Arbeiten mit Managementberatern
Arnd Petmecky Thomas Deelmann Herausgeber
Arbeiten mit Managementberatern Bausteine für eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Mit 39 Abbildungen und 1 Tabelle
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Arnd Petmecky Thomas Deelmann Deutsche Telekom AG Friedrich-Ebert-Allee 140 53113 Bonn E-mail:
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ISSN 1612-4995 Schriften zur Unternehmensberatung hrsg. von Thomas Deelmann und Arnd Petmecky.
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ISBN 3-540-22018-6 Springer Berlin Heidelberg New York
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Von der Beratung zweiter Ordnung - Geleitwort „Warum schreiben Unternehmensberater Bücher?" Nach Peters and Waterman, Hammer und Champy und vielen anderen uns mit Weinen und Schläuchen beHefernden Beratern, musste diese Frage aus der Wissenschaft gestellt werden, wie z.B. durch den Soziologen Dirk Baecker Anfang der 1990er Jahre im „Blick durch die Wirtschaft" der FAZ. Eine Antwort gab Milton D. Rosenau, ein in Santa Monica, Kalift)rnien, ansässiger Berater mit seinem Artikel „You can benefit fi*om a published book" 1990 im Journal of Management Consulting mit der Funktion der Auftrags-Akquise. Dirk Baecker schlussfolgerte weitergehend, dass Bücher eine Distanz zwischen Berater und Klienten schaffen, die von beidseitigem Nutzen sein kann. Ein Buch, also eine nicht auf einen einfachen Nenner zu bringende Perspektive, macht den Berater „undurchschaubar", wie der Soziologe Niklas Luhmann dies 1989 in seinem in der Beraterbranche wenig beachteten Beitrag „Kommunikationssperren in der Unternehmensberatung" formulierte. Damit ist auch eine Minimalbedingung von Büchern der Berater benannt, die leider zu häufig missachtet wurde: „Etwas auf einen nicht zu einfachen Nenner zu bringen."
„Warum schreiben Unternehmensberater Bücher über Unternehmensberatung?'' Diese Frage ist nach der Boom-Phase der Differenzierung und Internationalisierung der Professional Service Firms beginnend mit den späten 1960er Jahren tatsächlich zu stellen. Die Konsolidierung, Restrukturierung sowie Zusammenschlüsse - einst Anlässe zur Konsultation der Consultants- werden mit dem Jahrtausendwechsel zu selbstreferentiellen Phänomenen der Beratung. Die aktuell 14.000 Beratungen in Deutschland werden den schrumpfenden Gesamtkuchen mit ca. 12,2 Mrd. Euro pro Jahr - ohne zu erwartendes Wachstum - immer wieder neu aufteilen müssen. Bei einem durchschnittlichen Umsatzvolumen von weniger als 1 Mio. Euro pro Beratung ist der größte Marktanteil mit 7,6 Prozent ohne dominierende Marktstellung. Auf dem globalen Beratungsmarkt sind die zweistelligen Wachstumsraten der 1990er Jahre (allein 1998 mit 21,9 Prozent) im Jahr 2002 mit -6 Prozent in die zyklische Normalität eines jeden Wirtschaftsunternehmens gerutscht. Aber Organisationsberatung mit 35,3 Prozent und Strategieberatung mit 24 Prozent sind zwei der drei umsatzstärks-
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Stephan A. Jansen
ten Beratungsfelder, so dass hier eine Beratung zweiter Ordnung aussichtsreich erscheinen müsste. Die Professionalisierung der Klientensysteme z.B. im Hinblick auf die Einkaufsstrategie von erfolgsabhängig vergütbaren Beratungsleistungen sowie der zunehmende Aufbau von internen Beratungseinheiten sind weitere Herausforderungen der Beratungsindustrie. Aber nicht nur Wachstumsprobleme und die Klientenprofessionalisierung, sondern auch Reputationsprobleme rütteln die Beratungsbranche hinsichtlich des schwierigen Themas „Dienstleistungsqualität" auf. McKinseys Beteiligung bei Enron und SwissAir, die Auflösung von Arthur Andersen im Nachgang kreativer Buchhaltungspraxen oder die Beantragung des Gläubigerschutzes von Arthur D. Little durch den geplatzten Börsengang von C-Quential sind nur einige Beispiele. Auch der Nachwuchs setzt einer Umfrage von Top-Consultant.com mit 750 Befragten auf Qualität als Hauptentscheidungskriterium, weit vor Karrierechancen und Gehalt. Die Reputationsprobleme führen zu einer neuen zunächst noch unkritisierten Konkurrenz: die Wissenschaft. Durch haushälterische Probleme gekennzeichnet - sowohl auf Ebene der Universität wie auch auf Ebene des Lehrstuhlinhabers - verlockt die Versuchung der Verwechslung von Beratung und Wissenschaft täglich aufs Neue. Zurück zur Frage: Für diese nur kurz skizzierte Transformationen der Beratungsindustrie bedarf es Bücher. Das hier vorliegende Buch ist ein Beleg für die Notwendigkeit der Reflektion der Beratung und Korrektur des Role-Models des Beraters der letzten vierzig Jahre. Eine Branche beschaut sich selbst - wie man den Beiträgen entnehmen kann, in sehr unterschiedlicher Weise und Reflektionstiefe ihrer täglichen Arbeit. Wissenschaftlich sind diese drei Einflussfaktoren „Wachstumseinbruch", „Klientenprofessionalisierung" und „Reputationserosion" herausfordernd: (1) Für die Ausbildung und das Kompetenzprofi 1 von Beratern und (2) für eine Theorie der Transformationsgüter. (1) Eine Ausbildung von Beratern gibt es bisher nicht. Organisations-, IT- oder Strategie-Kompetenz sind fachliche Kompetenzen, die an Universitäten zumeist noch hinreichend vermittelt werden. Methodische und analytische Kompetenzen sind in den natur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen noch eher angelegt, als in der häufig unterkomplexen Betriebswirtschaftslehre. Der Ausweis der Offenheit beim Recruiting von „Paradiesvögeln" ist von daher weniger Marketing als schlichte Notwendigkeit. Die Produkte der Beratungen glichen dem „Garbage Can Model" von Cohen, March und Olsen, nach der Lösungen entwickelt wurden, für Probleme, die erst noch (beim Klienten) gesucht werden mussten. Die Ausbildung von Beratern muss umschalten von Lösungen und von der Generalisierungskompetenz unzähliger Einzelbeispiele auf Theorie und eine Beobachtungskompetenz der Irritationsfähigkeit von Organisationen zur
Von der Beratung zweiter Ordnung - Geleitwort
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Selbstbearbeitung ihrer Probleme. Niklas Luhmann pointiert in dem angeführten Aufsatz (S. 211): „Will der Berater vermeiden, als Dauereinrichtung in den Handlungszusammenhang des Unternehmens inkorporiert [...] zu werden, muß er soviel Information übertragen, dass die Firma nicht nur aufgrund seiner Vorschläge, sondern aufgrund der Theorie handeln kann, die ihnen zugrunde liegt." (2) An der ZEPPELIN UNIVERSITY arbeiten wir derzeit an der „Theorie der Transformationsgüter". Diese Güter zeichnen sich dadurch aus, dass sie während des Konsums beim Konsumenten die Selbstproduktion der Transformation imputieren. Transformationsgüter entsprechen dem Alvin Tofflerschen „prosumerism", also der Personalunion von Produzenten und Konsumenten. Coaching, Therapie, aber auch Sonnen- und Fitnessstudios, Biokost, Kosmetik- und Wellness-Produkte, Schönheitschirurgie und eben Beratung sind Beispiele für diese margen-intensivere Güterkategorie. Beratung im Sinne einer Transformationsgüter-Theorie wäre dann der Impuls zur Irritation der Selbstbeschreibung des Klientensystems durch die Intervention des Beraters. Dafür kann der Berater nur wenig, denn der Klient ist derjenige, der arbeitet! „In den Augen der Umstehenden markiert das Buch den Berater wie einst der Narr den König", so formulierte Dirk Baecker am Ende seiner kurzen Ausführung zur Beratung durch Bücher. Ich wünsche diesem Buch diese Narrenfunktion, also eine verdiente Irritation der Selbstbeschreibung der Beratung durch die Berater und damit eine Funktion der Beratung zweiter Ordnung.
Friedrichshafen, im Juli 2004 Prof. Dr. Stephan A. Jansen
Über die Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden - Vorwort „Arbeiten mit Managementberatern", so lautet der Titel des vorliegenden Sammelbandes. Der Fokus der einzelnen Beiträge ist bewusst auf die Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde gelegt worden. Hierbei spiegelt er die Entwicklung der vergangenen Jahre wider, in denen eine Verschiebung von einer einfachen Inanspruchnahme von Beratern hin zu einer aktiven Zusammenarbeit mit Beratern stattgefunden hat. Nach Meinung der Herausgeber wird sich diese Entwicklung auch zukünftig fortsetzen. In diesem Zusammenhang ist zu erwarten, dass sich die Hauptcharakteristika Projekte verschieben werden. Um dies zu verdeutlichen können drei Projekttypen unterschieden werden (vgl. Abbildung 1). Im Rahmen der Individualberatung werden Problemsituationen, Branchenentwicklungen, spezifische Fragestellungen etc. zwischen Berater und Kunde im kleinen Kreise, d.h. mit maximal zwei bis drei Beratern, diskutiert. Diese Projekte zeichnen sich durch eine Laufzeit von maximal sechs Wochen aus. Besonders auf der persönlichen Ebene besteht eine starke Bindung und ein etabliertes Vertrauensverhältnis. Die als Methoden- und Fachberatung bezeichneten Projekte haben einen klassischen Charakter dahingehend, dass der Berater mit einem Projektteam beim Kunden ein mehr oder minder standardisiertes Problem löst. In diesem Segment scheint tlw. ein Preisüber einen Ideenwettbewerb zu dominieren. Relevanz
zukünftig
aktuell
Kurz- und Individualberatung
Methoden- und Fachberatung Projekttyp
Abb. 1. Relevanzverschiebung zwischen verschiedenen Projekttypen
Großprojekte
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Bei den als Großprojekten bezeichneten Beratungsbeziehungen werden Frage- und Problemstellungen meist unter Zuhilfenahme von unternehmensweiten Veränderungen oder Unternehmenstransformationen gelöst. Als Beispiel kann hier die Fremdvergabe ganzer Aufgabenpakete des Unternehmens oder die Entwicklung und Einführung einer das Geschäftsmodell verändernden Software genannt werden. Während aktuell die Methoden- und Fachberatung zu dominieren scheint und die höchste Relevanz i.S.v. Häufigkeit auf sich vereint, ist zu erwarten, dass sich die Beziehungen zwischen den einzelnen Projekttypen zukünftig umkehren. Die Zusammenarbeit bei individuellen Fragestellungen sowie die Kooperation bei Großprojekten werden zunehmen, die rein methodische Beratung in ihrer Relevanz abnehmen. Diese Entwicklung ist zum einen durch die sog. Klientenprofessionalisierung bedingt und zum anderen durch den Wechsel vieler ehemaliger Managementberater in die Kundenuntemehmen innerhalb der letzten Jahre und die durch den damit verbundenen Methoden- und Wissenstransfer abnehmende Nachfrage nach diesen Projekten. Es liegt nun in den Händen der Berater sowie ihrer Kunden, entsprechende Rahmenbedingungen und organisatorische Abläufe zu definieren, um dem gerade aufgezeigten Trend vorbereitet zu begegnen. Bei der Individualberatung mag die Kontingentierung von Beratungskapazität oder der Einsatz von Realoptionsmechanismen zur Preisgestaltung ein probates Mittel sein, bei Großprojekten ist die Teilung des unternehmerischen Risikos bspw. in Form von Joint Ventures oder einer andere Form der langfristigen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit eine Möglichkeit der Umsetzung. Die folgenden Beiträge in diesem Sammelband haben zum Ziel, die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden zu verbessern. Dies gelingt ihnen, indem Grundlagen der Zusammenarbeit erklärt, Erfolgsbeispiele aufgezeigt und Handlungsmotive dargelegt werden. Die Vielfalt und Vielseitigkeit der Beiträge ist begründet durch die unterschiedlichen Blickwinkel, mit denen die Autoren das Feld der Managementberatung betrachten. Zum einen ist hier die Perspektive der Berater zu nennen, die als Partner renommierter und etablierter Managementberatungsgesellschaften seit Jahren erfolgreich mit Kunden zusammen arbeiten. Zum anderen kommen Mitarbeiter aus Kundenunternehmen zu Wort. Sie haben eine professionelle Einstellung zu Beratern und geben ihre gesammelten Erfahrungen weiter. Schließlich zählen die Marktbeobachter als dritte Gruppe zu den Autoren. Ihr wissenschaftlicher, forschender oder lehrender Blick hilft, die Entwicklungen und Grundlagen der Zusammenarbeit losgelöst von Einzelbeispielen zu abstrahieren und aufzuzeigen.
über die Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden - Vorwort
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Die einzelnen Beiträge sind in drei Abschnitten zusammengefasst. Im ersten Teil werden die Grundlagen der Beziehung zwischen Beratern und Kunden betrachtet und Ansätze zur allgemeinen Gestaltung der Zusammenarbeit vorgestellt. Die Herausgeber stellen im ersten Beitrag die Fragen, warum es Berater gibt und warum es nicht nur Berater gibt. Diese Fragen versuchen sie mit Hilfe der Transaktionskostentheorie zu beantworten und hieraus Handlungsempfehlungen für sowohl Berater als auch für Kunden abzuleiten. Dr. David R. Dean betrachtet in seinem Beitrag Beratung als einen Wirkungskreislauf. Strategieberatung wird hier als eine praktische Disziplin dargestellt, in der ein Projekterfolg sich nicht am Konzept, sondern am realisierten Ergebnis misst. Grundlage für eine erfolgreiche Realisierung von Strategieprojekten ist die langfristige und vertrauensvolle Zusammenarbeit, auf deren Basis gegenseitiges Verständnis entsteht und Veränderungen ermöglicht werden. Dr. Klaus Mattern und Gregor Vogelsang destillieren die Essenz des Erfolges. Sie abstrahieren von einem positiven Projektergebnis und geben dem Leser verschiedene Hilfestellungen an die Hand, mit denen die Konzentration auf das Wesentliche im Projektgeschäft gelenkt werden soll. Die Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde soll so nicht lediglich zu einem Ergebnis, sondern vielmehr zu einem Erfolg führen. Eine Erfolgspartnerschaft zwischen Kunde und Berater unter anderen Voraussetzungen diskutiert der Beitrag von Alexander Büchsenschütz und Dr. Kerstin Baumgart. Sie stellen Entstehungsfaktoren und Leistungsspektren interner Unternehmensberatungen dar und grenzen diese von ihren externen Pendants ab. Weiterhin gehen sie auf die spezifischen strategischen Erfolgsfaktoren interner Beratungseinheiten ein. Der Aspekt der Zusammenarbeit wird im Beitrag von Dr. Franz-Josef Seidensticker weiter konkretisiert. Hier wird die Strategieberatung unter dem Blickwinkel einer unternehmerischen Erfolgspartnerschaft betrachtet. Einzelne Bausteine, die für eine solche Partnerschaft große Relevanz haben, werden ebenso erläutert, wie die entsprechenden Maßstäbe einer erfolgreichen und nachhaltigen Zusammenarbeit. Die langfristige Zusammenarbeit in Form einer strategischen Partnerschaft greift auch Dr. Heinz-Gerd Peters auf Er stellt sie als Basis für einen gemeinsamen Erfolg heraus, der wiederum sowohl als Quelle, wie auch als Ergebnis innovativer Projekte und Produkte betrachtet werden kann. Dieser Beitrag beschließt den ersten Teil zur grundsätzlichen Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde. Der zweite Abschnitt umfasst Beiträge, welche die gerade getroffenen Aussagen konkretisieren. Sie geben Hinweise und Praxisbeispiele zur Zu-
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sammenarbeit innerhalb der verschiedenen Phasen eines Beratungsprojektes: Anbahnung und Vertragsschluss, Konzeption und Umsetzung, Abschluss und langfristige Nutzensicherung. Martin Gutberiet beschreibt mit Hilfe von Praxisbeispielen Aspekte, die bei der Gestaltung internationaler Beratungsprojekte beachtet werden sollten. Hierbei geht er besonders auf die Aufgaben des Projektmanagements ein und beschreibt ihre Beeinflussung durch den Grad der Globalisierung der Kundenunternehmen, die Zentralisierung ihrer Prozesse sowie die unterschiedlichen soziokulturellen Prägungen. Internationale Projekte, so die These, können durch die gemeinsame Nutzung der individuellen Stärken der beteiligten Personen die Herausforderungen der Globalisierung meistern. Eine zunehmend wichtigere Rolle (besonders) im Vorfeld der Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden nimmt der Einkauf als Intermediär zwischen den beiden Projektpartnern ein. Andrea Kraus stellt zunächst die Besonderheiten des Einkaufs von Beratungsleistungen heraus. Anschließend skizziert sie sowohl ein Szenario, in dem Beratungsleistungen ohne Einbindung des Einkaufs beschafft werden sowie eines, in dem der Einkauf eingebunden wird. Verschiedene Vorteile des letzteren Szenarios zeigen die Vorteile der neuen Rolle des Einkaufs. Aufbauend auf dem Beitrag zur Intermediärsfunktion des Einkaufs beschreibt Christian Roth sowohl einen strategischen Gesamtprozess zum Einkauf von Managementberatungsleistungen, wie auch den operativen Prozess zur Vergabe eines Projektes. Die zusammenfassenden kritischen Erfolgsfaktoren geben die Erfahrungen des Autors wieder und können auch in anderen Unternehmen die Grundlage für einen erfolgreichen Einkauf von Beratungsleistungen bilden. Einen Überblick über die Arbeitsweise von Managementberatern in den verschiedenen Phasen des Projektlebenszyklus geben Dirk Reiter und Felicitas Schneider. In ihrem Beitrag gehen sie auf Kontaktgespräch, Projektvorschlag, Zielgrößenbestimmung, Plausibilitätschecks, Verbesserungskonzepte und -maßnahmen sowie ein Maßnahmencontrolling ein. Die nachhaltige Nutzenstiftung entlang des Projektlebenszyklus steht auch für Dr. Martin Sonnenschein im Zentrum des Dienstleistungsgedanken von sog. Professional Service Firms, zu denen auch Managementberater zählen. Sonnenschein greift Angebotsphase, Projektarbeit und die Zeit nach Abschluss des Projektes auf und zeigt, wie nachhaltig Nutzen generiert werden kann. Einen Erfahrungsbericht über die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde liefern Jürgen P. Czapran, Dr. Andreas Gentner und Dirk Weißenfeldt. Hier stellen Berater und Kunde gemeinsam heraus,
über die Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden - Vorwort
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dass verschiedene Voraussetzungen im Projektverlauf zu berücksichtigen sind - ein Fehlen nur mit Mühe wieder rückgängig gemacht werden kann. Dr. Rainer Schiweck geht auf Besonderheiten einer speziellen Klasse von Projekten ein. An Hand verschiedener Beispiele von Untemehmensübernahmen und -Zusammenschlüssen zeigt er Erfolgsfaktoren auf und skizziert in diesem Zusammenhang mögliche Einsatzpunkte von Managementberatern sowie einen typisierenden Merger-Prozess aus einer differenzierten Perspektive. Stefan Heppelmann und Gerhard Nenning stellen sich der Frage, wann eine Beratungsleistung ihr Geld wert ist. Sie arbeiten heraus, was eine gute Beratungsleistung ausmacht und kommen zu dem Ergebnis, dass die Schaffung bzw. Steigerung von Werten das Handeln der Beratung leiten muss. Das Ziel bestimmt somit den Weg. Mit Ergebnissen von Beratungsprojekten beschäftigt sich auch der Beitrag von Thomas Kipp. Er stellt heraus, dass Berater mehr als nur Analysen und Konzepte liefern müssen und dass Realitätsorientierung, Wertorientierung sowie ein ganzheitlicher Ansatz als Unterscheidungsmerkmale zwischen verschiedenen Projekten bzw. Projektvorschlägen angesehen werden können. Von Beratern wird gefordert die Anstrengungen, die zur Deckung der Merkmale notwendig sind, richtig zu orchestrieren. In der Zielorientierung und der Schaffung von Unternehmenswerten sehen Dr. Dieter Lange und Torsten Tönnies die Ausgangsbasis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Vertrauen, ein regelmäßiger Gedanken- und Informationsaustausch sowie ein straffes Projekt- und Qualitätsmanagement werden von den Autoren als weitere notwendige Punkte genannt, um die Erwartungen des Kunden erfüllen zu können. Neben den gerade skizzierten Anforderungen an Berater können auch an die Kunden verschiedene Hinweise für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gerichtet werden. Sandra Aengenheyster und Dirk Zimmermann beschließen den zweiten Abschnitt dieses Sammelbandes. Sie ziehen die sieben Todsünden als Leitmotiv heran und zeigen dem Leser, welche Fehler beim Einsatz von Managementberatem gemacht werden können. Anschließend präsentieren sie sieben Gebote für den richtigen und erfolgreichen Umgang mit Beratern. Die im dritten Abschnitt versammelten Beiträge entfernen sich ein wenig von den grundsätzlichen Bausteinen der Zusammenarbeit des ersten und den konkreten Bausteinen des zweiten Abschnitts. Sie bieten dem Leser vielmehr einen (Aus-)Blick auf die Beratungsbranche. Aus verschiedenen Perspektiven betrachten sie historische, aktuelle und zukünftige Entwicklungen und stellen ökonomische Rahmenbedingungen dar.
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Arnd Petmecky, Thomas Deelmann
Prof. Dr. Dietmar Fink beschreibt zunächst die historische Entwicklung der Managementberatung. Die Geschichte der Branche wird mit Hilfe von bekannten Managementberatungen nachgezeichnet und mit Hilfe von fünf Zeitabschnitten werden die unterschiedlichen Wendungen und Wandlungen charakterisiert: Initialisierung, Professionalisierung, Internationalisierung, Differenzierung und Konsolidierung. Thomas Lünendonk und Dr. Heinz Streicher setzen auf dieser Entwicklung auf und stellen den derzeitigen Beratungsmarkt Deutschland dar. Betrachtungen zu Anbieterstruktur, Umsatz, Marktanteilen und Kunden sind Grundlage für die Erstellung eines aktuellen Anforderungsprofils an Unternehmensberater und aktuelle Ansichten zu einem neuen Typ von Beratungsunternehmen, welche umfassende Beratungsleistungen aus einer Hand anbieten. Strategische Optionen für Berater und ihre Klienten zeigen Sandra Niewiem und Ansgar Richter, Ph.D. auf. Sie erläutern zunächst die Strukturverschiebungen in der Beziehung zwischen Beratern und Kunden, bevor sie die MikroÖkonomie des Beratungsmarktes betrachten und hierauf aufbauend verschiedene strategische Optionen herausarbeiten. Dr. Christoph D. Kolbeck und Jun.-Prof. Dr. Michael Mohe stellen einen Strukturwandel in der Untemehmensberatung fest. Ein Ende der Boomzeiten des Beratungsmarktes, ein Autoritäts- und Reputationsverlust von Beratungen, der Trend zu internen Beratungen sowie die zunehmende Klientenprofessionalisierung sind vier Trends, welche die bisherigen Spielregeln im Beratungsmarkt verändern. Mit dem letzten Aufsatz des dritten Abschnittes schließen die Herausgeber die vorliegende Beitragssammlung ab. Sie skizzieren einen Optionenraum für Geschäftsmodell, Strategie, Aufbau- und Ablauforganisation einer Beratung. Damit stellen sie die grundsätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Beratung dar und zeigen die im Optionenraum vorhandenen Interdependenzen auf Die gerade vorgestellten Beiträge sprechen im Wesentlichen drei Zielgruppen an. So sind zum einen die Kunden von Managementberatungsunternehmen zu nennen. Sie erfahren Hintergründe über das Selbstverständnis ihrer Lieferanten, Erfolgsbausteine für eine gelungene Zusammenarbeit und „best practices" aus anderen Unternehmen. Auf Kundenseite schöpfen demnach vornehmlich Führungskräften (Vorstände, Geschäftsführer, Bereichs- und Projektleiter) von mittleren und großen Unternehmen, ebenso wie Entscheider in öffentlichen Organisationen und weitere Beratungsexperten in den genannten Organisationen Nutzen. Zum zweiten sind Beratungsunternehmen, bzw. deren Mitarbeiter und potenziellen Mitarbeiter die Adressaten der vorliegenden Beiträge. Sie 1er-
über die Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden - Vorwort
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nen ihre Kunden im Hinblick auf deren Umgang mit Beratern besser kennen und können die Auswahlkriterien, Aspekte der Zusammenarbeit etc. besser verstehen. Seniore Mitarbeiter profitieren vom Branchenüberblick, jüngere bzw. potenzielle Mitarbeiter lernen über die Ansichten und Vorgehensweisen anderer. Weiterhin erhalten Marktbeobachter, Forscher und Dozenten Aussagen über Aktivitäten, die z.B. im Rahmen der Klientenprofessionalisierung getätigt werden sowie über Einstellungen, Schulen oder Philosophien, welche die verschiedenen Beratungshäuser unterscheidbar machen. Zielgruppe sind hier sowohl Wissenschaftler und Dozenten im Bereich Beratung, als auch Studenten, die sich mit dem Lehrstoff Unternehmensberatung auseinandersetzen, ebenso wie Analysten von „unabhängigen Dritten." Wir hoffen, mit dem vorliegenden Sammelband dem geneigten Leser eine Vielzahl von Perspektiven und Blickwinkeln auf den facettenreichen Themenkomplex der Managementberatung und die Vielzahl von Bausteinen in der Zusammenarbeit zwischen Beratern und Kunden bieten zu können. Dies wäre ohne die Hilfe und Unterstützung von vielen Menschen, denen wir an dieser Stelle unseren Dank aussprechen möchten, nicht möglich gewesen. Zunächst sind hier natürlich die Autorinnen und Autoren zu nennen, die mit ihren Erfahrungen, Meinungen, Positionen und Ideen die hier vorliegenden Beiträge erstellt und den Sammelband erst ermöglicht haben. Weiterhin sind wir dem Springer Verlag, vertreten durch Herrn Dr. Werner A. Müller, fiir die freundliche und stets kooperative Zusammenarbeit zu Dank verpflichtet. Unseren aktuellen und ehemaligen Arbeitskollegen gebührt unser Dank für die ermöglichten Schritte und das intensive und vielfältige Eintauchen in die Domäne der Managementberatung. Stellvertretend seien hier Hans Heith und Dr. Thomas Lützenrath genannt. Schließlich sei an dieser Stelle noch all denjenigen Dank ausgesprochen, die das eine oder andere Mal nicht unsere volle Aufmerksamkeit erhalten haben, da schon wieder die Beratung unsere Aufmerksamkeit gefordert hat ...
Arnd Petmecky und Thomas Deelmann Düsseldorf und Rhede
August 2004
Inhaltsverzeichnis
Teil A
Ansätze zur grundsätzlichen Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde.... 1
Warum gibt es Berater? Warum gibt es nicht ausschließlich Berater? Arnd Petmecky, Thomas Deelmann
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Verstehen - Verändern - Vertrauen: Strategieberatung als Wirkungskreislauf David R. Dean
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Die Essenz des Erfolges - was wir von gehenden Robotern lernen können Klaus Mattem, Gregor Vogelsang
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Quo vadis Inhouse Consulting? Strategische Erfolgsfaktoren interner Unternehmensberatungen Alexander Büchsenschütz, Kerstin Baumgart
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Strategieberatung als unternehmerische Erfolgspartnerschaft Franz-Josef Seidensticker
Teil B
Bausteine der Zusammenarbeit entlang der Phasen des Projektlebenszyklus
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Innovationsführerschaft und Managementberatung - strategische Partnerschaft als Basis gemeinsamen Erfolgs Heinz-Gerd Peters
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Die veränderten Aufgaben eines internationalen Projektmanagements Martin Gutberiet
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Der Einkauf als Intermediär zwischen Berater und Beratenem Andrea Kraus
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XVIII
Inhaltsverzeichnis
Einkauf Managementberaterleistungen in einem Großkonzern Christian Roth
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Creative Strategies That Work! Dirk Reiter, FeHcitas Schneider
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Nachhaltige Nutzenstiftung entlang des Projektlebenszyklus Martin Sonnenschein
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Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde - Erfahrungsbericht aus der Einführung eines globalen Führungs- und Steuerungssystems für einen internationalen Konzern 107 Jürgen P. Czapran, Andreas Gentner, Dirk Weissenfeidt Einsatz von Unternehmensberatern bei Unternehmensübernahmen und -Zusammenschlüssen Rainer Schiweck Werte schaffen - das Ziel bestimmt den Weg Stefan Heppelmann, Gerhard Nenning
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Creating Impact - Ansätze zur Erzielung nachhaltiger Ergebnisse bei Beratungsprojekten 153 Thomas Kipp Im Namen des Kunden Dieter Lange, Torsten Tönnies Die sieben Todsünden von Großunternehmen beim Einsatz von Management Consultants - und was Sie tun müssen, um sie zu vermeiden! Sandra Aengenheyster, Dirk Zimmermann
Teil C
(Aus-)Blick auf die Beratungsbranche
Machiavelli, McKinsey & Co. - eine kleine Geschichte der Managementberatung Dietmar Fink Der Beratungsmarkt Deutschland Thomas Lünendonk, Heinz Streicher
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Inhaltsverzeichnis Strategische Optionen für Berater und ihre Klienten Sandra Niewiem, Ansgar Richter
XIX 219
Strukturwandel in der Unternehmensberatung - vier Basistrends verändern die bisherigen Spielregeln des Beratungsmarktes 233 Christoph Kolbeck, Michael Mohe Optionenraum für Geschäftsmodell, Strategie, Aufbau- und Ablauforganisation einer Unternehmensberatung Thomas Deelmann, Amd Petmecky
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Autoren
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Teil A: Ansätze zur grundsätzlichen Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde
Warum gibt es Berater? Warum gibt es nicht ausschließlich Berater? Arnd Petmecky Thomas Deelmann
Einleitung In den letzten Jahrzehnten hat die Branche der Untemehmensberater verschiedene Phasen und Reifestufen durchlaufen. Fast durchgängig hat das Beratungsvolumen stark zugenommen. Dies gilt sowohl für Deutschland, wie auch für den europäischen Raum sowie für eine weltweite Betrachtung (Kennedy Information 2003). Diese Entwicklung führt zu der Frage, warum Berater eingesetzt werden, warum es Berater gibt? Für eine erste Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich, sich die verschiedenen Rollen zu verdeutlichen, die ein Berater in einem Beratungsprojekt gegenüber dem Kunden einnehmen kann (Heuermann u. Herrmann 2003). In Abhängigkeit der Rolle agiert er unterschiedlich gegenüber seinem direkten Auftraggeber oder den Mitarbeitern des Kundenuntemehmens: - Ratgeber: Der Berater ist ein Gesprächspartner seines Auftraggebers und will ihm zu besseren Entscheidungen verhelfen. - Planer: Der Berater versucht mit seiner Wirtschaftserfahrung Ziele und Visionen für die Zukunft aufzustellen, um damit dem Kunden bspw. die Erschließung profitabler Märkte zu ermöglichen. Der Berater bedient sich hierzu Portfolio-Techniken, Szenarien sowie Modellen. - Forscher: Der Berater setzt Statistiken und Analysen ein, um kreative Lösungen für eine Fragestellung zu finden und die Wissensbasis des Kunden zu erhöhen. - Diagnostiker: Der Berater ist hier Helfer des Managements und versucht über eine detaillierte Diagnose des Problems eine effektive Verbesserung bei Aufbau- und Ablauforganisation sowie im Bereich der Führung beim Kunden herbeizuführen. - Designer: Der Berater nutzt verschiedene Implementationstechniken, um mit Hilfe von Änderungen beim Einsatz von Informationstechnolo-
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Amd Petmecky, Thomas Deelmann gie und bei Geschäftsprozessen eine verbesserte Effektivität herzustellen.
Berater unterstützen also den Kunden in vielfältiger Weise und übernehmen teilweise dessen originäre Aufgaben. Vor diesem Hintergrund taucht als Ergänzung zur Frage, warum es Berater gibt, die Frage auf, warum es nicht ausschließlich Berater gibt? Wenn dessen Leistungen herausragend sind, sein Einsatz flexibel ist, warum sind dann nicht alle Mitarbeiter eines (Kunden-)Unternehmens als Berater beschäftigt? Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, den beiden gerade skizzierten Fragen (Warum gibt es Berater? Warum gibt es nicht ausschließlich Berater?) nachzugehen. Als Erklärungsansatz wird die Transaktionskostentheorie herangezogen. In den folgenden Abschnitten wird zunächst das Konstrukt der Transaktionskosten vorgestellt und auf die Dienstleistung Beratung angewandt. Anschließend werden daraus sowohl für das Absatzund Beschaffungsmarketing, welche sich beide mit dem Objekt Beratung beschäftigen, Handlungsimplikationen abgeleitet.
Transaktionskosten Die Transaktionskostentheorie will auf die Frage, warum einige Aktivitäten und Tätigkeiten innerhalb einer Organisation ausgeführt werden, andere wiederum eingekauft werden, Antworten finden. Sie will also bei den so genannten „Make-or-Buy"-Entscheidungen unterstützen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass einzelne Wirtschaftssubjekte nicht über eine absolute Markttransparenz verfügen, dass also keine vollständige Information vorliegt. Die Kostenstruktur eines Unternehmens kann grob in Produktions- und Transaktionskosten aufgeteilt werden. Produktionskosten sind hierbei all diejenigen Kosten, die bei der Leistungserstellung anfallen. Beispiele sind Materialkosten, Logistik- oder Produktentwicklungskosten. Transaktionskosten sind all diejenigen Kosten, die bei der Organisation der Leistungserstellung anfallen. Mit Hilfe dieser Organisation kann zum einen eine innerbetriebliche Leistungserstellung vorgenommen werden. Zum anderen kann eine Leistung von einem Dritten eingekauft werden. Ob eine Leistung intern hergestellt wird, hängt neben den internen Produktionskosten zusätzlich von den Kosten ab, welche durch interne Bürokratie verursacht werden.
Warum gibt es Berater? Warum gibt es nicht ausschließlich Berater?
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Unterstellt wird hierbei, dass mit dem Wachsen von Organisationen auch der Grad der Bürokratisierung zunimmt. Dementsprechend steigen auch die Kosten an. Der Zukauf von Leistungen durch Dritte ist zum einen abhängig vom Marktpreis dieser Leistung. Zum anderen ist er abhängig von dem Aufwand, der betrieben werden muss, um diese Leistung zu identifizieren, zu einem Vertragsabschluss zu gelangen und die Transaktion durchzuführen (vgl. Abbildung I). Es kann somit ein Spannungsbogen aufgebaut werden, der auf der einen Seite die vollständige Eigenerbringung von Leistungen und auf der andren Seite den möglichst umfangreichen Zukauf von Leistungen bereithält. Wesentliche Einflussfaktoren zur Bestimmung dieses Spannungsbogens sind die Produktbesonderheiten, die Unsicherheit sowie die Frequenz. Je spezifischer ein Produkt ist und je seltener ein Bedarf hiernach auftritt, desto sinnvoller ist in der Regel die externe Beschaffung. Bei der Abschätzung dieser Punkte und dem Versuch der Vorhersage von entstehenden internen und externen Transaktionskosten verbleibt immer eine Restmenge an Unsicherheit, ob die getroffenen Annahmen zutreffend waren.
(Externe) Transaktionskosten durch Aktivitäten im Markt
(Interne) Transaktionskosten durch Bürokratie und Administration
f
it Produktbesonderheiten
Unsicherheit
Frequenz
Produktionskosten Abb. 1. Transaction Cost Framework (in Anlehnung an (Canback 1998, S. 10))
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Amd Petmecky, Thomas Deelmann
Beratung und Transaktionskosten Tritt nun in einer Organisation Beratungsbedarf auf, so stellt sich die Frage, ob eine Lösung mit Hilfe von externen Experten angestrebt wird oder ob Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, den Beratungsbedarf selbständig zu decken. Zur Beantwortung dieser Frage sind verschiedene Faktoren zu betrachten (Canback 1998, 1999), u.a.: -
Kosten für Kosten für Kosten für Kosten für Häufigkeit Häufigkeit
die externe Unterstützung die interne Lösung der Fragestellung die Organisation externer Unterstützung die Organisation der internen Lösung der Fragestellung der Fragestellung im Markt der Fragestellung im Unternehmen
Die Gegenüberstellung der Kosten für eine externe Unterstützung sowie für eine interne Lösung der vorhandenen Fragestellung ist leicht nachvollziehbar. Das Augenmerk wird an dieser Stelle, d.h. bei der Frage nach der Zusammenarbeit mit Beratern, allerdings lediglich auf den Vergleich von Tages- oder Kostensätzen gelegt. Bei der Beantwortung der Frage wird davon ausgegangen, dass externe Unterstützung ohne Reibungsverluste eingreifen kann, bzw. dass Mitarbeiter der Kundenorganisation ohne weiteres in der Lage sind, die Fragestellung zu lösen. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Idealfall. Zwischen dem Auftreten des Beratungsbedarfs und der tatsächlichen externen Unterstützung bei der Lösung der Fragestellung steht häufig die Identifikation und Auswahl einer geeigneten Beratung. Unterstützende Schritte sind hier die Einführung eine sog. Präqualifikationssystems, die Durchführung von Projektausschreibungen, Beauty Contests, Interviews, Angebotspräsentationen, Vertragsverhandlungen etc. Diese Schritte erhöhen i.d.R. die Qualität der Auswahl externer Beratungsunterstützung, bilden allerdings auch einen nicht-trivialen Kostenblock. Je höher diese Kosten sind, desto kostenintensiver gestaltet sich der Einsatz externer Berater, desto eher ist eine interne Lösung der Fragestellung vorzuziehen. Auch im Umfeld einer internen Lösung der vorhandenen Fragestellung treten verschiedene Kosten auf. So muss diejenige Ressource identifiziert werden, die zur Lösung am ehesten geeignet erscheint. Weiterhin muss sie von ihren aktuellen Aufgaben und Aktivitäten zumindest temporär befreit werden. Ist eine interne Lösung auf Grund von fehlendem Wissen oder mangelnder Kompetenz nicht möglich, hat ein entsprechendes Training zu erfolgen. Je genauer die Auswahl und je besser das Training, desto effektiver und effizienter wird die Problemlösung erfolgen können. Allerdings
Warum gibt es Berater? Warum gibt es nicht ausschließlich Berater?
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werden auch an dieser Stelle Kosten verursacht, die weit über die o.g. Kosten zur Lösung der Fragestellung hinausgehen. Je höher die Kosten der Organisation einer internen Lösung sind, desto höher sind die gesamten Kosten einer internen Lösung und desto eher ist eine externe Unterstützung bei der Lösung der Fragestellung vorzuziehen. Neben diesen Kostenblöcken ist es für die Beantwortung der Frage, ob eine interne oder eine externe Lösung präferiert wird, wichtig, ob die Fragestellung einmalig ist, oder ob es sich um sich um wiederholt in der Organisation auftretende Fragen und Problemstellungen handelt. Je häufiger ein Problem, bzw. eine Klasse von ähnlichen Fragestellungen in einem Unternehmen auftaucht, desto sinnvoller und kostengünstiger ist eine interne Lösung. Der organisatorische Aufwand kann auf mehrere Fälle verteilt werden, so dass die Kosten für eine einzelne Fragestellung sinken. Ebenso verhält es sich bspw. mit dem Trainings- oder Schulungsaufwand der betrieben werden muss, um eine interne Lösung des Problems zu ermöglichen. Schließlich ist es interessant, die Häufigkeit des Auftretens einer spezifischen Fragestellung im Markt, d. h. auch bei anderen Unternehmen, zu betrachten. Mit einer ansteigenden Häufigkeit wird c.p. die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Beratungen dieses Problem bereits mehrfach erfolgreich gelöst haben. Die Kosten für die Identifikation und Organisation einer externen Unterstützung werden sinken. Auf die Gesamtkosten des Beratereinsatzes wirkt sich dieses also günstig aus. Gleichzeitig werden jedoch auch die Kosten fiir die Organisation einer internen Lösung der Fragestellung sinken, da bspw. standardisierte Trainingsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können. Bei einer im Markt kaum auftretenden Fragestellung mag es wiederum sinnvoller erscheinen, eine interne Lösung vorzuziehen, da die Kosten für die Identifikation und Organisation einer externen Unterstützung steigen werden. Es kann festgehalten werden, dass bei der Überlegung, ob eine gegebene Fragestellung mit Hilfe eines Projektes innerhalb einer Organisation gelöst werden soll oder ob externe Beratungskräfte zu Hilfe genommen werden sollen, verschiedene Faktoren Einfluss nehmen. Hohe direkte interne Kosten für die Problemlösung und hohe interne Organisationskosten für die Koordination interner Ressourcen sprechen ebenso für eine Beauftragung externer Berater, wie ein seltenes Auftreten des spezifischen Beratungsbedarfes im Unternehmen und eine häufiges Auftreten der Fragestellung im Markt. Hohe direkte externe Kosten für die Lösung des Beratungsbedarfes und hohe Kosten der Identifikation und Organisation der externen Berater sprechen hingegen ebenso für eine interne Beantwortung der Fragestel-
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lung, wie ein repetetives Auftreten des Beratungsbedarfs im betrachteten Unternehmen oder ein seltenes Auftreten der Fragestellung im Markt.
Implikationen für Berater Berater verft)lgen das Ziel, ihre Beratungsleistung an Kunden zu verkaufen. Hierbei ist es ihr Bestreben, verschiedene Hebelwirkungen zu maximieren, z.B. das Verhältnis von Partnern zu Beratern oder die wiederholte Nutzung von einmal gewonnenen Erfahrungen. Bei diesen Aktivitäten des Absatzmarketings können die oben identifizierten Faktoren der Transaktionskosten von Beratungsdienstleistungen eine wesentliche Hilfestellung bieten. Im Folgenden werden die Faktoren, welche die externe Unterstützung, resp. den Markt betreffen, näher betrachtet. - Kosten für die externe Unterstützung: Der dem Kunden angebotene Preis für ein Projekt soll gerade im Segment der Managementberatung so hoch sein, dass dem Kunden die Hochwertigkeit der Arbeit verdeutlicht wird. Allerdings muss das Projekt gleichzeitig so günstig sein, dass die Motivation des Kunden, aus Kostengründen einen anderen Lieferanten zu suchen, so niedrig wie möglich ist. Es bietet sich daher an, mit Hilfe einer Lock-In-Strategie und auf Basis einer Mischkalkulation zunächst mit einem günstigen Projektangebot Kunden zu binden, die anschließend durch notwendige Folgeaufträge die Kalkulation wieder ausgleichen. - Kosten für die Organisation externer Unterstützung: Im Interesse des Beraters liegt es, dem Kunden den organisatorischen Aufwand für die Suche nach dem für ein gegebenes Projekt richtigen Berater sowie den Vertragsschluss möglichst niedrig zu halten. Um den Vertragsschluss einfach und unkompliziert zu gestalten, erscheint es sinnvoll, im Vorfeld von Einzelprojekten Rahmenverträge zu vereinbaren. So ist zwar zunächst ein höherer Aufwand bei der Vereinbarung der Rahmenvertragskonditionen notwendig, mit seiner Hilfe kann jedoch ein schnellerer Vertragsabschluss für die dedizierten Einzelprojekte erzielt werden. Die Vereinfachung der Suche nach dem richtigen Berater kann dem Kunden dahingehend angeboten werden, als dass sich der Berater entweder als sog. Full-Service-Provider positioniert oder den Kunden proaktiv auf konkrete Beratungssituationen hinweist und sich selbst als naheliegende Ressource für die Problemlösung darstellt. Die Positionierung als Generalist kann glaubwürdig nur von Beratungen übernommen werden, die eine kritische Größe hinsichtlich der Menge und Qualifikationsbreite ihrer Mitarbeiter erreicht haben. Es bedarf hierzu einer hin-
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reichenden Anzahl von Spezialisten, die für verschiedene Fragestellungen künden- und projektspezifisch kombiniert werden können. Bei der Identifikation von Beratungsbedarf und dem Hinweis gegenüber dem Kunden hierauf befindet sich der Berater in einer superioren Ausgangsposition. Als Experte auf einem besonderen Gebiet hat er frühzeitig ein Problem identifiziert und bietet an, es zu beseitigen, bevor es größere negative Auswirkungen annehmen kann. - Häufigkeit der Fragestellung im Markt: Für den Berater ist es aus Gründen des Lernerfolges günstig, wenn Fragestellungen im Markt mehrfach angesprochen werden. Der Großteil seines Lernaufwandes ist i.d.R. auf den ersten Fall beschränkt, in Folgefällen kann er aus seinem Erfahrungsschatz schöpfen und Skalenvorteile realisieren. Dem Kunden gegenüber muss hingegen suggeriert werden, dass seine Aufgabenstellung (fast) einmalig ist und Vergleichbares nicht existiert. Im optimalen Fall ist die vom Kunden geschilderte Fragestellung so selten und neuartig, dass es nur ein einziges vergleichbares Projekt gibt. Dieses eine Projekt ist selbstverständlich vom anbietenden Berater selber begleitet worden. Unter Berücksichtigung dieser Situation kann der Berater dem Kunden verdeutlichen, dass er die beste Ressource zur Unterstützung bei dieser wichtigen und wegweisenden Problemlösung darstellt und gleichzeitig ein preisliches Optimum erzielen. - Häufigkeit der Fragestellung im Unternehmen: Die Absatzmarketingaktivitäten des Beraters müssen erreichen, dass die vorgestellte Problemstellung, um deren Lösung gebeten wird, im Unternehmen als einmalig wahrgenommen wird und demnach erstmalig auftritt. Selbstverständlich gibt es keine Anzeichen, dass es zu weiteren gleichartigen Problemstellungen kommen wird. Da dieses nicht der Fall ist, d.h. die absolute Häufigkeit der Fragestellung genau eins ist, erscheint es dem Kunden nicht sinnvoll, eigene Kapazitäten für ein entsprechendes Projekt vorzuhalten. Er wird das Angebot des Beraters als günstiger erachten und darauf zurückgreifen. Diese Handlungsempfehlungen umreißen ein Gebiet, in dem sich Beratungsunternehmen mit Hilfe verschiedener Aspekte ihres Absatzmarketings bewegen.
Implikationen für Kunden Im Gegensatz zu den gerade aufgezeigten Implikationen und Handlungsempfehlungen für Berater verfolgen Kunden ein anderes Ziel. Sie wollen Berater möglichst wenig und mit hoher Effizienz einsetzen. Häufig ist eine
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im Unternehmen angespannte Kostensituation vorhanden. Die Kunden versuchen, Beratungen die ihnen inhärenten Besonderheiten zu nehmen und sie einer möglichst starken Vergleichbarkeit zu unterwerfen. Im Rahmen dieser Ziele des Beschaffungsmarketings können die weiter oben identifizierten internen Faktoren der Transaktionskosten eine Hilfestellung bieten. Im Folgenden werden verschiedene relevante Faktoren näher betrachtet. - Kosten für die interne Lösung der Fragestellung: In einem ersten Schritt ist zu signalisieren, dass eine interne Lösungsmöglichkeit der Fragestellung grundsätzlich vorhanden ist. Die Entscheidung für ein solches Vorgehen beinhaltet selbstverständlich auch eine günstigere Kostensituation für das beauftragende Kundenunternehmen. Mit Hilfe dieser Argumentationskette soll dem Beratungsuntemehmen die Gelegenheit genommen werden, für ihre Einzigartigkeit einen entsprechenden preislichen Aufschlag erzielen zu können. Ziel ist es also, vom externen Berater eine Preisgestaltung vorgeschlagen zu bekommen, welche die Kosten der internen Lösung noch unterbietet. Auch unterschiedliche Sonder- und Zusatzleistungen (sog. pro bono-Leistungen) werden in diesem Zusammenhang gerne angeboten. - Kosten für die Organisation externer Unterstützung: Ziel des Kundenunternehmen muss sein, die Kosten für die Organisation externer Unterstützung zu minimieren. Hierzu kann auf ein Präqualifikationsverfahren, Rahmenverträge etc. zurückgegriffen werden. Entscheidendes Element ist jedoch die Herstellung von standardisierten Leistungen. Eine Standardisierung kann sich sowohl auf die Zahlungsmodalitäten, auf die Gattungsart der Beratungsprojekte, auf die Senioritätsgrade der eingesetzten Berater, auf den Projektaufbau etc. beziehen. - Kosten für die Organisation der internen Lösung der Fragestellung: Eine interne Leistungserstellung muss mit minimalen Koordinationskosten erfolgen. Diese Situation ist auch gegenüber externen Beratern zu kommunizieren. Eine Möglichkeit, diesen Minimierungsbemühungen nachzukommen besteht darin, dass interne Ressourcen vorgehalten werden, die kurzfristig und bedarfsgerecht zu verschiedenen Fragestellungen hinzugezogen werden können. Ein solches Vorgehen versetzt das Kundenunternehmen gegenüber dem Beratungsuntemehmen in die Lage, nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis zu verfallen. - Häufigkeit der Fragestellung im Markt: Für Kundenuntemehmen bietet es sich an, Fragestellungen dahingehend zu überprüfen, ob bereits ähnlich gelagerte Projekte in anderen Unternehmen bearbeitet wurden. Ist dies der Fall, so kann ein entsprechend kompetentes Beratungshaus ausgewählt werden. In Vertragsverhandlungen wird anschließend versucht,
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durch eine Lernkurven-Argumentation und den dadurch entstehenden reduzierten Projektanlaufkosten des Beraters einen möglichst geringen Projektpreis zu vereinbaren. - Häufigkeit der Fragestellung im Unternehmen: Auch an dieser Stelle ist es ratsam, eine Problemstellung den Beratern gegenüber als Aufgabe darzustellen, die auch im eigenen Unternehmen bereits bekannt ist und deren Typ zukünftig noch wiederholt nachgefragt wird. Diese Handlungsempfehlungen helfen Kundenunternehmen, ihre Projektanfragen sinnvoll und zielgerichtet zu erstellen sowie ein professionelles Beschaffungsmarketing für Beratungsleistungen zu etablieren.
Zusammenfassung, Ausblick Der vorliegende Beitrag hat versucht, die Fragen nach dem „Warum?" des Beratereinsatzes zu beantworten. Hierbei wurden im Rahmen der Transaktionskostentheorie verschiedene Kostenbestandteile identifiziert. Die Implikationen hieraus sind schließlich als Handlungsempfehlungen für Berater und Kunden zur Anwendung im jeweiligen Absatz- und Beschaffungsmarketing vorgestellt worden. Diese Handlungsempfehlungen für Beratungsunternehmen lassen sich mit einer Branchen- oder Themenfokussierung kombinieren. Kundenunternehmen können bspw. durch Standardisierung bzw. die Bereitschaft zu einer internen Problemlösung einen Preis- und Ideenwettbewerb initiieren und von den Vorteilen einer solchen Ausschreibung profitieren.
Literatur Canback S (1998) The Logic of Management Consulting (Part One). In: Journal of Management Consulting, Volume 10, No. 2, S. 3-11. Canback S (1999) The Logic of Management Consulting (Part Two). In: Journal of Management Consulting, Volume 10, No. 3-12, S. 3-11. Heuermann R, Herrmann F (2003) Unternehmensberatung - Anatomie und Perspektiven einer Dienstleistungselite. Verlag Franz Vahlen, München, S. 339 ff Kennedy Information (2003) The Global Consulting Marketplace 2003 - Key Data, Forecasts, and Trends. Petersborogh.
Verstehen - Verändern - Vertrauen: Strategieberatung als Wirkungskreislauf David R. Dean
Jeder Fall ist anders Strategieberatung ist eine praktische Disziplin. Der Erfolg eines Beratungsprojekts misst sich daher nicht am Konzept, sondern am Ergebnis: an sichtbaren, messbaren, positiven Veränderungen für unseren Kunden. Ziel der Strategieberatung ist es, nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu identifizieren und zu realisieren. Das ist unser Ausgangspunkt in jedem Projekt, das wir beginnen, und das ist unser Maßstab - seit vier Jahrzehnten. The Boston Consulting Group ist Pionier und führend in der strategischen Untemehmensberatung. Als internationales Unternehmen mit 60 Büros in 37 Ländern beraten wir die weltweit führenden Unternehmen aller Branchen. Erfolgreiche Strategien sind immer individuelle Strategien. Sie sind maßgeschneidert für ein individuelles Unternehmen, und sie beziehen sich auf die einmalige Situation, in der es sich befindet. Standardantworten gibt es in der Strategieberatung nicht. Strategieentwicklung ist immer das Ergebnis einer gemeinsamen Suche nach der im konkreten Einzelfall am besten geeigneten Lösung. Mit der Entscheidung über diese Lösung ist eine Etappe erreicht, nicht das Ende und Ziel des Beratungsprojekts. Erst die Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Konzepte in der Organisation, die Abstimmung und Anpassung der Lösungen im Detail, die Kommunikation und die Akzeptanz der Veränderung ergeben den strategischen Schritt nach vorne. Denken und Handeln gehören zusammen. Entscheidend für die Qualität der erreichten Ergebnisse ist der gesamte Prozess der Zusammenarbeit zwischen Beratern und Beratenen, von der Auswahl des Projektteams bis hin zur Umsetzung der Projektziele. BCG versteht diesen Prozess als einen sich verstärkenden Wirkungskreis mit drei Faktoren: Verstehen, Verändern und Vertrauen ("Insight, Impact, Trust").
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Vielfalt macht klug Je nach Erfahrungshintergrund, je nach BHckwinkel und je nach Zielsetzung können die Ausgangspositionen zwischen Beraterinnen und Berater auf der einen Seite, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des beratenen Unternehmens auf der anderen Seite sehr weit auseinander liegen - und das ist gut so. Es ist die ideale Voraussetzung, aus der Vielfalt der Blickwinkel von innen und außen Bestehendes in Frage zu stellen und neue Ideen zu entwickeln. Wer innovative Strategien entwickeln will, profitiert von einem externen Blick, der die bestehenden Verhältnisse, Annahmen und Ziele bewusst herausfordert. Dadurch erweitert sich der Gestaltungsspielraum und schafft eine Vielfalt neuer Handlungsoptionen. Am Anfang der Projektarbeit kommt es darauf an, die besondere Fragestellung und die Situation des Kunden genau zu verstehen. Aus der Analyse des Unternehmens, seiner Produkte und Leistungen, seiner Kunden und Wettbewerber sowie der Treiber für Wertschaffung und Wirtschaftlichkeit werden die strategischen Optionen für die Unternehmenspraxis entwickelt. Je größer der Spielraum und das strategische Ziel, desto folgenreicher sind die Entscheidungen. Um die möglichen Schritte zu beurteilen und zu bewerten, ist daher eine weitreichende, intensive und präzise Analyse nötig. Dazu zählen Szenario-Techniken und Benchmarking-Vergleiche mit Wettbewerbern, Prozessanalysen, Gespräche mit den Kunden unseres Kunden sowie die Sammlung und Auswertung interner wie externer Daten. Die am Projekt beteiligten Beraterinnen und Berater müssen über ein fundiertes methodisches Wissen verfügen sowie über die relevanten Fachkenntnisse der Branche, der Produkte, der Unternehmensfunktionen. Dieses Wissen zu generieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln, gelingt durch die Einbindung der Beraterinnen und Berater in die bei BCG etablierten so genannten "Praxisgruppen" mit Branchen- oder Funktionsschwerpunkten. Dort werden Projekterfahrungen ausgewertet, Trends verfolgt, Konzepte entwickelt und auf ihre praktische Anwendung hin geprüft. Hinzu kommt, dass industrieübergreifende Erfahrungen durch die Teilnahme an Projekten in unterschiedlichen Branchen und Funktionen bewusst gefördert werden. Jedes Projekt profitiert nicht nur von der Branchenexpertise der in Frage stehenden Branche, sondern auch von den Erfahrungen aus anderen Industrien. Internationale Beratungsunternehmen wie BCG verfügen weltweit über ein enges Netz von Experten für die einzelnen Branchen und Unternehmensfunktionen, die im kontinuierlichen Wissensaustausch stehen. Neben exzellentem Fachwissen bringen Beraterinnen und Berater vor allem ihre Erfahrung mit der Umsetzung von Veränderungsprojekten ein.
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Denn wer sichtbare Ergebnisse will, muss sich - aus einer klaren, strategischen Perspektive - auf die realen Prozesse in der Organisation konzentrieren.
Erfahrung verändert den Weg Wer sich auf neues Terrain begibt, kann mit dem Ziel nur die Richtung angeben, nicht den Weg. Die Anpassung von Zielen in jeder Etappe, die Auswertung von Analysen und Abstimmungsprozessen erfordern einen iterativen Prozess, weil die Ergebnisse jedes einzelnen Schrittes in die strategische Gesamtperspektive einbezogen werden müssen. Jede Entscheidung des Unternehmens verändert die Position und gibt einen neuen Blick frei. Die Suche nach innovativen Strategien ist deshalb kein eindimensionaler, linearer Prozess, sondern durch und durch verwoben mit der praktischen, operativen Umsetzung in der Organisation. Voraussetzung dafür ist es, das Unternehmen zu verstehen. Ein Unternehmen verstehen heißt, die einzelnen Menschen verstehen, die dort Entscheidungen treffen, Produkte herstellen, Leistungen erbringen und die Organisation tragen. Die Zusammensetzung des Projektteams von Seiten der Beratung wie von Seiten des Kunden, im Hinblick auf Kompetenzen, Erfahrungen und Gestaltungsspielräume - ist deshalb entscheidend. Sie ist die Grundlage dafür, dass aus einem gemeinsamen Ziel und einem gemeinsamen Verständnis am Ende die gewünschten Veränderungen entstehen. Wenn es darum geht, bekannte Strukturen oder Strategien - in Teilen zumeist - aufzugeben zugunsten eines unbekannten "Neuen", dann lässt sich das nur mit den Beteiligten im Unternehmen, nicht gegen sie oder gar an ihrer Stelle realisieren. Das heißt, strategische Entscheidungen werden in der Praxis nur wirksam, wenn sie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmen mitgetragen werden. Beraterinnen und Berater tragen für die entwickelten Strategien Umsetzungsverantwortung. Dies erfordert, dass Beraterinnen und Berater sehr gut zuhören können. Das gilt für den gesamten Projektverlauf und für alle Ebenen der Zusammenarbeit mit ihren Kunden, vom Projektassistenten bis zum Vorstandsvorsitzenden. Sie müssen in der Lage sein, andere Perspektiven nachvollziehen zu können und andere Positionen zu respektieren. Sie müssen wissen, dass es immer mehr als die "eine Wahrheit" gibt. Sie müssen beurteilen können, wie groß die Hürden bei der Veränderung sein werden, und wie sie am besten zu überwinden sind. Sie müssen im Team den Mut ha-
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ben, ihren eigenen Standpunkt zu vertreten und Differenzen in konstruktiver Kritik offen zur Sprache zu bringen.
Vertrauen fördert Innovation Neue Prozesse im Unternehmen effektiv zu verankern oder bestehenden Prozessen eine neue Richtung zu geben, ist keine nachgeordnete, sondern eine strategische Aufgabe. Ein strategisches Konzept erweist seine Quaütät erst in und mit der ReaHsierung. Deshalb begleiten Beraterinnen und Berater der BCG die beratenen Unternehmen von der Strategieentwicklung in die organisatorische Umsetzung. Die gemeinsam erzielten Erfolge schaffen Vertrauen. Ohne Vertrauen sind Veränderungen in der Organisation nicht zu erreichen. Nur Abenteurer lieben das unbekannte Neue, weil es neu ist. Unternehmen verlassen vertrautes Terrain, weil sie sich nur so unter veränderten Bedingungen behaupten können. Die Veränderungsfähigkeit des Unternehmens ist der Schlüssel zum erfolgreichen Bestehen im Wettbewerb. Die Veränderungsfähigkeit - vor allem auch die Veränderungsbereitschaft - der Organisation ist dafür die Voraussetzung. Vertrauen im Binnenverhältnis des Projektteams ist die Basis, um auch ungewöhnliche Vorschläge zu diskutieren und unerwartete Lösungen zu akzeptieren. Innovative Strategien entstehen, wenn die traditionellen Denk- und Handlungsgewohnheiten im Unternehmen in Frage gestellt werden. Das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kunden in die Kompetenz - besonders die Umsetzungskompetenz - der Beraterinnen und Berater ist entscheidend, wenn die Konzepte gemeinsam realisiert werden sollen. Strategieentwicklung ist eine Reise in ein unbekanntes Land. Sie erfordert Mut im Denken und besonders im Handeln. Dabei eine Begleitung zu haben, die aus vielen Reisen vielfältige Erfahrungen gewonnen hat, kann ein unschätzbarer Vorteil sein.
Jedes Ende ist ein Anfang Der hohe qualitative Anspruch in der Strategieberatung spiegelt sich wieder im hohen Anspruch an die - menschliche und fachliche - Qualität der Beziehung zwischen uns und unseren Kunden. Die Kundenbeziehung in der Strategieberatung endet aber selten mit dem Ende eines einzelnen Projekts. Sie verändert ihre Intensität, und sie durchläuft - wie jede Beziehung - unterschiedliche Phasen.
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Strategieprojekte sind am besten in langfristigen, vertrauensvollen Kundenbeziehungen zu realisieren. Die langfristige Zusammenarbeit fördert das Verständnis, das Vertrauen und die gemeinsame Verantwortung für die Ergebnisse. The Boston Consulting Group erzielt zwei Drittel ihres Umsatzes in Deutschland mit Kunden, mit denen sie seit mehr als fünf Jahren kontinuierlich zusammenarbeitet; mit mehr als einem Drittel davon seit zehn und mehr Jahren. Marktuntersuchungen bestätigen immer wieder, dass Unternehmen, die mit BCG zusammengearbeitet haben, die Qualität unserer Arbeit außerordentlich hoch einschätzen. Und vielleicht noch wichtiger - sie wissen, dass sie sich auf die hohe Qualität unserer Arbeit verlassen können. Es sind nicht nur kurzfristige Verbesserungen, sondern auch die langfristigen Erfolge unserer Kunden, die zu diesem Ergebnis führen. Weder Verstehen noch Vertrauen sind in der Strategieberatung "weiche Faktoren". Im Gegenteil: Sie sind die harten Voraussetzungen, um im Projektteam - und vor allem im Unternehmen - wirksame Veränderungen zu erreichen. Um die geht es. Denn gute Ideen bleiben so wirkungslos wie gute Absichten, wenn sie nicht ihren Weg in die Praxis finden. Der Wirkungskreis aus Verstehen, Verändern und Vertrauen lässt sich so um einen vierten Begriff erweitern: Verantwortung. Wir übernehmen Verantwortung für die Konzepte, die Prozesse, die zu diesen Konzepten führen, und die sichtbaren, messbaren, praktischen Ergebnisse, die unseren Kunden den nachhaltigen Erfolg sichern.
Die Essenz des Erfolges - was wir von gehenden Robotern lernen können Klaus Mattern Gregor Vogelsang Bei einer Vorlesung in München führte der Züricher Professor Rolf Pfeifer dem Auditorium zwei Roboter vor: Eine spindeldürre Figur aus Metall, Holz und Leder sowie einen massiven, kompakten und fast mannshohen Apparat aus Plastik und Aluminium. Beide Roboter demonstrierten ihre Fähigkeit zu gehen - allein zu diesem Zweck waren sie nämlich gebaut worden. Was aber Ersterem mit großer Gelenkigkeit gelang, sah beim zweiten plump und schwerfällig aus. Die Ursache dafür lag im Konstruktionsansatz: Die Erbauer des ersten Roboters hatten darauf gesetzt, die Bewegungsabläufe zu optimieren und sie dem menschlichen Gehen in allen Aspekten nachzubilden - etwa in der Anordnung der Gliedmaßen und hinsichtlich der Elastizität des Materials. Die Konstrukteure des zweiten Roboters hatten dagegen fast den gesamten Entwicklungsaufwand in eine möglichst ausgeklügelte, elektronische Steuerung gesteckt, ohne sich näher um die Eleganz und Geschmeidigkeit der Bewegungen zu kümmern, also um die eigentliche Umsetzung der Steuerungsbefehle. Und warum auch? Ihr klobiges Gerät konnte ja schließlich ebenfalls gehen. Der Einsatz immer ausgeklügelterer Steuerungssysteme hatte schließlich zum Erfolg geführt. Zwei gehende Roboter, zwei unterschiedliche Denkansätze, die sich auch auf unternehmerisches Handeln und auf Beratung übertragen lassen. Denn „Erfolg" - das wissen Berater ebenso wie ihre Klienten - kann sehr unterschiedlich definiert und beschrieben werden. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Beide Roboter konnten gehen. Der eine mit einem gewaltigen Aufwand an Material, Energie, Steuerung und Wartung, der andere Ressourcen schonender, dabei eleganter und beweglicher. Einen vergleichbaren Unterschied gibt es auch bei Beratungsprojekten. Sicherlich, es gibt immer eine Antwort auf ein Problem des Klienten. Es liegt auch ein Abschlussbericht vor. Verbunden mit einem Folgeauftrag ist vielleicht sogar ein Implementierungsprojekt ins Leben gerufen worden. Klient und Berater sprechen regelmäßig über Arbeitsfortschritte, es läuft alles so ab wie vereinbart - mit einem klar definierbaren Ergebnis. Dennoch sieht das Resultat der gemeinsamen Arbeit nicht immer so aus, wie es sich der Klient erhofft haben mag und wie er es benötigt: Möglicherweise
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ist der Aufwand unverhältnismäßig hoch, der Widerstand der Organisation ist hinhaltend, aber ungebrochen. Kurzum, es fehlt die Konzentration auf das Wesentliche, auf die Essenz, die Ergebnis von Erfolg unterscheidet. Die Ursache dafür ist häufig gerade nicht die mangelnde Erfahrung oder die unzureichende Methodik des Beraters, ebenso wenig wie der fehlende Fleiß der Projektmitarbeiter, die schwache Durchsetzungsfähigkeit des Klienten oder der fehlende Willen der Klientenorganisation zur Veränderung. Das Problem liegt tiefer, es liegt im Ansatz der Beziehung zwischen dem Berater und seinem Klienten. Die Essenz des Erfolges gründet immer in Fähigkeiten, in bestimmten Fähigkeiten. In der Zusammenarbeit zwischen Berater und Beratenem hat das auch mit Wissen zu tun - Branchenkenntnis, Methodenwissen und vieles mehr. Wissen ist aber wertlos, wenn es nicht in richtiges Handeln übersetzt wird. Die Fähigkeiten, die diesem Übersetzungsvorgang Gestalt geben, ihn anpassungsfähig halten, ihn glaubwürdig machen und insgesamt zu einem besseren Ergebnis führen, sind die entscheidenden Fähigkeiten in der Beziehung zwischen Berater und Beratenem. Sie zu fordern und zu fördern ist wiederum Kernfähigkeit im Geschäftssystem des Beratungsunternehmens. Bei Booz Allen Hamilton sind fünf Leitsätze die Grundlage dafür: 1. „Be the Best" 2. „Keep Your Ego in Check" 3.„TellItLikeItIs" 4. „See Beyond" 5.„DotheRightThing" Wir wollen diese fünf Leitsätze im Folgenden kurz erläutern und dabei vor allem zeigen, wie sie sich im Handeln von Booz Allen Hamilton, intern und extern, niederschlagen. „Be the Best" - Klienten vertrauen einem Berater, weil er über die nötige Expertise verfügt und treffsicher urteilt. Daher ist eine Unternehmensberatung von überzeugender Professionalität, fachlichem Know-how und exzellenter intellektueller Leistung in besonders hohem Maße abhängig. „Be the Best" ist aus diesem Grund keine hohle Phrase, sondern ein notwendiger Anspruch. Der entscheidende Faktor, um dies zu gewährleisten, sind entsprechend qualifizierte Mitarbeiter. Doch solche hoch qualifizierten (oder qualifizierbaren) Mitarbeiter sind eine immer knapper werdende Ressource. Am so genannten "War of Talenf' nehmen mittlerweile sehr viele Unternehmen teil - mit zunehmenden Geschick. Der Prozess der „Talentsuche" wird immer aufwändiger. Um hier erfolgreich zu sein, ist es fast schon selbstverständlich, enge Kontakte zu den besten internationalen Ausbildungsinstitutionen zu unterhalten, den Auswahlprozess differenziert
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und aussagekräftig zu gestalten sowie in die Ausbildung und Bewertung der „Talente" nachhaltig zu investieren. Denn intellektuelle Höchstleistung allein garantiert nicht den Erfolg; ohne fachliche Expertise und Steuerung würde sie ins Leere laufen. „Be the Best" bedeutet nicht „Be the Biggest". Beratungen sollten sich vielleicht eingestehen, dass das hierfür notwendige erstklassige Talent nicht in ausreichendem Maße für allzu schnelles Wachstum zur Verfiigung steht. Ein ausgewogenes Verhältnis von Wachstum und höchster Qualität der Berater ist daher wichtig. Daher legt Booz Allen Hamilton großen Wert auf eine noch strengere Auswahl der neuen Talente und eine sehr intensive Aus- und Weiterbildung „on and off the Job". Unsere Talente werden auf ihrem Karriereweg sehr eng begleitet und immer wieder sehr genau geprüft. Der Erfolg lässt sich mittlerweile durch eine ganze Serie von Preisen und Rankings belegen. „Be the best" steht für uns immer im Vordergrund. „Keep Your Ego in Check'' - Beratung ist eine Profession mit langer Historie. Schon in den Porträts der Medici begegnet uns im Hintergrund der Berater, dem Ohr des Fürsten zugewandt. Dieses Bild ist eine gute Illustration für das, was wir mit unserem Leitsatz meinen: Es ist der Klient, der im Vordergrund steht, und es ist die Aufgabe des Beraters, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. Unsere Profession verlangt daher zuallererst von uns, das eigene Ego zurückzustellen - zugunsten des Klienten. Diese Fähigkeit setzt etwas Entscheidendes voraus: den Respekt vor der Professionalität des Klienten und seiner Mitarbeiter auf allen Ebenen. Ohne diesen grundlegenden Respekt wird die Arbeit des Beraters kaum von Erfolg gekrönt sein. Nun lässt sich dieser Respekt leicht einfordern; doch ist es manchmal sehr schwer, ihn zu entwickeln und zu fördern, gerade in Kulturen, die auf Höchstleistung und einem ausgeprägten Elite-Verständnis aufbauen. Daher legen wir auf diesen Punkt schon bei der Auswahl unserer Berater sehr viel Wert. Darüber hinaus praktiziert Booz Allen Hamilton das so genannte „Apprenticeship"-Modell: Nur durch glaubwürdig vorgelebte Rollenbeispiele und eine wertgetragene „Sozialisierung" innerhalb des Unternehmens wird die durchaus schwierige Balance zwischen Eliteverständnis und Respekt vor der Professionalität der Klienten herzustellen sein. Dies ist - viel mehr als alles andere - eine Führungsaufgabe des Managements in den Beratungen und damit natürlich auch in hohem Maße mit deren Selbstverständnis als Berater verbunden. „ Teil It Like It Is'' - Einerseits soll der Berater in der Lage sein, in die Rolle des Klienten hineinzuschlüpfen und sich selbst zurückzunehmen. Er soll als loyaler „Enabler" des Klienten fungieren, seine Ziele fördern und sie unterstützen. Eigene Themen zu setzen und Ziele zu definieren, wäre in diesem Sinne wenig hilfreich. Doch heißt das andererseits nicht, dass der Berater seinem Klienten nach dem Munde reden soll. Im Gegenteil: Klien-
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ten beschäftigen Berater ja nicht fiir die einfachen Fragen, die sie selbst lösen können, sondern in der Regel ftir die besonders „harten Nüsse", die für sie nicht so leicht zu knacken sind. Die Antworten, die dabei herauskommen, sind allerdings manchmal unbequeme Antworten, und sie mögen auch nicht immer in die Klientenagenda passen. Wie sollte der Klient seinem Berater noch trauen, wenn er sich auf dessen Aufrichtigkeit nicht mehr verlassen kann? Professionalität in der Beratung darf hier keine Kompromisse machen - auch wenn es kurzfristig die Beziehung zum Klienten belasten kann. Der langfristige Schaden wäre größer. Auch hier ist die Glaubwürdigkeit des Vorbildes in der Gestalt der erfahrenen Berater von großer Bedeutung für die Nachhaltigkeit und Verankerung dieses Wertes in der Kultur der Untemehmensberatung. „See Beyond" - Wir haben es angesprochen: Ein Berater braucht überragende Fachkenntnis und analytische Stärke, um die „harten Nüsse" seines Klienten zu knacken. Doch reichen diese Qualitäten nicht aus. Kreativität, Innovation und die Fähigkeit, das Unerwartete zu verbinden, sind ebenso erforderlich. Vielleicht sind diese Eigenschaften sogar wichtiger für den dauerhaften Erfolg einer Beziehung zwischen Berater und Klienten. Denn der Wertbeitrag des Beraters besteht ja gerade darin, über den Tellerrand des Unternehmens hinaus zu schauen. Als externe Quelle verfügt er über „State of the Art"-Wissen, Erfahrung in vergleichbaren Situationen in anderen Unternehmen, Kenntnis von Vergleichsmaßstäben und Branchentrends. Diese „erweiterte" Perspektive kann auf allen Ebenen der Klientenorganisation zum Tragen kommen, teilweise auch jenseits des Projektkontexts. Beratungsunternehmen investieren häufig sehr bewusst in langfristige Klientenbeziehungen. Sie transportieren dabei nicht allein die Kenntnisse einzelner Berater, sondern das Wissen und die Kompetenz ihrer Unternehmensberatung als Institution. Deren Globalität, Vielfalt an Partner- und Expertenpersönlichkeiten und Status als vernetzte Organisation kommt hier dem Klienten zugute, es bereichert den Dialogs zwischen ihm und seinem Berater und stärkt die Kontinuität in der Beziehung. Um dies zu gewährleisten, braucht es auch Instrumente innerhalb der Unternehmensberatung. Bei Booz Allen Hamilton gibt es globale Strukturen mit globaler Ergebnisverantwortung, die genau das sicherstellen. Auch das Anreizsystem, ist so ausgelegt, den Austausch von Wissen und Beraterressourcen auf weltweiter Ebene zu fördern. „Do the Right Thing'' - Es ist viel geschrieben und gesagt worden über den Schaden, der materiell und ideell entstanden ist, weil in einigen Unternehmen Führungspersönlichkeiten, aber auch Governance- und Kontrollmechanismen versagt haben. Beratungsunternehmen, Wirtschaftsprüfer, Anwaltskanzleien sind noch viel stärker als andere Unternehmungen darauf angewiesen, dass ihre Integrität nicht in Frage gestellt wird. Neben den
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Mitarbeitern und dem Wissen, das der Organisation zu Verfügung steht, ist die Integrität ihr wichtigstes Kapital. Für Berater heißt das, dass sie sich an bestimmte professionelle Grundregeln halten müssen. Selbstverständlich sind alle Daten und das Wissens um interne Zusammenhänge der Klientenorganisation mit absoluter Vertraulichkeit zu behandeln. Zwischen den Teams, die konkurrierende Unternehmen beraten, darf es keinerlei Kontakte geben; sie arbeiten absolut getrennt durch so genannte „Chinese Walls". Darüber hinaus müssen die Berater externe Regelwerke kennen und in den internen Strukturen sowie in der täglichen Arbeit verankern, zum Beispiel Regeln zum Insider-Trading oder zum Wettbewerbsrecht. Schließlich aber müssen auch gesellschaftliche Aspekte beachtet und entsprechende Regelungen eingehalten werden, zum Beispiel die Förderung von Vielfalt („Diversity") unter den Mitarbeitern. „Do the Right Thing" ist also ein sehr umfassender Leitsatz, der das Beratungsunternehmen in den professionellen, gesellschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang einbindet, in dem es tätig ist. Dabei sind Kontroll- und Sanktionsmechanismen hilfreich. Entscheidend aber ist auch hier die gelebte Kultur und die Investition in die Werteorientierung der Mitarbeiter, so dass sie zu jedem Zeitpunkt den Unterschied zwischen „Richtig" und „Falsch" kennen und danach handeln. Erst in ihrer Kombination erschließt sich die Bedeutung der einzelnen Leitsätze. „Be the Best" hat eben für unsere Berater nicht allein mit intellektueller Höchstleistung und großer Belastbarkeit zu tun. Sie hat auch damit zu tun, dass sie die Balance wahren können zwischen dem loyalen Berater im Hintergrund („Keep your Ego in Check") und dem unbestechlichen Beobachter, der sich nicht scheut, dem Klienten unangenehme Wahrheiten zuzumuten und sehr klare Empfehlungen auszusprechen, auch wenn sie den Vorstellungen des Klienten zuwiderlaufen. Im Alltagsgeschäft ist diese Balance nicht immer einfach aufrechtzuerhalten; sie muss auch immer wieder neu austariert und weiterentwickelt werden. Und doch ist sie der wesentliche Erfolgsfaktor, die angesprochene Essenz des Erfolges. Folglich spielt diese Balance in unserem Ausbildungs- und Beurteilungsmodell die zentrale Rolle. Sie schlägt sich in unseren Kriterien, Kursen und Karriereentscheidungen nieder. Denn die Essenz des Erfolges, der Unterschied zwischen einer eleganten und einer schwerfälligen Lösung, zwischen Indifferenz und Begeisterung für diese Lösung in der Klientenorganisation liegt am Ende darin, diese Balance täglich zu meistern.
