähigkeiten oder die überlegene Finanzstärke der japanischen Wettbewerber resultierte, sondern vielmehr aus der Überlegenheit japanischer Produktionssysteme. Dem gegenüber zeigte sich, dass für die meisten amerikanischen Unternehmen die Produktion wenig zum Unternehmenserfolg beitrug.2 Angestoßen durch Hayes und Wheelwright wurde das World Class Manufacturing Projekt initiiert, das darauf abzielte, kritische Erfolgsfaktoren erfolgreicher produzierender Unternehmen zu identifizieren. Diese Untersuchung konzentrierte sich, im Gegensatz zu der von Peters und Waterman, von Anfang an primär auf die Produktion bzw. auf die produktionsnahen Bereiche dieser Unternehmen. Als zentrales Ergebnis ließen sich zwei Dimensionen für Operative Exzellenz festhalten: Effektivität des Produktionssystems sowie die Wirksamkeit der in der Produktion verwendeten Ansätze bzw. Methoden („practices“). Die Effektivität wird hierbei durch die Rolle bestimmt, die die Produktion in einem Unternehmen einnimmt, während sich die Wirksamkeit der gewählten Ansätze primär durch deren einzigartige Kombination verschiedener Methoden ergibt. In Bezug auf Effektivität stellten Hayes und Wheelwright fest, dass besonders erfolgreiche Unternehmen über Produktionssysteme verfügten, welche die Unternehmensstrategie zum einen direkt unterstützten und zum anderen das Unternehmen in die Lage versetzte, eine gewisse Einzigartigkeitsposition zu besetzen. Hayes et al. gehen insbesondere auf die Wahl entsprechender kritischer Wettbewerbsfaktoren („competitive priorities“) ein. Dabei definieren die Autoren kritische Wettbewerbsfaktoren als Dimension(-en), in denen sich das Unternehmen unterscheidet und dabei Wettbewerbsvorteile erzielen kann.3 Gleichzeitig bemerkten die Autoren, dass Unternehmen unmöglich in einer Vielzahl von Dimensionen Wettbewerbsvorteile erzielen können. Unternehmen müssen sich auf Dimensionen
1 2 3
Vgl. Peters & Waterman (1982). Wheelwright & Hayes (1985), S. 12. „It is difficult, if not impossible, and potentially dangerous, for a company to try to compete by offering superior performance along all of these dimensions simultaneously, since it will probably end up second best on each dimension to some other company that devotes more of its resources to developing that competitive advantage“; Hayes & Wheelwright (1984), S. 41.
2.1 Operative Exzellenz in der Pharmazeutischen Industrie
61
fokussieren. Diese in der Literatur als „Trade-off“ Debatte geführte Diskussion wird von vielen Autoren ähnlich gesehen.4 So unterscheiden Hayes und Wheelwright bzgl. der verwendeten Ansätze und Methoden sechs übergeordnete Erfolgskriterien („dimensions“), die in der richtigen Kombination aus einer Vielzahl von Methoden das Unternehmen befähigen sollen, eine überlegene operative Performance5 zu erreichen. Bei den kritischen Erfolgskriterien handelt es sich um die Art von Weiterbildung und Qualifikation der Mitarbeiter in der Produktion (Workforce skills and capabilities), dem technischen Sachverstand des Managements (Management technical competence), dem Qualitätsverständnisses der Organisation (Competing through quality), der Integration der Produktionsmitarbeiter (Workforce participation), dem Grad an proprietärer Prozess- bzw. Werkzeugmaschinenentwicklung (Rebuilding manufacturing engineering) und der Fähigkeit eines Unternehmens durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess Fortschritte zu erzielen (Incremental improvement approaches). Durch Schonberger wurden neben zahlreichen sehr ähnlichen Kriterien zwei zentrale neue Elemente in die Diskussion mit eingebracht: Die Elemente des TQM (Total Quality Management) und erstmalig der Just-inTime-Ansatz (JIT) als ein Mittel zur Reduktion der Lagerbestände und gleichzeitiger Sicherung des Service-Levels. Die von Hall6 eingebrachten Kriterien stimmten mit vielen von Schonberger überein. Dabei wird „Manufacturing Excellence“ als ein System definiert, welches aus den Kriterien JIT-Produktion, Mitarbeitereinbezug, standardisiertem Werkzeug und Produktionsanlagen, Lieferantenintegration und einem konsequenten Design-for-manufacturability besteht.7 Anfang der 90er Jahre wandelt sich die Diskussion durch einen der wohl in Praxis und Theorie am meisten zitierten Ansätze. Womack et al. begründen mit Hilfe einer Studie den Lean Manufacturing Ansatz. Da Lean Manufacturing verschiedene Ansätze in sich vereint (z. B. JIT-Produktion, Ansätze des TQM etc.) und eine Vielzahl von empirischen Studien einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Methoden des 4 5
6 7
Siehe auch Skinner (1974); Porter (1985). Im Folgenden wird anstelle des deutschen Begriffes Leistung der engl. Begriff Performance verwendet, da Leistung in der deutschen Kostenrechnung auch mit Aufwand gleichgesetzt wird, was der englischen Definition widerspricht. Siehe auch Steinmann (1995). Vgl. Hall (1987). Design-for-manufacturability bezeichnet einen Ansatz, bestehend aus einer Vielzahl von Methoden (Bsp. QFD, House of Quality etc.), bei dem in einem frühen Stadium die Produktion und andere der Produktentwicklung angrenzende Bereiche in den Entwicklungsprozess eingebunden werden.
62
Thomas Friedli et al.
Lean Manufacturing und der operativen Performance von Unternehmen feststellen konnte, erlangte dieser Ansatz besondere Aufmerksamkeit.8 Viele der darauf folgenden Ansätze des Produktionsmanagements (z. B. Lean Manufacturing, time-based manufacturing, agile manufacturing und dynamic manufacturing) zeigen sich nicht frei von Überschneidungen. Betrachtet man beispielsweise die Definition von time-based manufacturing, die in der Regel wie folgt lautet: „Application of time compression techniques into every aspect of manufacturing system design which includes techniques such as pull system, cellular manufacturing, reengineering set-ups, quality improvement, employee involvement and dependable suppliers“9 lassen sich hier klare Überschneidungen mit Lean Manufacturing identifizieren. Ausgehend von den Ergebnissen einer Vielzahl von Untersuchungen, die neuere Ansätze des Produktionsmanagements und deren Auswirkung auf die operative Performance von Unternehmen analysiert haben, stellt sich weniger die Frage der Wirksamkeit dieser Ansätze als die des Kontextes ihrer Anwendungen.10 Hayes fasst die aus seiner Sicht zentralen Merkmale exzellenter, produzierender Unternehmen wie folgt zusammen:11 • Exzellente produzierende Unternehmen setzen neuere Ansätze des Produktionsmanagements ein, um eine bestimmte Produktionsstrategie umzusetzen, die sich direkt aus den Unternehmenszielen ableitet. • Durch den Einsatz neuerer Ansätze des Produktionsmanagements entwickeln exzellente produzierende Unternehmen kontinuierlich Fähigkeiten, die ihnen die Möglichkeit geben, einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Hieraus lässt sich folgende Definition für Operative Exzellenz ableiten: Operative Exzellenz wird erreicht, wenn die Produktion die Unternehmensstrategie direkt unterstützt bzw. kontinuierlich Fähigkeiten entwickelt, die dem Unternehmen Einzigartigkeiten gegenüber seinen Wettbewerbern verschaffen und sich in einem überdurchschnittlichen Unternehmenserfolg niederschlagen.
8
9 10 11
Vgl. Sakakibara, Flynn, Schroeder & Morris (1997), Cua, McKone & Schroeder (2001), Shah & Ward (2003) etc. Vgl. Stalk Jr. & Webber (1993). Vgl. Hayes & Pisano (1994), Pilkington (1998). Hayes & Pisano (1994), S. 78.
2.1 Operative Exzellenz in der Pharmazeutischen Industrie
63
Ganzheitliche Produktionssysteme als Vehikel zur Erreichung Operativer Exzellenz Als Besonderheit an der Historie des Lean Manufacturing Ansatzes ist zu konstatieren, dass, im Unterschied zu Studien im Bereich Operativer Exzellenz bzw. World Class Manufacturing, der Ausgangspunkt der Untersuchung nicht in der Identifikation verschiedener außerordentlich erfolgreicher Unternehmen lag, sondern sich die Analyse auf ein einzelnes Unternehmen, Toyota, konzentrierte. Dieses induktive Vorgehen führte dazu, dass viele Elemente des Toyota Produktionssystems (TPS) zu Beginn der 80er Jahre von amerikanischen und europäischen Wissenschaftlern und Praktikern verstärkt aufgenommen und diskutiert wurden. Hierzu beschreibt Ohno, der seit Anfang der 50er Jahre für die Entwicklung des Toyota Produktionssystems verantwortlich war, die drei Grundprinzipien, die dem Toyota Produktionssystem zugrunde liegen, wie folgt:12 • Es wird nur produziert, was wirklich gebraucht wird und nur dann, wenn man es braucht. Das gilt für Teile, für die Organisation und für die vom Kunden geforderten Produkteigenschaften. Alles andere ist Verschwendung. • Tritt ein Fehler auf, werden sofort die Ursachen zur künftigen Vermeidung entwickelt. Das Ziel heißt: Null Fehler. • Alle Mitarbeiter und alle externen Zulieferer sind aufgefordert, Produkte und Verfahren ständig zu verbessern. Womack et al. prägten – aufbauend auf einer im Rahmen des International Motor Vehicle Program (IMVP) am MIT (Massachussetts Institute of Technology) weltweit durchgeführten Studie mit der Veröffentlichung „The machine that changed the world“ – den Begriff des „Lean Manufacturing“ und lösten damit in weiten Teilen der Automobilindustrie eine Abkehr von der klassischen Massenproduktion nach tayloristischem Vorbild aus.13 Karlsson und Ahlström sehen den herausragenden Beitrag des Buches darin, dass erstmals bis dahin isoliert betrachtete Ansätze des Lean Manufacturing im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung zusammen geführt wurden.14 In ihrer Analyse beziehen Womack et al. neben der Produktion auch die Beschaffung, die Produktentwicklung und die Distribution mit
12 13 14
Vgl. Ohno (1988). Vgl. Womack, Jones & Roos (1990). Vgl. Karlsson & Ahlstrom (1996).
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ein. Mitte der 90er Jahre fassen Womack und Jones fünf zentrale Prinzipien des Lean Manufacturing zusammen:15 1. Eindeutige Spezifikation des Kundenwertes 2. Identifikation des Wertschöpfungsstromes 3. Einführung einer „fließenden Produktion“ (Flow) 4. Einführung eines Pull-Systems (Pull) 5. Institutionalisierung von Perfektion als Unternehmensleitbild Bösenberg und Metzen formulierten ebenfalls wie Womack und Jones zentrale Prinzipien des Lean Manufacturing und fassten dies in fünf Leitgedanken des Lean Manufacturing zusammen: Proaktives-, sensitives-, ganzheitliches-, ökonomisches- und potenzialorientiertes Denken.16 Gemeinsam haben Womack und Jones sowie Bösenberg und Metzen, dass es sich hier um eine grundlegende Abkehr von traditionellen tayloristischen Arbeitsprinzipien handelt. Bei Lean Manufacturing handelt es sich nicht um eine einzelne Methode, sondern vielmehr um ein ganzheitliches Konzept, das einen kulturellen Wandel eines Unternehmens erfordert. Viele der nachfolgenden Studien Mitte bis Ende der 90er Jahre geben diese ganzheitliche Sichtweise des Lean Manufacturing auf und konzentrieren sich wieder auf einzelne Aspekte (z. B. JIT-Implementierung) und deren Auswirkung auf operative Kennzahlen.17 Vereinzelte Studien analysieren hierbei verschiedene Aspekte (z. B. JIT und TQM) und deren Auswirkungen auf operative- bzw. Unternehmenskennzahlen.18 Die wenigsten empirischen Untersuchungen betrachten Lean Manufacturing als ein integriertes System mit voneinander abhängigen Gestaltungsdimensionen. Eine Ausnahme stellt hierbei die Untersuchung von Shah und Ward dar, die in ihrer Analyse so genannte „Lean bundles“ identifizieren, welche sie bzgl. der mehrdimensionalen Zusammenhänge untersuchen. Shah und Ward identifizieren hierbei 22 verschiedene Methoden bzw. Konstrukte, die sie in die vier übergeordneten Gestaltungsdimensionen bzw. Ansätze TQM, TPM (Total Productive Maintenance), JIT und Human Resource Management (HRM) einordnen. Sie stellen fest, dass sich die Wirkung einzelner Dimensionen (z. B. JIT) durch die Implementierung der anderen Dimensionen verstärken lässt (z. B. JIT und TQM und HRM).19
15 16 17
18 19
Womack & Jones (1996). Bösenberg & Metzen (1993), S. 42. Vgl. Mehra & Inman (1992); Hackman & Wageman (1995); McLachlin (1997); Samson & Terziovski (1999). Vgl. Flynn & Sakakibara (1995); McKone, Schroeder & Cua (2001). Vgl. Shah & Ward (2003).
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Verschiedene Autoren üben dahingehend Kritik aus, dass nichtstrukturellen und sozialen Aspekte (z. B. Verhalten der Mitarbeiter, Lernbereitschaft der Mitarbeiter) bei der Implementierung von Lean Manufacturing Ansätzen nur mangelhaft Aufmerksamkeit geboten wurde. Beispielsweise stellen Flynn et al. fest, dass eine Minimierung der Sicherheitsbestände im Rahmen eines JIT-Programms nur erfolgreich sein kann, wenn die Mitarbeiter die Problemlösungskompetenz entwickeln, die Fehlerquote zu senken und zeitnah Ursachen für auftretende Fehler zu beheben.20 Neben den nicht-strukturellen und sozialen Aspekten wurden kontextabhängige Variablen seltener untersucht. Ausnahmen sind dabei Shah und Ward sowie Ketokivi und Schroeder.21 Shah und Ward untersuchen in ihrer Arbeit neben dem Einfluss von Unternehmensgröße und Werksgröße auch den Einfluss des Grads an gewerkschaftlicher Organisation auf den Implementierungsgrad von Elementen des Lean Manufacturing. Ketokivi und Schroeder stellen fest, dass die Implementierung bestimmter Elemente des Lean Manufacturing lediglich dann Wirkung zeigt, wenn diese in engem Bezug zur Produktionsstrategie bzw. zu einem formulierten strategischen Programm stehen. Bisher ließ sich aber basierend auf empirischen, quantitativen Analysen insgesamt keine einheitliche Aussage treffen, unter welchen Umfeldbedingungen eine Lean Manufacturing Implementierung sinnvoll ist. In der deutschsprachigen Literatur ließ sich in den letzten Jahren ein Begriffswandel vom Lean Manufacturing zum „Ganzheitlichen Produktionssystem“ beobachten. Spath et al. stellen zum Unterschied beider Begriffe fest, dass Ganzheitliche Produktionssysteme die bestehenden Ansätze zu einem integrierten System zusammenführen und die wesentliche Innovation Ganzheitlicher Produktionssysteme in der „sorgfältigen Abstimmung und Integration überwiegend bekannter Organisationskonzepte zu einer umfassenden, unternehmensspezifischen Gesamtlösung, die mit Konsequenz langfristig verfolgt wird“, liegt.22 Sie betrachten Ganzheitliche Produktionssysteme als eine Art Bausatz, bestehend aus Basis- und individuellen Bausteinen. Während die Basisbausteine für jede Art von Einführung Ganzheitlicher Produktionssysteme notwendig sind, sind die individuellen Bausteine von der Art des Unternehmens abhängig. Als Basisbausteine werden primär arbeitsorganisatorische und mitarbeiterorientierte Methoden, wie Gruppenarbeit, Führen nach Zielen, Visuelles Management, Flexible Arbeitszeitmodelle etc. genannt. 20 21 22
Vgl. Flynn & Sakakibara (1995). Vgl. Ketokivi & Schroeder (2004). Spath, Korge & Scholtz (2003), S. 9–11.
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Es lässt sich feststellen, dass das neuere Verständnis bzgl. Lean Manufacturing im englischsprachigen Raum und die aktuelle Diskussion zu Ganzheitlichen Produktionssystemen im deutschsprachigen Raum sich zunehmend angleichen. Auf Basis bestehender Definitionen von Lean Manufacturing und dem neueren Verständnis bzgl. Ganzheitlichkeit und Integriertheit lässt sich somit folgende Definition für den Begriff Ganzheitlicher Produktionssysteme ableiten: Ein Ganzheitliches Produktionssystem ist ein integriertes System von verschiedenen aufeinander abgestimmten Methoden, das darauf abzielt, Qualitätsverbesserungen und Kostenreduktion durch eine Minimierung jeglicher Art von Verschwendung in Form von Lagerbeständen, Wartezeiten, mangelnder Anlagenverfügbarkeiten oder Ausschussraten zu erzielen.
Die Rolle der Produktion in der Pharmazeutischen Industrie „Innovation wird weiterhin von größter Bedeutung sein. Gleichzeitig müssen Pharma-Betriebe jedoch nach neuen Methoden suchen, um zu höherer Effizienz zu gelangen. So wird das Unternehmen der Zukunft in mancher Hinsicht eine Hollywood-ähnliche, von Kreativität, Innovation und Flexibilität geprägte Kultur mit dem Streben nach Effizienz und Produktivität kombinieren, wie man es von der Autoindustrie kennt.“ Pisano, Professor Harvard Business School Günthardt, CEO Siegfried Ltd.
Pisano und Günthardt sehen es als eine der zentralen Herausforderungen der Pharmaindustrie an, die Dissonanzen zwischen Innovationsfähigkeit und Produktivität in Einklang zu bringen. Hierfür beschreiben sie drei Modelle: Das „internal model“ mit dem vollständigen Aufbau beider Kompetenzen, das „acquisitor model“ mit dem Zukauf entsprechender Fähigkeiten und das „alliance model“ mit der Konzentration der internen Ressourcen auf Kreativität oder Effizienz, um durch Allianzen komplementäre Kompetenzen zu suchen (vgl. Abb. 1).23 Allen Modellen liegt zunächst die Annahme zugrunde, dass Pharmaunternehmen zukünftig stärker effizienzgetriebene Organisationen sein werden. Die erforderlichen organisatorischen Strukturen, die Anreiz- und 23
Vgl. Pisano & Günthardt (2003), S. 11.
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Kontrollsysteme, das Kulturdenken, die Normen und die Ablaufprozesse, die zur Förderung einer effizienzgetriebenen Organisation notwendig sind, sind jedoch andere als die innovationsgetriebener Organisationen. So stellen sich z. B. Hayes et al. die Frage, warum amerikanische Unternehmen zwar im Bereich der Biotechnologie eine führende Rolle einnehmen konnten, aber bis heute nicht in der Lage sind ein Auto zu produzieren, das das Qualitätsniveau von Toyota erreicht.24 Die Autoren sehen die gleiche Unternehmenskultur und strukturellen Eigenschaften, die ein Unternehmen dazu befähigen, Innovationen voranzutreiben, gleichzeitig als eine Barriere für das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung. In Bezug auf das „internal model“, dem gleichzeitigen Verfolgen von Effizienz und Innovation, ist es wichtig abzugrenzen, in welchen Bereichen man welche Art von Zielsystemen mit welchen Strukturen und Methoden etabliert. Der Wandel der pharmazeutischen sowie der Wirkstoffindustrie Es ist unumstritten, dass sich die Pharmaindustrie in einem Wandelprozess befindet. Die Hauptfaktoren für den erwarteten Rückgang der Wachstumsrate und des ROE (Return on Equity) sind die sinkende Produktivität der F&E, der erhöhte Druck der Kunden auf die Preise, die zunehmende Anzahl von Substituten und der sich stetig verschärfende Wettbewerb unter den etablierten Akteuren. Außerdem sorgen die verschiedenen und sich laufend ändernden Kundenbedürfnisse für eine zunehmende Individualisierung des Angebots und tragen so zur komplexer werdenden Wertschöpfungskette der Pharmaindustrie bei. Ähnlich ist die Situation in der vorgelagerten Wirkstoffindustrie. Über Jahre galt diese mit einem jährlichen zweistelligen Branchenwachstum als hoch profitabel. Diese Situation hat sich ebenfalls geändert. Die steigenden regulatorischen Anforderungen, die größer werdende Marktmacht der Kunden und die wachsende Anzahl an Substituten haben zu einem Marktwandel geführt, der vor allem von einem intensiveren Wettbewerb geprägt ist. Eine Studie von Frost & Sullivan identifizierte in diesem Zusammenhang fünf wesentliche Herausforderungen für die kommenden Jahre: Steigender Kostendruck, erschwerte Wettbewerbssituation innerhalb Europas, verspätete Freigaben von Wirkstoffen, eine reduzierte Pipeline neuer Medikamente sowie neue Wettbewerber aus Niedriglohnländern wie China und Indien. Als Ausgangspunkt für OPEX-Programme (Operative Exzellenz Programme) sollte eine Analyse der strategischen Bedeutung der Produktion 24
Hayes (2005), S. 138 f.
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Abb. 1. Konzept zur Einordnung der strategischen Bedeutung der Produktion
erfolgen. Hierfür bietet sich im Folgenden das Konzept „stages in manufacturing’s strategic role“ von Wheelwright und Hayes25 an. Wheelwright und Hayes unterscheiden zwischen vier verschiedenen strategischen Rollen, welche die Produktion in einem Unternehmen einnehmen kann. Auf der ersten Stufe kommt der Produktion primär die Rolle zu, das negative Potenzial (z. B. Qualitätsprobleme, Anlaufprobleme, Stock-outs etc.) zu reduzieren und reaktiv unterschiedlichste Anforderungen und Arten von Aufträgen zu erfüllen. Die strategische Bedeutung der Produktion ist relativ gering. Auf der letzten Stufe unterstützt die Produktion nicht nur direkt die Unternehmens- oder Geschäftsfeldstrategie, sondern entwickelt proaktiv Fähigkeiten, die dem Unternehmen helfen, im Vergleich zum Wettbewerb Einzigartigkeitspositionen26 zu besetzen. Dies stellt die höchste Stufe strategischer Bedeutung dar. Wendet man dieses Konzept auf die Pharmaindustrie an, so stellt Cooney beispielsweise fest, dass die primäre Rolle, die der Produktion in Pharmaunternehmen in der Vergangenheit zukam, darin bestand, regulatorische Anforderungen zu erfüllen und weniger darin, neue Wege zu finden, um Kosten oder Durchlaufzeiten zu minimieren.27 Ebenso finden sich in vielen forschenden Pharmaunternehmen keinerlei Entscheidungsträger aus der Produktion in den obersten Führungsgremien. Zusätzlich ist in der Regel die Produktion im Vergleich zur F&E mit relativ alten Anlagen und Technologien ausgerüstet.
25 26 27
Vgl. Wheelwright & Hayes (1985). Vgl. Schuh (2002). Vgl. Economist (2002).
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Da die strategische Bedeutung primär auf der Stufe der Minimierung der produktionsbedingten Risiken liegt, lässt sich die Rolle der Produktion in vielen Pharmaunternehmen als „internally neutral“ einordnen, und entspricht der untersten Stufe im Konzept von Wheelwright und Hayes (Abb. 1). Der momentane Entwicklungsprozess bei verschiedenen pharmazeutischen Unternehmen deutet auf die zweite Stufe hin. Hierbei wird versucht, mit den Wettbewerbern gleich zu ziehen und die strategische Rolle der Produktion von „internally neutral“ auf „externally neutral“ zu stärken. Verbesserungspotenzial im Bereich der Produktion bzw. in produktionsnahen Bereichen Nach der Auffassung verschiedener Experten lassen sich für die Pharmaindustrie große Kostensenkungspotenziale durch effizientere Strukturen und Prozesse und eine Optimierung der Produktion bzw. der Lieferkette realisieren.28 Berücksichtigt man die reinen Produktionskosten,29 so liegt dieser Anteil bei ca. 25–30% der Gesamtkosten. Betrachtet man jedoch sämtliche Kostenblöcke, die durch ein effizientes Management der Lieferkette beeinflusst werden, so hängen nach Auffassung von Vocke fast 60% der anfallenden Kosten eines Pharmaunternehmens von der effizienten Planung und Steuerung der Beschaffung, Produktion und Distribution ab.30 So schätzt Raju beispielsweise, dass durch effiziente Produktionsmethoden über den gesamten Lebenszyklus eines Blockbuster-Produktes Einsparungen von ca. 500 Mio. USD realisiert werden könnten.31 Eine rein effizienz-getriebene Sichtweise würde jedoch aufgrund der spezifischen Strukturmerkmale der Pharmaindustrie zu kurz greifen. Neben dieser Betrachtung lassen sich weitere kritische Potenziale für die Pharmaindustrie ermitteln: Integrierte Produkt- und Prozessentwicklung sowie schnelle Scale-Up Fähigkeiten
Eine Verkürzung der Time-To-Market und eine schnelle Marktbearbeitung bei Neuprodukteinführungen sind wichtige Erfolgsfaktoren in der pharmazeutischen Industrie. Je nach Arzneimittel kann die Entwicklung der für 28 29 30 31
Vgl. Hartmann, Bäumler & Vallerien (2002). Materialkosten, Lohnkosten und Overhead (Abschreibungen, Instandhaltung, etc.). Vocke & Jäger (2004), S. 150. Vgl. Economist (2002).
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neue Produkte notwendigen Produktionsprozesse und der entsprechenden Infrastruktur bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen und damit wichtige Wettbewerbsvorteile gefährden.32 Pisano weist beispielsweise darauf hin, dass viele Unternehmen zwar großen Wert auf einen schnellen Entwicklungsprozess legen, die Prozessentwicklung jedoch unter laborähnlichen Bedingungen stattfindet, wodurch oftmals Probleme bei der Versorgung mit entsprechenden Substanzen für klinische Tests entstehen. Bezüglich der Fähigkeit schnelle Scale-Ups zu realisieren stellt Raju fest, dass die Produktion laborähnlicher Versuchsmengen oftmals auf die Volumenproduktion übertragen wird. Um diesem Potenzial in Zukunft zu begegnen, werden Fähigkeiten, wie eine integrierte Produkt- und Prozessentwicklung zwischen F&E und Produktion und schnelle Scale-ups an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig müssen frühzeitig effiziente Prozesse mit einer geringeren Anzahl an Synthesestufen oder geringeren technischen Anforderungen entwickelt werden. Aufbau einzigartiger Fähigkeiten und proprietären Wissens
Die bisherige eingeschränkte Fokussierung, insbesondere auf Produktinnovationen zum Zweck der Differenzierung, wird durch die zunehmend kürzeren effektiven Patentschutzzeiten an Wirksamkeit verlieren.33 Ein Grund hierfür ist die beschleunigte Technologiediffusion, wodurch ehemals proprietäres Wissen industrieweit schneller verfügbar wird. Da viele Abläufe im Bereich der Produktion und Prozessentwicklung auf implizitem Wissen und Routinen beruhen, sieht Pisano im Bereich der pharmazeutischen Produktion die Möglichkeit, einzigartige Fähigkeiten zu entwickeln, die schwierig zu imitieren sind. Verlängerung des effektiven Produktlebenszyklus durch innovative Verfahren und Produktvarianten
Bezüglich dem zunehmend kürzeren Lebenszyklus eines Produktes stellt Reitzig am Beispiel der Variantenvielfalt an Aspirintabletten von Bayer fest, dass Unternehmen diesen durch neue Produktvarianten in Form von innovativen Darreichungsformen verlängern können.34 Diese Variantenvielfalt erfordert eine hohe Produktmixflexibilität seitens der pharmazeutischen Produktion.
32 33 34
Pisano (1995), S. 97. Spaethe (2001), S. 166 f. Reitzig (2004), S. 36
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Zweifelsohne gibt es in der pharmazeutischen Industrie im Vergleich zu anderen Industrien besonders große regulatorische Hürden auf dem Weg zur Operativen Exzellenz (OPEX). Die dargestellten Beispiele zeigen, dass sich Operative Exzellenz in der Pharmaindustrie nicht alleine durch eine gesteigerte Effizienz ergibt. Vielmehr müssen strategische, organisationale und prozessuale Anpassungen stattfinden, deren Veränderungen auf den unternehmensspezifischen Kontext abgestimmt sein müssen.
Ein Gestaltungsmodell zur Einführung von ganzheitlichen OPEX-Programmen Das Ziel zweier Forschungsprojekte des Instituts für Technologiemanagement der Universität St. Gallen („International Benchmark Study: Operational Excellence in the Pharmaceutical Industry“ sowie „International Benchmark Study: Operational Excellence in the Drug Substance Industry“) war es, ein ganzheitliches Modell zu entwickeln, das den heutigen Grad an Operativer Exzellenz in der Pharmaindustrie aufnimmt, Zusammenhänge innerhalb einzelner Subsysteme von Produktionssystemen aufzeigt sowie eine objektive Entscheidungsgrundlage für die Formulierung von Gestaltungsempfehlungen zur Verfügung stellt. In den zwei europaweiten Benchmarking Studien wurden ca. 100 Unternehmen der Pharmaindustrie und ca. 20 Unternehmen der Wirkstoffindustrie auf den Stand ihrer OPEX hin untersucht. Dabei wurde für einen durchschnittlichen pharmazeutischen Produktionsstandort ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 6,5 Mio. Euro identifiziert, wenn er so aufgestellt wäre wie die besten zehn Prozent der untersuchten Unternehmen. Grundsätzlich muss die Performance einzelner Standorte genau unter die Lupe genommen werden. Häufig wird sich beispielsweise hohe Kundenzufriedenheit bzw. eine niedrige Beschwerderate durch eine große Inspektionsabteilung „erkauft“. Inspektionsraten von 100% sind keine Ausnahme. Es stellt sich die Frage, wie ein umfassendes OPEX-Programm implementiert werden kann, um Einsparpotenziale realisieren zu können. Aus Erkenntnissen der Studie und Besuchen bei Pharmaproduzenten wurde ein ganzheitliches Modell zur Gestaltung eines möglichen Entwicklungspfades hin zu einem exzellenten Unternehmen aufgestellt. Dieses besteht aus drei Phasen. Ziel der ersten Phase ist es, die Total Productive Maintenance (TPM)-Performance zu verbessern und damit stabil laufende Anlagen zu garantieren. In der zweiten Phase liegt der Schwerpunkt bei
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der Stabilität und Zuverlässigkeit der Prozesse (TQM). In Phase 3 beziehen sich die Optimierungsbemühungen schließlich auf die Effizienz des Gesamtprozesses (JIT), wobei die Reduktion des Mitteleinsatzes im Vordergrund steht. 1. Phase: Verbesserung der TPM-Performance Der Anteil ungeplanter Instandhaltung und die Ausschussrate der untersuchten Unternehmen weisen eine hohe Korrelation auf, was für die frühe Einführung eines TPM-Programms spricht. Bei pharmazeutischen Prozessen entstehen signifikante Abweichungen in der Produktqualität bereits bei geringer Varianz relevanter Parameter. Die Stabilität der eingesetzten Anlagen ist ein wichtiger Parameter. Sie wird anhand des Anteils an ungeplanter Instandhaltung gemessen. In der Untersuchung zeigte sich bei den Unternehmen eine Beeinflussbarkeit i. S. einer Reduktion durch Housekeeping bzw. Standardisierung. Weiter sprechen bei den Produktionsstandorten die hohen Anlagekosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten für eine frühe Einbindung eines TPMProgramms. Um mittelfristig Anlagenkosten zu senken, wird ein effizienter Einsatz vorhandener Technologien angestrebt. Im Zentrum der Optimierungsanstrengungen steht u. A. die Verbesserung der effektiven Anlagenverfügbarkeit und damit eine Erhöhung der Auslastung (OEE = Overall Equipment Effectiveness). 2. Phase: Verbesserung der TQM-Performance Nachdem die Anteile an ungeplanter Instandhaltung und Anlagestörungen durch die genannten Maßnahmen stabilisiert werden konnten, geht es um die Stabilisierung der Prozesse. Hierzu drängt sich die Verbesserung der Prozessfähigkeiten durch Six Sigma Projekte auf. 3. Phase: Verbesserung der JIT-Performance In der letzten Phase steht die Reduktion von Verschwendungen im Fokus der Optimierungsanstrengungen, wobei diese auf robusten und weitgehend fehlerfreien Prozessen aufbauen. Im Zentrum steht dabei nicht die Minimierung von Ausschussmengen bzw. Reklamationen, sondern die Minimierung der weiteren Arten der Verschwendung, wie Überproduktion und Lagerbeständen, nicht-wertschöpfende Bewegungen bzw. Transportaktivitäten, Wartezeiten sowie nicht-wertschöpfende Prozesse. Die Studie zeigt auf, dass JIT-Performer einen wesentlich ganzheitlicheren Ansatz zur Optimierung der Prozesse anwenden und eine Vielzahl von Elementen einsetzen. Unterstützt wird die Aussage auch durch die Erkenntnis, dass JIT-Performer gleichzeitig eine hohe TQM- bzw. TPM-Performance aufweisen.
