Tatsachen 301
Susanne Statkowa
Begegnungen im Gelobten Land
1. Auflage © Militärverlag der Deutschen Demokratischen ...
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Tatsachen 301
Susanne Statkowa
Begegnungen im Gelobten Land
1. Auflage © Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik (VEB) - Berlin, 1987 Lektor: Rosemarie Trebeß Umschlag: Bernhard Kluge Typografie: Ingeburg Zoschke ISBN 3-327-00441-2
Die Maschine der rumänischen Fluggesellschaft TAROM neigt sich zur Seite, zieht eine Schleife über dem strahlend blauen Mittelmeer, von dem sich in der Bucht gelb der Küstenstreifen abhebt. Einige Passagiere der Route Bukarest-Tel Aviv stehen schon ungeduldig auf, blicken hinunter. Plötzlich stimmt einer ein Lied an, andere fallen ein. Sie besingen in hebräischer Sprache die Rückkehr ins Gelobte Land. Ich klappe mein Buch zu, das ich nicht nur als Reiselektüre mitgenommen habe. Das Buch im gelben Leineneinband mit dem schwarzen Davidstern trägt den Titel: »Im Feuer vergangen - Tagebücher aus dem Ghetto«. Es sind fünf erschütternde Berichte blutjunger polnischer Juden. Die Stimme der Stewardeß unterbricht meine Gedanken. »Bitte schnallen Sie sich an, und stellen Sie das Rauchen ein. Wir landen in wenigen Minuten in Tel Aviv.« Auf dem Flugplatz erwarten mich zwei Genossen der Kommunistischen Partei Israels. Suhail, der junge arabische Mediziner, und sein Freund Toufik, der Kommunaltechniker. Beide sprechen gut deutsch. Auch Abu Toufik, Suhails Vater, ein progressiver protestantischer Gewerbetreibender arabischer Nationalität, ist mir zu Ehren mitgekommen, ebenso Abraham Zucker, ein israelischer Wissenschaftler. Alle umarmen mich mit lebhafter Herzlichkeit, nehmen mich wie selbstverständlich als ihren persönlichen Gast auf, obwohl ich diese Reise auf Einladung des Antifaschistischen Widerstandskomitees Israels unternommen habe. Abu Toufik meint, nach ein wenig Ruhe müsse ich mir zunächst einmal ihr Haifa ansehen. Dort seien sie zu Hause und dort solle auch ich wohnen, solange ich in Israel bleibe. Die Zeit eilt, ich habe viel vor, und so bin ich schon bald wieder unterwegs, bestaune den ewig strahlenden Himmel, lasse mich einfangen von den natürlichen Reizen des Landes. Haifa, die aus dem Mittelmeer geborene Hafenstadt, ist eine Perle, und ich kann verstehen, daß meine Gastgeber verliebt in sie sind. Ich steige vom Meeresufer die Serpentinen hinauf zum Carmel-Berg, durchwandere zunächst das obere, wohl schönste Viertel der Stadt, in dem einst auch der Schriftsteller Arnold Zweig nach seiner Flucht aus 3
dem faschistischen Deutschland während der Nazidiktatur gewohnt hat. Hier reiht sich Villa an Villa. Ein Garten ist schöner als der andere: Es grünen Kakteen, Palmen, Olivenbäume, Weinstöcke, Sträucher mit exotischen Blüten in prächtigen Farben ranken sich um Zäune und Bauten. »Weingarten Gottes« wurde der Carmel einst genannt. Mein Blick wird angezogen vom Blau der tiefliegenden Bucht, schweift über das Meer bis hin nach Akko, der alten arabischen Festungsstadt. Sonnenglast liegt über den etagenförmig angelegten Häusern zu meinen Füßen. Saubere Straßen schlängeln sich den Berg hinunter, und manchmal verbinden verschlungene, romantische Treppenaufgänge die Wohnviertel. Heute ist Jom Kipur, ein hoher jüdischer Feiertag, der stets am 10. des Monats Tischri, das heißt September, als Versöhnungstag begangen wird. Er entspricht aber nicht dem Versöhnungsgedanken christlichen Glaubens oder sogenannter heidnischer Religionen. Dieser Tag wurde vielmehr durch den Priesterkodex innerhalb des jüdischen Glaubens eingeführt, und zwar zur »Beseitigung jeder Verunreinigung des Heiligtums«. Sabbatruhe herrscht überall, strenges Fasten sowie ununterbrochenes Sühnegebet in der Synagoge sind vorgeschrieben, nichts »Unreines« darf getan werden. Die Geschäfte bleiben geschlossen, lediglich einige arabische Händler bieten unten in der Stadt ihre Ware feil. Den Gläubigen ist das Autofahren verboten, sogar die Busfahrten sind eingestellt. Hier oben auf dem Carmel ist man verzaubert, sieht soviel Schönes und kann kaum glauben, daß diese Stadt und dieses Land soviel Tragik, so viele aufrüttelnde Menschenschicksale vereinigt. Am nächsten Tag steige ich hinunter in das Werktagsgetriebe Haifas, gehe durch die engen Viertel, in denen die arabischen Bürger Israels meist in unzureichenden Wohnungen leben. Und ich bin entzaubert. Die Hektik, die Jagd nach dem täglichen Brot, die Angst vor Krankheit und Arbeitsstellenverlust verschleißen den Menschen. Davon kann auch der Fremde nicht unberührt bleiben, denn treffen sich Bekannte, beginnt das Gespräch fast immer mit der sorgenvollen Frage: »Was ist denn heute wieder teurer?« Die Preise für Grundnahrungsmittel, wie Fleisch, Brot, Zucker, Milch,
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Käse, Eier, steigen von Tag zu Tag. Israel hat die höchste Inflationsrate aller kapitalistischen Länder. Es verbraucht auf allen Gebieten des Lebens weit mehr, als es schaffen und produzieren kann, weil die herrschende Klasse dieses Landes, unterstützt von der zionistischen Ideologie, seit Jahrzehnten vordergründig nur ein Ziel kennt: den Eroberungsfeldzug gegen das palästinensische Volk und die Durchsetzung des zionistischen Planes eines »Groß-Israel«. Israel braucht Waffen, immer wieder Waffen. Dafür macht es als Vasall der USA-Imperialisten riesige Schulden. Und es braucht moderne Technik für seine Landwirtschaft und seine Industrie. In Warenhäusern, Geschäften und auf Märkten spürt man den Wettlauf nach einem günstigen Angebot. Riesige bunte Reklameschriften preisen unübersehbar Kreditgeschäfte der Banken an. »Wir leben alle auf Pump«, sagt mir Suhail bei unserem Stadtbummel. »Ein Bankkredit ist oftmals der rettende Strohhalm. Während sich die einen nur das Nötigste und viele, insbesondere arabische Bürger, nicht einmal das leisten können, fällt den anderen, den Reichen, die Wahl in den Luxusgeschäften leicht oder auch schwer, je nachdem, wie man es sieht.« In der Tat locken in den Straßen Tel Avivs wie Haifas berühmte Pariser Modehäuser wie Dior, Nina Richi und Helena Rubinstein, preisen ihr Angebot und haben ihre Kunden. Exklusive Kleider, Kosmetika, Schuhe, alles, was das Herz begehrt, sieht man in den Schaufenstern. Auch Delikatessen fehlen nicht, Leckerbissen aus den Küchen und Backstuben aller Welt sind für den verwöhntesten Gaumen da. Der Kontrast zwischen arm und reich ernüchtert und entzaubert auch den Gast - falls er die Augen nicht verschließen will - sehr schnell. Septemberabende bringen in Israel wenig Erfrischung. Dreißig bis vierzig Grad zeigt das Thermometer. Wir sitzen bei einem kühlen Trunk in der Wohnung des Genossen Toufik. Er lebt mit seiner Frau Anneliese, drei Kindern, der Mutter und der Schwester zusammen. Die Großfamilie ist in arabischen Kreisen vielerorts, besonders auf dem Lande, noch recht intakt und erleichtert das Überleben. Zu Ehren des Gastes hat Toufik Freunde geladen: Suhail, den jungen Mediziner, den ich schon am Flugplatz kennengelernt habe, Abed, einen Bildhauer, der in Dres-
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den studiert hat, und dessen Frau Judith. Die jungen Leute haben Kinder, und die stehen zunächst im Mittelpunkt des Gesprächs. Gerade war Djamila, die dreijährige Tochter von Toufik und Anneliese, in langem weißem Nachthemd in die Gesellschaft hineingeplatzt, Tränen in den großen dunklen Augen. »Sie hat wohl böse Träume gehabt von ihrem jüngsten abenteuerlichen Ausflug«, erklärt der Vater. »Sie ist gestern mit einem kleinen Freund aus dem Kindergarten davongelaufen, wollte die Großmutter besuchen.« Kindergarten - ein Stichwort für Judith: »Habt ihr gehört, was sie jetzt für einen Platz in einem kommunalen Kindergarten verlangen? Viertausend Lira!« Lira, so hieß während meines Aufenthaltes 1979 die israelische Währung, jetzt nennt man sie Schekel. 100 Lira sind 10 Schekel. 4000 Lira waren fast die Hälfte des Monatseinkommens, das Judith als Krankenpflegerin erhielt. Und diesen Preis für eine Halbtagsbetreuung eines Kindes! Wer kann sich das leisten? Suhails und Abeds Familien können es jedenfalls nicht. Aber Kinder arabischer Eltern sind in jüdischen Kindergärten ohnehin nicht erwünscht. Die Kinder meiner Gastgeber gehen daher vorläufig in eine Einrichtung, die mit Unterstützung der Kommunistischen Partei und der Demokratischen Frauenorganisation durch Spenden und in freiwilligen Arbeitsstunden geschaffen wurde. Dort betreuen zwei Frauen etwa 40 Kinder. »Ist nicht ideal«, meint Judith, »aber für uns ist es eine große Hilfe.« Denn nur so kann sie in der Klinik arbeiten und etwas dazuverdienen. Toufik ist ein fröhlicher Mensch. Am Lachen erkennt man ihn schon von weitem, sagen seine Freunde. Aber wenn es um die Grundfragen des Lebens in Israel geht, wenn - wie an diesem Abend - vom Unrecht am palästinensischen Volk und von der Unterdrückungs- und Ausrottungspolitik der zionistischen Begin-Regierung die Rede ist, wird er zornig, gebraucht vor Ohnmacht und Wut manch arabischen Kraftausdruck. »Wie wachsen unsere Kinder auf! Immer umgibt sie Haß, Angst vor Krieg. Ganz zu schweigen von der ständigen sozialen Unsicherheit, in der wir Araber leben.« Abed, der Bildhauer und Maler, sagt - und er sagt es sicherlich nicht zum erstenmal: »Araber und Juden könnten friedlich zusammen leben.