Quo vadis Inhouse Consulting? Strategische Erfolgsfaktoren interner Unternehmensberatungen Alexander Büchsenschütz Kerstin Baumgart
Einleitung In den vergangenen Jahren haben insbesondere internationale Konzerne interne Unternehmensberatungen gegründet, die mit ihren Beratungsdienstleistungen den internen Bedarf nach implementierungsorientierten und realisierungsföhigen Beratungsprojekten adressieren. Im vorliegenden Beitrag werden interne Beratungen hinsichtlich ihrer Entstehung, ihrer Positionierung sowie ihrer strategischen Erfolgsfaktoren untersucht. Daran anknüpfend werden die Unterschiede zwischen den Aktivitäten und der Organisation von internen und externen Unternehmensberatungen herausgearbeitet.
Entstehung und Leistungsspektrum interner Unternehmensberatungen Neben der Top Management-Beratung durch externe Consultants haben sich in den vergangenen Jahren insbesondere in international agierenden Konzernen interne Beratungen herausgebildet. Während interne Beraterstäbe, die den Vorstand oder einzelne Fachbereiche bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen, schon seit Jahrzehnten existieren, stellt die Institutionalisierung interner Unternehmensberatungen als sog. Shared Services oder eigenständige Profit-Center ein jüngeres Phänomen dar. Drei wesentliche Erklärungsansätze können für die Herausbildung interner Beratungsstrukturen herangezogen werden: - Gestiegene Nachfrage nach umsetzungsorientierten und realisierungsfähigen Beratungskonzepten, - Knappheit personeller Ressourcen in den operativen Funktionsbereichen von Unternehmungen durch die Verschlankung der Unternehmensstruktur,
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- Reduzierung der Ausgaben für Beratungsdienstleistungen im Zuge eines stärkeren Kostenbewusstseins. Die sich permanent wandelnde, komplexe Unternehmensumwelt und die steigende Wettbewerbsintensität in gesättigten Märkten erfordern die kontinuierliche Weiterentwicklung von Unternehmungen sowie die stetige Anpassung ihrer strategischen Ausrichtung und Marktbearbeitung. Aufgrund personeller Engpässe in den operativen Funktionsbereichen kann eine über das operative Tagesgeschäft hinausgehende Projektarbeit oftmals nur mit externer Unterstützung bzw. Steuerung erfolgen. Zudem werden insbesondere für Projekte mit strategischem Fokus externe Beratungsleistungen eingekauft, um die Gefahr der Betriebsblindheit zu reduzieren und kreative Lösungsansätze zu generieren. Aus der „Outside-In-Perspektive" externer Berater resultiert allerdings auch die Gefahr, dass Wachstumsoder Innovationsstrategien entwickelt werden, die das spezifische Umfeld und die Unternehmenskultur des Auftraggebers nur unzureichend berücksichtigen. Spätestens bei der Implementierungsvorbereitung der Strategien und der Maßnahmendefmition werden diese Defizite erkannt und wenn Anpassungen der Strategien nicht oder nur unter Aufwendung prohibitiv hoher Kosten möglich sind, scheitern selbst theoretisch fundierte Konzepte an der Hürde ihrer mangelnden Realisierbarkeit. Im Zuge des gestiegenen Kostendrucks und der Reduzierung variabler Kosten unterziehen Unternehmungen zunehmend auch Beratungsleistungen einer einzelwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse. Sie sind nur dann zum Einkauf von Beratern bereit, wenn den durch die Beratungsleistung verursachten Kosten auch nachhaltige Zusatzerträge bzw. Einsparungen entgegenstehen. Allerdings sind Beratungsleistungen Vertrauensgüter, deren direkte Erträge nur unzureichend oder erst mittelfristig bestimmt werden können. Zudem sind Zusatzerträge nur dann gewährleistet, wenn geringe Anlaufkosten verursacht werden und sich das Beraterteam schnell in das unternehmensspezifische Thema einarbeiten kann. An diese Problemstellung knüpfen interne Beratungen an, die neben ihrer Untemehmenskenntnis und Umsetzungsstärke das Argument der Vermeidung von Beratungsausgaben ins Feld fuhren. Die Ursprünge interner Unternehmensberatungen liegen zumeist in der IT- und Prozessberatung und wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich um weitere Themenfelder ergänzt. Großdimensionierte Projekte, wie beispielsweise die Einführung von ERP-Systemen, machten den Aufbau eigenständiger Projektteams erforderlich, die vom Tagesgeschäft abgekoppelt und kontinuierlich verfügbar waren. Daneben wurden interne Berater aufgrund ihres unternehmensinternen Know-hows für Projekte im Bereich der Prozessoptimierung herangezogen.
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Zur Zeit wird der Begriff „Interne Unternehmensberatung" bzw. „Inhouse Consulting" als Oberbegriff für eine Vielzahl heterogener Institutionen verwendet: während sich ein Teil der Inhouse Consultants, z.B. die interne Beratung der Deutschen Bank, auf die Prozessoptimierung fokussiert, agiert der andere Teil der internen Beratungen, wie bspw. die Siemens Management Consulting oder die Deutsche Post World Net Business Consulting, explizit als interne Top Management-Beratung des Konzerns in strategischen Themenfeldem. Wiederum andere interne Beratungen, wie bspw. die der ABB und die Inhouse Consulting Telekom, decken das gesamte Spektrum der Beratungsleistung von der Prozessoptimierung bis hin zur strategischen Managementberatung ab. Strategy Corporate Strategy Unternehmensentwicklung Marketing & Sales Marketing-Strategie Vertriebsstrategie Marketing-Mix
Inhouse Consulting Finance & Controlling Strategisches Controlling M&A, Outsourcing
Business Engineering^ [ Supply Chain Management] Prozessoptimierung Organisation Reorganisation Change Managennent
Abb. 1. WesentHche Services interner Untemehmensberatungen Neben ihren unternehmensintemen Aktivitäten bearbeiten einige Inhouse Consultants auch den externen Markt. Bei ABB führt die Inhouse Consulting zeitweise mit einem Anteil von etwa 30% externe Beratungsprojekte für Unternehmungen entlang ihrer Wertschöpfungskette insbesondere im Bereich Supply Chain Management durch; bei den Inhouse Consultants der Lufthansa beträgt der Anteil externer Kunden sogar bis zu 80%.
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Abgrenzung interner und externer Unternehmensberatungen Interne und externe Untemehmensberatungen lassen sich anhand ihrer Positionierung und ihrer Organisationsstruktur voneinander abgrenzen. Basierend auf dem von ihnen angebotenen Leistungsspektrum treten interne Berater im Wesentlichen mit den folgenden Positionierungen auf: Verlängerte Werkbank
Projektmanagement
Inhaltliche Projektunterstützung
^ Gesamtprojektsteuerung
Grad der inhaltlichen Einflussnahme
Auftragsanlass
Aufgaben
Ausgleich personeller Kapazitätsengpässe im Untemehmen
Methodische und organisatorische Unterstützung des Kunden bei der Projektdurchführung
Inhaltliche UnterStützung des Kunden bei der Projektdurchführung
Durchführung von Beratungsprojekten tlw. inklusive der Steuerung externer Beratungen
Interne Beratung übernimmt Fachaufgaben, die ansonsten durch Linienfunktionen erfüllt werden
Interne Beratung nimmt die Funktion eines „Projektbüros" ein; die inhaltliche Steuerung verbleibt beim Auftraggeber
Interne Beratung bearbeitet Teilprojekte in Zusammenarbeit mit internen Projektmitarbeitern oder externen Beratungen; Übernahme der inhaltlichen Steuerung des Teilprojektes
Interne Beratung trägt sämtliche organisatorischen und inhaltlichen Projektsteuerungsaufgaben
Abb. 2. Positionierung interner Untemehmensberatungen Während Inhouse Consultants oftmals von ihren internen Auftraggebern dazu eingesetzt werden, personelle Engpässe im Konzern abzufedern, übernehmen externe Berater in der überwiegenden Zahl ihrer Aufträge die Steuerung von Gesamtprojekten. Für interne Untemehmensberatungen ergibt sich aus der Positionierung als verlängerte Werkbank oder Projektbüro die Problematik, fachliche und methodische Kompetenz aufzubauen und unternehmensintern zu signalisieren. Zudem birgt die mangelnde inhaltliche Steuerung die Gefahr, Resultate mitzuverantworten, an deren inhaltlicher Entwicklung man in nur begrenztem Maße mitgewirkt hat. Realisieren interne Berater überwiegend „Bodyleasing-Projekte'", werden sowohl die Visibilität im Konzern als auch die Profilbildung des Inhouse Consulting erschwert. Das Ziel intemer Beratungen muss es demzufolge sein, über den Aufbau inhaltlicher Kompetenzen in den Funktionsfeldern der Unternehmung Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den internen Auftraggebern zu entwickeln.
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Interne und externe Consultants können femer anhand ihrer Organisationsstruktur unterschieden werden. Die Aufbauorganisation externer Beratungen folgt zumeist einer Matrix-Struktur, die durch die Gliederung nach Industrien dominiert wird und in der zweiten Dimension funktional strukturiert ist. Interne Beratungen, naturgemäß auf die Kompetenzfelder der Mutter- und Tochterunternehmungen beschränkt, organisieren sich demgegenüber zumeist auf Basis einer funktionalen bzw. an Projekttypen orientierten Struktur. Aufgrund ihrer meist geringeren Größe weisen interne Beratungen flachere Hierarchien auf, in denen sich der Dreiklang BeraterProjektleiter-Partner herauskristallisiert hat. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber externen Beratungen unter Beweis zu stellen und einen stärkeren Durchgriff auf die Organisation zu gewährleisten, werden interne Beratungen zunehmend als Profit-Center nach dem Vorbild externer Beratungen organisiert und partnerschaftlich gesteuert. Die Partner erfüllen dabei im wesentlichen zwei Funktionen: zum einen sind sie Ansprechpartner für die Beratungsanfragen unternehmensintemer Zielkunden, zum anderen treiben sie zusammen mit potenziellen Auftraggebern untemehmensrelevante Themen voran.
Spannungsfeld und Herausforderungen interner Unternehmensberatungen Interne Unternehmensberatungen bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Kunden, internen Fachbereichen und externen Consultants (vgl. Abbildung 3). Dabei sind Inhouse Consultants in noch stärkerem Maße der internen Kritik ausgesetzt als externe Beratungen, da ihr wesentliches Verkaufsargument darin besteht, das Unternehmen zu kennen und kurze Anlaufzeiten beim Projektstart zu benötigen. Zudem befinden sich Inhouse Consultants aufgrund ihres klar definierten Kundenfokus und ihrer fehlenden Ausweichoptionen in einer Lock-In-Situation. Interne Beratungen müssen nicht nur vom Auftraggeber, sondern auch von den internen Fachbereichen hinsichtlich ihrer inhaltlichen Kompetenz akzeptiert werden. Bei Projekten, in denen Schnittstellen mit den internen Experten anderer Fachbereiche existieren, ist eventuell auftretenden Konkurrenzsituationen und daraus resultierenden Widerständen durch eine möglichst frühzeitige Einbindung der unternehmensinternen Experten entgegen zu wirken. Die kritischen Erfolgsgrößen liegen insofern darin, durch einen kooperativen Beratungsansatz mit den Projektmitarbeitem auf der Kundenseite Vertrau-
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en in die inhaltliche und methodische Kompetenz der internen Beratung zu erzeugen.
Abb. 3. Spannungsfeld interner Untemehmensberatungen Weitere Herausforderungen für interne Beratungen resultieren aus der zunehmenden Professionalisierung auf der Kundenseite. Einerseits wird die Kompetenz für den Einkauf von Beratungsleistungen zunehmend gebündelt - bspw. in Form der Unterstützung des Beratereinkaufs durch Prozessbegleiter oder über die Zentralisierung des Beratereinkaufs in Stabsbereichen. Andererseits weist mittlerweile ein großer Anteil der Führungspersonen und Auftraggeber Erfahrung im Umgang mit Beratern auf - sei es durch die eigene Tätigkeit in internen oder externen Unternehmensberatungen oder durch die langjährige Zusammenarbeit insbesondere mit externen Beratern. Knappere Budgets und ein zunehmender Verdrängungswettbewerb bei Beratungsdienstleistungen begründen zudem eine Intensivierung der Wettbewerbssituation zwischen internen und externen Untemehmensberatungen. Waren externe Top Managementberatungen bis vor einigen Jahren schwerpunktmäßig in den Phasen der Konzepterstellung und Implementierungsvorbereitung aktiv, werden sie von ihren Auftraggebern in jüngerer Zeit in die Implementierung integriert. Interne Beratungen agieren auf der anderen Seite zunehmend im Bereich Konzepterstellung und Implementierungsvorbereitung, so dass größere Überlappungen in der Projektarbeit von internen und externen Beratungen entstehen. Hinzu tritt ein verstärkter Preiswettbewerb externer Berater, gekennzeichnet durch nicht in Rech-
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nung gestellte Projektvorlaufzeiten oder personelle Ressourcen bzw. erfolgsabhängige Vergütungskomponenten. Interne Beratungen sind vor diesem Hintergrund angehalten, ihre Existenzberechtigung nicht nur mit dem Verweis auf ihren niedrigen Preispunkt und die Vermeidung von Beratungsausgaben zu argumentieren, sondern im wesentlichen inhaltliche Begründungsansätze für ihren Beratungsauftrag heranzuziehen. Die Schärfung des Leistungsprofils und Etablierung eines Alleinstellungsmerkmals sind unabdingbar - insbesondere, da sich unter dem Begriff des Inhouse Consulting eine Vielzahl unterschiedlicher Ausprägungen und Erwartungshaltungen auf der Kundenseite verbergen.
Strategische Erfolgsfaktoren interner Beratungen Das im vorhergehenden Abschnitt beschriebene Spannungsfeld interner Beratungen zwischen Kunden, internen Fachbereichen und externen Beratern erfordert, nachhaltiges und untemehmensspezifisches Wissen aufzubauen, um in der Interaktion mit dem Kunden glaubwürdige Leistungsversprechen abgeben zu können. Für eine erfolgreiche Positionierung interner Untemehmensberatungen erscheinen dabei vier Faktoren wesentlich: Strategische Erfolgsfaktoren interner Beratungen Umsetzungsfähige und realisierbare Lösungsansätze
Systematischer Aufbau und Transfer internen Wissens
Kontinuierliche Mobilisierung interner Ressourcen
• Realisierung des „Glient-Firsf-Prinzips und einer darauf aufbauenden, nachhaltigen Dienstleistungsmentalität
• Angebot ganzheitlieber Projektansätze von der Konzeption über die Implementierung bis zur Realisierung
• Wissensaufbau und transfer In wesentliehen Kompetenzfeldern des Unternehmens
• Erhöhung der unternehmensinternen Handlungskompetenz und Problemlösungsfähigkeit
• Angebot individueller Problemlösungsstrategien statt vorkonfektionierter Standardansätze
• Berüeksiehtigung der Gesamtsieht sowie Interner Besonderheiten hinsichtlieh Unternehmenskultur und EntScheidungsstrukturen
• Projektbezogene Weiterentwicklung interner personeller Ressourcen
• Proaktive Identifikation von Sehwaehstellen im Unternehmen
Kundenspezifisches Dienstleistungsangebot
• Systematische Führungskräfteentwieklung
Signaling glaubwürdiger Leistungsversprechen
Abb. 4. Strategische Erfolgsfaktoren interner Beratungen
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Die primäre Aufgabe interner Beratungen besteht in ihrer Dienstleistungsfunktion, d.h. darin, durch einen problemlösungsorientierten Beratungsansatz einen wertschöpfenden Beitrag für den Kunden zu leisten. Um einen hohen Mehrwert für den internen Auftraggeber und den Gesamtkonzern zu generieren, ist ein auf die kundenspezifischen Probleme zugeschnittenes Dienstleistungsangebot, gepaart mit einem unbedingten „Client-First"-Prinzip, unabdingbar. Daneben sollte das Angebotsspektrum interner Beratungen auf ganzheitliche Ansätze abzielen, in denen die Besonderheiten und Entscheidungsstrukturen des Konzerns sowie die kulturellen Spezifika berücksichtigt werden. Die Entwicklung umsetzungsfähiger Lösungsansätze kann durch die Zusammensetzung des Beratungsteams unterstützt werden, bei der sich eine Mischung aus beratungs-, branchenund unternehmenserfahrenen Beratern als vorteilhaft erweist. Die unterschiedlichen Erfahrungen und Blickwinkel ermöglichen es somit, die erarbeiteten Handlungsempfehlungen auf ihre Realisierungsfähigkeit hin zu überprüfen. Bedeutsam ist es zudem, nachhaltige Projektresultate zu entwickeln, da das Inhouse Consulting langfristig an seine internen Kunden gebunden ist und auch nach der Implementierung noch zur Verfligung steht. Weiterhin übernehmen Inhouse Consultants die Funktion eines unternehmensinternen Wissensbrokers und dienen als Vermittler zwischen den funktionalen Einheiten der Unternehmung. Die Moderations- und Koordinationsfunktion wird oftmals zum Projektstart dadurch ausgelöst, dass der interne Berater das dezentral in den Untemehmensbereichen verfügbare Wissen bündelt, analysiert und sinnvoll aggregiert. Den internen Beratern kommt an dieser Stelle zu Hilfe, dass sie außerhalb der Linienfunktionen agieren und zum informellen Wissensaustausch über unternehmensinterne Netzwerke beitragen können. Hinzu tritt bei internen Beratungen ihre Funktion bei der strategischen Personalentwicklung, die in zwei Richtungen wirkt. Auf der einen Seite werden die Projektmitarbeiter der Fachbereiche durch die Zusammenarbeit mit den internen Beratern in der Abwicklung von Projekten und der strukturiertanalytischen Lösung von Problemen entwickelt. Funktionsübergreifende, interdisziplinäre Projektteams tragen dabei insbesondere zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter bei. Auf der anderen Seite leistet die interne Unternehmensberatung einen Beitrag zur systematischen Führungskräfteentwicklung und dient für ihre Nachwuchskräfte als Sprungbrett in eine Linienposition in der Unternehmung. Für die Ausbildung jüngerer Consultants ist es dabei - ähnlich wie in externen Beratungen - bedeutsam, vor einer funktionalen und inhaltlichen Fokussierung in möglichst vielen unterschiedlichen Unternehmensbereichen gearbeitet zu haben, um neben einer breit aufgestellten Wissensbasis auch ein soziales Netzwerk aufzubau-
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en. Für Consultants, die nach einigen Jahren externer Beratungserfahrung in die interne Beratung wechseln, müssen neben der fachlichen Weiterbildung auch Entwicklungsperspektiven hinsichtlich ihrer sozialen Kompetenz und Führungsverantwortung aufgezeigt werden. Die Einführung von Junior Partner Stellen, die die Partner der Inhouse Consulting bei der inhaltlichen Entwicklung der Kompetenzfelder unterstützen und Akquisitionsaufgaben wahrnehmen, erscheint dabei als geeignetes Instrument. Weitere Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung des Führungsnachwuchses sind bspw. die Teilnahme der Inhouse Consultants an Executive oder MBA-Programmen sowie die Gewährung von Sabbaticals für Promotionen. Über ihre Dienstleistungs- und Wissenstransferfunktion hinaus übernehmen interne Unternehmensberatungen noch eine Mobilisierungsfunktion. Externe Beratungen üben diese Funktion dadurch aus, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit in einer Vielzahl von Unternehmungen spezifisches Industrie- und Branchenwissen generieren und über BranchenBenchmarks externe Anreize zur Mobilisierung interner Ressourcen setzen. Bedingt durch die Vertraulichkeitsbeziehung zum Kunden und die Politik der „Chinese Walls" wird dieses Wissen allerdings insbesondere in Industrien, in denen sich Marktstrukturen mit einer überschaubaren Anzahl von Wettbewerbern herausgebildet haben, in engen Grenzen gehalten. Die Mobilisierungsfunktion von Inhouse Consultans erfolgt demgegenüber im wesentlichen durch die Weitergabe unternehmensinternen Wissens, das für die bereichsübergreifende Weiterentwicklung des Konzerns genutzt werden kann. Beispiele hierfür sind der Best-Practice-Transfer innerhalb einer Unternehmung oder das Benchmarking von Tochtergesellschaften eines Konzerns. Interne Beratungen fördern somit die Herausbildung Lernender Organisationen, in denen das vertrauliche Wissen im Konzern verbleibt und zur Weiterentwicklung der organisationalen Wissensbasis verwendet werden kann. Hierdurch werden Strukturen für die Verbesserung der unternehmensintemen Handlungsfähigkeit und Problemlösungskompetenz geschaffen, die die proaktive Identifikation von Schwachstellen in der Unternehmung unterstützen.
Resümee Insbesondere internationale Konzerne haben in den vergangenen Jahren interne Untemehmensberatungen gegründet und so einen Teil des internen Bedarfs nach Beratungsdienstleistung gedeckt. Drei wesentliche Erklä-
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rungsansätze können für die Herausbildung interner Beratungsstrukturen herangezogen werden: - Gestiegene Nachfrage nach umsetzungsorientierten und realisierungsfähigen Beratungskonzepten, - Knappheit personeller Ressourcen in den operativen Funktionsbereichen von Unternehmungen durch die Verschlankung der Unternehmensstruktur, - Reduzierung der Ausgaben für Beratungsdienstleistungen im Zuge eines stärkeren Kostenbewusstseins. Die Ursprünge interner Unternehmensberatungen liegen größtenteils in der IT- und Prozessberatung und wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich um weitere Themenfelder ergänzt, bis hin zur strategischen Managementberatung. Nicht selten werden Inhouse Consultants von ihren internen Auftraggebern allerdings auch dazu eingesetzt, personelle Engpässe im Unternehmen abzufedern. Ganz im Gegensatz zu ihren externen Kollegen, denen i.d.R. die Steuerung von Gesamtprojekten bzw. inhaltliche Themengestaltung zufällt. Realisieren interne Berater überwiegend „Bodyleasing-Projekte", werden sowohl die Visibilität im Unternehmen als auch die Profilbildung erschwert. Das Ziel interner Beratungen muss es demzufolge sein, über den Aufbau inhaltlicher Kompetenzen in den Funktionsfeldern der Unternehmung Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den internen Auftraggebern zu entwickeln. Die Aufgabenspektren interner und externer Beratungen überlappen jedoch zunehmend und immer öfter müssen externe Top ManagementBeratungen sich die Aufgaben der Konzepterstellung und Implementierungsvorbereitung mit ihren internen Kollegen teilen und werden von ihrem Mandanten verstärkt in die Implementierung integriert. Mit Blickrichtung auf die Organisation, richten sich interne Beratungen naturgemäß auf die Kompetenzfelder der Mutter- und Tochterunternehmungen aus und folgen deshalb einer funktionalen bzw. an Projekttypen orientierten Struktur. Beobachtbar ist allerdings auch, dass eine steigende Zahl interner Beratungen als Profit-Center fungiert bzw. als ein Center, dass kostendeckend arbeitet. Abschließend kann festgestellt werden, dass zu den primären Aufgaben interner Beratungen folgende zählen: - Dienstleistungsfunktion; Durch einen problemlösungsorientierten Beratungsansatz einen wertschöpfenden Beitrag für den Kunden zu leisten. - Funktion eines unternehmensintemen Wissensbrokers und -Vermittlers
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Funktion der strategischen Personalentwicklung; Systematischen Führungs-kräfte- und Nachwuchskräfteentwicklung Mobilisierungsftinktion; Spezifisches Industrie- und Branchenwissen generieren
Literaturhinweise Baumgart K (2002) Einzel- und volkswirtschaftliche Wirkungen effizienter Wissensnutzung, Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden. Petmecky A, Deelmann T(2004) Zur Entwicklung des Untemehmensberatungsmarktes. In: Organisationsentwicklung, 23. Jg., Nr. 2, S. 38-43. Sandberg R, Wen* A(2003) The Three Challenges of Corporate Consulting. In: MIT Sloan Management Review, 45. Jg., Nr. 1, S. 59-63. Schmidt L, Brandt N, Ahlers F (2000) Inhouse-Consulting in der betrieblichen Praxis - Ergebnisse einer Befragung. In: zfo, 69. Jg., Nr. 5, S. 260-267.
Strategieberatung als unternehmerische Erfoigspartnerschaft Franz-Josef Seidensticker
Vom Projekt zur Partnerschaft „Von der Parteien Gunst und Hass verzerrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte", heißt es in Schillers „Wallenstein" über den berühmten Feldherm des Dreißigjährigen Krieges. Ähnlich ergeht es heute den Unternehmensberatern: Die kritisch gefärbte Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit - insbesondere der Vorwurf, für teure Honorare eher bescheidene Ergebnisse zu liefern - steht in auffälligem Gegensatz zur prinzipiellen Wertschätzung seitens der Rat suchenden Unternehmen, die dafür immerhin zwischen 7 und 8 Milliarden Euro in Deutschland ausgeben. So pauschal die Kritik oft daherkommt, so falsch wäre es, sie deshalb einfach abzutun. Denn letztlich geht es um grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmensberatung und Klient: - Sind die Consultants bloß Auftragnehmer, die dafür bezahlt werden, ein Projekt nach Kundenwunsch durchzuziehen - notfalls auch das Alibi für bereits feststehende unbequeme Managemententscheidungen zu liefern -, oder treten sie als Gurus auf, die den Unternehmen vermeintliche Patentrezepte verkaufen? Oder sehen beide Seiten sich als echte Partner, die auf ein gemeinsames Erfolgsziel hin zusammenwirken? - Was heißt das konkret: erfolgsorientierte Partnerschaft zwischen Beratung und Unternehmen? Zum Beispiel: Was bedeutet das für die Sicht auf die Probleme und den Lösungsansatz? Wie weit sind die Consultants auch für die Umsetzung verantwortlich? Und wie lässt sich erreichen, dass die erzielten Ergebnisse und die Beraterhonorare in einem angemessenen Verhältnis stehen? All dies sind Fragen, die heute die Beratungskunden zu Recht bewegen. Denn auch die Unternehmen nehmen Beratungskompetenz und -nutzen immer kritischer unter die Lupe und achten verstärkt auf das PreisLeistungs-Verhältnis. Dazu hat nicht nur die gewachsene Beratungserfahrung in den Unternehmen beigetragen, sondern auch die Ernüchterung über einst als Allheilmittel propagierte Managementmethoden, wie zum
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Franz-Josef Seidensticker
Beispiel Business Process Reengineering oder Total Quality Management. Viele Unternehmenschefs wollen sich angesichts des immer schärferen Wettbewerbs nicht mehr mit Lösungen von der Stange zufrieden geben, sondern suchen unternehmerisch denkende Mitgestalter, die mit neuen Ideen und Sichtweisen dazu beitragen, einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung zu erringen. Genau darum geht es in der strategischen Unternehmensberatung, wie sie Bain & Company versteht und seit der Gründung vor mehr als 30 Jahren praktiziert. Ziel ist es, nachhaltige Wettbewerbsvorteile für die Klienten zu schaffen und dadurch den Unternehmenswert überdurchschnittlich zu steigern. Dies ist nicht mit einer falsch verstandenen Shareholder-Value-Orientierung zu verwechseln, die zu Lasten der Ausschöpfung langfristiger Wachstums- und Gewinnpotenziale einseitig auf kurzfristig sichtbare Ergebnisverbesserungen, vor allem auf der Kostenseite, setzt. Denn wir wissen aus Erfahrung: Nachhaltig herausragende Erfolge lassen sich nur erzielen, wenn Berater und Unternehmen konsequent darauf hinarbeiten, das volle Umsatz- und Ertragspotenzial auszuschöpfen. Allein mit punktuellen und kurzfristigen Verbesserungsprojekten ist dies kaum zu erreichen. Gefordert sind vielmehr grundlegende Veränderungen hinsichtlich der strategischen Positionierung, der Organisationsstruktur und der operativen Prozesse des Unternehmens - also ein ganzheitlicher Ansatz. Bewertungskategorien Projekte Über Ziel 5 "
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Qualität der Kundenbeziehung Quelle: Bain & Company
Abb. 1. Unternehmerische Erfolgspartnerschaft
5 zu pflegen
Wir wollen mit Klienten langfristige Partnerschaften etablieren, um messbare Resultate zu erzielen
Strategieberatung als unternehmerische Erfolgspartnerschaft
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Wir streben deshalb immer eine langfristige unternehmerische Erfolgspartnerschaft mit unseren Klienten an. Eine Zusammenarbeit, die diesen Namen verdient, muss sich unseres Erachtens an zwei Kriterien messen lassen: höchste Qualität der Kundenbeziehung und exzellente Resultate. Damit ist der Anspruch verbunden, Maßstäbe zu setzen - also FlaggschiffFunktion zu übernehmen (vgl. Abbildung 1).
Elemente einer Erfolgspartnerschaft Unternehmerische Sicht Im Kern bedeutet unternehmerische Beratung: Bei allem, was sie für ihre Kunden tun, denken die Consultants wie Unternehmer. Das heißt: Zum einen betrachten sie die beratenen Unternehmen ganzheitlich aus der Management- und Eigentümerperspektive. Zum anderen sind die Berater bereit, sich an den Ergebnissen messen zu lassen und dafür auch finanziell einzustehen. Denn sie wissen: Unternehmer, die etwas bewegen wollen, arbeiten am liebsten mit unternehmerisch ebenbürtigen Beratungspartnern zusammen. Das gilt freilich auch umgekehrt: Aus einer Beratungsbeziehung kann nur dann eine langfristige Erfolgspartnerschaft entstehen, wenn auf der Klientenseite keine Verwalter agieren, sondern Unternehmensführer, die nach neuen Wegen suchen, weil sie sich nicht mit dem Status quo zufrieden geben. Dazu gehören Branchenfuhrer, die sich neue Ziele setzen, ebenso wie Unternehmen in kritischen Situationen, die wieder auf Erfolgskurs kommen wollen. Lösungen nach Maß Es geht also darum, nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Von modischen Patentrezepten, auch wenn sie noch so verführerisch scheinen, ist daher nach aller Erfahrung ebenso wenig zu erwarten wie von der unkritischen Anwendung standardisierter Management-Tools. Vielmehr gilt es, gemeinsam mit dem Klientenmanagement pragmatisch und ohne Scheuklappen maßgeschneiderte, unkonventionelle Lösungen zu entwickeln. Aus Sicht der deutschen Unternehmen, vor allem der Top 100, gehören Individualität, Kreativität und Umsetzbarkeit der Problemlösung zu den ausgesprochenen Stärken von Bain & Company. Dies geht aus der Studie „Management Consulting 2004" hervor, die das von Professor Dr. Dietmar
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Fink geleitete Institute of Management and Consulting Sciences (IMCS) in Bonn durchgeführt hat. Die originellen Lösungen, die neue Wege abseits des Herdentriebs weisen, sind freilich nicht das Ergebnis genialer Einfälle, sondern basieren auf der vorurteilslosen und umfassenden Analyse objektiver Zahlen, Daten und Fakten. Oft gelangen wir dabei zu Erkenntnissen, die konventionelles Branchendenken in Frage stellen. Unsere Methodenkompetenz sehen wir vor diesem Hintergrund nicht zuletzt darin, aus der Fülle der verfügbaren Analyse- und Diagnoseinstrumente die jeweils geeigneten auszuwählen. Fokus auf dem Kerngeschäft Ausgangspunkt aller Überlegungen, die auf nachhaltige Steigerung des Unternehmens Werts zielen, sollte die Frage nach dem Kerngeschäft sein. Im Grunde geht es darum zu verstehen, was das Kraftzentrum des Unternehmens ausmacht (und wo es seine Ressourcen vergeudet). Denn, wie Bain & Company empirisch nachgewiesen hat, sind auf Dauer jene Unternehmen am erfolgreichsten, die sich auf die Geschäftssegmente und Aktivitäten fokussieren, bei denen sie gegenüber dem Wettbewerb ihre besonderen Stärken ausspielen können. Diese gilt es voll auszuschöpfen, zu stärken und auszubauen. Vier Kernfragen
1. Was ist unser Kerngeschäft?
Wie aussichtsreich ist unser Kerngeschäft langfristig?
2. Wie groß Ist das volle Potenzial des Kerns?
3. Weiche angrenzenden Segmente erlauben eine profitable Expansion? Quelle: Bain & Company
Abb. 2. Die Umsetzung der Kemgeschäftsstrategie im Überblick
Strategieberatung als unternehmerische Erfolgspartnerschaft
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Wer sind wir? Und wo stehen wir? Diese beiden Fragen müssen sich Unternehmen deshalb immer wieder stellen, ob es um umfassende Veränderungen (Transformationen) oder um die volle Ausschöpfung des Potenzials in einzelnen Bereichen, zum Beispiel im Einkauf oder Vertrieb, ob es um Wachstumsstrategien oder einen Turnaround geht. Erst ein gründliches Verständnis dessen, was das Kerngeschäft ausmacht (und was nicht), erlaubt es, nachhaltig wirksame Strategien für das gesamte Unternehmen wie für bestimmte Teilbereiche zu entwickeln. Dabei ist es nicht mit einem einmaligen Kraftakt getan. Vielmehr handelt es sich bei der Entwicklung des Unternehmens aus einem starken Kern heraus um einen ständigen Veränderungs- und Lernprozess (vgl. Abbildung 2). Umsetzungs- und Ergebnisorientierung Die brillanteste Analyse und die beste Strategie nützen nichts, wenn die Umsetzung mangels klarer Vorgaben ihr Ziel verfehlt oder an unterschätzten Hindernissen und unerwarteten Widerständen im Unternehmen scheitert. Management Consultants dürfen sich folglich nicht damit begnügen, bloß Berichte und Gutachten abzuliefern. Vielmehr müssen sie Mitverantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Strategiekonzepte übernehmen, indem sie die Unternehmen auch bei der Umsetzung unterstützen und sich darüber hinaus am Ergebnis ihrer Beratung messen lassen. Mitverantwortung für die Umsetzung beginnt schon bei der Strategieentwicklung. Ziel muss es sein, gemeinsam mit dem Klienten mach- und umsetzbare Strategien zu erarbeiten - sprich: nicht nur die Leitlinien vorzugeben, sondern konkrete Handlungsempfehlungen für die notwendigen Strukturveränderungen und Prozessverbesserungen abzuleiten. Überdies sollte die Beratung bereit und fähig sein, ihre Klienten in der Implementierungsphase auch aktiv zu unterstützen. Ergebnisorientierung heißt zunächst einmal: Auch Strategieprojekte brauchen zur Erfolgsmotivation und -kontrolle klare, nachprüfbare Zielvorgaben. Schon bei Projektbeginn sollten Beratung und Klient daher gemeinsam festlegen, welche messbaren Resultate sie erreichen wollen. Diese Kriterien sollten auch in die abschließende Projektbewertung einfließen, die wiederum für eine erfolgsabhängige Honorierung herangezogen werden kann.
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Ergebnisorientierte Vergütung Den Anspruch, sich mit aller Kraft ftir den Erfolg ihrer Klienten einzusetzen, kann eine Untemehmensberatung durch ein leistungs- und erfolgsorientiertes Vergütungskonzept unterstreichen: - Im einfachsten Fall heißt dies, dass nicht nach Stunden- oder Tagessätzen abgerechnet, sondern mit dem Klienten eine feste Honorarsumme vereinbart wird, sobald sich die Beratung mit ihm auf Ziele, Leistungsumfang und Zeitrahmen des Projektes geeinigt hat. Kostenüberschreitungen, die nicht durch substanzielle Erweiterungen des Projektumfangs bedingt sind, gehen voll zu ihren Lasten. - Sie kann aber auch einen Teil des Honorars vom Ergebnis ihrer Arbeit abhängig machen. Wenn möglich, sind diese Erfolgsprämien an das Erreichen bestimmter objektiv messbarer Ziele geknüpft, wie zum Beispiel erzielte Kosteneinsparungen bei Programmen zur Einkaufsoptimierung, Marktanteilsgewinn bei Vertriebsprojekten oder Profitabilitätswachstum bei der Integration von Fusionspartnern. Verzichtet werden sollte darauf allerdings bei Projekten mit Personalabbau. Damit wird die Bereitschaft dokumentiert, finanzielle Mitverantwortung für das Beratungsergebnis zu übernehmen. Dazu gehört freilich auch, dass die Beratung nicht nur das Risiko einer Zielverfehlung mitträgt, sondern auch mitgewinnt, wenn die festgelegte Messlatte übertroffen wird. Für die Ernsthaftigkeit des unternehmerischen Engagements spricht auch, wenn die ermittelte Kundenzufriedenheit und die erreichten Projekterfolge - und nicht das akquirierte Projektvolumen - bei der Bemessung der Gehälter der Führungskräfte und Partner einer Managementberatung eine maßgebliche Rolle spielen. Offenheit statt Opportunismus Eine langfristig erfolgreiche Partnerschaft zwischen Berater und Klient setzt nach unserer Überzeugung nicht zuletzt einen offenen und ehrlichen Dialog voraus. Zur professionellen Glaubwürdigkeit gehört es daher, keine Schönfärberei zu betreiben und keine Gefälligkeitsgutachten zu erstellen, sondern den Beratungskunden auf Basis der ermittelten Fakten die Wahrheit zu sagen - auch wenn diese unbequem sein mag und nicht immer die Meinung des Klienten widerspiegelt. Nach unseren Erfahrungen suchen jedoch Topmanager, die ihr Unternehmen ernsthaft voranbringen wollen, keinen bequemen, sondern einen kompetenten Partner, der im Dialog mit ihnen um die beste Lösung ringt.
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So konnte zum Beispiel ein Bain-Team einen Konzernchef davon überzeugen, dass ein fast schon unterschriebener Übernahmedeal keinen strategischen Sinn machte und daher Wert zerstört statt geschaffen hätte. Die 800-Millionen-Euro-Akquisition wurde daraufhin abgesagt - heute steht das Unternehmen besser da denn je. Zum Thema Glaubwürdigkeit, das partnerschaftliches Vertrauen schafft, gehört es auch, Projekte abzulehnen, von denen zu erwarten ist, dass sie nicht zu umsetzungsfähigen und messbaren Ergebnissen führen oder dem Klienten Kosten ohne signifikanten Gegenwert verursachen. Dass die Kunden durchaus wahrnehmen, wenn hehren Grundsätzen auch Taten folgen, zeigt ein weiterer Befund der Management-ConsultingStudie 2004: Über 90 Prozent der Unternehmen, die schon einmal von Bain & Company beraten wurden, attestieren ethisches Verhalten - mit Abstand die beste Quote aller untersuchten Beratungsfirmen.
Maßstäbe erfolgreicher Partnerschaft Berater- Klient Einzelne Beratungsprojekte lassen sich anhand quantitativer und/oder qualitativer Kriterien hinreichend bewerten. So steht am Ende jedes BainProjektes ein standardisierter Review-Prozess. Dabei wird unter anderem gemeinsam mit dem Klienten untersucht, welche finanziellen Verbesserungen identifiziert, in die Businesspläne eingebaut und schließlich realisiert wurden, wie gut die Zusammenarbeit war und ob ein erfolgreicher Know-how-Transfer stattfand. Wir fragen die Kunden auch, wie wir noch besser werden können. Das Urteil der Kunden ist auch der beste Indikator für die Qualität und den Erfolg längerfristiger Beratungspartnerschaften. So erreichte Bain & Company laut Fink-Studie in punkto Zufriedenheit mit der Beratungsleistung den drittbesten Gesamtwert. Dahinter steht eine überdurchschnittliche Bewertung des Beratungserfolgs: 77 Prozent aller befragten 224 Unternehmen beurteilten Bain als sehr erfolgreich bzw. erfolgreich, während der Marktdurchschnitt bei 56 Prozent lag. Von den deutschen Top-100Unternehmen gaben sogar 80 Prozent die beiden höchsten Noten. Darüber hinaus bescheinigen uns die Unternehmen die größte Homogenität der Beratungsleistung. Hier wurde gemessen, inwieweit die Klienten in ihrer (positiven) Beurteilung übereinstimmen. Für uns kann das freilich kein Grund sein, in unseren Bemühungen um eine langfristig unternehmerische Erfolgspartnerschaft nachzulassen. Denn, wie jeder gute Unternehmer weiß: Stillstand bedeutet Rückschritt im Wettbewerb.
Teil B: Bausteine der Zusammenarbeit entlang der Phasen des Projektlebenszyklus
Innovationsführerschaft und Managementberatung - strategische Partnerschaft als Basis gemeinsamen Erfolgs Heinz-Gerd Peters
Einleitung Die Nutzung des Begriffs Innovation gilt mittlerweile als inflationär und muss, wenn nicht systematisch betrachtet und behandelt, in vielen Unternehmen häufig nur als von der Unternehmensführung genutzte Floskel in der Kommunikation gegenüber Mitarbeitern und Öffentlichkeit betrachtet werden. Dagegen kann eine wirklich professionelle Behandlung des Themas Innovation in den Unternehmen zu nachhaltigen Vorteilen im weltweiten Wettbewerb führen. Um eine gemeinsame Sprache zu sprechen und ein gemeinsames Verständnis der Problemstellung zu erlangen, ist jedoch zunächst eine klare Definition von Begriffen aus dem unmittelbaren und mittelbaren Umfeld dieser Thematik vonnöten.
Begriffsdefinitionen Vor der Innovation steht zunächst die Invention, also eine Erfindung bzw. eine Erkenntnis. Als Innovation wird daher gemeinhin eine bereits in die Praxis umgesetzte Invention verstanden, die bei Erfolg relativ rasch in eine Imitation durch den Wettbewerb mündet. Um einen messbaren Erfolg im Unternehmen zu generieren und für gewisse Zeiträume Wettbewerbsvorteile im Markt zu realisieren, darf die Innovation allerdings nicht als einmaliger und im Unternehmen weitgehend isolierter Prozess betrachtet werden. Vielmehr bedarf es eines professionellen Managements, das die Unternehmen ganzheitlich betrachtet. Innovationen sind bewusst und planvoll gestaltbar und auch erlernbar. Innovationsmanagement ist insofern die systematisch-konstruktive Umsetzung von Problemlösungen in Erfolge am Markt. Ist ein Unternehmen in seinem Teilmarkt mehrheitlich Vorreiter bei Innovationen, gilt es gemeinhin als Innovationsführer.
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Die Innovation umfasst verschiedene Innovationsvarianten. Neben der klassischen Produktinnovation, z.B. eine neue Datenverkehrlösung wie MMS im Mobilfunkmarkt, gibt es auch Prozess- und Dienstleistungsinnovationen. Viel zu häufig wird unter Innovation nur die Produktinnovation verstanden, da sie für alle sehr schnell sichtbar ist. Aber gerade auch die Prozessinnovationen in den Unternehmen können maßgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen. So mussten in den Unternehmen z.B. viele Prozesse den neuen Möglichkeiten des E-Business angepasst werden. Häufig sind sie gar zwingende Voraussetzung für Produktinnovationen. Ohne Innovationen werden Unternehmen nicht dauerhaft in ihren Märkten existieren können. Dabei ist zu beachten, dass in der Tat auch viele Unternehmen wegen ihrer mangelhaften Fähigkeit zur Innovation vom Markt verschwunden sind. Organisationen neigen zu bestimmten Verhaltensweisen und sie können Innovationen fördern wie auch verhindern. Gute Organisationen schaffen einen Geist kontinuierlicher Innovation unter voller Ausnutzung von natürlich vorhandener Kreativität von Mitarbeitern. Dies muss nicht zwingend allein von innen heraus geschehen. Externe Hilfe kann hier maßgeblich zum Erfolg beitragen.
Strategische Partnerschaft Externe Ressourcen dieser Art gibt es mannigfaltige. So können Unternehmen Partnerschaften mit Zulieferern eingehen, eng mit Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten oder sie suchen sich externe Managementberater, die Innovationsprozesse fördern und begleiten. Wichtig ist in allen Fällen allerdings eine Kontinuität in der Zusammenarbeit, um nachhaltig Innovation sicherzustellen. In diesem Kontext muss der Autor zunächst etwas näher auf den Begriff der Partnerschaft zwischen Institutionen eingehen, und an dieser Stelle insbesondere auf die so genannte strategische Partnerschaft. Häufig wird der Begriff der strategischen Partnerschaft sehr leichtfertig genutzt und ist sehr selten wirklich mit Inhalten besetzt. Dies liegt vor allem daran, dass strategische Partnerschaften mit langfristigen oder volumenstarken Partnerschaften gleichgesetzt werden. Eine strategische Partnerschaft geht weit über die langfristige bzw. die volumenstarke Partnerschaft heraus. Z.B. kann sich eine langfristige Partnerschaft zu einem Lieferanten auf ein für das Unternehmen unkritisches Produkt und/oder eine unkritische Leistung beziehen. Ein großes Beschaffungsvolumen ist dabei auch nicht erforderlich, lediglich die Dauer der Lieferanten-Kunde-Beziehung wird ausgedrückt. Eine volumenstarke Partnerschaft ist in der Regel für beide Seiten,
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Lieferant und Abnehmer wirtschaftlich bedeutsam, das erworbene Produkt oder die Leistung müssen aber nicht zwingend mit hoher Kritikalität für das beschaffende Unternehmen versehen sein. Eine strategische Partnerschaft dagegen beinhaltet in Teilbereichen eine Aufgabe der vollständigen Autonomie des jeweiligen anderen Partners und/oder die histitutionalisierung der Geschäftsbeziehung, so z.B. bei gemeinsamer Produktentwicklung oder der Übernahme von Prozessen zur Effizienzsteigerung auf beiden Seiten. Beispielhaft könnte hier ein elektronischer Beschaffungsprozess genannt werden.
Strategische Partnerschaft mit Managementberatung Eine Geschäftsbeziehung bzw. Partnerschaft mit Managementberatungsgesellschaften zeichnet sich in der Regel dadurch aus, dass die Beteiligten jeweils über intime Kenntnisse der anderen Organisation und der Prozesse verfügen. Regelmäßige Informations- und Erfahrungsaustausche fmden auf hohen und höchsten Hierarchieebenen statt, ohne die operative Arbeitsebene zu vernachlässigen und sie bei Bedarf in Projekte zu involvieren. Die weitergehende strategische Partnerschaft wird jedoch erst dann erreicht, wenn der Status einer institutionalisierten Form der Zusammenarbeit erreicht ist. Dies kann auf der strategischen Managementebene in nachhaltiger Form z.B. eine gemeinsame Planung und Entwicklung von Ideen, Entwürfen, Studien oder eben auch Innovation sein. Voraussetzung dafür ist jedoch ein klares Bekenntnis des jeweils anderen Partners zur Zusammenarbeit und eine saubere und eindeutige vertragliche Beziehung, insbesondere in Fragen der Geheimhaltung.
Strategische Innovationsplanung und Institutionalisierung von Innovationsmanagement Vor der eigentlichen Innovation steht eine stringente und für alle Beteiligten begreifbare Innovationsstrategie der Unternehmen im Rahmen der Strategischen Planung. Sowohl bei der Strategischen Planung als auch bei der Entwicklung der daraus abgeleiteten Innovationsstrategie kann man sich des Wissens und der Erfahrung von strategischen Managementberatern bedienen. Gerade diese haben den unschätzbaren Vorteil branchenübergreifender Erfahrung sowie der Kenntnis von Best-Practice und Branchentrends.
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Hat ein Unternehmen sich einmal zu dieser Vorgehensweise entschlossen, gilt es in der strategischen Innovationsplanung zusammen mit den Beratern Inhalte festzulegen: - Auf welchen Gebieten und/oder welchen Divisionen möchte das Unternehmen innovativ sein oder gibt es über alle Gebiete und Divisionen hinweg eine gleichmäßige Fokussierung - Welches Budget soll für die Förderung und Begleitung von Innovationen zur Verfügung stehen - Wie kann die Unternehmensleitung Innovationen fördern - Welche Untemehmensorganisation ist für Innovationen erforderlich - Welche Innovationsstrategie wird vom Unternehmen verfolgt Die letzte Frage ist von elementarer Bedeutung für die gesamte Organisation. Bei Produktinnovationen lassen sich verschiedene Innovationsstrategien unterscheiden. Zwei wesentliche Strategien sind die Technologiestrategie sowie die Fokusstrategie. Merkmale der Technologiestrategie sind z.B.: -
Starke Forschungs- und Entwicklungstätigkeit Hohe Komplexität von Produkten und Dienstleistungen Hoher technologischer Stand des Unternehmens Hohes Risiko bei Produktentwicklung und Markteinführung
Diese Strategie beinhaltet ein vergleichsweise hohes Risiko. Bei EinProdukt-Unternehmen kann die Strategie leicht zum Konkurs führen. Merkmale der Fokusstrategie sind z.B.: -
Hochwertige Produkte und eine Reihe von Produktlinien Synergetische Nutzung von Stärken im Unternehmensverbund Eintritt in Wachstumsmärkte und intensive Marketingaktivitäten Bekanntes Markenportfolio
Diese Strategie ist in der Regel nur von sehr großen und fmanzstarken Unternehmen zu realisieren. In einigen Fällen ist eine Kombination aus beiden Strategien sinnvoll. Zu den Unternehmen, die beide Strategien miteinander vereinen, könnte z.B. die Deutsche Telekom AG gezählt werden. Einerseits ein hoher technologischer Stand des Unternehmens verbunden mit relativ hoher Komplexität der Produkte und Dienstleistungen, andererseits ein Unternehmensverbund, der in Wachstumsmärkte investiert und intensives Marketing betreibt. Wie aber lassen sich Innovationen in den Unternehmen unter Mitwirkung von Managementberatung sinnvoll fördern und umsetzen? Nachdem
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unter Hilfenahme der externen Beratung die grundsätzliche Linie festgelegt wurde, muss die Nachhaltigkeit der Bemühungen sichergestellt werden. Dazu können z.B. Innovationsausschüsse oder Innovationsnetzwerke gebildet werden. Aufgabe der Innovationsausschüsse ist die fachliche Begleitung der funktionalen wie hierarchischen Organisationsstrukturen des Unternehmens. Ideen, Entwürfe, Projekte u.v.m. werden den Innovationsausschüssen zur Verfügung gestellt, die unter neutraler Begleitung einer Managementberatung bewerten und im Falle der Akzeptanz gezielt Änderungen vorantreiben. Der neutrale Managementberater kann darüber hinaus als Verbindungsperson zu den einzelnen Ressorts im Unternehmen gelten, um notwendige organisatorische Veränderungen zu fördern und Barrieren zwischen den Abteilungen oder gar Divisionen in Konzernen zu überwinden. Betreffen Änderungen auch strategische Partner auf der Lieferanten- oder Abnehmerseite, mag ein Einbezug dieser über temporären Personalaustausch oder sonstige Maßnahmen ebenso sinnvoll sein. Alle diese Maßnahmen dienen in der Konsequenz auch der Motivation und Mitarbeiterbeteiligung in den niedrigeren Hierarchieebenen sowie der Ausschöpfung von natürlich vorhandener Kreativität. Die zuvor genannten Möglichkeiten und Vorgehensweisen erfordern allerdings striktes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Diskretion der Managementberatung. Gerade in Großunternehmen mag es übrigens von Vorteil sein, bereits einmal bewertete Eingaben - aber auch unabhängig vom Innovationsausschuss durchgeführte Beratungsprojekte - in einer zentralen Datenbank zu archivieren. Bei der Vielzahl von Eingaben und Projekten in großen Konzernen können dadurch Effizienzverluste und unmittelbare Kosten vermieden werden.
Nutzung interner Beratungskapazität Insbesondere fmanzstärkere Großunternehmen verfügen in zunehmendem Maße auch über interne Beratungseinheiten bzw. Inhouse ConsultingTeams. Diese internen Beratungseinheiten rekrutieren ihre Mitarbeiter sowohl vom internen wie vom externen Markt, wobei nicht zwingend Erfahrung in Beratungsgesellschaften erforderlich ist. Im Vordergrund bei den internen Beratungseinheiten steht die besondere Kenntnis des Unternehmens, also der „Stallgeruch". In allen Fällen sind letztlich die differenzierten Erfahrungshintergründe der Mitarbeiter von Bedeutung, ein unschätzbarer Vorteil, den auch die externen Beratungsgesellschaften mitbringen. So werden die Mitarbeiter der internen Beratungseinheiten aus verschiede-
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nen Branchen wie z.B. Industrie und Finanzsektor und aus der Managementberatung rekrutiert. Ist die Institutionalisierung des Innovationsmanagements weitestgehend abgeschlossen - dies kann im Übrigen ein relativ langwieriger Prozess sein - können Unternehmen mit interner Beratungskapazität darüber nachdenken, die externe Beratung mit einer internen Beratungsressource zu ergänzen oder gar vollständig zu ersetzen. So kann z.B. der Aufbau einer zentralen Datenbank über Beratungsprojekte und Eingaben in den Innovationsausschuss eine klassische Aufgabe für einen internen Berater sein.
Der Einkauf als Partner für den Berater und die internen Bedarfsträger Der Einkauf kann in den vorgenannten Prozessen zugleich als Motor der Entwicklung und Mittler zwischen divergierenden Interessen fungieren. Schon sehr frühzeitig kann daher der Einkauf einen wesentlichen Teil zum Erfolg beitragen, in dem er potentielle Partner aus der Branche der Managementberatung evaluiert und eine Weiterentwicklung zur strategischen Partnerschaft fördert und begleitet. Lieferantenmanagement bedeutet in diesem Zusammenhang mehr als nur das gelegentliche Telefonat mit dem Vertriebsbeauftragten des Lieferanten. Vielmehr geht es nach einer geeigneten Vorselektion um die nachhaltige Kommunikation und gegebenenfalls die Offenlegung sensibler Daten. Einmal zum strategischen Partner für Innovationsmanagement avanciert, sollte die Beratungsgesellschaft vom Einkauf selbstverständlich auch geschäftsrelevante Informationen erhalten, deren Kommunikation allerdings bei Bedarf mit den internen Bedarfsträgern abzustimmen ist. Die Innovationsausschüsse sollten zumindest immer auch einen Vertreter des Einkaufs in ihren Reihen haben. Besser noch nimmt der Einkauf eine offizielle und von der Geschäftsführung unterstützte Betreuungsfunktion für die Ausschüsse wahr und fungiert als Bindeglied zwischen Geschäftsführung sowie interner und externer Beratung.
Ausblick Noch führt der Einkauf in vielen tendasein im Spannungsfeld von internem Bedarfsträger. Dies gilt von kommerziellen Konditionen
Unternehmen ein unbegründetes Schatstrategischer Managementberatung und vielfach nicht nur fiir die Verhandlung - meist werden diese bei strategischer
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Managementberatung von den Geschäftsführungen selber verhandeh und vereinbart -, sondern generell auch für die Evaluierung und Entwicklung von strategischen Partnern sowie der Förderung von Innovationsprozessen in den Unternehmen. Unzweifelhaft vorhandene Potentiale im Beschaffungsmanagement werden zum Nachteil der Unternehmen nicht in ausreichendem Maße genutzt. Die Funktion der Beschaffung wird - wenn überhaupt - häufig auf die Verhandlung von Konditionen, den Abschluss von Verträgen sowie in diesem Zusammenhang die Reduktion von Preisen bzw. Kosten reduziert. Dies wird den Anforderungen eines modernen Beschaffungsmanagements nicht gerecht. Das heutige Beschaffungsmanagement muss Märkte im Inund Ausland beobachten, mögliche strategische Partner für Produkt- und Prozessentwicklungen identifizieren und regelmäßig evaluieren sowie Mittler und zentraler Ansprechpartner im Unternehmen sein. Dies kann, wie oben beschrieben, zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen der Unternehmen führen. Mit zunehmendem Wettbewerbsdruck in den globalen Märkten nehmen die Unternehmensführungen aber auch mehr und mehr die Bedeutung des Einkaufs wahr, so dass in Zukunft mit einer Wandlung der Verhaltensweisen zu rechnen ist.
Die veränderten Aufgaben eines internationalen Projektmanagements Martin Gutberiet
Einleitung Immer mehr Projekte werden über Ländergrenzen hinweg gesteuert. Schnell macht das Wort der Globalisierung die Runde. Der Volksmund assoziiert unter diesem Schlagwort mehr und mehr den profitmaximierenden Eigensinn von multinationalen Unternehmen. Globalisierung ist nach Meinung des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt zum „Peitschenwort" avanciert. Der folgende Beitrag zeigt auf, warum internationales Projektmanagement gut beraten ist, nicht nur ökonomische, sondern auch soziokulturelle Aspekte in ihre Maßnahmenkataloge mit aufzunehmen und unterstreicht diese Gründe mit Hilfe von Beispielen. Für die meisten Berater ist es Tradition - und dem kann sich auch der Autor an dieser Stelle nicht entziehen - eine vorwiegend rationale Betrachtung, also einen nüchternen Blick auf das Phänomen der Globalisierung zu werfen.
Globalisierung der Firmen Globalisierung wird häufig als Schlüssel für die strategische Ausrichtung international operierender Unternehmen und Finanzmärkte verwendet. Unter Ausnutzung der in den verschiedenen Ländern jeweils möglichen Wachstumsperspektiven sowie Kosten- und Standortvorteile wird das Optimum der Wettbewerbschancen erhofft. Dieses Phänomen ist inzwischen intensiv analysiert worden. Gerade die politischen Vereinigungen wie die der Europäischen Union haben die ökonomischen Aspekte erst ermöglicht. Die EU-Osterweiterung zum 1. Mai 2004 unterstreicht den Trend in eine weltumspannende Freihandelszone. Der freie Kapital- und Warenverkehr sowie internationale Transportmöglichkeiten schaffen Wachstum außerhalb von gesättigten Märkten, der Zugang zu neuen Absatzmärkten wird somit ermöglicht.
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In der Öffentlichkeit wird vorrangig die ökonomische Entgrenzung des Weltmarktes diskutiert, während politische, ökologische, soziale und kulturelle Aspekte der Globalisierung weitgehend ausgeblendet werden. In der Vergangenheit sind Firmen häufig mit Hilfe von Zukaufen und Übernahmen (Merger & Aquisition) in neue Absatzmärkte vorgedrungen. Der Zugang zu neuen Märkten und Kunden sowie mögliche Synergien standen dabei im Vordergrund. Nach einer Übernahme - während der sog. Post Merger Integration - wurde häufig festgestellt, dass die gewünschten Synergien nicht ohne Aufwand zu realisieren sind und Veränderungen auf interne Widerstände im Unternehmen stoßen. Nicht selten sind Übernahmen gerade aus ebendiesen Gründen gescheitert. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen, die den ungeduldigen Drang nach Gewinnmaximierung durch Übernahmen ohne vorherig ausreichende Prüfung oder Engagement im Hinblick auf Integration beschreiben. Beispiel: BMW Die deutsche Automobilindustrie ist schon lange ein Synonym für den Exportmotor unserer Wirtschaft. Allerdings wurden auch hier Lehrgelder gezahlt. Allein BMW hat 5 Mrd. € in Rover investiert, um mit den Briten in den automobilen Massenmarkt vorzustoßen. Ein Engagement, das nach Meinung einiger Kommentatoren gründlich fehlschlug und in dessen Folge einige Führungskräfte ausgetauscht wurden. Für BMW war es ein Abweichen von der ureigenen Firmenstrategie, die längst zur internen Kultur geworden ist, nämlich gesetzte unternehmerische Ziele mit Bedacht umzusetzen. Heute kann man sagen, dass die bayerischen Autobauer durch Modelle wie den 1er BMW in das Massensegment vorgedrungen sind und Ihren ursprünglichen Weg damit erneut erfolgreich beschritten haben. Eine Alternative zur Firmenübernahme stellen strategische Partnerschaften dar, die den Zugang zu internationalen Märkten erschließen können. Die wesentlichen Vorteile dieser Kooperation liegen im reduzierten finanziellen Risiko (keine Kapitalverflechtung), der Eröffnung zu neuen Technologien, der Optimierung des Produktportfolios für verstärkte Kundenbindung und der Möglichkeit durch gemeinsame Einkaufsaktivitäten Kosten zu sparen. Dem erfolgreichen Beispiel der Star Alliance folgten andere Unternehmen.
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Beispiel: Star Alliance Am 14. Mai 1997 wurde die Star Alliance (Gründungsmitglieder: Lufthansa, Air Canada, SAS, United Airlines, Thai Airways International) gegründet. Zu dieser weltweiten Partnerschaft gehören mittlerweile 15 Fluggesellschaften. Zielsetzung war es, dem Fluggast ein internationales Netz an Verbindungen zu bieten und die Integration der jeweiligen Flugpläne (Code Sharing) voranzutreiben. Weiterhin konnten Kosten ftir gemeinsames Marketing, Einkaufund das Training des Flugpersonals eingespart werden. Mit über 25% Weltmarktanteil, 755 Flughäfen in 135 Ländern, über 575 Lounges und mehr als 250 Mil. € Ergebnisbeitrag, ist die Star Alliance das Paradebeispiel für eine erfolgreiche internationale Partnerschaft. Die Verlockung von Wachstum und Erfolg, ist für Unternehmenslenker sicherlich groß, doch sollten sich alle Beteiligten ebenso über die gewachsenen Anforderungen an das Management bewusst werden.
Erst Internationalisierung, dann Zentralisierung Viele Unternehmen haben den Weg der Internationalisierung bereits eingeschlagen. Diese global agierenden Konzerne können in zwei Haupttypen eingeteilt werden. Multinationale Unternehmen verfolgen landespezifische Strategien und werden dezentral gemanagt, d.h. die Niederlassungen haben ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Die Firmenzentrale vergibt Empfehlungen und konsolidiert die lokalen Ergebnisse in ein konzernweites Reporting. Das Produktportfolio ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt, es existieren spezifische lokale Prozesse, Funktionen, Applikationen sowie IT-Systeme. Partiell bestehen auch rechtliche Rahmenbedingungen, die eine länderübergreifende Vereinheitlichung erschweren. Die Identifikation mit der multinationalen Konzernführung ist gering, da eine gewachsene Firmenkultur lokal begrenzt ist. Übergreifende Einsparpotentiale sind in multinationalen Unternehmungen meist nicht zu finden. Im Gegensatz dazu sind globale Unternehmen zentral geführt. Die Firmenzentrale hat klare Weisungsbefugnis und Richtlinienkompetenz. Wesentliche unternehmerische Aufgaben wie beispielsweise eine zentrale Einkaufsabteilung werden einheitlich implementiert. Diese Unternehmen weisen ein einheitliches Produktportfolio auf und treten abgestimmt an den Kunden heran, der zunehmend internationaler wird. Es werden übergreifend Prozesse harmonisiert, Organisationen angepasst und eine einzige
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Firmenkultur geschaffen. Bei globalen Unternehmen können Einsparpotentiale realisiert werden. Beispiel: T-Mobile Ein Beispiel für eine Migration eines multinationalen Unternehmens hin zu einem globalen Konzern ist T-Mobile International. Im Rahmen der internationalen Expansionsstrategie wurden in verschiedenen Ländern Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen erworben. In Europa wurden Mehrheitsbeteiligungen (>50%) an der niederländischen Ben, der englischen one2one, der österreichischen max.mobil und der tschechischen Radiomobil erworben. Die Dachgesellschaft T-Mobile International hat anfänglich die Aufgabe einer Holding übernommen, während die lokalen Gesellschaften eigenständig in den jeweiligen Binnenmärkten agiert haben. Im Zuge einer Harmonisierung der europäischen Aktivitäten wurde die erwähnten Gesellschaften in T-Mobile umbenannt, wobei ein Landeskürzel den lokalen Bezug herstellt (z.B. T-Mobile CZ für Tschechien). Die HoldingAufgabe ist einer operativen Unternehmung gewichen, die u. a. zentrale Aufgaben wie Marketing, Einkauf, Netztechnik und Reporting übernommen hat. Vor einem expansiven Schritt müssen Unternehmen überlegen, ob sie multinational, dezentral oder global, zentral arbeiten werden. Nur nach diesem Status Quo lassen sich die Aufgaben darstellen. Am vereinfachten Beispiel einer dreistufigen Betrachtung von Prozessen wird verdeutlicht, welche Vor- und Nachteile die beiden Strategien haben (vgl. Abbildung 1): - Dezentrale Prozesse: Alle Prozesse sind lokal definiert und gesteuert. Es bestehen keinerlei Möglichkeiten für strategische Optionen wie Kostenfuhrerschaft durch „Ecomonies of Scale". Kosten für organisatorische und systembedingte Anpassungen werden vermieden. Kostenersparnisse durch Synergien werden nicht realisiert. Die Risiken sind minimal, aber mögliche Vorteile bleiben ebenso auf der Strecke. - Teilweise zentralisierte Prozesse: In dieser Mischform werden nur ausgewählte Prozesse harmonisiert. Die Kriterien befassen sich vor allem mit Einsparpotentialen und strategischer Flexibilität. Die verbleibenden lokalen Prozesse werden weiterhin dezentral gesteuert und gewährleisten eine gewisse lokale Flexibilität. Das vermeintlich kleinere Risiko der Umsetzung sowie der geringere organisatorische Aufwand werden sich mit hohen Kosten erkauft. Diese Mischform spiegelt z.T. die Risikovermeidungspolitik einiger Firmenkulturen wider.
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Zentrale Prozesse: Eine vollständige Harmonisierung und zentrale Steuerung gibt diesem Unternehmenstyp unumstritten das höchste Maß an Effizienz. Die Kosten sind allerdings höher als bei einem teilzentralen Ansatz, die gesamte Ablauforganisation wird angepasst, und es dauert vergleichsweise lange bis die vollständige Zentralisierung umgesetzt ist.
Dezentrale Prozesse
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Zentrale Prozesse
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Zentrale Prozesse
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Abb. 1. Harmonisierung von Prozessen Der Trend der Organisationsentwicklung geht eindeutig in Richtung globaler Unternehmen, die mit einem hohen Maß an Prozessharmonisierung und einhergehender Zentralisierung im Weltmarkt bestehen wollen. Mittlerweile wird bereits vermehrt von mittelständischen Firmen ein internationales Interesse wahrgenommen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die zentrale Steuerung bestimmter Abläufe zu Kostenreduktionen z.B. durch Konsolidierungen von IT-Applikationen und damit folglich zu einem geringeren Personalbedarf führt. Reduktion und Verlagerung von Arbeitsplätzen sind ein großes Problem, welchem sich die Unternehmen in einem nicht ausreichenden Maße stellen. Häufig wird dieses Vorgehen als Harmonisierungsinitiative bezeichnet und doch lassen sie meist die Mitarbeiter mit ihrer Ungewissheit alleine.
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Der Wunsch vom globalen Mitarbeiter Es wäre eine bizarre Vorstellung, wenn alle Mitarbeiter unabhängig von Herkunft und Arbeitsort global denken, und jeder Veränderung euphorisch gegenüberstehen würden. Vielmehr tritt bei einem Teil der Mitarbeiter das Gefiihl der Unsicherheit auf. Ungewissheit über die Zukunft des Unternehmens aufgrund fehlender und unklarer Vision, der Angst um den Arbeitsplatz, die Sorge um das bislang geschätzte Betriebsklima, den möglichen Verlust von Prestigeobjekten. Hier sind die Führungskräfte des Unternehmens gefordert, den entsprechenden Veränderungsprozess (Change Management) zusammen mit den betroffenen Mitarbeitern zu leiten. Sie müssen im Bezug auf internationale, strategische, technische, organisatorische Aspekte in der Lage sein Entscheidungen zu treffen, möglichst unter Einbeziehung der jeweiligen soziokulturellen Ausprägungen. Viele Führungskräfte sind damit überfordert und nicht in der Lage mittels integrativer Kommunikation die Mitarbeiter zu motivieren. In diesen Fällen können externe Berater als Ansprechpartner fiir entstehende Probleme zur Verfügung stehen. Die Kompetenz des Beraters ermöglicht Unbefangenheit im Hinblick auf methodisch zu analysierende Situationen. Die international gesammelten Erfahrungen und Einblicke in unterschiedliche Firmen sind für Empfehlungen hilfreich. Allerdings sollte bei der Auswahl der Berater ihre Kompetenz genau geprüft werden. Berater, die ausschließlich nach Effizienzkriterien für die Profitoptimierung arbeiten, selber die Maxime des „Up or Out" verinnerlicht haben, sind oft weniger geeignet, den geforderten Integrationsprozess verträglich zu unterstützen. Es kommt vor allem auf Kommunikation und die oft unzureichende sog. emotionale Intelligenz an. Es werden Berater benötigt, die neben ihrem Methodenwissen und fachlichem Know-how, internationale Erfahrung und Verständnis fiir unterschiedlichste Problemstellungen aufbringen. Häufig schlüpfen sie in die Rolle eines Mediators, der zwischen Bedenkenträgern und Lobbyisten vermittelt. Mit dieser Neutralität können sie entscheiden, ob eine Win-Win-Situation, d.h. ein vorteilhafter Zustand für beide Parteien vorliegt oder ob einschneidende, im schlimmsten Falle auch einseitige Veränderungen eingeleitet werden müssen. Sie entwerfen Kommunikationskonzepte, damit frühzeitig mit den Beteiligten in einen Dialog eingetreten werden kann und Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, ihre Bedenken und Ängste zu äußern. Es ist für die Führungskraft von entscheidender Bedeutung, die Mitarbeiter aktiv in den Veränderungsprozess mit einzubeziehen. Sie sind Wissensträger des Unternehmens, steuern täglich zum Erfolg
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bei und sind nicht unmündig, wie manche Manager gemeinhin denken. Der Projektleiter muss die vorhandene Risikobereitschaft und Eigeninitiative der Mitarbeiter mit den gesteckten Zielen des Unternehmens in Einklang bringen. Diejenige Führungskraft, die sich in dem Prozess der Internationalisierung selber eingesteht, dazu lernen zu müssen, offen auf andere zu zugehen und Hilfe in Anspruch nehmen zu wollen, kommt dem Bild des Idealtyps eines globalen Mitarbeiters am nächsten. Es zeugt von Reflektion zu erkennen, dass die eigene Kompetenz nicht ausreicht, um die Aufgabe erfolgreich zu erfüllen. Der Berater ist gefordert mit dieser Erkenntnis diskret umzugehen, um die fachliche Autorität der Führungskraft vor den Mitarbeitern nicht zu beschädigen. Der Nutzen eines Beraters steht und fällt mit der Bereitschaft des Projektleiters ihn in das Team zu integrieren. Leider wird es von vielen Managern immer noch als persönliche Bankrotterklärung betrachtet, wenn sie in einem Veränderungsprozess Hilfe in Anspruch nehmen.
Veränderungsprozesse als Bestandteil des internationalen Projektmanagements Wesentlich für die Auswirkungen auf das internationale Projektmanagement ist die Wahrnehmung von individuellen Arbeitsweisen. Es geht nicht um kulturelle Angleichung, sondern vielmehr um die Kenntnis von Stärken und Schwächen der internationalen Teammitglieder.
