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Analysen zu gesellschaftlicher Integration und Desintegration Herausgegeben von W...
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Uta Döring
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Angstzonen
Analysen zu gesellschaftlicher Integration und Desintegration Herausgegeben von Wilhelm Heitmeyer
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Die Schriftenreihe ist hervorgegangen aus dem in Bielefeld von Wilhelm Heitmeyer geleiteten und von Peter Imbusch koordinierten Forschungsverbund „Gesellschaftliche Desintegrationsprozesse – Stärkung von Integrationspotenzialen moderner Gesellschaften“ und präsentiert dessen zentrale Forschungsergebnisse. Mit der Leitformel „Stärkung von Integrationspotenzialen“ wird signalisiert, dass moderne Gesellschaften einerseits auf Grund ihrer Entwicklung und Ausdifferenzierung über erhebliche Integrationspotenziale verfügen, um Existenz-, Partizipations- und Zugehörigkeitschancen zu bieten; andererseits verweist sie bereits auf eine Reihe von Problemzusammenhängen. Zielsetzung des Forschungsverbundes war es, durch seine Analysen gravierende Problembereiche moderner Gesellschaften differenziert empirisch aufzuarbeiten, so dass Maßnahmen identifiziert werden können, die zur Stärkung ihrer Integrationspotenziale beitragen können.
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Der Forschungsverbund wurde finanziell vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Uta Döring
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Rechtsdominierte Orte aus medialer und lokaler Perspektive
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Zugl.: Berlin, Technische Univ., Diss. 2007
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1. Auflage 2008
Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frank Engelhardt
Der VS Verlag für Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-14690-4
Danksagung
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Das vorliegende Buch entstand im Rahmen des Forschungsprojekts ,,Angstzonen in den neuen Bundesl~indem", das unter Leimng von Prof. Dr. Werner Bergmann am Zentrum fiir Antisemitismusforschung der Technischen Universit~it Berlin durchgeffihrt wurde, und ist im Mai 2007 als Dissertation yon der Fakult~it ,,Geisteswissenschaften" an der TU Berlin angenommen worden. Das Projekt war Teil des vom Bundesministerium for Bildung und Forschung gef6rderten, siebzehn Teilprojekte umfassenden Forschungsverbundes ,,Desintegration- St~irkung von Integrationspotentialen einer modemen Gesellschaft", der von Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer organisiert und geleitet wurde. Ihnen sei far die Finanzierung bzw. die organisatorische K~imerarbeit gedankt. An dieser Stelle m6chte ich mich zudem ftir die lehrreichen und alaxegenden Gespr~iche bedanken, die ich im Rahmen dieses Forschungsverbundes mit den KollegInnen aus den anderen Projekten ftihren konnte. Erw~ihnt seien dabei insbesondere die MitarbeiterInnen des Kooperationsprojektes ,,Gruppenauseinandersetzungen Jugendlicher in lokalen Kontexten", Prof. Dr. Roland Roth und Dr. Peter Albrecht (Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)), sowie Prof. Dr. Roland Eckert und Dr. Caroline Thielen-Reffgen (Universit~it Trier), die mit ihren fachlichen Kommentaren kompetente Unterstatzung leisteten. Hilfreich und gewinnbringend waren die Diskussionen mit Prof. Dr. Werner Bergmann und Dr. Michael Kohlstruck (Zentrum ftir Antisemitismusforschung, TU-Berlin) und mit Prof. Wemer Siebel (PhD) (Institut Nr Gesellschaftswissenschaften und historischpolitische Bildung, TU-Berlin) und auch der konstruktive und kritische Austausch mit den Mitgliedern der Berliner Arbeitsgruppe ,,Rechte R~iume analysieren": Anna Verena Mtinch, die den allt~iglichen Umgang mit lokalisierter Gewaltbedrohung aus der Perspektive von Studierende mit dunkler Hautfarbe in Frankfurt (Oder) untersuchte, Rebecca Streck, die die Wahrnehmung und Wirkung rechtsextremer R~iume am Beispiel eines S-Bahnhofes beleuchtete, Thomas Btirk-Matsunami, der sich unter sozialgeographischen Gesichtspunkten mit den Auswirkungen von Fremdenfeindlichkeit auf die Nutzung 6ffentlicher R~iume in ostdeutschen St~idten besch~iftigte und Nitzan Shoshan, der in seinem Dissertationsvorhaben am Department of Anthropology der University of Chicago zu sozialen Zuschreibungen im Zusammenhang mit der Ortsbezogenheit rechtextremen Auftretens arbeitete. Nicht unerw~ihnt bleiben sollen Lisa Wandt, die mich als studentische Mitarbeiterin in vielen Bereichen zuverl~issig untersttitzt hat und all diejenigen, die mir als Interview- und Gespr~ichsparmerInnen zur Verftigung standen und die sich auf eine fi~r sie ungewohnte Befragungssimation eingelassen haben. Ein ganz besonderes Dankesch6n geht an meine Familie und meine Freundinnen und Freunde, durch deren Ermutigungen ich die emotionalen Tiefen der Forschungsarbeit, w~ihrend denen ich unkoordiniert die Beine bewegte, mal nach vorne, mal nach hinten, mal im Zickzack lief, meistem konnte. Liebevoll gedankt sei auch Marie Vordenb~iumen, die mit ,,spielst du mit mir?"-Angeboten und durch Fragen wie ,,k6nnen sich Schmetterlinge daran erinnem, dass sie real Raupen waren?", daftir sorgte, dass ich immer wieder auf den (Kinderzimmer)Teppich zurtickgeholt wurde. Uta DOring
Inhalt Vorwort ............................................................................................................................... 11
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Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand, Methoden der Untersuchung ........ 13
,,National befreite Zonen" und ,,Angstzonen" aus medialer Perspektive .............. 47 ,,National befreite Zonen". Zur Entstehung und Karriere eines Kampfbegriffs ............ 51 1.1 Die Diskussion um ,,befreite Zonen" in der rechtsextremen Presse zu Beginn der 1990er Jahre .................................................................................................... 51 1.2 Intemationale Bezugspunkte des ,,Zonen-Konzepts". ........................................... 55 1.2.1 Italien .......................................................................................................... 56 1.2.2 Spanien ....................................................................................................... 58 1.2.3 Portugal ...................................................................................................... 61 1.2.4 Frankreich ................................................................................................... 62 1.2.5 Bundesrepublik Deutschland ...................................................................... 64 1.3 Das Konzept ,,befreiter Zonen" im deutschen Rechtsextremismus ....................... 66 1.3.1 Das , , T h u l e - N e t z " - ein Zwischenspiel ...................................................... 67 1.4 Die Diskussion um ,,national befreite Zonen" in der rechtsextremen Presse ab 1997 ....................................................................... 68 1.4.1 Deutsche Stimme ........................................................................................ 70 1.4.2 Rezeption durch rechtsextreme Akteure ..................................................... 77 1.5 Die Rezeption des Begriffs ,,national befreite Zone" in der Qualit~itspresse ......... 79 1.6 Die Agenda-Setting-Wirkung der Oberregionalen Berichterstattung auf den Diskurs in der rechtsextremen Szene .................................................................... 83
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Untersuchungsgegenstand ............................................................................................. 19 1.1 Untersuchungsgegenstand und forschungsleitende Fragestellungen ..................... 19 1.2 Forschungsstand bei Untersuchungsbeginn .......................................................... 22 1.3 Empirische Basis und Methode(n) der Untersuchung ........................................... 26 1.3.1 Auswahl der Untersuchungsorte ................................................................. 27 1.3.2 Schriftliche Quellen .................................................................................... 27 1.3.3 Leitfadengestfitzte Interviews ..................................................................... 29 1.3.4 Feldbeobachtungen und Feldaufenthalte .................................................... 31 1.4 Probleme der Untersuchung .................................................................................. 32 1.4.1 Gespr~ichsbereitschaft rechter/rechtsextremer Akteure .............................. 32 1.4.2 Quantitative Daten zu rechts(extrem) motivierter Gewalt .......................... 33 1.5 Quellenkritische Anmerkung zu polizeilichen Statistiken und anderen Dokumentationen rechts(extrem) motivierten Gewalthandelns ............................ 34 1.6 Begriffskl/~mngen .................................................................................................. 39 1.6.1 ,,National befreite Zone" und ,,Angstzone" ................................................ 39 1.6.2 Rechtsextremismus, rechte/rechtsextreme Szene und Gesellungen ........... 40 1.6.3 Nicht-rechte Jugendliche ............................................................................ 42 1 . 6 . 4 0 p f e r rechts(extrem) motivierter Gewalt ................................................... 43 1 . 6 . 5 0 r t / R a u m .................................................................................................... 44
1.7 V o m Schneeball zur Lawine ................................................................................. 89 1.8 Resthnee: ,,National befreite Z o n e n " in den t~ffentlichen Debatten ...................... 93
C
Angstzonen aus lokaler Perspektive .......................................................................... 95
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A n g s t r ~ u m e / A n g s t z o n e n ............................................................................................... Die 2.1 2.2 2.3 2.4
Situation in den U n t e r s u c h u n g s o r t e n zu Beginn der 1990er Jahre ......................... 99 G a r d e l e g e n und Region ....................................................................................... 103 G u b e n ...................................... . ........................................................................... 111 H a l l e - N e u s t a d t ..................................................................................................... 117 M a g e b u r g - O l v e n s t e d t .............. : ........................................................................... 121
A l l g e m e i n e Hinweise zu Trefforten rechter/rechtsextremer G e s e l l u n g e n .................. 125 Situation in den Untersuchungsorten wfihrend des Untersuchungszeitraums ...... G a r d e l e g e n .......................................................................................................... H a l l e - N e u s t a d t ........................................................................................ ............. M a g d e b u r g - O l v e n s t e d t ........................................................................................ G u b e n ..................................................................................................................
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Die 4.1 4.2 4.3 4.4
129 131 134 136 138
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T y p e n rechtsdominierter Orte ..................................................................................... 141 5.1 Die Zug~inglichkeit rechts(extrem) besetzter Orte ............................................... 141 5 . 1 . 1 0 f f e n t l i c h e Orte ........................................................................................ 141 5.1.1.1 Der 6ffentlich zuggngliche Platz ................................................ 142 5.1.2 Halb-Offentliche Orte ............................................................................... 146 5.1.2.1 Die Gastst~itte ............................................................................. 147 5.1.2.2 Der Jugendclub ohne sozialp~idagogische B e t r e u u n g ................ 149 5.1.2.3 Der Jugendclub mit sozialpgdagogischer B e t r e u u n g ................. 150 5.1.3 Private/Nicht-6ffentliche Orte .................................................................. 154 5.1.3.1 Der Club ..................................................................................... 154 5.1.3.2 Kleing~rten ................................................................................. 155 5.2 A n e i g n u n g s f o r m e n und die F o l g e n von A n e i g n u n g ............................................ 157 5.2.1 G e w a l t l o s e / s c h l e i c h e n d e Aneignuang ........................................................ 157 5.2.2 G e w a l t f 6 r m i g e A n e i g n u n g ....................................................................... 160 5.2.2.1 Die F o l g e n gewaltf6rmiger Ortsaneignung ................................ 165 5.3 Zeiten rechter D o m i n a n z und der U m g a n g von O p f e m mit r e c h t s d o m i n i e r t e n Orten ...................................................................................... 171 5.4 Die funktionale D i m e n s i o n rechtsdominierter Trefforte ..................................... 177 5.4.1 Funktion von halb- und nicht-6ffentlichen Treffpunkten far die rechte/rechtsextreme Szene ...................................................................... 182 5.4.2 Feste feiem: ,,Nachdem die G a b e n an das Feuer t~bergeben wurden (...) entbrannte eine wilde Schneeballschlacht ...". ........................................... 191 5.5 AuflOsung rechtsdominierter Orte ....................................................................... 195 5.5.1 R e p r e s s i o n ................................................................................................ 196 5.5.2 Biografische V e r g n d e m n g e n .................................................................... 197
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5.5.3 Reaktionen von Nachbarschaften ............................................................. 198 5.5.4 Zivilgesellschaftliche Initiativen .............................................................. 199 D
Die interaktive D i m e n s i o n der Konstituierung von ,,Angstzonen" ....................... 201
Opfer rechts(extrem) motivierter verbaler und physischer Gewalt ............................. 202 1.1 Anzeigeverhalten von Opfem rechts(extrem) motivierter K6rperverletzung ...... 208 1.2 Diskrepanzen in der Wahrnehmung rechts(extrem) motivierten Gewalthandelns zwischen Polizei und Sozialarbeit sowie den Betroffenen ....... 214 1.3. Differenzen in der Bewertung des Agierens nicht-rechter und rechter/rechtsextremer Gesellungen seitens Polizei, Sozialarbeit und Dritten .... 222 1.4 Abwertung und allt~igliche Kr~inkungen von nicht-rechten Jugendlichen und MigrantInnen ....................................................................................................... 230 235 235 245 248 254 254 257
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Interaktion und Kommunikation ................................................................................. 2.1 Eingreifen- Nichteingreifen: Die Rolle von Dritten bei rechts(extrem) motivierter Gewalt ...................................................................... 2.2 Eingreifen aus dem Kreis der Opfergruppe ......................................................... 2.3 Diskrepanz zwischen der polizeilichen Tatortstatistik und der Definition eines Gebietes als ,,Angstzone". .......................................................................... 2.4 Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen und die symbolische Markiemngen von Orten ..................................................................................... 2.4.1 Markiemng von Orten .............................................................................. 2.5 Die Kommunikation tiber Angstzonen ................................................................
Z u s a m m e n f a s s u n g der zentralen F o r s c h u n g s e r g e b n i s s e ....................................... 263
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Die mediale Begriffsbildung von ,,national befreiten Zonen". .................................... 263
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Rechtsdominierte Orte ................................................................................................ 2.1 Dominanzzeiten und Angstzeiten ........................................................................ 2.2 Aneignungsformen und Nutzungskonflikte ........................................................ 2.3 Die Funktion von Treffpunkten fiir die rechte/rechtsextreme Szene ................... 2.4 Die Reaktionen von potenziellen und tats~ichlichen Opfern auf rechtsdominierte Orte ..........................................................................................
264 264 265 265 266
Interaktive Faktoren der Konstituierung und Festschreibung von ,,Angstzonen". ...... 267 3.1 Diskrepanz zwischen ,,Angstzonen" und Gewalttorten ....................................... 267 3.2 Reaktionen unbeteiligter Dritter auf rechts(extrem) motivierte Gewalt .............. 269 3.3 Reaktionen Dritter auf erfolgte Viktimisierungen ............................................... 269 3.4 Kommunikation und Imagebildung ..................................................................... 269 Literaturverzeichnis ...........................................................................................................
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Vorwort
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Die gegenw~rtigen sozio6konomischen und politischen Entwicklungen in den westlichen Industriegesellschaften sind von unObersehbaren Ambivalenzen gepr~gt. Soziale und politische Umbrfiche der letzten ffinfzehn Jahre und die damit einher gehenden Umstellungszumutungen haben ffir zahlreiche Menschen neue Chancen er6ffnet, gleichzeitig aber auch vielf~ltige wirtschaftliche und politische Risiken (Zugangsprobleme zum Arbeitsmarkt, mangelnde positionale und emotionale Anerkennung, Teilnahrneprobleme an einzelnen gesellschaftlichen Subsystemen, Sinnlosigkeitserfahrungen im politischen Alltag, abnehmende moralische Anerkennung, exklusiver werdende Leistungs- und Verteilungsstrukturen sowie labile oder fragile Gemeinschaftszugeh6rigkeiten) heraufbeschworen, welche die Integrationsproblematik moderner Gesellschaften versch~rfen und Desintegrationsprozesse bef6rdem. Nicht nur in Deutschland ist in den letzten Jahren die soziale Ungleichheit gr6Ber geworden; Ideologien der Ungleichwertigkeit, Menschenfeindlichkeit und menschenverachtende Gewalt sind deutlich hervor getreten. Damit geh6ren Fragen nach der Integrationsffihigkeit modemer Gesellschat~en wieder ganz oben auf die gesellschaftspolitische Agenda. Die sich in einer Vielzahl von Aspekten zeigenden Desintegrationstendenzen in den westlichen Gesellschaften haben zum Aufbau eines interdisziplin~xen Forschungsverbundes zum Thema ,,Desintegrationsprozesse- St~rkung von Integrationspotenzialen einer modernen Gesellschaft" an der Universit~t Bielefeld ge~a~, der 0ber mehrere Jahre vom Bundesministerium ~ r Bildung und Forschung f'manziell gef6rdert wurde. Ziel der im Rahmen dieses Programms intendierten Forschung war es, wichtige Erkenntnisse zu Integrationsproblemen moderner Gesellschaften beizusteuern und jenen Entwicklungen auf den Grund zu gehen, deren negative Folgen zentrale normative Kemelemente dieser Gesellschaft gef~.hrden. Die Identifikation problematischer Entwicklungsverlfiufe und die Beschreibung und Erkl~rung von Einflussfaktoren for die St~rkung der Integrationspotenziale dieser Gesellschaft wurde auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Projektzusammenh~ngen thematisiert. Die vorliegende Studie, die aus dem Projekt von Werner Bergmann und Uta D6ring hervor gegangen ist, weist in diesem Kontext eine besondere Konstellation aus. Es geht um Angstzonen im 6ffentlichen Raum, die dazu ffihren, dass for bestimmte, insbesondere schwache Gruppen der Gesellschaff nicht nur eine Freiheitsberaubung entsteht, sondern auch eine Bedrohung der physischen oder psychischen Unversehrtheit eintritt. Grundgesetzliche Selbstverst~ndlichkeiten einer offenen Gesellschaft werden in diesen markierten, quasi ,,geschlossenen" R~umen aufgehoben, weil rechtsextreme Gruppen Machtansprfiche darauf erheben und anderen den Zutritt damit verunm6glichen. Die Fragestellung des Projektes richtet sich auf die Prozesse der medialen wie faktischen Errichtung von Angstzonen, denen eine lokale Relevanz zukommt. Die oftmals ohne Belege auskommende Debatte um Angstzonen wird in der Untersuchung erstmals empirisch untersucht, so dass sich daraus Erkenntnisse Ober die Desintegration von Gruppen im Offentlichen Raum ergeben. FOr die St~rkung yon Integrationspotenzialen und die Einlei-
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tung allf~illiger GegenmaBnahmen sind insbesondere Kenntnisse tiber die Konstituierung von Angstzonen von hoher Relevanz. Die Untersuchung liefert nicht zuletzt Hinweise darauf, wie der durch rechtsextreme Gruppen initiierte Ausschluss von Menschen im 6ffentlichen Raum zu durchbrechen ist. Gleichwohl zeigt sich: Der lokale Kampf um 6ffentliche Pl~itze als integrative R~iume ist niemals abgeschlossen. Dies gilt insbesondere for manche Regionen und Gebiete in Ostdeutschland.
Wilhelm Heitmeyer / Peter Imbusch
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Bielefeld, im Juni 2007
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A Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand, Methoden der Untersuchung
Bevor nachfolgend der Untersuchungsgegenstand und der diesbezfigliche Forschungsgegenstand dargestellt werden, erfolgt ein kurzer Abriss der Ver~inderungen in Art und Umfang des 6ffentlichen Auftretens rechtsextremer, meist jugendlicher, Gesellungen.
Entwicklung des Auftretens rechtsextremer Gesellungen in Deutschland
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Nach 1945 schlossen sich rechtsextreme Akteure 1 in Deutschland fiber einen langen Zeitraum hinweg im Wesentlichen in Parteien oder anderen Organisationen zusammen, die aufgrund der Altersstruktur eines GroBteils ihrer Anh~inger eher Hinterzimmer und S~ile als Trefforte nutzten, denn tiffentliche Orte. Selten traten die Mitglieder und Sympathisanten rechtsextremer Organisationen mit Aufm~irschen oder Kundgebungen in die (3ffentlichkeit. 2 Erst in der zweiten H~ilfte der 1970er Jahre trat mit Michael Ktihnen und der Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) eine Generation junger Rechtsextremisten auf die Bahne der ,,nationalen Erneuerung", die, sich auf den ,,nationalen Sozialismus" der sogenannten Kampfzeit des Nationalsozialismus zwischen 1923 und 1933 beziehend, eine Aufhebung des NSDAP-Verbots einforderte. Neu an der Gruppe um Ktihnen war ihre often und 6ffentlich zur Schau getragene Militanz. Die Affmit~it zu uniformiertem Auftreten teilte sie mit den Mitgliedern yon Wehrsportgruppen. 3 Dennoch fehlte, trotz einer Zunahme der 6ffentlichen Pr~isenz von jungen Rechtsextremisten, eine soziaMiumliche Verortung, die als soziales und kommunikatives Kristallisationsmedium h~itte dienen k6nnen. 4 Die Saalveranstaltungen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) Ende der Der iiberwiegendeTeil rechtsextremerAkteure und Tater ist m~innlich. In dieser Arbeit wird Nr diese Personengruppen meist die m~innlicheForm verwendet, auch wenn gelegentlichweibliche Personen eingeschlossensind. 2 Eine Obersicht t~ber die Vielzahl von Parteien, Gruppen und sonstigen Zirkeln und den Schwerpunkten ihrer Aktivitfiten bietet Carl, Jacob: Chronologie des deutschen Rechtsextremismus von 1945 bis 1995, in: Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus,Berlin 1996, S. 934-953; Schmidt, Anne: Chronologie des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland und anderen westeurop~iischenLfindern ab 1945, in: Kowalsky, Wolfgang/Schroeder, Wolfgang (Hg.): Rechtsextremismus. Einftihrung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S 383-407; Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, Miinchen 1989; Grumke, Thomas/Wagner, Bernd (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Personen- Organisationen- Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, Opladen 2002, S. 353-442. 3 Vgl. Henning, Eike: Neonazistische Militanz und fremdenfeindliche Lebensformen in der ,,alten" und ,,neuen" Bundesrepublik Deutschland, in: Otto, Hans-Uwe/Merten, Roland (Hg.): Rechtsradikale Gewalt im vereinigten Deutschland. Jugend im gesellschaftlichenUmbruch, Bonn 1993, S. 64-87. Zu Ktihnen vgl. KommunistischerBund (Hg.): Hamburg- Stadt mit Herz fiarFaschisten, Hamburg 1978. 4 Vgl. Neidhardt, Friedhelm: Linker und rechter Terrorismus. Erscheinungsformen und Handlungspotentiale im Gruppenvergleich, in: ders./Baeyer-Katte, Wanda von/Claessens, Dieter/Feger, Hubert (Hg.): Gruppenprozesse, Opladen 1982, S. 433-476.
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1960er im Rahmen des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 1969 und rechtsextreme Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Agitation gegen die Ostvertr~,ge 1971/1972 bleiben ebenso eine Ausnahme wie die um den 17. Juni herum stattf'mdenden ,,Deutschlandtreffen" der NPD Ende der 1970er Jahre in Frankfurt am Main, die von Aufm~irschen mit mehreren Tausend rechtsextremen Teilnehmerlnnen begleitet wurden. Nach massiven Protesten in den Jahren 1978 und 1979 gegen diese Aufm~irsche verloren sie innerhalb der extremen Rechten an Attraktivit~it. 5 Fttr die Rekrutierungsm6glichkeiten rechtsextremer Gruppen und eine dauerhaffe Pr~isenz an 6ffentlich zug~inglichen Orten galt noch ~ r die 1980er Jahre, ,,dass im Umfeld von informellen Jugendcliquen (Skinheads, Ful3ballfans, Rocker) zwar im Bereich politischer Meinungen und im Ausmaf5 der Gewaltakzeptanz gemeinsame Ankntipfungspunkte existieren, neonazistische Gruppen jedoch die Eingangsschwellen so hoch ansetzen (Uniformierung, 6ffentliches Auftreten, polizeiliche Verfolgung, gesellschaftliche Stigmatisierung), dass gegenw~irtig nur wenige Jugendliche bereit sind, ihnen als Aktivisten oder Kader beizutreten. ''6 So wurde z.B. die NPD rtickblickend von einem heute aktiven Rechtsextremisten, ,,als verstaubter Hinterzimmerverein" bewertet, ,,der in seinem gesamten Erscheinungsbild ebenso wenig anziehend auf die nationale Jugend wirkte, wie in seiner Programmatik. ''7 Noch Anfang der 1990er Jahre hiel3 es, d a s s e s sich bei Zusammenktinften von Rechtsextremisten in der Mehrzahl ,,entweder um geschlossene Veranstaltungen oder Treffen auf Privatgmndstticken ohne breite Aul3enwirkung ''8 handelte. Dennoch erlangten in den frtihen 1990er Jahren, mit der Herausbildung einer aktionsorientierten, rechtsextremen Jugendszene, Gesellungen aus diesem Spektrum zunehmend Aufmerksam- und S ichtbarkeit an 6ffentlichen Orten und der Aspekt der Territorialit~it gewann innerhalb der rechtsextremen Debatte an Bedeutung. Viele rechtsextreme Gruppen sind heute miteinander verkntipft und in ein Netzwerk eingebunden, dessen Komponenten informelle Zirkel und Cliquen, Kameradschaften und halbformelle Zusammenschltisse sowie fest strukturierte Organisationen wie Parteien umfassen. Es kann trotz Konkurrenzen zwischen einzelnen rechtsextremen Formationen nach Rucht von einem ,,mobilisierten Netzwerk von Gruppen und Organisationen ''9 gesprochen werden. Neben der Zunahme traditioneller Vemetzungs-
s 1977 konnte die NPD zu ihrem ,,Deutschlandtreffen" rund 5.000 Personen nach Frankfurt am Main mobilisieren. 1978 begleiteten 8.000 Veranstaltungsgegnerlnnen das Offentliche Auftreten der Rechtsextremisten. Der Aufmarsch musste in ein Randgebiet der Stadt umgeleitet werden, die geplante Kundgebung am R6merberg in der Innenstadt fand nicht statt. 1979 versammelten sich rund 50.000 Menschen zu einer (verbotenen) Gegendemonstration. 1980 musste die NPD nach Philippstal (Hessen) ausweichen und wurde auch dort von mehreren Tausend Gegendemonstrantlnnen erwartet. 1981 nahmen noch 700 Personen am ,,Deutschlandtreffen" teil. Vgl. Hoffmann, Uwe: Die NPD. Entwicklung, Ideologieund Struktur, Frankfurt am Main/Berlin/Bern u.a. 1999, S. 124, 126, 144f, 167f, 218. 6 Dudek, Peter/Jaschke, Hans-Gerd: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur. Band 1, Opladen 1984, S. 166. 7 Wendt, Christian: Die NPD als ,,befreite Zone" innerhalb des BRD-Regimes?, in: Internetausgabe der BerlinBrandenburger Zeitung, BBZ-Aktuell, unter http://www.bbzeitung.com.bbz_titel, ges. 24.02.1998. Der Text wurde laut Jacoby, Stefan: Die NPD, eine ,,befreite Zone" f~r Neonazis, in: DISS-Journal, Nr. 7, Duisburg 2001, S. 6-7, hier S. 6, am 07.02.1998 ins Netz gestellt. 8 Uhrlau, Ernst: Vernetzungstendenzen im deutschen Rechtsextremismus, in: Bergmann, Werner~rb, Rainer (Hg.): Neonazismus und rechte Subkultur, Berlin 1994, S. 173-182, hier S. 174. 9 Rucht, Dieter: Rechtsradikalismus aus der Perspektive der Bewegungsforschung, in: Grumke/Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus .... Opladen 2002, S. 75-86, hier S. 80; vgl. Benthin, Rainer: Rechtsradikalismus als soziale Protestbewegung: Umrisse eines erweiterten Analyse- und Erklarungsmodells, in: Heinrich, Gud-
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t~itigkeiten in Form von Parteitagen und informellen Treffen erweiterte sich das Handlungsrepertoire rechtsextremer Gruppierungen und Organisationen um die Durchfiihrung von Offentlichen Auftritten wie Protestaufm~irschen oder Kundgebungen, aber auch um Musikdarbiemngen von Bands, die sich der rechtsextremen Szene zugeh6rig fiihlen. RechtsRockKonzerte und -Musikerzeugnisse erfreuen sich in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende der 1980er Jahre, mit einem kurzen Einbruch nach einer Repressionswelle gegen rechtsextreme Kapellen 1993 groBer Resonanz. ~~Nach Angaben des Bundesamtes ftir Verfassungsschutz stieg die Anzahl rechtsextremer Skinhead-Konzerte zwischen 1995 und 2004 von 35 auf 137 Veranstaltungen. ~l Die Konzerte werden meistens konspirativ vorbereitet und nicht selten erf~ihrt die Offentlichkeit erst im Nachhinein oder gar nicht von deren Durchftihrung. Obwohl hier nicht von einer breiten 6ffentlichen Wahmehmung der Veranstaltungsangebote gesprochen werden kann, ist die kontinuierliche Durch~hrung von RechtsRock-Konzerten ein Zeichen far die andauernde Nachfrage seitens der Konsumentlnnen derartiger Musik. Etwa zeitgleich mit der steigenden Anzahl von RechtsRockDarbietungen ist seit 1997 ein quantitatives Anwachsen von Aufin~irschen, sowohl auf die Ftille der stattgefundenen Paraden wie auf die Anzahl der teilnehmenden Personen bezogen, zu verzeichnen. ~2 Gelang es vor 1989 selten, eine nennenswerte Zahl rechter/rechtsextremer Aktivisten zu Manifestationen an 6ffentlich zug~inglichen Orten zu mobilisieren, kam es in den ersten ,,Nachwendejahren" (1990 bis 1993/94) vereinzelt zu Aufm~irschen mit tiber 1.000 TeilnehmerInnen. Hierbei sind insbesondere das ,,Heldengedenken" in Halbe 1991 am Volkstrauertag, die ,,HeB-Gedenkm~irsche" zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf HeB 1990 bis 1992 in Wunsiedel (mit 1.000 Personen), Bayreuth (1.500) und Rudolstadt (2.000) 13 sowie ein Gedenkmarsch in Dresden im April 1992 anl~isslich der TOtung des sachsenweit bekannten Rechtsextremisten Rainer Sonntag durch einen T~iter aus dem Rotlichtmilieu zu nennen. Aufm~irsche mit regionaler oder bundesweiter Mobilisierung konnten zwar auch in den Folgejahren mediale Aufmerksamkeit verzeichnen, fanden jedoch selten und ohne grOBeren Zulauf statt. Erst mit dem von der NPD organisierten Aufmarsch gegen die Ausstellung ,,Vernichtungskrieg" Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" im M~irz 1997 in MOnchen mit etwa 5.000 run/Werz, Nikolaus (Hg.): Forschungen in Mecklenburg-Vorpommern zu Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, Rostock 2003, S. 9-21. 1o Aus der Vielzahl der Ver0ffentlichungen vgl. exemplarisch Wunderlich, Eike: German White P o w e r - A Program for Cultural Hegemony, in: Lowles, Nick/Silver Steve (Hg.): White Noise, London 1998, S. 49-56; Archiv der Jugendkulturen (Hg.): Reaktion~ire Rebellen. Rechtsextreme Musik in Deutschland, Berlin 2001. ~1 Skinheadkonzerte: 1996 (70); 1997 (106), 1998 (128). 1999 wurde ein R(ickgang auf 109 und im Jahr 2000 auf 82 Konzerte verzeichnet. Weitgehend unbeeintr~ichtigt vom Ende September 2000 ausgesprochenen Verbot der rechtsextremen Vereinigung Blood & Honour, die eine Vielzahl von Musikveranstaltungen organisiert hatte, blieb die Zahl der vom Verfassungsschutz registrierten Darbietungen 2001 bei 80 Konzerten stabil, um in den darauf folgenden Jahren wieder anzusteigen (2002:112, 2003:119). Durchschnittlich besuchten rund 160 bis 180 Personen einen derartigen Musik-Gig. 14 Veranstaltungen konnten 2004 fiber 300 Besucherlnnen verzeichnen (2003: 8). Eine kleine Anzahl der Konzerte hatte fiber 500 und bis zu 1.000 G~iste. Vgl. Bundesamt ftir Verfassungsschutz (Hg.): Skinheads, Bands und Konzerte, KOln 2000, S. 4; Bundesministerium des Innern (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2000, Berlin 2001, S. 43 (im Folgenden VS-Bericht Bund); VS-Bericht Bund 2002, Berlin 2003, S. 41; VS-Bericht Bund 2004, Berlin 2005, S. 45. 12 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Rechtsextremismus als neue soziale Bewegung? Aktivit~ten und Kooperation von NPD, Neonazis und Skinheads, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Heft 4/2003, S. 43-54, hier S. 48; Virchow, Fabian: ,,Besonders zur Resignation besteht kein Grund..." Zur Demonstrationspolitik des Neofaschismus, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Heft 4/2003. S. 80-85, hier S. 81. ~3Vgl. O'Hara, Patrick/Schltiter, Daniel (Hg.): Der Mythos stirbt zuletzt, Hamburg 2002, S. 18f.
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Wehrmacht 1941 bis 1944" im M~irz 1997 in Mtinchen mit etwa 5.000 TeilnehmerInnen aller Altergruppen, wobei junge Skinheads das Erscheinungsbild pr~igten, ver~inderte sich die Situation. Nicht nur dass in Mthnchen die zahlenm~il3ig erfolgreichste rechtsextreme Mobilisierung zu einem Aufmarsch seit Ende der 1970er Jahre gelang, auch innerhalb der rechtsextremen Szene wurde die Veranstaltung- trotz rund 10.000 GegendemonstrantInnen als Erfolg gefeiert: ,,Psychologisch ist durch Mtinchen ein grofSer Durchbruch erzielt worden." Bezug nehmend auf die Verbote diverser rechtsextremer Gruppen und Vereine wurde festgestellt: ,,Nach vier Jahren Verboten und zunehmender Repression, hat die Szene wieder Tritt gefasst. ''~4 Die genaue Anzahl der durchge~hrten Aufin~irsche und Kundgebungen l~isst sich bislang nicht ermitteln, jedoch schaffen es laut Virchow heute rechtsextreme Gruppen und Organisationen zu Aufm~irschen mit regionaler Mobilisierung fast jedes Wochenende bis zu 300 Personen zusammenzubringen. 15 Rechtsextreme Grogveranstaltungen wie das ,,Hel3-Gedenken" im bayrischen Wunsiedel mit mehxeren Tausend vor allem jugendlichen TeilnehmerInnen ~6, am Volkstrauertag im brandenburgischen Halbe ~7 oder in Dresden TM,anl~isslich des Jahrestages der wahlweise zum ,,angloamerikanischen TerrorangrifP' oder zum ,,Bomben-Holocaust" umgedeuteten Bombardierung der Stadt durch die Royal Airforce in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs, zeigen deutlich auf, dass die Resonanz auf rechtsextreme Themen und Thesen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestiegen ist. Heute nehmen rechte/rechtsextreme Gesellungen und Cliquen einen festen Platz im Spektrum der Jugendgruppen ein. Einhergehend mit einer ,,Modernisierung
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14 Hupka, Steffen/Rossmt~iler, Sascha, in: Einheit und Kampf Nr. 18, Mai 1997, S. 8, zitiert nach Virchow: ,,Besonders zur Resignation" ..., in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Heft 4/2003, S. 80-85, bier S. 80. 15 Vgl. Virchow, Fabian: The groupuscularization of neo-Nazism in Germany: the case of the Aktionsbt~ro Norddeutschland, in: Patterns of Prejudice, Nr. 1/2004, S. 56-70. In einer 2002 herausgegebenen Broscht~re geht das Bundesamt far Verfassungsschutz (BfV) far das Jahr 2001 von 159 von Rechtsextremisten veranstalteten Aufm~rschen aus. Im Jahr 2000 waren es 91 Aufm~irsche. Dies bedeutet eine Steigerung von 69 Prozent. Die durchschnittliche TeilnehmerInnenzahl lag bei 200 Personen. Das BfV hat keine Zentralstellenfunktion bei der Erfassung von (rechts- und links-)extremistischen Aufm~irschen/Demonstrationen. Die dem BfV vorliegenden Angaben von Landesbeh0rden (Polizei und Verfassungsschutz) und kommunalen OrdnungsbehSrden ermOglichen keinen vollst~indigen l)berblick. Vgl. Bundesamt ftir Verfassungsschutz (Hg.): Demonstration als Aktionsfeld von Rechtsextremisten, KOln 2002, S. 7ff, S. 8 FufSnote 2. 16 Nachdem ein Verbot der ,,HeB-Aufmfirsche" ab 2001 nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden konnte, steigt die Teilnehmerzahl kontinuierlich an. So versammelten sich 2001 etwa 900 Rechtsextremisten in der fr~inkischen Kleinstadt. 2002 waren es rund 2.500 und im Jahr 2003 etwa ebenso viele. Im August 2004 nahmen etwa 3.800 Personen aus dem In- und Ausland an der Veranstaltung teil. Vgl. AFP-ticker 21.08.2004, 19:41 Uhr: Meldung; Jansen, Frank: Wunsiedel droht wieder Aufmarsch von Neonazis, in: Tagesspiegel 19.08.2004; Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, Abteilung Verfassungsschutz (Hg.): Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2004 (im Folgenden VS-Bericht Brandenburg), Potsdam 2005, S. 48. z7 In der Umgebung von Halbe fand im April 1945 die letzte grol3e Kesselschlacht des Zweiten Weltkrieges statt. Auf dem Halber Friedhof sind 28.000 Soldaten begraben. In Halbe wurden zwischen 1992 und 2002 Versammlungsverbote durchgesetzt. Seit 2002 wurden die Verbotsverffigungen gerichtlich nicht mehr best~tigt, u.a. weil der Termin der rechtsextremen Veranstaltung auf das Wochenende vor dem Volkstrauertag verlegt wurde. 2003 marschierten etwas 650 Rechtsextremistlnnen in Halbe auf, 2004 waren es bereits 1.600, davon rund 300 aus Brandenburg. Im Jahr 2005 verhinderten Gegendemonstrierende, dass die rund 1.700 Aufmarschteilnehmerlnnen zum Soldatenfriedhof ziehen konnten. Vgl. VS-Bericht Brandenburg 2004, Potsdam 2005, S. 49; Blankennagel, Jens/Klesmann, Martin: SPD will deutschlandweit einmaliges NS-Verbot, in: Berliner Zeitung 17.10.2006. 18 2003 nahmen etwa 1.000 Rechtsextremistlnnen daran teil, am 13. Februar 2004 waren es 2.500. Ein Jahr sp~iter verdoppelte sich die Zahl der Teilnehmenden. Vgl. VS-Bericht Brandenburg 2004, Potsdam 2005, S. 47; Sfichsisches Staatsministerium des Innern, Landesamt far Verfassungsschutz Sachsen: Verfassungsschutzbericht 2005 (im Folgenden VS-Bericht Sachsen) (Kurzfassung). Entwicklungstendenzen in Sachsen, Dresden 2006, S. 19.
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des jugendlichen Rechtsextremismus ''19 in Stil- und Ausdrucksformen hat sich eine mit rassistischen und nationalistischen Ideologiefragmenten angereicherte, rechte/rechtsextreme Alltagskultur etabliert, die aus einem Kunterbunt von Symbolen, Kleidung, Medien und Musik, aus gemeinsamen Treffpunkten und Aktionen besteht. 2~ Damit verbunden sind eine anwachsende Professionalisierung im Bereich von Zincs oder Homepages mit rechtsextremen Inhalten und eine zunehmende Kommerzialisierung rechtsextremer Insignien durch die Nachfrage nach Lifestyle-Produkten wie T-Shirts oder Musik-CDs mit rechtsextremen Texten. Der Bereich RechtsRock boomt, es werden Kleidungsmarken wie ,,Masterrace Europe ''21 kreiert, rechtsextreme Kleinstpublikationen, Homepages und von rechtsextremen Personen gefiihrte Kneipen entstehen zuhauf. Eine Trennung zwischen Gesch~iftemacherei und internen Organisierungsbestrebungen der rechtsextremen Szene l~isst sich hierbei selten vornehmen. Es geht neben der ,,Versorgung" von Jugendlichen und (jungen) Erwachsenen mit gesinnungskonformen Produkten auch um eine finanzielle Absicherung bzw. um M6glichkeiten von Nebenverdiensten far die WarenanbieterInnen. Mit rechtsextremen Lifestyle-Gtitern und RechtsRock l~isst sich - wenn auch nicht immer viel - Geld machen. 22 Hiel3 es vor einem Jahrzehnt, ,,die als 'rechts' definierten Treffpunkte sind noch dtinn ges~it (...), so dass die Szene zur Aufrechterhaltung ihres Interaktionszusammenhangs zu hoher Mobilit~it gezwungen ist ''23, f'mdet sich heute im Nahraum fast jeder rechten/rechtsextremen Gesellung ein Treffort, an dem eine regelm~il3ige Interaktion in der Gruppe oder mit anderen rechten/rechtsextremen Akteuren stattfinden kann. Dartiber hinaus haben 6ffentliche Orte ffir rechte/rechtsextreme Gesellungen den Charakter eines Freizeit- und Erlebnisraumes bekommen, dessen funktional-materielle Nutzung teilweise aggressiv durchgesetzt wurde und wird. Zudem wurden sic mit kollektiven Angriffen auf Unterkiinfte von Asylsuchenden zum ,,strategischen Aktionsraum ''24, da diese Gruppengewalt auf die Entfernung von ihnen als ,,unerwtinscht" angesehener Personen aus dem als
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19 KlOnne, Arno 1994: Jugend und Rechtsextremismus; in: Kowalsky/Schroeder (Hg.): Rechtsextremismus. Einfiihrung .... Opladen 1994, S 129-142, hier S. 131. 20 Vgl. SchrOder, Burkhard: Nazis sind Pop, Berlin 2000; Kohlstruck, Michael: Rechtsextreme Jugendkultur und Gewalt, Berlin 2002. 21 Diese Produkte werden nur in rechtsextremen Gesch~iften und im Versandhandel angeboten. Die WortBildmarke Masterrace Europe wurde eingetragen auf den bayrischen JN-Funktion~ir Siegfried Birl, der zugleich Betreiber des Wikinger Versandes ist. Vgl. Argumente. Netzwerk antirassistischer Bildung e.V. (Hg.): Ktirzel, Codes und Klamotten, in: Dornbusch, Christian/Raabe, Jan (Hg.): RechtsRock. Bestandsaufnahme und Gegenstrategien, Miinster 2002, S. 405-431, hier S. 419. 22 Eine genaue ProfithOhe des bundesdeutschen Marktes l~isst sich bislang nicht ermitteln, da keine Gewinnangaben seitens der Vertriebe und Bands vorliegen. Die wenigen im Rahmen von Gerichtsverfahren bekannt gewordenen Daten und die wenigen, sehr allgemein gehaltenen Angaben aus der rechtsextremen Szene weisen eine geringe Gewinnmarge aus. Vgl. Flad, Henning: Zur Okonomie der rechtsextremen Szene - Die Bedeutung des Handels mit Musik, in: Kl~irner, Andreas/Kohlstruck, Michael (Hg.): Moderner Rechtsextremismus in Deutschland, Hamburg 2006, S. 102-115, hier S. 113; Botsch, Gideon: Gewalt, Profit und Propaganda. Konturen des rechtsextremen Musik-Netzwerkes, in: Blditterfiir deutsche und internationale Politik, Nr. 3/2001, S. 335-344; N.N.: Profiteering from Hate. The lucrative world of the nazi music industry uncovered, in: Searchlight, Nr. 260 (1997), February 1997, S. 5-7; Searchlight/Antifaschistisches Infoblatt/enough is enough/rat (Hg.): White Noise. Rechts-Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour- Einblicke in internationale Neonazi-Musik-Szene, Hamburg/M0nster 2000. 23 Bergmann, Werner/Erb, Rainer: ,,In Treue zur Nation". Zur kollektiven Identit~it rechtsextremer Bewegung, in: Hellmann, Kai-Uwe/Koopmans, Ruud (Hg.): Paradigmen der Bewegungsforschung. Entstehung und Entwicklung von neuen sozialen Bewegungen und Rechtsextremismus,Opladen 1998, S. 149-165, hier S. 159. 24 Heitmeyer, Wilhelm: Rechtsextremistische Gewalt, in: ders./Hagan, John (Hg.): Internationales Handbuch der Gewaltforschung, Wiesbaden 2002, S. 501-546, hier S. 523.
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eigen deflnierten Gebiet zielte und tiberprafbare Resultate erwirkt werden konnten. 25 Im tiffentlichen-politischen Diskurs wurde das Ph~inomen rechtsdominierter Orte unter dem Oberbegriff ,,national befreite Zonen", sp~iter auch ,,Angstzonen" aufgegriffen und die oftmals gewaltf6rmigen Angriffe gegen als Minderheiten definierte Teile der Bev61kemng als Umsetzung einer von rechtsextremen Kreisen diskutierten Strategie zur Etabliemng von ,,Gegenmacht" interpretiert. Die Aktivit~iten von Bewegungsuntemehmern 26, das Abhalten yon Aufm~irschen, Konzerten sowie die zunehmende Sichtbarkeit rechter und rechtsextremer Gesellungen im StrafSenbild wurden als Indikatoren ~ r die Erringung einer Vorherrschaft solcher Gruppierungen in einzelnen Regionen gewertet.
25 Vgl. Panayi, Panikos: Racial Violence in the New Germany 1990-1993, in: Contemporary European History, No. 3/1994, S. 265-287; Willems, Helmut: Jugendunruhen und Protestbewegungen. Eine Studie zur Dynamik innergesellschafllicher Konflikte in vier europ~iischenLandem, Opladen 1997. 26,,Bewegungsunternehmer"hier im Sinne von Unternehmern, die auch personell Bestandteil einer rechten Bewegung sind, nach dem Motto: ,,Von der Bewegung, in der Bewegung, mr die Bewegung". Zur Verwendung des Begriffs im Sinne der Mobilisierung von materiellen und immaterieller Ressourcen durch ,,Bewegungsorganisationen" und der in ihnen tatigen ,,Bewegungsunternehmer" im Zusammenhang mit Ressource MobilizationAns~itzen vgl. Della Porta, Donatella: Gewalt und die neue Linke, in: Heitmeyer/Hagan (Hg.): Internationales Handbuch .... Wiesbaden 2002, S. 479-500, insb. S. 484-486.
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1 Untersuchungsgegenstand
1.1 Untersuchungsgegenstand und forschungsleitende Fragestellungen Die Untersuchung gliedert sich in drei Schwerpunkte. Es wurde (1) der medialen und der politisch-strategischen Dimension, (2) der lokalen Dimension und (3) der interaktiven Dimension des Themas ,,national befreite Zonen"/,,Angstzonen" nachgegangen.
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Untersucht wurde der mediale Diskurs fiber das Ph~nomen von rechten/rechtsextremen Gesellungen kontrollierter SoziaMiume. Anhand einer qualitativen Auswertung der Frankfurter Rundschau und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurden Fragen nach der ,,Karriere" und der Ausdeutung der Begriffe ,,national befreite Zone" oder ,,Angstzone" gestellt sowie Resonanzeffekte in der 6ffentlichen Wahrnehmung und des politischen Systems gekl~irt. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Akteure und Akteurinnen der Begriffsverbreitung wie auf die Reaktion der politischen Eliten auf die Berichterstattung gelegt. Um das politisch-strategische Moment beschreiben zu k6nnen, wurde die Debatte fiber ,,national befreite Zonen" in der rechtsextremen Publizistik ermittelt. Anhand einer Auswertung bundesweit vertriebener sowie regionaler Erzeugnisse wurde nachvollzogen und analysiert, was in den jeweiligen Ver6ffentlichungen unter ,,national beffeite Zonen" verstanden wird und unter welchen Aspekten der Begriff diskutiert wird. In der lokalen Dimension wurden in vier Untersuchungsorten - Gardelegen, HalleNeustadt, Magdeburg-Olvenstedt und Guben - rechtsdominierte Orte/,,Angstzonen" in ihrem Entstehungsprozess, ihrem aktuellen Funktionieren und ihrer eventuellen Aufl6sung betrachtet, um Typologien entwickeln zu ktinnen. Verbunden mit einer Auswertung regionaler nicht-rechter und rechtsextremer Medien, Mitteilungen lokaler Beobachtungsgruppen, Gewaltstatistiken und Feldaufenthalten konnten die verschiedenen Varianten rechtsdominierter Orte nach ihrer Best~indigkeit, ihrer Kontrollintensit,it und ihrer r~iumlichen Verortung beschrieben werden. Im Zentrum der Untersuchung standen allgemein zug~ingliche Orte, an denen rechte/rechtsextreme Gruppierungen versuch(t)en mittels Gewalt, Drohung oder Pr~isenz eine territoriale Kontrolle im Sinne von Exklusion oder Vertreibung anderer auszutiben. Es wurde dem sozialen Ph~inomen rechtsdominierter Orte/,,Angstzonen" nachgegangen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Erfahrungen und das Verhalten der ausgeschlossenen und bedrohten Gruppen gelegt- sind sie es doch, die am unmittelbarsten von offmals gewaltf'6rmig durchgeRihrten Raumverweigerungen betroffen sind.
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Bei den massiven Ausschreimngen gegen Asylsuchendenheime oder bei Gewaltt~itigkeiten und allt~iglichen Diskriminierungen gegen Minderheiten wurde im Verlauf der letzten Jahre deutlich, dass das mit diesen Aktivit~iten verbundene Ziel der Abwemmg und des Ausschlusses, wenn auch nicht die Gewaltmethoden, von Teilen der ans~issigen Bevtilkerung geteilt wird. Die Auseinandersetzung lokaler Funktionstr~iger mit rechts(extrem) motivierten Gewalttaten kann zudem gepr~igt sein v o n d e r Furcht vor Stigmatisierung der Stadt und ihrer Einwohnerlnnen durch die regionale und tiberregionale Presse 27, v o n d e r Sorge um die Attraktivit~it als Wirtschaftsstandort oder als touristisches Zentrum 28, aber auch yon der Bemtihung, die Verletzung von Gleichheitsnormen innerhalb der Gemeinde zu ahnden. 29 Die Halmng der t~rtlichen Bev61kemng zu den ausgeschlossenen Personenkreisen und zur r~iumlichen Dominanz rechter/rechtsextremer Gesellungen wurde mit berficksichtigt, da das lokale Umfeld Einfluss auf Erfolgs- und Risikoerwartungen der exkludierenden Gruppen hat. 3~ Um das Zusammenspiel zwischen rechten/rechtsextremen Gruppierungen und anderen gesellschaffiichen Gruppen betrachten zu k6nnen, wurde der Interaktion zwischen verschiedenen lokalen Gruppen in den Blick genommen. Die Problematik und Definition von ,,Angstzonen" wurde sowohl aus der Sicht der Betroffenen von rechts(extrem) motivierter Aggression als auch der Sicht von anderen im Feld agierenden Personengruppen untersucht. Gefragt wurde hierbei sowohl nach der Wahrnehmung lokaler ,,Angstzonen" durch die Opfer und deren individuellen und kollektiven Gegenstrategien im Umgang mit diesen Gebieten als auch nach dem Einfluss des Handelns bzw. Nicht-Handelns anderer lokaler Akteure und Akteurinnen und der Existenz von Gegenmilieus auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von ,,Angstzonen" sowie nach den Reaktionen derjenigen, die das Recht auf 6ffentliche Freiztigigkeit zu garantieren haben, auf die Verletzung dieses Rechts.
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Die Fragestellungen des Forschungsprojektes entwickelten sich aus dem 1997 begonnenen Diskurs tiber das Ph~inomen rechtsdominierter Gebiete und tragen somit der 6ffentlichen Aufmerksamkeit Rechnung. Wissenschaftliches Erkennmisinteresse ist in seiner Themenwahl nicht frei von gesellschattlichen Diskussionen und Problemdefinitionen. Thematisierungskonjunkturen finden auch hier ihren Niederschlag. Die Begriffe ,,national beffeite Zone" und ,,Angstzone" waren zur Zeit des Untersuchungsbeginns (Juli 2002) hochgradig besetzt und es handelte sich um Forschung in einem ,,gesellschaftspolitisch umk~impften 27 Vgl. Buderus, Andreas: FianfJahre Glatzenpflege auf Staatskosten, Bonn 1998; Funke, Hajo: Was tun gegen rechts. Gegenwartige No-go-areas, in: BlRtterfiir deutsche und internationale Politik, Nr. 45 (2000), S. 637-646; Burschel, Friedrich C.: Wenn der so bekloppt ist und durch die Scheibe l~uft .... in: Prozessbeobachtungsgruppe Guben (Hg.): Nur ein Toter mehr... Allt~iglicherRassismus in Deutschland und die Hetzjagd von Guben, Hamburg/Miinster 2001, S. 47-61. 28 Vgl. N.N.: Fremdenfeindlichkeit verprellt Investoren, in: Frankfurter Rundschau 18.02.1999; Bussmann, KaiD./Werle, Markus: Kriminalitat- Standortfaktoren far betriebliche Entscheidungen?, in: Neue Kriminalpolitik, Nr. 3/2004, S.90-95. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Fremdenfeindlichkeitund rechts(extrem) motivierte Gewalttaten eine negative Auswirkung auf Standortentscheidungen von groBen Unternehmen mit multinationaler Belegschaft haben. 29 DOrre, Karin/Lorenz, Jiirgen: Die Stadt Angermfinde und ihr Umgang mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, in: Ht~lsemann, Wolfram/Kohlstruck, Michael (Hg.): Mobiles Beratungsteam. Einblicke. Ein Werkstattbuch, Potsdam 2004, S. 117-128. 30Vgl. Willems: Jugendunruhen und Protestbewegungen .... Opladen 1997, S. 417ff.
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Wie verl~iuft der Prozess, in dem die Massenmedien das politische Problem der ,,national befreiten Zonen"/,,Angstzonen" ftir die Offentlichkeit definieren und wie wirkt diese Definition auf das Ausgangsproblem selbst zurtick? Welche Konzepte von ,~ational befreiten Zonen" werden in rechtsextremen Publikationen vertreten? Welche Gegenden/Orte werden als ,,Angstzonen"/,,national beffeite Zonen" bezeichnet? Wie sind ,,Angstzonen"/,,national befreite Zonen" entstanden, welche Aktivit~iten unternahmen rechte/rechtsextreme Gesellungen, um sie aufrechtzuerhalten, unter welchen Bedingungen haben sich solche Zonen aufgel6st? Lassen sich verschiedene Typen von ,,Angstzonen" unterscheiden?
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Feld ''31, das stark von nicht-wissenschaftlichen Feldern beeinflusst wird. Darauf weist auch eine zwischen April und Juni 2000 durchgeftihrte, telefonische Leitfadenrecherche vom Deutschen Jugendinstitut Miinchen zu etwaigen r~iumlichen und kulturellen Vorherrschaften rechter Jugendlicher und zu Aktivit~iten rechtsorientierter Jugendlicher in 6ffentlichen (Jugendhilfe)Einrichtungen hin. Die Befragung wurde bei mr das Thema Rechtsextremismus zust~indigen ReferentInnen in den jeweils zust~indigen Landesministerien, Landes- und Stadtjugend~imtem durchgefiahrt. Bei der Recherche wurde bewusst darauf verzichtet, den Begriff ,,national befreiten Zone" in den Mittelpunkt zu stellen, da ,,dieser Propagandabegrift gerade auf Grund seiner Funktion und seiner Suggestivit~it wenig geeignet [ist] zur differenzierten Beschreibung von Ereignissen und Sachverhalten." Das Forschungsteam ging auBerdem davon aus, dass keine Beh6rde zugeben wtirde, ,,dass in ihren Zust~indigkeitsbereich 'national befreite Zonen' fallen. ''32 Das Ergebnis der Recherche ergab, dass kein einziges Mal unabh~ingige, d.h. noch nicht medial aufbereitete Belege oder Best~itigungen flir die Existenz ,,national befreiter Zonen" zur Ver~gung gestellt werden konnten. Gezielte Nachfragen bei Beh6rden in jenen Ortschafien und Regionen, die in Dokumentationen als ,,national befreite Zonen" benannt wurden, ,,fiahrten entweder zur Best~itigung der Angaben, wobei allerdings als Quelle immer wieder auf die Dokumentationen selbst bzw. die in ihnen angegebenen Quellen - meist in Form von Zeimngsberichten - verwiesen wurde. (...) Oder aber es wurden die Berichte als unzutreffend zurfickgewiesen bzw. relativiert - z.B. als ganz normale gegenseitige Verdr~ingung zwischen Jugendszenen. ''33 Neben der Rekonstruktion der Debatte um ,,national befreite Zonen" und ,,Angstzonen" anhand einer Medienanalyse handelt es sich bei der Studie um ein induktivqualitatives empirisches Projekt mit einem hohen Anteil an explorativen Elementen. Entlang der zentralen Fragen:
3J Geden, Oliver: M~nnlichkeitskonstruktionenin der Freiheitlichen Partei Osterreichs. Eine qualitativ-empirische Untersuchung, Opladen 2004, S. 9. Geden halt es in diesem Zusammenhang f~r lohnenswert, die Auswirkungen der ,,Art und Weise des Agenda-Setting durch Politik und Medien auf Perspektiven und Forschungsschwerpunkte der deutschsprachigen Rechtsextremismusforschung"zu untersuchen und auch ,,wie sich inner- und auBerwissenschaftliche Debatten auf einander beziehen." Dies zeige sich ,,im nicht immer eindeutig differenzierten Nebeneinander von universitfirer Forschung, Joumalismus, Antifa-Recherche und wissenschafilicher Studien der Verfassungsschutz~mter- und zwar theoretisch wie personell". Siehe S. 9fFuBnote 1. 32 Deutsches Jugendinstitut, DJI: Pr~senz rechter Jugendlicher in 6ffentlichen R~iumen Ostdeutschlands. Eine Recherche aus behOrdlicherSicht, unv. Arbeitspapier, Miinchen 2000, S. 2. 33Deutsches Jugendinstitut, DJI: Prfisenz rechter Jugendlicher .... Mtinchen 2000, S. 13.
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Wie agieren rechte/rechtsextreme Gesellungen an als rechts(extrem) besetzt geltenden Orten? Wie setzten sich die Gruppen zusammen? Wer sind die (potenziellen) Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt, die an diesen Orten stattfindet? Welche Bedrohungsge~hle werden mit rechts(extrem) besetzten Orten verbunden und welche Strategien entwickeln tats~ichliche und potenzielle Opfer im Umgang mit ,,Angstzonen"? Wie werden innerhalb der Opfergruppen rechtsdominierte Orte kommuniziert? Wie reagieren nicht unmittelbar betroffene Personenkreise auf Viktimisiemngen anderer und welche Rolle spielen diese Reaktionen bei der Definition eines Ortes als ,,Angstzone"? Welche Problemsichten entwickeln Polizei und Sozialarbeit?
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wurde dem Ph~inomen rechts(extrem) besetzter Orte nachgegangen. Ziel der Untersuchung war es, aus den m6glicherweise unterschiedlichen Perspektiven der jeweiligen Akteure Problemdefinitionen herauszqaarbeiten, die Genese von ,,Angstzonen" unter dem Einfluss des Handelns aller an der Etablierung, Verfestigung und Aufl6sung rechts(extrem) besetzter Orte nachzuvollziehen und nicht zuletzt Handlungsoptionen aufzuzeigen, die eine Entstehung von ,,Angstzonen" erschweren. Viele der zu Beginn der Studie formulierten Arbeitshypothesen zu ,,national befreiten Zonen" und rechtsdominierten ,,Angstzonen", in denen unterschwellig davon ausgegangen wurde, dass die bundesweit beobachtbaren Ph~inomene rechtsextremen Handelns einem ausge~ttelten Konzept folgten, erwiesen sich nach der vorgenommenen Medienanalyse und nach der Auswertung der ersten Interviews als irrelevant, was dazu ~hrte, dass angenommene ,,Wahrheiten" Schicht far Schicht abgetragen werden mussten. Zeitweise erschien der Forschungsgegenstand gleich einem Wattebausch: je mehr er ,,zusammengedrfickt" wurde, umso mehr waren die eigenen Finger zu sptiren und umso mehr ,,verschwanden" die Arbeitshypothesen hinter einem Berg von unerwarteten Ergebnissen. Dies wiederum sch~irfte den Blick far die unterschiedlichen Facetten des Themas.
1.2 Forschungsstand beiUntersuchungsbeginn Zur rechtsextremen Strategieentwicklung in Bezug auf ,,national befreite Zonen" lagen ebenso wenig wissenschaftliche Studien vor wie zur massenmedialen Verbreitung des Begriffs. Hier wurde auf die Erkenntnisse der Agenda-Setting-Forschung zuriJckgegriffen und davon ausgegangen, dass die mediale Berichterstattung die Universalit~it und Komplexit~it der Welt bearbeitet, vereinfacht und reduziert. 34 Berichterstattungen geben, wie Brettschneider ausfiJhrt, ,,die Realit~it nicht spiegelbildlich, sondem gefiltert und geformt wieder. ''35 Medien bestimmen zudem durch Platzierung, Publikationsh~iufigkeit und Aufmachung mit, ,,welche Probleme in einer Gesellschaft als besonders wichtig und daher
34Vgl. Dembach, Beatrice: Themen der Publizistik- Wie entsteht die Agenda 0ffentlicher Kommunikation? in: Publizistik, Heft 1/2000, S. 38-50, S. 38-50, hier S. 45. Dernbach bezieht sich hier auf Luhmann, Niklas: Die
Realitfit der Massenmedien, Opladen 1996. 35 Brettschneider, Frank: Agenda-Setting. Forschungsstand und politische Konsequenzen, in: J~ickel, Michael/Winterhoff-Spurk, Peter (Hg.): Politik und Medien, Berlin 1994, S. 211-229, hier S. 225.
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16sungsbedarftig angesehen werden und welche Probleme vernachlgssigt werden. ''36 Die Bedeutsamkeit eines Themas ergibt sich flir die Rezipienten aus der Art und Weise der Berichterstattung fiber die Realitgt. Medien legen den Interpretationsrahmen eines Themas oder eines berichteten Sachverhalts fest und beeinflussen sornit die politischen Implikationen. 37
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Zum Thema informeller Raumkontrolle und ihrer Wirkung lagen Studien aus dem Bereich der Jugendforschung vor, die genutzt werden konnten. Im Kontext der Untersuchungen zu aggressiven Jugendgruppen und Jugendgruppengewalt ist ,,Territorialitgt" seit langem ein wichtiges Thema, da der 6ffentliche Raum flir Selbsterfahrung und Identit~tsentwicklung von Jugendlichen besondere Bedeutung hat. Dieser bildet den Rahmen N r Selbstinszenierungen, Provokationen und Normverletzungen. Gruppengewalt an 6ffentlichen Orten beinhaltet den Aspekt der Territorialit~t, das wahrgenommene Gewalthandeln ist als Versuch von Raumaneignung zu deuten. Verbale Provokationen oder Gewaltausfahrungen, das Tragen martialisch wirkender Kleidung, Bierbt~chsen-Werfen oder lautes, aggressives Sprechen/Gegr61e rnacht Jugendgruppen sichtbar und umgibt sie mit einer ft~ Auf3enstehende bedrohlich wirkenden Aura. ()ffentliche Orte, m6glichst mit Publikumsverkehr, dienen Jugendlichen als Territorien, die es mittels Prgsenz zu markieren gilt und deren Inbesitznahme Abgrenzungshandlungen gegen andere Jugendgruppen oder Erwachsene beinhaltet. Der besetzte Platz wird zu einem als eigen definiertem Territorium und es gilt, dieses gegen andere zu behaupten. Die Auseinandersetzung um Raum gilt als M6glichkeit, das Sozialgeffige von Jugendgruppen zu stabilisieren. 38 Empirische Arbeiten, in denen die Kontrolle von bestimmten Orten und Sozialr~umen durch rechtsextreme Gruppen zum Thema gemacht und in den Zusammenhang der Umsetzung einer politischen Strategie gebracht wird, gab es zu Untersuchungsbeginn nicht. Es
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36Brettschneider: Agenda-Setting.... in: J~ickel/Winterhoff-Spurk(Hg.): Politik und Medien, Berlin 1994, S. 211229, hier S. 225. 37Vgl. Pfetsch, Barbara/Perc, Dejan: Die Medien als Akteure und Instrumente im politischen Prozess, in: Massing, Peter (Hg.): Mediendemokratie, Schwalbach/Ts. 2004, S. 34-49, hier S. 39. Kritisch hierzu: Brosius, Hans-Bernd: Agenda-Setting nach einem Vierteljahrhundert Forschung: Methodischer und theoretischer Stillstand?, in: Publizistik, Heft 3/1994, S. 269-288, insb. S. 278ff. Brosius wendet u.a. ein, dass nicht nur Aufmachung und H~iufigkeit der Thematisierung eines bestimmten Sachverhaltes die Wichtigkeit, die ihm Rezipienten zukommen lassen beeinflusst, sondern auch die subjektive Zuordnung durch den Medienkonsumenten zu bestimmten Themenkomplexen. Diese kann nicht unbedingt in iibergeordnete Begriffe gefasst werden, da bei vielen Themen Beziige zu Subthemen herstellbar sind - Themen also Cluster darstellen, die aus vielen Einzelteilen bestehen - und die Rezipienten Beitr~igeeventuell ganz anderen Themen zuordnen, als dies Forscher oder Archivare tun warden. Auch sei die Art und Weise, wie die Medienkonsumenten aus der Berichterstattung ihre ,,Tagesordnung" zusammensetzten, off wenig genau zu explizieren. 38 Vgl. Lenz, Karl: Alltagswelten yon Jugendlichen. Eine empirische Studie aber jugendliche Handlungstypen, Frankfurt am Main/New York 1986; Ohder, Claudius: Gewalt durch Gruppen Jugendlicher. Eine empirische Untersuchung am Beispiel Berlins, Berlin 1992; Simon, Titus: Raufh~indel und Randale. Sozialgeschichte aggressiver Jugendkulturen und p~idagogischer Bemtihungen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Weinheirn/Mtinchen 1996; Eckert, Roland~eis, Christa/Wetzstein, Thomas/Bangert, Peter: Zur ,,Lebensdauer" aggressiver Jugendgruppen. A S W - Berichte & Studien, Trier 1999; Eckert, Roland/Reis, Christa/Wetzstein, Thomas: ,,Ich will halt anders sein wie die anderen". Abgrenzung, Gewalt und Kreativit~it Jugendlicher, Opladen 2000; Becker, Helmut/Eigenbrodt, J0rg/May, Michael: Pfadfinderheim, Teestube, Stragenleben. Jugendliche Cliquen und ihre SoziaMiume, Frankfurt am Main 1984; Kersten, Joachim: Feindbildkonstruktionen und Gewalthandlungen bei Gruppierungen junger M~inner, in: Bergmann/Erb (Hg.): Neonazismus .... Berlin 1994, S. 125142.
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gab eine Reihe Stellungnahmen von zivilgesellschaftlichen Gruppen 39, von Zeitungsberichten und Berichten in der sogenarmten ,,grauen Literatur", in denen Platzbesetzungen durch Angeh6rige der rechten/rechtsextremen Szene thematisiert wurden. Sie wiesen darauf lain, dass vor allem in den neuen Bundesl~indern mancherorts eine rechte Dominanz bestehe und sprachen im Zusammenhang mit rechts(extrem) motivierten Angriffen oder P6beleien yon Ortlichkeiten, an denen sich rechte/rechtsextreme Gesellungen aufhalten, anfangs als ,,national befreite Zonen", sp~iter auch als ,,Angstzonen". Bestimmte Gebiete, in denen rechte/rechtsextreme Gesellungen versuchen mittels Pr~isenz, Drohung und Gewalt eine Situationskontrolle herzustellen oder Zugangskontrollen durchzusetzen, bekamen den Ruf, unter einer rechtsextremen Gewaltherrschait zu stehen. 4~ Dartiber hinaus gab es Beobachtungen einiger Landes~imter ffir Verfassungsschutz, die sich ebenfalls mit rechtsdominierten Ortlichkeiten befassten und diese mit dem Konzept der ,,national befreiten Zonen" in Verbindung brachten. 41 Die wenigen, nach Beginn der Untersuchung erschienenen wissenschafdichen Regionalstudien, die sich (meist randst/andig) mit angstver~sachenden Besetzungen von bestimmten Orten durch rechte oder rechtsextreme Gesellungen besch/aftigen, kommen beztiglich der Existenz yon ,,national befreiten Zonen" zu unterschiedlichen Ergebnissen. So heist es in der Studie ,,Futur Exakt" tiber die Jugendkultu_r in Oranienburg bei Gabriel u.a.: ,,Auch wenn das Vorhaben der 'national befreiten Zonen' nicht grol3r~iumig umgesetzt werden konnte, haben die Versuche ihre Wirkung nicht verfehlt und immerhin zur zeitlich begrenzten Durchsetzung von 'befreiten Zonen' geftihrt. ''42 Schroeder hingegen kommt bei der Darstellung der Forschungsergebnisse der Studie ,,Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland" zu dem Schluss, dass die Behauptung in einigen Regionen ,,existierten 'national befreiten Zonen' (...) nicht nur fiir die vier untersuchten St~idte [Deggendorf, Arnstadt, Neuruppin und Einbeck] tibertrieben ''43 zu sein scheint. Die Existenz von durch Gewalthandeln rechter/rechtsextremer Gesellungen verursachten ,,Angstzonen" wird in keiner der Studien bestritten. Um die verschiedenen Dimensionen yon ,,Angstzonen" zu erfassen, konnten Arbeiten feministischer Wissenschafllerinnen und Praktikerinnen genutzt werden. Diese thematisieren seit Anfang der 1980er Jahre im Zusammenhang mit m~innlicher Gewalt gegen Frauen 39Vgl. Anlaufstelle f~r Opfer rechter Gewalt (Hg): Wenn die Glatzen an der Ecke stehen. Die verborgenen Regeln des 0ffentlichen Raumes, Cottbus 2001; Argumente. Netzwerk antirassistischer Bildung e.V. (Hg.): ... in der Mitte angekommen. Rechtsextremismus und gesellschaftliche Gegenaktivitfiten in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg 2002; Alternative Gruppen Eisenht~ttenstadt (Hg): Recherchebroschiare Eisenh0ttenstadt. Kein Platz fiar Rassismus?, Eisenht~ttenstadt 2001. Insbesondere das in Berlin ansfissige Zentrum Demokratische Kultur verwies seit 1997 in seinen Ver0ffentlichungen auf die Strategiediskussion in rechtsextremen Publikationen und interpretierte eine 0rtliche Dominanzenrechter/rechtsextremerGesellungen als eine Umsetzung dieser Diskussionen. 40 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Die Entwicklung des Rechtsextremismus in Ost- und Westdeutschland im Vergleich, in: Grumke/Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus .... Opladen 2002, S. 29-41, hier S. 35; Bundschuh, Stephan: Aneignungvon R~iumenals rechtsextreme Strategie. 10berdas Konzept der so genannten ,,national befreiten Zonen", in: Pingel, Andrea (Hg.): Sozialraumorientierung und die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in der Jugendarbeit, Halle 2004, S. 10-21. 41Vgl. VS-Bericht Sachsen 1999, Dresden 2000, S. 23; Verfassungsschutz des Landes Brandenburg (Hg): ,,National befreite Zonen" - Kampfparole und Realit~it, Potsdam 2001, http://www.verfassungsschutz-brandenburg.de, ges. 28.08.2001. 42 Gabriel, Ralph/Garstorf, Ingo/Lakeit, Tanja/Wandt, Lisa/Weiyand, David: Futur Exakt. Jugendkultur in Oranienburg zwischen rechtsextremer Gewalt und demokratischem Engagement, Berlin 2004, S. 89. 43 Schroeder, Klaus: Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland. Ein Ost-West-Vergleich, Mtinchen 2003, S. 477.
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verschiedene Komponenten von ,,Angstr~iumen". In den Untersuchungen wurden sowohl 6ffentliche und halbOffentliche Orte von Furcht und Unsicherheit identifiziert, st~idtebauliche und stadtplanerische Aspekte diskutiert, als auch die weiblichen Wahrnehmungen, die zur Definition bestimmter Orte als ,,Angstr~iume" beitragen, analysiert- und ins Verh~iltnis mit realen Bedrohungen gesetzt. 44 Dartiber hinaus erwiesen sich Studien zu Kriminalit~itsfurcht als hilfreich. 45 Repr~isentative Untersuchungen tiber Unsicherheitsgefii_hle im 6ffentlichen st~idtischen Raum weisen aus, dass sich viele BewohnerInnen yon Stadtvierteln abends oder nachts auf den StrafSen ihres Wohngebietes ohne Begleitung unsicher fiJhlen.46 Dies umso mehr in Hochhaussiedlungen, die durch eine dichte Bebauung, hohe Anonymit~it und ein geringes MaB an kommunikativer Infrastruktur (Gastst~itten, Lokale) gepr~igt sind. Neben Hochhaus- und Plattenbausiedlungen sind manche Pl~itze oder Unterffihrungen, oftmals auch Bahnh6fe oder Parkanlagen als Orte anzusehen, an denen PassantInnen sich mit Kriminalit~its~ingsten plagen. 47 Diese Lokalit~iten werden yon feministischen Wissenschaftlerinnen, in der Kriminologie und in Forschungen zu Viktimisierungs~ingsten als ,,Angst"- oder ,,Furchtr~iume''48 bezeichnet. Weder zu der Wahrnehmung rechtsbestimmter ,,Angstzonen" seitens der tats~ichlichen und potenziellen Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt noch zu den individuellen und kollektiven Strategien der betroffenen Personen(gruppen) im Umgang mit diesen Gebieten konnten wissenschaftliche Darstellungen aufgefunden werden. Bei den meisten Studien zu Opfererfahrungen bei Gewa|tdelikten handelt es sich um quantitative Untersuchungen. 49
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44 Vgl. Gensch, Brigitte/Zimmer, Veronika: Gewalt gegen Frauen. Stadtplanerische und bauliche Komponenten der n~ichtlichen Unsicherheit. Arbeitsberichte des Fachbereichs Stadtplanung und Landschaflsplanung, Heft 15, Gesamthochschule Kassel, Kassel 1981; Kail, Eva/KleedOrfer Jutta (Hg.): Wem gehOrt der 6ffentliche Raum? Frauenalltag in der Stadt, Wien/KOln/Weimar 1991; Stadt Heidelberg, Amt for Frauenfragen (Hg.): Angstr~iume in Heidelberg. Das Sicherheitsempfinden von Frauen in ihrer Stadt, Heidelberg 1994; Gebler, Anke/Kr~ige, Kerstin/Wahl, Friederike: AngstR~iume von Frauen in Halle, in: Frei.Ri~ume. Streitschrift derfeministischen Organisationen yon Planerinnen und Architektinnen, Band 8, Bielefeld 1995, S. 99-104; Roller, Franziska: Ein Freigehege gegen Angst in der Stadt?, in: Stadtrat (Hg.): Umktimpfle R~iume, Hamburg/Berlin/GOttingen 1998, S. 23-30. 45 Vgl. u.a.: Kaiser, Giinther/Jehle, JOrg-Martin (Hg.): Kriminologische Opferforschung. Neue Perspektiven und Erkenntnisse, Teilband II: Verbrechensfurcht und Opferwerdung- Individualopfer und Verarbeitung von Opfererfahrungen, Heidelberg 1995, darin: v.a.: Bilsky, Wolfgang/Wetzels, Peter/Mecklenburg, Eberhard/Pfeiffer, Christian: Subjektive Wahrnehmung von Kriminalit~it und Opfererfahrung, S. 73-106. l]berblicksdarstellung: Albrecht, Giinther/Backes, Otto/KOhnel, Wolfgang (Hg.): Gewaltkriminalit~it zwischen Mythos und Realit~it, Frankfurt am Main 2001. 46 Hierbei weisen Frauen deutlich hOhere Prozents~itze als Manner auf. 47 Vgl. Kirchhoff, Gudrun/Kirk, Matthias im Auftrag des Ministeriums fiir Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern: Plattenbausiedlungen in Mecklenburg-Vorpommem, Perspektiven und Probleme der sozialen Entwicklung, Erkner 1998; DOlling, Dieter/Feltes, Thomas/Heinz, Wolfgang/Kury, Helmut (Hg.): Kommunale Kriminalpr~ivention- Analysen und Perspektiven- Ergebnisse der Begleitforschung zu den Pilotprojekten in Baden-Wtirttemberg, Holzkirchen 2004; ROther, Wemer: Zentrale Erkenntnisse der ,,Kriminologischen Regionalanalyse Bonn 1998/99". Zusammenfassung des Krabbe-Abschlussberichts, Bonn 2000, S. 10, unter http://www.mynetcologne.de/-mc-ruethewe/24Zus.pdf, ges. 27.09.2004. 48 Psychologlnnen unterschieden zwischen Angst und Furcht. Wtihrend sich Furcht auf ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Sache richtet, wird Angst als ein ,,unbestimmtes, dumpfes, off grundloses Geftihl des Sichbedroht-Seins" definiert. Vgl. Yovell, Yoram: Der Feind in meinem Zimmer, MOnchen 2004, S. 187. 49 Vgl. Pietsela, Angelika: Straff~illigkeit und Viktimisierung ausl~indischer Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland. Dargestellt am Beispiel der griechischen BevOlkerungsgruppe, Freiburg 1986, S. 413ff; Wetzels, Peter/Greve, Werner/Mecklenburg, Eberhard/Bilsky, Wolfgang/Pfeiffer, Christian: Kriminalitat im Leben alter Menschen. Eine altersvergleichende Untersuchung von Opfererfahrungen, pers0nlichem Sicherheitsgefiihl und Kriminalit~itsfurcht, Stuttgart/Berlin/KOln 1995; Wetzels, Peter: Gewalterfahrungen in der Kindheit. Sexueller Missbrauch, kOrperliche Misshandlung und deren langfristige Konsequenzen, Baden-Baden 1997; Orth, Ulrich:
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Die vorhandenen Arbeiten zu durch rechts(extrem) motivierte Gewalt verursachte Viktimisierungserfahrungen von ethnischen Minderheiten befassen sich mit Ausnahme der Smdien von Strobl und BOttger u.a. 5~ kaum mit der Frage der sozialen Folgen von Opfererfahrungen und es fehlen Smdien, die die BewNtigungsstrategien der bedrohten Personen beschreiben und diese mit dem Verhalten anderer Gruppen in ~ihnlicher Situation vergleichen. Was vorliegt, sind zahlreiche Erfahnmgsberichte zum alltgglichen Rassismus in Deutschland und entsprechenden Reaktionsweisen der Betroffenen 51 und es existiert ein Wissensvorrat bei den mit Betroffenen arbeitenden Initiativen. 52 Eine systematische Auswermng dieser Materialien bzw. zu diesem Zweck durchgefiahrte empirische Erhebungen waren nicht vorhanden. Die Arbeiten zur Traumatisierung von Flachtlingen in Deutschland besch~iftigen sich mit den Folgen erlittener Gewalt in Btirgerkriegen 53, den Folgen von Folterungen 54 oder dem Umgang deutscher Beh6rden mit diesen Opfem 55 und k6nnen im Kontext von rechtsdominierten Orten und dort stattfindenden ,,Raumverboten" nicht herangezogen werden.
1.3 Empirische Basis und Methode(n) der Untersuchung
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Ftir die Untersuchung wurden zahlreiche Methoden der qualitativen Sozialforschung genutzt. Dabei l~isst sich das Vorgehen in zwei B16cke unterteilen. Zum einen verlangte das Thema eine umfassende Dokumentenanalyse, zum anderen wurden ftir die Lokalstudien neben Feldbeobachtungen sowohl offene Einzel- und Gruppengespr~iche als auch themenzentrierte Leitfadeninterviews durchgeftihrt, um Informationen tiber das 6ffentliche Auttre-
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Strafgerechtigkeit und Bew~iltigung krimineller Viktimisierung. Eine Untersuchung zu den Folgen des Strafverfahrens bei Opfern von Gewalttaten, Trier 2000. 5o Vgl. Strobl, Rainer: Soziale Folgen der Opfererfahrungen ethnischer Minderheiten, Baden-Baden 1998; B6ttger, Andreas/Lobermeier, Olaf/Strobl, Rainer: Verunsicherung und Vertrauensverlust bei Minderheiten durch stellvertretende und kollektive Viktimisierungen, in: Journalfftr Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 29-48; BOttger, Andreas/Lobermeier, Olaf/Strobl, Rainer/Bartels, Pamela/Kiepke, Michaela/Lipinska, Katarzyna/Rothmann, Anne: Opfer rechtsextremer Gewalt. Projektbericht zur Zwischenbegutachtung. Projekt 15 im Forschungsverbund ,,Desintegrationsprozesse- Stfirkung von Integrationspotenzialen einer modemen Gesellschaft", Hannover 2003, unter http://www.arpos.de/download/fb 1.pdf, ges. 17.12.2004. 5~ Vgl. Beckmann, Herbert (Hg.): Angegriffen und bedroht in Deutschland. Selbstzeugnisse, Berichte, Analysen, Weinheim 1993; Antirassismusbiiro Bremen (Hg.): ,,Sie behandeln uns wie Tiere". Rassismus bei Polizei und Justiz in Deutschland, G6ttingen 1997; Schiitze, Dorothea: ,,Ich hatte kein Kleingeld..." Erfahrungen mit alltfiglichem Rassismus in Darmstadt, Darmstadt 1996; Bergmann, Werner: Rassistische Vorurteile, in: Bundeszentrale f't~r politische Bildung (Hg): Vorurteile - Stereotype - Feindbilder, Informationen zur politischen Bildung 271, Bonn 2001, S. 24-28. 52 Siehe hierzu verschiedene VerOffentlichungen der Beratungsstellen fiir Opfer rechtsextremer Gewalt. Zu nennen w~ren exemplarisch die Jahrbt~cher des Brandenburger Vereins ,,Opferperspektive", abrufbar unter http://www.opferperspektive.de/Materialien/Publikationen/, ges. 22.05.2005. 53 Vgl. Froese, Marlies W./Volpp-Teuscher, Ina (Hg.): Krieg, Geschlecht und Traumatisierung: Erfahrungen und Reflexionen in der Arbeit mit traumatisierten Frauen in Kriegs- und Krisengebieten, Frankfurt am Main 1999; Medico International (Hg.): Die Gewalt iaberleben: Psychosoziale Arbeit im Kontext von Krieg, Diktatur und Armut, Frankfurt am Main 2001. 54 Vgl. Graessner, Sepp/Gurris, Norbert/Pross, Christian: Folter: An der Seite der l)berlebenden. Untersttitzung und Therapien. Eine VerOffentlichung des Behandlungszentrums fiar Folteropfer, Berlin/Mfinchen 1996. 55 Vgl. Lucas, Torsten/MOller, BirgiffHeckl, Ulrike: Therapeutlnnen, Fliachtlinge und Abschiebung. Zur Funktion und Problematik yon Begutachtungen beziiglich Traumatisierung und Reisefahigkeit, in: Zeitschriftfar Politische Psychologie, Heft 1/2000, S. 397-412.
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ten rechter/rechtsextremer Gesellungen und tiber die Orte, die in diesem Zusammenhang als ,,Angstzonen" bezeichnet wurden, zu gewinnen.
1.3.1 Auswahl der Untersuchungsorte
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Die Untersuchungsorte Gardelegen, Guben, Halle-Neustadt und Magdeburg-Olvenstedt wurden nach den Kriterien des Vorhandenseins einer losen und organisierten rechten/rechtsextremen Szene mit eigener Infrasmakmr wie z.B. rechtsextremen Zeitschriften, Gesch~iften mit einschl~igigen Angeboten oder einer RechtsRock-Szene, der Nachvollziehbarkeit rechtsextremer Strukturen und gesellschaftlicher Gegenbewegungen ~ r die letzten Jahre und den M6glichkeiten des Feldzugangs ausgew~ihlt. Die vier Untersuchungsorte waren allesamt vonder medialen Berichterstattung als ,,Angstzone" oder ,,national befreite Zone" identifiziert worden und hatten in der in der Vergangenheit durch zum Teil tiberregional wahrgenommene rechts(extrem) motivierte Vorf'~ille und Gewalttaten von sich reden gemacht. Die Annaherung an die Untersuchungsgebiete erfolgte anhand von Ver6ffentlichungen der Landes~imter ffir Verfassungsschutz, von Anfragen zum Thema Rechtsextremismus im sachsen-anhaltinischen Landtag, der Dokumentationsarbeit regionaler und tiberregionaler zivilgesellschaftlicher Beobachtungsgruppen, regionalen rechtsextremen Publikationen und von Presseberichten. 56 Darstellungen, die Informationen zu den relevanten rechtsextremen Organisationen, Publikationen, Vertrieben und Ladengesch~iften und den HauptakteurInnen rechtsextremer Aktivit~iten enthalten, wurden erarbeitet. Dokumentationen zu 121bergriffen mit vermutetem oder tats~ichlichem rechts(extrem) motivierten Hintergrund sind darin ebenso enthalten wie verffigbare Sozialdaten oder auch zur Historie der jeweiligen Gebiete. Die ftir jeden Ort erarbeiteten ,,Dossiers" umfassen zwischen 50 und 110 Seiten. Auf eine Darstellung der Sozialdaten und der Stadt- bzw. Stadtteilgeschichte wurde verzichtet, da zwischen der sozialen Zusammensetzung der Bev61kerung in den Untersuchungsorten, der historischen Entwicklung der Untersuchungsorte und der Existenz von ,,Angstzonen" kein Zusammenhang herzustellen war. Eine hohe Erwerbslosenquote oder ein starker Bev61kemngsrackgang war in allen vier St~idten zu verzeichnen und geh6rt zur sozialen Realit~it vieler ostdeutscher Stadte.
1.3.2 Schriffiiche Quellen
Der Medienkarriere der Termini ,,Angstzone" und ,,national befreite Zone" wurde zun~ichst anhand zweier tiberregionaler Tageszeitungen (Frankfurter Allgemeine Zeitung; Frankfurter Rundschau) nachgegangen. Die Artikel aus diesen beiden Tageszeitungen, wie auch die aus anderen Tages-/Wochenzeitungen) wurden u.a. tiber das Genios-Archiv mittels einer Volltextsuche nach den Wortkombinationen ,,national befreite Zone", ,,national befreite Zonen", ,,national befreiter Zone", ,,national befreiter Zonen", ,,national befreiten Zone", ,,national befreiten Zonen", ,,Angstzone/n" recherchiert und dann in eine Datenbank (File56 Nur selten fand sich in der medialen Berichterstattung eine Benennung des Stadtviertels, in dem eine rechts(extrem) motivierteGewalttatstattfand.
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Maker) eingelesen. Entlang der Leitkategorien ,,wer, wann, was, wie, wo, warum" wurden sie einer inhaltlichen Analyse unterzogen. So gelang es nicht nur Thematisierungswellen sondern auch Thematisierungsinhalte und deren Konjunkturen zu identifizieren. 57 Die strategische Debatte um ,,national befreite Zonen" innerhalb der rechtsextremen Szene wurde durch eine Auswertung einschl~igiger tiberregionaler und regionaler Druckerzeugnisse aus dem parteif'6rmig und dem bewegungsf'Ormig organisierten Spektrum mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse rekonstruiert. Dabei ging es um das Nachvollziehen der zentralen Deutungsmuster, die mit dem ,,Framing-Konzept" erfasst wurden. Frames gelten als Deutungsrahmen, die die Interpretation eines Ereignisses oder eines Themas leiten. 58 Dieser analytische Fokus ermOglichte es, die zentralen Interpretationsschemata (,,Frames") in der rechtsextremen Argumentation zum Sinn und Zweck ,,national befreiter Zonen" festzustellen und die Einordnung und W a h m e h m u n g von Sachverhalten aus der Perspektive rechtsextremer Autoren aufzuzeigen. Um die m6gliche gegenseitige Beeinflussung der Begriffsausdeumngen in der Qualit~itspresse und den Ver6ffentlichungen der rechtsextremen Szene nachzuvollziehen, vm_rden die zentralen Inhalte und die Thematisierungsverl~iufe in den jeweiligen Mediengruppen kontrastiert. Die groge Menge schrifflichen Quellenmaterials - Zeim_ngsmeldungen, antifaschistische Informationsbl~itter, Landtagsanfragen 59 u s w . - konnte mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse entlang des Schwerpunktes: ,,Problematisierung von gewaltf6rmig durchgesetzten Zugangskontrollen im Zusammenhang mit einer rechtsextremen Strategiediskussion" bew~iltigt werden. Sie wurden entlang der zentralen forschungsleitenden Fragestellungen ausgewertet (siehe Punkt 1.2.). Die gesichteten Landtagsanfragen und deren Beantwortung thematisierten vorrangig die Anzahl wahrgenommener Aktivit~iten rechtsextremer Gmppierungen. So wurden im sachsen-anhaltinischen Landtag regelm~iBig Anfragen zu Erkennmissen der Beh6rden tiber stattgefundene RechtsRock-Konzerte oder andere Veranstaltungen, zur Anzahl und Qualit~it rechts(extrem) motivierter Straftaten oder zu Art und Umfang rechtsextremer Publikationen gestellt. Stattfindende Zugangskontrollen an
57 Die Entstehung der medialen Thematisierung rechtsdominierter Orte, die G~nde f~r Aufmerksamkeitsschwankungen und der Zusammenhang zwischen der H~iufigkeit/Art der Berichterstattung und der gesellschaftlichen Diskussion wurden nicht be~cksichtigt, obgleich sie ein wichtiger Bestandteil der Medienforschung sind. Vgl. Dernbach, Beatrice: Themen der Publizistik - Wie entsteht die Agenda Offentlicher Kommunikation?, in: Publizistik, Heft 1/2000, S. 38-50, hier S. 38f. 58 Vgl. Pan, Zhongdang/Kosicki, Gerald M.: Framing Analysis: An Approach to News Discourse, in: Political Communication, Nr. 10 (1993), S. 55-75; Hellmann, Kai-Uwe: Paradigmen der Bewegungsforschung. Forschungs- und Erkl~irungsansfitze. Ein Uberblick, in: ders./Koopmans (Hg.): Paradigmen der Bewegungsforschung .... Opladen 1998, S. 9-30, hier S. 14, 20-22; Neidhardt, Friedhelm/Eilders, Christiane/Pfetsch, Barbara: Die Stimme der Medien im politischen Prozess: Themen und Meinungen in Pressekommentaren. Ver6ffentlichungsreihe der Abteilung Offentlichkeit und soziale Bewegungen des Forschungsschwerpunktes Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse des Wissenschaftszentrums Berlin f~r Sozialforschung, FS III 98-106, Berlin 1998, S. 7ff. Zum Framing-Konzept zusammenfassend: Kliment, Tibor: Durch Dramatisierung zum Protest? Theoretische Grundlegung und empirischer Ertrag des Framing-Konzepts, in: Hellmann/Koopmans (Hg.): Paradigmen der Bewegungsforschung.... Opladen 1998, S. 69-89. 59 Es erfolgte u.a. eine Durchsicht von 105 Anfragen zum Thema Rechtsextremismus im sachsen-anhaltinischen Landtag ab der zweiten Legislaturperiode (1994) bis Ende 2004 und aller bislang vorhandenen Ver6ffentlichungen der Zeitschriften Antifaschistisches Infoblatt, Der Rechte Rand, Blick nach Rechts und einiger regional erscheinender antifaschistischer Informationsschriften bis Ende 2004. Dar~ber hinaus wurden regelmfiBig neben den Homepages der jeweiligen Regionalzeitungen die Pressemitteilungen der Polizeidirektionen in den Untersuchungsregionen virtuell ,,besucht".
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tiffentlich zug~inglichen Orten durch rechte/rechtsextreme Gesellungen als Umsetzung einer Strategie wurden nicht thematisiert. Antifaschistische Informationsschriften gaben wertvolle Hinweise zur organisatorischen Verfasstheit rechtsextremer Gruppierungen und ihrer (Gewalt)Aktivit~iten in den Untersuchungsst~idten und deren Umgebung, blieben aber in einer Bewertung der strategischen Qualitgt rechtsextremen Handelns im Zusammenhang mit ,,national beffeiten Zonen" inkonsistent.
1.3.3 Leitfadenges~tzte Interviews
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In den Untersuchungsr~iumen wurden standardisierte, leitfadengesttitzte themenzentrierte Expertlnnen-Interviews und Gespr~iche mit Vertreterlnnen aller Gruppen durchgeftihrt, von denen angenommen wurde, dass sie am Zustandekommen von ,,Angstzonen" beteiligt bzw. davon betroffenen sind. Der Begriff ,,Experte" bzw. ,,Expertin" bezeichnet nach Meuser/Nagel sowohl Interviewpartnerlnnen, die aufgrund ihrer Ausbildung hohe Sachkompetenzen aufweisen, als auch Personen, die diesen Status ,,in gewisser Weise vom Forscher verliehen" bekamen, ,,begrenzt auf eine spezifische Fragestellung. ''6~ Die Akteursgruppen unterteilten sich in tats~ichliche und potenzielle Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt, Sozialarbeiterlnnen, rechte/rechtsextreme Jugendliche und junge Erwachsene, Vertreterlnnen der Kommunen, staatliche Organe (Polizei, Staatsschutz) und Mitglieder regionaler zivilgesellschaftlicher Gruppen. Die Interviews wurden entweder in den Wohnr~iumen der Befragten, auf deren Arbeitsstelle und in einigen wenigen F~illen an ,,neutralen" Orten, also eigens ~ r die Interviews bereitgestellten R~iumen auBerhalb der allt~iglichen Aufenthaltsgebiete der Befragten durchgefahrt. Mit einigen Befragten wurden zus~itzlich Telefonate gefiihrt. Sowohl die Gruppe der befragten Opfer 6~ wie auch eine territorial agierende rechte/rechtsextreme Szene, die Fachreferate bei Staatsschutz und Polizei, die Besetzung von lokalen Polizeiwachen und von Streetwork-Stellen wiesen in den Untersuchungsorten einen geringen Frauenanteil auf. W~ihrend diese Felder sehr maskulin gepr~igt sind, konnte im Bereich der Sozialarbeit in Jugendeinrichtungen und der Arbeit in zivilgesellschaftlichen Initiativen ein h6herer Frauenanteil konstatiert werden. Etwa ein Drittel aller Befragten war weiblich. 62 Es wurde die Formen eines themenzentrierten Leitfadeninterviews bzw. eines problemzentrierten Gespr~ichs gew~ihlt, das Momente der Offenheit und der Strukturierung verkntipft, da der oder die Befragte auf bestimmte Themen bezogen dem eigenen Erz~ihlstrang folgen kann, aber immanente Rtickfragen und vom Leitfaden her n6tige, externe Frageimpulse eine thematische Steuelnang erlauben. Rein narrative Interviews h~itten
60 Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: Expertlnneninterviews - vielfach erprobt, wenig bedacht, in: Garz, Detlef/Kraimer, Klaus (Hg.): Qualitativ-empirische Sozialforschung: Konzepte, Methoden, Analysen, Opladen 1991, S. 441-471, hier S. 443. Vgl. auch Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: Expertenwissen und Experteninterviews, in: Hitzler, Ronald/Honer, Anne/Maeder, Christopf (Hg.): Expertenwissen. Die instrumentalisierte Kompetenz zur Konstruktion von Wirklichkeit, Opladen 1994, S.180-192. 61 Einige Mitarbeiterlnnen von zivilgesellschafilichen Gruppen (folgend NGO abgekiarzt) und einige Sozialarbeiterlnnen haben persOnliche Erfahrungen mit einer Viktimisierung durch rechte/rechtsextreme Triter gemacht. 62 Die Zitate aus den Interviews wurden anonymisiert. Wenn es die Darstellung zulieB wurde die Orts- und/oder die Gruppenzugeh0rigkeit angegeben. Es wurde darauf geachtet, dass in den jeweiligen Kapiteln Interviewte aus allen Untersuchungsorten zu Wort kommen.
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die angestrebte Einengung des Interviewthemas unm6glich gemacht. 63 Es handelt sich hier um eine gebrguchliche Gespr~ichstechnik in der qualitativen Sozialforschung, die es den Befragten erm/Sglicht, eigene Situationsinterpretationen und Deutungsmuster zu formulieren, bei gleichzeitiger Steuerung der Interviews und Gespr~iche entlang der far die Untersuchung als wesentlich betrachteten Themen. Durch Notizen, die w~ihrend der Interviews angefertigt wurden, konnten unmittelbar kl~irende Verst~indnisfragen bei ausweichenden oder sich widersprechenden Angaben gestellt werden, um so eine Detaillierung der Sichtweisen der Befragten zu f~Srdem.64 Eine prinzipielle Vergleichbarkeit der erhobenen mtindlichen Daten ist somit gegeben. Der Interviewleitfaden orientierte sich an den unter Punkt A 1 dargestellten Fragestellungen und umfasste rand 3 5 Items. Berticksichtigt wurde dabei die Unterschiedlichkeit der Akteursgruppen, d.h. neben den zum Grol3teil ~ r alle sechs Gruppen identischen Fragestellungen wurden jeweils gruppenspezifische Fragen entwickelt. Dartiber hinaus wurden zu einzelnen Themen ,,Kontrollffagen" eingebaut, um die jeweils unterschiedlichen Perspektiven der Befragten kontrastieren zu k6nnen. So wurden z.B. Polizeibeamte 65 nach ihrem Umgang mit Opfem rechts(extrem) motivierter Gewalt befragt und umgekehrt diese zu ihren Wahrnehmungen und Erfahrungen im Umgang mit der Polizei, z.B. bei der Anzeigestellung. Die Kontaktaufnahme zu den Interview- und Gespr~ichspartnerlnnen erfolgte tiber eine direkte, pers6nliche Anffage bei den den Gruppenkriterien entsprechenden Personen, tiber die Vermittlung durch vorgesetzte Dienststellen und nach dem Prinzip des ,,Snowball-Sampling", nach dem angefragte Personen weitere Interviewparmerlnnen vermittelten. Bis Mitte 2005 wurden insgesamt 71 Gespr~iche und Interviews unterschiedlicher L~inge (zwischen 30 Minuten und zwei Smnden) mit 56 Personen gefahrt. Hierbei kam es zu Oberschneidungen der Akteurs- und Ortsgruppen, da einzelne Interviewte z.B. neben ihrer ehrenamtlichen bzw. beruflichen T~itigkeit zugleich Opfer rechts(extrem) motivierter Angriffe geworden waren und einige Interview- und Gespr~ichspartnerlnnen far mehrere Untersuchungsgebiete Ausktinfte geben konnten. Angesichts der hohen Zahl anfallender Interviews in vier Untersuchungsorten war eine Gewichtung n6tig, so dass in zwei St~idten eine hi,here Anzahl von Interviews realisiert wurden, w~ihrend in den beiden anderen auf der Basis der bereits gewonnenen Erkenntnisse eine kleinere Anzahl zielgenauer Interviews mit Schltisselpersonen durchge~hrt wurden. Hinzu kam, dass im Rahmen des vom Bundesministerium far Bildung und Forschung gef6rderten Forschungsverbundes ,,Desintegrationsprozesse- Integrationspotenziale moderner Gesellschaften ''66, in dessen Kontext die vorliegende Untersuchung stattfand, aus 63 Vgl. B6ttger, Andreas: Gewalt und Biographie. Eine qualitative Analyse rekonstruierter Lebensgeschichten yon I00 Jugendlichen, Baden-Baden 1998; ders: Das rekonstruktive Interview. Methodologischer Hintergrund, methodische Konzeption und MOglichkeiten der computergesttitzten qualitativen Auswertung, in: Bolscho, Dietmar/Michelsen, Gerd (Hg.): Methoden der Umweltbildungsforschung, Opladen 1999, S. 63-78. 64 Vgl. Witzel, Andreas: Das problemzentrierte Interview (26 Abs~itze), in: Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research (On-line JournaO, 1(1), 2000, hier Abs. 17, unter http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/1-00/1-00witzel-d.htm, ges. 02.11.2004; ders.: Auswertung problemzentrierter Interviews. Grundlagen und Erfahrungen, in: B6ttger, Andreas/Strobl, Rainer (Hg.): Wahre Geschichten? Zu Theorie und Praxis qualitativer Interviews, Baden-Baden 1996, S. 49-76. 65 Aus der Gruppe Polizei und Staatsschutz wurden nur Mfinner befragt. 66 Der Forschungsverbund wurde von 2002 bis 2005 vom Bundesministerium far Bildung und Forschung (BMFB) gefOrdert. Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer vom Institut far Interdisziplin~ire Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universit~t Bielefeld leitete den Verbund. Zum Forschungsverbund siehe http://www.sozialedesintegration.de.
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forschungs6konomischen Grtinden l)berschneidungen von Untersuchungsorten und Untersuchungsgruppen vorgesehen waren. In zwei St~idten war es deshalb rn/Sglich, auf paraphrasierte oder transkribierte Interviewpassagen mit Jugendlichen, Asylsuchenden und rechten/rechtsextremen Akteuren zurOckzugreifen. Zitate aus diesen Interviews sind gesondert gekennzeichnet. Fast alle Interview- und Gespr~ichsparmerInnen standen bis zum Abschluss des Projektes f~r Erg~inzungs- und Nachfragen zur Verftigung. Die Interviews liegen in w6rtlich transkribierten Fassungen vor und sind nach einer Aufbereimng in das Computerprogramm MaXqDa eingelesen worden. In Anlehnung a n S c h m i d t 67 wurden nach der Auseinandersetzung mit dem erhobenen Material Auswertungskategorien entworfen und s~imtliche Texte entlang eines nach einem ersten Codierdurchlauf tiberarbeiteten Codierleitfadens vergleichend ausgewertet und interpretiert.
1.3.4 Feldbeobachttmgen und Feldaufenthalte
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Es fanden Feldaufenthalte staR, um die als ,,Angstzonen" definiel~en Orte aufzusuchen und um dort tats~ichlich stattfindende Aktionen und Interaktionen zu erfassen. Im Rahmen mehrerer verdeckter, nicht-teilnehmender Feldbeobachtungen 68 wurden Beobachtungsprotokolle angefertigt. Aspekte der ,,Geschlechtsspezifik der Feldarbeit ''69 wurden berticksichtigt. Die im Freien stattfindenden, abendlichen Feldbeobachtungen kennzeichneten sich an einigen als dauerhafter zu bezeichnenden 6ffentlichen Treffpunkten rechter/rechtsextremer Gesellungen dadurch, dass sich - wenn tiberhaupt jemand - auBer den rechten/rechtsextremen'Gesellungen kaum noch PassantInnen dort bewegten, geschweige denn niederlieBen. L~inger andauernde unauffiillige Beobachtungen an rechtsdominierten 6ffentlichen Treffpunkten liefSen sich nur eingeschr~inkt durchftihren. Eine Anwesenheit beispielsweise auf oder an Tankstellen oder Spiel- und Fugballpl~itzen tiber ein gewisses ZeitmaB hinaus, ohne Begleitung eines Sportteams, eines Kindes oder eines Autos, w~ire sehr auffiillig gewesen. Ein mehr als kurzzeitiger Aufenthalt auf in unmittelbarer N~ihe gelegenen Wiesen oder B~inken war nicht angezeigt, zumal hier in den Abendstunden sonst niernand verweilte und ein l~ingerer Aufenthalt zu ungewtinschten Kontaktaufnahmen rnit oftmals alkoholisierten Gruppen junger M~inner fiahrten. Trotzdem konnten aussagekr~iftige Daten erhoben werden, da dieses Manko dadurch behoben wurde, dass die visuelle Datenerhebung an 6ffentlich zug~inglichen Orte auf mehrere ktirzere Zeitr~iume am gleichen Tag und tiber mehrere Tage hinweg stattfanden und eine Triangulation von Feldbeobachtungen 67Schmidt, Christiane: ,,Am Material": AuswertungstechnikenfiarLeitfadeninterviews, in: Friebertshtiuser,Barbara/Prengel, Annedore (Hg.): Handbuch qualitativer Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft, Weinheim/M~inchen 1997, S. 554-568; dies.: Analyse von Leitfadeninterviews, in: Flick, Uwe/Kardorff, Ernst von/Steinke, Ines (Hg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, Reinbeck bei Hamburg 2000, S. 447-456. 68Vgl. Flick, Uwe: Qualitative Forschung: Theorie, Methode, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften, Reinbek bei Hamburg 2000, S. 152-157; Lfiders, Christian: Beobachten im Feld und Ethnographie, in: Flick/Kardorff/Steinke (Hg.): Qualitative Forschung .... Reinbek bei Hamburg 2000, S. 384-401; Girtler, Roland: Methoden der Feldforschung, Wien/KOln/Weimar2002, S. 59ff; Sch~ne, Helmar: Die teilnehmende Beobachtung als Datenerhebungsmethode in der Politikwissenschaft. Methodologischer Werkstattbericht. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum Social Research (On-line Journal), 4 (2), 2003, unter http://www.qualitativeresearch.net.fqs-texte/2-O3/2-O3schoene-d.htm, ges. 04.06.2003. 69Flick: Qualitative Forschung: Theorie .... Reinbek bei Hamburg 2000, S. 156.
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mit anderen Datenquellen (Interviews, Gespr~iche, Dokumente) erfolgte. Zu rechtsdominierten Lokalit~iten gehOrten auch private Orte, die nicht direkt beobachtbar waren. Informationen dartiber wurden tiber Expertlnnen-Interviews und tiber die Auswertung der regionalen rechtsextremen Publikationen erhoben. Um dem Ph~inomen lediglich vortibergehend genutzter Treffpunkte wie Pl~itze, Lokale, Jugendzentren oder periodisch beobachtbare Aktivit~iten - die sich zudem verlagern k6nnen - gerecht zu werden, fand in diesen F~illen eine Rekonstruktion tiber Interviews und schriftliche Materialien statt.
1.4 Probleme der Untersuchung 1.4.1
Gespr~ichsbereitschaft rechter/rechtsextremer Akteure
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Die Kontaktaufnahme zu rechten/rechtsextremen Akteuren erwies sich als problematisch. Ein Grol3teil der bis Ende der 1990er Jahre aktiven Rechtsextremisten hatte entweder die Ortschaften verlassen, war inhaftiert oder nahm von 6ffentlich sichtbaren rechten/rechtsextremen Aktivit~iten Abstand. Kader rechtsextremer Organisationen oder Wahlparteien sollten nicht befragt werden, da Personen mit fester parteipolitischer Einbindung, langj~ihriger Szenezugeh6rigkeit oder einer N~ihe zu militanten Gruppen als zu ,,geschult" galten, um ein propagandaffeies Interview zu Nhren. Die Gespr~ichsbereitschaft der angefragten rechten/rechtsextremen Personen war zur Zeit der Untersuchung nicht nur gegentiber Presse und Wissenschaft, sondem ebenso gegentiber SozialarbeiterInnen und PolizistInnen ~iuBerst gering. 7~ In einigen St~idten war die Gespr~ichsbindung an die rechtsextreme Jugendszene brachig bis nicht mehr vorhanden.