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Unsere Partei beweist es.« Die Kommunistische Partei Israels ist, das meint Abed mit seiner Äußerung, die einzige Partei des Landes, die Juden und Araber im Streben nach einer gerechten Lösung des Nahostproblems vereint. Diese Lösung kann nur lauten: dem palästinensischen Volk Eigenstaatlichkeit und Frieden! Die Araber und die Juden. Die Kinder Palästinas und die Kinder im faschistischen Warschauer und Lodzer Ghetto. Sofort steht gedanklich meine Reiselektüre wieder vor mir, das Buch im gelben Leineneinband mit dem schwarzen Davidstern, das von schrecklichen Qualen jüdischer Menschen berichtet. Und nun leiden in diesem Land Israel, das so viele wie ein Mekka der Gerechtigkeit aufsuchten, wiederum Menschen, leben auch Kinder in »einem Abgrund von Verbrechen«, wie Arnold Zweig sagte, »über dem die Zivilisation wie eine Brücke schwebt«. Wir sind in der abendlichen Freundesrunde beim Thema: Die jungen Leute erzählen vom Unglück palästinensischer Kinder und Mütter. Eine lange Kette von Verbrechen, des Staatsterrorismus. Vertriebene Familien, zerstörte Häuser, getötete Frauen, Kinder, Greise. »Hast du von Kafr Kassem gehört?« fragt mich Abed. Und das ist die Antwort auf mein Nein: »Kafr Kassem - 29. Oktober 1956. Dieses Datum »ist allen in Erinnerung. Am Abend jenes Oktobertages kamen 22 Männer - alles Bauern - und 28 Frauen mit ihren Kindern müde von der Feldarbeit nach Hause. Es sollte ihr letzter Heimweg gewesen sein, denn alle wurden erschossen.« »Warum?« frage ich. »Die Zionisten hatten damals«, so erklären mir meine Freunde, »im Zusammenhang mit der Suez-Aggression im Laufe des Tages ein Ausgangsverbot erlassen, das diese Familien, die schon sehr früh am Morgen zur Feldarbeit gegangen waren, nicht mehr erreichte. Aber was störte das die Söldner? Befehl ist Befehl, und so wurde eben geschossen. Natürlich sollte dieses Verbrechen von den Tel Aviver Machthabern verheimlicht werden. Die Kommunistische Partei jedoch ruhte so lange nicht, bis es aufgedeckt war.« »Und wie wurde das Massaker geahndet? Gab es Gerechtigkeit?« will ich wissen.
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»Wie kannst du Gerechtigkeit erwarten, wenn es um Handlungen der Okkupanten geht«, sagt Suhail, »es war schon ein Erfolg, daß das Verbrechen auf Drängen der Partei überhaupt ans Tageslicht kam und man notgedrungen eine Untersuchung einleiten mußte. Aber Kafr Kassem ist nur eines von vielen Beispielen für die Klassenjustiz in unserem Land. Nach zweijähriger Untersuchung wurde der für das Massaker verantwortliche General Schadun am 16. Oktober 1958 zu der lächerlichen Strafe von einem israelischen Piasten verurteilt. Ein Groschen also für 50 tote Palästinenser. So war dieses Urteil eher eine Ermunterung für weiteren Terror.« Ist es so abwegig, daß ich bei diesem Bericht an den faschistischen Terror Hitlerdeutschlands erinnert werde? Ich muß wieder an Janina, an die Tagebuchaufzeichnungen jenes 12jährigen jüdischen Mädchens denken und sage es meinen Freunden, denn ich weiß aus Informationen des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau, daß zwei der in »Im Feuer vergangen« zitierten Autoren noch am Leben sind. Das Mädchen Janina Hescheles ist nach dem zweiten Weltkrieg nach Israel ausgewandert. Ihre Aufzeichnungen haben mich am stärksten beeindruckt. Meine Reise nach Israel - das habe ich mir fest vorgenommen - will ich daher auch dazu nutzen, diese Frau aufzusuchen. Ihr Name ist mir seit langem bekannt. Er stand zum Beispiel unter einem Brief, der mit der Überschrift »Oberländer brachte meinen Vater um« am 11.Februar 1960 bei uns in der DDR im »Neuen Deutschland« veröffentlicht wurde. Unsere Republik führte damals einen Prozeß gegen den einstigen Regierungsbeamten der BRD, Theodor Oberländer, der - wie viele ehemalige Faschisten - wieder zu Ehren gelangt war, obwohl er als Kommandeur des berüchtigten »Nachtigall-Bataillons« für die Pogrome gegen jüdische Menschen, besonders in Polen, verantwortlich war. Janina hat seinerzeit als Zeuge gegen Oberländer ausgesagt und sich in einem Brief an den Bundespräsidenten der BRD gewandt, in dem sie gegen die Berufung des SS-Mannes zum Minister protestierte. »Er ist der Mörder meines Vaters, meiner Mutter, meiner Kindheit ...« Janina lebt in Haifa, erfahre ich an diesem Abend bei Toufik. Sie ist Mitglied der KP und gehört sogar derselben Parteizelle an, in der auch Suhail organisiert ist. Drei graue Hefte, insgesamt 132 Seiten, hat das
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Kind Janina vor vielen Jahren in aller Heimlichkeit mit großer klarer Schrift gefüllt. Sie lebte ausgeschlossen, diskriminiert, vom Tode bedroht und sehnte sich nach Geborgenheit, menschlicher Wärme, nach Freiheit. Blutjung, glaubte sie all das im Gelobten Land zu finden, dort ihren Weg zu machen. Hat sie den rechten Weg gefunden? Ich werde Janina Hescheles in den nächsten Tagen treffen. Meine Freunde werden mich zu ihr bringen. Dann werde ich Antwort auf viele Fragen finden. Aber wie wird sie mir begegnen? Vor mir steht noch immer das Bild der kleinen Janka aus dem Ghetto, so wie ich sie mir nach ihren Aufzeichnungen und anderen Berichten Verfolgter vorstelle. Klein und zierlich, blaß, schüchtern. Ihre Eltern - der Vater Journalist, die Mutter Ärztin in Lodz - hatten auch sie damals trotz aller Liebe nicht vor dem Anblick zerstörter Häuser, nicht vor der Schmach und dem immer gegenwärtigen Schimpf »Judenbalg« bewahren können. Und auch nicht davor, daß ihre Kindheitsträume von Todesschreien gequälter Menschen unterbrochen wurden. Wie wird sie mir begegnen? Janina hat inzwischen die Fünfzig überschritten. Sie lebt in einem ruhigen, etwas tiefer gelegenen Viertel Haifas. Als sie mir die Tür öffnet, steht eine »Janka« vor mir: ein zartes Persönchen, kaum 1,50 Meter groß, das brünette Haar glatt nach hinten gekämmt und im Knoten zusammengehalten. Hellblaue Augen und ein verlegenes Lächeln prägen ihr Gesicht. »Schalom«, sagt sie. Und: »Bitte.« Es ist zunächst das einzige deutsche Wort, das ich von ihr höre. Bald jedoch breitet sich gastliche Wärme in der bescheidenen, aber gemütlichen Wohnung aus. Sie stellt mich ihrem Mann vor. »Das ist Kaiman Altmann, meine bessere Hälfte«, versucht sie sich weiter in der deutschen Sprache. Der untersetzte, Ruhe ausstrahlende Mann drückt mir herzlich die Hand. »Er hat es weiter gebracht als ich«, sagt sie äl chelnd. Kaiman ist Physiker, ein Kommunist wie sie und ein international anerkannter Wissenschaftler. Er hielt Gastvorlesungen in Paris, in Göttingen. Janina ist Chemikerin, meist im Lehrbetrieb tätig, das heißt, wenn sie überhaupt eine Arbeitsstelle hat. Für eine Frau und Kommunistin dazu ist das nicht einfach.
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Janina und Kaiman haben den Tisch gedeckt und Freunde eingeladen. Janina ist wohl eine gute Hausfrau. Mit Phantasie hat sie mehrere Gänge vorbereitet, und als ich sie frage, wie denn das abschließende Käsegericht heiße, erklärt sie bescheiden: »Ich weiß nicht, ich habe es irgendwo abgelauscht. Aber es schmeckt doch hoffentlich?« Poesie, das glaube ich zu spüren, trägt sie trotz des harten Existenzkampfes in ihre Familie, zu der zwei erwachsene Söhne gehören. »Und was ist aus deiner Mutter, deinem Vater geworden?« will ich wissen. »Vater wurde als erster von der Gestapo abgeholt«, antwortet sie zunächst zögernd, dann aber ganz von der Erinnerung gepackt. »Er war das erste Opfer der Nazis von all meinen Verwandten. Der Vater küßte mich zum Abschied und sagte: Janina, du bist schon zehn Jahre alt und mußt selbständig sein. Sei immer tapfer! Ich begann zu verstehen und verzog den Mund zum Weinen, aber da ermunterte mich mein Vater: Wenn du mich liebst, dann geh und sei tapfer und weine niemals. Weinen ist im Glück und im Unglück eine Erniedrigung. Geh jetzt nach Hause und laß mich hier. Ich habe den Vater nie mehr wiedergesehen. Nach vielen Verfolgungen, Schrecken, Verstecken innerhalb und außerhalb des Ghettos wußte sich meine todkranke Mutter keinen anderen Rat mehr, als mich über Bekannte in Sicherheit zu bringen.« So war Janina dann ohne mütterliche Liebe in die Welt der Selbstverteidigung gelangt. Unter dem Eindruck des Todes im Ghetto, nach dem Verlust der Eltern, schrieb sie damals nach dem Anblick einer Exekution in ihr Tagebuch: »Ich würde nicht weglaufen, aber ich würde den Mördern Widerstand leisten ...«, ein tapferer Vorsatz, den das Kind damals faßte, ein wahrlich großes Wort. In ihrer Wohnung, während sie mich bewirtet und freundlich umsorgt, Bücher aus dem Regal nimmt, denen man ansieht, daß sie von ihren Besitzern viel genutzt werden, und mir mit leiser Stimme erzählt, was sie bewegt, finde ich die Meinung der Haifaer Freunde bestätigt. »Sie ist unsere kleine, bescheidene Janina«, sagten sie. Aber jeder weiß, wieviel Stärke in ihr ist, eine Stärke, die sie schon als Kind bewies, als sie sich angesichts des Todes für das Leben entschied. Und man möchte sie in die Arme nehmen, wenn sie, verlegen nach Worten suchend, sich dafür