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Abb. 2. Gestaltungsmodell Operative Exzellenz
Die Kernaussagen des Gestaltungsmodells werden in folgender Darstellung zusammengefasst. Es werden die drei Phasen des Veränderungsprozesses dargestellt, wobei für alle drei Phasen jeweils der Hauptschwerpunkt der Optimierungsbemühungen und die notwendigen Maßnahmen für die Umsetzung aufgezeigt werden. Aufbauend auf den Studienergebnissen ergibt sich für die drei Hauptelemente eine zeitliche Reihenfolge, die in einem logischen Zusammenhang steht. So können stabile Prozesse im Sinne eines TQM erst etabliert werden, wenn die Anlagen stabil laufen. Erst dann, wenn sowohl die Anlagen als auch die Prozesse stabil sind, können die Bestände – seien es Rohstoffe, Betriebsmittel, Halbzeugnisse oder Fertigzeugnisse – reduziert werden, da ansonsten das Risiko, nicht liefern zu können, zu hoch wäre. Führungssystem und Mitarbeiter
Innerhalb des technischen Systems mit den Kernprinzipien TPM, TQM und JIT lassen sich klare Aussagen bezüglich der Wirksamkeit bestimmter Elemente bzw. Methoden Ganzheitlicher Produktionssysteme formulieren. Bezüglich der Rolle des Führungssystems lässt sich lediglich die Erkenntnis ableiten, dass ein effektives Führungssystem durch entsprechende Strukturen, Ziele und Qualifizierungsmaßnahmen den beschriebenen Veränderungsprozess unterstützen muss. In allen Phasen können so die zur Implementierung der Maßnahmen notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Wie unsere Studie aufgezeigt hat, können trotz gleicher Maßnahmen auch innerhalb eines Unternehmens große Performance Unterschiede zwischen einzelnen Produktionsstandorten auftreten. Gründe dafür liegen hauptsächlich im Führungssystem und bei den Mitarbeitern.
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Im Vergleich zu anderen Gestaltungsmodellen für Operative Exzellenz zeichnen vor allem folgende Eigenschaften das Modell aus: Allgemeingültigkeit: Das Modell ist branchenübergreifend einsetzbar und weitgehend allgemein gültig. Es richtet sich nicht an einzelnen teilweise branchenspezifischen Methoden aus. Dies trifft sowohl für die vier Kernprinzipien (TQM, TPM, JIT, Basiselemente und Führungssystem) als auch für die 17 Elemente des Produktionssystems (Bsp. Prozessmanagement, Rüstzeitminimierung) zu. Ganzheitliches Modell: Das Modell basiert auf der Annahme, dass es sich bei einem Ganzheitlichen Produktionssystem um ein offenes System handelt. Es werden produktionsangrenzende Bereiche (Bsp. Beschaffung, F&E) sowie die externe Umwelt (Kunden, Lieferanten) in dem Referenzmodell berücksichtigt. Das Referenzmodell stellt kein Partialmodell dar. Berücksichtigung sozio-technischer Aspekte: Im Modell werden sowohl technisch/strukturelle wie auch Aspekte des Führungssystems berücksichtigt. Die Anforderungen des sozio-technischen Systemansatzes sind somit hinreichend berücksichtigt. Logisch-konsistente Darstellung: Die zentralen Dimensionen Ganzheitlicher Produktionssysteme werden im Referenzmodell auf drei Aggregationsebenen nach Kernprinzipien, Elementen und Methoden unterteilt. Sie werden dadurch logisch strukturiert und erhalten eine ähnliche Wertigkeit. Die Untergliederung nach Kernprinzipien und Basiselementen erlaubt eine weitgehend überschneidungsfreie Einordnung der Dimensionen und eine konsistente Darstellungsform. Es kann festgehalten werden, dass das Referenzmodell den gestellten Anforderungen gerecht wird und somit als Modell zur Strukturierung der weiteren Untersuchung angewendet werden kann.
Kostensenkungspotenziale in der Pharmaproduktion Für den Bereich TPM ist besonders die tiefe Overall Equipment Effectiveness (OEE) der Betriebe und der Geräte signifikant. Die geringe Anlagenauslastung sowie der hohe Anteil an ungeplanten Wartungsständen erwies sich als wesentlicher Unterschied zu anderen Industrien. Für TQM zeigt sich, dass es bislang nur wenigen Unternehmungen gelungen ist, das Konzept der „built-in quality“ auf ihre Produkte und
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Prozesse umzusetzen. Bei der Qualität ist es noch immer ein Abwägen zwischen niedrigen Inspektionskosten oder einer tiefen Reklamationsrate. Bei der Betrachtung der Lagerbestandsführung muss bemerkt werden, dass Ansätze der JIT-Philosophie, wie beispielsweise die Pull-Produktionssteuerung, weitgehend unbekannt oder nur sehr schwach implementiert sind. Jedoch zeigten sich hier signifikante Unterschiede zwischen dem Industriedurchschnitt und einzelnen Betrieben mit hoher Leistungsfähigkeit. Während Umschlagsraten des Lagers von zwei- bis dreimal pro Jahr den Bereich des Branchendurchschnitts kennzeichnen, übertreffen einige diese Werte bei weitem und bewegen sich auf einem wesentlich höheren Level. Jedoch zeigten sich in allen drei Bereichen wesentliche Defizite in entscheidenden produktionswirtschaftlichen Kennzahlen im Vergleich zu anderen Industrien. Im Bereich des Management Systems zeigte sich ein niedriger Grad an Integration der Produktionsebene in Kontinuierliche Verbesserungsprogramme. So ist der Anteil an Unternehmen niedrig, der über ein innerbetriebliches Vorschlagswesen verfügt, ebenso konnten nur in den seltensten Fällen die dadurch erreichten durchschnittlichen Kostenersparnisse genannt werden.
Kostensenkungspotenziale in der Wirkstoffherstellung Das durchschnittliche Werk der Befragung operiert mit 150 Angestellten und weist Costs of Goods Sold (COGS) in der Höhe von 107.5 Mio. Euro auf. Um einen Eindruck zu erhalten, in wie weit die Performances der einzelnen API-Standorte (API = Active Pharmaceutical Ingredient) sich unterscheiden, wurde der Durchschnitt der drei am besten und am schlechtesten operierenden Standorte jeder Kategorie gebildet und miteinander verglichen. Als Resultat wurden Verbesserungspotenziale in den Bereichen TPM, TQM und JIT identifiziert. Für den Bereich TPM konnte eine Wechselbeziehung zwischen Auslastung, ungeplanten Wartungsstillständen und den Wartungskosten festgestellt werden. Standorte mit schwacher Performance und einer niedrigeren Overall Equipment Effectiveness (OEE) kämpfen in den meisten Fällen zugleich mit einem höheren Anteil an ungeplanten Wartungsstillständen. Als eine logische Konsequenz konnten für diese Standorte signifikante Anstiege bei den Wartungskosten sowie der Anzahl der Wartungsmitarbeiter im Vergleich zu den Top-Performern identifiziert werden. In Diskussionen mit den Benchmarking-Partnern stellte sich deutlich heraus, dass sich eine starke Fokussierung auf moderne Ausrüstung direkt positiv auf die
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Höhe der OEE auswirkt. Daneben ist auch der Produkt-Mix pro Anlage (Mono-bzw. Multizweckproduktion) direkt mit der OEE verbunden. Der zweite Wirkungszusammenhang wurde im Bereich TQM identifiziert. API-Standorte sehen sich hierbei einem Trade-off zwischen tiefen Kundenreklamationsraten und tiefen Raten der intern zurückgewiesenen Batches gegenübergestellt. Diese Tatsache wurde bereits in der vorangegangenen Pharma Studie beobachtet. Verglichen mit den Top-Performern haben Standorte mit einer schwachen Performance im Verhältnis zu den Gesamtkosten mehr als doppelt so hohe QA/QC Kosten (Quality Assurance/Quality Control Kosten). Die Studie zeigt auch, dass die Qualitätsperformance nicht direkt durch die Anzahl der QA/QC-Mitarbeiter in die Höhe getrieben werden kann. Dies bestätigte sich dadurch, dass die TopPerformer in dieser Kategorie relativ wenige QA/QC-Mitarbeiter hatten. Viele Pharmaproduzenten scheinen nach wie vor der Logik zu folgen, ihre hohe Reklamationsrate durch vermehrte Inspektionen der Endprodukte verbessern zu wollen. In der Regel erhöht dies hingegen nur die QA/QCKosten, ohne dabei nachhaltigen und längerfristigen Einfluss auf die Produktqualität zu haben. Die Top-Performer in dieser Kategorie verstehen es dem entgegen, nicht durch reine Inspektionen, sondern durch ein integriertes Qualitäts- und Prozessverständnis die Produktqualität zu erhöhen und damit die Reklamationsrate längerfristig zu senken. Nur auf diese Weise scheint es möglich zu sein, nachhaltig Kosten zu senken und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Ein dritter Wirkungszusammenhang zeigte sich im JIT Bereich. Es gibt eine alarmierende Diskrepanz in der durchschnittlichen Rüstzeit zwischen den drei leistungsfähigsten und den drei schwächsten Standorten. Während es nur geringe Unterschiede zwischen den besten und schwächsten Standorten bezüglich des Rohmaterialumschlags gab, stieg diese Diskrepanz in der Umschlagshäufigkeit an Endprodukten hingegen signifikant an. Ebenso konnte die Studie aufzeigen, dass es bei schwachen Standorten großes Verbesserungspotenzial bezüglich der Volumenflexibilität gibt. Der Service-Level ist branchenüblich bei allen Befragten ausgezeichnet. Eine eher überraschende Erkenntnis der Untersuchung ist, dass in mehreren Standorten wesentliche produktionswirtschaftliche Key Performance Indicators (KPIs) entweder nicht klar definiert oder auf Grund fehlender Daten erst gar nicht ermittelbar waren. Doch nur durch die Implementierung von aufeinander abgestimmten Initiativen und deren konsequente Steuerung mit Hilfe verschiedener KPIs lässt sich Operative Exzellenz in der Wirkstoffherstellung erreichen. Nur mit einem Verständnis der Produktion als komplexes System und entsprechender Steuerung können APIStandorte sich für die zukünftigen Herausforderungen in ihrer Industrie
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wappnen. Werden diese Veränderungsprozesse nicht von Kultur und Management getragen, können auch die besten Initiativen die an sie gerichteten Erwartungen nicht erfüllen oder laufen Gefahr gänzlich zu scheitern.
Zusammenfassung und Ausblick Aufbauend auf Ansätzen anderer Industrien wurde ein allgemein gültiges Modell gefunden, das es erlaubt, aus ganzheitlicher Sicht OPEX-Programme zu gestalten. Die Studien haben aber auch gezeigt, dass verschiedene Standorte, welche die identischen Werkzeuge und Methoden einsetzen, um Operative Exzellenz zu erreichen, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Dies lässt sich teilweise sogar in ein und demselben Unternehmen beobachten. Deshalb liegt weiterer Forschungsbedarf in den Themen: 1. Welchen Einfluss haben kulturelle Aspekte auf den Erfolg von OPEXProgrammen? Wie lässt sich dies messen? Und wie lassen sich diese kulturellen Aspekte steuern? 2. Wie müssen OPEX-Programme auf die bestehende Organisation, die Strukturen und Prozesse von Standorten angepasst werden? 3. Wie lässt sich der Erfolg von OPEX-Programmen messen und was sind die relevanten Erfolgsfaktoren für OPEX-Initiativen?
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Jens Hamprecht1, Daniel Corsten2 1 2
ETH Zürich Instituto de Empresa Business School
Nachhaltiger Einkauf – eine Frage des Risikomanagements Immer länger werdende Wertschöpfungsketten sind an der Herstellung eines Produktes beteiligt. Henry Ford besaß noch seine eigenen Eisenerzwerke und damit die Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette eines Autos. Heute führen Automobilhersteller lediglich 20–40% aller Verarbeitungsschritte zur Produktion eines Autos durch. Die Qualität der Autos wird somit zunehmend von der Produktion der Lieferanten und immer weniger von jener der eigentlichen Automobilhersteller bestimmt. Ähnliches lässt sich in anderen Industrien beobachten. Dell lässt seine Lieferanten zunehmend umfassende Produktmodule produzieren. Bei dem Textilhersteller Tommy Hilfiger ist sogar der gesamte Produktionsprozess an die Lieferanten ausgelagert. Hier beeinflusst die Strategie des Einkaufs bereits vollständig die Qualität des Endproduktes. Der Trend hin zu einem Auslagern von Unternehmensleistungen scheint ungebrochen (Corsten & Hamprecht 2004). Diese Entwicklung bringt jedoch auch Risiken mit sich. Nike musste dies in den Neunziger Jahren schmerzhaft erfahren. Einerseits war es dem Unternehmen gelungen, das Betriebsergebnis durch eine Auslagerung von Produktionsprozessen an kostengünstige Lieferanten in Asien kurzfristig zu verbessern. Andererseits versäumte es der Konzern, die Produktionsprozesse der Lieferanten genauer zu analysieren. Während der Vertragslaufzeit legte Nike das Hauptaugenmerk auf eine Einhaltung der Qualitätsspezifikationen durch den Lieferanten. Der Konzern reagierte überrascht, als Berichte über Kinderarbeit bei den Lieferanten an die Öffentlichkeit gelangten. Nike sah sich damals für diese Arbeitsumstände bei den
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Lieferanten nicht verantwortlich (Carlin 1997). Zu spät realisierte der Konzern, dass er als der Markeninhaber von den Kunden durchaus in die Verantwortung gezogen wurde, unabhängig von der geltenden Gesetzeslage. Ebenso plötzlich in die Pflicht genommen wurde Shell, als es versäumte, in der Rohstoffbeschaffung seinen Einfluss geltend zu machen und sich gegen Menschenrechtsverletzungen der nigerianischen Regierung auszusprechen. Ein proaktiveres Sozial- und Umweltmanagement hätte Shell und Nike in den Neunziger Jahren vor solchen öffentlichen Skandalen besser bewahren können. Ein prominentes Beispiel für Umwelt- und Sozialstrategien eines Unternehmens, die Forderungen der Öffentlichkeit vorweg nehmen, ist der Detaillist The Body Shop. Hier wird Nachhaltigkeit als eine Grundlage für das Marketing verwendet. In den meisten Branchen jedoch dient Nachhaltigkeitsmanagement weniger als Grundlage zur Differenzierung im Markt, sondern vielmehr zur Sicherung der „licence to operate“ (Bansal & Roth 2000). Denn ständig gilt es für den Einkauf neu abzuwägen, welches Ausmass an ökologischer und sozialer Leitung er erbringen kann und soll. Traditionell wird in der Literatur berücksichtigt, dass der Einkauf eines Unternehmens langfristig nicht erfolgreich sein kann, wenn die Kosten das ausschliessliche Einkaufskriterium bilden und der Qualität der Ware sowie dem Lieferzeitpunkt keinerlei Beachtung geschenkt wird, vgl. Abb. 1 links. Ebenso kann jedoch, wie Nike erfahren musste, ein Einkauf nicht erfolgreich sein, wenn er sich ausschliesslich an solch ökonomischen Kriterien wie Zeit, Qualität und Kosten orientiert und dabei den sozialen und ökologischen Gesichtspunkten einer Lieferkette keinerlei Beachtung schenkt. Das Spannungsfeld der Zukunft ist somit noch komplexer, da es neben dem Erzielen diverser ökonomischer Ziele ebenso eine Berücksichtigung ökologischer und sozialer Ziele erfordert, vgl. Abb. 1 rechts. Im folgenden Abschnitt wird dieses Spannungsfeld detaillierter untersucht. Aufbauend auf drei sich ergänzenden Perspektiven wird verdeutlicht, dass der Einkauf ein Optimum erreichen muss. Einerseits gilt es, ein zu geringes Engagement für Umwelt- und Sozialthemen im Einkauf zu
Abb. 1. Spannungsfeld des Einkaufs
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vermeiden. Andererseits darf dieses Engagement nicht so weit gehen, dass es zu einem ausgeprägten Konflikt mit dem Erreichen der notwendigen ökonomischen Ziele kommt. Folglich wird im dritten Abschnitt aufgezeigt mit welchen Ansatzpunkten der Konflikt zwischen ökonomischen, sozialen, und ökologischen Zielen im Einkauf minimiert werden kann. Die Schlussfolgerungen dieses Kapitels werden im vierten Abschnitt dargelegt.
Ökonomische Auswirkungen eines nachhaltigen Einkaufs In einer Vielzahl von Untersuchungen wurde der Zusammenhang zwischen einem Engagement für Umwelt und Soziales und der ökonomischen Unternehmensleistung untersucht. Die Mehrheit dieser Studien bestätigt, dass sich solch ein Engagement auch ökonomisch für Unternehmen rentiert (vgl. die folgenden Metastudien: Margolis & Walsh 2003; Orlitzky et al. 2003). Folgt daraus, dass sich ein nachhaltiger Einkauf grundsätzlich rentiert? Kann der Einkauf tatsächlich mehr Wert für das Unternehmen schaffen, wenn er sich für eine Verbesserung von Umwelt- und Sozialaspekten in der Lieferkette engagiert? Bei Nike scheint man diese Frage inzwischen deutlich zu bejahen. Den Blick zurück wendend übt die Konzernleitung von Nike heute massive Eigenkritik wegen der Kinderarbeit bei Nike-Lieferanten in Pakistan (Boggan 2001). Heute beschäftigt der Nike Konzern über 200 Mitarbeiter, welche sich mit der Definition und der Einhaltung von Umwelt- und Sozialkriterien im Einkauf auseinandersetzen. Allerdings treten regelmässig Gegenbeispiele auf, aus denen gefolgert werden kann, dass sich ein Engagement für Umwelt und Soziales wohl doch nicht in jedem Fall rentiert. 1998 verstärkte zum Beispiel Volkswagen seine Bemühungen für einen nachhaltigen Einkauf. Für das erste serienmässige Drei-Liter Auto, den Lupo, beschaffte der Konzern besonders leichte und ausserordentlich gut recycelbare Komponenten. Für das „Ökowunder“, den Motor des Lupo, beschaffte man aufwendige Steuerungstechnik, welche einen niedrigen Treibstoffverbrauch ermöglichte. Im Jahr 2005 jedoch wurde der Lupo ohne ein vergleichbares Nachfolgermodell vom Markt genommen – den Kunden war der Kleinwagen einfach zu teuer. Am Markt konnte sich das Modell nicht durchsetzen. Auch bei E.ON musste man bereits negative Erfahrungen mit einem Engagement für das Erreichen ökologischer Ziele machen. Im Jahr 2000 führte das Unternehmen den „Strommix“ ein. Den Kunden wurde angeboten, selber darüber zu bestimmen, welchen Anteil Ihres Stromverbrauches E.ON von nachhaltigen Energieerzeugern beziehen sollte. In dem kompetitiven Energiemarkt zeigten die Verbraucher jedoch Interesse an kostengünstigem
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und nicht an „nachhaltigem“ Strom (Lauber 2001). Das Angebot wurde nach wenigen Monaten wieder eingestellt. Nicht immer „rentiert“ sich ein nachhaltiger Einkauf für ein Unternehmen. Die Herausforderung besteht darin, die Fehler von Shell und Nike zu vermeiden und durch ein zu reaktives Management von Umwelt- und Sozialaspekten den Ruf des Unternehmens zu gefährden. Allerdings kann die Wettbewerbsfähigkeit auch durch ein zu proaktives Management von Umwelt- und Sozialaspekten leiden. Diese Zweischneidigkeit wird nur selten angesprochen, da der nachhaltige Einkauf von Unternehmen eine sehr von Normen geprägte Thematik darstellt. Je nach dominanten Wertvorstellungen besteht eine Tendenz dazu, entweder die finanziellen Mehraufwendungen oder aber den Nutzen eines nachhaltigen Einkaufs von Unternehmen zu betonen (Margolis & Walsh 2003; Barnett & Salomon 2006). Auf der einen Seite bescheinigen einige Untersuchungen, dass sich durch verbessertes Umwelt- und Sozialmanagement stets eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erreichen lasse, unabhängig von dem Geschäftsumfeld eines Unternehmens (Porter & Linde 1995; Waddock & Graves 1997). Auf der anderen Seite beurteilen Kritiker ein über die gesetzliche Notwendigkeit hinausgehendes Engagement für Umwelt und Soziales als eine ökonomische „Wertvernichtung“. In der Tradition des Volkswirtschaftler und Nobelpreisträger Friedman (Friedman 1970; Sundaram & Inkpen 2004) wird ein ausgeprägtes Sozial- und Umweltmanagement als ein Hindernis beim Erreichen der ökonomischen Unternehmensziele verstanden. Im Einkauf liegen die Erfahrungen jedoch genau zwischen diesen beiden Polen: Durch eine zu geringe ebenso wie durch ein zu hohes Mass an Investititionen in Umwelt- und Sozialengagement reduziert sich die Wettbewerbsfähigkeit des Einkaufs. Dies wird im Folgenden anhand eines Instrumentes des Risikomanagements sowie zwei Ansätzen aus der Organisationslehre aufgezeigt. Perspektive des Risikomanagements Aus Sicht des Risikomanagements ist das Ziel eines nachhaltigen Einkaufs, Schadensfälle Unternehmen abzuwenden. Gemäss der Zurich Hazard Analysis (Zürich Versicherungen 1998) können mögliche Schadensfälle bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schadenshöhe kategorisiert werden. So können beispielsweise Gesundheitsrisiken für die Mitarbeiter in der Wertschöpfungskette oder Gefahren von Umweltverschmutzungen entlang der Wertschöpfungskette eingeordnet werden. Gegenmassnahmen sind erforderlich für alle Risiken, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten und/oder sehr ernsthafte Auswirkungen haben könnten, vgl. Abb. 2.
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Abb. 2. Beurteilungsschema für mögliche Schadenfälle
Ein Beispiel für solch ein lieferkettenspezifisches Risiko ist die Lieferkette von Rohdiamanten. Der Ruf des Diamantenhändlers De Beers wurde durch einen Bericht der Vereinten Nationen stark beschädigt. In diesem Bericht wurde der Konzern für den Kauf von Rohdiamanten von Rebellengruppen in Angola angegriffen (United Nations 2000). Die Wahrscheinlichkeit als auch die möglichen Auswirkungen dieser öffentlichen Kritik hätten von der De Beers Gruppe als sehr bedeutsam eingeschätzt werden müssen. Aus der Perspektive des Risikomanagements wäre es dringend notwendig gewesen, dass der Einkauf des Unternehmens mehr Massnahmen getroffen hätte, um den Einkauf von Rohdiamanten aus Kriegsgebieten zu unterbinden. Andererseits besteht in einer globalen Rohstofflieferkette eine Vielzahl weiterer Risiken, die, je nach Kontext, als weniger gravierend eingeordnet werden können. Für das Nachhaltigkeitsmanagement in der Lieferkette müssen somit klare Prioritäten gesetzt werden. Gemäss der Zurich Hazard Analysis ist es notwendig, gezielt ausgesuchte Risiken zu vermeiden. Minimiert der Einkauf zu viele potenzielle Risiken für Mensch und Natur in der Lieferkette, ist dies für das finanzielle Ergebnis genau so schädigend, wie wenn keinerlei Risiken berücksichtigt werden. Solch eine Priorisierung ist auch für jene Unternehmen, die zu den umwelt- und sozialverträglichsten ihrer Branche zählen, unumgänglich. Beispielsweise wurde The Body Shop von Menschenrechtsorganisationen kritisiert für den Einkauf von Rohstoffen aus Nationen mit repressiven Regimes (Entine 2002). Diese Kritik betraf nur ausgesuchte Substanzen weniger Body-Shop Produkte. The Body Shop hatte jedoch in der Öffentlichkeit zuvor suggeriert, durch den Kauf von Produkten des Unternehmens könnten alle nur denkbaren
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Risiken für Mensch und Natur in der Lieferkette sicherlich ausgeschlossen und ein Beitrag für eine „gerechtere“ Welt garantiert werden. Perspektive der Theorie der Kernkompetenzen Auch aus der Perspektive der Theorie der Kernkompetenzen kann nur ein gewisses Mass an Sozial- und Umweltmanagement im Einkauf rentieren. Gemäss dieser Theorie ist der Erfolg einer neuen Einkaufsstrategie massgeblich von den bestehenden, internen Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens abhängig (Barney 1986; Prahalad & Hamel 1991; Wildemann 2005). Bemühen sich zwei Wettbewerber um eine verbesserte Sozial- und Umweltleistung in ihren Rohmateriallieferketten, so ist jenes Unternehmen bevorteilt, welches bereits intern über die breitere Erfahrung im Nachhaltigkeitsmanagement verfügt. Beispielsweise profitierte der Otto Versand beim Aufbau einer umweltfreundlichen Textillieferkette von seiner Erfahrung im unternehmensinternen Umweltmanagement. Bereits 1987 schloss sich der Versand dem „Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management“ an. Als in den Neunziger Jahren – im Zuge der öffentlichen Anklagen gegen Nike und Levi’s – die internationalen Textillieferketten in das Interesse der Öffentlichkeit rückten, war der Otto Versand besser als seine Mitbewerber positioniert für den Aufbau einer besonders umweltfreundlichen Textillieferkette. Durch das Engagement bestehender, unternehmensinterner Ressourcen gelang es, die Mehraufwände für die neue Einkaufsstrategie so niedrig zu halten, dass sie rentabel sein konnte. Nachhaltigkeitsmanagement im Einkauf ist folglich so lange rentabel, wie es dem Einkauf gelingt, Hebeleffekte mit verwandten Strategien in der Beschaffung und in anderen Abteilungen des Unternehmens zu erzielen. Sobald jedoch Ressourcen und Fähigkeiten nur noch für Umwelt- und Sozialleistungen im Einkauf Verwendung finden können, übersteigen die Aufwände für einen nachhaltigen Einkauf den ökonomischen Mehrwert für das Unternehmen. Die Kunden bevorzugen nämlich durchaus die Produkte eines Unternehmens, welches sich um einen nachhaltigen Einkauf bemüht. Doch nur, wenn dadurch die Preise für das Endprodukt nicht erheblich ansteigen (Barone et al. 2000). Perspektive der institutionalistischen Theorie Auch aus der institutionalistischen Theorie folgt, dass bis zu einem gewissen Punkt die finanziellen Benefits eines „nachhaltigen“ Einkaufs die Mehraufwendungen übertreffen. Ab einem bestimmten Niveau von Umwelt- und Sozialleistungen in der Lieferkette jedoch wirken sich weitergehende Be-
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mühungen negativ aus. Gemäss der institutionalistischen Theorie liegt die Ursache hierfür in den vielfältigen Verpflichtungen, die ein Unternehmen erfüllen muss (Scott 2001; Walgenbach 2002). Nur ein geringer Teil dieser Verpflichtungen sind als schriftliche, ökonomische Verträge dokumentiert. Der Grossteil der Verpflichtungen bleibt unausgesprochen, wir bezeichnen diese als die „sozialen“ Verträge eines Unternehmens (Donaldson & Dunfee 1999). So ist es fraglich, ob der Diamantenhändler De Beers sich gesetzlich strafbar machte, dadurch dass er Rohdiamanten aus Kriegsgebieten bezog. Die öffentlichen Proteste machten jedoch deutlich, dass durch diese Beschaffungspraxis ein sozialer Vertrag des Unternehmens mit der Gesellschaft missachtet worden war. Solche, zumeist nicht ausgesprochenen, sozialen Verträge hindern die Beschaffung daran, minimale Sozial- und Umweltstandards zu missachten. Andererseits ist das Handeln des Einkaufs auch durch ökonomische Verpflichtungen eingeschränkt. Mit seinen Aktionären schliesst ein Unternehmen einen ökonomischen Vertrag. Dieser verbietet es, dass beliebige Investitionen in das Sozial- und Umweltmanagement zu Lasten anderer Investitionen erfolgen. Missachtet ein Einkäufer einen sozialen Vertrag des Unternehmens, so gilt er schnell in der Öffentlichkeit als ruchlos, als ein „Dreckspatz“. Missachtet der Einkäufer hingegen ökonomische Verpflichtungen, erlangt er den Ruf eines nicht wirtschaftlich denkenden Idealisten, eine „Wollsocke“. Am erfolgreichsten ist der Einkauf, wenn er sich so positioniert, dass er sowohl den sozialen Vertrag als auch den ökonomischen Vertrag erfüllt. Wir bezeichnen dies als den „Saubermann“ Bereich.
Abb. 3. Unterschiedlichste Verpflichtungen schränken die Handlungsfreiheit des Einkaufs ein. Am erfolgreichsten agiert der Einkauf, wenn er soziale und ökonomische Verträge erfüllt.
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Ansatzpunkte für die Umsetzung eines nachhaltigen Einkaufs Aus diesen oben genannten Perspektiven zur Einschätzung eines nachhaltigen Einkaufs können direkt Strategien für die Umsetzung eines nachhaltigen Einkaufs abgeleitet werden. • Aus der Perspektive des Risikomanagements ist ein nachhaltiger Einkauf dann zweckmässig, wenn dadurch gezielt wahrscheinliche oder folgenreiche Risiken vermieden werden können, vgl. hierzu im Folgenden die Ansatzpunkte 3.1 und 3.2. • Gemäss der Theorie der Kernkompetenzen ist ein nachhaltiger Einkauf dann rentabel, wenn für die Realisierung verbesserter Sozial- und Umweltleistungen möglichst auf Strategien zurückgegriffen werden kann, welche das Unternehmen ohnehin in anderen Belangen verfolgt. In dem Ansatzpunkt 3.3 werden solch komplementäre Strategien aufgeführt, auf welche in der Umsetzung eines nachhaltigen Einkaufs zurückgegriffen werden kann. • Aus der institutionellen Theorie folgt, dass der Einkauf erfolgreich ist, wenn er sowohl die sozialen als auch die ökonomischen Verträge des Unternehmens einhält. In 3.4 wird jedoch aufgezeigt, dass diese Randbedingungen, nicht starr sind, sondern durch den Einkauf im Interesse des Unternehmens beeinflusst werden können.