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,,Es hat sich dahingehend, ja verandert, dass man also gihm, weniger diese Gespriichsbereitschafi zu uns herstellt, dass diese, ich sag's mal, ich nenn's mal diese Vertrauensbasis, class man eigentlich doch vorher so ein bisschen mehr Vertrauen hatte. Das fehlt offensichtlich. Also man erz~ihlt uns weniger, man hat Angst, dass bestimmte Informationen, die man aus den Gesprdchen heraus uns iibermittelt, dass wir daraus bestimmte RiickschlfJsse ziehen und darauf hin auch Leuten dann in der Szene selber als (...) Anscheifler dastehen. Also es wird auch in der Szene darauf hingewirkt, nichts zu sagen. Das sind lnterna und die gehen keinen was an. ,,71
Erschwerend far das Vorhaben erwies sich, dass w~ihrend des Untersuchungszeitraumes unter dem Eindruck der Enttamung von Informanten des Verfassungsschutzes w~ihrend und 70 Vgl. Bleig, Karin/MOller, Kurt/Peltz, Comelius/Rosenbaum, Dennis/Sonnenberg, Imke: Distanz(ierung) durch Integration. Neue konzeptionelle Grundlagen far aufsuchende Arbeit mit rechtsextrem bzw. menschenfeindlich orientierten Jugendlichen, in: neue praxis. Zeitschrift fftr Sozialarbeit, Sozialpdidagogik und Sozialpolitik, Heft 6/2004, S. 569-590, hier S. 570; Schroeder: Rechtsextremismus.... Mt~nchen2003, S. 455; Albrecht, Peter-Georg: Aggressivitat und (Selbst-) Isolation: Forschungen zu Schattenseitenjugendlicher Cliquen im Offentlichen Raum, in: Deutscher Berufsverband far Soziale Arbeit (DBSH) e.V./Hochschule Magdeburg-Stendal (Hg.): Forschung der Sozialen Arbeit. Dialog zwischen Forschung und Praxis, Magdeburg 2005, S. 94-115, hier S. 108f; Simon, Titus unter Mitarbeit von Susa Flacke, Christian Haas, Karina Piichner: Ergebnisse der Evaluation der Jugendsozialarbeit im Land Sachsen-Anhalt, in: Simon, Titus (Hg.): Jugendsozialarbeit in Sachsen-Anhalt. Empirische Befunde und weitergehende Expertisen, Magdeburg 2006, S. 18-109, hier S. 54. 7~Probleme, Int. 1, Pos. 53 (Polizeiapparat, im Folgenden Pol.).
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nach dem NPD-Verbotsverfahren bzw. einer Enttarnung im nicht-parteif'drmig organisierten Spektrum der extremen Rechten in einem der Untersuchungsorte sich die Gespr~ichsbereitschaft bei aktiven Mitgliedem der rechten/rechtsextremen Szene auBerordentlich in Grenzen hielt. In rechtsextxemen Schriften wurden w~ihrend dieser Zeit zudem Aufforderungen publiziert, sich der Kontaktaufnahme mit MitarbeiterInnen des Verfassungsschutzes, der Presse, der Wissenschatt und der Polizei zu verweigem, v2 Ein zu seiner Interviewbereitschaft befragter Szeneg~inger aus einem der Untersuchungsorte begrandete seine Ablehnung damit, dass er sich nicht ,,aushorchen" lassen wolle und zeigte keine Bereitschaft zu einer Vermittlung anderer Personen aus seinem Bekanntenkreis. In einem anderen Untersuchungsgebiet warnten Experten aus dem Bereich Polizei unter Hinweis auf eine Eigengef~ihrdung davor, an Treffpunkten der rechten/rechtsextremen Szene nach InterviewparmerInnen suchen zu wollen. Um gef~ihrliche Simationen im Feld 73 zu vermeiden wurde hier davon abgesehen, rechte/rechtsextreme Akteure pers6nlich an diesen Orten anzusprechen.
1.4.2 Quantitative Daten zu rechts(extrem) motivierter Gewalt
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Um feststellen zu k6nnen, ob die Definition von bestimmten Gebieten als ,,Angstzonen" mit dem AusmaB rechts(extrem) motivierter Gewaltdelikte oder sogenannter Propagandavergehen an diesen Orten im Zusammenhang steht, wurden zu Untersuchungsbeginn im Sommer/Herbst 2002 bei den zust~indigen Staatsschutzstellen der Kriminalpolizei die polizeilichen Statistiken der zur Kenntnis gelangten fremdenfeindlichen und rechts(extrem) motivierten Straftaten einschlieBlich der Propagandadelikte ab 1991 angefragt. Es wurde davon ausgegangen, dass die Streuung der benannten Tatorte einen Aufschluss dartiber ergeben wiirde, inwieweit die Einordnung bestimmter Gegenden als ,,Angstzonen" mit deren Belastung an rechts(extrem) motivierter Kriminalit~it korreliert. In einem Anschreiben an die zust~indigen PolizeibehOrden, Landeskriminal~imter und Innenministerien wurde der Inhalt des Forschungsprojektes erl~iutert und um eine Zurverfagungstellung der notwendigen statistischen Daten gebeten" ,,Von besonderem Interesse sind neben sog. ,,Propagandadelikten" Gewalttaten, bei denen die jeweiligen T~iter aus einer Gruppe heraus handelten und die Gewalttaten in 6ffentlichen R~iumen (Jugendclubs, FuBg~ingerzonen, Tankstellen, Bahnhofspl~itze, Badestellen, Gastst~itten, etc.) und/oder im Vorfeld/Anschluss an Veranstaltungen mit rechtsextremen Hintergrund (Konzerte, Aufm~irsche, Sonnenwendfeiern, Versammlungen, HeB-Todestag etc.) stattfanden. Der Untersuchungszeitraum betr~igt die Jahre ab 1991. Falls m6glich, w~ire eine Aufstellung der Straften nach Stadtvierteln (...) eine bedeutende Arbeitserleichterung ffir die Untersuchung, da sich dar-
72 Vgl. N.N.: ,,Ausstiegshilfe Rechtsextremismus", in: Nachrichten der HNG, Nr. 267, Juni 2003, S. 14; N.N.: Neuigkeiten, in: Nationaler Beobachter- Informationsblatt fiir die Region Halle-Saalkreis (NB-Halle), Nr. 02/2002, S. 2; N.N.: Dokumentation zum Thema Geheimdienste und politische Polizei: Erfolgreich wehren gegen Anquasselei und Bespitzelung, in: NB-Halle, Nr. 08/2002, S. 8-12; N.N.: Kontakt mit uns, in: NB-Halle, Nr. 6/2003, S. 12. 73 Lee, Raymond M.: Dangerous Fieldwork, London, New Delhi 1995; Lee-Treweek, Gera|dine/Linkogle, Stephanie: Danger in Field. Risk and Ethics in Social Research, London/New York 2000.
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aus (...) stadtteilbezogene Brennpunkte ergeben k6nnen. ''74 Leider war es in keinem der vier Untersuchungsorte m6glich, die gewianschten Daten im erhofften Umfang zu erhalten. 75 In zwei F~illen musste zudem auf eine ,,Nachbesserung" gedr~ingt werden, da in den anfangs tibermittelten Statistiken sogar in den Landesverfassungsschutzberichten aufgeftihrte Strafund Gewalttaten f e h l t e n - bzw. far einen Untersuchungsort mitgeteilt wurde, es h~itte zwischen 1991 und 2001 keinen einzigen rechtsextremistischen Vorfall gegeben. Die Oberprfifung der monierten Daten dauerte rund eineinhalb Jahre. 76 Die Antr~ige auf Einsicht in die Straftatenstatistiken hatten eine Bearbeitungszeit zwischen acht und 22 Monate und es bedurfte mehrerer telefonischer und schriftlicher Nachfragen sowie einer pers6nlichen Vorsprache bei dem for die Bearbeimng des Anliegens zust~indigen Sachbearbeiter des betreffenden Innenministeriums. Ftir Halle und Guben wurden letztlich Zahlen aus den Jahren 1998 bis 2002 tibermittelt und ftir Gardelegen aus den Jahren 1994 bis 2003. Ftir die beiden Kleinst~idte wurden keine Angaben tiber die Tatorte mitgeteilt. Ftir Magdeburg konnten die erfragen Daten ftir die Jahre 2000 bis zum ersten Quartal 200377 erhalten werden, da ,,eine differenzierte Erhebung von statistischen Angaben zu Deliktart, Tatzeiten und -orten und Anzahl der T~iter bzw. Tatverd~ichtigen (...) erst ab dem Jahr 2000 m6glich (ist), da vor dieser Zeit keine derartige statistische Erfassung erfolgte. (...) Einer Erhebung dieser Fakten k6nnte nur durch Sichtung der Originalvorg~inge erfolgen, was hinsichtlich des Zeitund Arbeitsaufwandes schwer umsetzbar ist. ''78 Aufgrund der unvollst~indigen Daten war es n i c h t - wie g e p l a n t - m6glich, tiber einen Zeitraum von einem Jahrzehnt hinweg anhand von Kriminalit~itsstatistiken die Entwicklung von rechts(extrem) motivierten Straftaten in bestimmten Stadtvierteln nachzuvollziehen.
1.5 Quellenkritische Anmerkung zu polizeilichen Statistiken und anderen Dokumentationen rechts(extrem) motivierten Gewalthandelns
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W~ihrend die polizeilichen Erfassungsdaten zu rechts(extrem) motivierter Gewalt ausschlieglich dem Kriminalit~its-Hellfeld entstammten, musste sowohl far Medienberichte als auch ftir die Dokumentationschronologien zivilgesellschaftlicher Gruppen festgestellt wer-
Auszug aus dem Anschreiben an die Innenministerien der Liinder Sachsen-Anhalt und Brandenburg und die zustiindigen Landeskriminaliimter. 75 Einzig for den urspriinglich geplanten, sp~iter fallen gelassenen Untersuchungsort Leipzig wurde innerhalb von vier Wochen eine vollstiindige Auflistung von rechts(extrem) motivierten Straftaten nebst Tatorten, Tatzeitpunkten, Anzahl der beteiligten Tilter, Anzahl und Nationalit~it der Geschlidigten sowie dem vermuteten Tathintergrund von 1991-2001 nebst einer DatenerHiuterung zugesandt. (Die Anfrage vom 11.09.2002 wurde am 14.10.2002 beantwortet.) 76 Schreiben des zustlindigen Landeskriminalamtes von Mai 2004: ,,Sehr geehrte Frau D0ring, die Ihnen vor geraumer Zeit (Brief vom 04.10.2002) iibermittelte Aussage, dass es im Untersuchungsraum XX im fraglichen Zeitraum keinerlei rechtsextremistische Propagandadelikte bzw. Gewaltstraftaten gegeben habe, war bedauerlicherweise falsch. Daftir bitte ich um Entschuldigung." 77Eine Auflistung von Vorf~illen ftir den Zeitraum 2003 bis Oktober 2005, eingegangen Ende 2005, erhielt leider nur eine Gesamtauflistung der Tatorte und -zeiten von rechts- und links(extrem) motivierten Delikten, ohne die jeweiligen Taten einer der beiden Richtungen zuzuordnen. 78Schreiben der Polizeidirektion Magdeburg, Mai 2003. 74
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den, dass eine Vermischung aus Hell- und Dunkelfeldangaben 79 g~ingig war (zur Dunkelfeldproblematik siehe auch Kapitel D 1.1). So tauchten viele medial oder anderweitig protokollierte und als fremdenfeindlich bzw. rechts(extrem) motiviert bezeichnete Vorf~ille in den zug~inglichen polizeilichen Daten nicht auf. Die Bewertungskriterien far fremdenfeindliche bzw. rechts(extrem) motivierte Straftaten innerhalb der medialen Berichterstattung, die Z~ihlweisen von Beratungsstellen ~ r Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt und die Modalitgten polizeilichen Erfassung divergieren in erheblichem MaBe. So z~ihlen die Beratungsstellen auch Bedrohungen und N6tigungen, die sich gegen eine bestimmte Bev61kerungsgruppe richten. Diese wtirden laut des Brandenburger Vereins ,,Opferperspektive" in den Polizeistatistiken nicht erfasst. 8~ Unterschiedliche Deutungs- und Bewermngsmuster von Presse, Opferberatungen und Polizeibeht~rden haben zur Folge, dass S a c h v e r h a l t e beispielsweise Ktirperverletzungen mit ausl~indischen oder der linken Szene zugeordneten O p f e r n - verschieden beurteilt werden, das heil3t, auch angezeigte Vorf~ille werden nicht zwingend als rechts(extrem) motivierte Strattaten erfasst. ,,Die Polizei verweist immer darauf, dass wir von Angriffen erfahren, die bei der Polizei erst gar nicht angezeigt werden ''81, meinte ein Mitarbeiter des Vereins ,,Opferperspektive", tats~ichlich seien aber im Jahr 2005 in Brandenburg nur ftinf der bei der Beramngsstelle registrierten 13bergriffe nicht angezeigt worden. Diese tauchten zum Teil jedoch nicht in den polizeilichen Statistiken der politisch motivierten Kriminalit~it auf. Als Paradebeispiel unterschiedlicher Bewermngskriterien gilt ein Ende 2000 vom Berliner Tagesspiegel und der Frankfurter Rundschau herausgegebener Sonderdruck ,,Sie starben, weil sie anders aussahen, anders dachten, anders lebten ''82, in dem von 93 Todesopfern rechtsextremer Gewalt seit der Wiedervereinigung berichtet wurde. Demgegentiber standen 39 v o n d e r Bundesregierung registrierte Todesopfer rechtsextremer Gewalt. W~ihrend Medien in ihrer Berichterstattung tiber rechts(extrem) motivierte Gewaltstraftaten eher selten strafrechtlich relevante Kriterien anlegen und dartiber hinaus Gewalttaten einen hohen Nachrichtenwert haben, stehen bei der polizeilichen Bewermng von Straftaten Kategorisierungen nach dem Strafgesetzbuch, individuelle Einsch~itzungen des aufnehmenden Beamten bzw. der aufnehmenden Beamtin oder Opportunit~itsg~nde im Vordergrund. 83 79 Dunkelfeld/Dunkelziffer: die (geschatzte) Zahl derjenigen tatsachlich begangenen Straftaten, die, weil sie als solche nicht erkannt, nicht ermittelt oder nicht zur Anzeige gebracht werden, statistisch nicht erfasst werden kOnnen. Vgl. Schwind, Hans-Dieter: Kriminologie. Eine Praxisorientierte Ein~hrung mit Beispielen, Heidelberg 2004, S. 31. 80 Vgl. Oschlies, Renate: SPD-Politiker Edathy: Straftaten stiegen drastisch, in: Berlmer Zeitung 26.04.2006: ,,'Wir zahlen auch massive Bedrohungen und NOtigung mit, die sich gegen eine bestimmte Bev01kerungsgruppe richten', sagte Wendel. Die blieben in den Polizeistatistiken auBen vor, ebenso wie Uberfalle auf Imbissst~nde von Ausltindem. Wahrend der Verfassungsschutz die Besch~idigung oder Zerst/Srung der St~inde als rechtsextreme Gewalttat z~ihle,'registriert die Polizei sie nur als solche bei einem Brandanschlag', sagte Wendel." In der im April 2006 verOffentlichen Pressefassung des Nieders~chsischen Verfassungsschutzberichtes sind bundesweit registrierte rechts(extrem) motivierte Nt~tigungen, Bedrohungen und Sachbesch~idigungen verzeichnet. Vgl. Nieders~chsisches Ministerium fiar Inneres und Sport (Hg.): Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2005 Pressefassung, Hannover 2005, S. 9. 81Zitiert nach Oschlies: SPD-Politiker Edathy: .... in: Berliner Zeitung 26.04.2006. 82Vgl. N.N.: Rechtsextremistische Gewalt in Deutschland. Sie starben, weil sie anders aussahen, anders dachten, anders lebten. Eine Bilanz der vergangenen zehn Jahre, in: Frankfurter Rundschau und Tagesspiegel 14.09.2000. Siehe auch: N.N.: 97 Todesopferrechter Gewalt, in: FrankfurterRundschau und Tagesspiege105.10.2001. 83 Vgl. Bundesministerium des Innern (BMI)/Bundesministerium der Justiz (BMJ) (Hg.): Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, S. 266.
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Offizielle Zahlen fiber die Quantit~it an begangenen Straftaten sind tiber die ,,Polizeiliche Kriminalittitsstatistik" (PKS) zu erhalten. Es handelt sich um eine Ausgangsstatistik. Diese registriert die von der Polizei bearbeiteten Straftaten einschliel31ich der mit Strafe bedrohten Versuche, deren polizeiliche Bearbeitung abgeschlossen ist und die an die Staatsanwaltschaft zur Einleimng einer weiteren (gerichtlichen) Verfolgung abgegeben wurde. Die PKS gibt Auskunft tiber die Tatverd~ichtigen (Alter, Geschlecht, Nationalit~it, vorgeworfene Straftat) und macht Angaben tiber die Opfer von Straftaten. Erfassungsgrundlage der PKS sind die vom Gesetzgeber verabschiedeten, im Strafgesetzbuch niedergeschriebenen Gesetze und deren Tatbestandsdefmitionen. Gesondert aufge~hrt werden Straftaten mit politiseh motiviertem Hintergrund. Bis zum Jahr 2001 wurden Daten zu Straftaten mit vermuteten rechtsextremistischen, antisemitischen oder fremdenfeindlichem Hintergrund beim ,,Kriminalpolizeilichen Meldedienst- Staatsschutz" (KPMD-S) gesammelt. Hier wurde, anders als bei der PKS, eine Eingangsstatistik gefiJhrt, d.h. aufgenommen wurden alle vonder Polizei er6ffneten Ermittlungsverfahren, unabh~ingig davon, ob sie tats~ichlich abgeschlossen werden konnten oder ob sie im Rahrnen der weiteren polizeilichen Ermittlungen anders klassifiziert wurden. Aus dieser Statistik flossen diejenigen Delikte in eine bei den Landeskriminal~imtem gefiahrte ,,Polizeiliche Kriminalit~itsstatistik- Staatsschutz" (PKS-S) ein, bei denen eine (rechts)extremistische Motivation der T~iter eindeutig erkennbar oder nach Wtirdigung der Gesamtumstiinde zu vermuten war, also wenn die Straftat mit dem Ziel der Systemtiberwindung begangen wurde oder einer politischen Gruppe zuzurechnen war, deren Zielsetzung in einer Systemtiberwindung bestand. Die PKS-S war ebenfalls eine Ausgangsstatistik. Viele Delikte, die zuvor vom ,,Kriminalpolizeilichen MeldedienstStaatsschutz" (KPMD-S) erfasst wurden, waren wegen der am Extremismusbegriff orientierten Bewertung in der PKS-S nicht aufgeffihrt. 84 Die am Extremismusbegriff orientierte Bewertung und Erfassung von Straftaten ~hrte zu einer uneinheitlichen Bewertung und somit zu Erfassungsdefiziten, da sie in hohem MaBe vonder Erfassungspraxis der L~inderpolizeien abhing. Einige Landeskriminal~imter subsumierten unter Rechtsextremismus auch Tatmotivationen ohne Systemtiberwindungscharakter, andere hingegen tibten sich in einer zurtickhaltenden Bewertungspraxis. 85 Im ,,Ersten Periodischen S icherheitsbericht" der Bundesministerien des Innern und der Justiz wird kritisch darauf hingewiesen, dass gleich gelagerte Delikte ,,von Polizeidienststelle zu Polizeidienststelle, von Bundesland zu Bundesland jeweils unterschiedlich kategorisiert werden, weil die entsprechenden Zuordnungskriterien zu ungenau sind und keine einheitliche Handhabung gew~ihxleisten. ''86 Um Erfassungsdefizite zu umgehen, beschloss die ,,St~indige Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der L~inder" (IMK) im Mai 2001 rtickwirkend zum 1. Januar 2001 die Einftihrung eines neuen Definitionssystems zur ,,Politisch motivierten Kriminalit~it" (PMK). Gleichzeitig wurde ein neuer ,,Kriminalpolizeilicher MeldedienstPolitisch motivierte Kriminalit~it" (KPMD-PMK) geschaffen, dessen Richtlinien ~ r alle Bundesl~der verbindlich sind. Ein extremistisches Motiv, also das Ziel der Aul3erkraftsetzung oder Abschaffung eines Elementes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung 84Zur Problematik der statistischen Erfassung von rechtsextrem und fremdenfeindlich motivierten Straftaten vgl. BMI/BMJ (Hg.): ErsterPeriodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, S. 265-271. 85 Vgl. Singer, Jens Peter: Erfassung politisch motivierter Kriminalitlit, in: Kriminalistik, Heft 1/2004, S. 32-37, hier S. 33. 86BMI~MJ (Hg.): ErsterPeriodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, S. 266.
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(Extremismus) muss nicht mehr nachgewiesen werden. Nach den neuen Erfassungskriterien werden nun Straftaten mitgerechnet, bei denen die Tatumst~inde oder die Einstellung des T~iters darauf schlief3en lassen, erfasst, die darauf schliel3en lassen, ,,dass sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, gegen eine Person gerichtet sind, wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalit~it, Volkszugeh6rigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres ~iul3eren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht, bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. ''87 Das Definitionssystem der PMK wirkt sich auch auf die in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der L~inder- einer weiteren Datenquelle zu rechts(extrem) motivierten (Gewalt)Straftaten - enthaltenen Zahlentibersichten aus. Hier wird die Gesamtsumme der politisch motivierten Straftaten ausgewiesen, in den weiteren, detaillierten AusRihrungen wird sich nur noch auf die Teilmenge der extremistischen Kriminalit~it bezogen. Ein Vergleich der statistischen Angaben tiber die ~ r die Untersuchung relevanten Gewaltdelikte und hier insbesondere der K0rperverletzung mit denen der Jahre vor 2001, ist aufgrund der Umstellung und der unterschiedlichen Erfassungsgrundlagen nur eingeschr~inkt m0glich. 88 Zum einen hat sich ab 2001 die Palette der als Gewalttaten gewerteten Delikte erweitert 89 und zum anderen ver~derte sich die Z~ihlweise bestimmter Delikte. Zwar gait bereits vor 2001 der Grundsatz, jede ausgefdhrte und jede versuchte Stra~at nur einmal zu erfassen, doch hiel3 es noch im Jahr 2000: ,,Sind zum Beispiel w~ihrend eines Landfriedensbruchs zugleich K6rperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. ''9~ Ab 2001 ist es genau umgekehrt 91, so dass eine Verringerung oder Erh0hung der Fallzahl bei bestimmten Delikten auf ver~inderte Bewertungskriterien z u r t i c k g e ~ werden k6nnte. Darfiber hinaus wird die ,,einfache" K0rperverletzung nun bei der Z~ihlung von K6rperverletzungen miterfasst, aber nicht gesondert ausgewiesen. Ftir die Jahre nach 2000 ist eine Vergleichbarkeit der Verfassungsschutz-Statistiken zu politisch rechtsmotivierter sowie zu rechtsextremer Kriminalit~it aufgrund der nun einheitlich geregelten Erfassungssystematik m6glich, fraglich bleibt jedoch, ob die Feststellung der politischen Tatmotivation in der Praxis von den Polizeibeamtlnnen vor Ort hinreichend pr~izise aufgenommen werden kann. ,,Selbst wenn die aufnehmenden Beamten sich um ein H0chstmaf5 an objektiver Betrachtungsweise be87Kubink, Michael: Fremdenfeindliche Straftaten- ein neuer Versuch der polizeilichen Registrierung und kriminalpolitischen Problembew~iltigung, in: Monatsschrift fiir Kriminologie und Strafrechtsreform, Heft 5/2002, S. 325-340, hier S. 336, zitiert nach: Kleffner, Heike/Holzberger Mark: War da was? Reform der polizeilichen Erfassung rechter Straftaten, in: Biirgerrechte & Polizei- Cilip, Heft 1/2004, S. 56-64, hier S. 57. Vgl. Bundesministerium des Innern (Hg.): VS-BerichtBund, Berlin 2002, S. 35. 88Vgl. VS-BerichtBund 2001, Berlin 2002, S. 35. 89 Zu den ,,Gewalttaten" geh6rten bis 2000: T6tungsdelikte, versuchte T6tungsdelikte, schwere und gefahrliche K6rperverletzungen, Brandstiftungen, Herbei~hren einer Sprengstoffexplosion, Landfriedensbruch. Nach dem ,,Katalog der politisch motivierten Gewaltdelikte nach StGB" werden ab 2001 auch die Delikte Gefahrliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffs- und Stral3enverkehr,Freiheitsberaubung, Raub, Erpressung, Widerstandsdelikte, die einfache K6rperverletzungund Sexualdeliktezu den Gewaltdeliktengerechnet. 90VS-Bericht Bund 2000, Berlin 2001, S. 30. 9~VS-Bericht Bund 2001, Berlin 2002, S. 37: ,,Ist zum Beispiel w~ihrendeines Landfriedensbruchs zugleich eine KOrperverletzung begangen worden, so erscheint nur die KOrperverletzungals das Delikt mit der h6heren Strafandrohung in der Statistik."
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mtihen, bleibt die Bewertung und Katalogisierung der Tatmotive schwierig ''92, so dass die Erfassungs"ungenauigkeiten" bei der polizeilichen Bewertung und Registrierung rechts(extrem) motivierter Straftaten trotz der bundeseinheitlichen Erfassungsrichtlinien nach wie vor nicht g ~ z l i c h tiberwunden sein dOrften. Die Aussagekraft der PKS wie die der Statistiken zur PMK ist generell umstritten, werden in ihnen nur die den Ermittlungsbeh6rden zur Kenntnis gelangten Straftaten, das sog. Hellfeld, und Angaben tiber Tatverd~ichtige registriert. Ob und welche Delikte der Polizei bekannt werden, h~ingt u.a. von der Anzeigebereitschaft der Gesch~idigten oder der Tatzeugen und der Deliktart ab. Lediglich zwei bis zehn Prozent aller strafbaren Vorf~ille werden durch die Polizei selbst entdeckt. 93 Mit einer Ver~inderung der Anzeigenbereitschaft steigt oder sinkt also die Anzahl der erfassten Delikte. So k6nnen Thematisierungsschtibe ,,infolge spektakul~irer Ereignisse oder politischer Debatten und intensiver Berichterstattung in den Medien tiber bestimmte Deliktarten und T~itergruppen (...),,94 genauso zu einem Ansteigen der registrierten Straftaten ~hren wie ein erhOhter Verfolgungsdruck seitens der Polizei. A u f die groge Rolle einer 6ffentlichen Thematisierung von rechts(motivierten) Straftaten verweist auch die Arbeit von Brosius und Esser 95 zum Zusammenhang zwischen der Intensit~it der Berichterstattung fiber fremdenfeindliche Gewalttaten und der Zahl der nachfolgenden Gewaltdelikte und eine Regionalstudie von Kubink 96 zur polizeilichen Registrierungspraxis bei fremdenfeindlichen Straftaten in K61n und Wuppertal ffir die Zeit nach dem Brandanschlag in Solingen 1993. Birkel vermutet, dass der Anstieg der registrierten Gewalttaten nicht nur auf einer Realentwicklung durch Nachahmungstaten beruhen kOnne, sondem auch auf einer erh6hten Anzeigenbereitschaft. Ihm erscheint die Annahme plausibel, dass zu Zeiten 6ffentlicher Sensibilit~it ,,die Toleranz der Bev61kemng gegentiber solchen Delikten tempor~ir ab- und die Anzeigebereitschaft ''97 zunimmt. Freilich bleiben solche Vermumngen spekulativ, da es in Deutschland bislang an Untersuchungen auf Bundesebene fehlt, die Aussagen tiber ein Steigen der Anzeigebereitschaft aufgrund einer erhOhten Sensibilit~it gegentiber rechtsmotivierten K6rperverletzungsdelikten und anderer strafrechtlich relevanten Delikten erlauben. 98 Bei Ver~inderungen in den Strattatstatistiken spielen nicht nur das Anzeigeverhalten yon Betroffenen und Zeuglnnen von Straftaten eine Rolle. Neben Strafrechtsandemngen und Jkndemngen bei den Erfassungsrichtlinien kommen Ver~indemngen in der Registrie-
92Singer: Erfassung politisch motivierter Kriminalit~it, in: Kriminalistik, Heft 1/2004, S. 32-37, hier S. 35. 93 Vgl. Lehne, Wemer: Zu den Konstruktionsprinzipien der polizeilichen Kriminalit~itsstatistik am Beispiel der Jugendkriminalit~it, in: Breyvogel, Wilfried (Hg.): Stadt, Jugendkulturen und Kriminalit~it, Bonn 1998, S. 153-171; hier S. 157; Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 31. Schwind geht yon zwei bis ftinf Prozent aus. 94 Birkel, Christoph: Die polizeiliche Kriminalstatistik und ihre Alternativen. Datenquellen zur Entwicklung der Gewaltkriminalit~it in der Bundesrepublik Deutschland, in: Der Hallesche Graureiher 2003-1, Halle 2003, S. 31. 95Vgl. Brosius, Hans-Bemd/Esser, Frank: Eskalation durch Berichterstattung? Massenmedien und fremdenfeindliche Gewalt, Essen 1995. 96Vgl. Kubink, Michael: Fremdenfeindliche Straftaten: polizeiliche Registrierung und justizielle Erledigung - am Beispiel KOlnund Wuppertal, Berlin 1997. 97 Birkel: Die polizeiliche Kriminalstatistik .... in: Der Hallesche Graureiher 2003-1, Halle 2003, S. 31. Einen Hinweis zur steigenden Anzeigebereitschaft aufgrund zunehmender Sensibilisierung der Bev61kerung gibt auch Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 28f. 98Vgl. Birkel: Die polizeiliche Kriminalstatistik .... in: Der Hallesche Graureiher 2003-1, Halle 2003, S. 36ff.
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rungspraxis der Polizei in Betracht. 99 Der Polizei, die den gr013ten Teil gestellter Anzeigen entgegennimmt, kommt oftmals eine so genannte ,,Gatekeeperfunktion" zu, denn es sind vor allem Polizeibeamte- und beamtinnen, die darfiber entscheiden, ob eine Strafverfolgung aufgenommen und damit das angezeigte Delikt registriert wird oder nicht, l~176 Eine niedrige Bereitschafi, Anzeigen aufzunehmen, wird unter anderem bei Parmerschaftskonflikten konstatiert und bei einer geringen, meist durch den sozialen Status bestimmten ,,Respektabilit~it" der Anzeigeerstattenden. 1~
1.6 Begriffskliirungen 1.6.1
,,National befreite Zone" und ,,Angstzone"
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Um ,,Angstzonen" analytisch von dem Begriff ,,national befreite Zonen" abgrenzen zu kSnnen, wurde mit folgenden Unterscheidungskriterien gearbeitet: Unter der Bezeichnung ,,Angstzonen" sind Territorien zu verstehen, in d e n e n - wenigstens zu bestimmten Zeiten rechte/rechtsextreme Gruppen durch ihren Habitus, ihr Auttreten und ihre konkreten Verhaltensweisen versuchen, mr andere Gruppen eine Zugangs- und Aufenthaltskontrolle zu praktizieren und eine exklusive Nutzung ffir die Eigengruppe durchzusetzen. Durch die Demonstration von tats~ichlicher oder vermeintlicher Ordnungskompetenz ,,auf der Stral3e" wird der 6ffentliche Raum zeitweise oder dauerhaft in Zonen der Exklusion verwandelt. Nicht allen Personen ist es gestattet, sich ungef~ihrdet an solchen Orten zu bewegen. Der Begriff ,,Angstzone" iabemimmt die Perspektive derjenigen, die mit unterschiedlichen, oftmals gewaltt~itigen Zugangsverweigerungspraktiken konfrontiert sind. So weit sich das demonstrative Revierverhalten auf die Ausschluss- und Kontrollfunktion unter dem exklusiven Aspekt des Gebietsgewinns beschr~inkt, wird von ,,Angstzonen" gesprochen. Davon unterschieden werden ,,national befreite Zonen", die als Gebiet innerhalb eines Staates verstanden werden, in denen das staatliche Gewaltmonopol auger Kraft gesetzt ist und in denen das 0ffentliche Leben weitgehend durch autonome Strukturen bestimmt ist. 1~
99Vgl. Maron, Thomas: ErhOhte Wachsamkeit. Die Polizeistatistik verr~it viel dariaber, welchen Delikten 6ffentliche Aufmerksamkeit gilt, in: Frankfurter Rundschau 11.06.2005; Lehne: Zu den Konstruktionsprinzipien der polizeilichen Kriminalitatsstatistik .... in: Breyvogel (Hg.): Stadt, Jugendkulturen .... Bonn 1998, S. 153-171; Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 19-22. Zusammenfassend vgl. Birkel: Die polizeiliche Kriminalstatistik .... in: Der Hallesche Graureiher 2003-1, Halle 2003, S. 4-53. ~ooVgl. Strobl: Soziale Folgen .... Baden-Baden 1998, S. 22. ~o~Vgl. Birkel: Die polizeiliche Kriminalstatistik .... in: Der Hallesche Graureiher 2003-1, Halle 2003, S. 38f. Die Bereitschafl zu Anzeigenannahme steigt mit der Schwere des Delikts und ist hOher bei Offizialdelikten oder wenn ein finanzieller Schaden entstanden ist. ~o2Zu dieser begrifflichen Unterscheidung vgl. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (Hg.): ,,National befreite Zonen" ..., Potsdam 2001, S. 6, unter http://www.verfassungsschutz-brandenburg.de ges. 16.03.2001 und Bundesamt for Verfassungsschutz (Hg.): Entwicklungen im Rechtsextremismus in den neuen Bundeslandem, Stand Januar 1999, o.O., S. 25.
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1.6.2
Rechtsextremismus, rechte/rechtsextreme Szene und Gesellungen
Rechtsextremismus
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Obgleich die Begriffe ,,Rechtsextremismus" und ,,rechtsextrem" amorph und schillemd 1~ sind, werden beide bei der Analyse der Medienkarriere von ,,national befreiten Zonen" verwendet, da sich der Terminus auf eine Diskussion bezieht, die im Zusammenhang mit einem im organisierten Rechtsextremismus diskutierten Konzept politischen Agierens steht. Die Begriffsverwendung erfolgt, obwohl in der Wissenschaft bislang wenig Einigkeit dartiber existiert, was genau unter dem Begriff ,,Rechtsextremismus" zu fassen ist. Zu unterschiedlich und binnendifferenziert ist die Begriffsverwendung innerhalb der sogenannten Rechtsextremismusforschung. TM So kann er als Sammelbezeichnung gesehen werden, der verschiedene Ph~inomene zusammenfasst. Kowalsky und Schr~der stellten fest, dass nicht nur Organisationen, Parteien, Medien, Aktivit~iten, Einstellungs- und Handlungsmuster mit dem Begriff gebtindelt werden, sondem auch eine Reihe von konkurrierenden Begriffiichkeiten wie Rechtsradikalismus, Neo-Nazismus, Neo-Faschismus, Rechts- und Nationalpopulismus oder sowohl eine Alte wie eine Neue Rechte in Gebrauch sind. ~~ Nach einer Analyse diverser Rechtsextremismusstudien machte Druwe darauf aufmerksam, dass die Rechtsextremismusforschung ohne einheitliche Bezeichnungen und Bedeutungen arbeitet. Er fand elf unterschiedliche Ausdrticke, die mit 42 verschiedenen Bedeutungen versehen waren. Allein den Termini ,,rechtsextrem" und ,,Rechtsextremismus" wurden 37 verschiedene Bedeumngsdimensionen zugeordnet. TM Mudde, der die Begriffsbestimmung von ,,Rechtsextremismus" in der internationalen Literatur sichtete, identifizierte 26 Gegenstandsbezeichnungen mit insgesamt 58 unterschiedlichen Definitionsmerkmalen. 1~ Zu unterscheiden ist bei der Definition von Rechtsextremismus auch zwischen der Beschreibung yon Einstellungen, die als Indikatoren ftir eine rechtsextreme Grundhalmng gelten und konkreten Handlungen auf Akteursebene, also der Praxis, denen eine rechtsextreme Motivation zugrunde liegt. Einstellungen sind in der Regel dem Verhalten vorgelagert und gelten als notwendige Voraussetzung ftir eine rechtsextreme Praxis. ~~ Ein 1o3 Vgl. Winkler, Jt~rgen R.: Rechtsextremismus. Gegenstand - Erklarungsanstitze - Grundprobleme, in: Schubarth, Wilfried/StOss, Richard (Hg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz, Bonn 2000, S. 38-68, hier S. 39. ~o4 Vgl. Birzer, Markus: Rechtsextremismus - Definitionsmerkmale und Erklarungsanstitze, in: Mecklenburg (Hg.): Handbuch ..., Berlin 1996, S. 72-83, hier S. 72-76; Fr6chling, Helmut: Die ideologischen Grundlagen des Rechtsextremismus, in: Mecklenburg (Hg.): Handbuch .... Berlin 1996, S. 84-123; StOss, Richard: Forschungsund Erklfirungsans~tze- ein Oberblick, in: Kowalsky/Schroeder (Hg.): Rechtsextremismus. Ein~hrung .... Opladen 1994, S. 23-66; Merten, Roland/Otto, Hans-Uwe: Rechtsradikale Gewalt im vereinigten Deutschland, in: dies. (Hg.): Rechtsradikale Gewalt .... Bonn 1993, S. 13-33, hier S. 17ff. ~o5 Vgl. Kowalsky, Wolfgang/Schroeder, Wolfgang: Rechtsextremismus- Begriff, Methode, Analyse, in: dies. (Hg.): Rechtsextremismus. Ein~hrung .... Opladen 1994, S. 7-20, hier S. 9. ~o6Vgl. Druwe, Ulrich (unter Mitarbeit von Susanne Mantino): ,,Rechtsextremismus". Methodologische Bemerkungen zu einem politikwissenschaftlichen Begriff, in: Falter, Jiargen W./Jaschke, Hans-Gerd/Winkler, Jfirgen R. (Hg.): Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven der Forschung, Politische Viertelj'ahresschrift, Sonderheft 2/1996, Opladen 1996, S. 66-80, hier S. 73ff. ~o7Vgl. Mudde, Cas: The War of Words Defining the Extreme Right Party Family, in: West European Politics, Nr. 19 (1996), S. 225-248, nach Backes, Uwe: ,,Rechtsextremismus" - Konzeptionen und Kontroversen, in: ders. (Hg.): Rechtsextreme Ideologien in Geschichte und Gegenwart, KOln/Weimar/Wien 2003, S. 15-52, hier S. 19. ~o8Vgl. St0ss, Richard: Rechtsextremismus im Wandel, Berlin 2005, S. 25.
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Gesellung und Szene
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Einvemehmen dartiber, wie rechtsextreme Einstellungen und Handlungen zu definieren sind besteht freilich nicht. So versteht Jaschke unter Rechtsextremismus ,,die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen, organisiert oder nicht, die v o n d e r rassisch oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach ethnischer Homogenit~it von V61ker verlangen und das Gleichheitsgebot der MenschenrechtsDeklarationen ablehnen, die den Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum betonen, v o n d e r Unterordnung des Btirgers unter die Staatsr~ison ausgehen und die den Wertepluralismus einer liberalen Demokratie ablehnen und die Demokratisierung rtickg~ingig machen wollen. ''1~ St6ss verweist darauf, dass in der Regel von einem mehrdimensionalen Einstellungsmuster ausgegangen werden muss, das sich mindestens aus folgenden Bestandteilen zusammensetzt: ,,Autoritarismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Amtisemitismus und pronazistische, den Nationalsozialismus verherrlichende oder wenigstens doch verharmlosende Einstellungen ''ll~ bzw. aus Nationalismus, Ethnozentrismus, Sozialdarwinismus, Antisemitismus, Pro-Nazismus, Beftirwortung von Rechts-Diktamr und Sexismus. Unter rechtsextremer Praxis fasst er sowohl Protest und Provokation, das Wahlverhalten, die Partizipation oder Mitgliedschaff an/bei rechtsextremen Gruppierungen sowie die Austibung von Gewalt und Terror. ~1~ Schroeder hingegen unterscheidet zwischen rechtsextremistischen und anti-/nichtzivilen Einstellungen und geht damit tiber die g~ingigen Muster der Rechtsextremismusdefinitionen hinaus. 112
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Im zweiten und dritten Teil der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe rechte/rechtsextreme Szene und Gesellung oder auch rechte/rechtsextreme Akteure synonym verwendet. Rechte/rechtsextreme Szene wird als Sammelbegriff ftir rechte Cliquen und andere Gesellungsformen bis hin zu rechtsextremen Kameradschaften sowie far differenzierte Segmente eines Konglomerats aus verschiedenen organisatorischen Auspr~igungen innerhalb der extremen Rechten verstanden. Der Begriff Szene erm6glicht, sowohl mehr oder weniger formlose Zusammenschltisse bis hin zu klar strukturierten Gruppierungen begriffiich zu fassen. Es ist gmnds~itzlich schwierig, zwischen informellen (Cliquen, Gesellungen) und organisierten politischen Gruppierungen (Kameradschaften, rechtsextreme Vereine oder Parteien) zu unterscheiden. Eine trennscharfe Abgrenzung ist kaum m6glich, da bisweilen einzelne Akteure mehreren Gesellungen oder Gruppierungen angeh6ren und ~o9Jaschke, Hans-Gerd: Rechtsextremismusund Fremdenfeindlichkeit, Wiesbaden 2001, S. 30. l~OStOss, Richard: Rechtsextremismusim vereinten Deutschland, Berlin 2000, S. 20-26. ~ Vgl. StOss: Rechtsextremismus .... Berlin 2005, S. 25; Niedermayer, Oskar/StOss, Richard: Rechtsextreme Einstellungen in Berlin und Brandenburg. Handout zur Pressekonferenz, Berlin, M~irz2005, S. 2f. Diese Definition yon rechtsextremer Praxis wurde u.a. iibemommen in der Studie von Br~ihler, Elmar/Decker, Oliver unter Mitarbeit von Norman GeiBler: Vom Rand zur MiRe. Rechtsextreme Einstellungen und ihre Einflussfaktoren in Deutschland, Berlin 2006, S. 11. 112Schroeder: Rechtsextremismus .... Mtinchen 2003. S. 251-255. Die Determinanten der von ihm verwendeten Rechtsextremismusskala umfassen: Nationalismus, Antisemitismus, Biologismus, Ausl~inderfeindlichkeit, Antiparlamentarismus und ein NS-nahes Geschichtsbild. Die Skala for anti-/nichtzivile Einstellungen beinhalten: Gewaltbereitschaft, Devianzbereitschaft, Intoleranz/Verantwortungslosigkeit, Autoritarismus und Antiindividualismus/Gemeinschaftspathos.
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informelle Zusammenschltisse oftmals Bertihrungen mit Kameradschatten und parteif6rmigen Organisationen haben. 1i3 Im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand- rechtsdominierte Orte und ,,Angstzonen" - stand der Nachweis einer Einbettung der Handlungstr~iger in eine tibergeordnete Bewegung oder Organisation nicht im Kern des Interesses. Es ging vielmehr um lokale Akteure und Akteursgruppen sowie deren Artikulationsformen im Kontext von Ortsbesetzungen. Die verbindende Klammer dieser unterschiedlichen Gesellungsformen bzw. konstitutives Element einer Szene liegt, so Hitzler u.a., ,,im sozial approbierten Wissen von den 'richtigen' Verhaltensweisen, Attributierungen, Codes, Symbolen, Ritualen, Einstellungen, Wissensbest~inden, Relevanzen, Kompetenzen usw. (...),,~14 Die Begriffe ,,rechts/rechtsextrem", ,,Szene" oder ,,Gesellung" sind auch als Hilfsbegriffe zu verstehen, da die verschiedenen Interviewparmerlnnen die Akteure von Ortsbesetzungen, bzw. diejenigen, die durch ein dominantes Auftreten an bestimmten Orten von nicht-rechten Personen als potenzielle Bedrohung far andere angesehen werden, als ,,Faschos", ,,rechte Cliquen", ,,fremdenfeindlich orientierte Jugendliche", ,,Rechtsextremisten", ,,Kameradschaft", ,,rechte Szene" oder als ,,Nazis" bezeichneten. Obwohl das Referenzobjekt nicht klar eingegrenzt oder definiert wird, ist das verbindende Element der verschiedenen Bezeichnungen, dass die entsprechenden Akteure von (potenziellen) Opfem rechts(extrem) motivierter Gewalt, von Sozialarbeiterlnnen, von zivilgesellschaftlichen Gruppen und von der Polizei als ,,irgendwie" rechts(extrem) und gewaltaffin wahrgenommen werden und mittels gewaltf6rmiger Handlungen eine exklusive Ortsnutzung durchzusetzen verm6gen. Im Rahmen der Fragestellungen der Untersuchung erschien es nicht als relevant, ob rechte/rechtsextreme Akteure von Ortsbesetzungen nun tiber ein geschlossenes rechtsextremes Einstellungsmuster und ein entsprechendes Umsetzungsrepertoire verftigen, ob sie einige Fragmente davon teilen, ob sie ein Systemtiberwindungsinteresse artikulieren oder ob sie aus fremdenfeindlicher Motivation heraus handeln. Entscheidend war, dass ihr Auftreten an bestimmten Orten von anderen als bedrohlich empfunden wurde und Auswirkungen auf deren Bewegungsradius hare.
1.6.3 Nicht-rechte Jugendliche
Der Begriff ,,nicht-rechte" Jugendliche und junge Erwachsene bezieht sich auf eine sehr heterogene Gruppe und meint Personen, die aufgrund ihrer jugendkulturellen Orientierung (Skaterlnnen, Grufties, Punks, Hip-Hopperlnnen, ,,Bunte", Alternative), aber auch wegen ihres Engagements oder ihrer wahrnehmbaren Abgrenzung gegen Umtriebe einer rech1~3Vgl. Antifaschistisches Redaktionskollektiv(Hg.): Wurzen. Das Ende faschistischer Zentren, wie wir sie kennen, Leipzig 1996;Antifaschistische Aktion (Hg.): Kein sch6ner Land. Nazis und rechte Aktivitfiten in der s~ichsischen Schweiz, Pirna 2004; Argumente. Netzwerk antirassistischer Bildung e.V. (Hg.): Spezialit~ten aus Mittelfranken. Ein Uberblick fiber rechte und rechtsextreme Strukturen, Berlin/FOrth 2003. Heitmeyer weist ebenfalls auf zahlreiche Varianten von Gesellungen, subkulturellen Zusammenschliissen und organisierten Gruppen hin. Vgl. Heitmeyer, Wilhelm: Sozialr~iumliche Machtversuche des ostdeutschen Rechtsextremismus, in: Kalb, Peter E./Sitte, Karin~etry, Christian (Hg.): Rechtsextremistische Jugendliche - was tun?, Weinheim/Basel 1999, S. 47-79. 1~4Gebhardt, Winfried/Hitzler, Ronald/Pfadenhauer, Michaela: Einleitung, in: dies. (Hg.): Events. Soziologie des Augergew6hnlichen, Opladen 2000, S. 9-13, hier S. 12.
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ten/rechtsextremen Szene einer rechts(extrem) motivierter Gewalt(bedrohung) ausgesetzt waren. Diese Formulierung umfasst all jene, die wegen ihres Bekleidungsstils oder wegen ihrer tats~ichlichen oder von den T~itern vermuteten politischen Einstellung als ,,Feinde" angesehen werden.
1 . 6 . 4 0 p f e r rechts(extrem) motivierter Gewalt In dieser Studie werden ,,Opfer" rechts(extrem) motivierter Gewalt nach den von Strobl u.a. entwickelten IZ~iterien definiert:
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Das Ereignis der Opferwerdung muss individualisierbar sein, also im Zusammenhang mit einem konkreten, eingrenzbaren Vorfall stehen. Nur negativ bewertete Ereignisse werden betrachtet. Das Opfer muss in irgendeiner Form vom Vorfall betroffen sein oder befftrchten, in irgendeiner Form gesch~idigt zu werden. Der Vorfall muss dem Opfer widerfahren sein. Die betroffene Person hat das Ereignis nicht mutwillig herbeige~hrt und konnte die konkrete Situation nicht vollst~indig kontrollieren. Die Tat muss eindeutig dem Handeln einer Person oder Gruppe zuzurechnen sein und in einer Situation stattf'mden, in der sich der oder die T~iterInnen auch h~itten anders verhalten k~nnen. Ereignisse wie beispielsweise Naturkatastrophen oder durch den/die ,,VerursacherInnen" nicht zu kontrollierende Situationen oder schuldfrei verursachte Verletzungen entsprechen nicht diesem Kriterium. Es muss ein Verstog gegen intersubjektiv geteilte Normen vorliegen, Verst6ge gegen individuelle Privatnormen bleiben ausgeklammert. 1~5
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Die Klassifikation von Viktimisierungserfahrungen lehnt sich ebenfalls an Strobl an. Unterschieden wird zwischen einer perstinlichen Viktimisierung, hierffir stehen Opferwerdungen im Zusammenhang mit Tatmotiven, die sich direkt gegen eine Person oder eine Gruppe richten und einer stellvertretenden Viktimisierung. Stellvertretende oder kollektive Viktimisierungen betreffen Personen oder Gruppen, die durch eine Tat direkt gesch~idigt werden, ohne dass die Tatmotive auf sie pers6nlich abzielen. Unter dem Begriff der stellvertretenden Viktimisierung ktinnen kriminelle Handlungen gefasst werden, deren Motive sich aus Vorurteilen (Vorurteilskriminalit~it) gegen Menschen aufgrund bestimmter Eigenschaften, wie z.B. Hautfarbe, sexueller Orientierung, Lebensstil oder Behinderungen speisen. Die Wirkungen dieser Taten sind oRmals verheerend, da sie zum einen auf Merkmale abzielen, die in der Regel vom Opfer nicht beeinflussbar sind, also unver~inderbare Kennzeichen
~5Vgl. Strobl, Rainer: Soziale Folgen ..., Baden-Baden 1998, S. 8if; Greve, Werner/Strobl, Rainer/Wetzels, Peter: Das Opfer kriminellen Handelns: Fliachtigund nicht zu fassen. Konzeptuelle Probleme und methodische Implikationen eines sozialwissenschaftlichen Opferbegriffs, Hannover 1994; BOttger/Lobermeier/Strobl:Verunsicherung und Vertrauensverlust .... Bielefeld, S. 29-48, S. 34.
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darstellen, und zum anderen Ablehnung und Hass gegentiber der gesamten Opfergruppe signalisieren.~ 16 A b b i l d u n g 1"
Klassifizierung von Viktimisierungserfahrungen in Anlehnung an StroblI17:
Direkte/unmittelbare Viktimisierung: Indirekte/mittelbare Viktimisierung: Opfer wird durch Tat unmittelbar ge- Opfer wird durch Tat nicht direkt geschfidigt, ist ,,nur" schfidigt. mitbetroffen durch weitere Folgen der Tat. Kollektive Viktimisierung: Opfer wird nicht direkt geschfidigt, Angst und Verunsicherung entsteht aus der ZugehOrigkeit zu einer gef'fihrdeten Gruppe.
Mittelbare Viktimisierung: Tatmotiv richtet sich nicht gegen das Opfer, Person ist aber vonder Tat mitbetroffen; z.B. als Familienangehi3riger.
Anteilnehmende Viktimisierung: Person f'tihlt sich mitbetroffen, weil sie sich mit der direkt viktimisierten Person identifiziert.
1.6.50rt/Raum
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Stellvertretende Viktimisierung: Tatmotiv richtet sich indirekt gegen das Opfer, das stellvertretend ftir eine Gruppe betrachtet wird.
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PersOnliche Viktimisierung: Instrumentelle ViktimisieTatmotiv richtet sich direkt gegen das rung: Opfer als Person. Opfer ist Mittel zur Verwirklichung einer Tatabsicht, die sich eigentlich gegen eine dritte Person richtet, wird ,,fahrlfissig" mitbeschfidigt.
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Unter einem Ort ist sowohl eine geographisch lokalisierbare unbebaute Fl~iche, die von Bebauung umgeben ist oder eine bestimmte Stelle in freiem Gel~inde, etwa das Ufer eines Sees, als auch ein von W~inden umschlossener lokalisierbarer Raum zu verstehen. Ein Ort ist unverwechselbar. Er hat einen N a m e n und eine Adresse (Marktplatz, Spielplatz oder Kneipe XY in der Z-StraBe), der eine eindeutige Abgrenzung gegenOber anderen Orten zul~isst. 11s Die Grenzen eines Ortes lassen sich materiell b e s t i m m e n - also durch umgrenzende StraBen, Z~iune und W~inde, topographische Ver~inderungen oder eindeutige Nutzungsver~inderungen. 119 Pl~itze, H~iuser, Gastst~itten oder Parks werden gleichermaBen als Ort bezeichnet.
116Zur Diskussion um Vorurteilskriminalitat, Hatecrime oder Bias-Crime vgl. Deutsches Forum ~r Kriminalpravention, Bundesministerium der Justiz. (Auftraggeber). Arbeitsgruppe: Prim~re Pravention von Gewalt gegen GruppenangehOrige- insbesondere: junge Menschen. Einfiahrung und Empfehlungen. Langfassung, Berlin 2004, S. 3f, auch unter http://www.kriminalpraevention.de, ges. 23.08.2004. Kritisch hierzu: Kohlstruck, Michael: ,,Hate Crimes"- Anmerkungen zu einer aktuellen Diskussion, in: Landeskommission Berlin gegen Gewalt (Hg.): Berliner Forum Gewaltpravention, Nr. 16, Berlin 2004, S. 67-71. ~7 Vgl. Strobl, Rainer: Soziale Folgen .... Baden-Baden, 1998, S. 15f, zusammengefasst nach BOttger/Lobermeier/Strobl: Verunsicherung und Vertrauensverlust .... Bielefeld, S. 29-48, S. 30s ~8 Vgl. LOw, Martina: Raumsoziologie,Frankfurt am Main 2001, S. 199. ~9 Vgl. Ipsen, Detlef: Die Kultur der Orte. Ein Beitrag zur sozialen Strukturierung des stadtischen Raumes, in: LOw, Martina (Hg.): Differenzierungendes Stadtischen, Opladen 2002, S. 233-245, hier S. 242.
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Die Abstraktionsgr613e Raum hingegen wird in dieser Arbeit als Interaktions- und Sozialraum verstanden. Raum bzw. ,,6ffentlicher Raum ist", nach Schubert, ,,keine eigenstgndige Kategorie, die unabhgngig von den Menschen existiert. ''~2~ Ft~r L6w ist ,,die Entstehung von R~iumen selbst ein Moment sozialer Prozesse. ''z2~ Das heil3t, dass sich Rgume einerseits durch die an konkrete Orte gebundene soziale Praxis unterschiedlicher Gruppierungen und andererseits durch die Interaktion zwischen unterschiedlichen Gruppiemngen konstituieren. Wghrend Orte als Grundlage ffir individuelles oder gemeinschaftliches Handeln gelten k6nnen, die zudem die Basis einer Umsetzung von partikularistischen Interessen oder von Strategien der Inklusion und Exklusion bzw. der Artikulation eines (exkludierenden) Anspruchs sind 122, entstehen Rgume erst durch die Nutzung~qichmutzung unterschiedlicher Akteursgruppen und deren Verh~lmis zueinander. So kann z.B. ein konkreter Platz (Ort) far die einen ein Durchgangsraum auf dem Weg von A nach B sein, far andere ist er ein Inszenierungsraum, der durch bestimmte Aktivitgten besetzt und als Eigenraum definiert wird, flir wieder andere kann er durch genau diese Aktivitgten zum Meidungsraum oder zum Angstraum werden.
120 Schubert, Herbert: St~idtischer Raum und Verhalten. Zu einer integrierten Theorie des Offentlichen Raumes, Opladen 2000, S. 7. 12~ LOw: Raumsoziologie, FrankfiJrt am Main 200 I, S. 130. 122Vgl. Entrikin, J. Nicholas" Place and Region 3, in: Progress in Human Geography, Nr. 2/1997, S. 263-268.
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B ,,National befreite Zonen" und ,,Angstzonen" aus medialer Perspektive
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Zur Beschreibung des politisch-strategischen Moments ,,national befreiter Zonen" werden Debatten in der rechtsextremen Publizistik zwischen 1990 und 2004 nachvollzogen und analysiert. Die Darstellung der zentralen Deutungsmuster erfolgt anhand von Ver6ffentlichungen zum Thema in einschl~igigen Erzeugnissen wie der Deutschen Stimme (DS), der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Vorderste Front. Zeitschrift far politische Theorie & Strategie und der Einheit und Kampf for das parteif'6rmig organisierte Spektrum; der Zeitschrift Nation & Europa als tiberparteiliches, fraktionsiJbergreifendes Organ der extremen Rechten; der Zeitschrift Zentralorgan der sogenannten ,,Freien Kameradschaflen" und der Publikation von Blood & Honour Deutschland.
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Die Deutsche Stimme (DS) ist das Parteiorgan der NPD und erscheint seit 1976. Die monatliche Auflage betr~igt rund 10.000 Exemplare. 1 Die Vorderste Front erschien mit acht Ausgaben nach eigenen Angaben erstmalig im Oktober 1990 und letztmalig im Jahr 2001. Sie ist eine Gemeinschaftsproduktion der ,,Abteilung politische Bildung" der Jungen Nationaldemokraten (JN) und des Nationaldemokratischen Hochschulbundes (NHB). Die Angaben zur AuflagenhOhe schwanken zwischen 500 und 1.000 Exemplaren. 2 Die Zeitschrift Einheit und Kampf erschien mit ihrer ersten Ausgabe im Juli 1990 und ist das Nachfolgeblatt (neuer Titel) des ab 1977 herausgegebenen Mitteilungsheftes des Bundesvorstandes der Jungen Nationaldemokraten Junge Stimme. Die bisher letzte Ausgabe (Nr. 19) erschien 1997. Die Auflagenh6he betrug etwa 1.500 Exemplare. 3 Nation & Europa erscheint seit 1951. Im Jahr 2002 betrug die monatliche AuflagenhOhe circa 20.000 Exemplare (Eigenangabe).4 Das Zentralorgan erschien von 1998 bis 2001 mit 13 Ausgaben. Es hatte eine Auflage von rund 3.000 Exemplaren pro Ausgabe. 5 Das Magazin Blood & Honour Division Deutschland der gleichnamigen Gruppierung erschien von 1996 bis zum Verbot der deutschen Sektion von Blood & Honour im September 2000 mit neun Ausgaben. Die AuflagenhOhe ist unbekannt, dt~rfte aber bei rund 1.500 Exemplaren gelegen haben. Blood & Honour wurde etwa Mitte der 1980er Jahre von Ian Stuart Donaldson, dem inzwischen verstorbenen, damaligen Leadstinger der britischen Band Skrewdriver gegrt~ndet und sollte der internationalen Sammlung von RechtsRock-Bands in einer gemeinsamen Dachorganisation, jedoch unterteilt in Lfinder-Sektionen dienen. Die Blood & Honour Division Deutschland bestand von 1994 bis zu ihrem Verbot und galt als bedeutendster bundesweiter Zusammenschluss der rechtsextremen Musikszene. Es gab Sektionen in elf Bundeslfindern. 6
Vgl. S~ichsisches Staatsministerium des Innern, Landesamt ~r Verfassungsschutz Sachsen: Verfassungsschutzbericht Sachsen 2001, Dresden 2002, S. 55. Es wurden 106 Ausgaben der Publikation (1993 - 2004) ausgewertet. 2 Vgl. Einheit und Kampf Nr. 2, September 1990, S. 57; Mecklenburg (Hg.): Handbuch .... Berlin 1996, S. 436; Nadir-Archiv unter http://www.nadir.org/nadir/archiv/Antifaschismus/Publikationen/Liste.html, ges. 11.03.2004.
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H e r a n g e z o g e n w e r d e n auch regionale Ver6ffentlichungen rechtsextremer G r u p p i e r u n g e n aus der Region G u b e n (Brandenburg), und den R e g i o n e n Altmark, Halle und M a g d e b u r g (Sachsen-Anhalt). Es w u r d e n die Publikationen Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen, der Nationale Beobachter Halle, Die Tat, Das treue MOdel und Herrenhaupt aus Halle, BifrOst aus dem Altmark-Kreis, die H o m e p a g e s Nationaler Beobachter Magdeburg und des Aktionsbtiro Mitte ffar die R e g i o n e n Magdeburg, Halle und G a r d e l e g e n ausgewertet, um festzustellen, ob die in tiberregionalen rechtsextremen Publikationen get~hrten Diskussionen zu ,,national befreiten Z o n e n " in Ver6ffentlichungen aus den R e g i o n e n der U n t e r s u c h u n g s o r t e ihren N i e d e r s c h l a g gefunden haben.
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Die Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen (BBZ) erschien von 1993-1997 mit 26 Ausgaben. In ihr publizierten sowohl Kader der rechtsextremen Organisation Die Nationalen als auch Ftihrungspersonen der Berliner Jungen Nationaldemokraten und ehemalige Ftihrungspersonen aus verbotenen Organisationen wie der Freiheitliehen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), der Deutschen Alternative (DA) und der Nationalistischen Front (NF). 7 Die Tat wurde ab April 2000 in Halle herausgegeben. Anfangs wurde die Zeitschrift nur in der Region Halle vertrieben, dann aber auch auf tiberregionalen Veranstaltungen angeboten. Neben der Berichterstattung tiber rechtsextreme Veranstaltungen aus der Region Halle wie Sonnwendfeiern, Osterfeuer und Liederabende, Berichte tiber szeneinterne Ereignisse und Reflexionen tiber die Skinhead- und Black-Metal-Musikszene finden sich Beitr~ige zur germanischen Mythologie und positive Darstellungen des Dritten Reiches. Die Auflage betrug knapp 400 Exemplare. 8 Das Herrenhaupt ist seit Mitte 2000 bekannt. Es galt als Mitteiiungsblatt der rechtsextremen Szene in Halle. Seit der ftinften Ausgabe erschien das Heft in Dresden. Im Oktober 2003 stand der ftir die Erstellung, das Kopieren und die Versendung der Publikation verantwortliche Rechtsextremist, der auch den Grol3teil der Texte verfasste, in Dresden vor Gericht. Er wurde wegen Volksverhetzung in mehren F~illen verurteilt. In den Artikeln gab es hfiufig eine positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus und es wurden Gespr~iche mit prominenten zeitgen6ssischen Rechtsextremen wie Jtirgen Schwab, Horst Mahler oder Christian Worch abgedruckt. 9
3 Vgl. Einheit und Kampf, Nr. 6, o.J., S. 19; Niedersfichsisches Innenministerium (Hg.): Verfassungsschutzbericht 1996, Hannover 1997, S. 30. 4 Vgl. VS-Bericht Bund 2002, Berlin 2003, S. 108. Es wurden die Ausgaben 1990-2003 gesichtet. 5 Vgl. Landesamt liar Verfassungsschutz Hamburg (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2001, Hamburg 2002, S. 114. 6 Vgl. Jansen, Frank: BRD-USA: Skinheads pflegen Kontakte, in: Tagesspiegel 28.03.2000; Silver, Steve: Das Netz wird gesponnen. Blood and Honour 1987-1992, in: Searchlight u.a. (Hg.): White Noise .... Hamburg/Mt~nster 2000, S. 25-42; Weiss, Michael: Begleitmusik zu Mord und Totschlag. Rechtsrock in Deutschland, in: Searchlight u.a (Hg.): White Noise .... Hamburg/M~nster 2000, S. 63-87, hier S. 75-84. 7 Zur inhaltlichen Ausrichtung der Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen (BBZ) vgl. Antifaschistisches Presse-Archiv und Bildungszentrum Berlin e.V. (apabiz e.V.) (Hg.): Die ,,Berlin-Brandenburger Zeitung". Von der Legalit~it neofaschistischer Propaganda. Eine Textsammlung zur Auseinandersetzung mit einem aktuellen Projekt des bundesdeutschen Neofaschismus. Mit Beitr~igenvon Rainer Erb, Ulli Jentsch, Michael Kohlstruck und Richard St6ss, Berlin 1997. 8 Vgl. Innenministerium Sachsen-Anhalt (Hg.): Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt (ira Folgenden VSBericht Sachsen-Anhalt) 2001, Magdeburg 2002, S. 28f; N.N.: Deine Tat bist du, in: Antifaschistischer Rundbrief aus Halle/Saale, Nr.1 (2002), S. 1-2. Es wurden einzelne Ausgaben von April 2000 bis Sommer 2002 ausgewertet. 9 Vgl. Antifaschistisches Presse-Archiv und Bildungszentrum Berlin e.V. (apabiz e.V.): Verzeichnis deutschsprachiger RechtsRock-Fanzines, in: Dornbusch~aabe (Hg.): RechtsRock .... Mtinster 2002,, S. 465-482, hier S. 472; Kilian, Lukas: Schreibtischt~ter, in: Blick nach Rechts, Nr. 24/2003, 27. November 2003, S. 5; N.N.: ,,Das innere Reich ist entdeckt!", in: Antifaschistischer Rundbriefaus Halle/Saale, Nr. 2 (2002),, S. 1-4; VS-Bericht SachsenAnhalt 2001, Magdeburg 2002, S. 27-29, 38, 40f; Horst Mahler im Gesprfich, in: Das Herrenhaupt, Nr. 3 (Mfirz 2001), S. 12-21; Jt~rgen Schwab im Gesprfich, in: Das Herrenhaupt, Nr. 4, Halle o.J., S. 27-33; Christian Worch
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Der Nationale Beobachter Halle wird von einem Rechtsextremen aus Halle und Personen aus seinem Umfeld erstellt und ist auch im Internet abrufbar. Anfangs lediglich als Informationsblatt ftir Halle und Umgebung erh/~ltlich, erschienen sp~ter Regionalausgaben ftir Magdeburg, DessauKOthen und Altmark-West. In den Regionalausgaben wurde die Bildung ,,strukturloser" Gruppierungen propagiert. 10 Das treue Mgidel, herausgegeben von einer reinen Frauenredaktion, erschien im Jahr 2001 mit vier Ausgaben. Inhaltlich bot die erst in Halle, sp~iter in Leipzig erschienene Publikation Berichte tiber Frauen im Dritten Reich (z.B. tiber die ,,Reichsfachschaft Deutscher Hebammen") oder zum Thema Schwangerschaftsabbruch. Es wurden auBerdem rechtsextreme Frauenorganisationen oder VerOffentlichungen, die sich speziell an rechtsextreme Frauen richteten, vorgestellt. Die Auflagenh6he ist unbekannt, ll Bifr6st- Die Briicke nach Asgard 12, deren erste Ausgabe im Oktober/November 2000 erschien und deren circa vier Ausgaben von Frauen herausgegeben wurden, war tiber ein Gardelegener Postfach zu beziehen. Die Verfasserinnen informierten in ihrer Publikation tiber szenetypische Veranstaltungen, gaben Informationen tiber Heiden- und Germanentum und berichteten tiber prominenten Personen des Nationalsozialismus und des Faschismus. Die ab Mai 2002 bestehende Homepage des Aktionsbiiro Mitte entstand auf Initiative der Freien Nationalisten K6then und diente der Bekanntmachung von Aktionen des ,,Nationalen Widerstands" in ,,Mitteldeutschland". Einzelne rechtsextreme Gruppierungen berichteten tiber das aktuelle Geschehen in ihrer Region. 13 Seit Ende 2001 gibt die Kameradschafi Magdeburg den Nationalen Beobachter- Rundbrieffiir Magdeburg und Umgebung heraus. Die Kameradschaft grtindete sich Ende 1997 und setzt sich aus ehemaligen Blood & Honour-AngehOrigen, Skinheads und ehemaligen NPDlern zusammen. Sie besteht aus rund 20 AngehOrigen und tritt auch unter dem Namen Freie Nationalisten Magdeburg oder Freie Krgifie auf. 14
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Insgesamt w u r d e n rund 300 Ausgaben rechtsextremer, tiberregionaler Periodika und 75 A u s g a b e n regionaler Ver6ffentlichungen ausgewertet. Mittels einer qualitativen Auswertung der Frankfurter Rundschau (FR) und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) wird die Rezeption und Verbreitung des Begriffs in der Qualit~itspresse dargestellt und die Ausdeutung der Termini ,,national befreite Zone" bzw. ,,Angstzone", ihre Wirkung auf die 6ffentliche W a h r n e h m u n g und das politische System sowie die Rtickwirkungen in die Strategiedebatte der rechtsextremen Szene nachgezeichnet. Der Analysezeitraum von 1990 bis 2003 wird in drei thematische Einheiten aufgeteilt. Beschrieben werden zuerst die Anfiinge der publizierten rechtsextremen Diskussion um ,,be(freie Kr~ifle) im Gespr~ch, in: Das Herrenhaupt, Nr. 5, Halle o.J., S. 22-25. Es wurden vier Ausgaben ab Mitte 2000 bis Sommer 2002 ausgewertet. ~oVgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S. 29f; N.N.: Der ,,Nationale Beobachter" Halle, in: Antifaschistischer Rundbrief aus Halle/Saale, Nr. 3 (2003), S. 4. Es wurden die Ausgaben 01/2000 bis 01/2005 (28 Ausgaben) ausgewertet. ~1Vgl. apabiz e.V.: Verzeichnis .... in: Dombusch/Raabe (Hg.): RechtsRock .... MOnster 2002, S. 479; D6hring, Kirsten/Feldmann, Renate: Akteurinnen und Organisationen. Die Involviertheit von Frauen in der extremen Rechten, in: Antifaschistisches Frauennetzwerk, Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus (Hg.): Braune Schwestern?, MOnster 2005, S. 17-33, hier S. 24f. Es wurden zwei Ausgaben ausgewertet. ~2 Vgl. N.N.: Warum wir uns zu Wort melden, in: Bifr6st- Die Bracke nach Asgard, Ausgabe 01, Oktober/November 2000, S. 3. Es wurden drei Ausgaben ausgewertet. 13 Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S. 23. Die Homepage wurde von Juli 2002 bis April 2003 gesichtet. 14 Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S. 18. Die Homepage des Nationaler Beobachter Magdeburg wurde von Februar 2003 bis Ende 2004 ausgewertet.
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freite Zonen" im Zeitraum von 1990 bis 1997. Daran anschliel3end erfolgt eine inhaltliche Analyse der rechtsextremen Debatte, nachdem der Begriff ,,national befreite Zonen" von den Qualit~itsmedien aufgegriffen wurde. Die dritte Einheit zeichnet Begriffsdeutung undkarriere innerhalb der Qualit~itsmedien nach und zeigt die Wirkung der medialen Diskussion auf die Begriffsverwendung innerhalb der extremen Rechten auf. Um den Diffusionsprozess in die Politik, die Wissenschaf~ und in andere Institutionen zu verfolgen, werden die Hauptakteur(e)innen der Begriffsverbreitung idemifiziert.
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,,National befreite Zonen". Zur Entstehung und Karriere eines Kampfbegriffs is
1.1 Die Diskussion um ,,befreite Zonen" in der rechtsextremen Presse zu Beginn der 1990er Jahre
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Der Begriff ,,befi~eite Zone", sp~iter ,,national befreite Zone", ist im rechtsextremen Theoriediskurs der Bundesrepublik seit 1990 nachzuweisen und geht auf einen Artikel in der zweiten Ausgabe der Zeitschrift Einheit und Kampfmit dem Titel ,,Strategie. Der Aufbau einer nationalistischen Gemeinschaft" vom September 1990 mlN]ck. 16 Bereits in dieser Schrift kommen wesentliche Elemente- wirtschaftliche Unabh~ingigkeit und Territorialit~it - der in sp~iteren Ver6ffentlichungen im Zusammenhang mit ,,national befreiten Zonen" angesprochenen strategischen Momente zur Sprache. Die Uberlegungen sind auf eine Verfestigung und Verbesserung der eigenen, rechtsextremen Strukmren zugeschnitten, die Forderung nach einer Raumnahme hat steht nicht im Vordergrund. In den konzeptionellen l~erlegungen verschmelzen Finanzierungsmodelle politischer Arbeit mit denen pers6nlicher Absicherung. Eine 6konomische Unabh~ingigkeit wird angestrebt, um die ,,Erpressungsversuche und den Preisdruck von Staat und geldgierigen Kapitalisten" umgehen zu k6nnen. Dies stgrke auch ,,die finanzielle Kraft der Verb~inde, (...) indem sie beispielsweise T-Shirts, Schallplatten, Videos, Kassetten, Fahnen, Plakate, Aufkleber, Anstecker usw. produzieren und diese Dinge im Organ der Organisation anbieten." Das Spektrum der hergestellten Waren sei ,,zungchst haupts~chlich politischer Natur", k6nne aber auf andere Produkte oder Dienstleistungen wie ,,Haushaltsger~te(n) t~ber landwirtschaftliche Produkte bis zum Druck von Bachem" ausgeweitet werden. In einer entsolidarisierten, atomisierten Gesellschatt, in der sich Menschen Okonomischen Verteilungskgmpfen aussetzen m0ssten, w~re es ,,~r die Mitglieder einer nationalistischen Gemeinschaft viel leichter zusammenzuhalten und damit zu t~berleben." Eine Ausdehnung ,,nationalistischer Gemeinschaften und Kooperativen" und deren Vemetzung bedeute nicht nur die Realisierung von ,,politischen und wirtschaftlichen Theorien.". Dem prgsentierten Modell ist zugleich eine sozialrgumliche Vorstellung immanent, denn es diene gleichermagen ,,auch der Schaffung 'befreiter Zonen', auf die der Staat und ~5 Teile dieses Kapitels wurden bereits ver0ffentlich. Vgl. D0ring, Uta: ,,National befreite Zonen". Zur Entstehung und Karriere eines Kampfbegriffs, in: Kl~mer/Kohlstruck (Hg.): Moderner Rechtsextremismus .... Hamburg 2006, S. 177-206. ~6 Vgl. N.N.: Strategie. Der Aufbau einer nationalistischen Gemeinschaft, in: Einheit und Kampf Nr. 2, September 1990, S. 52-53. In der Ver0ffentlichung des Bundesamt fiar Verfassungsschutz (Hg): Entwicklungen im Rechtsextremismus in den neuen L~ndem, K01n 1999, S. 14/15 wird f~ilschlicherweise darauf hingewiesen, dass das Konzept der ,,befreiten Zonen" aus der Vordersten Front, Nr. 2, Juli 1991 in der Schrift Der Aktivist, Nr. 3 aus 1994 (JN-Bayern) aufgegriffen worden sei. Es handelt sich jedoch lediglich um einen Nachdruck des Artikels aus Einheit und Kampf
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seine Handlanger KEINEN EINFLUSS haben werden." Neben der wirtschaftlichen Unabhfingigkeit er6ffnen ,,befreite Zonen" die Option weitgehender Selbstverwalmng, indem ,,wir (...) uns selbst zu regieren beginnen, wtihrend der Staat und seine Machtmittel immer irrelevanter ~ r die Lebensgestalmng der Angeh6rigen der nationalistischen Gemeinschaft werden." Der Besitz eines Hauses h~itte beispielsweise far die Bewohner den Vorteil, ,,dass sie einen Platz zum Leben hfitten, VON DEM SIE NIEMAND VERTREIBEN kann." Die Basen der Gemeinschaften seien in Kleinst~idten, Stadtteilen oder in l~indlichen Gebieten zu schaffen. Verbunden mit territorialen Uberlegungen ist das Kalktil, Anschluss an die Bev61kemng zu finden. Ziel sei es, ,,(...) MIT der restlichen Bev61kerung in Kontakt zu treten, ihr zu helfen, ihr positive wirtschafiliche und soziale Alternativen anzubieten." Daraber ktinne, zusammen mit herkSmmlichen Aktivit~iten wie ,,Zeimngsverkfiufen, Mitgliederwerbekampagnen und der Teilnahme an Kommunalwahlen (...) eine feste Basis in dem betroffenen Gebiet erreicht" werden. Man w~ire ,,Fisch im Wasser". 17 Wie eine tiberarbeitete Fassung dieses Entwurfes liest sich ein Artikel in der Vordersten Front vom Juni 1991.TM Unter der l~erschrift ,,Revolutionarer Weg konkret: Schaffi befreite Zonen!" wurden Elemente einer Strategie vorgestellt, die darauf zielt, eine ,,Gegenmacht" im staatlichen Gebilde zu etablieren. Der Terminus ,,befreite Zone" wird hier zunfichst einmal im Sinn einer tiber6rtlichen Kooperation verwendet. Erkl~irtes Ziel ist die Vemetzung regional getrennter, ,,gleichgesinnter Initiativen", die ,,engen Kontakt halten, voneinander wissen, einander helfen" sowie eine Ausweitung vorhandener kommunikativer und 6konomischer Strukturen. Bezogen auf 6konomische Rfiume diene die Vemetzung der ErschliefSung neuer wirtschaftlicher Standbeine. Reagiert werden soll damit auch auf staatliche Kriminalisieruang und mediale Skandalisierungen, die gleichermal3en dazu ~hren wiarden, dass ,,Nationalisten" der Gefahr eines Berufsverbotes ausgesetzt seien. ,,Je weniger wir von den Einrichmngen des Staates oder vom Staat und seinen Btitteln abh~ingig sind, desto mehr n~ihem wir uns einer Befreiten Zone." Man k6nne versuchen ,,sfimtlichen Erpressungsversuchen zu entgehen, indem man sich selbst zum Arbeitgeber macht. Man muss hier Sektoren abdecken, die vom Feind nicht genutzt werden k6nnen." Eine weitgehende wirtschatlliche Unabhfingigkeit unter Verkntipfung von kommunikativen und 6konomischen Aspekten einer ,,befi'eiten Zone" zum Beispiel durch die ,,Errichtung eines unabhtingigen Buchladens, wo man AUCH Bticher und Schriften, Aufkleber und Flugbl~itter kaufen kann, die man sonst nirgends bekommt", wird konzipiert. Angestrebt wird ein eigener Wirtschaftsraum, der auf Dienstleistungs- und Finanzierungsebene in die Szene hinein und aus der Szene heraus nutzbar gemacht werden soll.
17 Alle Zitate N.N.: Strategie .... in: Einheit und Kampf Nr. 2, 1. Jahrgang, September 1990, S. 52-53. Hier, wie bei den folgenden Zitaten aus rechtsextremen Ver0ffentlichungen, GroBschreibung einzelner Worte im Original. Die Rechtschreibung mancher Worte wurde stillschweigend der Schreibweise nach der Rechtschreibreform angepasst (z.B. dab in dass verfindert). ~8 N.N.: Revolutionarer Weg konkret: Schaftt befreite Zonen!", in: Vorderste Front, Nr. 2, Juni 1991, S. 4-7. Alle folgenden Zitate bis Ende dieses Kapitels sind - sofern nicht anders gekennzeichnet- aus diesem Text. Die vorliegende Ver0ffentlichungsdatierung geht auf eine Angabe tier Erscheinungsdaten der Vordersten Front Nr. 1-4 in der Ausgabe Nr. 4 von Mai 1994 zurfick. In den vorausgehenden Ausgaben finden sich keine Datierungshinweise.
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,,Keine Angst, in jeder Region Deutschlands besteht eine genfigend groBe, freilich oft vOllig isolierte Szene, dass sich ein solcher Laden rechnet. Oder eine Druckerei, eine Werbeagentur, ein Reiseunternehmen far kleine Geldbeutel."
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,,Befreite Zonen" werden zum anderen ,,aus militanter Sicht, also aus der Sicht des politischen Aktivisten" verstanden als ein Freiraum, in dem eine ,,Gegenmacht" etabliert wird. Diese ,,Gegenmacht" richtet sich primgr gegen den S t a a t - ,,Wir sind drinnen, der Staat bleibt draugen" - bzw. gegen ,,Abweichler" und ,,Feinde". Soziogeographisch definiert sind ,,befreite Zonen" Gebiete, in denen ungest6rt aufmarschiert und Propagandatgtigkeit geleistet werden kann, w ~ r e n d ,,die Konterrevolution~re dies genau nicht tun kOnnen". Es geht um den Aufbau einer ,,Gegenmacht" und einer ,,Gegengesellschaft". Daran gekoppelt ist das Vorhaben, die Konkurrenz anderer ,,revolutiongrer Gruppen" - zu denen ,,die extreme Linke, NS-Nostalgiker, die Autonomen und weitere Artverwandte" gezfihlt w e r d e n - im Kampf,,um die Herzen und K6pfe der Menschen" auszuschalten. Deren Deutungsangebote wfirden durch die Schaffung ,,befreiter Zonen" an Zuspruch verlieren. Als Voraussetzung hierfttr wird eine rfiumliche Konzentration von ,,Revolutiongren" - hier verstanden als ,,Nationalrevolutionfire" - und deren Verankerung in der ans~ssigen Bev61kerung angesehen. Somit wfirden sowohl ,,Aufmarsch- als auch Rtickzugsgebiete ~ r die Nationalisten Deutschlands" geschaffen. ,,Befreite Zonen" werden als Gebiete definiert, in denen die Garde der Revolution darauf zielt, dass ,,(...) wir MIT dem Volk uns solidarisieren, mit ihm k~mpfen und siegen werden." Jener Gleichklang soll durch soziale T~itigkeiten wie Altenund Familienhilfe oder bttrgerschaftliches Engagement erreicht werden.
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,,Alten Leuten kann man beim Ausft~llen von Formularen helfen, sie beim Einkaufen unterstOtzen, man kann Babysitter bei arbeitenden Ehepaaren oder alleinstehenden Mfittern spielen man kann den Garten in Ordnung bringen, die StraBen sauber und durch regelrnfiBige Nachtpatrouillen sicher halten. Man kann gegen (...) die Vertreibung alteingesessener Mieter durch Miethaie, die SchlieBung des kleinen Eckladens, den Aufmarsch von Scheinasylanten (...) oder den Bau einer Autobahn durch das Wohnviertel protestieren und agitieren." Auch dieser Entwurf fordert Bfirgern~ihe, da nur auf diesem Wege eine breite Akzeptanz und Unterstatzung far die politischen Ziele m6glich sei. ,,Man muss so handeln, dass man in einem Meer der Sympathie schwimmt, dass die 'normalen' Bewohner far uns 'die Hand ins Feuer' legen. Dann wird dem Staat jede Form der Unterd~ckung nicht nur nichts nutzen, sondern das genaue Gegenteil bewirken: die Menschen werden noch st~irker in unsere Arme getrieben." Nachdem die ,,Revolutiongre" zur Elite einer Wohngegend geworden sind, Vorbildfunktion einnehmen, die Macht erlangt haben und ,,auf diese Weise einmal ein StraBenzug- es kann na~rlich auch ein kleines Dorf s e i n - zur befreiten Zone innerhalb einer militant befreiten Stadt geworden" ist, ,,also konkrete Gegenmacht erobert" wurde, seien die staatlichen Handlungsoptionen stark reduziert: ,,Entweder er greift brutal durch und entlarvt sich often als Diktatur, die er heimlich schon immer gewesen ist", schaffe dadurch ,,die Mgrtyrer, mit deren Hilfe unsere 'Enkel' umso leichter k~mpfen und siegen werden." Weiterhin bes~nde die MSglichkeit, dass der Staat zurfickweiche: ,,Erst langsam, dann im Schweinsgalopp und schlieBlich in panikartiger Flucht".
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Als Modell einer gelungenen Umsetzung der politischen Durchdringung des Alltags gilt den Autoren das Wirken Corneliu Codreanus im Rum~inien der 1920 und 1930er Jahre. Sie verdeutlichen dies an einem Beispiel: ,,Als Corneliu Codreanu Anfang der zwanziger Jahre yon den Marionetten des rum~inischen Regimes vor Gericht gezerrt werden sollte, meldeten sich 20.000 Verteidiger, um ihm beizustehen. Trotz Terror, wtister Ltigen und wilder Beschimpfungen weigerten sich ALLE Geschworenen, Codreanu (...) schuldig zu sprechen." In Rum~inien gelang es den Anh~ingem der von Codreanu gegrtindeten nationalistischen und antisemitischen Legion ,,Erzengel Michael" (1927), die 1930 in ,,Eiserne Garde" umbenannt wurde, sich durch die Umsetzung konkreter Projekte wie der Erbauung von B ~ cken- und Staud~immen oder Kirchen bei der Bev61kerung l~indlicher Gebiete Ansehen zu verschaffen. Ftir das st~idtische Proletariat richteten sie Kantinen und Lebensmittell~iden mit billigen Angeboten ein. 19 Die Legion errichtete ,,Zonen", die ihr als Rtickzugsorte dienten, z.B. verschiedene DOffer, in denen sie eine starke Basis besaBen oder ihr Haus in Bukarest. Codreanu schrieb dazu: ,,Wer in das Haus kam, der erupting einen Strahl der Liebe, suchte eine Stunde seelischer Ruhe, Trost und Hilfe in Ungltick und Not". 2~ ~ m l i c h blumig werden ,,befreite Zonen" als ,,One der Geborgenheit, des Dazugeh6rens, der W~rme, der Solidarit~it" beschrieben. 21 Beide Artikel kntipfen an eine Strategie und einen Sprachgebrauch an, der historisch auf die von Mao Tse Tung entwickelte Revolutionsstrategie zu~ckgeht. So heiBt es:
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,,Ziel einer Kaderorganisation muss es sein, dass sich die Kader wie die Fische im Wasser ihrer Massenorganisation und/oder Sympathisanten bewegen k0nnen. (...) Wer das alles for utopisch halt, der sei an folgenden Ausspruch erinnert: 'Auch ein Marsch yon tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.' Sicher, man kann nicht ankommen oder sich verirren, aber wer nie den ersten Schritt wagt, wird mit Sicherheit NIE ankommen. ''22
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Der Topos ,,befreite Gebiete" dient in der Diskussion und Praxis von Befreiungsbewegungen dazu, Gebiete zu umschreiben, die im bewaffneten Befreiungskampf als milit~irische Rtickzugszonen und geeignete Ausgangspositionen fiir neue Angriffe fungieren 23 und die Guerilla in diesen Territorien Aufgaben wie die Organisation des 6ffentlichen Lebens oder die Gew~ihrleismng der Nahrungsmittelversorgung tibemimmt. Darfiber hinaus sollen die angestammten BewohnerInnen eines befreiten Gebietes als UntersttitzerInnen gewonnen werden, denn der ,,gr6Bte Vorteil des Guerillak~impfers ist (...) nichtmilitfirischer Namr, und ohne ihn ist er hilflos: Er muss die aktive und passive Sympathie und Unters~tzung
19 Vgl. Hausleitner, Mariana: Antisemitismus in Rum~inien vor 1945, in: Graml, Hermann/K0nigseder, Angelika/Wetzel, Juliane (Hg.): Vorurteil und Rassenhass. Antisemitismus in den faschistischen Bewegungen Europas, Berlin 2001, S. 169-187, hier S. 171f. Nachdem Codreanu bei den Parlamentswahlen 1937 17 Prozent der Stimmen erreichte, wurde seine Organisation verboten, er selber verhaftet und Ende 1938 ,,auf der Flucht" erschossen, vgl. Benz, Wolfgang/Graml, Hermann/WeiB, Hermann (Hg.): Enzyklopadie des Nationalsozialismus, Mtinchen 1998, S. 456. Zu Codreanu und der Legion ,,Erzengel Michael" vgl. Heinen, Armin: Die Legion ,,Erzengel Michael" in Rum~inien. Soziale Bewegung und politische Organisation, Mtinchen 1986. 20Zitiert nach Rada, Alexander yon: Lebende Kreuze, Mtinchen 1979, S. 18. 2~ N.N.: Revolution~irer Weg konkret .... in: Vorderste Front, Nr. 2, Juni 1991, S. 4-7. 22 N.N.: Strategie .... in: Einheit und Kampf Nr. 2, 1. Jahrgang, September 1990, S. 52-53. 23 Vgl. Dunn, John: Moderne Revolutionen. Analyse eines politischen Phanomens, Stuttgart 1974.
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der 6rtlichen Bev61kerung haben. ''24 Die Idee und der Terminus der ,,befreiten Gebiete" wurden von den sod- und mittelarnerikanischen Freiheitsbewegungen rezipiert- so rief beispielsweise das trotzkistische Revolutiondire Volksheer (ERP) in Argentinien Mitte der 1970er Jahre im Inneren des Landes eine ,,befreite Zone" aus25 - und spielten auch bei der Stadtguerilla eine Rolle. Inspiriert durch die Aktivit~iten der Movimiento de Liberaci6n Nacional- Tupamaros in Uruguay bezeichnete sic damit Gebiete, welche zwar innerhalb eines Staates liegen, der Kontrolle durch die Staatsgewalt aber sukzessive entzogen werden.26
1.2 Internationale Bezugspunkte des ,,Zonen-Konzepts"
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Die beiden vorgestellten Texte zu ,,befreiten Zonen" sind stark beeinflusst von den Erfahrungen westeurop~iischer rechtsextremer Gruppierungen, die Diskussionen um den Aufbau von parteifernen Strukturen bereits ge~hrt haben und nationalrevolutionare IdeologieElemente zusammen mit aktuellen sozialen Thernen in ihre politischen 15berlegungen aufgenommen haben. 27 Fragmente dieser Ideologie-Elemente wurden auf die bundesrepublikanische Wirklichkeit Obertragen. In der ersten Ausgabe von Einheit und Kampfwird deren Vorgehen aus~hrlich vorgestellt und for die ideologische Str6mung der International Third Position (ITP) geworben. Ideologisch orientiert sich die ITP stark an dem Ftihrer der nationalistischen, antisemitischen Legion ,,Erzengel Michael", Corneliu Codreanu. Propagiert wird u.a. ein nationalistischer, nicht-kapitalistischer ,,Dritter Weg ''2s in Anlehnung an den NSDAP-Politiker Gregor Strasser. 29 Wohlwollend wird die Praxis rechtsextremer Gruppen im westeurop~iischen Ausland pr~isentiert.3~
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24 Hobsbawm, Eric: Vietnam und die Dynamik des Guerillakrieges, in: ders." UngewOhnliche Menschen. ljber Widerstand, Rebellion und Jazz, M0nchen/Wien 2001, S. 254-268, hier S. 256. Der Aufsatz wurde erstmals 1965 verOffentlicht. 25 Vgl. Gerhardt, Wilfried: Sport und Sportler im politischen Umfeld, in: Pramann, Ulrich~uchs, Peter/Heussen, Hejo/L6pez, Monika (Hg.): FuBball und Folter. Argentinien "78, Reinbeck bei Hamburg 1978, S. 52-56, bier S. 56. 26 Vgl. Marighella, Carlos: Handbuch der Stadtguerilla, Berlin 1970; Labrousse, Alain' The Tupamaros: Urban Guerrillas in Uruguay, London 1973; Schubert, Alexander: Stadtguerilla. Tupamaros in Uruguay, Rote Armee Fraktion in der Bundesrepublik, Berlin 1971; Worsley, Peter: Revolutiontire Theorie: Guevara und Debray. in: Huberman, Leo u.a. (Hg.): Focus und Freiraum: Debray, Brasilien, Linke in den Metropolen, Berlin 1970, S. 6279; Kollektiv RAF: l)ber den bewaffneten Kampf in Westeuropa, Berlin 1970, S. 30-33; Rote Arme Fraktion: Das Konzept Stadtguerilla, in: Ausgewahlte Dokumente der Zeitgeschichte: Bundesrepublik Deutschland ( B R D ) Rote Armee Fraktion (RAF), K61n 1987, S. 5-13; Aierbe, Peio: Bewaffneter Kampf in Europa. Korsika, Italien, Nordirland, BRD, Baskenland, Berlin 1991. 27 Vgl. Collectif Reflexes (Hg.): L'Europe en chemise brune, Paris 1992; Ford, Glyn: Fascist Europe. The Rise of Racism and Xenophobia, London/Colorado 1992. 28 Ein aufschlussreicher rechtsextremer Text hierzu: N.N." The ,,Third Way" in Theory - The Policy Foundation, unter http://oldfraser.lexi.net/publications/pps/33/section_05.html, ges. 15.11.2004. 29 Gregor Strasser (1892-1934) trat I921 in die NSDAP ein und nahm 1923 am ,,Hitler-Putsch" teil. Er war Gauleiter in Niederbayern. Von Dezember 1924 bis Dezember 1932 saf5 er im Reichstag und bekleidete einige Jahre den Posten des Reichspropagandaleiters der NSDAP. Gregor Strasser vertrat einen ,,deutschen" Sozialismus, der u.a. auf die Enteignung von Banken und der Schwerindustrie setzte. Seine Versuche, den ,,linken" Fl0gel der Partei yon der NSDAP abzuspalten, scheiterten. Im Dezember 1932 trat Strasser von allen Parteiamtern zur0ck. Er wurde wahrend des ,,ROhm-Putsches" ermordet. Vgl. Benz/Graml/WeiB (Hg.): Enzyklopadie .... MOnchen 1998,
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1.2.1
Italien
Bei einer Darstellung der italienischen Gruppe Terza Posizione (TP) wird insbesondere auf deren Aufbau einer 6konomischen und politischen Infrastruktur eingegangen. Durch eine Verankerung in den Vorst~idten, aber auch unter Arbeitern und Landarbeitern w~ire es der TP bis 1980 gelungen, eigene Gesch~ifie und eine Schule ~ r Arbeiterkinder zu grtinden und so unter Aufbau einer ,,Gegenmacht" den Einfluss der Kommunistischen Partei Italiens (KPI) zurtickzudr~ingen: ,,Sie diskutierten t~glich mit den Bewohnern der Vorst~dte fiber deren Probleme und Angste und halfen ihnen bei dem Ausbau ihrer kleinen Hfiuser. (...) A u f diese Art und Weise baute TP eine G E G E N M A C H T auf, was dazu ft~hrte, dass der Einfluss der KPI zu zerbrechen drohte. TM
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Finanziert werde die ,,Arbeit im Volk" dutch die Etablierung ,,einer eigenen Infrastruktur mit eigenen L~iden, Gesch~it~en, Druckereien" sowie den Besitz eines ,,starken Radiosender(s) in Mittelitalien und verschiedene(r) Geb~iude.''32 Als Ideengeber der TP werden Jos6 Antonio Primo de Rivera ss, Corneliu Codreanu, Juan Per6n 34 und der Italiener Julius Evola35 angegeben, deren Leben tmd Werke in sp~iteren Ausgaben der Vordersten Front und in
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S. 885; Wistrich, Robert: Wer war wer im Dritten Reich?, iiberarbeitet und erweitert von Hermann WeiB, Frankfurt am Main 1987, S. 341 f. 30 Vgl. Fiore, Roberto: Interview. Abdruck eines Interviews mit Roberto Fiore aus der Nationalism Today Nr. 40, S. 20-23, in: Einheit und Kampf Nr. 1, Juli 1990. 3~N.N.: Terza Posizione- Ideologie und Geschichte, in: Einheit und Kampf, Nr. 1, Juli 1990, S. 16-20, hier S. 16f. 32N.N.: Terza Posizione .... in: Einheit und Kampf Nr. 1, Juli 1990, S. 16. 33 Jos6 Antonio Primo de Rivera, 1903-1936, grtindete im Oktober 1930 in Madrid gemeinsam mit anderen die faschistische Falange Espafiola und vertrat ideologisch einen Nationalsyndikalismus. Nach gewaltt~itigen Auseinandersetzungen zwischen Anh~ingern der Falange und linker Parteien im M~irz 1936 in Madrid verbot die spanische Volksfront-Regierung die Falange. Primo de Rivera wurde inhafiiert, nach Ausbruch des Spanischen Biirgerkrieges verurteilt und im November 1936 erschossen. Vgl. Bernecker, Walther: Krieg in Spanien 19361939, Darmstadt 1997; N.N.: Falange, unter http://de.wikipedia.org/wiki/Falange, ges. 25.09.2006. 34 Juan Per6n, 1895-1974, war von 1946 bis zu seinem Sturz durch das Milit~ir 1955 Pr~isident von Argentinien und Anh~inger des italienischen und spanischen Faschismus. 1955 floh der Diktator ins Ausland. Peron propagierte einen Dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus, nationalisierte einen Teil der Industrie, betonte eine eigenst~indige wirtschafiliche Entwicklung Argentiniens und wollte einige soziale Elemente zur Verbesserung der Situation der BevOlkerung umsetzen (Peronismus). Unter Per6n wurde vielen NS-GrOBen der Aufenthalt in Argentinien gew~ihrt. Vgl. Giefer, Rena/Giefer, Thomas: Die Rattenlinie. Fluchtwege der Nazis, Weinheim 1995; Goni, Uki: Odessa: Die wahre Geschichte. Fluchthilfe for NS-Kriegsverbrecher, Berlin 2006. 35 Julius Evola, 1889-1974, hatte enge Verbindungen zur faschistischen Bewegung Italiens und zu Mussolini. Er ver6ffentlichte in regimetreuern Zeitschrifien und baute die Kaderschule ,,Socula Mistica del Fascismo" auf. In seinen Ver0ffentlichungen schrieb Evola gegen die Moderne, die Franz0sische Revolution und die Demokratie an und sah in der Arbeiterbewegung und im Sozialismus ein Indiz for den fortschreitenden Verfall einer urspriinglichen hierarchischen Ordnung an. 1941 ver0ffentlichte er das Werk ,,Sintesi di dottrina della razza". Die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs verbrachte er in Deutschland und kehrte nach dem Krieg nach Italien zurtick. 1951 wurde Evola wegen ,,Verherrlichung des Faschismus" und wegen ,,Bildung einer faschistischen Verschw6rung" inhafiiert, im folgenden Strafprozess jedoch freigesprochen. Zu Evola vgl. Drake, Richard H.: Julius Evola and the Ideological Origins of the Radical Right in Contemporary Italy, in: Merkl, Peter H. (Hg.): Political Violence and Terror: Motifs and Motivations, Berkeley 1986, S. 61-89; Sheehan, Thomas: Myth and Violence: The Fascism of Julius Evola and Alain de Benoist, in: Social Research, No. 48, Spring 1981, S. 45-83; Raabe, Jan/Speit, Andreas: Ritt aufdem Tiger, in: Jungle Worm 16.12.1998.
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der Die Saufeder, einem Theorieorgan von JN- und NHB-Funktion~iren aus Franken, breiten Raum einnehmen. 36 Die Terza Posizione (TP) um Roberto Fiore entstand 1977 als eine Str6mung innerhalb der aktionistischen Rechten und verstand sich als sozialrevolution~ire Bewegung, die sich gegen B lockdenken und Links-rechts-Schemata aussprach und sich Zielsetzungen und taktische Uberlegungen der damaligen nationalen und regionalistischen Beffeiungsbeweguangen zum Vorbild machte. Die in den Vorstellungen der TP wieder zu findenden Bruchstficke maoistischer Theorie und Praxis verbanden sich mit Elementen des faschistischen ,,squadrismo" und der rum~inischen Legion ,,Erzengel Michael". Aus Vermischung verschiedener Ideologien ergab sich eine Revolutionstheorie, die zur Schaffung des ,,neuen Menschen", des ,,politischen Soldaten" im Kampf selbst anregen soll. 37 Anh~inger dieser Strategie organisierten sich in selbstst~indig operierenden Kernen und stellten die Aktion den ideologischen Debatten voran. Die Uberlegungen der TP flossen in die strategischen Konzepte der englischen National Front ein, nachdem sich eine Anzahl italienischer Rechtsextremisten, darunter Roberto Fiore, im Winter 1980/81 zur Umgehung der strafrechtlichen Verfolgung u.a. im Zusammenhang mit dem von den rechtsterroristischen Nucleei Armati Rivoluzionari begangenen Anschlag auf den Bahnhof von Bologna nach England absetzte. Er wurde in Abwesenheit in Italien wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung zu einer langj~ihrigen Hattstrafe verurteilt, aber von England nicht ausgeliefert. 38 Fiore und die Terza Posizione gelten als Ideengeber der von dem Engl~inder Derek Holland gegrtindeten International Third Position (ITP), 39 am eindeutigsten wohl nachweisbar an der Konzeption des ,,politischen Soldaten" von Derek Holland. 4~Dieser Entwurf wurde in Einheit und Kampf in einem Beitrag von Derek Holland unter dem Titel ,,Der politische Soldat" vorgestellt. 41 Das Konzept des ,,politischen Soldaten" ist freilich nicht neu. Holland spielt mit dem Titel auf die historische SA (Sturm-Abteilung) an. So wurde im VOlkischen Beobachter 1931 verktindet: ,,Der SA-Mann ist der politische Soldat der NSDAP". 42 Auch Michael Ktihnen bezog sich in seiner Schrift ,,Die Zweite Revolution" positiv auf die historische SA und sah im Organisationsmodell SA und in der Person des SA-K~impfers die Elite eines neuen, politisch noch nicht durchgesetzten, wie auch des historischen Nationalsozialismus. Ktihnen, der das Manuskript w~ihrend einer Untersuchungs-
36 Vgl. Fischer, M.: C.Z. Codreanu und die Eiserne Garde, in: Die Saufeder, Nr. 6, Ausgabe 3/1991, S. 3-5; Raimund, F.: Primo de Rivera und die Falange, in: Die Saufeder, Nr. 9, Ausgabe 3/1992, S. 12-17; N.N.: Der t~konomische Unterbau der Legion ,,Erzengel Michael" und der ,,Eisernen Garde", in: Vorderste Front, Nr. 4, Mai 1993, S. 16-18; Evola, Julius: Meine Begegnung mit Codreanu (Nachdruck), in: Vorderste Front, Nr. 6, o.J., S. 30f. 37 Vgl. GreB, Franz: GroBbritannien, in: ders./Jaschke, Hans-Gerd/SchSnekfis, Klaus: Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa, Opladen 1990, S. 104-217, hier S. 149, 201 FuBnote 120. 38 Vgl. N.N.: Fascist fugitive worked for MI6, in: Searchlight, Nr. 168 (1989), June 1989, S. 10f. 39 Vgl. Fromm, Rainer/Kernbach, Barbara: ... und morgen die ganze Welt? Rechtsextreme Publizistik in Westeuropa, Marburg/Berlin 1994, S. 225. 4o Vgl. GreB: Grol3britannien, in: ders./Jaschke, Hans-Gerd/Sch~Snektis, Klaus: Neue Rechte .... Opladen 1990, S. 158f Ful3note 17. Zu Hollands Konzept des ,,politischen Soldaten" vgl. Searchlight (Hg.): From Ballots to Bombs. The Inside Story of the National Front's Political Soldiers, London 1989; Holland, Derek: The Political Soldier. A Statement, Croyden 1984. 4~ Vgl. Holland, Derek: Der politische Soldat, in: Einheit und Kampf Nr. 4, o.J. (1991), S. 32-43. Holland wird als ffihrendes Mitglied der International Third Position vorgestellt. 42 Vgl. VOlkischer Beobachter, Nr. 94 vom 04.04.1931, Beilage ,,Der SA-Mann", zitiert nach Balistier, Thomas: Gewalt und Ordnung. Kalkt~l und Faszination der SA, Miinster 1989, S. 45.
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1.2.2
Spanien
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haft am 20. April 1979 abgeschlossen haben will und die Arbeit Ernst R6hm widmete 43, schreibt, ,,dass das eigentliche Wesen dieser politischen Kampftruppe (...) im Ge~hl des bedingungslosen Gehorsam, des idealistischen, keine Mtihe und Opfer scheuenden Einsatzes und des begltickenden Wissens um eine Kameradschaft, die es nirgendwo anders so gibt, erlebt werden muss! Schon der Name 'Sturm-Abteilung' ist ein Programm. Einerseits ist die SA die eigentliche, k~impferische Elite der Partei, der StoBtrupp der Revolution, andererseits bleiben die Braunhemden eine A b t e i l u n g - eine Untergliederung- der deutschen Freiheitsbewegung. (...) SA-K~impfer sind politische Soldaten: Politisch, weil ihr Kampf ausschliel31ich der Zukunft unseres Volkes dient. Soldaten, weil sie eingebunden sind in Gehorsam, Disziplin und in die Notwendigkeiten und Gefahren des Kampfes. ''44 Seit 1996 verftigt die ITP tiber einige H~iuser im spanischen Weiler Los Pedriches, rund 90 Kilometer von Valencia entfernt. Das verlassene Doff kaufte ein spanischer Rechtsanwalt im Auftrag von Roberto Fiore und einem weiteren Italiener aus dem ehemaligen Umfeld der Nucleei Armati Rivoluzionari. Der Anwalt hatte dem Vorsteher der Gemeinde erkl~irt, hier solle ein landwirtschaftlicher Lehrbetrieb gegrtindet werden. Englische Neonazis schw~irmten in einem intemen Rundbrief von 1998 tiber ihre Aufenthalte in der ,,Kommune der freiwilligen Soldaten". Neben Engl~indem besuchen Rechtsextremisten aus Spanien, Polen und Frankreich den Ort. Der Wiederaufbau der H~iuser von Los Pedriches wird kontinuierlich auch im Jahr 2001 durch Mitglieder und Sympathisanten der ITP fortgesetzt. 45 Die Jungen Nationaldemokraten und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands haben bis heute gute Verbindungen zu Holland, was unter anderem ein Redebeitrag auf dem ,,6. Europ~iischen Kongress der Jugend" der JN im Oktober 1999 und ein Artikel Hollands in der Deutschen Stimme yon M~irz 2002 belegen. 46
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Neben den ideologischen Elementen der Terza Posizione beeinflussten Kontakte der Jungen Nationaldemokraten nach Spanien und Portugal die ersten Konzepte zu ,,befreiten Zonen". In einem Reisebericht einer JN-Delegation in diese beiden L~inder wird die Agitationst~itigkeit der seit Mitte der 1980er Jahre aktiven rechtsextremen autonomen Basisgruppen Bases Aut6nomas (BB.AA) begeistert dargestellt:
43 Vgl. Henning, Eike: ,,Wert habe ich nur als K~impfer".Rechtsextremistische Militanz und neonazistischer Terror, in: Faszination der Gewalt. Politische Strategie und Alltagserfahrung, Frankfurt am Main 1983, S. 89-122, hier S. 91, 117 Fugnote 7. 44Vgl. Kiihnen, Michael: Die Zweite Revolution. Mit einem Vorwortvon Christian Worch, unter http://www.nazilauck-nsdapao.com/kuehnen/Bdl_start.htm, ges. 28.10.2002. 45 Vgl. Wandler, Rainer: Ganz normale freundliche Nachbarn, in: die tageszeitung (taz) 23.11.1999; Wandler, Rainer: Wenn sich der nette Nachbar als Nazi entpuppt, Bund, 22.11.1999, siehe Homepage der Antifa Bern, unter http://www.antifa.chffexte/991122bundnazispanien.shtml, ges. 17.03.2004; Stephen Roth Institute (Hg.): Antisemitism Worldwide 2000/2001: Spain, unter http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw2000-1/spain.htm, ges. 17.03.2004; N.N." Un grupo nazi compra un pueblo en Espafia, in: El Pais 14.11.1999, unter http://nopasaran.nodo50.org/artpais.html,ges. 17.03.2004. 46 Vgl. Rodriguez, Miguel: Eingekaufl in Spanien, in: Der Rechte Rand, Nr. 62, Jan./Feb. 2000, S. 10; Holland, Derek: Der Weg zum politischen Soldaten, in: Deutsche Stimme, Nr. 3/2002, S. 17.