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entschuldigt, daß ihr das Deutsch nicht so leicht über die Lippen komme, weil sie seine Laute einst nur mit Angst und Haß vernehmen mußte. Polnisch, ihre Muttersprache, dagegen spricht sie unter Freunden oft und gern. Hebräisch ist die obligatorische Sprache. Von ihrer Kindheit an begleitet die Poesie Janina. Auch heute schreibt sie noch nieder, was sie bewegt. »Ich glaube«, sagt sie, indem sie mir ihre neueste Arbeit über die Geschichte des Goldes zeigt, »die Poesie, die Literatur ist eine große Kraftquelle für den Menschen. Als Kind hielt ich beim Schreiben meines Tagebuches im Janowski-Todeslager in Lodz Zwiegespräche mit meinen Lieben. Ich erzählte ihnen, was ich in dieser grausamen Welt erlebte.« Und ich erfahre von Augenblicken, die in ihrem Tagebuch nicht alle festgehalten sind. »Die Zustände im Lager ließen sich mit wenigen Worten kaum beschreiben. Während der Arbeit war es heiß, nachts die Luft stickig. Das Ungeziefer plagte uns. Ab 9.00 Uhr durfte niemand mehr außerhalb der Baracke sein. Aber die mutigsten Frauen wagten es und nahmen mich mit. Hinter der Baracke wurde manchmal sogar gesungen und rezitiert. Und so las ich abends im Schein der auf dem Ghettoplatz brennenden Leichen meinen Mitgefangenen aus meinen kindlichen ›Gedichten ohne Reime‹ vor. Ich sehnte mich nach meiner Mama, aber ich verzweifelte nicht. Ich weiß nur, daß ich sie irgendwie darum beneidete, daß sie nicht mehr leiden mußte. Ich schaute auf das Feuer, in dem sie vielleicht gerade verbrannte, und ich wußte, daß auch ich im Feuer verbrennen würde. Solche Gedanken versuchte ich zu verdrängen«, sagt Janina. »Ich wollte in den letzten Tagen viel lachen, aber unser Lachen war gekünstelt.« Sie erinnert sich an jenen Abschnitt ihrer Ghetto-Aufzeichnungen, mit dem sie die allgegenwärtige Angst vor einer Aussortierung für die Hinrichtung schilderte. Sie muß dazu nicht im Tagebuch nachblättern. Es ist ihr nacherlebbar wie einst: »Reryk, ein Deutscher, hatte an einer Laterne einen Strick befestigt. Ein Mann sollte hingerichtet werden. Zuerst war ich aufgeregt, aber dann beherrschte ich mich und konnte diesen Menschen ansehen, als er sich entkleidete. Kurz zuvor hatte er Seife verkauft, und ich hatte von ihm ein Stück gekauft, und nun erklärte ihm der Deutsche, wie er sich die Schlinge selbst umzulegen habe. Stets ist mir
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das Bild vor Augen, wie er, nur mit Unterhosen bekleidet, ruhig auf die Rampe kletterte, als ginge es um Geld oder Seife. Mich berührte seine Gleichgültigkeit unangenehm, und ich konnte nicht länger zusehen, mit welcher Ruhe er sich die Schlinge umlegte. Ich verließ die Reihen, aber ein Ordner befahl mir zurückzugehen. Ich blieb und richtete den Blick auf den zum Tode Verurteilten. Er hing bereits und schwang hin und her. Ich erregte mich von neuem, aber nicht etwa aus Mitleid für den Gehenkten oder wegen des Eindrucks, den die Exekution auf mich gemacht hatte, oder etwa aus Furcht vor dem Tode. Nur - diese Hinrichtung machte mir etwas bewußt, was ich damals mit einem Lachen oder mit einem Scherz nicht vertreiben und womit ich mich nicht abfinden konnte ...« Sie hält inne in ihrem Rapport des Grauens, von dem man nicht glauben will, daß es der Lebensbericht eines Kindes ist. Und sie sieht die Frage auf meinem Gesicht. »Ich konnte mich nicht mit dieser widerstandslosen Lebensentsagung abfinden. Ich wollte in jenem Augenblick unbedingt leben. Etwas rief in mir: Lebe! Lebe! Lebe! Ich hatte keine Kraft, es zu unterdrücken, und ich konnte mich nicht beruhigen. Sollte man sich so wie dieser Gehenkte resignierend seinen Henkern ausliefern? Nein, ich wollte leben! Es ist wahr, ich besaß nichts, dem ich nachzutrauern hatte, aber ich wollte jetzt, nach diesem Erlebnis der Exekution, lieber hungern und mich quälen, um nur ja zu leben.« Wie treu sie diesem Vorsatz und ihrem Bekenntnis zum Leben blieb, das sie damals unter dem Galgen im Ghetto ablegte, kann man im Alltag Janinas beobachten. Im politischen Kampf ist sie dabei, wenn Genossen und andere fortschrittliche Bürger Israels auf die Straße gehen und mit Flugblättern und Transparenten gegen die Expansionspläne der Zionisten, gegen die Verbrechen der israelischen Regierung am palästinensischen Volk demonstrieren. Manchmal sieht man an ihrer Seite einen sie um fast zwei Köpfe überragenden jungen Mann - einen ihrer beiden Söhne. Sie sind im wehrpflichtigen Alter. Janina bangt um sie. Sie könnten für die politischen Abenteurerpläne der Zionisten als Soldaten der israelischen Armee mißbraucht werden. »Sie werden ihr Elternhaus bestimmt nicht verraten. Sie wissen, wo Schuld und Gerechtigkeit liegen.«
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»Wo nimmst du den Mut für dieses Leben voller Gefahr und Kampf her?« frage ich sie. »Weißt du«, antwortet sie, »das lebt irgendwie in mir; vielleicht klingen die Worte meines Vaters in mir nach, die mir halfen, mich stärker als die Angst zu machen, die jeder einmal von uns fühlt.« »Aber riskierst du nicht viel, wenn du dich in diesem Staat so offen zum Kommunismus bekennst?« »Sicher ist das alles auch ein Risiko«, meint sie, »aber kann man eine ungerechte, menschenfeindliche Politik, wie sie die zionistischen Machthaber betreiben, einfach so hinnehmen? Darf man zusehen, wenn arabische Mütter, Greise, Kinder vertrieben, getötet werden? Ich fühle mich nicht allein in dieser Haltung. Alle, und es werden immer mehr, die dagegen protestieren, riskieren etwas: ein bequemes und ruhiges Leben, eine gesicherte Arbeit, manchmal wohl auch ihre persönliche Freiheit oder gar ihr Leben. Man darf nicht widerstandslos zusehen, sich nicht schweigend entkleiden wie der Mann unter dem Galgen der Faschisten: das bedeutet, sich seiner Selbstachtung zu entledigen. So kann ich nicht leben.« Spät in der Nacht verabschieden wir uns, nicht ohne Verabredung für den übernächsten Tag. »Es soll eine Exkursion in die Geschichte sein«, sagt Janina. »Aber keine Angst, es wird nicht langweilig, nicht endlos sein. Du wirst dann vieles besser verstehen, was in diesem Land geschieht.« Palästina ist das Land, wo Milch und Honig fließen. So hieß es schon in der Antike. »Ja«, sagt Janina bei unserer nächsten Begegnung, »es ist schön, und es könnte noch schöner sein, für alle, die hier leben. Aber in diesem Land gab und gibt es immer wieder Kriege. Als Israel 1948 gegründet wurde, da gingen zionistische Truppen schon dazu über, das dem neuen Staat Israel zugesprochene Land noch vor Ablauf der durch die UNO festgelegten Frist gewaltsam zu erobern. Arabische Bauern wurden rücksichtslos vertrieben und getötet. Deir Yassin - auch der Name dieses arabischen Dorfes wurde zum Schreckenswort. Bereits im April 1948 brachten dort zionistische Terroristen 245 Araber um, darunter
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145 Frauen. 45 der Frauen erwarteten ein Kind. Die Leichen warf man in den Dorfbrunnen.« Damals schon hatte der Zionistenführer Menachim Begin, zur Zeit meines Aufenthaltes Chef der zionistischen Regierung, seine Hand im Spiel. Er gehörte der 1937 gegründeten Terrororganisation extremistischer Zionisten an, der ›Irgun Zwei Leumi‹, auch unter dem Namen ›Erzel‹ bekannt. Ebenfalls der Gewalt verschrieben hatte sich die 1940 gebildete Organisation Lechin, nach den Anfangsbuchstaben ihres hebräischen Namens ›Lochme Cherut Jisrael‹ - ›Freiheitskämpfer Israels‹ benannt. Diese und andere Extremisten führten den Terror als Kampfmittel in den Nahostkonflikt ein. Im Mai 1948 begann der arabisch-israelische Krieg offiziell. Streitkräfte Ägyptens, Transjordaniens, Iraks, Syriens und Libanons überschritten die Grenze zu Palästina. Dieser Krieg, er dauerte bis 1949, ging für das palästinensische Volk tragisch aus. Es errang keine Eigenstaatlichkeit. Wiederum wurden Mütter mit Kindern vertrieben. Sie zogen meist in andere arabische Staaten, die inzwischen ihre Unabhängigkeit errungen hatten. Dort wurden sie zwar geduldet, ein Zuhause fanden sie jedoch nur selten. Dann kam das Schreckensjahr 1967. Israel, das sich längst auf die Seite des Imperialismus gestellt hatte, startete, um seinen Machtbereich weiter auszudehnen, militärische Provokationen gegen Jordanien, Ägypten und Syrien. Dieser Krieg ging als Sechstagekrieg in die Geschichte ein. Mit starker militärischer und militärtechnischer Hilfe der USA konnten sich die israelischen Truppen als die Sieger brüsten. Für die Vertreter des zionistischen Nationalismus war das ein starker Auftrieb, und so wurden sie ständig anmaßender in ihren Unterdrükkungs- und Ausweitungsansprüchen. Immer aufs neue operierten sie unter der Fahne der jüdischen Religion, mißbrauchten sie die Ehrfurcht der Gläubigen vor Jahwe, dem Gott der Juden, indem sie von ihm Beistand für ihre Kriegspläne erbaten, die sie als Rückeroberung des Landes ihrer »Erzväter« rechtfertigten. Während Janina erzählt und geduldig Antwort auf meine Fragen gibt, fahren wir die etwa 90 Kilometer lange Strecke auf der modernen Autobahn zwischen Haifa und Tel Aviv. In der Hauptstadt Tel Aviv lebt von
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den knapp vier Millionen Einwohnern Israels fast eine Million, Haifa ist mit 300 000 Menschen die zweitgrößte Stadt des Landes. In diesem Gebiet befinden sich auch die wichtigsten wirtschaftlichen Zentren. Die Stadt Netanya beispielsweise, erklärt mir Janina, nördlich von Tel Aviv in Richtung Haifa gelegen, ist 1928 gegründet worden und ist heute mit etwa 70 000 Einwohnern der Mittelpunkt der Diamantenschleiferei, eines Handwerks, das jüdische Einwanderer einst aus Belgien eingeführt haben. Die Ausfuhr geschliffener Diamanten gehört heute neben dem Waffenexport, dem Tourismus und dem Export von Zitrusfrüchten zu den wichtigsten Einnahmequellen. »Siehst du, wie fruchtbar und reich das Land ist?« Janina führt es mir in Hadera, nur wenige Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt, vor Augen. Die Bäume der Plantagen hängen voller Zitrusfrüchte: Orangen, Zitronen, Mandarinen. Ende September sind sie jedoch noch grün. Trotzdem kann ich der Versuchung nicht widerstehen und pflücke mir heimlich eine Mandarine. Dieser Landstrich, die Sharon-Ebene, ist außerordentlich fruchtbar. Hier könnten in der Tat »Milch und Honig fließen«. Darum hatte wohl die französische Rothschild-Familie gerade in dieser Gegend Boden erworben, auf dem sie Einwanderer als Arbeitskräfte ansiedeln ließ. Die Ideale, mit denen viele Verfolgte ins Gelobte Land kamen, sind jedoch weit entrückt. Am 8. Oktober 1973 gab es erneut Krieg. Ägypten und Syrien kämpften um das Land, das ihnen Israel 1967 geraubt hatte. Auch diese militärische Auseinandersetzung brachte dem palästinensischen Volk keine Gerechtigkeit. Doch erhielten die Kräfte, die um die nationale Befreiung kämpften, neue Impulse. Eine Befreiungsbewegung entstand, die PLO wurde gegründet. Yasser Arafat, ihr Vorsitzender, erklärte später, im November 1974, vor der UNO-Vollversammlung in New York: »Wäre die jüdische Einwanderung nach Palästina mit dem Ziel erfolgt, mit uns Palästinensern als mit Bürgern gleicher Rechte und Pflichten zu leben, hätten wir für sie Raum geschaffen im Rahmen der Möglichkeiten unserer Heimat, genau wie das mit Zehntausenden von Armeniern und Tscherkessen geschah, die immer unter uns und mit uns als Brüder lebten.« »Ich bin als junges Mädchen in dieses Land gekommen«, sagt Janina, »um zu leben. Ich wollte mit allen hier den grünen Ölzweig, das Symbol