Abb. 4. Ansatzpunkte für die Umsetzung eines nachhaltigen Einkaufs
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Risiko-Identifikation Zweifelsohne gilt The Body Shop als eines der umwelt- und sozialverträglichsten Unternehmen in der Konsumgüterindustrie. Doch auch The Body Shop geriet in die Kritik von Menschenrechtsorganisationen, da es dem Unternehmen nicht gelang, Prioritäten im Nachhaltigkeitsmanagement zu formulieren. So verkündete der Konzern, aus politischen Gründen auf sämtliche Rohstoffe verzichten zu wollen, welche in diktatorisch regierten Ländern produziert wurden. Eine Richtlinie, welcher das Unternehmen selber nicht gerecht werden konnte (Entine 2002). Zweckmässiger wäre es gewesen, wenn The Body Shop klar abgegrenzt hätte, für welche – bedeutenden – Rohstoffe und Lieferketten diese Richtlinie gelten sollte. Der erste Schritt einer Zurich Hazard Analysis ist genau solch eine unumgängliche Festlegung des Eingriffsbereichs (Zürich Versicherungen 1998). Hierzu werden für die bedeutendsten Lieferketten der Beschaffung die Warenflüsse aufgezeichnet. Sodann wird graphisch jener Bereich der Lieferkette festgelegt, in denen realistischerweise Sozial- und/oder Umweltaspekte besser kontrolliert werden können (Züst 1997). In einem zweiten Schritt werden die Mitglieder des Teams bestimmt, mit dessen Hilfe die relevanten Risiken innerhalb des Eingriffsbereichs identifiziert werden. Das Team sollte möglichst interdisziplinär zusammengesetzt sein und auch Vertreter der betroffenen Lieferanten beinhalten. Dies ermöglicht, dass im Rahmen dieser Gefahrenanalyse nicht nur Risiken aus Sicht des Sozial- und Umweltmanagements besprochen werden. Vielmehr kann in der Gefahrenanalyse dann auch auf Risiken betreffend der Produktequalität und der Produktesicherheit eingegangen werden. Eine Matrix wie in Abb. 2 dargestellt, kann sodann für Sozial- Umwelt und Qualitätsaspekte erstellt werden. Im dritten Schritt werden alle möglichen Risiken identifiziert und entsprechend Ihrer potentiellen Auswirkungen und der Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens in die Matrix eingetragen. Handlungsbedarf besteht bei allen Risiken, welche jenseits der fett eingetragen Risikoakzeptanzlinie eingetragen werden. Mit der Durchführung dieser drei Schritte gelingt es, zielstrebig die relevanten Risiken zu erkennen und diese zu priorisieren. Im folgenden Ansatzpunkt „Risiko Minimierung & Qualitätsmanagement“ wird aufgezeigt, mit welcher Methodik die bedeutenden Risiken reduziert werden können. Risiko-Minimierung & Qualitätsmanagement In der Lebensmittelindustrie besteht ein standardisiertes, international anerkanntes Verfahren, um Prozessrisiken zu minimieren, die Hazard Analysis
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of Critical Control Points (HACCP, vgl. Arens-Azevedo & Johann 2002). Ursprünglich wurde dieses Prozessmanagementkonzept von der NASA entwickelt um die Produktsicherheit der Nahrungsmittellieferketten für die bemannte Raumfahrt zu gewährleisten. Das Konzept eignet sich allerdings auch zur Sicherung der Qualität und der Sicherheit von Prozessen in anderen Industrien. Ebenso kann die HACCP Methodik angewandt werden, um systematisch ökologische oder soziale Aspekte in Lieferketten zu kontrollieren (Hamprecht et al. 2005). Die HACCP Analyse einer Lieferkette der Beschaffung wird in sieben Schritte unterteilt: 1. Durchführen einer Gefahrenanalyse zum Identifizieren der relevanten Risiken in einer Lieferkette, vgl. hierzu den Ansatzpunkt 3.1, „RisikoIdentifikation“. 2. Bestimmen der kritischen Kontrollpunkte in der Lieferkette. 3. Erstellen der kritischen Limits für die jeweiligen Kontrollpunkte. 4. Einführung eines Systems, um die Einhaltung dieses kritischen Limits zu überwachen. 5. Auflistung von Korrekturmassnahmen welche zu treffen sind, falls das kritische Limit an einen Kontrollpunkt überschritten wird. 6. Einführung von Prozeduren zur Überprüfung, dass obige Punkte in der Lieferkette durchgeführt und eingehalten werden 7. Erstellen einer Dokumentation aller Richtlinien und Prozeduren, welche im Zusammenhang mit der HACCP Analyse Verwendung finden. Dieses HACCP Verfahren kann beispielsweise angewendet werden, um systematisch mögliche Schadensquellen in einer Lieferkette empfindlicher Elektronikbauteile auszuschliessen. Der Kerngedanke dabei ist es, die Prävention von Schadensfällen und die Kontrolle von Prozessen anstelle einer „end of pipe Kontrolle“ wie sie die Wareneingangskontrolle darstellt (Wildemann 2004). Deswegen ist der HACCP Ansatz auch für das Nachhaltigkeitsmanagement in der Beschaffung hilfreich. Schliesslich hätte Nike nicht erst im Wareneingang anhand des fertigen Produktes kontrollieren können, ob der Lieferant in Asien die Arbeitsschutzbedingungen seiner Mitarbeiter eingehalten hatte. Ebenso hätte der Otto Versand nicht umweltfreundliche hergestellte Textilien können, falls im Qualitätsmanagement nicht der Schwerpunkt von einer Kontrolle des Wareneingangs hinzu einer Kontrolle der Prozesse in der Lieferkette verlagert worden wäre. Komplementäre Strategien im Einkauf Gemäss der Theorie der Kernkompetenzen sollten jene Ressourcen, welche für eine Verbesserung von Umwelt- und Sozialaspekten im Einkauf
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eingesetzt werden, zugleich zu einer Verbesserung der ökonomischen Wertschöpfung beitragen. Neben einem umfassenden Risikomanagement (vgl. 3.1 u. 3.2) bieten sich hierzu vier Ansatzpunkte in Einkauf und Supply Chain Management an. Erstens können Möglichkeiten für Kooperationen im Einkauf besser ausgenutzt werden. Dadurch können niedrigere Einstandskosten, ein besserer Service des Lieferanten und eine Beschleunigung der Verhandlungen mit dem Lieferanten erreicht werden (Arnold & Essig 2002; Essig 2002; Vigoroso 1998). Im Rahmen einer Beschaffungskooperation ist es aber auch leichter möglich, von einem Lieferanten mit Nachdruck eine Verbesserung seiner Umwelt- und Sozialleistung zu verlangen. Ein zweiter Ansatzpunkt ist der Ausbau der Beziehungen mit den Lieferanten (Goldbach et al. 2003; Seuring 2004). Es ist bemerkenswert, dass jene Unternehmen, welche im Supply Chain Management führend sind, zumeist auch einen hervorragenden Leistungsausweis im Umwelt- und Sozialmanagement erbringen. Hewlett Packard beispielsweise ist sowohl federführend in der Umsetzung von Supply Chain Management Strategien (Corsten & Gabriel 2004) als auch in der Umsetzung von Sozial- und Umweltstrategien im Einkauf. Eine Kooperation mit Lieferanten erleichtert nämlich bedeutend die Umsetzung von Massnahmen zum Schutz von Mensch und Natur in der Lieferkette (Carter & Carter 1998; Carter & Jennings 2002). Drittens sollten Einkaufsentscheide möglichst entsprechend den Total Cost of Ownership erfolgen. Jene Kosten, welche über den Lebenszyklus des Produktes hinweg entstehen, können nämlich bedeutend höher als die Einkaufskosten des Produktes sein (Ellram 2002; Rebitzer 2003). Berücksichtigt der Einkauf die Total Cost of Ownership, so wird schnell klar, dass sich durch Produkte, die keine giftigen Zusatzstoffe beinhalten, die Rücknahme von Produkten und ihr Recycling kostengünstiger gestalten. Eine win-win Situation von ökologischer und ökonomischer Leistung des Einkaufs wird sodann klar erkenntlich. Viertens sollte für das Controlling von Umwelt- und Sozialaspekten im Einkauf möglichst auf bestehende Controlling- und Managementsysteme zurückgegriffen werden um so den zusätzlichen Kontroll- und Steuerungsaufwand zu minimieren. Beispielsweise kann die Balanced Scorecard für das Management von Nachhaltigkeit ergänzt werden (Epstein & Wisner 2001; Kaplan & Norton 2001; Schaltegger & Dyllick 2002). Der britische Konzern Bristol-Myers Squibb als auch Chiquita haben hiermit positive Erfahrungen gemacht (Epstein & Wisner 2001; Werre 2003). Ebenso können integrale Managementmodelle wie das European Foundation for Quality Management (EFQM) Modell um Umwelt- und Sozialaspekte mit Fokus auf die Beschaffung erweitert werden (Hamprecht et al. 2005; Zink 2004).
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Rahmenbedingungen Gemäss der institutionalistischen Theorie ist das Handlungsfeld eines Unternehmens im Einkauf eingeschränkt. Einerseits verbieten soziale Verpflichtungen, dass im Einkauf Umwelt- und Sozialkriterien gar keine Beachtung geschenkt wird. Andererseits verbieten ökonomische Verpflichtungen gegenüber den Aktieninhabern ein übermässiges Engagement. Diese Rahmenbedingungen müssen allerdings nicht als unverrückbar angesehen werden. Das Unternehmen kann zum Beispiel auf die bestehenden Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft, den „sozialen Vertrag“, einwirken. Diese Einflussnahme kann sowohl durch eine Beeinflussung von Normen als auch durch eine Beeinflussung von Standards geschehen (Aldrich & Fiol 1994; Walgenbach 2002). Ein Beispiel für eine Beeinflussung von Normen ist eine, im Jahr 2004 durchgeführte Plakataktion eines führenden Schweizer Einzelhändlers (Hamprecht & Corsten 2006). Diese Plakataktion wies die Kunden hin auf das Engagement des Einzelhändlers für einen nachhaltigen Einkauf von Agrarrohstoffen. Eines dieser Plakate diente zur Kommunikation der Bemühungen des Einzelhändlers für eine nachhaltige Beschaffung von Palmöl. Auf diesem Plakat war eine Dessertorte vor dem Hintergrund eines tropischen Regenwaldes abgelichtet. Die Glasur der Desserttorte trug die Inschrift: „Warum Ihr Dessert den Tropenwald schützt“. Darunter, in kleineren Lettern: „Zugegeben, der Zusammenhang zwischen einer süssen Torte und dem tropischen Regenwald ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Aber: Palmöl ist ein wichtiger Rohstoff für die Lebensmittelindustrie. (…)“ Mit diesem Plakat brachte das Unternehmen gegenüber seinen Kunden zum Ausdruck, dass es sich für einen nachhaltigen Einkauf von Palmöl einsetzt. Hierdurch konnte das Unternehmen Einfluss auf eine Norm nehmen. Es schuf bei den Kunden ein Problembewusstsein für die Beschaffung von Palmöl durch die Lebensmittelindustrie. Zugleich kommunizierte das Unternehmen, welches Verhalten in diesem Zusammenhang einen „Saubermann“ auszeichnet. Galt in der Vergangenheit eine Lieferkette als umweltverträglich, wenn die beteiligten Unternehmen ein IS0 14000 Zertifikat trugen, so war dies in Folge dieser Plakat-Aktion für Palmöl geändert worden. Als Saubermänner galten nun Unternehmen, welche zusätzlich auf einen Schutz des Regenwaldes im Einkauf von Palmöl achteten. Als Folge dessen verschob sich der in Abb. 2 skizzierte soziale Vertrag nach rechts: als umweltfreundlich galt nun, wer Palmöl aus nachhaltigem Anbau bezieht. Verschiebt sich jedoch eine Norm bezüglich Umwelt- und Sozialmanagement im Einkauf, so verschiebt sich auch das – aus ökonomischer Sicht – optimale Investitionsniveau. Denn in Folge dieser Plakat-Aktion
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Abb. 5. Einflussnahme auf die bestehenden impliziten Verträge des Unternehmens
haben andere Unternehmen der Branche damit rechnen müssen, dass sie nun von der Kundschaft auf das ihrige Engagement in den Palmöllieferketten befragt werden. Zu solchen Boykottaufrufen kam es in der Folge, als sich in der Konsumgüterbranche der Entwurf eines Standards für nachhaltige Palmöllieferketten herauskristallisierte. Im August 2003 initiierte nämlich eine Gruppe von Konzernen eine Konferenz zur Gründung eines „Roundtable on Sustainable Palm Oil“, RSPO (Low 2004). Bereits im Vorfeld hatten sich viele der Gründungsmitglieder individuell für einen nachhaltigen Anbau von Palmöl eingesetzt. Nun aber, da eine offizielle Vereinigung von mehreren Unternehmen entstand, setzte eine Institutionalisierung in der Branche ein. Die Gründung des RSPO brachte der Öffentlichkeit gegenüber zum Ausdruck, dass nicht einzelne, „idealistisch“ geprägte Unternehmen, sondern vielmehr eine Gruppe bedeutender Spieler in der Industrie sich für den nachhaltigen Anbau von Palmöl einsetzte. Vor diesem Hintergrund war es dem WWF möglich, im Jahr 2003 eine Boykottkampagne gegenüber Unternehmen zu starten, welche sich nicht an den ersten Sitzungen des Roundtable on Sustainable Palm Oil beteiligten (WWF 2003). Die Bildung eines neuen Standards ergab somit eine neue Beurteilung dessen, welche Unternehmen als die Saubermänner galten und welche nicht.
Zusammenfassung und Ausblick Das Ziel eines nachhaltigen Einkaufs ist es, neben der ökonomischen Wertschöpfung – auch eine soziale und ökologische Wertschöpfung in der
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Lieferkette zu schaffen. Investitionen in ein engagiertes Sozial- und Umweltmanagement im Einkauf rentieren sich aus finanzieller Sicht, wenn auch nur bis zu einem gewissen Investititionsniveau. Aus der Perspektive des Risikomanagements ist das Nachhaltigkeitsmanagement im Einkauf rentabel, wenn dadurch bedeutende Risiken in der Lieferkette ausgeschlossen werden können. Somit ist ein wichtiger Ansatzpunkt für den nachhaltigen Einkauf die systematische Identifizierung und Minimierung von Risiken in der Lieferkette. Gemäss der Theorie der Kernkompetenzen profitiert das Unternehmen von einem nachhaltigen Einkauf falls dafür auf bestehende Strategien des Unternehmens zurückgegriffen werden kann. Solch komplementäre Strategien sind unter anderem Supply Chain Management, Beschaffungskooperationen, sowie die Berücksichtigung der Total Cost of Ownership im Einkauf. Mit Hilfe von integralen Management Modellen ist es zudem möglich, die Themen des Sozial- und Umweltmanagements möglichst nahtlos in die Kontrolle und Steuerung von Lieferketten integriert werden. Ausdrücklich berücksichtigt werden sollte, dass das Handlungsfeld des Einkaufs durch soziale als auch ökonomische Normen eingeschränkt ist. Auf diese kann jedoch proaktiv Einfluss ausgeübt werden. Zum Beispiel ermöglicht ein Engagement für strengere Branchenstandards, die Erwartungshaltung der Kunden betreffend Umwelt- und Sozialaspekten zu befriedigen und zugleich eine Einbusse an Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz vermieden werden. Es ist davon auszugehen, dass die Ansprüche an die Nachhaltigkeit des Einkaufs in Zukunft steigen werden. Allerdings muss von der vereinfachten Vorstellung Abschied genommen werden, dass ein Unternehmen automatisch erfolgreicher ist, wenn es sozial- und umweltverträglich produzierte Güter bezieht. Win-win Situationen für Mensch, Natur und die Wirtschaft entstehen dann, wenn das Unternehmen Synergien zu den bestehenden Strategien des Einkaufs nutzt und bestehende Risiken in der Lieferkette gezielt reduziert.
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2.3
Präventives Qualitätsmanagement
Anja Schulze, Thomas Mohr Institut für Technologiemanagement, Universität St. Gallen
Einführung Im heutigen Wettbewerbsumfeld wird es immer wichtiger im Spannungsdreieck zwischen Qualität, Kosten und Zeit die richtigen Stellhebel zu bewegen um nachhaltige Unternehmenserfolge erzielen zu können. Durch immer kürzere Lebenszyklen wird der Faktor „Zeit“ dabei zunehmend zum entscheidenden Erfolgsfaktor, bei möglichst gleichbleibenden oder sinkenden Kosten und ohnehin höchsten Qualitätsansprüchen. Es ist längst bekannt, dass Fehler aus frühen Entwicklungsphasen im Laufe des Produktlebenszyklus zu überproportional ansteigenden Kosten und (zeitlichen) Aufwänden führen (Pfeifer 1996). In diesem Zusammenhang gilt „ … je früher und je grundlegender (im Sinne von ganzheitlicher) das Management also nachdenkt und handelt, desto grösser ist die Effektivität und Effizienz der Beeinflussungsmassnahmen.“ (Pfeiffer and Weiss 1994: 187). Konzepte wie beispielsweise das Frontloading (vgl. etwa Thomke and Fujimoto 2000), werden damit insbesondere in der Automobilindustrie immer populärer. Um eine herausragende Qualität bei möglichst geringen Kosten und sich immer weiter verkürzenden Entwicklungszeiten zu realisieren, muss das Kredo für das moderne Qualitätsmanagement in diesem Zusammenhang lauten: „Prävention statt Reaktion“ Vor dem Hintergrund dieses Leitsatzes haben wir zusammen mit einem Industriepartner verschiedene erfolgreiche Methodiken und Ansätze des präventiven Qualitätsmanagements identifiziert, die erfolgreichen Unternehmen das konsequente Erreichen einer hohe Produkt- sowie Prozessqualität ermöglichen. Die identifizierten Successful Practices mit dem
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Anja Schulze, Thomas Mohr
höchsten Potential, zur Erlangung bzw. der nachhaltigen Erhöhung der Produkt- sowie Prozessqualität, werden in diesem Artikel ebenso vorgestellt, wie das daraus abgeleitete Modell des präventiven Qualitätsmanagements.
Das Konzept „präventives Qualitätsmanagement“ Noch vor 25 Jahren wurde das Thema „Qualität“ exklusiv von bestimmten Qualitätsspezialisten im Unternehmen bearbeitet und vorangetrieben (Seghezzi 1996). Heutzutage kann herausragende Qualität nur durch die Zusammenarbeit möglichst aller beteiligten Unternehmensbereiche und unter Beteiligung von Qualitätsspezialisten und Nicht-Spezialisten gewährleistet werden. Insbesondere in der Neuproduktentwicklung spielt die Schnittstellenproblematik, die durch die Vielzahl der beteiligten Fachbereiche entsteht eine besonders kritische Rolle. Natürlich bestehen in diesem Umfeld Interessenkonflikte zwischen den beteiligten Bereichen – Halal (1994) fordert daher den Wandel hin zur internen, dezentral organisierten Marktorientierung in der das Verhalten der Mitarbeiter von interner Kooperation zwischen den Einheiten geleitet ist. Solche Ansätze sind beispielsweise in der Automobilindustrie von grosser Bedeutung, wo eine Entwicklung von hierarchischen Strukturen hin zu Prozessorientierung und Netzwerkorganisationsformen (unternehmensintern wie -extern) zu beobachten ist (Hab and Wagner 2006). Auch in der bestehenden Fachliteratur wurde diese Problematik aufgegriffen und Konzepte, wie bspw. Simultaneous Engineering (Ribbens 2000) oder die Schaffung neuer – vor allem schlanker und effizienter – Produktentwicklungs-Systeme (Morgan and Liker 2006) entwickelt. Unser Konzept des präventiven Qualitätsmanagements zielt nicht auf die Schaffung eines neuen Entwicklungs- oder Qualitätssystems ab. Vielmehr gliedert es sich in diesem Zusammenhang in den St. Galler Ansatz des integrierten Qualitätsmanagements ein (Seghezzi et al. 2007). Der Neuproduktentwicklungsprozess bildet hier den zentralen Bezugsrahmen für das Konzept, das sich vornehmlich mit den operativen Führungs- und Durchführungsaufgaben der Qualitätsmanagements, also der Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung sowie Qualitätsverbesserung auseinandersetzt (vgl. Seghezzi 1996). Somit ist das Konzept sehr stark vom betriebswirtschaftlichen Gedanken geprägt und geht weit über das historische Verständnis der Qualitätsbewirtschaftung hinaus – zu einem ganzheitlichen Verständnis des Qualitätsmanagements im Unternehmen, von der Qualitätskontrolle, zur Qualitätssicherung, zum Total Quality Management (Cartin 1999).
2.3 Präventives Qualitätsmanagement
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Im engeren Sinne folgt das Konzept Seghezzi’s (1994) Ansatz, die Ausführungsqualität (Produktion) im Verhältnis zur Entwurfsqualität (Entwicklung) ähnlich wie Istwerte zu Sollwerten zu betrachten. In seinem Verständnis ist ein bestimmter Sollwert (Entwurfsqualität) der zentrale Bezugspunkt für den Istwert (Ausführungsqualität) – ist der Sollwert falsch gewählt, sind alle Anstrengungen zur Erreichung korrekter Istwerte vergeblich. Übersetzt in die frühe Phase des Neuproduktenwicklungsprozesses bedeutet dies, schon möglichst früh die erforderlichen Weichen für eine hohe Produkt- sowie Prozessqualität zu stellen. Einige der später aufgeführten Konzepte zielen hierbei konkret auf die Verbesserung bzw. Gewährung einer hohen Prozessqualität ab, die die Effizienz, Effektivität und Produktivität in den späteren produktiven Prozessen bezweckt.
Untersuchungsansatz und Bezugsrahmen Zusammen mit einem Industriepartner der Automobilindustrie haben wir uns auf die Suche nach bewährten Methoden und Ansätzen gemacht, die erfolgreichen Unternehmen ermöglichen nachhaltig eine hohe Produktsowie Prozessqualität zu erlangen. Für die Identifikation wirksamer und übertragbarer Methoden zählt das Benchmarking zu einer der effektivsten Vorgehensweisen (Fahrni et al. 2002). Im Rahmen eines internationalen Benchmarking Projekts wurden gezielt erfolgreiche Unternehmen identifiziert, die im bezug auf das präventive Qualitätsmanagement Successful Practices aufweisen. Der Benchmarking Prozess folgte im ersten Schritt einem intensiven, internationalen und branchenübergreifenden Suche. Basierend darauf wurden 30 Unternehmen ausgewählt und zum Erfolg ihrer Entwicklungsprojekte und nach den dabei eingesetzten Methodiken zum Qualitätsmanagement in der frühen Produktentwicklungsphase befragt. Im Anschluss wurden acht Unternehmen ausgewählt, deren Projekte erfolgreich waren und die interessante Methoden aufwiesen. Die Qualitätsmanagement-Ansätze dieser Unternehmen wurden auf Interview-Basis tiefergehend analysiert. Diese Vorgehensweise erlaubte die Auswahl von drei sehr interessanten und erfolgreichen Unternehmen, welche die Basis unserer Erkenntnisse bilden (diese werden nachfolgend Unternehmen A, B und C genannt). Während eintägiger Workshops untersuchten wir vor Ort in diesen Unternehmen jeweils ausgewählte Detail-Thematiken (Schulze and Mohr 2007). Hierbei wurde vor allem auf das Transferpotential und die mögliche Implementierung der Methoden und Konzepte auf andere Firmen (insbesondere unseren Industriepartner) grossen Wert gelegt.
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Anja Schulze, Thomas Mohr
Aus den Erkenntnissen der Workshops und der Daten aus dem Screening wurde das Modell des präventiven Qualitätsmanagement abgeleitet. Dabei kann und will das Modell nicht auf die (ohne Zweifel) wichtigen Führungsaufgaben wie der Qualitätspolitik, der Qualitätsstrategie oder der qualitätsbezogenen Personalentwicklung eingehen, sondern vielmehr erfolgreiche und in der Praxis bewährte Methoden des präventiv angesetzten Qualitätsmanagement aufzeigen.
Das Modell des präventiven Qualitätsmanagement Als Grundlage für den Erfolg von prozessorientierten Qualitätsmanagement Systemen können die folgenden Faktoren angesehen werden (Jankulik et al. 2005: 74): (1) Kundenorientierung, (2) Führung, (3) Einbeziehung der Personen, (4) Prozessorientierter Ansatz, (5) Systemorientierter Management Ansatz, (6) Ständige Verbesserung, (7) Sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung und (8) Lieferantenbeziehungen, die auf den gegenseitigen Nutzen abzielen. In Anlehnung daran konzentriert sich das nachfolgende Modell des präventiven Qualitätsmanagements auf die Unternehmensbereiche Entwicklung, Produktion, Lieferantenmanagement und Kundenmanagement. Das Qualitätsmanagement nimmt in unserer Perspektive die zentrale Koordinationsfunktion (bspw. in der Funktion als „Advanced Quality“ bzw. der Qualitätsvorausplanung) ein.
Präventives Qualitätsmanagement im Neuproduktentwicklungsprozess
Abb. 1. Das Modell „präventives Qualitätsmanagement“
2.3 Präventives Qualitätsmanagement
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Mit dieser Auswahl werden die im Neuproduktentwicklungsprozess beteiligten Bereiche angeführt, die einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen einer späteren hohen Produkt und Prozessqualität leisten können. Nur wenn die in Abb. 1 angegebenen Bereiche aktiv zusammenarbeiten und gemeinsam auf das Ziel der Qualitätsverbesserung hinarbeiten, kann das, aus den verschiedenen Teilbereichen bestehende unternehmensinterne Netzwerk die Aufgabe der ständigen Verbesserung von Produkt- und Prozessqualität bewältigen (Swink et al. 2006). Dem Modell folgend sind im folgenden Abschnitt die Methoden wiedergegeben, die im Ergebnis der Analyse das höchste Potential für ein präventives Qualitätsmanagement aufweisen. Best Practices Lieferantenmanagement
Auch die Lieferantenauswahl und -entwicklung wurde bei Unternehmen A an die dezentralen Bereiche übertragen. Die Prozessdefinitionen und Planung der Quality Gates verbleiben dabei jedoch in zentraler Verantwortung. Dieses zentrale Team, die Qualitätsvorausplanung, sieht sich im Selbstverständnis als „Anwalt des Kunden“ und ist dafür verantwortlich, im Projektteam zusammen mit dem Projektleiter die Quality Gates für das Projekt freizugeben oder (aus „Kundensicht“ ein Veto einzulegen). Unternehmen B führt einmal pro Jahr einen Lieferantentag in der Konzernzentrale durch. Eingeladene Lieferanten präsentieren sich hier mit Ständen am ersten Tag der Veranstaltung. So wird es möglich potentielle neue Lieferanten kennenzulernen. Am zweiten Tag werden die strategischen/geplanten Projekte durch das Unternehmen B vorgestellt. Auf diese Weise ist es den Lieferanten möglich, die aktuellen strategischen Entwicklungen einzusehen und ggf. ihre Strategien anzupassen. In der Lieferantenentwicklung werden bei Unternehmen B Besuche direkt am LieferantenStandort durchgeführt, um die bestehenden Prozesse fundiert bewerten und bei Bedarf optimieren zu können. Hier ist das Verständnis von Brandenburger & Nalebuff (1996) besonders stark verankert, dass Unternehmen partnerschaftlich mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten sollten, wie es ihre Kunden mit ihnen tun. Leitsatz ist: „Lieferanten entwickeln statt wechseln.“ Das übergeordnete Lieferantenmanagement von Unternehmen B ist in einer zentralen Abteilung angesiedelt. Jeweilige Commodity-Manager der zentralen Beschaffung sind verantwortlich für die operative Betreuung der Lieferanten einer Commodity. Commodity-Manager und Lieferantenentwickler arbeiten hier in enger Abstimmung zusammen. In den dezentralen
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Anja Schulze, Thomas Mohr
Abteilungen (die vor-Ort in den einzelnen Regionen/Ländern der Lieferanten angesiedelt sind) gibt es feste Ansprechpartner für die Lieferanten. Je Region ist so ein Ansprechpartner dezentral für alle Commodities verantwortlich. Strategisches Ziel der zentralen Lieferantenentwicklung in Unternehmen B ist es, ein internationales Netzwerk aufzubauen und damit eine nachhaltige Durchdringung der einzelnen Massnahmen zu erreichen. Hier stehen die konsequente und kontrollierte Umsetzung der gemeinsam mit den Lieferanten fixierten Optimierungs-Massnahmen im Vordergrund. Die zentrale Abteilung ist zudem verantwortlich für die Inspektion (bspw. Bewertung neuer Lieferanten), die Integration (bspw. Potenzialanalysen), die Identifikation (bspw. Prozessaudits) und das Improvement (bspw. Umsetzung der Massnahmen und Kontrolle) der Lieferanten. Entwicklung und Organisation
Bei Unternehmen A erfolgt bereits zum Start der Entwicklungsphase die Durchführung der ersten Risikoanalyse. Zunächst wird die Systemstruktur bewertet. Danach folgen etablierte Präventivmassnahmen, wie die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalysen (FMEA): Zunächst wird eine Entwicklungs-FMEA durchgeführt. Zum späteren Zeitpunkt folgen Designund Prozess-FMEA. Für die FMEA-Moderation, also die Durchführung der einzelnen FMEA-Workshops gibt es ausgewiesene Spezialisten in der Organisation. Sie sind dem zentralen Qualitäts-Bereich zugeordnet. Die Aufgaben dieser Spezialisten umfassen die Unterstützung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der FMEAs und die Durchsetzung einheitlicher Standards für die FMEAs. Unternehmen A ist durch eine ausgeprägte Prozessorganisation gekennzeichnet – im Rahmen der Implementierung der prozessorientierten Strukturen wurde auch die Verantwortung der Qualitätssicherung in die Werke dezentralisiert: „Qualität soll dort verantwortet werden, wo sie entsteht.“ Derartige Übertragungen der Verantwortungen sind jedoch nur dann möglich und von Erfolg gekennzeichnet, wenn ausreichende Qualifikationen in den dezentralen Bereichen vorhanden sind (Bullinger 2003). In solchen Ansätzen besteht die grosse Chance, dass die dezentralen Bereiche durch die Übernahme der Verantwortung für alle operativen Qualitätsprüfungen zusätzlich für die Erbringung einer hohen Qualität motiviert und sensibilisiert werden. Produktion
Insbesondere die Optimierung der Schnittstelle zwischen Produktion und Entwicklung stellt im Hinblick auf die heutige, teilweise sehr komplexe
2.3 Präventives Qualitätsmanagement
103
Produktarchitektur eine zentrale Herausforderung dar. Ausserdem existiert oftmals das Problem, dass Entwickler und Produktionsmitarbeiter „verschiedene Sprachen sprechen“ (Adler 1995). Um dieses Problem zu umgehen, hat Unternehmen A sogenannte Konstruktionsbesprechungen etabliert. Auslöser war die Feststellung, dass gewisse Vorgaben (bspw. Messmethoden, Passungen, etc.) in der Produktion nicht umgesetzt werden konnten, obwohl sie auf Basis von Zeichnungen freigegeben wurden. Um die Zeichnungen allerdings zu einem späten Zeitpunkt abändern zu können ist ein erheblicher Aufwand nötig. Dieser Umstand wird durch Konstruktionsbesprechungen massgeblich verbessert. Hier werden die Entscheidungen vor der Freigabe zwischen Produktion und Entwicklung auf Teileebene besprochen. Somit können Änderungen schnell und leicht in Übereinstimmung von Produktion und Entwicklung zu einem frühen, unkritischen Zeitpunkt durchgeführt werden. Bei Unternehmen B wird jeder Neuprodukt-Launch zunächst in der sogenannten Pilothalle (zentral) durchgeführt. Erst wenn der Anlauf hier erfolgreich umgesetzt wurde, wird die Produktion in das produzierende Werk verlagert. Für die Entlastung des Neuproduktentwicklungs-Projekts (bzw. des Projektleiters) gibt es gemeinsame Übergabechecklisten, die durch den Qualitätsleiter und den Projektleiter unterzeichnet werden müssen. Zur Absicherung des Neuanlaufs bleibt das Projektteam zu Beginn der Produktion involviert. Hierin besteht ein wesentliche Vorteil von Pilotanlagen-Konzepten: Der Entwickler sieht „sein“ Produkt in der Produktion, präventive Massnahmen werden dadurch hier stärker motiviert eingeleitet. Kundenmanagement
In Unternehmen C ist die Qualitätsvorausplanung in die Aufbau- und Ablauforganisation integriert, indem das Qualitätsmanagement in das globale Qualitäts- und Umweltmanagementsystem eingegliedert ist. Hierbei liegt die kundenspezifische Verantwortung für die Qualität bei den einzelnen Business Units (kundenspezifische Organisationseinheiten). Im Hinblick auf die Erreichung einer herausragenden Qualität endet die Kundenorientierung nicht beim externen Kunden. Kunden sind neben dem eigentlichen Kunden (Automobilhersteller), auch die Endverbraucher, die Mitarbeiter, die Lieferanten sowie die Aktionäre, also eigentlich alle Stakeholder des Unternehmens. Für die Wahrung und Implementierung dieses Verständnisses findet eine Trennung zwischen externen (bspw. Produkt- und Prozessentwicklung, Produktlieferung) und internen Kunden (bspw. Mitarbeiter in der Entwicklung) statt. Durch umfassende interne und externe Kunden-LieferantenBeziehungen in der gesamten Organisation kann so das Potential der hohen
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Anja Schulze, Thomas Mohr
Produktqualität gehoben werden (Reinhart 1997). Auf diese Weise sind im „Business Operating System“ von Unternehmen C alle Prozesse auf die Kundenzufriedenheit ausgerichtet. Insbesondere im Product Launch System wird für alle Phasen des Neuproduktentwicklungsprozesses (Proposal, Product Feasibility, Design & Tooling, Production und Validation) definiert, welche Deliverables direkt zur Kundenzufriedenheit (intern und extern) bei den einzelnen Programmmeilensteinen führen. Im bezug auf den externen Kunden ist die Projektteam-Organisation so aufgebaut, dass der Programm-Manager den „SinglePoint of Contact“ gegenüber dem Kunden einnimmt (vgl. Cobb 2003). Aus den Zentralbereichen werden zudem SkillManager zugeordnet (in Matrix-Organisation organisiert), diese achteten auf die Einhaltung der definierten Prozesse. Zudem sind projektübergreifend eingesetzte Resident Engineers vor Ort beim Kunden dafür verantwortlich eine reibungslose Kommunikation sicherzustellen.