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,,Man kann heute nicht durch Madrid gehen, ohne mit den Parolen der Bases Aut6nomas (...) konfrontiert zu werden. Es gibt dort keine gr6Bere StraBe, die nicht mit ihren Forderungen zugesprtiht ist." Die einzelnen Basisgruppen arbeiteten selbstst~indig und widmeten sich jeweils bestimmten Projekten wie: ,,(...) Stadtteilarbeit, Herausgabe eines Comic-Magazins, Arbeit an einer Schule oder Universitat, Organisation eines FuBballfanclubs, Veranstaltung von Konzerten mit nationalistischen Bands, Verteidigung von Kameraden vor Gericht USW. "47
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Zum Grtindungsjahr der Bases Aut6nomas gibt es unterschiedliche Angaben. Das Londoner Institute for Jewish Policy Research legt deren Grtindung durch die inzwischen aufgel6ste Coordinadora Nacional de Estudiantes Nacional Revolucionaria (CNENR, Nationale Koordination Nationalrevolution~irer Smdenten) 48 in das Jahr 1987. In einer anderen Ver6ffentlichungen hingegen heiBt es, dass im Jahr 1984 die Confederaci6n Nacional Revolucionaria de Bases Aut6nomas (Nationalrevolution~ire KonfSderation der Autonomen Basen) sowie deren Publikation La Peste Negra (Die Schwarze Pest) entstand, von der sich 1988 ein GroBteil der Mitglieder abspaltete und den Namen Bases Aut6nomas annahm. 49 Jim6nez hingegen schreibt: ,,Bases Autdnomas (Autonomous Bases) was formed in 1983. ,,50 Die Bases Aut6nomas lehnten das parlamentarische System und die btirgerliche Gesellschaft ab und konnten anfangs nicht klar auf eine politische Richttmg festgelegt werden. So organisierten sie einerseits eine Ausstellung zu Jos6 Antonio Primo de Rivera, dem Mitbegrfinder der spanischen Falange, andererseits eine zu Buenavenmra Durruti, dem exponiertesten Vertreter der anarchistischen Kampfeinheiten im spanischen Btirgerkrieg. Zu den Aktivit~iten der Bases Aut6nomas berichtet die Einheit und Kampf. ,,(...) unter dem Namen BB.AA tritt man zu gr/3Beren Kampagnen auf, wie z.B. der Wahlenthaltungskampagne zu den Europa-Wahlen oder den Madrider Chaostagen.''51
47 Beide Zitate: N.N.: Abt. Ausland. JN-Delegation in Portugal und Spanien, in: Emheit und Kampf, Nr. 1, Juli 1990, S. 32-34. 48 Vgl. Institute for Jewish Policy Research London (Hg.): Antisemitism and Xenophopia today, Spain. Latest u p d a t e - December 1996, unter http://www.axt.org.uk/antisern/archive/archive 1/spain/spain.htm, ges. 20.03.2004. Die Nationale Koordination Nationalrevolutiondirer Studenten (CNENR) wiederum ging im Jahr 1984 aus Circulo Espanol de Amigos de Europa, besser bekannt unter Cedade (Freunde Europas) hervor. Vgl. dazu auch Adfin Revilla, Teresa: Ultras y skinheads: La juventud visible. Im~igenes, estilos y conflictos de las subculturas juveniles en Espafia, Madrid 1996. Ein Textabschnitt zu den Bases A ut6nomas unter http://www.xarxa.infomataro.net/mem/quefem/denip/ultras.doc, ges. 01.03.2004. 49 Vgl. Morales, Jos6 Luis: Aunque los Nazis se vistan de seda, ,,Articulo 20" no. 51, 08.11.1999, unter http://nopasaran.nodo50.org/articulo.html, ges. 01.03.2004. 5o Vgl. Jim6nez, Jos6 L. Rodriguez: Antisemitism and the Extreme Right in Spain (1962-1997). Acta No 15 Analysis of Current Trends in Antisemitism, 1999 hg. von SICSA, The Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism/The Hebrew University of Jerusalem, unter http://sicsa.huji.ac.il/15spain.html, ges. 01.03.2004. 5~ N.N.: Abt. Ausland .... in: Einheit und Kampf, Nr. 1, Juli 1990, S. 32-34.
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A u f den Anktindigungsschriflen ~ r diese ,,Chaostage" wurde das Wort ,,Chaos" unter Benutzung des yon AktivistInnen der europ~iischen Hausbesetzer- und Jugendrevolten zu Beginn der 1980er Jahre vielfach genutzten ,,A" im F~eis (ftir ,,Anarchie"), das ,,O" wurde als Keltenkreuz (ein h~iufig von Rechtsextremisten benutztes Symbol) geschrieben. It~e Publikation A p o t ellos.t (tibersetzbar mit ,,Kriegt sie!") hatte als Logo eine schwarze Ratte mit Keltenkreuz und verbreitete unter anderem Tipps zum Aufbau von Nachbarschaftsvereinen, Studenten- und Kulturzirkeln oder Jugendgruppen. 52 Die Bases Aut6nomas sind als ,,Anarcho-Nazis" beschreibbar, die nach Jim6nez in ihren Schriften und Aktionen in ihrer politischen Botschaft ,,Chaos und nationalen Sozialismus" (,,a message of chaos and national socialism") 53 kombinierten und tiber diese Mischung eine Einbindung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in rechtsextreme politische Aktivit~iten f'6rdern wollten. Die Bases Aut6nomas waren in unabh~ingigen, klandestinen Zellen organisiert und agierten nach der Strategie des ,,Ftihrerlosen Widerstandes" (,,Leaderless Resistance"). Anfangs im studentischen Milieu angesiedelt wurden die Bases Aut6nomas sp~iter yon rechtsextremen Skinheads und sogenannten ,,Ultras" aus dem gewaltbereiten Hooligan-Spektrum, wie zum Beispiel yon Mitgliedern des Ultrasur-Fanclubs von Real Madrid oder v o n d e r Frente Atl6tico von Atl6tico Madrid, untersttitzt. 54 Die Bases Aut6nomas waren die Zahl ihrer Mitglieder betreffend eine kleine, dennoch sehr aktive Gruppierung. live Mitglieder waren mehrheitlich in den spanischen GroBst~idten, vor allem in Madrid, zu Hause. Massive Propaganda gegen Einwanderer und Juden, oftmals verbreitet durch rassistische und antisemitische Graffitis und gesprt~te Slogans verschaffte ihnen einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bev61kerung. 55 Dartiber hinaus waren BB.AAler fiir eine Vielzahl yon gewaltt~itigen Angriffen gegen Minderheiten verantwortlich. ~6 Aktivisten der Bases Aut6nomas beteiligten sich an der Herausgabe verschiedener rassistischer und rechtsextremer Publikationen ,, 57 und an der Grtindung des in Valencia ans~issigen RechtsRock-Labels , , R a t a - I a - J a . 1997 machten einige Mitglieder der Bases Aut6nomas von sich reden, als sic die baskische ex- -
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52 Vgl.Tuttle, Richard: Espagne. Le grand vide de l'apr6s Franco, in: Collectif Reflexes (Hg.): L'Europe .... Paris 1992, S. 87-100, hier S. 94; Fromm/Kernbach: ... und morgen.... Marburg/Berlin 1994, S. 293f. 53Vgl. Jim6nez: Antisemitism and the Extreme Right .... unter http://sicsa.huji.ac.il/15spain.html, ges. 01.03.2004. 54Vgl. Institute for Jewish Policy Research/American Jewish Committee (Hg.): Antisemitism. World-Report 1996, London/New York 1996, S. 228. Vor allem die Orgulla Vikingo (Stolz der Wikinger), eine der gewaltt~itigsten Gruppen von Ultrasur und die Secci6n TNT, die in der Frente Atldtico integriert ist, hatten enge Verbindungen zu den Bases Aut6nomas. Vgl. Morales: Aunque los Nazis.... unter http://nopasaran.nodo50.org/articulo.html, ges. 01.03.2004. 55Vgl. Jim6nez: Antisemitism and the Extreme Right .... unter http://sicsa.huji.ac.il/15spain.html, ges. 01.03.2004. 56Vgl. Institute for Jewish Policy Research u.a (Hg.): Antisemitism. World-Report 1996, London/New York 1996, S. 228; Stephen Roth Institute (Hg.): Antisemitism Worldwide 1997/1998: Spain, unter http://www.tau.ac.il/AntiSemitism/asw97-8/spain.html, ges. 17.03.2004; United Nations High Commissioner for Human Rights (Hg.): Thirteenth periodic reports of States parties due in 1994: Spain. 03/05/95. CERD/C/263/Add.5. (State Party Report), Geneva 1995, unter http://www.unhchr.ch/TBS/doc.nsf/0/4540ad81d312afd78025654f00519c73?OpenDocument, ges. 17.03.2004. Aufsehen erregte beispielsweise der Mord an einer Dominikanerin im November 1992, ftir den neben einem Mitglied der Guardia Civil drei junge Erwachsene mit Verbindungen zu BB.AA zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Vgl. Anti-Defamation League (Hg.): The Skinhead International: A Worldwide Survey of Neo-Nazi Skinheads. The Skinhead International: Spain, New York 1995, unter http://wwwl.ca.nizkor.org/hweb/orgs/american/adl/skinhead-international/skins-spain.html, ges. 20.03.2004. 57 Vgl. Institute for Jewish Policy Research u.a. (Hg.): Antisemitism. World-Report 1996, London/New York 1996, S. 228, 230; Stephen Roth Institute (Hg.): Antisemitism Worldwide 1999/2000: Spain, unter http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw99-2000/spain.htm, ges. 17.03.2004.
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1.2.3
Portugal
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treme Linke als einzige nennenswerte Bewegung in Spanien benannten, die sowohl mit dem btirgerlichen System als auch mit der Monarchie gebrochen h~itte. In einem Interview mit dem rechtsextremen Skinzine Mundo Bruto (Brutale Welt) bezeichneten BB.AAIer zudem Herri Batasuna, den politischen Fltigel der baskischen Euskadi Ta Askatasuna (ETA), als die Vorhut der ,,Third Position". 58 Die Bases Aut6nomas hatten sich Ende der 1990er Jahre fast komplett aufgel6st. Ihre Angeh6rigen gingen in andere rechtsextremen Smakmren oder zu eher kulmrell arbeitenden rechtsextremen Organisationen (beispielsweise der Falange oder der Coordinadora Nacionalista Revolucionaria (Koordination Revolution~irer Nationalisten)). Einige Zellen der Bases Aut6nomas arbeiteten unter anderem Namen ohne Unterbrechung weiter, andere ehemalige BB.AA-Kreise pflegten weiterhin den Kontakt zu Madrider HooliganGruppierungen, manche ehemaligen Aktivisten engagierten sich wiederum federftihrend in der 1995 gegrfindeten rechtsextremen Partei Democracia Nacional, die sich inhaltlich stark an der franz6sischen Front National von Jean-Marie Le Pen orientierte. 59 Bei Wahlen war die DN bislang wenig erfolgreich. Sie erhielt bei den spanischen Parlamentswahlen 2000 lediglich 0,01 Prozent der Stimmen6~und bei den Wahlen zum Europ~iischen Parlament im Juni 2004 waren es 0,04 Prozent. Ftir den Niedergang der Bases Aut6nomas werden ihre wenig stabilen Strukturen verantwortlich gemacht. So wird auf einer rechtsextremen Homepage festgestellt: ,,The problem of the BB.AA was that they don't have solids structures, they don't have a good internal organization, and the incontrolated 'direct action' violence put them in the press, so the police were always investigating these org. 'r
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Zu Portugal heiBt es, dass dort die Vemetzungsbemtihungen zwischen rechtsextremen Gruppierungen weiter fortgeschritten seien als in Spanien oder der Bundesrepublik. Dort h~itten sich ,,bereits vor einigen Jahren eine Reihe von nationalistischen Basisgruppen zum Movimento Acf6o Nacional (Bewegung der nationalen Aktion) zusammengeschlossen." Vor allem im GroBraum von Lissabon und in Porto l~igen deren die Hochburgen. ,,Dort ist ihre Sichtwirkung ~ihnlich pr~isent wie die yon BB.AA in Madrid (...).,,62 Die 1985 gegrtindete Movimento de Ac96o Nacional (MAN) war Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre die aktivste rechtsextreme Gruppierung in Portugal. Sie 16ste sich s8 Vgl. Stephen Roth Institute (Hg.): Antisemitism Worldwide 1997/1998: Spain, unter http://www.tau.ac.il/AntiSemitism/asw97-8/spain.html, ges. 17.03.2004. s9 Vgl. Fekete, Liz: Racist attacks up by 65% in 1995, Institute for Race Relations, unter http://www.irr.•rg.uk/eur•pebu••etin/spain/extremeright-p••itics/•996/ak•••••5.htm•• ges. 20.03.2004; Stephen Roth Institute (Hg.): Antisemitism Worldwide 2000/2001: Spain, unter http://www.tau.ac.il/AntiSemitism/asw2000-1/spain.htm, ges. 17.03.2004; ders. (Hg.): Antisemitism Worldwide 1999/2000: Spain, unter http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw99-2000/spain.htm, ges. 17.03.2004; ders. (Hg.): Antisemitism Worldwide 1998/1999: Spain, unter http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw98-9/spain.html, ges. 17.03.2004; ders. (Hg.): Antisemitism Worldwide 2002/2003: Spain, unter http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw2OO2-3/spain.htm, ges. 17.03.2004. 60 Vgl. Camus, Jean-Yves: Alles was rechts ist, in: taz 17.05.2002. 61 N.N.: Political Situation in Spain, unter http://www.libreopinion.com/members/ ch1492/englishversion.html, ges. 20.03.2004. Es handelt sich hierbei um eine Webpage der rechtsextremen Musikszene Englands. 62 N.N.: Abt. Ausland .... in: Einheit und Kampf Nr. 1, Juli 1990, S. 32-34, hier S. 34.
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1993 selbst auf. Ausschlaggebend ~ r die Aufl6sung waren Verurteilungen von ftihrenden Kadern infolge von mehreren, teils t6dlichen Angriffen auf Migranten, die von Skinheads mit Kontakten zu MAN begangen wurden und ein Verbotsantrag beim portugiesischen Verfassungsgericht. 63 Die Movimento de Ac96o Nacional vertrat das Konzept eines ,,nationalistischen" Staates, der nicht per Wahlen eingesetzt werden sollte, sondern durch einen ,,Dritten Weg" erreicht werden sollte. Die Aktivisten der MAN bezeichneten sich als ,,racialistas ''64, die eine ,,Rassenreinheit" durchsetzten wollten und sich gegen eine Koexistenz und eine ,,Vermischung" verschiedener Rassen" im gleichen Territorium aussprachen. Sie verkfindeten diese Konzeption in einer Art und Weise, die unzweifelhafl Ausl~inderfeindlichkeit und Rassenhass Vorschub leistete. In ihren Publikationen und Stellungnahmen hoben Mitglieder der MAN Personen hervor, die als wichtige Vertreter und Identifikationsfiguren des Nationalsozialismus, des italienischen Faschismus und auch des portugiesischen Korporativismus gelten. 65 Symbol der Organisation war ein weil3es Keltenkreuz auf schwarzem Hintergrund. 66 Enge Verbindungen besaf5 MAN zu portugiesischen Skinhead- und Hooligan-Gruppierungen.
Frankreich
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1.2.4
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Vgl.
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Einen weiteren Hinweis darauf, dass die rechtsextremen Konzepte und Diskussionen um ,,befreite Zonen" aus dem Kreis der Propagandisten des ,,Dritten Weges" entwickelt wurden, gibt der Blick nach Frankreich. Die 1991 aus dem radikalen Fltigel der Gruppe TroisiOme Voie hervorgegangene Organisation Nouvelle R~sistance (NR), die sich auch als die franz6sische Sektion der europaweit agierenden Front EuropOen de Lib&ation (FEL, Europ~iische Befreiungsfront) bezeichnete, verfolgte unter Christian Bouchet eine Strategie der ,,Gegenmacht". 67 Vorgestellt wurde sie in der programmatischen Schrift ,,Pour la cause du peuple". Langsam aber sicher sollte die ,,Autorit~it und Legitimation des Systems" untergraben werden. Um dies verwirklichen zu k6nnen, untersttitzte die Nouvelle ROsistance die Bildung ,,befreiter Zonen" und die ,,Verwirklichung konkreter Utopien im Herzen der Bestie". 68 Eine Gegengesellschaft besttinde aus einem dezentralisierten Netzwerk von alternaAlves,
Ricardo:
Extrema
Direita
(do
Relat6rio
Anual
do
SOS
RACISMO
2002),
unter
http://www.sosracismo.pt/rel2OO2/direita.htm, FuBnote 1, ges. 01.03.2004; The European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia: Looking Reality in the Face. The Situation regarding Racism and Xenophobia in the European Community. Annual Report 1998, Part II, Wien 1999, S. 34. 64 Rassisten w~ren ,,racistas". ,,Racialistas" kann iibersetzt werden mit: Anh~inger einer Rassenideologie oder ... definieren sich tiber eine Rassenideologie. 65 Vgl. Antrag beim portugiesischen Verfassungsgericht zum Verbot der Movimento de Acg6o Nacional (MAN), A C 6 R D A O N ~ 17/94 de 18 de Janeiro, Processo n ~ 364/91, Acordam, em sess~o plemiria, no Tribunal Constitucional, unter http://www.tribunalconstitucional.pt/acordaos/Acordaos94/1100/1794.htm, ges. 01.03.2004. 66 Vgl. N.N.: National Action Movement/Movimento de Acg~o Nacional, unter http://www.fahnenversand.de/fotw/flags/pt%7Dnaz.html, ges. 19.03.2004; N.N.: Movimento de A c ~ o Nacional, unter http://www.terravista.pt/guincho/1421/bandeira/pt%7Dterr.htm, ges. 19.03.2004. 67 Vgl. Interview mit Christian Bouchet, unter http://autarky.rosenoire.org/nrf/nrfinterview2.html, ges. 04.12.2002. Erstmals abgedruckt in The English Alternative Magazine, Nr. 9, Summer 1998. Das Magazin ist eine Publikation der britischen National Revolutionary Fraction, die Positionen des ,,Dritten Weges" vertritt. 68 Pour la cause du Peuple, 22-4. Zitiert nach: Bale, Jeffrey M.: ,,National revolutionary" groupuscules and the resurgence of,,left-wing" fascism: the case of France's Nouvelle R6sistance, in: Patterns of Prejudice, Nr. 3/2002, S. 24-49, hier S. 36. Die Zitate beruhen auf einer Riickiibersetzung des franz6sischen Originaltextes aus dem
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tiven Einrichtungen (kleine Gesch~i~e, Kooperativen, landwirtschaftliche Gemeinden und Vereinigungen, Medienvertriebe, handwerkliche Untemehmen), und operiere inmitten der Mehrheitsgesellschaft. Dies untersttitze die 6konomische Unabh~ingigkeit und Selbstversorgung. Die N R ging von einer Anschluss- und Biandnisf~ihigkeit ihrer Standpunkte und Aktivit~iten mit Positionen von oppositionellen Gruppen aus dem linken Spektrum aus und setzte auf eine ,,organische Graswurzeldemokratie" und auf unterstOtzende Organisationseinheiten, die auf jeder Stufe nach besten Kr~iften und F~ihigkeiten Entscheidungen treffen. 69 Sie erkl~irte sich mit diversen nationalen und regionalistischen Befreiungsbewegungen wie der baskischen Euskadi Ta Askatasuna (ETA), der korsischen Front National de Liberation Corse (FLNC) oder der Irish Republican Army (IRA) solidarisch. 7~ Zudem agitierte die N R gegen den ,,Coca-Cola-Kolonialismus", untersttitzte Forderungen der franz6sischen Bauern- und Okologiebewegung und er~rterte intensiv das Vorgehen westeurop~iischer und lateinamerikanischer bewaffneter Gruppen des linken Spektrums wie der franztisischen Action Directe, der italienischen Brigate Rosso oder der Tupamaros aus Uruguay. 71 13ber die Schulungsmaterial- und Propagandavers~inde der Nouvelle R~sistance waren Schri~en wie ,,De Jeune Europe aux Brigades Rouges, antiam6ricanisme et logique de l'engagement r6volutionaire ''72 oder T-Shirts mit dem Motiv eines Kombattanten der IRA mit dem Text ,,En avant jusqu'a la Victoire" oder einer mit ,,Pal~istinensertuch" vermummten Person und dem Text ,,Intifada jusqu'a la Victoire ''v3, zu beziehen. Das letztgenannte Motiv mit eingedeutschtem Text ,,Intifada bis zum Sieg" zierte 1991 das Titelblatt der Vordersten Front, in welcher der Beitrag ,,Schafft befreite Zonen" erstmals ver6ffentlicht wurde. Sowohl die Jungen Nationaldemokraten als auch Nachfolgeorganisationen der 1992 verbotenen Nationalistischen Front (NF) wie die Sozialrevolution(~re Arbeiterfront (SrA) um Steffen Hupka und Andreas Pohl oder ihre Brandenburger Jugendorganisation, das F6rderwerk Mitteldeutsche Jugend (FMJ), standen im Kontakt mit der Nouvelle R~sistance. In deren Zeitschrift Lutte du Peuple wurden die Publikationen Vorderste Front, Einheit und Kampf, der von Hupka herausgegebene Umbruch und der Angriff des FMJ beworben. Das Postfach der SrA wurde als deutsche Kontaktadresse der Front Europ~en de Liberation aufgeftih/'t. 74
Englischen. Leider gelang es nicht, die Originalschrift einzusehen. Die Website, auf welcher Schriflen der verschiedenen von Bouchet (mit)gegrtindeten Gruppen abrufbar war (http://www.unite-radicale.com), ist aufgrund des Verbotes der Unit~Radicale nach einem versuchten Attentat auf Jacques Chirac am 14. Juli 2002 nicht mehr zu erreichen. Zu Bouchet und seinen Ttitigkeiten siehe: Camus, Jean-Yves/Monzat Ren6: Les Droites nationales et radicales en France, Lyon 1992. 69Vgl. Interview mit Christian Bouchet, unter http://autarky.rosenoire.org/nrf/nrfinterview2.html, ges. 04.12.2002. 70Vgl. Faubert, Serge/Szac-Jacquell, Murielle: Des taupes brunes chez les jeunes Verts, in: L 'Evenement du Jeudi, 5 au 11 Novembre 1992, S. 94. 71 Vgl. N.N.: A lire Guerilla, in: Lutte du Peuple. Mensuel pour un Nouvelle Rdsistance, Nr. 19, D6cembre 1993/Janvier 1994, S. 14. 72Vgl. ARS Edition Diffusion Katalog 1994, Nantes 1994, S. 4. 73Vgl. Catalogue Et6 1994 der NR Editions, Paris 1994, o.S. 74Vgl. N.N.: Nouvelles du Front Europ6en de Lib6ration, in: Lutte du Peuple, Nr. 22, Mai-Juin 1994, S. 10; N.N.: De Galway/t Vladivostok, Le Front Europ6en de Lib6ration, in: Lutte du Peuple, Nr. 23, Septembre/Octobre 1994, S. 2; N.N.: Nouvelles du Front Europ6en de Lib6ration, in: Lutte du Peuple, Nr. 23, Septembre/Octobre 1994, S. 8-9; N.N.: Decouvrez la Presse NR Europ6en, in: Lutte du Peuple, Nr. 23, Septembre/Octobre 1994, S. 11.
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Obwohl die Nouvelle ROsistance nur eine geringe Mitgliederzahl (100 bis 200 Personen) vorweisen konnte, hatte sie u.a. durch die publizistische T~itigkeit Bouchets einen wichtigen Einfluss auf die Diskussionen der national-revolution~iren orientierten Str6mungen innerhalb der franz0sischen extremen Rechten. Bouchet fungierte als Herausgeber mehrerer Publikationen, beispielsweise der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift Lutte Du Peuple (Kampf des Volkes), die mit einer Auflage von etwa 3.000 StOck erschien. 75 Ende 1997 schlossen sich die NR und die 1969 gegrtindete Studentenorganisation Groupe Union Ddfense (GUD) zusammen, um unter dem Namen Unit~ Radical nunmehr gemeinsam zu agieren. Die GUD war vornehmlich im Raum Paris aktiv und eine sehr gewaltt~itige Gruppe, die durch 0bergriff auf ausl~indische und jtidische Studenten auf dem Universit~itsCampus auffiel. Sie war bis zu ihrem Verbot im August 2002 eine der fi~hrenden rechtsextremen Organisationen des militanten Spektrums. Das Verbot wurde ausgesprochen in Folge eines Attentatsversuches durch ein Mitglied der Unitd Radical auf den damaligen Staatspr~isidenten Chirac am 14. Juli 2002. 76
1.2.5
Bundesrepublik Deutschland
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Auf die vor 1990 in der Bundesrepublik geRihrten Diskussionen rechtsextremer Grtippchen mit nationalrevolution~er Ausrichtung nehmen die beiden ,,Zonen"-Texte nicht explizit Bezug, dennoch stehen sie den dort ge~hrten Debatten nahe. Die gesellschaftlichen Neuorientierungen in den 1960er Jahren Ftihrte in der Bundesrepublik zu einer Intellektualisierung rechtsextremer Zirkel, die fortan unter dem Etikett ,,Neue Rechte" respektive ,,Junge Rechte" firmierte. Die ,,Neue Rechte" versuchte mit Anleihen bei den Theoretikem der Konservativen Revolution und den Weimarer Nationalrevolution~iren einen ,,Dritten Weg" zwischen Kapitalismus und Kommunismus zu begrOnden. Bedingt durch einen Generationswechsel- die Hauptprotagonisten dieser Str0mung in der rechtsextremen Diskussionslandschaft entstammten mehrheitlich den sogenannten ,,weiBen Jahrg~ingen", deren politische Sozialisation eher von den Folgen des Dritten Reichs als vom Nationalsozialismus gepr~igt w a r - deutete sich nach Sch6nek~is ein Lernprozess an, ,,der tiber die linke Studentenrevolte auch jugendliche Teile des Rechten Lagers beeinflusst hat. ''77 In Basisgruppen ftihrten rechte/rechtsextreme Schtilerlnnen, Studentlnnen und junge Intellektuelle eine Theoriediskussion, um an die Gesellschaftskritik und Aktionsformen der ,,Neuen Linken" anzuschliel3en. Unter dem Motto ,,Wir mtissen vonder Neuen Linken lernen. Lernen etwa, dass die Gesellschaft revolutioniert werden muss, dass in der Gesellschaft keine Tradition heilig ist, dass Staat niemals von vorneherein gut ist ( ....). Lernen auch, dass Unruhe 75 Vgl. Institute for Jewish Policy Research u.a. (Hg.): Antisemitism. World-Report 1996, London/New York 1996, S. 116-126, hier S. 120, 123. 76 Zu den Verbindungen der Unit~ Radicale mit Christian Bouchet und der Nouvelle R~sistance vgl. Griffin, Roger: Net Gains und GUD Reactions. Patterns of Prejudice in an Neo-fascist Groupuscule, in: Patterns of Prejudice, no. 2/1999, S. 31-46; Atkinson, Graeme: Nazi shooter targets Chirac, in: Searchlight, Nr. 326, August 2002, S. 4-5; Schmid, Bernhard: Die Unit6 radicale, in: Antifaschistische Nachrichten, Nr. 16/2002 vom 01.08.2002, S. 8f; Stephen Roth Institute, Tel Aviv (Hg.): Antisemitism Worldwide 2001/2002: France, unter http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw2001-2/france.htm, ges. 19.03.2004. 77 Sch0nek~s, Klaus: Bundesrepublik Deutschland, in: ders./Grel3/Jaschke: Neue Rechte .... Opladen 1990, S. 218311, hier S. 243.
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die erste Btirgerpflicht ist, dass nur Aktionen Erfolge bringen ''78 wurde sich von den ,,ewig gestrigen" NS-Apologeten abgesetzt und das Themenspektrum der rechtsextremen Diskussionen erweiterte sich um 6kologische Fragen, die Kritik an kapitalistischen Produktionsweisen samt dem Entwurf eines ,,europ~iischen Sozialismus", um Rtismngskritik bis hin zu Diskussionen um Gleichberechtigung und sozialer Emanzipation von Frauen. Die Debatten mtindeten im Nationalrevolution~iren Manifest der 1972 gegrfindeten NPD-Abspalmng Aktion Neue Rechte (ANR), der sich zahlreiche Nationalrevolution~ire anschlossen. In diesem Manifest werden gleichermaf3en der US-amerikanische und der sowjetische Imperialismus gegeigelt und ein Befreiungsnationalismus propagiert, der eine sozialistische Nation Europa unter Bewahnmg der europ~iischen ,,biologischen und kulturellen Substanz ''79 zum Ziel hatte. 8~ Da von Anfang an drei Fraktionen der extremen Rechten- junge Intellektuelle aus nationalrevolution~iren Basisgruppen, nationalkonservative NPD-Funktion~ire und Vertreter einer hitleristischen Richtung- in der ANR um eine ideologische Vormachtstellung rangelten, spaltete sich die Gruppe innerhalb kurzer Zeit. In der Folgezeit grfindeten sich weitere Organisationen nationalrevolution~irer Ausrichtung, die in ihrer Programmatik jeweils regionalistische, solidaristische 81 oder ethnopluralistische/nationalistische Konzepte bevorzugten. Obwohl sich immer wieder Ankntipfungspunkte an den gesamtgesellschattlichen Diskurs in der Bundesrepublik zeigten, blieb der Einfluss dieser rechtsextremen Konzepte gering. 82
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78 Waldmann, Gert (d.i. Giinther, Wolfgang): Von der Linken lemen. Respektlose Gedanken eines jungen Nationalisten, in: Nation & Europa, Nr. 8/1969, S. 23f, zitiert nach: Jesse, Eckhard: Von der Linken lernen? - Vier rechtsextremistische Intellektuelle im Vergleich, in: Backes (Hg.): Rechtsextreme Ideologien .... K61n/Weimar/Wien 2003, S. 261-288, hier S. 284. 79 Bartsch, Gianther: Revolution yon rechts? Ideologie und Organisation der Neuen Rechten, Freiburg i. Br. 1975, S. 56ff, zitiert nach Schulz, H. C./Schulze-Marmeling, Dietrich: Was will die ,,Neue Rechte"?, in: Peters, Jan (Hg.): Nationaler ,,Sozialismus" von Rechts, Berlin 1980, S. 49. 80 Zu den Inhalten der rechtsextremen nationalrevolution~rer Gruppen vgl. Pr6huber, Karl-Heinz: Die nationalrevolution~ire Bewegung in Westdeutschland, Hamburg 1980. 81 Der Solidarismus ist ursprtinglich eine Richtung der katholischen Sozialphilosophie, die im gerechten Ausgleich zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft das Gemeinwohl zu f'ordem versucht. Die von Heinrich Pesch (1854-1926) entworfene Theorie plfidierte far eine gruppentibergreifende Solidarit~t im Sinne des Gemeinwohls und entstand im Zeichen der zunehmenden Verschfirfung der sozialen Frage im letzten Drittel des 19. Jahrhundens. Ernst Leuninger, Professor em. der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar, erklfirt den katholischen Solidarismus folgendermaBen: ,,Gesellschaftliches Handeln muss ebenso solidarisch sein. Diese Solidaritfit wird einerseits gegen den Individualismus gesetzt, wo jeder sich selbst der Ntichste ist und den Kollektivismus, wo der Einzelne nahezu nichts, aber die Gemeinschaft alles bedeutet. Solidarismus soil von daher als ein Weg, als eine Art Dritter Weg zwischen Individualismus und Kollektivismus verstanden werden (...). Das Wohl des Ganzen, far die jeder Einzelne haftbar ist (,,Gemeinverhaftung") ist das Gemeinwohl (bonum commune)." Vgl. Leuninger, Ernst: Bildungswerk der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Di6zese Limburg, Kurs Katholische Soziallehre: 3. Einheit: Ansfitze der Katholischen Soziallehre, unter http://www.kath-soziallehre.de/kurs3.htm, ges. 24.09.2006. Solidarismus-Konzepte wurden auch von einigen Anhangem der friihen NSDAP vertreten. Ein exponierter Vertreter dieser Str6mung war Otto Strasser. Vgl. Deutsches Historisches Museum Berlin, unter http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/StrasserOtto/index.html, ges. 12.02.2006; Informationsdienst gegen Rechtsextremismus, unter http://lexikon.idgr.de/s/s_t/strasser-otto/strasser-otto.php, ges. 12.02.2006. Die Solidarismuskonzeption der bundesrepublikanischen extremen Rechten in den 1970er Jahren beinhaltete neben einer Kritik am politischen und 6konomischen Marxismus und am Liberalismus ein Pl~idoyer far einen volkssozialistischen Staat organischer Pr~igung. Vgl. Pr6huber: Die nationalrevolutionfire Bewegung .... Hamburg 1980, S. 125. 82 Vgl. Schulz/Schulze-Marmeling: Was will .... in: Peters (Hg.): Nationaler ,,Sozialismus" ..., Berlin 1980, S. 4855; Peter, Jan/Thesen, Mathias: Rechtsradikale im grtinen G e w a n d e - Fakten und Trends, in: Tr~gerkreis far einen
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1.3 Das Konzept ,,befreiter Zonen" im deutschen Rechtsextremismus
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Die ersten 12Iberlegungen zu ,,beffeiten Zonen" in rechtsextremen Zirkeln der Bundesrepublik speisen sich sowohl aus der Aufnahme der dargestellten Erfahrungen und Positionen westeurop/~ischer rechtsextremer Gruppierungen aus dem Umfeld der ,,Dritten Position" als auch aus der Rezeption der Ideengeber faschistischer Bewegungen der Zwischenkriegszeit und pers6nlichen Kontakten zu Vertretem der ,,Dritten Position". Aufgegriffen werden zudem Strategien trikontinentaler Befreiungsbewegungen und der westeurop/fischen Stadtguerilla sowie der Praxis linker sozialer Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre, die in ein rechtsextremes Interventionskonzept t~bertragen wurden. 83 Sie stehen zudem in engem Zusammenhang einer individuellen 6konomischen Absicherung rechter Gesinnungsgenossen und der Verfestigung und Verbesserung der eigenen Strukturen. Bausteine ffir ein wirkungsvolleres, t~ber den eigenen kleinen Kreis hinausgehendes System der Einflussnahme auf Teile der Bev61kerung werden genannt. So wurde auch in Artikeln in der Deutschen Stimme aus den Jahren 1999 und 2000 auf die Notwendigkeit ,,couragierter Gegenmacht" aufmerksam gemacht und angemerkt: ,,Von der Geschichte der Arbeiterbewegung fiber jene der IRA fiber die baskische Gegenkultur und die politisch-kulturelle Alltagsarbeit italienischer oder franz6sischer Nonkonformisten 84 bis hin zu strukturellen Erfahrungen der Linken in der Zeit der 68er-Revolte und der 'Notstandsgesetze' gibt es auch gent~gend Denkanst6ge, die irn Hinblick auf die Schaffung 'beffeiter Zonen' zur Reflexion einladen. ''85 Bei Mayer wird das seit den Studentenunruhen der 1960er Jahre yon linken Gruppen aufgebaute Netzwerk von Buchl/~den, Kultur- und Sozialeinrichtungen als vorbildlich gelobt und auf die Notwendigkeit einer vergleichbaren Infrastruktur von ,,eigenen" Kneipen, L/iden, Zeitschriften, Radiosendungen und Intemetpr/~sentationen hingewiesen. 86 Der Gesichtspunkt territorialer Aneignung hat defensiven Charakter, gewaltf6rmige Praktiken der Raumaneignung werden nicht diskutiert. Der Versuch der ideellen Beeinflussung im Alltag und die Absicherung des eigenen, auch politischen 121berlebens, stehen im Vordergrund. Eine Debatte urn die reale Ausgestaltung yon ,,befreiten Zonen" l~isst sich in den beiden Publikationen, in denen die ,,Ursprungstexte" zu ,,national befreiten Zonen" zu finden sind, bis zu den jeweils letzten Ausgaben der Einheit und Kampfvon August 1997 und der Vordersten Front im Jahr 2001 nicht nachweisen. antifaschistischen Informationsdienst (Hg.): Antifaschistische Informationen, Nr. 2, September/Oktober 1980, S. 13-19; Dudek/Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus .... Band 1, Opladen 1984, S. 158164; Feit, Margret: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Organisation, Ideologie, Strategie, Frankfurt am Main/New York 1987; Pfeiffer, Thomas: Die Kultur als Machtfrage. Die Neue Rechte in Deutschland, hg. vom Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Abteilung Verfassungsschutz, Dt~sseldorf 2003. 83 Vgl. Jaschke, Hans-Gerd: Rechtsextremismus: Aktuelle Lage und Entwicklung, in: Ahlheim, Klaus (Hg.): Intervenieren, nicht resignieren, Schwalbach/Ts. 2003, S. 11-24, hier S. 17; Hainsworth, Paul: The extreme Right in Post-War France, in: ders. (Hg.): The Extreme Right in Europe and the USA, London 1992, S. 29-60, hier S. 34f; Sidoti, Francesco: The Extreme Right in Italy: Ideological Orphans and Countermobilization, in: Hainsworth (Hg.): The Extreme Right .... London 1992, S. 151-174, hier S. 164ff. s4 Innerhalb der entsprechenden Szene werden Rechtsextremisten auch als Nonkonformisten bezeichnet. 85 Rogler, Christian: Couragierte Gegenmacht, in: Deutsche Stimme, Nr. 10/1999, S. 17. 86 Vgl. Mayer, Hubert: ,,Unsere Doktrin ist die Tat". Bei der Schaffung von ,,Befreiten Zonen" haben linke und ausl/~ndische Gruppen eine Vorbildfunktion, in: Deutsche Stimme, Nr. 2/2000, S. 18. Hier zitiert Mayer Mussolini, der auf einem faschistischen Kongress im Oktober 1919 verkt~ndete: ,,Wir Faschisten haben keine vorgefasste Doktrin, unsere Doktrin ist die Tat.". Zum Mussolini-Zitat siehe Reichardt, Sven: Faschistische Kampfbt~nde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Faschismus und in der deutschen SA, KOln/Weimar/Wien 2002, S. 25.
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1.3.1
Das ,,Thule-Netz" - ein Zwischenspiel
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Das Konzept der ,,befreiten Zonen" wurden nach den Ver6ffentlichungen in Einheit und Kampfvon 1990 und der Vordersten Front bis 1993 in der bundesdeutschen rechtsextremen Szene in allgemein zug~inglichen Ver6ffentlichungen nicht weiter rezipiert. Aufgegriffen wurde es erst wieder im Rahmen des ,,Thule-Netzes", eines rechten Mailbox-Verbundes. 87 Mitinitiator des Thule-Netz war Thomas Hetzer, ein Informatikstudent aus Erlangen, der 1992 die Mailbox ,,Widerstand BBS ''88 er6ffiaet hatte. Hetzer war zudem zeitweise presserechtlich verantwortlich flir das 1990 bis 1993 bestehende Periodikum Die Saufeder, einem Organ von JN- und NHB-Funktion~en aus Franken. 89 Angetreten war das Netz mit dem Ziel, Kontakte zwischen ,,nationalen" Gruppen herzustellen und zu verfestigen. ,,Wir wollen durch Vernetzung eine befreite Zone im Mailbox-Bereich schaffen", hieB es, und weiter" ,,unter einer 'befreiten Zone' verstehen wir einen Freiraum far politische Aktivisten. ''9~ Auch bei dieser Rezeption der Strategie ,,befreiter Zonen" spielte die Vertreibung anderer Gruppen und Personen aus der realen oder virtuellen Welt keine Rolle. Das Ziel einer ,,befreiten Zone" konnte weder im Sinne einer breiteren Vernetzung per Mail-Box noch im Sinne eines Freiraumes durch Abwesenheit staatlicher Kontrollmt~glichkeiten erreicht werden. Bis zu seiner Spaltung aufgrund interner Querelen im M~irz 1997 hatte das ,,ThuleNetz" zu Jahresbeginn 1997 circa 60 schreibende und circa 200 stumme Nutzerlnnen, die ihre Aktivit~iten im Thule-Netz auf das Lesen der Meldungen beschr~inkten. 91 1998 war von den zeitweilig 14 an das Thule-Netz angeschlossenen Mailboxen noch eine aktiv. Das Nordland-Netz, eine Abspaltung vom Thule-Netz, wurde 1998 von zwei Mailboxen betrieben. Das Diskussionsniveau war gekennzeichnet von Verbalattacken der Nutzerlnnen untereinander bis hin zu pers6nlichen Diffamierungen. Mitte 1999 stellten Nordland- und Thule-Netz ihre Aktivit~iten ein. Thekla Kosche, die Betreiberin der ftihrenden Mailbox des Nordland-Netz, erkl~irte das ursprtingliche Z i e l - die Schaffung von Strukturen, mit denen konkrete politische Ergebnisse erzielt werden sollten- far gescheitert. 92 Der beim Aufbau des Verbundes beschworene Slogan ,,Wir sind d r i n n e n - der Staat bleibt drauBen" hatte haupts~ichlich propagandistische Funktion. Mailboxen vom technischen Standard des Thu-
87 Zum Thule-Netz vgl. Dietzsch, Martin/Maegerle, Anton: Digitales Braun, in: Mecklenburg (Hg.): Handbuch .... Berlin 1996, S. 923-932, hier S. 924f; Pfeiffer, Thomas: Rechtsextremisten auf dem Daten-Highway. Schwerpunkt: Thule-Netz und Stormfront, Dortmund 1996, S. 11; ders.: Far Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten - Presse, Musik, Internet, Berlin 2002; ders.: ,,Das Internet ist billig, schnell und sauber. Wir lieben es." Rechtsextremisten entdecken den Computer, unter http://www.im.nrw.de/inn/doks/vs/Bpb-neu.pdf, ges. 14.11.2002. 88 Die Kooperation mit der ,,Phantom-Mailbox" aus Niirnberg ging in der Griindung des ,,Deutschen National Netzes" auf, welches 1993 in ,,Thule-Netz" umbenannt wurde. Vgl. Tezlaff, A. (d.i. Thomas Hetzer): Widerstand - Mailbox gegen Konformismus und Zeitgeist, in: Die Saufeder, Nr. 10, Ausgabe 1/1993, S. 26f. 89 Vgl. Impressum, in: Die Saufeder, Nr. 10, Ausgabe 1/1993, S. 1. Hetzer wird als Postfachinhaber und presserechtlich Verantwortlicher dort angegeben. 90 N.N.: Warum eine nationalistische Mailbox?, in: Thule-Journal, Heft 1, o.D. (1993), S. 3, zitiert nach: Mecklenburg (Hg.): Handbuch .... Berlin 1996, S. 311. 9~ Vgl. Dietzsch, Martin/Maegerle, Anton: ,,Befreite Zone" Thule-Netz?, in: Stiftung Dokumentationsarchiv des 6sterreichischen Widerstands (Hg.): Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet, Wien 1997, S. 170-192, hier S. 178, 189. 92 Vgl. VS-Bericht Bund 1998, Berlin 1999, S. 79f; VS-Bericht Bund 1999, Berlin 2000, S. 84.
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le-Netz waren ,,durchsichtig wie eine geputzte Fensterscheibe". 93 Nach der Besch~it'tigung mit dem Zonenkonzept durch das Thule-Netz 1993 kehrte Stille um die ,,befreiten Zonen" ein. Rechtsextreme Kreise und die Medien6ffentlichkeit in der Bundesrepublik griffen weder den Begriff noch das damit verbundene Konzept auf. Beides wurde erst 1997 emeut auf die Tagesordnung gesetzt.
1.4 Die Diskussion um ,,national befreite Zonen" in der rechtsextremen Presse ab 1997
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In den ausgewerteten sechs iJberregionalen Periodika des rechtsextremen Spektrums fanden sich zwischen 1990 und 2004 siebzehn Artikel in denen ,,national befreite Zonen" thematisiert wurden. Davon jeweils einer in der Einheit und Kampf (1990), der Vordersten Front (1991) und im Zentralorgan (2001). In der Deutschen Stimme konnten 14 Artikel (ab 1999) zum Thema aufgefunden werden. Keine Fundstellen waren im Magazin von Blood&Honour Deutschland und in der fraktionstibergreifenden Nation & Europa nachzuweisen. 94 In den untersuchten regionalen Periodika aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt konnten in der Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen (BBZ) zwei Artikel (1997 und 1998), die sich mit ,,national befreiten Zonen" auseinandersetzten, festgestellt werden. Dartiber hinaus wurde Ende des Jahres 2003 in die Homepage des Nationalen Beobachters Magdeburg der Ursprungstext ,,Schafft befreite Zonen" aus der Vordersten Front mit geringffigigen Abweichungen eingespeist. 95 Die ausgewertete tiberregionale und regionale rechtsextreme Presse bezieht sich erst ab Sommer 1997 wieder vereinzelt auf den Begriff. Diskussionen um ,,national befreite Zonen" im 6ffentlich zug~inglichen rechtsextremen Diskurs blieben marginal. Im August 1997 fasste die kurz darauf aufgel6ste 96, vorrangig in Berlin und Brandenburg aktive, rechtsextreme Organisation Die Nationalen e. V. in ihrer Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen ihre T~itigkeit zusammen und sah sich auf dem Weg zu ,,befreiten Zonen": ,,Seit Jahren bemtiht sich der Jugendverband der Nationalen e.V. darum, Jugendclubs und Tagungsst~itten in Eigenregie zu verwalten. Einigen Stadtverwaltungen konnten in zfihen Verhandlungen Zugesttindnisse abgerungen werden. Inzwischen macht das Projekt nationale Jugendarbeit Schule. In vielen St~idten gibt es mittlerweile fihnliche Bemtihungen, nationale Ju-
93 Vgl. SchrOder, Burkhard: Neonazis und Computemetze. Wie Rechtsradikale neue Kommunikationsformen nutzen, Reinbek bei Hamburg 1995, S. 94f. 94 Bei Norden, Werner: Die Pforten der H611e, in: Nation & Europa, Heft 7/1990, Juli 1990, S. 4-6 heifStes unter Bezug auf die ,,multikulturelle" Gesellschaft und deren Abwehr in einem Artikel von 1990: ,,Wahrend der Liberalismus die Schleusen 6ffnet und die Linke auf der StraBe den P6bel organisiert, miassen die Rechten und die Nationalisten ihren tief sitzenden Schock nun iiberwinden, das Volk aufklaren, reden, schreiben, diskutieren, viele Widerstandsnester und 'befreite Inseln' schaffen, die linke Hegemonie in den Medien nachhaltig stOren und schlieBlich brechen und die Devise 'Dem Volke dienen' noch emster nehmen als bisher." 95N.N.: ,,Schafft befreite Zonen", unter http://www.festungsstadt.com/zonen.htm, ges. 18.11.2003. 96 Mit Versammlung am 06.11.1997 wurde die AuflOsung des Vereins beschlossen. Siehe VRNr. 12723 NZ im Amtsgericht Berlin-Charlottenburg.
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gendclubs und Schulungszentren als Anlaufpunkte einzurichten. Auf diese Weise werden so genannte befreite Zonen geschaffen, in denen die Kameradschaften souverfin agieren kOnnen.''97 Hintergmnd dieser Aussage war der ab Mitte der 1990er Jahre stattfindende Versuch der
,,Die Nationalen e.V." unter Ffihmng von Christian Wendt und des heutigen NPD-
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Funktion~irs Frank Schwerdt, im brandenburgischen Guben eine st~idtisch anerkannte ,,nationale" Jugendarbeit zu installieren und umfassende Rekrutierungsarbeit unter Jugendlichen zu leisten. Hier gelang es zwar fiir einige Zeit am ,,Runden Tisch der Jugend" der Stadt Guben teilzunel-maen und eine Ortsgruppe des Jungen Nationalen Spektrums (JNS), der Jugendorganisation der Die Nationalen aufzubauen. Die Forderung nach einem ,,nationalen" Jugendclub konnte jedoch ebenso wenig durchgesetzt werden wie ,,Zugest~indnisse in z~ihen Verhandlungen" erreicht wurden. Ein mit dem Vereinshaus der rechtsextremen Gmppierung Nationaler Jugendblock Zittau vergleichbares Objekt, welches laut dem s~ichsischen Verfassungsschutz 98 bis zu seiner Schliel3ung eine strategische wichtige Rolle einn a h m - Steuerung yon Aktionen, logistische Basis, Rtickzugsgebiet- konnte in Guben nicht realisiert werden. Diesem Artikel folgte ein weiterer Beitrag in der Intemetausgabe der BBZ. 99 Hier wird der Begriff,,befreite Zone" erweitert. Diese sei nicht nur ein r~iumlich begrenzter Bereich, so k6nne ,,far die nationale und soziale Bewegung auch eine legale Partei innerhalb des BRD-Regimes eine 'befreite Zone' darstellen. ''1~176 Deutlich erkennbar sind die l)berlegungen, nach den Partei- und Vereinsverboten bis 1997, die NPD als legales Forum ftir rechtsextreme Politik zu nutzen. Das Zentralorgan aus dem Spektrum der rechtsextremen Kameradschaften verktindete in der Ausgabe von Januar 2001, nach der Ktir des Terminus ,,national befreite Zone" zum Unwort des Jahres, auf ihrem Deckblatt: ,,Wo auch wir frei unsere Meinung ~iul3em, uns versammeln, demonstrieren, Konzerte veranstalten und politische Opposition sein dtirfendort sind NATIONAL BEFREITE ZONEN! Kameraden schafft sie euch!" Diese werden defmiert als ,,Orte, wo nationale Menschen als Tell der Gemeinschaft respektiert und nicht mit politischer Verfolgung diskreditiert und ausgegrenzt werden! ''~~ Weder in dieser Ausgabe noch in den vorherigen oder den folgenden verwendeten Autoren des Zentralorgans den Begriff. Er6rterungen um Konzepte r~iumlicher Okkupation in Anbindung an Konzepte wirtschattlicher und politischer Vemetzung sind dort vergeblich zu suchen. Wegen des Deckblattes erhob die Staatsanwaltschaft Schwerin im M~irz 2002 Anklage wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung und des ,,Aufrufs zur Gewalt". Bundesweit sollen rund 2.000 bis 4.000 Exemplare dieser Ausgabe an InteressentInnen verkauft oder verteilt worden sein. Im September 2003 sprach das Gericht die Angeklagten in erstinstanzlicher Entscheidung von den Anklagepunkten frei. 1~ 97 N.N.: Die Strategie der dezentralen Vemetzung hat Erfolg. Die Nationalen - t'tinf Jahre Koordinationsarbeit in Mitteldeutschland" in: Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen, Nr. 24, August/September 1997, S. 18. 98 Vgl. VS-Bericht Sachsen 2002, Dresden 2003, S. 13. 99 Die Druckversion der BBZ wurde Ende 1997 mit der Ausgabe Nr. 24 eingestellt. ~oo Wendt: Die NPD als ,,befreite Zone"... ?, in: Internetausgabe der Berlin-Brandenburger Zeitung, BBZ-Aktuell, unter http://www.bbzeitung.com.bbz_titel, ges. 24.02.1998. Der Text wurde laut Jacoby: Die NPD, eine ,,befreite Zone"..., in: DISS-Journal, Nr. 7, Duisburg 2001, S. 6-7, hier S. 6 am 07.02.1998 ins Netz gestellt. loi Vgl. Zentralorgan, Nr. 11, Febmar 2001, Titelblatt. ~o2 Vgl. Volgmann, Thomas" Die Abh6rprotokolle sind ohne jede Relevanz, in: Schweriner Volkszeitung 21.08.2003' N.N." Staatsanwaltschaft ficht Urteil an, in: Ostsee-Zeitung 20.09.2003; Speit, Andreas: Justiziabler
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1.4.1
Deutsche Stimme
Eine ausftihrliche Diskussion fand ab 1999 in der Deutschen Stimme (DS) der NPD statt, als verschiedene Autoren begannen, sich zum Thema zu ~iuBern. Sie schlossen in unterschiedlicher Weise an die Elemente Territorialit~it und Vernetzung an und versuchten, Beispiele einer m6glichen konzeptionellen Umsetzung von ,,befreiten Zonen" zu benennen. B is Ende 2004 waren in der Deutschen Stimme 14 Artikel erschienen, die sich mit dem Themenkomplex ,,national befreite Zonen" auseinandersetzten. In zwei Artikeln wurde zwar der Begriff nicht verwendet, aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung, ihrer Argumentationslinien und der Autorenschaft wurden sie jedoch in die Diskussion um ,,national befreite Zonen" eingeordnet. Sie wurden in das Sample der ausgewerteten Artikel aufgenommen. 1~ Die Konzeptdiskussionen zu ,,national befreiten Zonen" in der Deutschen Stimme bertihrten die Schwerpunkte:
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Schaffung von Rtickzugsorten. Sei es durch den Ankauf von Liegenschaften und deren Ausbau zu ,,nationalen Zentren" oder durch die Errichmng ,,tiberstaatlicher Schutzr~iume", in denen Rechtsextremisten, in der Sprache der Deutschen Stimme ,,nationale Btirger" oder ,,Jugendliche, die sich zu Deutschland bekennen", frei von Repression durch Staat und Gesellschaft leben und ihren kulturellen Pr~iferenzen nachgehen k6nnen. Eine eigene Logistik, vergleichbar derjenigen linker Gmppen mtisse aufgebaut werden. TM
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Laut Steffen Hupka sei der Kauf einer Liegenschaft erforderlich, da ,jede nationalistische Gruppe vor Ort (...) Probleme mit Versammlungsr~iumen, in denen sie sich ungest6rt treffen kann" hat und ,,einige Mitstreiter (...) auch Probleme mit Vermietem" haben. Es sei notwendig ,,Geld zu sparen und fiber Kameraden, die bemfst~itig sind, einen Kredit aufzunehmen und ein Objekt zu kaufen." Solch ein Objekt muss jedoch eine Menge Bedtirfnisse befriedigen. So soll Wohnraum fOr ,,Kameraden" und ein Versammlungsraum fOr 6rtliche Gruppen geschaffen werden. Zur Optimierung des Projektes ,,ztihlen noch ein Sport- bzw. Kraftraum, eine Kneipe (...), eine Werkstatt sowie ein Laden, in dem ,Szeneklamotten" verkauft werden." 121ber Mieteinnahmen und den Erl6s aus Konzertveranstalmngen k6nnten die Kredite abgezahlt und die materielle Basis des Objekts gesichert werden. Dartiber hinaus mtisse ,,eine Befreite Zone nicht nur die materielle Basis unserer Kampfes, sondern auch seine geistige, moralische und seelische Kraftquelle sein (...)." Sie mtisse ,,Nachschubbasis" und ,,Heimatfront" zugleich darstellen. 1~ Jtirgen Schwab erl~iutert, warum die Slogan, in: Der Rechte Rand, Nr. 85, Nov./Dez. 2003, S. 14f; Landesamt fiir Verfassungsschutz Hamburg (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2002, Hamburg 2003, S. 152f. ~o3Schwab, Jiirgen: Vom deutschen Gemeinwohl, in: Deutsche Stimme, Nr. 2/1999, S. 11; Hiekisch, Uwe: Bfirgern~ihezeigen, vor Ort siegen, in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2000. ~o4Vgl. Hupka, Steffen: Befreite Zonen - aber wie?, in: Deutsche Stimme, Nr. 11/1999, S. 18. Dieser Text wurde auch auf die Homepage der Donaufront gestellt, http://donaufront.com/alte /texte/propaganda/nbz.htm, ges. 18.11.2003; Mayer: ,,Unsere Doktrin .... in: Deutsche Stimme, Nr. 2/2000, S. 18; Schwab, Jtirgen: Warum nationalbefreite Zonen?, in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2002, S. 7; Voigt, Udo: Wiederaufbau einer Volksgemeinschafi, in: Deutsche Stimme, Nr. 2/2002, S. 3, 17f. 1o5Hupka, Steffen: Befreite Zonen - aber wie?, in: Deutsche Stimme, Nr. 11/1999, S. 18. Hupka hat in Timmenrode, Ostharz, im Friihjahr 1999 mit Einverst~indnisder Gemeinde eine alte Schule erworben. Vgl. N.N.: Aufklfirung
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Einrichtung von ,,national befreiten Zonen", die von ihm ,,tiberstaatliche Schutzr~iume ~ r nationale Btirger" genannt werden, notwendig sei. Der Aufruf des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schr6der zum ,,Aufstand der Anst~indigen" mache deutlich, dass ,,die herrschende Klasse derzeit nicht nur einen Vernichtungskampf gegen rund 7.000 Mitglieder der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands fi~hrt, sondern vielmehr einen Btirgerkrieg gegen einen betr~ichtlichen Teil des eigenes Volkes". 1~ Aus diesem Grund seien ,,eigene Schutzr~iume" zu schaffen, da staatlicherseits den ,,nationalen Btirgern" Schutz verweigert werden wfirde. ,,Nationale Konzerte" dtirften nicht stattfinden, ,,Rechtsradikale" wtirden im Berufsleben und im sozialen Umfeld diskriminiert werden und die 'Antifa' - staatlich finanziert und von den Medien 'moralisch' l e g i t i m i e r t - nationale Btirger" angreifen wfirde. In ,,tiberstaatlichen Schutzr~iumen ('national befreiten Zonen')" hingegen k6nnten ,,Deutsche nach ihrer Facon leben ''1~ und ,,nationale Bfirger sitzen dort gleichberechtigt im Gemeinderat, dtirfen Versammlungen abhalten, ihre Meinung sagen, ihrem Broterwerb ungest6rt nachgehen, ein Bankkonto er6ffnen, ihre Kinder werden in der Schule nicht benachteiligt, weil sie 'Rechte' sind, und die Eltern wehren sich erfolgreich gegen MultikultiPropaganda in Kindergarten und Schule. ''1~
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Erh6hung der Akzeptanz in der Bev61kemng mittels Aufgreifens btirgemaher Themen, um so auf kommunaler Ebene Ausgrenzungen unterlaufen zu k6nnen und um politische Diskussionen mit rechtsextremen Inhalten zu infiltrieren. ~~
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Schwab, Hiekisch und H61der 11~ schlagen vor, sich in Vereinen, studentischen Verbindungen, Vertriebenenorganisationen oder der Freiwilligen Feuerwehr zu engagieren. Die Mitarbeit k6nne taktisch genutzt werden, andere Personen mit einer rechtsext-remen Variante yon Problemsicht bzw. Probleml6sungen vertraut zu machen und so behutsam zu unterwandern. Angedacht wird unter anderem ein Aufgreifen yon lokalen Widerst~inden gegen die Gemeindegebietsreform. Dieses k6nne ebenso sinnvoll sein wie ,,der K a m p f fiir Tierund Naturschutz. (...) Andere alternative 'weiche' Themen liegen ebenso auf der Stral3e. Familie, Abtreibung, Arbeitslosigkeit etc. ''l~ Diese Arbeitsfelder wtixden yon der nationalistischen Politik weitgehend vemachl~issigt werden, hier l~ige aber geradezu der Schltissel
fiber den Nachbam, in: Quedlinburger Harzbote 09.04.1999. Zudem wurde er Verwalter, wenn auch nicht Eigentamer, einer Liegenschaft im 500-Seelen-DorfTrebnitz, Sachsen-Anhalt, die zur ,,nationalen Begegnungsstfitte" ausbaut werden sollte. Dieses Unterfangen verlief erfolglos und das Anwesen stand Anfang des Jahres 2005 im Intemet zur Ersteigerungbereit, unter http://www.immobilienscout24.de/33326182, ges. 10.01.2005. 1o6Schwab: Warum ..., in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2002, S. 7. Ohne weitere Belege wird behauptet, dass sich laut Umfragen rund 20 Prozent der Bundesbtirgerals ,,rechts" bewerten wtirden. 1o7Schwab: Warum .... in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2002, S. 7. Schwab wandelt hier den Ausspruch von Friedrich II. von PreufSen(I 712-1786): ,,In meinem Staat soil ein jeder nach seiner Fa9on selig werden" ab. ~o8Schwab: Warum .... in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2002, S. 7. Wenn das Ziel eines ,,deutschen Staat(s), der diese Bezeichnung verdient" erreicht sei, k6nnten ,,national befreite Zonen" aufgelOstwerden, ,,weil dann ganz Deutschland 'befreite Zone' for deutsche B0rger sein wird, die nicht nur Menschen, sondern auch Deutsche sein wollen." lo9 Vgl. Schwab, Jtirgen: Vorpolitischer Raum im Blick, in: Deutsche Stimme, Nr. 5/2000, S. 16; Hiekisch: Btirgem/~he .... in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2000, S. 22; H61der, Frank: Besetzung der ,,weichen" Themen, in: Deutsche Stimme, Nr. 1/2000, S. 18. 11oVgl. Schwab: Vorpolitischer Raum .... in: Deutsche Stimme, Nr. 5/2000, S. 16; Hiekisch: Bfirgem~he .... in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2000, S. 22; H61der: Besetzung .... in: Deutsche Stimme, Nr. 1/2000, S. 18. 111H61der: Besetzung ... ; in: Deutsche Stimme, Nr. 1/2000, S. 18.
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ftir eine langfristige Schaffung von ,,befreiten Zonen." Es wird vorgeschlagen, in bereits bestehende Vereine einzutreten, da ,,der Naturschutz, die Jugendarbeit und die lokale Kulturarbeit" Foren btiten, ,,auf denen sich Nationalisten mehr als bisher in das Bewusstsein der Bigger einbringen k6nnten. ''~2 Insbesondere die generell als anschlussf~ihig angesehene ,,Grauzone" der Vertriebenenverb~de, Studentenverbindungen oder Reservistenkameradschaften, k6nnten als Brtickenorganisationen dienen, so Schwab, ,,die ftir die Schaffung von 'Befreiten Zonen' in die strategischen l]berlegungen miteinbezogen werden mtissen." Dartiber hinaus w~ire theoretisch eine Verankerung nationalrevolution~irer Inhalte m0glich ,,bei Umweltschutz- und Landwirtschaftsverb~inden durch die Ankntipfung an den Heimatgedanken, bei Freiwilligen Feuerwehren und Sportvereinen, wo die Kameradscha~ ebenso gut ankommt, wie bei nationalen Organisationen selbst; und selbst Faschingsvereine eignen sich f/ir politisch nicht korrekte Btittenreden und dergleichen mehr." Und auch Gewerkschaften und Betriebsr~ite von Unternehmen ,,sollten keine Tabus ~ r sozialrevolution~ire Nationalisten darstellen, wenn es darum geht 'deutsche Arbeitspl~itze fi~ deutsche Arbeiter' einzufordem. ''113
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Befreiung der K6pfe, auch der eigenen, von ,,anerzogenen Abwehrreflexen" und der Ablehnung nationalistischer Positionen. ~14
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Michael Fuchs geht davon aus, dass ,,befreite Zonen" nur ,,mit Hilfe einer rational motivierten geistigen Befreiung vom psychischen Druck des Zeitgeistes errichtet werden. Die ersten Zonen mtissen demgem~if5 die K6pfe der Regimekritiker sein." Erst aus der ideellen Befreiung k6nne ,,(...) die materielle Befreiung von lokalen und regionalen Zonen folgen. ''~ 15 Der Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt, regt an, durch Agitation und Provokation die K6pfe der Menschen freizumachen ,,von Vorurteilen, anerzogenen Abwehrreflexen und Verhaltensmuster der 'pc' (political correctness)." Die NPD habe eine Vorreiterrolle bei der Artikulation von Forderungen nach Gesetzen, die die ,,Ausgliederung der A u s l ~ d e r aus dem deutschen Sozial- und Rentensystem" oder eine ,,Sonderbesteuerung von Unternehmen, die Ausl~inder besch~iftigen", regeln. Propaganda und Aufwiegelung der NPD h~itten zur Folge, dass Personen, die aus Angst vor Diffamierung und Ausgrenzung nicht dazu stehen wiirden, dass ,,wir zu viele Fremde im Land haben", erfahren k6nnten, dass es ,,nichts Schlimmes ist, gegen l]berfremdung zu sein." Die K6pfe, die vom ,,geistigen Systemmtill" gereinigt seien, ,,sind die ersten national befreiten Zonen." Dort trauten sich die Menschen, ,,normal dartiber zu reden, zu ihrer Meinung wieder zu stehen." Wohngebiete, die ,,immunisiert werden gegen den Unsinn der 'pc', sind 'nationalbefreit', dem Einfluss der Umerzieher weitgehend entzogen. ''~ 16
!12Hiekisch: Btirgem~ihe.... in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2000, S. 22. ~z3Schwab: Vorpolitischer Raum .... in: Deutsche Stimme, Nr. 5/2000, S. 16. ~4 Vgl. Fuchs, Michael: Psychische Gewalt als Herrschaflsmodell. Die Schaffung von ,,Befreiten Zonen" setzt ein System der Unterdriickung voraus, in: Deutsche Stimme, Nr. 3/2000, S. 22; Voigt: Wiederaufbau .... in: Deutsche Stimme, Nr. 2/2002, S. 17-18; Schwab: Warum .... in: Deutsche Stimme, Nr. 4/2002, S. 7. Auch im Aufsatz ,,Die geistige Gegenelite formieren!" postuliert Schwab: ,,Nationalbefreite Zonen beginnen in den K0pfen", unter http://die-kommenden.net/dk/artikel/geistige_gegenelite.htm,ges. 23.10.2002. 1~5Fuchs: PsychischeGewalt .... in: Deutsche Stimme, Nr. 3/2000, S. 22. 116Voigt: Wiederaufbau .... in: Deutsche Stimme, Nr. 2/2002, S. 3, 17-18, hier S. 3.
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Notwendigkeit der Verankerung und Verfestigung von rechtsextremen Ideologien in der rechten Jugendkultur, die als dynamischstes Element der nationalen Bewegung angesehen wird. Als Anknt~pfungspunkte gelten neben dem musikalischen Bereich Forderungen nach selbst verwalteten oder ,,eigenen" Jugendzentren. Die Bezugnahme auf die rechte Jugendkultur ist allerdings mit dem Hinweis versehen, dass diese Jugendlichen langfristig gesehen diszipliniert werden mt~ssten, um ihr negatives Image zu verlieren. 117
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Distler vemeint eine l~ertragung des Gramscischen Denkmodels zur ,,Erringung der kulmrellen Hegemonie" in die alltggliche Praxis. Es sei falsch, zu glauben, es fande eine Umsetzung des Konzepts der ,,befreiten Zonen" statt. Zwar htitten als Cliquen mit ,,rechten Verhaltensmustem" bezeichnete Jugendgruppen ,,in Mitteldeutschland mancherorts die Zeitgeistkultur verdr~gt", dies lgge allerdings nicht am Transfer eines fixierten Konzeptpapiers. Die Entwicklung einer rechten Subkultur sei nicht das Ergebnis einer rechtsextremen Initiative, vielmehr habe die ,,perspektivlose Alltagsrealit~t des Liberalkapitalismus einer 'rechten' Jugendkultur den Boden bereitet." Heute bestimme ,,faktisch nicht die Ausstrahlungskraft der nationalen Weltanschauung, sondem der Ausfluss des Alltagsfrusts der liberalkapitalistischen Gesellschatt die subkulturelle Fahrtrichtung." Da es sich dabei um eine subkulturelle Ausprggung eines rechten Jugendprotestes handele, stelle sich zwangslgufig die Frage" ,,Wie viel Subkultur vertrggt die nationalistische Politik eigentlich?" Als gr613te Gefahr ,,des instrumentalisierten Jugendprotestes fiir die nationalistische Politik" sieht der Autor die ,,in vielen F~illen schiere Unkontrollierbarkeit und Steuerungslosigkeit subkultureller Erscheinungsformen." Es gelte daher, ,,durch die Konzentration auf den vorpolitischen Raum nationalistisches Bewusstsein bei der unzufriedenen Jugend heranzubilden. ''1~8 Auch Schwab begraBt, dass es bisher ,,ansatzweise" gelungen sei, eine ,,neue Jugend-Subkulmr, die sich vor allem in Mitteldeutschland heranbildet, mit nationalen Politikinhalten zu begeistern." Gleichzeit bemfingelt er, dass diese in ihrem Auftreten und ~iul3eren Erscheinungsbild die Rolle eines Bfirgerschrecks spielen. Eine L6sung sieht er in einer ,,mittel- und langfristigen ''I~9 Aufklgrung und Disziplinierung dieser Jugendlichen. Rogler gesteht ein, dass die Umsetzung des Gmndgedanken des Zonen-Konzepts nicht so verlaufen sei, wie das Thesenpapier in der Vordersten Front nahe gelegt habe. Bemerkenswert sei jedoch die Bildung nationaler Jugendzentren vor allem in ,,Mitteldeutschland". Dort, wo eine ,,befreite Zone" bestiinde und die ,,kulturelle und faktische Hegemonie bei den Natio9 i nalen liegt", mfisse auch eine ,,Fnedensfunkt on 66 ausgetibt werden, um ,,friedliche Auslfinder oder Andersdenkende in der 'befreiten Zone' vor Provokateuren und Trittbrettfahrern ~120 zu schfitzen.
!17 Vgl. Schwab: ... Gemeinwohl, in: Deutsche Stimme, Nr. 2/1999, S. 11. Fragmente dieses Artikels wurden unter gleichem Titel in Recht und Wahrheit, Nr. 1+2/1999, S. 25-28 verOffentlicht; N.N.: Nationales Jugendzentrum erOffnet, in: Deutsche Stimme, Nr. 7/1999, S. 7; Rogler: Couragierte Gegenmacht, in: Deutsche Stimme, Nr. 10/1999, S. 17; Distler, Jtirgen: Eigene Wege im Kulturkampf. Aus der dunklen Perspektivlosigkeit des Systems hebt sich eine ,,rechte" Subkultur ab, in: Deutsche Stimme, 12/1999, S. 14; Schwab: Vorpolitischer Raum .... in: Deutsche Stimme, Nr. 5/2000, S.16; Voigt, Udo: Wiederaufbau .... in: Deutsche Stimme, Nr. 2/2002, S. 3, 17s ~8 Distler: Eigene Wege .... in: Deutsche Stimme, 12/1999, S. 14 119 Schwab: ... Gemeinwohl, in: Deutsche Stimme, Nr. 2/1999, S. 11. 12oRogler: Couragierte Gegenmacht, in: Deutsche Stimme, Nr. 10/1999, S. 17.
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Eine einheitliche Anleitung zur Installierung von ,,national befreiten Zonen" ist anhand der Diskussion in Publikationen der extremen Rechten nicht erkennbar. Die Uberlegungen stehen ebenso im Zusammenhang mit Versuchen, v o n d e r reinen Partei- und Kaderarbeit wegzukommen und die rechte Jugendszene als Mobilisierungspotential zu b e n u t z e n - diese aber notwendigerweise zu disziplinieren, wie mit dem Bestreben, inffastrukturelle oder informelle Netzwerke aufzubauen und mit Versuchen, fiber soziale Themen MitstreiterInnen und Resonanz in der Bev61kerung zu finden. Sie umfassen die Etablierung einer rechtsextremen (Jugend-)Musikszene, die Eroberung kultureller Freir~iume und die Schaffung von rein ,,nationalen" Begegnungsst~itten. TM Die zug~inglichen Debatten in der rechtsextremen Szene rufen eher zur Schaffung kommunikativer und 6konomischer Freir~iume ~ r das eigene kulturelle Leben auf als zur Kontrolle von Sozialr~iumen und dem gewaltsarne Vertreiben von Minderheiten. Hinweise auf die Notwendigkeit des Schutzes vor staatlichen und zivilgesellschaftlichen Diskreditierungen stehen im Vordergrund. In diesem Zusammenhang sei der seit Mitte der 1990er Jahre zunehmend festgestellte Ankauf von Immobilien in ostdeutschen, aber auch westdeutschen, DOrfern oder Kleinst~idten durch prominente Vertreter rechtsextremer Gruppierungen e r w ~ n t und die Versuche, sich dort in kommunale Strukturen einzugliedern. 122 Der Erwerb von Immobilien oder deren langj~ihrige Pacht und die damit verbundene Rechtssicherheit ist allerdings kein neues Vorgehen rechtsextremer Kreise und Exponenten. Die Herausbildung von ,,nationalen Zentren" im Kontext erworbener, geerbter oder auch gemieteter Anwesen l~isst sich seit mindestens Mitte der 1970er Jahre in der Bundesrepublik nachweisen ohne dass ein Zusammenhang mit einer Diskussion um ,,befreite Zonen" herstellbar w~ire. Zu nennen w~iren unter vielen anderen Beispielen das Schloss von Karl-Heinz Hoffmann (Wehrportgruppe Hoffmann) in Ermreuth bei NiJrnberg 123, die G~irtnerei von Ursel und Kurt Mtiller (Hilfsgemeinschaft far nationale politische Gefangene und deren AngehOrige e.V.) in MainzGonsenheim TM, das ,,Weingut Finger" in Worms-Pfeddersheim ~25, das Anwesen von Karl Polacek (Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei) in Mackenrode I26, das ,,Rudolf-HeB"-Haus von Ernst Tag in Weidenthal ~27, die Zentren der Nationalistischen Front in Bielefeld und Detmold-Pivitsheide 128 und nicht zuletzt ein 7.000 Quadratmeter groBes Gel~inde in Heten-
121 Vgl. Bundesministerium des Innern (Hg.): Verfassungswidrigkeitder NPD- Begrtindung des Antrags, unter
http://www.bmi.bund.de/dokumente/Artikel/ix_23468.htm,ges. 20.12.2000. 122Exemplarisch: R6pke, Andrea: Nachschub und Heimatfront, in: dies./Speit, Andreas (Hg.): Braune Kameradschaften. Die neuen Netzwerke der militanten Neonazis, Berlin 2004, S. 106-129; N.N.: Von Bauern und Schlossherren, in: AntifaschistischesInfoblatt,Nr. 56, Sommer2002, S. 20-26. 123 Fromm, Rainer: Die ,,Wehrsportgruppe Hoffmann"" Darstellung, Analyse und Einordnung. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen und europaischen Rechtsextremismus,Frankfurt am Main 1998. 124 Fromm/Kernbach: ... und morgen .... Marburg/Berlin 1994, S. 107f; N.N.: Antifaschistische Aktion (Hg.): Gegen die faschistischenZentren vorgehen, in: Kampfder FAP - Broscht~re,o.O., Oktober 1994, S. 81ff. 125Vgl. N.N.: ,,Nationales Sommernachtsfest"in Worms, in: Das Rechte Netz, 24.01.1994, S. 25. 126Vgl. N.N.: Ein Name for faschistische Gewalt: Karl Polacek, in: AntifaschistischesInfoblatt, Nr. 14, FrOhjahr 1991, S. 36; N.N.: Kurzmeldungen, in: AntifaschistischesInfoblatt,Nr. 16, Winter 1991, S. 47. 127Vgl. Fromm/Kernbach ... und morgen .... Marburg/Berlin 1994, S. 107s 128Vgl. N.N." Zentrum der NF in Bielefeld, in: AntifaschistischesInfoblatt,Nr. 1 (1987), S. 7-9; N.N.: Nationalrevolution~ire erlangen mehr Einfluss. Die Nationalistische Front, in Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 18, Mai/Juni 1992, S. VII-XII; Schr6der, Burkhard: Der V-Mann, Hamburg 2001.
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dorf 129, das ab 1979 von rechtsextremen Vereinigungen far Sonnenwendfeiem, Wehrsporttibungen und Tagungswochen genutzt wurde. Bis zum Verbot der Tr~igervereine (HeideHeim e. V. mit Sitz in Hamburg und Buchholz) im Jahr 1998 stand die Liegenschaft ausgiebig und kontinuierlich Nr Versammlungen aller Art zur Verftigung. Jede der genannten St~itten diente Nr unterschiedlich lange Zeitr~iume- manchmal bis zum Verbot der Tr~igerorganisationen, manchmal aufgeltist durch einen Wegzug oder eine Inhaftierung des Eigenttimers -rechtsextremen Akteuren als Versammlungsort und/oder logistischer Sttitzpunkt zum Aufbau oder zur Verfestigung von rechtsextremen Strukturen. ~3~ Der Erwerb von Eigentum an Liegenschaften und deren Ausbau zu Tagungs- oder Veranstaltungsst~itten ist kaum als Umsetzung einer strategischen Vorgabe zu erkl~iren. Die gesetzlichen Eigentumsregelungen in der Bundesrepublik garantieren nach Artikel 14 GG und w167 903 ff BGB das unbeschr~inkte dingliche Recht tiber eine Sache ffei bestimmen, verf~gen und auf diese einwirken zu ktinnen sowie das Recht, andere davon auszuschlieBen. Das Recht auf Eigentum r~iumt einer Person die vollstandige und uneingeschr~inkte Herrschaft tiber eine Sache ein, sofem die in der Rechtsordnung gezogenen Grenzen (z.B. Gesetze, Rechte Dritter) nicht tiberschritten werden. Auf einem eigenen Grundsttick kann ein jeder grunds~itzlich alles machen, solange es nicht strafbar ist oder andere nicht beeintr~ichtigt (z.B. Ruhest6rung). Ein Liederabend im Rahmen einer Privatveranstalmng auf einem eigenen Grundsttick kann nicht ohne weiteres von der Polizei beobachtet werden, strafbare Textpassagen bleiben solange ungeahndet (obwohl sie strafbar sind), solange keine(r) der Anwesenden Anzeige stellt oder sie nicht anderweitig den Ermittlungsbeh~rden beweisf~ihig bekannt werden. Dartiber hinaus ist ein Zugriff auf privates Eigentum auch bei einem Verbot einer Gruppierung, der der Eigenttimer nicht ohne weiteres m/Sglich (w 12 Vereinsgesetz). Vereins- oder Parteiverm6gen kann hingegen bei einem Verbot der Gruppierung beschlagnahmt werden (w167 3, 11 Vereinsgesetz). Gemietete R~iumlichkeiten unterliegen den Bestimmungen des Mietrechts, d.h. gemietete Wohnungen, Hallen oder Anwesen k6nnen von VermieterInnen gektindigt werden (w167 568ff BGB). Rechtsextremisten verschaffen sich mit dem Erwerb von Eigentum weitgehende M6glichkeiten der Nutzungsgestalmng, investieren ihr VermOgen und sichem sich zudem langfristig ,,ein Dach tiber dem Kopf". Nichts anderes machen Tausende von EigenheimeigenttimerInnen ebenfalls und insofem ist es wenig verwunderlich, wenn in rechtsextremen Schriften die Notwendigkeit von Eigenmmserwerb - oft verbunden mit einem Spendenaufruf, manchmal mit der propagandistischen Begrtindung, eine ,,national befreite Zone" schaffen zu w o l l e n herausgestellt wird. TM Forderungen nach ,,selbst bestimmten" R~iumen oder Zentren sind in
129 Vgl. Antifaschistischer Arbeitskreis Hetendorf 13 (Hg.): Hetendorf 13. Faschistisches Zentrum in Niedersachsen, Hannover 1995; Speit, Andreas/Phillips, Martin: Verbot der Heide-Heim-Vereine, in: Der Rechte Rand, Nr. 51, Marz/April 1998, S. 4. 13oEine gute Einfahrung 0ber die genannten Personen und Organisationen bietet Mecklenburg (Hg.): Handbuch .... Berlin 1996. ~3~ Vgl. NPD-Unterfranken: National befreite Zone Grafen0hr, unter http://www.npdunterfranken.de/seiten/graf.htm, ges. 05.04.2005; Bund Frankenland: Jetzt handeln und Nationalbefreite Zonen schaffen!, Flugblatt als pdf.Datei unter http://npd-fuerth.de/geruest.html, link: Werdet aktiv!, ges. 07.06.2005; N.N: NPD-Mitglieder bauen sich S~tzpunkt Hollstadt aufl Befreite Zonen sind machbar, in: BayernStimme, Nr. 01/2001; Hupka, Steffen: Schreiben ,,Nationales Zentrurn in Sachsen-Anhalt" vom M~rz 1999. Beilage: Konzept far ein Nationales Zentrum (NZ) in Sachsen-Anhalt; N.N.: Spendenaufruf far Nationales Objekt. Der Aufruf war
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der rechtsextremen Szene gleichwohl auch jenseits von Eigentumserwerb aktuell. ~32Hier ist zu vermuten, dass darOber eine Mobilisierung der jugendlichen Klientel erreicht werden soll und versucht wird, Ober eine Politisierung ihrer BedOrfiaisse nach ,,eigenen" Jugendr~iumen eine Heran~hrung an ,,nationale" Politik umzusetzen.
Framing
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Den rechtsextremen VerOffentlichungen liegt ein Frame, also ein bestimmtes, gemeinsames Interpretationsschema, zugrunde. Frames fungieren als interpretatives Schema, das das ,,Erkennen, Einordnen und die Bewertung von Fakten, Aktionen, Aul3erungen und Programmen" erleichtert und die ,,VerknOpfung einer breiten Palette von Erfahrungen, Ereignissen und Themen zu einem mehr oder weniger koh/arenten und sinnvollen Geb~iude''133 erm6glicht. Die verschiedenen Verlautbarungen zu ,,national befreiten Zonen" unterscheiden sich wenig in der Problematisierung der Grtinde und Ursachendefinitionen (diagnostic flaming), die ,,national befreite Zonen" erforderlich machen. Zentraler Punkt zur Verdeutlichung der ,,un_haltbaren" Zust~inde, die die Errichtung von ,,0berstaatlichen Schutzr~iumen" unabdingbar erscheinen lassen, ist die Diagnose, dasses ,,nationalen BOrgern" schier unm6glich sei, ohne Anfeindungen in ihrer sozialen Umwelt zu leben oder gegenOber dieser ihre Interessen zu artikulieren, geschweige denn durchzusetzen. Davon abgesehen, dass ,,national befreite Zonen" als M6glichkeit ,,deutsch ~hlen", ,,deutsch handeln" und ,,deutsch denken" zu ktinnen durchg~gig als L6sungsangebot zur Beseitigung des Problems (prognostic flaming) - eben dies nicht ohne weiteres umsetzen zu k6nnen- angeboten werden, bleiben weitergehende Interessendef'mitionen nebul6s und die Probleml6sungsstrategien inkonsistent. ,,Deutsch" in all seinen Formen ist die Motivation (motivational framing) TM, der Weg und das Ziel aller Bemtihungen zugleich. Dazu braucht es ,,befreite
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dem Heftchen Der weisse Wolf- Rundbrieffar Kameraden, Nr. 13, Hett 2/2000 beigelegt. Das Spendenkonto wurde bei einer Bank in Sangerhausen (ThOringen) gefohrt. 132 Vgl. N.N.: Demonstration in Berlin, Thema: Freirfiume schaffen, nationale Zentren erkfimpfen, unter http://www.widerstandnord.com/aktionsbuero/action/berlin.htm, ges. 22.11.2003. Der entsprechende Aufmarsch fand am 06.12.2003 in Berlin-Neuk~lln statt. Eine Hausbesetzung in Ltibeck erfolgte am 28. Juni 2003 und eine Unterschriftensammlung in der Lfibecker Ful3g~ingerzone zum Thema ,,nationales Zentrum" am 2. August 2003, vgl. N.N.: Neonazis besetzen leerstehendes Haus, in: Enough is Enough/Zeitung fOr antifaschistische und antirassistische Politik in Schleswig-Holstein und Hamburg, Nr. 19, August-Oktober 2003, S. 4f. Im Rahmen des ,,1. ThOringentag der nationalen Jugend" am 1. Juli 2002 in Jena wurde vonder Jugendfiir Jena ein eigener Freizeitreff gefordert, vgl. Pressemitteilung der NPD-Jena vom 02.07.2002, unter http://www'npd'jena'de/presse'htm' ges. 23.09.2002. ~33 Anheier, Helmut/Neidhardt, FriedhelrrdVortkamp, Wolfgang: Konjunkturen der NS-Bewegung. Eine Untersuchung der Veranstaltungsaktivitaten der M0nchner NSDAP, 1925-1930, FS III 98-104, Wissenschaftszentrum Berlin for Sozialforschung, Berlin 1998, bier S. 8. J34Vgl. Kliment: Durch Dramatisierung .... in: Hellmann/Koopmans (Hg.): Paradigmen der Bewegungsforschung .... Opladen 1998, S. 69-89. Anheier/Neidhardt/Vortkamp: Konjunkturen .... S. 8: sprechen, in Anlehnung an Gamson, William: Talking Politics. Cambridge 1992, S. 6-8 von ,,'injustice frames', mit denen als untragbar vorgestellte Probleme dramatisiert, die Ursachen eines Obelstands hervorgehoben und die Schuldigen gebrandmarkt werden k6nnen; 'identity frames', die es der Bewegung erlauben, sich selbst als kollektiven Akteur zu definieren und im Rtickgriff auf 'ingroup/outgroup'-Konzeptionen den Gegensatz zwischen dem 'Wir' und den 'Anderen' mit ihren deutlich abweichenden Werten und Interessen zu markieren; 'agency frames', mit denen Bewegungen for ihre Programme und Strategien gute Chancen und sich selber als gleichermaBen notwendig wie Erfolg versprechend stilisieren, also als 'Retter in h6chster Not'."
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Zonen" und sei es nur in der Enklave einer ,,eigenen" Liegenschaft, einer ,,eigenen" Kneipe oder eines ,,eigenen" Wirtschaftsraumes. Die Artikel zur Durchsetzung und zur Definition von Zielen, Strategien und Chance des Zonen-Konzepts folgen einer gemeinsamen Sinnkonsmaktion und einem einheitlichen Deutungsrahmen. Die vier zentralen Argumentationsmuster konnten am Beispiel der 14 Ver6ffentlichungen in der Deutschen Stimme dargestellt werden. Weitere aufgefundene Nachweise in rechtsextremen Vertiffentlichungen, die nicht im Sample der hier untersuchten Publikationen enthalten sind, unterscheiden sich nicht wesentlich von den Vorgaben des Textes in der Vordersten Front bzw. von den Argumentationslinien der Artikel in der Deutschen Stimme. Sie ~ihneln meist im Wortlaut den genannten Schriften.
1.4.2
Rezeption durch rechtsextreme Akteure
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Ober Er6rterungen von Konzepten territorialer Kontrolle seitens rechtsextremer Akteure jenseits schriftlich dokumentierter Diskurse k6nnen kaum Aussagen gemacht werden. Es kann jedoch nicht von einer Umsetzung der ideologischen Richtlinien im Verhalmis 1:1 durch rechtsextreme Gesellungen ausgegangen werden. Rechtsextreme Strategiekongresse mit Titeln wie ,,Neue Kultur in Nationalbefreiten Zonen", auf denen Fragen nach dem Heidentum als Grundlage der Staatsreligion in einem zuktinftigen Volksstaat oder nach der Stellung der Religion bei Friedrich Nietzsche aufgeworfen werden 135, stoBen bei jungen Rechtsextremisten eher selten auf Interesse. Mtindliche Quellen zur Rezeption des ,,Zonen-Konzeptes" in rechtsextremen Zirkeln liegen nur in geringer Anzahl vor. Ein rechtsextremer Interviewpartner gab an, ihm sei der Begriff ,,national befreite Zone" im Kontext von R~iumlichkeiten und H~iusem vertraut geworden. ,,Also sonst in anderen Zusammenhdngen jetzt, hab ich diesen Begriff national befreite Zonen eigentlich nicht kennen gelernt. ''136 Es sei oft dartiber gesprochen worden, vor allem ein tiberregional bekannter Rechtsextremist, mit dem er Kontakt hatte, habe diesen Begriff immer wieder benutzt. So w~iren die von seiner Gruppe genutzten R~iumlichkeiten als ,,national befreite Zone" bezeichnet worden und dartiber hinaus sollte man ,,~ich eben Rdume schaffen und diese Rdume sollten eben nur yon Rechten genutzt sein und yon Rechten dominiert sein. Und das waren dann eben national befreite Zonen, so genannte. ''~3v Die Frage, ob in diesem Zusammenhang eine Entfernung unliebsamer Personenkreise aus der Stadt oder der Region angedacht gewesen sei, wurde vemeint.
~3sDer Kongress wurde von der Deutschen Akademie, einem Zusammenschluss von Thule-Seminar, Deutschem Kolleg und dem Nationaldemokratischen Hochschulbund (NHB) vom 29.06. - 01.07.2001 durchgeffihrt. Vgl. Einladung, Deutsche Akademie o.O., o.J. Zur Deutschen Akademie siehe Deutsche Stimme, Nr. 9/2000, S. X. Das Impulsreferat des Kongresses hielt Pierre Krebs, Leiter des Thule-Seminars, zur zuk0nftigen Staatsreligion. Zu Nietzsche referierte der SchweizerBernhard Schnaub. Ein ausfiahrlicherTagungsbericht siehe: Heidemann, Katharina: Neue Kultur in nationalbefreitenZonen, in: Deutsche Stimme, Nr. 8/2000, S. 11. 136NBZ Presse, Int. 1, Pos. 239. 137NBZ Presse, Int. 1, Pos. 237.
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Ein weiterer Befragter erinnerte sich: ,,Im Prinzip wurde nie, wurde nie ernsthaft diskutiert. Da wurde so ein bisschen drfiber gewitzelt immer. Ja, wit sindjajetzt hier in der national befreiten Zone hat unser Bargermeister letztens im Radio gesagt. Also, wo ist denn das eine national befreite Zone hier, wenn die ganzen Idioten hier rum springen oder so. (...) Viele Schlagwo... viele Schlagworte werdenja auch erst, sag ich mal, durch die Offentliehkeit, die eigentlich das Gegenteil erreichen wollen, in Mund gelegt den Leuten oder auf ldeen gebracht, erst mal. ,,138
Ein damaliger Funktion~ir der brandenburgischen Jungen Nationaldemokraten nahm im Herbst 1997 im deutschen Fernsehen auf konzeptionelle lSlberlegungen Bezug. Er forderte ,,befreite Zonen", die tiberall Thema seien. Sie mtissten geschaffen werden, denn ,,um irg e n d w o unsere Kultur etablieren zu k6nnen, um unsere Kulmr ins Volk zu bringen, mtissen wir sie erst mal praktizieren k6nnen. Dazu brauchen wir 'befreite Z o n e n ' , sei es in eigenen Zentren oder auch in Stadtgebieten Die verbalen J~ugemngen signalisieren, dass der Begriff ,,national befreite Z o n e n " in sehr unterschiedlichen Zusammenh~ingen gebraucht wurde. Deutlich wird dabei, dass Kader rechtsextremer Organisationen als Stichwortgeber fungierten und a u f die Bezeichnung ,,national befreite Zonen" im Z u s a m m e n h a n g mit ,,eigenen" R~iumlichkeiten zurtickgriffen, um ihn in der Vorstellungswelt von jugendlichen R e c h t e n ~ e c h t s e x t r e m i s t e n zu v e r a n k e m und mit Inhalt zu ~ l l e n . Das wehleidig vorgetragene Statement und die Erl~iuterung des JN-Funktion~irs weist auf ein empfundenes Defizit hin und ,,fordert" Abhilfe, durch wen auch immer. Z u d e m wurde der Begriff personengebunden interpretiert: die, realiter nicht umgesetzte, A b w e s e n h e i t von nicht n~iher spezifizierten ,,Idioten" wird zum Indikator ~ r die G e w i n n u n g eines ,,eigenen" Aktionsraumes. 14~
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(...).,,139
138NBZ Presse, Int. 2, Pos. 391. 139Zitat aus: Terror und Tantiemen. f,)ber neue Strategien der Rechtsextremisten, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) Sendung 07.09.1997, zitiert nach Bundesamt filr Verfassungsschutz (Hg.): Entwicklungen im Rechtsextremismus .... K61n 1999, S. 15. 14oDie Inbesitznahme von sozialen R~iumen und bestimmten Orten sowie deren Definition als ,,eigenes" Territorium gilt als Merkmal von Subkulturen, egal welcher Couleur. Insofern bedeutet ,,Freiraum" immer eine Abgrenzung gegen~ber denen, die diesen ,,Freiraum" zu st6ren oder in Frage zu stellen scheinen. Vgl. Lauermann, Manfred: Der Rechtsradikalismus - eine Form krimineller Subkultur?, in: Berliner Debatte Initial, Nr. 3/2005, S. 46-58, hier S. 56 Fugnote 17. Beispiel Homosexuelle in Sevilla/Spanien vgl. Haller, Dieter: Feld, Lokalitfit, Ort, Territorium: lmplikationen der kulturanthropologischen Raumterminologie. VerOffentlichungsreihe der Abteilung Organisation und Technikgenese des Wissenschaftszentrum Berlin, FS II 94-101, Berlin 1994. Beispiel jugendliche Skinheads und Punks vgl. Thiele, Gisela/Taylor, Charles S.: Jugendkulturen und Gangs. Eine Betrachtung zur Raumaneignung und Raumverdrtingung nachgewiesen an Entwicklungen in den neuen Bundeslfindem und den USA, Berlin 1998. Beispiel Hausbesetzerlnnen in Berlin und Westdeutschland vgl. Manrique, Matthias: Marginalisierung und Militanz. Jugendliche Bewegungsmilieus im Aufruhr, Frankfurt am Main/New York 1992. Beispiel Zusammenschliasse jugendlicher Einwanderer in franz0sischen Vorstfidten vgl. Dubet, Franqois: Die Logik der Jugendgewalt, in: Trotha, Trutz von (Hg.): Soziologie der Gewalt, KOlner Zeitschriftfiir Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderhefi 37, Opladen/Wiesbaden 1997, S. 220-234.
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Der Einfluss von Medien auf Selbstinszenierung, Eigendefinition und Handlungsdynamiken eingrenzbarer Gruppen ist vielfach nachgewiesen TM und es ist davon auszugehen, dass die mediale Debatte um ,,national befreite Zonen" zu einem popularisierten Aufgreifen unter rechtsextremen Akteuren ftihrte. Mediale Berichterstattung tiber bestimmte, auf Gruppen bezogene Ph~inomene bildet nach Lindner ,,einen integralen Bestandteil des Selbstbildes und der Selbstdarstellung ''142 und erweitern je nach Rezeptionsintensit~it im Alltagsleben oder in publikumswirksamen Situationen, beispielsweise in Interviews mit PressevertreterInnen oder SozialwissenschaftlerInnen, das Spektrum m6glicher Verhaltensoptionen. Dies dient zum einen der Selbstvergewisserung, um die eigene Machtlosigkeit im lokalen Umfeld mit einer angeblich vorhandenen Macht~lle in anderen Regionen zu kompensieren, zum anderen um Aktivit~iten, so bescheiden sie teilweise anmuten, den Anschein von strategischem Handeln geben zu k6nnen. ,,Befreite Zonen", so Rechtsextremist Christian Wendt, ,,sind ein gutes Schlagwort". Es lasse ,,viel Raum ftir Interpretationen. ''~43 Der Verbreitungsgrad und die Diskussion des ,,Zonenpapiers" via Internet sind nicht belegbar. Zwar konnte auf der ,,Stormfront"-Homepage des US-amerikanischen Rechtsextremisten Don Black bereits 1995 der Text ,,Schaffi befreite Zonen ''144 aufgerufen werden, doch k6nnen tiber den Grad der Verbreitung, die Quantit~it und Qualit~it der Rezeption von Intemetver6ffentlichungen keine Angaben gemacht werden. Nickolay h~ilt als Voraussetzung ftir einen quantitativen Nachweis der Verbreitung im Internet zun~ichst eine grtindliche positive Kenntnis aller Anbieter ~ r notwendig. Rtickschltisse auf die Quantit~it der Rezeption allerdings seien ,,bestenfalls durch die Bewertung der potentiellen und auf die Verbreitung folgenden Umsetzungsversuche seitens interessierter Kreise (...) mtiglich. ''~45 Debatten innerhalb rechtsextremer Internetforen wurden im Rahmen der Untersuchung nicht erfasst.
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1.5 Die Rezeption des Begriffs ,,national befreite Zone" in der Qualit~itspresse ab 1997 Der fr~heste identifizierte Artikel zum Thema ,,national befreite Zone" findet sich Ende Februar 1997 in der Frankfurter Rundschau (FR), also zu einem Zeitpunkt, als das Konzept in der rechtsextremen Presse nicht mehr diskutiert wurde. In diesem Artikel wird im Zusammenhang mit den Schtissen des Berliner Neonazis Kay Diesner auf einen Berliner
141 Vgl. Lindner, Rolf: Kulturtransfer. Zum Verhaltnis von Alltags-, Medien- und Wissenschafiskultur, in: Kaschuba, Wolfgang (Hg.): Kulturen- Identit~iten - Diskurse. Perspektiven Europaischer Ethnologie, Berlin 1995, S. 31-44, Erb, Rainer: ,,Die Leute sind immer dann abgesprungen, wenn null Publicity war", in: Forschung Aktuell 39-41, TU-Berlin 1993, S. 20-24; Brosius/Esser: Eskalation durch Berichterstattung? Massenmedien .... Opladen 1995. ~42Vgl. Lindner: Kulturtransfer .... in: Kaschuba (Hg.): Kulturen .... Berlin 1995, S. 31-44, hier S. 39f. ~43Zitiert nach N.N.: ,,National befreite Zonen", in: Der Spiegel, 23.03.1998, S. 52-61, hier S. 60. 144 Vgl. Dietzsch, Martin/Maegerle, Anton: Rechtsextreme deutsche Homepages, in: Stifiung Dokumentationsarchiv (Hg.): Das Netz des Hasses .... Wien 1997, S. 47-77, hier S. 51. Ein Textvergleich ergab gering~gige Abweichungen vom Original, vgl. N.N.: Schaffi befreite Zonen, unter http://www.stormfront.org/german/zonen.htm, ges. 12.06.2004. 145Nickolay, Bemd: Rechtsextremismus im Internet. Ideologisches Publikationselement und Mobilisierungskapital einer rechtsextremen sozialen Bewegung?, Wiarzburg 2000, S. 278.
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Buchh~indler und auf einen Polizeibeamten 146 von der Realisierung des rechtsextremen Aufrufes ,,Schafft befreite Zonen" vor allem im ,,Osten" gesprochen. Gr61ende Truppen rechter Akteure und P6beleien gegen ausl~indische Menschen sttinden in enger Verbindung mit den MaBgaben des ,,Zonenkonzeptes":
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,,Deutlich und vielfach sind die Hinweise, dass der bertihmte und per Intemet im 'Thule-Netz' verbreitete Aufruf 'Schafft befreite Zonen!' derzeit in die Tat umgesetzt wird. Besonders in den brandenburgischen Kleinstfidten rund um Berlin sind vOlkische Vertreter am Werk, um 'Gegenmacht' zu organisieren und das 'BRD-System' zu tibert61peln. Dies ist das Programm der 'befreiten Zone': 'Wir mtissen Freirfiume schaffen, in denen wir faktisch die Macht austiben, in denen wir sanktionsf'fihig sind, d.h. wir bestrafen Abweichler und Feinde, wir untersti~tzen Kampfgef'fihrtinnen und-gef'fihrten, wir helfen unterdrtickten, ausgegrenzten und verfolgten Mitbtirgem.' Und 'wir', so geht es sinngem~ weiter, rollen das Wohnviertel, die StraBe, den Marktplatz auf und regieren den Alltag auch ohne offizielle Macht. (...) Wenn in Guben oder Luckenwalde, in Schwedt oder Oranienburg, in Jtiterbog oder Ftirstenwalde ein grOhlender Trupp durch die StraBen zieht, regiert er zweifellos dieses 'Aktionsfeld'. (...) Wenn 'Inder', 'Fidschis' oder 'Kanaken' in vielen Gastst~itten keinen Zutritt mehr haben, wenn Dunkelhfiutige nicht mehr durchs Wohnviertel spazieren k6nnen, ohne angep6belt zu werden - dann bewegen sie sich offenkundig durch eine 'befreite Zone' rechtsextremistischer Lesart. ''~47
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In den Vortagen der Ver6ffentlichung waren in der tiberregionale Presse zudem Berichte fiber weithin wahrgenommene rechtsmotivierte Gewalttaten 148 in Ostdeutschland zu lesen. So wurde ausgiebig fiber die Vorf~ille im brandenburgischen Dolgenbrodt berichtet, wo ein Teil der Dorfbev61kerung unter dem Verdacht stand, 1993 Rechtsextremisten zur Brandstiftung an einem sich im Bau befmdlichen Asylsuchendenwohnheim gedungen zu haben. 149 Nach einem lJberfall von Skinheads wurde in Magdeburg-Olvenstedt der Punk Frank B6ttcher vor einer Bahnhaltestelle t6dlich verletzt aufgefunden. Im Brandenburgischen Fredersdorf erlitt ein Viemamese schwerwiegende Verletzungen durch einen rechts(extrem) motivierten Angriff.IS~ Darauf folgte, ebenfalls in der FR, Mitte M~irz 1997 ein Interview mit einem Mitarbeiter des Berliner Z e n t r u m D e m o k r a t & c h e Kultur (ZDK). Dieser konstatierte, dass Rechtsextremisten eine ,,politisch organisierte Schaffung 'national beffeiter Zonen' ohne Ausl~inder, ohne Staatsmacht, regiert von den Rechten", versuchen wOrden. Danaber hinaus laufe ein auf das gleiche Ergebnis hinfiihrender Prozess spontan im ,,Durchschnitt der Bev61kerung" ab. TM Eine Woche sp~iter legt das N e u e D e u t s c h l a n d nach.
146Der Vorfall ist zusammenfassend beschrieben in: Benedict, Laura: Sehnsucht nach Unfreiheit. Der Fall Kay Diesner und die rechte Szene - Ermittlungen am Ort des Geschehens. Ein Bericht, Berlin 1998. 147F ichtner, Ullrich: Hitlergriil~ehinter der Maske der Biederm~inner, in: Frankfurter Rundschau 26.02.1997. 148Exemplarisch vgl. N.N.: Kubaner in Frankfurt(Oder) tiberfallen und verpriigelt, in: Tagesspiegel 25.02.1997; N.N.: Fltichtlinge in Neuruppin geschlagen, in Tagespiegel 18.02.1997; N.N.: Brandenburg: Ausl~inder misshandelt, in: taz 03.02.1997; N.N.: Nach Uberfall auf Ausl~inder in Haft, in: Junge Welt 07.02.1997. 149 Eine gute Zusammenfassung der Ermittlungen von Februar 1997 ist zu finden bei N.N.: Biederm~inner und Brandstifter. Dolgenbrodt: Das Ende der Liagen - Anschlag auf Asylbewerberheim aufgekl~irt, in: ak - analyse & kritik, Nr. 401, 10.04.1997, S. 8. ~5oVgl. N.N.: Vietnamesevermutlich querschnittsgelahmt, in: Tagesspiege104.02.1997. 15~ Fichtner, Ullrich: Forscher warnt vor ,,massiver v61kischer Bewegung". Der Kriminologie Bernd Wagner diagnostiziert bei einem Drittel der Ostdeutschen eine rechtsextreme Orientierung, in: Frankfurter Rundschau
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Unter Hinweis auf eine stattfindende ,,Kulturrevolution von rechts" - im ,,Sinne rechter Aufhebung der Revolutionstheorie yon Antonio Gramsci" - wird unter der l~lberschrift ,,Schafft (national) befreite Zonen!" - festgestellt, dass ein K a m p f um die ,,Umwertung aller Wertsysteme und deren Verankerung in der Bevflkerung ''~52 durch den direkten Einfluss auf den kulturellen und ideellen 13berbau bereits toben wiJrde, allerdings unbemerkt yon der (3ffemlichkeit. Implizit wird dabei auf eine Publikation des franz6sischen Rechtsextremisten Alain de Benoist yon 1985 mit dem Titel ,,Kulturrevolution yon rechts" Bezug genommen 153 und ein Zusammenhang hergestellt, der in bis dato erschienen Schriften zu ,,befreiten Zonen" nicht aufgemacht wurde. Kurz darauf ver6ffentlichte das Z e n t r u m D e m o k r a t i s c h e K u l t u r sein erstes Bulletin ,,Kulturelle Hegemoniebestrebungen Rechtsextremer in der Jugendszene". Darin erfolgte eine Zusammenfassung einiger Thesen tiber neue Formen rechtsextremen Agierens: ,,Durch die Mischung yon Gewaltandrohung und Attraktion gelingt es, in immer mehr 6ffemlichen Riiumen eine kulturelle Hegemonie Rechter zu erwirken. (...) Dies k6nne ,,im konsequentesten Fall zur Schaffung einer, wie die Rechten es selber nennen, 'national beffeiten Zone' ffihren. (...) Dies k6nnen Stadtteile, Regionen, Jugendclubs, Tankstellen oder CB-Funkkaniile sein. ''~54 Hier wie in den folgenden Ver6ffemlichungen des Z D K wird der Terminus ,,national befreite Zone" neben seiner geographischen Bedeutung mit kulturellen Hegemoniebestrebungen der rechten Szene in Verbindung gebracht und sp~iter um die Dimensionen des ,,soziokulturellen Raumes ''~55 und eines ,,unbemerkt verlaufende(n) metapolitische(n) Kampf(es) um die kulturelle Gegenmacht ''~56 erweitert. Die Begriffe des ,,Daseins und der Hegemonie rechtsextremer und rechtsextrem-orientierter Strukturen und Erscheinungen" ~57 werden als Analysekategorien ff~ ein Vorhandensein yon ,,national befreiten Zonen" angeboten. Zentrale Frage sei: ,,Was ist als rechtsextrem da und was oder wer hegemoniert rechtsextrem oder rechtsextremorientiert tiber demokratisches Verhalten, demokratisches Verst~indnis, Werte und solchen sozialen Strukturen?" Bei der Beurteilung dieser Fragen, ginge es um ,,r~iumliche, soziale, zeitliche, personelle und geistige Konstellationen und um die entsprechenden Maf3verh~iltnisse der Strukturen und ihrer Wirkung. ''158 Ebenfalls 1997 stellte Burkhard Schr6der erstmalig ~ r eine breitere Offentlichkeit am Beispiel der siichsischen Kleinstadt Wurzen einen Zusammenhang zwischen der rechtsextremen Strategiedebatte und der Vorherrschaft 19.03.1997. Das Zentrum Demokratische Kultur ist eine seit 1997 arbeitende nicht-staatliche Initiative zur Beobachtung des rechtsextremen Spektrums. ~52Wallenberg, Markus: ,,Schaffl (national) befreite Zonen!", in: Neues Deutschland 26.03.1997. ~53Vgl. Benoist, Alain de: Kulturrevolution von rechts. Gramsci und die Nouvelle Droite, Krefeld 1985. ~54Kahane, Anetta: l]ber die kulturellen Hegemoniebestrebungen Rechtsextremer in Ostdeutschland. Zusammenfassung einiger Thesen Bernd Wagners tiber die neue Form des Rechtsextremismus, in: Bulletin- Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur, Nr. 1/1997: Kulturelle Hegemoniebestrebungen Rechtsextremer in der Jugendszene, Berlin 1997, S. 3-5, hier S. 4. 155Kokoschko, Ray/Wagner, Bemd: Thesen zur Formierung eines soziokulturellen Blocks rechtsextremer Orientierung, in: Bulletin - Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur, Nr. 2/1997: Rechtsextreme Militanzkulturelle Hegemonie - Rechtsextreme in den Medien, Berlin 1997, S. 11-12, hier S. 11. 156 Fahr, Margitta: Unser Kampf ist national, in: Bulletin - Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur, 1/1998: National befreite Zonen- vom Strategiebegriffzur Alltagserscheinung, Berlin 1998, S. 4-7, hier S. 5. 157 Wagner, Bemd: National befreite Zonen? Ein Diskussionsbeitrag, in: Bulletin- Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur. Nr. 3/1998: Rechtsextremismus heute. Eine kurze Einfiihrung fiir Lehramt, Verwaltung, Polizei, Justiz und soziale Arbeit, S. 35-37, hier S. 35. 158Wagner: National befreite Zonen?, in: Bulletin- Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur. Nr. 3/1998: Rechtsextremismus heute .... S. 35-37, hier S. 35.