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des Friedens, tragen ...« Von ihrem Engagement haben mir bereits ihre Freunde erzählt. An einem Frühsommertag des Jahres 1979 geht Janina zur Versammlung des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer in Haifa. Viele ältere Leute haben sich eingefunden. Sie alle wissen, haben es erlebt, was das ist: Faschismus. Das Thema bewegt sie immer wieder. Wer unter den Versammelten könnte nicht ähnliches berichten: »Ich habe meine Mutter und meine Schwestern in Dachau verloren. Sechs Geschwister waren wir, zwei blieben am Leben, mein Bruder in den USA und ich, der ich nur mit Mühe dem Lager in Theresienstadt entkam. Niemals werde ich vergessen! Ob meine Söhne den Haß gegen die deutschen Faschisten ebenso empfinden können wie ich, weiß ich nicht. Sie sind hier geboren. Aber ich meine, auch sie dürfen nie vergessen. Dafür müssen wir sorgen!« Ein zweiter steht auf und ein dritter, und jeder spricht vom vergangenen, vom erlittenen Leid. Da erhebt sich Janina. Klein, kaum den vor ihr Sitzenden überragend, ruft sie in den Saal: »Ist jemand hier, der nicht von solch einem Schicksal berichten könnte? Haben wir uns aber nur deshalb hier versammelt?« »Wozu sonst«, tönt es aus dem Saal, »wenn wir nicht ewig an das uns zugefügte Unrecht erinnern, werden wir unseren teuren Toten nicht gerecht.« Jetzt spricht Janina mit unüberhörbarem Zorn. »Auch ich weiß, wie furchtbar der deutsche Faschismus war. Wir alle haben ihn am eigenen Leib erfahren. Vergessen wollen und dürfen wir nicht. Aber wir sind doch nicht zusammengekommen, um alte Erlebnisse aufzufrischen. Das Nichtvergessen schließt doch vor allem die Pflicht ein, die Lehren für das Heute zu ziehen. Wir müssen handeln, damit sich gleiches Unrecht in unserem eigenen Land nicht wiederholt. Wenn unschuldige Kinder, Frauen, Greise verfolgt, getötet werden politischer Interessen wegen das sollte uns doch wachrütteln.« Sie findet Zustimmung, aber sie stößt auch auf Unverständnis, ja sogar Feindseligkeit, und sie spürt, daß viele unter dem Einfluß der zionistischen Propaganda zu dem Standpunkt gelangt sind, aus erlittenem Unrecht das Recht ableiten zu können, sich über andere Völker zu erhe-
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ben. »Zu Janinas Auftreten gehört Mut, Kompromißlosigkeit«, sagten Freunde, die mir diese Szene schilderten. Was kann von Nazareth Gutes kommen? So wird in der Bibel unter dem Kapitel des Apostels Johannes gefragt. Man stellte diese Frage zu jener Zeit vor 2000 Jahren, als Jesus, der Sohn des Zimmermannes Josef und seiner Frau Maria aus Nazareth, über viele Wege durch Galiläa gezogen sein soll. Jesus, der als Sohn Gottes gefeierte Begründer der christlichen Lehre, verkündete auf all diesen Wegen die gute Botschaft, daß alles, was Menschenantlitz trägt, gleich sei und Frieden und Gerechtigkeit allen gegeben werde. Eine aufrüttelnde Botschaft, die jedoch damals schon jenen fremden Herrschern nicht gefiel, die das Gelobte Land unter ihre Gewalt nahmen. »Ein schönes Land«, heißt es schon bei Moses im Alten Testament, »ein Land mit Wasserbächen, Quellen und Grundwassern, die in der Niederung und im Gebirge entspringen, ein Land mit Weizen und Gerste, mit Weinstöcken, Feigenbäumen und Granaten (Granatäpfeln, d. Verfasser), mit Ölbäumen und Honig, ein Land, in welchem du dein Brot nicht kärglich zu essen brauchst, sondern an nichts Mangel leiden wirst, ein Land, das in seinem Gestein Eisen birgt und aus dessen Bergen du Kupfer heraushauen wirst.« Kein Wunder, daß immer wieder fremde Herrscher angezogen wurden. Um 1000 vor unserer Zeitrechnung hatte König David einen starken israelischen Staat gegründet, der aber an den überkommenen Stammesgegensätzen und Vormachtansprüchen schließlich in das Nordreich Israel und das Südreich Juda zerbrach. Dann fielen die Assyrer und die Babylonier sowie die Perser ein, und im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurde das Land von den Römern unterjocht. Eine entscheidende Wende in der Geschichte Palästinas - der Name entstammt der römischen Bezeichnung Filistin, die sich auf die Philister, die ältesten »Seevölker« bezog - trat im 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung ein. Die Araber eroberten von der arabischen Halbinsel aus das Land, das sich zu dieser Zeit unter byzantinischer Herrschaft befand. Von jener Zeit an haben zur »Königin der Städte«, Jerusalem, die jüdische wie die christliche Religion Beziehung und ebenso die Anhän-
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ger des Islam. Ich sah die Reste der Umfassungsmauer des Tempels von König Salomon, die als die »Klagemauer« heute noch existiert und täglich von jüdischen Gläubigen aufgesucht wird. Die Christen fühlen sich Golgatha, der »Schädelstätte«, verbunden, wo, der Überlieferung zufolge, Jesus gekreuzigt worden sein soll. Die Moslems errichteten auf dem Tempelberg zu Ehren Mohammeds, des Propheten und Stifters des Islam, eine Moschee, die ebenfalls heute noch existiert und weltbekannt ist, ebenso die in ihrer Nähe etwas später erbaute berühmte Al-AksaMoschee. Fast 900 Jahre später geriet Palästina in die Gewalt der eroberungssüchtigen Osmanen, aber der Drang seiner Menschen nach Freiheit, ihr Stolz auf die eigene Kultur und Geschichte lebten weiter und wuchsen im 19. Jahrhundert in der allgemeinen Widerstandsbewegung gegen Kolonialismus und Fremdherrschaft, die man »Arabisches Erwachen« nannte. Schließlich witterten Ende des 19. Jahrhunderts die imperialistischen Mächte Morgenluft. Wiederum wurden die Religionen zum Spielball der Machtinteressen. England eroberte im ersten Weltkrieg Palästina. Diese Situation nutzten nunmehr auch die Zionisten, die sofort bei der englischen Regierung für ihre Ziele, die Gründung eines Zionistenstaates, warben. Nach diesem Exkurs in die Geschichte verstand ich auch besser, was ich auf meinem Ausflug mit Janina durch jene Landschaft sah, die den Namen Galiläa trägt und im Norden des alten Palästina liegt. Uns begleiten Abed Abdi, der Bildhauer, und sein Kollege Gershon Knispel, ebenfalls Maler und Bildhauer. Abed ist Araber, Gershon Jude. Beide sind nicht nur äußerlich sehr verschieden. Abed ist schwarzäugig mit dunklem Schopf, mittelgroß; Gershon untersetzt, mit brünettem Haar und blauen Augen. Auch ihre Lebensläufe unterscheiden sich. Abed mußte als Kind palästinensischer Eltern seine Heimatstadt verlassen und konnte erst als junger Mann wieder zurückkehren. Er wurde Mitglied der KP Israels. »Ich hatte das große Glück, und dafür bin ich dankbar«, erzählt er mir, »in Dresden studieren zu können.« Er hat danach in Israel mit seinen Grafiken und anderen künstlerischen Beiträgen in fortschrittlichen Publikationen und mit Ausstellungen von sich reden gemacht. Gershon dagegen wurde 1932 als Kind jüdischer Eltern im Rheinland
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geboren, die Familie war vor den Nazis geflüchtet. An vielen Orten Israels, in Parks, an Gebäuden und Denkmälern, findet man seine künstlerische Handschrift - Wandmalereien, Gemälde, Lithografien. Auch in Sao Paulo in Brasilien erhielt er mit Hilfe des demokratischen, international geachteten Architekten Oskar Niemeyer Aufträge. Gershon ist parteilos. Was die beiden unterschiedlichen Menschen zusammenführte, sollte ich auf dieser Reise begreifen. Der heiße Wüstenwind, der sich nach einer langen Periode blendend blauen Himmels einstellt, plagt mich auf der Fahrt durch die karge, steinige Landschaft. Dreht man die Scheibe herunter, sticht der Wind wie mit tausend heißen Nadeln, dringen Staub und Sandkörnchen in das Wageninnere. Bis zu 600 Meter hohe Bergketten durchziehen die Täler Galiläas. Hin und wieder sieht man Beduinenzelte und Hirten im traditionellen weißen Gewand. Doch auch andere Zelte stehen am Straßenrand: die khakifarbenen der israelischen Besatzer, die jedes Auto kontrollieren. Unser Wagen trägt eine israelische Kennnummer. Da genügt ihnen eine »Gesichtskontrolle«. Bei Fahrzeugen aus den von der zionistischen Armee widerrechtlich besetzten Gebieten westlich des Jordan, vom Roten Meer bis zu den Golanhöhen und bis zum See Genezareth mit den Städten Hebron, Jerusalem, Ramalla, Nablus und vielen kleineren Ortschaften, wollen es die mit MPis Bewaffneten genauer wissen. Dieses Gebiet und weitere Territorien sind seit der militärischen Auseinandersetzung von 1948 und nach dem Sechstagekrieg von Israel besetzt, obwohl es, den Beschlüssen der UNO zufolge, dem zu bildenden palästinensischen Staat vorbehalten war. Anmaßend verlangen die Besatzer von den Bürgern dieses Gebietes Ausweise beziehungsweise Pässe, und wenn ihnen so zumute ist, lassen sie sich auch andere Schikanen einfallen. Nicht selten entdecke ich auf unserer Fahrt Riesenkakteen, die wie Zäune oder Einfassungen gepflanzt sind. Hier befanden sich ehemalige arabische Siedlungen, wird mir erklärt. Die Menschen wurden vertrieben. Und wo sind sie geblieben? Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort: »Vielleicht für Jahre auf der Flucht, vielleicht auch tot.«