Beispiel: Ein deutsch-amerikanisches Projekt Im Rahmen eines deutsch-amerikanischen Projekts zur Vereinheitlichung des Kundenmanagementprozesses wurden viele fachliche Informationen über die Zeitzonen per E-Mail ausgetauscht. Bei der Vorbereitung und Abstimmung von Entscheidungen gab es allerdings immer wieder Eskalationen, da sich die jeweiligen Landesvertreter missverstanden fühlten. Der Deutsche schrieb in sachlichem Stil seine Meinung zu dem Problem, während der amerikanische Kollege vorab seine Leistung darstellte und das eigentliche Problem mehr als kleineren Holperstein beschrieb. Beide verständigten sich in Englisch und doch klaffte zwischen ihnen eine soziokulturelle Kluft. Das Projekt selber geriet in den Hintergrund. Das Fallbeispiel unterstreicht deutlich den Bedarf an international erfahren Mitarbeitern und externer Unterstützung, damit soziokulturelle Unter-
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schiede wahrgenommen und in einem internationalen Team entsprechend kompensiert werden können. Es scheint vordergründig um die fehlende Wertschätzung zweier Parteien zu gehen. Allerdings liegen die Gründe für die Missverständnisse tiefer. Der gemeinsam zu verfolgende Ansatz zur Harmonisierung des Kundenmanagementprozesses wird von beiden Projektleitem aufgrund verschiedener Arbeitsweisen anders verstanden. Deutsche diskutieren zunächst die Aufgabe der prozesskonformen Umsetzung und konzentrieren sich vollständig auf das zu erreichende Endziel, ohne jedoch Zwischenziele zu definieren. Sie setzen sich im Vorfeld intensiv mit vielen Details, die ihnen für das spätere Handeln relevant erscheinen, auseinander. Das Problem steht im Vordergrund des Meinungsaustausches. Amerikaner hingegen stecken sich zur Orientierung Zwischenziele und nähern sich auf diese Weise dem Endziel. Die daraus resultierenden Aktivitäten werden zeitnah umgesetzt. Falls eine Maßnahme nicht zum gewünschten Zwischenziel führt, wird schnell eine Alternative erarbeitet. Dieses „Try & Error"-Prinzip ist gemeinhin bekannt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Problemorientierung der Deutschen einer Handlungsorientierung der Amerikaner gegenüber steht. Mit Unterstützung von erfahrenen Beratern konnte im dargestellten Beispiel Verständnis für die jeweils andere Arbeitsweise erreicht werden. Durch persönliches Coaching der Projektleiter wurde transparent, dass das eigene Handeln als selbstverständlich erscheint, obwohl es Stärken und Schwächen hat. Es geht nicht um das Durchsetzen einer Arbeitsweise, sondern um die Synergie beider Stile. So fein die Unterschiede durch Tradition und Mentalität in der westlichen Hemisphäre sein mögen, bedeutet die Globalisierung auch Veränderung für jeden Einzelnen. Der allgemeine Trend zur Umverteilung von Arbeit der Ersten in die Dritte Welt hat direkte Auswirkungen auf das internationale Projektmanagement. Von diesem Umverteilungsprozess profitieren insbesondere Schwellenländer, da dort eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze außerhalb der traditionell vorhandenen Landwirtschaft geschaffen werden. An den bisherigen Produktionsstandorten droht die Gefahr der strukturellen Arbeitslosigkeit, der nur durch technologische Innovation wirklich begegnet werden kann. Es geht darum zu verstehen, dass gerade das Projektmanagement Teil des Innovationsprozesses ist.
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Beispiel: High-Tech-Branche Ein internationales Unternehmen der High-Tech-Branche sah sich durch den allgemeinen Kostendruck der Abnehmer gezwungen, die internen Ausgaben zu senken. Die Finanzabteilung hat in Absprache mit der Unternehmensführung beschlossen, Teile der eigenen Softwareentwicklung in Niedriglohnländer zu verlagern und damit die Ausgaben für IT um mindestens 30% zu senken. Die zentrale Einkaufsabteilung hat verschiedene Anbieter unter Kosten- und Qualitätskriterien geprüft und den Zuschlag einem indischen Dienstleister offeriert. Die Lohnkosten des Unternehmens lagen ca. 70% unter den deutschen und die indische Firma erfüllte die höchste Qualitätsnorm CMM 5 (CMM: Capability Maturity Model des Software Engineering Institut) in Bezug auf die Softwareentwicklung. Anschließend wurde der IT-Abteilung die Auflage gemacht, ab sofort mindestens 30% aller Entwicklungsstunden an den indischen Partner zu übertragen, um so die gewünschten Einsparungen zeitnah zu erzielen. Der verantwortliche IT-Leiter stand vor einem Konflikt: - Die eigene IT-Abteilung entsprach nicht den höchsten Kriterien der Softwareentwicklung, sondern erreichte maximal die Stufe CMM 3 - Ein Grossteil der Software war nur unzureichend in Englisch dokumentiert worden - Die gesamte IT-Abteilung hat keinerlei Erfahrung in der OffshoreEntwicklung und dem Management von Partnern in Drittländern - Die Motivation der Mitarbeiter war nach der Offshore-Ankündigung drastisch gesunken, da ein Teil der Arbeitsplätze abgebaut werden sollten Der IT-Leiter erkannte, dass er nicht in der Lage war, die strategische Offshore-Entscheidung des Unternehmens operativ umzusetzen. In Zusammenarbeit mit externen Beratern wurde eine Machbarkeitsprüfung für Offshore IT-Outsourcing erstellt und anschließend Maßnahmen zur Umsetzung erarbeitet. Neben der Analyse und Bewertung technischer (Dokumentation, Zugriff auf gemeinsame Systeme) und organisatorischer Kriterien (Prozesse, Ablauforganisation, Steuerungskompetenz) wurde ein Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und dem indischen Dienstleister gelegt. Die Motivation der deutschen IT-Abteilung musste verbessert werden. Zu Beginn transferierte man eine einfache Applikation zur Weiterentwicklung nach Indien, um beiden Parteien Zeit zum Kennenlernen der Arbeitsweisen zu geben. Die deutschen Kollegen wurden im Management von Software Projekten ausgebildet und einige von Ihnen wurden nach ITIL (IT Infrastructure Library, de-facto-Standard ftir IT-Service Mana-
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gement) zertifiziert, sukzessive glich man den Qualitätsstandard beider Partner an. Durch gegenseitige Besuche konnten sich die Partner besser kennen lernen und sich auf ein gemeinsames Projektmanagement verständigen. Eine Kostenersparnis von 30% hat sich erst nach einer Anlaufphase von ca. 12 Monaten eingestellt. Heute können die IT-Ressourcen flexibler genutzt, die Qualität der Software verbessert und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Vielmehr haben einige Mitarbeiter, aufgrund ihrer Qualifikation neue Aufgabenfelder innerhalb des Unternehmens anvertraut bekommen. Letztlich kann festgehalten werden, dass eine rechtzeitige Einbindung der betroffenen Abteilungen und Mitarbeiter die Anlaufphase auf ca. 6 Monate reduziert hätte und die entsprechenden Einsparpotentiale früher realisiert worden wären. Der Verlust von qualifizierten und geschätzten Mitarbeitern hätte vermieden werden können.
Fazit Die Globalisierung ist nicht aufzuhalten und bietet grundsätzlich viele Chancen für alle Beteiligten. Das internationale Projektmanagement als operativer Teil des durch die Globalisierung verursachten sozialen Wandels muss sich veränderten Herausforderungen stellen. Dabei geht es nicht um den Verlust der soziokulturellen Prägung, sondern um die Filterung unterschiedlicher Arbeitsweisen und der gemeinsamen Nutzung ihrer Stärken. Die Chancen der Vielfalt stehen somit der Tendenz einer umfassenden Egalisierung gegenüber.
Der Einkauf als Intermediär zwischen Berater und Beratenem Andrea Kraus
Einleitung Der Lebenszyklus eines Beratungsprojektes erstreckt sich von der Anbahnung über den Vertragsabschluss, die Projektdurchführung bis hin zur Bewertung eines Projektes. Der Erfolg eines Projektes hängt also nicht nur von der reinen Durchführung, sondern ebenso von den vor- und nachgelagerten Schritten ab. Um diesen Erfolg zu ermöglichen und zu gewährleisten, ist eine Betrachtung aller Phasen des Projektlebenszyklus sowie eine konsistente Begleitung und Beobachtung notwendig. Im Sinne der Organisationstheorie ist diese Aufgabe unter anderem Teil eines funktionierenden Lieferantenmanagements und wird somit regelmäßig als originäre Aufgabe der Organisationseinheit Einkauf zugewiesen. Dieser Beitrag beginnt zunächst mit einer Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Typen von Beratungsarten, untersucht anschließend, wie der Einkauf seiner, durch die formale Ablauforganisation zugeteilten, Aufgabe gerecht werden kann, welchen Mehrwert der Einkauf in der Beschaffung von Beratungsleistungen bieten und wie er in dieser Rolle als Mittler zwischen Bedarfsträger und Beratungsunternehmen auftreten kann.
Abgrenzung Managementberatung zu anderen Beratungsarten Dieser Artikel steht im Kontext der Managementberatung, die von IT-, Personal- oder Finanzberatung abzugrenzen ist. Wenn innerhalb dieser Abhandlung der Begriff Beratung genannt wird, wird hierunter Managementberatung verstanden. Abbildung 1 hilft die Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Beratungsleistungen herauszuarbeiten.
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Andrea Kraus Beratungsart
Zielsetzung
Beispiele
Strategische und operative Verbesserung der Gesundheit eines Unternehmens
- Geschäftsstrategie - Prozessberatung - Organisationsberatung
Verbesserter Einsatz von Informationstechnologie im Unternehmen
- IT-Architekturmanagement - Programmwartung
Personalberatung
Optimierung des Einsatzes des menschlichen Faktors im Unternehmen
• Interims Management • Recruiting • Development
Finanzberatung
Verbesserung und Überprüfung der finanziellen Ressourcen im Unternehmen
- Mergers & Aquisitions - Prüfungsleistungen
Managementberatung
IT-Beratung
Abb. 1. Unterschiedliche Beratungsarten im Vergleich Zur Management Beratung gehören somit der Bereich der Strategieberatung, die auf die Optimierung der langfristigen Gesundheit eines Unternehmens abzielt und die operative Beratung, die sich eher mit der Verbesserung der prozessualen und operativen Gesichtspunkte eines Unternehmens beschäftigt. Unterscheidungsmerkmal hierbei ist nicht die Tätigkeit des Beraters, sondern die Zielsetzung seiner Aktivitäten wie Abbildung 2 verdeutlicht. Beratungsart
Strategische Beratung
Operative Beratung
Zielsetzung
Beispiele
Langfristige, strategische Verbesserung mit oft fundamentalem Charakter
- Strategische Planung - Organisationsrestrukturierung
Operationelle Verbesserung mit eher kurzfristigem Zeithorizont
• Prozessverbesserung • Organisationsmaßnahmen • Change Management
Abb. 2. Unterscheidung strategische und operative Beratung
Der Einkauf als Intermediär zwischen Berater und Beratenem
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Besonderheiten des Einkaufs von Beraterleistungen Der folgende Abschnitt stellt verschiedene Vorgehensweisen zur Beschaffung von Beratungsleistungen vor. Zum einen wird ein „Worst-Case"Szenario identifiziert, dem anschließend ein ablauforganisatorisch zielführenderes Vorgehen gegenübergestellt wird. „Worst-Case" soll in diesem Zusammenhang bedeuten, dass der Lebenszyklus eines Beratungsprojektes oft unter geringer bzw. ohne jegliche Einbeziehung des Einkaufs durchlaufen wird. So ist ein typischer Ablauf der Beschaffung, dass vor Beginn eines Beratungsprojektes Gespräche zwischen dem Kunden, der aus Sicht des Einkaufs als „Fachabteilung" bezeichnet werden kann, und Beratungsunternehmen vorausgehen, um gemeinsam eine Projektidee zu entwickeln. Im Rahmen ihrer Akquise ist nicht selten die Beratungsfirma diejenige, die Bedürfnisse bei der Fachabteilung weckt, indem sie Schwachstellen aufdeckt und gleichzeitig mögliche Projektlösungsvorschläge anbietet. Ist nun die Entscheidung der Fachabteilung, des Bedarfsträgers, für die Projektbeschreibung einer bestimmten Beratungsfirma gefallen, kann der Einkauf seinen Aufgaben nur noch bedingt nachkommen und es bleibt ftir ihn eine suboptimale Position für die folgenden Aufgabenschritte. Selbst wenn die Konditionen noch nicht durch den Projektkunden aus der Fachabteilung vereinbart wurden, so kann sich der Unternehmensberater dennoch sicher sein, dass er dieses Projekt durchführen wird und genau dieses Wissen setzt den Einkauf in eine eher schwache Verhandlungsposition. Die sich an die Auswahl des Lieferanten anschließende operative Abwicklung ist nun fast immer die Aufgabe des Einkaufs - sei es nun „bereits" bei der Bestellung oder nur im Nachhinein bei der Rechungsnachpflege, falls auch die Beauftragung ohne Einbeziehung des Einkaufs erfolgte. Nach Projektabschluss, also in der letzten der oben genannten Phasen des Projektlebenszyklus findet selten eine Bewertung des durchgeführten Projektes und der Leistung der Beratungsfirma statt. Dies führt zu einem Verlust wichtiger Informationen über Qualität und natürlich auch Art und Inhalt des Projektes. Die Grundlage eines Wissensmanagements über Projekterfahrungswissen wird dem beauftragenden Unternehmen damit entzogen. Bevor eine optimierte Form der Gestaltung des Projektlebenszyklus unter stärkerer Einbeziehung der Einkaufsfunktion aufgezeigt wird, sind zunächst einige Gründe für dieses im Wirtschaftsleben weit verbreitete Handeln und den dadurch latent vorhandenem Nutzenverlust zu suchen.
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Gründe lassen sich in den Besonderheiten des Einkaufs von Beratungsleistungen finden und können an Hand der folgenden unterschiedlichen Aspekte eruiert werden: Produkt, Lieferant und Bedarfsträger. Das Produkt, welches beschafft wird, ist nicht als Standardgut am Markt definiert. Begründet wird dies dadurch, dass am Anfang eines Projektes ein Unikum eines Problems oder zumindest eines verbesserungswürdigen Zustands steht, welches zum Bedürfnis bzw. zum Bedarf führt. Beim Einsatz von Beraterleistungen wird somit weniger ein Endprodukt als vielmehr eine Lösung beschafft. Eine weitere Besonderheit bezüglich des Produkts ist, dass Beratungsprojekte oft nicht der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Bereits Projektbeschreibungen können geheime Informationen enthalten, die selbst im beauftragenden Unternehmen einer gewissen Vertraulichkeit oder Geheimhaltung unterliegen. Ein Beispiel hierfür wären Projekte über Geschäftsfeldauf- oder -rückbau, die nicht vorschnell bekannt werden sollen, um die Finanzmärkte und weitere Stakeholder nicht zu beeinflussen. Das Beratungsgeschäft ist Vertrauenssache und somit sind auch bezüglich des Lieferanten einige Besonderheiten zu beachten. Der Auftraggeber eines Beratungsprojektes ist häufig auf das Vertrauen in die (meist persönliche) Leistungsfähigkeit des gewählten Lieferanten angewiesen. Er greift auf ihm bekannte Firmen und meist auch Personen zurück, mit denen man oft durchgängig und über einen längeren Zeitraum hinweg Kontakt hält. Besonders bei strategisch wichtigen Projekten kann das Renomee des Lieferanten bei der Auswahl eine Rolle spielen. Der Rückgriff auf den „guten Ruf des Beratungsuntemehmens dient dazu, das Risiko einer fehlerhaften Lieferantenauswahl zu minimieren sowie in der Implementierungsphase eine breitere Akzeptanz innerhalb des eigenen Unternehmens zu schaffen. Der Bedarfsträger für Beratungsleistung ist meist Entscheidungsträger im Unternehmen und muss sowohl den positiven als auch den negativen Ausgang eines Beratungsprojektes vertreten. Eine zu starke und zu einschränkende Beeinflussung durch die Organisationseinheit Einkauf als vermeintlich Dritten kann folglich nur schwer überwindbare Widerstände aufbauen.
Transaktionsphasen Nach obiger Darstellung des unzureichenden Vorgehens, werden in diesem Abschnitt die Potentiale aufgezeigt, die in der Einbeziehung des Einkaufs von Beratungsleistungen innerhalb des Lebenszyklus eines Beratungspro-
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jektes liegen. Hierzu werden die Phasen einer Markttransaktion herangezogen, die als der ökonomische Teilausschnitt des Projektlebenszyklus verstanden werden kann. Eine ökonomische Transaktion (Markttransaktion) besteht aus einer Menge endlicher Prozesse der Interaktion von Marktteilnehmern. Sie verfolgt das Ziel, eine vertragliche Vereinbarung zum Austausch von Gütern oder Dienstleistungen anzubahnen, zu vereinbaren und abzuwickeln. Diese Markttransaktion lässt sich mit Hilfe eines Vier-Phasen-Modells darstellen (vgl. Abbildung 3).
Wissensphase
Information
Absichtsphase
Kommunikation und Zieldefinition
\Vereinbarungs-\ \ Transaktions phase / / phase
Verhandlung
Umsetzung
Abb. 3. Vier-Phasen-Modell der Markttransaktion Einbezogen in die Betrachtung wird sowohl die projektunabhängige, ständige Tätigkeit bei der Beschaffung als auch die auf eine konkrete Projektsituation bezogene Arbeit. Der erste Schritt einer Markttransaktion ist die Wissensphase. Sie ist geprägt durch die Informationsbeschaffung und dient in erster Linie der Erzeugung, Suche, Verarbeitung und Ausweitung von Informationen. Innerhalb dieser ist es somit Aufgabe des Einkaufs, Transparenz beispielsweise hinsichtlich Kosten und Qualität zu schaffen, um schneller und mit besserem Ergebnis agieren zu können. Hierbei ist die kontinuierliche Informationsbeschaffung und -Verwaltung im Einkauf von derjenigen zu unterscheiden, die ein direkter Projektbedarf benötigt. Um kontinuierlich auf hohem Informationsstand zu sein, ist es von Bedeutung, einen ständig aktuellen Überblick über den Beschaffungsmarkt und damit über das Beratungsgeschäft zu haben. Externe Hilfsmittel stellen hierbei die Marktbeobachtung und die -analyse dar. Dem Beratungsmarkt wird im Allgemeinen viel Aufmerksamkeit gewidmet, auch wenn viele Managementberatungsunternehmen auf Grund ihrer Firmenphilosophie und ihrer meist auf Basis von Partnerschaften or-
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ganisierten Firmenstruktur eher publikums- und öffentlichkeitsscheu sind. Jedoch stellen das Internet, einschlägige Zeitschriften und auch Tageszeitungen neben den persönlichen Branchenkontakten relevante Medien zur Marktbeobachtung dar. Auch gibt es von diversen Marktforschungsunternehmen Bemühungen, den Beratermarkt zu durchleuchten. Neben diesen unternehmensexternen Hilfsmitteln zur Informationsbeschaffung stehen untemehmensintem weitere Informationsquellen zur Verfügung. Basisbestandteil der internen Wissensschaffung muss eine Vertragsdatenbank sein, die Rahmenverträge benutzergerecht aufbereitet. Neben dieser stellen vergangene Projekte eine wichtige Quelle zur Gewinnung von Informationen dar. Auf deren Grundlage, d.h. dem gewonnenen Erfahrungswissen, ist der Aufbau einer Projektdatenbank Erfolg versprechend. Innerhalb dieser können z.B. Leistungsbewertungen zur Durchflihrung und grundsätzlichem Erscheinungsbild des Beratungsunternehmens hinterlegt werden, die von den jeweiligen Bedarfsträgern bewertet werden. Daneben sind allgemeine Daten von eher statistischer Natur wie Volumen, Anzahl und Kurzbeschreibung der Projekte zu erfassen. Steht nun ein konkretes Projekt an, kann an Hand der Vergangenheitsdaten eine Vorauswahl der Berater getroffen werden. Innerhalb der Informationsbeschaffungsphase im Vorfeld eines konkreten Projektes wird nun festgestellt, welche möglichen Beratungsfirmen zur Lösungsfmdung beitragen können. Oben genannte Hilfsmittel stellen hierbei relevante Werkzeuge dar. Vor allem in der Projektdatenbank und innerhalb der Bewertung vorangegangener Projekte sind wertvolle Informationen dafür zu finden, wer als Lieferant für das aktuelle Projekt in Frage kommt. Hierbei sollte sich auch nicht nur auf bereits eingesetzte Beratungsfirmen beschränkt werden - obwohl diese natürlich auch den Vorteil haben, das Unternehmen bereits zu kennen und Projekte oft mit weniger Einarbeitungszeit durchführen können. Dennoch muss auch neuen Anbietern eine Chance geboten werden. Die bereits im Unternehmen eingesetzten Firmen werden so mit neuen, differierenden Betrachtungs- und Herangehensweisen der noch nicht eingesetzten Beratungsuntemehmen in Wettbewerb gestellt. Weiterhin kann durch den Einsatz neuer Beratungsunternehmen auch eine noch objektivere Sicht auf das eigene Unternehmen erreicht werden. Eine Informationsbeschaffung über die neuen Anbieter kann wie oben beschrieben erfolgen. Mit der Entscheidung für mögliche Berater, erfolgt der Übergang zur Absichtsphase. In der Absichtsphase erfolgt der Auf- bzw. Ausbau der Kommunikation zwischen den potentiellen Marktpartnem.
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Wünschenswert ist hierbei die Ausschreibung des Projektes. Die Ausschreibung an sich kann mit unterschiedlichem Umfang durchgeführt werden. Sie kann je nach Projekt generalstabsmäßig geplant oder eher pragmatisch kurz ausfallen. Auch kann sie papierbasiert sein oder dem Internetzeitalter entsprechend als Ausschreibung über einen geschlossenen Marktplatz ablaufen. Wichtig ist bei der Durchführung nur, dass im Inhalt der Ausschreibungsunterlagen (Pflichtenheft etc.) klar die Zielsetzung beschrieben ist und somit die Anforderungen an die Projektarbeit hervorgehen. Das Ziel einer Ausschreibung ist nicht nur in der Preisfmdung zu suchen, sondern auch in der Art und Weise der Projektdurchführung, also der Methodik und dem Fachwissen. Innerhalb der Projektangebote als Rückantwort im Ausschreibungsprozess finden sich somit neben den angehenden (voraussichtlichen) Kosten, der Schnelligkeit der Durchführung auch die Findung bzw. Entwicklung von Ideen. Die Ausschreibung von Projekten sollte zur einfacheren und schnelleren Abwicklung soweit möglich auf der Grundlage von Rahmenverträgen durchgeführt werden, welche die generellen Rahmenbedingungen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit festlegen. Bei der angestrebten Lösung ist häufig nicht nur die Zielerreichung von Interesse, sondern darüber hinaus auch der zielführende Lösungsweg. So konkurrieren externe Berater nicht nur im Preis, sondern auch in der Art und Weise wie die Lösung gefunden werden kann. Diese Aspekte sind bei der Bewertung der Angebote innerhalb eines Ausschreibungsprozesses zwingend zu berücksichtigen. Bei der Auswertung der Angebote hat sich der Einsatz eines ScoringModells bewährt. Bei diesem Verfahren werden einzelne Bewertungskriterien gemeinsam von Bedarfsträger und Einkauf definiert und individuell gewichtet. Die Inhalte der Angebote werden mit Hilfe der gewichteten Kriterien bewertet. Eine Addition der Einzelkriterien fiihrt zu einem Gesamtergebnis, das Grundlage für einen Vergleich der Wettbewerber und die objektive Lieferantenauswahl ist. Mit der Entscheidung für eine bestimmte Beraterfirma zur Lösung des Problems erfolgt der Übergang von der Absichtsphase zur Vereinbarungsphase. Innerhalb dieser werden die vertraglichen Konditionen genauer spezifiziert. Hierunter fallen kommerzielle und rechtliche Bedingungen. Aufbauend auf den in der Absichtsphase identifizierten inhaltlichen Komponenten, werden z.B. finanziellen Konditionen exakt festgesetzt und weitere Regelungen zu den speziellen Bedürfnissen des zu realisierenden Projektes verabschiedet. Diese Vereinbarung hat zweckmäßigerweise durch den Einkauf zu erfolgen, da dieser auf Basis von Erfahrungswerten diese Aufgabe professionell ausüben kann und durch seine Kenntnis des unterneh-
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mensintemen Bedarfs Synergien aufzeigen und gegenüber den Beratungsunternehmen Mengeneffekte geltend machen kann. Dies wirkt sich i.d.R. durch attraktivere finanzielle Konditionen aus. Bei der Fixierung der Vergütung stellen sich unterschiedliche Formen zur Disposition. Oft wird in der Praxis die Form der Bezahlung nach Aufwand gewählt. Hierbei werden die benötigten Manntage mit der Anzahl der eingesetzten Berater des jeweiligen Beraterlevels multipliziert und vergütet. Unter Beraterlevel sind die einzelnen Qualifikationsstufen eines Beraters zu verstehen, die sowohl durch seine Seniorität als auch durch seine Ausbildung bestimmt werden. Eine sinnvolle Unterscheidung von Senioritätsgraden ist Tabelle 1 zu entnehmen. Tabelle 1. Senioritätsgrade von Beratern Beraterlevel / Senioritätsgrad Senior Partner
Juniorpartner
Funktionsbeschreibung (typische Merkmale) Zentraler Entscheider und Mitglied der Leitungsebene auf Seiten der Unternehmensberatung Einsatz i.d.R. nur punktuell in den Projekten bzw. projektbegleitend Erfahrung in der Leitung von großen Beratungsaufträgen mit hoher Komplexität und strategischer Bedeutung Verfügt über themenübergreifendes sowie branchenspezifisches SpezialWissen Verfügt über Spezialkenntnisse im organisatorischen und strategischen Umfeld des zu beratenden Unternehmens Mindestens 10 Jahre Berufserfahrung (postgradual) Ansprechpartner bei grundsätzlichen Problemen in der Zusammenarbeit zwischen Beratung und Kunde Erfahrung in der Leitung von großen Beratungsaufträgen mit hoher Komplexität Erfahrung in der Leitung bzw. Steuerung des Projektteams Verfügt über themenübergreifendes sowie branchenspezifisches SpezialWissen Verfügt über projektrelevante Spezialkenntnisse im Umfeld des zu beratenden Unternehmens Mindestens 7 Jahre Berufserfahrung (postgradual) Ansprechpartner bei Problemen im Projektteam
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Tabelle 1. (Fortsetzung) Project Manager
Senior Consultant
Junior Consultant
Erfahrung in der Leitung von mittleren und kleinen Projekten Verfügt über projektrelevantes Spezialwlssen Ausgeprägte analytische Fähigkeiten Entwickelt selbständig Lösungskonzepte Hohe Sozialkompetenz Mindestens 5 Jahre Berufserfahrung, davon mindestens 1 Jahr in einer Führungsposition (postgradual) Bearbeitet eigenverantwortlich Projektmodule Führt Arbeitsteam effektiv Ausgeprägte analytische Fähigkeiten Hervorragende EDV-Kenntnisse Sicherer Umgang mit Beratungstools und -methodiken Erstellt Präsentationen und präsentiert überzeugend Moderiert Workshops professionell Hohe Sozialkompetenz Mindestens 3 Jahre Berufserfahrung (postgradual) Eigenverantwortliche Erledigung übertragener Projektarbeiten, Insbesondere in der Dokumentation Ausgeprägte analytische Fähigkeiten Hervorragende EDV-Kenntnisse Geübt im Umgang mit Beratungstools und methodiken Abgeschlossenes Studium oder vergleichbarer Abschluss Sozialkompetenz (Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität)
Neben der Vergütung der Manntage werden auch die anfallenden Nebenkosten vom Beratungsunternehmen in Rechnung gestellt. Hierunter subsumieren sich neben den Kosten für Reisetätigkeiten auch teilweise Kosten für das Back-Office sowie Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten. Eine weitere Form der Vergütung ist die Vereinbarung eines Festpreises. Hierbei wird der Anzahl der eingesetzten Berater, deren unterschiedliche Beraterlevel und der Anzahl der Manntage aus Sicht des Kunden keine Aufmerksamkeit geschenkt, sondern nur auf die Durchführung des Projektes Wert gelegt. Es wird nun vereinbart, dass diese Durchführung mit einem bestimmten Betrag vergütet wird. Auch Nebenkosten sind im Normalfall im veranschlagten Festpreis bereits berücksichtigt. Der Vorteil dieser Methode der Bezahlung besteht darin, dass die Höhe eine definierte
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Größe darstellt. Dieser Fixpreis beinhaltet für den Auftraggeber eine stabile Kalkulationsbasis. Der Auftragnehmer kann durch eine Veränderung seiner Kostenstruktur seine Marge variieren Eine besondere Form der Vergütung ist die Vereinbarung einer erft)lgsabhängigen Komponente. Die Bezahlung des Projektes ist somit direkt gekoppelt mit der Zielerreichung, was als Ansporn ftir den Berater dienen soll und zusätzlich durch die Teilung des unternehmerischen Risikos auch eine ftir beide Parteien angemessenere Höhe der Vergütung mit sich bringt. Dennoch gibt es auch negative Aspekte der erft)lgsabhängigen Vergütung. So ist die Zielerreichung des Projektes nicht nur vom Beratungsunternehmen abhängig, sondern unterliegt externen Einflüssen, die auch vom Kunden ausgehen können. Ein Beispiel hierfür wäre die nicht am tatsächlichen Projektbedarf orientierte Bereitstellung von Personal- oder Informationsressourcen des beratenen Unternehmens. Wichtig bei dieser Form der Bezahlung ist somit die Festlegung der Bewertungsparameter in der Vereinbarungsphase. Diese sollten immer mit dem Ziel einer hohen Objektivität verhandelt werden, was sich bei Beratungsprojekten oft als schwierig erweist, gerade wenn diese den oben angesprochenen Charakter einer strategischen Beratung aufweisen. Die Bestimmung der Bewertungsparameter sollte getrieben sein durch den Bedarfsträger und das Beratungsunternehmen und auch zwischen diesen beiden Parteien vereinbart werden. Der Einkauf fungiert bei der Parameterfestlegung als unparteiische dritte Person und gibt aus seiner Erfahrung heraus Hilfestellung. Mit dem Abschluss eines rechtsgültigen Beratungsvertrages endet die Phase der Vereinbarung und es erfolgt der Übergang zur Abwicklungsphase, die geprägt ist durch die Durchfiihrung der im Vertrag vereinbarten Leistungen. Nach der Leistungserbringung muss, falls eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart wurde, die Auswertung der Leistung vorgenommen werden und möglichst in Übereinstimmung mit dem Beratungsunternehmen die Zielerreichung des Projektes festgestellt werden, um die Höhe der Bezahlung festsetzen zu können. Ebenfalls gehört zu dieser Phase die Zahlungsabwicklung, deren Bedingungen, wie z.B. Zahlungsziel, im Vertrag festgelegt wurden. Die Hinterlegung von Informationen zum Projekt rundet die Markttransaktion ab und schafft die Basis für das angesprochene Wissensmanagement der ersten Phase der ökonomischen Transaktion, mit dessen Hilfe unter anderem Beratungsunternehmen für zukünftige Projekte ausgewählt werden können. Als nützliche Informationen für die Wissensphase lassen sich bei erfolgsabhängiger Vergütung die dazu eingesetzte Leistungsbewertung des Beratungsprojekts nennen. Darüber hinaus sollten zu jedem Projekt standardisierte Kriterien zur Bewertung abgefragt werden, um die
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Vergleichbarkeit der Projektbewertungen zu garantieren. Diese eher subjektiven Parameter sind Kriterien zur Bewertung durch den Bedarfsträger und auch durch den Einkäufer. Beispiele hierfür sind Güte des Projektmanagements, Kompetenz der eingesetzten Berater oder das Preisverhalten. Auch sollten die kommerziellen Bedingungen (z.B. Vergütung, Zahlungsbedingungen) als Informationen archiviert werden. Zuletzt ist noch eine Projektbeschreibung zu erfassen, um zu hinterlegen, welcher Berater bereits mit welchen Fragestellungen betraut war und hieraus gegebenenfalls zukünftige Projektvergaben zu unterstützen.
Fazit Basis der Beschaffungstätigkeit bei Beratungsleistungen muss also sowohl eine dokumentierende und als auch eine aktiv unterstützende Funktion des Einkaufs sein. Andernfalls besteht die Gefahr, dass ein Mangel an Objektivität in die Markttransaktion eingebracht wird. Durch den Einsatz des Einkaufs als Intermediär zwischen Berater und Beratenem kommt der Vergleichbarkeit und dem Wettbewerb zwischen Beratungsunternehmen sowohl in Hinsicht auf die kommerziellen Konditionen als auch hinsichtlich unterschiedlicher Lösungsansätze eine angemessene Bedeutung zu. Weiterhin werden im Unternehmen bereits vorhandene Informationen (z.B. über bereits abgewickelte Projekte) archiviert und genutzt. Im Allgemeinen wird somit das Ziel unterstützt, zu angemessenen Konditionen (sowohl preislich als auch in anderer Hinsicht) und mit optimalen Lösungsansätzen Beratungsprojekte durchzuführen.
Einkauf Managementberaterleistungen in einem Großkonzern Christian Roth
Ausgangssituation Beratungsleistungen haben in großen Konzernen oftmals einen 2-3 stelligen Millionen € Umfang, der direkt aufwandswirksam ist. Durch den hohen Einfluss von Beratungsleistungen auf die operative und strategische Ausrichtung der Konzerne und dem direkt ergebniswirksamen Einsparpotential beim Zukauf der Beraterleistungen kommt diesem Einkaufsfeld eine besondere Bedeutung zu (Hebelwirkung). Beratungsleistungen werden oftmals freihändig vergeben. Es gibt meist keine zentrale Stelle, die durchgängig eine zielgerichtete, kostengünstige und qualitätsgerechte Vorbereitung und Vergabe von Beratungsleistungen sicherstellt. Dadurch werden wirtschaftliche und inhaltliche Synergien nur unzureichend erschlossen. Darüber hinaus gibt es in Großkonzernen verschiedene Stellen, die interne Beraterleistungen erbringen. Jedoch mangelt es an Klarheit über die methodische Kompetenz, die Ressourcen und die Ziele dieser internen Berater. Das interne Know-how kann nicht gezielt konzernweit genutzt werden. Die vorgenannten Punkte sprechen durchweg dafür, dass sich eine zentrale Stelle in einem Großkonzern dem Thema Beraterleistungen annimmt. Wo diese Stelle angesiedelt ist und wie die genaue Beschaffungsstrategie aussieht, muss jeweils aus der individuellen Organisationsstruktur und Managementphilosophie des Konzerns entwickelt werden. Die Deutsche Bahn AG hat sich vor mehreren Jahren ftir die Einrichtung einer zentralen Einkaufsfunktion für Managementberaterleistungen entschieden.
Ziele und Dienstleistungen einer zentralen Einkaufsabteilung Beraterleistungen am Beispiel der Deutschen Bahn AG Ziele des Einkaufs Beraterleistungen Aus der engen Führung dieses Themas in einer zentralen Organisationseinheit im Bereich Einkauf ergeben sich folgende Zielsetzungen:
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- Sicherstellung eines wirtschaftlichen, qualitäts- und termingerechten Einkaufs der Leistungen - Einhaltung der mit den internen Kunden vereinbarten Ziele - Aufbau und Nutzung einer Bedarfs- und Einkaufsplanung für Beraterleistungen - Aufbau und Pflege eines Knowlegdemanagementsystems bezüglich Beratungsprojekten Die vorgenannten Ziele gelten in dieser Form mehr oder weniger für fast alle Einkaufsabteilungen und verdeutlichen, dass der Einkauf von Beraterleistungen sich nicht wesentlich von anderen Einkaufsfunktionen unterscheidet. Wesentliche Dienstleistungen eines Einkaufs Beraterleistungen Um die Zielerreichung sicherzustellen, sind unterschiedliche Dienstleistungen des Einkaufs zu definieren. Dabei haben sich vier wesentliche Dienstleistungen herausgebildet (vgl. Abbildung 1). Im Weiteren wird auf die genannten Punkte näher eingegangen. Beratung vor der Beratung
Professionelle Betreuung in der Phase der Leistungsbeschreibung
Insourcing
Erkennen von Einsatzmöglichkeiten für interne Beraterkapazitäten und deren Empfehlung an Bedarfsträger
Wettbewerb
Intensivierung des Ideen- und Konditionenwettbewerbs in Beratungsprojekten
Vertragsund Prozessmanagement
Professionelles und Standardisiertes Vertragsund Prozessmanagement mit Erfolgskontrolle
Abb. 1. Dienstleistungen eines Einkaufs Beraterleistungen
Erfolgreiches Management des Einkaufsvorgangs zum Nutzen des Konzerns
Einkauf Managementberaterleistungen in einem Großkonzem
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Beratung vor der Beratung Der moderne Einkauf versteht sich als Partner seiner Kunden bereits ab der Spezifikationsphase der Leistungen. Der Grund hierfür ist, dass in dieser Phase eines Projektes die größte Beeinflussbarkeit der zukünftigen Kosten gegeben ist. Diese im technischen Einkauf selbstverständliche Regel lässt sich auch auf den Einkauf von Managementberaterleistungen übertragen. Kosten lassen sich je nach Bearbeitungsintention beeinflussen
100%
Beratung vor der Beratung - Problembeschreibung - Grobkalkulation - Insourcing - „Geeignete" Berater Klassischer Einkauf - „Schönheitswettbewerb" - Verhandlung
15%
Vergabe nach „Gutsherrenart" - Preisverhandlung - Rechtssicherer Vertrag Lebenszyklus
Abb. 2. Möglichkeiten der Kostenbeeinflussung Die "Beratung vor der Beratung" umfasst 4 Bausteine, die das Kundenanliegen aus unterschiedlichen Richtungen beleuchten. Wichtig ist dabei, dass das Anliegen nicht als Beschaffung einer externen Beraterleistung definiert wird, sondern dass der Kunde ein Problem / eine Aufgabenstellung hat, zu deren Erledigung er entweder zusätzliche methodisch geschulte Kapazität oder zusätzliches Know-how benötigt. Durch diese Perspektive ist die Beschaffung von externen Beratern nur ein denkbarer Lösungsansatz. Der Problembeschreibung des Kunden kommt daher eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei hat sich eine einfache Gliederung in die Punkte IstStand (Wo stehe ich?), Ziel (Wo will ich hin?) und Vorgehensweise (Welche Unterstützung benötige ich zur Zielerreichung?) als gutes Strukturierungsinstrument erwiesen. Ausgehend von der Problembeschreibung lassen sich dann die Handlungsalternativen prüfen. Dabei reicht die Spannweite von der Refokussierung des Projektes, über den Einsatz von internen Beraterkapazitäten (Insourcing) bis zur Vorauswahl von geeigneten externen Beratern. Der Einkauf unterstützt seinen Kunden in diesem Prozess durch methodisches Know-how und spezifische Marktkenntnisse.
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Insourcing Viele Großkonzerne haben in den vergangen Jahren eine Vielzahl von organisatorischen Veränderungen erlebt. Im Rahmen dieses Prozesses sind an verschiedenen Stellen der Konzerne Know-how-Gruppen entstanden, die als interne Berater fungieren können. Zudem haben einige Konzerne eine Inhouseconsultinggruppe oder eine Consultingtochter aufgebaut. Das Leistungsspektrum dieser verschiedenen Inhouse-Berater ist zumeist nur unzureichend bekannt. Die zentrale Erfassung und Einbringung dieses Know-hows in Kundenprojekte bietet oftmals für den Kunden Qualitätsund Kostenvorteile. Die zum Teil kontrovers diskutierten Vorteile von Inhouseconsulting im Allgemeinen werden in diesem Beitrag nicht näher beleuchtet. Wettbewerb Sollte ein Projekt in die Phase des externen Beraterbedarfs kommen, ist die Initiierung von Wettbewerb eine klassische Aufgabe einer Einkaufsfunktion. Ob dabei die Basisstrategie von konzernweiten Rahmenverträgen oder von Einzelvergaben verfolgt wird, ist vom jeweiligen Konzernumfeld abhängig. Sollte man die Strategie von Einzelwettbewerben verfolgen, ist darauf zu achten, dass die Einkaufsfunktion eine entsprechende personelle Ausstattung erhält, um zeitnah auf die Kundenanforderungen reagieren zu können. Ein professioneller Einkauf kann in der Wettbewerbsphase seinen Kunden durch Einbeziehung von kleinen bzw. spezialisierten Beratern einen wesentlichen Qualitäts- und Kostenvorteil bieten. Zudem hat jeder Berater andere Ansatzpunkte und Lösungsvorschläge für die angefragte Aufgabe. Diese Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen bietet dem Kunden vor dem eigentlichen Projektstart die Möglichkeit, neue Aspekte in sein Projekt zu integrieren und damit den Projekterfolg zu sichern. Vertrags- und Prozessmanagement Ein wesentlicher Baustein der Etablierung einer zentralen Einkaufsfunktion ist die Einführung eines standardisierten Prozesses. Auf diesen Prozess wird daher im nächsten Kapitel gesondert eingegangen.
Einkauf Managementberaterleistungen in einem Großkonzern
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Prozesse Die Beschaffungsprozesse müssen sowohl die strategischen Ansätze berücksichtigen, als auch im einzelnen Projekt eine schnelle, qualitativ hochwertige, rechtssichere und wirtschaftliche Bearbeitung sicherstellen. Um diese Zweiteilung deutlich zu machen, teile ich die Prozesse daher in einen strategischen Gesamtprozess und einen operativen Prozess zur konkreten Beraterauswahl
Beraterlisting Beraterauswahl
Optimierung der Lieferantenstruktur für Beratungsleistungen / \ Lieferanten^ ^ ^ A Pyramide
Berater
Beraterentwicklung
Beraterbewertung
ausphasen Abb. 3. Strategischer Gesamtprozess Im Folgenden werden die einzelnen Prozessschritte näher beleuchtet. Beraterlisting Das Beraterlisting stellt eine Methode dar, mit deren Hilfe der Einkauf aus dem sehr heterogenen und unübersichtlichen Marktumfeld für Beraterleistungen in Deutschland für den eigenen Konzern interessante Berater herausfiltert und strukturiert erfasst. Die so gewonnen Daten müssen schnell und einfach abrufbar sein, um dem Kunden potenzielle Beratungsunternehmen für seine Aufgabenstellung nennen zu können. Die Deutsche Bahn AG setzt hierbei ein europäisches Präqualifikationssystem ein, welches im Internet für jeden einsehbar ist. Die präqualifizierten Berater werden in eine Datenbank mit Ihren wesentlichen Firmeninformationen und Kompetenzen aufgenommen. Diese Daten stehen dem Einkäufer bei jeder Pro-
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jektanfrage zur Verfügung, um die für die Aufgabenstellung qualifiziertesten Beraterhäuser auszuwählen. Neuen Beratern bietet sich mit dieser Methodik die Möglichkeit im Konzernumfeld Chancen auf Aufträge zu erhalten, ohne ein langjähriges persönliches Netzwerk aufbauen zu müssen. Der Einkauf kann durch die gewonnenen Daten seinen Kunden projektspezifisch neue bzw. spezialisierte Berater vorstellen, die oftmals einen Qualitäts- und Kostenvorteil zu den etablierten Beratern bieten. Beraterauswahl (operativer Prozess) Die aus dem Präqualifikationssystem gewonnene "Long-List" an potenziellen Beratern wird gemeinsam mit dem Kunden zu einer "Short-List" von i.d.R. 3-6 Beratungshäusern reduziert. Der Einkauf der Deutschen Bahn AG ist nach DIN/ISO 9001 ff zertifiziert und es gibt auf Basis dieses QM-Systems eine Standardprozessbeschreibung für den Einkauf von Lieferungen und Leistungen. Die Anfrage am Markt erfolgt auf Basis dieses standardisierten Prozesses. Abbildung 4 zeigt einen stark vereinfachten Prozessablauf.
C
C
Projektentscheidung
D
3.1 Vergabe vorbereiten
Abstimmung zur Vergabe, Leistungsbeschreibung, BANF, Controllingfreigabe liegen vor 3.2 Vertrag entw/erfen und Leistung tntern anfragen
3.3 Bevverberkreis ermitteln
Voraussetzung für Start des Wettbewerbs geschaffen
•Die Rollen im Beschaffungsprozess sind klar beschrieben •Rechtssicherheit durch standardisierten Prozess und abgestimmte Verträge • Kostenreduzierung durch Wettbewerb
Vertragsabschluß Ende des Vergabeverfahrens 3.6 Vertragsabwicklung betreuen
C
137 Anträge auf Leistungsänderung bearbeiten
Leistung abgenommen
•Abbildung der Verträge in den kaufmännischen Systemen (SAP)
3
Abb. 4. Operativer Prozess zur Vergabe eines Projektes In der Regel können die angefragten Berater ihre Angebote in einem "beauty contest" präsentieren. Die Bewertung erfolgt durch den Kunden
Einkauf Managementberaterleistungen in einem Großkonzem
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und den Einkauf auf Basis einer Bewertungsmatrix, deren Kriterien projektspezifisch angepasst werden können. Damit wird die Entscheidung zur Auswahl des Beraters objektiviert und orientiert sich an definierten Kriterien. Nach Wertung der Kriterien und kommerziellen Verhandlungen erhält der Bestbieter den Auftrag. Dieser standardisierte Prozessablauf bietet für alle Beteiligen ein Höchstmaß an Transparenz, kurze Durchlaufzeiten bei gleichzeitiger Wahrung von Qualitätsstandards. Beraterbewertung Um die Erfahrungen mit den Beratern für zukünftige Projekte nutzen zu können und eine Qualitätssicherung zu betreiben, muss für ein professionelles Beratermanagement eine Projektbewertung entwickelt und durchgeführt werden. Dabei sind nach dem Projektabschluss durch den Projektleiter des Kunden verschiedene Aspekte des Beratungsprojektes, wie z.B. Methodeneinsatz, Präsentationsstärke, soziale Kompetenz, und Dokumentation zu bewerten. Diese Bewertung durch die jeweiligen Projektleiter wird bei der Deutschen Bahn AG in einer zentralen Datenbank erfasst und ist dort den Beratereinkäufern zugänglich. Beraterentwicklung Durch die strukturierte Erfassung von Daten in einem Firmeninformationssystem ist die gezielte Entwicklung von Beratern möglich. In diesem Firmeninformationssystem laufen die Daten aus der Präqualifikation, den Wettbewerben und den Projektbeurteilungen zusammen und ermöglichen dem Einkäufer ein gesamthaftes Bild von der inhaltlichen und kommerziellen Leistungsfähigkeit der Berater. Dieses Gesamtbild ist bei der Zusammenstellung der "Long-list" bzw. der "Short-list" im Prozessschritt Beraterauswahl eine gute Basis, um die Kundenanforderungen an den Berater möglichst gut zu treffen. Beratern, die in einem der Prozessschritte nicht voll den Anforderungen entsprochen haben, bietet sich die Chance, durch Gespräche mit dem Einkauf Handlungsfelder zu lokalisieren, um zukünftig die Kundenanforderungen besser zu erfüllen.
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Kritische Erfolgsfaktoren Die Entwicklung und Etablierung der beschriebenen Vorgehensweise von der organisatorischen Etablierung, dem Ziel und der Produktdefinition bis hin zum Prozessmanagement ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Auf diesem Weg sind einige kritische Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen, deren Ausprägung natürlich je nach Konzernumfeld variiert. Auf die folgenden vier Faktoren wird in diesem Kapitel kurz eingegangen: -
Organisatorische Ansiedlung Top-Management Unterstützung Solide Datengrundlagen Tools und Methoden
Organisatorische Ansiedlung Eine zentrale Stelle für das Management von Beraterleistungen ist in einem sensiblen Umfeld tätig. Die Kunden sind es meist nicht gewohnt, das sich ein Dritter in diesem durch persönliche Vertrauensverhältnisse und Erfahrungen geprägten Umfeld in die EntScheidungsprozesse einbringt. Daher ist es aus meiner Sicht sinnvoll, dass die Ansiedlung in einer durch ein Dienstleistungsverhältnis geprägten unabhängigen Organisationseinheit erfolgt. Dadurch wird das Risiko der Ablehnung einer solchen Funktion minimiert. Top Management Unterstützung Auch wenn das Verhältnis "Zentralstelle für Beraterleistungen" und Kunde durch den Dienstleistungsgedanken geprägt sein sollte, ist zur erfolgreichen Etablierung einer solchen Funktion die Top-Management Unterstützung nötig. Die Kundenseite ist meist im gehobenen Management angesiedelt und in verschiedenen mehr oder weniger selbständigen Konzernteilen tätig. Die Einschränkungen der Handlungsfreiheiten auf Kundenseite durch eine zentrale Konzernfunktion sind i.d.R. nur durch ein klares Commitment auf Vorstandsebene schnell durchsetzbar. Mittelfristig muss solch ein "Zwang" aber durch eine überzeugende Dienstleistung in den Hintergrund treten.
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Solide Datengrundlage Zur regelmäßigen Information des Top-Managements ist es essentiell, dass der Beraterumfang und die im Konzern tätigen Beraterunternehmen möglichst umfassend und nachvollziehbar erfasst werden. Insbesondere in der Etablierungsphase der neuen Organisation sind diese Daten unabdingbar für eine geeignete Strategie- und Prozessdefmition. Daten aus der Finanzbuchhaltung, selektiert nach "Beratungskonten", haben sich als gutes Instrument erwiesen, eine valide Datengrundlage zu schaffen. Tools und Methoden Eine neue Funktion für das Management von Beraterleistungen sollte möglicht auf viele in der Konzemorganisation bekannte und etablierte Prozesse, Tools und Methoden zurückgreifen. Dies stellt einerseits eine schnelle Arbeitsfähigkeit sicher, hilft einen hohen Qualitätsstandard zu erreichen und löst in der Konzernorganisation wenig Widerstände aus.
Resümee Die in den vorangegangen Kapiteln beschriebenen Vorgehensweisen und Prozesse stellen einen Lösungsansatz dar, der sich aus der spezifischen Situation der Deutschen Bahn AG heraus als erfolgreiches Modell erwiesen hat. In Gesprächen mit Einkaufskollegen aus anderen Konzernen habe ich festgestellt, dass oftmals sehr ähnliche Fragestellungen vorliegen und die gleichen Lösungsansätze bewertet werden. Es besteht daher die Hoffnung, dass die Lektüre für den interessierten Leser Anregungen und Ideen liefert, die er in seinem eigenen Umfeld in die tägliche Arbeit einfließen lassen kann. Für die erfolgreiche Umsetzung bei der Deutschen Bahn AG war die gute Zusammenarbeit im Einkaufsteam ein wesentlicher Faktor, ohne den das Erreichte nicht möglich gewesen wäre.
Creative Strategies That Work! Dirk Reiter Felicitas Schneider
Einleitung Das Motto von Roland Berger Strategy Consultants steht für einen hohen Anspruch: Einerseits in die Entwicklung neuer Strategien ein Höchstmaß an Kreativität und Ideenreichtum einzubringen - andererseits aber auch sicherzustellen, dass die erarbeiteten Strategien für den einzelnen Klienten tatsächlich durchführbar sind. Oberstes Ziel unserer Arbeit ist es, das Ergebnis der Kundenunternehmen messbar und in angemessener Zeit zu verbessern. In diesem Sinne ist "Creative Strategies That Work!" für uns gelebte Arbeitseinstellung: Wir geben uns nicht damit zufrieden, Empfehlungen auszusprechen, sondern begleiten unsere Klienten auch in der Umsetzungsphase. Erst wenn ein Klient zufrieden ist, betrachten wir die Arbeit als getan. Entsprechend zeichnet sich die Arbeitsweise von Roland Berger in vier Punkten besonders aus: - Wir liefern keine Standardprodukte, sondern maßgeschneiderte Lösungen - Wir verfügen über umfassende Expertise und können damit einen ganzheitlichen Beratungsansatz bieten - Wir bauen mit unseren Klienten vertrauensvolle Beziehungen auf und holen regelmäßig ihr Feedback ein - Wir suchen unsere Mitarbeiter sorgfältig aus und fördern ihre unternehmerische Orientierung Was heißt all das konkret? Was bedeutet dies für unsere Klienten und für unsere Arbeitsweise?
Dirk Reiter, Felicitas Schneider
Maßgeschneidert statt "von der Stange" Der Weg zum Erfolg sieht für jedes Unternehmen anders aus. Damit liegt auf der Hand, dass Standardlösungen nie wirklich optimal sein können: Sie mögen eine Weile funktionieren, doch über kurz oder lang treten die Mängel zu Tage. Roland Berger legt daher größten Wert auf ein maßgeschneidertes Vorgehen im Projekt. Ob internationaler Großkonzern oder mittelständischer Betrieb - für uns ist jedes Klientenunternehmen eine spezifische Aufgabe mit spezifischen Anforderungen. Dies spiegelt sich im gesamten Projektablauf (hier beispielhaft dargestellt): - Bereits dem ersten Gespräch mit einem potenziellen Kunden geht eine umfassende Datensammlung voraus. Im so genannten Factbook werden alle wichtigen Informationen über das Unternehmen und die Marktsituation festgehalten; diese bilden dann den Ausgangspunkt für themenspezifische Analysen - Ein erster Projektvorschlag wird mit dem Klienten eingehend diskutiert - und erst nach Einarbeitung seines Inputs und gemeinsam entwickelter Details entsteht daraus unser Projektangebot - Eine umfassende Bestandsaufnahme erfasst außer den wirtschaftlichen Eckdaten des Unternehmens (Umsatz, Ergebnis, GuV, Mitarbeiter, etc.) auch bereits die Problemsymptome und mögliche Ursachen. Bei Restruktur ierungsprojekten ist der Bestandsaufnahme noch ein "Quick Check" vorgeschaltet: So stellen wir fest, ob es beim Klienten in punkto Liquidität dringenden Handlungsbedarf gibt, der vor allem Anderen angegangen werden muss - Bei der Bestimmung klientenspezifischer Zielgrößen (wie Umsätze und Preise) werden regelmäßig Plausibilitäts-Checks durchgeführt - basierend auf einer genauen Analyse von Markt, Wettbewerb, Erfolgsfaktoren und Trends - Das Verbesserungskonzept für den Klienten wird top down erarbeitet: von der strategischen Positionierung über operative und finanzielle Zielgrößen bis hin zu spezifischen Problemanalyse (z.B. ProzessEffizienz) und darauf abgestimmten Verbesserungsmaßnahmen, die anschließend in einer Business Planung zusammengefasst werden - Für das Maßnahmencontrolling während der Realisierung werden eine eigene Projektstruktur definiert, Verantwortliche benannt und Spielregeln für die Zusammenarbeit und das Berichtswesen festgelegt. So weit ein Beispiel für einen typischen Projektverlauf. Zu den eingehenden, mehrwöchigen Bottom-up-Analysen von Ausgangslage und Prob-
Creative Strategies That Work!
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lematik gibt es auch eine hocheffiziente Ahernative: In zwei bis drei Executive Workshops werden top-down die Hauptprobleme erarbeitet und Lösungsansätze gefunden, die - wiederum getreu unserem Motto - sehr schnell in die Umsetzung überführt werden können. Auch dieses Projektvorgehen, das in kritischen Fällen zu einer umgehenden Entspannung der Lage verhilft, haben wir diverse Male mit großem Erfolg praktiziert. Selbstverständlich setzt es im Klientenunternehmen ein hinreichend tiefes Problemverständnis voraus. Ganz gleich, welcher Projektansatz gewählt wird - zentrales Qualitätskriterium in jedem Projekt ist Objektivität: Die neutrale Sichtweise ist ein inhärenter Vorteil externer Berater, die ja frei von Eigen Interessen agieren können - bei Roland Berger stellen strengste interne Verhaltensregeln sicher, dass unsere Berater diese Objektivität stets beibehalten und selbst unbequeme Wahrheiten offen an die Kunden kommunizieren. Bereits beim Projektbeginn arbeiten wir intensiv mit dem Klienten zusammen; wo immer möglich, bilden wir gemischte Teams (vgl. Abbildung 1). Das hat mehrere Vorteile: Die spezifischen Kompetenzen beider Seiten - methodisches Know-how und branchenübergreifendes Wissen bei den Beratern, fachliche Expertise und tiefes Problemverständnis bei den Klientenmitarbeitern - können sich optimal ergänzen. Die Berater lernen schneller, was im Kundenunternehmen in welchem Rahmen realisierbar ist; bei den Mitarbeitern des Klienten schafft die gemeinsame Lösungsfindung Änderungsbereitschaft; und nach Abschluss der gemeinsamen Arbeit stehen interne Know-how-Träger zur Verfügung, um die weitere Implementierung durchzuführen und zu verantworten. Lenkungsausschuss(LA)
Projektcontrolling Unternehmen
Roland Berger
• N.N.
• Berater
Unternehmen
Roland Berger
• N.N. • N.N • N.N.
• Partner
' Projektsleuerung und -Überwachung ' Entscheidungsfindung > Information der Gremien
Unternehmen
Roland Berger
• NN.
• Projektleiter
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| Projektleitung '
Roland Berger Führungskräfte und Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen
^ Beraterin
Subteams für einzelne Teltprojekte
Ggf. gemeinsame
Unternehmen
Gemeinsame Leitung der Projektteams Konzeptionelles Vorgehen/Methodik Reporting an den Lenkungsausschuss Projektverantwortung
Roland Berger
Fuhrungskrafte und Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen Subteams f ü r einzelne Teilprojekte
Arbeitsgruppen
Abb. 1. Typischer Aufbau einer Projektorganisation
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Interviews Analysen Konzepte Empfehlungen
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Analytische Strenge und ein pragmatisches Vorgehen sind für uns kein Widerspruch. Einerseits arbeiten wir selbstverständlich mit Benchmarks, Branchenbestwerten und rechnerisch ermittelten Optimalwerten - anderseits sind wir aber dank unseres praxisnahen Ansatzes durchaus in der Lage, Idealvorstellungen von zwar ehrgeizigen, aber doch erreichbaren Verbesserungszielen zu unterscheiden. So helfen wir dem Klienten, das für ihn erreichbare Optimum zu realisieren.
Ganzheitlicher Beratungsansatz Roland Berger Strategy Consultants ist kompetenter Ansprechpartner des Klienten in sämtlichen Fragen, die für das Unternehmensmanagement relevant sind oder werden können: Corporate Strategy, PortfolioOptimierung und Wertmanagement gehören ebenso dazu wie Post Merger Integration, Restrukturierung und Kostensenkungsprogramme, aber auch innovative Wachstums- und Marketingstrategien, Supply Chain Management und Customer Relationship Management. Aus den jeweils relevanten Themen erarbeiten wir einen spezifischen Lösungsansatz für das einzelne Klientenunternehmen. Für jeden Beratungsauftrag stellen wir ein interdisziplinäres - wenn erforderlich oder vom Klienten gewünscht, auch internationales - Beraterteam zusammen, in dem sich je nach Projektfokus branchenspezifisches und funktionales Know-how optimal ergänzen. In der sorgfältigen Auswahl der Teammitglieder liegt der Schlüssel zur Problemlösung - denn die genaue Kenntnis der Branche ist ebenso wichtig wie branchenübergreifendes Know-how in funktionalen Fragen. Beide "Wissens-Achsen" spiegeln sich in der weltweiten Organisation unserer Firma wider (vgl. Abbildung 2): Funktionale und branchenspezifische Competence Center (CCs) bilden hier ein dichtes Netzwerk, in dem ein ständiger Wissensaustausch stattfindet. Die Industrie-CCs decken alle Branchen ab. Sie entwickeln innovative Konzepte und Projektansätze für branchenspezifische Problemstellungen, während sich die funktionalen CCs intensiv mit branchenübergreifenden Themen und Verfahren befassen. Für jedes Projekt werden beide Ansätze so kombiniert, wie es der spezifischen Problemstellung am besten entspricht. Mit diesem schlagkräftigen Know-how-Mix sind unsere Klienten stets optimal beraten.
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i- a Corp. Strategy & Organization Information Management Marketing & Sales Operations Strategy
Beraterteams
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Restructuring & Corporate Finance
Abb. 2. Competence Center Struktur Partner der Telekom ist beispielsweise das Competence Center InfoCom, das mit weltweit 120 Beratern die Branchen Telekommunikation, Informationstechnologie und Medien in allen strategischen und operativen Fragen berät. Das InfoCom CC ist Key Account Manager für alle Projekte bei der Telekom und gewährleistet so die ganzheitliche Klientensicht. Je nach Projektthema zieht das Center Spezialisten aus den funktionalen Competence Centern hinzu. Ein Paradebeispiel für interdisziplinäre und überregionale Zusammenarbeit lieferte ein 'Major Change'-Projekt für ein Versorgungsunternehmen. Roland Berger unterstützte diesen Klienten beim Übergang vom öffentlichen Quasi-Monopolisten zum effizienten privatwirtschaftlichen Wettbewerber. Die Themen reichten folglich von der Strategieentwicklung bis hin zur Bilanzoptimierung. Am Projekt arbeiteten Vertreter von sechs Competence Centers mit: neben Utilities (als Branchenspezialist) auch Operations Strategy sowie Corporate Strategy and Organization (entsprechend der umfassenden Themenstellung); des weiteren Public Services (wegen der Beteiligung der Öffentlichen Hand) sowie InfoCom (für die IT-Themen) und Engineered Products (als Spezialisten für Facility Management). Da die private Investorengruppe des Klienten auch nicht-deutsche Unternehmen einschloss, war das Team multinational besetzt mit Beratern aus fünf Büros. In kritischen Phasen - angesichts der großen Öffentlichkeitswirkung - erhielt das Team Unterstützung von Vertretern des Roland Berger Executive Committee.
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Vertrauensvolle Zusammenarbeit 80 Prozent unserer Kunden sind Stammkunden. Das ist kein Zufall: Bei Roland Berger haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Erwartungen und Wünsche unserer Klienten nicht nur zu erfüllen, sondern nach Möglichkeit zu übertreffen. Kompromisslose, konsistente Qualität auf hohem Niveau ist der Schlüssel zum Erfolg einer Top-Management-Beratung. Denn wer mit dem Ergebnis eines Beratungsprojektes nicht glücklich ist, findet auf dem Markt genügend Alternativen. Nur aus Zufriedenheit mit den Beraterleistungen kann eine langfristige Klientenbeziehung erwachsen. Qualität schafft Vertrauen - und in einem echten Vertrauensverhältnis wird die Qualität weiter wachsen. Zur Qualitätssicherung hat Roland Berger intern ein einzigartiges System geschaffen: Unter dem Namen proCYCLE ist eine Reihe elektronischer Tools zusammengefasst, welche den gesamten Projektzyklus begleiten und unterstützen (vgl. Abbildung 3). So stellen wir sicher, dass sämtliche Projektschritte festgelegte Standards erfüllen, Informationen umfassend und zeitnah erfasst und "Lessons learnt" effektiv weiter vermittelt werden - alles in allem also ein hoch effizientes System, mit dem wir im Bereich Wissensmanagement Maßstäbe setzen. proRELATlON: CRM Tool
proKNOWLEDGE: Knowledge Management Datenbank proCLIENT: —Ti Kundenzufriedenheitsmessung proKNOWLEDGE: Knowledge Management Datenbank proFILE: Human Resources Management
proFILE: Human Resources Management proCAP: Kapazitätspianungstool
proMIS: Management Information System
Abb. 3. Integrierte Management-Tools unterstützen den Projektlebenszyklus Der regelmäßigen Analyse der Kundenzufriedenheit - und damit ebenfalls der Qualitätssicherung - dient ein Tool mit dem Namen proCLIENT: Nach Projektende erhält jeder Klient einen ausführlichen Fragebogen, in dem er die Leistung des Projektteams in verschiedenen Kategorien bewertet. Diese Bewertungen nützen nicht nur der Qualitätssicherung unserer
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Beratungsleistung sondern fließen außerdem in die regelmäßigen ProjektReviews ein, welche die Projektverantwortlichen mit den beteiligten Beratern durchführen. Damit haben unsere Klienten direkten Einfluss auf das berufliche Fortkommen unserer Berater. Persönliche Klienten-Interviews mit dem Projektleiter und/oder Partner runden die Analyse ab. Mit diesem hoch effizienten System setzen wir im Bereich Wissensmanagement Maßstäbe: Sämtliches Wissen, das in der konkreten Projektarbeit gewonnen wurde, wird dank proCYCLE systematisch kodifiziert und weiter vermittelt. Ein absolut vertraulicher Umgang mit Klienteninformationen ist dabei selbstverständlich: So ist der Zugriff auf das System via Intranet personenspezifisch geregelt; die wesentlichen Klientendokumente werden nach Projektschluss auf Datenträger gebrannt und separat gelagert - sie sind also nicht Teil des Systems. Nicht zuletzt unterliegen sämtliche Arbeitsprozesse bei Roland Berger strikten Standards, die in einem Code of Conduct niedergelegt sind. Die Einhaltung dieser Standards geht ebenfalls in die Mitarbeiterbeurteilungen ein.
Unsere Mitarbeiter: Unternehmer im Unternehmen Roland Berger Strategy Consultants ist mit 32 Büros in 22 Ländern vertreten und beschäftigt über 1.600 Mitarbeiter. Unsere Klienten - weltweit führende Industrie- und Dienstleistungsunternehmen und öffentliche Institutionen - profitieren von unserem internationalen Arbeitsumfeld. Unsere Wurzeln sind in Europa: Seine sprachliche und kulturelle Vielfalt prägt unser Unternehmen. Wir kombinieren typisch europäische Stärken - wie Gründlichkeit, Tatkraft und Offenheit für Neues - mit amerikanischem Pragmatismus, verbinden Kompetenz mit Kreativität und verlieren dabei nie den Blick für länderspezifische Eigenheiten. Unsere Mitarbeiter rekrutieren und befördern wir nach strengen Kriterien und bilden sie intensiv weiter. Etwa die Hälfte von ihnen haben promoviert, einen MBA erworben oder sogar einen Doppelabschluss erreicht. Jeder unserer Berater ist ein hervorragend ausgebildeter Spezialist auf seinem Gebiet und wird in einer Reihe von Seminaren auf die Anforderungen der jeweils nächsten Karrierestufe vorbereitet. Wer sich extern weiter qualifizieren will - etwa durch Promotion, Ph.D. oder MBA - den unterstützen wir mit speziell entwickelten internen Programmen. Dank unseres umfassenden Academic Network reichen mögliche Hilfestellungen von der Identifizierung eines geeigneten Themas bis hin zur Vermittlung des Doktorvaters oder Publikationspartners.
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Doch intellektuelle Brillanz ist uns nicht genug: Großen Wert legen wir auch auf soziale Kompetenz - einen Erfolgsfaktor, dessen Bedeutung nicht hoch genug geschätzt werden kann. Denn die intensive Kommunikation zwischen Klient und Berater "auf Augenhöhe" während der gesamten Zusammenarbeit sehen wir als Grundlage für den Projekterfolg. Soziale Kompetenz ist denn auch neben fachlich-analytischer Qualifikation ein gleichwertiges Schlüsselkriterium für die Arbeit bei Roland Berger. Das kommt nicht nur bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zum Tragen, sondern auch in regelmäßigen Feedback-Gesprächen und Mitarbeiterbewertungen - und ist folglich ein weiterer Faktor mit entscheidendem Einfluss auf den Karriereweg. Unsere Mitarbeiter zeichnen sich durch ein überdurchschnittliches Maß an Wissbegier, Loyalität und Teamgeist aus, die sie ganz in den Dienst unserer Klienten stellen. Roland Berger ist in 36 Jahren von der Ein-Mann-Firma zur TopBeratung gewachsen. Unternehmertum und Unabhängigkeit sind unsere Markenzeichen. Die Partner - zusammen etwa 10 Prozent unserer Mitarbeiter - sind Anteilseigner unseres Unternehmens und entscheiden gemeinsam über dessen Richtung und Zukunft. Sie identifizieren sich mit Roland Berger Strategy Consultants und haben sich den Grundwerten des Unternehmens verpflichtet. Flache Hierarchien und ein weltweit einheitlicher Arbeitsstil (bei aller individuellen Freiheit) tun ein Übriges, um Qualität auf gleichbleibend hohem Niveau zu sichern. Unsere unternehmerische Ausrichtung hat es uns auch in der Klientenarbeit vielfach ermöglicht, neue Geschäftsmöglichkeiten frühzeitig zu erkennen und zu realisieren. So konnten wir vor einigen Jahren, mit Aufkommen des e-Business, führende Finanzdienstleister beim Aufbau ihrer Online-Geschäfte unterstützen. Einige dieser Traditionsunternehmen hatten zuvor keine eStrategie gehabt, teils nicht einmal eine Internet-Abteilung oder entsprechende interne Spezialisten. Mit unserer Hilfe gründeten sie Internet-SpinOffs, bauten innovative Vertriebswege auf und erschlossen sich neue Kundensegmente und Produktmärkte. Wir bleiben am Puls der Zeit: Um unseren Klienten stets den neuesten Stand der Methodenentwicklung liefern zu können, stehen wir in kontinuierlichem Ideenaustausch mit der akademischen Welt. Wir fördern zwei Lehrstühle (am INSEAD in Paris und an der Technischen Universität München) und erarbeiten gemeinsam mit führenden internationalen Universitäten neue Produkte, Ausbildungswege und Veröffentlichungen. Auch mit unseren ehemaligen Mitarbeitern pflegen wir regelmäßige Kontakte: Unser Alumni Network bietet uns ein weiteres Forum für den Austausch mit der Praxis und damit die Weiterentwicklung unseres Wissens.
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Basis für Erfolg: Qualität, Innovation, Unabhängigkeit Die Fragestellungen, mit denen sich Managementberater befassen, wandeln sich im Laufe der Zeit: Waren es gestern vorwiegend Restrukturierung, Portfolioanalyse oder Process Redesign, so geht es heute zusätzlich um Outsourcing und Offshoring, neue Wachstumsstrategien und Geschäftsmodelle, den wieder aufgeflammten War for Talent oder BrandingThemen. Doch ungeachtet all dieser (Weiter-) Entwicklungen - die zentralen Erfolgskriterien, an denen sich eine Top-Beratung fortlaufend messen lassen muss, werden stets dieselben bleiben: Es sind Qualität, Innovationsfähigkeit und Unabhängigkeit. Roland Berger hat mit seinen internen Prozessen und Standards, seiner praxisnahen und individuell ausgerichteten Klientenarbeit, ja seiner ganzen Unternehmenskultur alle Voraussetzungen geschaffen, diese drei Schlüsselkriterien bestens zu erfüllen. Der Erfolg bei unseren Kunden gibt uns Recht: Wir gehören heute zu den Top-Beratungen weltweit. Diesen Erfolg, und den darin liegenden Vertrauensbeweis, sehen wir aber gleichzeitig als Verpflichtung, auch in Zukunft unablässig an der Weiterentwicklung unserer Fähigkeiten und Methoden zu arbeiten.
Nachhaltige Nutzenstiftung entlang des Projektlebenszyklus Martin Sonnenschein
Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde Beratungsunternehmen oder Management Consultants gehören zur Kategorie der „Professional Services Firms" und sind damit festgelegt auf eine bestimmte ethische Grundeinstellung zu ihren Klienten und auf eine sehr dedizierte Service-Mentalität, die hier nicht den vorübergehend im Trend liegenden Versuch dokumentiert, noch besser auf den Klienten eingehen zu wollen, sondern die von vornherein integraler Bestandteil eines ServiceBerufsbildes ist. Dabei geht es nicht um Service um der reinen Dienstleistung willen, sondern um die nachhaltige Nutzenstiftung bei den Klienten. Vergleicht man nun Unternehmensberater mit den anderen professionellen Erbringern von Leistungen im Bereich Professional Services, also zum Beispiel mit Anwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern auch Ärzten, wird deutlich, dass es Aspekte gibt, die den Untemehmensberater noch einmal von der großen Gruppe absetzen. Nehmen wir als Beispiel die A.T. Kearney-Berater. Welche Vorgehensweisen und Ansätze werden hier grundsätzlich anders gehandhabt als bei anderen Professional Services Firmen, eventuell sogar anders als bei anderen Beratungsfirmen? Ein starkes Differenzierungsmerkmal beruht auf der unumstößlichen Tatsache, dass gute Berater nicht nur mit dem Kopf arbeiten, sondern auch die emotionale Seite einer Klientenbeziehung zum Tragen kommen lassen. Empathie und auch eine gewisse Parteilichkeit fiihrt dazu, dass sie eine fremde Untemehmenskultur schnell verstehen und auch Verständnis für die Lage der handelnden Personen aufbringen, anstatt sich nur auf die Symptome eines Problems im Unternehmen zu konzentrieren. Der eingebrachten Empathie ist das geduldige Erforschen von Ursachen zu danken, das weit über analytisch brillante Ergebnisse hinaus zur geeigneten Remedur findet. Vor diesem Hintergrund steigen sie sogar in die „Schuhe" der Unternehmensmitarbeiter und gehen eine Meile oder länger darin, bis sie die Situation wirklich verstanden haben. Soweit das Einbringen von emotionaler Intelligenz.
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Schwerpunktmäßig werden Berater natürlich wegen ihrer intellektuellen Fähigkeiten und ihrer Branchenkenntnisse eingesetzt. Weit über das betriebswirtschaftliche und technische Wissen hinaus, das irgendwo geschrieben steht, finden sie spezifische innovative Lösungen für Zustände, die im Unternehmen oft jahrelang als gottgegeben hingenommen wurden. Unternehmensberater unterscheiden sich auch darin von anderen professionellen Dienstleistern, dass sie für die Dauer eines Projektes und oft auch lange darüber hinaus, die Perspektive des beratenen Unternehmens einnehmen und als dieses Unternehmen denken. Diese Denkweise reichem sie aber mit außerordentlicher Flexibilität und Kreativität und durch den frischen Blick von außen so an, dass Ideen entstehen, die im Unternehmen nicht möglich gewesen wären, wohl aber von ihm getragen werden können, weil die Perspektive des Unternehmens eingenommen wurde und weil sie gleichzeitig von neutraler unvoreingenommener Stelle kommen. Wenn Management Consultants sich nun so stark von einem strikt am Buchstaben des Gesetzes orientierten und damit sehr festgelegten Rechtsberater oder einem auf Datensätze und korrekte Buchungen konzentrierten Wirtschaftsprüfer unterscheiden, so ist es sicherlich aufschlussreich, einmal genauer zu untersuchen, wie Beratungsunternehmen spezifisch auf ihre Klienten und deren Bedürfnisse eingehen und die Beziehung managen, wenn es darum geht, sowohl auf der institutionellen als auch auf der persönlichen Ebene eine bilateral Vorteile bringende Beziehung zu begründen und aufrecht zu erhalten. Beratungsunternehmen, die nicht nur die Vorstandsebenen, sondern Unternehmen in ihrer Gesamtheit beraten, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken oder einzelne Aspekte davon immer mit dem Ziel eines Beitrags zur Verbesserung des Untemehmenswertes zu optimieren, tun das nicht für Gotteslohn und wahren damit ihren Vorteil. Das ist bekannt und bedarf nicht der Diskussion. Dass Unternehmen von einem sinnvoll und durchdacht aufgesetzten und durchgeführten Beratungsprojekt in der Regel in mehrfacher Millionenhöhe profitieren und damit nicht selten einen bis zu lOOOprozentigen oder noch höheren „return on Consulting investment" realisieren, muss auch nicht im einzelnen erörtert werden. Schon hier unterscheidet sich ein Unternehmensberater aber deutlich vom Wirtschaftsprüfer und in den allermeisten Fällen auch vom Anwalt. In Zeiten der knappen Mittel bieten Beratungsunternehmen sogar im Einzelnen auszuhandelnde „risk-and reward-sharing partnerships" an. Dabei geht es in erster Linie darum, dass der Berater nach erbrachter Leistung nicht vollständig in Tagessätzen bezahlt wird, sondern dass ein Teil der Bezahlung entsprechend der tatsächlich erzielten Ergebnisse erfolgt. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die durchaus spannende Frage, was ein Beratungsunternehmen, in diesem Falle, A.T. Kearney Management
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Consultants, nun im Einzelnen tut, um die Beziehungen zu den Klienten so zu gestalten, dass der Klient zu jeder Zeit bekommt, was er für die weitere gedeihliche Entwicklung seines Unternehmens braucht und wünscht. Ferner ist es interessant zu erfahren, wie es gelingt, die Bedingungen für die Berater so günstig zu gestalten, dass auch sie mit ihrer Seite der Beziehung durchweg zufrieden sind. Es handelt sich also bei der Pflege dieser Beziehung nicht um eine einseitig zu verstehende Aufgabe, sondern um eine bilaterale, bei der die Berater immer die treibende Kraft sein sollen, sich selbst und ihre Bedürfnisse aber auch nicht hinten anstellen dürfen. Grundsätzlich gibt es fiir Beratungsunternehmen verschiedene Ansatzpunkte und Richtungen, die dahin führen, dass ein für beide Seiten zufriedenstellendes Verhältnis Consultants/Consultee entsteht und dauerhaft erhalten bleibt. Orientiert am Beratungsprozess, der auch als Regelkreis verstanden werden kann, lassen sich drei Stadien der Zusammenarbeit unterscheiden, während derer die Beziehungspflege unterschiedlichen Regeln unterliegt: - Die Angebotsphase muss genutzt werden, um ein Unternehmen wirklich zu verstehen und „auf den Punkt" Ideen für Projekte zu entwickeln, die dem Unternehmen in seiner Situation nachhaltig weiter helfen. - Während der Projektarbeit muss die Perspektive des Unternehmens eingenommen werden und mit dem neutralen Standpunkt des Beraters kombiniert werden. Das Liefern von höchster Qualität ist dabei grundsätzliches Ziel. - Nach erfolgreichem Abschluss eines Projekts muss die Beziehung durch kritisch-aufmerksame Begleitung aus der Feme aufrecht erhalten werden, um dem Klienten zu keiner Zeit das Gefühl zu geben, mit seinen Problemen alleine zu sein.