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rechtsextremer Gesellungen im 6ffentlichen Raum her. 159 Diese Schrift wie auch die ersten Bulletins des Zentrum Demokratische Kultur hatten einen Agenda-Setting-Effekt und wirkten in die Sph~ire der Politik hinein. So erkl~irte im Dezember 1997 die damalige Bundesbeauftragte ffir Ausl~inderfxagen, Schmalz-Jacobsen, in manchen Gegenden, haupts~ichlich in Ostdeutschland, gebe es bereits von Rechtsradikalen so bezeichnete ,~ational befreite Zonen", ohne jedoch diesen Begriff zu erl~iutern. ~6~Nachdem Anfang 1998 die britische Tageszeitung The Guardian laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau 16~ davon ausging, dass weite Teile Ostdeutschlands auf dem Weg seien, ,,buchst~iblich No-Go-Zonen for Ausl/ander und deutsche Aul3enseiter" zu werden, wies der Berlin-Brandenburger Bischof Wolfgang Huber im M~irz 1998 w~ihrend seiner Er6ffnungsrede zur ,,Woche der Brtiderlichkeit" - im Wortlaut fast identisch mit dem oben angefiJhrten Artikel aus dem ersten Bulletin des Zentrum demokratische K u l t u r - auf Versuche von Rechtsextremisten hin, ,,in die Alltagskultur einzudringen und in ihr Hegemonie zu erobern". Eines der ersten Ziele s e i n e s , ,,'national befreite Zonen' zu schaffen. Das k6nnen Stadtteile, Jugendclubs, Tankstellen oder CB-Funkkan~ile sein. Solche 'national befreiten Zonen' sind von Ausl~indem oder Andersdenkenden mit humanistisch-liberalen Einstellungen 'Zecken' genannt, frei. ''~62 Im Mai 2000 sprach der damalige Bundespr~isident Johannes Rau davon, d a s s e s ein Alarmsignal fi~ Rechtsstaat und Demokratie und ein Grund zur Scham ~ r alle wirklichen Patrioten sei, wenn Rechtsextreme stolz von ,,national befreiten Zonen" redeten. ~63 Im September 2000 nutzte der damalige Bundestagspr~isident Wolfgang Thierse in seiner Rede in einer Bundestagsdebatte zum Rechtsextremismus den Terminus zur Umschreibung rechtsextremen Dominanzverhaltens. Er definierte sie als ,,Stadtquartiere und Gegenden, in denen die rechten Schl~iger und die rechten Ideologen dominieren und wo die anderen nur unter Angst leben und existieren k~Jnnen. ''164 Die Begriffsverwendung an derart prominenter Stelle und die Wahl zum ,,Unwort des Jahres" 2000 durch Sprachwissenschaftler im Januar 2001 beglaubigte endgtiltig das Ph~inomen der ,,national befreiten Zonen", zumal die Zahl der Straftaten mit rechts(extrem) motiviertem Hintergrtmd erstmalig nach 1993 wieder anstieg und im Jahr 1997 einen ersten H6chststand erreichte, der in der heifSen Diskussionsphase 2000/2001 wiederum weit tiberboten wurde. 165 Die Zusammenftihmng des Zo159Vgl. SchrOder, Burkhard: Im Griff der rechten Szene. Ostdeutsche St~idtein Angst, Reinbek bei Hamburg 1997, hier S. 89-162. ~6oVgl. N.N.: Sorge tiber die Lage der AusRinder. Bericht von Schmalz-Jacobsen zeichnet beunruhigendes Bild, in: FrankfurterRundschau 11.12.1997. 161 Vgl. Nonnemacher, Peter: Britische Besorgnis tiber Rassismus in Deutschland, in: Frankfurter Rundschau 23.01.1998. 162 Huber, Wolfgang: Das Fragen hOrt nicht auf. Die Rede zur Eri3ffnung der Woche der Brtiderlichkeit in der Nikolai-Kirche Berlin, in: Frankfurter Rundschau 14.03.1998. 163Vgl. Rau, Johannes: Gemeinsamin Deutschland leben ohne Angst und Trfiumereien. Dokumentation der ,,Berliner Rede" von Bundesprfisident Johannes Rau im Haus der Kulturen der Welt, in: Frankfurter Rundschau 14.05.2000. 164Vgl. Thierse, Wolfgang: Die falsche Faszination durch Gewaltt~iterund Gewalttaten tiberwinden. Wortlautausziige aus der Rede Thierses in der Debatte des Bundestages gegen Rechtsextremismus,in: Frankfurter Rundschau 29.09.2000. 165 1993: 10.561, davon 1.322 Gewalttaten (Gt.) ohne Sachbesch~idigung; 1996: 8.730, davon 624 Gt.; 1997: 11.719, davon 790 Gt.; 1998: 11.049, davon 709 Gt; 1999: 10.037, davon 746 Gt., 2000: 15.951, davon 998 Gt., 2001: 14.745, davon 709 Gt. Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. Gewalttaten sind: vollendete/versuchte T0tungsdelikte, Sprengstoffanschl~ige,Brandstiftungen, KOrperverletzungen und Landfriedensbrtiche. Vgl. Bundesamt fiir Verfassungsschutz(Hg.): Ein Jahrzehnt rechtsextremistischerPolitik, K61n2001, S. 35f.
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nen-Konzeptes mit rechts(extrem) motivierter Gewalt konnte so plausibel gemacht werden. Auf zynische Weise, so die Begrtindung der Sprachwissenschaftler, umschreibe der Begriff Gebiete in den 6stlichen Bundesl/andem, die von Rechtsextremen terrorisiert wtirden. 166 Kurz darauf machte die Die Woche in den neuen Bundesl/andem 25 ,,Zonen der Angst" aus und benannte Kriterien fiar deren Vorhandensein: ,,Aktive neonazistische Kameradschaften und/oder NPD-Verb/inde, rechtsextreme Aufm/arsche und Anschl/age, professionelle braune Zeitschriften oder Intemetauftritte; Skinhead-Bands und rechtsradikale Szenel~iden (...),,.167 Dennoch, so der Beitrag, k6nnen diese Gebiete nicht unbedingt als ,,No-Go-Areas" bezeichnet werden, es gebe auch in den ,,Angstzonen" Stadtteile, die relativ ungef~ihrlich seien. Eine auflagenstarke Verbreitung erreichte der Terminus im Jahr 2001, als er im Schlagwortteil der mit einer Erstauflage von 920.000 Exemplaren vonder Bundeszentrale fiir politische Bildung herausgegebenen Ver6ffentlichung ,,Vorurteile- StereotypeFeindbilder. Informationen zur politischen Bildung" auftauchte. Eingebettet zwischen ,,Befehlsnotstand" und ,,Dolchstol31egende" werden ,,befreite Zonen" als Freir/aume beschrieben, ,,in denen nur die eigenen Gesetze gelten, in denen Rechtsextreme im Sinne einer Volksgemeinschaft Identit/at und Geborgenheit finden und Andersdenkende keinen Zugang haben. ''~68 Der Begriff arbeite zudem mit Assoziationen an ,,ethnische S~iubemng" oder an die nationalsozialistische Parole, Deutschland sei ,judenfrei" geworden. Im Herbst 2001 wurde zur Begrtindung der Verbotsantr/ige gegen die NPD von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat u.a. das Konzept der ,,national befreiten Zonen" herangezogen. Diesem wohne ein Moment zumindest psychischer Gewalt inne und in ihm f~inde ,,die k~impferische, aggressive Haltung der NPD gegentiber der bestehenden Ordnung ihren st/irksten Ausdruck." Von einem ,,Zustand der Eroberung der Hoheit tiber Gebiete" k6nne jedoch ,,noch nicht gesprochen werden. ''169
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1.6 Die Agenda-Setting-Wirkung der iiberregionalen Berichterstattung auf den Diskurs in der rechtsextremen Szene
Eine Verlaufsbetrachtung der Diskussion und Information tiber ,,national befreite Zonen" in der Qualit~itspresse und in rechtsextremen M e d i e n - hier im Vergleich von Frankfurter Rundschau (FR), Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und Deutsche Stimme ( D S ) zeigt, dass erst nach dem Agenda-Setting in der 6ffentlichen Berichterstattung eine neuerliche Wtirdigung entsprechender Konzepte seitens rechtsextremer Protagonisten stattfand. ~7~ Das Thema wurde also nicht von rechtsextremen Kreisen nach aul3en, sondern vielmehr
166Vgl. N.N.: National befreite Zone ist Unwort des Jahres, in: Frankfurter Rundschau 24.01.2001. 167 Seils, Christoph: Zonen der Angst, in: Die Woche 09.02.2001. 168 Benz, Wolfgang: Argumente gegen rechtsextreme Vorurteile. Beilage ,,Informationen zur politischen Bildung aktuell 2001", in: Bundeszentrale ftir politische Bildung (Hg): Vorurteile .... Informationen zur politischen Bildung 217, Bonn 2001, S. 1-6, hier S. 4. Die erste Auflage des Heftes betrug 920.000 Exemplare und ist in Teilen abrufbar unter http://www.bpb.de/publikationen/ZGDNQ4,0,0,Befreite-Zonen.html, ges. 25.11.2003. 169 Alle Zitate aus: Meier, Horst: Ein Sack voller widerlicher Zitate, in: FAZ- Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 21.10.2001. ~7o Die erwfihnten Beitrtige aus der Berlin-Brandenburger Zeitung und dem Zentralorgan erfolgten nach Ver6ffentlichungen in den Qualit~tsmedien.
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von der 6ffentlichen Thematisierung nach innen getragen. Vor 1996 finden sich in den drei Publikationen keine entsprechenden Mitteilungen. Die quantitative Verteilung von Artikeln mit Bezugnahme auf,,national befreite Zonen", sp~iter auch ,,Angstzonen" in FR, FAZ und DS in den Jahren 1997 bis Ende 2004:
Abbildung 2:
Anzahl der Artikel in FR, FAZ und DS nach Jahren
Anzahl 40
33 30
18
20
18
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12
9
10 5
3
5 2
0 0
0
1996
1997
1998
0
7
5
2
0
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0 0 0
9
1999
2000
2001
2 2
2002
2
0 0
0 0
2003
2004
Jahr
Gesamt FAZ n=25
Gesamt DS n=14
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Gesamt FR n=95
1997 wurde erstmalig in der FR im Zusammenhang mit rechtsextremen Aktionsformen der Begriff ,,national befreite Zone" verwandt, 1998 in der FAZ. In diesem Jahr erfolgte in der FR ein erster Thematisierungsanstieg auf 18 Fundstellen. Im Jahr 1999 sind in der FR zwei Fundstellen und fiir 2000 sind 33 Fundstellen zu verzeichnen. Damit ist zugleich der H6chststand an Artikeln zum Thema in der FR erreicht. Hierbei ist anzumerken, dass von diesen 33 Fundstellen 27 in der zweiten Jahresh~ilfte nachzuweisen sind. Dies h~ingt vermutlich mit den t6dlichen Angriffen auf den dunkelhgutigen Adriano Alberto in Dessau, auf den Obdachlosen Norbert Plath in Ahlbeck im Juni 2000 und einem Bombenanschlag im Juli 2000 in Dtisseldorf, dem jtidische und nicht-jtidische Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion zum Opfer fielen, zusammen. Die Deutsche Stimme stieg erst im Jahr 1999 in die Debatte ein. Zwischen 1997 und Ende 2004 fanden sich 95 Artikel in der FR und 25 in der FAZ, in denen der Terminus verwendet wurde. Lediglich in drei ~71 der 120 ausgewerteten Artikel wird sich auf rechtsextreme Quellen berufen. 171Vgl. Fichtner: Hitlergr~Be .... in: Frankfurter Rundschau 26.02.1997; Schindler, J~rg: T0ten tragen, Kinder betreuen, ,,national befreite Zonen" aufbauen, in: Frankfurter Rundschau 31.07.2001; N.N.: Dokumentation: Im
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So stand z.B. in einer in der Frankfurter Rundschau vertiffentlichten, gektirzten Dokumentation zweier Papiere ~72, mit deren Hilfe sich die Innenminister der L~inder Ende Oktober 2000 dartiber entscheiden sollten, ob sie ihren jeweiligen Ministerpr~isidenten einen Verbotsantrag gegen die NPD empfehlen werden, dass sich die NPD erkennbar bemtihe, ,,das Konzept [der ,,befreiten Zonen"] systematisch und planvoll umzusetzen." Als Beleg hiert~r gilt ein vonder FR auszugsweise abgedmckter und in den beiden genannten Papieren angef l ~ t e r Text aus der Sadwest Stimme des baden-wtirttembergischen Landesverbandes der NPD und der Jungen Nationaldemokraten. Unter dem Titel ,,Befreite Zonen schaffen" hiel3e es: ,,Ziel unserer Anstrengungen kann im Augenblick nicht die 'Kontrolle' fiber einen ganzen Stadtteil oder ein Wohngebiet sein. (...) Vorl~ufiges Etappenziel ist die Erfassung der strategischen und taktischen M6glichkeiten innerhalb der Grol3stadt und die Nutzung dieser Daten. (...) Dies alles sind Informationen, die professionell und nachrichtendienstlich ausgewertet und in entsprechend gegliederten Dossiers hinterlegt werden mfissen, um bei kurzfristigen Bedarfsf'allen diese Informationen umgehend zur Verffigung zu haben.''173
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Das Original liest sich bedeutend weniger offensiv:
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,,Ziel unserer Anstrengung kann im Augenblick nicht die 'Kontrolle' fiber einen ganzen Stadtteil oder ein Wohngebiet sein. hierzu (sic!) fehlen uns vor allem die personellen Mittel. Vorlfiufiges Etappenziel ist die Erfassung der strategischen und taktischen M0glichkeiten innerhalb der GroBstadt und die Nutzung dieser Daten. Wir wollen eine punktuelle Bewegungsfreiheit innerhalb der Stadt haben, und diese Infrastruktur jederzeit nutzen k6nnen. Wir wollen klar bestimmte und nennbare Rt~ckzugs- und Aufmarschgelegenheiten innerhalb des Grol3stadtgewirrs haben. Zur Ereichung dieser Stellung mfissen wir vor allem die ganze Stadt systematisch erfassen: Wo kOnnen wir uns ungest6rt treffen, wo ungest6rt kommunizieren, wo lauem Gefahren (Auslfinderghettos, Antifa-Hochburgen usw.). Dies alles sind Informationen, die professionell und nachrichtendienstlich ausgewertet und in entsprechend gegliederten Dossiers hinterlegt werden mfissen, um bei kurzfristigen Bedarfsf'dllen diese Informationen umgehend zur Verffigung zu haben. ,,174 Ob die Vorhaben der baden-wtirttembergischen Jungen Nationaldemokraten jemals umgesetzt wurden oder gar von Erfolg gekr6nt waren, bleibt ungewiss. Leider waren in den gesichteten Verfassungsschutzberichten des Bundeslandes keine Nachweise tiber Ergebnisse Wortlaut: Die vonder NPD hervorgerufenen Gefahren gehen von der Organisation insgesamt aus, in: Frankfurter
Rundschau 21.10.2000. ~72 Die Papiere wurden von Arbeitsgruppen der Innenminister-Konferenz zusammengestellt. Im ersten Dokument, das den Enr~vurf f~r die Beg~ndung eines Verbotsantrags beinhaltet, sind die Erkenntnisse der VerfassungsschutzbehSrden fiber die NPD zusammengefasst. In ihnen sollte belegt werden, dass die Tfitigkeiten der NPD aggressiv und k~impferisch gegen die Freiheitlich Demokratische Grundordnung (FDGO) gerichtet seien. Das zweite Dokument befasste sich mit den Erfolgsaussichten eines Verbotsantrags. Die Frankfurter Rundschau zitierte AusziJge aus den beiden Expertisen. Vgl. N.N.: Im Wortlaut .... in: Frankfurter Rundschau 21.10.2000. 173Zitiert nach N.N.: Im Wortlaut .... in: Frankfurter Rundschau 21.10.2000. ~74 N.N.: Befreite Zonen schaffen. Wie schaffen wir befreite Zonen in westdeutschen Grol3st~idten?, in: Sadwest Stimme. Sprachrohr der nationalen Opposition in Baden-Warttemberg, Ausgabe 3/1998, S. 14.
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dieser ,,systematischen und planvollen" Bemiahungen zu finden. In den badenwiarttembergischen Verfassungsschutzberichten 1999 bis 2004 wird nicht auf das ,,Zonen"K o n z e p t eingegangen. 175 )i,ul3erungen p r o m i n e n t e r Bundes- oder LandespolitikerInnen w u r d e n 21 Mal wiedergegeben. Wissenschaftler k a m e n insgesamt 17 Mal zu Wort oder waren Autoren von Artikeln und fassten Sachverhalte unter dem M e r k w o r t ,,national befreite Z o n e " oder ,,Angstzone" z u s a m m e n 176, meist ohne sich inhaltlich auf die Ver6ffentlichungen von r e c h t s e x t r e m e r Seite zu beziehen oder den B e g r i f f n~iher zu spezifizieren: ,,Man muss die Ph~inomene ernst nehmen. Ich nehme ernst, dass es in Ostdeutschland wirklich so etwas wie 'national befreite Zonen' gibt, soziale Rfiume, in die sich Leute mit anderer Hautfarbe oder bunten Haaren nicht hintrauen kOnnen, ohne Leib und Leben zu riskieren. Mir ist unverst~indlich, warum die meisten Kommunen in Ostdeutschland dieses zulassen, warum da nicht 24 Stunden am Tag ein Polizeiauto steht. Man muss sich stellen und das Thema in der Offentlichkeit diskutieren. Daf0r m0ssen dort erprobte und gut ausgebildete Sozialarbeiter und Lehrer aus dem Westen eingesetzt werden, die mehr Erfahrung haben. ''177
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,,Auffiillig sei auch, dass es in Westdeutschland kaum Stadtteile oder Pl~itze gebe, die von Rechten als 'national befreite Zonen' betrachtet wOrden. Das sei im Osten anders: Dort gebe es etliche dieser Orte und drumherum Milieus, die Skinheads in dem Glauben best~irken, sie seine Vollstrecker des Volkswillens. Neonazis handelten dort in einem 'positiv gestimmten Umfeld', so St6ss. ''178
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,,Ft~r verfassungsfeindlich holt Funke die NPD aus fihnlichen Grianden wie Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, die den Antrag auf Parteienverbot beim Karlsruher Gericht gestellt haben. 'Die NPD vertritt einen v/51kisch-rassistischen Nationalismus, eine Reichsideologie und eine nationalrevolution~re Strategie, wie sie sich im Konzept der 'national befreiten Zonen' niederschltigt', sagt Funke. Daher sei sie ihrem Wesen nach dem Nationalsozialismus fihnlich. ''179 20 Mal wurde sich in den Artikeln auf Mitarbeiterlnnen von zivilgesellschaftlichen Gruppen berufen. A m h~iufigsten k a m e n dabei Mitarbeiterlnnen vom Z e n t r u m D e m o k r a t i s c h e Kultur zu Wort. In m e h r als 50 Prozent der Artikel wurde ,,national befreite Z o n e " als Syn175Die gesichteten Verfassungsschutzberichte w0rdigen den Begriff,,national befreite Zone" in sehr unterschiedlicher Weise. W~ihrend in manchen Berichten nicht auf den Begriff eingegangen wird, setzt sich der Verfassungsschutz Brandenburg ab 1997 damit auseinander. Oftmals wird der Begriff im Zusammenhang mit der Darstellung von Artikeln aus der Deutschen Stimme der NPD gew0rdigt. Vgl. dazu auch Schiewe, Karsten: Das Ph~inomen ,,National befreiter Zonen" und polizeiliche Reaktionsmtiglichkeiten. Seminararbeit for das Seminar ,,Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland", Fachbereich Po|izeiliches Management, Polizeiliches F0hrungsakademie MOnster, MOnster 2002. 176 Hierbei entflillt ein Anteil von vier Artikeln auf Berichte tiber die Wahl zum ,,Unwort des Jahres" dutch Sprachwissenschaftler. ~77Brumlik, Michael (Interview): ,,Es besteht kein grol~er Bedarf an Gesellschaftsveranderung", in: Frankfurter Rundschau 09.11.2000. 178 Honnigfort, Bernhard: Der Rechtsextremismus in Deutschland ist quicklebendig, in: Frankfurter Rundschau 30.06.2000. ~79Bebenburg, Pitt von: Radikalisierung durch Gewalt. Der Politologe Hajo Funke t~ber die NPD und ihre Strategie, in: Frankfurter Rundschau 18.03.2003
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onym far dramatische Zustfinde verwendet, ohne jedoch den Terminus zu erlgutem. Die FR thematisierte wesentlich h~ufiger als die FAZ das Phgnomen der ,,national befreiten Zonen". Wird allerdings die prozenmale Verteilung der Ver6ffentlichungen in FR, FAZ und DS nach Erscheinungsjahr im Verhglmis zur Gesamtzahl der in den jeweiligen Publikationen aufgefundenen Artikeln verglichen, f~illt auf, dass sich die Dichte der Berichterstatmng in FR und FAZ unwesentlich voneinander unterscheidet. Die quantitative Verteilung der Artikel in FR und FAZ deckt sich mit den Thematisierungswellen in der Siiddeutschen Zeitung, der Berliner Ausgabe der die tageszeitung (taz) und des Berliner Tagesspiegel. ~8~ Abbildung 3:
Die prozentuale Verteilung von Artikeln mit Bezugnahme auf,,national befreite Zonen", spfiter auch ,,Angstzonen" in FR, FAZ und DS nach Erscheinungsjahr im Verh~ilmis zur Gesamtzahl der in den jeweiligen Publikationen aufgefundenen Artikel in den Jahren 1997 bis Ende 2004: 1996-2004 Prozentuale Verteilung FR, FAZ und DS
40
20
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20
36 36 35
36
19
19 14
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Prozente
36
14 13
8
3
2
0
1997
1998
1999
2000
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1996
7
2001
2
2002
2003
2004
Jahre
Verteilung FR
Ve rteilung De utsche Stimme
Verteilung FAZ
Abbildung 3 verdeutlicht, dass die Diskussion in der DS (1999 mit rund 36 Prozent aller in der DS zum Thema erschienenen Artikel) nach der Thematisierung in FR und FAZ begann. Im Jahr 2000 findet in allen drei Zeitungen eine Auseinandersetzung auf quantitativ hohem Niveau statt. In den Jahren 2001 und 2002 flachte die Intensit/~t der Berichterstattung in FR und FAZ ab, um 2004 den Stand von 1997 zu erreichen. AuBerordentlich selten wurde in den beiden untersuchten Zeitungen der Begriff ,,NoGo-Area" zur Beschreibung rechtsdominierter Orte verwendet. In seinem urspranglichen Bedeutungsgehalt galt diese Bezeichnung vor allem far Bt~rgerkriegsgebiete in Nordirland, ~8oSftddeutsche Zeitung: 2002=3; 2001=9; 2000=9; 1999=5; 1998=9; 1997=2; taz: 2002=4; 2001=7; 2000=11; 1999=4; 1998=11;1997=8;Tagesspiegel: 2002=3;2001=12;2000=12; 1999=4; 1998=18; 1997=2.
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in denen sich Sicherheitsorgane und die britischen Milit~irpolizei nicht mehr bewegen konnten, weil sich die 6rtliche, katholische Bev61kerung, oftmals mit Untersttitzung der IRA, gewaltt/itig gegen ein Eindringen in ,,ihre" Stadtviertel wehrte. TM Dtivell benennt in einem Aufsatz tiber Proteste und Aufst/inde von Einwanderlnnen in GroBbritannien ebenfalls Territorien, in denen sich polizeiliche Sicherheitskr~ifte nicht mehr durchsetzen konnten, als ,,No-Go-Areas". In der Beschreibung einer Revolte in Bristol 1980 heiBt es: ,,Erstmals war im Zuge eines Aufruhrs eine no-go-area entstanden, ein Gebiet, in das die Polizei nicht mehr vordringen konnte, tiber das sie die Kontrolle verloren hatte. ''~82 In der Frankfurter Rundschau und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde der Begriff ,,No-Go-Area" mit zwei Ausnahmen 183, die nicht im Sample enthalten sind, in diesem Zusammenhang 184 oder im Zusammenhang mit gewaltt/atigen Ausschreimngen im globalen Kontext angeftihrt. Der Begriff hat sich zur Beschreibung von Orten rechtsextremer Aktivit~iten in der Berichterstattung von FR und FAZ bis Ende 2004 nicht durchgesetzt. Mitte Mai 2006/anderte sich dies allerdings schlagartig. Nachdem im April 2006, wenige Wochen vor Beginn der in Deutschland stattfindenden Ful3ballweltmeisterschaft, in Potsdam ein dunkelh~iutiger Mann, aus einer m6glicherweise rechts(extrem) motivierten Aggression heraus, ins Koma geprtigelt wurde und in den Folgewochen weitere Angriffe gegen Eingewanderte, ausl/andische und dunkelh/iutige Menschen zu verzeichnen waren, warnte der ehemalige Regierungssprecher Heye in seiner Funktion als Vorsitzender der zivilgesellschaftlichen Initiative ,,Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland" vor Gebieten in (Ost)Deutschland, die Nicht-Weil3e besser meiden sollten. Er sagte in einem Interview im Deutschlandradio: ,,Ich glaube, es gibt kleinere und mittlere St/adte in Brandenburg und auch anderswo, wo ich keinem raten wiarde, der eine andere Hautfarbe hat, hinzugehen. Er wOrde es m6glicherweise lebend nicht wieder verlassen. ''~85 Darauflain brach in der bundesdeutschen Medienlandschaft eine Debatte um ,,No-Go-Areas" los. In einem Glossar in der FR vom 19. Mai 2006 wurden die Leserlnnen unter der 0berschrift ,,no-go-areas" dartiber aufgekl~irt, dass seit 1997 tiber Gebiete berichtet werden wiarde, ,,die Dun_kelh~iutige, Menschen jtidischen Glaubens, Ausl~inder und Homosexuelle, aber auch Linke und Menschen mit Behinderung meiden sollten." Es k6nne hierbei auch von ,,Angstr~iumen" oder ,,gesetzlosen Bereichen" gesprochen werden. Bereits 1991 sei ,,der von Neo-Nazis gepr~igte KampfbegrifP' von
~8~ Feldmann, Allen: Formations of violence: the narrative of the body an political terror in Northern Ireland, Chicago 1991. ~82 Diavell, Frank: Von der Einwanderung zum Aufstand: ,,Schwarze" Revolten im Kontext von Diskriminierung und sozialer Bewegung in England, 1950 bis 1990, in: 1999. Zeitschrift fiir Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, Heft 1/2002, S. 51-79, hier S. 69f. Zu den Ausschreitungen in Brixton 1982, S. 73. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen junger Franzosen muslimischen Glaubens v.a. in den Pariser Banlieues im November 2005 vgl. Kr0ncke, Gerd: Der Minister und die Muskeln der Uniformtrfiger, in: Sfiddeutsche Zeitung 14.11.2005, S. 3; Federsen, Jan: Die Grenzen neuer Heimat, in: taz 04.11.2005. ~83 Wefing, Heinrich: Habe die Ehre. Der Dessauer Stadtpark nach des Kanzlers Visite, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 01.09.2000; Schindler, JOrg: Mit dem Hintem zur Oder, in: Frankfurter Rundschau 09.06.2004. 184Wagner, Richard: In Derry ist die Erinnerung an den ,,Blutsonntag" allgegenwfirtig, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 30.01.1998; ders.: Langsam schliegt sich die Wunde, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 22.11.2003; Steinle, Bernd: Die Gewalt ist Geschichte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 04.12.2003; Gutschke, Thomas: Die schw/~rende Wunde Nordirlands, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 30.01.2002. ~85 Sendeskript Deutschland Radio Kultur: Sendung vom 17.05.2006: ,,Er wOrde es m6glicherweise lebend nicht wieder verlassen". Ex-Regierungssprecher Heye warnt schwarze WM-Gaste vor Reisen nach Brandenburg, Moderation: JOrg Degenhardt, unter http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/501431/, ges. 21.05.2006.
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,,national befreiten Zonen" aufgekommen. Betroffen seien ,,vor allem kleinere St~idte und l~indliche Regionen, aber auch einzelne Viertel von Grol3st~idten, in denen sich Rechtsextreme durch ihr massives Auftreten die kulturelle Vorherrschaft gesichert haben. ''~86 Die mediale Berichterstattung in den Folgewochen fiJhrte- nun unter dem Etikett ,,No-GoA r e a s " - erneut ein sichtbares rechtsextremes Auftreten, eine angebliche kulturelle Hegemonie der extremen Rechten mit der Angst von (potenziellen) Opfern, in bestimmten Gebieten rechts(extrem) motivierter Gewalt ausgesetzt zu sein, zusammen. Inwieweit diese Berichterstattung in rechtsextremen Publikationen einen neuen Thematisierungszyklus strategischer Konzepte unter dem Fokus des ,,Raumgewinns" nach sich zieht, bedarf einer l]berprtifung an anderer Stelle.
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V o m S c h n e e b a l l zur L a w i n e
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Nach einer kurzen Thematisierungsphase 1990/1991 und 1993 fanden keine Bezugnahmen auf das Konzept der ,,befreiten Zonen" in rechtsextremen Printmedien staR. Erst 1997, nach VerOffentlichungen in bundesrepublikanischen Qualit~itsmedien und Publikationen aus dem Spektrum der die rechtsextreme Szene beobachtenden Personen und Initiativen, die den Begriff verwandten um auf Entwicklungen hinzuweisen, wurde das Thema auch innerhalb der extremen Rechten emeut popul~ir. Die Verbreitung des Begriffs ,,national befreite Zone" ist nur in einem sehr geringen Umfang auf die C)ffentlichkeitsarbeit rechtsextremer Kreise zurtickzufijhren und h~ingt viel st~irker mit der kritischen Informationsarbeit von zivilgesellschaffiichen Gruppen und der medialen Berichterstattung zusammen. 187 Die Berichterstattung in den Medien konstruiert Wirklichkeit und der 6ffentliche Diskurs um das Ph~inomen rechts-kontrollierter Sozialr~iume bestimmt weitgehend die Wahrnehmung dieser Gebiete. Das praktische und soziale Wissen der MedienkonsumentInnen wird erweitert und geformt, komplexe Ereignisse werden in ,,Handlungsszenarien" tibersetzt, Bedeutung wird produziert. Pressemeldungen stellen Bilder und Abbilder von Ereignissen her und dienen nicht nur der Information der RezipiemInnen, sondern wirken fiber die Art und Weise der Berichterstattung zurtick auf diejenigen Sachverhalte, tiber die sie berichten. ~88 Unter dem Oberbegriff ,,national befreite Zone" fasste die Qualit~itspresse ein breites Spektrum von Ph~inomenen zusammen: eine Dominanz rechter Gruppen auf manchen Pl~itzen oder in Jugendzentren, rechtsextreme Gewalt gegen Minderheiten, das Vorhandensein einer Infrastruktur, ffemdenfeindliche Einstellungen bei Teilen der Bev61kerung oder eine wenig eindeutige Positionierung gegen Rechtsextremismus seitens lokaler Eliten. Hier sei erinnert an die Beifallsbekundungen der ans~issigen Bev61kerung bei den Angriffen gegen Asylsuchende und MigrantInnen in Hoyerswerda (1991) oder Rostock (1992), die unterlassene Hilfeleistung von Taxifahrern in K6nigs Wusterhausen, als vor ihren Augen ein Mann 186Steinke, Peter: Mund halten, kein Gesicht zeigen, in: Frankfurter Rundschau 19.05.2006. ~87 Allein in der Internet-Suchmaschine Google waren am 26.01.2004 unter dem Suchwort ,,national befreite Zone" an die 4.000 Treffer zu finden, davon ein Bruchteil auf rechtsextremen Internetseiten. National befreite Zone = 885; national befreiter Zone = 24; national befreiten Zone = 322; national befreite Zonen = 1.290; national befreiter Zonen = 358; national befreiten Zonen = 1.100Eintr~ige.Gesamtanzahl = 3.979 Eintrfige. ~88 Hall, Stuart: Die strukturierte Vermittlung von Ereignissen, in: Ausgew~ihlte Schrifien. Ideologie, Kultur, Medien, Neue Rechte, Rassismus, hg. von Nora R~thzel, Hamburg 1989, S. 126-149,hier S. 127, 134.
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aus Kamerun verprtigelt wurde und sich dartiber hinaus das Polizeipr~isidium K6nigs Wusterhausen und der 6rtliche Btirgermeister gezwungen sahen, sich im Nachhinein ftir die Behandlung des Opfers durch Beamte der Wache zu entschuldigen 189 oder an den Kommentar ,,was macht denn der Schwarze auch nachts auf der StrafSe" des Spremberger Btirgermeisters 19~ nachdem sich Farid Guendoul im Februar 1999 in Guben TM auf der Flucht vor Rechtsextremisten t6dlich verletzte. Der Inhalt des Zonen-Begriffs wurde in der Qualit~itspresse zwischen 1997 und 2002 ausgedehnt auf CB-Funkkan~ile, Stral3enbahnen, Intemetpr~isentationen, rechtsextreme Kundgebungen und Aufm~irsche, Kneipen, Mietsh~iuser, Jugendclubs, Tankstellen, Stadtviertel, D6rfer und Regionen sowie auf alle Formen rechtsextremen Auftretens. Durch die mediale Berichterstattung und die 6ffemliche Debatte um Rechtsextremismus und Gewalt unter Verwendung der Termini ,National befreite Zonen", seltener auch ,,Angstzonen" wird ein Schreckensszenario einiger ostdeutscher Regionen gezeichnet: Rechtsextreme Gruppierungen kontrollierten das 6ffentliche Leben, die st~idtischen Verantwortlichen und die lokale Bev61kerung schwiegen, die Polizei komme, wenn tiberhaupt, zu sp~it und Minderheiten wie Asylsuchende, Punks oder Schwarze k6nnten nach Einbruch der Dunkelheit ihre Wohnungen nicht mehr unbeschadet verlassen. 192 Ein brauner Schleier liege tiber den betroffenen St~idten und ihren angstgeduckten Bewohnerlnnen, wenn sie nicht ohnehin mehrheitlich mit rechtem Gedankengut und entsprechenden Aktionsformen sympathisierten. Eine andere als die rechtsextreme Gesinnung k6nne nicht mehr 6ffentlich artikuliert werden und wer sich dem Druck gegen Minderheiten nicht beuge, werde vertrieben oder verprtigelt. Kurz" ,,National befreite Zonen" seien dort, wo die Zivilgesellschafl nicht ist. 193 Widersprtiche gegen das geschilderte Szenario- wie z.B. ein Leserinnenbrief in der Wochenzeitung Die Zeit yon Hildegard Hamm-Bticher, Vorsitzende der Theodor Heuss Stiftung, griff die Berichterstattung kaum auf. Hamm-Bticher wies darauf hin, dass es keineswegs so sei, ,,dass Btirgerinnen und Btirger in den ostdeutschen L~indem generell tatenlos zusehen, wenn in ihren Kommunen gewaltbereite 'Glatzk6pfe' 'national befreite Zonen' 189Zur Darstellung des Vorfalls vom 18.09.1998 vgl. Jansen, Frank: ,,So richtig Neger-Englisch", in: Tagesspiegel 20.10.1998; ders.: Wagner und Zombou, in: Tagesspiegel 21.11.1998; Gebauer, Matthias/Lenz, Susanne: Afrikaner fiir Entschuldigung ins Polizeipr~isidium gebeten, in: Berliner Zeitung 22.10.1998. 19oZitiert nach Friedrich, Michael/Schmid, Daniela: ,,Ftir uns ist es ja schon schlimm genug mit den Neonazis, wie mfissen sich erst die Asylbewerber ftihlen", in: Greenpeace Magazin, Heft 6/2000, unter http://www.greenpeacemagazin.de/archiv/hefte00/6_00/piraten.html, ges. 30.12.2002. 191 Der aus Algerien stammende Asylsuchende Farid Guendoul verletzte sich am 13.02.1999 in Guben auf der Flucht vor ihn verfolgenden Rechtsextremisten bei einem Sprung durch eine Glasttir tOdlich. In der Revisionsverhandlung am 09.10.2002 vor dem Bundesgerichtshof wurde befunden, dass sich die Angeklagten nicht der fahrlassigen K6rperverletzung, sondem der versuchten KOrperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter und vollendeter gefahrlicher K6rperverletzung schuldig gemacht haben. Weitere Straftaten wie Beleidigung, N6tigung, und Volksverhetzung blieben vonder Veranderung des Urteilsgrundes unberfihrt. Das Strafmaf5 des erstinstanzlichen Urteils vor dem Landgericht Cottbus wurde nicht aufgehoben. Vgl. Burschel, Friedrich C.: Kein Lichtlein aufgegangen. BGH fallt Revisionsurteil im Guben-Prozess, in: a k - analyse + kritik- Zeitung far linke Debatte und Praxis 18.10.2002; Rost, Susanne: Bundesrichter korrigieren Hetzjagd-Urteil, in: Berliner Zeitung 10.10.2002; Wirtz, Christiane: BGH verscharft mehrere Urteile, in: Sftddeutsche Zeitung I 0.10.2002. 192 In den analysierten 120 Artikeln aus FR und FAZ wurden ,,national befreite Zonen" 76 Mal in Ostdeutschland, 37 Mal in der Bundesrepublik Deutschland (meist im Zusammenhang mit dem NPD-Verbotsverfahren), elf Mal in Westdeutschland und zwei Mal in Berlin verortet (die Summe von 126 kommt durch sechs Mehrfachnennungen zustande). t93 In den 120 Artikeln wurde 28 Mal aufzivilgesellschaftliche GegenmafSnahmen hingewiesen.
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verkfinden und Bttrger mit martialischen Drohgeb~irden einschtichtem." Die Recherchen der Stiftung h~itten vielmehr eine Zunahme btirgerschaffiichen Gegenengagements ergeben und ,,dass vielerorts mit Vernunft, Ideen und pers6nlichem Einsatz dem gespenstigen Treiben femgesteuerter Neonazis erfolgreich Paroli geboten wird." Hamm-Bticher regt an, Beispiele far mutiges demokratisches Btirgerengagement mehr als bisher in die mediale Berichterstattung aufzunehmen. Man k6nne dem besorgniserregenden Rechtsextremismus nicht Erfolg versprechend entgegentreten, ,,indem man ihm auf vier Seiten und mit vielen Fotos Publizitgt verschafft, sondem indem man mit mindestens ebenso groBer publizistischer Verve diejenigen Gruppen und Einzelne bekannt macht, untersttitzt und ermutigt, die sich 'vor Ort' nicht verstecken, sondem mutig neuen Anf~ingen wehren. ''I94 Der Thematisierung ,,national befreiter Zonen" in der rechtsextremen Szene ging eine entsprechende Berichterstattung in den Qualit~itsmedien voraus. Hier greift die Analyse von Lindner, dass Medien nicht nur Themen im Sinne des Agenda-Setting setzen, ,,sie bringen den behandelten Gegenstand auch in Umlauf. ''~9s So erschien nach Schr6ders Buchver6ffentlichung 196 in dem Musikmagazin Neue Doitsche Welle des NPD/JN-Funktion~irs Sascha Wagner im Frtihsommer 1998 ein Artikel tiber die Aktivitaten rechtsextremer Gruppen in Wurzen. Darin wurde deren Umtriebe als ,,Modell einer gelungenen lokalen Kulturrevolution" gefeiert und tiber den Ausbau eines gepachteten ,,Btirger- und Jugendzentrums" berichtet. ~97Im September 1998 fand in Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern) ein Aufmarsch der NPD unter dem Motto: ,,Gegen linke Pressehetze - Ftir die Schaffung von befreiten Zonen" start. 198 Hintergrund war, neben den allgemeinen Wahlkampfveranstaltungen der NPD zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vol~ommem, ein Beitrag der ARD-Sendung Panorama, der von gewaltt~itigen Angriffen Rechtsradikaler auf Wolgaster Btirger berichtete und die Region als ,,rechtsfreien Raum" definierte. ~99 Nach der Wahl zum ,,Unwort des Jahres" 2000 befasste sich sogar das Ostpreuj3enblatt der Landsmannschafi Ostpreuflen mit dem Thema und belehrte zugleich:
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,,Der Begriff 'befreite Zonen' oder auch 'autonome Zonen' stammt nfimlich gar nicht, wie das Komitee glauben machen will, ursprOnglich von den extremen Rechten. Es ist vielmehr eine Er194 Hamm-Biicher, Hildegard: Leserbrief, in: Die Zeit 22.07.1999. Der Brief bezieht sich auf einen Artikel von Schweikle, Johannes: Wo rechts gilt, in: Die Zeit 01.07.1999. In derselben Ausgabe (S. 14) ist ein Interview mit Bernd Wagner tiberschrieben mit ,,Bis zur totalen Hegemonie" zu finden, in welchem festgestellt wird, dass in den ostdeutschen Bundesl~indem jahrelang ,,eine kommunal verankerte Zivilgesellschaft" gefehlt h~itte. Seit 1997 jedoch ,,haben sich Initiativen" als gesellschaftliche Gegenkraft entwickelt. 195Vgl. Lindner: Kulturtransfer .... in: Kaschuba (Hg.): Kulturen .... Berlin 1995, S. 31-44, hier S. 39f. 196Vgl. SchrOder: Im Griffder rechten Szene .... Reinbek bei Hamburg 1997, hier S. 89-162. 197 N.N. (Asterix): Wurzen. Modell einer gelungenen lokalen Kulturrevolution, in: Neue Doitsche Welle, Nr. 6, 2. Quartal 1998, S. 4-10. ~98 Der Aufmarsch fand am 26. September 1998 statt. Unter http://www.widerstand.com/fit/archiv/230998.htm, ges. 19.08.2002, findet sich ein Bericht. 199 Vgl. Panorama, Sendung Nr. 563 vom 17.09.1998: Brauner Terror fiir den Sieg - Nazis auf Stimmenfang, Sendeskript, unter http://www.ndrtv.de/panorama/archiv/19980917.html#a4, ges. 08.09.2002. Zur medialen Berichterstattung iiber Rechtsextremismus in visuellen und anderen Medien vgl. Widmann, Peter: Helden der Finstemis. Mediale Inszenierungen rechtsextremer Gewalt, in: Benz, Wolfgang/Benz, Ute (Hg.): Jugend in Deutschland. Opposition, Krisen und Radikalismus zwischen den Generationen, Miinchen 2003, S. 174-188; Jaschke, Hans-Gerd: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Begriffe, Positionen, Praxisfelder, Opladen 1994, S. 150-161; Spallek, Cornelia/WeirS, Hans-Jtirgen: Fallstudien zur Femsehberichterstattung fiber den Rechtsextremismus 1998-2001, Dtisseldorf 2002.
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findung des linksextremen Milieus der achtziger und neunziger Jahre. (...) Mutter aller 'Befreiten Z o n e n ' war nicht Halle-Neustadt, Wurzen oder Eberswalde, sondern der 'Freistaat Christiania' in Kopenhagen und das ' A u t o n o m e Jugendzentrum' Jahren. ,'2~176
(AJZ) in Ziarich seit den 70er
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Von Rechtsextremisten wird die Formel ,,national befreite Zone" entweder zur Umschreibung einer angeblich erfolgreichen Umsetzung sozialr~iumlicher Dominanz benutzt oder als Metapher ftir ein angestrebtes Ziel. Unter dem Motto: ,,Dort wo wir sind beziehungsweise sein wollen, ist eine national befreite Zone" wird die Vokabel ftir unterschiedlichste Anl~isse funktionalisiert. So beispielsweise in der Namensgebung eines Militaria-Ladens ~ r Insignien aller Art mit ,,Befreite Zone" im bayrischen Augsburg Ende 19982~ oder im Sommer 2002 zur Beschreibung eines von der Stadtmitte Jenas in einen Vorort verbannten Kundgebungsplatzes zur DurchRihnmg des ,,1. Thtiringentag der nationalen Jugend". Laut einer Pressemitteilung der NPD Jena war ,,das gesamte Gebiet (...) an diesem Tag national befreit, wir konnten unsere Kultur ausleben, neue Kontakte untereinander kntipfen und uns einen sch6nen Tag unter Kameraden machen. ''2~ Auf einer ins World Wide Web gestellten Fotoserie ist auf einem yon Polizeifahrzeugen umstellten Platz ein H~iuflein rechter Gesellen beim Stelldichein mit Bier, Wiarstchen und Musik zu sehen. 2~ Tunlichst nur am Rande erw~ihnt wurden die an den Polizeiabsperrungen stehenden GegendemonstrantInnen. Und
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200 Sothen, Hans B. von: Befreite Z o n e n - vertane Chancen, in: Das Ostpreuflenblatt, Februar 2001, unter http://www.webarchiv-server.de/pin/archiv01/0501 ob 10.htm, ges. 01.01.2003. Die ,,Freistadt Christiania" liegt auf einem ehemaligen Milit~irgel~inde im St~dosten Kopenhagens. Nach Abzug des d~inischen Militfirs wurde das 34 Hektar groBe Areal im Herbst 1971 yon StudentInnen, AnarchistInnen und Mitgliedem libert~irer Gruppierungen besetzt. Polizeiliche R~iumungsversuche scheiterten am Widerstand der BewohnerInnen und an einer breiten gesellschaftlichen Solidarisierung mit den BesetzerInnen. Heute leben rund 800 Menschen in Christiania. Vgl. Suhr, Constanze: Wer ist faul im Staate D~inemark?, in: Tagesspiegel, 30.09.2006. Das Ziaricher ,,Autonome Jugendzentrum" existierte mit Unterbrechungen yon Juni 1980 bis Mfirz 1983. Ende Mai 1980 demonstrierten linke Jugendliche und junge Erwachsene vor dem Zt~richer Opemhaus, um im Vorfeld einer st~dtischen Abstimmung tiber einen 60-Millionen-Kredit ffir den geplanten Opernhausumbau auf ihr Bedt~rfnis nach Rfiumen fiar einen alternativen Kulturbetrieb aufmerksam zu machen. Die Demonstration eskaliert in eine StraBenschlacht mit der Polizei. Nach Verhandlungen mit dem Ziaricher Stadtrat tiber die Zurver~gungstellung von Rfiumen durch die Stadt, die von Demonstrationen mit mehreren Tausend TeilnehmerInnen unterstt~tzt wurden, konnte Ende Juni 1980 das ,,Autonome Jugendzentrum" (AJZ) er0ffnet werden. Anfang September 1980 beschloss der Stadtrat nach einer polizeilichen Razzia im AJZ, das Projekt zu schlieBen. In den n~chsten sechs Monaten kam es in Zt~rich immer wieder zu gewalttfitigen Demonstrationen, die von massiven Ausschreitungen der Polizei gegen ProtestiererInnen begleitet wurden. Nachdem der Stadtrat einen Vertrag mit den Landeskirchen und einem Tr~igerverein abschloss, erfolgt Anfang April 1981 eine Wiederer6ffnung des selbst verwalteten AJZ. Bis Mitte Mfirz 1983 wurde das AJZ aufgrund interner Moderationsschwierigkeiten mehrere Male geschlossen und dann resigniert aufgeben. Die Tr~gergruppe des AJZ 16ste mit sofortiger Wirkung den Vertrag mit der Stadt Zfirich auf. Keine Woche spfiter wurde das AJZ abgerissen. Vgl. Nigg, Heinz (Hg.): Wir wollen alles, und zwar subito! Die Jugendunruhen in der Schweiz und ihre Folgen, Zt~rich 2001. Darin auch: Chronologie Zt~rich, S. 432447; Videoladen Zt~rich: ,,Z~ri brfinnt", Videofilm, Zt~rich 1980. 2o~ Den Laden erOffnete eine JN/NPD-Aktivistin in einer ehemaligen US-Kaserne. Offentliche Proteste verhinderten eine dauerhafte Inbetriebnahme. Vgl. Lotter, Tobias/Wetters, Gabriel: Hakennuss und Zirbelkreuz. Rechtsextremismus in Augsburg 1945-2000. Nach einer Facharbeit aus dem Fach Geschichte/Sozialkunde 1999 am Holbein-Gymnasium/Augsburg. Neue Kritik aus Schule und Hochschule, Heft 2, August 2001, Stuttgart/Mianchen 2001, S. 12, 16, 27, 54. 2o2 Vgl. Pressemitteilung der NPD-Jena vom 02.07.2002, unter http://www.npd-jena.de/pressse.htm, ges. 23.09.2002. Die Kundgebung fand am 1. Juli 2002 statt. 2o3 Vgl. N.N.: Der ,,1. Tht~ringentag der nationalen Jugend" - ein Bericht, unter http://www.nationalesolidaritaet.de/nwj/archiv/thueringentag.htm, ges. 23.09.2002.
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ob das im Deutsche Stimme-Katalog 2004 angebotene, k~iuflich zu erwerbende ,,emaillierte B lechschild" mit der Beschriftung ,,national befi~eite Z o n e " - ntitzlich zur Kennzeichnung von Haus und Htitte - einen reiBenden Absatz f'mdet, bleibt abzuwarten. TM
1.8 Resiimee: ,,National befreite Zonen" in den iJffentlichen Debatten
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,,National befreite Zonen" sind zu einem Symbol geworden. Es verktirzt und vereinfacht den Gehalt und die Botschaft von politischen Aussagesystemen und macht sie somit einpr~igsam und sozial wirksam. 2~ Gerade wegen ihrer Bedeutungsvielfalt zeigen die Sinnbilder ,,Angstzonen" und ,,national befreite Zonen" Wirkungskraft als politische Kampfbegriffe. Sie bieten Platz ~ r vielerlei Projektionen und Interpretationen und stellen Verkntipfungen zu Narrationen her, die die RezipientInnen kennen und erkennen. Ftir die einen dienen sie als Schlagwort fiir den Machtgewinn tiber Sozialr~iume, die der staatlichen Kontrolle und dern zivilgesellschaftlichen Einfluss Stock ffir StOck entzogen s i n d 206, fi~ andere zur griffigen Umschreibung s/amtlicher Formen rechtsextremer Einflussnahme auf die Gesellschaft. Ftir Dritte wiederum symbolisieren sie unter dern Oberbegriff ,,Angstzone" Orte, die von bestimmten Bev61kerungsteilen aus Furcht vor etwaigen Angriffen gemieden werden. Neben dieser Verwendung als Passepartout aber hat erst die kritische Berichterstattung tiber ,,NBZ"-Konzepte zur Durchsetzung einer kulturellen Hegemonie von rechtsextremer Seite mit den beobachtbaren Ph~nomenen rechtsextremen Auftretens und rechtsdominierter Sozialr/iume verbunden. Diese in kritischer Absicht hergestellte mediale Verl6tung yon ,,Angstzonen" und ,,national befreiten Zonen" mit der problematischen These eines in den neuen Bundesl~indem stattfindenden v61kischen Kulturkampfes verdeckt nun aber gerade, dass die Strategiediskussion der rechtsextremen Szene und real existierende territoriale Kontrollzonen zwei sehr verschiedene Sachverhalte darstellen. Zwischen ihnen besteht kein kausaler Nexus. Die Entkontextualisierung historischer Erscheinungen wie der ,,V61kischen Bewegung" sowie die Bezugnahme auf Gramscis Modell der ,,kulturellen Hegemonie" ohne eine 13berp~fung seiner heutigen Anwendbarkeit 2~ zeigen indes, dass die Skandalisierung rechtsextremen Handelns den aufkl/arerischen Blick auf Ph~inomene rechts(extrem) kontrollierter Sozialr~iume seiner analytischen Sch/irfe berauben k6nnen. Zu wenig n~imlich berticksichtigen solche Diagnosen, dass rechtsextreme Vielschreiber in Sachen ,,national
204 Vgl. Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft mbH (Hg.): Der Katalog 2004, Riesa 2003, S. 78. 205 Zur Funktion von Symbolen als Bild- und Zeichensysteme sozialer Bewegungen: Korff, Gottfried: Symbolgeschichte als Sozialgeschichte?, in: Warneken, Bernd Jiirgen (Hg.): Massenmedium Straf~e. Zur Kulturgeschichte der Demonstration, Frankfurt am Main 1991, S. 17-36, hier S. 19-22. 206 Vgl. Heitmeyer, Wilhelm: Wenn junge Deutsche Ehre und Tradition mit Gewalt zurtickholen, in: Frankfurter Rundschau 18.12.1998. 2o7 ,,Kulturelle Hegenomie" vgl. Bebenburg: Radikalisierung .... in: Frankfurter Rundschau 18.03.2003; Goddar, Jeannette: Sie lungern herum und knallen sich mit Dosenbier zu, in: Frankfurter Rundschau 06.05.1998; Kahane, Anetta/Kem, Ingolf/Wagner, Bemd: Die Kameraden schlagen nach bei Lenin und Marx. Interview, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 23.03.2001. ,,Kulturkampf" vgl. Bebenburg, Pitt von: Rechtsextremismus f'~ingt im Alltag an. Forscher setzen zum ,,Aufstand der Anst~indigen" den ,,Anstand der Zustfindigen", in: Frankfurter Rundschau 26.10.2000. ,,V61kische Bewegung" vgl. Fichtner, Ullrich: Forscher wamt .... in: Frankfurter Rundschau 19.03.1997.
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befi'eite Zonen" ihre Artikel eben nicht in der Qualit~itspresse platzieren k6nnen und dass auch das Zentralorgan oder die Vorderste Front nur entfernt einen Einfluss auf Generationen junger Leuten haben, der dem der Zeitschrift Bravo nahe k~ime.2~ Schobert wies bereits im Jahr 2000 zu Recht darauf hin: ,,Wenn in etlichen Medien behauptet wird, die 'National Befreiten Zonen' seien Ergebnis des erfolgreichen Kampfes der extremen Rechten um 'kulturelle Hegemonie', sitzt man rechter Propaganda auf~' 209 Die Erkl~irung sowohl von Defiziten in der Umsetzung des formalen Gleichheitsprinzips aller Bt~rgerInnen innerhalb von Kommunen und die Anschlussf~ihigkeit rechtsextremer Positionen an weit verbreitete Ideologien von Ungleichwertigkeit21~ wie von rechts(extrem) motivierte Angriffe auf Teile der Bev61kerung und den mangelhaften Schutz vor Attacken und schlieBlich auch for die Angst potenzieller und tats~ichlicher Opfer im 6ffentlichen Raum durch die vorgebliche Existenz von ,,national befreite Zonen" ist zweifelsohne medienwirksam. Die Eng~hrung solcher Ereignisse mit den Begriffen ,,Angstzone" oder ,,national be~eite Zone" erschwert allerdings die detaillierte Analyse regionaler Formierungsprozesse einer rechtsextremen Szene sowie deren strategische und ideologische Anpassung an aktuelle gesellschaftliche, politische und gesetzliche Rahmenbedingungen. FOr theoretisch wie praktisch relevante Einsch~itzungen sind Schlagw6rter mit mehrschichtigen Konnotationen generell wenig hilfreich. Ntitzlich fiir die praktische Arbeit und for die Entwicklung von Interventionsstrategien sind hingegen Analysen, die konkrete Ph~inomene und Probleme im Kontext lokaler Gegebenheiten und Handlungsm6glichkeiten betrachten und die die ,,~rucKe rechtsextremer Einstellungen und Handlungen nebst ihrer Anschlussf~ihigkeit hin zur ,,Mitte" der Gesellschaft ausloten.
208 Bravo hatte 1996, ihrem 40. Jahr, eine Auflage von fiber 1,4 Millionen Exemplaren pro Ausgabe. Im vierten Quartal 2003 waren es 621.000 verkaufle Exemplare pro Ausgabe, vgl. Eggert, Matthias: Wie geht eigentlich ktissen?, in: Tagesspiegel 15.02.2004. Zur Auflagenh0he von Zentralorgan und Vorderste Front siehe S. 40. 209 Schobert, Alfred: Gewalt und Geborgenheit- Rechte ,,Raum"-Diskurse, in: Widerspriiche. Zeitschrift fiir sozialistische Politik im Bildungs-, Geborgenheits- und Sozialbereich, Nr. 78, Heft 4/2000, S. 85-95, hier S. 92. 21o Vgl. Heitmeyer, Wilhelm (Hg.): Deutsche Zust~nde, Folge 1-4, Frankfurt am Main 2002, 2003, 2005, 2006.
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C Angstzonen aus lokaler Perspektive
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Ausgangspunkt dieses Teils der Untersuchung war die mediale Berichterstattung und Situationsbeschreibung tiber ,,national befreite Zonen" und ,,Angstzonen" zwischen 1997 und 2004. In diesem Zeitraum wurde der Begriff ,,national beffeite Zone" in der Publizistik ausgedehnt auf s~imtliche Einwirkungen rechtsextremen Agierens auf die Gesellschaft oder einzelne Segmente der Gesellschaft und mit der realen Angst bzw. Gef'~ihrdung mancher Bev6lkerungsteile an bestimmten Orten verkntipft. Im Zusammenhang mit rechts(extrem) motivierten Angriffen oder P6beleien wurden vorrangig in Presseberichten und Dokumentationen zivilgesellschafflicher Gruppen Ortlichkeiten, an denen sich rechte/rechtsextreme Gesellungen aufhalten, anfangs als ,,national beffeite Zonen", sp~iter auch als ,,Angstzonen" bezeichnet, die von potenziellen Opfern rechts(extrem) motivierter Gewalt oder Gewaltbedrohung weitgehend gemieden werden wtirden. Sie hielten sich an als ,,Angstzonen" deftnierten Orten gar nicht oder sehr verunsichert auf. 1 Noch in einer wissenschaftlichen Ver6ffentlichung von Ende 2005 ist zu lesen, dass ,,Angstzonen" Felder gesellschaftlichen Daseins darstellen wtirden, ,,in denen der demokratische Rechtsstaat bereits seinen Rtickzug angetreten hat. Raume, die diesen Zuschreibungen entsprechen, lassen sich in vielen Staidten ausmachen, wobei nach den vorliegenden Berichten in den neuen Bundeslandem [unvollst~indiger Satz im Original]. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die 'Normalbev61kerung', sofem sie nicht mit rechtsextremen Denkweisen sympathisiert, groBe .~mgste haben muss, in diesen 6ffentlichen R~iumen zu Opfern von l]bergriffen zu werden. Viele Personen sind dabei noch nicht interaktiv viktimisiert worden, sie leben jedoch unter Umst~inden in st~indiger Angst vor einem gewaltt~itigen l]bergriff und sind daher bereits in diesem Stadium Opfer von rechtsextremistischer Macht. ''2 In den folgenden Kapiteln wird sich mit Orten besch~iftigt, an denen eine Dominanz oder Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen - hier verstanden als Sammelbegriff fiir rechten Cliquen, Kameradschaften und deren Umfeld sowie Ortsgruppen der NPD/JN festzustellen ist/war und diese Gruppierungen durch Ausschlusshandlungen anderen verwehr(t)en, ebenfalls an diesen Orten zu verweilen. Es wurde der sozialr~iumlichen Realit~it rechtsdominierter Orte in den beiden Kleinst~idten und den beiden Grol3stadtvierteln nachgegangen. Ziel der lokalen Untersuchung war es, Aneignungs-, Etablierungs- und m6gliche Aufl6sungsprozesse von rechtsdominierten Orten und die jeweiligen Folgen for potenzielle Vgl. Unabhfingige Anlaufstelle fiir Bt~rgerlnnen (Hg.): Kiezr~iume: HohenschOnhausen, Berlin 2003, unter
http://www.kiezkultur.de, ges. 08.12.2003; Anlaufstelle ffir Opfer rechter Gewalt (Hg): Wenn die Glatzen .... Cottbus 2001; Argumente. Netzwerk antirassistischer Bildung e.V. (Hg.): ...in der Mitte angekommen .... Hamburg 2002; Alternative Gruppen Eisenhtittenstadt (Hg.): Recherchebrosch~re Eisenhiattenstadt .... Eisenht~ttenstadt 2001. 2 B0ttger, Andreas/Lobermeier, Olaf/Strobl, Rainer: Interaktive Viktimisierung und rechtsextremistische Macht, in: Heitmeyer, Wilhelm/Imbusch, Peter (Hg.): Integrationspotenziale einer modernen Gesellschaft, Wiesbaden 2005, S. 325-339, hier S. 337.
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und tatsgchliche Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt zu beschreiben. Um die Funktionsweise von ,,Angstzonen" im Zusammenhang mit dominant auftretenden rechten/rechtsextremen Gesellungen analysieren zu k6nnen, wuxde die Wahrnehmung von und der Umgang mit diesen Orten thematisiert. Hierbei wurde der Schwerpunkt auf konkrete Orte gelegt, die die Befragten zuvor als aktuell oder vor einiger Zeit als dauerhaft(er) rechtsbesetzt einordneten. Im ersten Kapitel werden Ergebnisse der Forschung zu Angstr~umen zusammengefasst. Im Anschluss daran wird die Situation in den Untersuchungsorten in den 1990er Jahren dargestellt, um dann allgemeine Hinweise zu rechten/rechtsextremen Trefforten zu geben. Das vierte Kapitel geht auf die Situation in den Untersuchungsorten w~hrend des Untersuchungszeitraumes ein und das fanfte Kapitel setzt sich mit den verschiedenen Typen der identifizierten rechtsdominierten Treffpunkte auseinander.
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1 Angstr~iume/Angstzonen
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Zu Untersuchungsbeginn lagen zur Wahrnehmung rechtsdominierter ,,Angstzonen" seitens der tats~ichlichen und potenziellen Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt sowie zu individuellen und kollektiven Strategien der betroffenen Personen(gruppen) im Umgang mit ,,Angstzonen" keine systematischen wissenschaftliche Darstellungen vor. Um den Begriff ,,Angstzonen" inhaltlich zu ftillen wurde sich auf die existierende Forschung zu Angstraumen bezogen, die hier kurz zusammengefasst wird. Neben der Verkntipfung mit baulichen Begebenheiten sind Bedrohungs~ingste gebunden an diejenigen Personen, die sich an als ,,Angstzonen" definierten Orten aufhalten (k6nnen). Manch eine(r) farchtet sich vor martialisch auftretenden Gruppen Jugendlicher oder junger Erwachsener an 6ffentlichen Orten und Rir manche(n) sind Gruppen fremdsprachiger bzw. ,,ausl~indisch" aussehender Personen ein Angstmotiv. Andere wiederum erleben bereits die bloBe Wahrnehmung bestimmter Personengruppen, die sich durch untibliches Verhalten bzw. Aussehen von anderen absetzen, als Bedrohung? Viele BtirgerInnen schreckt ein t~igliches Erleben von Verwahrlosung, Vandalismus und Zerst6rung mehr als spektakul~ire Verbrechen. 4 Ftir alte Menschen sind oft Pl~itze mit Ansammlungen l~irmender Jugendlicher ein Angstraum. Frauen bezeichnen insbesondere unbelebte Gebiete, untibersichtliche Orte, mangelhaft beleuchtete Zonen oder Einrichtungen, die vorrangig von M~innero genutzt werden, als Angstr~iume.5 Diese Orte werden von Frauen in den Abend- und Nachtstunden aus Furcht vor Bel~istigungen und (sexualisierter) Gewalt eher gemieden. Sie unterscheiden sich in ihren generellen Strukmrmerkmalen allerdings nicht von Angstr~iumen anderer Personenkreise. Grunds~itzlich sind Dunkelheit, Untibersichtlichkeit, Einsamkeit, aber auch die Anwesenheit von bedrohlich eingesch~itzten Einzelpersonen oder Gruppen Faktoren far Angst- und Bedrohungsge~hle. Angstr~iume lassen sich schwer kategorisieren und sind in ihrer Wahrnehmung abh~ingig von Alter, Geschlecht und vonder sozialen GmppenzugehOrigkeit. Bei einem Aufenthalt dort steht die Angst vor Raubdelikten und vor Gewaltdelikten wie KOrperverletzung oder Sexualdelikten im Vordergrund. ,,Angstzonen" sind oftmals Orte, an denen die Kriminalit~itsfurcht am gr613ten ist, aber im Regelfall keine hervorstechenden Viktimisierungsraten zu verzeichnen sind. Hintergrund von Unsicherheits- und Angstgeffihlen an 6ffentlichen Orten ist nicht irnmer die real erhOh-
3 Vgl. Lindner, Wemer: Die ,,sichere Stadt" zwischen urban control und urbaner Kompetenz, in: Breyvogel, Wilfried (Hg.): Stadt, Jugendkulturen .... Bonn 1998, S. 37-61, hier S. 48f. 4 Abel, Thomas: Sichere St~dte und Gemeinden durch Prfivention und Repression, unter http://www.ed•ca.net/Res•urces/Artic•es/abe•-sichere-stadte-und-gemeinden-durch--praventi•n-und-repressi•n. pdf, ges. 22.07.2004. 5 Vgl. Astner, Nina: Gewalt im 6ffentlichen Raum. Eine Studie zu Angstrfiumen von Frauen im Bezirk Kreuzberg von Berlin 1999, hg. von Die Frauenbeauftragte, Bezirksamt Kreuzberg von Berlin, Berlin 1999, S. 7.
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te Gefahr, s o n d e m eine angenommene, die als reale w a h r g e n o m m e n wird. 6 So gelten far Frauen meistens 6ffentliche Orte als gef~ihrlich, obwohl iaberwiegend der private Raum ein Ort der Gewaltt~itigkeit gegen Frauen ist. 7 Jugendliche und j u n g e erwachsene M~inner hingegen, die tiberdurchschnittlich oft sowohl als T~iter wie als Opfer von Gewaltverbrechen an 0ffentlichen Orten in Erscheinung treten und deren Kriminalit~itsfurcht nach neueren Untersuchungen hohe Auspr~igungen anzeigen, mtissten d e m n a c h ein ausgesprochen angstbesetztes Verh~ilmis zu 6ffentlichen Orten haben. D e n n o c h ist nicht festzustellen, dass junge M~inner sich aus Angst vor einer Viktimisierung weitgehend in ihrer Bewegungsfreiheit einschr~inken oder dunkle, untibersichtliche Orte meiden. 8 FUr sie sind seltener als ftir andere die geographischen Begebenheiten der als bedrohlich e m p f u n d e n e n Orte ein Kriterium ftir deren Gef~ihrlichkeit, sondern eher die sich dort aufhaltenden Menschen, vor allem gleichaltrige m~innliche Jugendliche. 9 Angstr~iume k6nnen also als Orte definiert werden, an denen einzelne oder mehrere Mitglieder bestimmter Bev61kerungsgruppen aus spezifischen Grtinden (Geschlecht, Alter, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Anwesenheit bestimmter Personen usw.) sich vor einer m6glichen gegen sie gerichteten Kriminalit~it ftirchten. Es sind Orte und Pl~itze, die aufgrund ihrer Bebauungsstruktur, Lage und Nutzung geftirchtet und deswegen teilweise gemieden werden. ~~ Dies auch, wenn solche Orte keine h6here oder sogar eine geringere Kriminalit~itsbelastung ftir spezifische Delikte aufweisen als andere Orte. Vgl. Doran, Bruce J./Lees, Brain G.: Investigating the Spatiotemporal Links Between Disorder, Crime, and the Fear of Crime, in: The Professional Geographer Nr. 1/2005, S. 1-12; DOlling, Dieter/Feltes, Thomas/Heinz, Wolfgang/Hermann, D./Kury, Helmut/Obergfell-Fuchs, Joachim/Simsa, Christiane/SpiefS, Gerhard (Forschungsgruppe Kommunale Kriminalpr~ivention in Baden-Wt~rttemberg): Opfererfahrungen, Kriminalitatsfurcht und Vorstellungen zur Delinquenzpravention, in: Pfeiffer, Hartmut/Trenczek, Thomas (Hg.): Kommunale Kriminalpravention. Paradigmenwechsel und Wiederentdeckung alter Weisheiten, Bonn 1996, S. 118-140, unter http://www.thomasfeltes.de/pdf/KKP%201996.pdf, ges. 26.06.2004. 7 Vgl. Becker, Ruth: Uberwindet die Angstraume! Eine Polemik, in: Kramer, Caroline (Hg.): FREI-R~iume und FREI-Zeiten: Raum-Nutzung und Zeit-Verwendung im Geschlechterverhaltnis, Baden-Baden 2002, S.79-89, hier S. 81. Im Jahr 2003 wurden allein for Berlin an die 10.000 Falle hauslicher Gewaltaust~bung angenommen. Zu dem Opfem gehOrten ~berwiegend Frauen. Vgl. N.N.: Innensenator: Jtihrlich 10.000 F~ille hauslicher Gewalt registriert, in: Tagesspiege129.10.2004. 8 Vgl. Ruhne, Renate: (Un)Sicherheiten im Offentlichen Raum im machtvollen Wirkungsgefoge zwischen ,,Raum" und ,,Geschlecht", in: Frei.Ri~ume, Streitschrift der feministischen Organisation von Planerinnen und Architektmnen, Band 11, ,,Pr~isenz im Raum", Berlin 2004, S. 92-102; dies.: ,,Sicherheit" ist nicht die Abwesenheit von ,,Unsicherheit" - Die soziale Konstruktion geschlechtsspezifischer (Un)Sicherheiten im 0ffentlichen Raum, in: Gestring, Norbert/Glasauer, Herbert/Hannemann, Christine/Petrowsky, Werner/Pohlan, JOrg (Hg.): Jahrbuch StadtRegion 2002. Die sichere Stadt, Opladen 2002, S. 55-73; Rather: Zentrale Erkenntnisse der ,,Kriminologischen Regionalanalyse Bonn 1998/99" ..., Bonn 2000, S. 9f, 22, unter http://www.mynetcologne.de/-ncruethewe/24Zus.pdf, ges. 27.09.2004; Elsner, Annette/Lakemann, Ulrich: Stadtteilanalyse Jena-Winzerla, Jena 2003, S. 72, 74; Schrey0gg, Friedel: Tatorte: Orte der Gewalt im 0ffentlichen Raum, in: Bauwelt, Heft 6 (1989), S. 196-209. 9 Vgl. Haack-Wegner, Renate: ,,Das ist eine Frage der Einsch~itzung." Ein Gruppengespr~ich mit jugendlichen Schialern t~ber ihre Gewalterfahrungen im Stadtteil, in: dies./Leith~iuser, Thomas/Exner, Michael/Schorn, Ariane/Vring, Erika vonder (Hg.): Gewalt und Sicherheit im Offentlichen Raum. Eine sozialpsychologische Untersuchung, Giessen 2001, S. 117-140, hier S. 127; Mansel, Jt~rgen: Angst vor Gewalt. Eine Untersuchung zu jugendlichen Opfem und Tatem, Weinheim/Miinchen 2001, S. 67. 1oVgl. Hoist, Bettina: Pragmatisch, offensiv, meidend - Weibliche Coping-Strategien als Reaktion auf Kriminalitatsfurcht, in: Landeskommission Berlin gegen Gewalt (Hg.): Berliner Forum Gewaltprdivention, Nr. 12/Juli 2003, S. 48-55; Kaldun, Sabine: Frauen wollen eine sichere Stadt. Angstr~iume im Offentlichen Raum, in: Deutsches Forum for Kriminalpravention, 03.01.2001, unter http://kriminalpraevention.de/download-daten.htm, ges. 15.04.2003, S. 1.
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Die Situation in den Untersuchungsorten zu Beginn der 1990er Jahre
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Der Beginn rechtsextremer Aktivit~iten in den Untersuchungsorten war nicht zu rekonstmieren. Bis heute sind rechtsextreme Vorf~ille in der DDR nur unzureichend aufgearbeitet und es fehlt an umfassenden Darstellungen, die jenseits weithin bekannt gewordenen Taten wie dem Angriff auf die Ostberliner Zionskirche im Oktober 1987 oder der VervAismng des jtidischen Friedhofes 1988 in der Sch6nhauser Allee im Ostberliner Bezirk Prenzlauer Berg ll das Ausmal3 rechtsextremen Handelns auf regionaler Ebene vor 1989 und w~ihrend der ,,Wendezeit" 1989 bis 1990 substantiell darstellen. ~2 Bei Madloch ist zwar zu lesen, dass sich Gruppen rechtsextremer Skinheads bereits Ende 1987/Anfang 1988 in Ostberlin, Magdeburg, Potsdam, Cottbus, Guben und anderen DDR-St~idten formierten 13, er geht jedoch nicht auf Aktivit~iten dieser Gruppierungen ein. Nach bei Stil3 abgedruckten Dokumenten des Ministerium fi~ Staatssicherheit existierten bereits 1982/83 Skinheadgruppen in der DDR, die jedoch als ,,politisch desinteressiert" galten und deren Auftreten und Verhalten durch ein ,,tibersteigertes Nationalbewusstsein als Deutsche, Rassenhass und Ausl~inderfeindlichkeit, verbunden mit 0bemahme faschistischen Gedankenguts" gekennzeichnet
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1~ Am 17. Oktober 1987 stiirmten rund 30 Rechtsextreme, fast ausnahmslos Skinheads, ein Rockkonzert in der Ostberliner Zionskirche mit knapp 1.000 Besucherlnnen. Unter rechtsextremen Parolen st0rmten die Angreifer das als Zentrum der Ostberliner Opposition geltende Gotteshaus und priigelten auf die G~iste ein. Telefonanrufe zahlreicher Btirgerlnnen, die durch die Schlachtenges~inge w~ihrend des etwas 30mintitigen Anmarsches der Skins aufgeschreckt worden waren, blieben folgenlos und auch die in den NebenstraBen der Kirche stationierten Polizeikommandos hielten sich w~ihrend des Angriffs zuriick. Vgl. Waibel, Harry: Rechtsextremismus in der DDR bis 1989, K01n 1996, S. 56; Madloch, Norbert: Rechtsextremismus in Deutschland nach dem Ende des Hitlerfaschismus, in: Kinner, Klaus/Richter, Rolf (Hg.): Rechtsextremismus und Antifaschismus. Historische und aktuelle Dimensionen, Berlin 2000, S. 57-214, hier S. 74; in dieser Vertiffentlichung auch: Studie ~iber Erkenntnisse der Kriminalpolizei zu neofaschistischen Aktivit~iten in der DDR von November 1989, o.A., o.D., S. 273-293; Rauhut, Michael: Rock in der DDR, Bonn 2002, S. 118s Auf dem jiidischen Friedhof in der SchOnhauser Allee wurden mehr als 200 Grabsteine zerstSrt. Die Polizisten in der nahe gelegenen Wache h0rten weder die Gerausche der N~ichte andauernden Verwtistungen noch das begleitende Rufen rechtsextremer Parolen. Vgl. Vgl. Leo, Annette: UmgestoBen. Provokation auf dem jtidischen Friedhof in Berlin Prenzlauer Berg 1988, Berlin 2005; WeiB, Konrad: Die neue alte Gefahr. Junge Faschisten in der DDR, Nachdruck in: Kowalczuk, Ilko-Sascha (Hg.): Freiheit und ()ffentlichkeit. Politischer Samisdat in der DDR 1985-1989, Berlin 2002, S. 392-404, hier S. 393f. Erstver0ffentlichung des Textes im M~irz 1989. Hier werden noch einige wenige andere Beispiele rechtsextremer Aktivit~iten in der DDR aufgefiihrt. ~2In einigen wenigen Publikationen sind Auflistungen rechts(extrem) motivierter Straftaten in der DDR zu finden. Vgl. Madloch: Rechtsextremismus in Deutschland .... in: Kinner/Richter (Hg.): Rechtsextremismus und Antifaschismus, Berlin 2000, S. 57-214, hier S. 63-105 (Rechtsextremistische Tendenzen und Entwicklungen in der DDR, speziell in Sachsen, bis Oktober 1990); Schroeder: Rechtsextremismus .... Miinchen 2003, S. 46-75; Waibel, Harry: Rechtsextremismus in der DDR .... K01n 1996. 13 Vgl. Madloch: Rechtsextremismus in Deutschland .... in: Kinner~ichter (Hg.): Rechtsextremismus und Antifaschismus, Berlin 2000, S. 57-214, hier S. 75.
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war. 14 Von 1987 bis Oktober 1988 hat sich die Anzahl rechter/rechtsextremer Skinheads in der DDR von 800 auf 1.067 Personen erh6ht (davon 66 Personen aus Magdeburg und 36 aus Halle). 15 In den Dokumenten sind nur vereinzelt Hinweise auf das konkrete Handeln dieses Personenkreises zu finden. Neubacher gibt unter Berufung auf Sekund~irquellen far die Jahre 1988/89 die Zahl von 41 eingeleiteten, einschl~igigen Verfahren mit fiber 1.000 16 Beteiligten an. Bereits im Februar 1990, fand in Frankfi~-Fechenheim unter Anwesenheit von Michael Ktihnen das ,,1. Koordinierungstreffen Ost" statt, bei dem sich fiihrende Aktivisten der rechtsextremen Szene aus der DDR mit westdeutschen Neonazis und Rechtsextremisten trafen. Die aus der alten Bundesrepublik und u.a. aus Magdeburg, Halle, Dresden, Rostock, Cottbus, Frankfurt/Oder und Berlin kommenden Teilnehmer legten bei diesem Treffen den Grundstein einer in den folgenden Jahren anwachsenden Organisierung der ostdeutschen rechtsextremen Szene. ~7 In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung war die Presseberichterstattung tiber rechts(extrem) motiviertes Handeln vor allem in den lokalen Bl~ittem yon wenig Sensibilit~it ~ r das Thema gepr~igt. Lediglich auch tiberregional wabrgenommene oder besonders bmtale Gewalttaten erfuhren mediale Aufmerksamkeit. Eine Berichterstattung tiber Schl~igereien unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen fand zwar statt, oftmals wurde jedoch der Topos der ,,rivalisierenden Jugendbanden ''18 benutzt, um auf Auseinandersetzungen zwischen rechten/rechtsextremen und Angeh6rigen anderer (Jugend)Gruppen hinzuweisen. Manchmal lieB allein die Tatortnennung Vermutungen zu, dass es sich dabei um Gewaltt~itigkeiten zuungunsten ,,Altemativer" oder ,,Bunter" oder um Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Personen handelte. 19 Laut Auskunft befragter Journalisten umgingen die damals verfassten Pressemitteilungen der Polizei genauere Hinweise auf eine Zuordnung yon derartigen Taten zu bestimmten T~itergruppen. Manch eine Straftat, die in der Presse ~iuBert vage beschrieben wurde, fand sich in Verfassungsschutzberichten wieder. So berichtetet die Gardelegener Lokalzeitung im April 1993 tiber einen Angriff mit Leuchtspurmunition und eingeworfene Fensterscheiben an einer yon der Altemativszene besuchten Gastst~itte, ohne Hinweise auf Hintergrtinde zu geben, z~ Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt hingegen vermeldete fiar denselben Tag sowohl eine K6rperverletzung gegen ein sich selbst als ,,Linke" bezeichnendes M~idchen im 6ffentlichen
~4Vgl. SfiB, Walter: Zur Wahmehmung und Interpretation des Rechtsextremismus in der DDR durch das MfS, Berlin 1993, S. 75. ~sVgl. SiafS:Zur Wahrnehmung und Interpretation .... Berlin 1993, S. 89, 106. 16Vgl. Neubacher, Frank: Jugend und Rechtsextremismus in Ostdeutschland vor und nach der Wende, Bonn 1994, S. 31. ~7Vgl. Schmidt, Michael: Heute gehOrt uns die StraBe. Der Inside-Report aus der Neonazi-Szene, Diasseldorf 1993, hier S. 96f. 18 Dieser Topos wurde auch von Polizei und Verfassungsschutz benutzt. Vgl. VS-Bericht Brandenburg 1994, Potsdam 1995, S. 37f; Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 1/983, Vorabdruck vom 28.11.1991, Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage ,,Rechtsradikale Organisationen", Drucksache 1/861, S. 29f. ~9Vgl. N.N.: Jugendliche schlugen sich, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 04.05.1992; N.N.: Mehrere Schlfigereienund versuchte Einbrfiche, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 27.07.1992. 20 Vgl. N.N.: Scheibe eingeworfen, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 22.04.1993; N.N.: Pistole abgefeuert, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 23.04.1993.
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StraBenland und den Beschuss der Kneipe mit Steinen und Leuchtspurmunition unter ,,Sieg Heil"_Rufen. 2~ Viele Angaben zu den ersten Nachwendejahren stammen aus den geftihrten Expertlnnen-Interviews. Obwohl diese durch Ged~ichmislficken und Interpretationen gebrochen sind, konnte damit ein Bild fiber die Anf~inge rechter/rechtsextremer Raumergreifung gewonnen werden. Unisono hieB es, dass sich nach der Wende rechte und rechtsextreme Jugendliche in einem nicht ~ r m6glich gehaltenen MaBe artikulierten. Die Informationsdichte fiber die einzelnen Untersuchungsgebiete war sehr unterschiedlich und auch sp~iter, als sich die regionale Presseberichterstattung gegenfiber der Problematik und Brisanz rechts(extrem) motivierter Gewalt und Organisierung 6ffnete, fehlten in vielen Zeitungsberichten fiber rechts(extrem) motivierte Angriffe genauere Angaben fiber die Tatorte, was vor allem in den beiden groBst~idtischen Untersuchungsgebieten dazu fiahrte, dass nur wenige der medial dokumentierten Vorf~ille r~iumlich zuzuordnen waren. 22 Dieses Manko fiel bei der Rekonstruktion rechts(extrem) motivierten Handelns im Kontext von Ortsbesetzungen in den beiden Kleinst~idten nicht ins Gewicht, da hier das gesamte st~idtische Siedlungsgebiet im Fokus des Interesses stand. Neben einem Rfickgriff auf die Darstellungen lokaler Expertlnnen ermSglichte eine intensive Dokumentenrecherche, ein Bild von Entwicklungsschritten des lokalen Rechtsextremismus zu erstellen, welches zumindest eine Ann~iherung an die Wirklichkeit erlaubte. Ffir die beiden untersuchten GroBstadtviertel gelang das in weit geringerem Umfang. R~iumliche Einheiten, die Anfang der 1990er Jahre von nahezu 80.000 Menschen bewohnt wurden und in denen heute noch an die 50.000 Personen leben (Halle-Neustadt), lassen sich wesentlich schwerer ,,erfassen" als fiberschaubare Gebiete, in denen beinahe jeder Vorfall eine M e l d u n g - und sei sie noch so verklausul i e r t - im Regionalblatt wert ist. Die Dynamik von GroBst~idten machte es nahezu unmtiglich, rechtsextreme Organisationsgeschichte auf kleine r~iumliche Einheiten herunterzubrechen. So war in Halle und Magdeburg fiber die Jahre hinweg eine Vielzahl stadtweiter Aktivitaten von rechtsextremen Vereinigungen auszumachen, zig Gruppiemngen entstanden fiber die Zeit und verschwanden wieder. Gastst~itten, Klamotten- und CD-L~iden mit Betreibern aus der rechtsextremen Szene waren fiber ein grol3es Gebiet verstreut, die rechtsextreme Infrastruktur ging von Internetpr~isentationen fiber Postillen zu NPDVerb~inden und Kameradschaften, deren Hauptaktivisten vielleicht noch gut informierten antifaschistischen Gruppen, Medienvertreterlnnen oder Mitarbeiterlnnen des Staatsschutzes bekannt sind, ansonsten aber in der Anonymit~it der Masse untergehen. Dies ist in Kleinst~idten anders. Hier kennen sich Jugendliche nicht nur aus der Schule oder dem Wohnblock, sondem treffen auch auBerhalb davon immer wieder aufeinander, sei es im einzigen Freibad, am Badesee oder auf dem Sportplatz. Die tirtlichen Polizistlnnen wissen um ,,ihre" einschRigigen KandidatInnen, oft auch um deren famili~ires Umfeld. Um die Differenz der Untersuchungsgebiete zu veranschaulichen, kann ein Beispiel ange~hrt werden" wenn in Gardelegen nachts 15 Personen rechtsextreme Parolen skandierend 500 Meter auf dem Stadtring entlang laufen, weiB es bald die halbe Stadt: viele wurden davon geweckt, es 21 Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1993, Magdeburg 1994, Kapitel XI. Anhang 1, Auswahl von Ereignissen im Land Sachsen-Anhalt mit rechtsextremistischem Hintergrund im Jahr 1993, 20. April 1993, o.S., pdf-Version unter http://www.sachsen-anhalt.net, ges. 26.06.2002. 22 Oftmals ist allgemein von Halle oder Magdeburg die Rede, ohne Hinweise auf das Stadtviertel, in dem die berichteten Vorfalle stattfanden.
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stand zudem im Polizeibericht und in der Zeitung und m6glicherweise gab der Btirgermeister einen Kommentar ab. Wenn Gleiches auf dem Weg von einer Magdeburg-Olvenstedter Stral3enbahnstation in die n~ichste Kneipe geschieht, ist die 6ffentliche Resonanz bedeutend weniger stark, obwohl die Zahl derjenigen, die in ihrer Nachtruhe gest6rt wurden, gleich sein mag. Neben dem Vorhandensein von Gegenbewegungen wirken sich nach Hellmann ,,die Gepflogenheiten des 6ffentlichen Lebens und der Politik ''23 positiv oder negativ auf die Durchsetzungsm6glichkeiten rechter/rechtsextremer Gesellungen aus. Rechte/rechtsextreme Gesellungen sind in ihrem Handeln abh~ingig von der Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz ihrer Positionen und Aktivit~iten durch das gesellschaftliche Umfeld. 24 In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung war die Reaktion von st~idtischen Verantwortlichen auf die Formierung einer rechtsextremen Szene und rechts(extrem) motiviertes Gewalthandeln oft von der Bereitschaft zum Dialog mit einschl~igigen Gruppierungen, die der polizeilichen Stellen von Passivit~it und geringer Durchsetzungsf~ihigkeit, die der SozialarbeiterInnen von Konzeptlosigkeit gepr~igt. Der durch die Vereinigung bedingte Umbruch in s~imtlichen Bereichen der sozialen Organisation der DDR ftihrte nach Erb ,,sowohl in normativer wie in repressiver Hinsicht ''25 zu einem weitgehenden Ausfall der sozialen Kontrollinstanzen und umfasste fast s~imtliche Ebenen: yon der Schule tiber die Polizei zu Justiz und Jugendarbeit. 26 Fehlende MaBst~ibe und Unsicherheiten im Umgang mit rechtsextremen Verhaltensweisen Anfang der 1990er Jahre mtindeten nach Bergmann und Erb in uneindeutigen Verhaltensweisen und in Sanktionslosigkeit gegentiber rechtsextremem Agieren. Derartiges Handeln sei nicht konsonant verurteilt worden. 27 Interviewte erinnerten sich, dass
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,, die Polizei und alles, was irgendwie offiziell damit zu tun hatte, (...) also haben sich damals sehr zuriickhaltend benommen, immer. (...) Grade in dem Zeitraum 90, 91 sowieso his 92(war) die Polizei j a wirklich kaum pra'sent (...). Also mit, mit diesem ganzen Ph~inomen iiberhaupt nicht umgehen konnte und dadurchja wirklich so ein rechtsfreier Raum da war. ,,28
23Hellmann: Paradigmen .... in: ders./Koopmans (Hg.): Paradigmender Bewegungsforschung .... Opladen 1998, S. 9-30, hier S. 23. 24 Zum Einfluss des Sympathisantenumfeldes auf Erfolgs- und Risikoerwartungen vgl. Willems: Jugendunruhen und Protestbewegungen .... Opladen 1997, S. 417ff. 25Erb, Rainer: Erzeugt das abweichende Verhalten die abweichenden Motive?, in: Otto/Merten (Hg.): Rechtsradikale Gewalt .... Bonn 1993, S. 277-284, hier S. 281. 26Vgl. Beckmann, Herbert: Gruppen junger Manner als gewaltt~itigerechtsextreme Handlungskerne. Aus einem Gespr~ich mit Rainer Erb, in: ders. (Hg.): Angegriffen und bedroht in Deutschland. Selbstzeugnisse, Berichte, Analysen, Weinheim 1993, S. 164-168, hier S. 165, 167; Lynen von Berg, Heinz: Rechtsextremismus in Ostdeutschland seit der Wende, in: Kowalsky/Schroeder(Hg.): Rechtsextremismus.Einfiihrung .... Opladen 1994, S. 103-124, hier S. 119; Strobl, Rainer/Wiirtz, Stefanie/Klemm, Jana: Demokratische Stadtkultur als Herausforderung. Stadtgesellschaften im Umgang mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Weinheim/M~nchen 2003, S. 9. 27Vgl. Erb: Erzeugt das abweichende Verhalten ...?, in: Otto/Merten (Hg.): Rechtsradikale Gewalt .... Bonn I993, S. 277-284, hier S. 28 If; Bergmann, Werner: Ein Versuch, die extreme Rechte als soziale Bewegung zu beschreiben, in: Bergmann/Erb (Hg.): Neonazismus..., Berlin 1994, S. 183-207, hier S. 205. 28Halle damals, Interview (Int.) 1, Pos. 47, 50.
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Die ersten 1990er Jahre seien eine Zeit gewesen, in der ,,h{itten wir uns auch manchmal hgiufiger Polizeiprgisenz gewiinscht, hm, PolizeiprLisenz in dem Sinne, dass auch deutlieh gemacht wird, also Gewalt oder iiberhaupt gewaltsame Angriffe wetden hier nicht geduldet, egal auf wenjetzt, egal zu wem" "29
Im Folgenden wird die diesbeziigliche Situation Anfang der 1990er Jahre vor allem am Beispiel der Altmark-Region um Gardelegen beschrieben, was nicht bedeutet, dass hier die Situation besonders zugespitzt war, sondern vielmehr, dass eine Reihe Quellen vorlagen, die ein Nachzeichnen der damaligen Situation erleichterte. Um Hinweise auf die Organisierung einer rechten/rechtsextremen Szene und deren Aktivitaten zu geben, wird exemplarisch anhand der Stadt Guben nachgezeichnet, wie sich - teilweise mit personeller UnterstOtzung aus anderen Bundesl~indem- das vorhandene endogene Potenzial an rechten/rechtsextremen Akteuren formierte. Guben nimmt dabei keine Sonderrolle ein. Der detaillierte B lick ist der vergleichsweise gut dokumentierten Historie geschuldet.
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2.1 Gardelegen und Region
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In den frt~hen 1990er Jahren verhielten sich in normativer Hinsicht viele Instanzen ofimals uneindeutig gegent~ber rechts(extrem) motiviertem Handeln. So grfil3te beispielsweise im Frfihjahr 1993 in der Gardelegener Region ein Angeh6riger der rechten/rechtsextremen Szene die Besatzung eines Streifenwagens mit einer abgewandelten Variante des HitlerGrul3es, ,,Sieg-Heil-" und ,,Heil-Hitler"-Rufen. Gegen ihn wurde in diesem Fall Anzeige erstattet, da es wghrend einer Zeit geschah, als Polizisten aus einer anderen Stadt im Ort eingesetzt waren und durchgriffen. ,,~anliche Aktionen junger Rechter waren zuvor ungeahndet beblieben", war in der regionalen Berichterstattung zu lesen. 3~Hinzu kam die Erfahrung von Opfem, auch bei Anwesenheit von Polizeikr~ften nicht vor Angriffen geschtRzt zu sein. 31 Nach der Geburtstagsfeier eines NPD-Mitglieds aus Salzwedel mit Gesinnungsfreunden aus Beetzendorf, Gardelegen, Giflaom, Kakerbeck, Mieste, Wanzleben und Wolfsburg im August 1992 in K16tze formierten sich die Ggste gegen Mitternacht zu einem Marschblock von 20 Personen, der spgter auf 60 anschwoll. Sie zogen in milit~irischer Formation hinter einer schwarz-rot-goldenen Fahne zu einem Haus, in dem sich ein halbes Dutzend 13- bis 16j~hrige linke Jugendliche trafen. Dort brfillten sie ,,Zieht die rote F a h n e mit dem Hakenkreuz hoch" und stttrzten sich auf vor dem Haus stehende, sich mit zwei Polizeibeamten unterhaltenden Jugendliche. Einen Jugendlichen schlugen und traten acht bis zehn Rechtsextreme mit Fgusten, Stiefeln und Knt~ppeln bis zu Bewusstlosigkeit. Die anderen konnten ins Haus flfichten. Ein hinzukommender Streifenwagen und das Haus wurden angegriffen. Die Angreifer attackierten ebenfalls Polizisten, die anfangs versuchten, das Haus zu scht~tzen. Daraufhin zogen sich die Beamten zu ihren zwischenzeitlich demolierten Autos zurack. 29Gardelegen (Gard.) damals, Int. 1, Pos. 74. 3oVgl. N.N.: Rechter Schl~igermusszwei Wochen in Arrest, in: Altmarkzeitung 22.07.1993. 3~Vgl. Hauser, Uli: ,,Sympathiefar rechte Positionen", in: Stern 26.05.1994, S. 138-143.
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Am 01. September 1991 tiberfiel eine Gruppe Rechtsextremer nahe Magdeburg einen Kleinbus mit Migranten aus der Ttirkei. Die polizeilichen Ermittlungen waren Ende Mrirz 1992 abgeschlossen und ergaben, dass zwischen Ende Juni und Anfang September 1991 eine groBe Gruppe aus der Skinhead-Szene in wechselnder Besetzung zahlreiche Strafiaten begangen hatten (von gef'ahrlicher K6rperverletzung und Landfriedensbruch tiber Diebstahl bis hin zu Sachbeschridigung). Das Verfahren wurde an die Staatsanwaltschafi Magdeburg abgegeben, die Anklage gegen 29 Beschuldigte erhob, darunter gegen 16 Beschuldigte wegen des oben genannten Oberfalls. Nachdem in der regionalen Tageszeitung im November 1993 schwere Vorwtirfe gegen die Polizei wegen Versagens und Untritigkeit im Zusammenhang mit den Ermittlungen laut wurden, wurde der Vorfall Gegenstand einer Fragestunde im sachsen-anhaltinischen Landtag. In ihrer Antwort vom 11. November 1993 rriumte die Landesregierung ein, dass es Versriumnisse bei der Tatortarbeit und der Ermittlung von Zeugen gegeben habe. Daneben dtirfien ,,die zur damaligen Zeit herrschende unzureichende Personallage, die verbreitete Unsicherheit der Polizeibediensteten in rechtlicher, aber auch ermittlungstechnischer Hinsicht, Mringel in der technischen Ausrtistung und eine mangelnde Bereitschafi von Zeugen und Geschridigten, aufgrund beftirchteter Repressalien aus dem Kreise der Beschuldigten vor der Polizei auszusagen, mitursrichlich ftir die lange Ermittlungsdauer gewesen" sein. DarOber hinaus habe die unzureichende Personalsituation bei der Staatsanwaltschafl, die hohe Arbeitsbelastung noch unerfahrener Dezernenten dazu beigetragen, dass der Vorfall nicht ztigig bearbeitet worden sei. 32 Der Prozess gegen einige der ermittelten Triter begann Anfang September 1994. 33
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Nachdem die Angreifer die Ttir des Wohnhauses aufgebrochen, die R~iume durchsucht, aber niemand gefunden hatten, marschierten sie ab, jedoch nicht ohne den blutend auf der StraBe liegenden Jugendlichen mit den Worten ,,Der lebt ja noch" erneut zu rnaltr~itieren. Den Beamten gelang es, die T~iter abzudr~ingen. Die Angreifer zogen sich in eine Spielhalle zurOck. Als mit Hilfe der herbeigerufenen polizeilichen Verst~irkung die Festnahme eines mutmaftlichen T~iters erfolgte, blockierten sie erst die StraBe, warfen dann mit Steinen und Bierbtichsen und schlugen rnit Kntippeln auf ein abfahrendes Polizeifahrzeug ein. 34 In den Folgetagen reagierten Kl5tzer BtirgerInnen mit Ablehnung und Unverst~indnis auf das GewalthandelnY Der Btirgermeister sah eine L6sung des Gewaltproblems von ,,radikalen Jugendlichen" darin, ,,immer wieder das Gespr~ich mit den Jugendlichen zu suchen", w~ihrend der Leiter des Polizeireviers sich zum Ziel setzte, ,,die beteiligten Jugendlichen an einen Tisch zu bringen. ''36 Eine politische Radikalisierung k6nne er nicht erkennen, so der Revierleiter, denn, ,,es handelt sich hierbei urn Auseinandersetzungen zwischen He-
32Vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 1/3171, 12.11.1993: Antworten der Landesregierung auf Fragen in der Fragestunde (Drs. 1/3140 und Berichtigung) in der 54. Sitzung des Landtages am 11. November 1993, S. 20-22. 33Vgl. N.N.: LeuchtgeschoB auf Ausl~inder, in: Frankfurter Rundschau 08.09.1994; L6blich, Eberhard: Ein Prozess mit mehr als drei Jahren Versp~itung,in: taz 08.09.1994; dpa-ticker 21.09.1994: Skinhead-Prozess: Tiirkische Opfer identifizieren drei Skinheads; N.N.: Bew~ihrungftir vier Skinheads, in: Frankfurter Rundschau 08.11.1994; Schneider, Annette: Rechte Skins sind nun ,,anst~indigeMenschen", in: Neues Deutschland08.11.1994. 34Vgl. Benecke, Holger: ,,Der lebt ja noch!" - Weil er sich noch bewegte, wollten sie weiterpriigeln, in: Volksstimme - Salzwedeler Kreisanzeiger 26.08.1992; N.N.: Randale: Las Vegas kein Ausgangspunkt, in: Volksstimme -Gardelegener Kreisanzeiger 26.08.1992. 35Vgl. N.N.: Umfrage ergab klares Nein zu Krawallen, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 27.08.1992; N.N.: Krawalle ernst nehmen, in: Volksstimme -Gardelegener Kreisanzeiger 26.08.1992; N.N.: ,,Gegen Gewalt gewaltlos weiter demonstrieren", in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 27.08.1992. 36Zitiert nach N.N.: Mit Kntippeln und Ketten, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 25.08.1992.
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ranwachsenden und Jugendlichen, deren Meinungsbild noch nicht abgeschlossen sein kann. ,,37
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Besonders dramatisch zeigte sich Am 12. Mai 1994 kam es in Magdeburg zu besonders gewaltdie Situation in den Jahren 1991 t~itigen Ausschreitungen von etwa 30 bis 40 Personen gegen und 1992, als im Rahmen der Ausltinder. Zunfichst wurden vier bis ftinf Auslfinder durch die Ful3gfingerzone der Innenstadt gejagt; die Angegriffenen Verteilung von Asylsuchenden fl0chteten sich in ein Caf6, das daraufhin von den sie verfolnach einem L~inderschltissel genden Mfinnem verwt~stet wurde. Im weiteren Tagesverlauf ostdeutsche Ortschaflen mit kam es zu weiteren Attacken, unter anderen wurde ein Algeeinem erh6hten Zuzug von Asyl- rier mit einer Stange niedergeschlagen. Von Opfern und suchenden konfrontiert waren. BeobachterInnen des Geschehens wird der Polizei vorgeworDie Einrichtung von kleineren fen, sich wenig um einen Schutz der Bedrohten gektimmert und grN3eren Wohnheimen bzw. zu haben. 38 Aul3erdem musste die Magdeburger Polizeiftihrung im Nachhinein gravierende Fehler eingestehen, als Sammel-lagem far Asylsuchende bekannt wurde, dass die Angriffe vorher geplant gewesen auch in Ortschaften mit geringer waren. Der Magdeburger ,,Herrentagskrawall" und das fragBev61kerungszahl, in denen bis- w0rdige Polizeiverhalten wurden in der gesamtdeutschen lang nur wenige eingewanderte Presse rekonstruiert und kritisiert. Ende Mai 1994 wurden die oder ausl~indische Menschen ersten sechs mutmal31ichen Randalierer wegen Landfriedenslebten, die erh6hte Sichtbarkeit bruch und schwerer K6rperverletzung angeklagt und auch durch mangelnde Arbeitsmtig- gegen zwei Polizisten wurde Anklage erhoben. 39 lichkeiten bzw. durch das Besch~iftigungsverbot ftir Asylsuchende sowie der Diskurs in den lokalen Medien tiber die zu erwartenden Probleme und bereits vorhandene ,,Belastungen" durch die stattfindende Unterbringung von Asylsuchenden in den altm~irkischen D6rfem und Kleinst~idten erh6hte eine negativ konnotierte Aufmerksamkeit der regionalen Bev61kerung gegen~iber diesem Personenkreis. Einige Abgeordnete von altm~irkischen Stadt- und Kreisparlamenten und AnwohnerInnen verktindeten ihre Skepsis und ihren Unwillen gegen den bereits erfolgten und noch angektindigten Zuzug von Fltichtlingen. ,,Erstmal wehren wir uns dagegen" oder ,,dann legen wir uns einen Waffenschein zu ''4~ war der Tenor in weiten Teilen der Bev6lkerung. In Gardelegen nahmen parallel zur bundesweit geftihrten ,,Asyldebatte" um die ansteigende Anzahl von Asylsuchenden und das bundesdeutsche Asylrecht Sprtihereien fremdenfeindlichen Inhalts zu. Unter anderem wurden an der Mauer eines Gardelegener Asylheims Hakenkreuze und Parolen wie ,,Ausl~inder Raus" oder ,,Wir sind Deutsche" angebracht. 41
37Zitiert nach N.N.: Krawalle .... in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 26.08.1992. 38Vgl. N.N.: ,,Hfitte die Polizei nur einmal laut geschrien ...". Berichte yon Auslfindem t~berdie Ausschreitungen am Himmelfahrtstag in Magdeburg, dokumentiert in: Frankfurter Rundschau 09.06.1994; Hartung, Klaus: Angst in der Stadt der Namenlosen, in: Die Zeit 20.05.1994. 39Vgl. L6blich, Eberhard: Polizei rekonstruiertihr Versagen, in: taz 18.05.1994; Hauser, Uli/Hunfeld, Frauke: Die Hatz von Magdeburg, in: Stern 19.05.1994, S. 34-38; G0nther, Inge: MagdeburgerAngriffwar vorher geplant, in: Frankfurter Rundschau 21.05.1994; N.N.: Polizei ermittelt nun doch gegen Polizisten, in: Frankfurter Rundschau 09.06.1994; N.N.: Mit Gummikniippeln hinter Tt~rken her, in: Berliner Zeitung 18.08.1994; N.N.: Harte Vorwiirfe gegen Polizisten, in: Frankfurter Rundschau 19.08.1994. 4oZitiert nach N.N.: Asylbewerber fiir J~venitz vom Kreis angekiandigt, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 19.03.1992. 41Vgl. N.N.: Schmierereiennehmen immer mehr zu, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 18.03.1992.