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»Hier war einmal das Dorf Saffurie.« Janina zeigt auf eine freie Fläche, einen angrenzenden Olivenhain und brachliegende Felder. »Die Leute mußten schon 1948 fliehen, ihre Häuser wurden vernichtet. Einige gingen ins Ausland, andere aber blieben in der Nähe, in der Gegend von Nazareth. Sie wollten nicht in fremder Erde begraben werden, sondern ihren toten Vorfahren nahe sein. Das einzige Land, das sie noch bestellen dürfen, ist der Friedhof. Im stummen Protest begraben sie dort noch immer ihre Toten.« Es gibt heute mehr als 400 vernichtete arabische Dörfer. Man ist nicht verlegen im Erfinden von Verordnungen und Gesetzen, die den Landraub im besetzten Gebiet legitimieren sollen. Ein Beispiel dafür ist das Schicksal der Witwe Alaf el-Chof. Hans Lebrecht, Mitglied des ZK der KP Israels, ein streitbarer, hochbetagter Kommunist, hat mir davon erzählt. Alaf el-Chof wohnte im Dorf Deir Chanria. Nach dem Tode ihres Mannes hatte sich die Witwe in dem galiläischen Dorf mit Unterstützung ihrer Familie, der Familie ihres verstorbenen Mannes und hilfreicher Nachbarn inmitten ihres eigenen Olivenhains ein zweistöckiges Haus gebaut. Am 15. November 1978 tauchten Buldozzer auf, zermalmten das erst zwei Jahre alte Gebäude, und der Witwe wurde offiziell erklärt: »Ausführung einer gerichtlichen Demolierungsverfügung.« Das Haus sei »ohne Baugenehmigung erbaut worden«. Regierungssprecher und vorgeschickte Beamte behaupteten außerdem, das Gebäude stünde auf »staatlichem Grund und Boden«. In Wahrheit jedoch zerstörte man das Haus, vertrieb man die Witwe mit ihren vier Kindern lediglich deshalb, weil es im Interesse der zionistischen Bodenraubpolitik war. Die Frau besaß ein vom Grundbuchamt verbrieftes Eigentumsrecht an dem Boden, auf dem nun die Trümmer ihres Hauses lagen. Und für das »Vergehen«, mit dem Bau ihres Hauses nicht auf die Genehmigung des seit Jahren beim Innenministerium eingereichten Bauantrags gewartet zu haben, war sie vom Gericht erst kurz vor dem tragischen 15.November zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Wir machen auf der Fahrt durch Galiläa einen Abstecher zu diesem Ort. In dem südlich der Landstraße verlaufenden Streifen Land, der den Fellachen aus Deir Channa gehört, erstreckt sich ein Olivenhain. Ich sehne mich nach ein wenig Schatten, aber die schmalen Blätter der Öl-
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bäume spenden kaum Kühle. Ich denke, wie schon so oft auf dieser Fahrt, an die großen, grünen Laubbäume bei uns zu Hause. Inmitten der Olivenhaine von Deir Channa stehen noch 21 Häuser, die ihre Besitzer ebenso wie Alaf el-Chof auf Parzellen errichtet haben. Auch diese sind nach Meinung der Besatzerbehörden illegal errichtet worden. Über allen schwebt also das Damoklesschwert. Das Werk der Vernichtung kann während diese Zeilen geschrieben werden - schon längst vollendet sein, denn auf dem Berg, an dessen Fuß die Häuser stehen, haben die Siedlerkommission aus Tel Aviv und die zionistische Organisation eine neue Siedlung für Juden geplant. »Judaisierung Galiläas« heißt die Strategie, für deren Realisierung von 1969 bis 1979 in Galiläa bereits 18 neue Siedlungen errichtet wurden, und zwar durchweg auf Kosten arabischer Bauern. Inzwischen ist die Zahl der Siedlungen weitaus höher geworden, die Fanatiker drängten. Ich lese auf unserer Fahrt durch Galiläa Auszüge aus einem fast unglaublichen Schriftstück. In einem »Memorandum zur Behandlung der Araber in Israel«, das geheimgehalten werden sollte, aber dank der Arbeit der Genossen der Kommunistischen Partei an die Öffentlichkeit gelangte, schlägt der Geschäftsträger des israelischen Innenministers für den Nordbezirk im Jahre 1976 vor: »Um die jüdischen Siedlungen in den Gebieten, in welchen die Kontinuität der arabischen Bevölkerung offensichtlich wächst und ihre Zahl der jüdischen Bevölkerung weit überlegen ist, zu vermehren und auszubauen, ist es notwendig, die dort existierende arabische Bevölkerungskonzentration zu lichten ...« Sie »lichten« also. Die Nazis »selektierten« auf den Rampen von Auschwitz ... »Machen wir Rast in Sachnin«, schlägt Janina vor. Es ist ein Ort - das verstehe ich bald -, der zum unvergeßlichen Symbol geworden ist. Wir halten vor einem dicht am Straßenrand gelegenen kleinen Friedhof. An den Hügel gegenüber schmiegt sich die mehrere tausend Einwohner zählende Siedlung. Auf der Höhe über dem Friedhof ist ein Zaun gezogen. Ein Schild warnt: Militärgelände. Aus diesem Grunde sollte die arabische Siedlung verschwinden. Man wollte sie liquidieren. Aber die Araber aus Sachnin wehrten sich, und sie blieben dabei nicht allein.
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»Am 30. März 1976«, erzählt Janina, »zogen arabische und jüdische fortschrittliche Menschen im Marsch nach Sachnin, um auf Vorschlag des Nationalen Komitees zur Verteidigung des Landes der arabischen Bürger den Tag des Bodens zu begehen und gegen die geplante Vernichtung Sachnins zu demonstrieren. Es verlief zunächst alles friedlich und geordnet. Aber dann fuhren Sicherheitskräfte der Polizei und der Armee auf, wüteten blindlings. Hunderte Menschen wurden verhaftet, verfolgt, sechs getötet, darunter drei Männer aus Sachnin. Sie haben hier auf dem kleinen schmucklosen Friedhof ihre letzte Ruhe gefunden.« Wir stehen vor ihren Gräbern. Moslems aus Sachnin, alte Männer im traditionellen weißen Gewand und Turban, haben sich gleich uns am Friedhofshügel niedergelassen. Sie beten gleichförmig und leidenschaftslos, so scheint es. Aber wer ihre Sprache versteht, weiß, daß sie Allah um Bestrafung der Mörder ihrer Söhne, um Schutz für den Boden und die Flüchtenden anrufen. Zornig, schmerzerfüllt. Dicht neben dem Hügel ragen die Konturen eines überdimensionalen alten arabischen Pfluges auf. Ein Stück des Denkmals von Sachnin, Symbol des Tages des Bodens, das Abed und Gershon geschaffen haben. Später sprechen wir mit Abu Ach-med, einem der Alten aus Sachnin. »Es ist für uns mehr als ein Denkmal«, sagt der Mann. »Es läßt uns daran glauben, daß die Gerechtigkeit siegen wird. Ich kenne die beiden hier«, er zeigt auf Abed und Gershon. »Der eine ist Jude, der andere Araber, und doch haben sie gemeinsam für uns dieses Denkmal gebaut.« Er nimmt etwas von der harten gelben Erde auf, zerbröckelt sie in der Hand. »Einen solchen Pflug«, sagt er, »haben unsere Vorväter schon vor Jahrhunderten durch diese Erde gezogen. Der Pflug verbindet uns Menschen mit der Erde, die uns Nahrung gibt. Was ist ein Fellache, ein Bauer, wenn man ihm den Boden nimmt? Ein Nichts, denn man nimmt ihm das Leben. Du mußt verstehen, wenn wir zornig sind auf die Räuber in Tel Aviv.« Er spricht in einem uns fremd klingenden Tonfall, mit starkem Pathos, das aber zu diesem Augenblick und in diese Umgebung paßt. Als es um die Wahl des Ortes für dieses Denkmal ging, gaben die ara-
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bischen Einwohner Sachnins ein Stück ihrer unantastbaren Friedhofserde her. In vielen freiwilligen Arbeitseinsätzen ebneten sie den harten galiläischen Boden, hoben die Grube für den Sockel, aus und halfen das Monument in der galiläischen Hügellandschaft zu errichten, die nie ein Denkmal sah. Auf einem eineinhalb Meter hohen Sockel ruht das rechteckige drei mal vier Meter umfassende Relief aus Zinnguß neben dem großen Pflug. Ergreifend sind die Bilder der Grablegung jener Opfer, die das Massaker von Sachnin forderte. Aber gleichzeitig wollen die Künstler zum Ausdruck bringen, daß der Kampf, das Leben weitergeht. Noch müssen arabische Bäuerinnen und Bauern, das zeigen die Bilder des Reliefs ebenfalls, in gebückter Stellung die Erde bearbeiten; aber sie bestellen sie unter allen Umständen, geben sie nicht auf. Sie gehört ihnen, heute wie vor Jahrhunderten. Diesen Gedanken unterstreicht die überdimensionale Nachbildung des alten Pfluges. Zwei Jahre nach dem blutigen 30. März 1976 war das Denkmal fertig. Seitdem ist es jedes Jahr zum Tag des Bodens das Ziel vieler Menschen, die sich wie Gershon und Abed im Streben nach Frieden und Gerechtigkeit gefunden haben. Man hat die beiden Künstler schon oft gefragt, was sie drängte, dieses Kunstwerk zu schaffen. Während wir uns auf den Steinen niederlassen und unser Blick weit über das Land gleitet, dessen Name als das »Heilige Land« im Gedächtnis vieler Millionen Menschen der Welt einen festen Platz hat, stelle auch ich diese Frage und füge hinzu, obwohl ich es im nächsten Augenblick schon bereue: »Fühlt ihr euch nicht manchmal wie Rufer in der Wüste? Habt ihr nicht Angst vor dem Haß der Zionisten, wenn ihr für die Rechte der Palästinenser eintretet und sogar ein Denkmal für sie baut?« Sie wüßten wohl, sagt Abed mit gesenktem Blick, daß die zum Zusammengehen Bereiten in diesem Land noch in der Minderheit seien. Mancher sähe auch einen tragischen Kontrast darin, daß das gemeinsame Schaffen eines arabischen und eines jüdischen Künstlers seinen Ausdruck in diesem Denkmal zur Erinnerung an den tiefsitzenden Zwist beider Völker findet. Aber sind in dem letzten Jahrzehnt als Ergebnis der Aggressionskriege und des Terrors nicht doch die Kräfte des Widerstandes erstarkt? Hat nicht die PLO, die palästinensische Freiheitsbewe-
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gung, in der ganzen Welt Achtung und Anerkennung gefunden? Die PLO ist Mitglied der UNO, und Yasser Arafat ist von vielen Staatsmännern empfangen worden, die das Recht des Volkes von Palästina auf Eigenstaatlichkeit, auf ihre Heimat anerkennen. Abed ist Araber, Künstler dazu. Er spricht leidenschaftlich, bildhaft. Seine Gefühle fließen nicht nur in Steine und Farben, mit denen er Bildnisse gestaltet. Sein heißes Herz spricht auch aus seinen Worten, und als er seine Gedanken über die gemeinsame Arbeit mit Gershon Knispel äußert, liegt ein Hauch der Poesie seines Volkes über der kargen Landschaft Galiläas. »Die Menschen der ganzen Welt«, sagt er, »haben auf ihrem schöpferischen Weg zur Zivilisation als Äußerungen ihrer Sehnsüchte Symbole und Rituale geschaffen, die im Bau von Tempeln, Kultplätzen, Obelisken und Steindenkmälern Ausdruck fanden. In diesem Land, in dem wir wurzeln und leben, gibt es viele solcher Zeugnisse. Du siehst sie in Jerusalem, in Bethlehem, in Nazareth, an den Ufern des Toten Meeres wie des Roten Meeres und am See Genezareth. Tempel und Gedenkstätten, die an die Wiege des Christentums erinnern, aber auch die Al-Aksa-Moschee aus dem 7. Jahrhundert und die Omar-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem, die wichtigsten islamischen Heiligtümer, sprechen von dieser Vergangenheit. Überall haben Völker ihre Spuren hinterlassen, Gläubige der verschiedenen Religionen, und sie lehren uns, daß wir zusammen leben können.« »Dieses Denkmal hier«, Abed weist auf den Pflug, »soll Zeuge und Schwur der ewigen Zugehörigkeit zu diesem Land sein, das seine Söhne aufrief, sich zur Verteidigung ihrer Muttererde zu erheben. Und es ist das Werk von Gershons und meinen Händen und unserer Herzen zugleich und damit die Verkörperung der Idee der schöpferischen Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Völkern.« Abeds Hände zittern leicht, als er sich nun eine Zigarette anzündet und mich mit seinen großen dunklen Augen ansieht. Jedes seiner Worte, das spüre ich, hat er durchlebt und durchlitten. Gershons Antwort klingt dagegen leidenschaftsloser, sachlicher. Aber auch er, so erklärt er mir, ist in die Tiefen der Geschichte hinuntergestiegen, auch er hat für das gemeinsame Kunstwerk aus derselben Quelle wie Abed geschöpft. »Im Altertum häufte man Steine zu Denkmälern