Angebotsphase: Den Klienten und seine Probleme verstehen Schon allein die Tatsache, dass A.T. Kearney von Klientenprojekten spricht und nicht von Studien oder Cases wie viel andere Beratungsunternehmen, macht deutlich, dass die Berater hier nicht mit der gleichen Distanz an so eine Aufgabe herangehen wie in anderen Beratungsunternehmen. Anstatt nur neutral einen Case zu eruieren, umfasst ein A.T KearneyProjekt die ganze Komplexität im Unternehmen und widmet sich neben der natürlich ebenfalls vollkommen neutralen Analyse auch sehr stark dem Human Factor, der nun einmal in jedem Unternehmen eine erhebliche Rol-
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le spielt. Dazu gehört von Anfang an die starke Orientierung am Machbaren, also an der Implementierbarkeit der vorgeschlagenen Lösungen. Wichtig ist, in welcher Situation ein Unternehmen Beratungsbedarf entwickelt. Ein neues Management, das es mit den eigenen Truppen nicht schafft, Veränderungen durchzusetzen, eine Fusion oder Übernahme, die Gründung einer neuen Geschäftseinheit - das sind Break Points in der Unternehmensgeschichte, an denen Beratungshilfe herangezogen wird oder an denen Berater auf Unternehmen zugehen und ihre Hilfe anbieten. In der Angebotsphase setzt A.T. Keamey anders als andere Berater ein bewährtes Instrumentarium ein, das dazu dient, eine tragfähige Klientenbeziehung aufzubauen, deren Zentrum von vornherein nicht auf das bloße „Verkaufen" ausgerichtet ist. Dazu werden zunächst, in Gesprächen mit den potentiellen Klienten auf möglichst vielen Ebenen und mit Hilfe von Desk Research im eigenen Haus, die Probleme und Fragestellungen eines ganzen Unternehmens oder eines Geschäftsbereichs eruiert und analysiert. Dabei spielt es keine große Rolle, ob das Unternehmen selbst eine Anfrage gestartet hat, oder ob die Berater aufgrund ihrer Beobachtung des Unternehmens das Gespräch aufgenommen haben. Die auf offener Kommunikation und gründlicher Information basierende neutrale Analyse hilft, im logischen Bereich strukturierte Inhalte und schlagkräftige Argumente für weitere Diskussionen mit den späteren Klienten aufzubauen und die als zentral erkannten Fragestellungen nach allen Seiten auszuleuchten. Dazu kommt eine Untersuchung der Themen, die eher auf der emotionalen Seite angesiedelt sind. Welche Menschen sind beteiligt und welche Themen stehen auf den Agenden? Alles zusammen ermöglicht dem Beratungsteam, schon das Angebot so zu formulieren, dass der potentielle Klient sich verstanden fühlt und klar erkennt, wie das Beratungsunternehmen die Situation des Unternehmens beurteilt und in welche Wunschsituation A.T. Kearney es durch ein individuell auf die Lage zugeschnittenes Projektvorgehen überführen würde. Dabei versteht es sich von selbst, dass sowohl Ausgangssituation als auch Wunschsituation realistisch beschrieben werden. Wenn es um die Steigerung des Unternehmenswertes geht, kann in dieser Phase keine Zahl genannt werden. Wenn es um Einsparungen geht, wäre schon eher das Nennen von „Hausnummern möglich. So genannte Red Teams aus Beratern, die nicht direkt in die Arbeiten involviert sind, stellen bei A.T. Kearney sicher, dass alle denkbaren Aspekte in das Angebot eingeflossen sind und dass die entwickelten Vorstellungen machbar sind. Ein solches TeamMeeting dient also der kritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten eines Angebots, bevor dieses mit dem Klienten abschießend besprochen wird.
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Eine wichtige Entscheidung, die nur bedingt mit der Angebotserstellung zusammenhängt, gilt auch der Pflege der vielfältigen Beziehungen im Unternehmen. Ist der zuständige Vorstand alleiniger Ansprechpartner oder gar der Vorstandsvorsitzende oder ist es im Sinne aller Beteiligten besser, die Beziehung zum Bereichsvorstand oder gar nur zum Hauptabteilungsleiter Einkauf zunächst stärker zu pflegen? Nach der Erfahrung von A.T. Kearney muss das Vorgehen eines professionellen Beratungsunternehmens immer alle relevanten Ebenen einbeziehen. Es gibt die Fälle, wo man ein Unternehmen über die dritte Ebene kennen lernt und erst nach spürbaren Erfolgen an höhere Entscheidungsebenen weitergereicht wird. Dies ist ebenso üblich und zielführend wie die Vorgehensweise, bei der zunächst zentral mit dem Vorstand kommuniziert wird, der dann dafür sorgt, dass die entsprechenden dezentralen Manager mit dem Berater Kontakt aufnehmen. Selbst innerhalb von Beratungsuntemehmen gibt es hier Diskrepanzen, aber sicher ist, dass jede Vorgehensweise auf ihre Art sinnvoll ist, und dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf der dritten Ebene den guten Kontakt zu den Vorständen keineswegs ausschließt. Auch in dieser Anbahnungsphase, die oft mehrere Monate andauern kann, muss ein professionelles Beratungsuntemehmen den Kontakt halten und pflegen, neue Entwicklungen, immer wieder in die Überlegungen einbeziehen und in kurzen Abständen auch das persönliche Gespräch suchen. Im Unterschied zu vielen anderen Top-Managementberatungsunternehmen beschränkt sich A.T. Kearney nicht darauf, nur mit der Vorstandsebene zu kommunizieren, sondern bezieht auch andere Ebenen, für die das potentielle Projekt Relevanz haben könnte, in die Gespräche ein. Auf diese Weise gelingt es den Beratern, schon im Vorfeld eine breite Beziehungsbasis zu schaffen, die später auch dazu dienen kann, dem Vorstand bestimmte Gegebenheiten im Unternehmen zu vermitteln, die auf dem „Dienstweg" möglicherweise sehr lange brauchen würden. Wenn eine solche intensiv gestaltete Angebotsphase nicht zu einem Projekt führt, ist doch, aufgrund der geleisteten Arbeit und mit Hilfe der einmal aufgebauten und dann sinnvoll weiter gepflegten Beziehungen, früher oder später das Vertrauensverhältnis geschaffen, das es ermöglicht, dass ein Projekt vergeben wird. An diesem Punkt zahlt sich die Vorarbeit noch einmal aus: Das Projekt kann in so einem Fall ohne Verzögerung durch vorbereitende Arbeiten begonnen werden und ein Einverständnis mit den Akteuren im Unternehmen muss nicht mehr mühsam hergestellt werden. Auch für andere Arten der Zusammenarbeit ist es vorteilhaft, belastbare Beziehungen zu Unternehmen zu unterhalten. Beratungsunternehmen sind gehalten, nicht nur durch den ständigen Erfahrungszuwachs auf den Projekten zu lernen, sondern müssen selbst auch Studien und Forschungsprojekte aufsetzen, um bestimmte Erkenntnisse
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statistisch zu untermauern, Befindlichkeiten von ganzen Industrien herauszufinden oder Trends auf die Spur zu kommen. Diese Studien sind für die Weiterentwicklung des Beratungsangebotes essentiell wichtig und müssen deshalb regelmäßig durchgeführt werden. Manager in Unternehmen, die man bereits kennt, sind wesentlich eher bereit, sich an solchen Studien zu beteiligen. Auch hier ergibt sich sehr schnell eine Win-win-Situation, denn Unternehmen, die teilnehmen, sind auch die ersten, die über die Ergebnisse informiert werden. Anders als die Öffentlichkeit erhalten sie auch konkreteres Feedback, was wiederum hilft, die eigene Situation im direkten Vergleich zu anderen Unternehmen realistischer einzuschätzen. Sobald die Zusammenarbeit durch eines oder mehrere Projekte auf eine breitere Basis gestellt ist, erhält die Beziehung eine neue Qualität, allein schon wegen der wachsenden Kommunikationsmöglichkeiten und der Chance, gemeinsame zu positiven Veränderungen beitragen zu können.
Projektarbeit: Neutralität mit Empathie verbinden und Qualität über alles stellen Wenn das Projekt beginnt nachdem in der Angebotsphase schon erhebliche Hürden beiseite geräumt werden konnten, wird nun die Pflege der Klienten für die Dauer des Projektes weitgehend auf die Arbeitsebene verlagert. Es geht nun nicht mehr darum, Interessenlagen zu eruieren und Manager und Mitarbeiter einzuschätzen oder von der Richtigkeit eines Vorgehens zu überzeugen. Jetzt geht es konkret um das gemeinsame Erarbeiten greifbarer Ergebnisse. Dabei kann ein Beratungsprojekt völlig unterschiedliche Inhalte und Ziele haben. Vom kleinen Strategieprojekt für eine Geschäftseinheit bis zum Turnaround des gesamten Konzerns, sind diverse Projekte möglich. Aber in jedem Fall gilt: Wenn das Unternehmen als Ganzes das Projekt als das seine betrachten soll, müssen von Anfang an die wichtigsten Unternehmensvertreter ins Team einbezogen werden. Das geschieht in mehrfacher Weise, immer der Ebene des Managers oder Mitarbeiters entsprechend. Dass das Top-Management auf jeden Fall ein Signal aussenden sollte, dass es hinter dem Projekt steht, auch wenn dieses die zweite oder dritte Ebene im Unternehmen stärker betrifft als die Vorstandsebene, ist für Unternehmen, die länger mit Beratern zusammenarbeiten eine Selbstverständlichkeit. In neuen Arbeitsbeziehungen muss der Berater diese wichtige Voraussetzung für den Projekterfolg durch intensive Kommunikation mit den Vorständen schaffen. Praktischerweise wird in einem Projekt-Kick-off allen Beteiligten, auch denen, mit denen bisher kein oder nur wenig Kontakt bestand, mitgeteilt,
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was Sinn und Zweck des Projektes ist. Damit werden die Mitarbeiter auf das Projektziel eingeschworen, was die Akzeptanz der Bearater verbessert und das Wir-Gefühl fördert. Mitarbeiter und Berater ziehen jetzt an einem Strang. Diese gemeinschaftliche Sicht und Vorgehensweise ist wichtig, denn bei einem A.T. Kearney-Projekt sollen die Mitarbeiter nicht nur Daten liefern, die von den Beratern dann analysiert werden, sondern beide Gruppen sollen Seite an Seite zusammenarbeiten. Viele der immer wieder festzustellenden Vorbehalte gegen die „Berater von draußen", lassen sich so von Anfang an ausräumen. Es geht also nicht um eine eher optische Verbesserung der Akzeptanz des Beratungsteams, sondern bei A.T. Kearney ist man überzeugt, dass dieses Vorgehen wirklich der Sache dient und die Qualität der Ergebnisse verbessert. Es werden nun Teams gebildet, in denen Berater wie Unternehmensmitarbeiter der verschiedenen Ebenen vertreten sind, und die gemeinsame Arbeit beginnt. Meistens geht es zunächst um das Gewinnen von „insight", also um eine vertiefende Analyse, der die Konzept Die Fortschritte werden regelmäßig mit allen Betroffenen abgestimmt, so dass sich schon im Laufe der ersten Wochen eines Projektes erheblicher „buy in" aufbaut. Bis zur nach wenigen Wochen erfolgenden ersten Präsentation im Lenkungsausschuss haben die Berater auf diese Weise bereits ein Gefühl für das im Unternehmen Machbare entwickelt und präsentieren ein entsprechendes Ergebnis, das oft sogar von den Teamleitern auf der Klientenseite vorgetragen wird. Dadurch, dass der Lenkungsausschuss paritätisch mit den obersten Projektverantwortlichen auf der Klienten- wie auch der Beraterseite besetzt ist, wird sichergestellt, dass sich auch an diesem Punkt keine einseitigen Diskussionen ergeben. Um die Qualität der erarbeiteten Ergebnisse, an der die Klienten ja ein vitales Interesse haben müssen, sicherzustellen, wird auf A.T. KearneyProjekten einige Wochen nach Projektbeginn ein Blue-Team-Meeting durchgeführt. Dieses Team aus Seniorberatern und möglicherweise auch externen Experten aus der Wissenschaft oder anderen Bereichen, die das Thema und/oder das Unternehmen kennen, aber nicht am Projekt mitarbeiten, stellt im Interesse des Klienten sicher, dass das Projekt auf Kurs ist und dass keine wichtigen Überlegungen außer Acht gelassen wurden. Ob die Qualität dem Klientenwunsch entspricht, können die Klienten ihrem Team von A.T. Keamey über ein Qualitätssystem vermitteln. Sofort nach Abschluss des Projektes und neun Monate danach werden die Verantwortlichen beim Klienten vom A.T. Kearney-Quality-Center gebeten, ihre Einschätzung des Beitrags von A.T. Kearney jeweils mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens, der aber Raum für individuelle Anmerkungen lässt, zu artikulieren. Intern wird dieses Feedback so verarbeitet, dass bei sehr positiver Bewertung die Teams belobigt und belohnt werden. Bei
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unterdurchschnittlicher Bewertung wird die Diskussion mit dem Klienten nachdrücklich aufrechterhalten und Nachbesserungen, die sich in wenigen Einzelfällen als notwendig erweisen, werden auf Kosten von A.T. Kearney geleistet. Dieses Qualitätssystem hat sich vor allem auch deswegen bewährt, weil nach den neun Monaten, wenn der zweite Fragebogen zur Beantwortung, die erste Euphorie verflogen ist. Es zeigen sich dann eventuelle Probleme mit der Implementierung oder es zeigt sich eben, dass genau diese Probleme ausgeblieben sind. Auch der übergeordnete Wertbeitrag, den das Projekt geleistet hat, kann nach einem dreiviertel Jahr schon erkennbar sein.
Nach dem Projekt: In Verbindung bleiben und Unterstützung leisten Nach dem Projekt ist vor dem Projekt - das ist sicherlich ein wichtiger Grund, warum Beratungsgesellschaften gut daran tun, anders als zum Beispiel Anwälte oder Ärzte, den Kontakt zu ihren Klienten dauerhaft aufrecht zu erhalten. Dabei empfiehlt es sich nicht, sehr schnell wieder in eine aktive Angebotsphase einzusteigen. Unternehmen brauchen Zeiten ohne Projekte und die damit verbundene Unruhe, sie sind gelegentlich geradezu „beratungsmüde". Dann muss man ihnen Zeit lassen, die Folgen eines Projektes zu verdauen und die Erfolge auch zu genießen. Sollte in einer solchen relativ ruhigen Phase der Klientenbeziehung ein Problem oder eine Frage auftauchen, gehört es zum Ethos eines guten Beratungsunternehmens, dass der zuständige Senior willens und in der Lage ist, seinen Kontakten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, auch wenn nicht gleich wieder ein Projekt verkauft werden kann. Diese Frage muss jederzeit erlaubt sein. Wenn sie nicht gestellt wird, der Berater aber den Eindruck hat, dass sich Fragen oder gar Probleme ergeben, muss er pro-aktiv auf den Klienten zu gehen. Zu Rat und Tat gehört auch, dass man dem befreundeten Unternehmen bestimmte Ressourcen des Beratungshauses zur Verfügung stellt, wenn das Unternehmen, das ja nicht immer ein Großkonzern sein muss, über solche Ressourcen nicht verfügt. Bei A.T. Kearney gehört es dazu, dem zuständigen Vorstand nach dem Projekt kostenlose Hilfe durch Berater, aber auch interne Ghostwriter zur Verfügung zu stellen, wenn er das Projekt z.B. bei einer offiziellen Gelegenheit seinem Aufsichtsrat vorstellen will. Darüber hinaus müssen Berater mit ihren Klienten am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und die Kontakte auch auf diesem Parkett pflegen. Einladungen zu Diskussionsrunden, Executive Briefmgs oder Konferenzen,
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die von A.T. Kearney gesponsert werden, erweitern die Beziehung um neue Themen und festigen das persönliche Verhältnis der Eingeladenen zum Gastgeber.
Fazit Für ein Beratungsuntemehmen gilt also wie für alle anderen Unternehmen auch die Devise, dass man den bestehenden Kunden in jeder erdenklichen Weise zu pflegen hat. Nicht umsonst gibt es Jahre, in denen A.T. Kearney fast 90 Prozent der Projekte mit jahrelang verbundenen Unternehmen abwickelt. Es gilt aber auch, dass man jedem potentiellen Kunden zu jedem Zeitpunkt offen und mit Sachverstand und Kreativität begegnet, denn auch ein Beratungsunternehmen muss sich am Markt orientieren und darf nicht in den Kreislauf geraten in dem seine etablierten Kunden sich dem Ende ihres Lebenszyklus nahen. Durch professionelle und mitmenschliche Pflege der Beziehungen zu den Klientenuntemehmen und ihren Managern und Mitarbeitern entsteht grundsätzlich eine Win-win-Situation. Der Kunde oder der potentielle Kunde wird in seiner Situation verstanden und bekommt, was er für die Entwicklung seines Unternehmens braucht. Das Beratungsunternehmen erhält permanent Gelegenheit, an den herausfordernden Aufgaben zu wachsen und sich weiter zu entwickeln - zum Wohle des Kunden.
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde - Erfahrungsbericht aus der Einführung eines globalen Führungsund Steuerungssystems für einen internationalen Konzern Jürgen P. Czapran Andreas Gentner Dirk Weissenfeidt
Übersicht Vor dem Hintergrund der Einführung eines globalen Führungs- und Steuerungssystems für die T-Mobile-Gruppe zeigt der Beitrag die erfolgskritischen Kriterien für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Berater auf. Über die einzelnen Phasen der Projektzusammenarbeit werden allgemein gültige Empfehlungen für die Interaktion aufgestellt und anhand von Beispielen verifiziert.
Führungs- und Steuerungsherausforderungen einer schnell wachsenden Unternehmensgruppe als Auslöser für ein Beratungsprojekt Im Januar 2000 bündelten die Deutsche Telekom und T-Mobile ihre Mobilfunkaktivitäten in der T-Mobile International AG als Holdinggesellschaft mit Sitz in Bonn. Zeitnah wurde durch den Finanzbereich der T-Mobile International AG die notwendigen Steuerungsinformationen definiert und im Rahmen eines einheitlichen Reportingsystems realisiert. Im Sinne einer strategischen Managementholding lag der Fokus auf finanziellen Steuerungsgrößen wie GuV, Bilanz, Cash Flow, sowie mobilfunkspezifischen Kennzahlen. Ferner wurde ein einheitliches Planungsmodell konzipiert und bei den Mehrheitsbeteiligungen der T-Mobile Gruppe implementiert.
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Jürgen P. Czapran, Andreas Gentner, Dirk Weissenfeidt
Für die fünf europäischen Mehrheitsgesellschaften (Deutschland, England, Niederlande, Österreich und Tschechien) wurde 2003 entschieden, eine noch stärkere Zusammenführung der Mobilfunkaktivitäten anzustreben. Entsprechend des Mottos „Controlling follows Organization" sollte das Informationsmodell entsprechend der organisatorischen Ausrichtung insbesondere um operative Informationen erweitert werden. Funktionale Anforderungen aus den Bereichen Internationales Marketing, Technik, Vertrieb und Kundenservice sollten aufgenommen und mit den bestehenden Reportinganfordungen zu einem stringenten Informationsmodell zusammengeführt werden. Ziel war es, ein einheitliches Management Informations Modell aufzubauen und im Sinne einer „One Financial Language" für die T-Mobile Gruppe zu etablieren. Ferner sollte durch eine Harmonisierung der lokalen Werteflüsse die Transparenz und die Qualität der Kennzahleninformationen erhöht und der Reportingaufwand für die nationalen Gesellschaften gesenkt werden. Diese Maßnahmen wurden im Projekt „Management Information Platform (TM-MIP)" zusammengeführt.
Professionelle Auswahl des Beratungspartners anhand einer Projekt-Charter für den gesamten Projektlebenszyklus Die Basis für eine erfolgreiche Projektarbeit wird bereits weit vor dem eigentlichen Projektstart gelegt. Immer wieder ist zu beobachten, dass Projekte darunter leiden, dass die involvierten Personen, Abteilungen, Bereiche etc. ein unterschiedliches Verständnis über Projektziel, -inhalte und vorgehensweise haben und externe Unterstützung vor diesem Hintergrund ins Leere läuft bzw. unverhältnismäßig viel Aufwand in die korrekte Ausrichtung des Projekts fließt. Diesem Problem kann durch das Aufsetzen einer Project Charter begegnet werden, die die wesentlichen Projektanforderungen verbindlich zusammenfasst und sowohl für die Auswahl des externen Beratungspartners als auch für die Festschreibung der Projektinhalte und -ziele innerhalb und zwischen den beteiligten Unternehmensbereichen genutzt wird. Wesentliche Inhalte einer Projekt Charter sind: - Projektzielsetzung: Detaillierte Beschreibung der fachlich-inhaltlichen Ziele, - Projektumfang: Festlegung der zu involvierenden Organisationseinheiten, Länder/Regionen, Funktionen und IT-Systeme, - Projektvorgehensweise: Inhaltliche Beschreibung der vorgeschlagenen Projektphasen und Arbeitsmodule,
Kriterien üir die erfolgreiche Zusammenarbeit
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- Erwartete Ergebnisse: Beschreibung der „physischen" Projektergebnisse (Projektpläne, Dokumentationen, Systemeinstellungen) incl. Freigabeprozeduren, - Projektressourcen: Darstellung der vorgeschlagenen Projektorganisation, der vorgesehenen personellen Ressourcen (incl. verbindlicher Kapazitätsschätzung) sowie der zu besetzenden Rollen innerhalb des Teams, - Projektzeitplan und wesentliche Meilensteine: Zeitliche Festlegung der einzelnen Projektphasen und wesentlicher Meilensteine, - Business Case: Kosten-Nutzen-Analyse für das Projekt (zur internen Verwendung), - Budget: Gesamtkostenschätzung für internen und externen Aufwand (zur internen Verwendung), - Abhängigkeiten: Identifikation der wesentlichen Abhängigkeiten des Projektes zu anderen Projekten, Unternehmensentscheidungen, Systemverfügbarkeiten etc., - Risiken: Identifikation der Faktoren, die Verzögerungen im Projektablauf oder die Gesamtzielerfüllung gefährden können (z.B. für das Projekt fertig zu stellende, aber noch nicht beendete Vorarbeiten, Systemfragen, Verfügbarkeit kritischer Ressourcen, Abänderung wesentlicher Projektprämissen), - Offene Punkte: Bestehende offene Punkte, die innerhalb der Projektarbeit einer Klärung und Lösung zugeführt werden müssen (z. B. Software-Releasefragen, zu treffende Entscheidungen für Projektrahmenbedingungen etc.), - Annahmen: Fixierung der Annahmen, unter denen die Projekt Charter erstellt wurde, und von denen bei der weiteren Projektarbeit ausgegangen wird. Die Projekt Charter wird idealerweise von dem Team erarbeitet, das auch später im Projekt tätig ist, und allen involvierten Bereichen zur Mitzeichnung vorgelegt. Auf Basis der im Unternehmen verabschiedeten Projekt Charter kann anschließend die Auswahl des externen Beratungspartners vorgenommen werden. Hierbei hat sich ein zweistufiger Prozess bewährt. Ausgehend vom Preferred Supplier Status der potentiellen Beratungspartner wird eine Short-List auf Basis folgender Themen erstellt: -
Funktionale Kompetenz im ausgeschriebenen Themenfeld, Technische Kompetenz im ausgeschriebenen Themenfeld, Industriekompetenz, Vertrautheit mit den Unternehmensstrukturen, Track Record bei der Bearbeitung vergleichbarer Themen im Konzern.
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Die auf der Short-List verbleibenden Unternehmen werden anschließend zu einer schriftlichen Angebotsabgabe auf Basis der Projekt Charter aufgefordert und in einem zweiten Schritt zur persönlichen Präsentation und Diskussion ihres Projektansatzes und -teams gebeten. Die aus der Erstellung der Project Charter bereits eingearbeiteten internen Teammitglieder erstellen daraufhin eine Detailbewertung und legen diese dem künftigen Projektlenkungsausschuss vor. Die Detailbewertung greift die Aspekte der Short-List-Selektion erneut auf und präzisiert diese zu folgenden Kriterien: -
Verständnis der Projektzielsetzung, Logik und Konsistenz des vorgeschlagenen Projektvorgehens, Fachlich-inhaltliche Qualität des Projektvorschlags, Einbringung von Best-Practice-Know-How, Klare Arbeitspaketgliederung und Identifikation von Meilensteinen und Deliverables, Projekt- und Change-Management-Kompetenz, Vorstellungen zur Integration der Projektarbeiten in ein gemischtes Kunden-ZBeraterteam, Qualität des vorgeschlagenen Beratungsteams, Commitment zu Zeit- und Ressourcenplanung, Preis.
Am Ende dieser Selektionsphase wurde im vorliegenden Fall Deloitte Consulting als Beratungspartner für das Projekt „Management Information Platform" ausgewählt.
„Jump Starf'-Einstieg durch detaillierte Projektplanung und frühzeitiges Aufsetzen kombinierter Teams Im Anschluss an die Auswahl eines externen Beratungspartners gilt es, die Projektarbeit und die Zusammenarbeit zwischen internen und externen Ressourcen von Projektbeginn an möglichst effizient zu gestalten und zu lenken. Um die Produktivität des Projektteams zeitnah sicherzustellen, müssen bei der Gestaltung der Projektrahmenbedingungen folgende Punkte Beachtung finden: -
Optimale Zusammenstellung des Projektteams, Klare Projektorganisation und stringenter Projektplan, Zeitnahe Bereitstellung der notwendigen Projektinfrastruktur, Sicherstellung einer gemeinsamen Projekt spräche.
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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Jump-Start
Projekt Management
Externe Berater
Interne Projektmitglieder
- stringenter Projektplan - Projektorganisation - Projektzusammensetzung
Gemeinsame Projektsprachel ^
^
Zugriffsrechte
^ ' ^ Kontaktliste, Ansprechpartnerl
^
^
Büroausstattung
^
^
Sprachregelung, Projektsprache
. ^ " ^ Begrifflichkelten, Umgangston
Abb. 1. Überblick der Faktoren zur Förderung eines „Jump-Start"
a)
Optimale Zusammenstellung des Projektteams
Bei der Unterstützung durch externe Berater ist es wichtig, die richtige „Mischung" zwischen internen und externen Ressourcen zu gewährleisten. Diese „Mischung" bezieht sich dabei sowohl auf Anzahl und Rollen der involvierten Personen als auch auf gegenseitige Akzeptanz. Diese Akzeptanz steht in einem engen Verhältnis zu der Fähigkeit und Kompetenz der Projektmitglieder, die für sie vorgesehene Rolle auszufüllen. Die Einbindung externer Ressourcen setzt daher für einen „Jump StarteEinstieg zwingend ausreichende Vorkenntnisse der externen Berater zu den relevanten Fachthemen und den industriespezifischen Merkmalen voraus. Neben der Realisierung zeitnaher Projektergebnisse sind diese Vorkenntnisse notwendig, um schnell eine vertrauensvolle und produktive Zusammenarbeit von internen und externen Ressourcen zu ermöglichen. Im Projekt „TM-MIP" verfügte das Team der externen Berater beispielsweise über langjährig erworbene Kenntnisse in den Bereichen Controlling und Mobilfunk und war durch die vorherige Projektarbeit bei T-Mobile bereits den auf der internen Seite involvierten Personen bekannt. Das dadurch bereits im Vorfeld des Projektes gewonnene Vertrauen und die verkürzten Informationswege haben insbesondere zu Beginn des Projektes zu Effizienzvorteilen und einem beschleunigten Einstieg in die thematische Arbeit geführt.
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Die Einbindung interner Ressourcen ist für den Projekterfolg mindestens genauso wichtig wie die „richtige" Wahl der externen Berater. Die bewusste Einbindung interner Projektmitglieder ist ausschlaggebend, um ein Projektergebnis zu erzielen, das sowohl den Kundenanforderungen entspricht als auch von Kundenseite akzeptiert wird. Insbesondere bei Veränderungen ist es wichtig, dass interne Ressourcen diese Veränderungen mit erarbeitet haben und von daher auch intern vertreten können. Projekterfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoller ist, einzelne interne Ressourcen zu 100% für ein Projekt abzustellen, als mehrere Personen nur zu 20-30% ihrer verfügbaren Zeit einzubinden. Wenn Mitarbeiter nur partiell eingebunden werden, entstehen unter Umständen erhebliche Transaktionsverluste durch zusätzlichen Erklärungsbedarf und durch Verzögerung von EntScheidungsprozessen aufgrund der Priorität des Tagesgeschäftes. Ebenso problematisch ist die partielle Einbindung von internen Mitarbeitern während unterschiedlicher Projektphasen für einen Themenbereich. Das durch die Mitarbeiter erarbeitete interne Wissen steht bei einem Personalwechsel den entsprechenden Nachfolgern nur unzureichend zur Verfügung, und die erzielten Projektergebnisse werden unter Umständen durch einen Nachfolger nochmals entsprechend der eigenen Anforderungen neu überarbeitet. Abhängig von der Größe des Unternehmens und der Größe des Projektes ist der Projekterfolg in großem Maße abhängig von internen „Fach- und Machtpromotoren". Bei der Größe der T-Mobile und der Größe des betrachteten Fallbeispielprojektes war es für notwendige Entscheidungen unabdingbar, dass in das Projekt von interner Seite Verantwortliche involviert wurden, die von allen beteiligten Interessengruppen als Entscheidungsträger akzeptiert werden. Ohne eine solche Entscheidungskompetenz wird die Komplexität des Projektes schnell unbeherrschbar durch die Notwendigkeit, allen Anforderungen der unterschiedlichen Interessengruppen in gleicher Weise gerecht zu werden. b)
Klare Projektorganisation und stringenter Projektplan
Ein „Jump Start"-Einstieg setzt auch voraus, dass zu Projektbeginn eindeutig kommuniziert wird, wer für welchen Bereich des Projektes verantwortlich ist, wann welche Arbeitspakete erwartet werden und wer die relevanten Ansprechpartner sind. Es ist daher wichtig, vor Beginn des Projektes sowohl die Projektorganisation und -verantwortlichen als auch einen detaillierten Projektplan vorzubereiten und abzustimmen. In der ersten Projektphase sollten die einzelnen Aktivitäten möglichst detailliert erarbeitet und aufeinander abgestimmt
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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werden. Die detaillierte Definition und Vergabe von Arbeitspaketen und „Deliverables" stellt dabei sicher, dass bereits von Beginn des Projektes an die Beteiligten zielgerichtet arbeiten können. Es hat sich als hilfreich erwiesen, bereits die Erarbeitung der Projektorganisation und des Projektplans sowohl mit externen als auch mit internen Vertretern gemeinsam durchzuführen. Durch die Diskussion bezüglich Verantwortlichkeiten und Projektaktivitäten bekommen beide Seiten ein besseres Verständnis dafür, was die Parteien erwarten, was man von der jeweils anderen Partei erwarten kann und welche Dinge wichtig oder kritisch sind. c)
Schnelle Herstellung der Projektinfrastruktur
Neben der Zusammenstellung von Projektteam und Projektplan ist für einen „Jump Start"-Einstieg die schnelle Herstellung der Projektinfrastruktur von nicht zu vernachlässigender Bedeutung. Diese Projektinfrastruktur besteht maßgeblich aus aktuellen Kontaktlisten, geeigneten Serverstrukturen und notwendigen Zugriffsrechten. Insbesondere bei größeren Projektteams ist es für die Koordination der gemeinsamen Arbeit erfolgskritisch, dass die Ansprechpartner bekannt sind und alle Projektmitglieder auf die notwendigen Informationen von Beginn des Projektes an zurückgreifen können d)
Gemeinsame Sprache
Ähnlich wie die oben genannte Projektinfrastruktur ist auch die Herausbildung einer allen Projektmitgliedem verständlichen Kommunikationsgrundlage essentiell für eine effiziente Koordination der gemeinsamen Arbeit. Diese „gemeinsame Sprache" bezieht sich auf einen allgemein akzeptierten und verständlichen Umgangston, z.B. bei der Vergabe von Aufgaben und/oder der Einforderung von Deliverables. Hinzu kommt eine Klärung der im Projekt verwendeten Fachbegriffe, z.B. zur Beschreibung von Arbeitsbausteinen. Dies ist umso bedeutender, wenn das Projekt in einer Konzernsprache (z.B. Englisch) und nicht in der Landessprache der Projektmitglieder bearbeitet wird. Neben der internen ist auch die externe Sprachregelung herauszubilden. Diese muss dahingehend abgestimmt werden, dass die Kommunikation einheitlich erfolgt und dass für Außenstehende ersichtlich ist, welches die Ansprechpartner für welche Themen sind.
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Operative Steuerung des Projektes durch Kombination „harter" und „weicher" Projektsteuerungsmethoden Aufbauend auf der Projektplanung, der definierten Projektorganisation und den damit verbundenen Projektteams ist in dem nun folgenden Schritt die operative Projektsteuerung aufzusetzen. Es lassen sich folgende Aufgaben hervorheben, die im Weiteren diskutiert werden: - Kommunikationsstrategie, - Project Tracking, - Risk Management.
a)
Kommunikationsstrategie
Die Kommunikationsstrategie kann in die Fragestellungen Prozesse/Inhalte und Methoden unterteilt werden. Oftmals werden vorrangig Methoden definiert, denen die Prozesse zu folgen haben. Dies erweist sich in der Regel als suboptimal. Eine Projektintranetseite als Methode gibt keine Gewährleistung, dass die Projektinteressierten „zwangsweise" diese Seite regelmäßig besuchen und die für sie notwendigen Informationen erhalten. Daher sollte die Kommunikationsstrategie in einem ersten Schritt vorrangig über die zu vermittelnden Inhalte und die Prozesse aufgebaut werden. Vier inhaltliche Prozesse lassen sich unterscheiden: - Information: Übermittlung von verabschiedeten Projektvorgehensweisen und Projektergebnissen, - Eskalation: Schrittweise Ausweitung von Entscheidungsbedarf, - Entscheidung: Verabschiedung von Projektergebnissen und Projektvorgehensweisen, - Change: Unterstützung der Implementierung durch Schaffung von Veränderungsbewusstsein. Die Prozessrichtung wird durch die Kommunikationspyramide (vgl. Abbildung 2) gesteuert, die aus einem zentralen Mittelpunkt bedient wird. Dieser zentrale Mittelpunkt sollte immer identisch mit der operativen Projektleitung sein, welche sowohl in Richtung Top Management (Spitze der Informationspyramide) als auch in Richtung operative Mitarbeiter (Sockel der Pyramide) kommuniziert. Beide Kommunikationsrichtungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie je weiter sie sich vom Mittelpunkt entfernen, zunehmend zu spezifizieren sind, in Richtung Top Management fokussiert auf die wesentlichen Entscheidungssachverhalte, in Richtung
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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operative Basis fokussiert auf die für das Tagesgeschäft notwendigen Informationen.
hoch /K
> CO
Wesentliche EntscheJdungssachverhalte
i 1 3 CO
(Q niedrig
Q.
Kommunika-ii^ niedrig
Informationen für das operative Geschäft
o CO
Abb. 2. Informationsfluss in der Kommunikationspyramide Diesen nun definierten Kommunikationsprozessen innerhalb einer Kommunikationspyramide können zur Vervollständigung der Kommunikationsstrategie spezifisch geeignete Methoden zugeordnet werden: aa)
Information, Eskalation, Entscheidung
Jour Fixes sind innerhalb der Kommunikationsstrategie das zentrale Instrument der Information, Eskalation und Entscheidung. Alle wesentlichen Informationsprozesse werden von hier aus gesteuert, alle Eskalations- und Entscheidungsbedarfe an dieser Stelle gebündelt. Damit Jour Fixes diesen Anforderungen genügen können, müssen sie in der personellen Zusammensetzung sowohl die notwendige Entscheidungskompetenz und Entscheidungsbefugnis abbilden als auch, einer festen Terminplanung folgend, regelmäßig stattfinden. Dabei gilt als Regel, dass Jour Fixes mindestens einmal im Monat aber nicht mehr als einmal wöchentlich anzusetzen sind. Jour Fixes werden durch den Lenkungsausschuss ergänzt, in welchem das Top Management über die Projektfortschritte informiert wird, bzw. notwendige Managemententscheidungen zu fällen sind.
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Jürgen P. Czapran, Andreas Gentner, Dirk Weissenfeidt Information
Newsletter beinhalten allgemeine Informationen über das Projekt auf einem hohen Aggregationsniveau zu definierten Zeitpunkten. Diese sollten sich möglichst an Projektfixpunkten orientieren, z.B. Meilensteine. „Feste" regelmäßige Herausgabezeitpunkte machen nur dann Sinn, wenn diese so gewählt werden, dass tatsächlich immer neue Ergebnisse berichtet werden können. Anderenfalls sinkt das Interesse an solchen Newslettern insbesondere bei längeren Projekten rapide. Projektintranetseiten sollten sowohl „Lexikon" der Projektorganisation und des Projektaufbaus sein als auch jeweils über den aktuellsten Projektfortschritt informieren und diesen auch mit geeigneten Detailinformationen versehen (im Gegensatz zum Newsletter). Intranetseiten richten sich dabei sowohl an die eigentlichen Kernprojektmitglieder als auch an interessierte Dritte. Für erstere steht die zeitnahe Information über die Ergebnisse z.B. anderer Workstreams oder Teilprojekte im Vordergrund, interessierten Dritten bietet sich die Möglichkeit, Zielsetzungen eigener Projekte frühzeitig mit laufenden Aktivitäten abzugleichen. Roadshows erweisen sich insbesondere in umfassenden (internationalen) Konzemstrukturen als nützliches Informationsmittel und integraler Bestandteil von Change-Prozessen. Durch die persönliche Ansprache von Projektbetroffenen auf breiter lokaler Ebene können Projektergebnisse umfassend kommuniziert und diskutiert und somit auch eventuelle Ressentiments beseitigt werden. ac)
Change Management
Change-Prozesse sind in jedem Fall separat zu betrachten. Prinzipiell können alle Methoden für Change-Prozesse angewendet werden. Je nach Bedeutung und Erfordernis ist aber das Methodenportfolio individuell zusammenzustellen. Die Road Show sei nochmals hervorgehoben, die insbesondere die Kommunikation zu den operativen Mitarbeitern auf lokaler Ebene zielgerichtet unterstützt. Für das Projekt-Management „T-Mobile Management Information Piatform" war insbesondere die persönliche Abstimmung und Information von Bedeutung. Daher war die operative Projektsteuerung durch die Institutionalisierung von Gremien und deren Kommunikationsprozessen geprägt. Auch Change-Prozesse werden durch die personenbezogene Verbreitung von Ergebnissen vorangetrieben. Abbildung 3 gibt eine Übersicht über die wesentlichen Einrichtungen und Kommunikationsprozesse:
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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Abb. 3. Wesentliche Einrichtungen und Kommunikationsprozesse
b)
Project Tracking
Der Erfolg des Projektes ist nicht zuletzt an ein stringentes ProjektTracking gebunden, welches Zeit, Budget und Qualität überwacht. Neben der pauschalen Einhaltung von Zeitlinien und Gesamtbudgets ist das Project Tracking in der quantitativen Analyse für folgende Sachverhalte zu vertiefen: - Aufgewendete Ressourcen extern (Berater) und intern (eigene Mitarbeiter) in Kombination mit erreichtem Projektfortschritt, - Sonstige Kosten: Reisekosten (Absolute Einhaltung, Einhaltung der Travel Policy) und Projektinfrastruktur (z.B. IT-Technik), - Im Rahmen der Implementierung: Nachverfolgung von Sachinvestitionen in materielle und immaterielle Vermögensgegenstände. Je nach Größe des Projektes sind entsprechende Tools einzurichten, die das Projektcontrolling in diesen Detaillierungen unterstützen. Der vordergründig hohe Aufwand relativiert sich durch die möglichen Benefits:
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- Nachverfolgung der tatsächlichen Gesamtprojektkosten durch Bewertung des Verbrauches auch von internen Ressourcen als Ausdruck von Opportunitätskosten, - Frühzeitiges Erkennen von drohenden Budgetüberschreitungen, indem Budgetüberschreitungen und -unterschreitungen einzelner Sachverhalte nicht saldiert betrachtet werden sowie Budget- und Ressourcenverbrauch in Kombination mit erreichtem Projektfortschritt gesehen werden, - Versachlichung von Budgetfragen zwischen Auftraggeber und Dienstleister. Eine weitere Dimension des Projekt-Tracking ist die Nachverfolgung der Projektqualität. Neben der Einhaltung von Milestones und zugehörigen Deliverables ist auch die Qualität der Deliverables hinsichtlich der inhaltlichen Projektzielsetzungen zu überwachen. Gerader dieser Punkt wird in umfangreichen Projekten oftmals vernachlässigt und fuhrt spätestens in einer Implementierungsphase zu erheblichen Problemen. Wesentlich zu überwachen sind: - Einhaltung der eigentlichen inhaltlichen Projektzielsetzung, - Abstimmung von Teilprojektergebnissen, - Gewährleistung der Übernahme von Projektergebnissen von vorgelagerten in nachgelagerte Projektphasen. Für alle nachhaltigen Abweichungen sind auf Basis des Projektcontrolling Korrekturmaßnahmen zu definieren und adäquate Controllinginstrumentarien zu implementieren: - Wöchentliche Statusreporte mit Angabe des erreichten Projektfortschrittes/ offener Punkte, vorangegangener Aktivitäten sowie neue Aufgaben jeweils mit Verantwortlichkeiten und der Klassifizierung von Risken, - Dokumentation und Ablage der Deliverables in einer Struktur, welche Soll-Ist-Vergleiche ermöglicht, - Qualitätscheck der Deliverables durch klare „Approval- Verfahren." c)
Risk Management
Risk Management ist ein integraler Bestandteil des Projekt Trackings, soll aber auf Grund der Bedeutung gesondert besprochen werden. Schon vor Start des Projektes sollten wesentliche Risiken für den Projekterfolg identifiziert, dokumentiert und geeignete Gegenmaßnahmen präventiv ergriffen werden. Dieses bezieht sich sowohl auf das Projekt als Ganzes als auch auf wesentliche TeilprojekteAschritte.
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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Die Risiken und ergriffene Gegenmaßnahmen sind im laufenden Projekt gesondert zu überwachen. Neuidentifikation von Risiken soll dabei auch das Projekt-Tracking gewährleisten. Risikobewusstsein kann nicht zuletzt dadurch geschaffen werden, dass vor Start jedes Teilprojektschrittes in einem „Mini"-Kick-Off auch identifizierte Risiken dargelegt und Maßnahmen nochmals mit Verantwortlichkeiten versehen werden. Ein zentrales Tool des Risikocontrollings bilden z.B. Ampelreports, die Risiken gewichten und visualisieren. Für das Projekt „T-Mobile Management Information Platform" sind solche Risikoindikatoren in die wöchentlichen Statusreports integriert worden und damit direkter Bestandteil der operativen Projektsteuerung.
Sicherstellung implementierungsfähiger und reifer Konzepte durch konsequentes Spiegeln an den praktischen Gegebenheiten Für das dargestellte Projekt „TM-MIP" hat sich ein Ansatz mit kleiner. Zentraler, konzepterarbeitender Expertengruppe und unmittelbar anschließender breiter Abstimmung mit den Landesgesellschaften als erfolgreich erwiesen. Im Sinne eines realisierbaren Konzeptes und dem Gedanken „One fmancial language" zu etablieren, wurden Experten seitens der Holding und jeder nationalen Gesellschaft pro Workstream involviert. Innerhalb der Workstreams gab es eine kleine Gruppe von internen und externen Mitarbeitern die 100% für das Projekt zur Verfügung standen. Zur effizienten Gestaltung des Konzeptions- und Abstimmungsprozesses wurden auf Basis einer umfassenden Ist-Analyse, Vorschläge erarbeitet. Diese Vorschläge wurden mit den Experten der Holding und der Landesgesellschaften kontinuierlich verbessert und letztendlich verabschiedet. Obwohl mehrere Parteien grenzüberschreitend beteiligt waren, hat sich der Prozess bewährt. Erfolgskritisch in diesem Zusammenhang ist, dass das „Gore Team" die Vorschläge erstellt, Verbesserung zeitnah dokumentiert und als ständiger Projektmotor pro Workstream fungiert. Auf Basis einer klaren Dokumentation konnten große Teile der Abstimmarbeit per E-Mail oder am Telefon erledigt werden. Für zentrale Diskussionen und Entscheidungen waren jedoch physische Arbeitskreise weiterhin essentiell. Neben dem Grad der Einbeziehung der verschiedenen Parteien ist auch das konsequente Spiegeln der entwickelten Konzepte an den praktischen Gegebenheiten von Bedeutung. Für den Aufbau der T-Mobile Management Information Platform bedeutet dies, dass frühzeitig die Verfügbarkeit der geforderten Daten geprüft werden musste. Im vorliegenden Projekte
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wurde dies durch eine Datenstrukturanalyse im Rahmen der Konzeptionsphase sichergestellt. Nachdem das den Reportingstrukturen zugrunde liegende Informationsmodell durch die Experten entwickelt worden war, analysierte ein Team vor Ort in den lokalen Gesellschaften die bestehenden Werteflüsse. Die tatsächliche und potenzielle Verfiigbarkeit der Daten wurde pro Gesellschaft aufgenommen und strukturelle Unterschiede in den Werteflüssen zwischen den Gesellschaften wurden dokumentiert. Sobald in mehr als einer Gesellschaft die angeforderten Daten nicht verfügbar waren, wurde kritisch hinterfragt, ob dieser Bestandteil des Informationsmodells weiterhin als Reportinganforderungen bestehen bleibt oder aus dem Informationsmodell eliminiert wird. Gedanklich wurde der Informationsnutzen der Reportinganforderungen gegen den Implementierungsaufwand gesetzt. Die anfordernden Personen bzw. Fachbereiche wurden mit dem Implementierungsaufwand direkt konfrontiert. Ferner wurden Empfehlungen definiert, die zur Optimierung und Harmonisierung der lokalen Datenflüsse führen sollen. In dieser Phase des Projektes muss der externe Berater seine Erfahrungen bezüglich der effizienten Koordination von Großprojekten einsetzen. Insbesondere erfahrene Projektmitglieder (Partner oder Projektleiter) müssen während der Konzeptionsphase den Involvierungsgrad der verschiedenen Parteien als auch den Komplexitätsgrad des Informationsmodells entsprechend der Projektzielsetzung steuern. Ein weiterer erfolgskritischer Faktor für ein Konzept ist die Umsetzungsdauer. Für Informationssysteme und die darunter liegenden Datenstrukturen ergeben sich oftmals lange Implementierungsphasen. Zur Steuerung des Unternehmens ist es jedoch zwingend erforderlich, die notwendigen Steuerungsinformationen zeitnah zu erhalten. Eine Realisierung eines reduzierten Informationsmodells - als Quick Win - auf Basis der bestehenden Systeme bietet sich an, um dem Management die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, einen ersten Praxislauf der erarbeiteten Konzeption durchzuführen und dem Implementierungsteam parallel die Arbeit an der endgültigen Lösung zu ermöglichen.
„Seamless Implementation" durch frühzeitige Integration von Design- und Implementierungsspezialisten Oftmals scheitern Projekte an der Schnittstelle zwischen Konzept und Implementierung. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass Implementierungsfragestellungen ungenügend in die eigentliche Konzepterstellung integriert sind. Im Rahmen des hier vorgestellten Fallbeispieles „TM-MIP" wurden
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um den Übergang von Konzept zu Implementierung nahtlos zu gestalten. l-ltfixl i aMrbMMi ipatH finfOgtn FtenMt CWtcnjitta E^M
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Abb. 4. Auszug Meta-Data-Dictionary Alle wesentlichen Konzeptschritte begleiteten sowohl Implementierungsspezialisten des Kunden als auch der Beratungsseite. Hierdurch ist sichergestellt, dass zum einen der Knowledge Transfer in die Implementierung erfolgt, zum anderen werden konzeptionelle Zielsetzung immanent am praktisch machbaren und sinnvollen gespiegelt. Nicht zu vernachlässigen ist die Rolle des externen Implementierungsspezialisten. Dieser kann in der Regel sowohl auf einen umfangreicheren Erfahrungsschatz hinsichtlich der technischen Vielfältigkeit von Lösungen zurückgreifen, als auch als Moderator in Abstimmungsfragen von Konzept- und Implementierungsspezialisten dienen. Umgekehrt ist auch für die Implementierungsphasen sicherzustellen, dass Konzeptspezialisten diese permanent begleiten. Sie stehen als direkter Ansprechpartner bei Verständnisschwierigkeiten zur Verfügung und übernehmen gleichzeitig die Qualitätssicherung hinsichtlich der konzeptionellen Projektzielsetzungen. Ferner wurde im Rahmen von „TM-MIP" bereits in der Konzeptphase die Implementierung durch die Erstellung eines Meta-Data-Dictionary (vgl. Abb. 4) vorbereitet. Dieses konkretisiert z.B. Reportingstrukturen auf
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Informationselemente (z.B. Konten) und Datenquellen (z.B. Finanzbuchhaltung SAP-FI). Gleichzeitig setzt die Erstellung eines Meta-DataDictionary die Analyse der „Ist-Systemwelt" bereits in der Konzeptphase voraus. Auch hierdurch werden zusätzliches Verständnis geschaffen, individuelle lokale Anforderungen berücksichtigt, und im Idealfall lassen sich bereits vorhandene „Best-Practice-Lösungen" sowohl für die Konzeption als auch für die Implementierung identifizieren. Die Implementierung von „Short Term Solutions" und somit die Realisierung von „Quick Wins" kann in Projekten nicht nur der „Überbrückung" zwischen Konzept und Realisierung der „großen" Lösung, sondern gleichzeitig auch als Implementierungsguideline mit ersten Erfahrungsberichten und Lösungen dienen. Zu beachten ist dabei, dass alle vorzeitigen Implementierungsschritte auf den Zielen und Strukturen des Konzeptes basieren und lediglich vereinfachen, nicht aber eigene gesonderte Insellösungen aufbauen. Letzteres hat oftmals zur Folge, dass entweder die Übergangslösung oder das eigentliche Kernprojekt nach der Realisierung der Übergangslösung in Frage gestellt und letztendlich der Projekterfolg nachhaltig gefährdet wird. Auch der eigentlichen Implementierungsplanung kommt an der Schnittstelle zwischen Konzept und Implementierung besondere Bedeutung zu. Neben den generellen Implementierungsaspekten wie Zeitplanung, benötigte Kapazitäten oder Budget sind Rahmenbedingungen zu integrieren, die bei Beachtung den Implementierungserfolg nachhaltig beeinflussen. Zum einen muss die Implementierungsplanung auf systemtechnische Restriktionen wie z.B. Release-Wechsel abgestimmt werden, zum anderen sind die unverändert fortlaufenden operativen Unternehmensprozesse wie strategische Planung, Budgetierung oder Reporting zu integrieren. Gerade Budget- und Reportingprozesse, die auf Grund ihres Detailgrades auf umfangreiche technische Unterstützung angewiesen sind, können maßgeblich betroffen sein, z.B. durch die Abschaltung von Systemteilbereichen im Rahmen der Implementierung bzw. die frühzeitige Bereitstellung der neuen Strukturen. Eine letzte Fragestellung, die sich auf die Schnittstelle zwischen Konzept und Implementierung auswirkt, ist die Entscheidung für eine zentrale oder dezentrale Implementierung. Hierbei sollte bereits im Konzept in einem ersten Schritt differenziert werden zwischen Konzeptbestandteilen, die in der Implementierung in erster Linie die Zentrale betreffen und solchen, die auch auf lokaler Ebene abzubilden sind. In einem zweiten Schritt ist zu entscheiden, wer die Implementierung durchführt. Eine zentrale Implementierung weist den Vorteil auf, zumeist zielgerichteter und schneller zu erfolgen, kann aber sowohl auf persönliche wie technische Widerstände auf lokaler Ebene stoßen. Dezentrale Implementierungen richten sich ziel-
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gerichtet an den lokalen Gegebenheiten aus und notwendiges DetailKnow-How ist direkt verfügbar. Hingegen mangelt es oftmals an der technischen Harmonisierung und der Beachtung aller Projektziele aus Gesamtkonzernsicht. Für TM-MIP hat sich die T-Mobile für einen kombinierten Ansatz entschieden. Die Implementierungsplanung wird zentral gesteuert, Holding-relevante Implementierungsbestandteile werden ebenfalls zentral durchgeführt, Implementierungserfordernisse auf lokaler Ebene verbleiben aber in der Verantwortung der Einzelgesellschaft.
Globale Roll-Out-Fähigkeit durch frühzeitige internationale Partizipation Insbesondere für global agierende Unternehmen wie T-Mobile ist der konzernweite Roll-Out von integrierten Lösungen eine große Herausforderung. Unterschiede bezüglich -
der kulturellen Grundlagen, der rechtlichen Anforderungen (z.B. lokales Handelsrecht), der strategischen Steuerungsprioritäten, der Systemlandschaften und -präferenzen, des Fachwissens und der sprachlichen Voraussetzungen der internationalen Teammitglieder und - der interne Prozessabläufe
führen zu einem nicht zu unterschätzenden Risiko für die erfolgreiche Umsetzung eines Konzeptes. Dieses Risiko kann durch spezielle integrative Verfahren der Projektplanung und -Steuerung weitgehend minimiert werden, die darüber hinaus auch zu einer Verbesserung von Qualität und Akzeptanz der Projektergebnisse beitragen. Wichtigste Maßnahme zur Förderung der globalen Roll-Out-Fähigkeit von Projekten ist die frühzeitige Integration aller Beteiligten. Dazu werden im vorliegenden Beispiel die üblichen Elemente der Projektaufbauorganisation international besetzt (Lenkungsausschuss, Projektleitung). Wichtige Entscheidungen werden somit international besprochen und verabschiedet und stellen dadurch die Integration des Projektes in die jeweilige nationale Strategie sicher. Ferner wird die Verantwortung aller Gesellschaften für den Projekterfolg unterstrichen und somit der Rückhalt des Projektes auf nationaler Ebene gestärkt. Zusätzlich zur internationalen Zusammensetzung der klassischen Elemente der Projektaufbauorganisation wird die Projektorganisation um Expertengremien erweitert. Diese Spezialistengremien, die mit Fachleuten
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der Landesgesellschaften zu den jeweilig relevanten Themengebieten (z.B. Finanzen, Technologie, Vertrieb, Marketing) besetzt sind, werden laufend in die Konzeptentwicklung einbezogen. Diese Einbeziehung umfasst regelmäßige Treffen, in denen der aktuelle Projektstand präsentiert und wichtige Entscheidungen des Lenkungsausschusses und der nationalen Entscheidungsträger vorbereitet werden. Darüber hinaus unterstützen die Fachleute der Landesgesellschaften das Kemteam bei der Konzeptentwicklung als operative Ansprechpartner und stellen so sicher, dass bereits beim Konzept ein Maximum an lokalen Anforderungen berücksichtigt wird (z.B. bestehende Prozessvorgaben, Systemlandschaften, rechtliche Anforderungen). Durch Abstimmungsrunden mit den VerantwortHchen innerhalb der Landessgesellschaften werden individuelle und übergreifende Anforderungen an Konzept und Implementierung in Einklang gebracht. Darüber hinaus können durch die globale Projektorganisation frühzeitig Best-PracticeAnsätze einzelner Gesellschaften erkannt und im Gesamtkonzept oder bei der Implementierung berücksichtigt werden. Die Erfahrung mit der globalen Integration der Projektorganisation fordert dem Projektmanagement jedoch auch einen erhöhten Organisationsaufwand ab. Darüber hinaus gestaltet sich die Konzeptentwicklung als aufwendiger, da die teilweise unterschiedlichen Interessen der Landesgesellschaften berücksichtigt werden müssen. An dieser Stelle ist ein erfahrenes Projektteam notwendig, welches in der Lage ist, trotz ggf. bestehender interner Interessenkonflikte, das Projektziel durchgängig zu verfolgen. Nicht zuletzt ist auch die Beteiligung eines global agierenden, erfahrenen Beratungspartners für den erfolgreichen Roll-Out des Projektes von Bedeutung. Durch seine internationalen Erfahrungen, seine internationalen Netzwerke und durch seine lokalen Niederlassungen vor Ort kann er wichtiges länderspezifisches Know How beisteuern und auch in Fragen von kulturellen Unterschieden unterstützen.
Erfolgreiche Projektübergabe in die Fachabteilung durch Coaching und sukzessives „Phasing Out" a)
Übergabe in die Linie
Den Abschluss eines Projektes stellt üblicherweise die Übergabe der Ergebnisse bzw. der entwickelten oder modifizierten Systeme an den Kunden dar. Für eine erfolgreiche Übergabe des Projektes in die Linie gilt es, eini-
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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ge wesentliche Aspekte zu berücksichtigen. Diese werden im Folgenden näher erläutert: -
Planung der Projektübergabe, Dokumentation der Ergebnisse, Support für den Kunden, Begleitende Maßnahmen.
Im Rahmen der Planung der Projektübergabe an den Kunden ist es unerlässlich, bereits im Vorfeld einen detaillierten „Fahrplan" für die letzte Phase des Projektes auszuarbeiten. Dieser „Fahrplan" spezifiziert die Termine, die Verantwortlichkeiten und die zu übergebenden Inhalte. Bei der Festlegung der Termine werden Meilensteine definiert, die den jeweiligen Projektfortschritt dokumentieren. Hierbei gilt es, Abhängigkeiten zu Terminen anderer Teilprojekte bzw. zu unternehmensinternen Terminen zu erkennen und entsprechend zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollten die künftige Aufgabenverteilung und daraus resultierende Verantwortlichkeiten für die Übergabe zwischen Kunde und Berater eindeutig definiert werden. Hierzu gehört, dass der Kunde qualifizierte Mitarbeiter für die Übergabe bereitstellt, die über genügend zeitliche Ressourcen verfügen bzw. für diese Aufgabe freigestellt sind. Der Berater sollte die zu übergebenden Inhalte vorab in überschaubare Arbeitspakete aufteilen und sukzessive für einen umfassenden Know-How-Transfer sorgen. Der Übergabeprozess muss durch Schulung der betroffenen Mitarbeiter des Kunden unterstützt werden. Sind von der Übergabe nur einige wenige Personen betroffen, so bieten sich persönliche Besprechungen an. Wird ein größerer Personenkreis angesprochen (ggf. auch über Landesgrenzen hinweg), kann es sinnvoll sein, zentral bzw. dezentral Schulungen durchzuführen. Generell sollten Mitarbeiter des Kunden - auch im Sinne von ChangeProzessen - so früh als möglich in die Trainingsverantwortung eingebunden werden. „Train the Trainer"-Konzepte haben sich dabei als adäquates Instrumentarium erwiesen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Projektübergabe ist die Dokumentation der Ergebnisse. Zwar werden üblicherweise zum Abschluss eines Projektes Präsentationen für den Kunden vorbereitet, welche die wesentlichen Ergebnisse des Projektes erläutern, allerdings können diese Präsentationen eine schriftliche Dokumentation nicht ersetzen. Bei der Dokumentation kann es sich um eine inhaltliche oder eine technische Beschreibung der erzielten Resultate handeln. Während die inhaltliche Dokumentation ihren Schwerpunkt in der Erläuterung von Ergebnissen aus betriebswirtschaftlicher Sicht hat, fokussiert sich die technische Dokumentation auf Funktionalitäten, Prozesse, Strukturen und Definitionen. Eben-
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falls sollten in diesem Kontext Übergabeprotokolle und -bestätigungen erwähnt werden. Sie unterstützen den formalen Übergabeprozess und schaffen auf beiden Seiten Transparenz hinsichtlich des Übergabefortschritts. Als ergänzende Maßnahme für die Übergabe des Projektes sollte die Einrichtung eines „Anwender-Supports" durch den Berater in Erwägung gezogen werden. Über eine Telefon- bzw. E-Mail-Hotline und Vorortpräsenz hat dann der Kunde die Möglichkeit, Fragen zu adressieren und zu klären. Der gesamte Übergabeprozess sollte bereits frühzeitig durch begleitende Maßnahmen unterstützt werden. Je nach Dauer, Größe und Komplexität des Projektes können hierzu unterschiedliche Instrumente eingesetzt werden. Diese entsprechen in der Regel den Methoden, die auch schon im Rahmen der Projektsteuerung Anwendung finden. Hierzu gehören Newsletter, welche den Kunden auf die geplante Übergabe vorbereiten, Intranetseiten, die über Projektergebnisse informieren und „FAQs" zugänglich machen, Roadshows, Jour Fixes und Meetings, in denen im persönlichen Dialog die Ergebnisse diskutiert und die Veränderungen im Unternehmen und für den einzelnen Mitarbeiter besprochen werden können. Gerade die persönliche Betreuung des Kunden im Vorfeld der Übergabe und die Vorbereitung der Mitarbeiter auf die möglichen Veränderungen im Arbeitsumfeld können einen entscheidenden Beitrag zur Akzeptanz der Projektergebnisse und damit für den gesamten Projekterfolg leisten. b)
Nachträgliche Projekt Audits
Nachträgliche Projekt Audits verfolgen in erster Linie das Ziel, die im Rahmen des Projektes erzielten Ergebnisse nach dem offiziellen Projektabschluss durch geplante Stichproben hinsichtlich ihrer Wirkung zu überprüfen. Es kann sich hierbei zum Beispiel um die Kontrolle der Ausgestaltung von konzipierten Prozessen sowie um die Überprüfung der Funktionsfähigkeit von Systemen handeln. Wenn die Entscheidung dazu gefallen ist, nachträgliche Projekt Audits durchzuführen, ist bereits im Vorfeld eine Verständigung darüber zu erreichen, wie viele Audits es geben soll und in welchem zeitlichen Abstand die Audits erfolgen sollen. Der Inhalt und die Dauer der Audits sollten definiert sein und die betroffenen beteiligten Personen und Abteilungen informiert werden. Unerlässlich im Rahmen eines Audits ist die Erstellung einer Checkliste, anhand derer die aktuellen Gegebenheiten in den jeweiligen Abteilungen überprüft werden. Audits, die dem Projekt nachgelagert sind, können dem Kunden wertvolle Informationen darüber liefern, inwieweit die Ergebnisse des Projek-
Kriterien für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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tes innerhalb des Unternehmens umgesetzt wurden und sind daher ein geeignetes Instrument, um den nachhaltigen Projekterfolg zu kontrollieren und zu sichern.
Fazit Die vorgenannten Ausführen haben deutlich gemacht, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde in komplexen Projekten von folgenden Voraussetzungen abhängt: -
einem klaren, gemeinsamen Projektverständnis, einer engen Verzahnung in der Projektarbeit, konsequenten Projektsteuerungsmethoden, einem laufenden Abgleich konzeptioneller Vorschläge mit den praktischen Gegebenheiten, - einer frühzeitigen Integration von Design- und Implementierungsspezialisten, - internationaler Beteiligung - und einer klaren Übergabe in die Fachabteilung. Jede der genannten Voraussetzungen verdient es, ernst genommen und frühzeitig berücksichtigt zu werden, da sich schon kleine „Unebenheiten" in einem komplexen Projekt zu Großbaustellen entwickeln können, die nur mit Aufwand, Mühe und potentiellem Zeitverzug wieder erledigt werden können.
Einsatz von Unternehmensberatern bei Unternehmensübernahmen und -Zusammenschlüssen Rainer Schiweck
Einleitung Das Zusammenwachsen der Weltwirtschaft brachte eine neue Qualität der Wettbewerbskonzentration mit sich. Um am Weltmarkt bestehen zu können waren immer mehr Unternehmen gezwungen sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und sich durch Zusammenschlüsse mit Konkurrenten oder durch deren Übernahme eine bessere Wettbewerbsposition zu verschaffen. Die Realisierung von Skalenvorteilen und der Zugriff auf weltweite Produktions- und Vertriebsinfrastrukturen sind die Triebfedern einer sich mit zunehmender Dynamik verändernden Ökonomie. Im Zuge der immer noch anhaltenden M&A-Welle (M&A: Mergers & Acquisitions) sind Unternehmensübemahmen (Acquisitions) oder Untemehmenszusammenschlüsse (Mergers) an der Tagesordnung.' Mit steigender Anzahl dieser hoch komplexen Ereignisse steigt auch die Zahl derer, die nicht den gewünschten Erfolg brachten. Eine Vielzahl von Unternehmensübemahmen und -Zusammenschlüssen sind nicht erfolgreich. Die Fehlschlagsquote liegt bei sagenhaften 30 bis 60 Prozent. Da Unternehmensübemahmen im Vorfeld meist sehr genau überlegt und mit vielen Entscheidungsträgem abgestimmt werden, muss ein wesentlicher Grund dafiir in der mangelhaften Durchführung des Prozesses liegen. Dies verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass für viele Manager die außergewöhnliche Situation eines Mergers oder einer Akquisition ein singuläres Ereignis in ihrer Karriere darstellt. In dieser Situation ist Erfahrung aber ein wesentliches Erfolgskriterium. Diese wird in unterschiedlicher Qualität am Beratermarkt angeboten. - Das Scheitern eines M&A-Projektes ist oft auf eine fehlende oder fehlerhafte Beratung der Untemehmensleitung zurückzuführen. Acquisition: Unter Übemahme wird hier der Kauf eines wesentlich kleineren Unternehmens durch ein wesentlich größeres Unternehmen verstanden. Merger: Unter Zusammenschluss wird das Zusammengehen zweier in etwa gleich großer Unternehmen durch Kauf oder Fusion verstanden.
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Bei Mergern wird von Unternehmen üblicherweise eine Vielzahl von Beratern hinzugezogen. Von Steuerberatern über Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälten, technische Experten, Investmentbanker bis hin zu Kommunikationsexperten steht der Unternehmensleitung in den meisten Fällen geballter externer Sachverstand zur Seite. Dabei ist die Einschaltung vieler der hier aufgeführten Beratergruppen, z.T. aus zwingenden rechtlichen Gründen, wie etwa Finanzierungsaspekten für eine Unternehmensleitung unabdingbar. Untemehmensberater wie McKinsey, Roland Berger oder Droege & Comp, hingegen müssen aber nicht zwingend in diesen Prozess involviert werden. Es stellt sich die Frage, ob der vielfältige und „geballte" Expertenrat eine Unternehmensleitung nicht überfordert und wo genau Wertbeiträge von Untemehmensberatem bei Mergern geliefert werden.
Häufigkeit des Beratereinsatzes Berater sind nicht immer mit an Bord. Lucks u. Meckl (2002) schätzen, dass mehr als ein Drittel aller Transaktionen in Deutschland ohne Beratereinsatz erfolgt. Als Ursache wird u.a. Beraterfeindlichkeit aufgeführt, die in der Praxis häufig bei mittelständischen Unternehmen anzutreffen ist. Anders die Situation bei Großunternehmen: Hier werden Berater mit hoher Selbstverständlichkeit eingesetzt, wobei eine starke Korrelation zwischen Größe und Komplexität des Projektes und dem Einsatz von Beratern, Investmentbankern und Transaktionsspezialisten festzustellen ist. Die Erfolgswirkungen des Beratereinsatzes wies eine von Bowers und Miller durchgeführte empirische Untersuchung im US-Markt nach (Bowers u. Miller 1990). Insgesamt, so stellten die Autoren fest, sei der durch eine Akquisition erzielte Mehrwert höher, wenn mindestens eine der beiden Parteien eine erstklassige Investmentbank einsetzt.
Erweiterung der Expertise und der Ressourcenpools Die Unternehmenspraxis und die wissenschaftliche Literatur kommen in erster Line zu einfachen Antworten, was den Einsatz von Unternehmensberatern anbelangt: Der Einsatz dient zur Erweiterung der Expertise im Unternehmen sowie des Ressourcenpools im Rahmen des Akquisitionsprozesses. Heute ist dies der vorherrschende Grund zur Beauftragung von Unternehmensberatern. In der Regel geht es dabei um die Bereitstellung spezialisierter Ressourcen, die z.B. über eine bestimmte regionale Markt-, Kunden- oder Pro-
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duktkenntnis verfügen. Berater werden ebenfalls oft nachgefragt zur Unterstützung der im Rahmen des Akquisitionsprozesses anfallenden vielfältigen und meist extrem kurzfristigen Planungsaufgaben. Je nach Ausprägung werden Experten oder kleinere, spezialisierte Unternehmensberatungen für das jeweilige Fachgebiet und/oder den regionalen Markt, teilweise auch internationale Unternehmensberatungen mit einem großen Netzwerk zur Unterstützung herangezogen. Insgesamt handelt es sich bei dieser Art des Beratereinsatzes um ein hoch qualifiziertes „Body lease", bei dem der Nutzen des Beratereinsatzes sehr stark von der Steuerung des Beraters durch das Unternehmen, der ihm zugeordneten Aufgabenstellung und nicht zuletzt von der Person des Beraters abhängig ist. Ein systematischer Ansatz zur Erhöhung der Erfolgsaussichten eines Mergers kann dieser punktuelle Einsatz allerdings nicht sein, auch wenn positive Wirkungen des Beratereinsatzes zu vermuten sind.
Einfache Sicht auf den Akquisitionsprozess Der Merger-Prozess kann vereinfacht in die Phasen „Vorfeld", „Transaktion" und „Integration" unterteilt werden (vgl. Abbildung 1).
Vorfeld
Transaktion
Integration
Investmentbanker Unternehmensberater U nternehmensmakler
Universalbanken Wirtschaftsprüfer
Unternehmensberater IT-Berater
Rechtsanv\Aälte M & A-Berater
Abb. 1. Merger-Prozess: Einfache Sichtweise Im Rahmen dieses Verständnisses werden Unternehmensberatern klassischerweise Einsatzfelder im „Vorfeld" und in der Integration zugewiesen (vgl. auch Lucks u. Meckl 2002, insb. S. 43 und Abb. 23-1), wobei die Aufgaben stark variieren und von der Strategieentwicklung bis zu einem Konzept zur IT-Integration reichen können. Investmentbankern und anderen Beratern werden schwerpunktmäßig Einsatzfelder in der Phase „Trans-
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aktion" zugewiesen. Als wesentliche Erfolgskriterien für den Beratereinsatz werden bei dieser einfachen Sichtweise die Qualität der Zusammenarbeit mit den Beratern bzw. zwischen den Beratern sowie die möglichst frühzeitige Einbindung der Berater genannt. In der Praxis wird häufig ein der vereinfachten Sichtweise entsprechender Einsatz von Unternehmensberatern vorgenommen. Grund hierfür ist, dass die entsprechenden Kapazitäten in den Unternehmen oft nicht vorhanden sind. Insbesondere in der Integrationsphase werden häufig Unternehmensberater eingesetzt, um auftretende Probleme wie „Merger Shock" oder das Akkulturationsproblem („Wir-Sie" Mentalitäten) (Vogel 2002) in den Griff zu bekommen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Beratereinsatzes in dieser Phase ist es, die erwarteten bzw. versprochenen „Synergiepotentiale" auf Business Unit- oder gar Kostenstellenebene zu verifizieren und mit umsetzbaren Maßnahmen zu unterlegen. Je nach Zielsetzung werden Unternehmensberatungen mit unterschiedlichem Profil beauftragt: Bei übergreifenden Aufgaben, wenn es bspw. um die direkte Ergebnis Wirkung („Synergiepotentiale") oder „Change Management-Prozesse" geht, werden die klassischen Top-ManagementBeratungen beauftragt, da sie mit großen Teams arbeiten und schnell eine Breitenwirkung im Unternehmen erzielen können. Bei speziellen Fragestellungen wie Konfliktkommunikation werden in der Regel zusätzlich Spezialisten hinzugezogen.
Kritik an der „einfachen'' Sichtweise Die „einfache" Sichtweise auf den Merger-Prozess und den Beratereinsatz ist eine gängige Perspektive, die bei vielen Unternehmen zu erfolgreichen Unternehmensübemahmen beigetragen hat. In der betriebswirtschaftlichen Literatur sind eine Reihe von Varianten dieser einfachen Sichtweise beschrieben, die diese noch mit meist zwei zusätzlichen Phasen „veredeln" (vgl. z.B. Vogel 2002), in denen zusätzliche Aufgaben und potentielle Problempunkte im Merger-Prozess aufgeführt sind. Besonders geeignet ist die einfache Sichtweise, wenn ein relativ großes Unternehmen ein zum Produktprogramm und/oder regionalen Fokus komplementäres kleineres Unternehmen übernimmt und Unternehmensleitung und Mitarbeiter des übernommenen Unternehmens die erweiterten Perspektiven zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele positiv bewerten. Solche Fälle sind bspw. die Übernahmen kleinerer, technologiegetriebener Unternehmen durch große Unternehmen wie IBM oder Siemens, die u.a.