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Im September 1992 fasste eine Gruppe von rund 30 Jugendlichen den Entschluss, Wohnungen von in Halle lebenden Vietnameslnnen in Brand zu setzten, bastelte Molotowcocktails und fuhr in sieben Autos in einer Kolonne zu einem Haus, in dem vietnamesische Familien wohnten. Unter ,,Ausl~inder raus"-Rufen warfen sie Steine gegen Fenster, hinter denen sich mutmaBlich Vietnameslnnen befanden, um danach die gez~ndeten Brandflaschen gezielt durch die zerst6rten Scheiben zu schmeil3en. Ein aus dem Haus kommendes vietnamesisches Paar wurde ebenfalls angegangen und die junge Frau mit einem Molotowcocktail beworfen. Ihre Kleidung ring Feuer. Im Gerichtsurteil zu diesem Angriff ist nach Marneros zu lesen: ,,Wfihrend der Aktion standen mehrere Anwohner teils auf der Stral3e, teils an den Fenstern ihrer Wohnungen und beobachteten den Vorfall, schritten jedoch nicht ein. ''42 Nach der Tat beschloss die Gruppe, Gleiches zu wiederholen. Mehrere Brandflaschen wurden hergestellt und wieder in Kolonnen vor einem anderen Haus vorgefahren. Die Autos wurden in der Nfihe geparkt. Die Angreifer bewaffneten sich mit Molotowcocktails, Steinen und Asphaltbrocken. Aufmerksame Anwohner fanden das Verhalten der Gruppe verd~ichtig und verst~tndigten die Polizei. Als diese kam, versteckten sich viele, die anderen kamen der Polizei nicht verd~ichtig vor. Kurz nachdem sich das Polizeiauto entfernt hatte, betraten einige Angreifer das Haus, die Fahrer der beiden Autos blieben bei ihren Fahrzeugen, um sofort nach der Tat gemeinsam mit ihren Kumpanen abfahren zu k6nnen. Im Haus wurde die Ttir der Wohnung einer vietnamesischen Familie eingetreten und Brandflaschen wurden in die Wohnung geworfen. Das Feuer griff von dieser Wohnung auf andere Wohnungen im Haus fiber. Die Feuerwehr 16schte den Brand, jedoch war das Haus nicht mehr bewohnbar.
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Halbherzig versuchten Vertreter der Kreisverwaltung die Stimm u n g zu beruhigen: ,,Von einer Asylunterkunft kann h6chstens eine Allgemeinbedrohung ausgehen. Das kann jedoch kein Grund far eine allgemeine Volksbewaffnung sein", so der damalige Leiter des Kreis-Ordnungsamtes. 43 Das von den Medien verbreitete Meinungsklima und )kugemngen von PolitikerInnen, dass das ,,Asylproblem" schnell und effektiv gel6st werden mtisse, hinterlieB bei potenziellen Straft~item den Eindruck, dass die Bev61kemng insgeheim ein gewisses Verst/andnis far fremdenfeindliche Gewaltstraftaten aufbringen wtirde. N a c h d e m im April 1992 bekannt wurde, dass in Gardelegen auf dem Gel~inde des ehemaligen Fliegerhorst der W e h r m a c h t eine Sammelunterkunft FOr Asylsuchende mit voraussichtlich 1.350 Pl~itzen eingerichtet werden wOrde, war dieses T h e m a aus der lokalen Berichterstattung nicht mehr wegzudenken. 44 Gewerbetreibende beffirchteten eine ,,tote
42 Vgl. Mameros, Andreas: Hitlers Urenkel. Rechtsradikale Gewalttiiter- Erfahrungen eines wahldeutschen Gerichtsgutachters, Bem/Miinchen/Wien 2002, S. 120. Zur Schilderung des Tatablaufs siehe S. 118-126; N.N.: Frauen und Kinder bei Krawallen in Halle verletzt, in: Tagesspiegel 08.09.1992; N.N.: Welle der Gewalt gegen Tiirken reiBt nicht ab, in: Berlmer Morgenpost 01.07.1993; N.N.: Zwei Jahre fiir Brandanschlag, in: taz I5.10.1994. 43 Zitiert nach N.N.: Dr. Genz: ,,Kein Signal zur Volksbewaffnung", in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 26.08.1992. 44 Fiir Gardelegen und die Region kann ~r die Jahre 1992 und 1993 eine intensive Berichterstattung der Lokalpresse fiber die Einquartierung von Asylsuchenden im Landkreis nachgewiesen werden. Aus Platzgriinden wird auf eine Auflistung der Artikel verzichtet. Uber das Aufschaukeln der Stimmung gegen Asylsuchende seit Beginn der 1990er Jahre durch die mediale Berichterstattung wiihrend der sogenannten ,,Asyldebatte" vgl. J~iger, Siegfried: BrandStitze. Rassismus im Alltag, Duisburg 1995; Jiiger, Siegfried/J~iger, Margret: Verstrickungen - Der rassistische Diskurs und seine Bedeutung ~r den politischen Gesamt-Diskurs in der Bundesrepublik Deutschland, in: dies./Link, Jiirgen (Hg.): Die vierte Gewalt. Rassismus in den Medien, Duisburg 1993, S. 49-79; Brosius, Hans-Bernd/Esser, Frank: Massenmedien und fremdenfeindliche Gewalt, in: Falter/Jaschke/Winkler (Hg.): Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven .... Wiesbaden 1996, S. 204-218, hier S. 216; Koopmans, Ruud/Rucht, Dieter: Rechtsradikalismus als soziale Bewegung?, in: Falter/Jaschke/Winkler (Hg.): Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven .... Wiesbaden 1996, S. 265-287, hier Abbildung S. 283.
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Stadt", da sich InvestorInnen durch die Existenz einer Sammelunterkunft abgeschreckt werden wtirden. 45 VertreterInnen der CDU-, SPD- und FDP-Fraktion des Stadtparlaments sammelten innerhalb eines Tages 1.200 Unterschriften gegen die Einrichtung der Sammelunterkunft. 46 Bei Veranstaltungen zur ,,Asylproblematik" und zu Jugendgewalt in einem damals haupts~ichlich von einer rechten/rechtsextremen Klientel besuchten Gardelegener Jugendclub stellten sich st~idtische VertreterInnen der Diskussion mit BtirgerInnen und rechten/rechtsextremen Jugendlichen und wurden dort mit g~ingigen Vorverurteilungen und Voru~eilen gegen Asylsuchende konfrontiert: ,,Dann traut sich keine Frau mehr auf die StraBe", ,,Was wollen die hier, sollen sie doch in ihren L~indem bleiben", ,,Die kommen doch nur wegen der Kohle hierher, es gibt doch kaum noch politisch Verfolgte", ,,Wenn die einmal hier sind, dann bleiben die auch hier" und ,,Mancher Ttirke lebt in Wolfsburg besser als ein Deutscher" lauteten die Argumente. 47 Zahlreiche Anh~inger der rechten/rechtsextremen Szene nutzten die st~idtischen Gespr~ichsrunden, um unter lautstarken Verkiindungen ihres Fremdenhasses Asylsuchende f/Jr Erwerbslosigkeit verantwortlich zu machen. 48 Gewaltt~itige Angriffe auf Wohnst~itten yon MigrantInnen und Asylsuchenden in Gardelegen und im sechs Kilometer entfemten J~ivenitz folgten in den kommenden Wochen. Ende Mai 1992 wurde ein von Asylsuchenden aus Rum~inien bewohntes, mit Hilfe yon Spenden von Betrieben und BtirgerInnen eingerichtetes Heim in J~ivenitz angegriffen. 49 Jugendliche aus J~ivenitz und Umgebung sollen nach einer Tanzveranstaltung Fenster zerschlagen und ,,Fahrt zur H611e" an die AuBenwand des Geb~iudes gesprtiht haben. 5~ Mitte Juni kam es in einem Gardelegener Wohnviertel zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen. Ausl~indische Menschen wurden in ihren Wohnungen attackiert und auch die deutschen BewohnerInnen des Hauses mit Steinen beworfen. 51 Vier Wochen sp~iter versuchten 15 bis 20 Personen in ein Gardelegener Asylwohnheim zu gelangen. In der gleichen Nacht warfen unbekannte T~iter im Vorbeifahren Steine auf die Unterkunft in J~ivenitz. Nach Polizeiangaben mehrten sich An- und l]bergriffe auf Umerktinfte yon Asylsuchenden im gesamten Landkreis. 52 Das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt registrierte vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Juli 1992 insgesamt 96 fremdenfeindliche Straftaten, yon denen sechs nicht mit Gewaltt~itigkeiten verbunden waren. Allein 25 davon fanden im Bezirk der f~r den Alt45 Vgl. N.N.: 1.350 Asylbewerber nach Gardelegen, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 10.04.1992; N.N.: Die Bt~rger erwarten Probleme: ,,FOrdie Stadt groBe Belastung", in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 10.04.1992; N.N.: Weitere Proteste gegen die Sammelunterkunft, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 11.04.1992. 46Vgl. N.N.: Abgeordnete sammelten t~ber 1200 Unterschriften, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 16.04.1992. 47Zitiert nach N.N.: ,,Die kommen doch nur wegen der Kohle", in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 02.05.1992. 48N.N.: Rechtsradikale propagierten Ausl~inderhass, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 27.06.1992. 49N.N.: G~ste in J~venitz, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 08.05.1992. 50Dariaber informierte auf Anfrage die Stendaler Polizeidirektion. Die die Ermittlungen fiahrende Gardelegener Kripo berichtete in der Lokalzeitung lediglich von einer Sachbeschfidigung an einem Haus und gab trotz Nachfrage keinen Hinweis dartiber, dass es sich dabei um das Wohnheim ~r Asylsuchende gehandelt hatte. Vgl. N.N.: Parole gegen Rumfinen, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 01.06.1992. 5~ Vgl. N.N.: Leserbrief: Jugendliche vor sich selber schtitzen, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 19.06.1992. [Zu diesem Leserbrief bzw. dem Vorfall, auf den er sich bezieht, konnte kein Bericht in der Volksstimme gefundenwerden.] 52 Vgl. N.N.: Angriffe auf Unterkt~nfte von Asylbewerbem, in: V o l k s s t i m m e - Gardelegener Kreisanzeiger 20.07.1992.
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m a r k r e i s zust~indigen P o l i z e i d i r e k t i o n Stendal statt. 53 M e h r als die H~ilfte d a v o n (13) richtete sich g e g e n W o h n h e i m e v o n A s y l s u c h e n d e n . 54 N a c h d e n t a g e l a n g e n A u s s c h r e i t u n g e n ab d e m 22. A u g u s t 1992 g e g e n A s y l s u c h e n d e u n d ein m e h r h e i t l i c h v o n V i e t n a m e s l n n e n b e w o h n t e s H a u s n a h e der R o s t o c k e r Z e n t r a l e n S a m m e l s t e l l e fftir A s y l s u c h e n d e unter A n w e s e n h e i t k l a t s c h e n d e r S c h a u l u s t i g e r u n d einer w e i t g e h e n d unt~itigen Polizei m u s s t e in der F o l g e z e i t in der R e g i o n u m G a r d e l e g e n eine Z u n a h m e gewaltt~itiger Angriffe g e g e n W o h n h e i m e festgestellt w e r d e n . Die intensive m e diale B e r i c h t e r s t a t t u n g tiber die Ereignisse in R o s t o c k 16ste b u n d e s w e i t , so auch in der R e g i o n u m G a r d e l e g e n , eine R e i h e an N a c h a h m u n g s t a t e n aus u n d die AusRihnang fremd e n f e i n d l i c h e r A n g r i f f e eskalierte im A n s c h l u s s an das R o s t o c k e r Schltisselereignis. 55 Im r e g i o n a l e n N a h r a u m w a r vor allem das K16tzer W o h n h e i m ftir A s y l s u c h e n d e Ziel vieler r e c h t s ( e x t r e m ) m o t i v i e r t e r Angriffe. N a c h d e m die U n t e r k u n f t w~ihrend der S o m m e r m o n a t e m e h r f a c h mit S t e i n e n b e w o r f e n wurde, attackierte eine G r u p p e R e c h t e r / R e c h t s e x t r e m e r Mitte S e p t e m b e r 1992 das Geb~iude mit B r a n d f l a s c h e n , Steinen u n d L e u c h t s p u r m u n i t i o n . Die z e h n in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g vorl~iufig F e s t g e n o m m e n e n setzte die 6rtliche Polizei
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53 Sechs im Bezirk Magdeburg, davon zwei gegen Wohnheime, acht im Bezirk Halle, davon f'tmf gegen Wohnheime. 54 V gl. Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 1/1871, Vorabdruck vom 01.10.1992, Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage ,,Rechtsextremismus und Ausl/~nderfeindlichkeit in Sachsen-Anhalt", Drucksache 1/1772, S. 5-12, hier S. 9-11. Bis Ende des Jahres 1992 erh0hte sich die Zahl der von den Polizeibeh0rden in Sachsen-Anhalt registrierten ,,fremdenfeindlich motivierten Gewaltdelikte mit vermutetem oder tatsfichlichem rechtsextremistischem Hintergrund" auf 215. Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1993, Magdeburg 1994, S. 16, pdf-Version, unter http://www.sachsen-anhalt.net, ges. 26.06.2002. 55Am 27. August 1992 randalierten etwa 40 Jugendliche vor einem Wohnheim ~ r Asylsuchende in Stendal (38 Kilometer yon Gardelegen entfemt) und riefen ausl~nderfeindliche Parolen. Es kam zu hohen Sachsch~iden. Die Polizei verhinderte Auseinandersetzungen zwischen den Rechten/Rechtsextremen und Jugendlichen, die versuchten, das Heim zu schtitzen. In den beiden Folgen~ichten wurden insgesamt 39 Randalierer festgenommen, bei ihnen wurden Baseballschlfiger und Molotowcocktails beschlagnahmt. Die Ausschreitungen dauerten vom 27. bis zum 30. August 1992. Vgl. VS-Bericht Sachsen-fimhalt 1992/1993, Magdeburg 1993, S. 9. Auch im 20 Kilometer von Gardelegen entfernten KOckte kam es zu einem Angriff auf ein Wohnheim fiar Asylsuchende. Vgl. N.N.: Mit Kntippeln und Ketten, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 25.08.1992. Zu sogenannten ,,Resonanztaten" nach eindringlicher Berichterstattung vgl. Brosius/Esser: Eskalation durch Berichterstattung. Massenmedien .... Opladen 1995; Willems, Helmut: Mobilisierungseffekte und Eskalationsprozesse. Entwicklung und Diffusion der kollektiven Gewalt gegen Fremde, in: Rechtsextremismus als soziale Bewegung? Berlmer Debatte Initial, Nr. 1/1996, S. 34-42; Sander, Uwe: Die zunehmende Unkalkulierbarkeit von Aufklfirung. Wie 'wirken' mediale Berichte t~ber Rechtsextremismus und Gewalt? in: Jungk, Sabine (Hg.): Zwischen Skandal und Routine? Rechtsextremismus in Film und Fernsehen, Marburg 1996, S. 199-211; Esser, Frank/Kleinen-v. Ktinigsl6w, Katharina/Scheufele, Bertram: Gewalt- und Berichterstattungswellen als Resonanzeffekte von ,,D~sseldorf' und ,,Sebnitz", in: Brosius, Hans-Bernd/Esser, Frank/Scheufele, Bertram (Hg.): Fremdenfeindlichkeit als Medienthema und Medienwirkung. Deutschland im internationalen Scheinwerferlicht, Opladen/Wiesbaden 2002, S. 96-142; dies.: Zwischen Eskalation und Verantwortung: Die Berichterstattung der Massenmedien und fremdenfeindliche Gewalt- und Straftaten, in: Fremdenfeindlichkeit in Deutschland- Psychologische Befunde und Empfehlungen, Texte zur Inneren Sicherheit. Sonderdruck der Zeitschrift far Politische Psychologie, Nr. 2+3 (2001), Berlin 2001, S. 99-112, hier S. 103.Esser, Frank: Tater, Medien und Effekte. Ein~hrung und Uberblick, in: Esser/Brosius/Scheufele (Hg.): Fremdenfeindlichkeit als Medienthema .... Opladen/Wiesbaden 2002, S. 11-25; Brosius, Hans-Bernd: Zwischen Eskalation und Verantwortung. Die Berichterstattung tiber fremdenfeindliche Gewalt und Rechtsextremismus, in: Wiedemann, Dieter (Hg.): Die rechtsextreme Herausforderung. Jugendarbeit und Offentlichkeit zwischen Konjunkturen und Konzepten, Bielefeld 2002, S. 204-214; Brosius, Hans-Bernd/Esser, Frank/Scheufele, Bertram: Eskalation durch Berichterstattung? Ein Erklfirungsmodell ftir die Verbreitung fremdenfeindlicher Gewalt nach der Wiedervereinigung, in: dies. (Hg.): Fremdenfeindlichkeit als Medienthema .... Opladen/Wiesbaden 2002, S. 27-37.
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wenig sp~iter auf freien Ful3. 56 Ftir die Asylsuchenden im Heim unterschied sich dieser Angriff lediglich in der Qualit~it von anderen Oberf~illen. Sie berichteten: ,,Das passiert doch mehrfach in der Woche, vor allem wenn Disko ist. ''57 In Folge der Ausschreimng wurde in Gardelegen und den umliegenden D6rfem die Polizeibestreifung von Wohnheimen ffir Asylsuchende verst~irkt. 58 Kurze Zeit sp~iter, nach tiber ffinf Tagen andauernden Attacken von Rechten/Rechtsextremen, die von bis zu 500 Schaulustigen angefeuert wurden, evakuierten im sachsen-anhaltinischen Quedlinburg die Beh6rden die Bewohnerlnnen der 6rtlichen AsylsuchendenunterkunR. Der eingesetzten Polizei gelang es weder, die Sicherheit des Heimes und die der rtmd 250 zum Teil aus anderen Bundesl~indem angereisten Personen, die sich schtitzend vor die Wohnst~itte in den Steinhagel der Angreiferlnnen stellten, noch die eigene Sicherheit zu gew~ihrleisten. 59 In Bezugnahme auf diesen Vorfall erweiterte sich die Argumentation von Gardelegener Btirgerlnnen und von politisch Verantwortlichen gegen die geplante Sammelunterkunft. Neben ausl~inderfeindlichen Begrtindungen und der Sorge um eine Verschlechterung des Investitionsklimas durch die Anwesenheit von Asylsuchenden wurde mit der Angst vor Rechtsextremisten und vor Tumulten zwischen rechten und linken Gruppierungen argumentiert. ,,Die Folge dieses Asylantenzustroms wird ein zweites Quedlinburg sein, da sich Gardelegen derzeit zu einem Kampfplatz zwischen rechten und linken Gmppierungen entwickelt hat. Demzufolge werden sicher Investoren ausbleiben", so ein Gardelegener FDP-Landtagsabgeordneter. Zudem beffirchtete er eine Radikalisierung der Bev61kemng. 6~ Auch im nahe gelegenen J~ivenitz, dessen damaliger SPD-Btirgermeister 6ffentlich auf die Angst der Bev61kerung vor der hohen Anzahl an Asylsuchenden und vor Rechtsradikalen hinwies 6~, um damit eine Ablehnung weiterer Unterbringungen zu begrtinden, kam es zu massiven Protesten gegen Asylsuchende. Anwohnerlnnen bem~ingelten n~ichtlichen L~irm und den unordentlichen Autofriedhof, der vor einem Wohnheim entstanden war. Einer ,,Radikalisierung der Bev61kemng" vorbeugend, bekamen emp6rte Dorfbewohnerlnnen Unterstatzung durch ihre politischen Vertreter. ,,Wir mtissen uns als Gemeinde stark machen, dass die Unterkunft (...) gektindigt wird, oder wir mtissen selber handeln", so der stellvertretende Btirgermeister. Ein Abgeordneter verkOndete: ,,Ich bin kein Nazi, aber was bei uns hier los ist, ist nicht mehr auszuhalten. ''62 Um Schlimmeres als Anfeindungen zu 56Vgl. N.N.: Brandanschlag auf Kl0tzer Asylantenheim, in: Altmarkzeitung 21.09.1992. 57Zitiert nach N.N.: Brandanschlag aufKl0tzer Asylantenheim, in: Altmarkzeitung 21.09.1992. 58Vgl. N.N.: ,,Wir sehen der Zukunft ruhig entgegen", in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 26.08.1992. 59 Vgl. N.N.: Wieder Anschlage auf Asylbewerberheime, in: Tagesspiegel 09.09.1992; N.N.: Wieder Brandanschlage, in: Berliner Zeitung 10.09.1992; N.N: Schwere Krawalle vor Quedlinburger Heim, in: Neues Deutschland 11.09.1992; N.N.: Die Angst vor neuer Gewalt wachst, in: Berliner Zeitung 12.09.1992; N.N.: Erneut Angriffe auf Heime von Asylbewerbem, in: Tagesspiegel 14.09.1992; N.N.: Rostocker Randalierer zu Jugendarrest verurteilt, in: Berliner Zeitung 15.09.1992; N.N.: Welle der rechten Gewalt riss am Wochenende nicht ab, in: Berlmer Zeitung 14.09.1992; Sommerfeld, Franz: Ein seltenes Beispiel far deutsche Zivilcourage, in: Berliner Zeitung 17.09.1992; Johnsen, Bj0m: Quedlinburg ohne Folgen far den Innenminister, in: Berliner Zeitung 18.09.1992. 60 Zitiert nach N.N.: 1.200 Asylbewerber kommen im November, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 22.09.1992. Dies ist der erste aufgefundene Hinweis darauf, dass es in Gardelegen neben 13bergriffen auf Asylsuchende und deren Wohnst~itte gewaltf0rmige Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Gruppen gegeben hat. In der damaligen 0rtlichen Presseberichterstattung waren, und das nur selten, lediglich Kleinstmeldungen t~ber ,,Schl~igereien"zu finden. 12/bereinen m0glichen politischen Hintergrund wurde sich ausgeschwiegen. 61Vgl. N.N.: Best~tigt: 1.300 Asylbewerber kommen, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 23.09.1992. 62 Zitiert nach N.N.: Massive Proteste gegen Asylbewerber in J~venitz, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 04.11.1992.
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verhindem, wurde konsequent und tatkr~iftig gehandelt. Ohne vorherige Anktindigung kam es zur R~iumung des betreffenden Heimes und einer Verbringung der Asylsuchenden, wenn auch nicht ,,zur H611e" - was eine an der Hauswand angebrachte Sprtilaerei e m p f a h l - so doch in eine weiter entfernt gelegene Sammelunterkunft. Zurack blieb eine Reihe schrottreifer Autowracks und -teile, von denen Einheimische alles noch Verwertbare abmontierten. 63 Von August bis Mitte Dezember 1992 stellte die Stendaler Polizeidirektion in der Altmark 34 fast ausschliel31ich von Rechtsextremisten vertibte Anschl~ige fest, von denen eine im September 1992 eingerichtete ,,Sonderkommission gegen militante rechte Aktionen" 25 aufkl~irte. 64 Die Anzahl fremdenfeindlicher Gewaltdelikte in Sachsen-Anhalt ging nach ihrer Eskalation im Jahr 1992 mit 215 registrierten F~illen zurfick. I993 waren 41 derartige Delikte zu verzeichnen. 65 Ftir die n~ichsten Jahre l~isst sich feststellen, dass nach der aufgeladenen Situation 1992/93 trotz eines Zuwachses des Anteiles der ausl~indischen Wohnbev61kerung Gardelegens von 115 Personen per 31.12.1992 auf 3.172 Personen im Jahr 1996 die dokumentierten rechts(extrem) motivierten Angriffe gegentiber Migrantlnnen und Asylsuchenden nicht zugenommen haben.
200166:
03.10.1990
13.085
31.12.1992
12.527
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Tabelle 1" Bev61kemngsentwicklung in Gardelegen 1990 bis
115
0,92
13.280
1.055
7,94
14.824
2.783
18,77
15.163
3.138
20,70
31.12.1996
15.195
3.172
20,88
31.12.1997
14.508
2.594
17,88
31.12.1998
12.849
1.093
8,51
31.12.1999
12.490
837
6,70
31.12.1900
12.206
684
5,60
31.12.2001
12.053
665
5,52
31.12.1993 31.12.1994
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31.12.1995
Bevölkerung insge- AusländerInnen insgesamt samt
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Bevölkerung Gemeinde Gardelegen, Stadt
Anteil AusländerInnen in Prozent
63 Vgl. N.N.: J~venitzer Asylbewerber in Burger Heim verlegt, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 03.12.1992. Die Sprt~hereiam Geb~iudelautete ,,Fahrt zur HOlle". 64 Vgl. Gruber, Thomas: Sonderkommission der Polizei will rechten Spuk ein Ende setzen, in: Altmarkzeitung 17.12.1992. 65Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1994, Magdeburg 1995, S. 34. 66Vgl. Auskunft der Gardelegener Stadtverwaltung, Auszt~geaus den Gemeindebestandsbl~ittemder Stadt Gardelegen von 1992-2001; Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt; http://www.stala.sachsenanhalt.de/gk/fms/fmslli.html, ges. 02.08.2004; eigene Berechnungen.
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Aus Gardelegen wird far Januar 1993 von Steinwtirfen auf die Fensterscheiben einer Asylunterkunft, far September 1994 von Angriffen auf Asylsuchende durch Jugendliche berichtet. 67
2.2 Guben
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Im Bereich der Sozialarbeit war der tiberwiegende Teil der Jugendsozialarbeiterlnnen in Ostdeutschland noch Ende der 1990er Jahre wenig professionell ausgebildet. So lag nach Angaben von Titus Simon von der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) der Anteil der ausgebildeten Fachkr~ifte im Bereich der Jugendsozialarbeit und der interkulturellen Sozialarbeit in Grol3st~idten wie Halle, Magdeburg oder Leipzig zwischen 20 und 50 Prozent, in den l~indlichen Regionen sogar unter zehn Prozent. Oftmals handelte es sich bei den in den Kommunen oder auch bei freien Tr~igem angestellten Kraften um ABM-Kr~ifte, die wenig Erfahrung mit konzeptionellen T~itigkeiten hatten und von den p~idagogischen Anforderungen der Arbeit mit rechten/rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen tiberfordert waren. 68 In Guben beispielsweise war noch Ende der 1990er Jahre der gr6Bte Teil der 36 Mitarbeiterlnnen von sechs Jugendeinrichtungen auf zeitlich befristeten ABM-Stellen besch~iftigt, womit eine personelle Kontinuit~it der Betreuung nicht gew~ihrleistet war. Viele von ihnen hatten in verwandten Berufen ihre Erfahrungen gesammelt, waren aber nicht explizit ftir die Jugendsozialarbeit qualifiziert. Eine Weiterbildung oder eine supervisorische Begleimng ihrer T~itigkeit fand kaum start und dartiber hinaus fehlte es an klaren Konzepten, wie mit rechten/rechtsextremen Jugendlichen zu arbeiten sei. 69 Das Gubener Stadtviertel Obersprucke erlangte im Februar 1999 internationale Publizit~it. Hier verblutete Farid Guendoul, nach dem er sich auf der Flucht vor Rechtsextremisten bei einem Sprung durch die Glasttir eines Wohnhauses an einer Hauptschlagader verletzte. Nach diesem t6dlich endenden Zusammentreffen mit Rechtsextremen und der mehrmaligen Sch~indung des Gedenksteins far das Opfer der Gewalttat setzte in der Publizistik eine breitere Thematisierung rechts(extrem) motivierter Vorf~ille in Guben und die Iokalen rechtsextremen Str~akturen ein. 7~
67Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1993, Magdeburg 1994; N.N.: Trotz Schlagerei frei, in: taz 12.09.1994. In der regionalen Tageszeitung fand sich hierzu kein Artikel. 68Vgl. Mai, Marina: Mit ABM gegen Extremismus, in: Landeszentrale mr politische Bildung des Landes SachsenAnhalt (Hg.): Ernst fremd- dann vertraut, Halle 2001, S. 89-92; Neckel, Sieghardt: Waldleben. Eine ostdeutsche Stadt im Wandel seit 1989, Frankfurt am Main/New York, S. 113-121; Borrmann, Stefan: Soziale Arbeit mit rechten Jugendcliquen, Wiesbaden 2005. 69 Vgl. European Project, Easy Scapegoats: Sans Papiers Immigrants in Europe. Lfinderbericht Deutschland verfasst von Albrecht Kieser- ,,Kein Mensch ist illegal" (K61n); Gabi Jaschke, Norman Geigler, Claudia LuzarOpferperspektive e.V. (Potsdam); Anja Zickuhr- Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (Berlin), Berlin 2000, S. 24. 70Vgl. Lenz, Susanne/Nordhausen, Frank: Eine Stadt wie Guben, in: Berlmer Zeitung 16.02.1999; Heide, Anett: Ganz normale Aul3enseiter, in: Berliner Zeitung 05.01.2001; Prozessbeobachtungsgruppe Guben (Hg.): Nur ein Toter mehr.... Hamburg/Mianster 2001; Wilking, Dirk/Wermerskirch, Gerd: Weltoffenes Guben. Abschlussbericht, Cottbus 2001; Funke, Hajo: Paranoia und Politik. Rechtsextremismus in der Berliner Republik, Berlin 2002. Eine laufende Chronologie fiber rechts(extrem) motivierte Vorfalle in Brandenburg, so auch in Guben, wird vom Brandenburger Verein ,,Opferperspektive" gef~hrt, einzusehen unter http://www/opferperspektive.de.
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Bereits direkt nach der Wende etablierten sich in Guben Gruppen rechter/rechtsextremer Skinheads sowie die rechtsextreme Organisation Gubener Heimatfront, die unverbltimt neonazistische Ansichten vertrat. 71 Kurz nach der Wiedervereinigung, Anfang Dezember 1990, versammelten sich trotz eines Verbots etwa 200 Rechtsextreme in Guben zu einer Kundgebung, bei der die Polizei mehrere Dutzend der dort Anwesenden festnahm. 72 Nach Inkrafttreten der Visafreiheit mit Polen im April 1991 zogen 50 Jugendliche mit Reichskriegsflagge durch die Stadt und brachten ihren Unmut daraber zurn Ausdruck. Augerdern wurde der Grenztibergang der Doppelstadt Guben/Gubin blockiert. An der Blockade beteiligten sich auch Stadtverordnete der Deutschen Sozialen Union und manch ein(e) Gubenerln. Ein B~ickermeister wurde sp~iter wegen einer Sachbesch~idigung am Grenzbaum verurteilt. Nach der Grenzblockade fand eine antipolnische Demonstration statt. 73 Im November 1991 wurde ein nach Polen zurfickkehrender Bus mit Gaspistolen und Metallst~iben tiberfallen. Einen Monat sp~iter bewarfen Gubener Btirger polnische Bauarbeiter mit Steinen. TM Nach den Ausschreitungen in Rostock Ende August 1992 versuchten Anfang September rund 50 Angreifer ein Gubener Fltichtlingsheim zu stfirmen, eine Woche sp~iter randalierten Jugendliche vor einer Unterkunft von Ausl~inderInnen. 75 Zwischen der Gubener und der Cottbusser rechtsextremen Szene bestanden enge K o n t a k t e - so fuhren am 20. April 1991 einige Szeneangeh6rige aus Guben nach Cottbus gefahren, um Hitlers Geburtstag zu feiern und urn einen linken Club anzugreifen. 76 Bis Ende 1992 machten Mitglieder der Gubener Heimatfront und deren Umfeld von circa 200 Personen mit Aufm~irschen und Angriffen auf A u s l ~ d e r I n n e n und Linke auf sich aufmerksam. Damals hiel3 es, die Gubener HeimaOCront ,,macht Jagd auf alle, die sie zu ihren Feinden erkl~irt hat. "77 Die Gubener Heimatfront zeigte sich auf Dauer wenig stabil. Laut dem Brandenburger Ministerium ftir Inneres zerfiel sie bis Mitte des Jahres 19937s. Andere rechtsextreme Gruppierungen, wie ein Ortsverband der sp~iter verbotenen Deutsche Alternative 79 oder eine Ortsgruppe des rechtsextremen Vereins Die Nationalen, entstanden.
71 Vgl. N.N.: Guben, in: Antifaschistisches AutorInnenkollektiv(Hg.): Hinter den Kulissen ... Faschistische Aktivitaten in Brandenburg- Update '99, Berlin/Potsdam 1999, S. 48-51, hier S. 48; Wagner, Bernd: Handbuch Rechtsextremismus, Hamburg 1994, S.113; Schr0der, Burkhard: Rechte Kerle. Skinheads, Faschos, Hooligans, Hamburg 1992, S. 29s 72 Vgl. N.N.: Chronologie, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 14, Frt~hjahr 1991, S. 29; Madloch, Norbert: Rechtsextremismus in der Endphase der DDR und nach der Vereinigung von DDR und Bundesrepublik Deutschland- Chronologie, in: Harnischmacher, Robert (Hg.): Angriffvon Rechts, Rostock/Bornheim-Roisdorf1993, S. 201-253, hier S. 250. 73Vgl. N.N.: 10bergriffebei der Grenz0ffnung zu Polen, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 15, Sommer 1991, S. 40; Schr0der: Rechte Kerle .... Hamburg 1992, S. 31; Sch0nherr, Tom: Fassungslosigkeit, Scham und sogar Angst, in: taz 09.04.1991. 74Vgl. N.N.: Biargeraus Guben bewarfen Polen, in: Berliner Morgenpost 18.12.1991. 75 Vgl. N.N.: In mehreren St~dten Heime ffir Asylbewerber angegriffen; in: Tagesspiegel07.09.1992; N.N.: Wieder zahlreiche Ubergriffe auf Heime von Asylbewerbern, in: Tagesspiegel14.09.1992. 76Vgl. SchrSder: Rechte Kerle .... Hamburg 1992, S. 39f. 77Vgl. Schr0der: Rechte Kerle .... Hamburg 1992, S. 22. 78 Vgl. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg: Rechtsextremismus in Brandenburg - gegenwfirtiger Stand, Potsdam 1993. 79Vgl. Wallenberg, Markus: Quelle des ,,Vierten Reiches", in: Neues Deutschland 16.12.1992.
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Die Nationalen e.V. und das Junge Nationale Spektrum in Guben
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In einer der ersten Ausgaben der Berlin Brandenburger Zeitung der Nationalen (BBZ) inserierten die seit einiger Zeit existierenden Gubener Die Nationalen auf der Suche nach Mitstreitem: ,,Gubener Nationale suchen weitere Mitstreiter ~ r zuktinftige Aktivit~iten in Guben und in der Oderregion (...)." Gesucht wurden ,,Nationalgesinnte, die Interesse an einer kontinuierlichen Verbandsarbeit vor Ort haben (Versammlungen, Plakatieren, Organisieren). ''8~ Daraufhin fanden sich im Sommer 1993 in einer Gubener Gastst~itte etwa 50 Personen, darunter zahlreiche Jugendliche, ein. 8~ Das Treffen wurde gekr6nt von der Anwesenheit des Berliner Rechtsextremisten Frank Schwerdt, seit Febmar 1993 Vereinsvorsitzender der Die Nationalen 82, der sein Wirken mit den Worten ,,Ich bin ein Talentesucher" beschreibt. 83 Unter der Versammlungsleimng des Gubener Kreisbeauftragten der Die Nationalen Hans Bahlke wurde die Grtindung eines Lausitzer Kreisverbandes vorbereitet und die ktinftige Jugend- und Sozialpolitik der Vereinigung besprochen. ,,Unter den Vertretern der Jugend war die Organisation von Treffen, Fahrten und Zeltlagem der N A T I O N A L E N JUGEND das Hauptthema." Zus~itzlich wollte man sich ,,ffir den Aufbau eines nationalen Jugendtreffs in der Stadt ''84 engagieren. Dieser Beschluss entsprach der Ank~ndigung des Berliner Landesvorstandes, eine eigenst~indige Jugendorganisation aufbauen zu wollen. 85 Doch schon vor diesem Treffen zeigte sich das Gubener Umfeld der Die Nationalen rtihrig. So konnten tiber die in Guben ans~issige Brandenburger Gesch~iftsstelle der Vereinigung Unterschriftenlisten ~ ,,die SchlieBung von Asylbetrtigerheimen ''86 angefordert werden. Die Nationalen versuchten in Guben zwei T~itigkeitsschwerpunkte aufzubauen. Neben den 13berlegungen, auch breitere Bev61kerungskreise durch ihre Veranstaltungen a n z u s p r e c h e n - in Guben fanden die monatlichen Treffen des Lausitzer Kreisverbandes statt um ,,mit dem Btirger ins Gespr~ich zu kommen ''87 -, konzentrierten sich ihre Aktivit~iten stark auf die Arbeit mit Jugendlichen, die sich vorerst auf die Vorbereitung und Durchftihnmg eines Sommerlagers flu" sympathisierende Jugendliche und junge Erwachsene beschr~inkte. 88 Voran kam die Mobilisierung und Agitation von jungen Rechten/Rechtsextremen ~ r die Die Nationalen erst, nachdem sich geschulte Rechtsextremisten ihrer annahmen. Seit Ende Oktober 1994 verffigten Die Nationalen tiber eine Jugendorgani-
80Alle Zitate aus einer gleich lautenden Anzeige in der BBZ, Mai/Juni 1993, S. 4. 8~Vgl. Antifaschistisches Autorlnnenkollektiv: Hinter den Kulissen .... Berlin/Potsdam 1999, S. 48; N.N.: Lausitzer Nationale beraten Wahlantritt, in: BBZ August/September 1993, S. 4. 82Laut der Vereinsakte der Nationalen e. V., VRNr. 12723 NZ beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg. 83 Zitiert nach Pemer, Markus/Purtscheller, Wolfgang: Die nationale Internationale, in: Purtscheller, Wolfgang (Hg.): Die Ordnung, die sie meinen. ,,Neue Rechte" in Osterreich, Wien 1994, S. 72-99, hier S. 81. 84 N.N.: Lausitzer Nationale beraten Wahlantritt, in: BBZ, August/September 1993, S. 4. Die Schreibweise in GroBbuchstaben entspricht dem Original. 85Vgl. N.N.: Nationale Jugend im Aufbau, in: BBZ, Februar/M~rz 1993, S. 7. 86Schwerdt, Frank: Volksinitiative gegen den Asylbetrug, in: BBZ, Mai/Juni 1993, S. 7. 87N.N.: Aufgaben und Ziele der deutschen Nationalbewegung, in: BBZ, April/Mai 1994, S. 4. 88Vgl. N.N.: Jugendtreffs statt Asyl-Heime, in: BBZ, November/Dezember 1993, S. 4; N.N.: Aufgaben und Ziele der deutschen Nationalbewegung, in: BBZ, April/Mai 1994, S. 4. Beauftragt mit der Planung dieses Sommerlagers wurde der Gubener Jugendbeauftragte.
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sation: das Junge Nationale Spektrum (JNS). 89 Ein massives Verteilen von P r o p a g a n d a m a terial in Jugendclubs, dann auch vor Schulen, begann. 9~
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Das Statut des Jungen Nationalen Spektrum legte das Mitgliedsalter auf zw61f bis 21 Jahre fest. Die Teilgliederung ft~r Mfidchen und junge Frauen nannte sich JNS-Mddelbund. Einige der JNSMitglieder trugen laut Brandenburger Verfassungsschutz ,,hellbraune Hemden, schwarze Binder, rote Armbinde mit weiBem Kreis, darin in Schwarz die Aufschrift JNS. Das Emblem des JNS w a r - bis auf das Hakenkreuz, hier ersetzt durch den JNS-Schriflzug - identisch mit dem der 'Hitlerjugend' (HJ). ''91 Dies deute, so der Verfassungsschutz, neben der Vermittlung des ,,Volkstumsgedanken", der Leitfaden der ,,weltanschaulichen Schulung" des Vereins war, ebenso wie die ,,WehrertOchtigung" im Programm des JNS und ihrem Anspruch, neben Elternhaus und Schule dritter Erziehungstr~iger fiar junge Menschen zu sein, auf eine eindeutige Orientierung an der Hitler-Jugend bin. Das JNS und der Lausitzer Kreisverband der Die Nationalen zeigten sich ab Herbst 1994 sehr aktiv. 92 Von einem Rechtsseminar unter Leitung von Frank Schwerdt mit vier Dutzend Zuh0rerInnen in DObeln (West-Sachsen) 93 wird ebenso berichtet wie von einer Sonnewendfeier unter Beteiligung von Mitgliedern der Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP), der Kameradschaft Ostelbe 94 und mehrerer Orts- und Kreisverbfinden der Die Nationalen auf einem WaldgrundstOck im sachsen-anhaltinischen Landkreis Wittenberg. Hierbei wurden in Anwesenheit aberregional bekannter Rechtsextremisten- unter Fackelschein und Trommelwirbel- auf einer Lichtung drei Hakenkreuze aufgestellt, das Sonnenwendfeuer entziandet, Reden gehalten, Marschmusik gehOrt und rechtsextremistische Lieder gesungen. 95 Um einem Verbot zuvorzukommen, nannte sich das JNS ab Ende 1996 Jungnationale (JNA). Ein neuer Organisationsleiter wurde bestimmt, das Emblem ausgetauscht und die Uniformierung abgeschafft.
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In einem Schreiben von Ende Oktober 1994 an das A m t for Jugend und Sport der Stadt G u b e n m a c h t e n Die Nationalen ihre A m b i t i o n e n als legitime Vertreter k o m m u n a l p o l i t i scher Interessen zu gelten deutlich: ,,Sehr geehrte D a m e n und Herren, seit g e r a u m e r Zeit leistet unser Verband in der Stadt G u b e n eine j u g e n d p f l e g e r i s c h e Arbeit, die weit tiber den Mitgliederbestand hinausgeht. Dabei geht es vor allem um die B e t r e u u n g von rechtsorientierten Jugendlichen, die yon der Politik ihres A m t e s offensichtlich nicht berticksichtigt 89 Vgl. N.N.: Spinne im braunen Netz. Die Nationalen e.V., in: ...hinter den Kulissen. Zeitung far Subkultur, Regionales und Antifaschismus in Brandenburg und Berlin, Ausgabe 4/1995, S. 11-14, hier S. 13; VS-Bericht Brandenburg 1994, Potsdam 1995, S. 53; VS-Bericht Brandenburg 1995, Potsdam 1996, S. 45; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1994, Magdeburg 1995, S. 78. 90 Zum Beispiel die Flugbl~tter des Junges Nationales Spektrum Guben: ,,Den Marxismus an den Schulen stoppen!", ,,Alles far Deutschland! Revolutionfire Jugend zu unst"; ,,Ein junges Volk steht aufi Deutsche Jugend im Kampf vereint gegen Kapitalismus, Kommunismus, Liberalismus!"; ,,AIDS - Das geht uns alle an!"; ,,760 Jahre Guben. 50 Jahre Raub des Ostteils durch Polen!!! Wir verzichten nie!"; ,,Jung, revolutionfir, national!". 91VS-Bericht Brandenburg 1996, Potsdam 1997, S. 53f. 92 Vgl. diverse Berichte tiber Veranstaltungen, Aufmarsche, Grfindungen von Unterverbfinden z.B. Hempel, Udo/Wendt, Christian: Den Umweltschutz als nationale Aufgabe verstehen!, in: BBZ Dezember/Januar 1994/95, S. 4; N.N.: Die nationalen Kr~ifle im Land sammeln, in: BBZ, Dezember/Januar 1994/95, S. 5; Hempel, Udo: Schweigemarsch gegen die Verbote, in: BBZ, Nr. 15, Februar/M~irz 1995, S. 3; Wendt, Christian: Kein Raum und keinen Pfennig Ft~rdie nationale Jugend?, in: BBZ, Nr. 16, April/Mai 1995, S. 8. Vor der Ausgabe 15 wurde nicht nummeriert. 93Vgl. Wendt, Christian: Was ist verboten, was erlaubt?, in: BBZ, Nr. 15, Februar/M~irz 1995, S. 10. 94Die Kameradschaft Wittenberg trat auch unter den Namen Kameradschafl Ostelbe, Kameradschaft Anhalt oder Kameradschaft Elbe-Ost auf und hatte ca. 80 Mitglieder und Sympathisanten. Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1997, Magdeburg 1998, S. 25. 95Vgl. Wendt, Christian: Sonnenwende ohne St/Srungen, in: BBZ, Nr. 15, Februar/Mfirz 1995, S. 10. Wendt gibt 80 Teilnehmer an; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1994, Magdeburg 1995, S. 79. Hier werden 25 Teilnehmer angegeben.
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werden. Ziel ist die Einrichtung eines selbst bestimmten Jugendclubs, der (...) rechtsorientierten Jugendlichen often stehen sollte. ''96 Wenige Tage zuvor erhielt die PDS-Fraktion in der Gubener Stadtverordnetenversammlung einen Faxbrief der D i e N a t i o n a l e n , in dem unter Hinweis auf eine ~ r Anfang November im Ort geplante Versammlung des Lausitzer Kreisverbandes und im Rtickbezug auf eine wenige Wochen vorher vom Polizeipr~isidium Cottbus verbotene Veranstaltung in Guben 97 Drohungen gegen PDS-Mitglieder ausgesprot h e n wurden: ,,Sollte noch irgendjemand in der Stadt aufgrund seiner politischen Einstellung von Ihren Leuten traktiert, geschlagen oder sonst wie gen6tigt werden, sehen wir uns gezwungen, aktiv und wirksam GegenmaBnahmen zu ergreifen. Autonome Gruppen der nationalen Szene aus ganz Deutschland haben sich bereit erkl~irt, ktinftige Gewalt ihrerseits (sic!) im Keim ersticken zu helfen. Auch Sie haben Familien, denken Sie daran! Wir hoffen, Sie zeigen sich vemtinftig und einsichtig und sehen in Zukunft von Ihrer Gewalthetze ab. ''98 Parallel dazu wurden in Guben massiv Plakate geklebt, mit denen wOste Kampagnen, vor allem gegen die PDS, g e ~ h r t wurden. 99 Gegen die geplante Veranstaltung der D i e N a tionalen zum Thema ,,Staatliche Hetze und linker Terror in Guben" zu der ,,Freunde" aus anderen Bundesl~indem eingeladen waren 1~176 sprach sich die eilig einberufenen Sondersitzung der Gubener Stadtverordnetenversammlung einhellig aus. Sie verurteilte jegliche Art von Gewalt oder Gewaltbereitschaft und ,,untersttitzt alle Bemtihungen, Angebote zu unterbreiten, die dem Abbau von Gewaltpotentialen, insbesondere unter Jugendlichen dienen. ''~~ Ein polizeiliches Verbot der Versammlung in Guben wurde ausgesprochen. 1~ Gegen Ende des gleichen Monats wurde ein ,,Runder Tisch tiber Jugend und Gewalt" von der Stadt Guben einberufen. Obwohl der damalige Brandenburgische Landesbeauftragte ~ r Verfassungsschutz kurz vorher in einem Gespr~ich mit der L a u s i t z e r R u n d s c h a u die Die N a t i o n a l e n als Sammelbecken for das gesamte rechte Spektrum darstellte und deren enge
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96Schreiben Christian Wendts ~r das Junge Nationale Spektrum - Jugendverband der Nationalen e. V., Kreisverband Lausitz/Guben an das Amt for Jugend und Sport tier Stadt Guben betreffend die finanzielle Unterst~tzung unserer Jugendarbeit/Wahl eines Jugendbeirates in der Stadt. Eingegangen bei der Stadt Guben am 01.11.1994. 97Einen ftir den 26. August 1994 in Guben angesetzten Vortrag von Peter Dehoust, Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift Nation und Europa, zum Thema ,,Aufgaben und Ziele der deutschen Nationalbewegung" verbot der Cottbuser Polizeipr~sident. Vgl. VS-Bericht Brandenburg 1994, Potsdam 1995, S. 54.; Die Nationalen e.V.: Nationaler Rundbrief. Mitteilungsheft der Vereinigung Die Nationalen e.V., Landesverband Berlin-Brandenburg, Rubrik ,,Veranstaltungshinweise" und Artikel ,,Erneut Versammlung in Guben verboten", o.D, o.S.; Wendt, Christian: Es darfjetzt kein Zur~ckweichen mehr geben!, in: BBZ, September/Oktober 1994, S. I; Bahlke, Hans/Wendt, Christian: Die freie Meinung ist in Guben verboten, in: BBZ, Dezember/Januar 1994/95, S. 4. 98 Die Nationalen e.V.: Faxbrief vom 27.10.1994 an die PDS-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlungvon Guben. Abgedruckt in: N.N.: Spinne im braunen Netz .... in: ...hinter den Kulissen. Zeitung far Subkultur .... Ausgabe 4/1995, S. 11-14, hier S. 13. 99Vgl. N.N.: Hetzkampagne und Drohungen von Rechts, in: Lausitzer Rundschau 29.10.1994. loo Vgl. Die Nationalen e.V./Deutschen Liga: Einladung des Kreisverbandes Lausitz nach Guben zu einer Veranstaltung am 5. November 1994 zum Thema: Staatliche Hetze und linker Terror in Guben. Als Hauptredner war der Berliner Christian Wendt vorgesehen. ~o~N.N.: Besondere Situation, in: Lausitzer Rundschau 03.11.1994. 1o2Die Ersatzveranstaltung mit etwa 30 Personen, darunter fOhrende K0pfe des Jungen Nationalen Spektrum aus Brandenburg und angrenzenden Bundeslandem, 10ste die Polizei auf. Sie stellte mehrere Waffen und Musikkassetten mit neonazistischen Inhalten sicher. Vgl. N.N.: Versammlung bei Guben aufgel0st, in: Lausitzer Rundschau 07.11.1994, N.N.: Polizei 10st Versammlung yon Rechten auf, in: Tagesspiege107.11.1994; N.N.: Rechtsextremistische Versammlung aufgel0st, in: Berliner Zeitung 07.11.1994; Dittmann, Steffen: Polizeiprasident Ltith handelt auBerhalb jeglichen Rechts, in: BBZ, Dezember/Januar 1994/95, S. 5. Laut BBZ nahmen 60, nach Presseangaben 30 Personen an der Veranstaltung teil.
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Verbindungen zu eindeutig neonazistischen Organisationen betonte 1~ konnten Vertreter des Jungen Nationalen Spektrum ''~~ das nach eigenen Angaben in Guben rund 60 Mitglieder umfasste, lange Zeit regelm~il3ig am ,,Runden Tisch" teilnehmen, Gespr~iche mit VertreterInnen der Stadt fiahren, ihre Vorstellungen von ,,rechtsorientierter" Jugendarbeit darlegen und ihre Vorschl~ige zu einem selbstverwalteten ,,nationalen" Jugendclub oder andere jugendpolitische ,,Verbesserungen" vorbringen. ~~ So waren im Oktober 1995 nach einem Bericht in der Berlin Brandenburger Zeitung beim ,,5. R u n d e n Tisch der Jugend" im Gubener Stadtteil Obersprucke neben Jugendlichen der stellvertretende Btirgermeister, VertreterInnen der Parteifraktionen der Stadtverordnetenversammlung, MitarbeiterInnen verschiedener Jugendeinrichtungen und st~idtische JugendsozialarbeiterInnen anwesend. Thernatisiert wurde das ,,Kinder- und Jugendfreizeitheim" irn Stadtteil Obersprucke. Dieses habe lediglich ein Angebot flar Kinder, die Bediarfnisse Jugendlicher wtirden zu wenig berticksichtigt. Im Gespr~ich waren l~ingere Offnungszeiten, der Bierausschank ~ r tiber 16j~ihrige und die Einrichtung eines separaten Z i m m e r s ~ r die Alteren: ,,Michael N., Vertreter des JNS beim ' R u n d e n Tisch' bem~ingelte die aktuelle Situation ~ r Jugendliche zwischen vierzehn und achtzehn Jahren als ' v o l l k o m m e n unbefriedigend'. ' ' ~ ~ die Debatten letztendlich ergebnislos verliefen - d a s Ziel, einen rein ,,nationalen" Jugendclub mit st~idtischer Finanzierung in Guben zu etablieren, erreichte das Jungen Nationalen Spektrum n i c h t - erfuhren die Rechtsextremisten durch die Akzeptanz als ernstzunehmende Gespr~ichspartner eine Aufwertung. B is zur Aufl~sung der Die Nationalen und ihrer Jugendgruppe (erst JNS, dann JNA) fanden immer wieder Veranstaltungen, wie jene der Ortsgruppe der Jungnationalen im Februar 1997 unter dem Motto ,,Neue Wege des nationalen Widerstands" statt. ~~
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~o3Vgl. N.N.: Rechter Verein wird beobachtet, in: Lausitzer Rundschau 02.11.1994; N.N.: Abgeordnete lehnen Gewalt ab, in: Lausitzer Rundschau 04.11.1994. ~o4Als Vertreter des JNS fungierten u.a. Christian Wendt, Michael Nattke und Alexander Bode. Nattke gait als mafSgeblicher Wortftihrer der Gubener Rechtsextremisten und als ein ,,Ziehkind" von Frank Schwerdt und Christian Wendt. Als Gymnasiast verOffentlichte er eigene Beitr~ige in der Berlin-Brandenburger Zeitung der Nationalen, z.B.N., Michael: ,,Den Marxismus an den Schulen stoppen...", in: BBZ, Nr. 16, April/Mai 1995, S. 9. Alexander Bode musste sich gerichtlich wegen des T6tungsdeliktes an dem Algerier Farid Guendoul verantworten. Er gait zuvor, laut Aussage des Wachdienstleiters der Polizeiwache am 30. Verhandlungstag vor dem Landgericht Cottbus, als Ansprechpartner f'tir die Polizei bei Versammlungen der Die Nationalen und sp~iter der NPD. Vgl. Lamoush, AG - no pasaran: Wer spricht denn hier von rechtsradikalen Jugendlichen, in: Prozessbeobachtungsgruppe Guben (Hg.): Nur ein Toter mehr.... Hamburg/Mtinster 2001, S. 123-138, bier S. 137. ~o5 Vgl. Wendt, Christian: Beim ,,Runden Tisch" i~berwiegen die Argumente der Nationalen, in: BBZ, Nr. 16, April/Mai 1995, S.8; N.N.: Die Nationalen, in: Drahtzieher im braunen Netz, Teil 2, Hamburg 1996, S. 197-199, hier S. 198; N.N.: Spinne im braunen Netz .... in: ...hinter den Kulissen. Zeitschriftfar Subkultur .... Nr. 4/1995, S. 11-14, hier S. 13; Antifaschistisches AutorInnenkollektiv: Hinter den Kulissen.... Berlin/Potsdam 1999, S. 49. ~o6 Vgl. Wendt, Christian: Gerangel um Jugendclub in Guben setzt sich weiter fort, in: BBZ, Nr. 18 (diese Nr. wurde zwei Mal vergeben), Neujahr 1995/1996, S.10. In einem weiteren Bericht ist zu lesen, dass der Bund Gubener Jugend e.V. und das JNS noch immer ftir einen ,,nationalen" Jugendclub k~impfen wtirden und auch ein Jugendpfleger, der sich mal3geblich ~r die Interessen nationaler Jugendlicher einsetzt", h~itte bisher nichts erreichen k0nnen, da sich die Stadt in der bew~ihrten Hinhaltetaktik tibe. Vgl. N.N.: JNS-Guben: Neuer Termin beim Btirgermeister, in: BBZ, Nr. 23, August 1996, S.10. Das JNS-Guben war weitgehend identisch mit dem zeitweise existierenden Bund Gubener Jugend. Vgl. VS-Bericht Brandenburg 1996, Potsdam 1997, S. 55. ~o7Vgl. JNA-Gruppe Guben: Einladung zur Jugendversammlung. Thema: ,,Neue Wege des nationalen Widerstandes", Flugblatt, Guben 1997. Die Veranstaltung wurde von rund 40 Personen besucht. Die Polizei stellte die Identitfit der Anwesenden fest und durchsuchte sie. Bei 17 Personen wurde umfangreiches Propagandamaterial beschlagnahmt und daraufhin die Versammlung aufgel~st. Vgl. VS-Bericht Brandenburg 1997, Potsdam 1998, S.
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Aufl/~sung der Nationalen e.V.
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2.3 Halle-Neustadt
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Im November 1997 gab Schwerdt die Aufl6sung der Die Nationalen bekannt. Als Begriandung N_hrte er an, die Aufgaben und Ziele des Vereins, n~imlich die Bildung eines informellen Netzwerkes und die Untersttitzung ,,nationaler Einigungstendenzen", seien weitgehend erreicht. ,,Die Aufgaben der 'Nationalen e.V.' (...) sind weitestgehend erffillt. Die Mitglieder werden ihre politische T~itigkeit in anderen, befreundeten Gruppierungen fortsetzen. ''~~ Als Hauptgrund der Aufl6sung kann jedoch der (gelungene) Versuch angesehen werden, einem drohenden Verbot zuvorzukommen und damit gleichsam das Vereinsverm6gen zu retten. Die AuflOsung der Die Nationalen bedeutete allerdings nicht, dass die ehemaligen Mitglieder ihre Aktivit~iten einstellten. Schwerdt rief dazu auf, seinem Beispiel zu folgen und der NPD beizutreten oder die Aktivit~iten im organisatorischen Zusammenhang von ,,freien" Kameradschaften fortzufiahren. In Guben gelang es zwar nicht, eine gr6gere Anzahl von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in die Parteiarbeit der NPD einzubinden, dennoch konnten sie zu regelm~iBigen Treffen animiert und es konnte ein breiter Interessenkreis far Vortragsveranstaltungen der NPD gewonnen werden. In den Verfassungsschutzberichten des Landes Brandenburg wird in den Jahren 1997 bis 2005 Guben als eine der Ortschaften angefiahrt, in der Kameradschaften oder gewaltbereite, rechtsextrem ,,anpolitisiel~e" Jugendcliquen mit mehr oder weniger hohem Organisationsgrad existieren. ~~ Nach dem Tod Farid Guendouls 1999 erlangte das Gewalthandeln der rechten/rechtsextremen Szene in Guben einen Aufschwung. Beschimpfungen, Bedrohungen und Angriffe gegen Asylsuchende und Jugendliche aus alternativen Szenen nahmen zu. l~~ Noch im Jahr 2002 wird Guben als ein ,,Brennpunkt" der rechtsextremen Szene bezeichnet. 111
In der Sekund~irliteratur ist far das Jahr 1986 ein bekannt gewordener Uberfall auf ein Wohnheim far Ausl~inderlnnen in Halle verzeichnet 112 und im April 1988 schlugen fianf
49; N.N.: Polizei 16st Treffen von jungen Rechten auf, in: Tagesspiegel 16.02.1997. Hier wird berichtet, dass es sich um ein Treffen der Jungen Nationaldemokraten mit 40 teilnehmenden Personen gehandelt h~tte. LosPressemitteilung der Die Nationalen, zitiert nach VS-Bericht Brandenburg 1997, Potsdam 1998, S. 46f. l~ VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1997, Magdeburg 1998, S. 23; VS-Bericht Brandenburg 1997, Potsdam 1998, S.36, 47; VS-Bericht Brandenburg 1998, Potsdam 1999, S. 39; VS-Bericht Brandenburg 1999, Potsdam 2000, S. 25; VS-Bericht Brandenburg 2000, Potsdam 2001, S. 47, 87; VS-Bericht Brandenburg 2001, Potsdam 2002, S. 88f; VS-Bericht Brandenburg 2002, Potsdam 2003, S. 99; VS-Bericht Brandenburg 2005, Potsdam 2006, S. 67. ~o Vgl. Lamoush: Wer spricht denn hier .... in: ProzessbeobachtungsgruppeGuben (Hg.): Nur ein Toter mehr.... Hamburg/Miinster 2001, S. 123-138; VS-Bericht Brandenburg 2000, Potsdam 2001, S. 48f. Siehe auch die Chronologien zu rechts(extrem) motiviertem Handeln in Guben: N.N.: Eine unvollst~ndige Chronologie rechter Aktivit~iten seit Ende 1991, unter http://home.arcor.de/junkyconnection/sanikasten/hp/projects/eintotermehr/ chronologie.htm, ges. 22.08.2002 und die Chronologien des Vereins ,,Opferperspektive" unter http://www.opferperspektive.de. ~ Vgl. N.N.: Mehr rechtsextremistische Angriffe verzeichnet, in: Frankfurter Rundschau 07.02.2002; N.N.: Innenminister hofft auf Trendwende, in: Mdrkische Allgemeine Zeitung 07.02.2002. ~2 Vgl. Neureiter, Marcus: Rechtsextremismus im vereinten Deutschland. Eine Untersuchung sozialwissenschaftlicher Deutungsmusterund Erklarungsansatze, Marburg 1996, S. 39.
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Schtiler, Lehrlinge und Jungarbeiter einen jungen Mosambikaner zusammen. 113 Ende April 1988 kam es in Halle zu einer Verurteilung von sieben Skinheads zu Freiheitsstrafen zwischen ftinf und zw61f Monaten wegen Rowdytum in Tateinheit mit KOl~erverletzung. TM Im November 1990 fand in Halle nach mehreren rechts(extrem) motivierten 13bergriffen auf Punks, Smdierende und Einrichtungen der linken Szene und zur Thematisierung der steigenden ,,Anhgngerschaft der Neofaschisten" eine Demonstration mit 500 Teilnehmerlnnen statt. 1~5 Im Mai 1991 drangen 20 bis 25 Skinheads in ein Haus in der Neust~idter Kammstrage ein, im dem sich Linke eine Club einrichten wollten. Ein 16-J~ihriger wurde dabei durch Schl~ige und Tritte verletzt. 116. 12/berregionale Aufmerksamkeit erlangte die rechtsextreme Szene in Halle-Neustadt, nachdem es der Halleschen Deutschen Jugend, die unter ihrem Ftihrer Thomas Hanke vor allem Zulauf von Jugendlichen aus Halle-Neustadt hatte, im Sommer 1991 gelang, tiber einen l~ingeren Zeitraum unsanktioniert, in der Neust~idter Kammstrage ein Haus zu besetzen. Damit begann die Etablierung rechtsextremer Gruppen in der Stadt und Halle-Neustadt wurde ein Brennpunkt rechtsextremer Aktivit~iten. Westdeutsche Kader der Nationalistischen Front (NF) versuchten im Haus ebenso FuB zu fassen wie das Deutsche Jugendbildungswerk (DJBW) unter Leitung des Mtinchners Bela Althans. 117 Anfang der 1990er Jahre
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,,gab es so eine hohe Prasenz [der rechtsextremen Szene] tatsLichlich ganz, also wirklich sehr stark in Halle-Neustadt. ,,118
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Von der martialisch gesicherten Kammstrage gingen mehrere 13bergriffe auf von ,,Altemativen" besetzte H~iuser in den innerst~idtischen Bezirken aus. 119 Ende September 1991 fordel~en der Jugendhilfeausschuss und der Innenausschuss der Stadtverordnetenversammlung in einer gemeinsamen Erkl~irung den Magistrat der Stadt auf, von einer gewaltsamen R~iumung des Hauses abzusehen. ,,Die Ausschtisse halten die v o n d e r Dezementenrunde des Magistrats (...) in Aussicht genommenen MaBnahmen einer Zwangsr~iumung nicht far geeignet, eine Eskalation der Auseinandersetzung zu verhindern. (...) Die Ausschtisse untersttitzen alle M6glichkeiten, die Jugendliche der verschiedenen Gruppierungen in 13berlegungen zur Entsch~irfung des Konflikts einzubeziehen, ihnen M0glichkeiten sinnvoller und eigenverantwol~licher Freizeitgestaltung anzubieten und in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Modelle flir Jugendh~iuser und andere geeignete Einrichmngen zu ent-
113Vgl. K6dderitzsch, Peter/Mtiller, Leo A.: Rechtsextremismus in der DDR, GOttingen 1990, S. 17; Weig: Die neue alte Gefahr .... in: Kowalczuk (Hg.): Freiheit und t3ffentlichkeit, Berlin 2002, S. 392-404, hier S. 393. 114Vgl. N.N.: Wieder Skinheads in der ,,DDR" verurteilt, in: Berliner Morgenpost 29.04.1988. ~5 N.N.: Brief aus Halle, in: Antifaschistisches lnfoblatt, Nr. 13, Winter 1990/91, S. 9; Leserbrief von Vertreterlnnen der Antifaschistischen Aktion und Vereinigte Linke Halle, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 14, Frtihjahr 1991, S. 35. 116 Vgl. Korall, Harald: Brutal ins Gesicht getreten, aus der Stragenbahn geworfen, in: Mitteldeutsche Zeitung 11.10.1991; N.N.: Zwei Jahre Halt fOr Skin, in: Mitteldeutsche Zeitung 11.10.1991. ~17Vgl. N.N.: Die Nationalistische Front, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 18, Mai/Juni 1992, S. XII. l~s Halle damals, Int. 1, Pos. 33. Im Dokumentarfilm ,,Stau- jetzt geht's los" des Filmemachers Thomas Heise, verOffentlich 1992, der vier Rechtsextremisten aus dem Umfeld des besetzten Hauses in der Kammstr. zu Wort kommen lasst, sind einige Aufnahmen aus Lokalen zu sehen, in denen zig Skinheads rechtsextreme Lieder und Parolen von sich geben. ~9 Vgl. Halle damals, Int. 2, Gesprachsmitschrift ohne Position (Pos.).
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wickeln. ''12~ Gepr~igt war die Erkl~irung zudem von der Frage: Wenn ein Haus der Rechten ger~iumt werde, warum dann nicht auch eines der linken Szene? In einem Gespr~ich der Stadtverordneten mit Vertretern der rechten Szene versprachen letztere, dass das Haus in der KammstraBe ,,abge~stet" werden wOrde und von ihnen keine Gewalt ausgehen werde. Anfang Oktober 1991 zerstritten sich die Gruppen im besetzen Haus. Die sogenannte Division Brandenburg, die Politik und keine Randale machen wollte, zog aus. Z u ~ c k blieben die der Halleschen Deutschen Jugend zuzurechnenden Bewohner. TM Bei einer Hausdurchsuchung Ende Oktober 1991 fand die Polizei in der KammstraBe 20 Molotow-Cocktails, sechs Rauchgranaten, mehrere ge~llte Patronengurte, Sportpistolen und mit Benzin geffillte Ballons. Dartiber hinaus stellte sie mit Hakenkreuzen bemalte StraBenschilder und m6glicherweise gef~ilschte Autokennzeichen und -papiere sicher. Ausl0ser flir den Einsatz war die Bel~istigung von Bewohnem eines Hauses in Halle-Neustadt. Skinheads drangen bewaffnet mit Kreuzhackenstielen, umwickelten Metallrohren, Schreckschusspistolen und anderen Schlaginstrumenten in das Haus ein. Die neun von der gerufenen Polizei festgenommenen Personen erkl~irten, sie h~itten lediglich friedliche Absichten. Gegen einige, eindeutig zur KammstraBe geh6rende Beteiligte, liefen bereits seit Monaten Ermittlungsverfahren. Festgestellt wurde, dass die KammstraBen-Besetzer sich nicht an das Abkommen mit der Kommune - keine Waffen und keine Militaria im Haus - hielten. Im November 1991 sollte in Halle ein erster rechtsextremer Aufmarsch stattfinden. Der damalige thfiringische NPD-Landesvorsitzende Thomas Diene1122 meldete anl/~sslich des ersten Jahrestages des Mauerfalls eine Veranstaltung an. UntersttRzt ",~aarde der Aufruf zum Spektakel yon der in Hamburg ans~issigen, damals noch nicht verbotenen Nationalen Liste unter Christian Worch. 123 Thomas Hanke verktindete im Vorfeld, in Halle wtirde der ,,bisher grOBte neonazistischen Aufmarsch in Deutschland" organisiert werden. TM Am 09. November befanden sich unter den teilweise ,,Sieg Heil" skandierenden etwa 500 Rechtsextremen neben Mitgliedern der Halleschen Deutschen Jugend prominente Rechtsextremisten aus Deutschland und Osterreich. Der britische Revisionist David Irving sprach auf der Abschlusskundgebung ~25, an einer antifaschistischen Gegendemonstration nahmen etwa 2.000 Personen teil. Zudem trafen sich in der Innenstadt rund 500 BOrgerInnen, darunter Halles Oberbi~germeister, Hallenser Bundestagsabgeordnete, Geistliche und KommunalpolitikerInnen zu einer Kundgebung gegen Gewalt und im Gedenken an die Reichspogromnacht. In den Abendstunden kam es zu Auseinandersetzungen ~wischen Rechtsextremen und deren Gegnern. Ein Angriff von Rechten auf ein von Linken besetztes Haus wurde 120 Zitiert nach Lohmann, Andreas: Stadtverordnete setzten Stopp for Rfiumung der KammstraBe, in: Mitteldeutsche Zeitung 26.09.1991. lEl Vgl. Korall, Harald: Waffen und Munition in Halles Kammstrage, in: Mitteldeutsche Zeitung 23.10.1991. lEEThomas Dienel hat ab 1996 for einige Jahre for den Thtiringer VS als Informant gearbeitet. Vgl. N.N.: Verfassungsschutz soil Neonazi bezahlt haben, in: Frankfurter Rundschau 07.06.2000; Bernhard, Honnigfort: Thtiringer Amt in Erklfirungsnot, in: Frankfurter Rundschau 08.06.2000; Schwertmtiller, Mariella/Wemstorf, Volker: Der rechte Mann am rechten Ort, in: Jungle World 14.06.2000. 123Vgl. Worch, Christian: Einladung zur GroBkundgebung, Hamburg, November 1991. 124Zitiert nach Bahn, Wolfram: Polizeipr~isidentverbietet den Aufmarsch der Rechten, in: Mitteldeutsche Zeitung 30.10.1991. 225Vgl. Siegler, Bernd: ,,Ein Kadergerippe mit Fleisch", in: taz 15.09.1992; N.N.: Halle/Saale. Nazi-Aufmarsch, Polizeiterror und Gegendemonstration, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr.16, Winter 1991, S. 35; N.N.: ,,Purer Unsinn", in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr.17, M~irz 1992, S. 9; Fromm/Kembach: ... und morgen .... Marburg/Berlin 1994, hier S. 34, S. 64f.
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von den BewohnerInnen erfolgreich abgewehrt. 126 Im Anschluss an den Aufmarsch luden Rechtsextremisten zu einer Pressekonferenz in die Kammstral3e. Der Osterreicher Gottfried Ktissel forderte dabei die Wiederzulassung der NSDAP. 127 Die H a l l e s c h e D e u t s c h e J u g e n d spaltete sich Mitte Dezember 1991 und bis Ende des Jahres kehrte nach aul3en hin Ruhe um das Haus ein, die durch eine Hausdurchsuchung in der ersten Januarh~ilfte 1992 im Rahmen einer stadtweiten polizeilichen Durchsuchung von mehr als zehn Objekten und Wohnungen in Halle gebrochen wurde. Nach Angaben von Insidem h~itten zu diesem Zeitpunkt nur noch drei Personen fest dort gewohnt, lzs Rund zehn Jahre sp~iter liest sich die Geschichte der Kammstral3e in einer rechten Postille wie folgt: Nachdem der Fordemng der Rechtsextremisten nach einem eigenen Objekt von der Stadt nicht nachgekommen worden sei, besetzten sie das Haus in der KammstraBe. Durch die Anwesenheit der H a l l e s c h e n D e u t s c h e n J u g e n d sei die Kriminalit~it im Bezirk zurtickgegangen, behauptet der Autor des Artikels 129 und verschweigt die bereits geschilderten Vorf'~ille ebenso wie einen Angriff von sechs Jugendlichen zwischen 14 und 18 J a h r e n dem J~uBeren nach Skinheads - auf zwei arabische Studenten Anfang November 1991 am frtihen Nachmittag in Halle-Neustadt. S ie beschossen die Studenten mit Leuchtkuge|n und beschimpften sie. Hilfe erhielten die Bedrohten durch weitere hinzukommende arabische Studenten, die auf die Angreifer einschlugen und sie verjagten. Eine Augenzeugin berichtete, dass keine(r) der vortibergehenden PassantInnen auf die Attacke gegen die Studenten tiberhaupt reagiert, geschweige denn geholfen h~itten. 13~ Auch nach der Schliel3ung des Hauses kam Halle-Neustadt als Treffpunkt rechter/rechtsextremer Gruppen und im Rahmen von Veranstaltungen eine auBerordentlich grofSe Bedeutung zu. TM Viele der damals dort ans~issigen Jugendclubs galten als rechtsdominiert und auch Mitglieder der 1997 erstmals in Sachsen-Anhalt auftretenden Kaderorganisation Freiheitlicher Volksblock 132 und ihr Umfeld trafen sich u.a. in einem Lokal in
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126Vgl. N.N.: Mit der Dunkelheit kam die Gewalt auf Halles Stral3en, in: Mitteldeutsche Zeitung 11.11.1991. Eine Zusammenstellung von Presseartikeln und Augenzeugenberichten zum Aufmarsch befindet sich in: Infohefi der Initiative fiir eine Vereinigte Linke Region Halle- VL extra, Halle 1992. ~27Vgl. Wiallenweber, Walter: Ein smarter Jungnazi verfahrt die Deppen, in: Berliner Zeitung 24.01.1992. 128Vgl. N.N.: Gestem 5 Uhr: GroBangelegter Polizeieinsatz gegen die rechte Szene, in: Mitteldeutsche Zeitung 10.01.1992. 129Vgl. Tony: Szenebericht Halle/Saale, in: Iron Youth, Nr. 1 (2001), S. 20-21. ~3oVgl. N.N.: Skins: Angriff auf arabische Studenten, in: Mitteldeutsche Zeitung 05.11.1991. ~3~ Vgl. Interview mit Helmut Willems, unter http://www.homes.uni-bielefeld.de/ealjets/projektel4.htm, ges. 02.03.2006. 132Der Freiheitliche Volksblock (FVB) wurde 1994 als Auffangbecken der verbotenen Heimattreuen Veremigung Deutschlands (HVD) in Bayern gegriindet. Mitglieder der HVD fielen durch Bankiiberfalle und Wehrsportiabungen auf. Dabei wurde auch der Umgang mit Plastiksprengstoffund Handfeuerwaffen trainiert. Ab 1997 etablierten sich neben Bayem und Baden-Wt~rttembergauch Sektionen in Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Der FVB bezeichnete sich selbst als ,,Partei des deutschen Aufbruchs" und sah sich als Kaderorganisation. Fehlende Inhalte versuchten die Mitglieder vor allem mit uniformiertem und martialischem Auftreten zu iabertUnchen. Fiir den 05. Juli 1997 mobilisierte der Landesverband Bayern zu einer Kundgebung unter dem Motto ,,Deutschland in Not" nach Halle. Diese Kundgebung wurde verboten. Personell rekrutierte sich der FVB in Halle vomehmlich aus Mitgliedem des ehemaligenJungsturm Halle. Dem FVB gehOrten in Halle zu seinen Hochzeiten etwa 20 Personen an. Ab 1998 ging es mit dem FVB bergab und 1999 zeigte er sich weitgehend inaktiv. Im VS-Bericht SachsenAnhalt far das Jahr 2000 wird er nicht mehr erwfihnt. Ehemalige FVBIer iibernahmen Fiihrungspositionen in der Vereinigung Weifl & Stolz, im Verein Kunst & Schmiererei e. V. und dem Siidsturm Halle. Vgl. Sabercke, Niki: Nazi-Saalschutz far Halles Burschen, in: Jungle Worm 20.11.1997; N.N.: Der Freiheitliche Volksblock, in: Antifa-
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Halle-Neustadt. 133 Eine weitere r e c h t s e x t r e m e G m p p i e r u n g , die Weifle O f f e n s i v e - Halle/Saale die erstmals 1999 in V S - B e r i c h t S a c h s e n - A n h a l t erw~ihnt wird, veranstaltete regelm~igig Treffen in Halle-Neustadt. Die Mitglieder galten als gewaltt~itig u n d n a h m e n an V e r a n s t a l t u n g e n der H a l l e s c h e n Skinhead- und N e o n a z i s z e n e teil. 135
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2.4 Mageburg-Olvenstedt Bereits in den frtihen 1990er Jahren etablierte sich in Olvenstedt eine extrem rechte Szene, die im Stadtteil mit g e w a l t f 6 r m i g e n Aktivit~iten von sich reden machte. Zu ihr geh6rte ein Teil jener, die 1992 an den M a g d e b u r g e r Elbterassen einen j u n g e n Punk erschlugen. 136 Rtickblickend heigt es, b e z o g e n a u f eine auffiillige Pr~isenz rechter/rechtsextremer Personen:
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,,Also ich wiirde sagen, ich weifl nicht, vielleicht hat es auch damit zu tun, vielleicht auch gerade nach der Wende, die ersten acht Jahre oder so, ich weifl das nicht, aber da ist es mir besonders aufgefallen. Erst ging's ja, so hab ich das empfunden, in Olvenstedt los, well." da wurden es immer mehr. Dann bin ich da weggezogen. ,,137
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M i g r a n t l n n e n und ,,bunte" Jugendliche w u r d e n von Rechten a u f der Stral3e bedroht und verletzt, Treffpunkte/Jugendclubs mit nicht-rechter Klientel oder von Ausl~inderInnen betriebene Restaurants angegriffen. So w u r d e n im M~irz 1993 in Olvenstedt lebende Punks a n g e g a n g e n oder von R e c h t e n ~ e c h t s e x t r e m e n zu Hause ,,besucht ''138 und im N o v e m b e r 1993 die Einrichtung eines China-Restaurants von circa 15 rechten Skinheads zerst6rt.
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schistischer Rundbriefaus Halle/Saale Nr. 2 (2002), S. 5-8; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1998, Magdeburg 1999, S. 22ff. 133Vgl. N.N.: Der Freiheitliche Volksblock, in: Antifaschistischer Rundbriefaus Halle/Saale Nr. 2 (2002), S. 5-8. 134Die Weifle Offensive- Halle/Saale (WOH) war eine Kameradschaft, die fiber ,,feste Strukturen" verf~gte und sich in Halle etabliert hatte. 2001 hatte sie rund 20 Mitglieder. Neben Kontakten zur Merseburger Skinheadszene und zur NPD besaB sie Verbindungen zu anderen Kameradschaften wie Weij3 & Stolz, aber auch zu Skinheadgruppierungen mit wechselnden Gruppenbezeichnungen wie Kameradschaft Kettenhunde, Hate & Violence Boot Boys Halle/Saale oder Sfidstadt Jungen. In der 13ffentlichkeit fiel die WOH vor allem durch ihr uniformiertes Aufireten mit roten Bomberjacken mit aufgedruckter Gruppenbezeichnung auf. Die WOH beteiligte sich regelm~iBig an grOBeren Naziaufmfirschen in der gesamten BRD. Vgl. Massive Aktion/Autonome Antifa Halle und Antifaschistisches Schulnetz Halle (Hg.): Open your eyes - time to wake up. Das Antifa-Benefiz und die Hintergriande, Halle 2000; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1999, Magdeburg 2000, S. 9; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2000, Magdeburg 2001, S. 15, 31; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S.19. Ab 2003 wird die WOH nicht mehr im VS-Bericht Sachsen-Anhalt erwfihnt. ~35Vgl. N.N.: Halle, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 48, Juli/August 1999, S. VIII; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2001, Magdeburg 2002, S. 10. 136 Vgl. LOblich, Eberhard: Skinheads in Magdeburg iaberfallen erneut Punker, in: Frankfurter Rundschau 06.02.1998. 137 Zitiert nach Albrecht, Peter-Georg: ,,Man muss sich doch NoB mal Magdeburg angucken." Beschreibungen: Der Raum, seine Gruppen, ihre Konflikte. Fallstudie Magdeburg, Teil 1, unv. Manuskript, Magdeburg 2005, Forschungsverbund Desintegrationsprozesse - Integrationspotentiale moderner Gesellschafien - Projekt 5: Gruppenauseinandersetzungen Jugendlicher in lokalen Kontexten. Leitung: Prof. Dr. Roland Eckert, Prof. Dr. Roland Roth, Mitarbeiterlnnen: Caroline Thielen-Refgen, Peter-Georg Albrecht. ~38 Vgl. N.N.: Chronologie: Antifaschistischer Sta'dtebericht Dezember/Januar/Februar/M~irz 1993, Magdeburg 1993, o.S.
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Zuvor waren sie ,,Ausl~inder raus" rufend durch die Stragen gezogen. 139 N a c h d e m im Febm a r 1997 nach einem Uberfall von Skinheads der Punk Frank B6ttcher vor einer Bahnhaltestelle t6dlich verletzt aufgefunden wurde 14~ und in den ersten beiden W o c h e n nach der Tat mehrmals Punks, linksgerichtete oder andere Jugendliche in Olvenstedt tiberfallen wurden galt das Viertel endgtiltig als Kristallisationspunkt rechtsextremer Gewaltt~itigkeit. 142 Nicht nur unter linken Jugendlichen und jenen, die sich der Punk- oder Hip-Hop-Szene zurechneten, gait der Stadtteil als von rechten/rechtsextremen Gesellungen dominiert: ,,Der Stadtteil ist eine rechte Hochburg. Das ist ein Fakt und keine Erfindung der Medien", ~iul3erte ein 40j~ihriger A n w o h n e r nach dem Tod B6ttchers in einem Zeimngsinterview. 143 Andere Zeitungen berichteten, dass Olvenstedt von ,,Glatzen" regiert werde und der sachsen-anhaltinische Verfassungsschutzpr~isident sch~itzte laut Els~isser, dass allein 200 der 700 gewaltbereiten rechtsextremen Skinheads aus Sachsen-Anhalt in Olvenstedt zu Hause seien. 144 Dass die T~iter, die ein knappes Jahr nach dem Tod B6ttchers in die W o h n u n g seines Bruders eindrangen und dort einen angetroffenen Punk lebensgef~ihrlich verletzten, mehrheit|ich in Neu-Olvenstedt wohnten 145, verst~irkte das Bild eines von Rechtsextremen dominierten Stadtviertels zus~itzlich und erhielt Best~itigung durch den hohen Stimmanteil ftir die D e u t s c h e Volksunion (DVU) bei den sachsen-anhaltinischen Landtagswahlen im April 1998. In Magdeburg erreichte die D V U aus dem Stand in M a g d e b u r g fast elf Prozent der gtiltigen Stimmen. lm Wahlkreis Magdeburg II, in w e l c h e m sich Teile des Stadtbezirks Neu-Olvenstedt befinden, erreichte die D V U 13,7 Prozent und damit den h6chsten Stimmanteil in den Magdeburger Wahlkreisen. Wird als geographisches Raster die Einheit Stadtbezirk angesehen, kam in Neu-Olvenstedt die D V U auf einen Stimmanteil von 15,03
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139Vgl. N.N.: St/~dtebericht, in: Subito, Ausgabe 2, Mitte Dezember 1993, Magdeburg 1993, S. 36; Fricke, Matthias: Gfiste fltichteten unter die Tische, in: Volksstimme 21.11.1993; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1993, Magdeburg 1994, S. 100, pdf-Version. 14o Frank BOttcher wurde aus einer Gruppe heraus zusammengetreten. Als er bereits auf dem Boden lag, stach einer der T~iter mehrmals mit einem Butterflymesser auf ihn ein. BOttcher starb im Krankenhaus. Das Magdeburger Landgericht verurteilte den 17-j/ihrigen Hauptt~iter, eine Randfigur der rechtsextremen Szene, im Juni 1997 wegen Totschlag zu sieben Jahren Jugendstrafe. ~4~Z.B. wurde am 14. Februar 1997 ein Punk von einer Gruppe Skinheads mit Baseballschl/igem zusammengeschlagen, linksgerichtete Jugendliche griffen einen Treffpunkt der rechten Szene an und wurden dann von etwa 30 Skinheads verfolgt. Die Jugendlichen flt~chteten sich in eine Stragenbahn, die daraufhin von den Skins mit Steinen beworfen wurde. Einen Tag sp/iter beschimpften unbekannte T~iter einen Jugendlichen als ,,Zecke" und verletzten ihn durch Ful3tritte. Am Folgetag schlugen vier Skinheads einen linken Jugendlichen, weil dieser sich in ,,ihrem" Territorium aufhielt und am 17. Februar verpr%elten drei Skinheads einen Jugendlichen, der an der Mahnwache zum Gedenken an Frank BOttcher teilgenommen hatte. Vgl. neben einer hohen Anzahl von Presseberichten zwischen dem 10.02. und dem 25.02.1997 in den Tageszeitungen Junge Welt, taz, Frankfurter Rundschau und Neues Deutschland auch VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1997, Magdeburg 1998, S. 16, 17, 46, 57. 142 Zur Berichterstattung fiber die Magdeburger Plattenbauviertel, insb. Olvenstedt, vgl. Matthies, Aila-Lena: Magdeburg Neu Olvenstedt: Studie zur Stabilisierung der WohnbevOlkerung, Bd. 2, Berichte des Stadtplanungsamtes, Magdeburg 2000, S. 26-27. 143Zitiert nach Doering, Martina: Wer kann, zieht weg, in: Berliner Zeitung 14.03.1997. 144 Vgl. Weis, Otto JOrg: East-Side-Stories mit schrecklichem Ende, in: Frankfurter Rundschau 21.02.1997; Rogalla, Annette: Sauberm~innerauf Erfolgskurs, in: taz 30.04.1997; Fricke, Matthias: Polizei beendete Marsch der NPD in Magdeburg, in: Volksstimme 20.07.1998; Els/isser, Jtirgen: Eine v61kische Bewegung neuen Typs, in: Blditter far deutsche und internationale Politik, Nr. 7/1998 unter: http://www.blaetter.de/kommenta/elsa0798htm, ges. 06.02.2003. 145 Vgl. L6blich, Eberhard: Skinheads in Magdeburg tiberfallen erneut Punker, in: Frankfurter Rundschau 06.02.1998.
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Prozent. 146 Kurz darauf, im Juli 1998, musste die Polizei ein nicht angemeldetes Treffen von Rechtsextremisten in Olvenstedt aufl6sen. Sie nahm 118 Personen vorl~iufig in Gewahrsam, nachdem diese einige Hundert Meter die StraBe lang marschiert waren. Das Regiemngspr~isidium Magdeburg hatte zuvor ein Demonstrationsverbot ausgesprochen, um eine Ersatzveranstaltung far eine verbotene NPD-Versammlung in Tangerhtitte zu verhindern. 147 In einer Antwort auf eine GroBe Landtagsanfrage lieB die Landesregiemng 1999 verlauten, sie teile den Eindruck, dass in der Stadt Magdeburg eine im Vergleich zu anderen Regionen des Landes h6here Aktivit~it rechtsextremer und neofaschistischer Gruppierungen anzutreffen sei. In Magdeburg gebe es eine zahlenm~iBig starke Skinheadszene, die tiberwiegend unorganisiert auftrete und von der ein Grol3teil der Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund ausgehe. Personen aus der Skinheadszene h~itten sich zur Kameradschaft Magdeburg (ca. 15 Mitglieder und 15 Sympathisanten) zusammengeschlossen und seien in die politischen Strukturen der NPD eingebunden. Der hohe Anteil rechtsextremistisch motivierter Straftaten in Magdeburg im Jahr 1998 sttinde im engen Zusammenhang mit der in der Stadt anzutreffenden gewaltbereiten Skinhead- und Jugendszene. In den Gastst~itten und Freizeiteinrichtungen ,,Brunnen ''~48 in Magdeburg Nord, ,,New Olven" und ,,Zur dritten Halbzeit" in Magdeburg-Olvenstedt wtirden neben anderen Jugendlichen auch Angeht~rige der gewaltorientierten rechtsextremen Jugendszene verkehren. 149 In Olvenstedt fiJhlte sich zudem die 1995 gegrtindete RechtsRock-Band ,,Standrecht" zu Hause. 15~ Im Jahr 2000 wurden aus einer Gruppe von etwa 20 mehrheitlich aus Neu-Olvenstedt stammenden rechten/rechtsextremen Jugendlichen heraus eine Mitarbeiterin und eine bunthaarige Besucherin des Kinder- und Jugendtreffs ,,Mtihle" in Neu-Olvenstedt tiberfallen. Nachdem die Rechten im Anblick des M~idchens ,,Hier stinkt's, hier stinkt's nach Zecke" gerufen hatten und ihre ,,Auslieferung" - sie soil angeblich die Freundinnen der Rechten beleidigt h a b e n - verlangten, griffen sie eine Sozialarbeiterin und die Besucherin an. TM Im Oktober desselben Jahres verfolgten vier M~inner einen Senegalesen und schlugen ihn. ~52
146Vgl. Holtmann, Everhardt: Die angepassten Provokateure. Aufstieg und Niedergang der rechtsextremen DVU als Protestpartei im polarisierten Parteiensystem Sachsen-Anhalt, Magdeburg 2002, S. 9, 44f; Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Landtagswahlen 1998, unter http://www.statistik.sachsen-anhalt.de/lw98/index.htm, ges. 27.11.2003. 147 Vgl. N.N.: NDP-Treffen gesprengt, in: Altmarkzeitung 20.07.1998; Fricke: Polizei beendete Marsch.... in: Volksstimme 20.07.1998; N.N.: Demonstrationsverbot in Magdeburg durchgesetzt, in: Tagesspiegel 20.07.1998; Blaue Welt Archiv Magdeburg: Presseerkl~irung des Arbeitskreis Antifaschismus im Blaue Welt Archiv Magdeburg vom 18. Juli 1998. 148Im ,,Brunnen", dem Jugendclub der ,,Offenen sozialdiakonischen Jugendarbeit des Evangelischen Kirchenkreises Magdeburg e.V.", hatten rechtsextreme Skinhead-Bands ihre Probertiume. 149Vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 3/1115, 01.03.1999: GroBe Landtagsanfrage zur Entwicklung rechtsextremer und neofaschistischer Tendenzen im Land Sachsen-Anhalt, Fundstelle PIPr 3/22, 17.06.1999 S. 1446-1456, Dokument 022stzg.doc, unter http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/ltpapier/plenum/3/O22stzg.doc, ges. 03.09.2002. 15oVgl. Standrecht: Bandinterview, in: WeisseLiga, Nr. 2/1998, S. 5-6. 15~Vgl. Interview mit Nicole P.: ,,In diesem Jahr war der 14. Januar ein Sonntag und mir ging's gut", in: Landeszentrale fiar politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt (Hg): Erst fremd - dann vertraut. Reportagen und Interviews, Halle 2001, S. 121-125. 152Vgl. N.N.: Wieder rechtsextreme Anschl~ige, in: FrankfurterRundschau 18.10.2000.
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Allgemeine Hinweise zu Trefforten rechter/rechtsextremer Geseilungen
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In den untersuchten Kleinstgdten (12.000 und 23.000 Einwohnerlnnen) befanden sich aufgrund der kleinr~iumigen Struktur der Ortschaften alle Treffpunkte rechter/rechtsextremer Gesellungen im Nahraum des Wohnumfeldes. Alle Treffpunkte waren mit dem Fahrrad von jedem Ausgangspunkt aus in maximal einer halben Stunde zu erreichen. Auch Entfemungen von bis zu 40 Kilometem k6nnen in diesen l~indlichen Gebieten mit dem Pkw innerhalb von einer halben bis h6chstens einer Stunde tiberwunden werden. Die hohe Mobilit~it der Akteure Rihl't zu einer engen Zusammenarbeit/Vemetzung mit anderen in der Region existierenden Gesellungen. Ftir Gardelegen wurden Kontakte zu rechten/rechtsextremen Gruppierungen nach Stendal, K16tze, Salzwedel, Magdeburg, Wolfsburg, Hannover bis in den nieders~ichsischen Raum hinein benannt.
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,,Der gr6j3te Teil kam immer aus Gardelegen. Aber auch aus den anderen D6rfern rings rum wie Jgivenitz, Kloster Neuendorf und alles was, aus Zichtau, die gr6fleren Stddte Salzwedel, KlOtze, kam alles damit zu. Und bei richtig groflen Sachen, da haben sie denn schon mal, da kamen aus Magdeburg auch Leute zu Besuch und so. Es war das ganze Umfeld dann da. ,,153
Ftir Guben wurden die Verbindungen nach Cottbus als besonders eng beschrieben und
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,,ansonsten gab es eben noch ein paar Kontakte nach Eisenhattenstadt, Senfienberg, Spremberg, Farstenwalde und so welter ''154 sowie nach Berlin und in nicht weit entfemte
s~ichsische Gegenden. ~55 Die tiber6rtlichen Aktivit~iten und Verbindungen seien jedoch gering. Die Mehrheit der Gubener Rechten/Rechtsextremen wtirden es nicht tiber Cottbus oder F o r s t - also die regionalen G r e n z e n - hinaus schaffen, meinte ein ~ r die Region zust~indiger Polizeibeamter. 156 In den grOl3eren St~idten (>200.000 Einwohnerlnnen) konnten sowohl Zusammenktinfte im Nahraum, die meist von Rechten aus der unmittelbaren Nachbarschatt des Stadtviertels besucht wurden, als auch weiter entfemte Trefforte festgestellt werden, die in Anbetracht eines hohen Motorisierungsgrades der Akteure in einer Zeitspanne von h6chstens dreigig Minuten Fahrzeit zu erreichen waren/sind. Anlassbezogen wurden Zusammenkthnfte Rechter/Rechtsextremer aus dem gesamten Stadtgebiet beobachtet. Auch hier war eine Vemetzung mit anderen Gruppen aus der Region und darfiber hinaus gegeben. Bei gr6Beren Aufm~irschen in Halle wurden ,,eben Oh, eben auch iiberregional Leute aktiviert ~53Untersuchungsorte (U-Orte) allgemein (allg.), Gard., Int. 1, Pos. 14; vgl. U-Orte allg., Gard., Int. 2, Pos. 40, 52; U-Orte allg. Gard., Int. 3, Pos. 77; U-Orte allg. Gard., Int. 4, Kripo, Pos. 4. 154U-Orte allg., Guben, Int. 1, Pos. 114. z55U-Orte allg., Guben, Int. 2, Pos. 15. 156U-Orte allg., Guben, Int. 3, Pos. 108.
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(...), wie zum Beispiel aus KOthen, aus Magdeburg, aus Merseburg. ''157 Ftir Magdeburg galt, dass sich nicht nur bei Aufin~irschen, sondem auch an halb6ffentlichen Orte wie Jugendclubs - w~ihrend des Zeitraumes, in dem sie als rechtsdominiert angesehen w u r d e n ,,das Umfeld aus Magdeburg getroffen hat. Das ging bis nach Halberstadt und Wernigerode, dieja am Wochenende angereist sind, um Party zu machen, ja. ''158 Die Zusammenarbeit
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der rechtsextremen Gruppierungen aus Magdeburg, Halle und dem Altmarkkreis Salzwedel, zu dessen Verwaltungseinheit Gardelegen geh6rt, ist tiber die Jahre hinweg in einer Vielzahl von Jahresberichten des zust~indigen Verfassungsschutzes belegt. Gleiches gilt ftir die Stadt Guben und die Region. Exemplarisch zu nennen ist ein Aufmarsch am 20. Mai 2000 in K6then mit circa 300 Rechtsextremisten, darunter ,,Freie Nationalisten" aus Halle, Magdeburg und Hamburg sowie Angeh6rige der Weiflen Offensive Halle/Saale, der Blood & Honour-Sektion Sachsen-Anhalt, Kameradschaften aus K16tze, Salzwedel, Sch6nebeck, Blankenburg/Quedlinburg, K6then und Magdeburg sowie welchen aus dem B6rdekreis, aus Bernburg, Niedersachsen und Hamburg. Bei einer Sonnenwendfeier am 24. Juni desselben Jahres nahe Ranies (Landkreis Sch6nebeck) fanden sich Teilnehmer aus Magdeburg, Halle, Stendal, Sch6nebeck, K6then, Blankenburg/Quedlinburg, Ohrekreis, B6rdekreis und Altmarkkreis Salzwedel ein. 159 Die Vernetzung rechter/rechtsextremer Organisationen, Kameradschaften und anderer Gesellungen unterscheidet sich in den Untersuchungsr~iumen nicht von den im gesamten Bundesgebiet feststellbaren Kooperationen. Regionale und tiberregionale Aufm~irsche und RechtsRock-Konzerte werden von regionalen Gesellungen besucht, die Mobilisierung hierzu l~iuft in vielen F~illen tiber das Internet oder tiber Mobiltelefone. Im Nationalen Beobachter Magdeburg und dem ftir die Region Halle, Saalekreis, Mersebt~g f'mden sich zahlreiche Berichte tiber die Reiset~itigkeit lokaler RechtsextremistInnen. 16~An Zusammenktinften mit tiberregionaler Bedeutung, wie dem Wunsiedeler Hess-Aufmarsch oder den Aufrn~irschen im brandenburgischen Halbe anl~isslich des Volkstrauertages, nehmen regelm~iBig rechtsextreme Gruppierungen teil, die sich tiber die mitgeFtihrten Transparente den Untersuchungsorten zuordnen lassen. 161 In drei der vier untersuchten St~idte wurden szenetypische Publikationen erstellt, die mit Schulungsbeitr~igen und Berichten tiber spezifische Aktivit~iten geftillt sind. Hinweise auf eine regionale und tiberregionale Zusammenarbeit verschiedener rechtsextremer Gruppierungen sind darin enthalten. Ftir Klein- und GroBst~idte gilt gleichermaBen, dass im Zeitalter der Mobiltelefone die Kommunikation dartiber, wer sich wo trifft, wo gerade ,,was los" ist, ohne Zeitverz6gerung gesichert ist. Ebenso ist eine schnelle Mobilisierung groBer Gruppen im st~idtischen oder 157U-Orte allg., Halle, Int. 1, Pos. 63. ~58U-Orte allg., Magdeburg (MD), Int. 1, Pos. 139. ~59Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2000, Magdeburg 2001, S. 31, 42. In den vorhergehenden und nachfolgenden VS-Berichten sind ~ihnlicheKooperationenbeschrieben. ~6o Um nur einige Beispiele zu nennen: N.N.: Nun wird's aber wirklich langsam langweilig...- Leipzig 13.07.2002, in: NB-Halle, Nr. 07/2002, S. 11; N.N.: 29.03.03 - Hanau: ,,Ami go home!"- Nationaler Widerstand protestierte vor der Hausttir der US-Besatzer!, in: Nationaler Beobachter Magdeburg (NB-Magdeburg), unter http://www.nb-magdeburg.de.vu/, ges. 18.06.2003. Die Intemetadressen beider Homepages haben sich in der Zwischenzeit ge~indert. Der NB-Magdeburgkonnte im Jahr 2005 unter http://www.festungsstadt.comaufgerufen werden, im Juni 2006 war die Homepage nicht mehr zu erreichen. Die Adresse des NB-HalIe wurde erst ge~indert in http://leni.gsb-online.com/nb-halle,sp~iterin http://halle.nationaler-beobachter.de(Stand 20.06.2006) 161Vgl. Verfassungsschutzberichte der Lander Sachsen-Anhalt und Brandenburg.
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regionalen Raum gew~ihrleistet. Offenkundig werden die Verbindungen und die F~igkeit zu kurzfristigen Mobilisierungen bei Streitigkeiten mit anderen Gruppen, bei Partys und bei besonderen Anl~issen. Bei Feiern, ,,da sind f g m f Leute irgendwo prgisent und innerhalb yon einer Viertelstunde, z w a n z i g Minuten, sind das ganz schnell zwanzig, f i i n f u n d z w a n z i g Leute, die da sind."162 Es wird eine geringe Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen ,,in der j e t z i g e n Zeit" [2003], konstatiert, dies allerdings unter dem Hinweis, dass eine schnelle
Mobilisierung sehr gut funktioniere. ,, (...) Wenn es irgendwo, das ist heute noch so, wenn es irgendwo zu Streitigkeiten kam, die irgendwo aufgelaufen sind, dann ist es sehr schnell, gelingt es diesen Leuten, oder gelang es diesen Leuten sehr sehnell eine hohe Zahl an Leuten zu mobilisieren. Das heiflt, die Verbindungen untereinander waren sehr grofl. Da klingelt irgendwo das Handy. Da gab es ein regelrechtes Alarmsystem innerhalb, sagen wir mal in einer halben Stunde waren fiinfzig bis hundert Leute aus ganz Magdeburg aufgelaufen aus dieser Szene, aus si~mtlichen Stadtteilen dieser Stadt. ,,163
Nach dem Tod von Farid Guendoul 1999 kam es in Guben in den folgenden Wochen zu einer Aktivierung der lokalen und regionalen rechten/rechtsextremen Szene und ,,die Rech-
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ten konnten in etwa einer Stunde sechzig his hundert Personen aus Guben, Spremberg, Cottbus mobilisieren. ''164
Und auch far Halle gilt,
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,, (...) dass wenn gemeinsame Aktionen geplant werden, i~h, dort schon ein gewisses Netzwerk und ne Verbindung untereinander besteht, die auch dih zu bestimmten Zeitpunkten denn schnell aktiviert werden kOnnen. Durch die moderne Kommunikationstechnik, Handys untereinander, da wird sich angerufen. (...) Und dann kann es schon durchaus m6glich sein, dass ah, mal kurzzeitig dort ne ziemlich grofle Gruppe zusammengerufen wird. ,,165
Die F~ihigkeit zur schnellen Information und Mobilisierung ffihrt zu einer Verunsicherung von potenziell von rechts(extrem) motivierter Aggressivit~it betroffenen Personen. 13ber einen Angriff auf nicht-rechte Jugendliche wurde berichtet, dass die Aggressoren mit zwei Wagen angefahren kamen, die Gruppe der Betroffenen jedoch aus 20 bis 30 Personen bestand. Eine Gegenwehr gab es nicht, denn die angegangenen Jugendlichen ,, wussten ja auch nicht, wie viele Leute (...) sie [die Angreifer] zusammentrommeln k6nnten. Wit haben blofl gedacht, ja wir sind zwanzig, maximal dreiflig. Wer weifl, mit wie viel Leuten die kommen, wenn wit mal Stress machen. Von daher war immer eigentlich so, auch so Angst, so ein bisschen. ,,166
162U-Orte allg., MD, Int. 2, Pos. 150, 151,153. 163U-Orte allg., MD, Int.1, Pos. 198, 199. 164 U-Orte allg., Guben, Int. 3, Pos. 4, Pos. 109. ~65U-Orte allg., Halle, Int. 1, Pos. 45. 166U-Orte allg., Int. 1, Pos. 202.
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Generell ist eine deutliche Unterscheidung zu treffen zwischen kleinst~idtischen und groBst~idtischen Untersuchungsgebieten, zwischen Altstadtkemen und Plattenbausiedlungen. In den beiden untersuchten Kleinst~idten kam das ~ffentliche Leben in den FuBg~ingerzonen der Altstadtviertel nach Gesch~ittsschluss (18:00 Uhr) fast vollst~indig zum Erliegen. So stellte ein kleinst~idtischer Interviewpartner fest, man k6nne ,,abends durch die Stadtfahren und da sieht man keinen Menschen mehr. ''167 Ein Opfer berichtete tiber den Innenbezirk einer der beiden GroBst~idte, dass die ,,Innenstadt nach acht Uhr (...) ziemlich/eer ''168 sei. Dort sei auger an einigen StraBenbahnhaltestellen kaum jemand anzutreffen. FOr das untersuchte Plattenbauviertel wurde angeftihrt, dass dort ,,einfach kein Mensch auf der Strasse" sei: ,,Also, einfach kein Mensch. ''169 Ein nennenswerter Personenverkehr auf StraBen und PRitzen begann in den untersuchten Plattenbausiedlungen in der Regel erst nach Schulbzw. Arbeitsende gegen 16:00 Uhr, um dann nach 19:00 Uhr ebenfalls zu versiegen. Ungeachtet der Jahreszeit waren in den beiden Kleinst~idten und in den untersuchten Grol3stadtvierteln nach Gesch~iftsschluss, wenn tiberhaupt jemand, dann haupts~ichlich Jugendliche und junge Erwachsene anzutreffen, von denen manche dem Umfeld von jugendkulturellen Gruppen (Hip-Hopperlnnen, Skaterlnnen, Punks) oder dem Umfeld rechter/rechtsextremer Gesellungen zuzuordnen waren. Ein nicht geringer Anteil der angetroffenen Personen konnte aufgrund ihres ~iugerlichen Erscheinungsbildes keiner bestimmten Szene zugeordnet werden. Eine weitere Gruppierung, die nach 19:00 Ulax in allen Untersuchungsr~iumen regelm~iBig in der (3ffentlichkeit pr~isent war, bestand aus mehr oder weniger alkoholisierter Personen beiderlei Geschlechts, die vor Imbissen oder Trinkbuden weiche und harte Alkoholika konsumierten. Die Feldbeobachtungen im 6ffentlichen StraBenland wurden in der Regel aufgrund des nicht vorhandenen Publikumsverkehrs nach 21:00 Uhr eingestellt.
167U-Orte allg., Int. 1, Pos. 82. 168U-Orte allg., Int. 2, Pos. 47. 169U-Orte allg., Int. 2, Pos. 47.
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D i e S i t u a t i o n in den U n t e r s u c h u n g s o r t e n w~ihrend des U n te rsu c h un gsze itra u m s
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Das Handeln von Kommunalpolitik u n d - verwaltung wurde in allen Untersuchungsorten sowohl ftir die Vergangenheit als auch ~ir die Zeit der Untersuchung von einigen der Befragten aus den Akteursgruppen Polizei, SozialarbeiterInnen, MitarbeiterInnen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Opfer in Hinsicht auf die Bereitschaft, Rechtsextremismus als Problem zu thematisieren, als zurtickhaltend bezeichnet, wenngleich auch auf vereinzeltes Engagement st~idtischer Funktionstr~igerInnen hingewiesen wurde. Eine einheitliche Linie st~idtischer VertreterInnen im Umgang mit rechtsdominierten Orten ist auch heute nicht zu erkennen. Es kann jedoch gesagt werden, dass die parteipolitischen Einbettungen der jeweiligen BtirgermeisterInnen kein Anhaltspunkt ffir eine mehr oder weniger eindeutige Positionierung gegen rechtsextreme Umtriebe in ihrer Stadt war. Unabh~ingig yon ihrem Parteibuch verwahrten sich einige Stadtmtitter und -v~iter sowohl w~ihrend des Untersuchungszeitraumes als auch in den vorhergehenden Jahren 6ffentlich gegen rechtsextremes Handeln. Einige der befragten st~idtischen VertreterInnen, SozialarbeiterIvmen und Polizisten sahen es als Vorteil an, wenn rechte Gesellungen feste Anlaufpunkte haben. Dabei spielten sowohl Kontrollaspekte wie der Wunsch nach einer Kontinuit~it sozialp~idagogischen Arbeitens mit einer rechten Klientel eine Rolle. So traf sich in einem Untersuchungsort ein Repr~isentant der Stadt einige Male mit einigen Rechtsextremisten, darunter zentrale Figuren der lokalen Szene, die das Jugendalter l~ingst tiberschritten hatten, um tiber deren Forderung zu reden, die Stadt solle ihnen R~iumlichkeiten zur Verffigung stellen: ,, Wir haben versucht, ihnen zu helfen. Wit konnten ihnen nicht helfen. Zumindest (...) mussten die den Eindruck haben, dass wir ihnen helfen wollten, eine dauerhafie Bleibe zu finden. ,,17o
Das Motiv ftir die Gespr~iche bestand in der Einsch~itzung: ,, Wenn ich ngimlich weifl, wo die sich auJ'halten, dann kann man sie doch besser kontrollieren.