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auf«, sagt er, »um ein Gebiet vor Unheil zu bewahren und böse Geister zu vertreiben. Gewiß konnten nur böse Geister die Landbewohner zwingen, ihr Land zu verlassen, und nur böse Geister konnten den auf ihren Feldern arbeitenden Bauern die Ruhe rauben. War es nicht ein böser Geist, der das Vergießen unschuldigen Blutes jener veranlaßte, deren einziges Verbrechen der Protest gegen den Raub ihres Landes war?« Gemeinsam mit Abed Abdi schuf Gershon daher den »Steinberg der Massen«, hier in Sachnin, um böse Geister zu vertreiben und das Land vor Plünderung, Zerstörung und unrechtmäßiger Besetzung zu schützen. »Gleichzeitig aber auch, um ein Denkmal gemeinsamer schöpferischer Arbeit zu hinterlassen, das eines Tages künftigen Generationen, denen es schwerfällt zu glauben, was sich in unserer Zeit ereignete, Orientierung sein wird.« Wir fahren weiter durch Galiläa nach Nazareth, der arabischen Siedlung, wie man sagt, in diesem Nordbezirk. Wir schlafen in einer bescheidenen Hospiz-Unterkunft, und ich werde schon früh am Morgen wach, als von der Moschee der Ruf zum Gebet der Moslems ertönt. Bald darauf läuten die Glocken der unweit gelegenen christlichen Gotteshäuser. Später bummeln wir durch die Stadt. In den engen Straßen des alten Teiles von Nazareth wechseln Schmuck-, Stoff- und Souvenirstände ab. Selbstverständlich besuchen wir auch die im Zentrum gelegene Verkündigungsbasilika. Sie ist mit Spenden der Gläubigen aus aller Welt errichtet und in den 60er Jahren vom Papst eingeweiht worden. In ihren Mauern umfängt uns unerwartete Kühle, angenehm bei vierzig Grad Außentemperatur. Ein Mönch, schwarzbärtig, in brauner Kutte, tritt freundlich auf uns zu. Er spricht weder Hebräisch noch Arabisch, sagt uns aber, daß er Italienisch, Russisch und Polnisch beherrscht. Wir können uns also verständigen - in Russisch und Polnisch. Er erklärt bereitwillig den imposanten Bau mit den vielen Kunstwerken zur biblischen Geschichte, Gemälde und Mosaikarbeiten von Künstlern aus aller Herren Länder. Er stamme aus Krakow, erzählt er beiläufig, sei nach dem Krieg in Rom gewesen und wolle nun hier der Kirche dienen. Dann führt er uns in die Mitte des Kirchenschiffes, wo, von einem schmiedeeisernen Gitter eingefaßt, Felsgestein und Erdreich, ein Stück Boden des
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alten Ortes Nazareth, als Heiligtum bewahrt wird. »Hier, auf diesem Boden, lebten einst Maria und Josef, die Eltern unseres Herrn Jesus Christus«, erklärt er. Nach der Kühle in der Basilika empfinden wir die glühende Hitze, die über der Stadt lastet, besonders stark. Wir haben uns mit Toufik, dem Kommunaltechniker, Fachmann für Be- und Entwässerung, verabredet. Er führt uns durch die engen Basarstraßen Nazareths. »Sie sind nicht breiter«, sagt er scherzend, »als zu Jesus Zeiten. Nicht mehr als ein Esel mit Lasten hat hier Durchgang. Aber sauberer sind sie in letzter Zeit geworden. Sieh dir die Rinnsteine an, du findest kaum Schmutz. Auch dahinter steckt ein Stück Arbeit unserer Partei. Es hat etwas mit unserem Subbotnik zu tun«, sagt er schmunzelnd. Nichts als Fragezeichen scheinen auf meinem Gesicht zu stehen. »Ein Subbotnik? In Nazareth?« Toufik erklärt: »Proteste gegen die Unterdrückungspolitik sollten sich nicht nur in Worten und berechtigten Forderungen erschöpfen, meinten wir. Wir müßten die Menschen durch Taten ermuntern, ihnen auch damit ihre Kraft bewußt machen. So wurde die Idee von Arbeitseinsätzen im Rahmen der demokratischen Front geboren. Im Frühjahr trafen sich dann Freiwillige aus Nazareth und aus anderen Ortschaften, hoben Gräben für die Be- und Entwässerung aus, säuberten viele Ecken und Winkel und den Basar. Künstler verliehen der Stadt so manchen Schmuck mit Fresken und Gemälden an Gebäuden und Mauern. Das Leben in Nazareth beweist, wie die arabischen Arbeiter und Bauern im Kampf um ihre Rechte gereift sind.« Mich interessiert, wie es zur demokratischen Front gekommen ist, und ich erfahre: In den 70er Jahren wurde der Druck der Zionisten immer größer, sie raubten mehr und mehr Boden, wie die oberhalb von AltNazareth strategisch angelegte jüdische Siedlung beweist. Der Landraub brachte für die Einwohner Nazareths eine Reduzierung der Bodenfläche auf ein Drittel ihres einstigen Territoriums, das sie bei der Staatsgründung Israels 1948 besaßen, mit sich. Immer mehr arabische Bürger erkannten, daß die Kommunistische Partei die einzige Partei Israels ist, die die Interessen der arabischen wie der jüdischen Werktätigen gleichermaßen vertritt. Mehrere Organisationen, denen Arbeiter, Gewerbe-
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treibende, Intelligenzler und Bauern angehörten, schlossen sich daher zusammen und gingen als Block in die Wahlen des Jahres 1975. Die demokratische Front siegte und wählte aus ihrer Mitte den Kommunisten Toufik Zajad als Bürgermeister. »Ein Kommunist als Oberhaupt der Stadt Jesus!« zeterten die Bourgeois damals. Die Nazarehner aber sprechen mit Hochachtung von diesem Mann. Ich hätte ihn gern kennengelernt, doch im Hof des alten, bescheidenden Gebäudes, in dem die Stadtverwaltung untergebracht ist, erfahren wir, daß der vielbeschäftigte Mann auf Reisen sei. So muß ich mich damit begnügen, was mir meine Gastgeber berichten. Toufik Zajad, der in Nazareth geborene Arbeiter, wurde als Kandidat der demokratischen Front mit mehr als 67 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Er war der erste kommunistische Bürgermeister einer Stadt in Israel. »Er übernahm ein schweres Amt«, sagt mir ein Händler, bei dem ich mir einen handgewebten Stoff kaufe. »Hier gibt es sehr viel für die Menschen zu tun. Und er unternimmt alles, was er kann, unerschrocken und mutig.« Auch Nazareth ist seit der Gründung Israels von der diskriminierenden Rassenpolitik schwer betroffen. Es gibt trotz vieler Kämpfe keinen echten Entwicklungsplan für die Stadt. Die Mittel für die Lösung stadttechnischer und anderer kommunaler Aufgaben fließen nur spärlich, obwohl die Bevölkerung in den letzten 30 Jahren von 12 000 auf über 40 000 Einwohner gewachsen ist. Darunter befindet sich so mancher Bauer, der von seinem Boden vertrieben worden ist. Für die arabischen Bürger sind jedoch auch in der Stadt kaum Arbeitsplätze vorhanden. Daher ist am Bushalteplatz morgens und abends stets Hochbetrieb, denn die arabischen Männer und Jugendlichen müssen weite Fahrten in andere Städte unternehmen - bis Haifa und Tel Aviv -, um das Brot für ihre Familien zu verdienen. »Oft sind sie gezwungen, irgendeine unqualifizierte Arbeit anzunehmen. Sie sind zum Beispiel für die Israelis die billigsten und fleißigsten Hilfsarbeiter auf den Baustellen«, kommentiert Toufik. Und dennoch hat sich, seit die Genossen der Kommunistischen Partei im Bündnis mit den fortschrittlichen Kräften ihren Einfluß in der Kommunalpolitik geltend machen können, manches dem Neuen, dem Besse-
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ren hoffnungsvoll zugewandt. Auch für die arabische Kunst und Kultur ist die Person des Bürgermeisters im alten Nazareth ein Symbol. Der Ruf, der ihm überall vorauseilt, gilt nicht nur dem aktiven kommunistischen Kommunalpolitiker, sondern ebenso dem Poeten Zajad. Auch wenn die zionistischen Ideologen durch ein klerikal-nationalistisches Bildungssystem den kulturellen Reichtum des palästinensischen Volkes totschweigen wollen - er lebt im Volk. Toufik Zajads Gedichte, seine Lieder und Prosa sind nicht nur in Arabisch, sondern auch in Hebräisch und in anderen Sprachen verbreitet. Unser nächstes Ziel ist Ramallah. - Man nennt diese Stadt im besetzten Westjordangebiet, die etwa 50 000 Einwohner zählt, auch die kleine Schwester Jerusalems, denn beide Städte sind nur 15 Kilometer voneinander entfernt. Hier weht abends eine angenehme kühle Luft. Meine Begleiter und ich sind nach der Fahrt durch die glühende Sonnenlandschaft sehr dankbar dafür. »Hast du schon mal aus dreiundzwanzig Schüsseln gespeist?« fragt mich eine arabische Lehrerin, bei der wir Unterkunft gefunden haben. Natürlich nicht. »Dann versuchen wir es heute zum Abendbrot. In Ramallah gibt es ein Gartenrestaurant, das berühmt ist für seine gute Küche. Und es ist relativ billig.« Wir haben Glück. Trotz der zurückliegenden unruhigen Tage - in Ramallahs Geschäften, Schulen und Einrichtungen hatte die arabische Bevölkerung gegen die Behinderung der Lehrtätigkeit in den Schulen gestreikt - war das Restaurant geöffnet. Unter klarem Sternenhimmel, unter einem Dach von grünem Laub und Blüten baut der freundliche Kellner Schüssel um Schüssel vor uns auf. Am Ende bringt er noch einen leichten, guten Rose, wünscht herzlich »Guten Appetit!« und eilt wieder davon. Nun haben wir das Vergnügen, die verschiedensten arabischen Speisen, Salate, Bohnen-, Fleisch-, Käse- sowie Eiergerichte und fein gewürzte Soßen, zu probieren. Freilich, von jedem nur ein wenig; doch bei dieser Vielzahl kleiner Schüsseln - es reicht! Gegen 22.00 Uhr gehen wir durch die stillen Straßen zu unserer Unterkunft. Alles scheint friedlich. Aber die raune Wirklichkeit ruft uns bald aus der Idylle zurück. Etwa 30 Meter von uns entfernt stoppt ein