Zusammenfassung und Fazit Dieser Beitrag stellt ein Modell zum präventiven Qualitätsmanagement vor und fasst die Erkenntnisse aus den empirischen Untersuchungen im bezug auf das präventive Qualitätsmanagement zusammen. Dabei wurde eine Auswahl von erfolgreichen und in der Praxis bewährten Methoden vorgestellt und in unser Modell des präventiven Qualitätsmanagement eingeordnet. Das Konzept ist sowohl für die Praxis, als auch für die Wissenschaft wertvoll. Es gibt wirksame Ansätze, die bereits zur Frühphase der Neuproduktentwicklung ansetzen und einen nachhaltig positiven Einfluss auf die Qualität haben. Allerdings zeigen die Erkenntnisse aus den empirischen Untersuchungen auf, dass praktisch kein Unternehmen in allen definierten Bereichen Successful Practices aufweist. Auf dem Weg zum Total Quality Management ist jedoch der Wandel hin zu einer, möglichst im gesamten Unternehmen verankerten Qualitätskultur notwenig (Wächter 2001). So setzt sich das Unternehmen A das Ziel das Verständnis von „Made by A“ durchzusetzen – d. h. die Unternehmensprozesse sind an allen Standorten gleich implementiert – auch wenn die Qualitätsanforderungen in den verschiedenen Regionen unterschiedlich sind. Letztendlich ist das qualitätsorientierte Verhalten jedes einzelnen Mitarbeiters entscheidend. Denn nur wenn alle Mitarbeiter dieses Ziel gemeinsam verfolgen, wird das Qualitätsmanagement im Unternehmen auf lange Sicht Erfolg haben.
2.3 Präventives Qualitätsmanagement
105
Damit wird das moderne Qualitätsmanagement immer mehr zur Führungsaufgabe – das Managementverhalten muss „dabei eine Vorbildfunktion (Leadership) auf allen Stufen, verbunden mit aktiver Mitwirkung (hands on management)“, darstellen (Seghezzi et al., 2007: 79).
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Anja Schulze, Thomas Mohr
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2.4
Virtual Architecture – Immersive Technologien für das Bauen der Zukunft am Beispiel des Fraunhofer Zentrum für Virtuelles Engineering
Hans-Jörg Bullinger*, Wilhelm Bauer, Günter Wenzel Fraunhofer IAO
Zusammenfassung „Virtual Architecture“ beschreibt den methodischen Ansatz für ein integriertes Werkzeug zur Planung und Nutzung von Gebäuden mit Virtual Reality (VR) als räumliche Kommunikationsplattform. Die Entwicklung und prototypische Anwendung des Planungs- und Gestaltungswerkzeugs wird am Beispiel des sich derzeit in Vorplanung befindlichen Neubaus für das Zentrum für Virtuelles Engineering (ZVE) des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart diskutiert. Es wird gezeigt, dass die Anwendung von Virtual Architecture im Sinne von Frontloading einen signifikanten Beitrag zur Qualitäts- und Performancesteigerung in Bauprojekten führen kann.
Einleitung Anfang des 21. Jahrhunderts steht das Bauwesen in Deutschland vor großen Herausforderungen. Der gesamtgesellschaftliche Wandel, wachsende Ansprüche an die Ökologie und Nutzungsflexibilität und die zunehmende Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) führen zu immer komplexer werdenden Gebäuden und damit auch zu einem immer komplexer werdenden Bauprozess. Dies wird zukünftig einen *
Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft
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Hans-Jörg Bullinger et al.
Wandel des gesamten Gebäudelebenszyklus von der Planung über die Ausführung und Nutzung bis hin zum Rückbau eines Gebäudes nach sich ziehen. Bisher konnte die Bauwirtschaft – einer der größten Wirtschaftszweige in Deutschland – von den dramatischen informationstechnologischen Entwicklungen der letzten Jahre nicht profitieren und steht noch immer am Anfang der digitalen Umwälzung. Obgleich sinnvolle Technologien zum „Virtual Engineering“ bereits entwickelt sind und in unterschiedlichen Industriebereichen (z. B. der Automobilindustrie) erfolgreich eingesetzt werden, ist die Einführung in der Bauindustrie nur ansatzweise vollzogen. Der Innovationsverbund „FUCON – FUture CONstruction“ am Fraunhofer IAO untersucht diese Problematik ganzheitlich gemeinsam mit namhaften Partnern aus der Baubranche. Dabei werden alle Einflussfaktoren von prozessualen über technologischen bis hin zu strukturellen, organisatorischen und politischen, berücksichtigt. FUCON wird auf Basis dieser Analysen einen umfassenden Innovationsprozess initiieren und nachhaltig vorantreiben. Derzeit befindet sich mit dem „Zentrum für Virtuelles Engineering“ (ZVE) ein großes Bauvorhaben der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) in Planung. Die FhG nutzt diese Gelegenheit, um an einem eigenen innovativen Bauvorhaben erste methodische Ansätze von Virtual Architecture zu prototypen und zu testen und in einem integrierten Entwicklungsprozess letztlich eine ganzheitliche Methode „Virtual Architecture“ entwickeln.
Das Zentrum für Virtuelles Engineering – ein Leuchtturm der Innovation Das Fraunhofer IAO möchte mit dem neuen Gebäude für Forschung und Entwicklung im Themenfeld Virtual Engineering Maßstäbe für zeitgemäße Gebäude in der Wissensgesellschaft [7; 13] setzen. Auf dem erweiterten Gelände des Fraunhofer-Institutszentrums (IZS) in Stuttgart-Vaihingen entsteht bis Ende des Jahres 2008 das Zentrum für Virtuelles Engineering (ZVE) – ein Haus der Wissensarbeit. Der fünfgeschossige Institutsneubau vereint auf einer Hauptnutzfläche von ca. 3200 m² zukünftig die Forschungsarbeiten des IAO in den Themenfeldern Virtuelles Engineering, digitale Produkt- und Produktionsentstehung und Optimierung von Arbeitsstrukturen und Prozessen in der Wissensgesellschaft. Die prägnante Gebäudestruktur basiert auf der Systematik alternierend angeordneter eingeschossiger Bürobereiche und doppelgeschossiger Forschungslabore, die jeweils ohne trennende Wandscheibe um ein offenes und
2.4 Ein methodischer Ansatz für das Bauen der Zukunft
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Abb. 1. Zentrum für Virtuelles Engineering (ZVE), VR-Visualisierung mit dem VR-Planungswerkzeug VRfx
von Licht durchflutetes Atrium angeordnet sind. Der Entwurf bietet dadurch kommunikationsfördernde Strukturen für performante Wissensarbeit und ermöglicht die Erforschung und Umsetzung innovativer Arbeitsformen. Im Zeichen der angewandten Forschung und des Technologiemanagements integriert das Gebäude darüber hinaus zahlreiche Innovationen wie zum Beispiel den Einsatz neuer Materialien und zukunftsweisender Technologien. Das ambitionierte Vorhaben setzt ein erfahrenes Team von Planern aus zwei Architekturbüros um: ASPLAN aus Kaiserslautern und UNStudio aus Amsterdam.
Virtual Reality (VR) im ZVE-Planungsprozess Die Werkzeuge, derer sich die Architekturplanung derzeit üblicherweise bedient, sind größtenteils 2D-CAD Programme und nur in seltenen Fällen 3D-CAD. Räumliche Fragestellungen werden in der Regel an physikalischen Arbeitsmodellen untersucht. Ein Austausch von Planungsdaten zwischen den Planungswerkzeugen der einzelnen Gewerke findet wenn, dann unidirektional statt und birgt aufgrund der unterschiedlichen Dateiformate ein hohes Fehlerrisiko [1]. Immersive Technologien [8] werden dabei höchstens zur einmaligen Präsentation der Planungsergebnisse genutzt. Darüber hinaus ist die „Sprache“ der am Bau Beteiligten (Architekten,
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Hans-Jörg Bullinger et al.
Abb. 2. Tag-/Nachtmodell für die Planung der Fassade des ZVE mit der VR-Software VRfx
Fachplaner, Nutzer) so verschieden, dass die Kommunikation zwischen den Beteiligten hohe Risiken in Form von Missverständnissen und daraus resultierenden Planungsfehlern birgt. Das Medium Virtual Reality (VR) hat sich in vielen Branchen, beispielsweise dem Automobilbau, mit Erfolg etabliert und wird an verschiedenen Fraunhofer-Instituten mit unterschiedlichen Anwendungs-Schwerpunkten weiterentwickelt [2; 3; 6; 11; 12; 14; 15]. Im Vergleich zu herkömmlichen Planungs- und Kommunikationsmedien zeichnet VR vor allem die maßstäbliche und räumliche Darstellung und die 3D-EchtzeitInteraktion in der Szene aus. Dadurch wird eine hohe Immersion ermöglicht – das Gefühl, vollkommen in den virtuellen Raum eingebunden zu sein. Durch VR wird der wahrnehmbare Raum als universelle, gemeinsame Planungs-Sprache über die üblichen, zeitintensiven physikalischen Modelle hinaus in Form interaktiver Räume neu erschlossen. Wird von Anfang an in 3D geplant, und ist ein Prozess zur Überführung der 3D-Planungsdaten in echtzeitfähige Daten einmal aufgesetzt, so stehen zu jeder Phase der Planung aktuelle räumliche Modelle zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wurde bereits bei der Zusammenstellung des ZVE-Planungsteams darauf geachtet, dass alle Partner Expertise im Bereich 3D-Planung nachweisen konnten. Damit konnte sichergestellt werden, dass alle Planungsschritte, vom ersten Vorentwurf an, in VR zur Verfügung standen. Die aktuelle Entwicklung der IAO-Software VRfx [4; 5] war eine weitere Voraussetzung dafür, dass die 3D-Daten durch optimierte Schnittstellen zu den 3D-Planungswerkzeugen der Architekten mit geringem Aufwand in echtzeitfähige VR-Modelle überführt werden konnten. Neben der guten Prozessintegration ermöglicht es VRfx auch, die Materialien und Lichtsituationen anmutungstreu darzustellen und die VR-Modelle plattformübergreifend (Desktop, Powerwall, CAVE), also bei jedem Planungspartner, zu erstellen und zu nutzen.
2.4 Ein methodischer Ansatz für das Bauen der Zukunft
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Abb. 3. VR-unterstützte ZVE-Baubesprechung am Fraunhofer IAO
Schon dieser konsequente Einsatz klassischer VR-Visualisierung ist im Rahmen der Baubesprechungen von allen Beteiligten sehr gut angenommen worden und hat die Qualität der Planung nachhaltig positiv beeinflusst.Trotz des äußerst komplexen Vorhabens wurde damit eine sehr hohe Planungssicherheit erzielt. Neben der reinen Visualisierung und der Navigation als einzige Möglichkeit der Interaktion bietet VR jedoch noch wesentlich größere und für die Architektur bisher unerschlossene Potenziale. Diese liegen darin, VR durch maßgeschneiderte Planungswerkzeuge noch effizienter als Besprechungs- und Planungsmedium nutzen zu können. Im nächsten Schritt wird das IAO daher auch den Nachweis erbringen, dass, ähnlich wie im Maschinenbau, auf den Bauprozess zugeschnittene Zusatzfunktionalitäten sowohl technisch als auch wirtschaftlich greifbar sind und diese in der Planung des ZVE einsetzen. Aufbauend auf diesen Erfahrungen ist der methodische Ansatz „Virtual Architecture“ für das Bauen der Zukunft entstanden. Auch wenn der Ausgangspunkt dafür, sozusagen historisch bedingt, die klassische VR-Visualisierung war, lässt sich dieser methodische Ansatz weiterentwickeln zu einem ganzheitlichen Ansatz für das Bauen der Zukunft.
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Der methodische Ansatz „Virtual Architecture“ Der methodische Ansatz „Virtual Architecture“ versteht sich als Wegbereiter für ein integriertes Werkzeug zur Planung, Ausführung und Nutzung von Gebäuden mit Virtual Reality (VR) als räumlicher Kommunikationsplattform. Hier werden die aktuellen Planungsstände aller am Bau beteiligten Gewerke (ganzheitlich integriert) in jeder Phase des Gebäude-Lebenszyklus zusammengeführt, kommuniziert und verwaltet. Durch den Einsatz dieser Methode können wichtige strategische Entscheidungen früher getroffen werden als in den üblichen Planungsprozessen. Im Sinne von „Frontloading“ entsteht so eine höhere Entscheidungssicherheit und bessere Objektqualität. „Virtual Architecture“ ist bewusst als offener und lebendiger Ansatz konzipiert. Der Weg ist das Ziel: ihn aufzuzeigen, soweit wie möglich vorauszudenken und regulierend auf diesen Prozess einzuwirken ist die grundlegende Idee dahinter. Wie immer, fällt auch hier der erste Schritt besonders schwer. Die FhG hat ihn im Rahmen der Planung des ZVE gewagt. Das Planungsteam des Fraunhofer IAO bringt sich – weit über die Rolle als zukünftiger Nutzer hinaus – mit seinen verfügbaren innovativen Methoden und Werkzeugen in den Bauprozess ein. Schritt eins ist also bereits getan: der Einsatz von VR als Informations- und Kommunikationsmedium. Die weiteren Schritte werden auf diesem ersten Schritt aufbauen und in der Entwicklung eines ganzheitlich integrierten Datenmodells liegen, das dann auch durchgängig über den gesamten Gebäude-Lebenszyklus integriert werden wird.
Abb. 4. Frontloading als Beitrag zur Sicherung von Immobilienperformanz
2.4 Ein methodischer Ansatz für das Bauen der Zukunft
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Auch wenn sich „Virtual Architecture“ im Moment auf den Hochbau konzentriert, sind die Entwicklungen durchaus übertragbar; zum Beispiel auf den Tiefbau oder die Stadtplanung. Information und Kommunikation
Im Vergleich zu anderen Branchen besteht im Bauprozess ein besonders hoher Kommunikationsbedarf. Nirgendwo gibt es derart viele Beteiligte die zudem noch für jedes Bauvorhaben zu einem neuen Team zusammengestellt werden. Als Kommunikationsplattform hat sich VR während der ZVE-Planung bereits bewährt. Da im Gebäudelebenszyklus hochkomplexe räumliche Daten zu verwalten sind, wird den immersiven Medien auch bei einer umfassenderen Betrachtung ein großer Stellenwert beigemessen. Ergänzt wird VR dann allerdings durch weitere innovative Informations- und Kommunikationstechnologien. Besonders hervorzuheben ist dabei „Augmented Reality“ (AR). Diese Technologie ermöglicht die Überlagerung von digitalem und realem Raum. Dem Benutzer wird dabei über eine Datenbrille der tatsächliche Blick auf seine Umgebung, z. B. das sich im Bau befindliche Gebäude, mit digitalen Daten (virtueller Raum oder Zusatzinformation in Form von Text oder Grafik) überlagert und erweitert, sprich augmentiert. Damit wird die Immobilität von immersiven Projektionsanlagen für VR ausgeglichen. Das 3D-Gebäudemodell ist somit für die Kommunikation sowohl während Besprechungen (mit VR) als auch auf der Baustelle oder in der späteren Gebäudenutzungsphase (mit AR) durch immersive Medien über räumliche Visualisierung und Interaktion verfügbar. Ganzheitlichkeit/Integration
Die Qualität der Architektur wird bestimmt durch Nutzungsqualität, Ökonomie, die immer wichtiger werdende Ökologie und nicht zuletzt die Ästhetik. Diese Qualitätsfaktoren sind in hohem Maße miteinander verwoben und bilden nur in einer ausgewogenen Kombination ein hochwertiges Gebäude. Architekten liefern den Gebäudeentwurf und stimmen sich mit den Fachplanern ab, die Fachwissen beisteuern wie beispielsweise Konstruktion, Gebäudeinstallation oder bauphysikalische Simulationen. Je nach Nutzung werden darüber hinaus Experten hinzugezogen, die wie im Falle des ZVE beispielsweise Labor- und Wissensarbeitsplatzkonzeptionen aus dem Bereich „Office Innovation“ [7; 13] beisteuern. Dieses umfangreiche Wissen basiert jedoch auf unterschiedliche Datenquellen, die aufgrund einer fehlenden einheitlichen Plattform nur schwer in Beziehung zu setzen sind. Das klassische 3D-Modell der Visualisierung beinhaltet lediglich die sichtbare räumliche Struktur des Gebäudes und dient zur Überprüfung von
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Ästhetik und Funktion z. B. bei der Evaluierung von Sichtbezügen. Darüber hinaus sind aber abstrakte Daten wie Verhalten, Kosten oder Energieverbrauch wichtige Faktoren bei der Planung. Eine räumliche Verortung dieser abstrakten Daten auf die betreffenden Gebäudeelemente und die Möglichkeit, auf diese Informationen im immersiven Modell zuzugreifen, erweitert das klassische 3D-Modell zu einem zentralen, integrierten 3D-Gebäudemodell. Langfristig wird sich das integrierte 3D-Gebäudemodell zu einem integrierten Wissens-Gebäudemodell entwickeln lassen, das lediglich für die Visualisierung in Geometrie überführt wird und das über Parameter alle Komponenten, die Systematik und das Verhalten des Gebäudes beschreibt. Das hinterlegte bauteilbezogene Beziehungswissen und die Vernetzung mit Datenbanken werden die Auswirkungen einer Änderung auf die Gesamtplanung zeitnah und automatisiert steuerbar machen. Damit wird eine iterative Planung ermöglicht, bei der Optimierungen in kürzester Zeit vollzogen werden können. In der heutigen Planung ist dieser Ansatz undenkbar, da mit jeder Iterationsschleife die gesamte Planung mit hohem Aufwand angepasst werden muss. Durchgängigkeit
Der Gebäude-Lebenszyklus umfasst Planung, Bauausführung, Baunutzung sowie den Rückbau. Wenn vom Bauprozess gesprochen wird, sind damit meistens Planung und Bauausführung gemeint. Dieser wiederum umfasst den Entwurf, die Genehmigungsplanung, die Baugenehmigung, die Ausschreibung, die Ausführungsplanung und die Bauleitung bis zur Abrechnung. Die Baunutzung kann identisch mit der ursprünglich geplanten Funktion des Gebäudes sein, sich jedoch im Verlauf der Zeit durch Umnutzung ändern. Sanierung und Abriss des Gebäudes schließen den Lebenszyklus ab. Der Anspruch an einen ganzheitlichen Ansatz ist, den gesamten Gebäudelebenszyklus zu berücksichtigen, in jeder Phase adäquate Methoden und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen und vor allem die späten Phasen stärker zu berücksichtigen. 80 Prozent der Kosten im Lebenszyklus fallen in der Nutzungsphase an. Prognosen zum Thema Rückbau besagen, dass in 20 Jahren der Abriss eines herkömmlichen Gebäudes teurer sein wird, als der Bau. Diesen Umständen muss also bereits möglichst früh in der Planung durch „Frontloading“ Rechnung getragen werden. Eine technologische Herausforderung besteht darin, dass die Daten von der ersten Bauphase an als verlässliche Grundlage in die nächste Phase im Gebäude-Lebenszyklus überführt werden können. Dies reduziert nicht nur den Anpassungsaufwand sondern sichert zeitnah und verlustfrei den optimalen Verlauf der nächsten Phase.
2.4 Ein methodischer Ansatz für das Bauen der Zukunft
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Virtual Architecture-Werkzeuge
Bausoftwarehäuser und IT-Unternehmen widmen sich seit der Einführung von digitalen Informationstechnologien im Bauwesen der Entwicklung von Software-Werkzeugen. Diese bewährten Werkzeuge stellen ein sicheres Fundament für die Zukunft dar, müssen jedoch, beispielsweise durch den Ausbau der Schnittstellen, besser integrierbar werden. Über die bekannten Werkzeuge hinaus ermöglicht und erfordert „Virtual Architecture“ durch den durchgängigen räumlichen und integrativen Ansatz die Entwicklung neuer Werkzeuge. Die folgenden Szenarien skizzieren beispielhaft den Einsatz ausgewählter Werkzeuge: Szenario zu Information und Kommunikation
Architekten, Fachplaner und Nutzer diskutieren am VR-Modell während einer Baubesprechung den aktuellen Entwurf. Die Nutzer tauchen dabei in ihr zukünftiges Gebäude räumlich und maßstabsgetreu ein. In der Diskussion entstehende Änderungen werden direkt ins VR-Modell auf einer frei definierbaren Fläche einskizziert. Dies geschieht über die Stifteingabe eines Tablet-PCs, dessen Bildschirminhalt, ein 2D-Gebäudeschnitt, auf der entsprechenden Fläche im VR-Modell abgebildet wird. Ist über dieses intuitive Werkzeug eine Entscheidung zu aller Zufriedenheit herbeigeführt worden, so wird die Datei zur Protokollierung der Absprachen gespeichert. Szenario aus der Bau-Ökonomie
Auf Basis eines integrierten parametrisierten Modells mit Anbindung an eine Kostendatenbank stehen zu jedem Zeitpunkt der Planung die Gebäudekosten zur Verfügung. „Was wäre wenn“ -Fragestellungen bei der Evaluation von Varianten sind zeitnah möglich. Die zentralen Kosten-bestimmenden Faktoren werden iterativ aufgespürt. Bereits in frühen Planungsphasen führt dies zu Entscheidungen, die die durch das Budget vorgegebenen Spielräume optimal ausschöpfen. Szenario aus der Bau-Physik
Mit Simulationen lassen sich komplexe physikalische Vorgänge (Akustik, Licht, Wärmeleitfähigkeit) in Räumen berechnen. Die Ergebnisse dieser Simulationen liegen nicht mehr abstrakt als Zahlenreihen oder Grafiken vor, sondern werden adäquat räumlich repräsentiert mit dem 3D-GebäudeModell überlagert. Die Simulations-Ergebnisse stehen jederzeit gut wahrnehmbar zur Verfügung und können mit anderen relevanten „Sichten“ (z. B. Kosten, Nutzungslayout) beliebig kombiniert werden.
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Szenario aus dem Bereich Prozess-Optimierung
Auf Basis des integrierten und parametrisierten Wissensmodells des Gebäudes werden alle relevanten Daten automatisiert an die AVA-Software (Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung) übergeben. Aus dem gleichen Modell werden dem so ausgewählten Wettbewerber automatisch alle Daten übermittelt, die er für seine industrialisierte Bauteilfertigung benötigt. Szenario aus dem Prozess-Management
Das integrierte 3D-Datenmodell ist die reichhaltige Dokumentation des gesamten bisherigen Gebäude-Lebenszyklus. Durch ein Versionsmanagement kann der Prozess an jeder beliebigen Stelle nachgebildet werden. Durch eine Zertifizierung und Sicherheitsstandards (wie beispielsweise im Bankwesen) ist dieses Modell auch im Falle eines Rechtsstreits bindend.
Ausblick Ziel aller Anstrengungen ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Bauwesens durch Planungssicherheit und Effizienz zu stärken. Nicht nur im Hinblick auf den klassischen Bauprozess mit Planung und Umsetzung sondern vor allem auch auf die Nutzungsphase. Vor dem Hintergrund bestehender Defizite im Bauwesen ist es höchste Zeit, diese Herausforderungen umgehend gemeinsam anzupacken. Das deutsche Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unterstützt das Bauwesen dabei mit der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ [9]. Von 2006 bis 2009 werden rund 30 Mio. Euro für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. Auch der zu verzeichnende Aufschwung im Baugewerbe gibt endlich wieder Spielraum für die seit Langem auf Eis gelegten Forschung- und Entwicklungsaktivitäten. Im Januar 2007 veröffentlichte der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie die Prognose für das Wirtschaftsjahr 2007 [10]. Die Umsätze im deutschen Bauhauptgewerbe werden demnach 2007 zwar langsamer wachsen als 2006, die deutsche Bauindustrie erwartet für 2007 aber trotzdem ein deutliches Umsatzplus von nominalen 3,5%. Die Fraunhofer Gesellschaft als größte Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa sieht sich in der Verantwortung, nicht zuletzt durch den Bau des „Zentrums für Virtuelles Engineering“ in Stuttgart, die Forschungsaktivitäten verstärkt in Richtung „Virtual Architecture“ zu lenken.
2.4 Ein methodischer Ansatz für das Bauen der Zukunft
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Der Bauprozess vollzieht sich nicht mehr linear, sondern ist komplex, iterativ und integriert – dem wird sich die Fraunhofer Gesellschaft stellen und das Bauwesen wo immer es geht, unterstützen: mit einer ganzheitlichen Sicht, dem Know-how aus allen Forschungsbereichen und innovativen Lösungen.
Literatur [1]
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Hans-Jörg Bullinger et al.
[12] Ohlenburg, J.; Herbst, I.; Lindt, I.; Fröhlich, T.; Broll, W.; The MORGAN framework – Enabling dynamic multi-user AR and VR project; ACM Symposium on Virtual Reality Software and Technology, VRST 2004. Proceedings: Nov. 10–12, 2004, Hong Kong, China; New York: ACM, 2004 [13] Spath, D.; Bauer, W.: Office Excellence. Innovative Arbeitsgestaltung für die Wissensarbeit. In: Industrie Management 22 (2006) Nr. 6, S. 11–14 [14] Stork, A.; Santos, P.; Gierlinger, T.; Pagani, A.; Paloc, C.; Barandiarán, I.; Conti, G.; Amicis, R. de; Witzel, M.; Machui, O.; Jiménez, J.M.; Araújo, B.; Jorge, J.; Bodammer, G.: IMPROVE: An innovative application for collaborative mobile mixed reality design review: Research in Interactive Design. Proceedings. Vol. 2.: Proceedings of Virtual Concept 2006, Paris: Springer, 2006 [15] Wenzel, G.: Virtuelle Bemusterung. In: ZDF, 3Sat, http://www.3sat.de/dynamic/webtv/webtv_frame.php?url=vivo/vivo_070120_ raumplanung_16zu9.rm.
2.5
Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung in technologieorientierten Unternehmen
Heiko Gebauer, Regine Krempl, Elgar Fleisch Institut für Technologiemanagement, Universität St. Gallen (ITEM-HSG)
Motivation Für technologieorientierte Unternehmen ist es zunehmend schwieriger, durch eine reine, technische Produktdifferenzierung nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Die Produkte gleichen sich immer mehr an und die Grenzerträge einer technischen Produktdifferenzierung nehmen ab. Die damit verbundene Reduktion der Produktmargen zwingt technologieorientierte Unternehmen nach neuen Margenträgern zu suchen. Der Ausbau von produktunterstützenden Dienstleistungen ist eine attraktive Möglichkeit, die sinkenden Produktmargen mit zusätzlichen Dienstleistungsmargen zu kompensieren. Typische Maschinen- und Anlagenbauer erwirtschaften mit Produkten eine durchschnittliche Marge von einem Prozent. Demgegenüber stehen Margen von zehn Prozent und mehr, die produktunterstützende Dienstleistungen wie Reparaturen, Service Level Agreements und Montage bieten (VDMA 2004; Cohen et al. 2006). Neben den attraktiven Margen sprechen auch der zusätzliche, kontinuierliche Dienstleistungsumsatz und die wachsenden Kundenanforderungen für den Ausbau von produktunterstützenden Dienstleistungen. So können produktunterstützende Dienstleistungen z. B. in Form von Service Level Agreements einen regelmässigen Umsatz generieren, da sie einem periodisch wiederkehrenden Muster folgen und gegenüber Konjunkturschwankungen weniger anfällig sind (Malleret 2006; Potts 1988). Produktunterstützende Dienstleistungen erleichtern somit den technologieorientierten Unternehmen, die Auslastung ihrer technischen Ressourcen und Mitarbeiter zu gestalten. Die konstant steigenden Kundenanforderungen nach individueller Abdeckung von Servicebedürfnissen, Kostenkontrolle und mehr
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Sicherheit zwingen die technologieorientierten Unternehmen dazu, sich auf die Suche nach neuen Geschäftsfeldern zu begeben. Durch den Ausbau des Angebotes an produktunterstützenden Dienstleistungen sind diese Unternehmen in der Lage, die komplexen Kundenanforderungen zu erfüllen. Um die viel versprechenden Vorteile produktunterstützender Dienstleistungen nutzen zu können, bedarf es systematischer Service-Innovationsprozesse. Dieser Beitrag zeigt am Beispiel von zwei technologieorientierten Unternehmen auf, welche Faktoren in der Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen zum Erfolg führen. Aus diesen Erkenntnissen werden Handlungsempfehlungen für die Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen in technologieorientierten Unternehmen abgeleitet.