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Eine ~ihnliche Auffassung vertraten Polizeibeamte: ,, Wenn wit welche suchen im Zusammenhang mit Strafiaten oder far Zeugenaussagen - fahren wir an die bekannten 6ffentlichen Treffpunke. Dort sind wir dann oft erfolgreich und treffen die betreffenden Personen an. ,,172
17oUmgang mit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 1, Pos. 32. 171Umgang mit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 1, Pos. 32 172Umgang mit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 2, Pos. 88.
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In einem der anderen Untersuchungsorte hingegen fasste der Jugendhilfe-Ausschuss der Stadt den Beschluss, rechten Jugendlichen generell keine R~iume bereitzustellen, was allerdings von den befragten Sozialarbeiterlnnen kritisiert wurde. Die Arbeit mit rechtsorientierten und rechtsextremen Jugendlichen sei dadurch immens erschwert. Das Fehlen fester Treffpunkte vemnm~gliche es, kontinuierliche formelle und informelle Kontakte zu rechten/rechtsextremen Cliquen oder Einzelpersonen aufzubauen. ~73 Die Handlungskonzepte von lokaler Jugendhilfe und der polizeilichen oder st~idtischen Repr~isentantlrmen in Bezug auf Treffpunkte rechter oder rechtsextremer Gmppierungen waren also oftmals gegens~itzlich. Abh~ingig von den eigenen sozialp~idagogischen oder repressiven Interventionsvorstellungen und-erfahrungen variierte der Umgang mit dem Raumbedarf einer rechten/rechtsextremen Szene zwischen Ausgrenzung und Einbindung. Etliche sahen in der offenen Kommunikation auch mit extrem rechten Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Chance, Lebensentwttrfe beeinflussen oder ver~indem zu k6nnen, einige hingegen aul3erten sich kritisch bis ablehnend zu den M6glichkeiten sozialp~idagogischer Arbeit mit einer rechtsextremen Klientel. Mehrere Interviewte beriefen sich dabei auf ,,Fahrl~issigkeiten" und negative Auswirkungen der ,,akzeptierenden Jugendarbeit" mit Rechtsextremen im Rahmen der ,,Aktionsprogramme gegen Aggression und Gewalt" (AGAG) in den 1990er Jahren - deren Bewertung hochgradig aufgeladen ist 174 - und stellen die M6glichkeiten sozialp~idagogischer Arbeit mit einer extrem rechten Klientel grunds~itzlich in Frage. Andere wiederum differenzierten zwischen rechtsorientierten Jugendlichen und organisierten Rechtsextremen, wiesen aber auf die Gefahren hin, die ,,eigene" R~iume ~ r eine Rekrutie~_ng von Jugendlichen ~ r rechtsextreme Strukturen oder die Verfestigung von Weltbildern btiten. Man mtisse beim Dialog mit Rechten genau hinsehen. Es k~ime darauf an, wie verfestigt die Strukturen seinen und ob Hauptfiguren der rechten/rechtsextremen Szene dabei seien. Einige Polizeibeamte bewerteten die st~idtische Auseinandersetzung mit den lokalen rechtsextremen Strukturen als unzureichend. ,,Es ist alles versucht worden. (...) Wenn
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Wahrheiten angesprochen worden sind, zum Beispiel 'es gibt ein rechtes Problem in XX', wurde gemauert. ''~75 Inzwischen [2003] seien, in seinem Referat, die Zeiten der netten Schw~itzchen mit dem Kontaktbereichsbeamten vorbei, so ein Polizist. Auch die Gespr~iche
,,ich bin ja auch gegen Ausl~inder, aber..." und Mitarbeiter, die ,,Kumpane der Rechten" seien und ,,mit denen einen draufmachen" gebe es nicht mehr. 176 Ein anderer erz~ihlte davon, dass es ein Jahr polizeilicher Information bedur~e, dem Btirgermeister einer hier nicht untersuchten Kleinstadt verst~indlich zu machen, dass sich in den vonder Stadt unkontrolliert zur Verf~gung gestellten R~iumen und nicht ,,desorientierte" sondem rechte/rechtsextreme Jugendliche treffen wiJrden. 177
173Vgl. Umgangmit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 3, Pos. 62, 271. 174Vgl. die Beitr~igein Simon, Titus (Hg): Spurensuche. Fachliche und politische Konsequenzen far die Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen- abgeleitet aus der ZUlqickliegendenPraxis in Sachsen-Anhalt, Magdeburg 2005; K0ttig, Michaela: Lebensgeschichten rechtsextrem orientierter Mfidchen und junger Frauen, Giel3en 2004, S. 3743; Borrmann: SozialeArbeit .... Wiesbaden2005. ~75Umgang mit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 2, Pos. 131; vgl. Umgang mit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 3, Pos. 32, 33. 176Umgang mit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 2, Pos. 106. 177Vgl. Umgangmit rechter/rechtsextremerKlientel, Int. 3, Pos. 32, 33.
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Rechte/Rechtsextreme Gesellungen stellten sich w~ihrend des Untersuchungszeitraumes in den Untersuchungsorten, abgesehen von tempor~iren Ortsbesetzungen in Form von Aufm~irschen und Kundgebungen, weniger als vermutet im 6ffentlichen Stral3enland dar. Organisierte rechte/rechtsextreme Akteure nutzten zwar bestimrnte tiffentliche Orte als feste Ausgangspunkte und Sammelstellen ftir weitere Aktivit~iten, z.B. um von dort gemeinsam zu Veranstaltungen zu fahren. ,,Das sind dann Ausgangspunkte zu diesen einzelnen Veranstaltungen. Jt'hm, ja wo also, ~ihm, diese Leute dann sich treffen, also ...,,178 Von einer dauerhaften Besetzung konnte keine Rede sein. Fi~r Magdeburg-Olvenstedt, Halle-Neustadt, Gardelegen und Guben lautete der Tenor der Befragten, bezogen auf Ansammlungen rechter/rechtsextremer Gesellungen an 6ffentlichen Orten, dass diese nur in geringem Maf3e feststellbar seien. Dies konnte durch Feldbeobachtungen best~itigt werden.
4.1
Gardelegen
In den ,,letzten zwei, drei Jahren [2001/2002]" ist in Gardelegen ,,die rechte Szene in ziem-
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lich geballter Kraft (...) in der in der Offentlichkeit kaum oder nicht mehr wahrnehmbar ''179, es hat ,,sich erheblich gesenkt mit den Rechten im Stadtbild''is~ und ,,es gibt hier also keine ~ih grOfleren Ansammlungen der rechten Szene mehr. ''~8~ Zudem schlossen ver-
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schiedenen Lokale, die von der rechten Szene als Treffpunkte auserkoren waren. Die Zeiten der l~erf~ille auf ,,bunte" Jugendgruppen oder ihre Treffpunkte durch gr6Bere Zusammenrottungen rechter/rechtsextremer Akteure sind vorbei. Stattdessen werden Einzelpersonen angegriffen oder angep6belt, ,,aber nicht mehr in dieser Qualit~it vielleicht. (...) Die ver-
kommen auch langsam diese Rechten, also die haben nicht mehr diese Struktur, die sie fraher hatten. ''~82 Zwar trafen sich in den Sommern 2002 bis 2004 nach wie vor rech-
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te/rechtsextreme Jugendliche an 6ffentlichen Pl~itzen, jedoch war ihre Anzahl verglichen mit den vorangehenden Jahren geringer und ihr Auftreten weniger aggressiv. S ie dominierten ab 2002, 2003 nicht mehr das Bild des zentralen innerst~idtischen Platzes. Stattdessen zeigen sich bis Herbst 2004 zunehmend mehr SkaterInnen, Hip-HopperInnen und einige Punks in der Innenstadt. Ob diese sich allerdings mehrheitlich nicht-rechten Szenen zurechnen, blieb ungekl~irt. Denn, so ein Interviewpartner: ,,Manche sind rechts, und kleiden
sich nicht mehr rechts. Manche waren rechts, kleiden sich nicht mehr rechts und sindjetzt alternativ unterwegs. ''~83
178U-Orte allg., Int. 3, Pos. 8. 179Gard. heute, Int. 1, Pos. 21. z8oGard. heute, Int. 2, Pos. 294. ~8~Gard. heute, Int. 1, Pos. 21. ~82Gard. heute, Int. 3, Pos. 309. ~83Gard. heute, Int. 4, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos. Das Abweichen vom klassischen Skinhead-Outfit innerhalb der rechten/rechtsextremen Szene ist ein seit geraumer Zeit zu beobachtender Trend. Vgl. Weiss, Michael: Abschied aus der Subkultur. lSlber Style und Mode der ,,nationalen Jugend", in: Argumente. Netzwerk antirassistischer Bildung e.V. (Hg.): Spezialitaten aus Mittelfranken .... S. 60-61, Berlin/Fiarth 2003; N.N.: Der Nazis neue Kleider, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 55, Frt~hjahr 2002, S. 14-16; Farin, Klaus: Neue Studie: Rechte Szene auch im Osten out, in: ForschungsjournalNeue Soziale Bewegungen, Heft 1 (2006), S. 101-107.
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Einzig w~arend besonderer Anl~isse wie dem j~ihrlich stattfindenden ,,Hansefest", dem Rummel oder der Jugendweihe verursach(t)en Ansammlungen rechter/rechtsextremer Personen Bedrohungs~ingste. ,,Aber meistens wenn so Hansefest oder Markt waren oder so was. Oder Jugendweihe. Vor allem bei der Jugendweihe, da war es immer sehr extrem, well die dann auch alle besoffen waren. Und da hat man sehon mal gedacht, wenn man da zu lange hin geguckt hat, dass, wenn man da jetzt ankommt, die voll breit, einem eine rinhaut. ,,184
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Das ,,Hansefest" erstreckt sich tiber die gesamte Innenstadt, die Rummelveranstalmng hingegen spielt sich auf einem kleineren, tibersichtlichen Platz etwas aul3erhalb der Innenstadt ab. Die gr6Bere Oberschaubarkeit des Jahrmarktes l~isst die Anwesenheit rechter/rechtsextremer Akteure deutlicher werden, als es beim ,,Hansefest" der Fall ist. W~ihrend der Festivit~iten kam nach Auskunft nahezu aller Beffagten bisweilen die regionale Rechte zusammen, betrank sich und attackierte (verbal und/oder k6rperlich) vermeintliche Linke, aber auch andere Festbesucherlnnen. ~85 A u s ~ h r l i c h dokumentiert ist ein l ~ e r f a l l aus dem Jahr 1998. Teilnehmende an einem internationalen Workcamp, die einen dreiwtichigen freiwilligen Arbeitseinsatz an der Gardelegener Gedenkst~itte Isenschnibbe absolvierten, waren auf dem ,,Hansefest" Angriffen von Rechten/Rechtsextremen ausgesetzt.
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13. April 1945: Massaker in der Isenschnibber Feldscheune Anfang April 1945 wurden die H~iftlinge aus mehreren Teillagern des Konzentrationslagerkomplexes Mittelbau-Dora im Stidharz, aus dem Hamburger AuBenlager Neuengamme, aus Hannover-St0cken und der Gefangenen der SS-Baubrigaden III und IV wegen des stetigen Vormarsches alliierter Verb~inde auf ,,Evakuierungstransporte", genauer gesagt auf Todesm~irsche in Richtung Norden mit dem Ziel Bergen-Belsen gezwungen. Das schnelle Vorriacken britischer und USamerikanischer Einheiten nach Mitteldeutschland machte jedoch eine Umleitung der Hfiftlingstransporte n6tig, so dass sich im Kreis Gardelegen zwischen Anfang und Mitte April circa 4.000 bis 5.000 Hfiftlinge befanden. Nachdem am 11./12. April Magdeburg von US-amerikanischen Truppen eingeschlossen war und TangermOnde besetzt wurde, erging eine Anweisung des NSDAP-Kreisleiters Gerhard Thiele, class alle KZ-Hfiftlinge, die sich im Kreis Gardelegen aufhielten, zu konzentrieren und zu t6ten seien. Sammelpunkt der H~iftlingskolonnen war die Remonte-Schule, eine Kavallerieschule der Wehrmacht, in Gardelegen. Am Nachmittag des 13. April mussten die rund 1.I00 Hfiftlingen in Gruppen, bewacht von Luftwaffensoldaten, Fallschirmjfigern, SS-Mfinnern, Soldaten der Arbeitsfront und Hfiftlingen in Wehrmachtsuniformen zur auBerhalb Gardelegens gelegenen Isenschnibber Feldscheune marschieren und sich unter Maschinengewehrfeuer in die Scheune begeben. Diese wurde von den Wachposten mit Handgranaten, Signalraketen und Panzerf'~iusten beschossen und in Brand gesetzt. Fliehende wurden erschossen oder mit Hunden gejagt. Die Einheiten beendeten erst kurz bevor die 102n~ Infantry Division der US-Armee am 14. April Gardelegen erreichten das Morden. Friahabends erfolgte die kampflose Obergabe Gardelegens. Am darauf folgenden Tag entdeckten die Truppen in und an der Isenschnibber Feldscheune die teilweise halbverbrannte Leichen und Spuren von angelegten Massengr~ibern. Die Bewohnerlnnen Gardelegens und der umliegenden Gemeinden mussten
184Gard. heute, Int. 2, Pos. 79. 185Vgl. Gard. heute, Int. 5, Pos. 39; Gard. heute, Int. 3, Pos. 16, 90, 126, 136, 349; Gard. heute, Int. 6, Pos. 19, 30, 52-53; Gard. heute, Int. 7, Pos. 127, 131; Gard. heute, Int. 2, Pos. 132; Gard. heute, Int. 8, Pos. 43, 187; Gard. heute, Int. 9, Pos. 38.
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daraufhin zur Feldscheune kommen und sich die Folgen des Massakers ansehen. Die Anlage eines Ehrenfriedhofes sowie die Exhumierung der Ermordeten und deren Bestattung wurden den arbeitsfahigen Gardelegenern, die einer nationalsozialistischen Organisation angeh0rten, auferlegt. Diese ,,Zwangs"beerdigung wurde 1945 von einigen BewohnerInnen als das ,,schlimmste" Kriegsereignis in Gardelegen empfunden. Auf dem Ehrenfriedhof sind t~ber 1.000 Opfer begraben. Das Massaker ist bislang nicht gerichtlich aufgearbeitet. 186
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Nachdem in einer Gartenkneipe auf der Damentoilette rechte/rechtsextreme M~dchen drei junge Frauen aus der Gruppe angep6belt hatten, geriet ein in Hannover lebender Teilnehmer des Camps ebenfalls ins Visier. Als er deswegen das Fest verlassen wollte, wurde er zusammen mit einer aus Italien stammenden Betreuerin vor der Gaststgtte von Rechten/Rechtsextremen umringt und mit: ,,So etwas wie Euch sollte man wieder ins KZ stecken!" oder ,,Itaker-Braut" beschimpft. Als die Situation zu eskalieren drohte, lief der Hannoveraner weg. Die 15-k6pfige Gruppe verfolgte ihn und schlug in so zusammen, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Unterdessen wurden andere TeilnehmerInnen des Camps unter Polizeischutz aus dem Lokal begleitet. Spgter versammelten sich rechte/rechtsextreme Personen vor dem Spital, was zur vorfibergehenden Schliegung des Haupteingangs der Klinik ~hrte. Drei vom Opfer der K6rperverletzung identifizierte Triter wurden vorl~ufig festgenommen und nach Rt~cksprache mit der zustgndigen Staatsanwaltschaft aus dem Gewahrsam entlassen. Der betroffenen Jugendgruppe hingegen legte man nahe, nicht an weiteren Veranstaltungen des Hansefestes teilzunehmen. ,,Die Polizei hat uns (...) abgeraten, noch einmal in der Innenstadt an einer Veranstaltung teilzunehmen. ''~87 Die damalige Bt~rgermeisterin nahm 6ffentlich Stellung: ,,Ich kann das nicht verstehen und nicht entschuldigen." Sie forderte eine 6ffentliche Abbitte von den Tgtem und ~uBerte ihr Unverstfindnis daraber, dass diese unverzaglich wieder auf freien Fug gesetzt worden waren. 188 ,,Eine solche Tat wirff leider auch ein schlechtes Bild auf die gesamte Stadt Gardelegen", stellte sie lest. 189 Wenig beeindruckt von dieser Schelte entlud sich auch in den Folgejahren auf Stadtfesten das Aggressionspotenzial rechter/rechtsextremer Personen unter Alkoholeinfluss bin und wieder in Schl~gereien:
186Vgl. Becker, Herbert, Stadtmuseum Gardelegen: Die altmarkische Kleinstadt Gardelegen zu Kriegsende 1945, Schreiben an die Autorin vom 29.09.2004, S. 3; Gring, Diana: Die Todesmarsche und das Massaker von Gardelegen, Gardelegen 1993, insb. S. 7-26; dies: Das Massaker von Gardelegen, in: Dachauer Hefie, Heft 20, Dachau 2004, S. 112-126, dies./Bolbrinker, Claus-Ivar: Das Massaker von Gardelegen, Video, Berlin 2002; Neander, Joachim: Gardelegen 1945, Magdeburg 1998, insb. S. 12-35, 40-45; Stadtmuseum Gardelegen (Hg.): Tage im April. Ein Lesebuch mit Augenzeugen- und Erlebnisberichten t~ber die Todesmarsche und das Massaker in der Isenschnibber Feldscheune 1945, Gardelegen 1995; Veigel, Kathrin: Das Massaker von Gardelegen am 13./14. April 1945, in: Miteinander e.V.- Netzwerk far Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt/Zentrum flir Antisemitismusforschung der TU-Berlin (Hg.): Verfolgung, Terror und Widerstand in Sachsen-Anhalt 1933-1945, Berlin 2001, S. 77-83; Jacobs, Reinhard: Terror unterm Hakenkreuz- Orte des Erinnerns in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Arbeitsheft Nr. 20 der Otto Brenner Stiftung, Berlin 2001, S. 25-27. 187Zitiert nach N.N.: ,,Ihr geh~rt alle in ein Konzentrationslager", in: Volksstimme 17.08.1998. Zum Vorfall: Vgl. N.N.: ,,Euch sollte man ins KZ stecken", in: Altmarkwoche 26.08.1998; N.N.: Tater kamen nach der Gegentiberstellung wieder frei, in: Volksstimme 18.08.1998; N.N.: Schlager aus dem Raum Gardelegen, in: Altmarkzeitung 18.08.1998; Leserbrief: Es strauben sich die Haare, wenn man liest, was beim Hansefest passiert ist, in: Gardelegener Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 18.08.1998. 188Zitiert nach N.N.: ,,Tater sollen sich entschuldigen", in: Volksstimme 17.08.1998. 189Zitiert nach N.N.: ,,Muss man erst einen umbringen?", in: Altmarkzeitung 21.08.1998.
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,,Na, allj~ihrlich nicht, aber zu sp~iteren Abendstunden, sagen wit mal so, ab um acht, oder um neune, wenn die in Gange sind, leicht besoffen, dann gibt es dann auch 6tiers mal ein paar P6beleien, ein bisschen Rumgeschubse. Untereinander auch. Und dass dann Jugendliche auch angemacht werden. ,a9o
4.2 Halle-Neustadt
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Die A n w e s e n h e i t rechter/rechtsextremer G e s e l l u n g e n auf dem R u m m e l und bei Stadtfesten l~isst viele andere B e s u c h e r I n n e n r~iumlichen Abstand zu diesen G r u p p e n halten, die zun e h m e n d e Polizeipr~isenz a u f den Festen hat d a r a u f - obwohl sie sich positiv auf das Sicherheitsgefiihl vieler a u s w i r k t - wenig Einfluss. Die Veranstaltungen w e r d e n unter Einhaltung defensiver Verhaltensregeln besucht. ,,Wir gehen da hin", sagt ein j u g e n d l i c h e r Interviewpartner. ,,Wit wissen meistens wo die stehen, halten Abstand zu denen, man legt sich nicht unnOtig mit denen an. ''191 Das Ph~nomen gewaltfOrmiger H a n d l u n g e n rechter/rechtsextremer G e s e l l u n g e n a u f st~idtischen Festen oder Jahrm~irkten ist in vielen Kleinst~idten oder GroBstadtvierteln zu beobachten. 192 In Polizei- und Presseberichten, Mitteilungen von Opferberatungen oder in lokalen Studien sind i m m e r wieder Hinweise a u f Angriffe und P6beleien von rechten/rechtsextremen P e r s o n e n gegen andere auf diesen Festen zu lesen. ~93
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In Halle-Neustadt, bis ,,vor einigen Jahren sehr verrufen als Treffpunkt rechtsorientierter, beziehungsweise rechtsextremistischer Jugendlicher ''~94, findet sich ,,wohl kaum irgend so ein PlatT, ''195, der als rechts besetzt bezeichnet werden kann oder ,,bestimmte Clubs, Einrichtungen (...) etc., an denen sich Rechte treffen. ''196 Allerdings wurden an einem kleinen See in Halle-Neustadt tiber einige Jahre h i n w e g von Rechtsextremisten S o n n e n w e n d e n oder auch G e d e n k t a g e mit N S - B e z u g feierlich begangen:
19oGard. heute, Int. 2, Pos. 286. 191Gard. heute, Int. 2, Pos. 290. 192Vgl. Guben Feste, Int. 1, Pos. 58; Halle Feste, Int. 1, Pos. 23. 193 Vgl. Behn, Sabine/Hilgers, SilkeAVigrim, Katja: Auseinandersetzungen zwischen erwachsenen und jugendlichen Lebenswelten im Alltag kleinerer Gemeinden in Brandenburg. Ergebnisse aus einem Praxisforschungsprojekt, hg. von Camino- Werkstatt fiar Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich GmbH, Berlin 2005, S. 58; Polizeidirektion Stendal: Pressemitteilung Nr. 057/05, 29. Mfirz 2005: ,,Gefahrliche KOrperverletzung": In MOser riefen mehrere M~inner, die dem Augenschein nach der rechten Szene zugeordnet werden kOnnen, auf dem Osterfeuer ,,Zecken verpisst euch". Eine Person aus dieser Gruppe schlug danach einen 19jfihrigen zusammen; Polizeidirektion Stendal: Pressemitteilung Nr. 197/04, 01. November 2004: ,,KOperverletzung und Sachbesch~idigung":Auf dem KlOtzer Martinimarkt beschimpften zehn Rechte einen Schausteller, bevor eine Person aus der Gruppen handgreiflich gegen ihn vorging; Opferperspektive e.V.: Dorffeste in der Uckermark -,,No-Go Areas" fflr Andersdenkende?, Pressemitteilung 26.11.2004: In Flieth-Stegelitz bei Templin wurden 2003 und 2004 Punks und andere nicht-rechte Jugendliche beim Dorffest von alkoholisierten Rechtsextremen zum Teil unter ,,Heil-Hitler"-Rufen angegriffen und vertrieben. 194Halle heute, Int. 1, Pos. 4. ~95Halle heute, Int. 2, Pos. 22. 196Halle heute, Int. 1, Pos. 4.
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,, Was relativ sicher ist, ist, es gibt eben direkt in Neustadt drin so einen kleineren See, dh, wo regelmdflig irgendwelche, ja Sonnwendfeiern oder irgendwelche Hitlergeburtstagsfeiern oder so was von, von Nazis stattfinden. ,,197 D i e s e r Ort sei j e d o c h einer, an d e m in der R e g e l k e i n e A n s a m m l u n g e n r e c h t e r P e r s o n e n a n g e t r o f f e n w e r d e n u_nd der auch von a n d e r e n P e r s o n e n w e g e n seiner a b s e i t i g e n L a g e wenig a u f g e s u c h t w e r d e n w a r d e . 198 Viele M e e t i n g s an 6ffentlich zug~inglichen Orten verlaufen u n g e r e g e l t u n d informell:
,,Da gibt es den einen oder anderen, also zwei Parks, (...) wo sic [die Rechten] sich mal dh ab und zu treffen. Wobei wir nicht feststellen konnten, dass es also Treffen sind, die geplant sind, das heiflt also immer am gleichen Tag zur gleichen Zeit. Sondern mehr oder weniger spontan.
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Es wiirden sich dort mal zwei oder drei, m a n c h m a l auch bis zu zehn P e r s o n e n aus der recht e n / r e c h t s e x t r e m e n Szene treffen. Im V e r g l e i c h zu den 1990er Jahren sind heute in H a l l e - N e u s t a d t m e h r Punks, SkaterInnen, H i p - H o p p e r I n n e n oder M e n s c h e n n i c h t - d e u t s c h e r Staatsbtirgerschaft a n z u t r e f f e n als
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zuvor. Selten w a r d e heute in N e u s t a d t ,gemand so rumlaufen, wie 95, also 90, 95, 96. Ich
hOre auch keine Skinheadmusik mehr jetzt hier im Umkreis, auch nicht wenn ich jetzt wo anders mal bin. Also das hat sich dann irgendwie doch reduziert. ''2~176 Bei einem von S t r e e t w o r k e r I n n e n und J u g e n d s o z i a l a r b e i t e r I n n e n o r g a n i s i e r t e n J u g e n d f e s t w a r e n in dem
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fr~her als ,,klar rechts dominiert" b e z e i c h n e t e n G e b i e t ,,bis a u f die wenigen Rechten, die
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~97 Halle heute, Int 2, Pos. 22. Im Gebiet von Halle-Neustadt, N0rdliche Neustadt, liegt der Bruchsee, der mit einigem Wohlwollen als ,,mitten in Halle-Neustadt" bezeichnet werden kann. In den sachsen-anhaltinischen Verfassungsschutzberichten ist allerdings von einem Steinbruchsee in Halle-Neustadt die Rede. Dieser liegt im letzten Zipfel der N6rdlichen Neustadt, danach geht das Stadtgel~inde in Ackerland tiber. Mitte Mai 2000 habe die Hallenser Kameradschafi Weifl & Stolz eine Party am Halleschen Steinbruchsee mit 60 TeilnehmerInnen veranstaltet. Am 24. Juni 2000 fanden sich rund 70 Rechte/Rechtsextremisten aus Halle, dem Landkreis Mansfelder Land, dem Saalkreis und dem Landkreis Merseburg/Querfurt zu einer Sonnenwendfeier in Form einer Grillparty am Steinbruchsee in Halle ein. Am selben See in Halle-Neustadt wurde am 18. Dezember 1999 eine Wintersonnenwendfeier mit Lagerfeuer durchgefiihrt. Vgl. N.N.: Sonnenwende 3800 bei der WOH [Weifle Offensive Halle], in: NB-Halle, Nr. 06/2000, S. 2 (zur Datierung siehe Fuf~note 249); VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2000, Magdeburg 2001, S. 34, 42; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1999, Magdeburg 2000, S. 45. Am 5. August 2000 fand ein RechtsRock-Konzert am Steinbruchsee in Halle mit circa 150 TeilnehmerInnen statt. Die Band ,,Deutschtum" trat auf. Vgl. Landesregierung Sachsen-Anhalt und Ministerium des Innern: Skinheadkonzerte in Sachsen-Anhalt. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schrifilichen Beantwortung (Drucksache 3/4119), 26.02.2001. Ein weiterer See, der Heidesee, ist am ~iuf~ersten Bereich der Westlichen Neustadt zu finden. Zwischenfalle am Heidesee sind dokumentiert in: Studentenrat der Uni Halle: Chronik rechtsmotivierter Angriffe in Halle 19982000, unter http://www.stura.uni-halle.de/referate/agantifa/html-seiten/chronik.html, ges. 17.10.2002. Hier ist zu lesen, dass am 17. Juli 1999 zwischen ein und drei Uhr friih eine gr/~f~ere Gruppe (circa 30) Neonazis, die mit Baseballschl~igern bewaffnet und gr013tenteils schwarz uniformiert waren, andere Jugendliche am Heidesee angriffen und sie verletzten. Es sei nicht der erste gr~f~ere Zwischenfall am Heidesee gewesen, so seien bereits in den Vorjahren immer wieder Neonazis in Gruppenst~irken zwischen 20 bis 40 Personen durch Oberflille und Feiern aufgefallen. Fiir den 22. April 2000 heif~t es: ,,Am Heidesee findet eine Nazifeier statt. Nach unbest~itigten Infos sollen dort circa hundert Nazis aufgelaufen sein. Auch die Polizei hat st~irkere Einsatzkr~ifie vor Ort und beobachtet die Nazis." 19sVgl. Halle heute, Int. 1, Pos. 6. 199Halle heute, Int. 3, Pos. 25. 2ooHalle heute, Int. 4, Pos. 41.
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dort auch mal kurz versucht haben, Stress zu machen, (...) ausschliefllich Punks, Skater und Hip Hopper" anwesend und feierten dort eine ,friedliche und entspannte Party (...).,,2Ol Obwohl sich die Bedrohungslage entscharft hat, werden nach wie vor in Halle-Neustadt Gewalttaten von Rechten/Rechtsextremen begangen. An einer am Bezirksrand gelegenen StraBenbahnhaltestelle schlugen zwei einschl~igig bei der Polizei bekannte Personen im Mai 2001 einen 36j~ihrigen und einen 39j~ihrigen Mann bewusstlos und verletzen ihre Opfer durch mehrere Tritte gegen K o p f u n d Gesicht schwer. 2~ Die Neust/adter rechte/rechtsextreme Szene widmet sich auch weniger gewaltfOrmigen Aktivit/aten. So nahmen Ostern 2002 neben Mannschaften aus Delitzsch, DOlnitzMerseburg und Wernigerode, Szeneangeh6rige aus Halle-Innenstadt, Halle-Neustadt und Halle-Silberh6he an einem 20 Kilometer langen Gel~indemarsch ,,mit Gep~ick" im Harz teil. Die Hallenser reisten nach Eigenangaben mit rund zwei Dutzend Personen an. 2~
4.3 Magdeburg-Olvenstedt
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In Magdeburg-Olvenstedt gab es im ,,Offentlichen Raum eigentlich keinen konkreten Treffpunk:', von dem gesagt werden kann, ,genau da werden Sie Leute der rechten Szene treffen. ''2~ Jugendliche mit rechter Gesinnung ,,sind nicht mehr so in der Offentlichkeit pra'sent, wie man das vor sechs Jahren [1997] gewohnt war. ''2~ Ansammlungen rechter/rechtsextremer Gesellungen an 6ffentlichen Orten sind selten geworden, da sich ,,die Jugendlichen mit rechten Perspektiven ins Umfeld begeben (haben). Das heij3t auflerhalb yon Magdeburg, Randgebiete yon Olvenstedt. So raus aus der Stadt direkt ''2~ gibt ein Sozialarbeiter an. Eine Jugendliche best~itigt diese Angabe und befindet, dass sich die sichtbare Pr~isenz der rechten/rechtsextremen Szene aus Magdeburg herausverlagert habe. Das habe ,,~ich alles umgelagert auf die DOrfer und die Kleinstdidte. ''2~ 13ber die Jahre hinweg hat sich das StraBenbild im Stadtteil ver~indert und ,,nach Olvenstedt und anderen
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fr~iher als rechts verschrienen Viertel sind in den letzten Jahren auch Linke gezogen. ''2~ Heute haben auch SkaterInnen und Punks ihre Treffpunkte in Olvenstedt. Dies sei jetzt m6glich, ,,wdihrend das zu dem Zeitpunkt 96/97 eher schwer vorstellbar war. Also das, das
2o~Halle heute, Int. 5, Pos. 129. 202 Vgl. Selkens, Winnie/Wilde, Michael: Rechtsextremistische Straftaten- ein Schattenbericht. Eine Studie far die AG Innen- und Rechtspolitik der PDS-Bundestagsfraktion zu den Widersprtichen und Mfingeln offizieller Statistiken fiber rechte Straf- und Gewalttaten, unter http://http://www.linkeseite.de/Texte/pdf/schattenbericht.pdf, S. 47f, ges. 22.07.2002. 2o3N.N.: NB-Ostermarsch-Wanderpokal/Gepfickmarschtiber 20 km im Harz, in: NB-Halle, Nr. 04/2002, S. 6-7. Das Zeltlager der Wandersleute wurde vonder Polizei gefunden, ihre Personalien festgestellt und Platzverweise gegen sie ausgesprochen. 2o4Magdeburg (MD) heute, Int. 1, Pos. 14. 2o5MD heute, Int. 1, Pos. 31. 206MD heute, Int. 2, Pos. 7-8. 207Zitiert nach Albrecht, Peter-Georg: ,,Eben das Gef~hl, es sind tiberall nur Hauserfronten". Interview mit einer Magdeburger Schulklasse, unv. Zusammenstellungvon Interviewpassagen,Magdeburg 2005, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. 2o8MD heute, Int. 3, Mitschrift Telefon-Interviewohne Position; vgl. Albrecht, Peter-Georg: ,,Man muss sich doch bloB mal .... Magdeburg 2005, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth.
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gab es da nicht. ''2~ FOr den Zeitraum der Untersuchung kann in Bezug auf 6ffentlich auftretende Rechte gesagt werden, dass ,,es immer weniger Leute werden, wo man wirklich sagt, denen gehe ich wirklich aus dem Weg. ''21~ ZusarnmenkiJnfte an 6ffentlichen Orten haben mehr einen freizeitgestalterischen Charakter, als dass sie dem Willen nach gezielten Raumaneignungen geschuldet sind: ,,Man (trifft) sich also auch spontan an KauJhallen (...) und (trinkt) dann auch mal zusammen ein Bier (...), ohne dass man sagen kann, dass das geplant ist. ''211
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Eine von Anwohnerlnnen und rechten/rechtsextremen G~isten besuchte Kneipe in NeuOlvenstedt, deren Wirt der organisierten rechtsextremen Szene zugerechnet wurde und der zuvor eine ausschlieBlich v o n d e r Szene besuchtes Lokal in der Innenstadt betrieb, 2~2 schloss im Laufe der Untersuchung wegen mangelnden Umsatzes. Danach wurde das Lokal von einem Kroaten neu bewirtschaftet. 2~3 Obwohl ,,die ganz wilden Zeiten in Olvenstedt" vorbei sind, wie ein dort ans~issiger Jugendlicher meinte, TM finden hier einige der im Magdeburger Stadtgebiet zu verzeichnenden rechtsextremen Veranstaltungen statt. So marschierten im November 2001 einige Dutzend Rechtsextremisten ,,in Gedenken an die deutschen Kriegsopfer" zu einem Denkmal im Stadtteil Olvenstedt. Aufgemfen hatten der NPD-Kreisverband und rechtsextreme Kameradschaften aus Magdeburg und Umgebung. 2~5 Im Juni 2003 machten sich rund 300 Personen bei einem Aufzug der rechtsextremen ,,Initiative gegen das Vergessen" nach NeuOlvenstedt auf, um ,,den Opfern des antifaschistischen Staatsterrorismus vom 17. Juni 1953 zu gedenken" und forderten auf, ,,far eine freie, soziale und nationale deutsche ZukunR" zu k~impfen. ''216 Das Interesse der WohnbevOlkerung war gering, vereinzelt wurde an Fenstern und a u f B a l k o n e n das Geschehen von weitem beobachtet. 217
209MD heute, Int. 1, Pos. 109. 21oZitiert nach Albrecht: ,,Eben das GeNhl .... Magdeburg 2005, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. 211MD heute, Int. 4, Pos. 25. 212Vgl. MD heute, Int. 1, Pos. 14; MD heute, Int. 5, Pos. 37-39; MD heute, Int. 4, Pos. 23. 213 Vgl. Albrecht, Peter-Georg: Die Hoch-Zeiten sind vorbei? Rechte Szenenr~iume im Rackbau, in: Hochschule Anhalt (Hg.): Nachwuchswissenschaft Sachsen-Anhalts. Tagungsband, K0then 2004, S. 97-107. 214GBMX, GI1, zitiert nach Albrecht: ,,Man muss sich doch NoB mal .... Magdeburg 2005, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. 2~5Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2001, Magdeburg 2002, S. 52f; N.N.: 100 Nationalisten gedenken der Deutschen Kriegsopfer in Magdeburg, unter http://www.npd-burgenlandkreis.de/echo/1-02/20-02.htm, ges. 30.01.2003. 216 Zitiert nach N.N." Magdeburg - Gedenkmarsch, in: NB-Magdeburg, unter http://www.nb-magdeburg.de/vu, ges. 18.06.2003; N.N.: Spaziergang in Magdeburg, in: NB-Magdeburg, unter http://www.nb-magdeburg.de/vu, ges. 16.06.2003. 217Vgl. Albrecht, Peter-Georg: ,,Keiner kriegt das richtig mit", Teilnehmende Beobachtung der Demonstration am 14.06.03 in Magdeburg Neu-Olvenstedt, unv. Manuskript, Magdeburg 2003. Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth; Albrecht: Die Hoch-Zeiten .... in: Hochschule Anhalt (Hg.): Nachwuchswissenschaft .... KSthen 2004, S. 97-107.
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4.4 Guben
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HieB es lange Jahre, dass im Gubener Stadtteil Obersprucke ,,eigentlich alles Treffpunkt ''2~8 rechter/rechtsextremer Gesellungen sei und gab auch zu Beginn der Untersuchung eine vor Ort arbeitende Mitarbeiterin einer nichtstaatlichen Initiative im Vergleich mit anderen Stadtgebieten an, ,,hier laufen viel, viel mehr rum, in der Sprucke und im WK i~,219, stellte sich erstmalig im Frtilajahr 2004 die Situation anders dar als in den Vorjahren. Nachdem in der Obersprucke 2002 und 2003 nur vereinzelt m~innliche und weibliche Skater, HipHopper und kaum Punks zu sehen waren, tiberraschte im Sommer 2004 die untibersehbare Pr~isenz dieser Jugendgruppen. Noch im Frtihjahr 2003 antworteten lokale JugendExpertlnnen auf die Frage, wie viele Punks es denn in Guben geben wtirde: ,,Einen ''22~ Jugendliche Interviewte gaben an, dass ,,Grufties" und ,,Hopper" durchaus anzutreffen sind, jedoch ,,Punks gibt's in Guben weniger" und ,,die wenigen Punker, die's gibt, kennste alle. ''221 Das StraBenbild in der Obersprucke habe sich bis Ende 2005 ,,vollkommen verdindert", ~iuBerte ein Experte, 222 um einschr~inkend einzur~iumen, dass es nach wie vor rechte/rechtsextreme Gesellungen sowie ein rekrutierbares Umfeld gebe, die Szene jedoch nicht mehr so massiv auffiele. An einem tiber einige Jahre hinweg an warmen Tagen von Rechten dominierten Platz fanden sich im Sp~itsommer 2004 t~iglich zehn bis 20 junge Leute ein, darunter etliche Jugendliche mit dunklerer Hautfarbe. Im Nahbereich des Platzes trafen sich an einem kleinen Sandkasten zwischen ftinf und 15 Punks im Verbund mit unauffiillig bekleideten Jugendlichen zum Lungern und Alkohol trinken, w~ihrend sich in den Jahren 2002 und 2003 keine Jugendlichen dort aufhielten. Auf einer ebenfalls nahe gelegenen, mit Gittern abgegrenzten Sportst~itte droschen sehr kurzhaarige junge M~inner den Ful3ball ins Tor, w~ihrend davon unbeeindruckt andere mit Dreadlock-Frisuren sich an Basketballk6rben im ,,Dunking ''223 tibten. Das Szenario erschien als friedliche, v/511ig kommunikationslose Koexistenz verschiedener Gruppen. Lediglich an einem neu errichteten Kletterfelsen im selben Stadtteil war eine gr6Bere Ansammlung teilweise mit ,,In"-Klamotten der rechten Szene bekleideter junger Leute zu beobachten, die dort in aller Ruhe in K~isten mitgebrachtes Bier leerten. Ihre Anwesenheit fiahrte allerdings zu keLner Beeintr~ichtigung der Free-Climber am Felsen. Die Jugendlichen wurden einfach ignoriert. Einig waren sich Gespr~ichsparmerInnen darin, dass ab circa Frtihsommer 2004 ,,Punks und Skater sich den Stadtteil zurtickerobern. ''224 Dieser Trend setzte sich im Sommer 2005 weiter fort. Aus polizeilicher Sicht hiel3 es ~ r den Untersuchungszeitraum Mitte 2002 bis Ende 2005, es sei, bezogen auf rechtsextreme Vorf'~ille und Auffiilligkeiten,
218Guben heute, Int. 1, Pos. 24; vgl. Guben heute, Int. 1, Pos. 8. 2~9Guben heute, Int. 2, Pos. 38; vgl. Guben heute, Int. 3, Pos. 28, 31; Feldbeobachtungen2002, 2003, 2004. 220Guben heute, Int. 4, Pos. 11-12. 22~Guben heute, Int. 5, Pos. 195, 198. 222Guben heute, Int. 6, Mitschrift Telefon-Interview,ohne Pos. 223Basketballkorbwurf, bei dem die H~nde des Werfers oberhalb des Korbrings sind und der Ball von ,,oben" in den Korb hineingelegt wird. 224Guben heute, Int. 7, ohne Pos.; vgl. Guben heute, Int. 6, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos.; Guben heute, Int. 8, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos.
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,,Sauregurkenzeit". ~25 Die Zahl der rechts(extrem) motivierten Gewaltt~itigkeiten zeige sich rtickl~iufig. Der Verein ,,Opferperspektive" dokumentierte im Jahr 2003 einen Fall rechts(extrem) motivierter Gewalt, ftir die Jahre 2004 und 2005 keinen einzigen. 226 Erst ffir die Silvestemacht 2005/2006 ist in ihrer Chronologie zu lesen, dass ein junger Mann in der Obersprucke von einer Gruppe ,,offensichtlicher Neonazis ''227 zusammengeschlagen und anschlieBend mit einer Schreckschusspistole angeschossen wurde. Auf dem Gubener Stadtfest im Sommer 2006 tiberfielen kurz nach Mitternacht etwa 50 Rechte/Rechtsextreme eine Gruppe von 20 linksalternativen Jugendlichen in der Innenstadt. Nach Angaben der ,,Anlaufstelle far Opfer rechtsextremer Gewalt Guben" gingen die T~iter koordiniert und gezielt gegen die Opfer vor, traten auf diese ein und jagten sie durch die Stadt. 228
Zusammenfassung
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F ~ drei der vier Untersuchungsorte kann die Dominanz oder auch die Pr~isenz rechter Gesellungen an 6ffentlichen Treffpunkten bis Mitte 2005 als weitgehend instabil bezeichnet werden. In zwei Untersuchungsr~iumen waren w~ihrend der Feldphase zwischen 2002 und 2004 verstetigte Treffpunkte an t~ffentlichen Orten zu beobachten, deren Amzahl allerdings bis Sommer 2004 zurtickging. Treffpunkte wurden verlegt, ihr Bestand war oft von kurzer Dauer. Zwar gab es und gibt es immer wieder t~ffentliche Orte, an denen rechte oder rechtsextreme Cliquen dominieren, doch sind die Treffpunkte eher fltichtig oder in Aufl6sung begriffen und dienten losen rechten Gruppierungen mit Come-and-Go Struktur nur ftir ktirzere Zeitraume als Aufenthaltsorte. Dies betraf auch Orte, die von verschiedenen Gespr~ichsparmerInnen als rechts- oder rechtsextrem dominiert bezeichnet und von manchen deswegen gemieden wurden. Auch die als ,,rechte" Treffpunkte defmierten Lokale h a b e n was diejenigen betrifft, die von den Befragten als solche benannt wurden - bis auf eine Ausnahme vor oder w~ihrend der Untersuchung ihren Betrieb eingestellt oder k0nnen nicht mehr als eindeutig rechtsdominiert bezeichnet werden. Dies heigt nicht, dass sich in den jeweiligen Untersuchungsorten keine von Rechten/Rechtsextremen aufgesuchten Kneipen oder Pl~itze mehr befmden. Ftir alle vier St~idte benannten die Befragten Lokale oder andere Orte, die mal mehr, mal weniger intensiv von rechten/rechtsextremen Personen(gruppen) besucht werden. In den beiden GroBst~idten lagen benannte Lokalit~iten oft im ,,falschen" Stadtteil, so dass im Rahmen des Untersuchungsdesigns- es sollten jene Wohnviertel oder Kleinst~idte untersucht werden, die in der Vergangenheit als ,,national befreite Zone" bezeichnet w u r d e n - eine Ausweitung der Untersuchungsfelder die Kapazit~iten des Projekts gesprengt h~itten. Manche Wirtsh~iuser (GroBstadtviertel) wurden erst gegen Ende der Un225 Guben heute, Int. 9, Mitschrifl Telefon-Interview, ohne Pos.; vgl. Guben heute, Int. 6, Mitschrift TelefonInterview, ohne Pos.; Guben heute, Int. 10, Gespr~ichsnotizen,ohne Pos. 226 Vgl. Opferperspektive e.V.: Chronologie rechtsextremer Angriffe in Brandenburg 2003, 2004, 2005, unter http://www.opferperspektive.de, ges. 20.12.2005. 227 Opferperspektive e.V.: Chronologie rechter Gewalt in Brandenburg 2006, unter http://www.•pferperspektive.de/start/in•ine-p•ugc•ntent/chr•n•••gy/•ist?carg=2••6&page=5• ges. 07.07.2006. 228Vgl. Anlaufstelle ftir Opfer rechtsextremerGewalt Guben: Guben- Verletzte bei rechtsextrememAngriff auf Stadtfest Guben, Pressemitteilungvom 04.06.2006, unter http://www.inforiot.de/news_print.php?article_id=7958, ges. 07.07.2006; Opferperspektive e.V.: Chronologie rechter Gewalt in Brandenburg 2006, unter http://www.opferperspektive.de/start/inline_plugcontent/chronology/list?carg=2006&page= 1, ges. 07.07.2006.
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tersuchung bekannt und deren Etablierung als Ort der Geselligkeit rechter/rechtsextremer Akteure war eher eine Vermutung bzw. in einem Stadium, in dem ein ,,vielleicht" einem ,,das ist so" vorangestellt wurde. Die Informationen waren so uneindeutig, dass von den aufw~ndigen fiber einen l~ngeren Zeitraum andauernden Feldbeobachtungen abgesehen wurde, da sich zuvor einige ,,heiSe Tipps", im Sinne von ,,dort treffen sich die Rechtsextremisten", nicht best~tigt werden konnten. So entpuppte sich in einem der Untersuchungsorte eine als einschl~giger Treffpunkt angegebene Kneipe als abgewirtschafteter, winziger Raum mit ~ n f Spielautomaten und eingeschr~nkten Offnungszeiten, in dem sich bei den stattgefundenen Besuchen, eine Handvoll pupert~.tsgebeutelter junger Manner auflaielt. Viel mehr Personen h~tten in den Raum nicht hineingepasst.
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Typen rechtsdominierter Orte
Trotz der beschriebenen Uneindeutigkeiten mancher Angaben konnten verschiedene Varianten rechtsdominierter Ortlichkeiten festgestellt oder rekonstruiert werden. ,,Rechte Orte" unterschieden sich sowohl in ihrer Lage innerhalb des st~idtischen Raumes, den Bedingungender Raumaneignung, ihrer Best~indigkeit und Kontrollintensit~it, als auch in ihrer Funktionalit~it for rechte/rechtsextreme Gesellungen und in ihrer Definition als ,,Angstzonen" seitens tats~ichlicher und potenzieller Opfer. Sie lassen sich unter fiinf Gesichtspunkten beschreiben:
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1. Die Zug~inglichkeit rechtsdominierter Orte (6ffentliche Orte, halb6ffentliche Orte, nicht-6ffentliche Orte). 2. Die Aneignungsformen (gewaltlos, schleichend, gewaltf6rmig). 3. Die Zeiten rechter/rechtsextremer Dominanz und der Umgang der (potenziellen) Opfer mit rechtsdominierten Orten. 4. Die Funktionalit~it fiir rechte/rechtsextreme Gesellungen (Exklusivit~it, Gewaltnormierung, Vergemeinschaftung). 5. Die Grande fttr eine Destabilisiemng/Aufl6sung.
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Um die verschiedenen Typen rechtsdominierter Ortlichkeiten zu verdeutlichen, werden zuerst Trefforte rechter/rechtsextremer Gesellungen mit Hilfe von Angaben aus Interviews, Gespr~ichen, Zeimngsberichten und Feldbeobachtungen entlang des Kriteriums der Zuggnglichkeit beschrieben und exemplarisch vorgestellt. Die Darstellungen beinhalten jeweils Hinweise auf Aneignungsformen, Zeiten rechter Dominanz und den Umgang (potenzieller) Opfer mit rechtsdominierten Treffpunkten, Funktionalit~itsaspekte yon Trefforten far die rechet/rechtsextreme Szene sowie G~nde fox die Aufl6sung von Trefforten. Im Anschluss an die Ortsbeschreibungen wird in den Folgekapiteln auf die oben genannten Gesichtpunkte einzeln eingegangen.
5.1 Die Zugiinglichkeit rechts(extrem) besetzter Orte 5.1.1 r
Orte
Eine Dominanz rechter/rechtsextremer Gesellungen fand sich an allgemein zuggnglichen, 6ffentlichen Orten, die grunds~itzlich allen Teilen der Bev61kemng often stehen, wie etwa prominente Pl~itze, Schwimmb~ider, FuBg~ingerzonen, G~nanlagen, Spiel- oder Sportpl~itzen, Vorpl~itze von Tankstellen (die meist am Rand yon Wohnvierteln oder Kleinst~idten liegen) oder Haltestellen Offentlicher Verkehrsmittel. Das oftmals demonstratives Revierverhalten und die damit verbundene Aura der Gewaltt~itigkeit der meist jugendlichen Grup-
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pen halten andere Personen davon ab, hier ebenfalls zu verweilen. Die Anwesenheit rechter/rechtsextremer Gesellungen erschwert oder verhLndert die Nutzung solcher Orte durch andere. Vor allem Einwanderer und Einwanderinnen, Menschen dunklerer Hautfarbe, Deutsche mit Migrationshintergrund oder Angeh6rige nicht-rechter Jugendkulmren umgehen aus Furcht vor Gewalthandlungen oder vor verbalen Aggressionen oftrnals jene Gebiete. Allerdings gibt es auch andere Teile der Bev61kerung, die aufgrund der lauten und aggressiven rechten/rechtsextremen Jugendlichen diese Pl~itze nur durchqueren anstatt sich dort l~inger aufzuhalten.
5.1.1.1
Der 6ffentlich zug~ingliche Platz
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Der Platz, im letzten Drittel einer kleinen Fugg~ingerzone gelegen, ist umringt von Wohnh~iusem. Drei Gastst~itten liegen an seinen Seiten, ein Brunnen und mehrere B/anke laden zum Verweilen ein. Von einer Seite ist er mit dem Wagen anzusteuem. Ab wann der Platz ein begehrter, oft frequentierter Treffpunkt der rechten/rechtsextremen Szene wurde, liel3 sich nicht pr~izise rekonstruieren. Zu unterschiedlich waren die zeitlichen Angaben der Befragten. Direkt nach der ,,Wende" sollen sich Punks und Oi-Skins auf ihm eingefunden haben, die dort mit antibtirgerlichem Impetus gut sichtbar tranken, lungerten und Mtill hinterliefSen. Nachdem die Polizei verdeutlicht habe, dass derartige Ansammlungen nicht erwtinscht seien, h~itten sich die Punks und Oi-Skins zu weniger prominenten und weniger tiberwachten Treffpunkten zurtickgezogen. Darauthin gewannen die motorisiert ansteuerbaren Ecken des Platzes ftir die rechte/rechtsextreme Szene an Bedeumng. Hier konnten Autos vorgeftihrt und damit angegeben werden. Als Hochphase der dominanten Anwesenheit rechter/rechtsextremer Gesellungen auf dem Platz kristallisierte sich der Zeitraum 19972001 heraus. Der Platz ist ein zentraler Ort und wegen der geringen PassantInnenbewegung nach 18:30 Uhr f~illt es in der abendlichen Ruhe besonders auf, wenn sich dort Jugendliche einer bestimmten Szene regelm/al3ig treffen. Wenn Rechte dort herumgestanden h~itten, sei ,,es dann schon sehr auffOllig''229 gewesen. Vor allem in den Abendstunden schr~inkte die Pr~isenz der rechten/rechtsextreme Szene den Aufenthalt junger ,,bunter", linker, aber auch anderer nicht-rechter Jugendlicher erheblich ein. Der Platz wurde far sie zunehmend ein Meidungsort, an dem sie sich abends nicht mehr trafen und den sie ohne triftigen Grund nicht tiberquerten, sei es weil sie provoziert und bel~istigt wurden, sei es, weil sie sich nicht mit dem Szenario identifizieren wollten. Wenn Jugendliche aus diesem Spektrum sich in den Anfangszeiten der Etablierung als rechter Treffpunkt trotzdem tiber den Platz wagten, wurden sie verbal bel~istigt. ,,Und in den h~irtesten F~illen" geschah es ,,auch real, dass Bierbiichsen oder (~h, Steine geworfen" wurden, bis hin zu ,,t~itlichen Auseinandersetzungen mit dieser ehemaligen linken, alternativen Szene (...).,,230 Es kam zu ,,Rangeleien, Provokationen und Auseinandersetzungen (...), Hetzjagden durch die Stadt, mittels Autos und zu Furl his hin zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. ''231 Abh~ingig vonder Menge des ,,ge-
229 Offentliche Orte (OffO) Platz (P1), Int. 1, Pos. 142; vgl. OffO P1, Int. 2, Pos. 54.
230OffO P1, Int. 3, Pos. 42. 231 O f f O P1, Int. 2, Pos. 38; vgl. Pos. 23.
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nossenen Bieres und Alkohols" beschimpften die jungen Rechten/Rechtsextremen nichtrechte Jugendliche. ,, Wobei man beijungen Leuten dann auch schon wieder unterschied, ist es ein Stino, da blieb es eben bei (...) der verbalen Provokation. Oder ist es jemand, der mehr auf der linken Seite steht, oder im Antifa-Projekt arbeitete, oder der vielleicht auch aus anderen Griinden nicht sehr sympathisch war. Da wurde dann auch schon einmal angegriffen (...). ,,232
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In den Anfangszeiten der Platzbesetzung existierte im Umfeld des Platzes, vor dem einzigen Kino der Stadt, noch eine inzwischen geschlossene Gastst~itte, die ,,~ibrigens auch yon der Kameradschaft, sag ich mal, die Stammgastst(~tte ''23a war. Neben dem konfliktgeladenen Aufenthalt auf dem Platz waren linke und alternative Jugendliche und junge Erwachsene damit konfrontiert, ,,dass man dann halt nicht mehr ins Kino gehen konnte, weil die Gastst~itte genau vor dem Kino war ''234 und bereits der Weg zum Lichtspielhaus ,,immer so eine Sache" war, ,,weil das j a auch direkt am, am ~ih, X-platz ist. Dort vorbei zu gehen oder so, das hat man dann doch schon versucht zu meiden. ''235 Versuche, mit nicht immer friedlicher Gegenwehr eine dauerhafte Etablierung des Platzes als Treffpunkt der rechten/rechtsextremen Szene zu verhindern, scheiterten. 236 Obwohl sich das gewaltf6rmige Auftreten nicht gegen alle B0rgerInnen gleichermal3en richtete, betraten zumindest einige von ihnen den X-Platz zunehmend mit Beklommenheit.
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,,Jl'hm, ich weifl es nur, gih, vom eigenen Befinden, vom Befinden aus der eigenen Familie und auch yon Bekannten, dass es zunehmend, ich sag's mal so, ein Unwohlsein gab, sich in diesen 6ffentlichen Raum zu begeben, beziehungsweise, dass man es regelrecht vermieden hat. ,,237
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,~ltere Personen hatten ,,vor den dort agierenden, sehr laut agierenden Jugendlichen der rechten Szene Angst". 238 W~ihrend die Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen in den Abendstunden zunahm, mussten tagsOber kaum Einschr~inkungen bei einer 0 b e r q u e m n g des Platzes hingenommen werden. Vor allem ,,in den Sommermonaten abends nach Feierabend, 18, ab 18 Uhr ''239 fanden sich rechte/rechtsextreme Jugendliche und junge Erwachsene ein und am ,,Wochenende sowieso ''24~ A m Wochenende ,,waren die regelm~iflig, so ab 18, 19 Uhr am X-Platz, regelm~iflig. ''241 ,,Die Stadt wurde immer leerer und abends hat man dann blofl eben die Rechten gesehen". 242 S ie sagen um den Brunnen herum ,,und dann ging es (...) los. "243 ,,Die haben rum geschrieen, haben rumgebriillt. ''244 R e c h t e ~ e c h t s e x t r e m e
232 OffO P1, Int. 2, Pos. 38. 233OffO P1, Int. 1, Pos. 32. 234OffO P1, Int. 1, Pos. 32. 235 O f f O P 1, Int. 4, Pos. 85. 236 O f f O P 1, Int. 1, Pos. 347. 237OffO P 1, Int. 2, Pos. 54. 238Offo P 1, Int. 2, Pos. 13. 239OffO PI, Int. 3, Pos. 73. 240OffO P 1, Int. 4, Pos. 20. 241OffO P1, Int. 5, Pos. 13. 242OffO P 1, Int. 5, Pos. 39. 243 O f f O P l, Int. 5, Pos. 297.
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aus der Stadt waren hier anzutreffen, aber auch welche aus anderen Gegenden, wie anhand der Autokennzeichen festgestellt werden konnte. Es sei darum gegangen zu zeigen, ,,dass sie da sind. A b e r die hat man ja, das ring an mit einem Auto, dann kam ein anderes Auto, dann kamen welche mit dem F a h r r a d vorbei. ''245 Die abendliche D o m i n a n z der rechten/rechtsextremen Klientel a u f dem Platz war derart kontinuierlich, dass ein im Frtihjahr 2004 gerade vollj~ihrig gewordener Interviewpartner befand: C.: ,,Also der X-Platz (...), der war eigentlich schon immer Treff von den (Jlteren Rechtsradikalen, alles was so iiber siebzehn, achtzehn Jahre alt war. " Frage :,, Immer ? " C.: ,,Immer. ,,246
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Innerhalb der rechtsextremen Szene war der Treffpunkt nicht unumstritten. In einem regionalen Heffchen mit rechtsextremen Inhalten fand sich eine Kritik an ,,einigen K a m e r a d e n vor Ort, die in letzter Zeit die Realit~it verkennen" und prangerten das H e r u m g e s t e h e auf dem Platz und die Angeberei mit ,,nicht vollbrachten Taten" an. Denn, so die Begr~ndung, ,,nur der aufopferungsvolle K a m p f bringt uns zum Ziel. ''247 Brtillen, schreien, l u n g e m und saufen fallen nach Meinung der Autorinnen nicht in die Kategorien von Kampfestaten und Heroentum. Das Szenario der Bedrohung und Bel/istigung erfuhr in den S o m m e m ab 2002 einen Abschwung. Der Platz sei zu diesem Zeitpunkt zwar noch rechts dominiert g e w e s e n und m a n sei
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,, vorsichtshalber auf die andere Straflenseite gewechselt, weil macht man dann doch vom Inneren her. Aber zu bestimmten Zeiten nicht hin gehen, oder so was, das war nicht. Man konnte schon immer hin. ,,248
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Es sei kein , g u t e s Gefiihl" gewesen beim Vorbeiradeln und ,,man hat schon einen gewissen Respekt, wenn man da vorbei f~ihrt. A b e r man fiihrt vorbei, guckt hin, guckt weg. So, keine grofle Beeinflussung irgendwie yon den Gefiihlen. Blofl ein biflchen Respekt. ''249 B e ~ r c h tungen, dass verbale Beleidigungen, zugerufen beim l ) b e r q u e r e n des Platzes, k6rperliche Angriffe nach sich ziehen wiarden, gab es aul3er w~ihrend der Jugendweihe oder w~ihrend 244Offo P 1, Int. 5, Pos. 40. 245OffO P 1, Int. 5, Pos. 69. 246~3ffO P1, Int. 5, Pos. 5, 10,11. 247 N.N.: ohne Titel, in: BifrOst- Die Brficke nach Asgard, Nr. 3, Gilbhard/Nebelung 3801 n. St. (=Oktober/November 2001 nach Stonehenge), S. 14. ,,Nach Stonehenge" wird in der rechtsextremen (Heiden)Szene gem als Datierung genutzt. Stonehenge befindet sich in England, wurde in der Jungsteinzeit errichtet und bis mindestens in die Bronzezeit genutzt. Stonehenge ist in drei Bauphasen in der Zeit von etwa 3000 bis 1500 v. Chr. entstanden. Es besteht aus einer Grabenanlage, die eine Megalithstruktur umgibt, welche wiederum aus mehreren konzentrischen Steinkreisen gebildet wird. Die Steine sind nach den Positionen der Sonnenwende und Tagundnachtgleiche angeordnet. Aus diesem Grunde wird h/iufig angenommen, dass Stonehenge ein vorzeitliches Observatorium darstellt, obwohl die genaue Art der Nutzung und seine Bedeutung noch diskutiert werden. Vgl. Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Stonehenge; English Heritage unter http://www.englishheritage,org.uk/server/show/nav. 8 7 6 ; Ruhr-Uni-Boch um unter http ://www.astro,ruhr-unibochum.de/nielbock/history/SOFI/node7.html, ges. 03.08.2006. 248OffO Pl, Int. 5, Pos. 84,85. 249OffO P1, Int. 5, Pos. 75.
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Stadtfesten kaum. Im Jahr 2002 und 2003 ,,haben die sich zurackgezogen. Da waren nur noch vereinzelt, na wie soll ich sagen, asoziale Rechte waren da noch am X-Platz. Die haben sich immer abends da besoffen. (...) Seitdem war eigentlich relativ Ruhe (...).,,250 Obwohl der Platz in diesen beiden Jahren nicht mehr als zentrale Anlaufstelle galt, war er, wie jeden Sommer, Rir einige Wochen ein ,,Treffpunkt der rechtsextremen und rechtsorientierten Szene. ''251 Jedoch: ,,so, dass da jetzt (was) passiert oder so, ist es auch nicht." Es wird herumgestanden und Pr~isenz gezeigt. ,,Und das war es dann auch. (...) Ein bisschen rump6beln, n a j a gut... Es hat sich doch einiges gelegt. ''252 Die Angaben der Befragten die letzten Jahre betreffend werden durch Feldbeobachtungen im Sommer 2002, 2003 und 2004 gestOtzt. In den Abendstunden fand sich regelm~iBig eine Gruppe rechter M~idchen und Jungs (16-17 Jahre alt) ab 18:00 Uhr auf dem Platz ein. Der Frauenanteil betrug hierbei rund ein Drittel. W~ihrend dieser Personenkreis mit dem Fahrrad oder zu FuB den Platz aufsuchte, fuhren Jkltere- die durch ihren einschl/agigen Bekleidungsstil oder durch die Aufkleber in den Autoscheiben wesentlich eindeutiger als ,,rechts" gesinnt zu identifizieren waren - mit dem Wagen vor und gesellten sich zu den jtingeren Anwesenden. Die Aufenthaltsdauer des jtingeren Personenkreises dauerte zwischen ein bis drei Stunden an, die Zusammensetzung der Gruppe ~inderte sich mehrmals. Die ~ilteren Platzbesucher (Frauen konnten hierbei nicht beobachtet werden) stiegen nach einiger Zeit in ihre Fahrzeuge und verlieBen den P l a t z - manchmal um nach einer halben Stunde wiederzukehren, manchmal um die Ortlichkeit dauerhaft zu verlassen. Auch waren einige Fahrzeuge zu sehen, die, besetzt mit einem oder mehreren Insassen, einige Male hintereinander den Platz auf seiner befahrbaren Seite umkurvten. Je nachdem, ob es sich ,,lohnte" wurde angehalten, um eine gewisse Zeit zu verweilen oder weitergefahren, um sp~iter emeut vorbeizuschauen und dann anzuhalten oder auch nicht. Der Personenkreis auf dem Platz war haupts~ichlich mit Bier trinken und Unterhaltungen besch~iftigt, ein lautes Gegr61e konnte nicht ausgemacht werden. Im Sommer wurde der Platz bis circa 21:00 Uhr von jungen Einzelpersonen und/oder kleineren Gr~ppchen von Jugendlichen aus dem Skater- oder Punk-Spektrum tiberquert. Eine Kommunikation zwischen ihnen und den auf den B~inken oder am Brunnen lungernden Personen fand nicht statt. Nach 21:00 Uhr kam kein jugendliches ,,Laufpublikum" mehr hinzu. Diejenigen, die sich hier auflaielten, waren entweder schon vorher eingetroffen oder besuchten den Platz mit ihren Fahrzeugen. Unter der Woche 16ste sich die Ansammlung sp~itestens gegen 22:00 Uhr auf, am Wochenende war die in der Zusammensetzung wechselnde Gruppe l~inger anzutreffen. Trotz der guten Akustik am Platze war von den Gespr~ichen nur leises Murmeln und etwas lauteres Gekicher zuh6ren. Lediglich einmal war eine h6chstens zehn Minuten andauernde lautere Musikbeschallung aus einer Automusikanlage zu vernehmen. Rechte/rechtsextreme Jugendliche und junge Erwachsene, die sich nach wie vor am X-Platz treffen, fallen nicht (mehr) durch grobe Bel~istigungen anderer Personen auf. Die Szenerie wirkte wenig aggressiv. Die dort Anwesenden trinken Bier und unterhalten sich ,~ganz normal, wenn man nicht wu'sste, welche Leute es sind, kOnnte man sagen, ganz normales Jugendverhalten. (...) also sie hongen da einfach nur rum, auf 250OffO P1, Int. 5, Pos. 15, 16; vgl. OffO P1, Int. 6, Pos. 146,147. 251OffO P 1, Int. 7, MitschriftTelefon-Interview, ohne Pos.; vgl. OffO P 1, Int. 8, MitschriflTelefon-Interviewund Mitschrift Gespr~ich,ohne Pos. 252Zitiert nach Albrecht, Peter-Georg: ,,Angstraumaussagen- Aussagen zu rechter Dominanz", unv. Zusammenstellung von Interviewpassagen,Magdeburg2005, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth.
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Deutsch gesagt, sie kacken ab, wie sie sagen. ''253 Obwohl von den sich am X-Platz ver-
sammelnden rechten/rechtsextremen Akteuren keine wahrnehrnbare Aggressivit~it ausging, lieBen sich nicht-rechte oder alternative Jugendliche dort zu keiner Jahreszeit nieder, da der Platz als rechts(extrem) besetzt codiert ist. Sie haben andere, weiter entfemt liegende Trefforte. Zurtickge~hrt wird die abnehmende Pr~isenz und Aggressivit~it der rechten Gesellungen auf eine zunehmende Polizeibestreifung. In den Jahren 2001 und 2002 hat die Polizei ,,eine Zeitlang auch ein bisschen Pr~isenz gezeigt. Die ist dann auch abends in die Stadt gefahren und hat sich am X-Platz hingestellt. Und vielleicht hatten sie [die Rechten] da auch keine Lust mehr. ''254 Die Polizeibestreifung der Innenstadt setzte sich im Jahr 2003
fort. 255 Als weiterer wichtiger Moment der Normalisierung werden Ausschreitungen gegen Rechte/Rechtsextreme gesehen. ,,2002. Da hatten wir vermehrt ein biJ3chen Prfigeleien, abends. ''256 Und weiter: ,,Na ich denke mal, dass (...) sich die gesagt haben, wir mfissen uns zuriickziehen, sonst kriegen wir richtig Jtrger. ,,257
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In den Jahren zuvor und auch danach gingen nicht-rechte Jugendliche einer Konfrontation mit rechten/rechtsextremen Gesellungen aus dem Weg: ,,Die nicht rechtsorientierten Jugendlichen, die haben eigentlich nie was unternommen gegen die Rechten. Denen war das gleichgiiltig, was sie machen. Hauptsache, sie werden nicht bel~istigt yon den Rechten. ,,258
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Von einem btirgerschaffiichem Gegenengagement, beispielsweise der Grtindung einer AnwohnerInneninitiative wurde nicht berichtet. Laut einem Regionalexperten gab es eine ,,kurze Zeit einen Runden Tisch zu Jugendproblemen allgemein", der sich ,,etwa zwei bis drei Mal getroffen" habe und dann eingeschlafen sei. Ausschlaggebend ~ r den ,,Runden Tisch" sei nicht eine zunehmende ,,Sensibilit~it punkto Rechtsextremisten in der Stadt", sondem ,,eher das Lungern yon rechten Jugendlichen am X-Platz als Ordnungsproblem" g e w e s e n . 259
5.1.2 Halb-6ffentliche Orte
Hinzu kamen Treffpunkte an halb6ffentlichen Orten wie Gastst~itten, Diskotheken und Jugendclubs. An diesen Orten, deren eigentliche Bestimmung durchaus fftir eine breitere Zielgruppe nutzbar w~ire, erschwerte oder verhinderte die Pr~isenz oder Dominanz rechter/rechtsextremer Gesellungen eine Nutzung durch anderer Personenkreise. 253 OffO P1, Int. 3, Pos. 37. 254 OffO P1, Int. 5, Pos. 55-57. 255 Vgl. Lt~the, Ivar: Mehr Ful3streifen: ,,Weg yon der Autopolizei", in: Lokalzeitung 09.05.2003. 256 OffO P 1, Int. 5, Pos. 62. 257 OffO P1, Int. 5, Pos. 64; vgl. ~)ffO P1, Int. 9, Gruppengespr/ich ohne Pos. 258 OffO P l, Int. 5, Pos. 189. 259 OffO P 1, Int. 8, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos.
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5.1.2.1
Die Gastst/itte
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Die Gastst/itte LL befand sich an einer von Plattenbauten umringten kleinen FuBg~ingerzone. Das LL war Anfang der 1990er Jahre eine schlecht besuchte Kneipe, in die nur wenige BtirgerInnen zum Biertrinken gingen. Seit circa 1993/94 wurden im Lokal Veranstaltungen mit rechtsextremem Hintergrund durchge~hrt. Erst trafen sich hier Mitglieder und SympathisantInnen einer rechtsextremen Vereinigung und wenig sp/ater fanden sich die lokale rechtsextreme Szene und assoziierte Kreise einmal w6chentlich in einem Hinterzimmer der Kneipe, um tiber ihre politischen Ziele und zu deren Umsetzung erforderliche Aktivit~iten zu sprechen. Ein in Abst/anden anwesender prominenter Vertreter der extremen Rechten berichtete bei diesen Versammlungen von Aktionen und Veranstalmngen in anderen Staidten und h6rte den 6rtlichen Rechten/Rechtsextremen bei deren Sorgen und Erz/~hlungen zu. Alle fanf bis acht Wochen gab es von ihm maggeblich mitorganisierte gr6gere Veranstaltungen mit mehreren Dutzend TeilnehmerInnen, bei denen auch bundesweit bekannte Rechtsextremisten auftraten. Das Abhalten von Liederabenden oder sogenannter ,,Rechtsschulungen" stand ebenso auf dem Programm wie die Durchflihrung von Funktiongrswahlen rechtsextremer Vereinigungen oder Tagungen des NPD-Kreisverbandes. Die Versammlungen wurden ausschlieBlich von Rechtsextremen und deren Umfeld besucht. Ein Besucher der damaligen Veranstaltungen erz/~hlte, es gab ,,eben xtags, jeden Xtag dort ein Treffen und an diesen Xtagstreffen, da war dann ein Hinterraum f~r die Rechten, die sich getroffen haben zur Verfiigung gestellt und da war dann auch kein anderer dort anwesend, nur die Rechten. Und dann gab es (...) grOpere Versammlungen, Veranstaltungen, wo dann, j a auch ausschliefllich Rechte sich dort aufgehalten haben und keine anderen Persohen mehr. ''26~ Ansonsten sei es eigentlich eine ,,ganz normale Gaststditte" gewesen, ,,aber eine sehr schlecht besuchte." Einlasskontrollen verhinderten die Teilnahme Unbefugter: ,,Bei den Veranstaltungen in der Kneipe LL kommen nur Teilnehmer nach Eingangskontrolle rein. Keine Fremden, nur Bekannte der Veranstalter und deren Umfeld. ''26~ Hin und wieder gestatteten die Veranstalter rechtsextremer Zusammentreffen die Anwesenheit yon st/~dtischen SozialarbeiterInnen bei ihren Tagungen. 262 Die SozialarbeiterInnen haben geschaut, ob sich unter den Versammelten ihnen aus ihrer professionellen T/~tigkeit bekannte Jugendliche befanden. ,, Wir sind damals sogar mal hingegangen und haben uns das angeschaut. (...) Na, Reden habe die geschwungen. Mit Ausli~ndern und Arbeitsplf~tzen. War ziemlich braunes Zeug. (...) Die hatten nen Ex-SSler eingeladen. Opa Meier erziihlt yon der Herrlichkeit des deutschen Soldaten. Wir haben geschaut, wer sind denn die Mitlgiufer, sind das Leute, die auch in den Jugendelub kommen, welche sind das. ,,263
Ihre bloge Anwesenheit wurde mehr oder weniger geduldet, sofem keine St6rungen des Veranstaltungsablaufes von ihnen ausgingen. ,,Die [Sozialarbeiterlnnen] waren j a froh,
HalbOffentlicheOrte (HOffO)Gaststatte(G1), Int. 1, Pos. 22. 261HOffOG1, Int. 2, Pos. 11, vgl. auch Pos. 120. 262HOffOG1, Int. 3, Pos. 73. 263HOffOGI, Int. 4, Pos. 86, 88, 130. 260
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dass sie nicht da rausgeflogen w(~ren. Wenn die da irgendwie rumkritisiert h6tten, oder gestOrt h~itten oder so, oder dort .... dann, dann wdren die eben das n~t'chste Mal nicht mehr rein gelassen w o r d e n . ''264 Bis auf wenige Interventionen zur Durchsetzung von Versammlungsverboten waren polizeiliche Eins/~tze in und an der gmeipe- gemessen an der Vielzahl der Veranstaltungen- selten. Die Stadtverwaltung wurde regelm~Big yon den Erkenntnissen verdeckter Ermittler fiber die rechtsextremen Umtriebe in der Gastst/~tte informiert. 265 Das LL war fiber ein Jahrzehnt hinweg ein origin/~rer Treffort der rechtsextremen Szene, der kontinuierlich far (Schulungs)Veranstalmngen zur Verffigung stand und ~ r die Aufrechterhalmng rechtsextremer Strukturen eine wichtige Funktion einnahm. W/~hrend des allt/~glichen Gesch/fftsbetriebes - vor allem w/~hrend der manchmal stattfindenden DiskoA b e n d e - war das Wirtshaus eine von der Szene gem besuchte Kneipe. Zu bestimmten Zeiten (Veranstalmngen) war das Betreten der R/~umlichkeiten ausschlieBlich rechtsextremen Kreisen vorbehalten, wobei Einlasskontrollen einen hochschwelligen Zugang sicherten. Nach der SchlieBung eines anderen von Rechten~echtsextremen frequentierten Lokals im Ort im Jahr 2003 war ein Teil des ehemaligen Publikums ebenfalls im LL anzutreffen. 266 Bis ins Jahr 2004 kam dem LL w/~hrend des normalen Gesch/fftsbetriebes eine Funktion als niedrigschwelliger Treffort zu. Personen, die in Opposition zu den rechten/rechtsextremen G/~sten standen, verkehrten hier aus Sorge um die eigene Unversehrtheit nicht. Es ,,war zu gef~ihrlich far Alternative oder Linksalternative dort hinzugehen. Konnte passieren, dass man rausgeprfigelt wird. ''267 Viele der hier dargestellten Abl/~ufe und die funktionale Bedeumng des Lokals haben exemplarischen Charakter. Selten werden Kneipen von einer ausschlieBlich rechten/rechtsextremen Klientel besucht, oftmals gibt es Extra-R/~ume, die einem exklusiven Gebrauch vorbehalten sind und die Anwesenheit von SozialarbeiterInnen oder der Polizei auf rechtsextremen Veranstalmngen wurde von den Organisatoren nicht immer grunds/~tzlich abgelehnt. So hieB es fiber die polizeiliche Teilnahme an Schulungstreffen in einem Wirtshaus in einem anderen Untersuchungsort: ,,wir sind selbst an den Schulungen - da gab es auch einige Veranstaltungen, wo wir auch mit hingegangen sind. Wo wir auch den Herrn M. [bekannter Rechtsextremist] gefragt haben: 'kOnnen wir daran ...?' Gewisse Dinge hatte er zugelassen, aber bei, ich m6chte mal sagen bei internen Sachen, war uns das verboten. ''26s
264 H6ffO G 1, Int. 3, Pos. 265 H6ffO G 1, Int. 5, Pos. 266 Vgl. H6ffO G 1, Int. 6, 267 H6ffO G 1, Int. 7, Pos. 268 H6ffO G 1, Int. 8, Pos.
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74. 18. Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos. 195. 14.
5.1.2.2
Der Jugendclub ohne sozialp~idagogische Betreuung
,,... es war der erste 'Jugendsozialarbeiter', der sich um mich gekt~mmert hat "269
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Im Stadtteil existierte zwischen Neubaugebiet und dem Stadtrand Ende der 1980er Jahre ein Treffpunkt unter freiem Himmel, der von einigen Dutzend Jugendlichen regelm~13ig genutzt wurde. Ft~r diese Jugendlichen wurde auf Initiative eines Sozialarbeiters der Stadt in den ffahen 1990era ein in geringer Entfemung gelegenes H~uschen als Begegnungsort ohne sozialarbeiterische Begleitung zur Ver~gung gestellt. Die Rgume diente den Jugendlichen als tgglicher Treffpunkt, an dem sie weder von Sozialarbeiterlnnen noch anderen ,,St6rem" in ihrer freien Entfaltung gehindert wurden. Sie hatten einen eigenen Schlfissel ft~ die R~umlichkeiten und konnten jederzeit dort ein- und ausgehen. W~hrend das Gebgude anfangs noch von Jugendlichen jeglicher Couleur genutzt wurde, ~.nderte sich dies spatestens 1994, als zwei Rechtsextremisten aus anderen Bundeslgndem im Haus auttauchten. Einer der beiden brachte wghrend seiner tiber Wochen andauemden, fast t~glichen Anwesenheit den Jugendlichen Plakate und Flyer rechtsextremer Inhalte mit. Zwar Wurde niemand zur Lek~re des Propagandamaterials gedrgngt, jedoch fand seine Agitationstfitigkeit offenen Ohren und fahrte innerhalb kt~zester Zeit dazu, dass sich das Gebgude zu einem exklusiv von jungen Rechten genutzten Ort entwickelte. Nicht-rechte Nutzerlnnen wurden verdrgngt. Als eine Art Sozialarbeiter, der den rechten Jugendlichen Anregungen zur Freizeitgestalmng gab, sowie durch die Betonung der Wichtigkeit eines Jugendtreffs, der vtillig in Eigenregie geffihrt werden solle, gewann der Rechtsextremist schnell Ansehen unter den Jugendlichen. Ein ehemaliger Besucher des Clubs rest~mierte dessen Arbeit: ,,Es war der erste undjetzt, das muss manjetzt in Anfiihrungsstriche selbstverstiindlich setzen, aber es war der erste 'Jugendsozialarbeiter' der sich um mich gekiimmert hat. ,,270
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Er versprach auch, alles daflir tun zu wollen, dass das baufallige Gebfiude trotz seiner desolaten elektrischen Leitungen und den fehlenden sanitgren Anlagen, als Club erhalten bliebe. Dank des guten Rufes, den er unter den Jugendlichen genoss, gelang es einem vor Ort wohnhaften Funktiongr einer rechtsextremen Gruppierung, seinen Stand zu verbessern. Dessen vorherige Anstrengungen, mit ,,Deutschland, Deutschland t~ber alles"-Parolen rechtsextreme Oberzeugungsarbeit zu leisten, waren gescheitert. Aus dem Umfeld der Gebgude-Besucherlnnen formierte sich eine rechtsextreme Jugendorganisation. Circa Mitte der 1990er Jahre schloss die Stadt den Treffpunkt. Er wurde wegen seines technischen Minderstandards als zu gef~hrlich far einen Besuchsverkehr eingesch~tzt. Dieser Umstand wurde ,,in soweit propagandistisch ausgenutzt, dass er [der rechtsextreme Kader] uns eben involviert hat damals, dass die Stadt das deshalb geschlossen hat, weil wir rechte Jugendliche sind, weil wit" ausgegrenzt werden sollen und so weiter und so fort. Also das war so die Argumentationsschiene. ''271 Die Nutzergruppe suchte die Rgume nun inoffiziell auf, bis das
269H6ffO Jugendclub ohne sozialpfidagogischeBetreuung (Jugendclub ohne), Int. 1, Pos. 48. 27oH6ffO Jugendclub ohne, Int. 1, Pos. 48. 271H6ffO Jugendclub ohne, Int. 1, Pos. 19.
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Geb~iude, bald ohne Fenster, ohne Ttiren, endgtiltig als Ruine bezeichnet werden konnte. Nachdem das Geb~iude g~inzlich unbrauchbar geworden war, traf sich die Gruppe fiir einige Zeit ,,tiberall und nirgendwo" und zerfiel dann. Ein Teil ging in eine andere, von st~idtischen SozialarbeiterInnen betreute Jugendeinrichtung. Bekannte Rechtsextremisten hatten dort keinen Zutritt. Ein anderer Teil traf sich in Lokalen vor Ort, in denen rechte/rechtsextreme Gesellungen geduldet wurden oder wandten sich vonder Szene ab.
5.1.2.3
Der Jugendclub mit sozialp/idagogischer Betreuung
,,... es wuchs dann von Jahr zu Jahr ...,,272 Der Jugendclub HQ hatte kurz nach der Wende eine Stammklientel, ,,die war(en) weit ~ber dreiflig Jahre". Erst nach einem Leitungswechsel 1991 6ffnete sich die Einrichmng far Kinder und Jugendliche. Zu Anfang war das Publikum gemischt und nur wenige, ,,so zwei, drei Kleinere, im Alter zwischen zwOlf, dreizehn, so ein bisschen so ein Seitenscheitel, und dann auch hochgekrempelte Hosen, (...) die sagten uns klipp und klar, wie sie dazu stehen. Eben halt, dass sie auf der rechten Basis tendieren. ''273 Die Anzahl der rechten Jugendli-
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chen im Club erh6hte sich schnell, da sie gleichgesinnte Mitschtiler oder Freunde (es waren nur selten M~idchen oder Frauen unter den ,amwesenden) mit in die Einrichtung brachten. Um ein gezieltes Vorgehen mit der Intention sich einen exklusiven Club zu schaffen und dabei andere, nicht-rechte Jugendliche aktiv aus der Einrichtung zu verdr/~ngen, habe es sich jedoch nicht gehandelt. Es sei vielmehr ein ,~gruppendynamischer Prozess" gewesen. 274 ,,Immer mehr und mehr" wurden es, ,,und im Endeffekt waren (es) dann circa fiinfzehn bis zwanzig Jugendliche ''2v5, die den st~indigen Besucherstamm bildeten. Im Laufe der n/ichsten ein, zwei Jahre wuchs diese Gruppe noch einmal an und bald traf sich im HQ ein fester Kern von ungef'~ihr 20, 25 Personen. 276 An manchen Tagen kamen zwischen ,fiinfzig his sechzig Rechte zusammen ''277, um bier nach der Schule oder nach der Arbeit Bier zu trinken, rechte Musik zu h6ren und um unter sich zu bleiben. Wichtig war den Besuchern, dass durch regelm/il3ige Treffen und regelm/~Bigen Austausch ein Ge~hl von Zusammengeh6rigkeit entstand. 278 Diejenigen, die den Treff h~iufig und kontinuierlich besuchten, wohnten fast allesamt im Nahraum der Einrichtung. ,,Also die Jugendlichen, (...) die waren
alle hier vom Umfeld, vom Wohnumfeld, also die haben gleich hier in der Gegend gewohnt. ''279 Was allerdings nicht bedeutete, dass diejenigen, die aus der n~iheren Umgebung wegzogen, fortan woanders anzutreffen waren. Sie benutzten den Jugendclub weiterhin als Treffpunkt. Die personelle Fluktuation innerhalb der Stammklientel war gering. Fremde, Andersaussehende oder Andersdenkende waren nicht erwfinscht. ,~icht in der Gruppe und
dann auch nicht in der Einrichtung. (...) Sie haben das Haus nur als ihr Eigentum angese272H6ffO Jugendclub mit sozialp~idagogischerBetreuung (Jugendclub mit), Int. 1, Pos. 14. 273HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 14. 274 HoffO Jugendclub mit, Int. 2, Pos. 86. 275H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 14, 16. 276H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 20. 277HOffOJugendclub mit, Int. 3, Pos. 2. 278HOffOJugendclub mit, Int. 2, Pos. 97. 279H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 87.
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hen und sie wollten eben (...) nichts Fremdes hier sehen. ''28~ ,,Es war ihr Gel8nde. ''281 Zu
den im Club stattfindenden Versammlungen oder Diskoabenden, von den m~innlichen und wenigen weiblichen Besuchem lange vorbereitet, kamen nur ,,befreundete" Jugendliche und junge Erwachsene, manchmal welche aus weiter entfemten Ortschaften der Region oder gar aus anderen Bundesl~indem. ,,Also wenn welche aus Xw, Xx, Xy, X z in die Einrichtung kam(en), oder beziehungsweise eingeladen wurden ''282, seien sie willkommen gewesen. Es waren Veranstaltungen ,,wo man eben halt sagen m6chte." zu 98 Prozent nur rechts orientiert. ''283 Neben dem ,,Alltagsgesch~ift" planten die Besucher im Club Angriffe auf nicht-rechte Jugendliche. Diese Absprachetreffen fanden unter Beteiligung einiger nicht zur Stammklientel des Clubs gehOrenden Personen statt: ,, Wenn es Auseinandersetzungen gab, wie zum Beispiel zwischen [gemeint war: mit] den Skatern oder Linksorientierten, da haben sie sich alle gesammelt. Haben sie alle zusammengerufen und haben dann ihre Versammlung abgehalten um Plane zu schmieden, quasi wegen Riiekschlag. ,,284
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In den Anfangsjahren der Einrichtung, als sich in der N~ihe ein tiberregional bekannter Treffpunkt der rechtsextremen Szene befand, fanden sich manche der Einrichamgsbesucher bei den dort stattf'mdende Sitzungen bzw. Versammlungen unter Leitung eines prominenten Wortftihrers ein. Dieser selbst war einige Male bei Zusammenktinften im Jugendclub ,,und
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das war dann halt zu den Veranstaltungen, (...) dass m a n c h m a l auch welche yon Leipzig oder yon Berlin (...) kamen. Und das war dann ne Masse. ''285 Innerhalb der Kerngruppe gab es keine informellen Anftihrer. Einige Ambitionierte, die ,,(...) gerne die Wortfiihrer spielen ''286 wollten, scheiterten an der geringen FolgebereitschaR der restlichen Besucher,
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d i e - auch wenn die MitarbeiterInnen der Einricht~ang regelm~il3ig in den R~iumen verklebte Au~leber mit rechtsextremen Inhalten abkratzen mussten - keine erkennbaren Anstrengungen unternahmen, sich rechtsextremen Parteien oder organisierten Zirkeln anzuschlieBen. ,,Also zu achtzig Prozent war (...) das wichtigste ein Bier in der H a n d zu tragen, M u s i k zu hOren ''287 und rumzulungern. Wenn allerdings der prominente Rechtsextremist im Club anwesend war, ~inderte sich das Verhalten der jugendlichen Besucher und es konnte festgestellt werden, ,, dass die ernster wurden, ernster ihr Gesprdche nahmen zu bestimmten Themen. Also da kam nicht mal ein Lacheln riiber oder so, wenn da A T in der Nahe war, da waren sie halt ... [Pause zum Wortsuchen] ... deutsch. ,,288
280HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 22, 24. 281HOffOJugendclub mit, Int. 3, Pos. 2. 282HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 116. 283HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 24, vgl. Pos. 77. 284H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 116. 285HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 53. 286H0ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 55. 287H0ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 43. 288H0ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 57.
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Das Verh~ilmis zwischen der Nachbarschaft und der Clubklientel war mehr als problematisch. 0ber eine lange Zeit hinweg gab es t~iglich Arger mit AnwohnerInnen. Immerhin"
,,(...) richtig geschlagen wurden die Anwohner nicht. (...) Aber sie wurden beschimpft, (...) wurde(n) bepObelt (...). Also sie hatten schon regelrecht Angst, vorbei zu gehen und grad auch die iilteren Leute und so, die haben dann einen groflen Bogen gemacht. ,,289
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Widerspruchslos nahmen die AnwohnerInnen das Herumgestehe vor der Einrichtung, die laute Musik, die P6beleien gegen vorbeikommende Passantlnnen, das Werfen mit Bierbfichsen und die bis in die frahen Morgenstunden andauernden Partys am Wochenende nicht hin. Es kam zu Beschwerden bei der Polizei und es gab derbe verbale Auseinandersetzungen zwischen Anwohnerlnnen und Mitarbeiterlrmen des Jugendclubs. Wamm mit solchem ,,Gesockse" gearbeitet wfirde, was die hier zu suchen h~itten, gekoppelt an die Forderung nach einer Schliegung der Einrichtung, denn ,,die Leute konnten gar nicht mehr auf die Strafle gehen" und ,,verlangten dann auch eine Aussprache und eine Versammlung wurde herbeigerufen und Anwohner und Jugendliche saflen dann miteinander abet konnten nicht miteinander. ''29~Bei einer der Versammlungen waren st~idtische Vertreterlnnen anwesend und Clubbesucherlnnen artikulierten ihnen gegent~ber den Wunsch, ,,dass sie auch mitunter ihre rechten Veranstaltungen real irgendwo durchfiihren kOnnen, in R~iumlichkeiten, well das wurde ja ihnen immer untersagt ''291 und spielten damit eher auf polizeiliche Interventionen im Rahmen rechtsextremer Treffen mit t~berregionaler Beteiligung 292 oder auf Magnahmen zur Unterbindung von Ruhest6rungen an, als auf ,,Untersagungen" von Gesprgchen mit often rechtsextremen Inhalten von SozialarbeiterInnenseite. Diese wurden bei Anwesenheit prominenten Besuchs aus der rechtsextremen Szene im Club aus den Gesprgchrunden ausgeschlossen. Denn: ,,konkret durfien, hm, (...) Mitarbeiter oder auch Leiter, konkret waren [die] nie bei so einem richtigen Gespr~ich dabei. ''293 Gegndert haben die Aussprachen mit den Anwohnerlnnen wenig. L~irmbelgstigungen und Anmache bleiben weiter auf der Tagesordnung. Einzig der Eingang des Clubs wurde verlegt, so dass die Anwohnerlnnen nicht an den vor der Einrichtung herumstehenden Jugendlichen vorbei mussten, um in ihre Wohnungen zu gelangen. Ein ausgearbeitetes Konzept zum Umgang der Sozialarbeiterlnnen mit der rechten/rechtsextremen Klientel war lange Zeit nicht vorhanden. ,,Die Sozialarbeit damals war eine einzige Katastrophe. Wir wurden ins Boot reingestoflen und dann hiefl es: 'Schaut wie ihr klar kommt'. Man war sich selbst ~iberlassen. Dies wurde bei Dienstgeprdichen zwar hin und wieder angesprochen, es hat sich aber nichts dadurch verdindert. ''294 Fast zehn Jahre lang war der Jugendclub fest in Hgnden eines rechten/rechtsextremen Besucherstamms. 295 AngehOrige nicht-rechter Jugendkulturen gingen nicht hin und waren dort auch unerwfinscht, da die stabile Kemgruppe 289H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 30, 46. 290HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 30. 291 H o f f O Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 34. 292Vgl. HOffOJugendclub mit, Int. 2, Pos, 24; HOffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 172; H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 28. 293H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 122. 294Hl~ffOJugendclub mit, Int. 1, Pos. 166. 295Vgl. HOffOJugendclub mit, Int. 2, Pos. 63.
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der ersten Jahre nach der Wiedervereinigung zusammenblieb und miteinander ~ilter w u r d e ,,immer auf der Basis rechts, rechtes Denken. ''296 Erst Ende der 1990er Jahre stellte d i e inzwischen neue - Clubleitung Regeln ~ r den Aufenthalt in der Einrichtung auf. Ziel war es, den exzessiven Alkoholkonsum und das daraus resultierende aggressive Verhalten einzuschr~inken sowie mit einer Konzept~inderung nicht-rechte Gruppen anzusprechen. Nach einer mehrt~igigen Schlief3ung wurde ~ die Clubr~iume ein Alkoholverbot ausgesprochen und das Htiren rechter Musik untersagt. Andere Nutzerlnnengruppen sollten geduldet, P6beleien oder gewaltt~itige Auseinandersetzungen in den R~iumen mit Hausverboten geahndet und angezeigt und Sachbesch~idigungen im und am Club konsequent verfolgt werden. 297 Kurz nachdem die Stammklientel von den Einschr~inkungen ihres Clublebens informiert worden war, kam es zum Eklat. Vor der Freizeiteinrichtung versammelte sich eine gr6gere Gruppe junger Rechter, die sich Alkoholika aller Art einverleibten und bald betraten einige mit Schnapsflaschen in der Hand die R~iumlichkeiten, drehten die Musik voll auf und ignorierten dabei die in der neuen Hausordnung festgelegten Vorgaben. Ausgesprochene Hausverbote zeigten keinerlei Wirkung und das anwesende Personal rief die Polizei. Unterdessen zerlegten die Eindringlinge das Mobiliar und verliegen daraufhin die Einrichtung, so dass die sp~it eintreffenden Ordnungshtiter nur noch Anzeigen gegen die Randalierer aufnehmen konnten. In den Folgetagen bekr~iftigen die Clubleimng und alle Mitarbeiterlnnen geschlossen die Hausordnung und nahmen die gestellten Anzeigen trotz Drohungen wie: sollte ich wegen dir in den Kahn gehen, mach ich dich platt, selbstverst~indlich nicht zurfick. Ohne rechte Musik und mit der Gefahr bei Verst6gen gegen die Hausordnung far einige Zeit aus der Einrichtung verbannt zu werden, war es mit der Attraktivit~it des Clubs far den Grol3teil des Besucherstamms vorbei. Sie verliel3en die Einrichtung. Um jedoch andere Jugendliche far das Angebot der Einrichttmg zu interessieren, bedurfte es einer engagierten Werbeoffensive. MitarbeiterInnen klapperten die Stragentreffs von anderen Jugendlichen (Spielpl~itze, Ecken) ab, machten den Club bekannt, luden die Jugendlichen ein und waren bestrebt, sie far das neue Konzept zu begeistem. Zu lange war die Freizeiteinrichmng als ,,rechter Club" verschrien und Angehtirige von ,,bunten" Jugendkulmren sahen es sowieso als zu gef~ihrlich an, ,,in den Jugendclub zu gehen oder sich auch in seinem Umfeld aufzuhalten. ''298 Nach einiger Zeit und viel Engagement zeigten sich Jugendliche aus dem Nahraum des Clubs nicht mehr g~inzlich abgeneigt, das dortige Angebot zu nutzten, ,,was von den Rechten nicht mit Begeisterung aufgenommen (...),,299, aber dennoch geduldet wurde. Sp~iter, als die Einrichtung wegen des Zuzugs vieler ausl~indischer Familien in den Wohnbezirk seine Konzeption um Angebote auch ~ r Kinder und Jugendliche aus diesen Familien erweiterte- was anfangs wegen massiven Kommunikationsst6mngen zwischen deutschen und ausl~indischen Clubbesucherlnnen verbunden war und erhebliche Moderationsaktivit~iten seitens der Sozialarbeiterlnnen erforderlich m a c h t e verlor die Freizeiteinrichtung endgtiltig ihr Image als rechtsdominierter Jugendclub.
296H6ffO Jugendclub mit, Int. 1, Pos. 18. 297H/SffOJugendclub mit, Int. 3, Pos. 2-14. 298H6ffO Jugendclub mit, Int. 2, Pos. 10. 299Vgl. H~ffO Jugendclub mit, Int. 3, Pos. 16; H~ffO Jugendclub mit, Int. 2, Pos. 63.
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5.1.3 Private/Nicht-6ffentliche Orte Unter privaten oder nicht-6ffentlichen Orten sind solche zu verstehen, die dauerhaft exklusiv von Rechten dolniniert werden. Als Beispiele gelten von Szeneangeh6rigen oder deren Umfeld erworbene, gepachtete oder gemietete Anwesen und Liegenschaften, Kleing~irten, Privatwohnungen sowie Ladengesch~ifte, I4meipen, Clubs und R~iume, die ihnen zum Gebrauch tiberlassen werden. Die Nutzung privater oder nicht-6ffentlicher rechtsbesetzter Orte ist zumindest w~ihrend der Dauer ihres Aufenthaltes ausschlieBlich der rechten/rechtsextremen Klientel vorbehalten. Kleing~irten, Liegenschaften oder Wohnungen wurden aufgrund ihrer generellen Unzug~inglichkeit von anderen Personen nicht als ,,Angstzonen" bezeichnet und wurden im Rahmen der Felduntersuchung nicht aufgesucht.
5.1.3.1
Der Club
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Nach der Aufgabe des regul~iren Gesch~iftsbetriebes des Lokals OP stellte der Inhaber die R~iume jungen Rechtsextremisten ftir Treffen und Veranstalmngen zur Verftigung. ,,Das war kurz nach der Wende dhm, eine Nachtbar. Und die hat der Vater eines in der rechten Szene involvierten gekaufi, dieses Etablissement da. Und das war dann jedenfalls geschlossen und die Rdumlichkeiten wurden (...) dann eben zur Verfiigung gestellt, um sich zu treffen, um Versammlungen durchzufahren und so weiter ''3~176erinnerte sich ein ehemaliger Besucher. Hier wurden fortan regelm~iBig Kameradschafts- oder Schulungsabende von Aktivisten einer inzwischen nicht mehr existierenden rechtsextremen Gruppiemng, eines weiteren Zusammenschlusses junger Rechtsextremisten sowie Kameraden aus einer nahe gelegenen anderen Stadt durchgeftihrt. Mit einer Kamera und dicken Ttiren gegen ungebetene G~iste gesichert, etablierte sich die Ortlichkeit zu einem festen Treffpunkt von organisierten Rechtsextremisten aus dem Untersuchungsgebiet und der Region. Die Gespr~iche in der Ortlichkeit drehten sich ausschliel31ich um rechtsextreme Thematiken. Schulungsabende und Vortr~ige geh6rten ebenso zum Programm wie Liederabende, Konzerte einer bekannten RechtsRock-Band und Geburtstagspartys oder gemeinsame Weihnachtsfeiem mit befreundeten Rechtsextremisten aus der Region. Zus~itzlich ,,haben kleinere, kleinere Konzerte stattgefunden da drin. Und alles so was, nicht. Also das war schon, das war schon ein biflchen was engeres. ''3~ Einlass in die gut ausgestattete Lokalit~it hatten nur bekannte oder befreundete Personen. Ungehindert und uneingeschr~inkt lief indizierte Musik und der Getr~inkeausschank war problemlos tiber die hauseigene Infrastruktur abzuwickeln. In den R~iumen schmiedeten die Anwesenden Pl~ine, wie es gelingen k6nnte, 6ffentliche F6rdergelder zu erlangen oder als Nutznieger von gerichtlich gegen Rechte/Rechtsextreme verordneten Geldstrafen im Laufe der Zeit ein finanzielles Standbein ~ r eine rein von Rechtsextremen bestimmten Jugendarbeit zu sichern. Nach dem Verbot einer nahe stehenden rechtsextremen Organisation in der zweiten H~ilfte der 1990er Jahre wurde die bereits begonnene Umsetzung dieser Vorhaben auf Eis gelegt. Man beftirchtete ins Visier der Strafverfolgungsbeh6rden zu geraten, zumal von Seiten polizeilicher Organe angedeutet 3~ Private Orte (PO) Club, Int. 1, Pos. 11. 3o~ PO Club, Int. 2, Pos. 38.
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worden sei, dass eine weitere Etablierung des Treffpunktes nicht geduldet werden wtirde. Bedingt durch eine verst~irkte Beobachtung des Clubs durch zivile oder uniformierte Beamte mit Pkws und wegen der nachlassenden fmanziellen und logistischen Untersttitzung des zuvor wohlwollend agierenden Inhabers der Lokalit/it schliefen die Treffen an diesem Ort nach und nach ein. Nachdem das Etablissement nicht mehr als exklusiver Aufenthaltsort der organisierten rechten/rechtsextremen Szene fungierte, verlagerten die ehemaligen Dauemutzer ihre Zusammenkfinfte in Kneipen, deren Wirte der rechten/rechtsextremen Szene nicht ablehnend gegentiberstanden.
5.1.3.2
Kleing/i,rten
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Treffpunkte der rechten/rechtsextremen Szene waren/sind Grundstticke in Kleingartenanlagen. In einem der Untersuchungsorte wurden die G~irten in Eigenleistung hergerichtet und ein Dutzend und mehr junge M/inner konnte dort beim Umgraben der Erde angetroffen werden. Diese Aktivit/iten, von den AnliegerInnen anfangs wohlwollend beobachtet, beschr/inkten sich jedoch nicht auf den Wunsch nach einem engen Bezug zu Mutterboden und Scholle. Das anf~ingliche Erstaunen tiber die fleil3igen Buddler wich bald dem Arger tiber n~ichtliche laute Musik und weithin h6rbare Rufe rechtsextremen Inhalts. Die BewohnerInnen der nahe gelegenen Eigenheimsiedlung waren um ihre Ruhe gebracht.
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,,Anfangsja waren sie [die Nachbarn] erstaunt, iiber die Fleifligkeit, dass se dorte, j a ich m6chte mal sagen, so viel gearbeitet haben. Abet es zog, es zeichnete sich dann ab, dass auch in den Wochenenden (...) dort bis Nachts um 2 oder 3 rum lautstark Musik abgespielt wurde. Dass dort auch Heil Hitler-Rufe gekommen sind. (...) Und da haben sich dann eigentlich auch die Anwohner und die Nachbarn, die Gartennachbarn dariiber auch schon mokiert (...). ,,302
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In den G~irten trafen sich vor allem in den warmen Monaten, manchmal direkt nach der Schule ab nachmittags, junge und ~iltere Rechte/Rechtsextreme zum B iertrinken und Musik h6ren. Meist an Wochenenden fanden im Frtihling und im Sommer diverse Feiern mit Besucherlnnen aus der Stadt und der Region aber auch aus weiter entfernt gelegenen St~idten und anderen Bundesl~indem. Die Anzahl der Anwesenden schwankte zwischen 20 und 60 Personen, das Alter der Anwesenden zwischen 14 und 30 Jahren. Die Anlagen wurden ausschlieBlich von Rechtsextremen und Rechten genutzt: ,,Da waren nur sie selber drinne (...) das war ihr Privatgrundstfick, wo sie denn mit ihrem Umfeld ihre Feiern gemacht haben. ,,303
(Unter)P~ichter einer der Nutzg~irten war eine der Ftihmngsfiguren der tirtlichen Kameradschaftsszene. TM Der Geburtstag Hitlers, der Todestag von Rudolf Hess, aber auch private Geburtstagspartys mit groBer Gasteschar und tiberregionaler Beteiligung wurden hier abge302PO G~irten,Int. 1, Pos. 56. 303PO Gfirten, Int. 2, Pos. 57. 304N.N.: Aus deutscherNacht, in: Die Zeit 20.07.2000.
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feiert. Je nach Anlass mit tibermannshohen Lebensrunen, NPD-Plakaten und Reichsadlerabbildungen verziert, waren die G~irten ein Ort far geselliges Beisammensein, Grillabende, ,,germanische" Rimale und Saufgelage. Im Umkreis der Gartenanlagen konnten nach Feiem Propagandadelikte und Sachbesch~idigungen unter anderem am Sowjetischen Ehrenmal festgestellt werden. ,, Wenn wit solche Strafiaten hier in (...) haben, das waren eben die 86er Verstffle in den Kleingartenanlagen, wo man sich getroffen hatte, eben zum Hitlertodestag [gemeint ist Hitlers Geburtstag, der 20. April]. Das ist dann im Umkreis von ein, zwei Kilometern so rum, tja. ,,305
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So kamen im Frtilajahr 2001 in einem der G~irten rund 60 Rechtsextremisten aus mehreren Bundesl~indem und aus der Region zu einer Frtihlingsfeier nach ,,altgermanischem" Brauch zusammen - gamiert mit lauter Musik und nationalsozialistischen Parolen. Am Abend randalierte ein Teil der G~iste stark angetrunken und rechtsextreme Losungen skandierend in der Umgebung. Einige nahm die Polizei daraufhin vortibergehend in Gewahrsam. 3~ Nachdem durchsickerte, dass im Sommer desselben Jahres eine Feier mit 200 erwarteten G~isten und Musikbeschallung durch tiberregional bekannte RechtsRock-Kapellen in einem der G~irten geplant war, kam zum Unbill der Anrainer fiber n~ichtliche Ruhest6rungen, die Sorge um mtigliche Sch~iden, die der eigene Garten durch Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten und deren politischen Gegnerlnnen oder der Polizei nehmen k6nnten, hinzu. Die Polizei, die bislang in der Regel Standstreifen einsetzte, um das Geschehen in den G~irten zu beobachten, die Autokennzeichen der geparkten Pkw notierte und bei verst~irktem Besucherlnnenstrom, der auf,,AuBergew/Shnliches" schlieBen lieB, die Vorgesetzten informierte, verhinderte mit Verst~irkung aus dem Landl~eis das Konzert. S ie setzte eine zuvor ausgesprochene Verbotsverf~gung durch, kontrollierte Personalien und sprach Platzverweise aus. 3~ Seitens der AnwohnerInnen waren keine Gegenaktivit/aten in Form von BOrgerinitiativen oder ~ l i c h e m gegen das rechte Treiben zu vermerken. Lediglich vereinzelt kam es zu Anzeigen wegen Ruhest6rung. Bei einem der Nutzg/arten konnte die Stadt als EigentOmerin des Grundstticks wirksam intervenieren. Er war vom ursprOnglichen P~ichter vertragswidrig an einen Vertreter der extremen Rechten untervermietet worden. Nach einem Gespr~ich mit Stadtverwaltung und Polizei ktindigte der P~ichter den Untervertrag: ,,Also der, die Nazis, die dort waren, die waren nur unterverpachtet. So und daraufhin, ~ih, wurde der P~ichter aufgefordert, die Unterp(~chter da raus zu schmeiflen (...). Und das ist dann auch geschehen. ''3~ In der zweiten Gartenanlage fanden bis mindestens 2002
Zusammenktinfte und Feiern statt, die manchmal von der Polizei aufgel6st wurden. 3~ Im
305PO Garten, Int. 1, Pos. 91. 306Vgl. N.N.: Rechte festgenommen, in: Mitteldeutsche Zeitung 10.04.2001; Schmidt, Stefan: Grabsteine umgekippt, in: Altmarkzeitung 11.04.2001, N.N.: Grabsteine umgestoBen: Stadt erstattete Anzeige, in: Volksstimme 11.04.2001; N.N.: Vier Neo-Nazis nach FrOhlingsfestverhaftet, in: Volksstimme 10.04.2001; VS-Bericht SachsenAnhalt 2001, Magdeburg 2002, S. 22. 307Vgl. PO G~rten, Int. 3, Pos. 13, 15; PO G~rten, Int. 1, Pos. 52; N.N.: Es ist alles ruhig geblieben, in: Volksstimme 09.07.2001. 3o8PO Garten, Int. 3, Pos. 14. 3o9 Vgl. N.N.: 19 Jugendliche durch Polizei festgenommen, in: Volksstimme 02.04.2002; VS-Bericht SachsenAnhalt 2002, Magdeburg 2003, S. 31.