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Jeep. Zwei MPi-Bewaffnete einer Besatzerstreife springen ab, halten mit groben Rufen drei arabische Jungen von etwa fünfzehn Jahren an. Einer von ihnen wagt zaghaft einen fragenden Einwand gegen die drohenden Worte. Er wird am Arm ergriffen und in den Streifenwagen gestoßen. Die beiden anderen bleiben verschüchtert und ratlos zurück. »Was war los?« frage ich meine Begleiter. Als der Jeep um die Ecke verschwunden ist, geht Abed zu den zwei Zurückgebliebenen. »Wir waren heute vormittag zum Militärgouverneur bestellt«, erzählen die beiden. »Wir haben den ganzen Tag gewartet, und dann hieß es, der Offizier habe keine Zeit. Jetzt wollen wir wieder in unser Dorf.« Das hatten sie auch der Militärstreife erklärt. »Was wird nun aus dem dritten?« frage ich. »Wenn er Glück hat«, sagen mir meine Freunde, »lassen ihn die Besatzer nach einer Fahrt durch die Stadt an irgendeiner Ecke wieder frei. Sicherlich nicht, ohne ihn vorher einzuschüchtern. Vielleicht nehmen sie ihn aber auch mit, um etwas aus ihm herauszupressen. Sie sehen ja in jedem Araber, auch in den Kindern, sofort einen Terroristen.« Zionistische Besatzerwillkür, Alltag in den von Israel besetzten Gebieten. Wir fahren am nächsten Tag langsam am Haus des Schreckens, dem Gefängnis von Ramallah, vorbei. Meine Freunde erzählen mir von Felicia Langer, einer Rechtsanwältin, bekannt dafür, daß sie palästinensische Bürger verteidigt. Sogar hinter die hohen, dicken, stacheldrahtbewehrten und streng bewachten Mauern dieser berüchtigten Folterstätte sei sie schon gedrungen. Eine tapfere jüdische Frau, die den Staatsanwälten furchtlos entgegentritt, obwohl diese nicht selten ehemalige Militärs oder gar Mitglieder der Gush-Emunim-Organisation sind. »Diese Organisation«, erklärt Janina, »kann man getrost als faschistisch bezeichnen. Ihre Mitglieder überfallen Frauen und Kinder in ihren Dörfern, schlagen, schießen, blind vor Haß. Schamlos wurde ihr Wüten kürzlich sogar in einer Fernsehübertragung wiedergegeben. Und das alles sanktioniert vom israelischen Staat.« Die Kerker von Ramallah gehören zu den schlimmsten des Landes. Sie finden höchstens eine Konkurrenz im Gefängnis, von Ufaba im Süden Israels. Hinter hohen Betonmauern und Stacheldrahtverhauen duk-
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ken sich langgestreckte Gebäude in den Sand der Negev-Wüste. Die Zellen messen vier mal sechs Meter, untergebracht sind darin jeweils zehn Gefangene. Die Temperaturen in diesen Landesteilen erreichen nicht selten 40 Grad, doch die Zellen haben keine Ventilation, geschweige denn eine der in den öffentlichen Einrichtungen Israels so gut funktionierenden modernen Klimaanlagen. »Das ist kein Gefängnis, sondern eine Folterkammer im mörderischen Klima der Wüste«, las ich später in Felicia Langers Aufzeichnungen, »man muß es sogar betonen: Hier hat der Faschismus Pate gestanden.« Männer werden in diesen Gefängnissen gefoltert und gedemütigt. Sie kämpften für ihre Freiheit und das Recht auf ihren eigenen Boden, wehrten sich gegen den Ungeist des Zionismus. Nur Männer? Das kleine Vorkommnis am so geruhsam begonnenen Abend in Ramallah steht mir wieder vor Augen. Und in den Aussagen des Anwalts Abed al Assali, eines Mitarbeiters von Felicia Langer, heißt es unter »Erlebnisse von Kindern« »Sie stellten mich mit Gewalt auf den Kopf, banden meine Beine an ein Fenster. Mir floß Blut aus dem Mund. Nach dreitägiger Folter drohten sie, meine Mutter und meine Schwester zu holen, um sie vor meinen Augen zu vergewaltigen. Da gestand ich ...« Der dies erdulden mußte, so geht aus dem Bericht des Anwalts hervor, war dreizehneinhalb Jahre alt, Mahmoud Nafa-a Ahmed Salamah, ein Schüler aus Kalandia. Er wurde von israelischer Soldateska im Gefängnis gefoltert wie auch der gleichaltrige Muhammed Ahmed Abdallah Matir. »Sie schlugen mich mit Gummiknüppeln auf die Geschlechtsteile«, gab er zu Protokoll, »sie klemmten meinen Kopf zwischen zwei Stühle und forderten mich auf, den Körper zu heben und zu senken. Dann rissen sie mich an den Haaren hoch und schlugen mich ...« Ich bringe es kaum fertig, weitere Greuel niederzuschreiben. Aus Felicia Langers anklagenden Berichten stammt auch dieser Fall: Vor dem Militärgericht in Ramallah standen zwei fünfzehnjährige Mädchen aus dem Flüchtlingslager Jelazoon. Sie waren angeklagt, im Herbst 1979 bei einer Demonstration Steine und brennende Fackeln auf israelische Sicherheitskräfte geworfen zu haben. Hier hatte, wie sich dann herausstellte, die Gush-Emunim-Bande ihre Hand im Spiel. Die beiden Mäd-
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chen mußten auf der Militärkommandantur in Ramallah erscheinen und wurden in Verhören mit Schlägen so übel zugerichtet, daß sie danach kaum noch laufen konnten. Auch in diesem Fall schaltete sich Felicia Langer ein, übernahm sie die Verteidigung, schickte eine Dienstaufsichtsbeschwerde an Israels Verteidigungsminister sowie Kopien an die Rechtsberater der Regierung. Sie verlangte die sofortige Freilassung der beiden Mädchen und die Bestrafung der Offiziere. Im Verhandlungssaal saßen unter anderem Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes und des Internationalen Juristenverbandes aus Genf. Felicia Langer hatte alles in Bewegung gesetzt. Es gab keine eindeutigen Beweise gegen die Mädchen, und das Militärgericht mußte sie freisprechen. Ausschlaggebend war wohl die Teilnahme von Vertretern internationaler Organisationen an diesem Prozeß. Der Terror und die Mißhandlung von Kindern hatte im Ausland großes Aufsehen erregt. Mit den Bildern von Ramallah vor Augen setzten wir unseren Weg nach Jerusalem und Bethlehem fort. Aus meiner Kindheit haben sich mir Worte aus der biblischen Geschichte eingeprägt. »Lasset die Kindlein zu mir kommen«, hat er, so heißt es, in Galiläa gerufen, »und wehret ihnen nicht.« Nun ziehe ich auf seinen Wegen durch das »Heilige Land« und finde alles Gute, das von ihm erhofft und verkündet, mit Füßen getreten. Jeder, der sich heute Jerusalem, der ehrwürdigen Stadt mit ihrer Jahrtausende alten Geschichte nähert, ist von den vielen neuen Bauten rings um die Altstadt beeindruckt. Sie zeichnen sich durch eine der Landschaft angepaßte Architektur aus. Terrassenförmig angeordnete gelbbraune Steinhäuser sind umgeben von schattenspendenden blühenden Gärten. Gepflegte Straßen durchziehen die modernen Viertel. Im alten Stadtteil dagegen locken arabische Händler wie eh und je in engen Basarstraßen mit dem Vielerlei ihres Angebots die Menschen aus aller Welt an. Textilien, Früchte, stark duftende Gewürze, Kupfer- und Messinggeräte, Teppiche - es ist eine überwältigende Pracht, und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, Touristen nehmen alles begierig in sich auf, kaufen, fotografieren. Aber wer sehen will, der sieht auch bald dies: Die massiven großen Steinbauten, die in den einst arabischen Vierteln seit der Okkupation
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ganz Jerusalems durch die zionistische Regierung im Jahre 1967 für jüdische Bürger entstanden und weiter gebaut werden, erfüllen nicht nur einen sozialen Zweck. Sie sind gleichsam wie ein die Stadt strategisch umschließender Festungsgürtel angelegt. Daraus machen die israelischen Behörden auch kein Hehl. Der Plan der Judaisierung der besetzten Gebiete gilt auch hier. »Gibt es denn ein Gesetz, das den Arabern verbietet, im jüdischen Jerusalem eine Wohnung zu mieten?« frage ich. Die Genossen klären mich auf: »Die Barrieren sind raffinierter. Staatliche, private oder kommunale Baugesellschaften können auf eine Klausel im Gesetz verweisen, wonach nur der eine Wohnung erwerben, bauen oder mieten kann, in dessen Familie wenigstens ein Mitglied in der israelischen Armee dient oder gedient hat, oder aber wer jüdischer Einwanderer ist.« Damit sind für Araber die Aussichten gleich Null. Hinzu kommen die schweren Lebensbedingungen für arabische Familien. Sie finden schlecht Arbeit, haben meist viele Kinder. Neue Wohnungen aber sind teuer. Und so werden immer mehr Araber gezwungen, Jerusalem zu verlassen. Schon 1977 war die Zahl der arabischen Einwohner Jerusalems von 120 000 auf 90 000 gesunken. Bei einem Bevölkerungszuwachs von drei Prozent jährlich kann man leicht errechnen, wie viele Mütter und Kinder aus Jerusalem seither auf der Flucht oder in Unsicherheit leben. Mitten im dichten Autoverkehr Jerusalems reiten arabische Kinder auf Eseln. Einen arabischen Wasserträger bitte ich um einen Becher Wasser. Er gibt ihn gegen ein Handgeld gern. »Mabrouk«, sagt er, »Viel Glück«, heißt das. Ich habe diese Worte von Arabern viele Male gehört. Und auch das Wörtchen »zumud« - »ausharren«. Mir scheinen sie wie eine Losung zu sein: Viel Glück im Leben, das für uns Kampf und ausharren bedeutet; klammere dich an dein Dorf, deine Stadt, deinen Olivenbaum, laß dir nicht das Letzte, die Hoffnung auf Freiheit, nehmen! Ich trinke diesen Schluck Wasser unweit jener Stelle, an der vor nicht allzu langer Zeit ein Mann plötzlich unter der Maschinengewehrgarbe eines Besatzers auf dem Bürgersteig zusammenbrach. »Ich sah ihn und empfand nur Haß«, hatte der Mörder später ausgesagt, »denn er war ein Araber.«