Herausforderungen in der Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen Produktunterstützende Dienstleistungen beziehen sich auf die installierte Basis, d. h. die Produkte, die der Kunde aktuell nutzt. Das Ziel dieser Dienstleistungen liegt darin, die einwandfreie Funktionsfähigkeit der Produkte in der Nutzungsphase zu sichern. Wie in der Motivation zu diesem Beitrag geschildert, bieten technologieorientierte Unternehmen diesen Dienstleistungstyp an, da er attraktive Margen bietet, komplexe Kundenanforderungen erfüllt und darüber hinaus den Produktabsatz fördern kann. Somit ergibt sich das Produkt als Empfänger produktunterstützender Dienstleistungen. Dieser Dienstleistungstyp umfasst typischerweise alle Leistungen in Bezug auf die Maschinen, hauptsächlich aber Reparatur- und Wartungsleistungen. Weiterhin fallen Leistungen wie Inbetriebnahme und Anwenderschulungen unter die Bezeichnung produktunterstützender Dienstleistungen. Trotz der Ausrichtung auf das Produkt, zeichnen sich produktunterstützende Dienstleistungen durch eine hohe Kundenindividualität aus. Der Ausbau produktunterstützender Dienstleistungen erfolgt häufig, indem bestehende Dienstleistungen zu Leistungsbündeln kombiniert werden. Das bekannteste Beispiel sind hierbei die Service Level Agreements (SLAs). SLAs sind Vereinbarungen zwischen dem technologieorientierte Unternehmen und seinen Kunden, die wiederkehrende Dienstleistungen für den Kunden transparenter gestalten, indem sie zugesicherte Leistungseigenschaften wie etwa Reaktionszeit, Umfang und Schnelligkeit der Bearbeitung genau festlegen. Charakteristisch für SLAs ist, dass das technologieorientierte Unternehmen jeden relevanten Dienstleistungsparameter in verschiedenen Gütestufen anbietet, aus welchen der Kunde unter betriebswirtschaftlichen
2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung
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Gesichtspunkten wählen kann. Bei einer klassischen produktunterstützenden Dienstleistung, wie z. B. Schadensbehebung im Störungsfall, offeriert das technologieorientierte Unternehmen diese Vertragsgestaltungsmöglichkeiten nicht. Der Kunde erhält somit in den SLAs fixierte Leistungen, z. B. Reaktionszeiten des Kundendienstes, Wartung von Maschinen, etc., zu einem vorab vereinbarten Preis. Somit schaffen SLAs einerseits eine Preis/Leistungs-Transparenz für Kunden und bieten andererseits dem technologieorientierten Unternehmen konstante Umsatzbestandteile und die Möglichkeit, die Auslastung ihrer Ressourcen zu organisieren. Die Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen wie SLAs stellt sich in der Realität technologieorientierter Unternehmen jedoch als Herausforderung dar. Zwar können diese Unternehmen in immer kürzeren Innovationszyklen komplexe Produkte entwickeln, in der Dienstleistungsentwicklung fehlt ihnen jedoch die Professionalität. Daher gelingt es diesen Unternehmen nur selten, erfolgreiche produktunterstützende Dienstleistungen zu entwickeln. Um zu erfahren, was technologieorientierte Unternehmen für die Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen beachten, hat das ITEM-HSG abgefragt, welche Voraussetzungen sie als wichtig erachten Implementierungsgrad
Abb. 1. Wichtigkeit und Implementierungsgrad von Voraussetzungen für die Entwicklung von Dienstleistungen in produktorientierten Unternehmen (Quelle: ITEM-HSG 2005, n = 182)
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Heiko Gebauer et al.
und welche sie implementieren. Auf einer 5er-Rating-Skala wurden diese Voraussetzungen anhand ihrer Wichtigkeit und ihres Implementierungsgrades gemessen. Abbildung 1 veranschaulicht die Ergebnisse. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass einer dienstleistungsspezifischen Entwicklung eine höhere Wichtigkeit zugeordnet wurde als einer generellen Entwicklungsmethodik. Dieser Punkt begründet sich daraus, dass produktunterstützende Dienstleistungen wie SLAs häufig eine hohe Kundenindividualität aufweisen. Somit sehen sich technologieorientierte Unternehmen vor der Herausforderung, dass für verschiedene produktunterstützende Dienstleistungen verschiedene Erfolgsfaktoren wirken. Aus diesem Grund untersucht dieser Beitrag SLAs, die eine besonders hohe Kundenindividualität aufweisen und es technologieorientierten Unternehmen somit ermöglichen, komplexe Kundenbedürfnisse bei gleichzeitiger Umsatzsteigerung zu erfüllen.
Service Level Agreements in technologieorientierten Unternehmen Um relevante Erfolgsfaktoren zu identifizieren und einen direkten Vergleich von Erfolgsfaktoren zu ermöglichen, untersuchen die folgenden zwei Fallstudien die Innovationsprozesse von Service Level Agreements (SLAs) in zwei technologieorientierten Unternehmen. Fallstudie 1 betrachtet einen Hersteller von Werkzeugmaschinen, Fallstudie 2 einen Hersteller von Verpackungsmaschinen. In beiden Unternehmen sind SLAs flexible, mehrstufige und umfassende Servicepakete in Bezug auf Wartung und Reparatur. Anders als bei der Wartung im herkömmlichen Sinn hat der Kunde verschiedene Möglichkeiten, den Umfang der Dienstleistung selbst zu gestalten. Diese reichen von der Nutzung der Telefonhotlines ausserhalb der normalen Geschäftszeiten über die vorbeugende Maschinenwartung bis hin zur Anforderung von Projektingenieuren, die mehrere Monate pro Jahr im Unternehmen bleiben und Wartung und Reparaturen übernehmen. Entsprechend der individuellen Vereinbarungen erhalten die Kunden Leistungen nach einer vorab festgelegten Checkliste, wodurch eine erhöhte Maschinenverfügbarkeit und perfekte Maschineneinstellungen garantiert sind. Weiterhin reduziert sich der Verwaltungsaufwand für die Kunden, da sie die Leistungen vorab in Form einer Flatrate bezahlen. Für die Unternehmen liegt der Vorteil der SLAs darin, dass die Kapazitäten der ServiceTechniker und ein gewisses Umsatzlevel kalkulierbar sind.
2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung
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Fallstudie 1: SLAs bei einem Werkzeugmaschinenbauer Das Unternehmen der ersten Fallstudie ist Weltmarktführer im Bereich Werkzeugmaschinen und beschäftigt weltweit rund 6500 Mitarbeiter. Das Produktangebot umfasst u. A. Stanzmaschinen und -werkzeuge, Laser, kombinierte Stanz-/Lasermaschinen sowie Biegemaschinen und -werkzeuge. Im Geschäftsjahr 2005/06 wurde ein Umsatz von knapp € 1,7 Mrd. mit einem Jahresüberschuss von € 154 Mio erwirtschaftet. Tochtergesellschaften an verschiedenen Standorten in Europa, Amerika und Asien sind für den Vertrieb der Maschinen verantwortlich. Teilweise verfügen diese Tochtergesellschaften über eigene Produktionsstätten, die sowohl den Konzern als auch externe Kunden beliefern. Der Stammsitz des Unternehmens ist in Deutschland. In Bezug auf Dienstleistungen verfolgt das Unternehmen die Strategie, durch hervorragende produktunterstützende Dienstleistungen die Produktverkäufe zu fördern. Entwicklungsprozess der SLAs
Das Unternehmen verfolgt das Ziel, mehr Umsatz durch Wartungsleistungen zu generieren und die Kapazitäten der Servicetechniker besser abzustimmen. Aus dieser Zielsetzung hat das Unternehmen die Idee abgeleitet, Reparatur- und Wartungsleistungen zu SLAs zu kombinieren. Ein erfahrener Servicemitarbeiter aus dem Ersatzteilvertrieb hat auf Basis bestehender Leistungen ein erstes Dienstleistungskonzept ausgearbeitet. Im nächsten Schritt hat das Unternehmen dieses Konzept den Länderorganisationen zur regionalen Ausgestaltung überlassen, da die Verträge und deren Erfüllung regional abgeschlossen werden. Bei der Ausgestaltung stand es den Länderorganisationen frei, das Konzept des Stammsitzes zu übernehmen, sich daran zu orientieren oder ein eigenes Wartungskonzept unter dem unternehmensweiten Markennamen zu erarbeiten. Somit berücksichtigt das Unternehmen die Kundenanforderungen und das Preisniveau der einzelnen Länder. Aufgrund des geringen Neuigkeitsgehaltes der Dienstleistungsbestandteile fand die Markteinführung der SLAs ohne vorherigen Markttest statt. Neue Kundenbedürfnisse nach mehr Sicherheit und Planbarkeit im Wartungsprozess führen dazu, dass das Dienstleistungskonzept ständigen Modifikationen unterliegt. Heute hat das Unternehmen bereits SLAs an 30 Prozent seiner Kunden verkauft. Erfolgsfaktoren in der Entwicklung der SLAs
Aus dem oben beschriebenen Entwicklungsprozess lassen sich folgende Erfolgsfaktoren ableiten:
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Strategieorientierung und Management Support: Die SLAs sind Bestandteil der Zielvereinbarung der Vertriebsmitarbeiter. In der Schweizer Tochtergesellschaft erhalten die Servicetechniker sogar einen Bonus, wenn sie SLAs verkaufen. Für diese Dienstleistung besteht seit jeher Management Support, da sie der Zielsetzung und Dienstleistungsstrategie des Unternehmens entspricht. Projektleiter: Zur Erarbeitung des Dienstleistungskonzeptes hat das Unternehmen einen Projektleiter eingesetzt. Dieser stammt aus dem Ersatzteilvertrieb und kennt sowohl die Abläufe der Maschinenwartung als auch die Kundenbedürfnisse. Entwicklungsprozess mit flexiblem Dienstleistungskonzept: Da das Konzept der SLAs ständigen Modifikationen unterliegt, ist der Entwicklungsprozess bis zum heutigen Tag nicht abgeschlossen. Somit gab es zwar die Phase Ideengenerierung, Konzeptentwicklung und Markteinführung, jedoch kann jede Markteinführung eines angepassten Konzeptes als Pilot für neue Modifikationen gesehen werden. Die Phasen Konzeptanpassung und Markteinführung durchlaufen die SLAs somit kontinuierlich. Ein flexibles DL-Konzept ist somit unerlässlich, wobei auch die internationale Flexibilität in den verschiedenen Tochtergesellschaften und Länderorganisationen bedeutend ist. Kundeneinbindung: Das Unternehmen hat die Kunden als passive Innovationsquelle genutzt, indem Frontline-Mitarbeiter als Sensoren im Markt fungiert haben. Eine aktivere Kundeneinbindung wäre bei der Entwicklung der SLAs sinnvoll gewesen, da die Dienstleistung den Bedürfnissen der Kunden früher entsprochen hätte. Somit hätte das Unternehmen von Beginn an einen Produkt-Markt-Fit erreicht und mit der entsprechenden Nachfrage höhere Umsätze erzielt. Fallstudie 2: Die Entwicklung von Service Level Agreements bei einem Verpackungsmaschinenhersteller Das Unternehmen in Fallstudie 2 ist ein Hersteller von Verpackungsmaschinen. Das Produktangebot umfasst Verpackungsmaschinen für Nahrungsmittel, Pharmaprodukte, Süssigkeiten sowie Chemie und Kosmetik. Über 30% des Gesamtumsatzes werden mit Dienstleistungen erwirtschaftet, weswegen Dienstleistungen einen sehr hohen Einfluss auf die Rentabilität des Unternehmen haben. Weltweit agiert das Unternehmen mit eigenen Produktionsstätten und Vertriebsniederlassungen. Um Dienstleistungen kümmert sich die Business Unit Services, die über vier Hubs weltweit agiert. Der Stamm-
2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung
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sitz des Unternehmens ist in Deutschland, der Sitz der Business Unit Services in der Schweiz. In Bezug auf Dienstleistungen verfolgt das Unternehmen die Strategie, „through operational excellence to customer intimacy“ mit dem Ziel Outsourcingpartner seiner Kunden zu werden. Entwicklungsprozess der SLAs
Das betrachtete Unternehmen verfolgt das Ziel, in Bezug auf Maschinenwartung Outsourcingpartner seiner Kunden zu werden. Um Kosten zu sparen haben einige Kunden internes Wartungspersonal abgebaut. Das resultierende Kundenbedürfnis nach externer Maschinenwartung hat das Unternehmen in einem ersten Schritt auf die Idee gebracht, SLAs zu entwickeln, um langfristig die Wartung der installierten Basis der Kunden zu übernehmen. Der zweite Schritt war die Erstellung eines ersten Dienstleistungskonzeptes im Rahmen der Diplomarbeit eines Produktmanagers während seiner Weiterbildung zum Verkaufsleiter. In diesem Zusammenhang hat eine Kundenbefragung sowie ein Benchmarking mit Unternehmen, die bereits erfolgreich SLAs anbieten, stattgefunden. In die Erstellung eines detaillierten Dienstleistungskonzeptes mit verschiedenen Service-Bündeln war der Vorstand der Business Unit Services eingebunden. Daraufhin erfolgte eine erneute Befragung von ausgewählten Kunden zu den erarbeiteten SLAs, um ein exaktes Kundenbedürfnis zu erhalten. Vor der Markteinführung der SLAs fand ein Markttest mit einer Zwischenstufe der SLAs bei einem Pilotkunden statt. Die Auswahl dieser Zwischenstufe erfolgte entsprechend der berechneten grössten Nachfrage. Die Markteinführung selbst fand schrittweise statt, wobei die neue Telefonhotline am Anfang stand. Auch nach der Markteinführung unterliegt das Dienstleistungskonzept ständigen Modifikationen, um weiterhin den Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Erfolgsfaktoren in der Entwicklung der SLAs
Aus dem oben beschriebenen Entwicklungsprozess lassen sich folgende Erfolgsfaktoren ableiten: Strategieorientierung und Management Support: Die SLAs unterstützen das Unternehmen darin, langfristig Outsourcingpartner im Wartungsbereich der Kunden zu werden. Aus diesem Grund hat das Management die Entwicklung der SLAs unterstützt. Während der Konzeptentwicklung hat sich das Management auf die Nutzung von Synergieeffekten konzentriert. Die Weiterbildung des Produktmanagers zum Verkaufsleiter hat einerseits zur Erstellung des Dienstleistungskonzeptes, andererseits zur Bindung eines Mitarbeiters ans Unternehmen gedient.
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Projektleiter: Für die Erarbeitung des Dienstleistungskonzeptes war ein Projektleiter zuständig, der als ehemaliger Produktmanager alle benötigten Informationen über die Abläufe der Wartungs- und Reparaturleistungen hatte und somit im Rahmen seiner Diplomarbeit ein passendes Dienstleistungskonzept erstellen konnte. Strukturierter Entwicklungsprozess mit flexiblem Produktkonzept: Der Entwicklungsprozess der SLAs lief im Sinne eines Stage-Gate-Prozesses (Cooper u. Kleinschmidt 1991) ab. Der Entscheidungspunkt, die Idee umzusetzen, war das Kundenbedürfnis. Die erste Kundenumfrage hat die Entwicklung des Grobkonzeptes angestossen. Dessen Überprüfung in einer zweite Kundenbefragung war Ausgangspunkt für die konkrete Erarbeitung der verschiedenen Service-Bündel. Der Pilotdurchlauf bei einem Testkunden war schliesslich die letzte Hürde vor der Markteinführung. Kernpunkt dieser Dienstleistung ist das flexible Produktkonzept, das nach wie vor ständig den sich ändernden Kundenbedürfnissen angepasst wird. Kundeneinbindung: Den Entwicklungsprozess der SLAs hat die veränderte Situation bei den Kunden ausgelöst. Durch die persönliche Interaktion mit dem Kunden und die Beobachtung des Kunden hat das Unternehmen die entsprechenden Informationen erhalten. Auch im Rahmen der Konzeptentwicklung hat das Unternehmen Kunden durch zweimalige Befragung direkt beteiligt. Die intensive Zusammenarbeit mit Kunden war in diesem Innovationsprozess wichtig, weil der Kunde bei den SLAs für Leistungen bezahlt, die er früher umsonst erhalten hat. Durch den intensiven Einbezug hat er den erhöhten Nutzen erkannt. Auch hat die aktive Kundeneinbindung dazu geführt, dass die Dienstleistung von Anfang an den Kundenbedürfnissen entsprochen hat. Somit hat das Unternehmen mit den SLAs sofort den erforderlichen Produkt-Markt-Fit geschaffen. Frontline-Mitarbeiter: Das technische Know-how der Servicetechniker, die besonders eng mit den Kunden zusammenarbeiten und praktisch ein „Teil der Maschine“ sind, war während des Pilotdurchlaufes von Bedeutung. In Zusammenarbeit mit dem Testkunden konnten die Servicetechniker die Funktionsweise der Dienstleistung testen und Wünsche und Anregungen der Kunden aufnehmen. Seit der Markteinführung sind die Servicetechniker die wichtigste Ressource für die SLAs, da sie eng mit dem Kunden zusammenarbeiten. Indem sie deren Bedürfnisse aufnehmen und weitergeben, sorgen sie dafür, dass der Produkt-Markt-Fit auch zukünftig erhalten bleibt.
2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung
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Erkenntnisse für die Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen Bezug nehmend auf Abb. 1, welche die Wichtigkeit und Implementierung verschiedener Voraussetzungen für die Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen untersucht, führt ein Vergleich mit den Erfolgsfaktoren aus den Fallstudien zu folgenden Erkenntnissen: Dienstleistungsspezifische Dienstleistungsentwicklung Beide Unternehmen weisen diesem Aspekt eine hohe Wichtigkeit zu und haben diese Voraussetzung implementiert, indem sie Projektleiter für die Entwicklung der SLAs eingesetzt haben. Dieses Vorgehen sorgt für eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens und beschleunigt den Entwicklungsprozess durch die Eliminierung von Doppelspurigkeiten. Auch das flexible Dienstleistungskonzept unterstützt diesen Erfolgsfaktor. Marktkenntnis über dienstleistungsbezogene Kundenbedürfnisse In diesem Punkt unterscheiden sich die Unternehmen der Fallstudien 1 und 2. Beide Unternehmen weisen diesem Punkt die gleiche Bedeutung zu, jedoch implementiert nur das Unternehmen in Fallstudie 2 die Voraussetzung durch aktive Kundeneinbindung. Weiterhin sorgen beide Unternehmen dafür, dass ihre Frontline-Mitarbeiter als Sensoren beim Kunden fungieren und deren Bedürfnisse aufnehmen. Diese Faktoren sorgen dafür, dass von Anfang an ein Produkt-Markt-Fit ensteht, wodurch Nachfrage und Umsatz durch die SLAs garantiert sind. Dienstleistungsorientierung des Managements Wie in Abb. 1 korrespondieren auch in beiden Unternehmen die Wichtigkeit und der Implementierungsgrad dieser Voraussetzung. In beiden Unternehmen hat das Management durch entsprechende strategische Zielsetzungen die Entwicklung der SLAs unterstützt. Die darüber hinaus gehende Management-Unterstützung in der Freistellung der Projektleiter sorgt durch die Zuweisung von Verantwortung für Synergieeffekte und beschleunigt den Entwicklungsprozess somit. Methodische Dienstleistungsentwicklung Beide Unternehmen bestätigen mit ihren strukturierten Entwicklungsprozessen die Ergebnisse aus Abb 1. Vor allem der Erfolg der systematischen Vorgehensweise des Unternehmens in Fallstudie 2 hebt die Bedeutung eines methodischen Vorgehens hervor. Durch den Einbau von Entscheidungspunkten besteht nach jeder Phase des Entwicklungsprozesses
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die Möglichkeit, die Dienstleistungsentwicklung zu stoppen und somit wertvolle Ressourcen zu sparen. Weiterhin ermöglicht diese Vorgehensweise eine sofortige Problembehebung durch Feedbackschlaufen.
Handlungsempfehlungen Auf Basis der Erkenntnisse für die Entwicklung produktunterstützender Dienstleistungen lassen sich für technologieorientierte Unternehmen folgende Handlungsempfehlungen ableiten: • Ausrichtung der Dienstleistungsidee an der Dienstleistungsstrategie: Dieses Vorgehen trägt dazu bei, dass die Dienstleistung die strategische Zielsetzung des Unternehmen unterstützt. Weiterhin entwickelt das technologieorientierte Unternehmen durch dieses Vorgehen nur Dienstleistungen, die seinen Kernkompetenzen entsprechen. Somit kann es auf bestehende Ressourcen zurückgreifen und sorgt dafür, dass diese in keiner unerwünschten Richtung eingesetzt werden. Diese Aspekte sichern den Dienstleistungsideen die Unterstützung durch das Management. • Einsatz eines Projektleiters: Diesen sollte das Management entsprechend seiner Fähigkeiten in Bezug auf die Dienstleistungskonzepterstellung auswählen. Besonders zu berücksichtigen sind hierbei das Wissen um die technischen Unternehmenskompetenzen und die Kundenanforderungen. • Strukturiertes Vorgehen im Entwicklungsprozess: Dieser sollte möglichst die Phasen Ideengenerierung, Konzepterstellung, Markttest und Markteinführung umfassen. Bei der Konzepterstellung ist besonders darauf zu achten, dass das Konzept im Hinblick auf spätere Veränderungen entsprechend der Kundenbedürfnisse flexibel bleibt. Markttests mit Pilotvarianten der Dienstleistung sichern die Durchführbarkeit von Unternehmensseite und ermöglichen letzte Anpassungen an Kundenbedürfnisse. In manchen Fällen kann ein Pilot der Dienstleistung auch vor der Erstellung eines detaillierten Dienstleistungskonzeptes realisiert werden. • Gezielte Einbindung von Kunden: Für jede Dienstleistungsidee sollten die Bedürfnisse der Kunden der Ursprung sein. Somit sorgt das Unternehmen von Beginn an für den Produkt-Markt-Fit und die entsprechende Nachfrage. Die Einbindung der Kunden erfolgt entsprechend des Neuigkeitsgehaltes und der strategischen Bedeutung der Dienstleistung. Im weiteren Verlauf ist es sinnvoll, Kunden z. B. durch Befragung aktiv in die Konzepterstellung zu involvieren. Technologieorientierte Unter-
2.5 Erfolgsfaktoren der Dienstleistungsentwicklung
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nehmen sollten Markttests möglichst bei Kunden durchführen, die an der Konzepterstellung beteiligt waren oder sich anderweitig als offen für Neuerungen präsentiert haben. • Aktive Einbindung von Frontline-Mitarbeitern: Technologieorientierte Unternehmen sollten das Know-how ihrer Service-Mitarbeiter aktiv für die Generierung neuer Dienstleistungsideen nutzen. Diese Mitarbeiter arbeiten direkt mit den Kunden zusammen und erhalten z. B. über Anregungen und Beschwerden von Kunden Informationen, die für neue Dienstleistungsideen essentiell sind. Das Wissen ist somit für einen späteren Produkt-Markt-Fit der Dienstleistung essentiell.
Literatur Cohen M, Agrawal N, Agrawal V (2006) Winning in the aftermarket. Harvard Business Review 85: 129–138 Cooper RG, Kleinschmidt, J (1991) New product processes at leading industrial firms. Industrial Marketing Management 20 (2): 137–147 Malleret V (2006) Value creation through service offers. European Management Journal 24 (1): 106–116 Potts GW (1988) Exploiting your product’s life cycle. Harvard Business Review 66 (5): 32–35. VDMA (2004) Produktbezogene Leistungen im Maschinen- und Anlagenbau. VDMA Verlag, Frankfurt
3 Führung und Personal
3.1
Unternehmensqualität – in der Verantwortung der Geschäftsleitung
Hans Dieter Seghezzi Institut für Technologiemanagement, Universität St. Gallen
Einleitung Seit mehreren Jahrzehnten sind gute, fehlerfreie Produkte und Dienstleistungen (Abb. 1) die Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften eines Unternehmens. Sind sie von hoher Qualität, ermöglichen sie den Marktanteil und die Verkaufspreise zu erhöhen. Fehlerfreiheit der Leistungen ist ein „Muss“. Zudem müssen Produkte und Dienstleistungen für den Kunden bezahlbar sein und sollten durch ihre Qualität eine nachhaltige Wirkung erzeugen. Dies wird sicherlich nur dann erreicht, wenn die entsprechenden Prozesse effizient und unter Kontrolle sind. Durch die Anwendung modernen Prozessmanagements, den Einsatz von Prozesseignern und Prozessteams kann man diese Ziele erreichen. Die Akteure sind in den meisten Fällen Mitglieder des mittleren und unteren Kaders.
Rolle der Geschäftsleitung Was Qualität anbetrifft, welches sind die Felder der Aktivitäten und der Verantwortung für den obersten Chef und die Geschäftsleitung? Als langjähriger Chief Technical Officer (CTO) einer grossen Unternehmung und als Professor für Technologiemanagement der Universität St. Gallen stelle ich fest, dass die qualitätsbezogenen Aktivitäten der Geschäftsleitungen sich häufig konzentrieren oder gar beschränken auf die Bereitstellung von Resourcen, insbesondere Finanzmittel, aber auch qualifizierte Arbeitskräfte, Informationen, Energie und Werkstoffe. Nach meiner Meinung greift dies zu kurz, um den langfristigen Erfolg der Unternehmung, den
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Hans Dieter Seghezzi
wirkungsvollen Betrieb der Prozesse und die Lieferung von hoher Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu garantieren. Warum? Weil das Fundament für einen nachhaltigen Erfolg in der hohen Qualität der Unternehmung liegt. Diese schliesst eine sinnvolle und herausfordernde Politik und Strategie, wirkungsvolle und effiziente Strukturen und Systeme, eine hohe Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von Maschinen und Infrastrukturen, ein motivierendes und intelligentes Management, sowie Führungspersönlichkeiten und engagierte Mitarbeitende ein, die eingebunden sind in eine inspirierende Unternehmenskultur. Wenn ein Unternehmen excellent oder sogar „Best in Class“ sein will, dann liegt die echte Aufgabe und Verantwortung der Geschäftsleitung in der Gestaltung und Pflege der Unternehmensqualität. Dazu benötigt sie das notwendige Wissen, Können und Wollen. Wie aktiv sind Geschäftsleitungen heutzutage in übergeordneten Qualitätsaufgaben involviert?
Abb. 1. Hierarchie der Qualität
3.1 Unternehmensqualität – in der Verantwortung der Geschäftsleitung
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Generell gesprochen, wollen sie ihre herausfordernde Aufgabe verantwortlich übernehmen, aber oft reichen ihre Fähigkeiten nicht ganz aus.Eine „Hands-on“-Mitwirkung wäre von grossem Nutzen, denn sie sendet Signale aus und motiviert Mitarbeiter bei der Erledigung ihre eigenen Aufgaben. Aber oft halten sich Geschäftsleitungsmitglieder zurück, weil sie fürchten, sich zu blamieren. Managementmodelle, wie die ISO 9001 oder 9004, das EFQM-Modell, die Balanced Score Card oder Six Sigma helfen, wenn sie vom Management wirklich verstanden und richtig angewendet werden. Trotzdem muss man sich darüber im Klaren sein, dass die am meisten verbreiteten Modelle sich primär auf unternehmensinterne Aufgaben beziehen und weniger Hilfe bei der Behandlung der Unternehmensumwelt bieten. Dies ist sicherlich ein Nachteil, weil die langfristigen Chancen einer Unternehmung auf der einen Seite und die Gefahren auf der anderen Seite fast immer von aussen kommen und zu ihrer Bewältigung eine wirkungsvolle Reaktion nach innen erfordern. An der Universität St. Gallen haben wir den Ansatz „Integriertes Qualitätsmanagement“ [1] entwickelt, der beide Welten, die innere und die äussere enthält. Der Ansatz basiert auf zwei Säulen, dem Konzept „Integriertes Management“ [2] und dem anwendungsorientierten „Neuen St.Galler Management Modell“ [3]. Der Ansatz ist in der Sprache der Betriebswirtschaft geschrieben. Nachfolgend wird das Modell „Integriertes Qualitätsmanagement“ (Abb. 2) im Hinblick auf die qualitätsbezogene Funktion der Geschäftsleitungen behandelt.
Abb. 2. St. Galler Modell „Integriertes Qualitätsmanagement“
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Die Sphären der Unternehmensumwelt und deren Anspruchsgruppen Schaut man auf die Aussenwelt einer Unternehmung und sucht nach mittel- und langfristigen Entwicklungen, auf welche man in der Unternehmenspolitik und -strategie Rücksicht zu nehmen hat, dann muss man die Umweltsphären, die Anspruchsgruppen und die Interaktionsthemen betrachten. Innerhalb der Umweltsphären gibt es Bedürfnisse und Erwartungen, wie diese erfüllt sind oder erfüllt sein sollten. Werden sie frühzeitig erkannt, bietet ihre Erfüllung eine echte Chance für die Entwicklung der Unternehmung. Werden dagegen Erwartungen missachtet oder unterbewertet, stellen sie für die Unternehmung eine Gefahr dar. Daher genügt es nicht, nur die aktuellen Erwartungen in den Umweltssphären zu beobachten. Man muss vielmehr die wirklichen Bedürfnisse und deren Tendenz verfolgen. Interessengebiete sind beispielsweise: • in einer Gesellschaft: die Altersentwicklung und die Kaufkraft • in der Natur: die Klimaveränderungen und die Verschmutzung der Umwelt • in der Technologie: die Wirkung neuer Materialien und Technologien • in der Oekonomie: die Marktentwicklungen und die Infrastrukturen der Länder Für die Gestaltung der Unternehmensqualität ist daher die Analyse der Entwicklungen in den Umweltsphären eine entscheidende Aufgabe der Geschäftsleitungen. Ein Unternehmen verfolgt sein Geschäft in intensiver Interaktion mit seinen Anspruchsgruppen, insbesondere den Kunden und Lieferanten. In gewisser Weise stellen die Anspruchsgruppen die Stimme der Unternehmensumwelt dar und sind deshalb bedeutende Dialogpartner. Für die meisten Unternehmen sind die Kunden die wichtigste Anspruchsgruppe. Um ihre Bedürfnisse zu treffen, muss das Unternehmen ihre Bedürfnisse kennen. Heutzutage bedeutet dies, dass eine gute funktionale Qualität der Produkte und Dienstleistungen eine Selbstverständlichkeit ist: Alle Autos fahren, alle Uhren zeigen die Zeit an, alle Brillenrahmen halten die Brillengläser fest.