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Sommer 2004 wurden keine Aktivit~iten in den Kleing~irten mehr festgestellt. 31~ In den Gartenanlagen kamen jugendliche wie Ntere Rechtsextremistlnnen zusammen. Die Jtingeren fanden sich zumeist nach der Schule dort ein, nahmen an Gartenpartys teil und taten sich bei gr613eren Festivit~iten durch den Aufbau von Zelten, Holzst6gen und der den Anl~issen entsprechenden dekorativen Gestaltung der G~irten hervor. Bei regionalen oder tiberregionalen Zusammenktinften organisierter Strukturen war ihre Anwesenheit allerdings nicht immer erw~nscht. TM Die G~irten waren exklusive, nicht-6ffentliche Orte ~ r die rechte/rechtsextreme Szene, deren Zugang je nach Anlass - allgemeine Geselligkeit junger Rechter oder Treffen von organisierten Rechtsextremen- szeneintemen Differenzierungen unterlag. Das Vorhandensein der privaten G~irten bot der lokalen und regionalen rechten/rechtsextremen Szene einen Ort fl~ die Freizeitgestalmng, wie liar das Begehen politisch aufgeladener Feiem oder die Durch~hrung von tiberregionalen Treffen. Mit polizeilichen Mal3nahmen war nur zu rechnen, wenn strafverfolgungsrelevante Aktivit~iten wie eine Umgehung von Versammlungsverboten zum Beispiel bei RechtsRock-Konzerten, Hitler-Geburtstagsfeiem usw. stattfanden oder sich das ,,Sieg-Heil"-Gegr6hle und die musikalische Beschallung zu Ruhest6mngen auswuchs.
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5.2 Aneignungsformen und die Folgen von Aneignung
5.2.1
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Die Etablierung rechtsdominierter Orte verlief nicht tiberall gleich. Es kann in gewaltlose bzw. ,,schleichende" Aneignungen und gewaltftirmige Aneignungsformen unterschieden werden.
Gewaltlose/schleichende Aneignung
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Gewaltlose bzw. ,,schleichende" Ortsbesetzungen zeichneten sich dadurch aus, dass so lange rechte/rechtsextreme Personen an einen Ort ,,einsickerten", bis sie die numerische Mehrheit erreichten und damit den Charakter des Treffpunktes dominierten. Andere verlieBen daraufhin ffeiwillig von sich aus die Ortlichkeiten oder sahen aufgrund der numerischen 13berlegenheit rechter/rechtsextremer Akteure von vornherein von einem Besuch ab. Hierbei bedurtte es oft eines Mindestmal3es an Zentralit~it und Attraktivit~it des Ortes, um von einer ,,Angstzone" zu sprechen. Szenetreffpunkte, die von anderen aufgrund ihrer peripheren Lage oder ihrer geringen Attraktivit~it nicht frequentiert werden, galten zwar als Meidungsorte, ein Nicht-Aufsuchen wurde jedoch kaum als Einschr~inkung empfunden. In Bezug auf einen von Rechten/Rechtsextremen besuchten Jugendclub, wurde von einem Jugendlichen gesagt, er ,,wird gemieden, da (...) kommt man auch nicht einfach vorbei, ist in Buxtehude drauflen. ''312 Dorthin ginge ,,man eh nicht, weil's Scheij3e ist. ''313 Zu einer Einrichtung, in einem anderen Untersuchungsort hieB es" ,,Also beim AA ist es j a so, dass da eigentlich kaum, dass es da kaum Passanten gibt, weil es j a sozusagen am Ende, weil .
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3~oVgl. PO Gfirten, Int. 4, MitschriflTelefon-Interviewohne Position. 31~PO Gfirten, Int. 1, Pos. 66. 312Aneignunggewaltlos, Int. 1, Pos. 33 (Opfer). 313Aneignunggewaltlos, Int. 1, Pos. 48 (Opfer).
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dort [lacht] weil dortja, praktisch dahinter gibt es j a nichts mehr. Also da i s t j a jetzt nur noch EinOde. ''314 Ein Offentlich zug~glicher Treffpunkt rechter/rechtsextremer Gruppen wurde als Ort, ,,an dem man nicht normal hin muss oder nicht vorbei muss ''315 bezeichnet.
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Eine gewaltlose Raumokkupation konnte auch bei Kneipen festgestellt werden, die yon anderen mOglichen G~isten als unattraktiv angesehen und deshalb nicht oder wenig besucht wurden. So zeigte sich ein nicht ausschlieBlich von rechten/rechtsextremen Akteuren besuchtes Wirtshaus als wenig frequentiert. Zumeist saBen Einzelpersonen oder Zweierg~ppchen mehr oder weniger schweigsam in ihr Bier starrend an den Tischen oder am Tresen. Das Ambiente des Hauptraumes des Lokals hat ,,die Wende" g~inzlich unbeschadet tiberstanden. Die Fenster waren ungeputzt, die W~inde nikotingelb. Die Flecken auf der Auslegeware auf dem FuBboden liel3en Spekulationen tiber die Trinkfestigkeit der G~iste zu und der Zustand des Gastraumes war kaum geeignet, Vertrauen in die hygienischen Kompetenzen der Betreiber zu fassen. Auch bezeugte das ungelenk in die M~innerklottir geritzte Hakenkreuz eher den Grad der Trunkenheit des Verursachers als dessen Kreativit~it. Einzig das Hinterzimmer der Kneipe wirkte etwas lichter. Frisch geweiBte W~inde, der Resopalful3boden und die Bestuhlung hinterliel3en jedoch den Eindruck von ungemtitlicher Sterilit~it. W~ihrend der verschiedenen Aufenthalte im Lokal befanden sich dort keine G~iste. Bei manchen Sch~inken koppelte sich die Unattraktivit~it des Angebots und der R~iumlichkeiten allerdings mit der Bedrohungserwartung, die mit einem Besuch des Lokals verbunden war. Eine gegen rechtsextreme Umtriebe engagierte Interviewpartnerin erz~ihlt rtickblickend, in solche Kneipen ,,wie das M M oder PP bin ich nie hin gegangen, weil ich keine Griinde hatte, dorthin zu gehen. ''316 Gleichzeitig wurde auf eine m6gliche Personengef~ihrdung durch die dort verweilenden rechten/rechtsextremen G~iste hingewiesen: ,,Aber auch andererseits weil ich auch nicht Lust hatte, a u f die Leute zu treffen da, weil ich auch bekannt war [im Untersuchungsgebiet]. ''317
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Als Regulativ ftir die Etablierung als Treffpunkt und ftir eine weitgehend exklusive Nutzqang durch rechte/rechtsextreme Gesellungen stellte sich vor allem der Umgang der Wirte mit ihren G~isten heraus. Hierbei sind zwei Varianten hervorzuheben. Manch einem Kneipier erschien aufgrund einer desolaten finanziellen Situation die Anwesenheit rechter/rechtsextremer Akteure allemal angenehmer als eine Pleite. Diese Lokale wurden anfangs zuf~illig, sp~iter gezielt als fester Anlaufpunkt genutzt: ,, Wo auch (...) der, die Wirtschaft selber, nicht, der Besitzer nichts dagegen gehabt hat. Wo das eben, das muss man auch mal dazu sagen, dass grade im Osten, istja die Wirtschaft nicht so, ist ja auch nicht so gut, nee, und ... Also es (ist), sag ich mal, sogar verstgindlich in meinen Augen, wenn da der Kneiper sagt: 'Pass auf die Jungs die kommen jetzt zweimal die Woche, bringen hier ordentlich Geld her, nicht. Die sind, die gehen nirgends wo anders hin, die kommen hier her, weil sie wo anders nicht rein diirfen, oder dort nicht so benehmen k6nnen, wie sie bei mir sich k6nnen. Und dann driick ich halt hier ein Auge zu, ne. Und auf die, auf die vier, fiinf normale Hansels, die dann dadurch eben nicht mehr kommen, kann ich auch verzichten '. ,,318 3~4 Aneignung 3~5 Aneignung 316 Aneignung 317 Aneignung 3~8 Aneignung
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gewaltlos, gewaltlos, gewaltlos, gewaltlos, gewaltlos,
Int. Int. Int. Int. Int.
2, 3, 4, 4, 5,
Pos. Pos. Pos. Pos. Pos.
102 (NGO). 22 (Opfer). 72 (Opfer). 72 (Opfer). 24 (Rechtsextremist).
Personen aus dem Szeneumfeld stellten hier die tiberwiegende Anzahl der G~iste. Die Wirtsleute duldeten, ebenso wie die wenigen anderen anwesenden Kundlnnen, die von den rechten/rechtsextremen G~isten herausposaunten Parolen oder das Abspielen von RechtsRock-Musik, das Zeigen des Hitlergml3es oder das Singen von nationalsozialistischem Liedgut. ,,Da waren eben zehn, zwanzig Leute drin gesessen, haben da gesoffen, haben halt ihre Mucke, ihre Musik gehOrt. Haben da drinne, (...) verfassungsfeindliche gemacht, die sie vor der Tare hdtten nicht machen kOnnen. ,,3~9
Die Tolerierung rechtsextremer Artikulationsformen erh6hte den Zuspruch zu solchen Wirtsh~iusem und fiahrte zu einer prozessualen Etablierung als Treffpunkt .... ,,Logischerweise ist das ein Prozess der allmdhlich ist, nicht. Also sind mal, gehen mal da so rein, trinken Bier, ne, ist ganz toll, kommt doch mal rum, kommt da mal rum. Wird dann so angetestet. Wenn dann auf einmal zehn Leute da sitzen und das gibt keine Kritik oder der Kneiper sagt nichts, dann kommen eben die zehn Leute regelmdflig oder so, oder mal zwanzig, ne. ,,32o
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... sofern die entsprechenden Gaststuben nicht im Fokus polizeilicher oder zivilgesellschafilicher Intervention standen:
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,,In dem Moment, wo eine Gruppe sich irgendwo treffen kann und in Ruhe gelassen wird, wo es gut geht, nee, wo also keine, keine Linken irgendwie zusehlagen, wo, wo, wo nicht Polizei ab und zu mal pr~isent ist, dass die Leute da mal ein biflehen abgeschreckt werden, ~ih, dann wird das, ist das ganz normal, das wird dann blitzartig, wird das grofl. "321
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Der finanzielle Anreiz von regelm~iBig stattfindenden, rechtsextremen Veranstaltungen spielte keine unwesentliche Rolle. Nach Einsch~itzung eines rechtsextremen Akteurs wurde ein Lokal in seinem Wohnort ,,wahrscheinlich blofl deshalb ein Treffpunkt, well das eben ein Wirt war, der, dem man 50 M a r k in die H a n d gedrftckt hat, u n d dann hat der, dann durfie da drin passieren, was wollte, das war ihm dann egal. ,a2z Von einem anderen Wirt in einer anderen Stadt hieg es von Seiten der Polizei: ,, Und ihm ging es eigentlich blofl datum, sein Gesehiift fiber Wasser zu halten. Er hat es dann eben (...) die Veranstaltung mit EE [bekannter Rechtsextremist] oder diese Schulungen mit EE, die hatte er eben durchgezogen, damit er seinen Umsatz so hatte. Aber ihm ging es eigentlich gar nicht um den Sinn der Veranstaltung. Ihm ging es wirklich bloJ3 um das Geld. Tja. ,,323
319Aneignung gewaltlos, Int. 5, Pos. 23 (Rechtsextremist). 320Aneignung gewaltlos, Int. 5, Pos. 60 (Rechtsextremist);vgl. Aneignung gewaltlos, Int. 15, Pos. 12 (Opfer). 322Aneignung gewaltlos, Int. 5, Pos. 45 (Rechtsextremist). 322Aneignung gewaltlos, Int. 6, Pos. 44 (Rechtsextremist). 323 Aneignung gewaltlos, Int. 7, Pos. 8 (Pol.) Ahnlich ~uBerte sich ein Wirt einer Kneipe nahe eines beliebten Ausflugsziels in Brandenburg, der ein Hinterzimmerfur rechtsextremeSchulungsveranstaltungenvermietete: ,,Die
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Andere Wirtsleute wiederum waren in der rechtsextremen Szene aktiv, geh6rten zu deren Sympathisantenkreis oder hatten verwandtschaftliche Verbindungen in die Szene: ..... die Be.., ja, ich weiJ3jetzt nicht ob das Betreiberin ist, aber die Verantwortliche dieser Einrichtung, zumindestens der Sohn von dieser Verantwortlichen, der war ein bisschen in der rechten Szene mit Iddiert [sic@ ,,324 In der Magdeburger Innenstadt betrieb der damalige NPD-Kreisvorsitzende im Jahr 2001 die Gastst~itte ,,Zum Reinheitsgebot", die sich schnell zu einem Treffpunkt der regionalen rechtsextremen Szene entwickelte. 325 Die Kneipe wuxde ausschlieBlich von rechten und rechtsextremen Personen besucht. Hier fanden NPD-Sitzungen, RechtsRock-Konzerte oder Hitler-Geburtstagsfeiern start. ,,Und hier gab es dann eine Vielzahl von Veranstaltungen, die sich a u f Schulungsmaflnahmen bezogen, beziehungsweise auch a u f Konzertveranstaltungen. Die sich dann aber vorwiegend aufs Wochenende bezogen. ''326 Das Lokal schloss dauerhaft nach einem Brandanschlag mit ungekRirter Urheberschaft im Juni 2002. 327
Gewaltf6rmige Aneignung
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5.2.2
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Gewaltf6rmige Besetzungen 6ffentlicher und halb6ffentlicher Territorien betrafen in der Regel prominente Orte im Stadtgebiet wie zentrale Pl~itze oder begehrte Orte der Freizeitgestaltung wie Diskotheken und ansprechende Gastst~itte, aber auch von nicht-rechten Jugendkulturen als Anlaufpunkte genutzte Spiel- oder SportpRitze. In den Untersuchungsorten fanden diese fanden allerdings vor Beginn der Untersuchung statt, mussten also tiber Interviews, Gespr~iche und eine Dokumentenanalyse rekonstruiert werden. Von Seiten einiger Beffagten, in Zeitungsartikeln und in Gespr~ichen mit Pressevertretern wurden Angriffe auf Diskotheken und deren Besucherlnnen, auf Wohnungen von Nicht-Rechten, auf Gastst~itten, Wohnst~itten von Asylsuchenden, linke Trefforte und im 6ffentlichen StraBenland beschrieben. Die hochgradig gewaltt~itige Aneignung von Lokalen und Tanzs~ilen, aber auch machen hinten Schulungen und Seminare. Ansonsten wird der Schulungsraum von den Leuten gemietet und da geht es mich nichts an, ob die Leute dort, was weir5 ich, Seminare ~ber Fensterbau machen oder i~berirgendwelche anderen Sachen. Ft~r mich ist es ein ganz normales Gesch~ift. Und die Leute kommen auch tiber den Winter und damit sichern sie mir mein Oberleben hier draul3en."Zitiert nach: Erstes Deutsches Fernsehen (ARD), Manuskript der Sendung Kontraste vom 14.08.2003: Deutschlands heiBer Sommer.... unter http://www.kontraste.de/3008/manuskripte/txt rechte.html,ges. 19.08.2003. 324 Aneignung gewaltlos, Int. 7, Pos. 143 (Pol.); fihnliche Erfahrung in anderen Untersuchungsorten: Aneinung gewaltlos, Int. 8, Pos. 9 (Pol.); Aneignung gewaltlos, Int. 9, Pos. 43, 138 (Pol.); Befragte aus dem Bereich der Sozialarbeit: Aneignung gewaltlos, Int. 10, Pos. 25; Aneignung gewaltlos Int. 11, Pos. 93; Aneignung gewaltlos Int. 12, Pos. 26, 28; Aneignung gewaltlos, Int. 13, Pos. 10. 32s Vgl. Aneignung gewaltlos, Int. 14, Pos. 33, 293 (Pol.); VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2001, Magdeburg 2002, S. 53. 326 Aneignung gewaltlos, Int. 14, Pos 6 (Pol.); vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 4/133 vom 21.08.2002, Kleine Anfrage KA 4/6011; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S.12, 31. 327 Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S.63; Schwertmialer, Mariella/Grtinert, Christian: Sommer der Anti-Antifa, in: Jungle Worm 10.07.2002; N.N.: Brandanschlag auf Lokal der rechten Szene, in: Volksstimme 29.06.2002; Fricke, Matthias: Brandanschlag: Scherben folgen bei Explosion bis auf andere StraBenseite, in: Volksstimme29.06.2002.
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Angriffe auf Jugendclubs und Wohnst~itten von ,,bunten" Jugendlichen, Linken und Asylsuchende in den Untersuchungsorten hatte eine Hochphase in der ersten H~ilfte der 1990er Jahre. FOr die Zeit von 1990 bis 1991 ist es kaum m6glich, fundierte Aussagen tiber gewaltf6rmiges Handeln rechter und rechtsextremer Akteure zu machen. Eine systematische Beobachtung rechtsextremer Aktivit~iten und Gruppen fand erst nach dem Aufbau der Verfassungsschutzbeh6rden Sachsen-Anhalt und Brandenburg im Jahr 1992 statt. 328 Es existieren jedoch Zahlen des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt von Mitte Januar 1991 bis Anfang Oktober 1991 fiber rechts(extrem) motivierte Ausschreitungen. Demnach wurden 232 F~ille rechts(extrem) motivierter Gewalttaten begangen. Diese teilen sich auf in 96 Straftaten gegen Personen und Sachen, 85 Straftaten gegen ausl~indische Menschen sowie Asylsuchende und deren Wohnstatten, 16 Strat~aten bei 6ffentlichen Veranstaltungen, 16 Strattaten bei Auseinandersetzungen zwischen der rechts- und linksextremen Szene, 18 Straftaten gegen ,,rivalisierende" Gruppen 329 und in einem Fall gegen AussiedlerInnen. Auf den Bezirk der Polizeidirektion Stendal, dem Gardelegen zuzurechnen ist, entfielen insgesamt 16 F~ille. Die Polizeidirektion Magdeburg verzeichnete 61 und die Polizeidirektion Halle 46 F~ille. Insgesamt wurden gegen 486 Verd~ichtige Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Tatverd~ichtigen stammten tiberwiegend aus der Nahregion der Tatorte. 33~Im Jahr 1992 registrierten die Polizeibeh6rden in Sachsen-Anhalt 215 ,,fremdenfeindlich motivierte Gewaltdelikte mit vermutetem oder tats~ichlichem rechtsextremistischem Hintergrund" und 3 5 ,,Gewaltdelikte gegen politische Gegner mit vermutetem oder tats~ichlichem rechtsextremistischem Hintergrund". W~ihrend die Anzahl der registrierten fremdenfeindlich motivierten Gewaltdelikte in Sachsen-Anhalt im Jahr 1993 zurtickging, musste im Bereich der Gewaltdelikte gegen ,,politische Gegner" ein Zuwachs verzeichnet werden. Von den 1993 in Sachsen-Anhalt erfassten 132 rechtsextremen Gewalttaten, von denen 19 in der Altmark (davon fl.inf in Gardelegen, zehn in Salzwedel und vier in K16tze), sieben in Halle und vier in Magdeburg begangen wurden, richten sich 70 (53,03 Prozent) gegen Linke oder deren Treffpunkte. TM
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FOr alle vier St~idte bzw. die Regionen um Guben und Gardelegen sind eine Vielzahl von Gewalttaten gegen Eingewanderte, Asylsuchende und ihre Wohnst~itten dokumentiert. 332 Bezogen auf Gewalttaten gegen ,,bunte" oder linke Jugendliche beschr~inkten sich die regionalen Zeitungen in den ersten Nachwendejahren auf spektakul~ire Vorf~ille, tiber die auch in den tiberregionalen Medien berichtet wurde, wie den 13berfall von 60 Skinheads 328Im Land Sachsen-Anhalt trat das Gesetz tiber den Verfassungsschutz im Juli 1992 in Kraft, mit diesem Datum nahm das neu gegrtindete Landesamt ~r Verfassungsschutz seine Arbeit auf. Der erste Verfassungsschutzbericht des Landes umfasste die Jahre 1992/1993 und erschien im August 1993. Das brandenburgische Verfassungsschutzgesetz trat im April 1993 in Kraft, ein Vorschaltgesetz zum Gesetz tiber den Verfassungsschutz im Land Brandenburg von Dezember 1991 ermOglichte den Aufbau einer VerfassungsschutzbehOrde im Jahr 1992. Der erste Brandenburger Verfassungsschutzbericht umfasste das Jahr 1993 und erschien 1994. 329Der Topos ,,rivalisierende Gruppen" umschrieb nicht-rechte, meist alternative, antifaschistische oder ,,bunte" Gesellungen und wird bis heute zur Umschreibung ftir Auseinandersetzungen zwischen rechten/rechtsextremen Akteuren und AngehOrigenanderer (Jugend-)Gruppen verwandt. 330Vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 1/983, Vorabdruck vom 28.11.1991, S. 29f; Landtag von Sachsen-Anhalt: Drucksache 1/1112, Vorabdruck vom 09.01.1992, Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage ,,10bergriffegegen Ausl~inder", Drucksache 1/988, S. 17-26. 331Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1993, Magdeburg 1994, S. 16, pdf-Version; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1994, Magdeburg 1995, S. 36ff, S. 41. 332Aufgrund der Vielzahl der dokumentierten Vorf~illewurde auf eine detaillierte Auflistung verzichtet.
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auf feiernde Punks im Lokal ,,Elbterrassen" im Mai 1992 in Magdeburg, bei dem der 23j~ihrige Torsten Lamprecht erschlagen wurde. 333 In Halle, Magdeburg und in der Region Altmark wurden rechtsmotivierte Angriffe gegen nicht-rechte Jugendliche und junge Erwachsene mit herber Gewaltt~itigkeit durchgefiahrt. Rechte/Rechtsextreme schlugen mit Baseballkeulen Personen ein, verfolgten mit dem Auto Fahrzeuge von (vermeintlichen) Linken, um sie dann mit Steinen zu werfen oder die Fahrzeuge zu rammen, versammelten sich vor von Linken bewohnten H~iuser, beschossen sie mit pyrotechnischen Erzeugnissen, drangen in Wohnungen ein, zerst6rten die Einrichtung und verprtigeln die Angetroffenen. TM
Angriffe aufDiskotheken, Tanzveranstaltungen und Gaststfitten
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Eine gewaltt~itige Aneignung von halb6ffentlichen St~itten der Freizeitgestaltung fand vor allem in den l~indlichen Untersuchungsgebieten statt. Diskotheken und Wirtsh~iuser k6nnen ftir Anfang bis Mitte der 1990er Jahre als ,,umk~impfte R~iume" gelten, um die es heftige Konfrontationen zwischen rechten/rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen und Angeh6rigen nicht-rechter/linker Jugendgruppen gab. In den regionalen Zeitungen sind einige Aufsehen erregende 0berf~ille auf Tanzveranstalmngen, Lokale, Diskotheken dokumentiert. Diese wurden ~iuBerst brutal meist von gr6Beren Gruppen bewaffneter, oft vermummter rechter/rechtsextremer Gesellungen ausge~hrt. Sowohl in Brandenburg als auch in der Altmark verging kaum ein Wochenende, an dem es nicht zu Oberf~illen auf Tanzveranstalmngen, Konzerte oder Gastst~itten kam. 335 Angriffe auf Diskotheken seien zwischen 1992 und 1993 in der Region ein massenhaft zu beobachtendes Ph~inomen gewesen, beschreibt ein in der Altmark t~itiger Experte die damalige Situation. 336 G~iste, die als Linke, AntifaschistInnen oder ,,Bunte" galten oder einfach nur lange Haare hatten wurden unter Einsatz von Schlagwerkzeug aller Art verprtigelt, die Gastr~iume wurden oft verwtistet, 333 Bohndorff, Harry: Mutter Lamprecht verbittert: Torstens Tod bleibt ungesiahnt, in: BILD 15.12.1992; N.N.: Torsten Lamprechts Mutter kampfte mit den Tr~inen, in: Volksstimme 15.12.1992; N.N.: Haftstrafen far Skinheads nach Oberfall auf Punk, in: Tagesspiegel 15.12.1992. 334Vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1993, Magdeburg 1994, Kapitel XI, Anhang 1, Auswahl von Ereignissen im Land Sachsen-Anhalt mit rechtsextremistischemHintergrund im Jahr 1993, o.S., pdf-Version. Zu Guben konnten hierzu far die ersten Nachwendejahre nur wenige Berichte aufgefunden werden. Zu Auseinandersetzungen zwischen rechten/rechtsextremen Personen und nicht-rechten Jugendlichen in den frt~hen 1990era in Guben, vgl. Schr0der: Rechte Kerle .... Hamburg 1992, S. 21-27 und Angaben aus den Interviews. 335 Aus einer Vielzahl von Zeitungsberichten vgl. zur Region Altmark: Ttillner, Harald: Wird ,,Woodhouse"P~chter schlieBen?, in: Volksstimme - KlOtzer Kreisanzeiger 04.05.1992; N.N.: Schlacht in der Nacht: ,,Los Angeles in Kl0tze", in: Altmarkzeitung 04.05.1992; N.N.: Jugendliche schlugen sich, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 04.05.1992; N.N.: Mehrere Schlagereien und versuchte Einbriiche, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 27.07.1992; N.N.: Scheibe eingeworfen, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 22.04.1993; N.N.: Pistole abgefeuert, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 23.04.1993; N.N.: Wolfsburger Rechte schlugen Mann zusammen, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 31.03.1992; Reichert, Steffen: 80 Prozent waren zuerst Schaulustige, in: Mitteldeutsche Zeitung 25.10.1993. Zu Brandenburg vgl. N.N.: Skins randalieren bei IGM-Veranstaltung, in: Neues Deutschland 17.08.1992; N.N.: 40 Vermummte sttirmten Diskothek?, in: Berlmer Morgenpost 28.12.1992; N.N.: K0rperverletzung, in: Berliner Zeitung 21.09.1992; N.N.: Rechte rufen zur Attacke, in: Berliner Zeitung 10.05.1993; N.N.: Jugendbanden terrorisieren DOffer im Osten, in: Neues Deutschland 19.08.1993; Gt~sten, Susanne: Skins: Schlagerei in Diskothek, in: Oranienburger Generalanzeiger 27.09.1993. 336Vgl. Aneignung gewaltformig,Int. 1, Mitschrifi Experten-Gesprach im Mai 2004.
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Betreiber bedroht oder materiell gesch~idigt. Die Angriffe dauerten in der Regel wenige Minuten und hinterlieBen bei Opfem und Zeuglnnen den Eindruck, von einem ,,Rollkommando" heimgesucht worden zu sein. Feindseligkeiten und Aggressionen entluden sich mit groBer Bmtalit~it und wirkten paramilit~irisch organisiert. Die T~itergmppen kamen aus der Region, meist handelte es sich um Zusammenschltisse von Personen aus mehreren Ortschaften. Oftmals erlitten die Angegangenen schwere Verletzungen. Zur Veranschaulichung sei hier ein Oberfall auf eine Tanzveranstalmng geschildert: Unter ,,Sieg-Heil"-Rufen warfen die in Autos mit regionalen Kennzeichen angereisten T~iter in Plastikttiten und -eimern mitgebrachte Pflastersteine durch die Fenster des Lokals und schossen mit Feuerwerksk6rpem und Gaspistolen in die Menge. Mit Billardstticken und Baseballschl~igem schlugen die Angreifer auf die Anwesenden ein. Ein Augenzeuge berichtete: ,,P16tzlich flogen Leuchtraketen durch die Ttir. Es brach Panik aus ... dann flogen die Steine durch die Fenster. Vermummte in grtinen Armeeuniformen und orangefarbenen Bomberjacken s ~ r m t e das Lokal und schlugen um sich (...). Zwei Meter vor mir bekam einer einen Stuhl tiber den Rticken. Tr~inengas kam dazu (...). Das schlimmste war (...), dass einer von den Vermummten mit einer Pistole aus n~ichster Entfemung auf das Gesicht eines Jugendlichen zielte - und abdrtickte. Das war wie eine Hinrichtung. ''337 Der Oberfall dauerte zwischen 15 und 20 Minuten, die T~iter entkamen per Pkw. S ieben Jugendliche mussten zum Teil schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. 338 )idmlich, wenn auch nicht geplant anmutend, verlief ein Angriff durch eine rund zehn- bis Nnfzehnk6pfige Gruppe auf G~iste einer als ,,alternativ" geltenden Kneipe. Die sp~itere T~itergmppe erfuhr von Gesinnungsgenossen bei einem Treffen in einem anderen Lokal im Orte, dass sich im besagten Lokal zwei ,,Zecken" aufhalten wtirden. Die Rechten/Rechtsextremen sttirmten kurz drauf das die Gastst~itte, umringten zwei Jugendliche, die sie der linken Szene zugeordneten, p6belten die beiden unvermittelt an und verprtigelten sie. Ihre Frisuren entsprachen nicht den Vorstellungen der T~iter. Sie hatten lange Haare. Eines der Opfer konnte durch ein Fenster fliehen, das andere wurde entkleidet, minutenlang getreten und mit einem Messer verletzt. Seine Kleidungsstticke wurden angeztindet. Bei der sp~iter stattfindenden Verhandlung verurteile das Gericht einen 19j~ariger K16tzer, der sich selbst zur rechten Szene rechnet, zu zwei Wochen Dauerarrest. Er zeigte vor Gericht keine Reue. Strafmil337Zitiert nach N.N.: Kripo: Bald konkrete Ermittlungsergebnisse,in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 24.10.1992; vgl. N.N.: Chaoten schossen mit Gaspistolen und schlugen mit Baseballschl~igemum sich, in: Volksstimme - Gardelegener Kreisanzeiger 19.10.1992. 338Ahnlich war der Ablauf eines Angriffes durch eine rund zwanzigkOpfige Gruppe Rechtsextremerauf ein Beetzendorfer Lokal w~ihrend eines auch von Linken und Altemativen besuchten Konzerts im April 1993. Die Horde stiarmte vermummt mit Zaunlatten bewaffnet zum Lokal, zerschlugen die Scheiben und schossen mit Leuchtspurmunition in die R~iume.Einige verletzten zwei Linke, die sich vor dem Lokal aufhielten, mit Messem, Latten und Stiefeltritten. Als die Rechtsextremenins das Haus eindringen wollten, wehrten sich Konzertbesucher mit FeuerlOschern und trieben die Rechten in die Flucht. Auf ihrem Riickzug besch~idigtendie Rechten mehrere Autos. Auch hier kamen die Tater aus verschiedenen Kleinst~dten der Region. Von den sieben vor Gericht stehenden Angeklagten kamen drei aus Gardelegen,je einer aus KlOtze, aus Salzwedel und aus dem Kreis Salzwedel. Alle sieben erhielten Verurteilungenwegen Sachbesch~digung, K6rperverletzung und Landfriedensbruch. F~nf der Angeklagten wurden nach Jugendstrafrecht mit ein bis vier Wochen Dauerarrest bestraft, ein Gardelegenererhielt ein Jahr Haft auf drei Jahre Bew~ihrung und eine Geldstrafe von 400 DM. Der siebte, ein 24jfihriger aus Ellenberg, der als Bew~ihrungsversagergait und wegen der Beteiligung an einem Oberfall einer Gruppe Rechtsextremerauf Bewohnerlnnen eines Einfamilienhausesund deren Gfiste am 20. Januar 1994 in Kl6tze aus der Untersuchungshaft vorgefiahrt wurde, bekam eine Haftstrafe von 18 Monaten. Vgl. N.N.: 24jfihriger wurde in KlOtze zu 18 Monaten verurteilt, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 24.02.1994.
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d e m d wirkte sich aus, dass er bei der SchI~igerei nur Turnschuhe trug. Diese galten nicht als Waffe und somit wurde die Tat nicht als schwere, s o n d e m als einfache K6rperverletzung gewertet. Ein Mitt~iter gab zum Tatmotiv an: ,,Eine Zecke hat mich so komisch angesehen." Da habe er ihn weggeschubst und geschlagen, dabei sei ,,die Zecke umgefallen". 339 Ein Rechtsextremer beschrieb derartige Oberf~ille:
,,Da warenja damals aber, wie gesagt, noch halbe anarchistische Zustdinde. Wenn da irgendwo in X [im Bundesland], wenn die auf ihre Dorfdiskos gefahren sind, dann sind die [Rechten] mit ... bewaffnet bis an die Z~ihne in die Diskos rein. Mit Messer und mit Knarre und alles. Und da hat auch nie einer sich ran getraut an die. ,,340 Und weiter:
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,,Damals. Also unglaublich (...), das war wirklich extrem. Ich hab das ja damals (...) a l s - in Anfiihrungsstrichen - Pimpf mitbekommen. Das war teilweise also richtig gef~ihrlich gewesen (...) grad in den Dorfdiskos, well du hie wusstest. Bist (...) dort gesessen und schlagartig ging die Tar auf und haben dann eben z'wanzig [Rechte], (...) die kamen immer an mit Schlagringen und Kram und Knarre hinten hat rausgekuckt (...). "341
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A u f die Frage, ob sich die Angriffe gegen linke Besucherlnnen richteten, hieB es: , j a klar, extrem. ''342 Dartiber hinaus wurden ,,spontan irgendwelche Clubs gestOrt und [die Rechten) sind mit Autos ran gefahren und [haben] alles kurz und klein geschlagen, irgendwelche linken Clubs und so." 343 N e b e n ,,Hit and mn"-Oberf~illen, bei denen rechte Gruppen von auBen in die Gastst~itten eindrangen, entwickelten sich auch Zusammenst6Be innerhalb der Lokale. TM H~iufig trafen rechte/rechtsextreme T~iter und die sp~iteren Opfer zuf~illig in den Tanzlmeipen aufeinander. Die Jugendlichen und j u n g e n Erwachsenen aus der Nahregion waren sich oftmals ,,vom Sehen" oder pers6nlich bekannt waren und wussten, falls es sich nicht ohnehin tiber die Bekleidungsweise feststellen lieB, wer welcher Szene zuzuordnen war. W e n n Auseinandersetzungen nicht in der Lokalit~it eskalierten, dann davor oder auf dem Nachhauseweg, denn eine aktive Konfi'ontationsvermeidung durch Verlassen der Veranstalmng bot keinen Schutz vor Angriffen. Ober eine Tanzveranstaltung ,,auf ner Dorfdisko" wird von 339 Aussage zum Tatmotiv zitiert nach N.N.: Rechter Schlager muss zwei Wochen in Arrest, in: Altmarkzeitung 22.07.1993; vgl. N.N.: Messerstich ins Bein, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 03.06.1992; N.N.: Zwei Wochen Jugendarrest fiar Schlagerei im Altmarker Hof, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 22.07.1993. Die Tat fand am 29. Mai 1992 statt. 340Aneignung gewaltformig, Int. 2, Pos. 393. 341Aneignung gewaltfOrmig, Int. 2, Pos. 399. 342Aneignung gewaltfOrmig, Int. 2, Pos. 402. 343Aneignung gewaltformig, Int. 2, Pos. 393. 344 Vgl. N.N.: Oberfall mit Gaspistolen auf Schwiesauer Disko, in: Volksstimme- Gardelegener Kreisanzeiger 13.12.1993: An einer rechts(extrem) motivierten Attacke auf einige von 120 Besucherlnnen einer Tanzveranstaltung in Schwiesau im Dezember 1993 beteiligten sich rund 15 junge Manner und Frauen. ,,Drei oder vier der Truppe mit Glatzen, Bomberjacken und Stiefeln kamen ganz normal in den Saal rein. PlStzlich hat einer von denen einem Gast die Pistole an den Hals gehalten. (...) Und dann schossen die wild um sich mit Gaspistolen (...). Der Saal war voller Qualm (...). Einige hatten Brandwunden (...). Das alles hat keine Viertelstunde gedauert. Die sind dann raus und haben von draul3en noch auf die Gaststatte geschossen." Es gab vier Verletzte.
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einem Gewaltopfer berichtet 345, man sei, nachdem auch Angeh6rige der rechten/rechtsextremen Szene in der Gaststatte eintrafen, , j a denn schon freiwillig gegangen, weil man wusste, was kommt (...)." Beim Gehen sei noch ,,ein kleiner P u n k e r " aus einer anderen Stadt vor einem m6glichen Angriffen gewarnt worden. ,,Ich hab halt im Weggehen noch zu ibm gesagt." 'Sieh zu, dass du hier weg kommst, weil's garantiert gleich ,;lrger gibt f a r deine Haare. "' Direkt nach dem Verlassen der Gastst~itte, ,,da kam er uns schon hinterher gerannt. Also der war wildfremd (...)." Der Punk bekam das Angebot: ,,Hier komm rin, bei uns in Kofferraum." Eine Wegfahrt mit dem Auto gelang jedoch nicht mehr: ,, Und wir haben es dann nicht mehr geschaffi, mit Auto los zu fahren. Und schon hatten wit zehn von den Rechten ums Auto rum, die aufs Auto eingepriigelt haben, hinten den Kofferraum aufgerissen haben, den Jugendlichen da mit Stiefeltritten traktiert haben und so. Und wir sind halt (...) ausgestiegen aus dem Auto. Die hLitten unsja eh raus gezogen. "
5.2.2.1
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Nach Verlassen des Fahrzeugs ,,haben wir uns halt mit die gepriigelt". Den Angegriffenen gelang die Flucht. Obwohl immer mehr Angreifer gekommen seien, ,,haben (wir) es geschafft, mit nem kaputten Auto und zwei, drei g e b r o c h e n e n N a s e n da w e g zu k o m m e n (...)."
Die Folgen gewaltf'6rmiger Ortsaneignung" Wer kann wo sein?
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Freizeit- oder Wochenendvergntigungen waren far alternative Personenkreise gepr~igt von Unsicherheit oder Anspannung. Einige versuchten durch Gegenwehr oder Pr~isenz eine Nutzung von Vergntigungsorten trotz der drohenden Gefahr Opfer von P6beleien oder k6rperlicher Attacken zu werden, zu behaupten. Auf die Frage nach den Reaktionen auf gewaltfOrmige Angriffe auf Treffpunkte von ,,alternativen" oder linken Personen bzw. auf Gastst~itten, in denen diese sich aufhielten, meinte ein rechtsextremer Interviewparmer: ,,Ja entweder, entweder, entweder hat es zur Folge gehabt, class sie nicht mehr in die Disko gekommen sind, oder es hat zur Folge gehabt, dass die dann halt zwei Wochen sp~iter mit fiinfzig Leuten gekommen sind, oder mit Verst~irkung aus RR [der n~ichstgr6fleren Stadt] und haben dann eben andersrum wieder aufgergiumt. ,,346
Ein Befragter aus dem Alternativspektrum gab zum Umgang mit Rechten~echtsextremen an, man habe sich zwar eine Zeitlang die Gewalt nicht aufzwingen lassen wollen, jedoch letztlich: ,,Ich sag mal so, wenn wit sie erwischt haben, haben wit sie erwischt. Also wit haben versucht, wir sind einfach nut wiitend gewesen und wir haben eingeschlagene Autoscheiben gehabt und dann sind wit los gefahren und haben genau dasselbe gemacht, also das ist .... Wit wollten uns zwar eine zeitlang nicht diese Gewalt aufzwingen lassen, abet (...). Det ist, man hat dadurch komischerweise, das klingt ein bisschen paradox, aber man hat dadurch komischerweise Ruhe
345Auch die folgenden Zitate: Aneignung gewaltfOrmig,Int. 3, Pos. 247. 346Folgen Aneignung gewaltfOrmig,Int. 1, Pos. 406.
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gehabt. Also wenn wit eine kaputte Autoscheibe hatten, haben wit drei kaputt gewichst und n~ichsten Tag haben dann die alteren Leute yon den Faschos schon gesagt: 'hey lasst das mal und Ruhe' und haben auf ihre Jiingeren eingewirkt, dass die nicht so ne Faxen maehen (...). ,,347 Andere wiederum lieBen sich die Orte durch Fernbleiben ,,kampflos" nehmen. Aufgrund der enormen Gewaltandrohung und -anwendung waren die l~indlichen St~itten yon Tanz und Geselligkeit den Angeh6rigen alternativer oder linker Jugendszenen bald verleidet. Innerhalb eines halben Jahres hatte sich ,,das mit den Diskotheken (...) gekl~irt (...), dass das ihr
Freiraum ist, und nicht unser. ''348 Gewaltf6rmige Konfrontationen an und um 6ffentliche(n) und halb6ffentliche(n) Orte(n) waren in allen vier Untersuchungsgebieten zu verzeichnen und fiihrten zu einer nachhaltigen Aufteilung yon Territorien. Bourdieu bezeichnet die Struktur der r~iumlichen Verteilung sozialer AkteurInnen und Nutzungsweisen als Resultat von Auseinandersetzungen um lokale ,,Raumgewinne". 349 Unisono wurde angegeben, es sei zu dieser Zeit schlichtweg darum gegangen: ,,Wer kann hier sein und wer kann nicht sein? ''35~ lAber Magdeburg wurde berichtet, es babe Anfang bis Mitte der 1990er Jahre ,ja richtige Schlachten in Magdeburg" gegeben, ,,wo man, ja, wir immer gesagt haben, durch be-
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stimmte Gebiete h~itten die und die nicht durchgehen k6nnen. Sowohl von links als auch von rechts. ''351 Im Ergebnis ftihrten diese Auseinandersetzungen zu einer Zerteilung der Stadt in ,,rechte" und ,,linke" Quartiere: ,,Die beiden Szenen, sag ich maljetzt so linke und rechte, hatten ihre Stadtteile aufgeteilt. ''352 Den Chronologien zivilgesellschaftlicher Grup-
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pen aus der damaligen Zeit ist zu entnehmen, dass viele Angriffe auf Punks und andere ,,Bunte" in Neu-Olvenstedt stattfanden, in Magdeburg-Stadtfeld hingegen liefen Angeh6rige rechter/rechtsextremer Gesellungen Gefahr k6rperliche gesch~idigt zu werden. 353 In Halle kam es in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung nach Angaben eines Mitarbeiters in einer zivilgesellschaftlichen Initiative ,ja tats~ichlich fast jedes Wochenen-
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de, in irgendwelchen Jugendclubs oder a u f den Straflen zu irgendwelchen Auseinandersetzungen, Schla'gereien (...)" und es gab ,,regelm~iflig Stress in Halle-Neustadt und SilberhOhe (...).,,354
347Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Int. 2, Pos. 193. 348Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Int. 2, Pos. 255. 349 Vgl. Bourdieu, Pierre: Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum, in: Wentz, Martin (Hg.), Die Zukunft des St~idtischen, Frankfurter Beitr~ige, Bd. 2, ,,Stadt-R~iume",Frankfurt a. M./New York 1991, S. 25-34. 350Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Int. 3, Pos. 56. 3s~Folgen Aneignung gewaltfOrmig, MD, Int. 1, Pos. 112. 352Folgen Aneignung gewaltfOrmig, MD, Int. 2, Pos. 302. 353 In einer antifaschistischen Dokumentation war zu lesen, dass sich Anfang 1993 in zwei Magdeburger Kneipen Rechte aus allen Stadtteilen Magdeburgs trafen, um eine Reaktion auf die zunehmenden antifaschistischen Aktionen, insbesondere in Magdeburg-Stadtfeld, zu planen. Am selben Abend versuchten sie, einen Angriff auf ein tiberwiegend von Linken bewohntes Haus zu veriaben und wurden yon der Polizei davon abgehaiten. Vgl. St~idtebericht Dezember/Januar/Februar/M~irz 1993, o.S., Magdeburg, April 1993. Zum Image von Stadtfeld als ,,linkes Stadtviertel" vgl. Albrecht: ,,Man muss sich doch blol~ mal ...", Magdeburg 2005, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. Zu den Auseinandersetzungen in Magdeburg vgl. die St~idteberichte aus Magdeburg November 1992 bis November 1993, in denen eine Vielzahl von Auseinandersetzungen aufgelistet sind. Diese Chronologien teilweise abgedruckt in den Ausgaben der Zeitschrift Subito aus Magdeburg, die ab Ende 1993 bis ins Jahr 1994 hinein erschien. 354Folgen Aneignung gewaltf6rmig, Halle, Int. 1, Pos. 38, 39.
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28./29. Oktober 1991: Gegen 1:30 Uhr stiarmten rund acht Vermummte, bewaffnet mit Baseballschl~igern, Schreckschuss- und Sportwaffen ein Caf6 der linken Szene in der Beesener Stral3e [Silberh6he]. Auf t~3nf G~iste wurde geschossen und eingeschlagen, das Inventar ging zu Bruch, ins Hinterzimmer des Caf6s wurde ein Molotowcocktail geworfen. ,,Einer hat mit einer Axt auf die Tische eingedroschen, die anderen haben die G~iste verpriagelt", so der Cafdbetreiber. Die Opfer wurden teilweise schwer verletzt. Bei einem M~idchen bestand der Verdacht auf Schfidelbasisbruch, einem 50jfihrigen Gast riss das Trommelfell, ein junger Mann hatte zwei Sportgewehrkugeln im Gesicht stecken. Sechs weitere G~iste kamen mit heiler Haut davon, da die Flammen den Angreifern den Weg zu ihnen versperrten. Der durch ein Toilettenfenster ins Freie gelangte Wirt informierte Polizei und Feuerwehr. Laut Insidern soll eine rechte Gruppierung aus HalleSilberh6he for den 13berfall verantwortlich gewesen sein. 355 Jugendclubs, Diskotheken sowie linke Hausprojekte im eher innerst~idtischen Bereich waren Schauplatz von Konffontationen. In Ver6ffentlichungen aus den frtihen 1990er Jahren ist zu lesen, man habe ,,mit dem permanenten Faschostress auf den StraBen fertig werden und die Schl~iger aus der Innenstadt vertreiben ''3s6 mtissen A u c h in Guben teilte sich das Stadtgebiet. W~ihrend ,,am Anfang und Mitte der neunziger Jahre auf jeden Fall das gesamte Neubaugebiet in Guben rechtsdominiert war'' und
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,,yon den jungen Menschen, die dort rum gelaufen sind, doch ein Groflteil auch nach auflen erkennbar der rechten Szene zuzuordnen waren ''357, konnte eine A u s d e h n u n g der Dominanz a u f die Altstadt abgewehrt werden. In der frtihen Nachwendezeit wurden Versuche der rechten Szene, sich auch hier auszubreiten, ,,durch eine relativ starke linke Szene (...) massir verhindert (...)." Letztlich habe es sich ,,mit Straflenschlachten und ohnliches (...) deft-
nitiv gekl~irt, wo wer sich auJhalten darf und wer nicht. ''3s8
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Als besonders eklatant wurde die r~iumliche Einschr~inkung in Gardelegen empfunden, da sie den gesamten Bereich der Freizeitgestaltung umfasste. Aufenthalte an bestimmten Orten waren gekoppelt an starke Bedrohungsgefi~hle und reale Bedrohungssituationen.
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,,Wir sind halt nicht mehr zur Diskothek gegangen. Wir sind bei groflen Volksfesten blofl noch vormittags mal iiber die Stadt gegangen. Aber von uns ist halt keiner abends in das UU gegangen oder in die KK. Das haben wir alles sein lassen. ''3s9 Im S o m m e r sei es selten m6glich gewesen zum Baden zu fahren, weil sich rechte Gesellungen auch in der Badeanstalt oder an den Kiesgruben versammelten. ,,Wenn sie uns gesehen haben, dann haben sie
telefoniert und dann gab's, dann war der Arger vorprogrammiert. ''36~ 35sVgl. Franke, Dirk: In knapp zwei Minuten vier Menschen verletzt, in Mitteldeutsche Zeitung30.10.1991. 356 N.N.: ,,Der nationalistischen Stimmung entgegenstellen." Gespr~ich mit einer Antifa-Gruppe aus Halle/Saale, in: Projektgruppe (Hg.): Antifa. Diskussionen und Tipps aus der antifaschistischen Praxis, Berlin/Amsterdam 1994, S. 127-142, hier S. 133; vgl. Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Halle, Int. 1, Pos. 38, 45, 46; Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Halle, Int. 2, Mitschrift Gespr~ch im Januar 2003; N.N.: Rechte Gewalt eskaliert weiter, in: Tagespiegel 05.10.1992; Krell, Detlef: Die sanfte Tour der Autonomen, in: taz 29.07.1993: ,,Ein Sprecher der Antifa sagt, dass 'Halle eine ziemlich nazifreie Innenstadt' habe und dass sie 'nicht permanenten Fascho-Stress, wie in Dresden oder Rostock', hatten." 357Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Guben, Int. 1, Pos. 6, vgl. Pos. 8. 358 Folgen Aneignung gewaltformig, Guben, Int. 2, Pos. 41; Vgl. N.N.: ,,Sich abzuschotten, nt~tzt nichts", Gesprach mit einer Antifa-Gruppe aus Guben, in: Projektgruppe (Hg.): Antifa .... Berlin/Amsterdam 1994, S. 69-86, hier S. 72; SchrOder: Rechte Kerle .... Hamburg 1992, S. 21-31; N.N.: Kt~hnen-Kundgebung in Cottbus aufgelOst, in: taz 03.12.1990. 359Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Gard., Int. 1, Pos. 66-68. 360Folgen Aneignung gewaltf0rmig, Gard., Int. 1, Pos. 74. Nicht nur in Gardelegen wurden Auseinandersetzungen um die Nutzung bestimmter Orte gefiihrt. In einem Artikel in der Altmarkzeitung ist zu lesen, dass in KlOtze und
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Nach dieser Phase schwerwiegender Angriffe und Konfrontationen galten manche Stadtviertel oder St~idte fortan als rechtsbesetzt. Das Resultat der wohl am besten als ,,Raumk~impfe" zu bezeichnenden Auseinandersetzungen war eine Meidung dieser Gegenden durch Jugendliche - es sei denn sie mussten dort wohnen oder zur Schule gehen - und junge Erwachsene, die sich einer ,,bunten" Jugendkultur zurechneten. GrN3ere Ansammlungen rechter/rechtsextremer Gesellungen im Stragenbild der betroffenen Gegenden untermauerten auch optisch den Eindruck ihrer Dominanz. Die personelle Uberlegenheit dieser Szene - diese seien ,,halt mit zwanzig, dreiflig Leuten aufgetaucht (...) und die zehn Hansels, die da standen, die wurden weggedroschen ganz einfach. Die sind ins Krankenhaus gekommen und dann war Ruhe. Und das macht man zwei, dreimal mit, und dann ldt'sst man es erst mal sein ''361 - und rechts(extrem) motivierte Gewaltexzesse f~hrten dazu, ,,dass wir uns da gar nicht mehr geblickt, blicken lassen haben und somit auch uns haben vertreiben lassen. ''362 ,,Alternative" und ,,Bunte" frequentierten halb6ffentliche Orte wie Gastst~itten und Jugendclubs, in denen es rechten/rechtsextremen Gesellungen gelungen war mittels grol3er Gewaltanwendung bzw. -bedrohung anderen den Aufenthalt zu verleiden, nicht mehr. In den beiden untersuchten Kleinst~idten wichen sie in private R~iumlichkeiten und an als ,,sicher" angenommene halbt~ffentliche Orte aus oder sie trafen sich in nahe gelegenen Ortschaften mit Gleichgesinnten.
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,, Wit sind auf andere Stddte ausgewichen, wie O0 und HH, woes eben eine dementsprechende Szene gab, dass man halt auch mit vierzig, fiinfzig Leuten unterwegs war, wenn irgendetwas gewesen ist. ,,363
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Grol3st~idtische Betroffene suchten ihren Platz in anderen Stadtteilen, in denen mehr ihresgleichen anzutreffen waren. Beispielsweise mieden bis zur Jahrtausendwende Punks und Hip-Hopper so gut es ging das als ,,rechts" geltende Magdeburg Neu-Olvenstedt bzw. verliegen es zur Freizeitgestaltung: ,,Kapuze auf und weg, in die Straflenbahn rein und weg. ~364 Punks oder andere nicht-rechte Szenen waren ,,in Olvenstedt sehr unterrepr(~'sentiert und haben, die haben sich also in der Offentlichkeit auch nicht groflartigjetzt gezeigt. (...) Die haben abet dann halt einfach den Weg a u f sich genommen und sind mit der StraJ3enbahn in das von Punks dominierte Stadtgebiet gefahren, ja." s65 Dartiber hinaus kam es, je nach numerischer St~irke der jeweiligen Jugendszene in den Clubs und dem Ausmal3 der Tolerierung rechter/rechtsextremer Aktivit~iten und Aul3emngen durch das Betreuungspersonal, auch ohne Gewaltakte zu einer Ausdifferenzierung innerhalb von Jugendeinrichtungen. Die hatte zur Folge, dass in ,,rechte" und ,,bunte"/,,nicht-rechte" Jugendclubs unterschieden wurde, die die jeweils anderen nicht mehr aufsuchten. 366 Salzwedel, die als Hochburgen rechter/rechtsextremer und auch linker/linksextremer Gewalt galten, Stragenschlachten ,,rivalisierender Gruppen" stattfanden. Vgl. Gruber: Sonderkommission der Polizei .... in: Altmarkzeitung 17.12.1992. 361 Folgen Aneignung gewaltformig, Int. 2, Pos. 45. 362 Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Int. 3, Pos. 57. 363Folgen Aneignung gewaltf'ormig, Int. 4, Pos. 83. 364 Folgen Aneignung gewaltfOrmig, MD, Int. 2, Pos. 108. 365Folgen Aneignung gewaltf6rmig, MD, Int. 2, Pos. 103,104. 366 Vgl. Folgen Aneignung gewaltf6rmig, Int. 5, Pos. 33; Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Int. 6, Pos. 27; Folgen Aneignung gewaltfOrmig, Int. 7, Pos. 14; Neckel: Waldleben .... Frankfurt am Main/New York, Kapitel: Die rechte Ecke. Geschichte eines Jugendclubs, S. 113-121; Ptichner, Karina: Spurensicherung zur Arbeit der Einrich-
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Obgleich mit der Gewalthaftigkeit der ,,l,taum k ~impfi" e bis circa Mitte der 1990er Jahre nur bedingt zu vergleichen, fanden auch sp~iter in den Untersuchungsorten gewaltfOrmig durchgesetzte Ausschltisse gegen nicht-rechte Jugendliche, junge Erwachsene, Eingewanderte oder ausl~indische Menschen an bestimmten Orten statt. Beispielhaft sei hier ein Lokal beschrieben, das sich erst in der zweiten H~ilfte der 1990er Jahre als fester Treffpunkt rechter Gesellungen etablierte. Die Kneipe OO war ,~u DDR-Zeiten, Nachwendezeiten (...) so eine Hippie-Kneipe, also so eine Szenekneipe f a r irgendwelche Kaputte, die jetzt politisch neutral waren, mehr oder weniger. ''367 Ab Mitre der 1990er Jahre fanden sich dort zunehmend Personen rechter und rechtsextremer Gesinnung aus dem Untersuchungsort und der Region ein, die sich scheuten, in der Gastst~itte ihre Weltanschauung lauthals zu vertreten. ,,Der 00, das war eigentlich eine (...) ganz normale Diskothek kann man sagen. Aber eben auch eine Diskothek, wo auch Rechte ein- und ausgegangen sind. Wo auch Rechte drin gezeigt haben, was far eine Meinung sie vertreten und gih,ja wo man eigentlich auch sagen (kann), dass eben Ausldnder h~itten dort, in der Disco, h~itten es sicherlich sehr schwer gehabt. Die waren dort nicht anzutreffen. ,,368
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Besucherlnnen, die unbedarff die Lokalit~it betraten, wurden mit often rechtsextremen Sprtichen konfrontiert. Beleidigungen, Gewaltandrohungen und Gewalttaten gegen Personen, die nach ihrem ~iugeren Erscheinungsbild nicht dem SchOnheitsideal der rechten Recken entsprachen oder ,,der Linken" bzw. der ausl~indischen BevOlkerung zugeordnet wurden, waren keine Seltenheit. ,,Bunte und Ausl~inder wurden angep6belt und wenn sie nicht rechtzeitig verschwunden sind, dann kam es auch zu Schubsereien u.s.w., als Provok a t i o n - wenn sich die Leute dagegen gewehrt haben, dann kam es zu Schl~igereien. ''369 Aber auch Fremde, und das waren alle, die nicht zum Kreis des g~ingigen Publikums gehOrten, wurden begafft und wer, so ein Polizist, ,,eine Meinung" ~iul3erte, die nicht opportun erschien ,,oder eine Kritik ''37~ flog raus oder bekarn Prfigel. Bei den am Wochenende stattfindenden Tanzveranstaltungen wiesen Ttirsteher ausl~indische oder ,,links" aussehende Personen ab. TM In der Regel jedoch blieben ,,Bunte", Ausl~inderInnen und Linke freiwillig den Disko- und Kneipenabenden fern. Zwar bestanden die BesucherInnen des Lokals an Tanzabenden in der Regel zu rund zwei Drittel aus ,,normalen" G~isten. Wenn die Disko insgesamt schlecht besucht war, konnte es aber vorkommen, dass ,,rund die H~ilfte der Anwesenden", die aus der Stadt oder der Umgebung karnen, ,,dem rechtsextremen Spektrum (...) nahe standen. ''372 Es hiefS: ,,Optisch anders aussehende Leute gehen nicht in den 0 0 . ``373 Diejenigen, die yon einem Aufenthalt in der Kneipe berichteten, beschrieben die tung ,,Rampe" in Magdeburg-Olvenstedt, in: Simon: (Hg.): Spurensuche .... Magdeburg 2005, S. 35-53; Benack, Anke unter Mitarbeit von Anja NOlle, Judith Albrecht, Mirko Wolff: Regionalanalysen in ausgewfihlten Regionen Sachsen-Anhalts (Pilotphase). Projektbericht Altmark, Magdeburg 2003; N.N.: ,,Sich abzuschotten, niatzt nichts" .... in: Projektgruppe (Hg.): Antifa .... Berlin/Amsterdam 1994, S. 69-86, hier S. 71; SchrOder: Rechte Kerle .... Hamburg 1992, S. 21-31. 367HOffo Gastst/itte (G2), Int. 1, Pos. 25. 368HOffOG2, Int. 2, Pos. 12. 369Schriftliche Angaben eines zum damaligenZeitpunkt rechtsextremenAkteurs. 37oHOffOG2, Int. 3, Pos. 77. 371Vgl. HOffOG2, Int. 3, Pos. 9. 372Vgl. schriftliche Angaben eines zum damaligenZeitpunkt rechtsextremen Akteurs. 373HOffOG2, Int. 4, Pos. 27.
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Stimmung dort als ,,krass" und manch einer ist ,,entsetzt raus gerannt" 374 oder verliel3 nach bedrohlichen Ptibeleien das Lokal. ,,Ist Jahre her, das ich dort war. Hab massiv Schla'ge angedroht bekommen, von wegen lange Haare, Bart. Das ging los mit: 'Hallo, du schwule Sau.t'" 375
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Zu den Stammg~isten geh6rten bis Ende der 1990er eine Clique rechter/rechtsextremer Jugendlicher, die im Umfeld eines Jugendclubs agierte, tirtliche rechte/rechtsextreme Skinheads, einzelne Personen aus dem organisierten rechtsextremen Musikspektrum und Jugendliche/junge Erwachsene, die sich auch bei lokalen rechtsextremen Schulungsveranstaltungen einfanden. 376 ,,Die organisierte rechte Szene ist (...) im 0 0 " , liel3 die Polizei verlauten. 377 Die Wirtschaft galt (nicht nur) unter potenziellen und tats~ichlichen Opfem als rechtsdominiert und gef~ihrlich. Letztere verzichteten durchweg auf eine pers6nliche Oberprtifung des Gehaltes dieser Einschgtzung und verliegen sich auf die Beschreibungen anderer. ,,Ira O 0 war ich noch nie drinne", so ein Interviewpartner. 378 Dass sich dort Rechte einfinden, war allgemein tiber Erz~ihlungen bekannt. Noch im Jahr 2003 besuchten rechtsextreme G~iste und deren Umfeld das Lokal. Es musste im Frtihjahr 2004 wegen fmanzieller Ungereimtheiten den Gesch~iftsbetrieb aufgegeben. Ein Teil der ehemaligen Kundschaft war daraufhin in einer anderen als rechtsdominiert zu bezeichnenden Kneipe anzutreffen. 379 GewaltfOrmige Aneignungen 6ffentlicher Pl~itze verliefen ~ihnlich. Wenn auf einem Platz oder in dessen Nahraum mehrmals rechts(extrem) motivierte Gewalt(bedrohungen) zu verzeichnen waren, reichte die Pr~isenz gr6Berer rechter Gesellungen aus, um andere Jugendliche davon abzuhalten, diese Orte zu besuchen. An einer Sportanlage, die anfangs haupts~ichlich von Anhangem nicht-rechter Jugendkulmren genutzt worden war, zeigten sich an warmen Tagen mit der Zeit zunehmend junge Rechte. Altere, die mit dem Wagen vorfuhren, gesellten sich sp~iter hinzu und h6rten aus den Autostereoanlagen RechtsRockMusik. Verbale Auseinandersetzungen zwischen den ursprtinglichen Nutzerlnnen und rechten/rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen blieben nicht aus und nichtrechte Jugendliche verlie6en den Platz, wenn die Pr~isenz der in Autos sitzenden ~ilteren Rechte/Rechtsextremen als zu gewaltig angesehen wurde. Nachdem sich diese zunehmend in Gruppen von zehn bis 15 Personen direkt auf der Anlage einfanden und an regenffeien Tagen ab den frtihen Abendstunden den Platz in Beschlag nahmen, um dort zu herumzustehen und Alkohol zu trinken, galt ,,die Anlage, als von den Faschos eingenommen. ''38~ Anwohnerlnnenbeschwerden wegen Ruhest6rangen bei der Polizei aufgrund des Abspielens lauter Musik TM zeigten wenig Wirkung. Weibliche und m~innliche Skater und Hip-Hopper aber auch andere nicht-rechte Jugendliche nutzten das Areal nicht mehr, wenn die rech374H0ffO G2, Int. 3, Pos. 76; Folgen Aneignung gewalffOrmig,Int. 4, Pos. 27. 375H0ffO G2, Int. 5, Pos. 93. 376Vgl. schriftlicheAngaben eines zum damaligenZeitpunkt rechtsextremenAkteurs. 377H0ffO G2, Int. 3, Pos. 9. 378 Hl~ffO G2, Int. 6, Pos. 13. 379Vgl. HOffOG2, Int. 7, MitschriftTelefon-Interview, ohne Pos.; H/fifO G2, Int. 8, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos. 380OffO Platz (P2), Int. 1, Pos. 8. 38~OffO P2, Int. 2, Pos. 83.
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ten/rechtsextremen Gesellungen das Sportfeld besetzt hielten, da sie zuvor ,,verbal und mit Fdusten ''382 attackiert worden waren. Ein Jugendlicher berichtete: ,,Die Zeiten, an denen sie [die Rechten] abhdngen, sind keine [nicht-rechten Jugendlichen] da, weil die auch die Hosen voll haben. ''383 Doch nicht nur Jugendliche und junge Erwachsene machten einen Bogen um den Platz. Auch Kinder, die wegen ihrer dunkleren Hautfarbe von rechten/rechtsextremen Akteuren ,,dann im Prinzip angemotzt" worden waren oder deren ,,Skateboard kaputt gemacht wurde ''384, waren dort nicht mehr anzutreffen. Bemtihungen eines privaten Tr~igers, sozialp~idagogische Arbeit auf dem Areal zu leisten, scheiterten. Eine Mitarbeiterin ,fiihlte sich bedroht von den Rechten. Sie wurde auch beschimpfi. Wir haben die Arbeit eingestellt. ''385
5.3 Zeiten rechter Dominanz und der Umgang von Opfern mit rechtsdominierten Orten
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Beratungsstellen fi~r Opfer rechtsextremer Gewalt oder andere vor Ort arbeitende zivilgesellschaftliche Initiativen beschreiben pauschalisierend: ,,Getroffen wird ein Einzelner, gemeint sind alle. Alle, die nach den Feindbildern der Rechtsextremisten zu bestimmten Gruppen geh6ren: alle Migranten, alternative und linke Jugendliche (im Nazi-Jargon 'Zecken'), Behinderte. Obdachlose, Schwule und Lesben. Alle bekommen es mit der Angst zu tun, alle werden eingeschtichtert. Viele meiden die Orte, an denen sie wahrscheinlich angegriffen werden k6nnen. ''386 Die Wirkung auf das Opfer, so heil3t es bei Funke, ,,ist seine Vertreibung durch Einschtichtemng, physische Gef~ihrdung oder Zerst6rung. Was wir unter anderen Bedingungen in extremen Formen t~iglich aus dem Kosovo h6ren, fmdet in Keimform vor unseren Augen in Kleinstdosen statt, n~imlich als Vertreibung durch Todesund Gewaltandrohung. ''387 Diese Einsch~itzungen k6nnen nicht ftir alle (potenziellen) Opfer best~itigt werden. Willems/Steigleder kommen in ihrer Studie ,,T~iter-Opfer-Konstellationen und Interaktionen im Bereich fremdenfeindlicher, rechtsextremistischer und antisemitischer Gewaltdelikte" zu dem Schluss, dass die meisten Opfer rechts(extrem) motivierter Taten ,,ihr allt~igliches Verhalten nach eigenen Angaben nicht grundlegend ver~indert" haben. Zwar seien viele nach einer Opfererfahrung vorsichtiger und sensibler im Umgang mit ihnen unbekannten Menschen geworden, meist allerdings leben sie ihr Leben wie bisher, jedoch mit der Einschr~inkung, dass die Tatorte sowie ~ihnliche 6ffentliche Orte ,,fiar einen Teil der Opfer zu Angstzonen (werden), die sie zu meiden suchen. ''388 382OffO P2, Int. 2, Pos. 30. 383OffO P2, Int. 3, Pos. 162. 384OffO P2, Int. 2, Pos. 36. 385OffO P2, Int. 4, Pos. 38. 386Wendel, Kay: Unsere Angst ist ihre Macht, in: .....dann hab' ich mir das Hitlerbtirtchen abrasiert." Exit- Ausstieg aus der rechtsextremen Szene, Bulletin - Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur 2/2002, Leipzig 2002, S. 6-7, hier S. 7; ders: Unsere Angst ist ihre Macht, in: Handeln far mehr Demokratie ist Handeln gegen Rechtsextremismus, Bulletin - Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur Bulletin 4/1998, Berlin 1998, S. 44-46, hier S. 44. 387 Funke, Hajo: Strategie gegen rechts - aus der Perspektive tier Opfer, in: Mecklenburg, Jens (Hg.): Was tun gegen rechts, Berlin 1999, S. 38-45, hier S. 41. 388Vgl. Willems, Helmut/Steigleder, Sandra unter Mitarbeit von Markus Hohnecker, Patrick Linnebach, Angelika Riefer: ,,T~iter-Opfer-Konstellationenund Interaktionen im Bereich fremdenfeindlicher, rechtsextremistischerund
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In den vier Untersuchungsgebieten waren einige Orte nur nachmittags nach der Schule, abends nach Geschgftsschluss oder am Wochenende, einige nur bei gr6geren Tanzveranstaltungen, zur Jugendweihe, w~hrend Stadtfesten oder zu bestimmten Jahreszeiten von Rechten/Rechtsextremen dominiert. ,, (...) es war nicht der friihe Nachmittag, eher der spi~te Nachmittag, bis in die Abendstunden, so 19, 20, 21 Uhr. Vereinzelt bis 22 Uhr, aber das war eher die Ausnahme, ja. Es war jahreszeitlich bedingt, (...) auth. Also im Winterhalbjahr mit Sicherheit nicht so ausgepr~igt, (...) im Freien, sich i~h bis 22 Uhr aufzuhalten, das war einfach unattraktiv, ne. ,,389
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Die Feldbeobachtungen ab Sommer 2002 machten deutlich, dass die Anwesenheit rechter/rechtsextremer Gesellungen auf tiffentlich zug~nglichen Pl~itzen stark von der Uhr- und Jahreszeit und dem Wetter abh~ingig ist. Bei einem Feldaufenthalt im Frt~hjahr 2003, der von einer Rt~ckkehr des Winters und dementsprechend von KNte, Schneegest6bem und Regenschauem gepr~gt war, zeigten sich auger an dem einzigen trockenen Tag weder Jugendliche noch sonst irgendwer in nennenswerter Anzahl auf der Strage. An diesem kalten, sonnigen Tag allerdings fanden sich viele Jugendliche aller Hautfarben an einem im Wohnviel~el liegenden als rechtsbesetzt ge|tenden Platz ein. Eine Jugendliche erzghlte, dass jedoch eine emeute Dominanz von Rechten erwartet werden w~irde, wenn das Wetter dauerhaft angenehmer wird, denn: ,,Ira Kalten stehen die [Rechten) nicht so g e m . ''39~ Andere meinten, ,,ira S o m m e r , wenn's w a r m e r wird, k o m m e n sie wieder raus aus ihren LOchern. D a n n kOnnen sie drauflen saufen. ''391 Einige Wochen spgter konnten an diesem Ol~ ab den fr~hen Abendstunden rechte/rechtsextreme Gesellungen beim Konsum von Alkoholika beobachtet werden. Andere Menschen hielten sich hier nicht auf. Die Definition Offentlicher oder halb6ffentlicher Orte als ,,Angstzonen" war stark von den Dominanzzeiten und von der Zusammensetzung der dort agierenden rechten/rechtsextremen Gesellungen abh~gig. Nicht alle Orte wurden von den Befragten an jedem Wochentag, zu jeder Tageszeit als bedrohlich wahrgenommen. Neben ihrer rgumlichen Lokalisierung k6nnen ,,Angstzonen" also zeitlich bestimmt werden. Manchmal dauert die Vorherrschatt rechter/rechtsextremer Gruppierungen Wochen oder Monate, in einigen Fgllen Jahre. Es sind daher verstetigte und tempor~re Dominanzzonen zu unterscheiden. (3ffentliche und auch einige halb6ffentliche Orte, an denen sich rechte/rechtsextreme Gesellungen nicht st~indig aufhalten, werden wghrend der Dauer ihrer Abwesenheit von anderen genutzt oder begangen, gelten aber dennoch als rechtsbesetzt. Jugendliche nicht-rechter Gesinnung gehen an 6ffentlichen Orten anzutreffenden rechten/rechtsextremen Gesellungen oftmals aus dem Weg, ohne jedoch diese Orte ggnzlich zu meiden. Man wt~rde bei der An-
antisemitischer Gewaltdelikte". Eine Auswertung auf Basis quantitativerund inhaltsanalytischerAnalysen polizeilicher Ermittlungsaktensowie von qualitativen Interviews mit Tgtern und Opfern in NRW. Abschlussbericht, Trier 2003, S. 309. Eine Kurzfassung des Berichts ist unter http://www.lka.nrw.de/fremdenfei/studie.pdf (ges. 06.10.2004) zu finden. 389Zeiten, Int. 1, Pos. 44-45 (SozialarbeiterIn), im Folgenden Soz.); vgl. Zeiten, Int. 2, Pos. 10 (Pol.); Zeiten, Int. 3, Pos. 48 (Soz.) 39oAngabe einer angetroffenen Jugendlichen im Frt~hjahr2003. 391Zeiten, Int. 4, Pos. 49 (Opfer).
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wesenheit gr6gerer Gruppen zwar vorsichtshalber die Stral3enseite wechseln, habe aber keine Angst, beteuerte ein Jugendlicher: ,,Man fiihrt trotzdem hin. Man sagtjetzt hier nicht extra: 'heut k6nnen welche am K-platz, am Z stehen, da fdihrt man nicht lang '. Da fiihrt man lang und versucht eben nicht hin zugucken, li~sst sich nicht anmachen. ,,392
Vor allem an nicht st~indig besetzten Orten sind Anzahl und Alter der als bedrohlich eingesch~itzten Akteure von Bedeutung. Je jtinger die angetroffenen rechten Personen sind oder je geringer ihre Anzahl ist, desto mehr erweitem sich die Handlungsspielr~iume der anderen. Eine Strategie im Umgang mit rechts(extrem) motivierter Gewaltbedrohung ist das Auftreten in gr6geren Gruppen: ,, Wir haben uns dann verabredet, dass wit uns dann und dann in der Stadt da und da treffen, dass wir so viele Leute wie mOglich werden und so ne Sachen. ,,393
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Denn, meinte ein anderer Interviewpartner, ,,wenn man mehr als die Rechten ist, hat man weniger Schiss. ''394 Daraber hinaus ist das erwartete Gewaltpotenzial der rechten/rechtsextremen Akteure ausschlaggebend fiir die Reaktionen der potenziellen Opfer. Orte werden dann gemieden oder es werden Umwege in Kauf genommen, ,,wenn grofle
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Gruppen da sind u n d j e nach dem wer. S'gibt Personen, da fdihrt man nicht hin, wenn die da sind." Gemeint sind damit ,,die Altfaschos", die im lokalen Kontext ,,~chon Rang und Namen haben" oder diejenigen, die als Schl~iger bekannt sind, ,,wo man weiJ3, dass sie es d r a u f haben." Weniger be~ingstigend wirken rechte/rechtsextreme Jugendliche, ,,wo man weifl, die ham eh nichts aufTasche." Eine Tankstelle in einem der Untersuchungsorte wurde ,,je nach dem wie viele und wer da ist" gemieden oder eben nicht. Abends am Wochenende, ,,wenn da zwanzig Mann stehen, f~ihrt man weiter. Nachmittags, wenn da drei bis vier Jungs stehen, geht man schon auch alleine hin. ''395 Pragmatisch wurde festgestellt, dass es
ohnehin selten sei, Freitagabend oder am Samstag tanken zu mtissen. Das Vorhandensein von r~iumlichen Altemativen, die schlechte Erreichbarkeit der Orte oder deren Unattraktivit~it sind weitere Grtinde, von einem Aufenthalt an rechtsdominierten Orten abzusehen. Es kann zudem gesagt werden, dass bestimrnte Orte dann als ,,Angstzone" gelten, wenn sich ihre Aneignung durch eine gewaltf6rmige Vertreibung anderer NutzerInnen vollzogen hat oder wenn von den sich dort aufhaltenden Rechten~echtsextremisten und deren Umfeld Gewaltbedrohungen erwartet werden.
392Zeiten, Int. 5, Pos. 93, vgl. Pos. 84 (Opfer); vgl. Zeiten Int. 6, Pos. 79 (Opfer). 393Zeiten, Int. 7, Pos. 70 (Opfer). 394Zeiten, Int. 4, Pos. 101 (Opfer). 395Zeiten, Int. 4, Pos. 32, 36, 38, 45, 43, 48, 102 (Opfer).
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Die Folgen far die Betroffenen Die Folgen far die Betroffenen sind unterschiedlich. Sachbesch~idigungen an pers6nlichen Gegenst~inden oder Beleidigungen beinhalten einen betr~ichtlichen Anteil an NegativErfahrungen mit rechten/rechtsextremen T~item, jedoch ist der pers6nliche Umgang damit selten von Angst gepr~igt. Hingegen besteht ein hohes Mag an Angst vor k6rperlichen Sch~idigungen: ,,Ich persOnlich hatte am meisten Angst, ich sag mal vor Sachen, die mit dementsprechenden Werkzeugen in Anfiihrungsstrichen, wie Baseballschldger stattfinden, weil man weifl, wie es ausgeht. Ich hab kein Book im Rollstuhl zu sitzen. (...) Autoscheibe kann ich reparieren, aber ich sag mal, was kfrperlich direkt abzukriegen, das ist schon, was am meisten Angst macht. ,,396 ,, (...) kOrperliche Gewalt und Tod, da hat man schon Angst vor. Weil es immer mit Schmerzen verbunden ist. Verbal kann ich absolut mit leben. ,,397 ,,KOrperverletzung. Ja, auf alle Fdlle. ,,398
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,,Aber man hatte doch Angst, dass sie mal einen vom Fahrrad holen (...) oder dass mal gerotzt wird oder so yon denen. ,,399
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Ohnmacht- und Wutgef~hle tiber die Einschr/ankungen der eigenen Bewegungsfreiheit und tiber die Angst vor physischen Verletzungen wurden yon einem Teil der Opfer beschrieben:
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,, (...) Das erste ist immer Ohnmacht und danach kommt einem immer die Wut. Also man ist richtig ohnmdchtig, dass man gegen diese Idioten nichts machen kann, dass es so primitiv, so plump alles ablduft und danach Wut. ,,4oo
Die Resignation dartiber, in als bedrohlich empfundenen Situationen ,,nichts dagegen machen zu k6nnen" nimmt einen hohen Stellenwert ein: ,, Und da klopft mein Herz starker bei mir und ich werde ein bisschen wfitend und ein bisschen ohnmdchtig (...) Und wenn es schneller klopfi, dann ist es einfach, well ich sehr wiitend werde. Irgendwie nervOs und ich weifl, ich werde nichts sagen kOnnen oder nichts machen kOnnen und das ist eben ein Gefiihl der Ohnmdchtigkeit, also dass du eben nichts machen kannst. ,,4ol
396Folgen for Opfer, Int. 1, Pos. 135. 397Folgen far Opfer, Int. 2, Pos. 183. 398Folgen fiir Opfer, Int. 3, Pos. 297. 399Folgen fiir Opfer, Int. 4, Pos. 265. 400Folgen fiir Opfer, Int. 1, Pos. 265. 4ol Folgen fiir Opfer, Int. 5, Pos. 101-103.
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,,Na wir haben uns blofl aufgeregt, dass die einfach zu den Leuten kommen und die belasten, die verletzen, Stress machen. Und dass keiner was dagegen unternimmt. Das man nichts unternehmen kann in dieser Hinsicht. ,,4o2
Oflmals verlieren Opfer, wenigstens for einige Zeit, die F~ihigkeit, sich unbefangen im 5ffentlichen Raum aufzuhalten. Misstrauensge~hle sind sehr pr~isent: ,,Ich merkejetze, dass ich doch teilweise misstrauischer werde, fiberleg, was kOnnte mir passieren. ,,403 ,,Allgemein misstrauischer a u f jeden Fall. ,,404
Gleichwohl sind einige Opfer bemtiht, ihre Angst nicht zu zeigen oder zu ignorieren und sich so weit wie mOglich ein ~ffentliches Agieren nicht nehmen zu lassen: ,,Man hat keine Angst in die Stadt zu fahren, abet es &t doch ein unwohles Gefiihl, wenn man lang f~ihrt so. ,,405
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Ein weibliches Opfer berichtete von einem Zusammentreffen mit einer rechten/rechtsextremen Gesellung, bei dem sie heftig beschimpft wurde, dass sie furchtbar ver~ingstigt gewesen sei, aber dennoch versucht h~itte,
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,,so hart wie m6glich zu klingen oder so, also so, dass die denken: 'Na, sie hat keine Angst. ' Aber ich hatte tierisch groj3e Angst und ich habe gezittert (...) und wollte einfach, dass sie weggehen und ich war ziemlich verzweifelt. ,,406
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Eine Aufemhaltseinschr~inkung an bestimmten Orten wurde von einigen der Beffagten als Unrecht empfunden, dem sich nicht gebeugt werden dtirfe. Einige sich als ,,alternativ" oder ,,antifaschistisch" bezeichnende Jugendliche und junge Erwachsene wollten, trotz eines selbst so eingesch~itzten, hohen Gef'~ihrdungspotenzials, 6ffentliche Pr~isenz zeigen und gingen davon aus, dass ein ,,klein beigeben" im Sinne eines dauerhaften Rtickzugs Wasser auf die Mtihlen rechter/rechtsextremer Akteure sei: ,,Ich hab mich persOnlich nie abschrecken lassen, die Ortlichkeiten auch alleine zu benutzen oder mit anderen zu benutzen, weil es mein gutes Recht ist, auch a u f diesen Plgitzen zu sein. ,,4o7
Die Verdr~ingungspraxis rechter/rechtsextremer Personengruppen an 6ffentlichen Orten und die Austibung von Zugangskontrollen gegentiber Teilen der Bev61kerung bedeuten ftir die Betroffenen einen massiven Eingriff in ihre Bewegungsffeiheit. Die Teilnahme am 6ffentli402Folgen ~r Opfer. Int. 4, Pos. 200. 403Folgen for Opfer, Int. 6, Pos. 85. 404Folgen for Opfer, Int. 3, Pos. 89. 405Folgen for Opfer, Int. 4, Pos. 93. 406Folgen ~r Opfer, Int. 5, Pos. 143,144. 407Folgen for Opfer, Int. 6, Pos. 72.
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chen Leben unterliegt damit Einschr~inkungen, mit denen andere Mitglieder der Gesellschaft nicht konfrontiert sind. Folge dieses Ausschlusses kann ein dauerhafter Rtickzug der Bedrohten von 6ffentlichen Orten sein, an denen eine Dominanz oder Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen vorgefunden wird. Die exkludierende Raumbeanspruchung kann als erfolgreich gelten, wenn die davon Betroffenen aus dem 6ffentlichen Stragenbild und somit aus der 6ffentlichen Wahrnehmung ,,verschwinden". 4~ Es konnten keine allgemeingtiltigen Aussagen zu Coping-Strategien oder zum Meidungsverhalten von Opfern getroffen werden und es bedarf einer weitergehenden Analyse, inwieweit biografische Faktoren und pers6nliche Dispositionen den Umgang mit ,,Angstzonen" beeinflussen. Die Auswirkungen des gesellschaftlichen Status, von Geschlecht, bereits vorhandenen Viktimisierungserfahrungen, Aufenthaltsdauer, der Situation in den Herkunftsgebieten und der sozialer Verankerung in der Bundesrepublik/im Wohnort auf die Verarbeitung von durch rechte/rechtsextreme Akteure ausgetibte Gewalt oder auch auf die Gewalterwarmng im lokalen Nahraum bleibt ungekl~irt. Nach dem Ergebnis einer Fragebogenerhebung des sachsen-anhaltinischen Ausl~inderbeauftragten von 2002 spielen die Herkunftsgebiete von Asylsuchenden oder Eingewanderten bei Bedrohungs~ingsten an 6ffentlichen Orten eine betr~ichtliche Rolle. Menschen aus dem arabischen Raum Nhlen sich noch vor jenen aus asiatischen L~indern in Sachsen-Anhalt weniger unsicher als Stideurop~ierInnen. Am zugespiztesten ist die Angst vor k6rperlichen und verbalen l ~ e r g r i f f e n bei Personen vom afrikanischen Kontinent. 4~ Hinweise auf die Einordnung von Gewaltandrohung und Gewalterwartungen im Zusammenhang mit handlungsleitenden Vorerfahrungen sind bei Mtinch zu finden. In ihrer Studie tiber den allt~iglichen U m g a n g dunkelh~iutiger Studierender in Frankffta/Oder mit lokalisierter Gewaltbedrohung vergleicht ein Interviewparmer die Bedrohung in Frankfurt/Oder mit jener in seinem Herkunftsland Jamaika:
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..... Being here is probably being attacked by people who don't like people of African descent, but the thing is in Jamaica where, if you have a problem with someone then you're killed. You might be killed. Or if they cannot kill you then they kill your brother or your mother or your daughter or something, but here I think you'll only get beat up most of the times. So it's pretty much ok. I mean it's not the best, you know, it's just something you have to be careful of going home late at night ... ,41o
408Klaus Ronneberger zeigt am Beispiel der Exklusion von sogenannten sozialen Randgruppen (Bettlern, Pennern, Drogenabhangigen) aus Einkaufszentren und Innenstfidten auf, dass Aufenthaltsverweigerungenzu einer dauerhaften Verbannung bestimmter Menschengruppen aus der kontrollierten Zone fiahren k6nnen. Mit Hilfe einer repressiven Verdrfingungspraxis wird eine selektive soziale Homogenitfit hergestellt. Vgl. Ronneberger, Klaus: Die revanchistische Stadt. lSlberwachen und Strafen im Zeitalter des Neoliberalismus, in: Dinges, Martin/Sack, Fritz (Hg.): Unsichere Grogst~idte? Vom Mittelalter bis zur Postmoderne, Konstanz 2000, S. 313-332, hier S. 330ff. 409Vgl. Pienig, Gt~nter: Angstr~iume von Ausl~nderinnen und Ausl~ndern in Sachsen-Anhalt, hg. vom Ausl~nderbeauftragten Sachsen-Anhalt, unverOffentlichte Studie, Magdeburg 2002, hier S. 3f. Hinsichtlich der Herkunftsgebiete umfasst die Gruppe ,,St~dosteuropa" die Balkanltinder und die Tt~rkei und die Gruppe der ,,arabischen L~inder" neben den Lfindern des Nahen Ostens auch die nordafrikanischen Lander. Die Auswertung basierte auf 194 (126 m, 49 w) ausgef~llten FragebOgen. 4~o Vgl. Mt~nch, Anna Verena: Zum Alltfiglichen Umgang mit lokalisierter Gewaltbedrohung. Studierende mit dunkler Hautfarbe in Frankfurt (Oder), unv. Diplomarbeit am Institut ~r europ~ische Ethnologie der HumboldtUniversitfit zu Berlin, Berlin, 2005. Die Interviewpassage befindet sich auf S. 62.
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Der Interviewte stellte fest, dass die allt~gliche Gewalt, die Gefahr wegen nichtiger Anl~isse get6tet zu werden und das zudem von Menschen derselben Hautfarbe, in Jamaika viel gr6Ber sei als in Frankfurt/Oder. Er empfand es als Erleichterung, in Frankfurt/Oder lediglich auf alkoholisierte Jugendliche und junge Mgnner oder auf einschl~gige Kleidung achten zu mtissen, um eine Bedrohung einigermal3en einzusch~itzen. Hingegen empfand ein Asylsuchender, der w~hrend der Dauer seines Asylverfahrens in einer der untersuchten St~idte lebte, die von ihm wahrgenommene allt~gliche Bedrohung und die fi~ ihn damit verbundene Einschr~nkung seiner Bewegungsfreiheit als besonders problematisch: ,,Das ist mehr Problem als was man hat zu Hause, weswegen man herkommt und dann kann man hier auch nicht a u f die Strafle oder in einen Platz oder so gehen. ,,411
Von ~ihnlichen Einschnitten in ihre Bewegungsfreiheit berichteten in einem anderen Untersuchungsort lebende Asylsuchende aus afrikanischen Lgndem: ,, Wir k6nnen nicht die, zum Beispiel am nacht, i~h in der Nacht spazieren gehen in, mit Si- Sicherheit, weil wir sind .... Weil wit Schwarze sind. ,,412
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Es kann nicht von ,,dem" Opferverhalten gesprochen werden. Zu unterschiedlich sind die individuellen oder kollektiven Coping-Strategien im Umgang mit rechts(extrem) motivierter Gewalt. Je nach ihrem gesellschaftlichen Status, ihrem kulmrellen Hintergrund, ihrem Alter, ihrem Geschlecht und den Herkunftsl~indem k6nnen die Coping-Strategien der Betroffenen variieren.
5.4 Die funktionale Dimension rechtsdominierter Trefforte
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In diesem Unterkapitel wird der Frage nach dem ,,Salz in der Suppe", sprich die Frage nach Entstehungspraxis und Entstehungsorten der hohen Integrationskraft eines durch gemeinsamen Habims und gemeinsam genutzte Symbole und Symboldeutungen geschaffenen Gemeinschaftsgefiihls rechter/rechtsextremer Akteure nachgegangen. 4~3 Die unterschiedlichen Trefforte erfiillen unterschiedliche Funktionen bei der Entstehung von ZugehOrigkeitsgeftihlen und identitgtsstiftender Inhalte einer rechten/rechtsextremen Szene. Je nach Grad der Zuggnglichkeit kann sich die personale Zusammensetzung der Akteure ~indem, ebenso die an den jeweiligen Orten stattfindenden Handlungen und sozialen Normierungen. Entlang der Kategorien ,,6ffentlicher", ,,halb6ffentlicher" und ,,privater" Orte wird aufgezeigt, welche Formen von Interaktion und Kommunikation an den jeweiligen Trefforten 4~ Folgen ftir Opfer, Int. 7, ohne Pos. 412 Gruppeninterview mit vier mannlichen Asylsuchenden aus Burundi, ohne Pos., unv. Interviewtranskript, zur VerfOgung gestelltyon Peter-Georg Albrecht, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. 4~3Die Darstellung beschrankt sich auf feststehende Orte, mobile Raume wie Aufm/irsche bleiben unberticksichtigt. Zur Aufmarschpolitik rechtsextremer Gruppierungen und deren Wirkung nach innen und aul3en, vgl. Virchow: ,,Besonders zur Resignation"..., in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Heft 4 (2003), S. 80-85; ders.: The groupuscularization .... in: Patterns of Prejudice, Nr. 1 (2004), S. 56-70; ders.: Dimensionen der ,,Demonstrationspolitik" der extremen Rechten in Deutschland, in: Klarner/Kohlstruck (Hg.): Moderner Rechtsextremismus .... Hamburg 2006, S. 68-101.
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gelebt werden und wie sie zur Konstitution der Szene beitragen. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf halb6ffentlichen und privaten Orten der Zusammenkunft, da in den Untersuchungsgebieten rechte/rechtsextreme Gesellungen in weit geringerem Umfang an 6ffentlichen, festen Treffpunkten zu finden waren, als dies bis Ende der 1990er und Anfang der 21. Jahrhunderts der Fall war. Wenn auch nicht zeitgleich in allen vier Ortschaften/Stadtvierteln, so ist eine Entwicklung hin zu Zusammenktinften an halb6ffentlichen und privaten St~itten bzw. eine Tendenz zur ,,Privatisierung" der Szene zu beobachten. Zwischen 2001 und 2004 fanden in den Untersuchungsorten regelm~il3ige Zusammenktinfte eher in Wohnungen, ... ,,Es ist halt einfach so momentan [Sommer 2003], class sich die Cliquen oder die Kameradschafien oder wie auch immer, sich nicht hier auf Offentlichen PRitzen auJhalten, sondern sich eher in Wohnungen zuriick gezogen haben. ,,414
... Liegenschaften, Kleing~irten ...
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..... wobei die Gruppierungen verstarkt dazu abergehen, a u f private Grundstiicke oder in private Gdrten auszuweichen, wo man sich zusammensetzt und dann mehr oder weniger im stillen K6mmerlein versucht, das eine oder andere durchzuziehen ... ,,415
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... und Kneipen statt, denn an 6ffentlichen Orten. Nach Beobachtungen der Befragten hat ein Wandel stattgefunden. Rechte/rechtsextreme Gesellungen sind nicht mehr allein auf 6ffentliche Treffpunkte angewiesen. Viele der ~ilteren rechten/rechtsextremen Akteure warden sagen:
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,, 'Also das was wir mOglicherweise jetzt noch, [Pause] ja, zu besprechen haben, oder was, was uns ausreicht sind halt einfach der, der private Raum. Und wir besuchen irgendwann Gaststditten so, wo wir uns ~ih wieder austauschen k6nnen und unsere Freizeit verbringen kOnnen. Oder wir gehen halt einfach in Wohnungen und haben damit aber die GewLihr, dass uns j a keiner st Ort '. ,,416
Offentliche Orte
(3ffentliche Orte dienen als Btihnen fiir Selbstinszenierungen, Provokationen und Ab- bzw. Ausgrenzungshandlungen. Die oftmals mit Gewalteinsatz erfolgte Besetzung von allgemein zug~inglichen Orten bietet den meist jugendlichen rechten/rechtsextremen Gruppierungen Gelegenheiten, sowohl nach innen als auch nach aul3en Handlungsf'~ihigkeit zu demonstrieren und Sichtbarkeit zu erleben. Regelm~igige Versammlungen von Angeh6rigen der rechten Szene an 6ffentlichen Orten lassen ,,durch die schlichte Anwesenheit, aber auch durch
414Funktionale Dimension, Int. 1, Pos. 10 (Soz.). 415Funktionale Dimension, Int. 2, Pos. 8, vgl. Pos. 19 (Pol.); vgl. Funktionale Dimension, Int. 3, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos.; Funktionale Dimension, Int. 4, Pos. 27, 29 (Pol.). 416Funktionale Dimension, Int. 5, Pos 29 (Soz.).
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aggressives Agieren eine bedrohliche Atmosph/are entstehen. ''417 An 6ffentlichen Orten k6nnen sic das Wirken von einschtichtemden Aktivit~iten tiberprfifen, indem sic Aufmerksamkeit erzwingen oder auch Angst erzeugen. 418 Die Ver6rtlichung von ,,Outdoor"Aktivit~iten wird als territoriale Aneignung erlebt und die daraus abgeleitete Exklusivit~it von Besitz- oder Verffigungsansprtichen wird gegen diejenigen verteidigt, die eine Ausschlieglichkeit der V e r ~ g u n g s m a c h t streitig zu machen scheinen. 4~9 Heitmeyer spricht davon, dass sic als Ort von Provokation und Machtdemonstrationen begehrt sind, da hier die sichtbarsten Erfolge zu erwarten seien 42~ und provokativ das grunds~itzliche Recht des freien Zugangs ffir alle BOrger verletzt wird. Seit den frtihen 1990er Jahren dienen 6ffentlich zug~ingliche Orte verst~irkt als InszeniemngsbOhnen far meist jugendliche Gesellungen des rechten/rechtsextremen Spektrums. Ungeachtet der in den Untersuchungsorten festgestellten geringen H~iufig- und Dauerhaffigkeit von tiffentlichen Treffpunkten rechter/rechtsextremer Gesellungen haben sic die Funktion eines Sozialraumes, der nach Beste gleichermagen als (sub)kulmreller und identit/atsstiffender sozialer Raum wie als Freizeitund Erlebnisraum gelten kann. 421 Gerade sein 6ffentlicher Charakter macht diesen Raum anf~illig ~ r ,,Kolonisierung" durch Gruppen, die ihn zu ihrem ,,home territory ''422 erkl~iren. Vor allem quartiersgebundene Cliquen, deren Trefforte sich im Wohnumfeld befinden, fallen bei der Besetzung von 6ffentlichen Orten durch Gewalt(androhungen) auf und schlagen auf Stragen und Pl~itzen nicht selten vor den Augen von PassantInnen zu. Drohgeb~irden und ,,Anmache" rechter/rechtsextremer Gesellungen k6nnen sich gegen alle PassantInnen richten und unterscheiden sich wenig vom Territorialverhalten anderer an bestimmten Orten anzutreffenden delinquenten, meist maskulinen Gmppierungen, bei deren 6ffentlichen Auftritten ebenfalls k6rperliche Gewalt einen hohen Stellenwert einnimmt. 423 Meist jedoch richten sich die Aggressionen rechter/rechtsextremer Gesellungen
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417Pfahl-Traughber: Die Entwicklung des Rechtsextremismus .... in: Grumke/Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus.... Opladen 2002, S. 29-41, hier S. 35; vgl. ders.: Die Entwicklung des Rechtsextremismus in Ost- und Westdeutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/2000, Bonn 2000, S. 3-13. 418 Vgl. Hafeneger, Benno/Jansen, Mechthild: Rechte Cliquen. Alltag einer neuen Jugendkultur, Weinheim/Mtinchen 2001, S. 215. 419Vgl. MNler, Kurt: Rechtsextremismus und Jugendgewalt. Befunde und Ursachen, in: Kammerer, Bemd/PrNBKammerer (Hg.): recht extrem.de. Auseinandersetzungen mit Nationalsozialismus und RechtsextremismusKonzepte und Projekte der politischen und historischen Bildung, Ntirnberg 2002, S. 112-122, hier S. 118; ders.: Gewalt und Rechtsextremismus als Ph~inomen yon Jugendcliquen, in: Andresen, Sabine/Bock, Karin/Brumlik, Micha/Otto, Hans-Uwe/Schmidt, Mathias/Sturzbecher, Dietmar (Hg.): Vereintes Deutschland - geteilte Jugend. Ein politisches Handbuch, Opladen 2003, S. 257-269, bier S. 26 lf. 420Vgl. Heitmeyer: Sozialr~umliche Machtversuche .... in: Kalb/Sitte~etry (Hg.): RechtsextremistischeJugendliche- was tun?, Weinheim/Basel 1999, S. 47-79, hier S. 60. 421Zur Funktion yon Sozialraumen: Beste, Hubert: Zonale Raumkontrolle in Frankfurt am Main in ausgehenden 20. Jahrhundert, in: Dinges/Sack (Hg.): Unsichere GroBstadte?, Konstanz 2000, S. 333-354, bier S. 343. 422Vgl. Lyman, Stanford M./Marvin B. Scott: Territoriality: A Neglected Sociological Dimension: in: dies. (Hg.): A Sociology of the Absurd, New York 1970, S. 89-109, hier S. 92. 423Vgl. Kersten, Joachim: Sichtbarkeit und stadtischer Raum. Jugendliche Selbstinszenierung, Mannlichkeit und Kriminalitat, in: Breyvogel: Stadt, Jugendkulturen .... Bonn 1998, S. 112-128; Camino - Werkstatt mr Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich GmbH (Hg.): Jugendgewalt und ethnische Zuordnungen in einem Berliner Innenstadtviertel. Erstellt von Heinz J. de Vries, unter Mitarbeit von Sabine Behn, Matthias Brandl, Kerem Atasever, Berlin 2002. Zum l)berschneidungsbereich von fremdenfeindlichen Straftaten mit allgemeiner Jugenddelinquenz vgl. Peucker, Christian/GaBebner, Martina/Wahl, Klaus: Analyse polizeilicher Ermittlungsakten zu fremdenfeindlichen, antisemitischen und rechtsextremistischen Tatverd~ichtigen, in: Wahl, Klaus (Hg.): Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Berlin 2001, S. 12-88, hier S. 44; Kohlstruck,
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vorrangig gegen Menschen, die nach ihrem ~iuBeren Erscheinungsbild den Feindbildern der Szene entsprechen. Gerade die Auswahl von ,,Feindgruppen" ist nach Pfahl-Traughber ein Indiz ffir eine politische bzw. eine extremistische Einstellung der T/~ter.424 Nicht-rechte und ,,bunte" Jugendliche und junge Erwachsene sind in hohem MaBe von oftmals gewaltf6rmigen Verweigerungen des Zugangs zu/Jffentlichen Orten betroffen. Andere Personengruppen gerieten aufgrund ihres Alters, der Art ihrer Freizeitgestaltung oder wegen ihrer geringen Feindbildentsprechung der Feindbilder rechter/rechtsextremer Akteure nur selten ins Visier aggressiven Handelns. Die befragten Asylsuchenden berichteten von allt/~glichen so unangenehmen Diskriminierungen durch ,jedermann", dass sie 6ffentliche Orte, unabh/~ngig von einer mCJglichen Pr~senz oder Dominanz Rechter/Rechtsextremer, wenn nicht am Tage, so doch in den Abend- und Nachtstunden weitgehend mieden. 425 Das demonstrative Revierverhalten rechter/rechtsextremer Gesellungen an r Pl~itzen ver/~ngstigt Personen, die dern Feindbild dieser Gruppierungen entsprechen, aber auch andere PassantInnen und AnwohnerInnen. 426 So ergab ein Studie Ober Unsicherheitsgeft~le in JenaWinzerla, dass sich die meisten AnwohnerInnen vor Gruppen von Jugendlichen (16,6 Prozent undeflnierte Gruppen) ~rchteten, und dabei Gruppen von ,,rechten" (14,5 Prozent) und angetrunkenen Jugendlichen (7,5 Prozent) hervorhoben. 427 ZusammenkOnfte an Bahnhofs-, Tankstellen- oder Supermarktvorpl/~tzen sowie an markanten Stellen, wie kleine, leicht zu tiberschauende P1/~tze, die in der Stadtplanung als die 6ffentlichsten R/~ume der Stadt gelten 428, f'6rdern die Identit~it der Gruppe und spielen for die Herstellung eines integrativen, sozialen Zusammenhangs eine Rolle. Offentlich zug~gliche Orte sind jedoch anf~illig ffir Interventionen seitens der Kontrollorgane oder der Anwohner wegen auftretender L/~rmbel/~stigungen St6raktivit/~ten wie Anzeigen wegen Rt~est6rung oder eine Bestreifung durch die Polizei sind bei geschlossenen Veranstaltungen in abgelegenen Gasth/~usern oder auf privatem Gel~inde weniger zu erwarten. Nach den Erfahrungen eines sachsen-anhaltinischen StaatsschOtzers finden Veranstaltungen rechter/rechtsextremer Gruppierungen vermehrt auf privatem Gel/~nde oder in privaten Objekten statt. Beispielsweise seien die St~idte Magdeburg und Halle dazu Obergegangen zu i~berprfifen, wer wann wo was anmeldet und welche m/~glichen Verbotsgrfinde gegeben seien.
Michael: Politische Randale? Jugendgewalt und Rechtsradikalismus im Land Brandenburg, in: Faber, Richard~unke, Hajo/Schoenberner, Gerhard (Hg.): Rechtsextremismus. Ideologie und Gewalt, Berlin 1995, S. 124135; Marneros, Andreas: Hitlers Urenkel .... Bern/M0nchen/Wien2002. 424Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Ursachen rechtsextremistisch motivierter Gewalt. Kritische Priffung von Erkl~rungsans~itzen anhand der wissenschaftlichen Forschung, in: Kriminalistik, Nr. 1/2004, S. 38-43. 425 Vgl. Funktionale Dimension, Int. 7, ohne Pos. (Asylsuchender aus Syrien); vgl. auch Gruppeninterview mit Asylsuchenden aus verschiedenen afrikanischen Lfindern und Gruppeninterviewmit Asylsuchenden aus Burundi, unv. Interviewtranskripte zur Verf%ung gestellt von Peter-Georg Albrecht, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. 426Vgl. Funktionale Dimension, Int. 6, Pos. 22 (Pol.); vgl. Baake, Dieter: Jugend und Jugendkulturen, Darstellung und Deutung, Weinheim/Mtinchen 1993; Farin, Klaus: generation kick.de. Jugendkulturen heute, Mtinchen 2001; VS-Bericht Brandenburg 2004, Potsdam 2005, S. 35. 427Elsner/Lakemann: Stadtteilanalyse .... Jena 2003, S. 76. 428Schubert: StfidtischerRaum .... Opladen 2000, S. 20.
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Diese Interventionen z0gen eine Verlagerung mancher Aktivit~iten in private Anlagen nach sich, ,, weil man sie 6ffentlich nicht mehr groflartig durchdriicken kann (...). Ob jetzt jemand eine Gaststi~tte hat und darin mal eine Disco-Veranstaltung oder eine Musik-Veranstaltung durchfiihrt, als geschlossene Gesellschafi. Oder auf einem gr6fleren Grundstiick, auf dem sich ein Gebi~ude befindet, halt eben auch ein Konzert oder einen Live-Abend oder einen Heimatabend, (...) dann organisiert und unter, ich sag mal, Rufen zahlreichen, dann durchfiihrt. ,,429 Versammlungen an privaten Treffpunkten entheben die rechten/rechtsextremen Akteure einer Anpassungsleistung an sozialp~idagogisch begrtindete, vorgegebene Hausordnungen von Jugendeinrichtungen. Zudem ist hier eine Kontaktaufnahme, Betreuung oder Intervention durch Sozialarbeiterlnnen schwerlich m0glich: ,,Sie ziehen sichjetzt also teilweise in Kleingruppen in Wohnungen zuriick, die sie hier irgendwo haben, wo wir also keinen Zugang haben. ,,43o
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Halbiiffentliche/private Orte
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Aus ordnungspolitischer Sicht und aus Sicht der von L~irm, Anmache und Gewalt(bedrohung) Betroffenen ist der Rtickgang Unruhe stiftender und Angst verursachender Zusammenktinfte an 6ffentlichen Orten zu begrtigen. Der Rtickzug an halb- und nicht6ffentliche Trefforte bedeutet allerdings keine Schw~ichung der rechten/rechtsextremen Szene. ,,Man sieht und hOrt nichts mehr von ihnen. Aber sie s i n d j a noch immer da", so ein Interviewparmer. 431 Nicht nur, dass die Nutzung von privaten Liegenschaften als Orte rechtsextremer Aktivit~iten in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen hat und hier kleine und gr613ere Treffen von organisierten Rechtsextremisten s t a t t f i n d e n - auch eine Vielzahl von RechtsRock-Konzerten werden solcherorts durchge~hrt. Im Jahr 2005 fanden zum Beispiel in Sachsen tiber 60 Prozent der registrierten Musikdarbietungen des rechtsextremen Spektrums an halb6ffentlichen oder privaten Orten statt. Die Verfassungsschtitzer des Bundeslandes ffihren die Verdoppelung der Anzahl von Konzertveranstaltungen mal3geblich auf das Vorhandensein derartiger Orte zurtick. Neben den logistischen Vorztigen eines zumeist vorhandenen technischen Equipments und von Versorgungsm6glichkeitenjedenfalls in Gasth~iusern- spielen die Besitzverh~iltnisse eine wichtige Rolle. In der Regel finden die RechtsRock-Konzerte auf Privatgel~inde start, was dem Eingreifen der Beh6rden rechtliche Grenzen setzt: ,,Aufl6sungen der Veranstaltungen sind kaum m6glich. ''432
429Funktionale Dimension, Int. 2, Pos. 75, vgl. Pos. 10 (Pol.). 430Funktionale Dimension, Int. 8, Pos. 63 (Soz.). 431Funktionale Dimension, Int. 8, Pos. 64 (Soz.). 432VS-Bericht Sachsen 2005 (Kurzfassung), Dresden 2006, S. 16. Die Anzahl hat sich in Sachsen von 31 Konzerten im Jahr 2004 auf 66 im Jahr 2005 erh0ht. Zur Entwicklung in anderen Bundesl~indern vgl. VS-Bericht Sachsen-Anhalt 2004, Magdeburg 2005, S.10-12 zu Konzerten auf Privatgelande und in Kneipen. Zu Thiaringen vgl. Dornbusch, Christian/Raabe, Jan/Weiss, Michael: Etablierte Parallelwelten, in: Monitor. Rundbrief des apabiz e. V., Nr. 24, Marz 2006, S. 1-3, hier S. 2.