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Haß vergiftet das Leben der Kinder, der Jugend, der Nachkommen jüdischer Menschen, die einst selbst unter dem Haß der Rassisten im faschistischen Deutschland gelitten haben. Das ist für mich immer wieder unfaßbar. Ich sprach mit fortschrittlichen Oberschülern, Eltern, Lehrern. Sie zeigten mir Bücher und Schriften, die diesen Haß zur Lehre erheben. In einer Schülerzeitung der erweiterten städtischen Schule »C« in Jerusalem laß ich: »Araber sind Untermenschen. Ich traue ihnen nicht. Wenn ich einen Araber auf der Straße sehe, fühle ich Haß gegen ihn. In unserem Unterbewußtsein ist der Araber eine schlechte Person.« Der Lehrplan in jüdischen Schulen in ganz Israel, der schon immer auf der zionistischen Ideologie basierte, ist in wachsendem Maße nationalistisch und klerikal. Die jüdische Nationalität wird glorifiziert. Da liest man vom »auserwählten Volk«, vom »Land unserer Erzväter«. Mehr als 50 Prozent der Unterrichtsstunden in jüdischen Schulen sind auf die eine oder andere Weise mit der jüdischen Religion verquickt. Zum Haß unter der israelischen Jugend gegenüber Arabern trägt nicht wenig auch der Inhalt von Kinderbüchern bei. Erschüttert hielt ich ein solches Buch in der Hand. Illustrationen zeigen Araber, wie sie Juden töten, aber das jüdische Kind ist im Kampf gegen diese »Untermenschen«, gegen die »feigen, schlechten und grausamen Araber« immer siegreich. Da sind sie wieder, die Parallelen zum faschistischen Modell. In der Nähe von Jerusalem zeigen mir meine Gastgeber den Hügel »Zion«, der nach der jüdischen Vorstellungswelt religiöse Bedeutung hat, ein heiliger Berg ist. Der Begriff Zionismus ist diesem Hügel entlehnt. Was will er nun eigentlich, dieser Zionismus? Die Begründer der zionistischen Bewegung, u. a. der österreichische Journalist Dr. Theodor Herzl (1860 bis 1904), Dr. Wolffsohn, Rechtsanwalt aus Deutschland, Dr. Nordau aus Paris, Dr. Lippe aus Rumänien, hatten Ende des vergangenen Jahrhunderts auf dem ersten Zionistischen Weltkongreß am 31. 8. 1897 in Basel ein Programm durchgesetzt, das die Gründung des »Erez«, des Landes Israel in Palästina, vorsah. »Wäre die jüdische Einwanderung nach Palästina mit dem Ziel erfolgt, mit uns Palästinensern als Bürger gleicher Rechte und Pflichten zu leben, hätten wir für sie Raum geschaffen, im Rahmen der Möglichkeit unserer Hei-
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mat«, erklärte Yassar Arafat. Diesem einzig vernünftigen Ziel zweier gleichberechtigter Staaten jedoch standen und stehen die Ziele der Fanatiker des Zionismus entgegen. Kern der Ideologie des Zionismus, der sich mehr und mehr zur politisch-nationalistischen Bewegung entwickelte, bildet die Behauptung, daß es eine besondere jüdische Rasse gäbe, die ihrer historischen Rolle nur in Palästina gerecht werden könne. In Herzls Hauptwerk »Der Judenstaat« kann man seine recht drastische Anweisung für die Machtergreifung lesen. »Nehmen wir an«, heißt es da, »daß wir ein Land von wilden Tieren säubern wollen, dann werden wir gewiß nicht mit Pfeil und Bogen einzeln den Spuren der Bären nachgehen, wie es im 5. Jahrhundert in Europa der Fall war, sondern wir werden eine kollektive große und gut gerüstete Kampagne organisieren und die Tiere verjagen und hochexplosive Bomben unter sie werfen.« Und auch schon vor über 80 Jahren umriß der Plan extremer Zionisten das zu schaffende »Groß-Israel« nach den Grenzen der biblischen Legende: Es sollte vom zentral-anatolischen Hochland bis zum Suezkanal reichen, das heißt, es müßte heute souveräne Staaten wie Libanon, Syriern, Jordanien, das bis 1948 bestehende gesamte Palästina, Teile von Ägypten und der Türkei umfassen. Nach Dr. Theodor Herzl sind übrigens viele Straßen und öffentliche Einrichtungen in dem nunmehr so unheilvoll wirkenden Staat Israel benannt. Eine verständliche Huldigung an einen geistigen Vater des zionistischen Terrors. Daß viele Menschen den Predigten der Zionisten zunächst einmal folgten, ist erklärlich, denn sie sahen darin einen Ausweg aus der Not, den Auswirkungen der Pogrome und Unterdrückungsmaßnahmen gegen jüdische Bürger in kapitalistischen Ländern. Endlich kehren wir in Bethlehem ein. Das ist nun die vielbesungene Stadt. Die Straßen hinauf bis zum Zentrum der biblischen Stadt säumen viele »Gift-Shops«, Geschenk- und Souvenirgeschäfte. Die »KingDavid-Stora«, die Geschichte vom ruhmreichen König David, wird in Englisch und in anderen Sprachen angeboten, neben so manch anderem Souvenir, neben Figuren und Bildnissen aus dem Alten und dem Neuen
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Testament. Die Autos der Touristen und die Busse der Reisegesellschaften drängen sich auf dem Platz vor der weltberühmten Kirche, die in ihrem Inneren den vermeintlichen Stall von Bethlehem beherbergt, in dem einst »das Kind« geboren und von seinen Eltern in einer Krippe auf Heu und Stroh gebettet wurde. Auch hier, vor dem Heiligtum der Christenheit, befindet sich ein großes Souvenir-Center. Wir treten gebückt durch die kleine Öffnung. Ich weiß, viele gläubige Christen hätten mich beneidet, wären gern an meiner Stelle an diesem historischen Ort. Und auch für den Nichtgläubigen ist die Reise zu dieser Stätte ein großes Erlebnis. Doch man verzeih mir, wenn ich hier bemerke, daß ich an der Krippe von Bethlehem wenig Andacht empfinde, sondern mehr an die beiden MPi-bewaffneten israelischen Soldaten denken muß, die draußen vor dem niedrigen Eingang zur Pilgerstätte jeden mit Mißtrauen bewachen. Immer und überall haben sie die MPi im Anschlag. Israels Armee, so erfahre ich, hat eine besondere Haltung zur persönlichen Waffe. Auch in den Urlaub darf der Soldat seine Waffe mitnehmen. Das verstärkt in ihm sein Überlegenheitsgefühl gegenüber dem überall lauernden »Feind«, dem Araber. Abends erstrahlt in dem malerisch an Hängen gelegenen Bethlehem eine bunte Lichterkette rings um das Souvenir-Center vor der Kirche, und der Stern von Bethlehem leuchtet bunt von Türmen und Häuserfirsten über dem Land. Zum letztenmal bin ich bei Janina nach unserer Reise in Haifa zu Gast. Noch einmal kommen wir nach all dem Erlebten auf ihre Tagebuchaufzeichnungen zurück. Sie schildert mir, wie eine geheime Lagerorganisation im Janowski-Lager auf sie, auf das kleine Mädchen, das seine »Gedichte ohne Reime« vortrug, aufmerksam geworden war. Nachdem es im August 1943 gelungen war, das Kind aus dem Lager herauszuschmuggeln und nach Krakow zu bringen, erhielt es ein graues Schreibheft und einen Bleistift. Die Erwachsenen hofften, Janina werde nun unbelasteter ihre Erlebnisse niederschreiben können. Und das tat sie auch. Dieses graue, mit typisch kindlicher, aber deutlicher Schrift beschriebene Heft wurde von einem Ort zum anderen gebracht und sorg-
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sam gehütet. Diese Vorsicht war zwingende Notwendigkeit, schrieb doch das Kind in einer Zeit und unter Umständen, da so entlarvende Worte mit dem Tod geahndet wurden. »Ich will leben und kämpfen«, hatte Janina damals entschieden. Und so ist Schreiben für sie auch heute noch ein Ausdruck dieses Leitmotivs ihres Lebens. »Weißt du«, sagt sie mir, »ich hatte das Glück, die Schrecken des Faschismus mit gesundem Geist zu überstehen, so daß es mir noch gelang, meine Altersgenossen einzuholen. Ich konnte die Volksund Mittelschule besuchen, ein Chemiestudium abschließen. Ich habe einen guten Mann gefunden, bin glücklich mit meinen beiden Söhnen. Ich habe eine Wohnung, schöne Bücher, Möbel, alles Dinge, die die meisten von uns besitzen. Aber nicht jeder weiß es vielleicht so zu schätzen wie ich, kann daher vielleicht auch nicht so tief mitfühlen mit denen, die es verlieren.« Vor nicht allzulanger Zeit hatte sie sich an einem literarischen Wettbewerb für antifaschistische Literatur in Israel beteiligt. Ihre Arbeit erhielt den ersten Preis, wurde aber nie veröffentlicht. Als bekannt wurde, wer sich hinter dem Pseudonym »Hejm aus Chajm« verbarg - eine Kommunistin -, hintertrieben einflußreiche Zionisten die Veröffentlichung. Das Manuskript ist in Janinas Muttersprache, in Polnisch, verfaßt worden. »Oni jeszcze zyja.« - »Sie leben noch«, ist der Titel, unter, dem Janina noch einmal in dieser Erzählung Ghetto-Schicksale, Ereignisse des Sommers 1943 in Lodz, lebendig werden lassen wollte. Als sie davon spricht, spüre ich, daß sie sich von ihren eigenen Erlebnissen inspirieren ließ, und diese zwingen zu Vergleichen zwischen dem, was damals der Faschismus in Europa verbrochen hat, und dem Ausrottungsprogramm der zionistischen Machthaber in Israel gegenüber dem palästinensischen Volk. Eine solche Ghetto-Literatur, wie sie Janina schreibt, ist deshalb im jüdischen Staat nicht konform. Was Abed und Gershon mit dem Denkmal von Sachnin bekunden, will Janina mit diesem kleinen Werk erreichen. »Ich habe auf meine Weise versucht«, sagt sie, als sie mir das Manuskript zu lesen gibt, »der Annäherung und Verständigung der beiden Völker ein Denkmal zu setzen und unserem gemeinsamen Sehnen nach ehrlichem Frieden Aus-
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druck zu verleihen.« Ich bin sicher, dieses Buch von Janina HeschelesAltmann wird eines Tages viele Menschen erreichen und mahnen - genauso wie ihre Tagebuchnotizen aus dem Ghetto. Mich jedenfalls wird das Buch an meine Israel-Reise im Jahre 1979 erinnern. Es wird das Bild von einem Staat in mir wachhalten, dessen herrschende Klasse in den letzten drei Jahrzehnten vor der gesamten Welt ein neues Beispiel des Unrechts und der Grausamkeit dokumentiert. Der letzte Abend unter Freunden, die mir diesen Aufenthalt ermöglicht und die mich täglich begleitet haben, ist angebrochen. Wir sitzen, wie oft in den letzten Tagen, zusammen, erzählen, singen. Deutsche, polnische, arabische, russische, jüdische Arbeiter- und Volkslieder erklingen. Viele gute Wünsche werden mir mit auf den Weg gegeben. Janina überreicht mir ein Abschiedsgeschenk; ein kleines, buntes Keramikgefäß erinnert mich nun täglich an diese ungewöhnliche Frau. Und als mich das Flugzeug in Richtung Heimat zurückbringt, begleitet mich in Gedanken eine Melodie. Sie ist mir bei Freunden begegnet, ohne jenen ekstatischen Unterton des Lobgesangs auf das »Land der Erzväter«. Die mir dieses jüdische Lied vorsangen, meinten es ehrlich mit dem »Schalom«, dem Wunsch nach Frieden, von dem diese Weise erfüllt ist: Damit »Schalom kein Cholera«, damit der Frieden kein Traum bleibt, heißt es darin.
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