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In vielen Branchen werden die Kaufentscheide auf einer anderen Basis gefällt. Auf Grund funktionaler Eigenschaften kann man sich kaum mehr differenzieren, vom Wettbewerb unterscheiden. Deshalb sind beim Kaufentscheid vielmehr emotionale oder kulturelle Faktoren ausschlaggebend. Beispielsweise ist eine Uhr auch ein Schmuckstück. Ihre Marke bestimmt das Ansehen des Trägers oder der Trägerin. Der Name des Produzenten ist ausschlaggebend für die Gestaltung der Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung. Wettbewerber sind eine wichtige Anspruchsgruppe. Eigentlich sollten sie die „Partner“ für das Benchmarking einer Unternehmung sein, denn sie verwenden die gleiche Technologie, liefern an die gleichen Märkte und Kunden und sind Teilnehmer in den gleichen Wirtschaftsräumen. Für sie sind die Trends in Wirtschaft und Technologie von gleicher Bedeutung wie für das eigene Unternehmen. Zudem ist Wettbewerb der wichtigste Treiber für Veränderungen. Ohne Wettbewerber würde die Innovationsrate sehr klein sein, wie uns offensichtlich aus Feldern mit wenig oder keinem Wettbewerb vor Augen geführt wird, beispielsweise bei der öffentlichen Verwaltung. Lieferanten sind eine Anspruchsgruppe, die oft nur als hauptsächliche Quelle für Preissenkungen angesehen wird. Dies ist falsch. Damit ein Unternehmen langfristig überleben kann, muss es gesunde Zulieferanten haben, die bezüglich Technologie, Logistik und Kosten wettbewerbsfähig sind. Unter diesem Gesichtspunkt bilden die Zulieferanten die wichtigste Quelle von langfristig gültigen Informationen über Ressourcen. Die Anspruchsgruppen, Regierung und Öffentlichkeit dominieren in den Umweltssphären Gesellschaft und Natur. Analysiert ein Unternehmen ihre Bedürfnisse und Erwartungen systematisch, kann es frühzeitig aktiv werden und muss nicht reaktiv tätig sein. Auf diese Weise kann man falsche Entscheidungen vermeiden und künftige Chancen voraussehen. Zwei Beispiele: • über Jahre konnte man erkennen, dass die Emission von Kohlendioxid eines Tages von der Oeffentlichkeit beanstandet und von den Medien und von den einschlägigen Umweltschutzorganisationen (NGOs) kritisiert werden würde. Als Folge war zu erwarten, dass Politiker unter Druck geraten und ihre Regierungen zwingen würden, Verordnungen zur Einschränkung der Emissionen zu verfassen. Hätte die Automobilindustrie diese Bedürfnisse ernst genommen, wäre es ihr frühzeitig möglich gewesen, einen Markt für attraktive, mit Ansehen behaftete, gut aussehende Autos mit kleiner Kohlenstoffdioxidemission zu schaffen. Nur wenige haben reagiert. Es benötigte einen unverhältnismässig warmen Winter
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und den cleveren Vorsitz der EU, um endlich politische Reaktionen und industrielle Aktionen in Gang zu bringen. • Die Gesellschaft wird mehr und mehr gesundheitsbewusst und nimmt Kenntnis von dem überproportionalen Anstieg der Gesundheitskosten. Rauchen ist ein schädlicher Effekt für Raucher und Passivraucher. Hätte man diesen Effekt genügend beachtet, wäre man gewärtig gewesen, dass eines Tages Regierungen unter öffentlichen Druck geraten würden und durch Gesetze und Regulierung das Rauchen einschränken müssten. Restaurants hätten seit langem auf diese Vorausschau reagieren können. Jetzt sind sie dazu gezwungen in Ländern wie Irland und Italien und in einigen Kantonen der Schweiz. Andere werden folgen.
Kommunikation zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppen Unternehmen, insbesondere ihre Vorsitzenden und ihre Geschäftsleitungen brauchen eine institutionalisierte Basis für die Kommunikation und Interaktion mit ihren Anspruchsgruppen. Diese Basis bilden die so genannten Interaktionsthemen. Sie beziehen sich insbesondere auf Ressourcen, Normen und Modelle, Anliegen und Interessen von beiden Seiten, von den Anspruchsgruppen und der Unternehmung. Zwei Anspruchsgruppen, die Investoren und die Mitarbeitenden, machen besonders intensiven Gebrauch von dem Instrument, ihre Anliegen und Interessen zu kommunizieren. Das Interesse der Investoren betrifft vor allem die Profitabilität, die Chancen und Gefahren der Unternehmung etc., z. B. in neuen Märkten, mit neuen Produkten, mit Akquisitionen. Die Investoren sind auch an der Werthaltung der Unternehmung interessiert und an der Art, wie Corporate Governance ausgeübt wird. Dies ist ein weiteres Beispiel, wie Bedürfnisse der Investoren, der Oeffentlichkeit und der Regierungen voraussehbar gewesen wären, wo jedoch nur wenige Unternehmen frühzeitig reagiert haben. Für viele Unternehmen, insbesondere im Hightechbereich sind die Mitarbeitenden die wichtigste Anspruchsgruppe. Sie sind die Träger des Know-Hows, sie liefern hohe Qualität der Produkte und Dienstleistungen, sie führen Prozesse effizient durch und halten sie unter Kontrolle. Aus diesen Gründen ist „Human Relation Management“ eine strategische Aufgabe der Geschäftsleitungen, bei der sie in administrativer Weise von der Personalabteilung unterstützt werden. Man muss sich dabei im Klaren sein, dass die Mitarbeitenden eine ganz besondere Anspruchsgruppe darstellen,
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weil sie einerseits zum Unternehmen gehören und den Know-How tragen und andererseits ihre eigenen Anliegen und Interessen verfolgen.
Das Unternehmen und seine Qualität Der Schatz an Wissen und Kenntnissen, der den Geschäftsleitungen zur Verfügung steht, enthält die beschriebenen Informationen aus der Umwelt und darüber hinaus die noch umfangreicheren Informationen aus dem Unternehmensinneren, sei es über Innovation, Kapital, Finanz, Produktivität, Technologie und vieles mehr. Basierend auf diesem Wissens- und Kenntnisschatz muss die Geschäftsleitung die Unternehmensqualität gestalten, führen und weiterentwickeln. Dies ist im Qualitätsbereich ihre Hauptverantwortung. Ich möchte nicht mehr in Details dieser Aufgabe eingehen, weil bestehende Managementmodelle darüber ausführlich Auskunft geben. Deshalb beschränke ich mich auf eine kurze Behandlung der relevanten Teile unseres St. Galler Modells „Integriertes Qualitätsmanagement“ (Abb. 2) [1]. Das Modell teilt die Managementaufgaben in drei Felder ein, nämlich in Prozesse, in Entwicklungsmodi und in Ordnungsmomente. Die Basis bilden drei Prozessarten, nämlich die Wertschöpfungsprozesse Qualitätsplanung und Qualitätslenkung, die unterstützenden Prozesse Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung und als drittes die Qualitätsführungsprozesse. Die Geschäftsleitung muss sicherstellen, dass das Netz der Prozesse effizient und effektiv abläuft und weiter entwickelt wird. Im Qualitätsführungsprozess hat die Geschäftsleitung selber Hand anzulegen. Bei den Entwicklungsmodi gibt des bekanntlich zwei Arten: • auf Grund des kontinuierlichen Wandels, insbesondere der Märkte, aber auch anderer Umweltssphären, muss sich ein Unternehmen von Zeit zu Zeit grossen Veränderungen unterziehen. Dies erfolgt durch Projekte, die nur erfolgreich sein können, wenn die oberste Führung die Initiative selber in die Hand nimmt. • Darüber hinaus kann eine Organisation nur erfolgreich sein, wenn kontinuierlich in kleinen Schritten Optimierungen erfolgen. Sie geschehen üblicherweise in kleinen Projekten. Die Geschäftsleitung muss jedoch solche Aktivitäten unterstützen und sicherstellen, dass das Verbesserungssystem funktioniert. Projekte dieser Art verändern die Loyalität und das Verhalten der Mitarbeitenden. Aus diesem Grunde spielen die Verbesserungsprojekte eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur.
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Die Unternehmenskultur muss eine besondere Aufmerksamkeit im Programm einer Geschäftsleitung erfahren. Um die Qualität einer Unternehmung wirklich weiter zu entwickeln, ist es notwendig, die Unternehmenskultur zu verändern, allmählich oder drastisch. Dies wird allerdings nur möglich sein, wenn die Unternehmenspolitik eine klare Vision und Mission enthält. Auch muss die Geschäftsleitung diese Politik in eine griffige strategische Planung mit Zielen und zugeteilten Ressourcen umsetzen. Sehr oft benötigt es für eine erfolgreiche Strategieumsetzung eine Verbesserung der Struktur und eine Ueberarbeitung der Managementsysteme. Man kann zusammenfassen, dass Kultur, Struktur, Systeme, Politik und Strategie die Inhalte der Ordnung darstellen, welche für die Geschäftsleitung das eigentliche Feld zur Gestaltung und Beherrschung der Unternehmensqualität und somit zum Weg zu Business Excellence darstellen.
Literatur [1] Seghezzi, H.D.; Fahrni, F.; Herrmann, F. (2007): Integriertes Qualitätsmanagement. 3. Auflage, München/Wien, Carl Hanser [2] Bleicher, K. (1999): Das Konzept Integriertes Management, 5. Auflage, Frankfurt/New York, Campus [3] Rüegg-Stürm, J.R. (2003): Das neue St. Galler Management-Modell, 2. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien, Haupt
3.2. Reinventing the Management Education Industry – A Revolution in the Making*
Derek F. Abell** European School of Management and Technology, Berlin
Introduction In management education today there are strong voices for change, demanding to find a new balance between generic learning and understanding the problems of practice. There is also a growing need to complement managerial competence building with leadership education which provides the insight, execution skills, and attitudes to confront today’s complex leadership challenges, says Derek F. Abell. According to the author inspirations for change in management education can be found in the almost seamless relationship between student learning, research and practice itself, which is typical for the Bauhaus or the great teaching and research hospitals. Abell presents an outline for how to use and how to combine the case method of learning, project work or action learning, with the overall goal to bridge the gap between theory and practice. Today, we are witnessing the early stages of a revolution in the management education industry. The nearest parallels to what is likely to happen can be found in the revolution in design and architecture precipitated by the Bauhaus, the German school of design, in the 1920s, and in medicine in the great teaching and research hospitals of the late 20th century. These institutions were built on a new symbiosis between theory and practice, and allowed creativity and innovation to flourish as great minds were joined to those who understood the real challenges of getting a job done. *
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This article is reprinted with permission from Personalführung Vol. 40, No. 4, pp. 20–27, 2007 (published by Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.) Derek F. Abell was founding President and is Professor emeritus of the European School of Management and Technology, Berlin.
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The time is ripe for a similar revolution in management education. An important common denominator of the Bauhaus and the great teaching and research hospitals is the almost seamless relationship between student learning, research and practice itself. This contrasts sharply with what happens in many business schools today where classroom interaction with students takes place on Mondays and Tuesdays (6 or 8 hours per week is not uncommon!), research and writing (often at home) takes place on Wednesdays and Thursdays, and ‘private’ consulting with companies takes place on Fridays. In design and architecture, and in medicine, it has been the very process of working directly on the complex problems of practice that has facilitated new research findings and provided a rich platform for student learning. And all three processes, practice development, research and teaching, take place simultaneously under one roof. It could well be imagined that business education might be susceptible to the same fusion of processes. The pressures for such a revolution are growing from several quarters. Although within the education industry many suppliers of management education remain in a state of denial, and have even veered away from practice and relevance in teaching and research, there are also strong voices for change. Warren Bennis, Henry Mintzberg and Jeremy Pfeiffer have been among the loudest. But even louder voices are making themselves heard in the business community. Three main demands can be recognized as the first hundred years of management education in the US and the first 50 years in Europe draw to a close: first, there is a growing requirement for the application of teaching to the real problems of practice; second, there is a growing requirement for relevance in management research; and third, there is a growing need to complement managerial competence building with leadership education which provides the insight, execution skills, and attitudes to confront today’s complex leadership challenges.
The Requirement for Application These voices argue that learning theory and concepts in school and hoping that back on the job they will be put to use is not enough. The growing requirement for application is precisely what distinguishes the professional school from other forms of higher education. The arguments for generic learning on the one hand versus specific application on the other are not new. Cardinal Newman, founder of Dublin University in 1852, said ‘the purpose of the university is to raise the intellectual tone, cultivate the public mind, and purify the national taste. It prepares a man to fill any post
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with credit, and to master any subject with facility’. Francis Bacon came closer to current critical voices when he said ‘knowledge is for the use and benefit of man, not as a courtesan for pleasure and variety only’. The difficulty of bridging the gap between generic learning and the specific problems of practice lies in the fact that generic learning tends to be compartmentalized whereas the problems of practice are usually holistic and integrative in nature. Students of economic theory, psychology, sociology or quantitative methods, or of functional specialties such as accounting, finance, marketing, HR, operations, engineering, or even business strategy, are often at a loss when confronted with mobilizing an organization to meet a new global or technological challenge or to grasp a new opportunity. The tried and true case method of learning has many advantages in this respect although it does not go far enough. Its advantage is, that when used properly, students move from the specific to the generic (not vice-versa), i. e. from complex holistic problems to insight about theory and concepts which provide powerful ways to define, analyze and resolve problems. These ‘currently useful generalizations’ as they are often called, are rooted in past experience but can be readily applied to future problems. Hence, the argument that cases look backward and not forward is largely spurious. The real shortcoming of the case method is that even if learning is enriched by comparing a series of cases and even if teachers invite students to extend the case discussion – as great case teachers do – by sharing their own practical experience with new concepts, real application remains elusive. What is needed is a complete ‘learn-share-apply’ process under the watchful eye of a professional mentor. So-called action learning, including project work and the like, is often offered as an alternative way to bring generic learning closer to specific practice, and it does have certain clear advantages of relevance. But its great disadvantage lies in how it can become too specific and insufficiently generic unless coupled with the generic learning inherent in other problems, functions, companies and industry sectors (a great plus of the case method). To summarize, the coming revolution can close the gap by covering the complete spectrum from generic teaching to specific application. Teaching and application (T&A), standing for (generic) teaching and (specific) application, can become as inextricably linked together in our minds as research and development (R&D) is in the field of innovation. And it is to the latter which we will turn next.
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Growing Requirement for Relevant Research Arguments about the relevance of much of the research going on in today’s business schools parallel in many ways the arguments related to generic teaching versus specific application to practice. On one side of the fence stand a substantial proportion of the world’s business school faculty with their feet firmly planted in academia and with only limited or no exposure to the complexity of management practice itself. On the other side of the fence stand practitioners and a smaller group of practice-oriented researchers struggling to make conceptual sense of rising managerial complexity and to put research findings to use. The gap between theory-based research and practice-based research is a wide one and it is crying to be closed. Those who start from the theory end of the spectrum usually assume that the major target audience for their work are other academics working in the same or closely related fields. The ultimate accolade is publication in so-called “A-class” journals, most of which are highly specialized by underlying discipline or management function. Publication is invariably based on peer review, i. e. the opinions of other qualified and specialized academics. Editors usually do not take into account the opinions of practicing executives or what they consider relevant. Criteria for publication are stiff, revolving mainly around the contribution to the development of underlying theory in this or that discipline or function, as well as the soundness of the research design, data analysis and proper statistical testing of hypotheses. Much of this research assumes management to be basically a science and subject to the rules of the scientific method as are the physical and social sciences. This theoretical approach to research is emphasized at schools where promotion up the professorial hierarchy is heavily dependent on research performance as measured by publications in Aclass journals. Teaching skills are secondary, if they are considered at all. The professorial ability to go from teaching to T&A is even less regarded. Many such academic processes tend to be self-perpetuating as senior faculty who succeeded themselves under such a regime, make sure that those who are coming up behind jump through the same hoops. By contrast, the minority of our faculty members whose starting point is day-to-day management make a quite different assumption about their target audience, namely that they are first and foremost practitioners whose needs the research output must meet. While few would argue against publication that contributes to theory as well as to practice, and is rigorous in its academic approach, the ultimate criterion is relevance. Usually, real
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world problems cannot be neatly compartmentalized into the theoretical researcher’s discipline-based or functionally-based boxes. Hence, the practice-oriented researchers attempt to respond directly to the real world’s integrative holistic complexity. Inevitably research output tends to be primarily conceptual in providing new ways to look at the complex world of management, rather than tighter theory relating one or other variable to others. The practice-oriented business researcher views management as part-science, part-art and uses research methods, including research insights from case studies, appropriate to this assumption. They argue that management combines analytical and theoretical insight with strong doses of action-orientated organizational skills and personal values and purposes – softer inputs which do not lend themselves easily to research based on the scientific method alone. Inductive rather than deductive approaches are often therefore called for. Unfortunately, neither the partisans of theory-based research nor the partisans of practice-based research (often also case-oriented teachers) are completely right. There is not only room for both, but the two have to be, and will be in the future, tied more closely together. We speak easily of R&D in industry itself, but curiously only of ‘R’ when we talk of innovation originating in the business school. And if anything there is now too much ‘R’ and too little ‘D’. There is room, of course, for basic research in management just as there is room for this in medicine or in other fields. Where would medical research now be without underlying work in the life sciences? And yet where would medicine be today without the intensive research that originates in the great teaching and research hospitals as they work with real patients in complex diagnostics and treatments? The two go together, hand-in-glove, something that the management education industry has so far failed to achieve. What will be needed are faculty who are as comfortable in the office of the CEO as they are in the halls of academia – and in all probability willing and able to pass this on to a generation of new student managers as they go along. In all probability they will draw for insight on the vast and growing pool of cases, practice-oriented student projects and company-specific programs at least as much as on specially designed research projects. And indepth ‘clinical’ research in a few strongly contrasting situations is likely to precede the statistical testing of data from large cross-sections. The reason is easy to understand: stronger conceptual frameworks than we currently have available are needed to tackle today’s complex issues. Strange to say, this type of research is not necessarily ‘cross-disciplinary’ as many people imagine. It is likely to have a new integrative discipline all of its own, and this discipline will probably have its roots in other branches of human endeavor such as the arts, sciences and other professions, at least as much as
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in the underlying ‘disciplines’ of management such as economics, social sciences and quantitative methods.
Growing Requirement for Leadership Twenty years ago, Harvard Business School professor John Kotter said ‘many companies are over managed and underled’. What was true then is doubly true today as accelerating change on the one hand and ever-more decentralized decision making on the other multiply the need for forwardlooking, initiative-taking leadership further and further down the corporate hierarchy. Managerial competences in accounting, finance, people management, marketing, operations and strategy making, are as important as ever, but have increasingly to be coupled with leadership skills. These leadership skills are not just the human capacities needed to build and lead people, teams and organizations, but the much broader skills needed to define and resolve today’s and tomorrow’s leadership challenges. From the business school perspective there is therefore a growing requirement not only to develop competences, but to use these competences to resolve complex leadership challenges (the more difficult reverse side of the coin). As we have seen in the discussion of teaching application and relevant research, while competences tend to be more unidimensional, challenges are multidimensional, complex and often chaotic in form. They combine ‘thinking’, ‘doing’, and ‘being’ dimensions of leadership. Learning agendas in business schools have advanced steadily over the past decades from study of underlying management disciplines to the development of functional management competences, to (in the best schools) broad general management education. But for many, confrontation of the student with the real challenges of leadership in an increasingly global, technological, and complex world will require a further step-change in approach. Among the most pressing leadership issues the schools are being asked to address in both their teaching and research are: how to combine short-term financial performance with long-term sustainable growth and profitability; how to balance trends to greater decentralization with new leadership and governance principles from above; how to assure high organizational performance at lowest cost and highest operating speed; how to operate across diverse cultures; and how to balance ethical leadership responsibilities for individuals and society with the primordial need to remain competitive in a rapidly changing world. The need to shift weight from pure managerial competence building to leadership concerns will be a tall order for many of today’s business schools. Particularly difficult will be mastery of the new learning approaches which
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will be needed as emphasis shifts from purely analytical skill-building to action skills and the development of self-awareness, purpose, and values. The current shortcomings detailed above in the application end of teaching in general, and in the relevance gaps in research, will be exacerbated. Only a real revolution will correct this, and it is to this yet barely perceivable revolution that we now turn.
Signs of Upheaval A number of phenomena can already be observed which foretell fundamental change: Inside the world’s business schools there is an increasing polarization of opinion and direction concerning the way forward: business schools are under attack not only from without but from within. Many are electing to stay, safe and sound, in their ivory tower research environment and to ignore the signals from practice. Others, believing that getting close to practice means nothing more than inviting practicing executives into their classrooms to lend an air of reality, are ignoring the need for developing innovative teaching processes and insightful practice-oriented research. Whether or not a business school has elected one or other of these extremes, like it or not, most find themselves confronted with new and increasing demands for customized programs for individual companies. Customization is of course a very relative term. It can range from the simple repetition of an open program for an exclusively company audience, to the piecing together of existing educational modules, to a true attempt to answer company issues. Seldom does it go as far as it could or should, with really new forms of joint creative thinking by professors and executives concerning new challenges, and putting of newly-conceived solutions into practice. Interestingly the new pressures for application and relevance from the corporate world, and the financial rewards dangling for those who chose to follow, have caused schizophrenia inside many theory-oriented research schools. Faculties have become divided, with juniors concentrating on fulfilling academically-orientated research goals, and seniors, with more practically-oriented teaching skills, teaching heavily in company and executive education programs. Their research tends to be limited, and if they do it at all it is to support teaching. In only a handful of institutions are the two working in balance, and is there a balanced teaching and research agenda. Perhaps even more telling, industry itself, finding that most business schools do not get close enough to their own real problems has launched itself headlong into management education. So-called corporate universities or corporate academies are already very well established in the US,
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and there is hardly a large multinational company in Europe that does not have one already or is not planning to launch one. Alas, few if any of these new corporate learning institutions are able to deal effectively with the three main challenges that are outlined above. Their strength lies in the application of learning to corporate specifics; their weakness is at the generic end of the learning spectrum. By having their own executives to talk about the specific complex leadership challenges they confront, these institutions often fail to deliver the broader research insights from other companies and sectors which can provide new ways to think about their own issues. We could well imagine that a corporate university linked uniquely to a progressive business school might combine the best of both worlds. The corporate university could then become the essential point of contact and interaction between faculty members and corporate executives, bringing faculty teaching and research to bear on corporation’s own problems. Polygamous relationships with multiple schools and their professors, today’s most common formula, are likely to remain far too much at arms length to do the needed job. Another new entrant in the management education landscape, presaging further change in the future, is the consulting company. The household name consultants bring three strong credentials to the party: first, most have excellent relationships with senior line management, and unlike the business schools, which often find themselves talking primarily to the human resource side of the organization, they can go right to the point where development budgets are decided; second, they have a natural and ongoing machinery for developing new insights across many sectors and companies in the shape of projects they do for their clients; third, as consulting business itself has become more client orientated, they frequently find themselves asked to shepherd implementation of the changes they have recommended. Some have already taken the next logical steps – to codify project experience in company research publications (such as the McKinsey Quarterly) and to facilitate teams in implementation – a process very close to the downstream application of management development in the business school. Their strength is also their weakness. At heart they are consultants not educators or researchers, and their value added and revenue stream is essentially consulting-based. There are of course also other new entrants who will not be dwelt upon here. Brokers are packaging professors and programs and acting as middlemen between schools and companies (Duke’s corporate learning center, and The Learning Partnership are just two notable examples). Whether the brokers’ ‘pirating’ of the intellectual property of the business schools is sustainable over the long term remains to be seen. And there are many new
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IT-based distribution organizations also competing for a share of the executive education and MBA market. They concentrate rightly on streamlining learning approaches for more standardized educational tasks, and do not usually develop new content insights through original faculty research.
The Shape of the Revolution to Come When the European School of Management and Technology (esmt) was founded in late 2002, we all recognized, founding fathers from the German corporate world and the very small starting faculty team alike, that this was a great opportunity to do something truly new and different. The early signs of an impending revolution in the management education industry were already apparent, and the opportunity was to capitalize on these changes and accelerate them further. We foresaw that although the supply side of the market was changing dramatically, there was still a widening gap to be filled. We perceived an ever-more segmented market and an ever-more differentiated supply with case methods school, theory-based research schools, corporate universities, consultants, and brokers, all playing important niche roles. But we believed that none had yet fully recognized the lessons that the Bauhaus and the great teaching and research hospitals had taught us, namely the pursuit of a genuine and deep relationship between theory and practice – in teaching, research, and direct practice development. Then were three main conclusions. First, the coming revolution would demand a much closer relationship between the corporate world and the business school world than had ever been seen before. It would have to involve a true working partnership between faculty and corporate executives. Second, we had to retain strong theoretical roots while pushing forward into practice in both teaching and research. The diagram (see page 150) defines graphically what we had in mind. On the right hand side of this diagram we envisioned a tight symbiosis between the specific application of teaching to practice (which we called ‘educational consulting’), the extension of practice-based research to actual practice improvement (which we called ‘practice development’) and practice itself. The interaction of the three circles parallels completely the allin-one processes of the Bauhaus combining as it does teaching, research and new practice development together. The left hand side of the diagram shows how we wish to draw on generic teaching and basic theory to enrich our understanding of practice and in turn to allow the enrichment of generic teaching and theory through the continual interaction with practice itself.
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Fig. 1. Teaching, Research and New Practice Development as an All-in-One Process
Our third conclusion was that we had to build a very different kind of faculty team that together would be capable to bridge over the gaps that we could see in the existing business school-practice structures, and which was unlikely to exist in any of the current or future new entrant institutions. That meant individuals who would have a deep interest and experience in practice combined with strong theoretical and conceptual ability, but also those who could excel in bringing new ideas into practice, who could stand back from this to draw research conclusions, and who could develop managers. We knew from the beginning that this would be difficult if not impossible to find in every single faculty person, and that some kind of hybrid faculty, mixing individuals with different skills, would be necessary. We asked ourselves whether Leibnitz’s famous ‘theoria cum praxi’ well described what we were aiming for, and decided rather for ‘praxis cum theoria’. And we felt rather certain that if there were to be a revolution in management education, there would be no better place to launch it than in Germany, with its excellent reputation for management and its disciplineoriented approach. The close relationship to the giants of German industry since the founding of esmt provided the catalyst.
Specific Steps Putting these broad ideas into practice is a continuing process, and we have been learning as we go along. One early conclusion was that we had to do it rather than talk about it, since a certain skepticism from some existing
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institutions and from the press accompanied our steps forward from the very beginning. Today esmt is well on the road and it may be helpful to others who plan to embark on a similar path to understand how the broad ideas have been translated into practice in some important areas. First, we have made every effort to develop very close working relationships with our founding companies and to join faculty closely to their executives. This is a never-ending process but we have made a good start at several levels – at the board level, at the senior HR level, and at the executive level. This has permeated programs, project work, customized education and case writing. We know we have to go much further with this than any school before us has managed to do, and that our unique deep relationship with the co-founders in German industry gives us a good head start. Second, we have chosen to make leadership and the challenges of leadership in the 21st century a leitmotiv of the school’s activities. Here we do not talk about leadership only at the top, but the leadership and governance systems that will be required up and down the modern corporation as responsibilities are diversified and decentralized. We make a specialty of the transition of functional executives, and especially technical executives, to more general leadership responsibility. ‘Learning for leading’ was adopted as our now well recognized slogan. Third, we embarked early in developing a strong company specific line of business. We named it ‘customized solutions’ not company programs, to indicate that we wanted to push beyond education to educational consulting and genuinely to influence practice. We could see in this the long term potential for our research effort as well as our revenue stream. We are still one of the only business schools to organize this business into four practice-areas, much as management consultants do in approaching their business. Today esmt has faculty teams dedicated to four sectors: technology business; infrastructure business including telecoms, transport and utilities; financial services, and lifescience-based industry, mainly pharmaceuticals at the moment, but probably biotech and food in the future. Fourth, we have formed a hybrid faculty of faculty professors on the one hand and faculty professionals on the other. All faculty perform the same four basic tasks but in different proportions. Faculty professors have teaching and research as priorities but are also substantially engaged in business development and institution building; faculty professionals have program management and business development as priorities, but are also engaged in teaching and research. Much like the Bauhaus where the creative skills of artists such as Kandinsky and Klee were combined with the craft skills of practicing architects, designers and graphic artists, esmt combines a hybrid faculty to join theory and practice in all its processes.
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Fifth, in renovating the main esmt campus (the former Staatsratsgebäude, a building used by the former East German government and located at Schlossplatz 1, Berlin) we have created not only classroom and study room spaces as in other business schools, but we have also created extensive workshop areas where executives can work in teams on their own real problems under the mentorship of faculty. These spaces parallel closely the workshops of the Bauhaus. Sixth, the Bauhaus concepts have been implemented in all esmt programs, but differently. The easiest implementation has been in companyspecific programs where participants from the same company work in teams directly with faculty to develop new solutions to company problems. In open executive programs, either project teams are formed from a mix of participants working on one sponsoring company’s issue, or individuals work under supervision on their own individual project. The goal is high impact for the sponsoring company as well as high impact learning for the individual student. For MBA degree students, esmt has pursued three different paths: Masterclasses are held once per month with the CEOs of founding companies or other companies; six week-long company projects have been undertaken with the support of founders, and field trips to China, India and Mexico have been hosted by esmt founder company foreign subsidiaries. In all these, there are practice improvement inputs for the company, learning for the students, and research insights for esmt faculty. Last but by far not least, the school has set an ambitious research agenda to support its overall positioning and to develop a reputation for excellence in two chosen fields. Both are reflected in the name of the school. The first concerns European competitiveness and the competitiveness of European firms in the global marketplace; the second concerns the increasingly important interfaces between technology and management, particularly with respect to innovation. But at least as important as the topics are the processes we use to draw research insight. These include insight from case development, from case teaching, from student project work with companies, and from customized programs, as well as specific research projects in each of the two fields. All research is intended to cover the wide spectrum between theory and practice and to be relevant to both ends of this spectrum, as well as to the school’s teaching agenda. A revolution in business education is in the making. The European School of Management and Technology is well positioned by its founding history as well as its current initiatives to make a contribution to bringing this needed revolution about.