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mittels solcher Portfoliostrategien nachhaltig über Jahre hinweg ihr Unternehmens Wachstum erfolgreich absichern konnten. Problematisch ist bei dieser einfachen Sichtweise vor allem, dass die „Integrationsphase" erst nach Abschluss der „Transaktionsphase" beginnt. Insbesondere bei Unternehmenszusammenschlüssen zwischen mehr oder weniger gleich starken Unternehmen und Kulturen ist Vorsicht geboten. Bei „feindlichen" Übernahmen oder bei Übernahmen von Unternehmen, die sehr stark von sensiblen Kunden oder Mitarbeitergruppen abhängig sind, müssen aus unserer Erfahrung die ersten Integrationsschritte bereits vorliegen, bevor der Merger durchgeführt wird. Die frühzeitige Integrationsplanung ermöglicht eine Bekanntgabe von wichtigen, teilweise erfolgskritischen Maßnahmen schon bei der ersten Information der Kunden, Mitarbeiter, Medien und der Financial Community. Diesen Zeitpunkt markiert typischerweise der Abschluss des „Memorandum of Understanding" (MoU). Nur so kann den auftretenden Unsicherheiten und Kontrollverlusten bis zum Abschluss der Transaktion gegensteuert werden. Die hier empfohlene frühzeitige Integrationsplanung, die noch verschiedene Szenarien bis zum Abschluss der Transaktion zu berücksichtigen hat, ist recht aufwendig und beratungsintensiv und setzt eine differenziertere Sichtweise in Bezug auf den Merger-Prozess voraus.
Der Merger-Prozess aus differenzierter Perspektive Die differenzierte Perspektive bezieht sich zum einen auf den MergerProzess, zum anderen auf die Beziehungen zwischen beiden Organisationen. Aus einer „differenzierteren" Perspektive verläuft der Merger-Prozess idealtypisch in zwei unterschiedlichen, parallelen Teilprozessen. Sie werden hier als „Management-Phasen" und „Transaktionsphasen" bezeichnet (vgl. Abbildung 2). Die vier „Management-Phasen" von der Wertsteigerungsstrategie" bis zur „Integration & Erfolgskontrolle" beschreiben die Aufgabenfelder für das Management und ggf die des unterstützenden Unternehmensberaters. Die Transaktionsphasen beschreiben die Tätigkeitsschwerpunkte und Aufgaben, die im Rahmen der „technischen" Durchführung einer Akquisition anfallen. Dabei sind beide parallelen Teilprozesse eng miteinander verzahnt. So bestimmen die Wertsteigerungsstrategie das Suchfeld für die Ansprache, die Ergebnisse der „Due Dilligences", die Bewertung der Übernahmeobjekte und damit den Kaufpreis. Außerordentlich wichtig ist, dass bei der Veröffentlichung des MoU bereits die wichtigsten Eckdaten für die organi-
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satorische Umsetzung des Mergers vorliegen, so z.B. wer die Führung übernimmt, welche Unternehmensteile und Geschäfte erhalten bleiben oder wie der Rahmen- und Zeitplan zur Umsetzung des Mergers aussieht. Mit der faktischen Übernahme der Verantwortung sollte eine Startorganisation eingefiihrt werden, die bereits erste positive Schritte der Integration sichtbar macht. Die Anfangs- und Endzeitpunkte der jeweiligen ManagementPhasen sind in Abhängigkeit von der Komplexität des Mergers und der Ressourcenverfügbarkeit sowie dem Zeitplan der Transaktion zu bestimmen.
ManagementPhasen .^
Wertsteigerungsstrategie
Kernfrage | Wie l^ann durch iVlerger der Unternehmenswert gesteigert werden? Aufgaben
Strategie, Märkte, Produkte & Kunden. finanzieller Rahmen
Organisatorische Fragen TransaktionsPhasen
Integra tionsPlanung
Bewertung
Wer passt wie gut zum Unternehmen?
Grobbewertung ^ Synergien, bewertete „short-lisf, Kaufpreis
1 Welche operativen und strategischen ! ziele sollen wann und i wie erreicht werden?
Organisatorische Eckdaten Startorganisation
•
TT_T_. Verhandlungen
Was ist zu tun, um die Ziele des Mergers zu • erreichen?
Steuerung Zielerreichung, i 1 „100 Tage Plan". „Herunterbrechen" der !: Zlelvorgaben, erste 1 personelle EntscheiZiele auf operative 1 düngen, Priorisierung ; Ebenen, Ausarbeitung i Teitaufgaben, Start' und Umsetzung der Maß1 und Zielorganisation. 1 nahmen in BUs und 1 Kommunikationsplan Funktionalbereichen. ! Kommunikation und { Change Management
Due Dilligences
Ansprache
"Integration & ^^rfotgskonlfolle
MOU
T
„Closlng"
Übernahme Verantwortung
Zlelorganisation
..
•
Abschluss Integration
1-2 Jahre
Abb. 2. Merger-Prozess: Differenzierte Perspektive Die Praxis zeigt, dass die Steuerung des Management-Prozesses vom Unternehmen in Abstimmung mit dem Unternehmensberater, die des Transaktionsprozesses in Abstimmung mit den Investmentbankern erfolgen sollte. Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass die Aufgaben der jeweiligen Teilprozesse auch von den unterschiedlichen internen oder externen Spezialisten getrennt voneinander durchgeführt werden. Die Vermischung der Aufgaben - mit oder ohne Beratereinsatz - mag aufgrund der leichteren Steuerungsmöglichkeiten und der im Regelfall sehr hohen Methodenkompetenz der Beteiligten zunächst sehr effizient erscheinen, birgt aber erhebliche Risiken: So sind alle Berater, die am Zustandekommen der Transaktion beteiligt sind, eher geneigt, Chancen etwas höher zu bewerten und Risiken zu unterschätzen.
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Die Integrationsplanung, die kurz nach dem Vertragabschluss, dem „Closing", beendet sein sollte, umfasst einen detaillierten Plan für die wichtigsten Aktionen in den ersten 100 Tagen. Sie präzisiert die Zielvorgaben und priorisiert die anzugehenden Teilaufgaben. Während dieser Phase sollten die Startorganisation ausgearbeitet werden und die wichtigsten personellen Entscheidungen zur Besetzung der Schlüsselpositionen fallen. Ebenso ist ein Kommunikationskonzept für alle „Stakeholder" vom Aktionär bis zum Mitarbeiter auszuarbeiten, um eine schnelle (Neu-)Ausrichtung zu gewährleisten. Die parallel einsetzende Phase der Integration & Erfolgskontrolle, in deren Verlauf die avisierten Ziele zunächst schrittweise geplant und dann umgesetzt werden, erstreckt sich bei einem größeren Merger über ein bis zwei Jahre. Die Vielfalt der hier beschriebenen Aufgaben verdeutlicht die Vorteile des Beratereinsatzes. Der entscheidende Vorteil liegt allerdings in der Nutzung der Integrationserfahrung der Unternehmensberater. In diesem Punkt muss sichergestellt werden, dass weder das Top-Management des Unternehmens noch die operativ Verantwortlichen mit den Problemen des Mergers so stark beschäftigt sind, dass zu wenig Zeit für Kunden und Mitarbeiter bleibt. Integration und Strategieumsetzung müssen trotzdem vorangetrieben werden. Erfahrene Unternehmensberatungen verfügen deshalb über die entsprechenden Erfahrungswerte und über „Tools" zur Erfolgkontrolle. Ein Beispiel dafür ist ein „Program-Office", das jederzeit den sachlichen Implementierungstand und die bilanziellen Auswirkungen einzelner Aktionen transparent machen kann und im Falle von Fehlentwicklungen ein schnelles und zielgerichtetes Gegensteuern bei dem jeweils verantwortlichen Manager auf Arbeitsebene erlaubt.
Interessenabgleich und Einbindung der Prozessbeteiiigten Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist die schnelle Synchronisation des Denkens und Handelns aller betroffenen Mitarbeiter, insbesondere der Führungskräfte. Da Synergien oft auf Personalkosteneinsparungen beruhen, und die Anzahl der Führungspositionen sich meistens verringert, entsteht in vielen Fällen hier ein Spannungsfeld. Die Folge sind dysfunktionales Verhalten der Betroffenen und eine daraus resultierende Gefährdung der Unternehmensziele. Dieses oft irrationale Verhalten kann erfahrungsgemäß weder durch Appelle an die Vernunft noch durch Geld bzw. die Ankündigung eines Retention-Programmes oder Sozialplanes verhindert werden.
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Die Unternehmensleitung steht in solchen Phasen oft vor dem Problem, die Motivation der Mitarbeiter zu erhalten, um z.B. die Qualität des Kundenservices oder der Produktionsprozesse zu garantieren. Zusätzlich sind noch eine Vielzahl von operativen Integrationsaufgaben, so z.B. Umstellungen im Rechnungswesen, Einkauf oder der Personalabteilung zu leisten, die ohne die Einbindung der o.a. Personen nicht schnell und kostengünstig durchgeführt werden können. Der „Gordische Knoten" kann nur dann zerschlagen werden, wenn es dem Unternehmen gelingt, eine glaubwürdige, auf realistischen Annahmen beruhende Wachstums- oder Optimierungsstrategie zu kommunizieren, die prinzipiell Chancen für alle Mitarbeiter und Führungskräfte eröffnet. Gleichzeitig muss diese Strategie mit konkreten Zielen und Aufgaben für einzelne Abteilungen und für die integrationsspezifischen Aktionsfelder unterlegt werden, was einen entsprechenden Vorbereitungsaufwand erfordert. In der Praxis hat sich der Einsatz von Untemehmensberatern in diesem Feld sehr bewährt. Hier entwickelt die Versachlichung der Aufgabenstellung verbunden mit Verkörperung der Neutralität durchweg positive Effekte auf die betroffenen Personen. Der Aufgabensteller steht hier, im Gegensatz zur Durchführung durch „Interne", in keinem Konkurrenzverhältnis zu den durchführenden Personen. Der so erzielte Abbau von Reibungsverlusten trägt gerade in den ersten Wochen nach dem Merger erheblich dazu bei, dass unerwünschte Effekte wie Kunden-, Umsatz-, oder Mitarbeiterverluste minimiert werden. So amortisieren sich die Kosten für die Begleitung durch eine Unternehmensberatung schnell. Zusätzlich werden dem Unternehmen viele personelle Optionen möglichst lange offen gehalten.
Anwendung der differenzierten Perspektive am Beispiel eines IVIergers in der Telekommunikationsindustrie Ein sehr erfolgreiches Praxisbeispiel für die Anwendung einer differenzierten Perspektive war der Merger zwischen zwei Mobilfunkunternehmen zur Jahrtausendwende. Der Management-Prozess hat mit der Erstellung einer Wertsteigerungsstrategie vor dem Start der Unternehmensübernahme begonnen; nach dem Abschluss der Übernahme wurde eine erneute Strategieüberprüfung eingeleitet. Bereits vor dem Abschluss der Verhandlungen lag ein konkreter „HighLevel-Integrationsplan" vor, in dem das Synergiepotential quantifiziert und die organisatorischen Eckpunkte für das zu übernehmende Untemeh-
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men festgelegt wurden. Ebenso erfolgte schon eine konkrete Planung für die Besetzung von Schlüsselpositionen. Nach Maßgabe der vor der Übernahme beschlossenen Strategie wurden sofort nach der Übernahme alle Nicht-Telekommunikations-Aktivitäten abgetrennt, die Hauptverwaltung aufgeteilt und dafür Käufer gesucht und geftinden. Basierend auf den Ergebnissen der nachfolgenden Strategieüberprüfung, die eine Fokussierung auf das Anbieten von Mobilfunkdiensten empfahl, wurde eine neue Organisation ausgearbeitet und mit Zielvorgaben für die operativ verantwortlichen Manager unterlegt. Der Einsatz der Unternehmensberater erfolgte vollkommen unabhängig von dem Einsatz der Investmentbanker, die sich zusammen mit Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ausschließlich mit der Durchführung der Transaktion und den damit verbundenen wirtschaftlichen und technischen Fragestellungen befassten. Sofort nach der Unterzeichnung des MoU wurde ein im zweiwöchigen Rhythmus tagendes „Merger Integration Steering Commitee" (MISC) geschaffen. Das MISC bestand aus den wichtigsten Vorständen der beiden Unternehmen und wurde vom Vorstandsvorsitzenden des Übernehmers geleitet. Der Vorsitzende des MISC beauftragte ein Beraterteam für die Durchführung der notwendigen operativen Tätigkeiten wie etwa das Agenda-Management. Die erste Aufgabe bestand in der Aufstellung der einzelnen MISC-Agenda-Punkte. Die Agenda hatte sicherzustellen, dass die Vorstände aus beiden Unternehmen an den wirklichen erfolgskritischen Punkten sofort umsetzbare Entscheidungen treffen konnten. Dazu hatten die verantwortlichen Manager zu dem jeweiligen Punkt auf der Agenda Bericht zu erstatten und Entscheidungsvorschläge zu unterbreiten. Weitere Aufgabe der Berater war es, die Qualitätskontrolle der Berichte durchzuführen sowie letztendlich den Integrationsfortschritt in allen kritischen Bereichen zu überwachen. Zusätzlich wurde das Beraterteam mit der Ausarbeitung von Sonderanalysen beauftragt, so z.B. der Verifizierung der Synergiepotentiale in ihrer Höhe und der Zuordnung zu operativen Verantwortungsbereichen oder der Dimensionierung der neuen Hauptverwaltung. Das Beraterteam stand bereits zwei Wochen vor der ersten MISCSitzung bereit. Bei einer Merger-Agenda von rund 20 Tagesordnungspunkten (aus einigen 100 potentiellen Kontrollpunkten) pro Sitzung lassen sich die Wertbeiträge abschätzen, die durch professionelle und neutrale Berater erzielt werden können, die mit den Gepflogenheiten des übernommenen Unternehmens vertraut sind.
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Fazit Bei einer Unternehmensübernahme oder einem Untemehmenszusammenschluss ist zwischen zwei grundsätzlichen Aufgabenblöcken zu unterscheiden: Den, für eine relativ kurze Zeit notwendigen, Transaktionsaufgaben und den, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden, Integrationsaufgaben. Die Aufgabenblöcke sind von den Kemanforderungen her sehr unterschiedlich: Die Transaktionsaufgaben erfordern dabei ebenso wie die Integrationsaufgaben Expertenwissen. Dieses Expertenwissen ist zu großen Teilen erfahrungsgetrieben und lässt sich nur über die Begleitung von mehreren Mergern aufbauen. Die Unterschiedlichkeit der Aufgabenblöcke und die divergente Interessenlage verbieten einen Beratereinsatz nach dem Prinzip der Verfügbarkeit. Dies bedeutet, dass Unternehmensberater in den durch Rechtsnormen nicht regulierten Bereichen nicht anstelle von Wirtschaftsprüfern und Investmentbankern eingesetzt werden können und vice versa. Integrationserfahrene Unternehmensberater können in jeder Phase von Übernahmen und Zusammenschlüssen durch Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, die sich auch durch eine entsprechende - vom „Deal" unabhängige Erfolgshonorierung untermauern lässt - wertvolle Beiträge zum wirtschaftlichen Erfolg leisten. Der Erfolg eines Beratereinsatzes, der sich an den wirtschaftlichen Zielen des Mergers orientiert, ist genau messbar. Im Gegensatz zu den meisten anderen Beratern im Merger-Prozess gibt es beim Einsatz von Unternehmensberatern keine unterschiedlichen Interessenlagen zwischen Berater und Auftraggeber. Dies gibt Raum für unternehmerische Gestaltung. Beim Vorhandensein einer tragfähigen Strategie, weniger komplexen Strukturen bei Untemehmensübernahmen und der Präsenz von MergerExperten in dem übernehmenden Unternehmen, erscheint der eher punktuelle Einsatz von Untemehmensberatern insbesondere unter Kostenaspekten als ausreichend. Bei komplexen Untemehmensübernahmen oder -Zusammenschlüssen, bei denen schnell Beträge von mehr als 500 Mio. Euro „im Risiko" stehen und hohe Transaktionskosten schon vor Involvierung von Investmentbankern anfallen, sollten erfahrene Unternehmensberater engagiert werden, um die geplanten und kommunizierten wirtschaftliche Erfolge sicher zu erreichen.
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Literatur Bowers HM, Miller RE (1990) Choice of Investment Banker and Shareholder's Wealth of Firms involved in Acquisitions. In: Financial Management, 4/1990, S. 34-44. Lucks K, Meckl R (2002) Internationale Mergers & Acquisitions: Der prozeßorientierte Ansatz. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg. Vogel DH (2002) M & A - Ideal und Wirklichkeit. Gabler Verlag, Wiesbaden, S. 198.
Werte schaffen - das Ziel bestimmt den Weg Stefan Heppelmann Gerhard Nenning
Einleitung Das Unternehmen steht kurz vor der Insolvenz, das Management wurde neu besetzt, und die das Unternehmen begleitende Beratung empfiehlt sich nun nach der Wachstumsstrategie beim neuen Käufer mit einem Sanierungskonzept. Liegt es an der Strategie der Unternehmensberatung, hat das Management die Vorschläge der Berater einfach ignoriert, oder hat das Unternehmen das Konzept nur nicht richtig umgesetzt? Für Mitarbeiter, Gläubiger und nicht zuletzt die alten und neuen Eigentümer muss dieser Versuch der Vergangenheitsbewältigung in einer solchen Situation zynisch anmuten. Zwangsläufig steht dabei das Top-Management des Unternehmens im Zentrum der Kritik. Aber auch die Beratung darf sich ihrer Mitverantwortung in dieser Situation nicht entziehen. Aus unserer Sicht müssen an die Arbeit der Beratung zwei Forderungen gerichtet sein: Erstens, sie muss ihren Namen verdienen, d.h. die Beratung darf sich nicht auf die Entwicklung des Konzeptes beschränken, sondern sie muss auch den Nachweis für dessen Implementierbarkeit erbringen. Zweitens, sie muss ihr Geld wert sein. Mit anderen Worten, die Wertsteigerung als oberstes Unternehmensziel muss auch das Handeln der Beratung bestimmen. Gehen wir also zunächst der Frage nach, was getan werden muss, damit eine Beratungsleistung ihr Geld wert ist. Anschließend stellen wir dar, was eine gute Beratungsleistung aus unserer Sicht ausmacht.
Wann ist Beratung ihr Geld wert? Die Forderung nach Transparenz über den Wert der erbrachten Leistung scheint selbstverständlich - und wird doch nur in seltenen Fällen bedacht. Das Dilemma ist häufig bereits in der inkonsistenten Zielsetzung des Unternehmens begründet: Während die operative Performance häufig über Gewinngrößen gemessen wird, werden Investitionen nach Renditen beurteilt. Interne Bewertungsmodelle, z.B. im Akquisitionsprozess orientieren
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Stefan Heppelmann, Gerhard Nenning
sich an zukünftig generierten Free-Cash-Flows. Letztlich lässt sich durch Wahl des geeigneten Maßstabs fiir „Erfolg" das Ergebnis einer jeden Beratungsleistung positiv darstellen. Aus unserer Sicht ist Beratung indes nur ihr Geld wert, wenn Sie auch den Wert des Kundenunternehmens steigert. Wertsteigerung heißt, dass sich jede Investition rechnen muss. Roberto Goizueta, einstiger Vorstandsvorsitzender von Coca Cola, einer der ersten Kunden von Stern Stewart & Co., formulierte es einmal so: „Sie werden nur dann reicher, wenn Sie Geld so investieren, dass Sie dafür mehr bekommen als Sie selbst dafür bezahlen müssen." Das gilt für einen Mehrwert gegenüber den Kosten des Engagements der Beratung ebenso wie für alle damit zusammenhängenden Investitionen. Als Maßgröße für die Messung dieses Mehrwerts hat sich international der Economic Value Added (EVA®), ein Markenzeichen von Stern Stewart & Co., als Standard durchgesetzt. Der EVA ist so entwickelt, dass er sich aus den vorhandenen Daten des Rechnungswesens und Controllings ableiten lässt. EVA ist kein fmanztechnisches, theoretisches Konstrukt, sondern eine Messgröße mit hoher Relevanz für operative Manager. Denn jede Wertsteigerung lässt sich auf die Veränderung mindestens eines der operativen Werthebel, genannt Werttreiber, zurückführen. So verschieden Märkte und Geschäftsmodelle sein können, so verschieden sind auch die Werthebel, die letztlich zu einer nachhaltigen Steigerung des Untemehmenswerts führen. Daher gilt es, dass Berater und Kunde gemeinsam die Werthebel identifizieren und Wege entwickeln, wie diese im Sinne der Steigerung des Untemehmenswertes verbessert werden können. Nach über 400 Wertsteigerungsprogrammen weltweit hat Stern Stewart & Co. als Pionier des Wertmanagements in nahezu jeder Branche und in nahezu jedem Marktumfeld zu mehr Klarheit über diese Ansatzpunkte beigetragen. Wertschaffung durch den Kunden als Maßstab für den Beratungserfolg Wertschaffung muss dabei auch als Maßstab für den Beratungserfolg gelten. Erfolgsabhängige Honorare, die sich an den erreichten Meilensteinen und der tatsächlich erzielten Wertsteigerung orientieren, stellen sicher, dass die Berater die Wertsteigerung ihrer Kunden im Fokus haben. Diese können verschiedenste Ausgestaltungsmöglichkeiten annehmen: Honorarleistungen bei der Erreichung von Meilensteinen, Tagessätze in Abhängigkeit von einer ex-post festgestellten nachhaltigen EVA Verbesserung oder gar Vergütung in Aktien. Diese Erfolge lassen sich nicht nur quantifizieren, über sie wird gelegentlich auch öffentlich berichtet: „Der weltweit viertgrößte Hersteller [Bosch und Siemens Haushaltsgeräte] ... hatte schon
Werte schaffen - das Ziel bestimmt den Weg
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2001 massiv gespart: insgesamt 350 Mio. Euro. Dadurch konnte das Unternehmen trotz eines Umsatzminus von drei Prozent sein operatives Ergebnis um gut 47 Prozent auf knapp 460 Mio. Euro steigern. Erstaunlich: Finanzchef Wolfgang Colberg wollte keine größeren Posten nennen, mit denen er die hohe Sparsumme erreicht hatte. Als Begründung nannte er lediglich, dass BSH seit dem Vorjahr nach dem Prinzip des Geschäftswertbeitrags geführt werde, dem so genannten Economic Value Added."^ Die Ansatzpunkte für Wertsteigerung sind mannigfaltig Natürlich gibt es kein „Kochbuch", nach dem alle Unternehmen in jeder Situation Wert steigern können. Wichtig ist jedoch, dass immer das Ziel der Wertsteigerung im Vordergrund steht. Ansatzpunkte zur Wertssteigerung finden sich zum ersten in der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens. Denn nur wenn sich die Strategie konsequent an den Wertpotenzialen orientiert und berücksichtigt, inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, diese Potenziale auch zu heben, kann die Umsetzung der Strategie zu mehr Wert für die Aktionäre führen. Strategieprojekte, in denen dieses Vorgehen nicht gewählt wird, produzieren Wert eher auf Zufallsbasis. Ein weiterer Ansatzpunkt ist in der Organisationsarchitektur zu finden. Sie ist weitaus mehr, als eine hierarchische Ansammlung von Kästen und Pfeilen auf einem Organigramm oder eine Zuordnung von Ressourcen zu Arbeitsschritten im Rahmen eines Prozessplans. Sie ist vielmehr als eine Plattform für Wert steigernde Entscheidungen zu verstehen, die die verschiedenen Aufgaben, Menschen und Technologien sinnvoll miteinander verknüpft. Insofern sind Organisationsprojekte vor allem dann Wert schaffend, wenn sie die Beziehung von Entscheidung und Verantwortung stärken. Denn nur so ist aus dem System Organisation heraus sichergestellt, dass Wert schaffende Entscheidungen auch getroffen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Organisationen die Verantwortung für die investierten Mittel über den Wertschöpfungsprozess sicherstellen. Auch in der Unternehmenssteuerung, dem Führungs- oder Managementsystem des Unternehmens, finden sich Ansatzpunkte für Wertsteigerung. Denn nur, wenn in dieser durchgängig die Wertsteigerung im Auge behalten wird, zeigt die Steuerung in die richtige Richtung. Dass dies auch Risikomanagement umfasst ist selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass die erfolgreiche Realisierung von Wertpotenzialen zumeist auch gleichzeitig die größten Risiken birgt. FTD vom 5.6.2002
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Geschäftsumfeld Technologien -F&E - Konstruktion / Produktion - Informationssysteme
Märkte - Kunden - Zulieferer - Wettbewerber
Reguiarien - Auflagen / Kartellrecht - Steuerrecht - Internationales Umfeld
Strategie Entscheidung für eine Unternehmens- oder Geschäftsfeldstrategie Kapitalstruktur und Venwendung des Kapitals Marketingstrategie und Vertriebskanäle
Organisationsarchitektur • Zuordnung von Entscheidungsbefugnissen - Zuordnung von Verantwortlichkeiten • Zuweisung von Ergebnis und Kapital auf einzelne Center
Wertsteigerndes Management - Vorgabe von Wertsteigerungszielen (strategische Planung) - Investitions- / Akquistionsentscheidungen - Performance-Messung - Anbindung von Incentives / Belohnungen
Unternehmenswert Abb. 1. Einflussfaktoren auf den Unternehmens wert Aus der Vielzahl der Möglichkeiten für Wertschaffung sollen im Folgenden drei typische Projekte vorgestellt werden, in denen konsequent das Ziel zum Weg gemacht wurde. Bewertung strategischer Optionen für ein Industrieunternehmen Ein Unternehmen im Öl- und Gasgeschäft prüft eine Diversifikation in den Konstruktions- und Infrastrukturbereich. Aufgrund eines vorhandenen spezifischen Know-Hows in der Erschließung und Betreibung von Ressourcen im off-shore Bereich wird erwogen, das Know How auch on-shore zu vermarkten. Intensiv wird der Bereich analysiert, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Zwei Fragen gilt es zu beantworten: Welche Wertbeiträge sind mittelfristig im neuen Geschäftsfeld zu erwarten und
Werte schaffen - das Ziel bestimmt den Weg
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wie ist das Unternehmen aufgestellt, um gegenüber dem Wettbewerb zu bestehen? Mögliche Projekte werden nun durchgespielt und hinsichtlich der beiden Fragen untersucht.
CO N C
ü O
Selektiver Aufbau / Verkauf
Wachstumsinvestitionen
(D
Abbau / Verkauf
Effizienzsteigerung
(D O
niedrig hoch Realisierungskompetenz Abb. 2. Analyserahmen für Projekte Es wird deutlich, dass das Unternehmen zwar über die Techniken verfügt, aber die fehlende Erfahrung in diesem weiteren potenziellen Geschäftsbereich ein hohes Risiko darstellt. Die Mitarbeiterqualifikation müsste beträchtlich erweitert werden und signifikante Investitionen in den Maschinenpark getätigt werden. Darüber hinaus ist die Marke im Konstruktions- und Infrastrukturgeschäft noch nicht entwickelt. Eine Bewertung der zukünftigen Kosten, Erlöse und Verzinsungserwartungen vor dem Hintergrund verschiedener Optionen und deren Wahrscheinlichkeiten bringt die Entscheidung: Die Diversifikation wird als Strategie mit negativem Wertbeitrag identifiziert. Das Gegenteil indes erweist sich als wertschaffend: Der Verkauf der eigenen Technologie an einen on-shore Marktteilnehmer zu einer Prämie. Von der Funktional- zur Spartenorganisation im IHealthcare Sektor Ein Unternehmen aus dem Healthcare Sektor erwirtschaftet nach einer Phase starken Wachstums nur einen ungenügenden Wertbeitrag. Das Prob-
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lern: Durch ein funktional geprägtes Bereichsdenken wurde der Aufbau von Ressourcen in allen Bereichen gefördert ohne eine durchgängige Prozessverantwortung von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb zu gewährleisten. Obwohl in der Entwicklung indirekt rund die Hälfte der Kosten vorgegeben werden, wird mit dieser Entscheidung keine Verantwortung über den tatsächlichen Erfolg und den Kundennutzen übernommen. Das Ergebnis: Ein großes Produktsortiment mit einer Vielzahl Artikel ohne dominante Marktstellung, Mit der Strukturierung nach Sparten wird eine übergreifende Verantwortung von der Entwicklung bis zur Vermarktung eines Produkts hergestellt. Die tatsächlichen Wertbeiträge über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes werden erhoben und dem Potenzial gegenübergestellt. Auf Basis einer Portfoliobeurteilung erfolgt die Fokussierung des Produktspektrums auf profitable Wachstumsbereiche. Die restlichen Geschäftsfelder werden restrukturiert oder abgebaut. Die nun den Produktbereichen untergeordneten Funktionen werden anhand einer wertorientierten Portfoliostrategie ausgerichtet. Durch die bessere Bedienung der Marktanforderungen werden aus der organisatorischen Neuausrichtung eine höhere Kundenzufriedenheit, höhere Absatzzahlen und nicht zuletzt steigende Wertbeiträge erzielt. Neue Impulse für einen Handelskonzern durch eine wertorientierte Geschäftssteuerung Die operative Steuerung im Handel erfolgt traditionell auf der Basis von Umsatz, operativem Ergebnis und Umsatzrendite. Mit der Einführung einer wertorientierten Performancemessung in allen Supermärkten und Warenhäusern wird innerhalb des Konzerns bewusst mit dieser Tradition gebrochen. Es gilt, in der margenschwachen Branche, Entscheidungen wieder verstärkt nach unternehmerischen Gesichtspunkten beurteilen zu können. Viele heilige Kühe kommen unter das Messer. „Strategische" Vorzeigefilialen werden nunmehr streng nach Wertbeitragsgesichtspunkten beurteilt. Sonderaktionen, bislang aufgrund des zusätzlichen Umsatzbeitrags für erfolgreich befunden, werden erstmalig mit Kosten für die zusätzliche Ware und zusätzliche Regalflächen belastet. Der Erfolg der Aktionen stellt sich damit aus Wertgesichtspunkten weitaus differenzierter dar. Erst ein signifikanter Mehrverkauf in anderen Abteilungen kann die Aktion rechtfertigen. Auch Investitionsentscheidungen werden überdacht. Da Kapital bislang „nichts kostete", war es Usus, Einkaufswagen alle paar Jahre durch neue Modelle zu ersetzen. Eine Sanierung der benutzten Wagen z.B. durch
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Neubeschichtung war im Vergleich dazu unattraktiv. Aus unternehmerischer Sicht macht eine Neuanschaffung jedoch erst dann Sinn, wenn die Unterhaltungs- und Sanierungskosten die Kapitalkosten der Neuinvestition übersteigen.
Wann verdient Beratung ihren Namen? Immer wieder haben Beratungsprojekte eine Alibi-Funktion. So genannte Experten werden beschäftigt, Meinungen einzuholen und durch weitere „Analysen" zu fundieren, die ohnehin schon zuvor feststanden. Sehr häufig entstehen hieraus schöne Präsentationen, seltener jedoch Wert für die Eigentümer. Eine empirische Studie des Institute of Management and Consulting Sciences hat den gegenteiligen Beratungsansatz bestätigt: Erst mit der Umsetzung kommt der Erfolg, oder wie die FTD formulierte: „Die Kunden begnügen sich nicht mehr mit abstrakten Strategiepapieren, sondern pochen darauf, dass die Consultants ihre Verbesserungsvorschläge im operativen Geschäft umsetzen."^ Als wichtigste Unterkriterien dieser Umsetzbarkeit, die sich zunehmend auch in der Beraterauswahl niederschlagen, sehen demnach deutsche Manager die Methodenkompetenz, die Kommunikationsfähigkeit, die Teamfähigkeit sowie die Vermittlung von KnowHow. Verankerung von Wertmanagement
Roil-Out
Mobilisierung - Teamwork - Identifikation - Aufbruchstimmung
(I) Kommunikation
Fähigkeiten - Entscheidungen - Geschäftsverständnis - Problemlösungen
(II) Training (111)11 (IV) Vergütung
Ausrichtung - EVA im Fokus - Steuerung der Einflussgrößen - Transparentes Reporting
Abb. 3. Wertmanagement im Projektkontext So weit zur Theorie. Branchenstudien zufolge werden nur rund ein Drittel aller Projekte auch tatsächlich in den Unternehmensalltag transferiert. 2 FTD vom 6.2.2003
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Damit also der Wert nicht nur auf dem Papier geschaffen wird, sollte die Umsetzung der Ideen von Anfang einen hohen Stellenwert im Rahmen des Projektes einnehmen. Verständnis schaffen für Wertsteigerung Die Information und Motivation der Mitarbeiter haben bei der Umsetzungsbegleitung einen hohen Stellenwert. Aus Unwissen können Ängste entstehen und beides führt eher zu einer Ablehnung denn zu einer konstruktiven und auf Wertsteigerung fokussierten Unternehmenskultur. Daher sollte bereits während der Projektphase durch gezielte und offene Kommunikation Vertrauen in und Unterstützung für das Projekt geschaffen werden. Über Intranet, Newsletter, oder Artikel in der Mitarbeiterzeitschrift lassen sich die gewählte Vorgehensweise, erzielte Projektfortschritte oder auch „Success stories" zielgruppengerecht vermitteln. Wichtig ist eine einheitliche Botschaft: dieses Projekt kann Wert nur schaffen, wenn die beteiligten Mitarbeiter an einem Strang ziehen! In einem nächsten Schritt geht es darum, das Konzept zu verankern. Mitarbeiter müssen verstehen, wie Wert geschaffen wird und welches die Hebel hierzu sind. Mit Train-the-trainer Formaten lassen sich in kurzer Zeit eine große Anzahl Mitarbeiter effizient erreichen. Werden ergänzend modernere Lerninstrumente wie interaktive E-learning Programme oder Planspiele eingesetzt, lässt sich das erarbeitete Wissen leicht vertiefen und dauerhaft verankern. Im letzten Umsetzungs- und Lernschritt geht es darum, dass Mitarbeiter das neue Know-How in konkreten Situationen zur Anwendung bringen. Ein verbreitetes Lernmittel sind hierbei Fallstudien, und bereits erfolgreich umgesetzte Success-Stories liefern hierfür den besten Stoff. Denn sie zeigen konkret auf, mit welchen Mitteln andernorts bereits Wertsteigerung erfolgte. Ein probates Mittel, diesen Wissensaustausch über ein Lernumfeld hinaus zu institutionalisieren findet sich beispielsweise in der Etablierung von Diskussionsforen zum Best-Practice Austausch im Intranet. Zudem werden oft Standard-Entscheidungssituationen modelliert und in Tools zur Entscheidungsunterstützung gefasst. Am Weitesten verbreitet sind Werttreibermodelle, die die Auswirkung von Verbesserungen eines Werthebels auf den EVA quantifizieren. Noch konkreter sind maßgeschneiderte Entscheidungstools: So kann beispielsweise ein Einkaufskonditionen-Tool in Preisverhandlungen dabei helfen, harte Vertragskonditionen wie Preis und Skonto und weichere Faktoren wie Lieferhäufigkeit und Reaktionszeit in ihrem Einfluss auf die Wertsteigerung gegeneinander abzuwägen.
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Im Unternehmen bereits die richtigen Anreize für Wertsteigerung schaffen Doch alle Information und alles Wissen hilft wenig, wenn die Anreizsysteme eines Unternehmens keine oder sogar falsche Signale setzen. Dies beginnt bereits mit der Frage des Maßstabs: EBIT- oder gar EBITDAZiele setzen ein Signal, dass Kapital kostenlos sei und fördern daher keine Wert steigernde Entscheidungskultur. Auch Rendite-Ziele (%) anstelle von absoluten Zielen (€) setzen Fehlimpulse, da sie den Werthebel profitables Wachstum zu stark einschränken. Und auch eine Budget-zu-IST Messung statt der tatsächlichen IST-zu-IST Verbesserung als Grundlage des Anreizes bringt erfahrungsgemäß einen hohen Verhandlungsdruck in die Budgetverhandlungen. Hierdurch werden Unternehmen im Spiel von Druck und Gegendruck gelähmt, statt kooperativ die Koordinationsfunktion des Budgetierungsprozesses für eine Abstimmung über Wert schaffende Aktionen im Folgejahr zu nutzen. Nicht zuletzt setzt auch das Vergütungssystem häufig einen Anreizimpuls, der Wertsteigerung behindert. Beispielsweise haben Aktienoptionen in den letzten zehn Jahren weltweit eine rasante Verbreitung in der Managementvergütung gefunden, da man sich von ihnen eine stärkere Orientierung des Managements am Unternehmens wert erhoffte. Doch in der Realität blieben die gewünschten positiven Effekte aus. Die Problematik ist kein Einzelfall, sondern liegt immanent im Vergütungsinstrument begründet. Aktienoptionen provozieren eine kontraproduktive Anreizwirkung: Einerseits profitiert bei steigenden Kursen der Optionshalter überproportional. Andererseits geht für die Beteiligten der Anreizeffekt verloren sobald absehbar ist, dass die Aktie den Ausübungspreis der Option bei Fälligkeit nicht mehr erreicht. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist damit das Vergütungsmodell nicht nur wirkungslos, sondern sogar kontraproduktiv: Denn es provoziert im Bereich, wo es um ,Alles-oder-Nichts' geht, übermäßig riskantes Verhalten - ein gefährlicher Effekt, der sich noch verstärkt, wenn z.B. durch Indexierung der Ausübungskurs kontinuierlich ansteigt. Und auch die traditionelle variable Vergütung ist voll von Fehlanreizen. In der Regel ist die Tantieme an die Erreichung eines Budgetwertes geknüpft. Welchen Anreiz haben hier Führungskräfte, sich ein ambitioniertes Ziel zu setzen? Massive Budgetverhandlungen sind also an der Tagesordnung. Scheint daneben der Zielwert unerreichbar, so setzt ein Anreiz ein, aus einem schlechten Jahr ein „big bath" zu machen, in dem alle Altlasten abgeschüttelt werden, um sich für die Zukunft eine bessere Ausgangslage zu verschaffen. Ist der Zielwert, bis zu dem ein Maximalbonus gewährt wird bereits deutlich überschritten, besteht kein Anreiz, noch weiteres
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Wertsteigerungspotenzial zu realisieren, sondern dieses stattdessen für das nächste Jahr als Puffer zu „bunkern". Wenn Führungskräfte dann aus Lauterkeit weder dem einen, noch dem anderen Anreiz folgen, stellen sie durch ihr richtiges Handeln geradezu den Sinn und die Zielrichtung eines Anreizsystems auf den Kopf! Dem sollte ein Anreizsystem entgegengesetzt werden, das die Wertschaffung fördert - Euro fiir Euro und unabhängig von Verhandlungen oder Zielerreichungsgraden. Letztlich müssen sich alle wichtigen Entscheidungen zur Wertschaffung, sei es mit kurz-, mittel- oder langfristigem Horizont, in der Vergütung niederschlagen. Entscheidend ist die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit des Bonus. Nur so können unternehmerische Entscheidungen unter Berücksichtigung des Risikos gefördert werden. Die Auswirkungen eines solchen Anreizsystems auf eine unternehmerische Leistungskultur sind unschätzbar. Die Metro formulierte dies in ihrer Bilanzpressekonferenz 2002 wie folgt: „Inzwischen werden mehr als 20.000 Führungskräfte im Metro-Konzern in ihren variablen Bezügen auf der Basis ihres erzielten EVA vergütet. Dies hat zu einer spürbaren Entwicklung des unternehmerischen Geistes geführt." Und auch die Analysten des Hauses Merrill Lynch beziehen diese positive Veränderung im Dezember 2002 konkret mit in ihre Bewertung ein: „Das gesamte Jahr über haben wir bekräftigt, dass die nach 1999 eingeführte Management Kultur, die nach EVA motiviert und vergütet, die Metro zum Besseren verändert. [...] Aus unserer Sicht ist Metro aktuell die attraktivste unserer Kaufempfehlungen."
Fazit Eine Beratung, die mit der Umsetzung ihrer Lösungen und Konzepte ftir eine Wertsteigerung beim Kunden sorgt, ist ihr Geld wert. Diese tatsächlich erreichte Wertsteigerung sollte auch als Maßstab ihres Erfolgs herangezogen werden. Beratungsprojekten stehen zum Erreichen dieses Erfolgs eine Vielzahl von Ansatzpunkten im Geschäftsumfeld und der Strategie, der Organisation sowie der Unternehmenssteuerung zur Verfügung, solange das Ziel Wertsteigerung nicht aus den Augen verloren wird. Unabdingbare Voraussetzung ist, dass Kunde und Berater Hand in Hand die Lösung erarbeiten und ihre spezifischen Kenntnisse einbringen. Neben dem Methodentransfer durch den Berater ist es vor allem seine Umsetzungserfahrung, die dazu führt, dass die Beratungsleistung auch tatsächlich in der Untemehmenspraxis überführt werden kann. Letztlich muss der Kunde nach Projektabschluss im Stande sein, selbstständig mit der Lösung
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zu arbeiten. Dazu muss einer dauerhaften und nachhaltigen Lösung durch Information, Trainings und Anwendungshilfe der Boden bereitet werden. Zudem sind die Anreizsysteme so zu gestalten, dass Wertsteigerung nicht verhindert, sondern gefördert wird.
Creating Impact - Ansätze zur Erzielung nachhaltiger Ergebnisse bei Beratungsprojekten Thomas Kipp
Einleitung Nur gut die Hälfte von 140 befi'agten Vorständen und Geschäftsfiihrern beurteilten kürzlich in einer Untersuchung die von ihnen in der Vergangenheit in Auftrag gegebenen Beratungsprojekte als mindestens "überwiegend erfolgreich" (D. Fink in: Capital 4/2003, S. 32). Diese Quote von knapp über 50 Prozent beschert Beratungsprojekten zwar immer noch eine höhere Erft)lgsrate als M&A Projekten (Mergers and Acquisitions), kann aber trotzdem kein zufi*ieden stellendes Ergebnis sein. Die Gründe, warum viele Projekte keinen Wert schaffen, sind vielfältig. Manchmal greifen Projekte von vornherein an der falschen Stelle an oder beziehen menschliche Gegebenheiten in dem Unternehmen nicht in die Lösungsfmdung mit ein. Häufig fehlt dem Unternehmen der Wille oder die Möglichkeit, das Beschlossene auch einzuführen: die Umsetzung findet schlicht nicht statt. Oft gibt es aber auch einen Umsetzungsprozess, und das Ergebnis ist trotzdem nicht überzeugend. Sei es, dass erarbeitete Konzepte bei der Umsetzung „verwässert" werden müssen um in die Wirklichkeit zu passen, sei es, dass Widerstände unter den Mitarbeitern eine vollständige Einführung verhindern, sei es aber auch, dass die erarbeiteten Konzepte die wirklichen Ursachen für ein richtig erkanntes Problem nicht angehen. Diese Probleme lassen sich jedoch auf einige wenige grundlegende Themenbereiche zurückführen, die aktiv gesteuert werden müssen (vgl. Abbildung 1). Dadurch kann der „Impact" eines Beratungsprojektes, also die durch das Projekt erzielte nachhaltige und wertschöpfende (Verhaltens-, Prozess-, Strategie-, etc.) Veränderung, entscheidend gesteigert werden. Zum einen „geschieht" Impact sowohl in Überlegungen, Vorbereitungen und Entscheidungen während des Projektvorlaufs als auch in der Projektarbeit selbst. Dies ist vergleichbar mit M&A Projekten, deren wichtigste Erfolgsfaktoren die (vor einer Transaktion zu beachtende) strategische Sinnhaftigkeit der Kombination zwischen den beiden Unternehmen und die Qualität der Umsetzung sind (Studie Monitor Group 2002).
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Neben dieser zeitlichen existiert eine zweite, inhaltliche Dimension. In der Projektarbeit spielen sowohl die Methodik, das heißt die verschiedenen verwendeten Konzepte, als auch organisatorische und menschliche Aspekte, denen durch Interaktionen innerhalb des Unternehmens wie auch zwischen Berater und Kunde Rechnung getragen werden muss, eine wichtige Rolle. In eine kurze Formel gebracht bedeutet dies also: Impact = Planung * Methodik * Interaktion
Projektvor lauf/Planung Projektdefinition und Projektumfang Beitrag des Projektes zu den übergeordneten Zielen Rolle des Beraters
Projektarbeit
Methodik (inhaltliche Aspekte) • RealitätsorientierteKonzepie, die sich an Gegebenheiten und Umsetzbarkeit orientieren • üm/asse/7deKonzepte, die an den wirklichen Ursachen ansetzen
Interaktion (organisatorische und menschliche Aspekte) Politische, persönliche und emotionale Konstellation im Projektumfeld Klassisches Change Management
• Einbringen neuer „Gedankenwelten" • Wissenstransfer Hier nicht näher betrachtet
Abb. 1. Hebel zur Verbesserung des Impacts eines Beratungsprojektes
Projektvorlauf/Planung Schon bevor ein Projekt beginnt, müssen die Grundsteine für den Erfolg gelegt werden. Auf drei Dinge kommt es hierbei an: - Auf die „richtige" Definition von Projektziel und -umfang,
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auf die Verdeutlichung des Beitrags eines Projektes zu den übergeordneten Zielen des Unternehmens, und auf das gemeinsame Verständnis über die Rolle des Beraters. Projektdefinition und Projektumfang Manchmal existiert bei dem zukünftigen Kunden lediglich eine ungefähre Vorstellung von der zu lösenden Fragestellung und deren Auswirkungen auf das Unternehmen. Oft erscheint die Stossrichtung eines Projektes aber auch völlig klar. Ob die Fragestellung offensichtlich oder nur vage zu sein scheint, in jedem Fall muss als erster Schritt gemeinsam das Ziel des Projektes im Detail definiert und damit die Frage beantwortet werden, welches Problem durch das Projekt gelöst werden soll. „Konvergieren die Absatzmärkte in Europa innerhalb der nächsten Jahre?" mag eine detaillierte Fragestellung sein, das eigentliche Problem, ob nämlich zum Beispiel Vertriebswege vereinheitlicht, Produktionsstandorte zusammengelegt, oder Produktsortimente harmonisiert werden sollen, wird nicht angesprochen. Auf der anderen Seite - wenn die Rendite sinkt, soll das Projekt bei den Kosten angreifen, beim Umsatz, oder an beiden Hebeln? Sollte das Problem der Umsatz sein, ist eher die Preisstrategie des Unternehmens zu betrachten, die strategische Positionierung, oder spielt die Aufstellung der Vertriebsorganisation eine Rolle? Hier muss die Fragestellung erst konkretisiert werden, damit eine sinnvolle Bearbeitung möglich wird. Erst wenn die Problemdefinition klar ist, kann die Entscheidung einer Bearbeitung in der Linie oder im Projekt und, falls Projekt, die Entscheidung über eine mögliche externe Unterstützung sinnvoll getroffen werden. Darüber hinaus kann auch nur eine exakte Problemdefinition eine belastungsfähige Grundlage für ein gemeinsames Projekt zwischen Kunde und Berater darstellen. Bei dieser Definition müssen gegebenenfalls spezielle Konstellationen berücksichtigt werden, in denen (sonst durchaus sinnvolle) Projekte für ein Unternehmen keinen Wert schaffen. Zum Beispiel ist ein Unternehmen, das gerade eine Fusion mit einem vergleichbar großen Partner durchläuft bei der praktisch alle Prozesse und Organisationsstrukturen fundamental verändert werden, damit überfordert, auch seine strategische Ausrichtung neu zu überdenken. Nicht nur brauchen die Mitarbeiter in einer solchen Phase der Unsicherheit „wenigstes" eine Konstante, es fehlen auch die Kapazitäten um beide Projekte sinnvoll voranzutreiben. Des weiteren gibt es aber auch weniger offensichtlichen Klärungsbedarf, zum Beispiel bezüglich des genauen Umfanges eines Projektes, der ausdrücklich festgelegt werden sollte: Handelt es sich um eine ausschließ-
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liehe Analyse, an deren Ende ein reiner „Erkenntnisgewinn" steht, eine Entscheidungsfindung, bei der die zukünftige Stoßrichtung festgelegt wird, eine Umsetzung einer bereits getroffenen Entscheidung, oder um eine Kombination dieser drei Schritte? Wo genau liegt der Anfang, wo das Ende des Projektes? Soll zusätzlich ein Wissenstransfer an die Mitarbeiter stattfinden? Wichtig ist hierbei, dass ein Projekt nicht zu kurz greift. Erfahrungsgemäß dauert es eine gewisse Zeit, bis eine Organisation eine geplante Veränderung, oder auch - im Rahmen eines geplanten Wissenstransfers - eine Methodologie, wirklich verstanden hat. Ein Projekt hier zu kurz oder wenig intensiv zu planen, ist nicht sinnvoll, verhindert Impact und verschwendet die geplanten Ressourcen, da die bestenfalls mögliche Wertschaffung nicht erreicht wird. Auf der anderen Seite kann es auch (häufig organisatorisch-menschlich motivierte) Probleme geben, die bei der Vergabe eines Projektes und der Suche nach einem Berater nicht angesprochen werden. In einer solchen Situation geht es oft weniger um inhaltliche Lösungen, vielmehr muss ein Problem zum Beispiel zwischen Aufsichtsrat und Vorstand, verschiedenen Vorständen, oder Vorstand und „Bereichsfursten" gelöst werden. Eine ausschließliche Bearbeitung der sachlichen Themenstellungen führt hier nicht zu einer Lösung des Problems, weder des inhaltlichen noch des menschlichen. In einer solchen Situation ist nicht nur das Geschick des Beraters verlangt, um das Problem zunächst überhaupt zu erkennen, dieses genauer zu verstehen und dann im Gespräch mit dem potentiellen Auftraggeber einen möglichen Lösungsansatz zu entwickeln und aufzuzeigen. Auch das Unternehmen muss dem wirklichen Problem auf die Spur kommen wollen. Daher ist es wichtig, vor Auftragsvergabe beziehungsweise Auftragsannahme in Detailgesprächen die Ausgangslage des Unternehmens sowie mögliche organisatorische und menschliche Hintergründe zu beleuchten und die genaue Stossrichtung des Projektes so präzise wie möglich festzulegen. Ferner muss der Projektumfang definiert werden, also das gemeinsame Verständnis dafür was innerhalb und was außerhalb des Projektauftrags liegt und welche (finanziellen) Folgen eine scharfe Trennungslinie hat. Schließlich müssen die notwendigen Voraussetzungen für ein Projekt geschaffen werden, von der (Teil-)Freistellung wichtiger Wissensträger im Unternehmen bis zur Schaffung der nötigen Priorität durch den Vorstand.
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Beitrag eines Projektes zu den übergeordneten Zielen Noch vor dem Festlegen dieser Projektrahmendaten sollte die Einbettung des Projektes in die Gesamtziele des Unternehmens und sein Beitrag zu diesen Zielen geklärt werden. Hierbei muss zunächst klar werden, warum ein Projekt überhaupt durchgeführt werden soll. Trägt es direkt zu einer strategischen Umorientierung des Unternehmens bei? Ist es darauf angelegt, eher kurz- oder langfristige Ziele der (strategischen) Planung zu erfüllen? Ist es Vorläufer solcher Projekte, um eine Ausgangsbasis zu schaffen? Wie passt es insgesamt in die strategischen und operativen Ziele des Unternehmens? Ist diese Einbettung verstanden, können Ziel und Beitrag des Projektes genauer definiert werden. Hat es direkten oder mittelbaren Einfluss auf bestimmte Entwicklungen oder Ergebnisse (Umsatzsteigerung, Marktanteilserhöhung, Kostensenkung etc.)? Ist dieses Ergebnis quantifizierbar - wenn auch vielleicht erst im Lauf des Projektes - oder eher qualitativ zu greifen? Wie erfolgt die Einbindung der Organisation an dieser Stelle, das heißt wo soll der Impact entstehen und welchen Beitrag leistet die Organisation beziehungsweise soll sie leisten? Wenn das Projekt fehlschlagen sollte, welche Auswirkungen hätte dies auf die Gesamtziele? Wie hoch ist demzufolge die Wichtigkeit dieses Projektes, wie die Dringlichkeit? Vor allem aber: Wann ist das Ziel des Projektes erreicht („definition of victory")? Die Klärung dieser Fragen ermöglicht zwei Dinge. Erstens schafft sie ein stabiles Umfeld zur Beurteilung der Projektpriorität und erleichtert daher eine gleich bleibende Zielsetzung und Gewichtung gegenüber anderen Projekten über gegebenenfalls mehrere Projektabschnitte hinweg. Dies hilft vor allem dabei, nach Erreichen wichtiger Zwischenziele nicht gesamterfolgsgefährdende Diskussionen über Ziele, „definition of victory", Weiterführung oder Priorisierung der Arbeit zu führen. Darüber hinaus ermöglicht das Wissen um Einbettung und Wertbeitrag eine noch gezieltere Ausrichtung des Projektes auf Impact und damit langfristige Wertschöpfung. Rolle des Beraters Das letzte zu klärende Thema ist die Rolle des Beraters. Es gibt im Wesentlichen vier mögliche Motivationen, für ein Projekt einen Berater hinzuzuziehen. Es kann hierbei um reines „Bodyleasing" gehen, das heißt das Unternehmen hat selber nicht genügend interne Kapazitäten zur Verfügung. Der Auftraggeber kann aber auch Spezialwissen „einkaufen" wie zum Beispiel das Wissen um eine bestimmte Methodologie oder eine ge-
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wisse Prozesskompetenz. Zusätzlich kann die Unvoreingenommenheit des Beraters eine Rolle spielen: manche Unternehmen möchten über einen Berater eine externe, auch an anderen Industrien geschulte Sichtweise kennen lernen und in die Problemlösung integrieren. Schließlich - und oft am problematischsten - gibt es die Fälle, in denen der Berater eine bereits intern klare Entscheidung durch ein Projekt bestätigen soll. Bei einem solchen Auftrag kann es darum gehen, entweder die Glaubwürdigkeit einer Argumentation (zum Beispiel gegenüber dem Aufsichtsrat) zu erhöhen, einen Risikopuffer zu bieten, falls die Entscheidung sich als unrichtig herausstellt, oder als „Sündenbock" zu fungieren, um unbequeme Entscheidungen vor allem gegenüber der Belegschaft zu rechtfertigen. Manchmal mag eine solche Rolle sinnvoll sein, wenn die Verantwortung für schwierige Entscheidungen lieber bei Externen gesehen werden soll, als zum Beispiel beim neuen CEO. Oft stellt sich aber im Fall einer solchen Rolle die Frage, ob nicht als Zweites auch ein (vielleicht langfristig sinnvolleres) Projekt zur Analyse und Verbesserung der Management- und Entscheidungsprozesse durchgeführt werden sollte. Für Auftraggeber wie Berater ist es wichtig, die Rolle des Beraters klar vor Augen zu haben, um das Projekt im Detail sinnvoll planen und dann ausgestalten zu können. Jede dieser Rollen verlangt ein etwas anderes Aufsetzen des Projektes (zum Beispiel Coaching gegenüber Teamarbeit in gemischten Teams gegenüber „Einzelarbeit" des Beraters), eine etwas andere Ausstattung der Teams, und vor allem andere Zielsetzungen und „defmitions of victory" für das Projekt. Nur wenn die Rolle des Beraters eindeutig geklärt ist, kann die Stoßrichtung des Projektes zielgerichtet bestimmt werden, um dadurch die Voraussetzung für das Generieren von Wert zu schaffen. Jede dieser Rollen - zusammen mit verschiedenen möglichen Stoßrichtungen und Projektzielen - kann aber auch einen anderen Berater erfordern und sollte daher als Kriterium in die Beraterauswahl eingehen. Nicht jede Untemehmensberatung ist für alle Aufgabenstellungen gleich gut geeignet. Alle diese Vorbereitungen benötigen Zeit. Wie bei M&A-Projekten hängt aber von der Qualität der Vorarbeiten ab, ob ein Projekt überhaupt das Potential hat, Impact zu generieren und Wert zu schaffen. Kunden sollten sich daher unbedingt die Zeit nehmen, über übliche, häufig eher anonyme Vergabeverfahren hinaus ihren zukünftigen Berater intensiv in Gesprächen kennen zu lernen. Dadurch können - soweit möglich - nicht nur die Kompetenz des Beraters festgestellt werden und ob er zum Unternehmen passt, sondern auch die wesentlichen, bisher angesprochenen Punkte geklärt werden. Diese Vorarbeiten dienen als Basis flir das gemeinsame Erreichen der Projektziele. Danach ist es Aufgabe der Projektarbeit selber,
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über eine gute Methodik und passende Interaktion das in der Vorphase durch eine umfassende Planung ermöglichte Potential zu heben.
Methodik Entlang der inhaltlichen Dimension muss die Projektarbeit von Anfang an und kompromisslos auf die spätere Wertschöpfung ausgerichtet sein. Mit Ausnahme von reinen Analyseprojekten, die „nur" relevante Erkenntnisse bringen sollen, muss also bei den meisten Projekten die spätere Umsetzbarkeit im Vordergrund stehen, später dann gefolgt von der konkreten Planung der Umsetzung sowie abschließend der Überprüfung der Umsetzungsergebnisse. Die wichtigsten Ansatzpunkte zur Gewährleistung von Umsetzbarkeit zeigen wir im Folgenden anhand ausgewählter Beispiele. Umsetzungsplanung und Nachhalten der Ergebnisse sind eher projektspezifisch und werden daher hier nicht betrachtet. Realitätsorientierte Konzepte Projekte scheitern in der Umsetzungsphase häufig daran, dass die Konzepte sich als „nicht umsetzbar" herausstellen. Häufig bedeutet das, dass zwar theoretisch korrekte Lösungen für ein Problem entwickelt wurden, existierenden Gegebenheiten aber zu wenig Beachtung geschenkt wurde, so dass das Beschlossene beim Transfer in das Tagesgeschäft „verwässert" werden muss. Grund hierfür kann ein politisches Problem sein, wenn die vorgeschlagene Lösung „zu radikal" für die Organisation ist. Es kann sich aber auch um ein inhaltliches Problem handeln, wenn das erarbeitete Konzept per se nicht auf Umsetzbarkeit und Wertschaffung ausgerichtet ist und sich beidem daher entzieht. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Segmentierung eines Marktes beziehungsweise der Kundenbasis, meist im Rahmen eines Strategie- oder Marketingprojektes. Eine Marktsegmentierung bildet die Brücke zwischen den Kunden, von denen jeder einzelne exakt gemäß seinen individuellen Wünschen und Bedürfnissen vom Unternehmen bedient werden möchte, und dem Unternehmen, das sich eine solche Einzelbehandlung - außer bei wenigen Großkunden - nicht leisten kann. Das Ziel einer Marktsegmentierung sollte daher sein, die existierenden und potentiellen Kunden in jeweils homogene Segmente zu gruppieren, um diese besonders gut und gemäß ihren Bedürfnissen bedienen zu können und damit die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs zu erhöhen.
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Um einem Kunden beziehungsweise einem Marktsegment eine überzeugende, zum Kauf verleitende „value proposition" anbieten zu können, muss das Unternehmen die Verhaltensweisen, Bedürfnisse, Vorlieben, Motivationen und Sachzwänge des Kunden kennen. Eine Segmentierung sollte also Kundenverhalten und -bedürfnisse anhand der Zuordnung des Kunden zu einem Segment voraussagen und so dem Unternehmen ermöglichen, ein passendes Angebot zu entwickeln. Damit eine Segmentierung im Unternehmensalltag anwendbar ist und umgesetzt werden kann, müssen darüber hinaus die Variablen, nach denen die Kunden eingeteilt werden, beobachtbar sein und gezielt angesprochen werden können. Es ist daher unserer Meinung unabdingbar, eine Segmentierung bereits in der Entwurfsphase und von den ersten Überlegungen an auf Aussagekraft und Umsetzbarkeit - und damit potentielle Wertschaffung - auszurichten. Geschäftstyp TeleKommanager
Telekomintensiv (z.B. Beratungdienstleistung)
Datenintensiv (z.B. Finanzdienstleistung)
Berichtet an IT Teilzeit
Mobilintensiv (z.B. Vertrieb, Baugewertie)
Grundangebot (z.B. Leichtindustrie, Baugewerbe)
Segment B
Segment A
Teilzeit Telekommanager, der an den CFO berichtet, in einem mobil-intensiven oder ein Grundangebot verlangenden Geschäft
Berichtet an den CFO
Berichtet an IT
A
Vollzeit Telekommanager, der an IT berichtet, in einem Telekom- oder Datenintensiven Geschäft Segment F
Zellen zusammengefasst, da beide Gruppen beim Kauf mehr auf technische Ausstattung und Serviceangebot achten, als auf Kosten; eine gute Telekomausstattung ist eine strategische Priorität für die Unternehmen.
Segment G
H
Zellen zusammengefasst, da beide beim Kauf hauptsächlich auf den Preis achten und kein Interesse an komplexen, hochwertigen Telekomdienstleistungen haben.
Abb. 2. Segmentierung des Telekommunikationsmarktes bei kleinen und mittleren Unternehmen
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Als Beispiel betrachten wir den Markt für Festnetz-Telekommunikation bei kleinen und mittleren Unternehmen. Gewöhnlich wird dieser Markt aufgrund der großen Anzahl kleiner Käufer (also Unternehmen) mit begrenztem Volumen und der hohen Preissensitivität der Kunden als unattraktiv eingeschätzt. Eine Segmentierung sollte einem Telekommunikationsunternehmen helfen, innerhalb dieses Marktes profitabel zu bedienende Nischen zu entdecken und so profitables Wachstum zu ermöglichen. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für eine Impact-orientierte, also aussagekräftige und umsetzbare Marktsegmentierung. Die verschiedenen Geschäftstypen sagen etwas über die benötigten Produkte und Services und die Wichtigkeit technischer Merkmale aus, der Typ des Telekom Managers beschreibt sein Kaufverhalten, seine Bedürfnisse und seine Entscheidungskriterien. Wo in benachbarten Zellen ähnliche Verhaltensmuster auftreten, wurden die Zellen (wie in der Abbildung an zwei Beispielen gezeigt) zu einem Segment zusammengefasst. Die Umsetzbarkeit ist ebenfalls gegeben, da alle Variablen beobachtbar sind: der Geschäftstyp ist auch „von außen" klar, der „Telekom Manager" muss zu Beginn des Beratungsgespräches selber abgefragt werden, um den Kunden in ein Segment einzuordnen und ihm dann gegebenenfalls noch im gleichen Gespräch ein passendes Angebot unterbreiten zu können. Als nächster Schritt innerhalb eines Projektes findet anhand von Größe, Profitabilität, strategischem fit, Kundenanforderungen etc. eine Selektion attraktiver Segmente statt. Anschließend werden für jedes attraktive Segment das Nutzungsumfeld, die angestrebte Einkaufs- und Nutzungserfahrung, die Entscheidungsvariablen und der Kaufprozess analysiert, um anschließend maßgeschneiderte Angebote auf Basis der identifizierten relevanten Verhaltensmerkmale zu entwickeln. Dieses Beispiel zeigt, wie Konzepte von Anfang an konsequent darauf ausgerichtet werden müssen, wirkungsvoll und umsetzbar zu sein. Im Nachhinein lassen sich Aussagekraft und Aktionsorientiertheit nur mit erheblichem Aufwand in eine Segmentierung einbauen. Ohne Aussagekraft fehlt die Wirksamkeit, da ohne das Verständnis und die Vorhersage von Kundenwünschen und -bedürfnissen keine umsatzsteigernden Maßnahmen ergriffen werden können. Ohne Aktionsorientiertheit fehlt die Anwendbarkeit, da das einzelne Segment weder identifiziert noch gezielt angesprochen werden kann und etwaige Maßnahmen deshalb in der Menge der anderen Kundensegmente (die mangels getrennter Ansprechbarkeit ebenfalls adressiert werden) verpuffen. Vergleichbares gilt für andere Projekte: wenn Wirksamkeit und Anwendbarkeit nicht von Anfang an im Fokus der Konzepterarbeitung stehen, können sie nachträglich nicht oder nur mit beträchtlichem Aufwand erreicht werden. Wo diese Aspekte der Realitätsorientierung fehlen, kann
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es bei der Umsetzung nur zu den oben genannten Verwässerungen kommen und der potentielle Wert des Projektes wird nie gehoben. Umfassende Konzepte Ein weiterer möglicher inhaltlicher Fehler liegt darin, nicht an der wirklichen Wurzel der Probleme anzusetzen. Dies ist normalerweise auf eine unzutreffende Einschätzung der Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Teilbereichen eines Unternehmens und seiner Strategie zurückzuführen. Aufgrund der engen Verknüpfungen zwischen den verschiedensten Themenstellungen in einem Unternehmen müssen Konzepte immer so umfassend entwickelt werden, dass auf den grundlegenden Ursachen eines Problems aufgebaut und gleichzeitig Wechselwirkungen mit einbezogen werden. Ein gutes Beispiel für ein umfassendes Konzept ist Branding. Von den meisten wird Branding als ein rein auf Außenwirkung abzielender, kommunikationsorientierter Prozess angesehen. Vor allem in Bereichen, in denen intensiver Kundenkontakt eine Rolle spielt, greift dieser Ansatz jedoch deutlich zu kurz. Zur Entwicklung einer starken und geschäftsfördernden Marke gehört ein detailliertes Verständnis des Zielmarktes und der Zielkunden sowie der Positionierung relevanter Wettbewerber. Nur wenn dem Unternehmen die Bedürfnisse und die gewünschten Kauferfahrungen der Kunden klar sind, kann es gegenüber dem Wettbewerb eine Positionierung und ein damit verbundenes Image (also eine Marke) formulieren und aufbauen. Marktsegmentierung, Unternehmensstrategie, Wettbewerbsstrategie, Positionierung und Branding sind auf das Engste verknüpft. An diesem Punkt enden viele Branding Projekte. Die erarbeitete Markenbotschaft wird in Kampagnen „verpackt" und mit hohem Marketingaufwand in den Markt gebracht. Ein wichtiger Baustein aber fehlt, die häufigste Ursache eines vagen oder sogar negativen Markenimages wurde noch nicht einmal berührt. Letztlich ist eine Marke nicht mehr (oder weniger) als die Wahrnehmung eines Unternehmens oder Produktes im Markt. Diese Marke, also das Image eines Produktes oder Unternehmens, formt sich jedoch nicht durch das, was dem Kunden durch Marketing und „klassisches" Branding kommuniziert wird, sondern aufgrund seiner Erfahrungen mit Produkt oder Unternehmen. Wenn aber die Kundenerfahrungen der Marketingbotschaft widersprechen, kann Branding nicht erfolgreich sein. Nicht nur müssen gewählte Strategie, Positionierung und Marke mit dem vereinbar sein, was das Unternehmen in der Lage ist zu leisten. Im
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Rahmen der so genannten „Markenaktivierung" müssen auch Produkte (QuaHtät, Design, Hahbarkeit etc.) und sonstiger Außenauftritt mit der gewählten Markenpositionierung in Einklang gebracht werden. Häufig vernachlässigt wird hierbei vor allem die Verhaltenskomponente: Markentreues Verhalten („On-brand"-Verhalten) muss die gesamte Organisation durchziehen, das „Markenversprechen" muss von der Organisation und ihren Produkten und/oder Dienstleistungen immer und überall eingelöst werden. Der Aufbau einer Marke muss demnach mit einem substantiellen Veränderungsprozess einhergehen, durch das die an den Markt kommunizierten Markenbotschaften als Verhaltensweisen in der Organisation verankert werden. Ohne diesen zweiten, äußerst mühsamen und langwierigen Teil der Markenaktivierung kann eine Marke nicht wirklich im Markt verankert werden, die Wertschaffung eines solchen Projektes wäre gering. Das Beispiel einer nordamerikanischen Lebensversicherung zeigt die Bedeutung von Markenaktivierung. Dieses Unternehmen hatte durch Marktforschung herausgefunden, das seine Marke - selbst in einem Umfeld generell schwach ausgeprägter Marken - besonders vage ausgeprägt war, jedoch eine vertraute und Vertrauen erweckende Marke für Kunden ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellt. Das Unternehmen entwickelte daher eine neue und explizite Markenaussage, die es als „verständnisvoller Zuhörer" positionierte. Dadurch plante das Unternehmen, vor allem die Kunden anzusprechen, die verwirrt und unsicher auf das große Angebot im Markt reagierten. Kundenbefragungen hatten „zu komplizierte Sprache", in den Broschüren-, Angebots- und Vertragstexten wie auch in der persönlichen Kommunikation als großen Verunsicherungsfaktor herausgefunden. Als erste Maßnahme des „On-brand"-Umbaus von Organisation, Prozessen und Produkten vereinfachte das Unternehmen daher alle relevanten Texte und trainierte die Vertriebsagenten darin, sich klarer gegenüber den Kunden auszudrücken. Der Erfolg war enorm. Nicht nur steigerte sich die Neukundengewinnung um 15 Prozent, es gab auch weniger Nachfragen und Beschwerden im Call Center sowie weniger ungerechtfertigte Schadensfallforderungen, weil die Kunden die Policen und Bedingungen besser verstanden. Darüber hinaus stieg der Bekanntheitsgrad der Marke innerhalb eines Jahres von 18 Prozent auf 58 Prozent, während die Wettbewerber auf etwa gleichem Niveau blieben. Branding und die anschließende Umsetzung markentreuen Verhaltens führten also nicht nur zu Verbesserungen im engeren Marketingkontext, sondern auch zu Umsatzsteigerungen und Kostensenkungen. Was für Branding gilt, gilt auch für andere Themenbereiche. Nur eine umfassende Sicht aller relevanten Zusammenhänge erlaubt es, tiefgreifende und dadurch nachhaltige Veränderungen herbeizuführen. Konzepte
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müssen weit genug greifen, um alle Ursachen, Verknüpfungen und Auswirkungen zu berücksichtigen und aus dem Zusammenspiel der einzelnen Bestandteile Impact zu erzeugen. Nahezu ausnahmslos hängen externe Kundensicht, Strategie und interne Prozesse so eng zusammen, dass die ausschließliche Betrachtung eines Teilbereiches nicht zu vollständigem Erfolg führen kann. Detaillierte Planung und eine gute Methodik, die sich - wie oben beschrieben - an der Realität orientiert und umfassend die Wechselwirkungen der Einzelkomponenten berücksichtigt, sind nur zwei der wichtigen Bausteine, um Impact zu erzeugen. Solange die Projektarbeit nicht auch auf organisatorische und menschliche Aspekte unter den Beteiligten eingeht, können Projekte scheitern - und werden es häufig auch.
Interaktion - organisatorische und menschliche Aspekte Ein häufiger Kommentar zur Wertschaffung von Beratungsprojekten erzählt von den „Stapeln Papier", die am Ende eines Projektes „in den Schubladen verschwinden". Ein solches Ergebnis ist offensichtlich ein eklatanter Misserfolg. Nach unserer Erfahrung bleibt inhaltlich korrekten und sinnvollen Vorschlägen am häufigsten deshalb der Erfolg verwehrt, weil sie nicht zu dem betreffenden Unternehmen „passen" - so häufig die ex post Begründung - und daher, obwohl im Vorstand beschlossen, vom Management abgelehnt werden oder am Widerstand der Mitarbeiter scheitern. In solchen Fällen fehlte es offensichtlich an der nötigen Überzeugungsarbeit während des Projektes, um informelle Entscheider und Meinungsführer einzubinden und zu überzeugen, oder am professionellen Change Management, um die gesamte Belegschaft bei der Umsetzung des Projektes ausreichend anzusprechen und zu überzeugen. Es ist daher unbestritten, dass das tiefe und gezielte Verankern von Veränderungen in einer Organisation für den Erfolg eines Projektes essentiell ist, sowohl durch klassisches Change Management während der Umsetzungsphase (auf das wir hier nicht näher eingehen werden) als auch, zumeist noch wichtiger, durch das frühe Einbinden von Entscheidern und Betroffenen bereits in der Analyse- und Entscheidungsphase. Das Einbinden von Entscheidungsträgern und Mitarbeitern sollte jedoch nicht dem Zufall überlassen werden. Eine wichtige Maßnahme - und inzwischen überwiegend Standardvorgehen bei Beratungsprojekten - ist das Arbeiten in gemischten Teams. Dies sorgt nicht nur dafür, dass das in der Organisation vorhandene Wissen in die Projektarbeit miteinbezogen wird, sondern schafft auch Transparenz der Beraterarbeit und erhöht das Ver-
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trauen der Kundenorganisation in die Zusammenarbeit. So wird der Eindruck vermieden, das Projekt sei eine „Black-Box" oder der Berater „verwirkliche sich selbst". Schließlich soll die Arbeit in gemischten Teams auch die Kundenteammitglieder von dem Erarbeiteten überzeugen und damit „change agents" im Unternehmen hervorbringen. Es gibt jedoch weitere Methoden, um wichtige Zielpersonen oder -gruppen explizit einzubinden und den Erfolg eines Projektes dadurch zu erhöhen. Konstellationen im Projektumfeld: Adressieren wichtiger Zielpersonen und -gruppen Generell sollte die Projektarbeit darauf angelegt werden, wichtige Zielgruppen oder -personen in der Kundenorganisation gezielt anzusprechen und auf ihre Bedürfnisse, Informationslücken, oder Bedenken (BIBs) im Rahmen der Projektarbeit einzugehen. Dazu sollten zu Beginn wie auch während eines Projektes „Kampagnen" definiert und abgearbeitet werden. Eine solche Kampagne plant die Einbindung einer definierten Person/Gruppe, die wichtig für den Erfolg eines Projekts ist/sind, in das Projekt, um ihre BIBs zu adressieren. Kampagnen basieren häufig auf Gesprächen, in denen solche BIBs geäußert wurden, und definieren sich über die Person/Gruppe, die entsprechenden BIBs, und das Ziel, das durch die Kampagne erreicht werden soll. Einzelne Aktivitäten einer Kampagne sind zum Beispiel nicht nur informelle Aktivitäten, um die Widerstände eines Produktionsleiters besser zu verstehen, sondern auch die Analysen, die dabei helfen können, seine Bedenken auszuräumen. Was hier kompliziert klingen mag ist nichts weiter als ein strukturierter Rahmen, der es erleichtert, organisatorische und menschliche Widerstände in Kundenunternehmen gezielt abzubauen. Zu leicht konzentrieren Berater wie Kunde sich im „Eifer des Gefechts" einer intensiven Projektarbeit ausschließlich auf die inhaltliche Komponente. Zu leicht werden die - über das für „später" geplante Change Management und die in der Projektarbeit enge Zusammenarbeit in den gemischten Teams hinausgehenden - organisatorischen und menschlichen Barrieren vergessen. Sich regelmäßig über die Existenz solcher Barrieren klar zu werden und Wege zu finden, wie sie aktiv adressiert werden können, bringt ein Projekt meistens weiter als eine noch tiefere (aber kein relevantes BIB adressierende) Analyse. Wissenstransfer Des Weiteren kann ein expliziter Wissenstransfer in die Organisation im Rahmen der Projektarbeit erfolgen, um die Wirksamkeit eines Projektes zu
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erhöhen. Dieser Schritt greift sowohl auf der inhaltlichen wie auch auf der organisatorisch-menschlichen Ebene. Im inhaltlichen Bereich wirkt Wissenstransfer auf zwei Arten. Auf der einen Seite kann Wissenstransfer ein Unternehmen in die Lage versetzen, vergleichbare Veränderungen in Zukunft teilweise oder vollständig selbständig durchzuführen. Ein solches Projekt schafft zweifach Wert, durch die direkte Veränderung und durch die dazugelernten Fähigkeiten. Auf der anderen Seite steigert Wissenstransfer aber auch den Impact eines einmaligen, nicht auf Wiederholung angelegten Projekts. Erfahrungsgemäß steigt die Qualität der Ergebnisse deutlich, je besser die einbezogenen Kundenmitarbeiter die Vorgehensweise, also letztlich einen wichtigen Teil des eingebrachten Beraterwissens, verstehen und sich daher aktiver und kreativer in die Projektarbeit einbringen können. In beiden Bereichen, der „Ausbildung" des Kunden zum späteren selbständigen Bearbeiten der Themenstellungen und dem tieferen Verständnis der Projektmethodik, ist die Vermittlung des Beraterwissens ein wesentlicher Baustein. Wissenstransfer ist auch für die emotionale Akzeptanz eines Projektergebnisses in der Organisation wichtig. Je besser in die Projektarbeit eingebundene Mitarbeiter die verwendeten Konzepte verstehen, desto eher können sie sich mit der Vorgehensweise und den Ergebnissen der gemeinsamen Arbeit identifizieren und diese positiven Einstellung später in der Organisation verbreiten. Umgekehrt fühlt sich eine Organisation leicht von einem Projekt ausgeschlossen und akzeptiert die Ergebnisse nicht, wenn keine „change agents" während der Projektarbeit herangebildet wurden. Der notwendige Wissenstransfer findet meistens nur in geringem Maße beiläufig während der Projektarbeit statt, selbst wenn viele Mitarbeiter, zum Beispiel in Form von Kundenteams, in die Projektarbeit eingebunden sind. Vielmehr sollte, wo notwendig und erwünscht, Wissenstransfer von Anfang an vereinbart werden und explizites Projektziel sein. Die Ablehnung einiger Berater gegenüber einem solchen „empowerment" des Kunden mag verständlich sein. Schließlich zielt es darauf ab, Beratung gewissermaßen „unnötig" zu machen. Doch diese Betrachtungsweise greift viel zu kurz. Wer einen intensiven Wissenstransfer scheut lässt einen wichtigen Hebel der Wertsteigerung ungenutzt, und die resultierende Verschlechterung des potentiellen Ergebnisses sollte nicht akzeptabel sein. Schließlich wird auch kein Automobilhersteller seine Fahrzeuge nicht verzinken, um durch das schnellere Durchrosten den zukünftigen Umsatz zu erhöhen. Kunde und Berater müssen hier eng zusammenarbeiten (und ein gemeinsames Verständnis von den Hebeln zur Wertsteigerung eines Projektes haben), um den Erfolg einer solchen Maßnahme sicherzustellen.