3.3
The Human Asset: Mehr als ein Schlagwort für erfolgreiche, innovative Unternehmen
Massimo S. Lattmann, Sita Mazumder
Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. (Antoine de Saint-Exupéry;1900–1944, französischer Schriftsteller)
„Kultur – Strategie – Struktur“ Vor dem Hintergrund der klassischen Trilogie „Strategie – Struktur – Kultur“ sind die zentralen Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens die Innovation – und damit verbunden die Unternehmenskultur – sowie die entwickelte Unternehmensstrategie. Unternehmensinnovationen werden entscheidend durch die Unternehmenskultur, welche auf dem Human Asset basiert, beeinflusst. Eine von Pluralismus geprägte Unternehmenskultur regt zu Innovationen aufgrund des vorhandenen heterogenen Ideenreichtums an. Verschiedenartige Denkweisen und Skill Sets, verbunden durch positive, nicht unbedingt konfliktfreie Kommunikation erleichtern die Problemlösung. Unternehmenskultur und Unternehmenskommunikation werden durch die Menschen geprägt. In diesem Sinn spielt, wie später noch aufgezeigt wird, die Personalstrategie eine tragende Rolle, da diese bestimmt, wie das Humankapital selektioniert und entwickelt wird. Strategieentwicklung und -umsetzung werden in reiferen Unternehmen von den Mitarbeitern geprägt, bei der Unternehmensgründung legt der
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Massimo S. Lattmann, Sita Mazumder
Gründer beziehungsweise das Gründerteam mit seiner, wenn häufig auch nur intuitiv verfolgten Unternehmens- und damit verbundenen Personalstrategie den Grundstein für diesen sich befruchtenden Kreisprozess zwischen Unternehmenskultur und Unternehmensstrategie. In einem solchen Sinn kann bei Strategie und Kultur von der klassischen Problematik „Chicken and Egg“ gesprochen werden. Ungeachtet, was zuerst war respektive kommt, stellen Strategie und Unternehmenskultur die massgeblichen Erfolgsfaktoren innovativer Unternehmen dar. „Stimmen“ diese zwei Faktoren, so scheint es, dass alle übrigen mit der Unternehmensführung zusammenhängenden Probleme einfacher gelöst werden können. Weshalb wir zu dieser Überzeugung gelangt sind und wie Schlüsselworte wie: The Human Asset, Unternehmenskultur und -strategie, Menschenführung und Erfahrung sowie Unternehmensstruktur zusammenhängen, wird nachfolgend verdeutlicht.
Unternehmerische Führung und unternehmerische Erfahrung In der unternehmerischen Führung ist der Mensch der zentrale Faktor. Egal in welchem Zusammenhang oder in welcher Form ein Kontakt oder eine Handlung erfolgt, stehen letztlich immer Menschen dahinter. Obwohl auf dem Gebiet der Humanwissenschaft einiges an Forschung betrieben wurde und am Laufen ist, handelt es sich nicht primär um logisch deduktierbares, sondern vielmehr um empirisches Wissen. Entsprechend sind in diesem Kontext Erfahrungswerte zentral wichtig. Der Stellenwert der Erfahrung drückt sich auch darin aus, dass vermittelte Erfahrung weder Lernkosten noch Opportunitätsverluste aufweist, hingegen sind eigene Erfahrungen stets teuer. Von Erfahrungen anderer zu profitieren bedeutet deshalb Kosten zu sparen respektive Opportunitätskosten zu vermeiden. Welch zentrale Bedeutung Erfahrungen haben, zeigt auch das Beispiel von Vinton Gray Cerf und Google. 2005 holt Google Vinton Cerf, den „Father of Internet“, als Vizepräsident und „Chief Internet Evangelist“ an Bord. Träger dieser Erfahrung ist immer der Mensch.
Unternehmen als komplexes Gebilde Jedes Unternehmen nimmt gleichzeitig verschiedene Rollen wahr. Ein Unternehmen ist eine soziale Institution, eine Geldmaschine, eine Schicksals-
3.3 The Human Asset
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gemeinschaft, es ist Träger wirtschaftlichen Handelns und vieles andere mehr. Die Daseinsberechtigung eines Unternehmens ist in der Erzeugung von (Kunden-)Nutzen begründet. Der erwirtschaftete Gewinn gilt dabei als Messinstrument. Ein Unternehmen hat verschiedene Facetten. Es ist ein multifunktionales Gebilde, und je nach Ausgestaltung kommen gewisse Aspekte mehr oder weniger zum Vorschein. Das Unternehmen generiert für die Eigentümer Shareholder-Value, für die Kunden Kundennutzen, dem Staat dient das Unternehmen als Steuerlieferant und als Good Corporate Citizen ist es Teil der Gesellschaft. Wesentliche Substanz eines jeden Unternehmens sind die Menschen. Mit andern Worten, von welcher Seite das Gebilde „Unternehmen“ durchleuchtet wird, im Innern sind immer Menschen – das Human Asset. Diese müssen sich organisieren und Nutzen für die Stakeholder und Shareholder des Unternehmens generieren. Als Resultat daraus ist jedes Unternehmen untrennbar mit seinem Humankapital verbunden.
Unternehmenskultur Grundlage der Unternehmenskultur sind die von allen Unternehmensmitgliedern gemeinsam geteilten Werte und Normen. Diese sind von den einzelnen Mitarbeitern so stark internalisiert und vertreten, dass sie in deren Denk- und Verhaltensmuster gelebt werden. Unternehmenskultur prägt alle wichtigen Aspekte des Unternehmens, das konkrete Verhalten der Organisationsmitglieder, die Umgangsart von Mitarbeitern, die gemeinschaftlich gepflegten Gewohnheiten und Sprachregelungen. Der Unternehmer ist der Ursprung (Seed) der Unternehmenskultur. Er ist der erste Träger des strategischen Gedankens des Unternehmens. Aus diesem strategischen Gedanken und aus den Werten des Unternehmers entstehen die Werte des Unternehmens, die später rückwirkend die Unternehmenskultur prägen. Einem steten Kreislauf von Unternehmenskultur und Unternehmenswerten entspringen wiederum die Strategien des Unternehmens, die der Unternehmer wegweisend mitbeeinflusst. Der Entrepreneur und mit ihm verbunden Entrepreneurship spielen nicht nur bei Start-ups eine zentrale Rolle. Auch für bestehende Unternehmen gewinnt Entrepreneurship als Prozess zunehmend an Bedeutung. In der sich schnell ändernden Unternehmensumwelt des 21. Jahrhunderts antizipieren entrepreneurial Manager besser zukünftige Risiken und Chancen. Um den „Entrepreneurial Spirit“, das heisst eine unternehmerische Unternehmenskultur, innerhalb einer bestehenden Organisation zu wecken, müssen dynamische, interne Märkte für Ideen, Kapital und Talente geschaffen werden.
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Massimo S. Lattmann, Sita Mazumder
Obwohl Unternehmenskultur als wenig erfassbar erscheint und nicht einfach zu quantifizieren ist, haben unsere eigenen Erfahrungen sowie zahlreiche Berichte und Studien gezeigt, dass es sich hier um einen Schlüsselfaktor eines erfolgreichen Unternehmens handelt. Die Unternehmenskultur in einem Industrieunternehmen prägt zum Beispiel die Kreativität in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die Präzision einer Engineering- und Produktionsabteilung, die Umsetzungsstärke in der Verkaufsorganisation, die Zuverlässigkeit von Kundensupport usw. Analog gilt dieser Umstand in allen Branchen, das heisst für sämtliche Unternehmen. Natürlich existieren beliebig viele verschiedene Kulturen, für jedes Vorhaben, für jedes Unternehmen gibt es eine passende Kultur. Allen langfristig erfolgreichen Unternehmen gemeinsam ist jedoch die Klarheit und Ehrlichkeit der Kommunikation der gemeinsamen Werte und Normen, denn nur dann lassen sich diese auch leben. Die nachhaltige Umwandlung der Unternehmenskultur bedarf eines meistens langen Horizonts. Hier hat eine Geschäftsleitung kurzfristig mit der Umgestaltung der Strategie mehr Chancen. Ein wenig erfolgreiches Unternehmen kann durch eine neue, bessere Unternehmensspitze verbessert werden. Diese kann zum Beispiel bei Turnaround-Fällen durch schockartige Massnahmen kurzfristig eine gewisse Änderung der Unternehmenskultur bewirken. Das Unternehmen wird aber allein aufgrund solcher Massnahmen selten zum nachhaltigen Star – dazu bedarf es eines durchgängig qualifizierten Humankapitals.
Menschenführung Die (Menschen-)Führung in einem Unternehmen, verstanden als zielorientierte Einflussnahme zur Erfüllung gemeinsamer Arbeiten, hängt entscheidend von der Unternehmenskultur ab – umgekehrt prägen die von der Unternehmensspitze ausgestrahlten Führungsprinzipien stark die Unternehmenskultur. Der Führungsstil der Leaders hat deshalb kohärent mit sich selber zu sein, wobei Delegierung, Ziele und Kontrolle im Ausgleich stehen müssen. Erfolgreiche Unternehmen scheinen dabei nach dem Grundsatz „hart mit dem Problem, sanft mit der Person“ zu operieren. Nach diesem Grundsatz sind Person und Problem bei der Problembewältigung zu trennen. Dies verdeutlicht, wie zentral wichtig das Zusammenspiel der Mitarbeiter untereinander wie auch mit dem Management ist. Ist dieses Zusammenspiel auf der zwischenmenschlichen Ebene beeinträchtigt, so folgt daraus ein direkter Nachteil für die Unternehmenskultur und damit auch für die
3.3 The Human Asset
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Entwicklung des Unternehmens. Umgekehrt resultieren bei einer natürlich ungetrübten Zusammenarbeit eine positive Rückkopplung und Dynamik, was dem Unternehmen auch ökonomisch zugute kommt. Betrachtet man die Interaktion zwischen Mitarbeitern und Management, so ist die Art der Führung für die Unternehmenskultur prägend.
The Human Asset Unternehmen stehen einem global verschärften Wettbewerb gegenüber, der sie zwingt, mit zunehmender Geschwindigkeit kulturelle, organisatorische, strategische und auch personelle Veränderungsprozesse zu initiieren und zu realisieren. Vor diesem Hintergrund hat sich auch das Verständnis von Personalmanagement im Laufe der Zeit verändert: vom Cost Factor zum Human Asset. Das stärkste Instrument der Unternehmensspitze, die Unternehmenskultur nachhaltig zu prägen, ist eine strategisch durchdachte und konsequent praktizierte Personalselektion, die aktive Bewirtschaftung des Human Assets also. Bei erfolgreichen Unternehmen hat sich wiederholt gezeigt, dass sich die Unternehmensspitze stark mit der Selektion ihrer Mitarbeiter befasst, im frühen Unternehmensstadium sich sogar persönlich dieser annimmt. Diese Wichtigkeit der Personalauswahl und -bewirtschaftung wird umso deutlicher vor dem Hintergrund, dass Menschen ihre Werte und Normen nur selten verändern, weshalb der Erfolg eines Unternehmens auf der Selektion der richtigen Leute basiert – die Mitarbeiter müssen zum Unternehmen passen und vice versa. Basierend auf der Unternehmenskultur ist ein Unternehmen in der Lage, die über den gemeinsamen Werten und Normen liegende Kreativität und Vielfältigkeit besser zu nutzen, anstatt zu versuchen, Persönlichkeiten zu normieren, was letztlich wieder zu einem gewissen Mittelmass führt. Auch manchmal eigenwillige, aber starke Mitarbeiter können in einem solchen Unternehmen aufgefangen werden. Auf das Mittelmass normierte Mitarbeiter werden jedoch auch in einem dynamischen Unternehmen in aller Regel nicht plötzlich zu initiativen Drivern werden. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Unternehmenskultur und Mitarbeiterselektion aufeinander abgestimmt sein müssen. Eine lose Organisationsstruktur mit viel Eigenverantwortung und relativ freier operativer Tätigkeit funktioniert nicht, wenn nicht aufgrund der Unternehmenskultur stark unternehmerisch denkende und eigenmotivierte Mitarbeiter selektiert werden. Andererseits bedingen gewisse Tätigkeiten, Funktionen oder Branchen unter Umständen stark strukturierte Prozesse und straffere Organisationsformen und entsprechend
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Massimo S. Lattmann, Sita Mazumder
ausgewählte Mitarbeiter. Die Selektion prägt massgeblich die Unternehmenskultur; hat sich eine solche etabliert, so prägt sie wiederum die Selektion zukünftiger Mitarbeiter. In diesem Kreis der Wechselwirkung entwickelt sich die Unternehmenskultur nachhaltig.
Unternehmensstrategie Am Anfang jeder unternehmerischen Tätigkeit steht die Vision. Diese wird in einem Geschäftskonzept und einer Strategie mit klar formulierten Zielen festgehalten. Zwischen den Zielen respektive der damit verbundenen Strategie und der Führung des Humankapitals besteht eine starke Interdependenz. Führung beginnt mit der Zielformulierung und deren Kommunikation. So verstanden ist Strategie die Kunst, in einer gegebenen Situation (Rahmenbedingungen, Ressourcen usw.) bei optimalem Mitteleinsatz den besten Weg zum Ziel zu finden. Dabei stammt der Begriff der Strategie ursprünglich aus der Kriegsführung. Dort hat die Strategie seinerzeit über Leben und Tod entschieden. Für die Unternehmen hat die Strategie ebenfalls eine existenzielle Bedeutung. Sie ist es vor allem, die, zusammen mit dem vorhandenen Human Asset, über Sieg oder Niederlage entscheidet, über Erfolg oder Misserfolg. Jedes Unternehmen hat zum Ziel, Werte zu schaffen, Nutzen zu generieren, erfolgreich zu sein. Strategie und Humankapital – als Formulierungs- und Umsetzungsfaktor der Strategie – sind die zentralen Schlüsselfaktoren für nachhaltigen Erfolg. Wie bereits verdeutlicht, ist die Personalstrategie dabei ein zentrales Element in diesem sich verstärkenden Kreisprozess zwischen Strategie und Kultur. Eine klar formulierte und unbürokratisch dokumentierte Unternehmensstrategie erweist sich immer als notwendig. Erst durch diese Ausformulierung werden wichtige Elemente der Strategie beziehungsweise die Aspekte ihrer Umsetzung richtig verstanden und erfasst: der Weg ist das Ziel. Bei der Formulierung der Unternehmensstrategie ist einer der am häufigsten begangenen Fehler, Daten respektive Trends lediglich zu extrapolieren, anstatt von Zeit zu Zeit neu zu evaluieren, um neue Grenzen abzustecken und Möglichkeiten zu ermitteln. Es gilt, zukünftige Trends zu erkennen, auszunützen und Chancen wahrzunehmen, insbesondere deshalb, weil durch die eigenen Möglichkeiten zukünftige Trends (mit)gestaltet werden. Unternehmensstrategie bedeutet somit die praktische Mitgestaltung unternehmensinterner und unternehmensexterner Entwicklungen. Von höchster Relevanz ist auch, Ziele und Strategien verständlich zu verfassen und zu kommunizieren (KISSPrinzip: keep it simple and stupid). Komplexe und umständliche Formulierungen können nicht verinnerlicht und deshalb auch nicht umgesetzt werden.
3.3 The Human Asset
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Bewältigung der Interdependenz von Zielen, Strategie und Führung folgende Punkte: • Führung beginnt mit der klaren Zielformulierung. Der Fortschritt muss an deren Erreichen gemessen werden. • Jedem im Unternehmen müssen diese Ziele geläufig sein. Nur so können die Mitarbeiter sich damit identifizieren. • Jeder im Unternehmen muss wissen, was er zu diesen Zielen beitragen kann und soll. Die Unternehmensziele müssen deshalb in Teilziele unterteilt werden. • Jede Änderung der Ziele muss begründet und erklärt und die Teilziele müssen entsprechend angepasst werden.
Unternehmensstruktur Unternehmen bestehen wie bereits dargelegt aus Individuen. Der maximale Nutzen für das Unternehmen wird erzielt, wenn deren Eigenschaften und Fähigkeiten voll zur Entfaltung kommen. Dies bedingt einerseits eine geeignete Unternehmenskultur, andererseits geeignete Strukturen und Prozesse, um deren Wechselwirkung im Ganzen optimal zu gestalten. Die Struktur eines Unternehmens, die Organisation also, ist Mittel zum Zweck und darf niemals Eigenzweck sein. Eine Organisation ermöglicht Aufgabenteilung und somit das notwendige Splitting der Ziele in Teilziele. Diese Gliederung ist eine Notwendigkeit, um grosse und komplexe Aufgaben zu bewältigen. Es ist die Identifikation mit den dem Mitarbeiter zugewiesenen und auch erreichbaren Teilzielen, welche die Bewältigung auch komplexer Unternehmensvorhaben ermöglicht. Die Übernahme dieser „Ownership“ für Teilziele und Problemlösungen motiviert das Humankapital und führt letztlich auch zu einer Identifikation mit dem Unternehmen. Ganzheitliche Unternehmensziele werden durch das geschickte Umsetzen von Teilzielen erreicht. Die Kunst dieser Zergliederung und der erneuten Zusammenführung zu einem Gesamtergebnis ist die Kernaufgabe jeder guten Organisation. Dies zeigt, dass die Struktur das Bindeglied darstellt, die Unternehmenskultur und Unternehmensstrategie zu verknüpfen.
Erkenntnisse Hervorragendes Human Asset und scharfes strategisches Denken sind die Erfolgsfaktoren innovativer Unternehmen. In der Rangordnung der klassischen
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Massimo S. Lattmann, Sita Mazumder
Trilogie Strategie, Struktur und Kultur, die wir um die Dimension der Innovation erweitert haben, bilden somit Kultur und Strategie die Urfaktoren. Zweifellos gehört ständige Innovation zu den zentralen Erfolgsfaktoren bestehender Unternehmen, um sich nachhaltig weiterzuentwickeln. Für Startups mit Wachstumszielen ist Innovation die Voraussetzung schlechthin. Fragt man sich nun, welche Rangordnung für Kultur und Strategie untereinander gilt, so haben wir dies in einem gewissen Sinne vor allem bei neu gegründeten Unternehmen als „Chicken and Egg“-Problematik beobachtet: Der Gründer (oder das Gründungsteam) bestimmt in diesem Fall sowohl eindeutig die Unternehmenskultur wie auch den strategischen Ursprung einer Firma. Es ist also eindeutig, dass „Structure follows Strategy and Culture“. Aber wie sieht es aus zwischen Kultur und Strategie? Aus unserer Sicht ist es nicht einfach, hier eine eindeutige, trennscharfe Rangordnung zu definieren. Dennoch, Strategie wird im weiteren Wachstum des Unternehmens eindeutig durch die zunehmende Anzahl mitarbeitender Menschen entwickelt und somit von der Unternehmenskultur stark mitgeprägt, sie hat deshalb eher den Charakter eines Produkts des Human Assets. Vor allem im heutigen Geschäftsumfeld ist eine kontinuierliche und rasche Anpassung der Strategie erforderlich. Dieser komplexe, iterative Prozess zwischen Aussenwelt und Unternehmen hängt letztlich von den Fähigkeiten und der Qualität des Human Assets ab. Dies führt uns zur Auffassung, dass der Schlüssel des Erfolgs in der Formel „Structure follows Strategy follows Culture“ liegt. Die Kombination dieser drei Faktoren in der richtigen Gewichtung und Interaktion produziert die innovative, erfolgreiche Unternehmung. Man muss allerdings erkennen, dass in gewissen Situationen – vor allem in der Anfangsphase einer Unternehmung – auch die Formel „Structure follows Culture follows Strategy“ gültig sein kann, nämlich vor allem dann, wenn die gewählten strategischen Gegebenheiten die Rekrutierungsstrategie und somit das Human Asset stark prägen. Dies ist vermutlich auch bei sog. Restrukturierungen der Fall. Wie die zwölf Cases in Lattmann, M.S. und Mazumder, S. „Erfolgsfaktoren innovativer Unternehmen. Entrepreneurship, Strategie, Kultur aus unternehmerischer Erfahrung.“ (NZZ Lobro Verlag, Zürich 2007) zeigen, ist für erfolgreiche, innovative Unternehmen der Human Asset der zentrale Erfolgsfaktor. Diese Erkenntnisse sollen mit den Worten von Carl Stork (Case Microsoft), welcher 1981 im Alter von 21 Jahren zu der damals noch in den Anfängen befindlichen Microsoft stiess, abgerundet werden: “A Piece of Advice from what I’ve learned at Microsoft and over the years. The following are the keys to success:
3.3 The Human Asset
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• Hire the smartest people you can (experience is less important). • Structure is least important, a good culture compensates structure. • Look at the people you have and their strengths and then adjust the structure to it. Don’t create an artificially perfect structure and then try to fit the people in it. • Make sure you do the right things (not so much do things right). • Continually rethink based on new information. • Flexibility is the advantage of small companies; use it to adjust.”
3.4
Die Chancen der Ungleichheit
Ulrich Bremi Alt-Nationalrat, Zürich
Die besondere berufliche Erfahrung von Herrn Professor Dr. Fritz Fahrni eröffneten ihm Einblicke in zwei Bereiche, die sich gegenwärtig voneinander entfernen. Die Wirkungsfelder und das Selbstverständnis von Verantwortungsträgern in Unternehmen einerseits und von Verantwortungsträgern in der nationalen Politik andererseits bewegen sich in gegensätzlichen Richtungen. Sie kennen sich zwar und sie sprechen sich mit dem Vornamen an, dazu ist unser Land klein genug. Aber sie denken in unterschiedlichen Kategorien. Deshalb verstünden sie sich selbst dann kaum, wenn sie sich wirklich für den realen Alltag des anderen interessierten. In stürmischen Zeiten von raschen technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen werden die Bedingungen für Menschen in gleichen Lebensräumen unterschiedlicher und damit konfliktbeladener. Vielleicht kann die Wissenschaft eine Brücke zwischen den verschiedenen Polen bilden. Fritz Fahrni hat es versucht, und er wird uns hoffentlich seine Gedanken zu den Chancen dieses zweiseitigen Wissens- und Erfahrungstransfers weiterhin darstellen. Zahlreiche grosse und mittlere schweizerische Unternehmen nutzen gegenwärtig die international starke Wirtschaftsentwicklung, um ihre Tätigkeit über einige ausgewählte Länder hinaus zu einem wirklich weltweiten Marktauftritt zu erweitern. Sie erweisen sich als risikobereit, entschlossen und umsichtig. Wenn es ihnen gelingt, die Chancen dieser Zeit wirklich zu nutzen, schaffen sie für den Standort Schweiz eine neue Realität. Wir könnten zu einem Land werden, das hinsichtlich wirtschaftlicher Entscheidungszentren, Forschung, Bildung und qualifizierter Arbeitsplätze eine weit wichtigere Rolle spielt, als es auf Grund seiner Grösse zu erwarten wäre. Diese erfreuliche Aussicht wird begleitet von der Erfahrung, dass damit unsere Politik und unsere schweizerische Gesellschaft diese neuen Realitäten verstehen und mittragen muss, wenn wir soziale Konflikte vermeiden
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Ulrich Bremi
wollen und unsere gestärkte Position auf die Dauer nutzen wollen. Es wird hier nicht versucht, einen umfassenden oder systematischen Überblick über die Herausforderungen zu erarbeiten, die diesbezüglich auf uns zukommen. Vielmehr ist diese Festschrift Anlass, um einige Gedanken dazu beizutragen, wie die heutigen Verantwortungsträger in Unternehmen und Öffentlichkeit diesen noch weitgehend schlummernden Prozess in Bewegung bringen können.
Erfahrungen von ausländischen Spitzenkadern auch politisch nutzen Seit der Öffnung von Grenzen und Märkten vor bald zwei Jahrzehnten haben ausländische Unternehmen namhaft in der Schweiz investiert. Dies wurde begleitet durch den Zuzug von Führungskadern aus vielen Ländern, die wertvolles neues Fachwissen und andere Erfahrungen mitbringen. Sie verstehen vielleicht unsere Sprache, aber sie kennen ihr neues persönliches und privates Umfeld kaum. Noch beträchtlich intensiver investierten seither schweizerische Unternehmen im Ausland. Eine Konsequenz davon ist, dass in unseren Konzernleitungen und Stäben immer mehr Ausländer arbeiten, die in grosser Zahl in der Schweiz wohnen. Auch sie bringen wertvolles Wissen und Können zu uns und sie und ihre Familien bemühen sich, ihr neues Gastland rasch kennen zu lernen. Gleiches geschieht an Universitäten, an Hochschulen und in Hauptsitzen oder Niederlassungen internationaler Institutionen. Die Schweiz beherbergt ein erfreulich wachsendes Potential an wirtschaftlich, wissenschaftlich und kulturell ausgebildeten Persönlichkeiten, die zu unserer Wertschöpfung beitragen. Wer hier viele ausländische Kader und deren Familien kennt, weiss sehr wohl, dass die meisten davon gern hier leben, sich einzugliedern versuchen und dass sie bereit wären, sich einerseits auch über den Beruf hinaus zur Verfügung zu stellen und dass sie andererseits das spezielle Wesen und Funktionieren dieses Landes kennen lernen möchten. Da steckt ein Defizit, eine ungenutzte Chance. Die Initiative dazu muss wohl von uns aus gehen: von den Behörden aller Stufen und den Unternehmen. Wenn eine Universität bedauert, dass ein hervorragendes ausländisches Mitglied ihres Lehrkörpers nach zehn Jahren integrationswilliger Anwesenheit zwar unsere Sprache gelernt hat, aber keinen hinlänglichen Zugang zu unserer Politik und ihren Prozessen gefunden hat, liegt das an uns. Warum nutzen wir nur das Fachwissen und nicht die Bereitschaft zu
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165
freiwilligem Engagement, das in ausländischen Unternehmens- und Hochschulkadern liegt?
Vertrauen, nicht Gleichheit Unsere wirtschaftlichen Spitzenkader beeinflussen die Politik auch ausserhalb der Verbände erheblich, oft unbewusst oder doch ohne definierte Absicht. Glücklicherweise gibt es hier wieder zunehmend eindrückliche Ausnahmen, die sich sehr bewusst mit schweizerischem Demokratieverständnis befassen und die politische Auseinandersetzungen und Diskussionen suchen. Oft aber leben Spitzenkader heute in einer Arbeitswelt, die wenig Nähe zum Erlebnisbereich der heimischen Politik hat. Von Montag bis Freitag arbeiten sie erfolgreich in den vielen Metropolen und tragen entscheidend zur Wertschöpfung ihrer Unternehmen und unseres Landes bei. Ihr Alltag ist konzentriert auf den Wettbewerb, in dem sie zu bestehen haben. Dieses faszinierende Berufsleben lässt an Wochentagen wenig Raum für Gespräche mit nationalen oder lokalen politischen Exponenten. Der CEO muss sich thematisch fokussieren und geografisch über alle Grenzen denken. Im Gegensatz dazu: Dem Gemeindepräsidenten sind geografisch enge Grenzen gesetzt, aber thematisch kommt ihm fast alles auf den Tisch, was Menschen bewegt. An Wochenenden leben aber beide dort, wo sie wohnen, wo ihre Familien und ihre Freunde sind. Dann treffen sie sich kaum und wenn schon, werden sie sehr deutlich spüren, in welch unterschiedlichen Welten sie leben. Liegt hier ein Grund, weshalb sich diese beiden Lebensbezirke nicht mehr verstehen, sogar oft provoziert fühlen? Anmassend auf der einen Seite, missgünstig auf der anderen. Dieser Graben kann für unser Land gefährlich werden. Exponenten der Wirtschaft, die in ihrer harten Arbeitswelt bestehen, sollen dafür Anerkennung, nicht Missgunst finden. Den genannten Graben werden sie aber selbst beheben müssen, weil sie früher auf die Leistungen der politischen Gemeinschaft angewiesen waren, weil sie es wieder sein werden und weil sie es im Grunde auch heute sind. Sie sollen der Öffentlichkeit ihre Welt und ihre Entscheide selber erklären, nicht erklären lassen. Und wenn sie nicht verstanden werden, liegt das nicht primär am Unverstand der Zuhörer. Sie sind für die Corporate Reputation ihrer Unternehmen verantwortlich, die in einer personalisierten Medienwelt abhängt von der öffentlichen Wahrnehmung der Leitpersonen. Da liegt auch die Chance: Herr und Frau Schweizer akzeptieren soziale Unterschiede,
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Ulrich Bremi
aber sie erwarten, dass diese Leitpersonen erstens Erfolg haben, dass sie sich zweitens persönlich Zeit nehmen für den Dialog und die Begründung ihrer Entscheide und dass sie ihnen persönlich vertrauen können, auch wenn sie eine andere Meinung vertreten.
Fachexperten an die Spitze? Die rasanten Erkenntniserweiterungen, besonders in naturwissenschaftlicher und technologischer Richtung, übersteigen sogar das intellektuelle Fassungsvermögen von hochbegabten Menschen. Deshalb suchen und befördern wir hervorragende Spezialisten. Eigentlich wissen wir schon lange, dass die nahtlose Karriere von Fachspezialisten in Leitungsfunktionen problematisch ist. Die Steuerung von komplexen Systemen und das Freilegen von menschlicher Energie verdrängen die frühere Bedeutung des Fachwissens. Wer sich nicht auf diesen Berufswechsel einlässt, riskiert als fachlich begeisterter Spezialist und als Dilettant der Vertrauensbildung zu scheitern. In anderen, vor allem anglikanischen Ländern, lebt noch die Praxis, dass leitende Kader ihre Karriere im Unternehmen für einige Jahre unterbrechen, um eine Funktion beim Staat, in der Verwaltung, an einer Hochschule oder in einer NGO zu übernehmen. Sie kehren dann wieder in die Privatwirtschaft zurück, mit unterbrochener Karriere aber mit bereichertem Lebenslauf. Viele Unternehmen fördern diesen Weg und gewährleisten die Rückkehr. Sie wissen, dass damit diese Leitungspersönlichkeit mit einer anderen Berufswelt konfrontiert wurde, die in Bezug auf Steuerung von komplexen Systemen ihren neuen Aufgaben näher liegt. Wir Schweizer möchten als Vorbilder hinsichtlich Milizeinsätzen gelten. Und wir tun es auch. Aber hier öffnet sich eine Lücke. Frühere Managergenerationen haben sich als Milizoffiziere monatelang zur Verfügung gestellt und dort an einer Art von Öffentlichkeitsdienst geschnuppert. Heute sind öffentliche Ämter mit wirtschaftlichen Führungspositionen schwer zu kombinieren. Es liegt am wirtschaftlichen Kader, professionell vollwertige Milizeinsätze zu finden, um den Milizgedanken nicht in die Nähe des Dilettantismus gehen zu lassen. Ist das ein Vorschlag dafür, ein besserer Mensch zu werden? Nein, sondern es ist ein Weg, den Anforderungen von wirtschaftlichen Leitungspositionen besser gerecht zu werden.