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Viel hängt von dem Eingehen auf die - manchmal mehr, manchmal weniger vorhandenen - organisatorischen und emotionalen Aspekte der Projektarbeit ab. An dieser Hürde kann jedes noch so perfekt geplante und nach guter Methodik durchgeführte Projekt scheitern. Weil aber diese Dimension als so wenig greifbar gilt, wird ihr häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Bei allen Schwierigkeiten, die im Umgang mit solchen weichen Faktoren existieren, sollten jedoch Kunden wie Berater die oben erwähnten und teilweise beschriebenen Möglichkeiten nutzen, um potentielle Problembereiche aktiv anzugehen. Nur so kann das in der Projektphase umrissene und durch die inhaltliche Arbeit aktivierte Potential eines Projektes für das Unternehmen schließlich realisiert werden. Nur in diesem Dreiklang aus Planung, Methodik und Interaktion kann Impact entstehen.
Fazit Die Zeiten, in der die beratenen Unternehmen damit zufrieden waren, wenn der Unternehmensberater am Ende eines Projektes „schlaue Analysen" ablieferte, sind vorbei. Während es im Anschluss daran durchaus in Ordnung war, Entscheidungsfindung und Umsetzung als Sequenz zu verstehen und das „Handeln nach Plan" dem verantwortlichen Linienmanagement zu überlassen, lebt heute ein erfolgreiches - und als erfolgreich angesehenes - Beratungsprojekt von der unmittelbaren Verzahnung mit der Umsetzung. Enge Zusammenarbeit mit und Einbindung der Kundenorganisation sollten sich inzwischen weitgehend im Beratungsmarkt durchgesetzt haben. Die über diese inzwischen „klassischen" Hebel hinausgehenden Möglichkeiten, die Wertschaffung durch ein Beratungsprojekt zu erhöhen, müssen jedoch von Kunden wie Beratern noch weiter ausgeschöpft werden. Auf der inhaltlichen Ebene unterscheiden sich Beratungsunternehmen heute nicht mehr so sehr durch ihre Konzepte und deren Neuheit, als vielmehr durch deren Realitätsorientierung, Wertorientierung und Ganzheitlichkeit sowie, auf der Prozessebene, durch den Fokus, der auf die Verankerung der Veränderungen im Unternehmen und damit den Impact gelegt wird. Diese Faktoren müssen bei der Auswahl eines Beraters und dem (gemeinsamen) Design des Projektes eine Rolle spielen und darüber hinaus während der Projektlaufzeit aktiv vom Kunden eingefordert werden. Auf der organisatorisch-menschlichen Ebene geht es mehr um „weiche Faktoren", die den Erfolg eines Projektes ausmachen. Aber auch hier können klare Strukturen und ein gemeinsames Verständnis der Wichtigkeit dieser Faktoren die Wirkung eines Projektes erhöhen.
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Alle diese Faktoren so zu orchestrieren, dass ein Projekt einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens leistet, ist eine Kunst, hinter der eine reine Tagessatz-Betrachtung eines Beratungsprojektes in den Hintergrund treten sollte. Diese Kunst muss ein guter Berater beherrschen, auf diesen gesamthaften Ansatz muss sich ein Unternehmen aber auch einlassen, um das Maximum aus einem Projekt herauszuziehen. Erfolgsraten von nur gut 50 Prozent könnten demnach mit mangelnder Kompetenz des Beraters, mangelnder Einforderung von Impact durch den Kunden, aber auch durch zu wenig offene, impact-orientierte und tiefe Zusammenarbeit zwischen Kunden und Beratern erklärt werden. Letztlich ist es Aufgabe von Kunden wie Beratern, von Projektdesign bis zum Abschluss der Umsetzung den Impact eines Projektes klar im Blick zu haben und kompromisslos auf allen Ebenen zu verfolgen. Nur ein Missverständnis sollte vermieden werden: Wert wird nicht durch die theoretisch beste Lösung geschaffen, sondern durch diejenige, die im Unternehmen sinnvoll umgesetzt werden kann.
Im Namen des Kunden Dieter Lange Torsten Tönnies
Enterprise Value Creation Eine erfolgreiche Beziehung zwischen Unternehmensberatung und Kunden setzt einen ehrlichen und offenen Dialog voraus. Dieser ist die Ausgangsbasis für das Gelingen einer Partnerschaft, als deren oberstes Ziel die Unternehmensberatung BearingPoint stets „Enterprise Value Creation" sieht. In der Schaffung von Unternehmenswerten liegt die Maxime des operativen Handelns der Berater. Der Mehrwert für den Kunden - so der Anspruch des Beratungshauses - muss nachhaltig und messbar sein. Um diesen Anspruch zu erfüllen, werden dem Kunden End-to-End-Solutions angeboten, von der Vision bis zum operativen System. Wer Werte eines Unternehmens schaffen oder steigern will, muss das Unternehmen zunächst einmal verstehen lernen. Gefragt ist ein Beratermodell, das sich neben Ehrlichkeit und Offenheit auch durch Fingerspitzengefühl und Einfiihlungsvermögen auszeichnet. Nur so kann der Berater den Klienten dort abholen, wo sein Problem ist und in enger Partnerschaft mit ihm die Ziele definieren. Auf dem Weg zum Ziel werden die Ausgangslage analysiert sowie Lösungsvorschläge erarbeitet und umgesetzt. Für BearingPoint ist dies die Grundlage jeder professionellen Kundenbeziehung.
„Get-it-done-culture" Während "Enterprise Value Creation" das Ziel der Beratung auf den Punkt bringt, ist BearingPoint zudem durch eine ausgeprägte „Get-it-doneculture" geprägt. Diese Unternehmenskultur charakterisiert die starke Qualitäts- und Effizienzorientierung bei der Konzeption und Umsetzung der Projektaufgaben. Die interne Kultur determiniert somit maßgeblich den hohen strategischen Wert, den das Beratungshaus in die Beziehung zum Klienten einbringt.
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Die Berater des Hauses verfügen über durchschnittlich zwölf Jahre Wissen und Erfahrung in der Branche ihrer Kunden. Fast 50 Allianzen mit führenden Technologieunternehmen ergänzen diesen Erfahrungsschatz um eine umfassende technologische Expertise, die dem Kunden individuell und auf seine Bedürfnisse abgestimmt zur Verfügung gestellt werden kann. Erfahrung und Kompetenz der Berater gepaart mit dem Know how der strategischen Technologiepartner stellen die Basis für den Kundennutzen dar: Ergebnissicherheit, schneller Return on Investment durch Prozessoptimierung, Kostenreduktion und Produktivitätsgewinne. Ein schneller Return on Investment setzt einen Know how-Transfer voraus, der eine effiziente Lösungsfmdung ermöglicht. Zu diesem Zweck entwickelt das Beratungshaus Branchen- und Solution-Templates; darüber hinaus verfügt die Unternehmensberatung über ein eigenes Solution Center zur individuellen Demonstration der Lösungen. Und somit schließt sich wieder der Kreis: gute und schnelle Lösungen bedeuten Kundenzufriedenheit, über die sich eine kontinuierliche Beziehung zum Kunden aufbauen lässt. Langfristigkeit und Vielfältigkeit der Kundenbeziehung betrachtet BearingPoint als Gradmesser des eigenen Erfolges.
Notwendige Vertrauensbasis zwischen Kunde und Berater Aber: Um ein enges Kundenverhältnis und Vertrauen aufzubauen, bedarf es der Bereitschaft beider Seiten, Wissen auszutauschen und in regelmäßigen Meetings und Gesprächen einen offenen und ehrlichen Dialog zu führen. Nur so kann das Beratungsuntemehmen den Kunden verstehen lernen und sich in seine Herausforderungen und Probleme hineindenken. BearingPoint hat sich in punkto Vertrauensbasis zum Kunden hervorragend positioniert: Durch erfolgreiche Projektarbeit konnte zu sämtlichen der Top 50-Kunden eine langfristige Kundenbindung aufgebaut werden, unter den Top 150-Kunden trifft dies auf 95% zu. Der Garant für erfolgreiche Projektarbeit beim Kunden - von der Konzeption bis hin zur Umsetzung - ist ein straffes Projekt- und Qualitätsmanagement. Ergebnisse müssen im Vorfeld vereinbart, inhaltlich wie zeitlich abgestimmt und ständig kontrolliert werden. Aus Sicht des Beraters ist es wichtig, den Kunden für die Bedeutung und die Konsequenzen eines jeden Projektes zu sensibilisieren. Zur Entwicklung und Pflege einer langfristigen Partnerschaft gehören neben einem kontinuierlichen Monitoring der Geschäftsbeziehung auch Key-Account- und Loyality-Programme (Executive-Touch, Customer-
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Value-Programm). Das persönliche Gespräch ist unerlässHch - auch im elektronischen Zeitalter. Nuancen müssen kommuniziert werden, um richtige Strategie einzuschlagen. Und nur so entsteht Vertrauen. Beratung setzt auf Partnerschaft ,^^
Consultant ... fällt nicht mit der Komplettlösung ins Haus
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... fühlt sich in die Probleme des Kunden ein ... liefert Leistung und Qualität
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.. ist bereit zum Zuhören .. ist offen und teilt Informationen ..bindet „Big Shote" ein
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Abb. 1. Gemeinsame Arbeit von Consultant und Consultee
Beziehungen zu Großunternehmen und zum Mittelstand Die individuelle Gestaltung der Kundenbeziehung hängt vom Kunden- und Projekttyp ab. Geht es ausschließlich um IT-Implementierungen, versteht sich BearingPoint als schnell und sauber arbeitender Projekt-Dienstleister, wie er besonders häufig von mittelständischen Kunden nachgefragt wird. Bei Großkunden hingegen gehen die Aufgaben sehr oft über eine solche „reine" Dienstleistung hinaus. Dementsprechend gestaltet sich die Betreuung sehr intensiv; die Account-Teams unterhalten ihre Büros oftmals in unmittelbarer Nähe ihrer Kunden, oder arbeiten gar direkt in deren Gebäude. Für Großkunden die Untemehmensberatung auch so genannte Support Desks an: Dort werden die Belange von Kunden und Beratern koordiniert und Fragen an die zuständigen Adressaten weitergeleitet. Die Support Desks werden darüber hinaus von Kundenmitarbeitern, die sich über den aktuellen Verlauf der verschiedenen Projekte, Events und Veranstaltungen informieren möchten, als verlässliche Datenquelle genutzt.
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Insbesondere die Zusammenarbeit mit Großkunden hat oftmals sehr diffizile strategische Fragestellungen zum Inhalt. Der Berater muss sich mehr als „nur" eine tiefgreifende Kenntnis des Kunden aneignen; er muss darüber hinaus im engen Dialog mit dem Kunden ein Verständnis für das gesamte komplexe Umfeld des Unternehmens entwickeln: Strukturen, Interessen und Befindlichkeiten von Shareholdem, Marktentwicklung und Wettbewerbsumfeld sowie rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Je tiefer der Berater in diese Themen einsteigt, desto mehr kann er zum Unternehmenswert des Kunden beisteuern. In der Praxis bedeutet das: Der Consultant muss mit vielen Fachbereichen des Kunden kommunizieren, um Probleme und Zusammenhänge so einordnen zu können, dass seine Lösungsansätze im Einklang mit den Interessen des Gesamtunternehmens und seines Umfeldes stehen. Wird der Berater nicht frühzeitig, umfassend und kontinuierlich informiert, so besteht die Gefahr, dass seine Lösungsansätze trotz seines persönlichen Know hows keine Akzeptanz finden, weil er ihm unbekannte Sachverhalte und Konstellationen nicht berücksichtigen konnte. Solch ein Fall würde Berater und Kunden gleichermaßen schaden: Der Berater könnte trotz Erfahrung und hohem Fachwissen nicht die gewohnte und erwünschte Schnelligkeit bei der Lösung erzielen; auf Kundenseite würde dies vermeidbare Kosten verursachen und den erwünschten Retum on Investment hinauszögern. Und eine dauerhafte Bindung von Kunden und Berater ließe sich allenfalls unter erschwerten Umständen aufbauen. Auch dieses Szenario untermauert: Ohne ehrlichen, offenen und umfassenden Dialog kann die Beratung nicht den Beitrag zum Wert des Unternehmens leisten, den beide Seiten sich von ihr erhoffen.
Kommunikation - Schlüssel zum Erfolg Informations- und Erklärungspflicht gilt aber selbstverständlich auch für das Beratungsunternehmen gegenüber dem Kunden und seinen Mitarbeitern: Sie sollten nicht nur auf dem aktuellen Stand der Entwicklung gehalten werden, sondern auch über bevorstehende Veränderungen und die damit verbundenen Zielsetzungen im Bilde sein. Ein Unternehmen kann seinen Wert nur mit informierten, motivierten und von der Unternehmensstrategie überzeugten Mitarbeitern steigern. Defizite in der internen Kommunikation über das Beraterengagement im Haus führen stets zu Verunsicherungen und - möglicherweise völlig unbegründeten - Ängsten. Im schlechtesten Fall ist vorstellbar, dass ausgerechnet Mitarbeiter, auf die das Unternehmen für die Zukunft „setzt", in Verkennung ihrer positiven Per-
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spektiven das Unternehmen verlassen. Sollten aber tatsächlich Rationalisierungen anstehen, so gilt die Notwendigkeit zur frühzeitigen Information umso mehr, damit die Betroffenen sich darauf einstellen können. Es hat sich in vielen Projekten als äußerst bedeutsam für den Projekterfolg erwiesen, dass Kunden ihren Mitarbeitern mit gezielten Kommunikationsinstrumenten wie z.B. Mitarbeiterzeitungen, Präsentationen, Flyern, Workshops oder Gesprächen die Aufgabenstellung des Beraters erklären und auf Veränderungen vorbereiten.
Verständnis für das Geschäft der Kunden, Technikaffinität und interne Qualitätssicherung BearingPoint-Mitarbeiter - egal, ob Strategie- Technik-, Prozessberater oder Telekommunikationsexperten - zeichnen sich durch das Verständnis der Geschäftsprozesse verbunden mit einer starken Affinität zur Technik aus. Diese Technikaffinität ist erfahrungsgemäß ein wichtiges Kriterium für Unternehmen auf der Suche nach dem richtigen Beratungspartner. Darauf und auf die langjährige Expertise seiner Berater allein verlässt sich die Beratung aber nicht. Es wurde darüber hinaus ein Team zusammengestellt, das u.a. aus ehemaligen Top-Führungskräften der Industrie besteht. Das Team ist dazu aufgesetzt worden, sicherzustellen, dass alle Projekte den hohen internen fachlichen und formalen Qualitätsmaßstäben gerecht werden. Hohe interne Qualitätsmaßstäbe betrachtet BearingPoint als unverzichtbar, um den externen Qualitätsansprüchen der Kunden dauerhaft gerecht werden zu können. Die Team-Mitglieder konfrontieren die Consultants beispielsweise mit Fragen, wie: „Welche ,Lessons Learned' können im Zuge fortlaufender Qualitätsverbesserung in das nächste Projekt einfließen, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und die Partnerschaft zu festigen?"
Das Beraterteam: Vielfalt und flache Hierarchien Die interne Qualitätskontrolle der Consultants unterliegt bei BearingPoint ebenso dem Grundsatz des partnerschaftlichen Verhaltens wie der Umgang der Berater untereinander. Für die Berater fängt partnerschaftliches Verhalten im eigenen Unternehmen an. Denn eine gesunde interne Unternehmenskultur schlägt sich auch auf die Kundenbeziehung positiv nieder. Die Berater des Hauses schätzen die flachen Hierarchien sowie den unkomplizierten, kooperativen und meist informellen Umgang mit ihren Kollegen.
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Die Managing Directors führen ihre Bereiche weitgehend eigenständig und entscheiden überwiegend alleinverantwortlich. Großes Augenmerk wird vor allem auf das persönliche Auftreten jedes Consultants gelegt. Das Beratungshaus setzt auf stilsichere Persönlichkeiten mit Führungsqualität und Sozialkompetenz sowie auf themen- oder branchenorientierte Berufserfahrung. Eine gesunde kooperative Unternehmenskultur ist für BearingPoint nicht nur selbstverständlich, sondern auch die zwingende Voraussetzung, um den selbst gestellten Anforderungen an den Wertbeitrag der Beratung („Get-It-Done Culture") gerecht werden zu können. Nur so kann man auch die Erwartungen der Kunden erfiillen.
Die sieben Todsünden... ...von Großunternehmen beim Einsatz von Management Consultants - und was Sie tun müssen, um sie zu vermeiden! Sandra Aengenheyster Dirk Zimmermann
Einleitung Deutsche Großunternehmen und Behörden zählen zu den besten Kunden der hiesigen Management Consultants: Jahresbudgets zwischen zwei und fünf Millionen Euro für externe Managementberater sind bei der Mehrheit der Unternehmen die Regel. Die Manager jedes vierten Unternehmens sind sogar bereit, mehr als fünf Millionen Euro im Jahr für McKinsey, Bain & Co. auszugeben, um sich durch die gemieteten Experten den Rat einzukaufen, den sie sich selbst oft nicht zu geben trauen, (vgl. Fink 2004a) Doch in vielen Fällen sind die Kunden von den Leistungen der Berater enttäuscht. Wie eine im Auftrag des Manager Magazins durchgeführte Studie zeigt, sind 43% der Auftraggeber mit den Leistungen ihrer Berater nur mäßig oder gar nicht zufrieden (vgl. Fink 2004b). Die Unzufriedenheit ist aber nicht nur das Ergebnis mangelnder Beraterkompetenz sondern in vielen Fällen eher ein Resultat eigener Versäumnisse, die regelmäßig von den Verantwortlichen vieler nationaler und internationaler Großunternehmen begangen werden. Wir bezeichnen sie in Anlehnung an den Kanon der nicht lässlichen Sünden im Folgenden als die sieben Todsünden. Jede für sich genommen bedürfte bereits der Absolution. Aber gerade dies ist die Eigenheit einer solchen „Verfehlung": Sie bedarf vielmehr der kritischen Reflexion und einer zur Verhaltensänderung führenden Selbsterkenntnis, zu der viele Kunden noch nicht gelangt sind, als einer reinen Absolution. Diese Beratungsresistenz kann kaum von Dienstleistern bekämpft werden und setzt ein hohes Maß an Reflektionswillen auf Kundenseite voraus. Deren höchstes Streben sollte daher nicht sein, durch Berater die Probleme lösen zu lassen, die es ohne Beratereinsatz gar nicht gäbe, sondern einen echten Know-How-Transfer herbeizuführen. Es handelt sich hier al-
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so um die Umkehrung des sog. Peter-Prinzips: Durch den Einsatz von Beratern sollen Manager eben nicht bis auf das Inkompetenzplateau ihrer Berater gehievt werden (um dann dort ohne weiteren Beratereinsatz hilflos zu sein), sondern ihr eigenes Kompetenzniveau deutlich erhöhen. „Hilfe zur Selbsthilfe" im Sinne eines echten Know-How-Transfers ist hier das Stichwort, das auch zukünftig die Lösung ähnlich gelagerter Problemstellungen sicherstellen kann. Im Folgenden werden deshalb die sieben Todsünden beim Einsatz von Management Consultants erläutert. Als Ergebnis werden hierzu korrespondierend anschließend sieben Gebote zur Vermeidung der Todsünden aufgezeigt.
Hochmut [superbia, ae/i Übermut, Hochmut, Hoffart, Stolz, auch Frevelmut; selten (im guten Sinne) edler Stolz, Selbstgefühl. -> Ein auf dem Bewußtsein eines Besitzes, einer Standeszugehörigkeit, Leistung o. ä. beruhendes (ungerechtfertigtes) starkes Selbstbewußtsein, Selbstgefühl.] Von Zeit zu Zeit ertönt in jedem Konzern an verschiedenen Stellen der Ruf nach einer Strategie, einer Vision oder - neudeutsch - einem Mission Statement. Diese regelmäßigen Überprüfungen einer vorhandenen Ausrichtung oder eine Rejustierung haben selbstverständlich ihre Berechtigung, denn schnell wachsende, schwindende und sich verändernde Märkte verlangen eine ständige Prüfung des Kurses. Das Fehlen einer Vision hingegen hat verhängnisvolle Folgen. Sie ist ein wichtiger Treiber jeder Organisation. Entwirft sie doch sowohl Führungskräften als auch Mitarbeitern eine "realistische, glaubhafte und attraktive Zukunft für die Organisation" (Benis u. Nanus 1992). Zumeist beginnt eben hier ein fatales, sich schleichend ausbreitendes Missverständnis. Die Wichtigkeit einer guten und für Organisationen überlebensnotwendigen Entwicklung einer Vision oder Managementstrategie wird zum Prestigeobjekt, der vermeintliche Visionär hält die Fäden in der Hand. Im Klartext: Die zukünftige Organisation und Ausrichtung einer betrieblichen Einheit gibt einen willkommenen Anlass zur Profilierung und - im schlimmsten Falle - einer Bereicherung auf Kosten anderer. Es gilt nun, sowohl den Stellenwert dieses Kunstprojektes deutlich zu heben und damit ebenso den eigenen Einfluss. Der Prophet ist nichts wert im eigenen Lande, eine alte Weisheit. Die Beauftragung von Management Consultants, die übrigens in den meisten Fällen "im Hause" gut bekannt sind, erfüllt hier mindestens zwei Zwecke:
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Zum einen verfügen sie über das notwendige Know-How, um die Umgestaltung professionell zu entwerfen. Zum anderen leiht man sich hier eine (externe) Autorität, die - im Falle des Scheiterns - als Feigenblatt der eigenen Inkompetenz verurteilt werden kann. So unkonkret eine lebenswichtige Vision auch zu Beginn sein mag, es bedarf zu ihrer Ausgestaltung - Einer gründlichen Analyse "historischer" Daten (Gab es bereits ähnliche Situationen, die zu meistern waren? Wie wurde in der Vergangenheit darauf reagiert? Welche Maßnahmen wurden ergriffen? Welche Auswirkungen zeigten sie?) - Einer aufmerksamen Beurteilung der gegenwärtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage (Welche Gesetzentwürfe stehen zur Diskussion, die Entscheidungen zukünftig beeinflussen könnten? Welche Trends herrschen gegenwärtig, die Chancen oder Gefahren in sich bergen?) - Eines Blickes in die Zukunft (Trendanalysen) Betrachten Sie die Entwicklung einer zukunftsfähigen Vision als Herausforderung, der Sie sich mit allen Konsequenzen stellen. Die Weichen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung können nur Führungskräfte stellen, die realistische Vorstellungen gezielt auswählen und artikulieren. Als Grundlage sind gute und verlässliche Informationen unabdingbar. Alibiberatung, die lediglich der persönlichen Bereicherung und dem Machterhalt dient, wird nicht auf fruchtbaren Boden fallen, da sie langfristig kein Vertrauen und somit kein Selbstbewusstsein schafft.
Neid [invidia, ae/i (akt) Neid, den jemand hegt, Mißgunst, Eifersucht, (pass) Neid, der gegen jemanden gehegt wird, Haß, Mißgunst, Ungunst, Ungnade, Unwille gegen jemanden, Unzufriedenheit mit jemandem, Mißfallen, Mißkredit. Gehässigkeit, Anfeindung, Verdächtigung, üble Nachrede, Vorwurf -> Unlustgefühl, das jemanden befällt, wenn er einem anderen etwas nicht gönnt od. das Gleiche haben will und es nicht bekommt.] Sehr eng verwandt mit der Todsünde des Hochmuts, ist die des Neides. Wie bereits oben erwähnt, ist ein beliebtes Mittel, um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken (z.B. realistische Ziele zu setzen), ein Projizieren derselben auf den Dienstleister. D.h. im Erfolgsfalle ist es der eigene Erfolg, im Misserfolgsfalle das Versagen des Beraters. Eine Erfolgsbeteiligung findet ebenfalls nicht statt, die Loyalität des "Informationslieferan-
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ten" geht somit verloren. Dies geht auf Kosten zukünftiger Beratungsleistungen. Im vermeintlichen Erfolgsfalle wird ein solcher Kunde auf seiner "Erkenntnis" sitzen bleiben, sein Wissen nicht teilen und somit keine langfristige Veränderung herbeiführen. Er wird den "Neid der Besitzlosen" zu wecken versuchen und letztlich doch nur ein kostspieliges Schubladenresultat produzieren! Ein weiterer wesentlicher Faktor um Visionen umzusetzen ist daher die Beteiligung der internen Wissensträger. Bereits im Jahre 1995 wurde nachgewiesen, dass 70-80% der von Beratern konzipierten Veränderungsprozesse im Kundenunternehmen auf den Widerstand der Mitarbeiter und Manager stießen, nicht den erwarteten Nutzen brachten, in einer Sackgasse endeten oder gar vorzeitig abgebrochen wurden, (vgl. Straub u. Forchhammer 1995) Als Ursache hierfür wurde auf Beraterseite die Tatsache identifiziert, dass die Unterscheidung bzw. richtige Verknüpfung zwischen inhaltlichem Expertentum und prozessorientierter Durchführung unterschätzt wurde. Auf Kundenseite hingegen wurde einerseits versäumt, die Kompetenz des Umganges der Berater mit den eigenen Mitarbeitern einzuschätzen. Andererseits wurde die sich bietende Chance vertan, Ziele und Wege der Neuausrichtung an Interne zu kommunizieren. Mitarbeiter, die über Änderungsprozesse in keiner Weise informiert oder in diese einbezogen sind, werden in den wenigsten Fällen die aus einem puren Egozentrismus geborenen Veränderungen mit tragen oder unterstützen. Misserfolge infolge von Neid können Sie vermeiden, indem Sie ihre internen Know-How-Träger von Anfang an in Prozesse einbinden. Am Ende wird sich hier entscheiden, ob die Management Consultants ihrer Funktion als sog. "Change Agents" gerecht werden und ob ihre Beratungsergebnisse durchsetzbar sind oder nicht.
Zorn [ira, ae/i Zorn, Heftigkeit, Erbitterung, Ingrimm, Wut, Rachlust als vorübergehende leidenschaftliche Gemütsstimmung. -^ Zorn heftiger Unwille, aufwallender Ärger (über Unrecht oder eine Kränkung)] Zorn ist Ausdruck eines starken, sehr negativen Gefühls. Er setzt - zumindest kurzfristig - ungeheure Energien frei, die vollkommen unbeherrscht und somit wenig zielgerichtet sind. Im übertragenen Sinne findet sich dieser explosionsartige Gefühlsausbruch bei der Orientierung an kurzfristigen Zielen wieder.
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Kurzfristige Projekte zur Steigerungen der Leistung oder des Aktienkurses sind notwendig und wichtig, nicht aber die "zornige" Initiierung großer, ggf. sogar konzemweiter Changeprozesse als Resultat eines blinden Aktionismus. Im Vordergrund des Einsatzes von Management Consultants steht dann die Bearbeitung einer einzelnen isolierten Aufgabe und die Erreichung eines einzelnen Zieles, statt der ganzheitlichen Ausrichtung an Unternehmenszielen und Initiierung von echten Veränderungsprozessen. Die Ursache einer solchen isolierten Aktion ist zu suchen in der völligen Unterschätzung oder gar der Unkenntnis, evtl. sogar gezielter Ignoranz der Funktion eines Unternehmens und somit der Unfähigkeit, sich an strategischen Unternehmenszielen orientieren zu können oder zu wollen. Das A und O eines sinnvollen Projektes unter Einsatz von Management Consultants ist eine klare Zieldefmition (dies gilt selbstverständlich auch für andere Projekte). Zielsetzungen alleine reichen jedoch keineswegs aus. Zur Realisierung eines Veränderungsvorhabens gehört ebenso die klare und eindeutige Führung durch den Auftraggeber. Er muss den eingesetzten externen Kräften Transparenz über das Zusammenspiel interner Interessen und Interessenskonflikte verschaffen und diese auch über Änderungen informieren, um beispielsweise eine Neuausrichtung des Projektzieles allen Beteiligten verständlich zu machen. Die Chance der Beauftragung einer Analyse oder Veränderung durch Management Consultants liegt ja nicht zuletzt darin, sich qualifizierter, zuverlässiger und schneller Hilfe zur Beseitigung von Konflikten oder Verbesserung interner Prozesse zu bedienen. Diese Phase der Selbstreflexion (Analyse) soll dauerhaft zu wirksamem Handeln führen, muss also von Anfang an begleitet, überprüft und im Verlauf ständig am Auftrag verifiziert werden. Zorn ist ein schlechter Ratgeber. Jedes Projekt bedarf der Begleitung. Geben Sie also Ihren extern beauftragten Kräften (und das gilt nicht nur für Management Consultants, sondern ebenso z.B. für IT-Consultants) eine realistische Gelegenheit, den ihnen erteilten Auftrag auch erfüllen zu können. Im Falle der Wiederbeauftragung wird sich dies positiv bemerkbar machen und die Erfolgsaussichten der Projekte werden dauerhaft steigen
Habgier [avaritia, a e / Habsucht, Habgier, Geldgier, Geiz; pl. Arten der Habsucht. Übertr. Ruhmgier, Ehrgeiz. -> Geiz: abstossend übertriebene Sparsamkeit, Knauserei. (veralt.) Gier. -> Habgier: Gier, rücksichtloses Streben nach Besitz = Gewinnsucht]
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Zu den höchsten Zielen der beratenden Zunft gehört die Identifikation von Einsparpotenzialen in den von ihnen beratenen Unternehmen und die Entwicklung von Strategien zu ihrer Erschließung. Häufig übersehen wird jedoch der Umstand, dass bereits der Einsatz externer Management Consultants an sich das Resultat einer vorgelagerten untemehmensinternen Einsparungsstrategie ist: Statt langfristig eigene Kompetenz aufzubauen wird kurzfristig externes Know-How fiir punktuelle Einsätze eingekauft. Dieser grundsätzlich positive Einsparungsansatz wird durch seine überzogene Anwendung häufig pervertiert und im Resultat ins Gegenteil verkehrt. Die Folge: Berater machen sich langfristig unentbehrlich statt dafür zu sorgen, dass die von ihnen in der Theorie optimierten Prozesse auch in der Praxis nicht nur angestoßen sondern iterativ weiterentwickelt und gelebt werden. Der Grund für dieses häufig zu beobachtende Phänomen lässt sich im Sinne der sieben Todsünden als Sieg der Habgier über die unternehmerische Vernunft umschreiben. Partielle Optimierungen zur Erreichung von kurzfristigen Teilzielen, werden strategischen Langfristzielen des Unternehmens übergeordnet. Und zwar häufig gerade deshalb, weil gehaltsrelevante Individualziele der beauftragenden Personen der Auslöser für die Beauftragung sind. Die Untemehmensziele werden dabei eigenen Zielen untergeordnet - und zwar in völliger Übereinstimmung mit den persönlichen Zielvereinbarungen. Kein Wunder also, dass die paradoxe Situation auftritt, in der alle Topmanager ihre individuellen Ziele erreichen, während das Gesamtziel jedoch verfehlt wird. Vermeiden können Sie dieses Dilemma durch die Formulierung eines sog. Management Consulting Masterplans. Im Sinne eines übergeordneten Program Management-Ansatzes sorgt er für die bereichsübergreifende Transparenz beim Einsatz von Management Consultants im Unternehmen. Denn nur wenn alle strategischen Initiativen, die den Einsatz von Management Consultants erfordern, als Programm-Portfolio durch ein „neutrales", also direkt an die Unternehmensleitung berichtendes. Program Management Office priorisiert und gesteuert werden, kann die beschriebene Divergenz von Individual- und Unternehmenserfolg vermieden werden. Hierzu zählt natürlich auch die deduktive Ableitung aller Individualziele der beteiligten Manager, aus den im Masterplan festgelegten Unternehmenszielsetzungen. Eigentlich eine Binsenweisheit, die in der Praxis leider allzu oft übersehen wird. Wird sie aber eingehalten, können Sie damit die in jedem Menschen (zumindest latent) vorhandene Gier nach mehr vom individuellen Sündenfall in eine unternehmerisch sinnvolle Form des motivierten Strebens nach Zielerreichung konvertieren. Die Todsünde wird - ins positive gewendet - zu einem Glücksfall für das Unternehmen.
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Maßlosigkeit [gula, ae/i Speiseröre, Schlund des Menschen, Gaumen = Genußsucht, Schlemmerei, Gefräßigkeit. -^ Unmäßig: kein Maß nehmend, maßlos, nicht Maß haltend, übermäßig; über das normale Maß hinausgehend.] Der hohe Grad an Unzufriedenheit mit den Leistungen der von ihnen eingesetzten Berater deutet nicht nur auf die ausgeprägte Kritikfähigkeit der Auftraggeber hin. Vielfach liegt die Ursache vielmehr in der mangelnder Fähigkeit zur präzisen und zielgerichteten Formulierung der Aufgabenstellung. Untrennbar damit verbunden ist die Unfähigkeit, die Ausgangssituation des jeweiligen Veränderungsprozesses objektiv nachvollziehbar zu erfassen und damit zur Grundlage späterer Erfolgsmessung zu machen. Die Todsünde der Maßlosigkeit, die diese häufig anzutreffenden Defizite beschreibt, ist hier also nicht im Sinne übertriebener Genusssucht, sondern schlicht im eigentlichen Wortsinn zu verstehen. Es fehlt hier das Maß im Sinne objektiver Kenngrößen, die zur Beurteilung des Beratungsprojektes herangezogen werden können. Den Auftraggebern kommt diese Unscharfe natürlich sehr gelegen: Je unpräziser die Ausgangssituation beschrieben und dokumentiert ist, desto einfacher lässt sich das Projekt im Nachhinein aufgrund subjektiver Bewertungskriterien als Erfolg einstufen. Eine Situation, die selbstverständlich auch von den beauftragten Dienstleistern nur zu gern hingenommen wird. Die Handlungsempfehlung zur Vermeidung der beschriebenen „Maßlosigkeit" ist ebenso simpel wie effizient: Je größer Sie die erfolgsabhängige Komponente bei der Vergütung der Management Consultants ansetzen und je detaillierter Sie diese beschreiben, desto größer wird auch das Interesse der Berater an möglichst präzisen und objektiven Messgrößen und der transparenten Beschreibung von Ausgangs- und Zielsituation sein. Das Finden der richtigen Messgrößen und Kennzahlen verhindert damit die Maßlosigkeit im doppelten Wortsinn: Sie gibt ein objektives Maß vor und vermeidet den verschwenderischen, weil ziellosen, Einsatz externer Berater.
Wollust [luxuria, ae / Üppigkeit = üppiges Wachstum, üppige Fruchtbarkeit, Geilheit. -> Üppigkeit, Prunksucht, Genußsucht, Vergnügungssucht, Großes Vergnügen, Wonne, innigste Freude, Entzücken. Schwelgerei, den Hang oder die Neigung
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zum Wohlleben oder Genießen hervorhebend; Zügellosigkeit, Übermut in Ausübung der Macht.] An dieser Stelle soll nicht moralisierend die allzu verständliche Freude an großem und schnellem Wachstum verurteilt werden. Es geht auch nicht um den Mangel an Verantwortungsbewusstsein im Management oder bei der Unternehmenspolitik allgemein, die existenzbedrohliche Formen annehmen können. (Ellis u. Tissen 2002) Vielmehr soll das Augenmerk auf eine gewisse Zügellosigkeit oder den "Übermut in Ausübung der Macht" gelenkt werden. Mit der Beauftragung zur Veränderung geht die Verfiihrung einher, zu glauben und zu vermitteln, dass von nun an alles besser wird. Dies sind leider oft leere Versprechen, die im Falle des Misserft)lges bestehende Bindungen zerstören und - statt dauerhaftes, verantwortungsvolles Handeln zu initiieren - Enttäuschung zurücklassen. Die Folge sind lethargisches Desinteresse oder gar der Unwille an wirklich konstruktiver Verbesserung mitzuwirken. Die Umsetzung eines Change Prozesses bedarf der Mithilfe und Unterstützung interner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie des beteiligten Managements. Eine Veränderung als Handlungsanweisung nahe zu bringen bedeutet, dass die angestrebten Prozesse verständlich (= erklärbar) und reproduzierbar sein müssen. Nur so kann eine Akzeptanz überhaupt erreicht werden. Unbedingter Teil des Beratungskonzeptes muss also eine realistische Einschätzung des Aufwandes für Change Management sein. Die Selbstverliebtheit des Managements von Grossunternehmen in den eigenen Erfolg übersieht diesen Aspekt leider häufig. Informationen fließen nicht von selbst, sie müssen gesteuert und überprüft werden. Desinformation über Beratungskonzepte hingegen führt zu mangelnder Akzeptanz. Wenn Sie Sätze wie "Ich weiß auch nicht, was das Ziel dieses Audits ist, wir haben uns doch erst vor 3 Monaten reorganisiert!" kennen, bedeutet dies in den meisten Fällen, dass jede Bestrebung zu notwendiger Veränderung intern boykottiert werden wird. Die eigenen Wissensträger werden die externen Management Consultants nicht mit wertvollem Wissen und den notwendigen Einschätzungen zu vorhandenen Prozessen versorgen, das Konzept selbst ist bereits hier zum Scheitern verurteilt.
Trägheit [acedia, a e / Überdruß: Abneigung, Unlust, Widerwille infolge Übersättigung. -> Trägheit: das Trägesein, träge Art, träges Wesen. Eigenschaft jedes Körpers, einer
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Änderung der Größe u. Richtung seiner Geschwindigkeit zu widerstehen; Beharrungsvermögen.] Betrachtet man elementare Kennzeichen der Todsünde „Trägheit" wie etwa das Dahinleben ohne Eigeninitiative, den mangelnden Willen, an der eigenen Entwicklung zu arbeiten oder die Weigerung irgendeine Form von Wagnis einzugehen, drängt sich rasch eine erschreckende Erkenntnis auf: Der mit den genannten Eigenschaften so treffend charakterisierte - und uns allen wohlbekannte - innere Schweinehund ist vielfach der wahre Grund für den Einsatz externer Management Consultants. Ihren Ursprung hat die Trägheit meist im Unwillen oder der Unfähigkeit zur Entscheidung, die durch alle Stufen der Hierarchien tradiert wird. Auch der „kleinste" Manager budgetiert sicherheitshalber Beratungsleistung und rekrutiert damit Know-How, das in vielen Fällen bereits in den eigenen Reihen zu finden gewesen wäre. Vorgeschobene Sachzwänge und unternehmerische Zielstellungen können dennoch nicht verbergen, dass ein Großteil der in Großunternehmen eingesetzten Management Consultants überwiegend dazu dient, die fehlende Initiative und Phantasie ihrer Auftraggeber zu kompensieren. Der weise Spruch „Kommt Zeit, kommt Rat" pervertiert zu „Kommt Zeit, kommt Berater" und offenbart eine fatalistische Lebenseinstellung in der Eigenverantwortung abgelehnt und an Berater delegiert wird. Zu kritisieren ist hier also nicht die mangelnde Kompetenz der Consultants, sondern vielmehr die der Beratenen, die ihre Berater nicht als externen Know-How-Pool nutzen sondern als teure erkaufte Ruheliege missbrauchen. Das Scheitern vieler Beratungsprojekte ist schon in der Phase der Beauftragung und Projektdefinition erkennbar, da der für wirklichen Fortschritt unabdingbare Veränderungswille und die erforderliche Risikobereitschaft der Auftraggeber fehlen. Die Frage nach den Ursachen ist auch hier schnell geklärt: Innovationswille und unternehmerischer Wagemut sind Persönlichkeitsmerkmale, die bei der systematischen Managemententwicklung vieler Unternehmen eine ebenso geringe Priorität genießen, wie bei den persönlichen Zielvereinbarungen ihrer Entscheidungsträger. Gefördert wird dies durch das Bemühen des Top-Managements, die bestehenden Machtstrukturen in ihrem Sinne zu manifestieren. Gerade hier ist aber auch ein möglicher Ansatz zur Lösung des Problems und zum erfolgreichen Einsatz von Management Consultants zu finden. Konzerne müssen lernen, Ziel Vereinbarungen auf Management Level nicht nur monokausal an der Erreichung operativer Etappenziele auszurichten. Sie müssen stattdessen verstärkt auch persönliche Entwicklungsziele, die auf Innovationsfreude und den viel beschworenen Unternehmer-
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geist abzielen, in den Zielvereinbarungen verankern. Und sie müssen den Einsatz von Management Consultants an die Bereitschaft der Auftraggeber koppeln, sich persönlich an der erfolgreichen Umsetzung der Beratungsprojekte und damit letztlich an der Übernahme der vollen Verantwortung fiir den Beratereinsatz messen zu lassen.
Resümee - 7 Gebote für den Umgang mit Management Consultants In der rückblickenden Betrachtung der Todsünden mag der Eindruck aufkommen, dass der Einsatz von externen Beratern zur Optimierung in Managementfi*agen vollständig überflüssig sei oder verurteilt werden soll. Das Gegenteil ist der Fall! Im Folgenden möchten wir Ihnen als Resümee sieben Gebote anbieten, die - abgeleitet von den sieben Todsünden - im Sinne von Handlungsempfehlungen zum erfolgreichen Einsatz von Management Consultants genutzt werden sollten: - Entwickeln Sie eine klare Vision, die durch sorgfältige Analyse und Konzepte auch erreichbar ist! - Machen Sie diese Vision transparent, indem Sie interne und externe Kräfte in Ihr Vorhaben einbinden und es offen kommunizieren! - Führen Sie als Visionär Ihre Mitarbeiter und Berater durch den Prozess zur Umsetzung Ihres Zieles! - Opfern Sie nicht Ihre Unternehmensziele zu Gunsten kurzfristiger persönlicher Ziele. - Formulieren Sie die Ziele des Beratereinsatzes klar und deutlich und machen Sie diese messbar! - Erarbeiten und erhalten Sie sich durch Beteiligung und Führung die eigene Glaubhaftigkeit an Veränderungsprozesse! - Engagieren Sie sich, verpflichten Sie sich der Verantwortung und der getroffenen Entscheidungen!
Literaturhinweise Benis W, Nanus B (1992) Führungskräfte. Die vier Schlüsselstrategien erfolgreichen Führens. Campus Verlag, Frankftirt, New York, S. 88 ff. Deutsches Wörterbuch in 6 Bänden, Brockhaus Wahrig 1981 Ellis J, Tissen R (2002) Die 7 Todsünden im Management. Verlag Carl Ueberreuter.
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Fink D (2004a) So viel ist den Unternehmen externer Rat wert. In: managermagazin.de: Berater-Ranking: Die Fleischtöpfe. Online unter: http://www. manager-magazin.de/unternehmen/beratertest/0,2828,295983,00. html, letzter Abruf am 30.06.2004 Fink D (2004b) Gesamtmarkt: Gespaltenes Urteil der Kunden. In: managermagazin.de: Berater-Ranking: Die Sieger (4). Online unter: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/beratertest/0,2828,295984-4,00.html, letzter Abruf am 30.06.2004 Langenscheidts Großwörterbuch Teil I+II, Menge-Güthling, Langenscheidt KG, Berlin-Schöneberg, 13. Aufl. 1982 Net-Lexikon. Online unter: http://www.net-lexikon.de Straub WG, Forchhammer LS (1995) Berater können erfolgreicher werden. Harvard Business Manager 1995
Teil C: (Aus-)Blick auf die Beratungsbranche
Machiavelli, McKinsey & Co. - eine kleine Geschichte der Managementberatung Dietmar Fink
Einleitung Managementberater - so sagt man - pflegen seit jeher eine gewisse EliteKultur. Sie verstehen sich als kompetente Spezialisten für jedes noch so individuelle Problem. Sie umgeben sich mit dem Flair der Überlegenheit, mit den Insignien und Symbolen des Erfolges und der Macht. An den ersten Adressen der großen Metropolen residieren sie in imposanten Büros, ihre Klienten beeindrucken sie ebenso wie ihre Kritiker durch scharfen Sachverstand, durch souveränes Auftreten und eine bestechende Rhetorik. Keine Frage, Managementberater sind überdurchschnittlich qualifiziert. Von ihrem Berufsstand und von sich selbst sind sie tief überzeugt. Und: sie können überzeugen. Ihre Methoden gelten heute als Maßstab moderner Untemehmensführung, ihre Entscheidungen als rational, objektiv und aus Klientensicht durchaus auch als lohnend. Doch - so fragt man sich - wie ist die Branche der Managementberater dereinst eigentlich entstanden? Wie hat sie sich zu dem entwickelt, was man ihr nachsagt, heute zu sein? Es mag auf den ersten Blick verblüffen, aber es gibt tatsächlich einige Autoren, recht renommierte überdies, die die Entstehung der modernen Managementberatung bis in die Zeiten Machiavellis oder gar Moses' zurückdatieren. Ganz ohne Zweifel, auch diese beiden haben ihren „Auftraggebern" fraglos mit Rat und Tat zur Seite gestanden beziehungsweise ihre eigenen Berater professionell gemanagt. Doch der Bezug zur Entstehungsgeschichte der heutigen Consulting-Branche scheint doch etwas zu kreativ und mittelbar. Im Folgenden soll die - zugegebenermaßen noch recht kurze - Geschichte der Managementberatung in fünf Epochen nacherzählt werden. In fünf Zeitabschnitten, die die wichtigsten Wendungen und Wandlungen der Branche charakterisieren: Initialisierung, Professionalisierung, Internationalisierung, Differenzierung und Konsolidierung. Für alle, die es so gewohnt sind, hier noch kurz das Wichtigste im Sinne einer Executive Summary vorweg: Die Struktur des Beratungsmarktes hat sich im Laufe seiner Geschichte natürlich deutlich verändert (vgl. Abbildung 1). In den frühen Jahren waren es vor allem kleine Partnerschaften und Kanzleien beratender Ingenieure, Wirtschaftsprüfer und Anwälte, die
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nach und nach begannen, das neue Geschäftsfeld zu erschHeßen. In den USA der 1930er Jahre entwickelte die Branche dann ein zunehmend professionelles Profil. Der Terminus ..Management Consultant'' begann sich am Markt zu etablieren, viele große amerikanische Industrieunternehmen griffen immer häufiger auf die Leistungen der externen Ratgeber zurück. In den frühen 1960er Jahren dehnten die fuhrenden amerikanischen Beratungsfirmen ihr Geschäft nach Europa, später auch nach Asien und Lateinamerika aus - und schon bald sollten sie den weltweiten Beratungsmarkt dominieren. In den 1970er und 1980er Jahren begann sich der Markt zu differenzieren. Kleine, spezialisierte Strategieberater forderten die etablierten Firmen ebenso heraus wie die Beratungsabteilungen der großen Wirtschaftsprüfungskonzerne, die sich vor allem auf informationstechnische Aspekte der Beratung fokussierten. In den 1990er Jahren folgte eine weitere starke Wachstumsphase, die bis zur Jahrtausendwende andauerte. Heute befindet sich der Markt im Übergang von der Wachstums- in die Reifephase und beginnt sich zu konsolidieren. Doch nun im Einzelnen ... Marktvolumen (stilisiert)
Beratende Ingenieure Anwälte Wirtschaftsprüfer Vor allem regional in New York und Chicago
1933: Glass-Steagal-Act untersagte Geschäftsbanken die betriebswirtschaftliche Beratung ihrer Kunden Nachfrage insb. von Gläubigerversannmlungen nach dem Börsencrash Immer mehr Großunternehmen setzen Berater ein
Amerikanisierung des Managements
Verschärfter Wettbewerb
Strategieberater entstehen Wirtschaftsprüfer gründen ITBeratungsbereiche
Standards werden gesetzt
Differenzierung Professtonalisierung
Initialisierung
1920
Internationalisierung
1930
1960
1970
Konsolidierung
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Abb. 1. Entwicklung des Beratermarktes
Initialisierung: Die frühen Jahre Am 9. April 1930 erschien im amerikanischen Wirtschaftsmagazin Business Week ein Artikel, der zu den frühen Meilensteinen in der Geschichte der Unternehmensberatung zählt. An diesem Tag, inmitten der Wirren der
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Weltwirtschaftskrise, wurden die Leser des Blattes zum ersten Mal auf eine neue Branche hingewiesen: die der Management Consultants. James O. McKinsey, Wirtschaftsprofessor an der University of Chicago, argumentierte in dem Beitrag, dass die Zahl der professionellen Helfer des Managements so stark angestiegen sei, dass nun wiederum ein neuer Typ des Helfers benötigt werde, der die Untemehmensführung sicher durch das Dickicht professioneller Dienstleistungen lotsen könne. Eben ein „Management Consultant". Es wäre sicherlich verfehlt, dieses Ereignis als Geburtsstunde der Managementberatung zu bezeichnen. Andererseits ist seine Bedeutung nicht zu unterschätzen. Bereits seit den 1920er Jahren wuchs in den USA das Angebot professioneller Managementdienstleistungen stetig an. Vor allem beratende Ingenieure - so genannte „Management Engineers" - Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer und Geschäftsbanken entwickelten ein breites Angebotsspektrum, das sie aus ihrem jeweiligen fachlichen Blickwinkel vornehmlich den Unternehmen ihrer Region offerierten. Erst als sich der Begriff des Management Consultant in der Geschäftswelt etablierte, bildete sich allmählich ein konsistentes Profil heraus, das eine eigene Branche entstehen ließ. Als Geburtsstunde der modernen Managementberatung wird heute üblicherweise nicht ein geplanter konstituierender Akt angesehen. Vielmehr hat sich das Jahr 1886 als erste wichtige Station in der Geschichtsschreibung der Branche etabliert. Es ist das Gründungsjahr des ältesten Unternehmens, das sich später - viel später - zu einem Management Consultant im heutigen Sinne entwickeln sollte: das Unternehmen Arthur D. Little. Häufig ist zu lesen, dass der Namengeber der Beratung, Arthur Dehon Little, das Unternehmen als Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) gegründet habe. So ganz richtig ist dies allerdings nicht. Zwar lehrte Little später als Dozent am MIT, seine Geschichte beginnt jedoch wesentlich weniger spektakulär. 1881 schrieb er sich am Boston Tech, dem Vorläufer des heutigen MIT, für ein Chemiestudium ein. Nach drei Jahren als durchaus engagierter und erfolgreicher Student wurde Little jedoch ein Opfer der damaligen wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit. Er konnte die Studiengebühren der Hochschule nicht mehr aufbringen, brach sein Studium ab und nahm für zwei Dollar pro Tag eine Arbeit als Labor- und Büroangestellter bei der Richmond Paper Company im 70 Meilen entfernten Rhode Island an. Zwei weitere Jahre vergingen, ehe sich Little entschloss, gemeinsam mit seinem Kollegen Roger Griffin ein eigenes Geschäft aufzubauen. „Produktreinheit" war eines der Themen, das zu dieser Zeit ganz oben auf der Agenda vieler Handels- und Industrieunternehmen stand. Denn immer mehr Firmen begannen Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten in entfernten
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Ländern aufzubauen. Um sicherzustellen, dass die Puder, Metalle und Flüssigkeiten, die sie dort bezogen, nicht verunreinigt, verfälscht oder veraltet waren, beauftragten sie professionelle Chemiker mit der Prüfung der erstandenen Waren. Little und Griffin waren fest entschlossen, in diesem Geschäft Fuß zu fassen. Und so liehen sie sich jeweils 2.500 Dollar Startkapital und mieteten in der Innenstadt von Boston ihre ersten Büroräume an. Für 75 Cent je Probe offerierten von nun an Griffin and Little, Chemical Engineers Analysen für Chemikalien, Pharmazeutika, Farben, Öle, Fette, Seifen, Düngemittel, Mineralien, Eisen, Stahl, Wasser und Nahrungsmittel. Zu den ersten großen Erfolgen des Labors zählte die Entwicklung von nichtbrennbarem Kinofilm, ein Patent, dessen Rechte sie an die Firma Eastman Kodak verkauften. George Eastman selbst hatte mit seinen Chemikern den ersten kommerziellen transparenten Rollenfilm auf den Markt gebracht und damit die Basis für Thomas Alva Edisons Filmkamera gelegt. Aber natürlich waren nicht alle frühen Aufträge von dieser Tragweite. Im Gegenteil. Ein Klient des Labors war beispielsweise ein Hühnerzüchter, dessen Hennen einen Schönheitswettbewerb verloren hatten. Er verdächtigte seinen siegreichen Konkurrenten, das Gefieder seiner Tiere regelwidrig aufgebessert zu haben. Little untersuchte die Federn - und tatsächlich: er fand Färbemittel. Überschattet wurden die frühen Erfolge jedoch von einem tragischen Laborunfall, bei dem Roger Griffin 1893 ums Leben kam. In den Folgejahren setzte Little die begonnenen Forschungsarbeiten zunächst alleine fort. Erst im Jahre 1900 nahm er mit William H. Walker einen jungen Chemiedozenten des Boston Tech als neuen Partner auf Little selbst hatte bereits einige Jahre zuvor begonnen, an der chemischen Fakultät seiner alten Ausbildungsstätte das Fach „Papermaking" zu lehren. 1909 schließlich, sechzehn Jahre nach dem Tod von Griffin, entschied er sich, sein eigenes Labor unter seinem Namen als Arthur D. Little, Inc. eintragen zu lassen. Der Erfolg seiner Firma setzte sich auch unter dem neuen Namen fort, die Vernetzung mit den industriellen Pionieren der Jahrhundertwende gelang. Als James J. Storrow, damals Präsident von General Motors, 1911 die erste zentrale Entwicklungsabteilung für alle Unternehmen seines Konzerns einrichten ließ, engagierte er die Berater von Arthur D. Little, um ein entsprechendes Forschungszentrum aufzubauen. Es sollten jedoch noch viele Jahre vergehen, bevor das Unternehmen begann, neben technischen- auch betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen anzubieten. Die Pioniere, die das Feld der Managementberatung in den 1920er Jahren erschlossen und später, ab den 1930er Jahren, dominieren sollten, gingen ausnahmslos aus kleinen Partnerschaften und Kanzleien hervor. In New York und Chicago, den damaligen wirtschaftlichen Zentren der USA,
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begannen sich in den 1920er Jahren Wirtschaftsprüfer, Anwälte und Ingenieure den Unternehmen ihrer Region als externe Experten für die Bereiche Planung, Organisation und Produktion anzubieten. Ihr Geschäft entwickelte sich jedoch zunächst nur langsam. Bis in die 1930er Jahre hinein war es kaum einer der Firmen gelungen, über ihre Gründungspartner hinaus zu wachsen. Ein Musterbeispiel für diese Zeit ist das Unternehmen von Edwin Booz. 1914, noch im selben Jahr, in dem er sein Studium an der University of Chicago mit einem Bachelor-Diplom in Wirtschaft und einem Master in Psychologie beendet hatte, eröffnete Booz ein eigenes, kleines Büro. Die angemieteten Räume waren nicht gerade luxuriös - aus Kostengründen teilte er sie mit einem Handelsvertreter für Badehandtücher - aber es reichte aus, um als Ein-Mann-Betrieb statistische Auswertungen und wirtschaftliche Analysen für unterschiedlichste Kunden zu erstellen. 1917, als die USA in den ersten Weltkrieg eintraten, wurde sein Aufstieg als Geschäftsmann vorübergehend gestoppt - nicht jedoch seine Tätigkeit als Analyst. Als er im September des Jahres von der amerikanischen Armee einberufen wurde, begann er seinen Militärdienst zunächst als gewöhnlicher Soldat in der Personalverwaltung. In Anbetracht seiner Erfahrungen wurde er jedoch schon bald in das Kriegsministerium nach Washington versetzt, wo er im Range eines Majors die zahlreichen Büros und die Geschäftsprozesse der Behörde reorganisierte. Im März 1919, als der Krieg zu Ende gegangen war, verließ er die Armee, um sich wieder seinem eigentlichen Geschäft zu widmen. Mit einem Darlehen der State Bank & Trust aus Evanston in Illinois gründete er den Business Engineering Service - und gewann seinen Finanzier gleich als ersten Kunden. Die Studien, die er für seine Auftraggeber erstellte, basierten zumeist auf umfassenden Analysen des Managements, der Organisation und der Mitarbeiter. Denn Menschen waren in seinen Augen der Schlüssel zum geschäftlichen Erfolg eines jeden Unternehmens. Anfang der 1920er Jahre begann seine Kundenbasis rasch zu wachsen. Booz arbeitete nun für Banken, Industrieunternehmen, Werbeagenturen, Großhändler, Verlage, für die öffentliche Verwaltung und für zahlreiche weitere Firmen. 1924 entschloss er sich, seinem Unternehmen einen neuen Namen zu geben und sein Leistungsspektrum zu erweitern: Edwin Booz Surveys bot neben betriebswirtschaftlichen Studien, Analysen und Problemlösungen nun auch Hilfestellung bei der Akquisition von Führungskräften. Ein Jahr später, 1925, stellte Booz nach über zehn Jahren Geschäftstätigkeit mit George Fry schließlich seinen ersten Mitarbeiter ein. Vier weitere Jahre sollten vergehen, bis 1929 der zweite folgte: James Allen, wie Booz ein Absolvent der Northwestern University in Chicago.
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Schon bald sollte der erste Boom der Branche beginnen. Hunderte amerikanischer Großunternehmen, darunter so renommierte Konzerne wie etwa Armour, Union Carbide, Kroger oder Johnson Wax, griffen in den 1930er Jahren regelmäßig auf die Unterstützung externer Berater zurück und dies in zunehmend sensibleren Unternehmensbereichen. Neben operativen Rationalisierungsmaßnamen rückten Verbesserungen im Bereich der Unternehmensführung und der Finanzierung immer stärker in den Fokus der Berater. Die Unterschiede zu den Anfängen in den 1920er Jahren hätten größer kaum sein können. Wurden die Firmen zu dieser Zeit doch üblicherweise vom mittleren Management engagiert, um spezielle operative, meist abteilungsbezogene Probleme zu analysieren.
Professionalisierung: Dresscodes und die Wirtschaftskrise Die 1930er Jahre standen ganz im Zeichen der eingebrochenen Aktienmärkte und der Folgen der Weltwirtschaftkrise. Zahlreiche Industrieunternehmen konnten ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Geldgebern nicht mehr nachkommen. Und so traten viele Banken und Investmenhäuser, die in Gläubigerversammlungen die Kontrolle über die Geschäfte ihrer Schuldner übernommen hatten, an externe Ratgeber heran, um sich bei der finanziellen Sanierung der Unternehmen unterstützen zu lassen. Zu diesen Ratgebern zählten neben Wirtschaftsprüfern vor allem auch Anwaltskanzleien. So zum Beispiel auch Jones Day, die führenden Kanzlei in Cleveland. Die Aufträge, die die Gläubiger an die Anwälte herantrugen, waren in der Regel stärker betriebswirtschaftlich als rechtlich geprägt. Und so beauftragte die Kanzlei zumeist einen entsprechend geschulten Mitarbeiter mit ihrer Betreuung - den jungen Anwalt Marvin Bower, einen Absolventen der Harvard Business School. Bower reizte es, als Mitglied von Gläubigerversammlungen Studien über Gewinnpotenziale anzufertigen und Finanzpläne aufzustellen. Doch wenn die neuen Strukturen ausgehandelt waren und er die rechtlichen Dokumente aufsetzen musste, dann begann er sich zu langweilen. Er merkte jedoch auch, dass seine betriebswirtschaftlichen Analysen wenig professionell, ja fast schon laienhaft waren. Die Gläubigerversammlungen, die er betreute, entwarfen detaillierte Sanierungsprogramme in rechtlicher und finanzieller Hinsicht. Doch niemand kümmerte sich um grundsätzliche Managementfragen wie Strategien, Umsatzerwartungen oder effiziente Organisationsstrukturen - all die Dinge, deren Missmanagement die Krise vieler Unternehmen im Grunde verursacht hatte. Bower spürte, dass es ei-
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nes spezialisierten Unternehmens bedurfte, eines Unternehmens, das sich dieser Themen in der gleichen professionellen Weise annahm, wie es Jones Day in juristischen Dingen tat. Doch ihm war kein solches Unternehmen bekannt - bis er 1932 auf James O. McKinsey traf, den Mann, der wenige Jahre zuvor damit begonnen hatte, eine Firma ganz in diesem Sinne aufzubauen. McKinsey war 1926 an der University of Chicago zum Professor für „Business Policy" berufen worden. Und noch im gleichen Jahr hatte er neben seiner Hochschultätigkeit ein eigenes Unternehmen gegründet - James O. McKinsey & Company. Auch wenn McKinsey höhere Ziele verfolgte, die frühen Aufträge seiner Firma bestanden vor allem aus Buchprüfungen für seine Klienten. Erst nach und nach gelang es ihm, auch bei Führungsentscheidungen vermehrt als Ratgeber hinzugezogen zu werden. Doch McKinsey wollte mehr. Er wollte nicht, wie die meisten Berater dieser Zeit, als reiner Experte fiir eine effiziente Produktion engagiert werden. Er wollte seine Klienten vielmehr davon überzeugen, dass ein guter Berater nicht nur angeschlagene, ineffiziente Firmen bei der Rationalisierung, sondern auch - und gerade - gesunde Unternehmen bei der Erschließung von Wachstumspotenzialen und Marktchancen maßgeblich unterstützen konnte. Das Geschäft von McKinsey entwickelte sich viel versprechend. 1929 nahm er seinen ersten Partner hinzu: Andrew Thomas Kearney, der zuvor als Direktor der Marktforschung bei Swift & Company, einem großen Fleischwarenproduzenten, beschäftigt war. Weitere Partner folgten, das Geschäft prosperierte. 1932, als McKinsey auf Bower traf, beschäftigte sein Unternehmen bereits 15 „Professionals" - Partner, Berater und Wirtschaftsprüfer - und hatte neben der Zentrale in Chicago gerade eine kleine Zweigniederlassung in New York eröffnet. McKinsey fand Gefallen an den Ideen des jungen Anwalts. So zögerte er nicht lange und bot ihm einen Posten in New York an. Bower war hin und hergerissen. Sollte er seine sichere Stellung und die sich abzeichnende Karriere bei Jones Day aufgeben? Andererseits verspürte er, dass es an der Zeit war, eine echte Managementberatung zu etablieren. Seine Kollegen in Cleveland hielten ihn angeblich für verrückt, als er sich schließlich entschied, die renommierte Kanzlei zu verlassen, um eine Stelle bei einer gänzlich unbekannten Firma in einer ebenso unbekannten Branche anzutreten. Doch Bower war überzeugt, dass es eine große Chance war. Und so bestieg er am Abend des 12. Novembers 1933 den Nachtzug von Cleveland nach New York. Es war ein kleines Büro, doch Bower hatte klare Vorstellungen von dem Geschäft, das er aufbauen wollte. Und er war fest entschlossen daran mitzuwirken, James O. McKinsey & Company zu der Art von Firma zu entwickeln, die ihm in seinen Gedanken vorschwebte.
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Die 1930er Jahre sollten ihm und den anderen Pionieren der Beraterbranche ein passendes Umfeld bieten, um diese Ideen zu verwirklichen. Denn nicht nur die Folgen der Rezession begünstigten die Nachfrage nach einer externen Unterstützung des Managements durch professionelle Berater. Auch eine politische Entscheidung trug ihren Teil dazu bei. Im Jahre 1933 wurde in den USA im so genannten „Glass-Steagall Act" die Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken festgeschrieben. Ein Schritt, der ungeahnte Konsequenzen für die Entwicklung des Beratungsmarktes haben sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden viele Tätigkeiten von Geschäftsbanken wahrgenommen, die heute zum ureigenen Leistungsspektrum von Managementberatern zählen. Denn der Glass-Steagall Act untersagte den Geschäftsbanken nicht nur die Emission und den Handel von Aktien, er verbot es den Banken zudem, ihre bisherigen betriebswirtschaftlichen Beratungs- und Reorganisationsaktivitäten fortzuführen. In der Folge prosperierte das Geschäft vieler junger Beratungsuntemehmen, da sich zahlreiche Unternehmen mit entsprechenden Problemen und Aufgabenstellungen nun nicht mehr an ihre Bank, sondern an Berater wandten. Die 1930er Jahre bescherten den Beratungsuntemehmen in den USA beträchtliche Wachstumsraten. Vor allem Aufträge für Banken und für Gläubigerversammlungen krisengeplagter Unternehmen trieben das Geschäft voran. Auch für das Unternehmen von James O. McKinsey waren diese Jahre mir erheblichen Veränderungen verbunden. Mitte der 1930er Jahre erhielt der Firmengründer und Professor von einem Kunden, dem renommierten Chicagoer Warenhaus Marshall Field & Co., das Angebot, dem Unternehmen als neuer Firmenchef beizutreten. Ein Angebot, das in Wirtschaftskreisen des ganzen Landes viel Aufmerksamkeit erregte. Nachdem sich abzeichnete, dass McKinsey den Posten annehmen und sein eigenes Unternehmen in neue Hände legen würde, boten ihm zahlreiche Berater und Wirtschaftsprüfer an, ihre Firmen mit seiner zusammenzuführen. McKinsey entschied sich für Scovell, Wellington & Company. Mit Firmenchef C. Oliver Wellington einigte er sich darauf, dass aus dem Merger der Unternehmen zwei Partnerschaften hervorgehen sollten: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Scovell, Wellington & Company und die Managementberatung McKinsey, Wellington & Company. Am 18. November 1935 wurde der Zusammenschluss vertraglich besiegelt. Bereits einen Monat zuvor hatte McKinsey seinen neuen Posten in der Geschäftsleitung von Marshall Field & Co. angetreten. Er war nun CEO des Unternehmens, Herr über 17.000 Mitarbeiter und die gesamte Führungsmannschaft. Es war sicherlich kein leichter Einstig für McKinsey, doch er legte auch wenig Wert darauf, sich Freunde zu machen. Wer nicht auf seiner Seite stand, der hatte das Unternehmen zu verlassen. McKinsey machte den Job, für den man ihn geholt hatte. In nur sechs Monaten löste
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er einen von zwei Geschäftsbereichen vollständig auf. 1.200 Angestellte verloren ihren Arbeitsplatz, McKinsey erhielt Morddrohungen - und das Unternehmen schrieb tatsächlich wieder schwarze Zahlen. Doch McKinsey machte auch Fehler. Als er die Qualitätsstandards des Hauses unter Kostengesichtspunkten reduzierte, verärgerte er die klassenbewussten Angestellten ebenso wie die Eigentümer des traditionsreichen Hauses. Sein oberlehrerhaftes Auftreten fiihrte zu erheblichen Spannungen mit den übrigen Führungskräften. Zu spät beglichene Rechnungen belasteten die Kreditwürdigkeit des Unternehmens, nachlässige Angaben fiir die Hauptversammlung verärgerten den Aufsichtsrat. Zwar wiesen die Bücher 1937 schließlich einen ansehnlichen Gewinn von 3 Millionen Dollar aus, doch als der Aufsichtsrat McKinsey dazu veranlasste, detailliertere Zahlen herauszugeben, kamen fatale Fehlentscheidungen zum Vorschein. Anfang November 1937 sahen die Eigentümer des Unternehmens schließlich keine andere Möglichkeit mehr, als ihrem obersten Manager in einem persönlichen Gespräch zu eröffnen, dass man sich zum Ende des Jahres von ihm trennen werde. Doch es sollte anders kommen: Am 30. November 1937 verstarb McKinsey, gezeichnet von den Strapazen seiner Arbeit, im Alter von 47 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Die negativen Schlagzeilen, die nach McKinseys Tod über ihn und seine Tätigkeit bei Marshall Field & Co. verbreitet wurden, schlugen auch auf seine alte Firma zurück. Nachdem McKinsey aus dem Unternehmen ausgeschieden war, hatte Andrew Thomas Keamey, immer schon zweiter Mann neben McKinsey, die Leitung des Büros in Chicago übernommen. In New York tat es ihm mit Horace G. Crockett ein erfahrener Berater von Scovell, Wellington & Company gleich. Marvin Bower, der nun in New York die Position des zweiten Mannes bekleidete, und sein neuer Chef Crockett harmonierten gut miteinander. So mieteten sie ein repräsentatives Büro an der Wall Street. Ihre Beratung war gut ausgelastet, denn mit dem Merger hatten sie ein umfangreiches Projekt für die US Steel Corporation übernommen. Im Mai 1937 erreichte die Partner des Unternehmens dann jedoch ein unheilvolles Schreiben: Wellington ließ sie wissen, dass die US Steel Corporation ihre Studie beenden werde. Die Berater traf die Nachricht ins Mark. Über die Hälfte des Umsatzes, den die Firma erzielte, resultierte aus diesem einen Auftrag - ein Verlust, der nur schwerlich zu Verkraften war. Im November 1937 kam dann mit dem unerwarteten Tod von McKinsey ein weiterer Schlag hinzu. Die negative Presse, die in der Folge verbreitet wurde, tat ein Übriges. 1938 reichten die Gewinne des profitablen Büros in Chicago schließlich nicht mehr aus, um die defizitären Geschäfte der Niederlassung in New York auszugleichen.
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Im Frühjahr 1939 ergriff Marvin Bower die Initiative. In einem vertraulichen Schreiben an Crockett und Kearney stellte er einen Reorganisationsvorschlag zur Diskussion: Die Gründung einer neuen Beratungsfirma mit dem Namen McKinsey & Company. Diese sollte, mit Crockett als geschäftsführendem Gesellschafter, die defizitären Büros in Boston und New York übernehmen. Wellington sollte die Wirtschaftprüfung Scovell, Wellington & Company in den Strukturen fortführen, die sie vor dem Merger mit den Beratern besessen hatte. Die Partner des Chicagoer Büros schließlich sollten unter dem Namen McKinsey, Kearney & Company ihre eigene Firma weiterfijhren, die eng mit der neuen Beratung in New York verbunden blieb. Bowers Plan wurde von allen Beteiligten akzeptiert. Er selbst setzte die entsprechenden Verträge auf und handelte die Details der Reorganisation aus. In der neuen Firma etablierte Bower ein bis heute wohl einzigartiges Wertesystem und einen entsprechenden Verhaltenskodex. Er bestand auf eine professionelle Geschäftssprache, die sich stark an die Terminologie einer Kanzlei anlehnte: Kunden nannte man „Klienten", Aufträge hießen „Engagements" und ein Geschäftsbereich war eine „Practice" - bis heute wird diese Terminologie von den meisten großen Beratungsgesellschaften aufrechterhalten. Formalien waren Bower wichtig. Nicht nur das in der Branche weit verbreitete Up-or-Out-Prinzip, auch der beratertypische „Dresscode" ist auf Bower zurückzuführen. Neben dunklen Anzügen mussten alle Berater von McKinsey & Company lange Zeit Hüte tragen. Erst zu Beginn der 1960er Jahre, als Bower realisierte, dass viele seiner Kunden von alten Formalismen Abstand nahmen, erschien er eines Morgens selbst ohne Hut zur Arbeit. Das gesamte Büro wusste innerhalb von einer Stunde Bescheid. Doch Bower hatte seine Berater immer zur Vorsicht angehalten. Von einem jüngeren Kollegen befragt, ob dies ein Zeichen für eine neue, hutlose Ära sei, riet ein erfahrener Berater, noch sechs Wochen zu warten - es könne eine Falle sein.