3.4 Die Chancen der Ungleichheit
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Politische Karrieren für Junge schaffen Die Politik steht vor einem gänzlich anderen Karriereproblem. Dort spielt das Spezialistentum keine dominante Rolle. Trotzdem: Wir hören wieder mehr Stimmen, die unsere nationalen und kantonalen Regierungsmitglieder nach fachlichen Kriterien suchen wollen, um sie dann auch explizit für die entsprechenden Fachdirektionen resp. Departemente einzusetzen. Vor dieser Art der Spezialisierung auf höchster Stufe ist zu warnen. Logischerweise müsste dann auch auf die kollegiale Verantwortung der Regierung verzichtet werden. Selbstverständlich durchlaufen auch Politiker in ihren Ausbildungen und Studien eine Spezialisierung, aber wir möchten an der Spitze nicht einführen, was wir in der Privatwirtschaft kritisieren. Anzusetzen wäre hingegen bei der Frage der Ausbildung von Politikern. Wir bilden selbstverständlich Richter, Diplomaten, Chefbeamte, die Chefs der grossen öffentlichen Betriebe seriös aus. Hiefür stehen uns die notwendigen Schulen zur Verfügung. Bei den Parlamentariern verlassen wir uns auf das qualifizierende Urteil des Stimmvolkes und das ist nach wie vor ein demokratischer Weg mit gesamthaft gutem Erfolg. Wenn hier von Ausbildung die Rede ist, ist damit die Zeit nach der Wahl gemeint. Wir hören und wir glauben es, dass unsere Räte quantitativ und qualitativ immer stärker gefordert und wohl auch überfordert werden. Wenn die zeitliche Belastung wächst, unterscheidet sich damit das Parlament nicht von anderen Berufen. Dann stellen sich Fragen der Organisation und der Kompetenzzuordnung. Wenn der Druck wächst, wird auch die diesbezügliche Fantasie wachsen. Ernst zu nehmen ist der Hinweis auf die Vielschichtigkeit und die Tragweite der zu fällenden Entscheide. Da kann durch den Mangel an Kenntnissen der Ratsmitglieder namhafter Nutzen oder Schaden für unsere Bevölkerung entstehen. Hier hat auch die Wirtschaft allen Grund anzusetzen. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, im Einzelfall einige LobbyOrganisationen darauf anzusetzen, gezielte Informationen und Überlegungen an die Volksvertreter heranzutragen. Wir sprechen gern von lebenslangem Lernen und wir tun es auch. Sollten wir nicht von unseren Parlamentariern erwarten, dass sie sich einem qualifizierten Weiterbildungsprogramm unterziehen, das ihnen hilft, sich eine Meinung zu bilden. Auch das braucht Zeit, aber es ist entscheidender, als die vielen zeitraubenden Diskussionen über Einzelvorstösse und -anfragen. Gleichermassen reformbedürftig ist die so sympathische Regelung der alljährlichen Auswechslung der Präsidialfunktionen in Regierung und Parlament. Solche Regelungen stammen aus der Lagerfeuerromantik der jungen
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eidgenössischen Demokratie, aber sie entsprechen nicht mehr dem Anspruch an Professionalität und Qualität der heutigen Arbeit. Kurze Amtsdauern bringen sicher den Vorteil, dass „alle einmal drankommen“. Aber sie sind zu kurz, um wirkliche Impulse zu setzen. Aus Angst vor einer falschen Ersetzung sollten wir nicht die guten Besetzungen ausschliessen. Im Zentrum dieser Überlegungen steckt die Beobachtung, dass uns in der Schweiz eigentliche politische Karrieren immer mehr fehlen. Was reizt eine junge qualifizierte Schweizerin oder einen Schweizer, eine politische Karriere zu ergreifen und dabei andere Optionen nicht völlig zu verlieren?
Vom Mut, kein Pessimist zu sein Dem Land und seiner Wirtschaft geht es im Moment recht gut. Umso erstaunlicher ist es, dass sowohl viele Wirtschaftskader und viele politische Kader von ihren Ängsten sprechen. Erstaunlicherweise hören wir von Wirtschaftskadern und politischen Kadern ähnliche Bedenken: • Im Berufsleben steht die Angst vor dem Unverstand der anderen im Vordergrund. Das ist die Konsequenz aus der Spezialisierung und den Horizontverschiebungen zwischen Wirtschaft und Politik. • Viele Bevölkerungsschichten äussern Angst, ererbte oder erschaffene Besitzstände, ihre Kultur oder Tradition zu verlieren. Dahinter steckt wohl, dass das Schutzbedürfnis grösser geworden ist als das Handlungsbedürfnis. • Aus liberaler Seite wächst die Angst, dass wir mit der Zeit nicht mithalten, zu langsam werden. Trauen sich unsere Exponenten nicht mehr zu, eine politische Reform auch nach dem Anstoss zu steuern? Die angesprochenen Defizite und Differenzen sind uns nicht von aussen aufgezwungen worden. Wir haben sie selbst gemacht oder jedenfalls zugelassen. Also können wir sie auch wieder beseitigen. Der hierzulande noch als chic geltende Pessimismus scheint nun langsam überwunden zu werden. Es ist auch höchste Zeit!
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Business Excellence: Der Mensch im Zentrum
Johann Niklaus Schneider-Ammann Präsident Swissmem, AMMANN-Gruppe
„Old Economy“: Exzellentes volkswirtschaftliches Rückgrat Ein Geschäft floriert bei guter Konjunkturlage nicht von selbst. Ein Unternehmen floriert in der Regel nur dann, wenn die Kundschaft vorbehaltlos zufrieden ist – auch in guten Zeiten. Diese Faustregel mag nicht für alle Branchen und Märkte gleichermassen zutreffen, aber sie gilt für eine stark exportorientierte Investitionsgüterindustrie, wie die schweizerische Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie), die 2006 – bei einem gesamten Warenumsatz von gut 86 Milliarden Franken – mit beinahe 70 Milliarden Franken oder 81% aus dem Exportgeschäft allein für knapp 40% des gesamten schweizerischen Exportgeschäfts verantwortlich zeichnet (Swissmem Panorama 2007). Diese stolzen Zahlen sind keine Ausnahmeerscheinung – in 10 Jahren sind die Exporte der Branche um über 20 Milliarden Franken gewachsen, der Exportanteil ist allerdings etwas zurückgefallen –, sondern sie sind das Resultat einer Strukturanpassung und nachhaltigen Entwicklung in der Branche. Mit gegen 320.000 Beschäftigten ist die Branche die wichtigste Arbeitgeberin in der Schweiz, und mit mehr als 8.700 Lehrverhältnissen allein bei den Mitgliedfirmen des Branchenverbandes Swissmem sind sich die Firmen des hohen Stellenwertes der Nachwuchsförderung bewusst. Die Entwicklung zeigt, dass die zeitweilig tot geredete „Old economy“ in einer sehr guten Verfassung dasteht und die kleinen und mittleren Unternehmen, welche die Branche prägen (rund 95% der Unternehmen der
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Johann Niklaus Schneider-Ammann
MEM-Industrie beschäftigen weniger als 250 Personen), ungebrochen zum Rückgrat unserer Volkswirtschaft zählen.
Business Excellence: Ein Puzzle Viele Kunden mögen mit einem guten Produkt zufrieden sein, anspruchsvolle sind es aber nicht. Gute Kundenbindung verlangt eine tadellose Gesamtleistung. Alles ist imagebildend: vom Erstkontakt bis zum Ende des Lebenszyklus eines Produkts muss ein Unternehmen überzeugen; Erscheinungsbild und Medienberichte erzielen ebenfalls ihre Wirkung. Professor Fahrni definiert Unternehmensqualität zu Recht sehr umfassend: „Hierin werden sämtliche Anforderungen aus Sicht der Kunden, der Mitarbeitenden und der Geldgeber sowie der Gesellschaft mitberücksichtigt“ (Fahrni, 2006). Der überzeugte Kunde vertraut einem Partner, der mehr als Lieferant ist, die Geschäftsprozesse beherrscht, laufend überprüft und optimiert. Vertrauen als Schlüssel zum Erfolg! Aber Business Excellence ist kein stabiler Zustand, sondern hat Optimierungspotenzial, denn sie verlangt einerseits klare Strukturen und Abläufe, andererseits aber Flexibilität in einem Mass, das kostenoptimierte Abläufe möglichst wenig beeinträchtigt. Umgekehrt misstraut jeder Kunde dem Lieferanten, wenn das Produkt die Erwartungen nicht erfüllt. Es hat in erster Linie bedarfsgerecht, robust und kostengünstig zu sein. Im Zentrum steht damit die Innovation, das heisst die Lösung des Problems eines Kunden unter Anwendung der dafür am besten geeigneten und erprobten Technologien und Methoden. Innovation wird sehr häufig rein technisch verstanden, greift aber so betrachtet zu kurz. Alle Prozesse, die ganze Unternehmensstruktur ist intelligent und einfach, vor allem lösungsorientiert – kundenorientiert – zu gestalten. Der wichtigste Prozess ist die Rekrutierung und Pflege der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn sie alle prägen die Unternehmenskultur und den Umgang mit dem Umfeld. Ohne sie hilft die beste Strategie nicht. Business Excellence als facettenreiches Bild, als Puzzle, bei dem im Idealfall kein Stück fehlt, weder in- noch ausserhalb des eigenen Betriebs. Zahlreiche Partner gehören mit ins Bild, denn kaum ein Prozess wird heute im Alleingang bewältigt, kein Produkt kommt ohne Zulieferung von geistigen oder materiellen Vorleistungen zustande. Partnerschaften sind nicht unproblematisch. Der Trend zur Verlagerung von Teilen der Produktion ist heute vielleicht weniger ausgeprägt als vor einigen Jahren, dafür liegen bereits Daten für die Rückverlagerung in der MEM-Branche vor. Eine Analyse basierend auf der European Manufacturing Survey zeigt, dass auf jede zweite bis sechste Verlagerung eine Rück-
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verlagerung von Teilen der Produktion erfolgte. Bezogen auf die Schweiz stehen drei Aus- etwa einer Rückverlagerung gegenüber. Hauptmotiv für die Auslagerung nach Osteuropa waren in erster Linie die Kosten, nach Asien zusätzlich starke Marktanreize. Bei den Motiven für die Rücknahme in die Schweiz stehen die Qualität, die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, sowie die Flexibilität und Lieferfähigkeit im Vordergrund (Dachs et al. 2006). Eine andere, MEM-spezifische Studie unterstreicht die Tatsache, dass die regionalen Unterschiede der Produktionskosten in Osteuropa sehr ausgeprägt sind (Blöchliger et al. 2005), Business Excellence also eine eingehende Situationsanalyse verlangt. Dieselben Autoren kommen zum Schluss, dass Innovationsfähigkeit, Regulierung der Produktund Arbeitsmärkte sowie Qualität der Infrastruktur eindeutig für den Standort Schweiz sprechen. „Business Excellence“ gehört auch in die Kommunikationsstrategie. Ein Beispiel: Viele Unternehmen haben Auswirkungen auf die Umwelt. Zahlreiche Vertreter der MEM-Industrie sehen sich mit Altlasten konfrontiert. Die Bewältigung der Vergangenheit und der Gegenwart sind ein Thema – in der Form von Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichten und „erzieherischen“ Massnahmen im Betrieb. Transparenz schafft Vertrauen!
Innovation Jedes Unternehmen mit einer langfristigen, nachhaltigen Perspektive benötigt eine Innovationsstrategie. Sie allein genügt aber nicht: Es braucht die entsprechende Unternehmens- und Innovationskultur. Das Personalmanagement muss der Grundstein im Innovationsprogramm sein.
„Open Innovation“ als treibende Kraft … Ziel jeder (technischen) Innovation sind erstens reibungslos funktionierende Prozesse und daraus hervorgehende Produkte, die den Vorstellungen des Kunden voll und ganz entsprechen respektive seine Erwartungen übertreffen – nicht mit „Features“, die er weder braucht noch bezahlen will – und zweitens vor der Konkurrenz gut geschützt sind und einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bringen. Dieses Ziel erreicht ein Unternehmen kaum, wenn es ausschliesslich auf sein eigenes Wissen und Können abstellt. Inkrementelle Prozess- und Produktverbesserungen allein sind eine schlechte Voraussetzung für einen Innovationsschub. Es braucht die Bereitschaft,
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neue Fähigkeiten und neues Wissen von aussen aufzunehmen. Geeignete Partner sind oft an Hochschulen zu finden; aber wie und wo suchen?
… in der Partnerschaft Innovation lebt nicht nur von Kreativität, Flexibilität, Engagement, kalkuliertem Risiko, Mut, sondern – wiederum – von Vertrauen: in die Partner. Innovationen hinterlassen auch Scherben, bergen Konfliktpotenzial, so wie es ein Investor ausdrückt: „Mit Innovationen will man etwas verändern. Man zerstört das Alte und will etwas Neues machen“ (Weiss 2007). Jede Öffnung birgt Chancen – und Risiken. Der „Risikofaktor“ Hochschule ist vielleicht schwer kalkulier- aber doch steuerbar. Die ureigensten Kerngeschäfte einer (universitären) Hochschule sind die Ausbildung von Nachwuchskräften und Forschung und Entwicklung. Darauf konzentriert sich die Professorenschaft. Noch heute gelten vor allem die Forschungserfolge als Leistungsausweis und werden entsprechend honoriert. Die Kooperation mit der Industrie ist im Allgemeinen weniger attraktiv. Oft fehlt den Forschenden der Wunsch, die eigenen Resultate verwirklicht zu sehen. Forschende sind also nicht per Definition innovativ, denn Innovation bedeutet gemäss Duden „Neuerung durch Anwendung neuer Verfahren und Techniken“. Innovation ist marktwirtschaftlicher Erfolg. So wenig wie kreativ und innovativ synonym sind, so ungleich verteilt sind die Interessen eines Professors, einer Professorin und eines Unternehmers, einer Unternehmerin. Die Kooperation über diese „kulturelle Grenze“ hinweg braucht deswegen keine besondere Portion Mut, sondern gegenseitiges Vertrauen, den Willen, Neues zu schaffen und ein gewisses Verständnis für die Ziele des Partners. Der Unternehmer muss die Kooperation aktiv mitgestalten, wenn das Resultat seinen Erwartungen entsprechen soll. Wie findet ein Unternehmen den richtigen (Hochschul-)Partner? Trotz der Unübersichtlichkeit und des Fehlens eines landesweiten Kompetenzkatalogs war es noch nie so einfach wie heute: Ein Anruf genügt, und die Sache kommt ins Rollen! Die Hochschulen haben vor Jahren Technologietransferstellen installiert, und ein Wirtschaftsverband wie Swissmem verfügt über das nötige Wissen und die Ressourcen, um die Mitgliedfirmen in Technologiefragen kompetent zu betreuen (Keller et al. 2007). Das bestätigt unsere Erfahrung. Ziel eines Unternehmens sollten längerfristige Beziehungen zu Hochschulen sein. Erstens ist nur das vertrauensbildend, zweitens lernt man auf diese Weise stetig und nachhaltig, drittens können so auch „Feuerwehr-
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übungen“ bewältigt werden, und viertens wird man im Zweifelsfall an eine geeignete Kompetenzträgerin oder einen Kompetenzträger weitergereicht.
… und im eigenen Unternehmen Eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit braucht es natürlich auch im Unternehmen – speziell bei einer Aufteilung auf verschiedene Standorte und (Unternehmens-)Kulturen. Die bekannten Reibungsverluste zwischen Abteilungen, die jede eine eigene Sprache spricht, behindern. „Not invented here“ bedeutet oft Innovationsverhinderung, obwohl diese Reaktion absolut unverständlich ist: „to invent“ (erfinden) ist in aller Regel kein Aktivitätsfeld der MEM-Industrie, sondern gehört an die Hochschule.
KMU als Individualisten? Studien belegen, dass die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) in der Schweiz mehrheitlich (zu rund 55%) eigenständig Innovation betreiben und damit im europäischen Vergleich den ersten Platz belegen. Bei den KMU, die mit anderen Unternehmen oder Institutionen im Bereich der Innovation kooperieren, liegt die Schweiz mit etwa 10% auf Platz 11 – vor Deutschland, den Niederlanden, Grossbritannien (Pastor Cardinet et al. 2006). Die Situation ist keinesfalls alarmierend, zeigt aber doch eine gewisse Neigung zu Individualismus und Abschirmung. Ist das die geeignete Strategie für eine erfolgreiche Zukunft? Die Autoren einer schweizerischen branchenübergreifenden Arbeit kamen zum Schluss, dass im Industriesektor fast jede dritte Firma aktiv Wissens- und Technologiepolitik betreibt (Arvanitis et al. 2006). Wissenschaftlich belegt ist auch, dass KMU, die im Rahmen der Förderung der Kommission für Technologie (KTI) und Innovation mit Hochschulen zusammenarbeiten, eine beträchtlich höhere Innovationsleistung aufweisen als ähnlich strukturierte Betriebe, welche keine derartigen Kooperationen eingehen (Arvanitis et al. 2004, Good 2005).
Der innovative Staat … Um einen Standort attraktiv zu gestalten und zu erhalten, braucht es einen innovativen Staat – keine erfinderische Regierung, sondern eine, die bereit
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ist, offen zu diskutieren, erfolgreiche ausländische Elemente zu studieren, sie in Erwägung zu ziehen und an die eigene Situation anzupassen. Kein Staat, der einfach kopiert, der aber sorgfältig abwägt und die sich bietenden Chancen nutzt. Verschiebt sich nicht nur das meteorologische Klima? „Hoch innovative Schweiz. Der Vorsprung schmilzt“ titelte die Neue Zürcher Zeitung im Februar 2007. „Leistungen der Schweiz im Innovationsbereich auf hohem Niveau konsolidiert“, war die Überschrift einer Medienmitteilung des zuständigen Bundesamts zum selben Thema, der sechsten Ausgabe des Europäischen Innovationsanzeigers (SII Summary Innovation Index 2006). Die Schweiz gehöre nach wie vor zur Spitzengruppe der innovativsten Länder, zeige aber „Ermüdungserscheinungen“, so die Diagnose dieses Innovationsanzeigers. Von „Abflachung“ ist die Rede: Die Zahl der innovativen KMU ist rückläufig und ihre Innovationsintensität lässt nach. Bereits bei der fünften Ausgabe des Europäischen Innovationsanzeigers wurden das Hervorbringen von hoch qualifiziertem Personal – vor allem im Bereich der exakten, Natur- und Ingenieurwissenschaften – sowie die Investitionen des Staates in Forschung, Entwicklung und Innovation – die Schweiz lag nur an elfter Stelle – als Schwächen bezeichnet (Pastor Cardinet et al. 2006). Beim Index „Innovation und Unternehmergeist“ schnitt die Schweiz 2005 hingegen hervorragend ab, und betreffend Innovationseffizienz lag sie klar an der Spitze. In Anbetracht der Studie von King (2004) ist diese letzte Feststellung überraschend, denn hier brilliert die Schweiz nicht mit einem besonders hohen „Return on investment“, sondern mit einem ausserordentlich hohen Anteil an herausragenden wissenschaftlichen Publikationen (Citation index) – oder anders ausgedrückt: mit einem eindrücklichen Resultat einer gut finanzierten Grundlagenforschung. Als Innovationshemmnisse aus Sicht der Schweizer Industrie stehen die Finanzierung und der Mangel an Fachkräften zu oberst auf der Liste – nicht anders als in zahlreichen europäischen Ländern. Als relativer Vorteil des Forschungsstandortes Schweiz im internationalen Vergleich wird sodann die starke Ausrichtung auf die Grundlagenforschung genannt (Arvanitis et al. 2005). Entscheidend ist aber aus volkswirtschaftlicher Perspektive die Stärke des Innovationsstandorts, die Umsetzung der Forschung in Innovationen. Hier ist die Schweiz schwach, eben nicht zuletzt weil der Staat den Löwenanteil seiner Förderung in die Grundlagenforschung steckt – eine völlig andere Strategie als sie zum Beispiel die (sehr erfolgreichen) Finnen verfolgen. Das Bild fällt also gemischt aus: Es fehlt wohl kein Puzzlestück, aber gewisse Teile sind etwas schwach. Die Zukunft sieht keineswegs düster aus, aber wir haben keine Zeit, um auf Lorbeeren auszuruhen. Der Wettbewerb unter den Ländern geht weiter, aktuell beispielsweise bei der Un-
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ternehmensbesteuerung, der Energieversorgung – vielleicht bald bei der Rohstoffversorgung? –, beim technischen Nachwuchs, den Ingenieurinnen und Ingenieuren. Die Innovationspolitik im weiten Sinn ist sehr vielfältig und facettenreich. Die Situation der Schweiz gleicht jener Deutschlands mit seiner rückläufigen Innovationsbeteiligung bei den KMU (von 66% Ende der neunziger Jahre auf 58% im Jahr 2003; Konstanz bei über 90% unter Grossunternehmen mit steigenden F+E-Ausgaben) und fallenden F+E-Aufwendungen in den KMU (Angaben der DFG), genau wie in der Schweiz. Auch in Deutschland ist die „kulturelle Schranke“ zwischen der selbstbestimmten Wissenschaft mit dem mehr oder weniger freien Austausch von Ideen, die sich fortlaufend ergeben, und der Industrie mit ihren klar definierten Zielen und der nötigen Vertraulichkeit nur mit vertrauensbildenden Ansätzen zu überwinden.
… und seine MEM-Industrie Die MEM-Industrie hat dem Globalisierungsdruck standgehalten und die Herausforderungen angenommen. Nach der Besinnung auf die Kernkompetenzen und der Fokussierung am Standort Schweiz auf höherwertige Segmente steht die Branche gestärkt und wettbewerbsbereit da. Die Schweizer MEM-Industrie ist im internationalen Vergleich Spitzenreiter mit der höchsten Stundenproduktivität und einer Entwicklung der realen Bruttowertschöpfung, die über dem gesamtwirtschaftlichen Mittel liegt (Steffes 2007). Das Resultat von Business Excellence! Ganz anders die Investitionen in Forschung und Entwicklung in der MEM-Industrie: Sie stagnieren, zeigen teilweise sogar abnehmende Tendenz, wie in der Subbranche Maschinenindustrie, bei der die Aufwendungen im Zeitraum 2000 bis 2004 sichtbar zurückgingen. Der Trend zur Kooperation mit Unternehmen statt Hochschulen hält an – alles Zeichen, dass auch in der Entwicklungsabteilung die Rentabilität und die Minimierung des unternehmerischen Risikos eine höhere Priorität erhalten haben. Das ist an sich nicht alarmierend, vor allem nicht angesichts des grossen Spektrums der F+E-Intensität der Unternehmen von praktisch 0 bis deutlich über 10%. Aber wir müssen uns doch selbstkritisch fragen, ob die MEMIndustrie ausreichend in ihre Zukunft investiert, ob der Fokus ihrer Entwicklungsarbeiten – Forschung im eigentlichen Sinn betreibt die MEMIndustrie nicht – genügend breit ist, ob in den Firmen der nötige Freiraum für Innovationen besteht und die richtige Unternehmenskultur herrscht. Innovationen können nicht verordnet werden. Sie entstehen, wenn kompetente,
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lösungsorientierte, hoch motivierte, loyale, kreative Ingenieurinnen und Ingenieure ohne übermässigen Zeitdruck arbeiten können und das Unternehmen gut vernetzt ist: mit Kunden, Lieferanten, geeigneten (Hochschul-)Partnern und sogar Konkurrenten, international selbstverständlich. „Coopetition“ ist das Motto, die Nähe von „Cooperation“ und „Competition“. Die Fähigkeit, Netzwerke aufzubauen und darin zu agieren, wird für die Zukunft als Kernkompetenz definiert (Gebauer et al. 2007). Unternehmerinnen und Unternehmer müssen Symbiosen schaffen; nur das verspricht eine nachhaltige Entwicklung. Wenn dies von der Schweiz aus gelingt, können wir unseren Werk- und Denkplatz Schweiz erhalten und weiter stärken. Studien zeigen, dass der Denkplatz Schweiz aus Sicht der MEM-Industrie nicht gefährdet ist. Die Auslagerung betrifft – neben der Produktion – die Konstruktion und das Detail-Engineering (Anpassung der Produkte an entfernte Märkte) sehr viel stärker als die Entwicklung. Mit zunehmender Internationalisierung der Produktion wird jedoch eine steigende Auslagerung der Entwicklung prognostiziert, wobei die kritischen Aspekte des Innovationsprozesses – wenn überhaupt – zuletzt verlagert werden (Gebauer et al. 2007). Als kritisch möchte ich hier auch die Rolle des Staates bezeichnen: Die viel diskutierten Rahmenbedingungen. Wenn wir mit den (Produktions-)Kosten am Standort Schweiz kompetitiv bleiben – unter Berücksichtigung der strategisch notwendigen Auslagerung von Prozessen – und uns die personellen Ressourcen nicht einschränken, stehen die Chancen für den Werkplatz Schweiz sehr gut. Um diesen Stand zu halten, sind wir auf die Verbände angewiesen. Sie geben Einzelinitiativen Gewicht, bündeln Ideen, verfügen über eine starke Stimme, mit der sie sich in Politik und Verwaltung Gehör verschaffen, wenn nötig mit etwas Druck. Wir sind auch auf die Sozialpartnerschaft angewiesen, denn der Arbeitsfriede ist ein wichtiger Pluspunkt für unseren Werkplatz.
Der Mensch im Zentrum Langfristiger Erfolg – das muss die Zielsetzung von Business Excellence sein – kommt nur zustande, wenn eine ganze Reihe von Faktoren am Standort stimmt, von der Leistungsbereitschaft über die Produktivität bis zum Service. Wenn nur ein Faktor „aus der Reihe tanzt“ – null ist –, geht die Rechnung nicht auf, ist die Multiplikation der Faktoren gleich null. Deshalb brauchen alle entscheidenden Parameter die Aufmerksamkeit von allen: Politik, Verwaltung, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen. Man kann die Sache drehen und wenden wie man will: Der Mensch bleibt im Mittelpunkt. Wenn ein Produkt oder ein Prozess Erfolg bringt, ist
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er dafür verantwortlich – aber er trägt auch die Schuld, wenn das von ihm geschriebene (Computer-)Programm fehlerhaft ist. Innovation steht und fällt mit dem Individuum. Der Kern jeder Innovation ist das Personal, die Personalentwicklung deshalb der Bestandteil der Geschäftsstrategie.
Business Excellence: Die Brücke zwischen Wirtschaft und Wissenschaft Wenn die Symbiose der Weg zum Ziel ist, dann sind Brückenbauer die zentralen Figuren; Brückenbauer, die in einem Sektor breites Wissen erworben haben, sich dann einem anderen Sektor zuwenden und dort ihre Erfahrung und ihr Netzwerk zum Tragen bringen und Themen aus der Perspektive des Praktikers angehen. Fritz Fahrni ist ein solcher Brückenbauer, der nicht zuletzt aufgrund seiner vertieften Kenntnis der Industrie und ihrer Mechanismen die Idealbesetzung für Business Excellence an der Hochschule war, den „Spagat“ zwischen St. Gallen (Universität) und Zürich (ETH) bestens meisterte und dank seiner Mitgliedschaft beispielsweise in der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften oder im Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierat sowie in unternehmerischen Gremien solide verankert ist und auf verschiedenen Plattformen Einfluss geltend machen kann. Business Excellence erreicht man nicht allein vom Bau theoretischer Gebilde. Gefragt ist die Umsetzung, sind Projekte mit der Industrie, wie das die Projektliste von Professor Fahrni sehr schön zum Ausdruck bringt: Kein Projekt ohne Wirtschaftspartner, Verwaltung, Fachhochschule – auch das ein wichtiges Bindeglied bei der Anwendung von akademisch erarbeitetem Wissen. Für Fritz Fahrni steht bei den Projekten der Nutzen für die Privatwirtschaft im Zentrum. So war er auch an der Umsetzung einer Studie über den Innovationsplatz Finnland beteiligt (Berwert et al. 2004), und auf seine Initiative hin ging daraus das Internationale Kompetenzzentrum für Innovation (ICCI) an der ETH Zürich hervor, ein Forschungs-, Lehrund Transferprogramm, welches das Wissen über Innovationsmanagement erweitern und damit Innovationen an sich ermöglichen will. Die Ziele des Zentrums sind bezeichnenderweise anwendbare Forschungsresultate und die Unterstützung des Know-how-Transfers und der Produktentwicklung. Ich danke Fritz Fahrni für sein unermüdliches Engagement. Seine Verdienste um die Business Excellence sind beeindruckend und nachhaltig. Der Mensch Fritz Fahrni hat sich durchgesetzt.
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Curriculum Vitae von Prof. Dr. Fritz Fahrni
Studienabschlüsse 1966
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1970
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1980
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Dipl. Ing. ETH: Maschinen-Ingenieur (III A) an der ETH Zürich im Dezember Dr. (PhD): Mechanical Engineering an der Illinois Institute of Technology, Chicago im Dezember Senior Management Program (SMP) an der Harvard Business School im Jahr
Berufstätigkeit 1967 – 1970
•
1971 – 1976
•
1977 – 1980 1980 – 1983 1983 – 1986 1987 – 1988
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1988 – 1999 2000 – 2007
• •
Illinois Institute of Technology, Chicago / USA: Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem NASA-Projekt Ciba-Geigy-Photochemie: Entwicklungsingenieur Fribourg (CH) und Brentwood (UK), Leiter Beschichtungstechnik Sulzer: Leiter Entwicklung Gasturbinen Sulzer: Leiter Hauptbereich Gasturbinen Sulzer Rüti: Leiter Produktbereich Webmaschinen Sulzer: Leiter Konzernbereich Textilmaschinen, Mitglied KL Sulzer: Präsident der Konzernleitung ETH/HSG Doppelprofessur für Technologiemanagement und Unternehmensführung
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Curriculum Vitae von Prof. Dr. Fritz Fahrni
Auszeichnungen und Ehrungen 1966
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1970
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1986
•
1988 • 1992 & 1997 • 1992 1995 1998
• • • • •
ETH Zürich: Gruppe bester Diplomanden des Jahres (2. Rang, Medaille) Illinois Institute of Technology and American Physical Soc.: PhD „summa cum laude“ Town of Spartanburg, S.C. USA: Mayor's Award for Entrepreneurship Bilanz: „Mann des Monats“ SBV – Exec. Education Program: „Best Entrepreneur/ Lecturer“ Politik und Wirtschaft: „Unternehmer des Jahres“ Cash: Erfolgreichster „Unternehmer und Sportler“ Illinois Institute of Technology: „International Distinguished Leadership Award“ Investor Weekly: „Innovator and Entrepreneur of the Month“ Swiss American Chamber of Commerce: Ehrenmitglied
Vortrags-, Forschungs- und Lehraktivitäten 1966 – 1967
•
1967 – 1970
•
1972 – 1976
• •
1977 – 1981
•
1982 – 1987
•
Unterrichts- und Forschungsassistent,ETH Zürich, bei Prof. Grassmann Forschungsassistent mit LehrauftragIllinois Institute of Technology, bei Prof. Lavan Lehrbeauftragter (Teilzeit)ETH Lausanne, bei Prof. Suter Wissenschaftliche Vorträge und Seminartätigkeit Verfahrenstechnik: CH, D, UK, USA, UDSSR Wissenschaftliche VorträgeTurbomaschinen: CH, D, F, UK, USA Betriebswirtschaftliche und unternehmerische Vorträge Textilmaschinenindustrie: weltweit
Curriculum Vitae von Prof. Dr. Fritz Fahrni
1988 – 1999
•
2000 –
•
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Vorträge über Unternehmensstrategie, Unternehmenskultur, Technologiemanagement, Qualitätsmanagement, Aus- und Weiterbildungsbelange, Wirtschaftsstandort CH/Europa: weltweit Publikationen, Vorlesungen, Transferprojekte gemäss Jahresberichten ITEM – HSG und TMU – ETHZ
Hobbies • • •
Sport (Moderner 5-Kampf), Bergsteigen (Sommer u. Winter) Gartenarbeiten und Hauswerkstatt Lesen und Musik hören