Internationalisierung: Die Amerikanisierung des Managements In den 1950er Jahren, nachdem viele Berater während des zweiten Weltkrieges in großem Umfang für die amerikanische Regierung tätig waren, hatte sich in der Branche eine klare Hierarchie herausgebildet, die von drei Unternehmen angeführt wurde. Alle drei dieser Firmen hatten ihren Ursprung in Chicago, sie alle rekrutierten ihre Nachwuchskräfte vornehmlich unter den besten Absolventen der Harvard Business School - und alle von
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ihnen sollten in den 1960er Jahren ihre Firmenzentrale zeitweise in ein und dem selben Gebäude in New York ansiedeln. Es waren Booz, Allen & Hamilton, Cresap, McCormick & Paget und McKinsey & Company. Bei McKinsey verspürte Marvin Bower nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, dass die Zeit gekommen war, die eigene Beratung entweder wieder mit den Partnern von McKinsey, Keamey & Company zu vereinen, oder den bestehenden Verbund aufzulösen und ein eigenes Büro in Chicago zu eröffnen. Zwar hatten die beiden Firmen 1939 vereinbart, dass sie ihre Bilanzen austauschen, sich gegenseitig über Kundenbeziehungen informieren und auch sonst eng kooperieren wollten. Doch insgesamt waren kaum nennenswerte Aktivitäten entstanden. Im Gegenteil. In einigen Bereichen konkurrierten die beiden Firmen mittlerweile aktiv um Kundenaufträge. Im Frühjahr 1946 entwarf Bower ein Konzept für eine Zusammenführung der beiden Firmen. Doch die Chicagoer Gesellschafter lehnten ab. Und so entschieden sich die Partner in New York, die Verbindung mit Kearneys Unternehmen zu lösen. Bower wurde beauftragt, die entsprechenden Verhandlungen zu führen. Nach langen Diskussionen erreichte er schließlich einen Kompromiss: Die Chicagoer Firma sollte zukünftig als A.T. Keamey & Company firmieren. Im Gegenzug akzeptierte er als Kaufpreis für den Namen McKinsey eine Vereinbarung, die Kearney für fünf Jahre eine Provision auf alle Umsätze garantierte, die McKinsey & Company mit Neukunden in zehn ausgewählten Bundesstaaten im amerikanischen Mittleren Westen realisieren würde. In den frühen 1960er Jahren begannen zunächst die drei damals führenden amerikanischen Beratungsgesellschaften, ihre Aktivitäten über den heimischen Markt hinaus auch auf Europa auszuweiten. Dabei stießen sie in den betreffenden Ländern auf keinen nennenswerten Wettbewerb, dafür jedoch auf eine erhebliche Nachfrage nach den angebotenen Leistungen. Ab Mitte der 1960er Jahre dominierten amerikanische Firmen weit-weit den Markt für Beratungsleistungen. Und sie trugen in erheblichem Maße dazu bei, dass sich amerikanische Managementpraktiken in aller Welt verbreiteten. Die massive Durchdringung der europäischen Wirtschaft mit den Ideen und Leitbildern der Dezentralisierung und der Langfristplanung in den 1960er Jahren ist insofern weniger ein ungeplanter Entwicklungsprozess als das Ergebnis der aktiven Vermarktung eines „Produktes" der internationalisierenden Beratungsbranche. Und auch in der Folgezeit standen Managementberater an vorderster Front bei der Amerikanisierung des Managements.
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Differenzierung: Strategie und Technologie Die 1970er Jahre sollten eine der größten Herausforderung für die Beratungsbranche darstellen. Die Weltwirtschaft steckte in heftigen Turbulenzen. Nicht nur die Ölkrise versetzte zahlreiche Unternehmen in Unruhe, auch der Aufstieg Japans zu einer führenden Wirtschaftsnation stellte viele traditionelle Managementansätze in Frage. In Europa begann der Divisionalisierungsprozess der großen Konzerne langsam abzuklingen, der einen nicht unerheblichen Teil des Beratungsgeschäfts ausgemacht hatte. Zudem gewannen relativ junge, spezialisierte Berater - allen voran die Boston Consulting Group - mehr und mehr Anteile in einzelnen Segmenten der Branche, die sich langsam als solche herauskristallisierten. Diese Berater profilierten sich mit innovativen, zeitgemäßen Methoden, die sich standardisieren und von Klient zu Klient bzw. von Projekt zu Projekt übertragen ließen. Und sie umwarben ihre Kunden mit modernen Marketingstrategien. Immer mehr Kunden, immer mehr gute Nachwuchskräfte verloren die großen Beratungsuntemehmen mittlerweile an die Konkurrenz aus Boston. Der Ansatz, den die meisten Firmen traditionell verfolgten, war der eines Generalisten. Man vertraute auf die Qualifikation gut ausgebildeter Berater, die nicht versuchten, vorgefertigte Managementmethoden auf die spezifische Situation eines Kunden zu übertragen, sondern vielmehr jedes Kundenproblem grundlegend analysierten und individuell lösten. Die Basis hierfür waren Büros vor Ort, die eine langfristige, intensive Beziehung zu den betreuten Kunden gewährleisteten. Doch nun begannen sich die Konventionen des Beratungsgeschäfts zu ändern. Die Boston Consulting Group bot vorgefertigte Analyseinstrumente für strategische Probleme an, betreute ihre Kunden primär von ihrer Zentrale in Boston aus, flog Methoden- und Branchenexperten zu den Projektmeetings ein - und hatte Erfolg. Die klassische Beratung, die sich auf Projekte von zwei bis drei Monaten fokussierte, im wesentlichen in den eigenen Büros vollzogen wurde und in einen detaillierten schriftlichen Report mündete, verlor zunehmend an Bedeutung. Berater wurden zu Partnern ihrer Kunden, die ihre Problemlösungen im gemeinsamen Team erarbeiteten, die Umsetzung ihrer Empfehlungen begleiteten und mehr Zeit beim Kunden verbrachten. Lange schriftliche Ausarbeitungen wurden zunehmend um persönliche Erläuterungen ergänzt, „weiche Talente" wie Präsentations- und Moderationstechniken gewannen an Bedeutung. Doch nicht nur junge, flexible Strategieberatungen machten den etablierten Unternehmen zu schaffen. Die großen, zuvor „reinen" Wirtschaftsprüfer richteten zunehmend eigene Beratungsabteilungen ein. Bereits 1954 hatte die Prüfungsgesellschaft Arthur Andersen den Grundstein für diese
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Entwicklung gelegt. Als erste Wirtschaftsprüfung überhaupt etablierte sie eine IT-Practice - einen auf Informationstechnologie spezialisierten Beratungsbereich. Die Erfindung des Computers lag gerade einmal 10 Jahre zurück, und die Mehrzahl der damaligen Produzenten versuchte die Wirtschaftsprüfer davon zu überzeugen, dass sich dieser kaum für den Einsatz im Geschäftsleben eigne. Doch bereits im selben Jahr unterstützen die Berater den Elektrokonzem General Electric bei der Einführung eines Großrechnersystems zur computergestützten Gehaltsabrechnung in seinem Werk in Louisville, Kentucky. Das System, das sie entwickelten, war die erste kommerzielle Anwendung eines Computers in den USA, das zugrunde liegende Projekt das erste Systemintegrationsprojekt der Geschichte. Im Laufe der 1970er und 1980er Jahre überstieg das Wachstum des Beratungsgeschäfts von Arthur Andersen das Wachstum der Wirtschaftsprüfung schließlich bei weitem. 1989 entschied sich die Führung des Unternehmens unter dem Druck der für das Beratungsgeschäft verantwortlichen Partner zu einem für die Wirtschaftsprüfungsbranche bis dahin ungewöhnlichen Schritt: Arthur Andersen wurde in zwei Geschäftsbereiche aufgespalten - einen Wirtschaftsprüfungsbereich, der weiterhin unter dem bekannten Namen firmierte, und einen Beratungsbereich, dem man den Namen Andersen Consulting gab. Andersen Consulting erhielt damals nahezu vollständige Autonomie in finanzieller, strategischer und operativer Hinsicht. Die Firma verblieb jedoch gemeinsam mit Arthur Andersen unter dem Dach der neu gegründeten Holding Andersen Worldwide, die beide Geschäftsbereiche kontrollierte. Heute hat sich Andersen Consulting vollständig von den ehemaligen Mutter- und Schwestergesellschaften gelöst und firmiert unter dem Namen Accenture. Neben der Strategie- und der IT-Beratung begann sich ein weiteres Segment des Beratungsmarktes zu dieser Zeit zu entwickeln. Im Zuge der Energiekrise der 1970er Jahre gewann das Geschäft mit umweltfreundlichen, ressourcenschonenden Verfahren erheblich an Bedeutung. Vor allem die technologienahe Beratung Arthur D. Little verstand es, ihre Kompetenzen in diesem Bereich durch die Entwicklung innovativer Analyse- und Managementtechniken weiter auszubauen. So waren es die Berater von Arthur D. Little, die zum Ende der 1970er Jahre das erste „Umwelt-Audit" - eine rechtlich-technische „Betriebsprüfung" zur Bewertung und Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes - entwickelten. Mittlerweile sind ein ganzer Berufszweig und ein eigenes Gesetz aus dieser Idee hervorgegangen. Umweltgutachter überprüfen heute, vergleichbar mit Wirtschaftsprüfern, die Umwelterklärungen der von ihnen betreuten Unternehmen. Geregelt wird die Ausübung dieser Tätigkeit auf europäischer Ebene durch das Umweltauditgesetz von 1995.
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Konsolidierung: Eine neue Erfahrung Die Globalisierung der Wirtschaft, die Expansion vieler Unternehmen und nicht zuletzt die Restrukturierung ganzer Branchen - vor allem im Auftrag der Treuhandanstalt im wiedervereinigten Deutschland - bescherten den Beratern auch in den 1990er Jahren ein prosperierendes Geschäft. Hinzu kamen die Umstellung der europäischen Wirtschaft auf den Euro, die Neuausrichtung zahlreicher Computersysteme auf das neue Jahrtausend und nicht zuletzt der Höhenflug der Börsen in den Zeiten der New Economy. Als die Börsenblase jedoch platzte und die Weltwirtschaft in eine Krise abzurutschen drohte, hatten auch die Berater dieser Entwicklung wenig entgegenzusetzen. Im Gegenteil. Auch ihre Branche wurde von ausbleibenden Aufträgen, Budgetkürzungen und von einem zumindest vorübergehenden Vertrauensverlust hart getroffen. Und es ist kaum damit zu rechnen, dass es sich hierbei um ein temporäres Phänomen handelt. Der Markt - vor allem der für IT-Beratungsleistungen - geht zunehmend von der Wachstums- in die Reifephase über. Sicherlich kann es auch in Zukunft noch einmal zu einzelnen kräftigen Wachstumsschüben kommen etwa dann, wenn ein Teil der von vielen Beratungskunden in Anbetracht ihrer momentanen wirtschaftlichen Situation aufgeschobenen aber eigentlich dringend erforderlichen Projekte letztendlich doch realisiert wird. Langfristig kann die Branche jedoch vermutlich nicht mehr mit den in der Vergangenheit erzielten Wachstumsraten rechnen: Der Beratermarkt wäre der erste in der Geschichte, der von der Reifephase wieder in die Wachstumsphase zurückkehren würde. Nicht nur wirtschaftliche Zwänge drängten die Branche in den letzten Jahren zur Konsolidierung. Auf Druck der amerikanischen Börsenaufsicht SEC, die mehrfach die Unvereinbarkeit von Prüfung und Beratung angemahnt hatte, da ein Prüfer nicht neutral agieren könne, wenn er zugleich die Entscheidungen eines Unternehmens als Berater beeinflusst, haben sich bereits mehrere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von ihren Beratungstöchtem getrennt. So etwa PricewaterhouseCoopers, die ihre Tochter PwC Consulting an IBM verkauften, oder Ernst & Young, deren Beratungssparte mit 18.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von etwa 3,5 Milliarden Euro von der IT-Beratung Capgemini übernommen wurde. In einer solchen Situation nimmt der Wettbewerbsdruck für die Berater unweigerlich zu. Ein reifer Markt weist kein maßgebliches Wachstum mehr auf und jeder Einzelne kann sein eigenes Geschäft nur noch auf Kosten der Anderen ausdehnen. Dies wird für viele Beratungsunternehmen eine völlig neue Erfahrung sein. Entsprechende Strategien, um hierauf zu re-
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agieren, haben sie ihren Klienten in der Vergangenheit immer wieder aufgezeigt - nun gilt es, diese im eigenen Hause umsetzen.
Literatur Fink D, Knoblach B (2003) Die großen Management Consultants: Ihre Geschichte, ihre Konzepte, ihre Strategien, Verlag Vahlen, München 2003 Fink D (2004) Management Consulting Fieldbook: Die Ansätze der großen Unternehmensberater. 2. überarbeitete Auflage, Verlag Vahlen, München 2000 McKenna C (1995) The Origins of Modem Management Consulting. Business and Economic History, Vol. 24:1 (1995), S, 51 - 58
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Strukturen, Definitionen und Entwicklungen Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater BDU gibt es zur Zeit über 14.000 Unternehmensberatungen in Deutschland. Betrachtet man den vom BDU für das Jahr 2003 geschätzten Gesamtumsatz von rund 12 Mrd. Euro, so wird offenkundig, dass es sich dabei überwiegend um Kleinstunternehmen oder Einzelberater handeh. Im Durchschnitt ergibt dies nämlich einen rechnerischer Jahresumsatz pro Unternehmen von unter 1 Mio. Euro. Schwierige Leistungsabgrenzung Probleme bereitet bei der Darstellung des Marktes für Unternehmensberatung zunehmend die Überlappung von verschiedenen Dienstleistungskategorien. Das klassische Beratungsgeschäft, das in der Begutachtung einer Problemsituation und in der Abgabe einer Lösungsempfehlung bestand, wird durch andere Dienstleistungsformen immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Die Neustrukturierung einer Unternehmensorganisation ist nur der erste Schritt des Beratungsprojektes. Die Begleitung der Umsetzung des Konzeptes als Projektleiter und Change Agent gehört immer häufiger zur Aufgabe des Untemehmensberaters. Das ist im Fall von Projekten in der Informationstechnik fast immer üblich. IT-Beratung und Systemintegration gehen meist Hand in Hand. Das notwendige Spezial-Know-how sowohl auf dem technologischen Gebiet als auch beim Projektmanagement kann angesichts raschen Wandels der Informations- und Kommunikationstechnik in der Kundenorganisation nicht mehr vorgehalten werden. Diese Situation verschärft sich durch die zunehmende Outsourcing-Tendenz ebenso wie durch die Einbeziehung immer mehr kleinerer Kundenunternehmen, die von vornherein gar nicht über das entsprechende Basis-Know-how verfügen. Als Folge des Vordringens der Informations- und Kommunikationstechnik wird de-
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ren Nutzung auch zum dominierenden Gegenstand der Unternehmensberatung. Informationstechnik dominiert Als größten Themenkomplex identifiziert der BDU die Organisationsberatung, zum Beispiel in den Feldern Logistik, Fertigungssteuerung, Forschung, Entwicklung, Qualitäts- und Umweltmanagement. An zweiter Stelle des Themenspektrums der Untemehmensberatungen in Deutschland liegen nach BDU-Berechnungen Projekte mit Informationstechnik. Strategieberatung auf den Gebieten Unternehmensführung, Struktur, Marketing, Vertrieb, Controlling sowie Finanz- und Rechnungswesen folgt an dritter Stelle. Human Resources Management, das heißt vor allem Personalentwicklung, Vergütungsfragen und Outplacement, bildet nach Schätzung des BDU einen weiteren Teilmarkt der Unternehmensberatung. Außerdem sind die Umsätze, die mit Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften erzielt werden und deren Anteil vom BDU in der Gesamtmarktzahl von rund 12 Mrd. Euro (2003) enthalten. Amtliche Marktzahlen fehlen Bei der Wertung von Marktzahlen muss immer wieder daran erinnert werden, dass in Deutschland keine speziellen amtlichen Statistiken für Dienstleistungsformen wie zum Beispiel Unternehmensberatung existieren. Da für die Gesellschaften auch keine Registrierungs- oder Mitgliedspflicht besteht, können auch die Angaben der Verbände nur Schätzungen auf der Basis von Befragungen ihrer Mitglieder und die Zahlen der Institute nur Hochrechnungen von Marktbefragungen sein. Besonders schwierig ist zum Beispiel die Grenzziehung zwischen Dienstleistung und Produktvertrieb bei den zahlreichen Systemintegratoren im Informationstechnik-Geschäft. Die Einführung von Standard-Software umfasst neben Beratung, Systemauswahl, Anpassung der Organisation, Programmierung von zusätzlichen Systemteilen, Implementierung der Standard-Software und Schulung der Anwender meist auch die Lieferung der Lizenzen für die Standard-Software-Produkte, die von anderen Unternehmen stammen. Damit enthalten die meisten Umsätze der IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen solche Handelsanteile für Standard-Software und nicht selten auch fiir im System eingesetzte Hardware-Komponenten.
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Schwierige Begriffsdefinitionen Der Oberbegriff Unternehmensberatung erscheint vielen Anbietern wegen des fehlenden Schutzes zu abgegriffen oder angesichts des eigenen SpezalKnow-hows zu wenig präzis. Im Grunde ist der Begriff Unternehmensberatung nur noch als Oberbegriff nutzbar. Genauere Bezeichnungen, wie Marketingberatung, Personalberatung, IT-Beratung, Merger & AcquisitonBeratung, PR-Beratung, Logistikberatung etc. erleichtern die Positionierung am Markt. Zudem treten neben die Wirtschaftsunternehmen als Beratungskunden zunehmend Behörden und andere Institutionen. Die Anforderungen an die externen Berater sind in den vergangenen Jahren immer spezieller geworden. Der einzelne AUround-Berater, dem sich früher Firmeninhaber anvertrauten, hat nur noch eine Chance als persönlicher Sparringpartner, häufig in der Funktion eines Coachs. Dem Spezialisierungszwang versuchen viele Beratungsuntemehmen durch eine ständige Verbreiterung ihrer Angebotspalette und Unternehmenswachstum gerecht zu werden. Die Erfolgsaussichten dieser Strategie sind nicht unumstritten. Da das Beratungsgeschäft stets "people business" bleiben wird, nimmt mit zunehmender Untemehmensgröße und unvermeidlicher Hierarchie die Identifikation des einzelnen Beratungsmitarbeiters mit dem eigenen Unternehmen ab, die notwendige Eigeninitiative bei der Tätigkeit und der Neuakquisition schwindet. So erzeugt die Konzentration auf dem Beratermarkt ständig Neugründungen, sei es durch ausscheidende Top-Berater oder Manager von Großunternehmen, die in der Vorstandsetage Raum für kreatives Arbeiten vermissten. Die Eintrittsschwelle ist sehr niedrig und rechtliche Zugangsbeschränkungen bestehen bei Unternehmensberatern nicht. Ein aussagekräftiger Überblick über den Markt für Management- und Unternehmensberatung in Deutschland wird dadurch erschwert. Es bereitet angesichts der Heterogenität der Beratungsinhalte Schwierigkeiten, den Markt und den Kreis der Anbieterunternehmen zu definieren. Die Anbieterstruktur am Markt für Managementberatung in Deutschland am Beispiel des Jahres 2003 Die Konjunkturschwäche in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends prägt auch den deutschen Markt für Managementberatung. Anhaltend knappe Kundenbudgets für externe Beratungsleistungen verhindern eine Belebung der Nachfrage aus. Auch das Jahr 2003 brachte keine spürbare Erholung der Nachfrage nach Projekten der Strategieberatung, die mittelund langfristige Wettbewerbsvorteile zum Gegenstand haben. Es domi-
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nierte weiterhin das Geschäft mit Projekten, die kurzfristige Kosteneinsparungs- und Rationalisierungseffekte versprechen. Die Geschäftfelder ITProjekte und Personalbeschaffung, die 2001 und 2002 stark von den Sparmaßnahmen betroffen waren, konnten sich 2003 stabilisieren. Insgesamt aber stagnierte der Beratungsmarkt im Jahr 2003. Nach Schätzungen des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU), unterteilt sich das Marktvolumen von rund 12,2 Mrd. Euro im Jahr 2003 auf die folgenden einzelnen Beratungsbereiche, das heißt Anteile am Gesamtumsatz: -
Organisationsberatung IT-Beratung Strategieberatung Personalsuche Human Resources Consulting
35,3 29,2 24,0 7,0 4,5
Prozent Prozent Prozent Prozent Prozent
Die vom BDU genannte Gesamtumsatzzahl ist also stark durch Beratungsleistungen rund um die Informationstechnik geprägt. Aber selbst wenn man die Umsätze mit IT-Beratung (29,2%) abzieht und auch die Personalsuche-Umsätze der Personalberater (7%) nicht berücksichtigt, bleibt für die klassische Management- und Unternehmensberatung mit den Themen Strategie, Organisation, Führung, Betriebswirtschaft, Logistik oder Marketing in Deutschland ein Markt mit einem Volumen von 2003 rund 7,8 Milliarden Euro übrig. Um diesen Markt bewerben sich in Deutschland nach BDUSchätzungen rund 14.000 Gesellschaften für Unternehmensberatung mit insgesamt rund 68.000 Beratern. Die Relation zeigt, dass der weit überwiegende Teil dieser Beratungsunternehmen sehr klein ist. Die meisten von ihnen erzielen Jahresumsätze unter 1 Mio. Euro, was darauf schließen lässt, dass es sich häufig um Einzelberater handelt. Der BDU hat ermittelt, dass weniger als ein halbes Prozent der Beratungsunternehmen allein die Hälfte des Marktvolumens abdeckt und andererseits mehr als zwei Drittel der 14.000 Unternehmen jeweils weniger als 0,5 Millionen Euro Jahresumsatz und zusammen nur 15 Prozent des Marktvolumens erwirtschaften. Die Analysten der Lünendonk GmbH, Bad Wörishofen, untersuchen seit den 80er Jahren jährlich bedeutende, in Deutschland tätige BeratungsGesellschaften, die jeweils mindestens 60 Prozent ihres Umsatzes mit klassischer Unternehmensberatung (Strategie, Organisation, Führung, Logistik oder Marketing) bestreiten. Nicht vertreten sind in diesen Managementberatungs-Studien die ehemaligen Beratungstöchter der großen Wirtschaftsprüfungskonzerne, wie z.B. Accenture oder BearingPoint (vormals
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KPMG), da diese inzwischen den überwiegenden Teil ihrer Umsätze mit IT-Beratung und Systemintegration erzielen.
Umsatz Die im Mai 2004 veröffentlichte Lünendonk®-Liste umfasst die Top 25 Managementberatungs-Unternehmen. Sie erzielten 2003 einen Inlandsumsatz von knapp 2,7 Mrd. Euro. Die Top 10 unter ihnen vereinigten mit 2,2 Mrd. Euro Umsatz über 80 Prozent davon auf sich. Mit einem Deutschlandumsatz von rund 590 Mio. Euro war McKinsey & Company wie seit Jahren das größte Managementberatungs-Untemehmen im deutschen Markt. Das weltweit führende Unternehmen verwies damit Roland Berger & Partner mit 530 Mio. Euro Gesamtumsatz und 318 Mio. Euro Inlandsumsatz auf Platz zwei. Der folgende Rang wurde 2003 ebenfalls von einem "klassischen" international tätigen Managementberatungs-Gesellschaften eingenommen: Boston Consulting Group. Auf Platz 4 hat sich die Deloitte Consulting GmbH geschoben. A.T. Kearney und Booz Allen Hamilton folgen auf den Plätzen 5 und 6. Mit der Mummert Consulting AG (Platz 7) und Droege & Comp.GmbH (Platz 10) finden sich zwei weitere Unternehmen mit deutschem Kapital unter den Top 10. Zwei Unternehmen mit internationalem Kapital, Mercer Consulting Group und Bain & Comp., komplettierten die Top 10 der Managementberatungs-Szene in Deutschland. Marktanteile am Inlandsumsatz Betrachtet man die um Auslandsanteile reduzierten Umsätze der Beratungsunternehmen, so wird deutlich, wie atomistisch der Beratungsmarkt auf seiner Anbieterseite ist. Bezogen auf das vom BDU geschätzte Marktvolumen für Unternehmensberatung in Höhe von rund 12 Mrd. Euro im Jahr 2003, reduziert um IT-Beratung und Personal-Recruitment, d.h. 7,8 Mrd. Euro, erreichte McKinsey als größtes Unternehmen 7,6 Prozent Marktanteil in Deutschland. Legt man den jeweiligen Inlandsumsatz zugrunde, so hatten nur 10 der in die Studie aufgenommenen Managementberatungs-Unternehmen einen Marktanteil von jeweils mehr als 1 Prozent. Sie deckten mit ihren Inlandsumsätzen knapp 25 Prozent des geschätzten Marktvolumens in Deutschland ab. Bezieht man das verbleibende Marktvolumen von 75 Prozent bzw. rund 5,9 Mrd. Euro auf die vom BDU geschätzte Zahl von Beratungsuntemeh-
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men (abzüglich IT- und Personalberatungsunternehmen), so ergibt sich ein rechnerischer Jahresumsatz pro Unternehmen von nur rund 400.000 Euro. Das bestätigt, dass die vom BDU genannte Zahl der „Beratungsunternehmen" zu hoch ist bzw. es sich weitgehend um Einzelberater handeln muss. Umsatzentwicklung Die jeweiligen Gesamtumsätze der in der Lünendonk-Liste aufgeführten Managementberatungs-Unternehmen blieben 2003 gegenüber 2002 im Durchschnitt konstant. Doch im Kreise der Gesellschaften der Studie gibt es markante Unterschiede bei den Umsatzsteigerungen. Die Schwankungsbreite aller Veränderungen lag 2003 zwischen plus 50 Prozent und minus 13 Prozent. Mehr als jedes dritte Unternehmen musste 2003 Umsatzeinbußen bzw. stagnierende Umsätze hinnehmen. Die Kunden der Managementberater Nachfrager nach den Leistungen der Managementberater sind inzwischen praktisch alle Sektoren der Volkswirtschaft. Industrieunternehmen und andere Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes vereinigen rund ein Drittel der Nachfrage auf sich und sind damit der größte Kundensektor. Mit rund einem Viertel folgen die Finanzdienstleister, deren Nachfrage seit etwa zwei Jahren nachlässt. Das gilt auch für den Sektor Informationstechnik, Telekommunikation und Medien, der um 2000 seinen Höhepunkt als Nachfrager hatte und inzwischen auf unter 9 Prozent Anteil zurückgefallen ist. Umgekehrt entwickelte sich der Öffentliche Sektor, der 2003 über 9 Prozent des Marktes ausmacht. Hier sind es besonders Stadt- und Gemeindeverwaltungen, in denen beispielsweise neben der Einführung von Controllingsystemen auch die Umstellung von der kameralistischen Buchfiihrung auf die Doppik vollzogen wird. Der Markt für IT-Beratung und System Integration In Deutschland Nachdem das Marktvolumen für IT-Beratung und Systemintegration im Jahr 2002 zum ersten Mal rückläufig gewesen war, ging auch 2003. die Nachfrage zurück und zwar um 7 Prozent gegenüber dem Jahr 2002. Sie erreichte nach Ermittlungen der Detecon International (vormals Diebold) ohne den Wert der involvierten Standard-Software und -Hardware - ein Volumen von 11,9 Mrd. Euro. (Es muss hier daraufhingewiesen werden,
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dass der in den BDU-Marktzahlen genannte Wert für IT-Beratung eine Mischung aus reiner IT-Beratung und Systemintegration darstellt und deshalb nicht mit den hier genannten Werten für IT-Consulting und SoftwareEntwicklungsprojekten übereinstimmt). Anbieterstruktur Die Struktur der Anbieter am deutschen IT-Beratungs- und Systemintegrations-Markt wird jeweils anhand der Lünendonk®-Liste „Die Top 25 ITBeratungs- und Systemintegrations- Unternehmen in Deutschland" dargestellt. Darin aufgeführt sind die 25 größten Branchenunternehmen, die mindestens 60 Prozent ihres Umsatzes mit IT-Beratung und Systemintegration erwirtschaften. Die Top 25 dieser Branche decken mit ihren Inlandsumsätzen insgesamt fast 42 Prozent des relevanten Inlandmarktes (ll,9Mrd. Euro)ab. Nachdem die IBM im Jahr 2002 PriceWaterhouseCoopers übernommen und mit den eigenen Consulting-Aktivitäten zur IBM Business Consulting Services zusammengeführt hat, erreicht dieses IBM-Geschäftsfeld inzwischen eine Größenordnung, die eine Schätzung der relevanten Umsatzzahlen in Deutschland und die Aufnahme in die Liste der IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen rechtfertigt. IBM führt mit einem geschätzten Umsatz von 920 Mio. Euro die Liste der Top 25 an, vor der Lufthansa Systems Group (510 Mio. Euro). Neben Gedas (Platz 4) und CSC Ploenzke (Platz 5) belegten 2003 in dieser Spitzengruppe wieder die ehemaligen deutschen Beratungstöchter der großen internationalen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskonzerne prominente Plätze. An dritter Position liegt Accenture, auf Platz 6 Capgemini (ehemals Cap Gemini Ernst & Young) und auf Platz 7 BearingPoint (ehemals KPMG). Die Gesamtumsätze der Top 25 der in Deutschland tätigen ITBeratungs- und Systemintegrations-Unternehmen sind 2003 mit minus 8 Prozent etwas stärker geschrumpft als der entsprechende Gesamtmarkt (minus 7 %). 20 der 25 Unternehmen hatten 2003 niedrigere Gesamtumsätze als 2002. Die Inlandsanteile am Umsatz dominieren bei den großen IT-Beratungsund Systemintegrations-Unternehmen eindeutig. Das direkte, kundenorientierte Geschäft setzt intime Kenntnisse der nationalen Rahmenbedingungen und Mentalitäten voraus. Es wird deshalb entweder von speziellen deutschen Tochtergesellschaften internationaler Beratungskonzerne betrieben oder von deutschen Unternehmen, die sich auf den einheimischen Markt konzentrieren. Meist ist ein hoher Auslandsumsatzanteil entweder dadurch
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bedingt, dass die deutsche Gesellschaft auch flir Österreich und Schweiz, gelegentlich auch flir Osteuropa zuständig ist oder er stellt eine Vorstufe für die Gründung einer speziellen Landesgesellschaft für den betreffenden ausländischen Markt dar. Bei den an der Liste erfassten Unternehmen entfallen im Durchschnitt 83 Prozent des Umsatzes auf inländische Kunden.
Marktanteile am Inlandsumsatz Die Marktanteile der Unternehmen mit den höchsten Inlandsumsätzen am relevanten Inlandsmarktvolumen von 11,9 Mrd. Euro zeigen, dass auch der deutsche IT-Beratungs- und Systemintegrationsmarkt - trotz inzwischen großer Unternehmen - immer noch eine atomistische Struktur hat. Zusammen decken die 17 Unternehmen, die jeweils mindestens 1 Prozent Marktanteil aufweisen, zwar 43 Prozent des Inlandsmarktes ab, das Unternehmen mit dem höchsten Inlandsumsatz (IBM Business Consulting Services) hat aber nur einen Marktanteil von 7,7 Prozent, das im Inlandsmarkt zweitgrößte Unternehmen (Lufthansa Systems) von 5 Prozent.
Unternehmensberatung - eine Branche des steten Wandels Seit 50 Jahren gibt es in Deutschland einen Markt Unternehmensberatung. In der ersten Phase, die bis ca. 1960 dauerte, dominierten betriebswirtschaftliche Themen, überwiegend für Struktur- und Ablauforganisation. Neben vielen Einzelberatem spielten einige deutsche Beratungsunternehmen, vor allem Kienbaum, Plaut und Mummert eine wichtige Rolle. Die zweite Phase, die etwa bis 1970 währte, brachte verstärkt die elektronische Datenverarbeitung ins Spiel. Das zusätzliche Angebot bestand überwiegend aus Individual-Software-Entwicklung und ServiceRechenzentrums-Leistungen. Die wichtigsten Anbieter für diese neuen Dienstleistungen waren zunächst die DV-Hardware-Hersteller selbst. In den 60er Jahren etablierten sich im wachstumsstarken deutschen Markt auch die großen internationalen Managementberatungs-Konzerne McKinsey, A.T. Kearney, Booz Allen Hamilton, Kurt Salmon, Towers Perrin mit eigenen Niederlassungen. Seit Beginn der 70er Jahre traten zunehmend von Geräteherstellem unabhängige DV-Beratungs- und Service-Anbieter am deutschen Markt auf, die neben DV-Infrastrukturberatung vor allem Kundenprojekte für Software-Entwicklung bis hin zur schlüsselfertigen Systemen übernahmen.
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Neben weiteren internationalen Managementberatem wie Arthur D. Little und Boston Consulting Group wurden spezialisierte Unternehmensberatungen wie z.B. Softlab und erste Tochterunternehmen englischer und amerikanischer DV-Dienstleister zusätzlich zu den Hardware-Herstellern als Anbieter auf dem deutschen Markt aktiv. Das Aufkommen von Micro-Computern in den 80er Jahren, vor allem in Form von Desktop-Geräten, veränderte auch die DV-Beratungs- und Service-Landschaft. Durch die Dezentralisierung der Informationstechnik wurde von den Beratern zunehmend Anwendungswissen erwartet. Daneben vollzog sich in der Unternehmensphilosophie ein Denkwandel, der steigenden Bedarf an Business Process Consulting auslöste. Diese Anforderung und die strategische Bedeutung der IT in den Unternehmen führten dazu, dass betriebswirtschaftlich orientierte Beratungsunternehmen, wie z. B. die Tochtergesellschaften der Wirtschaftsprüfungskonzerne sich im IT-Beratungs-Geschäft engagierten. Das Vordringen der StandardSoftware-Produkte förderte gleichzeitig die Nachfrage nach Auswahlberatung und Systemintegration. Diese Aufgaben übernahmen neben den ehemaligen Individual-Software-Unternehmen und DV-Beratern auch Systemhäuser und ehemalige Hardware-Anbieter. Die frühen 90er Jahre brachten in Deutschland eine Renaissance der Processing Services unter dem neuen Begriff „Outsourcing". Neben den ehemaligen Service-Rechenzentrums-Firmen kümmerten sich zunächst spezialisierte internationale Anbieter und die Hardware-Anbieter um diesen Markt. Inzwischen entwickelte sich das ursprüngliche FacilitiesManagement-Geschäft zunehmend zu neuen partnerschaftlichen Formen wie Application Service Providing (ASP) oder Business Process Outsourcing (BPO). Die Verbindung von IT-Beratung, Systemintegration und OutsourcingGeschäft rief die großen IT-Beratungs- und Integrations-Konzerne auf den Plan, die in diesem Markt beträchtliche Wachstumspotentiale sehen.
Das aktuelle Anforderungsprofil für Unternehmensberater Der deutsche Markt für Unternehmensberatung zeigt ein sehr heterogenes Bild: neben vielen tausend Einzelkämpfern, die sich jeweils in thematischen oder regionalen Nischen betätigen, gibt es einige wenige Hundert Unternehmen, wovon wiederum kaum fünfzig einen jährlichen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro erzielen. Dabei weist der Beratermarkt eine sehr breite fachliche Spannweite auf: von der Unternehmensstrategie über Finanzierung, Personal, Marketing, Logistik, Fertigung, Forschung,
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Informationstechnik bis zu Umweltfragen und Politik reichen die Themen der großen, mittleren und kleine Anbieter. Eine Reihe von Gründen hat die Tendenz zum großen Beratungsunternehmen in den letzten 25 Jahren verstärkt - übrigens ohne dass deshalb die Zahl der Einzelberater zurückgegangen wäre. Die Gründe im Einzelnen: - Die zunehmende Internationalisierung oder Globalisierung verlangt Know-how über andere Volkswirtschaften, deren Märkte und Mentalitäten. Große, multinationale Beratungsunternehmen kommen diesem Bedürfnis entgegen. - Die einzelnen unternehmerischen Funktionen hängen immer stärker miteinander zusammen. Vertrieb und Fertigung, Marketing und Logistik, Personal und Finanzwesen können nicht mehr von einzelnen Spezialisten isoliert beraten werden; es bedarf der integrierten Betrachtungsweise und Optimierungen, die jeweils die übrigen Funktionen ins Kalkül ziehen. Diese Aufgaben können nur von eingespielten Spezialistenteams aus einem Beratungsunternehmen bewältigt werden. Alle diese Aufgaben sind ohne intime Kenntnis der Möglichkeiten, die Information- und Kommunikationstechnik bieten, nicht mehr optimal zu lösen. - Der steigende Beratungsbedarf - auch in mittelgroßen Unternehmen und der wachsende Zeitdruck zwingen die Beratungsuntemehmen zum Einsatz von „Beratungstools", das heißt Methoden und Werkzeugen zur Bestandsaufnahme, Analyse und Konzeption. Die Entwicklung solcher Tools, die Schulung der Berater und die Pflege und Weiterentwicklung der Beratungsinstrumente bedingen beträchtliche Investitionen, die sich nur in größeren Beratungsuntemehmen rentieren. - Der Begriff „Beratung" beschreibt seit langem nicht mehr den eigentlichen Leistungsumfang des Unternehmensberaters. Guter Rat ist Rat und Tat. Oder wie ein großes IT-Beratungs-Unternehmen sein Leistungsspektrum in den 70er und 80er Jahren mit einem Slogan signalisierte: „Das Machbare denken - das Denkbare machen". Neben Analyse, Beratung und Konzeption gehört längst die Realisierung, zumindest das Projektmanagement für die Implementierung der Veränderungen, zum Aufgabenspektrum der großen Beratungsunternehmen. Das setzt voraus, dass zusätzlich zum einzelnen Beratungspezialisten Personalkapazitäten für größere Realisierungsprojekte auch mit längeren Projektlaufzeiten zur Verfügung stehen, - Hinzu kommt, dass sich die großen Anbieter am Beratungsmarkt den Forderungen des Marktes nach „Alles-aus-einer-Hand" (oder zumindest „Vieles-aus-einer-Hand") nicht verschließen können. Sie müssen dazu ihre Beratungs- und Service-Angebote erweitern und nicht nur verstärkt in die verantwortliche Realisierung der konzipierten Lösungen gehen,
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sondern auch bereit sein, den Betrieb und damit die operative Verantwortung für die entstandenen Systeme ganz oder partiell zu übernehmen. Dies ist die konsequente Fortsetzung des Outsourcing-Trends. Die Wirtschaftsuntemehmen und auch öffentliche Institutionen tendieren dazu, sich von allen Tätigkeiten zu entlasten, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören. Die Anbieter am Beratungs- und Dienstleistungsmarkt, die diese Anforderungen erfüllen, können als neue Kategorie definiert werden. In einer Pilotstudie hat die Lünendonk GmbH bereits 2002 diesen Typus als Business Innovation/Transformation Partner (BITP) bezeichnet. Er umfasst Unternehmen, deren Leistungsspektrum von Business Process Consulting über IT-Technologie- und Infrastruktur-Beratung, IT-Systemintegration, ITSystem-Betrieb bis zum Business-Process-Betrieb reicht. Die neue Kategorie der Business Innovation/Transformation Partner löst die tradierten Management- und IT-Beratungen ebenso wenig ab, wie spezialisierte ITService- und Outsourcing-Anbieter. Dem wachsenden Wunsch der Kunden, Lösungen und deren verantwortliche Realisierung aus einer Hand zu erhalten, können auf einzelne Leistungssparten spezialisierte Unternehmen auch durch die Bildung von Netzwerken gerecht werden.
Aktuelle Ansichten der Managementberater zum Thema BITP Untrennbar verbunden mit der neuen integrierten Dienstleistung ist eine längerfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Beratungs- und Service-Unternehmen und dem Kundenuntemehmen. Die Lünendonk GmbH fragte im Frühjahr 2004 rund 40 in Deutschland tätige Managementberatungs-Unternehmen, darunter die 25 umsatzstärksten, nach ihrer Meinung über diese Tendenzen am Beratungsmarkt. Anhand einer Skala, die von 4 = ja über 3 = eher ja und 2 = eher nein bis 1 == nein reicht, konnten die Befragungsteilnehmer ihre Meinung kundtun. Zur Aussage „In einigen Jahren werden Unternehmen, die integrierte Service-Leistungen (Beratung, Realisierung, Betrieb) anbieten, den Markt dominieren" fällt das Urteil mit der durchschnittlichen Benotung von 2.3 sehr indifferent aus. Das wird verständlich, wenn man nur das Votum der großen international tätigen Managementberatungs-Konzerne betrachtet, die mit der Benotung 1.5 dieser These eine deutliche Absage erteilen. Anders sieht es bei einer zweiten These aus: „Die Zusammenarbeit mit den Kunden wird zunehmend auf längerfristiger, d.h. mehrjähriger Basis erfolgen." Dieser Aussage stimmen die befragten Beratungsunternehmen
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mit der durchschnittlichen Benotung 2.9 eher zu, wobei die Zustimmung der großen internationalen Managementberater mit 2.7 nur wenig niedriger ausfällt als das der übrigen Befragungsteilnehmer (3.0). Zusammenarbeit und Vertragsformen Seit einigen Jahren nimmt die Diskussion über die richtigen Vertragsformen im Beratungsgeschäft immer mehr Raum ein. Das hängt sicher einerseits mit der gewachsenen Emanzipation der Beratungskunden in einem „Käufermarkt" zusammen, andererseits reflektiert es auch das Vordringen der integrierten Dienstleistung und der mit ihr steigenden operativen Verantwortung auf Seiten der Anbieter. Die Lünendonk GmbH wollte im Frühjahr 2004 von rund 40 Managementberatungs-Unternehmen wissen, wie sie verschiedene Vertragsformen bewerten, wobei die vorgegebene Skala von 4 = richtig über 3 = vertretbar und 2 = problematisch bis 1 = nicht akzeptabel reicht. Die höchst Zustimmung erhielt die traditionelle „Abrechnung nach Aufwand" mit der Durchschnittsnote 3.4, wobei die großen internationalen Managementberater hier deutlich aufgeschlossener sind (2.4) als die übrigen Befragten (3.6). Die Vertragsvariante „Festpreisvertrag" erhält mit 3.2 eine durchschnittliche Benotung, die tendenziell eher Zustimmung signalisiert. Hier sind sich die beiden Gruppen ziemlich einig. Für noch eher vertretbar halten die Befi*agungsteilnehmer mit im Durchschnitt 2.9 die Vertragsart „Basishonorar mit Erfolgsbeteiligung". Die großen Managementberater können sich damit eher anfreunden (3.2) als die übrigen, mittelgroßen und kleineren Berater (2.8). Eher problematisch sehen die Teilnehmer an der Lünendonk-Befragung die Vertragsvariante „Bonus/Malus-Vereinbarung" mit der Durchschnittsbenotung 2.3. Auch für diese Variante sind die großen Anbieter (2.6) aufgeschlossener als ihre kleineren Wettbewerber. Selbst eine vollständig „Erfolgsabhängige Honorierung" wird von den Managementberatern heute nicht mehr kategorisch abgelehnt. Mit der Durchschnittsnote 2.2 wird diese Vertragsform zwar eher „problematisch", aber nicht als „nicht akzeptabel" eingestuft. Dies sind die Einschätzungen der Beratungsunternehmen. Wie die Kundenunternehmen und potentielle Kunden das sehen, wird von der Lünendonk GmbH 2004 in einer breit angelegten Kundenbefragung untersucht, um einen Abgleich der Wunsch- und Erwartungshaltungen vorzunehmen. Die Ergebnisse werden im Herbst des Jahres vorliegen. Deutlich aber lässt sich schon heute sagen: Die Beratungsunternehmen müssen sich in den kommenden Jahren der gleichen Kur unterziehen, die sie ihren Kunden so gerne empfehlen. Es gilt für sie, den Wandel mit sei-
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nen neuen Herausforderungen flexibel zu managen. Das bedeutet auch, mit neuen Rahmenbedingungen, neuen Wettbewerbern, neuen Themen und Methoden sowie neuen Formen der Zusammenarbeit erfolgreich zu agieren.
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Einleitung ,Harte Zeiten im Beratungsgeschäft' - so kommentierte die Wirtschaftspresse in den vergangenen Jahren die Marktentwicklung (vgl. Handelsblatt 2003, Wirtschaftswoche 2002, FAZ 2001). Ein Blick auf die Fakten bestätigt diese Sicht. Über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg war die Beratungsbranche - in den fiinfziger und sechziger Jahren noch fast völlig unbekannt- förmlich explodiert. Wachstumsraten zwischen 10 und 20 Prozent pro Jahr waren der Regelfall, in den Boomzeiten der späten neunziger wurden diese Raten sogar noch überschritten. Dank niedriger Markteintrittsbarrieren und hoher Margen in der Beratungsbranche stiegen eine Vielzahl neuer Anbieter in das Geschäft ein. Die etablierten Spieler rekrutierten so viele Mitarbeiter, wie sie nur irgend finden konnten. Seit dem Ende des Internet- und Biotech-Booms jedoch hat sich die Lage dramatisch verändert. Dank zuvor abgeschlossener Projektaufträge schaffte die Beratungsbranche im Jahr 2001 gerade noch einmal ein Wachstum von 3 Prozent. Im Jahr 2002 aber schlug die gesamtwirtschaftliche Flaute voll auf die Beratungswirtschaft durch: 6% negatives Wachstum waren die Folge. Für das Jahr 2003 wird mit einem Nullwachstum gerechnet (vgl. Abbildung 1). Die Preisentwicklung reflektiert die Nachfrageschwäche und drückt auf die Gewinnspannen der Beratungsfirmen. Um Klienten zu halten, bieten viele Consulting-Unternehmen ihre Dienste zu reduzierten Preisen an oder erbringen Zusatzleistungen ohne Preisaufschlag. In einem Interview vertraute uns ein Partner einer großen Unternehmensberatung an: „Das größte Problem sind die Überkapazitäten im Markt. Dadurch ändern sich die Verhaltensweisen der Beratungsfirmen, wenn auch schleichend. Dinge, die früher nicht als erlaubt gegolten hätten, werden plötzlich gemacht. Ein wichtiges Thema dabei sind die pro bonoKomponenten - einzelne Projektmodule werden umsonst angeboten. De facto aber handelt es sich ganz klar um Rabatte. Das macht die Preise kaputt. Überhaupt funktionieren die alten Spielregeln im Markt nicht mehr".
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Globaler Consulting Umsatz 2002
14,6% 1,8%)
$119 Mrd.
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2000
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-6,0% Quelle: Kennedy Information 2003
Abb. 1. Jährliche Wachstumsraten des Consulting-Sektors weltweit Das Ergebnis dieser Entwicklungen ist an der Zahl defensiver Übernahmen und Firmenpleiten ablesbar. Davon betroffen sind nicht nur die als innovativ geltenden Unternehmen der dotcom-Welle wie zum Beispiel Razorfish. Selbst traditionsreiche Beratungsfirmen wie Arthur D. Little konnten dem Druck nicht standhalten. PriceWaterhouseCoopers verkaufte sein Beratungsgeschäft zu einem Preis an IBM, der weit unter den Vorstellungen der ursprünglichen Eigentümer zurückblieb. In diesem Beitrag argumentieren wir, dass die skizzierten Entwicklungen nicht als vorübergehende Erscheinungen interpretiert werden können, als Markterschütterungen, die sich wieder legen, sobald sich die gesamtwirtschaftliche Lage verbessert. Vielmehr sind sie Anzeichen tief greifender, struktureller Veränderungen in der Beziehung zwischen Beratern und Klienten. Zwar sind die Wachstumsraten der Beratungsbranche mit der Entwicklung der Volkswirtschaft korreliert, sodass der Beratungsmarkt jetzt, da sich die Konjunktur erholt, wieder mit einem positiven Wachstum rechnen darf. Dennoch zeigt ein Blick hinter die Kulissen, dass sich der Markt für Beratungsleistungen systematisch von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt verschiebt, in dem Klienten gegenüber ihren Beratern eine bis dato nicht bekannte Marktmacht innehaben. Angesichts dieser Situation sollten beide Seiten die Grundlagen ihrer Beziehung neu überdenken. In dem Maße, wie Beratungsfirmen ihre Möglichkeit verlieren, sich einen angemessenen Teil des durch ihre Dienste geschaffenen Wertes an-
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zueignen, steigt der Druck auf sie, ihre Strategie neu zu definieren (vgl. Graubner u. Richter 2003). Gleichzeitig stellt das veränderte Strukturgefüge auch die Klienten vor neue Herausforderungen. Unserer Auffassung nach sollten die Kunden von Beratungsfirmen ihre neu gewonnene Marktmacht nutzen, ohne sie auszunutzen. Beratungsdienstleistungen lassen sich günstig einkaufen; sie aber allein unter Kostengesichtspunkten auszuwählen ist alles andere als ratsam. Es liegt im wohlverstandenen Eigeninteresse von Klienten, Berater nach Qualitätskriterien zu beauftragen, langfristig tragfähige Beziehungen mit ihnen aufzubauen, und ihnen im Projektverlauf genügend Freiraum gewähren, sich eine unabhängige Meinung zu bilden. Im Folgenden analysieren wir zunächst die strukturellen Veränderungen im Beratungsmarkt unter ökonomischen Gesichtspunkten. Im Anschluss daran entwickeln wir strategische Handlungsempfehlungen für Berater und Klienten, die es beiden Seiten ermöglichen sollen, den durch ihre Zusammenarbeit geschaffenen Mehrwert zu maximieren.
Strukturverschiebungen in der Klienten-Berater Beziehung Manche der Entwicklungen der letzten Jahre im Consulting-Markt werden Beobachtern anderer Branchen bekannt vorkommen. Auf der Angebotsseite waren massive Überkapazitäten zu verzeichnen, die für viele Berater insbesondere diejenigen ohne klares Vorteilsprofil gegenüber dem Wettbewerb - zum ernsthaften Problem wurden. Dem gegenüber stand eine deutliche Reduktion der Nachfrage, die mit dem abrupten Ende des Booms der späten neunziger Jahre einsetzte. Zugleich sind Klienten heute wesentlich anspruchsvoller als noch vor zehn Jahren, und sie haben die Mittel, ihre Ansprüche durchzusetzen. Sie werden umgarnt von einer großen Zahl kleiner und spezialisierter Anbieter, die ihre Leistungen oftmals für weniger als die Hälfte dessen anbieten, was die großen Beratungen verlangen. Zudem haben immer neue Skandale um überhöhte Preise, zwielichtige Angebotspraktiken und unklare Projektziele das Image selbst namhafter Beratungen dauerhaft beschädigt. Selbst wenn viele dieser Vorwürfe sich bei sachlicher Betrachtung als unhaltbar erwiesen, haben sie doch einen Schatten auf die Beratungsbranche geworfen, der potenzielle Klienten zunehmend skeptisch gegenüber dem Einsatz externer Beratern werden lässt. In-house Beratungen erscheinen in diesen Situationen als attraktive Alternative. Deutsche Telekom, Shell, Deutsche Post World Net, Porsche und viele andere so genannte Heavy Users von Consulting-Leistungen haben
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erfolgreich eigene Beratungseinheiten geschaffen. Demgegenüber spricht Jürgen Kluge, Deutschland-Chef von McKinsey & Company, von „kürzeren und weniger Projekten" (FAZ 2001). Doch die Nachfragelücke, mit der sich unabhängige Beratungsfirmen auseinandersetzen müssen, ist nicht nur ein Problem mangelnden Projektvolumens. Die Preisverhandlungsstrategien von Klienten werden zunehmend professioneller und härter. Stringente Kosten-Kontrollen für Beratungsleistungen sind Teil der meisten Verträge. Wurden z.B. Reisekostenpauschalen in der Vergangenheit häufig einfach auf den Basispreis aufgeschlagen, ohne gesondert nachgewiesen werden zu müssen, sind solche Praktiken heute selten geworden. Klienten analysieren die Kostenstrukturen ihrer Beratungen zunehmend genau, und identifizieren Spielräume für Einsparungen. Durch diese Entwicklungen gerät die Beratungswirtschaft zunehmend unter Druck. Ein Teil dieses Drucks wird sicherlich durch den Abbau von Überkapazitäten abgebaut, der in den vergangenen beiden Jahren beobachtet werden kann. Dennoch machen es die strukturellen Änderungen in der Beziehung zwischen Klienten und Beratern unwahrscheinlich, dass der Beratungsmarkt jemals wieder zu der Kombination aus hoher Nachfrage, hohen Preisen und hohen Margen zurückkehrt, die für die neunziger Jahre charakteristisch war.
Zur MikroÖkonomie des Beratungsmarkts Wirtschaftswissenschaftler verwenden das bekannte Angebot-Nachfrage Modell für die Analyse der Preisbildung auf Wettbewerbsmärkten. Auf solchen Märkten tauschen Anbieter und Nachfrager Güter oder Dienstleistungen gegen Geld als fungibles Zahlungsmittel aus. Bei dieser Analyse wird - zumindest im Ausgangsmodell - angenommen, dass die beteiligten Akteure über hinreichende Informationen und Entscheidungskompetenzen verfügen. Nicht all diese Annahmen mögen auf den Consulting-Markt zutreffen. Als Näherungslösung verstanden kann das Modell jedoch einen Erkenntnisgewinn bieten. In Bezug auf die Angebotsseite ist festzustellen, dass sich das Beratungsangebot deutlich ausgedehnt hat. In Abbildung 2 ist diese Entwicklung durch eine Verschiebung der Angebotskurve nach außen dargestellt. Obgleich viele Beratungsfirmen seit 2001 die Zahl ihrer Mitarbeiter deutlich reduziert haben, ist die Gesamtkapazität immer noch wesentlich höher als vor 10 oder 20 Jahren. Ähnliches ist auf der Nachfrageseite zu beobachten. Berater werden heute, im Gegensatz zu früher, mit großer Selbst-
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Verständlichkeit bei Projekten hinzugezogen. Organisationen in Branchen, in denen der Einsatz von Beratern früher eine Ausnahmeerscheinung war wie z.B. im Öffentlichen Sektor - arbeiten heute regelmäßig mit Beratern zusammen. Als Folge dieser Entwicklung hat sich die Nachfrage nach Beratungsleistungen erhöht. Die Nachfragekurve verschiebt sich damit nach außen. Angebot ^
Angebot „
Substantielles
> Wachstum des Angebots
Erhöhte Nachfrage verbunden mit einer höheren Nachfrageelastizität
qalt'
Menge
Abb. 2. Angebots- und Nachfrageentwicklungen im Consulting-Markt
Über die beiden oben beschriebenen Effekte hinaus hat in den vergangenen Jahren aber noch ein drittes, fundamentales Phänomen im Beratungsmarkt stattgefunden. Bis Anfang der neunziger Jahre war die Nachfrage nach Beratungsleistungen relativ inelastisch, d.h. sie reagierte nur schleppend auf Änderungen der Angebotsbedingungen. Geringe Nachfrageelastizität ist ein typisches Merkmal unreifer Märkte {Immature Markets), in denen es kundenseitig an Erfahrung mit dem Einkauf von Produkten bzw. der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen mangelt. Das beschriebene Phänomen aber hat sich im Fall des Beratungsmarktes deutlich gewandelt. Der Beratungsmarkt hat sich weitgehend zu einem Mature Market entwickelt. Heutzutage wählen Klienten bewusst zwischen verschiedenen Beratungsangeboten aus und haben spezifische Vorstellungen hinsichtlich des erwarteten Mehrwerts der Beratungsleistung. Sie verhandeln professionell und wechseln zwischen verschiedenen Anbietern, um bessere Preise zu erzielen. Ebenso sind bereit, Beratungsaufträge aufzuschieben, wenn das bestehende Angebot ihnen nicht attrak-
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tiv erscheint. Je elastischer die Nachfrage, desto stärker dreht sich die Nachfragekurve entgegen dem Urzeigersinn (vgl. Abbildung 2). Für Berater bedeutet diese Verschiebung eine massive Begrenzung ihres Handlungsspielraums. Bei inelastischen Nachfragestrukturen können sie ihre Tagessätze anheben, ohne allzu viele Klienten zu verlieren. Elastische Nachfragebedingungen machen diese Möglichkeit zunichte. Bereits 1905 hat der Ökonom Alfred Marshall die Bestimmungsfaktoren für die Elastizität der Nachfrage untersucht. Zwei der wichtigsten Faktoren, die zu inelastischen Nachfragestrukturen führen, werden im Folgenden diskutiert. - Die Beschaffenheit von Gütern und Dienstleistungen: Bei verderblichen Gütern ist die Nachfrage tendenziell inelastisch, da es nicht möglich ist, solche Güter auf Vorrat zu kaufen, um Perioden geringen Angebots abzudecken. Diese Situation war für den Beratungsmarkt von vor 20 bis 30 Jahren charakteristisch. Damals hatten die Klienten weder die Fähigkeiten noch die Erfahrung, um kritisch mit den Anbietern von Professional Services umzugehen. Für die eloquenten Berater war es oftmals ein Leichtes, ihre Klienten von der Dringlichkeit eines Projektes zu überzeugen. Heute ist dies anders. Mittlerweile wickeln Firmen einen Grossteil ihres Tagesgeschäfts über Projekte ab. Projektarbeit hat den Status des 'Außergewöhnlichen', das nicht aufgeschoben werden kann, verloren. Natürlich sind manche Projekte innovativer und zeitkritischer als andere. Dennoch lassen sich Klienten nicht länger durch ,das neueste Konzept' oder ,die nächste Managementwelle' verführen. - Substituierbarkeit von Arbeit durch Kapital: Consulting ist ein personalintensives Geschäft. Dennoch besteht ein beträchtlicher Teil der Aufgaben von Beratern darin, Daten zu sammeln, sie zu analysieren und die Ergebnisse zu präsentieren. Diese Aktivitäten sind jedoch durch die Entwicklung moderner Informationstechnologien erheblich erleichtert worden. Führungskräfte haben heute einen wesentlich schnelleren und qualitativ besseren Zugang zu externen und unternehmensintemen Informationsquellen als noch vor 10 Jahren. Moderne IT-Systeme, wie zum Beispiel Enterprise Ressource Systems, vereinfachen Entscheidungsprozesse in Organisationen maßgeblich. Auf Grund vielfältiger Ressourcen - hochwertige Wissens-Management Systeme, Internetbasierter Datenbanken, um nur einige zu nennen - sind Unternehmen heute weniger abhängig von Einsichten, die früher von Beratern geliefert wurden. Auf Grund der genannten Faktoren ist die Nachfrage nach Beratungsleistungen erheblich elastischer geworden. Klienten weisen in ihrem Verhalten ein größeres Selbstvertrauen bei der Projektvergabe sowie im Ver-
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lauf von Projekten selbst auf. Sie evaluieren die ihnen zur Verfugung stehenden Alternativen kritisch und sind bereit und in der Lage, Projekte teilweise oder ganz selbst zu erbringen, wenn ihnen externe Angebote unbefriedigend erscheinen. Bei einer elastischen Nachfrage fällt es Anbietern schwerer, hohe Preisforderungen durchzusetzen. Auf Grund des Zwangs zur Auslastung {utilization) der eigenen Kapazitäten lassen sich Beratungsunternehmen immer häufiger dazu drängen, die Preise von Wettbewerbern zu unterbieten und somit Preiskämpfe einzuleiten. Insgesamt verschlechtert sich dadurch die Verhandlungsposition von Beratern gegenüber ihren Kunden dramatisch.
Strategische Optionen für Beratungen und ihre Kunden Die strukturellen Änderungen im Beratungsmarkt haben tief greifende Auswirkungen auf die Beteiligten auf beiden Seiten. In Zeiten rauer Marktbedingungen zahlen sich aber auch überlegene Strategien viel eher aus als in Situationen, in denen alle Anbieter ausreichende Margen erwirtschaften können. Im Folgenden stellen wir zunächst vier strategische Optionen für Beratungsunternehmen dar. Im Anschluss daran diskutieren wir die Konsequenzen, die Klienten aus der veränderten Situation im Beratungsmarkt ziehen sollten.
Mehrwert stiften In einem gesättigten Markt spielt die Einzigartigkeit des Leistungsangebots eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung zufriedenstellender Margen. Beratungen sollten daher Wege zu einer Differenzierung ihrer Leistung suchen, die für ihre Klienten einen echten Mehrwert darstellen. Prozessorientierte Beratungsmodelle sind dabei wenig markant. Unserer Ansicht nach wird Expertise als ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor an Bedeutung gewinnen. Der größere Spezialisierungsgrad junger und stark fokussierter Anbieter zwingt die großen, integrierten Beratungen dazu, Bereiche zu definieren, in denen auch sie exzellenten Service bieten können. In den neunziger Jahren haben sich hochqualifizierte Nischenanbieter in fast allen Marktsegmenten, Branchen und Funktionen etablieren können von Corporate Finance über Pricing und Vertrieb bis hin zur Mittelstandsberatung. Dagegen steht das Renommee der großen, generalistisch orientierten Beratungen. Letztere mögen kurzfristig durch ihre Reputation geschützt sein - doch wofür stehen sie eigentlich? Auch die großen Beratungshäuser müssen sich dem Zwang zur Generierung von Mehrwert
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stellen, wenn sie ihr überdurchschnittliches Preisniveau verteidigen wollen. Verantwortung für Projektergebnisse übernehmen Ein weithin gängiger Vorwurf an Beratungen ist, dass sie nicht genug Verantwortung für die Ergebnisse Ihrer Arbeit übernehmen. Aus diesem Grund experimentieren Kunden wie z.B. Rolls Royce in Großbritannien und KPN Telecom in den Niederlanden zunehmend mit erfolgsabhängigen Vergütungsmodellen. Allerdings erschweren die ökonomischen Merkmale von Beratungsleistungen den Einsatz solcher Contingency Arrangements. Beratung ist eine intangible, informations- und erfahrungsintensive Dienstleistung, deren beabsichtigte ,Wirkung' oftmals erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung eintritt. Dies bedeutet nicht, dass Klienten ihre Berater nicht steuern sollten. Im Gegenteil. Dennoch liegt die Verantwortung dafür, die Erreichung der Projektergebnisse sicherzustellen, gleichsam bei den Beratern. Es ist in ihrem eigenen, langfristigen Interesse, Ownership für ihre Arbeit zu übernehmen. Beratungen sollten daher eine Kultur der Verantwortung für die nachhaltige Wirksamkeit ihrer Leistungen entwickeln und diese in ihren Mission Statements verankern. Ihr Ziel muss darin bestehen, die Organisationsentwicklung ihrer Klienten zum Hauptinteresse jedes einzelnen Beraters zu machen. Um diese Werte zu untermauern, sollten Beratungsfirmen Aspekte wie Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein zu festen Bestandteilen ihrer Leistungsbeurteilungssysteme machen. Partner und Projektleiter müssen diese Werte vorleben, um jüngeren Mitarbeitern als Vorbild dienen zu können. Die ethische Dimension der Beratung wird in einem härteren Marktumfeld allzu oft vernachlässigt. Langfristig ist dies zum Nachteil der Beratungswirtschaft selbst. Nachhaltige Beziehungsnetzwerke schaffen Das klassische Business-Modell der Managementberatung, das von Unternehmen wie A.T. Keamey, BCG, Booz Allen Hamilton und McKinsey & Company entwickelt wurde, zeichnet sich vor allem durch intensive, langfristige und individuelle Beziehungen zwischen den Partnern dieser Firmen und den Führungskräften ihrer Klienten aus. Dieses Business-Modell hat Nachteile in Bezug auf die hohen Preise fiir Beratungsleistungen, die in der Öffentlichkeit häufig als elitär und undurchsichtig wahrgenommen werden. Andererseits bietet der intensive, oftmals über den professionellen hinausgehende Kontakt eine wichtige Voraussetzung für einen echten, tiefgreifenden Dialog, der auch die Möglichkeit zur gegenseitigen und
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wertschöpfenden Kritik bietet. Das Zusammenspiel von Beratern und Klienten ist deshalb häufig erfahrungsintensiv, was die Beziehung wiederum positiv verstärken kann. Trotz dieser Vorteile ist das klassische Modell der Beratung auf Grund verschiedener Faktoren brüchig geworden. Zum einen hat die größere Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Anbieter dazu geführt, dass Klienten ihre Beratungen häufiger wechseln - ein Verhalten, das noch keiner Partnerschaft langfristig gut getan hat. Zum anderen hat die gestiegene Fluktuation und Mobilität von Top-Managern auf der Klientenseite dazu geführt, dass Beratungsfirmen immer seltener langfristig verlässliche Ansprechpartner in Unternehmen vorfinden. Darüber hinaus sind verschiedene, aggressiv operierende Low Cost Provider mit stark standardisierten Dienstleistungspaketen in den Beratungsmarkt eingetreten. Aus diesen Gründen stehen die etablierten Beratungen unter erheblichem Druck, ihre Preise anzupassen, Projekte zu fokussieren und die Investitionen in Klientenbeziehungen zurückzufahren. Das ursprüngliche Konzept der Beratung als einer erfahrungsintensiver, gleichsam ,emotionalen' Leistung hat darunter stark gelitten. Dennoch ist der Wert stabiler Beziehungen in der Beratung kaum zu überschätzen. Wenn Beratungsfirmen dauerhafte Beziehungs-Architekturen mit ihren Klienten errichten wollen, die auch Phasen schleppender Nachfrage überstehen, müssen sie neue Wege finden, ihre Klienten auf der persönlichen Ebene anzusprechen und sie zu binden, und zwar jenseits der professionellen Herausforderungen des jeweiligen Projektes hinaus. Der Wert langfristiger Beziehungen hängt von der Bereitschaft beider Parteien ab, kontinuierlich in diese Beziehungen zu investieren. Nur dann können sie auch die daraus erwachsenden Früchte ernten. Effiziente Unternehmensarchitekturen schaffen Trotz der Einsparmaßnahmen, die in den vergangenen Jahren in Beratungsfirmen schon durchgeführt worden sind, muten die Privilegien, die viele Berater immer noch genießen, bemerkenswert großzügig an. Während einerseits jüngere Berater freigesetzt werden, pflegen diejenigen, die für solche Entscheidungen verantwortlich sind, oftmals weiter einen extravaganten Lebensstil. Demgegenüber sollten Senior-Berater die alte Führungsregel „practice what you preach" (Maister 2001) beherzigen. In der Beratung als einem personalintensiven Geschäft gilt noch mehr als in anderen Branchen, dass Führung Anhängerschaft voraussetzt. Glaubwürdigkeit aber ist dafür die wesentliche Voraussetzung.
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Die Notwendigkeit besserer Kostenkontrollen geht darüber hinaus, die Budgets für die Firmenwagen - traditionell ein wichtiges Statussymbol von Beratern - zu überdenken. Beratungen sollten effiziente interne Strukturen schaffen, die es ihnen ermöglichen, überhöhte Tagessätze abzubauen, ohne die Qualität ihrer Leistungen einzuschränken. So sind zum Beispiel die Konzepte der meisten Beratungsfirmen zur optimalen Nutzung ihrer Ressourcen in Phasen schwacher Nachfrage außerordentlich unterwickelt. In solchen Situationen werden Berater meist mit Aufgaben beschäftigt, die ihre Motivation eher zerstören als steigern. Ebenso haben nur wenige Beratungen Ansätze dafür, wie die anfallende Arbeit in Zeiten geringer Auslastungsquoten breiter verteilt werden kann. Infolgedessen kommt es zu der paradoxen Situation, dass einerseits viele Berater, wie im Jargon häufig euphemistisch gesagt wird, on the beach sind, während ihre Kollegen in denselben Unternehmen aus Leistungsdruck noch mehr als die sonst weit verbreiteten 12-15 Stunden täglich arbeiten. Die mangelnde Fähigkeit vieler Beratungsfirmen, ihre Ressourcen optimal zu nutzen, geht über den Personalbereich hinaus. Scott (1998) z.B. macht darauf aufmerksam, dass die durchschnittliche Nutzungsquote der Büros bei vielen Beratungsfirmen - die häufig in Top-Lagen ansässig sind - bei nur 20 bis 40 Prozent liegt. Auch hier mangelt es offensichtlich an der Fähigkeit, Konzepte zum nachhaltigen Kostenmanagement, die zum Standardrepertoire vieler Beratungsfirmen gehören, auf sich selbst zu übertragen. Ein weiterer Bereich in dem sich effiziente interne Architekturen auszahlen können, betrifft den Wissensaustausch zwischen Beratern. Obgleich die meisten Beratungen fortschrittliche Wissensmanagement-Systeme eingerichtet haben, sind der persönliche Dialog und der Austausch untereinander immer noch die wichtigsten Quellen von handlungsorientiertem und damit praxisrelevantem Wissen. IT-Systeme können Daten zur Verfügung stellen - aber nur Personen können im Austausch Erfahrungen vermitteln. Dennoch stellen Beratungsfirmen in ihren Entlohnungssystemen vornehmlich auf Auslastungsraten und Umsätze ab, ohne entsprechende Anreize für den aktiven Austausch von intellektuellem Kapital oder fiir das Training junger Kollegen zu setzen. Diesen Aspekten sollte in den Leistungsbeurteilungen für Berater größeres Gewicht eingeräumt werden. Die sich wandelnde Beziehungsstruktur zwischen Beratern und ihren Kunden bringt ebenso tiefgreifende Implikationen für die letztgenannte Gruppe mit sich. Klienten sollten ihre neugewonnene Marktmacht gegenüber Beratern bewusst einsetzen, ohne sie zu missbrauchen. Im Folgenden diskutieren wir die Verantwortung von Klienten für den optimalen Umgang mit Beratern an Hand zweier wichtiger Aktionsfelder.
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Optimalen Beratereinsatz sicherstellen In vielen Unternehmen sind die Prozesse zur Auswahl von und Verhandlung mit Beratern schon wesentlich professioneller gestaltet, als dies vor einigen Jahren noch der Fall war. Häufig setzen Klienten mittlerweile umfassende Kriterienkataloge zur Bewertung von Beratungen ein und verwenden formale Vereinbarungen zur Beschaffung von Beratungsleistungen. Trotz dieser Entwicklungen kann auch hier noch mehr getan werden, um den Einsatz von Beratern besser zu gestalten. Berater arbeiten nicht nur To Do Lists ab, sie spielen eine Rolle in den Unternehmen ihrer Klienten. Über diese Rolle sollten sich Klienten (und Berater) schon zu Beginn der Projektplanung klar sein. Benötigt man einen Datenlieferanten, oder einen Ratgeber, der Daten interpretieren und Handlungsempfehlungen ableiten kann? Verlangt das konkrete Projekt die Fähigkeit, Prozesse zu initiieren und zu orchestrieren, oder jemanden, der einem bestehenden Prozess neue Energie zufügt und an kritischen Stellen interveniert? Über diese Fragen sollten Klienten sich frühzeitig klar werden, um spätere Fehlsteuerungen zu vermeiden. Je detaillierter Klienten ihre Bedürfnisse analysieren, je besser sie ihre Anforderungen dokumentieren und diese ihren Beratern auch mitteilen, desto eher können sie davon ausgehen, dass Erwartungen verstanden und erfüllt werden. Darüber hinaus sollten Klienten ihre Projektarbeit als Wertschöpfungskette verstehen. Für jeden Schritt dieser Wertschöpfungskette sollten sie diejenigen internen oder externen Partner nutzen, die geeignet sind, den Mehrwert des betreffenden Schritts zu maximieren. Projektvorschläge von Beratern sind häufig von der Kombination von geringfügig wertstiftenden, letztlich überteuerten Aktivitäten, und hochgradig wertstiftenden und als solchen angemessen vergüteten Tätigkeiten gekennzeichnet. Das Ziel von Klienten sollte darin bestehen, den Einsatz von Beratern zu ,modularisieren', ohne den Aufwand für die Abstimmung der zwischen den Modulen bestehenden Schnittstellen ausufern zu lassen. Nicht alle Teile eines Projektzyklus müssen von ein und derselben Beratungsfirma durchgeführt werden. Berater sollten von ihren Klienten gesteuert werden, nicht umgekehrt. Langfristige Beziehungen mit Schüsselberatern aufbauen Gerade bei der zuvor beschriebenen Modularisierungsstrategie, mithin bei der Nutzung eines gesamten Portfolios unterschiedlicher Beratungen, die für spezifische Projektmodule eingesetzt werden, empfiehlt es sich, gleich-
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zeitig langfristige und tragfähige Beziehungen mit wenigen ausgewählten Schlüsselberatern aufzubauen. Diese Beratungen spielen eine andere Rolle als solche, die für eine klar abgegrenzte Aufgabenstellung kommen, in Hochgeschwindigkeit ihre Arbeitspakete abarbeiten, und nach der Fertigstellung des vereinbarten Programms wieder das Unternehmen verlassen. Es liegt nahe, die Rolle eines solchen ,Schlüsselberaters' mit der des Hausarztes zu vergleichen: Schließlich nimmt die Bedeutung des Hausarztes durch den regulären Einsatz von Spezialisten nicht ab, sondern eher zu. Ein solcher Berater verhält sich wie ein Bergführer. Er lenkt nicht jeden einzelnen Schritt des Klienten und steht dennoch bereit, um kritische Klippen zu meistern und auf potenzielle Gefahrenquellen aufmerksam zu machen. Beratungsbeziehungen dieser Art müssen nicht übermäßig teuer sein. Sie verlangen von Beratern Qualitäten wie z.B. persönliche Reife, Voraussicht und Empathie, nicht aber die Back Office-Strukturen, durch die viele Beratungsfirmen heutzutage gekennzeichnet sind. Klienten sollten sich nicht der Möglichkeit verschließen, die Beratungen zu engagieren, mit denen sie im wahrsten Sinne des Wortes denk-würdige, leidenschaftliche Erfahrungen gemacht haben. Sie müssen nur deutlich machen, dass diese Beratungen keine uneingeschränkten Vorzugsrechte bei der Vergabe neuer Projekten oder Projektmodule genießen. Langfristige, vertrauensbasierte Beziehungen sind eine notwendige Voraussetzung für eine gleichberechtigte Partnerschaft, in der beide Parteien voneinander lernen und profitieren können. Im Aufbau solcher Beziehungsgefüge bestehen ungeahnte Chancen für Klienten wie für Berater.
Fazit Es kann nicht Ziel der dargestellten Handlungsempfehlungen sein, die ,alte Ordnung' im Beratungsmarkt wieder herzustellen. Unserer Ansicht nach sind die diskutierten Entwicklungen - größere Nachfrageelastizität auf Grund gestiegener Wahlmöglichkeiten, wachsender Erfahrung und besserer Transparenz, und die daraus resultierende Stärkung der Verhandlungsposition von Klienten gegenüber Beratern - weder umkehrbar, noch wäre ihre Umkehrung wünschenswert. Sie sind vielmehr zu als Chance zu sehen. Angesichts der veränderten Spielregeln im Beratungsmarkt müssen beide Seiten aber ihre Rollen neu definieren. Berater begreifen diese Aufgabe als eine genuin strategische Herausforderung.
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Literatur Clark T (1995) Managing Consultants. Consultancy as the Management of Impressions. Buckingham. Bierach B (2003) Berater - Das große Schütteln: Entlassungen, Preiskämpfe und Übernahmen - die Konjunkturkrise führt zu Auflösungserscheinungen. Wirtschaftswoche: 82. (2003) Graubner M, Richter A (2003) Managing tomorrow's Consulting firm. Consulting To Management, Jg. 14, Nr. 3. Kennedy Information (2003) The Global Consulting Marketplace 2003 - Key Data, Forecasts, and Trends. Petersborogh. Maister DH (1993) Managing the Professional Service Firm. New York. Maister DH (2001) Practice What You Preach. What Managers Must Do to Create a High-Achievement Culture. London. Marshall A (1905) Principles of Economics. London. O.V. (2001) Harte Zeiten für erfolgsverwöhnte Untemehmensberater - McKinseyChef Jürgen Kluge: der deutsche Beratungsmarkt hat Überkapazitäten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.2001. O.V. (2003) Druck auf IT Beratungen am höchsten - Kundenprojekte werden kürzer. Handelsblatt, 07.2. 2003. Scott MC (1998) The Intellect Industry. Profiting and Learning from Professional Services Firms. Chichester.
Strukturwandel in der Unternehmensberatung vier Basistrends verändern die bisherigen Spielregeln des Beratungsmarktes Christoph Kolbeck Michael Mohe
Einleitung Sehnsüchtig schauen die Berater auf die Zeit zurück, in der ihre Branche zweistellige Wachstumsraten aufwies. Von einer „Beratungsexplosion" (Ernst u. Kieser 2002, S. 56) war bereits die Rede. Nun aber stagniert das Wachstum der Beratungsbranche, nachdem es bereits 2002 um 4,5 Prozent schrumpfte (BDU 2003). Auch für 2004 wird keine wesentliche Verbesserung der Auftragsentwicklung in Aussicht gestellt. Zudem wächst in den Medien die Kritik an den Beratern. Die Branche scheint verunsichert zu sein, sogar „ratlos in eigener Sache" wie der Spiegel titelte (Martens 2003). Der Markt für Unternehmensberatung befindet sich nun selbst in einem tiefgreifenden Strukturwandel (Kipping 2002). Was ist passiert? Der vorliegende Artikel arbeitet die neuen Spielregeln des Beratungsmarktes und die sich daraus ergebenden Konsequenzen heraus. Zunächst werden aktuelle wesentliche Entwicklungstrends der Beratungsbranche aufgezeigt. Ein wesentlicher Trend ist der professionellere Umgang der Klienten mit Beratungen. Daher wird dieser Trend mit einem empirisch gestützten Blick auf die Praxis vertiefend betrachtet. In einem Ausblick werden Implikationen abgeleitet, die aus dem Trend der Klientenprofessionalisierung resultieren.
Basistrends im Beratermarkt 1. Trend: Die Boomzeiten der Beratung sind vorbei Beratungen in der Krise Auf der Beraterseite reagiert man auf die negative Marktentwicklung mit Entlassungen, großzügiger Gewährung von Sabbaticals, Einstellungsstopps und umfangreichen Budgetkürzungen. Allein Bearing Point (ehemals
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KPMG) hat 2002 ein Viertel der deutschen Belegschaft entlassen (Buchhorn 2002, S. 32). Aber auch der Branchenprimus McKinsey kürzte in seinem Stammland USA ein Drittel der Stellen (Balzer u. Student 2003). Die aktuelle wirtschaftliche Situation und eine Reihe von Managementfehlem (allein der geplatzte Börsengang von C-Quential, dem Technologie-, Inft)rmations- und Medienableger von ADL, kostete 35 Millionen US-$ (Bergmann 2002, S. 2)) hat sogar dazu geftihrt, dass die älteste Beratung der Welt, Arthur D. Little, gegründet 1886 von dem gleichnamigen MITProfessor im Februar 2002 Gläubigerschutz in den USA beantragte. Christian Scholz, Professor an der Universität Saarbrücken zeichnet für die Branche ein düsteres Zukunftsszenario: „Es wird einen gewaltigen Shake-out geben. Von den großen Firmen werden zwei, drei Global Player übrigbleiben. Daneben wird es 100 bis 200 kleinere, hochgradig spezialisierte Beratungsuntemehmen geben." (Bergmann 2002, S. 7) 2. Trend: Fehlgeschlagene Projekte führen zu Autoritäts- und Reputationsverlust bei den (großen) Beratungen Aufgrund des Dienstleistungscharakters von Beratung und der damit verbundenen Informationsasymmetrie zwischen Berater und Klient hat sich Reputation als wesentliches Auswahlkriterium herauskristallisiert. Es ist daher nicht überraschend, dass gerade die Top-Beratungen viel in ihren Reputationsaufbau und Bekanntheitswert investieren. Dies spiegelt sich wider in aufwendigen Personalrekrutierungen und -bewertungen („Up-orout"-Prinzip), Präsenz in den Medien, zahlreichen Fachartikeln und Studien. Mit Erfolg: Nach einer Studie der Zeitschrift Capital weisen die großen Beratungen unter Top-Managern einen unglaublich hohen Bekanntheitswert auf. McKinsey ftihrt die Rangliste mit 100% an, gefolgt von Roland Berger (99%) und BCG (97%); und auch Beratungen wie Bain (58%)) und Mercer Management Consulting (56%)) sind in den Führungsetagen noch gut bekannt. (Reischauer 2001, S. 41) Eine andere Studie kommt darüber hinaus zu einem überraschenden Ergebnis: Während die Top-Beratungen in den Bekanntheitswerten vorne liegen, rangieren sie bei den Zufriedenheitswerten auf den hinteren Rängen. Die eher unbekannten Beratungen - wie bspw. Diamond Cluster, Stern Stewart, Horvarth - sind in der Zufriedenheitsskala die „Hidden Champions". (Fink und Knoblach 2003) Das elitäre, fast mythische Bild von den externen Ratgebern und die damit verbundene Autorität hat in der letzten Zeit deutliche Risse bekommen: Selbst der Mythos McKinsey gerät ins Wanken (Hirn und Student 2002). Spätestens seit dem Enron-Fall und dem Untergang der Swiss Air,
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an deren Geschäftsstrategie McKinsey-Berater unmittelbar beteiligt gewesen sind, kämpft die ehemalige Elite nun um ihren guten Ruf. ((Balzer u. Student 2002a, S. 56; S. 61f). Am Beispiel Enron lässt sich der Wandel gut skizzieren: Fast 18 Jahre lang gingen die McKinsey-Berater beim amerikanischen Energiekonzern ein und aus. Maßgeblich bauten sie den einstigen Energieproduzenten zu einem Händler, Dienstleister und Makler um. Enron-Chef Jeff Skilling, ein ehemaliger McKinsey-Berater hat sich die Beratung jährlich ca. 10 Millionen US $ kosten lassen. (The Economist 2002)) Mit dem Autoritätsverlust fällt nun aber eine zentrale Funktion der Beratung, die einen nicht unwesentlichen Anteil am Umsatzes ausmachte, weg: Die Legitimationsfunktion. Insbesondere angestellte Manager von börsennotierten Publikumsgesellschaften waren in der Vergangenheit gut „beraten", ihre (strategischen) Entscheidungen gegenüber den Shareholdern mit dem Gütesiegel renommierter Beratungen zu versehen. Mit dem Autoritätsverlust gerät aber nun nicht nur ihr Mythos, sondern auch die damit verbundene Legitimationsfunktion ins Wanken. 3. Trend: Interne Beratungen ersetzen immer stärker externe Beratungen Mit der zunehmenden Kritik an externen Beratungen und knapper werdender Budgets rücken die internen Ratgeber wieder stärker in den Mittelpunkt. Die hinlänglich bekannten Vorwürfe an den internen Beratungen wie mangelnde Objektivität, Betriebsblindheit und fehlendes Markt- und Branchenwissen greifen immer weniger. Die Internen, die immer wieder den Spagat zwischen Zutrauen und Vertrauen meistern müssen, haben auch in gemeinsamen Projekten mit externen Beratern hinsichtlich Methoden, Fachwissen und Projektmanagement im Tandemgespann - viel lernen können und sich im Beratungsgeschäft etabliert. (Mohe u. Pfriem 2001, Mohe u. Nicolai 2001) Beim Otto-Versand wird beispielsweise fast ausschließlich auf eigene interne Beraterexpertise gesetzt. Der Einsatz externer Berater gehört mittlerweile zu den „absoluten Ausnahmen" (Rasch 2002). Dabei sind die meisten Beratungen im deutschsprachigen Raum erst Mitte der neunziger Jahre entstanden. (Hoyer 2000, S. 66) Heute befindet sich das Inhouse Consulting in einer regelrechten Boomphase. Dies belegt eine aktuelle Studie von GORE. (Mohe u. Kolbeck 2003) 75 Prozent der befragten deutschen DAX und MDAX-Unternehmen haben bereits eine interne Beratung eingerichtet. Allein im VolkswagenKonzern werden mittlerweile 40 Prozent aller Beratungsaufträge durch die internen Dienstleister abgedeckt.
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Christoph Kolbeck, Michael Mohe
Die Geschäftsmodelle interner Beratungen sind jedoch recht unterschiedlich. Selbst innerhalb gleicher Branchen - wie zum Beispiel in der Automobilbranche - sind interne Beratungen unterschiedlich ausgerichtet. Dies zeigt die folgende Abbildung, in der die Profile der internen Beratung von Volkswagen und DaimlerChrysler eingezeichnet sind. Ausprägung
Merkmal
Gründungsformen
Neugründung
Akquisition •'•••
Organisatorische Einbindung Organisationsgrad
Transformation
—
„
Stabsstelle
Dienstleistungsstelle
Eigenständiger Geschäftsbereich
zentral
dezentral
zentral-dezentral —
~
1 Ven^echnungsform
Größe
kostenlos
klein (bis 10 MA)
! Klienten
gewinnorientiert
mittel (bis 30 MA)
groß (bis 70 MA)
sehr groß
—" ^
lokal
national
Inhaltsberatung "
Marktliche Ausrichtung
Lower Management
—____
^^_____=—=^Beratungsansatz
•
kostenlos/ kostendeckend
Middle Management
Top Management
-
_ _ _ _ _
Quasi-eigenständiger Geschäftsbereich
kostendeckend
^
I Räumliche Ausdehnung
Institutionalisierung •
intemational
_
Inhalts- und Prozeßberatung
Prozeßberatung —
ausschließlich intern
—
_
global
^ _______ ^
vorwiegend intern
— • • • • •
"
^
intern und extern
vorwiegend extern
Abb. 1. Morphologischer Kasten zur Typologisierung interner Beratungen (Mohe 2002, S. 337) Wie verläuft die weitere Entwicklung des Inhouse Consulting? Ist die interne Beratung vielleicht nur eine neue Modewelle in der ConsultingIndustrie? Diese Frage lässt sich noch nicht abschließend beantworten. Was jedoch immer häufiger in Konzernen zu beobachten ist, dass die bisherige Problemlösungsdelegation an externe Berater und damit eine Entlastung des Managements immer seltener anzutreffen ist. Hier ist ein Musterwechsel zu beobachten: Manager sehen sich selbst stärker in der Verantwortung und greifen dann eher auf interne Kapazitäten zurück. Auch Standardleistungen wie Moderationen, einfache Trainings werden nicht mehr ausschließlich von Externen durchgeführt, sondern zunehmend von Managern selbst.
Strukturwandel in der Untemehmensberatung
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4. Trend: Klienten professionalisieren sich zunehmend im Umgang mit Beratern Die Kritik der Klienten an den externen Beratern ist nicht neu. Je nach Brille oder „Betroffenheit" der Klienten gehen die Vorwürfe in Richtung der mangelnden Umsetzbarkeit der Konzepte, der hohen Standardisierung der Beratungsprodukte und dem disbalancierten Preis-Leistungsverhältnis, das in (überhöhten) Tagessätzen von 3.000 Euro und mehr zum Ausdruck kommt. (Kolbeck 2001, S. 35ff.) Die Kritik macht sich jetzt jedoch nicht mehr nur allein an einzelnen Projekten oder Beratungen fest, sondern auch an den Spielregeln der Branche insgesamt. Das ist neu. Sind es noch vor kurzem die Top-Manager gewesen, die jede Managementmode mitgemacht und damit den Zyklus der Moden weiter beschleunigt haben, warnen sie nun davor, mit der Mode zu gehen. Mittlerweile ist es in diesen Kreisen selbst schon zur Mode geworden, vor Managementmoden zu warnen. Dennoch ist vor allem in den Großunternehmen in den Boomjahren ein regelrechter „Beraterwildwuchs" (Mohe u. Pfriem 2002, S. 29, Mohe 2003, S. 19) entstanden: Beratungsanlässe wurden häufig nicht konkret formuliert, Themen doppelt bearbeitet und Synergieeffekte verschenkt. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass der Klient die Erfolgswahrscheinlichkeit von Beratung wesentlich beeinflusst (Mohe 2003). In einigen Unternehmen ist diese Botschaft bereits angekommen. Sie beginnen, sich im Umgang mit Beratung zu professionalisieren. Diese Professionalisierungsprozesse verlaufen von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Mit dem folgenden Kapitel soll deshalb ein ausführlicherer Blick in die Praxis der Klientenprofessionalisierung gerichtet werden.
Klientenprofessionalisierung - ein Blick in die Praxis Der professionelle Umgang mit Beratung weist unterschiedliche Facetten und Formen auf. Dies illustrieren die folgenden Beispiele: (Mohe 2004) Während in einigen Unternehmen Beratungsaufträge weiter informell erteilt und ausgehandelt werden (Stichwort „Golfplatz"), ist in anderen Unternehmen der systematische Aufbau von Beraterdatenbanken oder die Implementierung verbindlicher Organizational Rules für den Beratereinkauf zu beobachten. Unternehmen wie die Deutsche Bahn errichten zusätzlich zentrale Koordinationsstellen für den Einkauf und die Steuerung von Beratungsprojekten; bei DaimlerChrysler gibt es interne Projektcoaches, die Beratungsprojekte professionell begleiten; bei Infineon arbeitet man er-
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Christoph Kolbeck, Michael Mohe
folgreich mit Beratungshandbüchern, die den Mitarbeitern als Leitfaden durch den Beratungsprozess dienen. Außerdem haben viele Unternehmen ihr Kostenbewusstsein gegenüber Beraterhonoraren geschärft. Statt pauschaler Honorierung setzen Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG vermehrt auf erfolgsorientierte Vergütungsmodelle. In immer mehr Unternehmen werden zudem Budgets für externe Beratung zusammengestrichen und in die eigene interne Beratung umgelenkt. Auch an vermeintlich kleineren Ecken wird gespart. Bei der MTU fallen beispielsweise Spesen, die Berater üblicherweise in Rechnung stellen, dem Rotstift zum Opfer. Die Begründung: Spesen - in der Regel sind dies zwischen 15 und 25 Prozent der Honorarsumme - machen einen verdeckten Tagessatz aus. In den etwa 3.000 Euro, die ein Top-Berater durchschnittlich seinem Klienten pro Tag berechnet, sollten auch die Übernachtungskosten inbegriffen sein. Durch Budgetkürzungen und Professionalisierungsstrukturen konnten Unternehmen ihre Verhandlungsposition gegenüber den Beratungsunternehmen ausbauen. Und dieser Trumpf wird konsequent ausgespielt: Immer mehr Beratungsunternehmen werden zum Abschluss von Rahmenverträgen oder zur Anfertigung kostenloser Vorstudien gedrängt. Auf den ersten Blick könnte man angesichts dieser Beispiele meinen, dass die Unternehmen bereits auf einem guten Weg sind. Eine differenzierte Analyse zeigt jedoch, dass Klienten noch wesentliche Optimierungspotenziale ausschöpfen können. Dies ist ein zentrales Ergebnis der COREStudie (Mohe u. Kolbeck 2003). Die Ausgangsfrage dieser Untersuchung lautete: Wie ist der Stand der Klientenprofessionalisierung bei den DAX und MDAX-Unternehmen in Deutschland? Zur Beantwortung dieser Frage hat GORE das Durchschnittsprofil der Klientenprofessionalisierung ermittelt. In einem ersten Schritt wurden für die Bestimmung des Professionalisierungsprofils zehn Indikatoren identifiziert. In einem zweiten Schritt wurden die erzielten Werte ihrer jeweiligen Maximalausprägung gegenübergestellt. Abbildung 2 illustriert das Ausmaß der Deckungsgleichheit zwischen dem Durchschnitts- und dem Maximalprofil. Bei einem Blick auf das Durchschnittsprofil wird deutlich, dass noch wesentliche Optimierungspotenziale bestehen: Während der „durchschnittliche Klient" bei der Erfassung der Beratungskosten schon sehr gut aufgestellt ist, gibt es noch in einigen Feldern Handlungsbedarf: Klienten sollten vor allem verstärkt systematische Projektevaluationen, den Einsatz von Professionalisierungstools, die Erstellung interner Rankings, die Durchführung eines Beratungscontrolling und die Einrichtung zentraler Koordinationsstellen forcieren.
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0 Maximale Professionalisierung • Durchschnittliche Professionalisierung
Abschluss von Rahmenverträgen
Existenz von InhouseConsulting^---''''''^
(|T|] .
^""'---^Systematische Projektevaluation
Existenz einer zentralen Koordlnatlonsstelle
Durcitführung von Lessons Learned
f '
Durchfüührung eines Einsatz von Professtonalisierungstools
Beratungscontrollings
Erfassung der Beratungsltosten^\_^^
^^„„--^Erstellung interner Rankings
Existenz von Beraterdatenbanken
Abb. 2. Durchschnittsprofil der Klientenprofessionalisierung bei DAX- und MDAX-Unternehmen (Mohe u. Kolbeck 2003, S. 34) Mittelfristig sollte ein professioneller Umgang mit Untemehmensberatung systematisch und ganzheitlich erfolgen. Ein solcher Ansatz geht über das Ergreifen von Einzelmaßnahmen hinaus. Die Studie hat gezeigt, dass Unternehmen bereits bestimmte Tools einsetzen und Strukturen aufgebaut haben, allerdings immer noch sehr „inselorientiert". Daher muss ein zentrales Ziel sein, die vorhandenen Tools und Strukturen optimal aufeinander abzustimmen. Dazu werden im Folgenden einige strategische Anregungen gegeben. Der bisherige Fokus der Klienten auf die Phase der Beraterauswahl sollte zukünftig erweitert werden. Die Ergebnisse der CORE-Studie belegen zwar, dass Klienten vor allem in der Anfangsphase des Beratungsprozesses - insbesondere bei Verfahren zur Beraterauswahl - bereits gut aufgestellt sind. Handlungsbedarf besteht dahingegen zum Ende des Prozesses: Systematischen Projektevaluationen, Beratungsergebnissen und Lessons Learned werden noch zu wenig Beachtung geschenkt. Durch die Integration zusätzlicher Prozessphasen sollte der Professionalisierungsgedanke entlang des gesamten Beratungsprozesses verankert werden (vgl. Abbildung 3). Dieser Prozess beginnt im Idealfall bereits mit den Phasen der Problemdefinition und der Planung des Beratereinsatzes, da sich hier gleichermaßen wesentliche Kosteneinsparungs- und Nutzenoptimierungspotenziale verbergen. Nach der Beraterauswahl ist ein professi-
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Christoph Kolbeck, Michael Mohe
onelles Consulting-Management in den Themenfeldern Vertragsgestaltung, Projektstaffmg und -durchführung erforderlich. Am Ende des Prozesses sollte das jeweilige Projekt systematisch evaluiert und mit der Durchführung von Lessons Learned abgeschlossen werden. Dabei ist zu beachten, dass das erworbene Wissen wieder in die Organisation eingespeist wird, um nachhaltige Lernprozesse zu fördern. Darüber hinaus sollten zur Unterstützung des gesamten Prozesses weitere phasenübergreifende Tools wie beispielsweise ein Beratungshandbuch oder eine Consulting Scorecard entwickelt werden. Bisheriger Foitus Erweiterter Fokus
Kontmuierichef Ruckkopplunggprozess
Aufgaben
ModeratJOT vonProbtemttefnUünsWorkshops
(exemplarisch)
Entwicklung von Organ eatonal RuSes
Design von Ausw^ah^ vedahren
Optjmemngdes admuBtratwen Prozesses
Modefaloncief Auswahl
Unterstützung bei derRisikoanafyse
Abwckkjng des Match JpgProzesses
EntiVickiuDg von Rahmertvef tragen
Unterstützung der Teamauswahl
OpInrJCRjrtg von Bcralcfv ertragen
Teanentwictdung
Klärung von Haftungsfragen Rege1ur>g für Vertragsauftosung
BereitsleElung von PropklmanagementToote Efstelung von Pfojektplanen Befalur>gs* cont^gling
RfO)ckt' Coaching KonflÄkmoderaljon PtD^ktcontrolmg
EntwicKfur>g ejries Bev/cftungs^ bogons Evaluation cfer ßeratüngsprojekle Modecatjon von Feedback mnden und Abscti1uss> gfispTdchen Erhebung dar Lessons Learned
Pbasen-
LauferKle Bestandsaufnahme dsr Internen Beratungslandschaft
Obergrelfende Aufgaben (exemplarisch)
Entwicklung einer Consulting fnfobase
Entwicidung atnes Beratungshandbuchs
Entwicklung einer GmsMltirigi.Seor?J^^.^.,j3p;,^,jja5,,
Abb. 3. Phasenspezifische und phasenübergreifende Professionalisierungstools (Mohe u. Kolbeck 2003, S. 36)
Ausblick Wie wird es weitergehen mit dem Thema der Klientenprofessionalisierung? Aus der Marketingforschung ist bekannt, dass ein neues Produkt erst wenig Trendsetter anspricht, es sich aber mit zunehmendem Bekanntheitsgrad zum Massenprodukt entwickelt. Ein ähnlicher „Domino-Effekt" wird
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auch bei Thema der Klientenprofessionalisierung zu beobachten sein. Noch steht das Thema erst am Anfang. Einige wenige große Konzerne haben begonnen, ihren Umgang mit Beratung zu hinterfragen und erste Maßnahmen einzuleiten. Unternehmen, die in dieser Richtung noch nicht umgeschwenkt haben, werden rasch folgen - zunächst die großen, dann auch mittlere Unternehmen. Mittlerweile existiert bereits ein neues Geschäftsmodell auf dem Beratungsmarkt, das den Trend der Klientenprofessionalisierung früh erkannt hat und ihn weiter verstärken wird. Meta-Beratung heißt dieses Konzept eine Art Beratungs-Beratung, die Klienten bei allen Fragen zur Beratung berät. (Mohe u. Pfriem 2002) Eine Meta-Beratung kann beispielsweise den Prozess zum Aufbau einer zentralen Koordinationsstelle begleiten, darüber hinaus zudem einzelne Module oder sogar das volle Aufgabenspektrum einer Koordinationsstelle übernehmen. Als externer Dienstleister kann sie dann für Klientenunternehmen einerseits die spezifischen Aufgabenfelder entlang des Prozesses wahrnehmen (z.B. Projektevaluationen). Andererseits kann sie aufgrund gesammelter Erfahrungen mit anderen Klientenunternehmen für die Entwicklung phasenübergreifender Professionalisierungstools und für Benchmarkingprozesse herangezogen werden. Da Klienten die entsprechende Expertise und Kapazitäten hierfür nicht permanent im eigenen Unternehmen vorhalten müssen, können außerdem kostenwirksame Effekte realisiert und die Gefahr einer Überdimensionierung der eigenen Professionalisierungsansätze vermieden werden. Der Trend der Klientenprofessionalisierung wirkt sich auch auf die drei anderen oben beschriebenen Trends aus. Er ist der zentrale Treiber, der die anderen Spielregeln der Branche auf den Kopf stellt. Was aber bedeutet dies für das Geschäft mit der Beratung? Die im zweiten Abschnitt beschriebenen Trends werden sich weiter fortsetzen. Von sinkenden Beratungsbudgets und einem stärkeren Aufbau interner Beratungseinheiten ist auszugehen. Angesichts dessen wundert es nicht, dass sich Beratungsunternehmen neu definieren und sich neue Spielfelder suchen. McKinsey geht neue Wege, indem verstärkt Aufträge aus dem Mittelstand und der öffentlichen Verwaltung akquiriert werden sollen. Vor allem die Politik soll als neues Geschäftsfeld erschlossen werden. (Balzer u. Student 2002a) Bei McKinsey sollen bis 2005 in diesem Feld 200 Berater arbeiten, derzeit sind es ca. 50 (Balzer u. Student 2004). Schließlich scheint auf dem Spielfeld der Politik das Spiel noch nach den Regeln der Berater zu funktionieren. Noch, denn auch hier ist Handlungsbedarf dingend geboten. Die Medien berichten zunehmend kritischer über Beratungsaufträge in zweistelliger Millionenhöhe für die Umgestaltung der Bundesagentur für Arbeit, die Neuausrichtung der Bundeswehr und die Mitwirkung an diversen Kommissionen. Dies rückt nicht nur die Berater, sondern auch ihre
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Christoph Kolbeck, Michael Mohe
Auftraggeber aus der Politik immer stärker in dem Mittelpunkt der Medienöffentlichkeit. Es ist daher wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch auf diesem Feld das Thema der Klientenprofessionalisierung aufgegriffen wird.
Literatur Balzer, Student (2002) Energieknappheit - Im Stammland USA muss McKinsey in eigener Sache sanieren. Manager Magazin 11/2002a, S. 56-63. Balzer, Student (2002a): Operation Big Mac. Manager Magazin 11/2002, S. 5263. Balzer, Student (2004) Schlecht beraten. Manager Magazin 1/2004, S. 8-11. BDU (2003) Facts & Figures. Bonn 2003. Bergmann (2002) Schlaumeier wie wir. brand eins 4/2002, S. 18-22. Buchhom (2002) Guter Rat ist billig. Manager Magazin 12/2002, S. 32-34. Ernst, Kieser (2002) Versuch, das unglaubliche Wachstum des Beratungsmarktes zu erklären. In: Schmidt, Gergs, Pohlmann (Hrsg.) Managementsoziologie. Hampp Verlag 2002, S. 56-85. Fink, Knoblach (2003) Die 'Hidden Champions' des Beratungsmarktes. Reinbach 2003. Hirn, Student (2002) Hohe Priester in Nöten. Manager Magazin 7/2002. Hoyer (2000) Internes Consulting in Deutschland - Ergebnisse einer Marktuntersuchung. In: Niedereichholz (Hrsg.) Internes Consulting: Grundlagen - Praxisbeispiele - Spezialthemen. München, Wien 2000, S. 55-81. Kipping (2002) Jenseits von Krise und Wachstum: der Wandel im Markt für Untemehmensberatung. ZfO 5/2002, S. 269-276. Kolbeck (2001) Zukunftsperspektiven des Beratungsmarktes. Gabler 2001. Martens (2003) Ratlos in eigener Sache. Der Spiegel 2/2003, S. 78-79. Mohe (2002) Inhouse Consulting - Gestern, heute - und morgen? In: Mohe, Heinecke, Pfriem (Hrsg.) Consulting - Problemlösung als Geschäftsmodell, S. 320-343. Mohe (2003) Klientenprofessionalisierung - Strategien und Perspektiven eines professionellen Umgangs mit Unternehmensberatung. Metropolis-Verlag 2003. Mohe (2004) Gleiche Augenhöhe. Financial Times Deutschland, 26.01.04, S. 30. Mohe, Kolbeck (2003) Klientenprofessionalisierung in Deutschland - Stand des professionellen Umgangs mit Beratung bei deutschen DAX- und MDAXUntemehmen - Empirische Ergebnisse, Best Practices und strategische Implikationen. Oldenburg. Mohe, Nicolai (2001) Klienten als Konkurrenten. Untemehmensentwicklung 2/2001, S. 12-13. Mohe, Pfriem (2001) Inhouse Consulting: Von drinnen nach draußen. In: Breidenstein, Hafemann, Lukas (Hrsg.) Consulting für Deutschland 2001 - Jahrbuch ftir Untemehmensberatung und Management, Franfurt a. M., S. 93-98.
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Mohe, Pfriem (2002) Where are the Professional Clients? Möglichkeiten zur konzeptionellen Weiterentwicklung von Meta-Beratung. In: Mohe, Heinecke, Pfriem (Hrsg.) Consulting - Problemlösung als Geschäftsmodell. Theorie. Praxis. Markt. Verlag Klett-Cotta 2002, S. 25-40. Rasch (2002) Consulting - Alles intern geregelt. Financial Times Deutschland, 16.7.2002. Reischauer (2001) Unternehmensberater. Capital 24/2001. The Economist (2000) Consultants, heal thyself. 2.11.2002, S. 61f.
Optionenraum für Geschäftsmodell, Strategie, Aufbau- und Ablauforganisation einer Unternehmensberatung Thomas Deelmann Amd Petmecky
Motivation, Ziel, Aufbau Die Arbeit mit Beratern ist vielfältig und umfasst meist neuartige Fragestellungen, ist jedoch leider teilweise auch von Missverständnissen geprägt. Diese Missverständnisse können z.B. aus einem unsachgemäßen Einsatz von Unternehmensberatern oder aus einem unrichtigen Verständnis über die Arbeitsweise sowie Möglichkeiten und Restriktionen, mit denen sich Berater konfrontiert sehen, resultieren. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, das Verständnis für die Arbeit von Beratern zu fördern und dadurch die Arbeit mit Beratern zu vereinfachen. Hierzu werden verschiedene generische Optionenräume einer Unternehmensberatung beschrieben. In den folgenden Kapiteln werden Optionen für das Geschäftsmodell, die Strategie, die Aufbauorganisation und die Ablauforganisation einer Beratung aufgezeigt und vorgestellt. Im letzten Abschnitt werden die Interdependenzen dieses Optionenraumes skizziert und die Ergebnisse zusammengefasst.
Geschäftsmodelloptionen für Beratungen Im Geschäftsmodell einer Unternehmensberatung ist die Kombination von Informationen durch die Berater zur Lösung von Problemen, die vom Kunden an die Beratung herangetragen werden, elementarer Bestandteil. Als Gegenleistung für die Unterstützung bei der Problemlösung erhält die Beratung vom Kunden eine Vergütung. Als beteiligte Parteien innerhalb dieses Geschäftsmodells können daher zum einen der Kunde (oder die Kundenorganisation) und der Berater, genauer: der für ein Projekt oder einen Kunden verantwortliche Berater, i-
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Thomas Deelmann, Amd Petmecky
dentifiziert werden. Letzterer kann bei der Problemlösung auf die Kompetenzen anderer Berater, soweit sie seiner Organisation angehören, zurückgreifen. Arbeiten Berater einer Organisation zusammen, findet i.d.R. ein Informationsaustausch statt, der ggf. von IT-Systemen, z.B. Wissensmanagementsystemen, unterstützt wird und zur Problemlösung beiträgt. Auch wenn mehrere Mitarbeiter einer Beratung am Gesamtprozess beteiligt sind, so kann doch ein einzelner Berater als dem Kunden gegenüber verantwortlich dargestellt werden. Abbildung 1 stellt das Geschäftsmodell grafisch dar. Hierbei werden die Akteure (Organisationseinheiten: Kunde, Projektleiter, Berater 1 bis Berater n) als stilisierte Porter'sehe Wertkette dargestellt, die Informationsverarbeitung mit Hilfe eines fast geschlossenen Kreises als Transformationsprozess und der Austausch von Informationen, Produkten und Finanzmitteln als Blockpfeil mit der Spitze in Empfängerrichtung und einer kurzen Beschreibung („i" für Information, „X" für Produkt und „€" für Finanzen). (Deelmann u. Loos 2004)
Consultant Legende: 1
\\
Organisationseinheit
^^\ Transfomiationsprozess
|
)
Transferfluss
Hilfsmittel
Abb. 1. Geschäftsmodell einer Untemehmensberatung
Optionenraum einer Untemehmensberatung
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Ausgehend von dem skizzierten Grundtyp des Geschäftsmodells einer Unternehmensberatung können nun verschiedene generische Optionen unterschieden werden. Diese Optionen sind abhängig von der Wahl der typischerweise bearbeiteten Projekte: (Maister 1982) - Brain-Projekte sind von hoher Komplexität und meist fachliche oder technologische Vorreiterprojekte, die mit Kreativität, Innovationskraft und neuen Ansätzen neuen Problemen mit neuen Lösungen begegnen. Berater sollen entsprechend die gegebenen Eigenschaften aufweisen. - Grey Hair-Projekte wenden bekannte Methoden auf kundenspezifische Situationen an. Berater werden für solche Projekte engagiert, wenn sie Erfahrungen auf eben diesem Gebiet vorweisen können. - Procedure-Projekte haben den geringsten Neuigkeitsgrad. Sowohl das Problem, als auch die notwendige Lösung sind meist bekannt. Der Berater wird gewählt, wenn er das Projekt mit einer hohen Effizienz lösen kann. In Abhängigkeit von den typischerweise bearbeiteten Projekte muss das oben skizzierte Geschäftsmodell abgewandelt werden. Während der Grundaufbau des Geschäftsmodells bleibt, ändern sich die Art der zu lösenden Probleme und der Problemlösung. Zusätzlich variiert je nach Projekt die Anzahl der neben dem Projektleiter involvierten Berater. Während der Projektleiter Brain-Projekte eigenständig oder nur mit Unterstützung ausgewählter Berater durchführen kann, steigt die Anzahl der Berater, auf die zurückgegriffen wird, bei den Grey Hair-Projekten weiter an. Bei Procedure-Projekten ist die Zahl der Berater typischerweise am größten. Die Ausgestaltung dieser Personalpyramide zwischen einem Projektleiter (oder Partner) an der Spitze und den Beratern als Grundfläche ist determinierend ftir verschiedene nachgelagerte Aspekte von Beratungsorganisation und -management.
Strategieoptionen für Beratungen Unternehmensberatungen agieren als Teil einer Wettbewerbsumgebung, auf die Trends, Wettbewerber, Kunden, Branchentwicklungen etc. einwirken. In Kombination mit der Beachtung des o.g. Geschäftsmodells werden Grundsatzentscheidungen getroffen, abgestimmt und umgesetzt. Die Koordination des Verhaltens unterschiedlicher Bereiche zur Erreichung gemeinsamer Ziele wird als Strategie bezeichnet (Porter 1999). Beratungen können auf ihrem Geschäftsmodell aufbauend eine individuelle Strategie entwerfen und umsetzen, um damit entweder das vorhan-
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Thomas Deelmann, Amd Petmecky
dene Geschäftsmodell zu bewahren und auf Wettbewerbseinflüsse zu reagieren, oder sie können mit Hilfe ihrer individuellen Strategie ein neues Geschäftsmodell anstreben. (Magretta 2002) Die verschiedenen möglichen Strategien von Beratungsuntemehmen können in vier generische Gruppen aufgeteilt werden. Die einzelnen Strategietypen sind die der Kostenführerschaft, der Produktführerschaft, des Komplettangebots und der Herbeiführung von Lock-In-Situationen. (Kaplan u. Norton 2004) - Bei einer Kostenführerschaftsstrategie versucht die Beratung möglichst geringe Gesamtkosten im Beratungsprozess zu verursachen und diese günstige Kostensituation als Wettbewerbsvorteil gegenüber Kunden als Verkaufsargument zu nutzen. - Eine die Produktführerschaftsstrategie verfolgende Beratung versucht ihren Kunden Produkte anzubieten, die in ihrer Qualität allen anderen Angeboten auf diesem Gebiet überlegen sind. Mit Hilfe dieser erzielten Qualität will sich die Beratung auf dem Anbietermarkt positionieren und auf der Basis ihrer Position Produzentenrenten generieren. - Ein Komplettanbieter (Full-Service-Provider) bietet seinen Kunden für die vorhandenen Probleme eine ganzheitliche Lösung an. Ein solcher Berater unterstützt den Kunden nicht nur bei der Strategieentwicklung, sondern entwickelt auch Prozesse und Organisationsstrukturen und begeleitet bspw. mit einem Change Management den gesamten Reorganisationsprozess. Der Komplettanbieter erhofft sich durch die Übernahme eines weiten Spektrums von Aufgaben eine genügend große Menge verrechenbarer Beratertage, um eine hinreichende Profitabilität zu gewährleisten. - Für eine Strategie der Herbeiführung von Lock-In-Situationen muss der Anbieter in der Regel in eine größere Vorleistung treten. Dies geschieht meist, indem er ein geschicktes Produktportfolio aufbaut. Die hierin enthaltenen Produkte sind so gestaltet, dass sie sich zum einen (zwingend) ergänzen und nacheinander bezogen werden (müssen) und zum anderen möglichst nicht kompatibel mit Produkten anderer Anbieter sind und durch diese nicht substituiert werden können. Beratungen, die eine solche Strategie verfolgen, versuchen mit einem günstigen Anfangsangebot die Kunden durch die Komplementärprodukte langfristig an sich zu binden und mit Hilfe von überdurchschnittlichen Margen letzterer Produkte eine hohe Profitabilität zu erzielen. Der gewählte Strategietyp kann nun beispielsweise mit Hilfe von Strategy Maps für eine spezifische Situation konkretisiert werden. Strategy
Optionenraum einer Untemehmensberatung
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Maps bilden verschiedene Perspektiven (Finanzen, Kunden, Prozesse, Lernen und Innovation) ab und stellen ihr Zusammenwirken im Hinblick auf die Erzielung von langfristigem Wertwachstum dar. Bei einer Strategie der Produktführerschaft, die sich ftir Untemehmensberatungen z.B. in einer ausgewiesenen Methodenkompetenz oder Branchenfokussierung äußern kann, muss auf der Ebene des Lernens (Leaming and Growth Perspective) u.a. ein entsprechendes methodisches und branchenspezifisches Wissen vorhanden sein. Zusätzlich sind die Prozesse (Internal Perspective) so zu gestalten, dass beispielsweise neue Beratungsprojekte effektiv initialisiert werden können, indem die jeweils notwendigen Wissensträger richtig eingesetzt werden. Für die Kundenperspektive (Customer Perspective) ist relevant, dass die betrachtete Beratung mit neuen Produkten eine Zeitfiihrerschaft einnimmt und diese Beratungsprodukte mit höchster Qualität umsetzt. Auf der Finanzebene (Financial Perspective) ist eines der verfolgten Ziele, die Lebenszykluskosten von einem Beratungsprodukt zu optimieren. Abbildung 2 zeigt eine generische Strategy Map für eine Unternehmensberatung, welche eine Strategie der Produktführerschaft verfolgt. PRODUCT LEADERSHIP
Financial Perspective
Client Perspective
Internal Perspective
„Find, Motivate, Grow, and Retain the Best Talents" A Capable. Motivated, anä TechnologicaHy Enabied Workforce
Leaming and Growth Perspective
Human Caprtal
Informalion Capital
Organization Capital
Abb. 2. Strategy Map einer generischen Produktführerschaftsstrategie für Unternehmensberatungen. In Anlehnung an (Kaplan u. Norton 2004, S. 326).
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Thomas Deelmann, Amd Petmecky
Aufbauorganisationsoptionen für Beratungen In der Aufbauorganisation einer Beratung können, wie oben bereits kurz angedeutet, die Mitarbeiter in zwei grundsätzliche Typen unterschieden werden: Partner und Berater. Beide Gruppen können noch weiter unterteilt werden: -
Senior Partner Junior Partner Projekt Manager Senior Berater Junior Berater
Die Gruppe der Partner konstituiert sich aus den Senior und Junior Partnern, die der Berater aus den Projekt Managern, Senior und Junior Beratern. Mit dem Aufstieg vom Junior Berater zum Senior Partner gewinnt der Berater zum einen an Berufserfahrung und damit an Seniorität, auch seine funktionale Expertise und seine Rolle in einer Projektorganisation sowie gegenüber dem Kunden verändert sich. (Petmecky und Deelmann 2004) Das quantitative Verhältnis der genannten Gruppen zueinander lässt sich - wie bereits beschrieben - in Form einer Pyramide darstellen. Bei einer sehr schmalen Pyramide sind einem Partner wenige Berater, bei einer sehr breiten Pyramide sind einem Partner viele Berater zugeordnet. Dieses Verhältnis ist Grundlage für eine Hebelwirkung, welche die Beratungsunternehmen benötigen, um vor ihren Kunden mit guter Leistung ihre gute Reputation bestätigen zu können. Eher juniore Berater erhalten Aufgaben oder Teilprojekte von eher senioren Beratern, die mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung die jüngeren anleiten und in der Durchführung der Aufgaben und Projektmodule überwachen. Mit Hilfe der „geliehenen" Reputation der senioreren Berater können die junioreren die Erfüllung ihrer Aufgaben vor dem Kunden vollziehen. (Maister 1982) In der Praxis bewegt sich das Partner-Berater-Verhältnis meist im Bereich von 1:4 bis hin zu 1:15. Ein Verhältnis von 1:4 ist eher selten anzutreffen und typisch für stark spezialisierte Beratungen. Beratungen mit einem Aufgaben Schwerpunkt im Strategie- und Organisationsbereich bewegen sich bei Verhältnissen von 1:7 bis 1:10. Ein Partner-BeraterVerhältnis von 1:15 ist typisch für Beratungen, die im Schwerpunkt Implementierungsprojekte oder IT-Projekte durchführen.
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Ablauforganisationsoptionen für Beratungen Der Grundtyp der Ablauforganisation einer Beratung ist generisch darstellbar. Aus Sicht des Kunden kann der Beratungsprozess in fünf Phasen eingeteilt werden (Heuermann u. Herrmann 2003, S. 135ff.): -
Projektvorbereitung Ist-Analyse und Soll-Konzept Test und Pilotierung Realisierung Wirkbetrieb
Während der Projektvorbereitung artikuliert der Kunde einen Beratungsbedarf. Auf Basis erster Beschreibungen der Problemstellung erfolgt optimalerweise eine Ausschreibung über das potenzielle Projekt an verschiedene mögliche Beratungspartner. Im Rahmen des Ausschreibungsprozesses kommt es zu sog. Beauty Contests und Vertragsverhandlungen. Am Ende der Verhandlungen steht der Abschluss eines Vertrages. Im Rahmen der Ist-Analyse macht sich der Berater ein Bild über das zu betrachtende Problem und die Umfeldsituation. Hierzu werden typischerweise Interviews im Kundenunternehmen geführt, Datenmaterial wird gesichtet und ausgewertet. Auf Basis der tatsächlichen Situation werden Verbesserungs- oder Lösungsvorschläge gemacht, die geeignet sind, die im Projektauftrag spezifizierte Fragestellung zu beantworten (SollKonzept). Das vorgestellte Soll-Konzept wird zunächst auf seine Wirkungsfähigkeit getestet. Fällt der Test positiv aus, erweist sich der Lösungsvorschlag also als tragfähig, wird eine Pilotlösung unter realen Bedingungen installiert. Nach der vollzogenen Pilotierung kann die konzipierte Lösung schließlich realisiert werden. Bei der Realisierung in allen Bereichen (sog. RollOut) werden die in der Pilotphase gewonnenen Erkenntnisse eingearbeitet und ggf. vorgefundene Unstimmigkeiten beseitigt. Im Wirkbetrieb schließlich sind die im Soll-Konzept vorgeschlagenen Lösungsansätze dauerhaft umgesetzt. Der initial vorhandene Beratungsbedarf ist nun (hoffentlich) beseitigt. Es ist nicht überraschend, dass ein Beratungsprojekt aus Beratersicht eine ähnliche Struktur aufweist. An Stelle der Projektvorbereitungen stehen auf Seiten der Berater unter anderem Marketing- und Akquiseaktivitäten, welche versuchen, ein zuvor definiertes Beratungsprodukt in einem Angebot beim Kunden zu platzieren und einen Vertragsabschluss herbeizuführen.
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Der Wirkbetrieb auf der Kundenseite wird beim Berater zum einen durch das Einpflegen der Projekterfahrung in das beratereigene Wissensmanagementsystem ersetzt und zum anderen durch Versuche, Anschlussaufträge mit dem Kunden zu vereinbaren. In Abbildung 3 werden die genannten Sachverhalte nochmals in einer Übersichtsdarstellung dargestellt.
Abb. 3. Kunden- und Beratersicht des Beratungsprozesses (Heuermann u. Herrmann 2003, S. 139) Die gerade vorgestellte standardisierte Ablauforganisation wird ergänzt durch drei mögliche Optionen der Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde. Unterscheidungsparameter ist bei dieser Betrachtung die Stärke, bzw. die Position, des einen Akteurs dem anderen gegenüber. Entweder befindet sich der Berater gegenüber dem Klienten in einer stärkeren Position oder der Kunde befindet sich gegenüber dem Berater in einer stärkeren Position oder aber beide Positionen sind ähnlich stark. Ein Beratungsprozess kommt typischerweise dann zu einem erfolgreichen Abschluss, wenn beide Parteien dem Beratungsprojekt aufgeschlossen und positiv gegenüber stehen. Der Kunde muss materielle und symbolische Ressourcen zur Verfügung stellen können, den Beratungsauftrag selbständig vergeben sowie Beratungsablauf und -Inhalt eigenverantwortlich spezifizieren. Der Kunde wird in einer solchen Konstellation auch versuchen, bei jedem Projektabschnitt umfassend eingebunden und beteiligt zu sein. Er befindet sich in einer autonomen Situation. Eine andere Situation stellt sich dar, wenn das Beratungsprojekt nicht vom Kunden selber, sondern von einer dritten Partei (z.B. einer Bank) in Auftrag gegeben wird. Der Berater und auch das Projekt stoßen in eine
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nicht aufnahmefähige Umgebung vor. Auf Seiten des Kunden werden wenig fachlich-inhaltliche Ansprüche geäußert und es existiert kaum eine eigene Vorstellung von der Gestaltung des Projektes. Wird der Berater von einem Dritten beauftragt, bringt dies Schwierigkeiten in der Bewertung der Beratung und in der Bewertung des Erfolges des Beratungsprojektes mit sich. Der Kunde ist hierbei in einer heteronomen Situation. Wird die gerade aufgezeigte Situation gespiegelt, dann tritt der Berater nicht mehr in seiner Rolle als unabhängiger Dritter auf, sondern er muss sich den Anforderungen des Kunden übermäßig beugen und nimmt lediglich eine Rolle als Sprachrohr ein. Von einer Beratung kann auf Grund der für den Berater veränderten Rahmenbedingungen kaum noch gesprochen werden. Der Berater befindet sich dementsprechend in einer heteronomen Situation. (Bohler u. Kellner 2004)
Interdependenzen, Zusammenfassung Im vorliegenden Beitrag sind in Bezug auf das Betrachtungsobjekt Unternehmensberatung verschiedene Optionen dargestellt worden. Im Rahmen des Geschäftsmodells sind die Optionen abhängig von der Art der bevorzugten Projekte. Bei der Strategie sind die Optionen, mit denen sich ein Berater konfrontiert sieht, die Strategie der Kostenfuhrerschaft, der Produktführerschaft, des Komplettanbieters sowie die der Herbeiführung von Lock-In-Situationen. Die Aufbauorganisation ist geprägt vom Verhältnis der Partner zu den Beratern und damit von den einzelnen Projekten. Die Optionen der Ablauforganisation sind neben dem generischen Beratungsprozess abhängig von der Stärkenverteilung der am Beratungsprozess beteiligten Parteien und der damit einhergehenden Positionierung. Diese vier Aspekte können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. So dient das Geschäftsmodell als Ausgangs- und Endpunkt für die Anwendung einer Strategie, welche wiederum das Geschäftsmodell versucht beizubehalten oder weiterzuentwickeln. Die Aufbauorganisation ist mehr durch die Ablauforganiation geprägt, als vice versa. Beide Organisationsdisziplinen werden dominiert vom Geschäftsmodell und von der Strategie, stellen jedoch Nebenbedingungen für die Ausgestaltung ersterer dar. Die einzelnen Bereiche und ihre Interdependenzen werden in Abbildung 4 zusammenfassend gezeigt.
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Abb. 4. Interdependenzen im Optionenraum Der vorliegende Aufsatz liefert einen Beitrag zur Professionalisierung von Beratungskunden (Mohe 2004), indem er das Verständnis für die Arbeit von Beratern fördert und dadurch die Arbeit mit diesen vereinfacht. Gleichzeitig zeigt er Beratungen die interdependenten Auswirkungen einzelner organisatorischer, strategischer oder geschäftsmodellorientierter Entscheidungen auf. Beide Ziele werden durch die Beschreibung von generischen Optionen einer Untemehmensberatung erreicht. Durch das Verständnis über den Optionenraum, in denen sich Berater bewegen, können Missverständnisse, die den Projekterfolg erschweren und unternehmerisch optimalen Entscheidungen entgegenstehen, vermieden werden.
Literaturverzeichnis Bohler KF, Kellner H (2004) Auf der Suche nach Effizienz - Die Arbeitsweise von Beratern in der modernen Wirtschaft. Campus Verlag, Frankftirt, New York, S. 138-146.
Optionenraum einer Untemehmensberatung
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Deelmann T, Loos P (2004) Visualisierung von Geschäftsmodellen. In: Geberl, S, Weinmann, S, Wiesner, DF (2004) Impulse aus der Wirtschafts Informatik. Physica-Verlag, Heidelberg, S. 261-275. Heuermann R, Herrmann F (2003) Untemehmensberatung - Anatomie und Perspektiven einer Dienstleistungselite. Verlag Franz Vahlen, München. Kaplan RS, Norton DP (2004) Strategy Maps - Converting Intangible Assets into Tangible Outcomes. Harvard Business School Press, Boston, MA, USA. Magretta J (2002) Why Business Models Matter. Harvard Business Review: May 2002, S. 3-8. Maister DH (1982) Balancing the Professional Services Firm. Sloan Management Review: Fall 1982, S, 15-29. Mohe M (2003) Klientenprofessionalisierung - Strategien und Perspektiven eines professionellen Umgangs mit Untemehmensberatung. Metropolis-Verlag, Marburg. Petmecky A, Deelmann T (2004) Zur Entwicklung des Unternehmensberatungsmarktes. Organisationsentwicklung 2/2004, S. 38-43. Porter ME (1999) Wettbewerbsstrategie. 10. Aufl., Campus Verlag, Frankfurt, NewYork, S. 21.
Autoren Aengenheyster, Sandra Sandra Aengenheyster, Jahrgang 1969, ist als Diplomtheologin im Bereich der Todsünden schon von Hause aus kompetent. Sie hat ihr Tätigkeitsfeld jedoch schon früh in Richtung internationales IT-Management verlagert: Im Internet Start Up eines fuhrenden Medienkonzerns vertraute sie auf die Kompetenzen eigener Mitarbeiter und entwickelte mit dem IT-Führungsteam interne Standards und Prozesse. In ihrer heutigen Rolle als Managerin Customer Service eines großen Logistikkonzerns begegnen ihr die Verfehlungen der Berater und Beratenen täglich.
Baumgart, Kerstin Dr. Kerstin Baumgart studierte Wirtschaftswissenschaften an der RuhrUniversität Bochum. Im Rahmen ihrer Promotion zum Thema der effizienten Wissensnutzung absolvierte Dr. Baumgart einen Forschungsaufenthalt an der Sloan School of Business, Massachusetts Institute of Technology (MIT). Sie startete ihre Karriere als Beraterin bei der Boston Consulting Group und arbeitet heute als Projektmanagerin bei der Inhouse Consulting Telekom im Beratungssegment Finance & Controlling.
Büchsenschütz, Alexander Alexander Büchsenschütz ist Bankkaufmann und studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten von Marburg und Venedig. Bevor er die Leitung des Beratungssegments Finanze & Controlling im Inhouse Consulting Telekom übernahm, arbeitete er für die KPMG Consuhing im Bereich Financial Services, die Credit Suisse (Deutschland) AG und die Dynasty International Industrial & Trading Co, Ltd., in Beijing als Assistent der Geschäftleitung und Projektmanager im Bereich Joint Venture Consulting.
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Czapran, Jürgen P. Jürgen P. Czapran leitet innerhalb der T-Mobile International das Financial Controlling. In seinem Verantwortungsbereich erfolgt die Umsetzung des in diesem Buch beschriebenen Projektes „Management Information Piatform". Jürgen P. Czapran studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und arbeitete über 20 Jahre in unterschiedlichen Unternehmensbereichen (Kabel, Computer, Unterhaltungselektronik, Telekommunikation) eines internationalen Konzerns, bevor er ab Mai 2000 den Aufbau des Controllings bei T-Mobile International gestaltete.
Dean, David R. Dr. Dean ist Leiter der weltweiten Praxisgruppe Technology & Communications der Boston Consulting Group. Seit über 15 Jahren berät er Klienten aus der Informations- und Kommunikationsbranche, sowohl in Europa als auch weltweit. Seine Klientenarbeit fokussiert auf die Entwicklung und erfolgreiche Umsetzung von Unternehmensstrategien sowie auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen durch effektive Operations. Aus seiner vielfältigen Projektarbeit ging die Entwicklung einiger hochgradig innovativer BCG-Konzepte hervor. Er veröffentlichte zuletzt "Telekommunikationswettbewerb in Deutschland: Start in die zweite Phase", "Mobile Commerce: Winning the On-Air Consumer" sowie "Attack and Defense: The New Paradigm for Competing in Telecommunications". Dr. Dean studierte und promovierte in Kernphysik an der Universität Oxford. Er lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in der Nähe von München.
Deelmann, Thomas Thomas Deelmann ist externer Doktorand am Lehrstuhl von Prof Dr. Peter Loos (Wirtschaftsinformatik und BWL, Johannes GutenbergUniversität Mainz). Zu seinen Forschungsgebieten zählt Business Modeling sowie Management Consulting Research. Gleichzeitig ist er Mitarbeiter der Inhouse Consulting Telekom, der internen Managementberatung der Deutschen Telekom. Hier beschäftigt er sich mit strategischen und organisatorischen Fragestellungen von Professi-
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onal Services Firms. Vor dieser Tätigkeit hat er als strategischer Einkäufer für die Deutsche Telekom Managementberatungsleistungen eingekauft und ist bei Accenture als Untemehmensberater tätig gewesen.
Fink, Dietmar Professor Dr. Dietmar Fink gilt als anerkannter aber auch kritischer Kenner der Beraterszene. Seine Analysen zur Entwicklung des Beratungsmarktes sowie zu aktuellen und zukünftigen Managementtrends haben in der Wirtschaft und in den Medien seit Jahren ihren festen Platz. Nach Studium und Promotion in Frankfurt und London arbeitete er zunächst selbst zehn Jahre für eine führende amerikanische Beratungsgesellschaft, bevor er 1998 die Professur für Unternehmensberatung und -entwicklung an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg aufbaute. Als Geschäftsführer der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung in Bonn unterstützt er zudem führende Beratungsunternehmen bei Positionierungs-, Marketing- und Organisationsentscheidungen. Professor Fink ist Autor zahlreicher Bücher sowie einer Vielzahl von Artikeln und Kommentaren in renommierten Publikationen der Tages-, Fach- und Wirtschaftspresse. Zudem ist er ein gefragter Referent zu den Themen Untemehmensberatung, Führungstrends und Managementmoden auf Veranstaltungen für das Top-Management.
Gentner, Andreas Dr. Andreas Gentner ist Partner bei Deloitte Consulting und verantwortet das Industry Team Technology, Media, Telecommunications (TMT). Schwerpunkte seiner Beratertätigkeit liegen im Finanz- und Controllingbereich sowie in der Organisationsberatung. Dr. Gentner studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Stuttgart und promovierte dort über „Kennzahlensysteme zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung von Entwicklungsprojekten". Er hat in zahlreichen veröffentlichten Ausätzen und Buchbeiträgen u.a. zur wertorientierten Steuerung von Technologie- und Telekommunikationsunternehmen Stellung genommen.
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Gutberiet, Martin Martin Gutberiet ist Partner im Geschäftsbereich "TIME" (Telekommunikation, Informationstechnologien, Medien und Elektronik) bei Arthur D. Little in Düsseldorf. Seine Beratungsschwerpunkte sind u.a. operative Strategien für Unternehmen der TIME-Branche, Entwicklung von kundenorientierten Vertriebskonzepten, Innovationsmanagement und internationale Zusammenarbeit. Vor seinem Eintritt bei Arthur D. Little hat Martin Gutberiet unterschiedliche Führungsaufgaben wahrgenommen, zuletzt als Director of Telecommunications bei einem internationalen Beratungsunternehmen. Zuvor war er in verschiedenen Bereichen und Funktionen bei führenden TK Herstellern u.a. als Produkt Manager, International Customer Solution Manager sowie Global Account Director verantwortlich für die Unterstützung internationaler Telekommunikationsbetreiber während des Markteintritts im Festnetz und Mobilfunk.
Heppelmann, Stefan Stefan Heppelmann, CFA, ist als Vice President für Stern Stewart & Co. tätig. Kurz nach der Eröffnung des deutschen Büros ins Team gekommen, hat er die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre entscheidend mitgeprägt. Er hat zahlreiche Umsetzungsprojekte von Wertmanagementprogrammen zum Erfolg geführt. Stefan Heppelmann deckt mit seinen Erfahrungen ein breites Branchenspektrum ab, das von der Telekommunikationsindustrie über Konsumgüter und Handel bis hin zu Finanzdienstleistungen reicht. Er ist Autor bzw. Co-Autor verschiedener Artikel zum Thema Wertmanagement und ist regelmäßiger Redner auf Fachtagungen und Kongressen zu Themen des modernen Corporate Finance. Stefan Heppelmann studierte Internationale Betriebswirtschaftslehre an der ESB Reutlingen und der Ecole Superieure de Commerce, Reims. Er ist Mitglied des CFA Institutes.
Jansen, Stefan A. Prof. Dr. rer. pol. Stephan A. Jansen ist Gründungspräsident und Geschäftsführer der ZEPPELIN UNIVERSITY gGmbH und Inhaber des Lehrstuhls für Strategische Organisation und Finanzierung (SOFI).
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Nach der Lehre zum Bankkaufmann von 1993 bis 1997 Studium der Wirtschaftswissenschaft an der Universität Witten/Herdecke und der Tokio Keizai University als Stipendiat der Studienstiftung und des DAAD. 1998 bis 2003 Gründer und General Manager des „Institute for Mergers & Acquisitions (IMA)" an der Universität Witten/Herdecke. Forschungsaufenthalte: Das Jahr 1999 als Visiting Fellow an der Stanford University (Studie: High Tech-M&A) und 2000 bis 2001 als Visiting Professor an der Harvard Business School (Case: DaimlerChrysler Post Merger Integration). 2000 bis 2003 Geschäftsführender Gründungsgesellschafter der cosinex GmbH, eines der marktführenden Software- und Beratungshäuser für Electronic Government.
Kipp, Thomas Thomas Kipp ist seit August 1999 bei der internationalen Strategieberatung Monitor Group in München als Vice President tätig und leitet dort die „Global Postal Services"- Praxisgruppe. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Strategieentwicklung, Innovationsmanagement, Marketing und Vertrieb - mit besonderem Schwerpunkt auf dem Design und der Implementierung von Vertriebsstrategien, Segmentierung und Kundenwertmodellen sowie „Channel Management" und „Key-Account"-Strategien. Davor war er zwei Jahre als Projektleiter für internationale „Post Merger Integration"-Projekte der BMW Group tätig. Seine Beratungslaufbahn hat er 1992 bei Gemini Consulting begonnen, wo er Projekte zur Strategieentwicklung, Kundensegmentierung sowie der Reorganisation von Marketing- und Vertriebsorganisationen für führende Unternehmen in den Bereichen Konsumgüter, Chemie und Agrochemie bearbeitete. Er war der „Global Practice Leader" für die Entwicklung von marktorientierten Organisationen. Er hat mehrere Jahre Projekte in den USA und Europa geleitet. Thomas Kipp hat einen Abschluss als Dipl.-Kfm. von der Universität Münster/W., wo er auch am Lehrstuhl von Prof Meffert gearbeitet hat.
Kolbeck, Christoph Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften promovierte Dr. Christoph D. Kolbeck bei einer internationalen Unternehmensberatung zu dem Thema „Zukunftsperspektiven des Beratungsmarktes". Zur Zeit ist an der Privaten Universität Witten/Herdecke und als Berater am Management Zentrum Witten tätig. Er führte unter anderem Projekte
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mit der Boston Consulting Group, Daimler Chrysler, Infineon und Roland Berger Strategy Consultants durch.
Kraus, Andrea Andrea Kraus ist im Einkauf der T-Systems International GmbH in Frankfurt tätig. In ihrem Verantwortungsbereich liegt unter anderem die strategische Beschaffung von Beraterleistungen. Vor ihrer aktuellen Tätigkeit hat sie Berufserfahrung im Einkaufbereich von COLT Telecom GmbH sowie bei Smart Solutions GmbH gesammelt. Andrea Kraus studierte Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Regensburg und Frankfurt.
Lange, Dietmar Dr. Dieter Lange ist Managing Director im Bereich Telekommunikation bei BearingPoint. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der Industrie und im Consulting Business. Dieter Lange ist spezialisiert auf ein umfangreiches Portfolio an Beratungsdienstleistung, mit Fokus auf die Entwicklung und Implementierung von Corporate-, Business- und Marketing-Strategien sowie von prozessbasierten und marktorientierten Organisationsstrukturen. Vor seiner Tätigkeit bei BearingPoint arbeitete Dieter Lange als Partner für KPMG Consulting, verantwortlich für den Bereich Communications in Deutschland, Österreich und der Schweiz, bevor er als Vice President ftlr das Segment Telekommunikation zu A.T. Kearney wechselte. Zuvor war Dr. Lange als Programm-Manager und Executive Vice-President bei der Deutschen Telekom sowie als Leiter der Berliner Filiale und Mitglied der Geschäftsführung einer Beratungstochter der Deutschen Bank tätig.
Lünendonk, Thomas Thomas Lünendonk (Jg. 1954), Geschäftsführer, Tageszeitungs-Redakteur und Fachzeitschriften-Chefredakteur. Seit 1983 ist er selbständiger Unternehmens- und Kommunikationsberater und Herausgeber der Lünendonk®-Listen und -Studien für die Märkte Beratung, Informationstechnik, Weiterbildung, Zeitarbeit und andere qua-
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lifizierte Dienstleistungen in Europa; Autor und Co-Autor der Lünendonk®-Studien sowie zahlreicher Fachpublikationen.
Mattem, Klaus Dr. Klaus Mattem ist Leiter der Global Industry Practices und Mitglied des weltweiten Leadership Teams im Commercial Business von Booz Allen Hamilton. Er gehört ferner dem Board of Directors von Booz Allen Hamilton an und leitete während der letzten Jahre die Global Communications, Media & Technology Practice. Dr. Mattem hält Diplome in Physik und Wirtschaftsingenieurwesen der RWTH Aachen, wo er auch promovierte.
Mohe, Michael Jun.-Prof. Dr. Michael Mohe, Jg. 1971, hat nach seiner kaufinännischen Ausbildung Wirtschaftswissenschaften studiert. Er verfiigt über praktische Erfahrungen in der internen und externen Unternehmensberatung (z.B. KPMG Consulting, VOLKSWAGEN Consulting) und ist Autor mehrerer Veröffentlichungen zum Thema der Unternehmensberatung. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Management Consulting und Leiter der Forschergruppe Consulting Research (CORE) an der Universität Oldenburg.
Nenning, Gerhard Gerhard Nenning, Vice President, ist verantwortlich für die Marketingaktivitäten von Stern Stewart & Co. Sein inhaltlicher Schwerpunkt liegt in der Umsetzung einer wertorientierten Unternehmens- und Vertriebssteuerung, dem operativen Werttreibermanagement sowie wertorientierten Vergütungssystemen. Zu seinen Kunden zählen Großunternehmen und Mittelständler der Branchen Handel, Immobilien, Dienstleistung, Energie, dem Maschinen- und Anlagenbau sowie der öffentlichen Verwaltung. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann studierte Gerhard Nenning Wirtschaftswissenschaften und Politik an der Universität zu Köln und der McGill University Montreal. Anschließend arbeitete er in einer Nichtregierungsorganisation in Kanada und Deutschland, wo er den öffentlichen Sektor in betriebswirtschaftlichen Fragen beriet.
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Niewiem, Sandra Sandra Niewiem ist Doktorandin am Department of International Management and Consulting an der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (ebs), Schloss Reichartshausen, mit dem Forschungsschwerpunkt „Make-or-buy Entscheidungen für Beratungsleistungen". Sandra Niewiem studierte Betriebswirtschaftslehre an der ebs sowie Business Administration an der James-Madison University, in Virginia, USA, wo sie einen MBA erwarb. Seit 2000 arbeitet sie als Beraterin bei A.T. Kearney, insbesondere in den Bereichen Strategie, Operations und Telekom.
Peters, Heinz-Gerd Dr. Heinz-Gerd Peters, 40 Jahre, studierte Wirtschaftswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und absolvierte anschließend ein TraineeProgramm der Wirtschaftsvereinigung Stahl mit Schwerpunkt Einkauf und Personalwesen. Nach Absolvierung des Trainee-Programms promovierte er an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum über deutsche und U.S.-amerikanische Wirtschaftsverbände. Während dieser Zeit arbeitete er u.a. für ein Wirtschaftsforschungsinstitut in Washington D.C. sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Bundestag. Seit 1996 war er in verschiedenen Einkaufspositionen in der Energiewirtschaft sowie bei Telekommunikationsunternehmen tätig.
Petmecky, Arnd Arnd K. Petmecky ist Geschäftsführer der Inhouse Consulting Telekom, dem internen Managementberater der Deutschen Telekom AG. Neben seiner Managementfunktion ist er schwerpunktmäßig in den breitband- und medienrelevanten Telekommunikationsbereichen selbst beratend tätig. Arnd Petmecky hat sein Studium der Bertriebswirtschaftslehre an den Universitäten Bayreuth (ÜBT) und Ann Arbor (University of Michigan) absolviert. Anschließend war er zunächst bei der Mannesmann AG in Düsseldorf beschäftigt, wo er über Aufgaben in Einkauf und eProcurement in Management-Verantwortung kam. Nach der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone wechselte er zu A.T. Kearney und war dort für zwei Jahre als Senior Manager in der Telecommunkations- und High-Tech Practice
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tätig. Im Jahre 2002 kam er zur Deutschen Telekom AG und übernahm die Steuerung des Bereichs Global Sourcing, bevor er Anfang 2004 seine aktuelle Aufgabe übernahm.
Reiter, Dirk Dirk Reiter ist Senior Partner bei Roland Berger. Der studierte Elektrotechniker befasste sich zunächst seit 1989 bei Hewlett-Packard mit der Leitung großer IT-Strategie-Projekte. Seit 1993 ist er in verschiedenen Funktionen bei Roland Berger Strategy Consultants tätig und Mitglied im Management Committee Deutschland, Österreich und Schweiz. Zu den Schwerpunkten des 40-Jährigen gehören Strategie, ProzessOrganisation, Vertrieb und Marketing sowie E-Business. Reiter hat sich darüber hinaus auf die Branchen Informationstechnologie, Medien und Telekommunikation spezialisiert und leitet das internationale Competence Center InfoCom. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in strategischen Transformationsprojekten. Dazu gehören z. B. die Entwicklung von RightSizing-Strategien sowie die Entwicklung und Durchführung von Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogrammen.
Richter, Ansgar Ansgar Richter ist wissenschaftlicher Dozent am Department of International Management and Consulting an der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (ebs). Schloss Reichartshausen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u.a. Organisation und Strategie von Beratungsfirmen. Ansgar Richter studierte Philosophie und Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt und Bochum sowie Industrial Relations and Personnel Management an der London School of Economics, wo er auch seinen PhD in Management erwarb. Im Anschluss an seine Studien arbeitete er für über drei Jahre als Unternehmensberater bei McKinsey & Company.
Roth, Christian Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Fachhochschule Gießen-Friedberg fmg Christian Roth 1997 im Konzerneinkauf der Deutschen Bahn AG als Trainee an.
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Nach mehreren Stationen im Einkauf u.a. als Assistent des für den Einkauf zuständigen Konzemvorstandes übernahm Christian Roth 2001 den Aufbau der Abteilung „Einkauf Beraterleistungen" in der Servicefunktion Einkauf des DB Konzerns.
Schiweck, Rainer Dr. Rainer Schiweck, Droege & Comp., Internationale UnternehmerBeratung, München, hat Volks- und Betriebswirtschaftslehre sowie Rechtswissenschaften an den Universitäten Mainz, Hohenheim und Köln studiert und wurde im Fach Industriebetriebswirtschaftslehre promoviert. Er ist seit 1990 Unternehmensberater und hat eine Reihe großer, internationaler Unternehmensübernahmen und -Zusammenschlüsse im HighTech und Telekombereich, u.a. Hynix (Hyundai Semiconductor/LG Semiconductor); Vodafone/Mannesmann und Klöckner Moeller/F+G begleitet. Dr. Schiweck ist bei Droege & Comp, verantwortlich für die Bereiche Telekommunikation und Private Equity und betreut eine Reihe von Mandanten der High-Tech Industrie.
Schneider, Felicitas Felicitas Schneider ist Partnerin bei Roland Berger. Die studierte Volksund Sozialwirtin war nach ihrer Tätigkeit in einem zur Eternit-Gruppe gehörenden wissenschaftlich-technischen Institut mehrere Jahre in einer amerikanischen Unternehmensberatung als Managerin beschäftigt. Seit 1991 hat sie bei Roland Berger Strategy Consultants die globale Research- und Knowledge Management-Infratruktur aufgebaut. Sie verantwortet alle beratungsunterstützenden Bereiche heute als Sprecherin der Abteilung Business Intelligence and Technology Services.
Seidensticker, Franz-Josef Dr. Franz-Josef Seidensticker verantwortet als Managing Director die Aktivitäten von Bain & Company in Deutschland. Schwerpunkt seiner Beratungstätigkeit ist die strategische Neuausrichtung großer internationaler Unternehmen im Hightech-Bereich, im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Telekommunikation. Bevor er 1992 zu Bain kam, war er bei der Nixdorf Computer AG tätig. Seidensticker studierte Wirtschaftswissen-
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Schäften an der Universität Paderborn und am Worcester Polytechnic Institute in den USA und promovierte an der Universität St. Gallen.
Sonnenschein, Martin Dr. Martin Sonnenschein ist Vice President und Leiter der A.T. Kearney Communications, High Tech & Media Practice in Central Europe. Er ist darüber hinaus fiihrendes Mitglied der globalen Communications, High Tech & Media Practice und Mitglied im Operating Committee von A.T. Kearney in Central Europe. Dr. Martin Sonnenschein ist schwerpunktmäßig in den konvergenten Industrien Telekommunikation, High Technology/Electronics und elektronische Medien tätig. Die von ihm betreuten Projekte umfassen Strategie, Wachstum und Innovation, Marketing und Produktmanagement, Vertriebseffektivität und E-Busines, Prozess- und Kostenoptimierung, Startups und Organisationstransformationen. Dr. Martin Sonnenschein studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe (TH). Seit 5 Jahren ist er bei A.T. Kearney tätig. Davor war er über 10 Jahre in der Geschäftsführung führender Telekommunikations- und Dienstleistungsunternehmen.
Streicher, Heinz Dr. rer. pol. Heinz Streicher (Jg. 1934) Diplom-Volkswirt, langjähriges Mitglied der Geschäftsleitung eines großen Beratungs- und SoftwareUnternehmens. Dr. Streicher ist seit 1990 selbständiger Unternehmens- und Kommunikationsberater; umfangreiche Forschungs- und Publikationstätigkeit zu den Themen Management, Marketing, Informationstechnik, Personalwesen und Unternehmensberatung; Autor und Co-Autor von Lünendonk®Studienseit 1983.
Tönnies, Torsten Torsten Tönnies ist seit Anfang 2000 als Unternehmensberater im Bereich Communications & Content für BearingPoint (früher KPMG Consulting) tätig. In seiner Rolle als Manager ist Torsten Tönnies verantwortlich für die Leitung und Durchführung von Projekten zur Entwicklung und Imp-
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lementierung von Geschäfts- und Marketingstrategien sowie zur Optimierung der Aufl^au- und Ablauforganisation bei Unternehmen der Telekommunikationsbranche. Als Mitglied des Deutsche Telekom Account Teams ist Torsten Tönnies verantwortlich ftir die Betreuung der T-Mobile. Bereits vor seiner Tätigkeit bei BearingPoint war Torsten Tönnies in Projekte im Telekommunikationsumfeld, insbesondere zur Entwicklung von Markteintrittstrategien, involviert. Vor seiner Beratertätigkeit absolvierte Torsten Tönnies eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank und studierte Betriebswirtschaft an der Universität Münster.
Vogelsang, Gregor Gregor Vogelsang ist Geschäftsführer von Booz Allen Hamilton im Münchener Büro. Als Mitglied der weltweiten Communication, Media and Technology Group hat er sich auf die Beratung großer, international agierender Telekommunikations- und Medienunternehmen mit den Schwerpunkten Wachstumsstrategien, Restrukturierungen und Finanzmanagement konzentriert. Vor seiner Tätigkeit bei Booz Allen Hamilton arbeitete Gregor Vogelsang in Projekt- und Flugzeugfmanzierungen ftir eine deutsche Großbank in London und Luxemburg. Gregor Vogelsang hat einen MBA vom INSEAD, Fontainbleau und hält Diplome der London School of Economics in Business Studies und der Ludwig-Maximilians Universität München sowie der Deutschen Journalistikschule in Journalistik.
Weissenfeldt, Dirk Dirk Weissenfeldt absolvierte von 1992 bis 1997 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster. 1997 trat er der Arthur Andersen Management Beratung bei. Seit 2001 ist Dirk Weissenfeldt Projektleiter bei Deloitte Consulting. Sein Beratungsschwerpunkt liegt in der Entwicklung wertorientierter Unternehmensfuhrungskonzepte, der Konzern- und Geschäftsfeldsteuerung, sowie der Optimierung von Finanz- und Controllingprozessen. Dirk Weissenfeldt ist Mitglied des Technology, Media and Telecommunications Industrieteam von Deloitte Consulting. Insbesondere für Telekommunikationsunternehmen hat er zahlreiche Projekte im Bereich Unter-
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nehmenssteuerung begleitet. Ferner ist Dirk Weissenfeidt Referent auf Fachseminaren und an Universitäten zum Thema Unternehmenssteuerung.
Zimmermann, Dirk Dirk Zimmermann, Jahrgang 1968, war nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaft zunächst in deutschen Großunternehmen (KG Allgemeine Leasing; Mannesmann) tätig, um anschließend als Management Consultant der META Group Konzerne bei der strategischen Ausrichtung ihrer e-Business-Initiativen zu beraten. Als IT-Manager eines großen Logistikkonzerns tritt er inzwischen jedoch in der Rolle des Auftraggebers auf.