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Die Verlagerung von Gmppenaktivit~iten an halb6ffentliche und private Orte ist ein Hinweis auf eine zunehmende Einbindung der Akteure in rechtsextreme Milieus. Die Ergebniss e d e r Studie ,,Rechte Cliquen" von Hafeneger/Jansen lassen den Schluss zu, dass mit zunehmender Organisierung und einer festeren Verankerung in rechtsextreme Strukturen Treffpunkte an weniger publikumstr~ichtigen Orten wie rechte Kneipen, Clubr~iume, Parteih~iuser oder private Treffpunkte ft~ die Akteure an Bedeutsamkeit gewinnen. Die Gruppierung, die von Hafeneger/Jansen als eindeutig rechtsextrem eingestuft wird, zog sich mit zunehmender Radikalisierung und verfestigten Kontakten zu rechtsextremen Organisationen von 6ffentlichen Orten zuriJck. 433 Untemehmungen an halb- und nicht6ffentlichen Orten sind der Publikumsbeobachmng weitgehend entzogen. Die hier stattfindenden Aktivit~iten haben aber einen hohen Anteil an der Integration in rechtsextreme Strukturen und erleichtem eine lang anhaltende Anbindung an rechtsextreme Lebenswelten. Oftmals wenig spektakul~ir, dennoch gemeinschattsbildend, bietet der ganz banaIe braune Alltag, gelebt mit Freunden oder Kameraden, eine Ftille von Ankntipfungspunkten mr eine habimelle und ideologische Anpassung an die rechte/rechtsextreme Szene.
Funktion von halb- und nicht-6ffentlichen Treffpunkten mr die rechte/rechtsextreme Szene
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5.4.1
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Im Urteil neuerer Ver6ffentlichungen im Bereich der Rechtsextremismusforschung wird unter Berticksichtigung von Erkenntnissen der Bewegungsforschung das Ph~inomen des bundesdeutschen Rechtsextremismus zunehmend als soziale Bewegung charakterisiert. 434 Gestatzt auf die im deutschsprachigen Raum g~ingigen Bewegungs-Definitionen von Raschke und Rucht g i l t - hier nach Rucht 435 - unter anderem das Vorhandensein eines mobilisierten Netzwerkes als Indikator einer sozialen Bewegung. Dessen Komponenten bestehen aus informellen Zirkeln und Cliquen, Kameradschaften und Btinden sowie fest
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433Vgl. Hafeneger/Jansen: Rechte Cliquen .... Weinheim/Miinchen 2001, S. 151. 434 Vgl. Bergmann, Werner/Erb, Rainer: Eine soziale Bewegung von rechts? Entwicklung und Vemetzung einer rechten Szene in den neuen Bundesl~indem, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Heft 2/1994, S. 8098; Kriesi, Hanspeter: Bewegungen auf der Linken, Bewegungen auf der Rechten: Die Mobilisierung von zwei neuen Typen von sozialen Bewegungen in ihrem politischen Kontext, in: Swiss Political Science Review, Nr. 1/1995, S. 1-46, unter http://www.spsr.ch/Archive/Voll/Issuel/Articles/t01.pdf, ges. 24.08.2005; Koopmans, Ruud: Soziale Bewegung von rechts? Zur BewegungsfOrmigkeit rechtsradikaler und auslfinderfeindlicher Mobilisierung in Deutschland, in: Mecklenburg (Hg.): Handbuch .... Berlin 1996, S. 767-781; Hellmann/Koopmans (Hg.): Paradigmen der Bewegungsforschung .... Opladen 1998; Berliner Debatte Initial, Nr. 1/1999, Thema: Rechtsextremismus als soziale Bewegung?, Berlin 1999; Rucht: Rechtsradikalismus aus der Perspektive .... in: Grumke/Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus .... Opladen 2002, S. 75-86; Kl~imer, Andreas/Kohlstruck, Michael: Rechtsextremismus - Thema der Offentlichkeit und Gegenstand der Forschung, in: dies. (Hg.): Modemer Rechtsextremismus .... Hamburg 2006, S. 7-41, hier S. 24-33. 435Rucht, Dieter: Modernisierung und neue soziale Bewegungen. Deutschland, Frankreich und USA im Vergleich, Frankfurt am Main/New York 1994, S. 76f: ,,Soziale Bewegungen sind auf eine gewisse Kontinuit~it angelegte, mobilisierte Netzwerke von Gruppen und Organisationen, deren Handlungssystem durch kollektive Identitat abgestiitzt ist und die sozialen Wandel mittels variablen Aktions- und Protestformen - yon friedlich bis gewaltt~itig, herbeiftihren, verhindern oder rtickgtingig machen wollen." Raschke, Joachim: Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Grundriss, Frankfurt am Main/New York 1985, S. 77. Seine Definition von sozialen Bewegungen lautet: ,,Es handelt sich bei sozialen Bewegungen um einen mobilisierenden kollektiven Akteur, der mit einer gewissen Kontinuit~it auf der Grundlage hoher symbolischer Integration und geringer Rollenspezifikation mittels variabler Organisations- und Aktionsformen das Ziel verfolgt, grundlegendensozialen Wandel herbeizufiihren, zu verhindem, oder riickg~ingig zu machen."
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strukturierten Organisationen wie Parteien. F~ir den Nachweis des Vorhandenseins einer Vemetzung rechtsextremer Gruppierungen werden die Rolle und die organisatorischen Verbindungen zwischen verschiedenen, namentlich benannten Einzelakteuren oder Gruppen hervorgehoben. Nachweisbar dadurch, dass sich die an Aufmgrschen beteiligten Gruppen auf Spruchb~indem und Fahnen mit Namen und/oder Ortsangaben kenntlich machen oder durch die Mobilisierung verschiedener regionaler/t~berregionaler Gruppierungen zu einem bestimmten Anlass. Das Kommunikations- und Aktionsnetzwerk schafft sich t~ber gemeinsame Veranstalmngen, Gedenktage und Aufmgrsche eine kollektive Identitgt, die durch die Gemeinsamkeit von Symbolen, Sprfichen, Habitus und kulturellen Praktiken ausged~ckt wird. 436 Als ein weiterer Bestandteil einer rechtsextremen Bewegung gilt das Vorhandensein gemeinsam geteilter Orte, an denen durch pers6nliche Kommunikation Effekte der Binnenintegration erzielt werden k6nnen. Im Folgenden wird auf Vergemeinschaftungsprozesse innerhalb rechter/rechtsextremer Gesellungen bzw. innerhalb der rechten/rechtsextremen Szene eingegangen. Der Definition von Hitzler u.a. folgend, die ,,Szene" als ,,thematisch fokussiertes kulturelles Netzwerk von Personen" erklfirt, ,,die bestimmte materielle und/oder mentale Formen der kollektiven Selbststilisierung teilen und Gemeinsamkeiten an typischen Orten und zu typischen Zeiten interaktiv stabilisieren und weiterentwickeln ''43v, werden an zwei Beispielen Hinweise auf die Entstehung einer soziale Normierung der Akteure gegeben. Es werden Elemente, die die Herstellung eines integrativen, sozialen Handelszusammenhangs f6rdem, vorgestellt. Dabei wird weniger auf das m6gliche Vorhandensein einer konsistenten, gemeinsamen Ideologie der Akteure im Sinne einer systematischen weltanschaulichen und gesellschafflichen Konzeption abgehoben, umso mehr aber auf kollektive Aktivit~iten und Aktionen unter der Verwendung gemeinsamer Ausdrucksformen und Stilmittel. In den Untersuchungsgebieten gab es Gaststgtten, die dauerhaft oder zu bestimmten Zeiten ausschlieglich von rechten/rechtsextremen, meist mgnnlichen Ggsten besucht wurden. Das Publikum bestand aus ,,Mischszenen", das heil3t, die sich in der Regel pers6nlich bekannten Besucher, waren zum Teil Mitglieder rechter Cliquen, manch einer hatte lose Anbindungen an rechtsextreme Gruppierungen wie Kameradschaften und/oder an die NPD, einige waren organisatorisch fest in diese Gruppierungen eingebunden. Potenziell von rechts(extrem) motivierter Gewalt bedrohte Menschen ffequentierten jene Gasthguser wegen einer unterstellten oder tatsgchlichen Gef~hrdung durch die Stammg~iste nicht oder nicht mehr. Manchmal stellten die Betreiber ffir besondere Anl~isse Extra-R~iume, wie ausgebaute Keller, Fitnessrgume oder Nebenzimmer zur Verffigung. 438 Die ausschlieglich von Szeneangeh6rigen besuchten Lokale waren w~hrend der Nutzungsdauer exklusive R~iume der Freizeitgestaltung und des pers6nlichen Kontaktes. Die G~iste, ,,die wollten eigentlich unter sich sein." Bei der Durchfiihrung intemer Veranstalmngen sicherten sie die Rgume gegen unbefugte Besucherlnnen ab: ,,Wenn die da im GG bestimmte Veranstaltungen gemacht batten, dann wurde vorne das Tor zugelassen, zugemacht" oder ein Posten aufge436Rucht: Rechtsradikalismus aus der Perspektive .... in: Grumke/Wagner(Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus .... Opladen 2002, S. 75-86, hier S. 79f. 437Hitzler, Ronald/Bucher, Thomas/Niederbacher,Arne: Leben in Szenen. Formenjugendlicher Vergemeinschaftung heute, Opladen 2001, S. 20. 438Vgl. Vergemeinschaftung, halb6ffentliche und private Orte (H6ffO/PO), Int. 1, Pos. 8 (Pol.); vgl. Vergemeinschaftung H/SffO/PO,Int. 2, Pos. 8 (Pol.); VergemeinschaftungH6ffO/PO, Int. 3, Pos. 76 (Pol.).
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stellt, ,,damitja kein Unbeteiligter oder Rentner mit hinzukommen konnte. ''439 Das Angebot an Schulungsveranstaltungen in geschlossener Gesellschaft konnte bei Bedarf exzessiv genutzt werden. Manchmal, so erz~ihlte ein Interviewpartner, ,,da gab es schon Wochen, wo man dann dreimal die Woche irgendwie rechte Politik, oder das was man dachte, was rechte Politik ist, wie auch immer, also wo esjedenfalls richtig um Schulung ging. ''44~ Die implizite Vermittlung und Verfestigung von ideologischen Aspekten ist jedoch kein Hauptanliegen der allt~iglichen Zusammenktinfte in den Lokalen. Zwar werden jtingere Rechte tiber die hohe Kontaktdichte zu st~irker in die organisierte Szene eingebundenen Ortlichen und regionalen Kameraden mit ideologischen Versatzstticken geftittert, dennoch stellten die Kneipen vorrangig einen zentralen Kontaktraum dar. In einer Studie von Frindte/Neumann zu biografischen Hintergrtinden und Motivationen fremdenfeindlicher Gewaltt~iter gaben 83 Prozent der befragten Probanden an, dass in ihrer Clique politische Diskussionen geftihrt wurden, nur jeder zehnte Befragte berichtete von einer tiberwiegend politischen Orientierung der Gesellung. 85 Prozent best~itigten Kontakte ihrer Clique zu einer politischen Organisation oder Partei, nur 16 Prozent sprachen von einer intensiven politischen Debatte. 44~ Die Wirtsh~iuser sind Orte der Geselligkeit, der Versammlung. Die Zugangsschwelle fflr rechte Jugendliche und junge Erwachsene ist gering. In den Lokalen besteht die MOglichkeit, sich allabendlich zu treffen, zu plaudern, zu debattieren, Musik zu h~ren, Informationen fiber stattfindende Aktivit~iten zu erhalten oder sich tiber vergangene auszutauschen, zu lungern und Alkohol zu konsumieren.
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,,Der Durchschnittsablauf ist eigentlich so: die Leute trudeln dann gegen spgiten Nachmittag, Abend da ein. Dann wird natiirlich jeder will sich, tut sich jeder erstmal seine Neuigkeiten erzahlen. Meistens geht's dann erstmal, die erste Zeit nut darum, was Neues auf dem Markt ist, was far neue CDs sind rausgekommen. Die und die Band hat eine neue CD rausgebracht oder die und die neue Klamotten oder das und das gibt esjetzt. Nebenbei halt noch so ein paar kleine private Problemchen, nicht. Der ist krank oder das und das. ,,442
Erz~ihlt wurde auch:
,,Also ~ihm, also Stammtischparolen gab es schon sehr viele. Das war eigentlich so das Hauptahm, Haupt- die Hauptsache dort in dieser Bierkneipe. Also dass dort irgendwelche Stammtischparolen gekloppt wurden also oder eben irgendwelche Erlebnisse erziihlt wurden. Wenn einer am letzten Wochenende bei irgendeinem Konzert war oder so. ,,443
439 Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 1, Pos. 50 (Pol.). 440 Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 4, Pos. 95 (Rechtsextremist). 441 Vgl. Frindte, Wolfgang/Neumann, J6rg: Tat und Tatumst~inde, in: Wahl (Hg.): Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus .... Berlin 2001, S. 166-189, hier S. 183f; Frindte, Wolfgang/Neumann, JOrg/Hieber, Kathy/Knote, Andr6/Mt~ller, Christiane: Rechtsextremismus = ,,Ideologie plus Gewalt" - Wie ideologisiert sind rechtsextreme Gewalttfiter?, in: Dick, Rolf van/Wagner, Ulrich: Fremdenfeindlichkeit in Deutschland - Psychologische Befunde und Empfehlungen, Berlin 2002, S. 81-98. 442 Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 5, Pos. 206,207 (Rechtsextremist). 443 Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 4, Pos. 65 (Rechtsextremist).
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Die Funktion von S'ch/anken als Anlauf- und verl/assliche Treffpunkte erm6glicht den Aufbau kontinuierlicher Beziehungen und erleichtert die Entstehung von Gemeinschaftsgef~hlen. Die Lokale sind wichtig, ,, weil man eben wusste ganz genau, wenn ich in das VV gehe, dann treff ich dort andere Rechte und dann kann ich mich mit denen, ja, also dann bin ich dort unter Gleichgesinnten. Also oder, wenn ich heute Abend in die ZZ gehe, dann werd ich dort andere Rechte treffen und so. (...) Und in dem Sinne ist es schon wichtig far den inneren Zusammenhalt oder iiberhaupt, dass fiberhaupt solche Strukturen entstehen k6nnen. Weil wenn es solche Treffpunkte nicht gibt, dann ist es sicherlich sehr, sehr verzweigt die ganze Sache. ,,444
Far den inneren Zusammenhalt der rechten/rechtsextremen Szene haben die gemeinsam verbrachten Kneipenabende eine grol3e Bedeumng. Neben Alltagsgespr~ichen und Stammtischgeschw~itz kann Kraft und Mut far das als hart empfundene Leben aufgetankt werden. Je 6fter man sich sieht,
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,, desto, dh, dh, mehr wdchstja das ZusammengehOrigkeitsgefiihl und alles, ne. Und auch der Informationsaustausch gibtja denn immer wieder bisschen Kraft, wenn man selber viele negative Sachen erlebt und so (...). Oder mal in der Schule J1"rger oder das. Und man wiirde nur mit zwei drei Hanseln immer zusammen sein, wfirde m a n i a nach und nach zuriickfallen. Abet wenn man natiirlich ne, dann am Wochenende immer mit einer groflen Gruppe oder am Xtagsabend mit einer groflen Gruppe, dann wird wieder untereinander sich ein bisschen Mut zugesprochen oder so und dann geht es wieder weiter. Das spielt schon eine grofle Rolle. Ja. ,,445
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)kltere Szeneg~inger vermitteln tiber Geschichten von ,,damals" jtingeren Zuh6rem die Historie ,,der Bewegung". Dabei handelt es sich nicht um die Geschichten aus den Schtitzengr~iben des Zweiten Weltkrieges, sondern um Erlebnisse aus der Vergangenheit der regionalen oder tiberregionalen Organisierung. Im Verlauf eines Kneipenabends ... ,,kommt (es) natiirlich auch vor, dass da halt ein biflchen Nostalgie gesp.., in Nostalgie geschwebt wird. Das dann yon Friiher: 'och, das waren noch Zeiten, wo wir hier mit fiinfzig Leuten oder mit Hundert Mann und mit zehn Bussen dort, dorthin gefahren sind.' (...) Das wird auch gemacht, na klar. ,,446
Veteranen der lokalen Szene, die bereits 1/inger in rechtsextremen Kreisen etabliert sind, stellen die Wortfiihrer im politischen und Alltagsgeschehen der Akteursgruppen. ,,Es gab in den Gruppen Leute, die (...) das Wort gefiihrt haben. Da waren mehrere dabei. Also auch yon den Jt"lteren, so nach dem Motto: lang/ahrige KLimpfer, in Anfiihrungszeichen. XX, XY. Zum Beispiel AT. Die halt einen gewissen Kultstatus hatten, weil sie am ltingsten mit bei sind.
444 VergemeinschaftungH0ffO/PO, Int. 6, Pos. 137 (Rechtsextremist). 445VergemeinschaftungHOffO/PO,Int. 5, Pos. 262, 263 (Rechtsextremist). 446VergemeinschaftungHt~ffO/PO,Int. 5, Pos. 209 (Rechtsextremist).
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(...) Auch Mdidels, AA zum Beispiel war mit bei, die da schon eine gewisse Rolle gespielt haben. Das waren auch die Kameradschaftsffihrer. ,,447
GroBes Ansehen und Respekt geniegen Kameraden, die aufgrund von Gewalttaten, Bew~ihrungsstrafen often haben oder gar inhaftiert waren. Ein Knastaufenthalt ,gilt nicht als verwerflich oder so, a u f k e i n e n Fall." 448 Erz/ahlungen selbst erlebter oder von anderen geh6rter Kampfgeschichten tiber Konfrontationen mit dem politischen Gegner, mit Asylsuchenden, Eingewanderten oder ausl~indischen Menschen sowie Gespr~iche tiber Aufin/~rsche und RechtsRock-Konzerte geben vorbildhafte Anleitungen ~ r politische und gewaltf6rmige Aktivit~iten. ,, Und es wurde wie fiber Heldentaten erzi~hlt, wenn man da auf Straflen aufmarschiert ist, mit Fahnen und so weiter (...). Also dass keine Polizei etwas dagegen unternommen hat. ,,449
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)kltere Szeneg~inger finden sich, auch wenn sie nicht mehr zum Aktivistenkem geh6ren sollten, in den Lokalen ein. Diese P e r s o n e n - ,,wir sagen immer die Alt-Glatzen d a z u - das waren die Leute, die so A n f a n g der neunziger Jahre sehr aktiv waren", nutzen die Interaktionsr~iume, um ,,ihr Bier [zu] trinken und yon alten Zeiten [zu] schwdrmen. ''45~ Die A1tersmischung der G~iste erlaubt jtingeren S z e n e j a h r g ~ g e n mit jenen in Kontakt zu treten, ,, die vor Asylantenheimen selber standen mit Steinen oder sonst was bewaffnet ''45~ und sich tiber Aktivit~iten von Gruppierungen auszutauschen, ,,die nach der Wende noch erlaubt waren, dann verboten wurden (...). Die wurden yon Olteren Leuten immer so zum Kultstatus erhoben. ''452 Die Wirkung auf jtingere Szeneangeh6rige ist immens. Die ,,Zeitzeugen" werden zu Helden, die vergangenen Aktivit~iten zu Husarenstticken, an denen man sich orientieren kann:
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,, Wenn so was erzLihlt wird, auf die Jiingeren (...) hat es auf alle Fdlle eine sehr, sehr groJ3e Wirkung, dass sie das vergOttern. Ganz logisch. ,,453 ,,Aber wegen K6rperverletzungssachen (...) oder wegen Propagandasachen und so was und so, das ist dann schon, wird dann schon ein biflchen verglorifiziert oder wie das heiflt. Ja, auf jeden Fall. ,,454 ,, Und wir als jfingere Leute waren eigentlich bloj3 so mehr oder weniger die, die mitgelaufen sind und hinterher gerannt und eben staunend dagesessen haben, wenn die ihre Geschichten erzahlt haben. ,,455
447Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 7, Pos. 151 (Rechtsextremist). 448Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 5, Pos. 2 17 (Rechtsextremist). 449Vergemeinschaftung H6ffO/PO, Int. 4, Pos. 70 (Rechtsextremist). 450Vergemeinschaftung H6ffO/PO, Int. 8, Pos. 13 (Soz.). 45zVergemeinschaflung HOffO/PO, Int. 4, Pos. 77 (Rechtsextremist). 452Vergemeinschaftung H6ffO/PO, Int. 4, Pos. 69 (Rechtsextremist). 453Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 5, Pos. 2 15 (Rechtsextremist). 454Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 5, Pos. 2 18 (Rechtsextremist). 455Vergemeinschaftung H6ffO/PO, Int. 4, Pos. 67 (Rechtsextremist).
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An 6ffentlich wahrgenommenen Gewaltaktionen beteiligen sich bereits polizeilich aufgefallene ~iltere Kameraden seltener als der rechte Nachwuchs. tlber einen bekannten Rechtsextremisten aus einem der Untersuchungsorte wurde gesagt:
,,Der war aber auch nicht so diimlich um zuzuschlagen. Also der hatte mal einen am Schlafittthen gepackt und durch die Gegend geschiittelt, aber er hat sich da nicht hinreiflen lassen, irgendwelche strafrelevanten Sachen zu machen. ,,456
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Leute, die ,,auf Bewgihrung (...) drauflen waren, die haben nichts mehr gemacht, die haben sich im Hintergrund hingestellt und haben sich far die GrOj3ten gehalten." 457 Die J~lteren stehen oft im Hintergrund, gleichwohl hat ihre Pr~isenz eine stimulierende Wirkung auf jtingere Rechte. Diese verhalten sich bei deren blogen Anwesenheit provokanter und aggressiver. ,,Aber so bald dann einer yon den etwas GrOfleren bei ist, dann werden eben die Kleinen provozierend. ''458 Die N~ihe von gewalterfahrenen Rechtsextremisten motiviert die jtingeren, das tiber Erzahlungen nahe gebrachte Know-how in praktische, gelebte Erfahrung umzusetzen. Bei Stadtfesten, so wurde berichtet, stand eine gr613ere Gruppe jtingerer Szeneangeh6riger ,,im Kreis rum und die haben gesoffen, mit Bierbiichsen geschmissen, haben rumgepObelt, haben lautstark gegrOlt und alles so was. Daneben stand halt immer ein kleinerer Kreis von den J1"lteren, oder denen, die fr~iher immer mit beigewesen waren undjetzte verheiratet waren und Frauen und Kinder hatten, die hatten sich dann immer ein bisschen abseits gehalten. ''459 Einige der Befragten wiesen darauf hin, dass ~iltere Rechtsextremisten jtingere Szeneg~inger zu Strattaten anstiften oder sie in diesem Zusammenhang funktionalisieren wtirden. Die ,,kleinen und die schwdicheren Nazis" seien dazu benutzt worden, ,,irgendwelche Aktionen zu planen wie OberfOlle und so. Da haben die sich die, die Groflen, nicht mit schmutzig gemacht." Stattdessen h~itten diese sich ,,wirklich in der Offentlichkeit ziemlich ruhig verhalten. Also die haben sich da wirklich nicht irgendwelchen PObeleien hingegeben oder irgendwelchen Angriffen. Das haben sie eigentlich den, der anderen Gruppierung, der schwdicheren Gruppierung aberlassen. ''46~ Altere Angeh6rige oder Kader von rechtsextremen Vereinigungen fallen weniger durch gewaltt~itiges Handeln auf als jtingere Rechte (obwohl es nattirlich Ausnahmen gibt). 461 Oftmals vorbestraft wissen sie, dass es in der gerichtlichen Wermng einer Tat und in der Bemessung des Strafmal3es einen Unterschied macht, ob eine individuelle Tatbeteiligung nachgewiesen werden kann oder ob jemand
456Vergemeinschaftung HOffO~O, Int. 9, Pos. 161 (NGO); vgl. Vergemeinschaftung H/3ffO/PO, Int. 10, Pos. 49 ( Soz.); Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. 11, Pos. 9 (Pol.); Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 1, Pos. 26, 28, 42 (Pol.). 457Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 7, Pos. 104 (Rechtsextremist). 458Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 1, Pos. 93, vgl. Pos. 127 (Pol.). 459Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 9, Pos. 134 (NGO). 460 Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 12, Pos. 113 (Opfer); vgl. Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 13, Pos. 197 (NGO); Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 11, Pos. 37 (Pol.); Vergemeinschaftung H6ffO/PO, Int. 14, Pos. 54 (Soz.). 461 Vgl. Frommelt, Tobias: Zahl rechter Straftaten im Landkreis Stendal steigt: Triter werden immer jtinger, in: Volksstimme 01.03.2001. Es seien vor allem die 14- bis 20j~ihrigen, die auffiillig werden, so der Leiter des Staatsschutzes der Polizeidirektion Stendal.
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,,nur" in einer Gruppe anwesend ist, aus der heraus eine Gewalttat begangen wird. Von Seiten der Polizei wurde festgestellt,
,, dass welche versuchen, was zu initiieren, dann abet in ihren Einzelhandlungen nicht unbedingt so t~itig werden, wie andere, die sie aufgehetzt haben oder angestiftet haben. Die tappen dann regelrecht in die Falle rein. ,,462
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Die Gegenwart von Gewalt, personifiziert in den lokalen oder regionalen Wortf[]hrem 463, tradiert in den Legenden des Kampfes gegen Feinde und die Inszeniemngen von Aggressivit~it durch ,,Saufen und Raufen" erzeugen ein Klima, in dem Gewalthandeln als Einzelner und im Kollektiv positiv besetzt ist. Das am h~ufigsten festgestellte Beschgftigungsmuster w~ihrend des Tatvorlaufs besteht aus: Freunde getroffen, Alkohol getrunken, Umhergefahren bzw. -gelaufen. ,,Als sie (...) kamen, waren sie niichtern, dann saufen sie, dann ziehen sie los. Meistens sind es Strafiaten oder Tatziele, die sie schon limger vorhatten. ''464 Nach dem Konsum von Spirituosen werden Sachen, ,,die man sich immer schon mal ~iberlegt hat, (...) umgesetzt, spontan. Gesoffen, gel~irmt, geplant, losgezogen. Nach dem Motto." 'Ey, wir kOnnten doch' ... und dann geht's lOS. ''465 Zu den Tgtem, Tatzeiten, -orten und -merkmalen rechts(extrem) motivierter KOrperverletzungsdelikte gibt es eine Reihe von Erkennmissen aus wissenschaftlichen Studien und aus statistischen Materialien verschiedener Landeskriminal~mtem. Demnach machen K6rperverletzungsdelikte den Hauptanteil der rechts(extrem) motivierten Gewalttaten aus und werden tiberwiegend in l~ndlichen Gebieten, gefolgt von Klein- (bis 20.000 Einwohnerlnnen) oder Mittelstgdten (bis 100.000 Einwohnerlnnen) begangen. Die T~iter schlagen in der Regel an 6ffentlichen Orten, zum Beispiel auf der Stral3e, auf Pl~itzen, in Parkanlagen, Wohngebieten, auf Festen, vor oder in Bahnh/)fen und in 6ffentlichen Verkehrsmitteln zu. Dies meistens am Wochenende und in den Abend- und Nachtstunden in Ankoppelung an vorherige Freizeitaktivit~iten. T~iter und Opfer treffen sich oft zuf'gllig nach dem Besuch yon Kneipen, Partys oder sonstigen Veranstaltungen. Es handelt sich dabei fast immer um Gruppentaten, bei denen eine Oberzahl von Angreifem gegen einzelne oder zahlenm~iBig unterlegene Opfer(gruppen) vorgeht. Die T~ter bzw. Tatverd~chtigen sind in der Regel alkoholisiert und wohnen in der n~heren Umgebung des Tatortes. Der Grol3teil der Triter und Tatverd~chtigen sind m~innlich und zwischen 15 und 24 Jahre alt. Der Anteil von Frauen liegt zwischen sechs und acht Prozent. 466 462 Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 15, Pos. 47 (Pol.); vgl. Vergemeinschaftung HOffO/PO, Int. I, Pos. 42 (Pol.). 46s Viele der Lokalmatadore aus den untersuchten Ortschaften, die aufgrund ihrer andauemden Anbindung an die rechtsextreme Szene (F~hrungs-)Positionen einnehmen oder einnahmen, blicken auf eine Gewaltkarriere zur~ck. 464Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 3, Pos. 101 (Pol.). 465Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 3, Pos. 63 (Pol.). 466 Vgl. Landeskriminalamt Baden-W~rttemberg (Hg.): Kriminalitfit im Blickfeld. Analysen, Bewertungen und Prognosen zum Kriminalit~tsgeschehen, Ausgabe Nr. 5, Mfirz 2002: Der politisch motivierte Gewalttfiter in Baden-W~rttemberg. Eine tat-/tfiterorientierte Untersuchung der Jahre 1999 bis 2001, Stuttgart 2002, S. 12, 16-20. (Tatverdfichtige Frauen bei rechtsmotivierten Gewaltstraftaten 5,9 Prozent, S. 12); Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Abteilung Verfassungsschutz (Hg.): Rechtsextremismus - Ursachen und Gegenstrategien, DUsseldorf 2003, S. 21; Senatsverwaltung ~r Inneres des Landes Berlin, Abteilung Verfassungsschutz (Hg.): Rechte Gewalt in Berlin, Berlin 2004, S. 13ff, 19, 52f, 56. (Sieben Prozent der Tatverdfichtigen waren Frauen, S. 31); Wendt, F./Lau, St./Kr0ber, H.L.: Rechtsradikale Gewaltt~ter, in: Rechtsmedizin, Nr. 12 (2002), S. 214-223,
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Die Teilnahme an alkoholtriefenden Zusammenktinften und an darauf folgenden Gewaltt/atigkeiten kann als Handlungseinheit gesehen werden. Bezecht setzen die T~iter Aggressionen gegen Personen, die dem Feindbild der Szene entsprechen, in Taten um. Eine Sozialarbeiterin erz~ihlte:
,, Unter Alkohol wurde letztens ein Jugendclub zerst6rt (...). Eigentliche waren die Jungs dort auf der Suche nach Linken oder nach Punks oder nach Zecken. Haben keine gefunden, dann musste der Jugendclub herhalten. ,,467
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Findeisen und Kersten stellten im Z u s a m m e n h a n g mit rechts(extrem) motivierten Gewalttaten fest: ,,Gewalt passiert nicht etwa, weil getrunken wurde, sondern es wird getrunken, damit etwas passiert. ''468 Insofern besteht ein stillschweigender Konsens tiber die M6glichkeit einer gewaltf6rmigen Auseinandersetzung nach einem Trinkgelage. Nach einer forensisch-psychiatrischen Studie von Wendt u.a. 469 ist ~ r den Tatablauf rechts(extrem) motivierter Gewalt typisch, dass es den T~itern prim~ir darum geht, in eine Schl~igerei zu k o m m e n , Gewalt auszutiben. Nach nahezu ritueller Vorbereitung durch einen U m t r u n k wird nach, meist m~innlichen, Gegnern gesucht. Einen hohen Tatbeitrag bei Gewaltakten l e i s t e n - im Gegensatz zu den othnals beteiligten, als besonders gewaltbereit geltenden informellen A n ~ h r e r n der Gruppen - eher am Rand stehende Personen. Diese glauben, ihre Kameradschaftstreue unter Beweis stellen zu mtissen. G r u p p e n d y n a m i s c h e Aspekte, so Hinrichs, ,,sind oft als tatgenerierend anzusehen gerade bei sehr j u n g e n T~itern, die durch ihr kriminelles Verhalten ihre Gruppenzugeh0rigkeit stabilisieren wollen. ''47~ Jugendliche Erstt~iter, die Gewalttaten meist aus der Gruppe heraus begehen, gelten als besonders hemmungslose Schl~iger. Dies best~itigte ein interviewter Experte: K0rperverletzungen werden ,,durch H~indchen oben, sag ich jetzt, MOchtegern-Rechte oder rechte Gruppierungen, die sich erst noch etablieren wollen, zumeist durch, ~ih durchgezogen. ''471
hier S. 218f, 221; Wahl, Klaus: Taten, Tatmotive und Tatsituationen, in: Wahl, Klaus (Hg.): Skinheads, Neonazis, Mitl~ufer. T~terstudien und Prfivention, Opladen 2003, S. 81-90, hier S. 84f, 90; Frindte/Neumann: Tat und Tatumst~inde, in: Wahl (Hg.): Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus .... Berlin 2001, S. 166-189, hier S. 175ff. Zum Tatvorlauf S. 172, 188; GaBebner, Martina/Peucker, Christian/Schmidt, Nikola/Wahl, Klaus: Fremdenfeinde und Rechtsextremisten vor Gericht: Analyse von Urteilen, in: Wahl (Hg.): Skinheads, Neonazis .... Opladen 2003, S. 29-80, hier S. 31-34. (Frauenanteil an Verurteilungen bei rechtsmotivierten Gewaltstraftaten 8,3 Prozent, S. 49); Peucker, Christian/GaBebner, Martina/Wahl, Klaus: Die Sicht der Polizei: Strukturanalyse fremdenfeindlicher, rechtsextremer und antisemitischer Straftaten, in: Wahl (Hg.): Skinheads, Neonazis .... Opladen 2003, S. 81-90, hier S. 85; Peucker/GaBebner/Wahl: Analyse polizeilicher Ermittlungsakten .... in: Wahl (Hg.): Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus .... Berlin 2001, S. 12-88, hier S. 40, 53f, 71; Willems/Steigleder u.a.: T~ter-OpferKonstellationen .... Trier 2003, S. 308; VS-Bericht Brandenburg 2004, Potsdam 2005, S. 18f. 467Vergemeinschaftung H0ffO/PO, Int. 16, Pos. 77 (Soz.). 468Findeisen, Hans-Volkmar/Kersten, Joachim: Der Kick und die Ehre. Vom Sinn jugendlicher Gewalt, Mtinchen 1999, S. 143. 469Wendt/Lau/Kr0ber: Rechtsradikale Gewaltt~iter, in: Rechtsmedizin, Nr. 12/2002, S. 214-223, hier S. 222. 470Hinrichs, Gianter: Pers0nlichkeitsprofile und Schulkarrieren rechter Gewaltt~ter, in: Bundesverband der Jugendrechtsh~iuser Deutschland e.V. (Hg.): Dokumentation der 1. Potsdamer Fachtagung: Ein Btindnis zwischen Bildung und Justiz gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Berlin 2003, S. 51-64, zitiert nach Kohlstruck, Michael/Mtinch, Anna Verena: Hypermaskuline Szenen und fremdenfeindliche Gewalt. Der Fall Sch0berl, in: Kl~irner/Kohlstruck (Hg.): Moderner Rechtsextremismus .... Hamburg 2006, S. 302-336, hier S. 304. 471 Vergemeinschaftung H0ffO~O, Int. 11, Pos. 37 (Pol.); vgl. Vergemeinschaflung H0ffO/PO, Int. 2, Pos. 76 (Pol.).
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Die A u s ~ h r u n g aggressiver Verhaltensformen gegen politische Gegnerlnnen oder sonstige als ,,Feinde" def'mierte Personen nach einem gemeinschaftlich unter Alkoholkonsum verbrachten Beisammensein bedarf keiner Planung und verschafft Gewissheit tiber Freund und Feind. Offmals wird der Entschluss, eine Straftat zu begehen, im unberauschten Zustand gef'~illt. Der Konsum von alkoholischen Getr~inken wird zum Mittel, in die richtige ,,Stimmung" zu kommen. 472 Gewalthandeln in der Gruppe stellt tiber die gemeinsame sinnliche Erfahrung den sozialen Zusammenhang sicher und stabilisiert ftir die Beteiligten die Gruppenbindung. In der k6rperlichen Konffontation wird nach Stickelmann ein verbindendes W i r - G e ~ h l sowohl entwickelt als auch ausgelebt. 473 Es geschieht spontan und selbstverst~indlich aus einer Gemengelage von Gruppenkommunikation tiber potenzielle Zielobjekte von Gewalthandlungen und einer generellen Gewaltbereitschaft. Nadig spricht in diesem Zusammenhang von einer ,,Kombination von zuf~illigen und spontanen Aspekten einerseits und strategischem Vorgehen und Organisieren andererseits (...). Meist bilden Feste, Saufgelage und informelle Treffen, zu denen keine Vorplanung stattgefunden hat, die Ausgangssituation. ''474 Der hohe Anteil der rechts(extrem) motivierten Gewalttaten, die am Wochenende abends und nachts begangen werden, spricht in Verbindung mit den Feststellungen zur A1koholisierung der T~iter ftir eine Gewaltt~itigkeit als Bestandteil des Freizeitverhaltens in der Gruppe. Ein Interviewpartner gab mr den Zeitraum seiner aktiven Beteiligung an rechtsextremen Aktivit~iten an, dass man unter Alkoholeinfluss ,,einfach nur noch losgezogen ist, um Stress zu machen." Zwar h~itte jeder, der in den Weg gekommen w~ire, Opfer einer Gewalttat werden k6nnen, aber, ,,bevorzugt sicherlich dhm, welche die Mar links einzuordnen sind oder Ausldnder. Die, denen wore man dann wahrscheinlich auch hinterher gerannt. ''475 Ideologiefragmente und Feindbilder werden ftir k6rperlich ausgetragene Aggressionen nutzbar gemacht, sie liefem Anlass und Legitimation zugleich. Ein Ergebnis der Alltagspraxis und der Gruppendynamik rechter/rechtsextremer Gesellungen ist die Konditionierung zu gewaltf6rmigen Handlungsmustern. 476 Die Orientierung an m~innerbtindischen Szenarien, an Bildern von Macht, K a m p f und Gewalt sind ein Kennzeichen der rechten/rechtsextremen Szene. 477
472Vgl. Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Abteilung Verfassungsschutz (Hg.): Rechtsextremismus - Ursachen und Gegenstrategien, Dt~sseldorf2003, S. 2 I. 473 Vgl. Stickelmann, Bemd: Rechtsextremistische Tendenzen und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen im Spiegel wissenschaftlicher Auseinandersetzungen, in: Polls, Schriftenreihe der Hessischen Landeszentrale fiir politische Bildung, Nr. 13, Wiesbaden 1994, unter http://www.hlz.hessen.de/polis/polisl3.pdf, S. 11-12, ges. 25.07.2002. 474 Nadig, Maya: Selbstkonstituierte Gewaltexplosionen. Die rituelle Bearbeitung von Angst und Bedrohung in rechtsextremen Jugendgruppen, in: Kaschuba (Hg.): Kulturen .... Berlin 1995, S. 210-228, hier S. 211. 475Vergemeinschaflung HOffO/PO, Int. 6, Pos. 191, 192 (Rechtsextremist). 476In diesem Kontext seien auf Studien zu Gewaltkonditionierung und Kollektivtaten am Beispiel des Nationalsozialismus/historischen Faschismus hingewiesen: Balistier: Gewalt und Ordnung .... Mianster 1989; Browning, Christopher: Ganz normale M~inner, Reinbek bei Hamburg 1996, S. 208-247; Orth, Karin: Die Konzentrationslager-SS. Sozialstrukturelle Analysen und biographische Studien, G6ttingen 2000, u.a.S. 11 If, S. 131; Reichardt, Sven: Formen faschistischer Gewalt, in: Sociologus 50 (2001), Doppelheft Nr. 1 und 2, S. 55-88; ders.: Faschistische Kampfbiande .... KOln/Weimar/Wien2002. Reichardt zitiert auf S. 137 Josef Goebbels: ,,Blut kittet aneinander", in: Das erwachte Berlin, Berlin 1934, S. 126. 477Vgl. Prokop, Ulrike: Das Phantasma der Gewalt. Die Mythen der Rechten und ihre Faszination far junge Frauen, in: Ahlheim, Klaus (Hg.): Intervenieren, nicht resignieren .... Schwalbach/Ts. 2003, S. 65-87, hier S. 70.
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5.4.2
Feste feiem: ,,Nachdem die Gaben an das Feuer tibergeben wurden (...) entbrannte eine wilde Schneeballschlacht ...,,478
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Ein weiterer Baustein der ,,sozialen Verdichtung ''479 einer rechtsextremen Szene ist das der Herstellung eines W i r - G e ~ h l s dienende kollektive Feiern. Am Beispiel der Feierlichkeiten im Rahmen des rechten J a h r e s w e i s e r s - wie Sonnenwendfeiern, Osterfeuer, Erntedankfeste - wird aufgezeigt, dass die Art und Weise der Festgestaltung ebenso der Binnenintegration dient wie gemeinsam verbrachte Kneipenabende oder das Lungern an 6ffentlichen Orten. Bei den oftmals in Gastst~itten oder auf privatem Gel~inde stattfindenden Festen steht die Verkntipfung einer spirituell aufgeladenen ,,Volkstumsarbeit ''48~ an die M6glichkeit, ,,einen draufzumachen", im Vordergrund. Festivit~iten unter Rtickbezug auf,,Riten der Ahnen" und deren Szenarien ~ihneln jenen mit NS-Bezug (Hel3-Todestag, Horst-Wessel-Todestag) oftmals in den eingesetzten Stilmitteln wie Fahnen, Fackeln, Trommeln und dem Absingen von Liedern. Ein wichtiger Ausdruck der Veranstaltung ist die Anlehnung an milit~irisch-maskuline Elemente. Berichtet wird sowohl von schweigendem Marschieren zu Trommelkl~ingen, von Umstellen der Feuerstelle fiar die Sonnenwende und von weihevollen Ansprachen. Es werden Gedichte vorgetragen und gemeinsam ,,Flamme empor" oder ~ihnliches Liedgut gesungen. Die Feierlichkeiten verlaufen nach einem festen Muster unter variabler Abfolge der Pogrammpunkte: Trommeln, Feuerzauber, Ansprachen, gemeinsames Singen, Marsch oder Tanz. ,,Unter dem Klang von Trommeln liefen wir schweigend zurtick geordnet in den Burghof und formierten uns um die vorher bereitete Feuerstelle im Kreis ''481 schildert ein Teilnehmer einer Sonnenwendfeier das Geschehen. In einem Bericht tiber eine andere Sonnenwendfeier heiBt es: ,,In kurzen Worten wurde der Sinn des Festes dargelegt und die Feuersprecher begannen, in Ost beginnend, die einstudierten Verse aufzusagen. Das Feuer wurde yon allen gemeinsam entzOndet. Das Lied 'Flamme empor' wurde yon der Runde gemeinsam gesungen. Hier haben sich noch groBe Reserven zur Verbesserung aufgetan. ''482 478N.N.: GroBeWintersonnenwende und Juleingangsfeier im Harz am 22.12.01, in: NB-Halle, Nr. 1/2002, S. 9. 479 Vgl. Bergmann, Werner/Erb, Rainer: Neonazismus und rechte Subkultur, in: dies. (Hg.): Neonazismus .... Berlin 1994, S. 7-14, hier S. 8: ,,Eine Szene ist eine soziale Verdichtung, die sich durch gemeinsame Orte, durch ein lokales Stammpublikumund durch die Ahnlichkeit von Inhalten auszeichnet." 480Dazu Gordon Reinholz, Vorsitzender des Mi~rkischen Heimatschutzes (MHS): ,,Wir (...) wollen aber auch auf die eine oder andere Art und Weise versuchen Kultur und Brauchtum hier in Deutschland wieder lebbar machen (...). Und machen eben auch in diesem Zuge Sonnenwendfeiern, Osterfeuer, um halt auch der heutigen Jugend mal zu zeigen, wo kommen wir iiberhaupt her, was haben unsere Vorfahren mal gemacht." Zitiert nach Erstes Deutsches Fernsehen (ARD), Manuskript der Sendung Kontraste vom 14.08.2003: Deutschlands heiBer SommerNeonazis machen mobil, unter http://www.kontraste.de/3008/manuskripte/txt_rechte.html,ges. 19.08.2003. Zum MHS: Der Mdrkische Heimatschutz hat rund 45 Mitglieder, wurde November 2001 in Kerkow (Uckermark) gegriindet und setzte sich u.a. zum Ziel, die Kameradschaftsszene verschiedener Landkreise (Oberhavel, Barnim, Uckermark, M~irkisch-Oderland) zu einen und zu koordinieren. Als Sprachrohr dient die Publikation Mitteldeutsche Jugend Zeitung. Reinholz ist ,,Verantwortlicher fiar alle Aufgaben" und einer von ftinf Schriftleitern. Er steht in engem Kontakt mit dem Thiiringer NPD-Landesvorsitzenden Frank Schwerdt, mit dem er sich gemeinsam fiir einen Nationalen Medienverbund verantwortlich sieht. Vgl. Antifaschistisches Autorlnnen-Kollektiv: Portrait einer Brandenburger Neonazi-Kameradschaft: Der M~irkischeHeimatschutz, o.O., 2005; VS-Bericht Brandenburg 2002, Potsdam 2003, S. 98-101; VS-Bericht Brandenburg 2004, Potsdam 2005, S. 53-56. 4s~ N.N.: Sonnenwende bei der Heidenfront- 22.06.02, in: NB-Halle, Nr. 07/2002, unter http://ndb.com/nb/archiv/nb072002.htm#dd, ges. 21.08.2002. 482 V g l . N.N.: Sonnenwende - 21.06.2002, in: NB-Halle, Nr. 07/2002, unter http://ndb.com/nb/archiv/nb072002.htm#dd, ges. 21.08.2002.
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Brauchmmsfeiem stellen sich in die Tradition der nicht n~iher definierten ,,Ahnen" und werden gestaltet ,, wie so ein Brauch, der schon zehntausend Jahre alt ist (...), den schon vor zehntausend Jahren die Menschen, die spLiter Deutsche waren durchgefiihrt haben. Und deshalb fiihren wir diesen Brauch jetzt immer noch durch und so. Also das war schon so mystisch so irgendwie, also, also, ja, also a u f jeden Fall anders als eine Veranstaltung in der Kneipe, ganz anders. Also eine ganz andere Art yon Rechtsextremismus. ,,483
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Neben der Inszenierung von Emotionalit~it durch liturgisch verwendete Stilmittel wie Feuer, Ansprachen, Deklamieren von Gedichten und Sinnsprtichen tritt ganz profan das Bedtirfnis nach Soziabilit~it innerhalb der rechten Gemeinschaft in den Vordergrund. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sich verstaubte Schulungsmethoden keiner sonderlichen Beliebtheit erfreuen. Der Part des Gedichtvortragens oder auch des gemeinsamen Singens kommt in vielen Berichten schlecht weg, Bem~ingelt wird die wenig tiberzeugende, oft langweilige Darbiettmg von Gedichten oder Reden und die geringe Textfestigkeit beim Absingen von Liedem. Der Bericht tiber ein Frtihlingsfest ,,zu Ehren Ostaras" bemerkt entsprechend: ,,Von einem Kameraden wurde ein Text verlesen, der zwar die Geduld der ZuhOrer etwas strapazierte, doch aber tiber den Hintergmnd und Sinn der Pflege solchen Brauchtums aufkl~irte. ''484 Um die doch recht banalen Vorg~inge anzureichem und den ,,Odem der Ahnen" (be)greifbar zu machen, erfolgt in Darstellungen des Verfahrensablaufes eine Verkntipfung mit Ubersinnlichem. ,,Bei einer Minute der Besinnung blies ein m~ichtiger Wind in die Flammen und das Feuer loderte auf. Dieser Wind ist nur in diesem Moment gewesen, als alle still waren. Es war, als solle uns etwas mitgeteilt werden. Sp~iter sagte man mir, dass selbes Erlebnis auch schon zur Sommersonnenwende geschehen sei. ''485 Beseelt vom tiefen Gefiihl Teil eines gr6geren Ganzen zu sein, werden nach der Zelebrierung von aul3erallt~iglichen Formen der Geselligkeit die Wtirstchen auf den Grill geworfen und die Bierf~isser angestochen. Es wird geplaudert und getanzt. Die Trivialisierung von Brauchmmspolitik hat in der extremen Rechten Einzug gehalten. Die Verbindung von Kulthandlung und Party nimmt zu. ,,Bei der Sonnwendfeier wurde nicht dieser alte germanische Kult nur angehimmelt. Das wurde zwar so ein biflchen durchgezogen, dass es einen besseren Rahmen hat, diese Sache. Dabei ist es schon so, dass man sich treffen wollte, hat man zusammen einen getrunken und hat ein bisschen Neuigkeiten ausgetauscht. Und dann auch, dann ist j a meistens immer, gerade Sommersonnenwende, istja sch6n warm und so. Da kann man drauflen sein (...). Da ist dann einer mit Gitarre gekommen, hat ein bisschen geklimpert und so. Hat was. "486
Die Szenarien bieten Raum fiir ideologisch aufgeladene T~itigkeiten und ftir die Verfestigung und Herstellung informeller Kontakte in ungezwungener, lockerer Atmosph~ire. 483Feste feiem, Int. 1, Pos. 224. 484N.N.: 21.03.01, Frt~hlingsfeuertrotz widrigen Wetters, in: NB-Halle, Nr. 03/2001, S. 7. 485N.N.: Groge Wintersonnenwende und Juleingangsfeier im Harz am 22.12.01, in: NB-Halle, Nr. 1/2002, S. 9. Schreibweise im Original. 486Feste feiern, Int. 2, Pos. 380, 381 (Rechtsextremist).
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Erlebnisberichte tiber diese Feierlichkeiten beschreiben regelm~il3ig die ,,After-WorkParty", also den Teil der Veranstaltungen, der nicht einem rituellen Skript folgt. Uber eine Juleingangsfeier, bei der erst in feierlicher Atmosph~ire der Julleuchter u n d - b o g e n entztindet, dann tiber die Traditionen und Br~iuche des Julfestes gesprochen, anschliegend Gedichtsvortr~ige durchlitten und letztlich gemeinsam gesungen wurde, ist zu lesen: ,,Nachdem die Gaben an das Feuer tibergeben wurden und viele sich nach der w~irmenden Stube sehnten, entbrannte eine wilde Schneeballschlacht, der sich mancher nur schwer entziehen konnte. So mancher wurde eingeseift. Ein HeidenspaB im wahrsten Sinne des Wortes. ''487 Und an anderer Stelle zu einer Sonnenwendfeier heigt es: ,,In der Er0ffnungsrede wurde deutlich auf die Naturgesetze hingewiesen und von unserer Rolle als v01kische Deutsche in der Zukunft gesprochen. Wieder wurde zum Schluss der Rede das Methorn auf die GOtter, Ahnen und unsere Gemeinschaft erhoben und einige Heil-Rufe erklangen. (...) Die Wtirstchen und tiber 20 Paletten Bier machten das Feiern wieder (!) angenehm und die letzten feierten noch um 11:00 Uhr morgens. ''488
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Alte Freunde werden getroffen, neue dazu gewonnen:
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,, (...) und man kommt dann schon mit vielen Leuten ins Gesprdch da (...). Und da geht's dann eben nicht nur um Politik und dann, dih, ist da schon eine menschliche Schiene da, dass man eben Leute eben mehr so als Menschen kennen lernt und nicht als Rechte so, also. Also es sind dort schon Freundschaften entstanden. ,,489
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Und nicht zuletzt werden tiberregionale Kontakte gekntipft. Der Funktion dieser Feste ftir die regionale und tiberregionale Vernetzung wird bei der Beschreibung einer Feier der Weiflen Offensive Halle/Saale deutlich. Der Einladung seien tiber 100 Kameraden und Kameradinnen aus Ntirnberg, Kassel, der Umgebung ,,und nattirlich aus unserer Heimatstadt ''49~ gefolgt. Die perst~nlichen Kontakte zu Gleichgesinnten tibemehmen eine wichtige Stabilisierungsfunktion in der Bildung von Netzwerken, die einer rein politisch begrtindeten Zusammenarbeit auf Organisationsebene tiberlegen ist. ,,Also es gab eigentlich eine richtige Vernetzung, die jetzt so von C.C. (prominenter Rechtsextremist) yon auflen drauf gesetzt werden sollte, a u f die Gruppe. Die hat eigentlich hie so hundertprozentig richtig funktioniert, so wie er das gerne mOchte, mochte, also gehabt hiitte, also wie er es sich vorgestellt hat. (...) Aber diese Kontakte, die eben entstanden a u f freundschafilicher Basis so zu anderen Gruppen, die waren eben doch schon dann in dem Sinne, dass eben da
487N.N.: Grol3eWintersonnenwende .... in: NB-Halle, Nr. 01/2002, S. 9. 488N.N.: Sonnenwende 3800 .... in: NB-Halle, Nr. 06/2000, S. 2. Vgl. N.N.: 21.03.01, Friahlingsfeuertrotz widrigen Wetters, in: NB-Halle, Nr. 03/2001, S. 7. 489 Feste feiem, Int. 1, Pos. 228 (Rechtsextremist); vgl. N.N.: Sonnenwende bei der Heidenfront- 22.06.02, in: NB-Halle, Nr. 7/2002, unter http://nd-b.com/nb/archiv/nb072002.htm#dd, ges. 21.08.2002: ,,Die Zwischenzeit verbrachte man mit Gesprfichen mit Leuten, welche man selbst lang nicht mehr gesehen hatte oder an diesem Abend neu kennen lernte." 490N.N.: Sonnenwende 3800 .... in: NB-Halle, Nr. 06/2000, S. 2.
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eben sich gegenseitig angerufen wurde, wenn irgendetwas war (...). Also es war dann schon eine andere Ebene, also eine festere Vernetzung auf alle FLille, die dadurch entstand. ,,491
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Die Beteiligung von Frauen an derartigen Festakten ist hoch. Es sind Ereignisse Nr ,,die ganze" Familie. So reisten zu einer Sonnenwendfeier im Juni 2003 viele ,,Kameraden mit Kind und Kegel an" [mit Kegel sind wohl die Partnerinnen gemeint]. W~ihrend die M~inner in der Festvorbereimng sich mit der F~illung eines Baumes besch~iftigten, sammelten Frauen und Kinder Feldblumen, um daraus Kranze zu basteln. Das Sonnenwendritual er6ffnete der ,,GemeinschaftsRihrer", indem er zu den Trinksprtichen ,,Auf die G6tter! Auf die Ahnen! Auf die Gemeinschatt!" jeweils den Inhalt eines ,,Methomes" leerte. Die anschliel3ende P a W wurde unter dem Motto ,,Damenwahl" ertiffnet. Bis eine Stunde vor Mitternacht lachten die Anwesenden miteinander, ftihrten T~inze vor und sangen, um dann mit dem rimalisierten Teil der Veranstaltung zu beginnen: ,,Gegen 23 Uhr (...) wurde zu dem schweigenden Marsch zum Holzstof5 Aufstellung genommen. (...) Selbst die jtingsten unter den Kindern schwiegen vor Andacht (...). Blasinstrumente leiteten die Zeremonie ein. (...). Viele brachten eigene und zitierte Sinnspriache vor. Die Flammen lodemden weit in die n~ichtliche Luft. Der Reigen schloss sich um das Feuer: 'Heil S o n n e n w e n d e - Heil!'" Danach wandten sich die Teilnehmenden erneut dem geselligen Teil des Abends zu und tanzten ,,bis ins Morgengrauen" im Festsaal und um das Feuer hemm oder sangen das ein oder andere Lied. 492 Die Choreographie der Feiern weist emorme Differenzen zu Zusammenktinften im Rahmen von Kneipenbesuchen auf. W~ihrend die Treffen in Kneipen sich durch ihre Niedrigschwelligkeit auszeichnen und von den Besuchem kein htiherer Aufwand verlangt wird, als die entsprechenden Treffs zu betreten, wird bei der Vorbereimng und Durchffdarung einer Sonnenwend- oder Weihnachtsfeier einiges mehr an Engagement verlangt. Materialien werden herangeschafft:
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,,Die Vorbereitungen (Aufschichten des Holzstoges) wurden gemeinsam von extra vorher angereisten Leuten abgewickelt. ''493 Nahrungsmittel und Getr~inke mtissen in Eigenleistung besorgt werden: ,,Seitdem wir zur Sommersonnenwende Besuch von Bullen hatten, wollten wir den seit 2 Jahren gewohnten Platz nicht nehmen. So liel3 sich eine Kameradin Oberreden, es bei Ihr im Garten zu machen. Gesagt, getan. Der Unkostenbeitrag betrug for jeden der ca. 30 Anwesenden 10 DM far Met, Tee und W0rste, Salat, es war reichlich da. ''494
491U-Orte allg., Int. 3, Pos. 232, 234 (Rechtsextremist). 492 Alle Zitate N.N.: Eine Sonnenwende!!! 21-06-2003, in: Homepage Nationaler Beobachter Halle, unter http://www.nb-halle.de.vu, ges. 23.06.2003. An der dargestellten Feier auf einem Privatgelfinde nahmen nach Eigenangaben [die mit Vorsicht zu genieBen sind, da derartige Angaben meist nach oben geschOnt sind] fast 300 Personen teil. 493N.N.: Sonnenwende- 21.06.02, in: NB-Halle, Nr. 07/2002, unter http://nd-b.com/nb/archiv/nb072002.htm#dd, ges. 21.08.2002. 494N.N.: Wintersonnenwende 2001, NB-Halle, Nr. 01/2002, S. 9.
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Sie werden dem Anlass entsprechend kredenzt: ,,Die Kerzen waren entzt~ndet, auf den Tellern dufieten die Backwaren (Dank an die M~del, welche die Dekoration bewerkstelligten und an die Mtidel, welche far das Backen des Runengeb~icks zustfindig waren). (...) G~iste, welche aus Berlin kamen, waren erfreut fiber die gemtitliche und sch6ne Feier. ''49s
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Die zeremoniellen Anteile der Geselligkeiten bestechen durch einen durchstrukturierten, festgelegten Ablauf bestimmter Handlungen und vermitteln ein exklusives Gemeinschaftsund Verbundenheitsgefahl. Feste und Feiem inszenieren ,,Einzigartigkeit", so Gebhardt und versuchen ,,mit Hilfe unterschiedlichster, auch unterschiedlichsten Kulmren entstammender, ~isthetischer Stilmittel und Ausdrucksformen ihre Teilnehmer emotional gefangen zunehmen und in einen begltickenden, enthusiastischen, teilweise sogar ekstatischen Geffihlszustand zu versetzten. ''496 Dartiber hinaus emeuern sie vereinigende Selbstverst~indlichkeiten und stiffen so ,,Gemeinsamkeit, Solidarit~it und Verl~isslichkeit (...), die in den Alltag nachwirken. ''497 Das Procedere der Festivitgten bildet eine erlebnisp~idagogische Einheit von Propaganda und Spag. Verschiedene Elemente des rechten Lebensstils werden praktisch integriert, sie sind sozial wirksam und gemeinschaftsbildend. Aktivit~iten und Angebote der extremen Rechten und deren Wirksamkeit im Hinblick auf die Produktion einer Homogenit~it an Verhaltensmustern der Akteure sind wichtige Elemente der Zugkraft rechtsextremer Lebensentwtirfe. Ober gemeinsame kulturelle Praktiken wird Einheit konstituiert. 498 Eine rechtsextreme Ideologie kann so ,,unsystematisch, beiEiufig beim Vollzug anderer T~itigkeiten, durch Nachahmung in der Clique und durch Anpassung an den Gruppendruck erlernt" werden, wie Erb seine Zusammenfassung der Ergebnisse der internationalen Jugend-, Gewalt-, Gmppen- und Rechtsextremismusforschung formuliert. ,,Der Lernmodus ist nicht intentional, in hohem Mage spontan, selektiv und stark vom Zufall gesteuert. ''499
5.5 Aufliisung rechtsdominierter Orte
Nachdem die Dynamiken der Entstehung und Konsolidierung rechtsdominierter Orte sowie deren Funktion far die Binnenintegration in die rechte/rechtsextreme Szene aufgezeigt wurden, widmet sich dieses Kapitel den Grtinden far eine Aufl6sung. Nahezu einhellig machten die Befragten biografische Ver~derungen oder eine zunehmende Repression far die Aufl6sung ehemals rechtsdominierter 6ffentlicher Orte oder ~ r die geringere Sichtbarkeit rechtsextremer Gesellung in der Offentlichkeit verantwortlich. Dennoch ist die Verla495N.N.: Weihnachtsfeier in Halle 21.12.2002, in: NB-Halle, Nr. 01/2003, S. 6. 496Gebhardt, Winfried: Feste, Feiern und Events. Zur Soziologie des Augergew6hnlichen, in: ders./Hitzler, Pfadenhauer (Hg.): Events.... Opladen 2000, S. 17-31,hier S. 24. 497Gebhardt: Feste.... in: ders./Hitzler, Pfadenhauer(Hg.): Events.... Opladen 2000, S. 17-31, hier S. 27. 498Vgl. Bergmann/Erb: ,,In Treue zur Nation"..., in: Hellmann/Koopmans(Hg.): Paradigmen der Bewegungsforschung .... Opladen 1998, S. 149-165,hier S. 154. 499Erb, Rainer: Ideologische Anleihen, Geschichtsbilder, Symbole rechtsextremer Jugendgruppen- ,,Neonazisund ,,Skinheads", in: Backes (Hg.): Rechtsextreme Ideologien .... K61n/Weimar/Wien2003, S. 289-310, hier S. 293f.
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gemng oder Aufl6sung rechtsdominierter Trefforte vielschichtig und kann nicht monokausal hergeleitet werden.
5.5.1
Repression
Die einen sahen in der Inhaftierung zentraler Figuren der Szene, in dem ,,erh6hten D r u c k und Verhaftung und Verfahren, die einige Leute da hinter sich hatten ''5~176in einem verst~irkten Repressionsdruck nach spektakul~iren Ereignissen 5~ oder in einem ver~indertem Polizeiverhalten mit verst~irkter Kontrolle die Hauptursache for einen Rtickgang der Vorherrschaft rechter/rechtsextremer Gesellungen an bestimmten Orten: ,, Und dann kam die Polizei abends ab und zu mal vorbei (...). Und dann, als die noch vorbeikamen, sind die dann abmarschiert die Rechten. ,,5o2
Ein Beamter beschrieb den polizeilichen ter/rechtsextremer Personen seinem Einsatzort:
Umgang
mit
Ansammlungen
rech-
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,, Wenn zum Beispiel bekannt wird, dass sich an verschiedenen Stellen viele Rechte treffen und dort Alkohol konsumiert wird und es dann zu Strafiaten dort kommt an diesen Stellen, dann konzentriert sich das Augenmerk der Polizei speziell auf diese Gebiete und es werden dort polizeilithe Maflnahmen durchgefiihrt. Im Prinzip Identitdtsfeststellung, Platzverweise werden ausgesprochen, dann fiihrt das dazu, dass bei uns zum Beispiel Ermittlungsverfahren gegen bestimmte Personen dort dh eingeleitet werden und wir recherchieren selbstverstdndlich auch in diesen Bereichen denn. Suchen nach Zeugen, nach Hinweisen, um erstmal diese Situation dort aufzuhellen, wer sich dann dort zu welchen Zeitpunkten mehr oder weniger regelmdflig triffi. Und dh, ja, wenn die Polizeiaktivitdten dort zu stark werden, wird yon der Szene selber dort dieser Ort meist aufgegeben. ,,5o3
Ein weiterer Beamter sah ebenfalls in der permanenten Kontrolle von Szene-Treffpunkten den Grund ihrer Aufl6sung, gab allerdings kritisch zu bedenken, dass damit zwar ein Verdr~gungsprozess in Gang gesetzt werden wiirde, sich dann aber neue Treffpunkte etablieren wtirden. ,,So kennen w i t wenigstens die Orte", stellte er fest. 5~
5~ AuflOsung, Int. 1, Pos. 34 (NGO); vgl. AuflOsung, Int. 2, Pos. 91 (Pol.); AuflOsung, Int. 3, Gesprfichsnotizen, ohne Pos. (Pol.). 5ol Aufl6sung, Int. 4, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos. (NGO); vgl. AuflOsung, Int. 5, Telefon-Interview, ohne Pos (Pol.). 5o2AuflOsung, Int. 6, Pos. 120, vgl. Pos. 243 (Opfer); vgl. Aufl6sung Int. 7, Pos. 32, 33 (Pol.). 5o3Aufl6sung, Int. 8, Pos. 19 (Pol.). 504Aufl6sung, Int. 2, Pos. 128 (Pol.).
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5.5.2
Biografische Ver~ndemngen
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Andere Befragte machten biografische Vergnderungen wie Heirat, Familiengrfindung oder den Wegzug aus dem Stadtviertel oder der Stadt ffir die Aufl6sung von Treffpunkten verantwortlich. So sei ein Teil der in einem der untersuchten Grol3wohnsiedlungen ans~ssigen Rechten~echtsextremen entweder in andere Stadtgebiete, in die Region oder in andere Bundeslgnder verzogen. Dies habe ,,ich sag mal jetzt so landlgiufig, die Szene geschwdicht" und ,,Leute, die sich zu einem anderen Spektrum zurechnen ''5~ nahmen daraufhin 6ffentliche Fl~ichen in Besitz. In Halle-Neustadt lebten im Jahr 1992 noch 84.672 Menschen, im Jahr 2004 waren es 51.751. 5o6 Magdeburg Neu-Olvenstedt, wo noch bis 1993 ein Einwohnerzuwachs verzeichnet werden konnte, verlor zwischen 1990 und 2000 rund 39 Prozent der Bev61kerung und damit mehr als doppelt so viele wie die Gesamtstadt (17 Prozent). Allein 33 Prozent der Bev61kerung verlieBen in den Jahren 1996 bis 2000 das Stadtviertel. 5~ Daraber hinaus kommt es in den ostdeutschen Plattenbausiedlungen im Rahmen von ,,Rt~ckbaumaf3nahmen" zu weiteren Wegziigen aus den Stadtteilen. Wenn ein Wohnblock oder ein Hochhaus, bedingt durch die starke BevOlkerungsabwandemng, weitgehend leer steht, g~inzlich entmietet und dann gesprengt bzw. abgetragen wird oder ein StockwerkRfickbau stattfindet, kommt es zu Umzt~gen in andere Wohnbl6cke oder Stadtviertel und die WohnbevOlkerung entzerrt sich. Viele Ntere Rechtsextreme scheiden mit Erlangung eines festen Arbeitsplatzes oder wegen einer Familiengrttndung aus einem allzu lqihrigen Szeneleben aus, bleiben aber im Ort oder in der Region wohnhaft. Sie halten sich im Alltag selten an 6ffentlichen Treffpunkten der Szene auf, sind aber oftmals noch far weniger offenkundige Aktivit~ten ansprechbar und treffen ihre alten Kameraden bei diversen Geselligkeiten an halb- oder nicht6ffentlichen Orten. Strafrechtlich f~illt dieser Personenkreis meist nicht mehr durch Gewaltaktivitgten auf. Weithin unauffgllig verhalten sich auch jene, die ihr Auskommen in gesetzeswidrigen Geschgttszweigen f'mden. Far einen illegalen Anabolika- oder Drogenhandel 5~ far Verbindungen ins Rotlicht- oder ins kriminelle Rockermilieu 5~ das Unterfangen sich eine selbstst~indige Existenz durch den Vertrieb von Klamotten und Tontr~igem
505AuflOsung, Int. 9, Pos. 119, 122 (Soz.), vgl. Pos. 117. 506Vgl. Stadt Halle (Saale) (Hg.): Einwohner- und Statistikamt: BevOlkerungder Stadt Halle (Saale) 1992-1997, Halle 1997, S. 16-18; Eine-Welt-Haus Halle e.V. (Hg.): Migrationsatlas der Stadt Halle, Halle 2005. so7 Vgl. Bergander, Dirk/Nobbe, Patrizia: Sozialstrukturelle Veranderungen in ostdeutschen Grogsiedlungen. Die Fallstudien Leipzig-Grt~nauund Magdeburg Neu-Olvenstedt. Projektbericht Projektseminar: ,,GrogsiedlungenOst: Vom bevorzugten und bevorzugenden zum benachteiligten und benachteiligenden Wohngebiet?" an der Humboldt-Universit~it zu Berlin, Institut fOr Sozialwissenschaften, Stadt- und Regionalsoziologie, Berlin 2001, S. 27, 29. 508Vgl. AuflOsungInt. 5, Telefon-Interview, ohne Pos. (NGO); AuflOsung, Int. 7, Pos. 43 (Pol.); AuflOsung Int. 2, Pos. 57 (Pol.); Wilking/Wermerskirch: WeltoffenesGuben .... Cottbus 2001, S. 27. 509Vgl. Speit, Andreas: ,,Der bewaffnete Arm". Neonazis wegen Bildung eine kriminellen Vereinigung angeklagt, in: Blick nach Rechts, Nr. 7/2005, 01. April 2005, S. 3; Freires, Horst: Faszination der Gewalt, in: Blick nach Rechts, Nr. 01/2006, 06. Januar 2006, S. 5f; VS-Bericht Brandenburg 2003, Potsdam 2004, S. 73; Innenministerium Baden-W/3rttemberg (Hg.): Verfassungsschutzbericht Baden-Wtirttemberg 2002, Stuttgart 2003, S. 30; Nibbrig, Hans H.: Polizei st0rmt den ,,Tag der Germanen", in: Berliner Morgenpost, 05.10.2003; Kleffner, Heike: Rechte Szene im Aufwind, in: taz 04.12.2003; Senatsverwaltung fOr Inneres Berlin (Hg.): Lagebild Rechtsextremismus .... Berlin 2003, S. 4.
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far eine rechte/rechtsextreme Kundschaft aufzubauen 51~ oder als Inhaber kleiner Dienstleismngs- und Handwerksbetriebe TM ist die Erregung von Aufmerksamkeit durch registriertes Gewalthandeln oder auch durch die Anwesenheit an einschl/agigen Orten wenig dienlich, gilt es doch das Interesse der Ermittlungsbeh6rden gering zu halten. Denn, informiert ein Kenner der Szene, ,,dltere, gestandene Kameraden (...), die haben ja meistens immer schon ein bisschen was a u f dem Kerbholz (...) Oder machen irgend ein, haben ihre HLinde in irgendwelchen ~ih, ah, undurchsichtigen Geschi~fien drinne. Und da ist es natiirlich sehr ungiinstig fiir die, wenn sie dabei sind, wenn so ein Kleiner mal durchdreht und eine kleine Schl~igerei ist und wenn sie dadurch in Gefahr laufen, halt, eine Vorladung zur Polizei zu bekommen. Oder a u f einmal da eine Hundertschafi anriickt und eine, eine Verhafiung stattfindet. ,,512
Bei jfingeren Szeneg~ingem ist eine h6here r~iumliche Mobilitgt zu beobachten. Ausbildungspl~itze und Erwerbsarbeitsstellen werden von denjenigen, die in den regionalen Okonomien keine Perspektive finden, auch fiber die Region hinaus angenommen.
Reaktionen von Nachbarschaften
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5.5.3
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,,Ja aber, von denen hOrt man gar nichts mehr, man sieht nichts mehr. Also ich denke mal, es ist auch so gekommen, well viele [Rechte] von NN weggegangen sink aufgrund von &udium, yon Lehre und so welter, anderen Bekanntenkreis, also es hat sich eigentlich ziemlich weitestgehend aufgelOst. ,,513
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Eine Behindemng bei der Verfestigung von Treffpunkten kann die Reaktion von Anwohnerlnnen sein, wenn das Agieren rechter/rechtsextremer Gruppen deren Bedfirfnis nach Ruhe und Sauberkeit tangiert und deswegen polizeiliche Ordnungskr~ifte bemfiht werden. Am deutlichsten wird dies bei Anzeigen wegen RuhestOmngen im Umfeld von Wohnungen, Jugendclubs, Kneipen oder 6ffentlichen P1/itzen. In erster Linie wird sich dann bei der Polizei beschwert, wenn Krach verursacht, Dreck hinterlassen wird oder das Agieren der Gesellungen eine Gef~ihrdung des eigenen Hab und Gut darstellt: ,,Die Anwohner fiihlen sich bel~istigt durch den, durch den Krach, versti~ndlich. Durch den Mall, der hinterlassen wird. ,,514
5~oVgl. Flad: Zur Okonomie der rechtsextremen Szene .... in: Klfimer/Kohlstruck (Hg.): Moderner Rechtsextremismus .... Hamburg 2006, S. 102-115. 5~ Kleffner, Heike: Mittendrin- Der Kameradschaftsbund Anklam, in: ROpke/Speit (Hg.): Braune Kameradschaften .... Berlin 2004, S. 144-159, hier S. 150f. 512AuflOsung, Int. 10, Pos. 237-239 (Rechtsextremist); vgl. Aufl0sung, Int. 11, Pos. 23 (Pol.). 513Aufl6sung, Int. 13, Pos. 68 (Opfer); vgl. Int. 6, Pos. 25 (Opfer); vgl. Int. 12, Mitschrift Telefon-Interview, ohne Pos. (Pol.); Stengel, Eckhard: Go West, in: Frankfurter Rundschau 22.08.2006; N.N.: Mobilitfit von Auszubildenden, in: Frankfurter Rundschau 22.08.2006. 514AuflOsung, Int. 14, Pos. 34 (Soz.).
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Werden Kneipen im Wohngebiet von Rechten/Rechtsextremen als Trinkhalle auserkoren, erfahrt ruhest6render L/~rm eine groBe Missbilligung. Vor allem n/~chtliches Johlen rechtsextremer Schlachtenges~inge oder das Abspielen lauter Musik sind den BtirgerInnen ein ,~gemis. Dies betrifft insbesondere Lokale in Plattenbau-Wohnkomplexen. Oft inmitten eines Karrees im Zusammenhang mit DienstleistungswOrfeln eingerichtet und auch heute noch als Vergnfigungsort im Nahbereich des Wohnumfeldes dienend, fOhrt die Bebauung zu einem Schallverst/~rkungseffekt. Das lallende Skandieren rassistischer oder NSapologetischer Parolen, zigmal verst/~rkt durch den Rtickschall der Betonw/~nde, beeintr/~chtigt die n~ichtliche Stille in der Platte gewaltig. ,,Es gab dieses Beispiel, (...) mit dieser Gaststgitte, (...) was da mal fiber so ein Dreivierteljahr ging. Also da waren die Anwohner sehr ~irgerlich und sehr auf Kontra eingestellt. (...) Das ist nicht deutlich geworden in der Offentlichkeit: 'wir wollen hier keine Nazis haben, oder keine Glatzen haben. ' Sondern." 'die machen hier Unruhe, L~irm. Bis nachts um zweie Party und dann grOlen die dann hier besoffen rum. ,,,515
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)~mlich reagieren AnwohnerInnen in der Umgebung von Jugendclubs, die von rechten/rechtsextremen Gesellungen besucht werden. Auch hier kommt es zu immer wieder zu Beschwerden, ,,wenn auch mehr wegen lauter M u s i k " . 516 Eine Auseinandersetzung mit den Inhalten der Ruhest6mngen fmdet wenig statt. Vielmehr als die Gesinnung der Akteure stehen die Artikulationsformen im Mittelpunkt der Kritik. Flaschenwerfende, alkoholisierte Rechte/Rechtsextremisten werden als )krgemis empfunden. Die AnwohnerInnen plagt dabei ,,eigentlich nur der L~irm (...) und weniger die Ansichten yon diesen Leuten. ''517 Ein ehemaliger Jugendclubmitarbeiter sagte dazu: ,,(...) klar dhm Beschwerden fiber RuhestOrungen gab es immer, auch am RR. Aber dass sozusagen esjemanden nicht gepasst hdtte, dass sich dort Rechtsextreme treffen, davon ist mirjedenfalls nichts bekannt. ''518 Eine Nichtachtung
von Ruhebedtirfnissen oder Sauberkeitsvorstellungen n/~hren den Unterbindungswunsch.
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,,Ansonsten, solange wie also keine StOrungen ausgehen yon diesen Gruppen, werden sie in der Regel toleriert ''519, best/~tigte ein Staatschi~tzer.
5.5.4 Zivilgesellschattliche Initiativen
In keinem der vier Untersuchungsgebiete wurde das Engagement von Bfirgerinitiativen oder anderer zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich eine Thematisierung von konkreten rechtsdominierter Orten auf die Fahnen geschrieben hatten, als BegrOndung for den Zerfall oder die SchlieBung von Treffpunkten verantwortlich gemacht. Die Angaben der Befragten aus den Bereichen Polizei, Sozialarbeit, (potenzielle) Opfer und lokale zivilgesellschaftliche Initiativen auf die Frage, ob im jeweiligen Untersuchungsgebiet das Engagement von
5~5AuflOsung, Int. 9, Pos. 242, 244 (Soz.). 516AuflOsung, Int. 15, Pos. 15 (NGO); vgl. Int. 3, Gespr~ichsnotizen,ohne Pos. (Pol.) 5~7Aufl6sung; Int. 16, Pos. 220 (Soz.); vgl. AuflOsung,Int. 9, Pos. 246 (Soz.); AuflOsung,Int. 17, Pos. 127 (Soz.). 518AuflOsung, Int. 18, Pos. 67, 68 (Soz.), vgl. AuflOsung, Int. 19, Pos. 30 (Soz.). 519AuflOsung, Int. 20, Pos. 82 (Pol.); vgl. Int. 21, Pos. 38 (Rechtsextremist).
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Btirgerinitiativen gegen die Existenz rechtsdominierter Orte ein Grund ffir deren Aufl6sung gewesen sei, reichten von: ,,Also von zivilgesellschafilichen Initiativen weifl ich nichts. ,,520(Sozialarbeiter)
fiber: ,, Woran liegt das, dass das nicht mehr so ist? Ich wiirde mal sagen (...), an der Arbeit von Biirgerinitiativen ganz sicher nicht. Die gab es [im Untersuchungsgebiet], soweit ich das einschdtzen kann, nirgends. ,,521 (NGO)
bis hin zu: ,, Und irgendwelche Bfirgerinitiativen sind mir eigentlich nicht bekannt in X,, die was gegen solthe Treffpunkte unternommen haben. ,,522(Opfer)
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und: ,,Also direkt Initiativen hat man hier in der ... Bfirgerinitiativen in der Stadt nicht. ,,523(Polizei)
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Trotz der von den Befragten h~ufig erwghnten Beschwerden von Anwohnerlnnen erfolgte die Aufl6sung der festgestellten halb6ffentlicher Kneipen-Treffpunkte wenn, dann wegen einer Schliel3ung des Betriebes aus wirtschaftlichen Grttnden. Die rechte/rechtsextreme Klientel wich darauthin in andere Wirtshguser aus:
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,,Also AA-Kneipe, die hat einfach zu gemacht, weil se, in dem Sinne weil [am Standort des Lokals] nichts mehr los war. Da hat er keinen Umsatz gemacht der Kneiper. Der hat halt, (...) aus wirtschafilichen Griinden verlagert und hat die Leute j a mitgenommen. Und beim QQ hat sich das in dem Sinne auch nur verlagert, well die wirtschafiliche Kraft da yon den Gdsten war nicht so stark, dass das QQ aufrechterhalten (werden) konnte. Der hat dann auch aus wirtschaftlithen Griinden zu gemacht. ,,524
Jugendclubs, die als rechtsdominiert galten, und bei denen dies heute nicht mehr der Fall ist, verloren durch eine Ver~inderung der sozialp~idagogischen P r a x i s - Einschr~inkung des Alkoholausschankes, Verbot des HOrens yon RechtsRock, klare Hausordnung, Rausschmiss von Kadern, Erweiterung der Angebots auf die Bedtirfnisse anderer Jugendlichedie oftmals einer zunehmenden Professionalisierung geschuldet war, an Attraktivit~it fiir eine rechte/rechtsextreme Klientel. Diese suchte sich, ~ihnlich wie bei den Lokalen, andere Orte. 520AuflOsung, Int. 18, Pos. 67 (Soz.). 521Aufl6sung, Int. 1, Pos. 34 (NGO). 522Aufl0sung, Int. 22, Pos. 40 (Opfer); vgl. Aufl6sung, Int. 23 (NGO), Pos. 17. 523Aufl6sung, Int. 24, Pos. 14 (Pol.). 524Aufl6sung, Int. 22, Pos. 38, 39 (Opfer).
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D Die interaktive Dimension der Konstituierung von ,,Angstzonen"
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Die folgenden Kapitel befassen sich mit Faktoren, die unabh~ingig von stattfindenden Ortsbesetzungen einer rechten/rechtsextremen Szene und lokalisierbarer Orten rechts(extrem) motivierter Gewalt bestimmte Orte oder Gegenden zu angstbesetzten R~iumen werden lassen. Dabei wird geprtift, ob Differenzen in der S ituationsinterpretation der konkret Betroffenen und derjenigen bestehen, die aufgrund ihrer Profession (Sozialarbeit, Polizei, zivilgesellschaftliche Initiativen) mittel- oder unmittelbar mit den Gewaltfolgen konfrontiert sind und welche Auswirkungen m6gliche Abweichungen auf das Sicherheitsgeffihl der (potenziellen) Opfer haben. Gekl~irt wird auch, welche Rolle der Umgang der nicht unmittelbar von rechts(extrem) motivierter Gewalt betroffenen Bev61kerungsteile mit Viktimisierungen far die Konstitution von ,,Angstzonen" einnimmt. Es sollte in Erfahrung gebracht werden, ob das Verhalten von AnwohnerInnen und unbeteiligter Dritten, das heigt am Geschehen Unbeteiligten wie beobachtende oder zuh6rende Zeuginnen oder Zeugen von Straftaten, die weder den Tataustibenden noch der Opfergmppe zugeh6ren l, einen Einfluss auf die Definition eines bestimmten Territoriums als ,,Angstzone" hat. In den Untersuchungsgebieten wurden alle Interviewten zur Haltung der BewohnerInnen der Stadt oder des Stadtteils zu rechtsdominierten Orten und zum Handeln unbeteiligter Dritter im Zusammenhang mit rechten/rechtsextremen Aktivit~iten befragt. Neben Fragen nach Reaktionen von Btirgerinnen und Btirgem auf rechtsextrem motivierte Aktivit~iten wie Aufm~irsche oder Propagandaveranstaltungen lag ein besonderes Augenmerk auf den Reaktionen unbeteiligter Dritter auf gewaltt~itige Angriffe. Darfiber hinaus sollten Erkenntnisse dartiber gewonnen werden, wie (potenzielle) Opfer auger fiber in offiziellen Statistiken dokumentierte Gewaltt~itigkeiten Kennmis tiber mOgliche Gefahrenzonen erlangen. Im ersten Kapitel wird anhand der Angaben der Befragten und einer Auswertung des vorhandenen statistischen Materials gekl~irt, welche Personenkreise am unmittelbarsten mit rechts(extrem) motivierter Gewalt konfrontiert sind. Danach wird das Anzeigeverhalten von Gewaltopfern beleuchtet und auf Faktoren eingegangen, die das Anzeigeverhalten negativ zu beeinflussen verm6gen. Ein weiteres Unterkapitel besch~iftigt sich mit den Diskrepanzen der alltagspraktischen Wahrnehmung von Gewaltaktivit~iten und deren Folgen. Daran anschliel3end folgt eine Darstellung der Reaktionen (unbeteiligter) Dritter sowie von Personen aus dem Arbeitsfeld Polizei und Sozialarbeit auf das Auftreten rechter/rechtsextremer Gesellungen im Vergleich zu ihren Reaktionen auf das Auftreten von Angeh/Srigen nicht-rechter Jugendkulmren. Hierbei wird auch auf allt~igliche Diskriminierungen, denen MigrantInnen, Asylsuchende, Menschen dunklerer Hautfarbe und Angeh6rige nicht-rechter Jugendkulmren
Vgl. Willems, Helmut/Steigleder, Sandra: Jugendkonflikt oder hate crime? T~iter-Opfer-Konstellationen bei fremdenfeindlicher Gewalt, in: Journalfftr Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 5-28, hier S. 20.
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ausgesetzt sind eingegangen. Im Zusammenhang mit rechts(extrem) motivierter Gewalt wird im zweiten Kapitel die Rolle des Handelns (unbeteiligter) Dritter auf das Sicherheitsgefiihl der Opfer beleuchtet, um schlieBlich den Einfluss von kommunikativen Faktoren auf die Definition einer bestimmten Gegend als ,,Angstzone" darzustellen.
Opfer rechts(extrem) motivierter verbaler und physischer Gewalt
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Alle interviewten wurden danach befragt, welche Personenkreise ihrer Einsch~itzung nach in besonderem MaBe von rechts(extrem) motivierten Angriffen betroffen seien und welche Gefahr liefen, an rechtsdominierten oder anderen 0rtlichkeiten angegriffen bzw. anderweitig Zielscheibe von Aggressionen zu werden. Die Frage mag seltsam anmuten, da sich diese Daten doch tiber die Statistiken der Landeskriminal~imter erschlieBen. Dennoch wurde das Thema in den Interviews angesprochen, um einsch~itzen zu kSnnen, inwieweit sich Kenntnisse tiber die Zugeh6rigkeit von Opfem rechts(extrem) motivierter Straftaten zu bestimmten Gruppen in der Alltagspraxis von Sozialarbeit und Polizei wieder finden, wenn sich ihr Blick auf,,Angstzonen" und gewaltfSrmig durchgesetzte Ortsbeanspruchungen richtet. Die Beffagten gaben eindeutig als ,,ausl~indisch" eingeordnete Personen, Linke, Punks, Hip-HopperInnen, SkaterInnen und andere nicht-rechte Jugendliche als Hauptleidtragende rechts(extrem) motivierter Angriffe an. Eine Sozialarbeiterin sagte:
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,,Ja das ist im Prinzip dieses, dieses dhm, ja dieses Bilderbuchimage, also die Zecken, die sowieso stinken, die Punker, die dreckig sind. Das sind alles blofl Asoziale, die nicht arbeiten gehen, sich nicht waschen. Und dann dhm, bei den ausRindischen, ~ih, bei den ausldindischen Biirgern haupts~ichlich Kurden, also Iraker, Tiirken, Vietnamesen, also dh, auch Oststaatler, ja. Also Franzosen, Englander, Amerikaner eher weniger, logisch. ,,2
Polizeibeamte meinten, dass Personen, ,,die vom ~iuBeren Erscheinungsbild schon als Linke zu erkennen sind oder auch Ausl~inder, die werden dann schon, ~ihm, ja, in der ihrer Sprache, angemacht. ''3 Pauschal k6nne gesagt werden: ,,Es geht gegen Linke und gegen Ausl~inder, mehr allerdings gegen Ausl~inder. ''4 Sie machten zudem darauf aufmerksam, dass auch unter bestimmten Bedingungen auch ,,ganz normale" Btirgerinnen und Btirger von Ansammlungen rechter/rechtsextremer Gesellungen betroffen und bedroht seien. Es werden in der Offentlichkeit, ,,nach dem Biertrinken (...) Passanten angepObelt. Auch Liltere Damen
: Opfer, Int. 1, Pos. 82 (Soz.); vgl. Opfer, Int. 2, Pos. 69 (Soz.). 30pfer, Int. 3, Pos. 22 (Pol.); vgl. Opfer, Int. 4, Pos. 29 (Pol.). 4 Opfer, Int. 5, Pos. 6 (Pol.).
202
ausgesetzt sind eingegangen. Im Zusammenhang mit rechts(extrem) motivierter Gewalt wird im zweiten Kapitel die Rolle des Handelns (unbeteiligter) Dritter auf das Sicherheitsgefiihl der Opfer beleuchtet, um schlieBlich den Einfluss von kommunikativen Faktoren auf die Definition einer bestimmten Gegend als ,,Angstzone" darzustellen.
Opfer rechts(extrem) motivierter verbaler und physischer Gewalt
pL
eX
Alle interviewten wurden danach befragt, welche Personenkreise ihrer Einsch~itzung nach in besonderem MaBe von rechts(extrem) motivierten Angriffen betroffen seien und welche Gefahr liefen, an rechtsdominierten oder anderen 0rtlichkeiten angegriffen bzw. anderweitig Zielscheibe von Aggressionen zu werden. Die Frage mag seltsam anmuten, da sich diese Daten doch tiber die Statistiken der Landeskriminal~imter erschlieBen. Dennoch wurde das Thema in den Interviews angesprochen, um einsch~itzen zu kSnnen, inwieweit sich Kenntnisse tiber die Zugeh6rigkeit von Opfem rechts(extrem) motivierter Straftaten zu bestimmten Gruppen in der Alltagspraxis von Sozialarbeit und Polizei wieder finden, wenn sich ihr Blick auf,,Angstzonen" und gewaltfSrmig durchgesetzte Ortsbeanspruchungen richtet. Die Beffagten gaben eindeutig als ,,ausl~indisch" eingeordnete Personen, Linke, Punks, Hip-HopperInnen, SkaterInnen und andere nicht-rechte Jugendliche als Hauptleidtragende rechts(extrem) motivierter Angriffe an. Eine Sozialarbeiterin sagte:
sU p
,,Ja das ist im Prinzip dieses, dieses dhm, ja dieses Bilderbuchimage, also die Zecken, die sowieso stinken, die Punker, die dreckig sind. Das sind alles blofl Asoziale, die nicht arbeiten gehen, sich nicht waschen. Und dann dhm, bei den ausRindischen, ~ih, bei den ausldindischen Biirgern haupts~ichlich Kurden, also Iraker, Tiirken, Vietnamesen, also dh, auch Oststaatler, ja. Also Franzosen, Englander, Amerikaner eher weniger, logisch. ,,2
Polizeibeamte meinten, dass Personen, ,,die vom ~iuBeren Erscheinungsbild schon als Linke zu erkennen sind oder auch Ausl~inder, die werden dann schon, ~ihm, ja, in der ihrer Sprache, angemacht. ''3 Pauschal k6nne gesagt werden: ,,Es geht gegen Linke und gegen Ausl~inder, mehr allerdings gegen Ausl~inder. ''4 Sie machten zudem darauf aufmerksam, dass auch unter bestimmten Bedingungen auch ,,ganz normale" Btirgerinnen und Btirger von Ansammlungen rechter/rechtsextremer Gesellungen betroffen und bedroht seien. Es werden in der Offentlichkeit, ,,nach dem Biertrinken (...) Passanten angepObelt. Auch Liltere Damen
: Opfer, Int. 1, Pos. 82 (Soz.); vgl. Opfer, Int. 2, Pos. 69 (Soz.). 30pfer, Int. 3, Pos. 22 (Pol.); vgl. Opfer, Int. 4, Pos. 29 (Pol.). 4 Opfer, Int. 5, Pos. 6 (Pol.).
202
werden dort bel~istigt. ''5 D e n n o c h wiarden ,,normale Passanten (...) weniger a n g e s p r o c h e n " w e r d e n . 6 Es g e b e z w a r Einzelf~ille, ,,aber weniger. Also sie [die Rechten] brauchen schon einen Indikator. ''7 V o n r e c h t s e x t r e m e r Seite hief3 es a u f die Frage, w e l c h e P e r s o n e n besonders gef~ihrdet seien, Ziel v o n Gewaltaktivit~iten zu w e r d e n : ,,Also, (...) Ausli~nder oder Nicht-Deutscher. Ausldinder istja nun nicht gleich Ausldinder, nicht. Da ist ein Unterschied, wenn da zwei Hollginder kommen, die da irgendwo (...) arbeiten. Monteure oder so was. Ein Hollander oder ein Tscheche kommt, oder ein, ein, ein, ein Franzose oder ein Schwede. Schweden waren hier auch schon da und so. Da ist iiberhaupt nichts, nee. Aber wenn natiirlich Dunkelhdiutige kommen, oder Asiaten, Asiaten und so, [die Rechten] fiihlen sich da rassistisch, ~ih, rassisch iiberlegen oder so. Und dann ist er [der AuslOnder], dann natiirlich, hm, gefdihrdet, Mar. ,,8 ,Ahnliche E r g e b n i s s e erbrachte eine A u s w e r t u n g der zur Verfiagtmg s t e h e n d e n p o l i z e i l i c h e n Statistiken.
Jahr
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
178
849
1485
1322
784
612
624
102 k.A.
449
725
899
625
509
507
k.A.
585
727
k.A.
372
397
sU p
Gewalttaten (GT) gesamt Körperverletzung (KV) Davon: fremdfdl. KV nicht-fremdfdl. KV Anteil nichtfremdfdl. KV an KV gesamt
eX
E n t w i c k l u n g der K 6 r p e r v e r l e t z u n g s d e l i k t e mit f r e m d e n f e i n d l i c h e m und r e c h t s e x t r e m i s t i s c h e m H i n t e r g r u n d in D e u t s c h l a n d ab 1990 bis 1996 nach A n g a b e n des B u n d e s a m t e s D r Verfassungsschutz9:
pL
Tabelle2:
k.A.
k.A.
140
172
k.A.
127
110
k.A.
k.A.
19,3 %
19,1 %
k.A.
25,0 %
21,7 %
50pfer, Int. 5, Pos. 6 (Pol.).
60pfer, Int. 3, Pos. 22 (Pol.).
v Opfer, Int. 4, Pos. 31 (Pol.). 80pfer, Int. 6, Pos. 201,202 (Rechtsextremist). 9 Tabelle 2 und Tabelle 3: Eigene Berechnung der nicht-fremdenfeindlichen KOrperverletzungen, ihrem prozentualen Anteil an K6rperverletzungen insgesamt und des prozentualen Anteils der Gewalttaten gegen Linksextremistlnnen und andere politische Gegnerlnnen an den rechts(extrem) motivierten Gewalttaten insgesamt. Die Zahlen sind den jeweiligen Verfassungsschutzberichten entnommen. Die Zahlen basieren von 1993 bis 2000 auf Angaben des BKA. Gewalttaten sind: vollendete/versuchte TOtungsdelikte, Sprengstoffanschl~ge, Brandstiftungen, KOrperverletzungen und Landfriedensbriiche. Die hier nicht aufgef't~hrten vollendeten und versuchten T6tungsdelikte hatten fast ausnahmslos ein fremdenfeindliches Motiv. Vgl. VS-Bericht Bund 1997, Bonn 1998, S. 75ff; VSBericht Bund 1998, Berlin 1999, S. 19ff; VS-Bericht Bund 1999, Berlin 2000, S. I9ff; VS-Bericht Bund 2000, Berlin 2001, S. 30-33; VS-Bericht Bund 2001, Berlin 2002, S. 37ff; VS-Bericht Bund 2002, Berlin 2003, S. 30-33; VS-Bericht Bund 2003, Berlin 2004, S. 32ff; VS-Bericht Bund 2004, Berlin 2005, S. 34f; VS-Bericht Bund 2005, Berlin 2006, S. 24-38. Zur Gesamtanzahl der Straf- und Gewaltstraftaten 1997-2000 vgl. Bundesamt ftir Verfassungsschutz (Hg.): Ein Jahrzehnt .... K61n 2001, S. 35f.
203
Tabelle 3: Ab 1997 werden Gewalttaten gegen LinksextremistInnen und sonstige politische GegnerInnen (Gg) gesondert aufget'tihrt: Jahr
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
GT gesamt
790
708
746
998
709
772
759
776
958
Davon: KV
677
595
630
874
626
646
637
640
816
406
384
386
569
343
388
377
310
322
271
211
244
305
283
258
260
330
494
40,0 % 35,5 % 38,7 % 34,9 % 45,2 % 39,9 % 40,8 % 51,6 % 60,5% 99
101
53
43
153
150
141
199
316
15
9
0
0
45
57
70
67
116
14,4 % 15,5 %
7,1 %
eX
Davon: fremdfdl. KV nicht-fremdfdl. KV Anteil nichtfremdfdl. KV an KV gesamt GT gg. Linksex.. GT gg. sonst. pol. Gg Anteil GT gg. Linksex. und sonst. pol. Gg an GT gesamt
4,3 %
27,9 % 26,8 % 27,8 % 34,3 % 45,1%
sU p
pL
Die Statistiken des Bundesverfassungsschutzes 1~(Tabelle 2 und 3) zeigen eine kontinuierliche Erh6hung des Anteils der nicht-fremdenfeindlich motivierten K6rperverletzungen seit 1992. Lag er im Jahr 1992 noch bei 19,3 Prozent, erreichte er im Jahr 2005 einen Anteil von 60,5 Prozent. Der Anteil der rechts(extrem) motivierten Gewalttaten gegen als LinksextremistInnen und sonstige politische GegnerInnen eingestuften Personen an der Gesamtsumme dieser Gewalttaten hat sich yon 14,4 Prozent im Jahr 1997 auf 45,1 Prozent im Jahr 2004 mehr als verdreifacht.
~o In den Verfassungsschutzberichten des Landes Brandenburg waren keine Statistiken zu finden, die bei rechts(extrem) motivierten Gewaltstraftaten nach Deliktart und Betroffenengruppe differenzieren. In den Verfassungsschutzberichten des Landes Sachsen-Anhalt wurden derartige Angaben nur bis zum Jahr 2000 gemacht.
204
Tabelle 4." Polizeilich bekannt gewordene K6rperverletzungsdelikte gem~iB w 223 StGB und gem~iB w 224 StGB (gef~ihrliche K6rperverletzung) in Magdeburg im Zeitraum 2000 bis Ende des ersten Quartals 2003)~: KVDelikte gegen
KV gemäß § 223 StGB
gefährliche KV gemäß § 224 StGB
Gesamt §§ 223, 224 StGB
Prozentualer Anteil der jeweiligen Betroffenengruppe an KV-Delikten gemäß §§ 223, 224 StGB
AusländerInnen
16
19
35
30,43 %
linke Szene
17
19
36
31,30 %
ohne Zuordnung
22
22
44
38,26 %
KV rechts gesamt
55
60
115
100,00 %
eX
Von 2000 bis zum ersten Quarta12003 richteten sich fast ebenso viele polizeilich registrierte K6rperverletzungen gegen ausl/~ndische Personen (30,4 Prozent) wie gegen Personen, die der linken Szene zugeordnet wurden (31,3 Prozent). Etwa 40 Prozent der rechts(extrem) motivierten KOrperverletzungsdelikte gem/~J3 w167 223,224 StGB konnte v o n d e r Polizeidirektion Magdeburg keiner bestimmten Opfergruppe zugeordnet werde.
AusländerInnen
gefährliche KV Prozentualer Anteil an KVKV gemäß § Gesamt §§ 223, gemäß § 224 Delikten gemäß §§ 223, 224 223 StGB 224 StGB StGB StGB
sU p
KVDelikte gegen
pL
Tabelle 5." Polizeilich bekannt gewordene K6rperverletzungsdelikte gem~il3 w 223 StGB und gem/~B w 224 StGB (gef~ihrliche K6rperverletzung) in Magdeburg im Zeitraum zweites Quarta12003 bis Ende des drittes Quartals 200512:
4
20
24
23,53 %
7
30
37
36,27 %
ohne Zuordnung
12
29
41
40,20 %
KV rechts gesamt
23
79
102
100,00 %
linke Szene
1~ Vgl. undatiertes Schreiben der Polizeidirektion Magdeburg von Mai 2003, eigene Berechnungen und eigene Berechnung der prozentualen Anteile. Das Projekt erhielt nur aus der Stadt Magdeburg Angaben fiber die Zuordnung von Opfern von rechts(extrem) motivierten Straftaten zu bestimmten Opfergruppen. Es handelt sich um eine Eingangsstatistik. 12Vgl. Tabelle der Polizeidirektion Magdeburg, zugesandt am 15.12.2005. Eigene Berechnung der prozentualen Anteile. Es handelt sich um eine Eingangsstatistik.
205
eX
In Tabelle 5 ist zu sehen, dass sich der Anteil der Opfer rechts(extrem) motivierter K6rperverletzungsdelikte aus der linken Szene und aus dem Personenkreis, der keiner bestimmten Opfergruppe zugeordnet wurde, erhtiht hat. Die Jahresstatistiken der brandenburgischen und sachsen-anhaltinischen Beratungsstellen ftir Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt zeigen ebenfalls eine in den letzten Jahren (2002-2005) steigende Gef~ihrdung vor allem nicht-rechter (meist) Jugendlicher und als ,,politisch aktiv" bezeichneter Menschen bzw. ,,linker Aktivisten" auf. In m a n c h e n Jahren lag der Anteil dieser Betroffenen noch tiber dem Anteil der hier als ,,Ausl~inder" deftnierten Personen (Asylsuchende, MigrantInnen, AussiedlerInnen und manche deutsche Staatsangeh6rige). ~3 Diese A n g a b e n decken sich mit j e n e n der Beratungsstellen in Meckl e n b u r g - V o r p o m m e m und Leipzig. ~4 Obgleich die jeweiligen Kategorisierungen in bestimmte Opfergruppen nicht transparent sind ~5, vermitteln die Statistiken einen Eindruck davon, welche Personenkreise haupts~ichlich von rechts(extrem) motivierter Gewalt betroffen sind. Die Mehrheit der bekannt gewordenen Gewalttaten richtet sich gegen Menschen aus dem Ausland oder gegen Deutsche, die von den T~item als ,,ausl~indisch" definiert werden. Ausl~indische Personen sind, gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbev61kerung, der in Sachsen-Anhalt bei rund 1,9 Prozent (2004) und in Brandenburg bei etwas 2,6 Prozent (2003) liegt, hochgradig gef'~ihrdet, Opfer von K6rperverletzungen zu werden.
sU p
pL
~3Vgl. CIVITAS-gef/3rderte Beratungsstellen ftir Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten in den neuen Bundesl~indern und Berlin: Pressemitteilung vom 13.02.2006, Beratungsstellen ver0ffentlichen Statistik tiber Opfer rechtsmotivierter Gewalt im Jahr 2005, unter http://www.opferperspektive.de/pmO60213.html, ges. 13.02.2006; CIVITAS-finanzierte Beratungsstellen fiir Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten in den neuen Bundesl~indem und Berlin: Pressemitteilung vom 20.02.2004, unter http ://www.kamalatta.de/opferperspektive/pm040220_agora.html, ges. 01.03.2004; dies: Pressemitteilung vom 09.02.2005, Beratungsstellen ver0ffentlichen Jahresstatistik 2004, unter http://www.opferperspektive.de/ pm050208statistik.htm, ges. 17.02.2005; CIVITAS-finanzierte Beratungsstellen ftir Opfer rechtsextremer Gewalt in Brandenburg, Sachsen, MecklenburgVorpommern, Saehsen-Anhalt und B e r l i n : Pressemitteilung vom 16.09.2004, unter http://www.opferperspektive.de/pm040916.html, ges. 18.09.2004; CIVITAS-gef0rderte Beratungsstellen fiir Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten (Hg.): beraten, informieren, intervenieren. Die Arbeit der Beratungsstellen fiir Opfer rechtsextremer Gewalttaten in den neuen Bundesl~indern, Berlin 2003, S. 21; Opferperspektive e.V. (Hg): Jahrbuch Opferperspektive 2004. Beratung fiir Opfer rechtsextremer Gewalt in Brandenburg, Potsdam 2004, S. 10; N.N.: Mehr Gewalttaten als im Vorjahr, in: lnformationen der Mobilen Beratungfiir Opfer rechtsextremer Gewalt, Nr. 3, Sommer 2004, S. 7. 14 Vgl. Otto Brenner Stiftung (Hg.): Leipziger Beratungsstelle ftir Opfer rechtsextremistischer Gewalt- Ziele, Arbeitsergebnisse und Erfahrungen - Ein Bericht zur projektbegleitenden Evaluation 06/2000 bis 06/2002 im Auflrag der Otto Brenner Stiflung, Berlin 2002, S. 52. In diesen beiden Jahren bestand die zahlenm~il3ig gr0Bte Opfergruppe aus Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren (insg. 60), mit deutlichem Abstand zur Gruppe der unter 13jahrigen (insg. 9) und der 18-27j~ihrigen (insg. 22); LOBBI e.V. (Hg.): Beratung ftir Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern. Rostock 2003, S. 7ff. Im Jahr 2002 wurden 22 Angriffe auf Asylsuchende, Aussiedlerlnnen oder nicht-deutsche Touristlnnen vertibt. 19 Angriffe richteten sich gegen vermeintliche Drogenkonsumentlnnen, einen Pfarrer oder nicht-rechte Jugendliche und 13 gegen Personen wegen deren ,,politischen Einstellung". Dariiber hinaus waren ftinf Angriffe auf Aussteiger aus der rechten Szene und sieben aus ,,anderen Grtinden" verzeichnet. Mehr als die H~ilfteder Opfer war unter 20 Jahre alt. ~5 W~ihrend in den Verfassungsschutzberichten des Bundes yon Ausl~indem, Linksextremisten und sonstigen politischen Gegnem die Rede ist, spricht die Polizeidirektion Magdeburg von Ausltindem, der linken Szene und Personen ,,ohne Zuordnung". Die Opferberatungsstellen unterscheiden bei den vermuteten Tatmotivationen in ,,Rassismus", gegen Nicht-Rechte (meist Jugendliche) und gegen politisch Aktive bzw. gegen linke Aktivisten. Schwierig ist auch die Bewertung von Angriffen auf deutsche Staatsbtirgerlnnen mit Migrationshintergrund. Diese tauchen in den Polizei- und Verfassungsschutzstatistiken nicht gesondert auf, wohl aber in einigen VerOffentlichungen der Opferberatungsstellen.
206
Tabelle 6: Ausl~inderlnnenanteil Sachsen-Anhalt (SNA) 2002, 2003, 200416: SNA per 31.12.
Gesamtbevölkerung
Deutsche Staatsangehörige
AusländerInnen
AusländerInnenanteil
2002
2.548.911
2.500.189
48.722
1,91 %
2003
2.522.941
2.472.432
50.509
2,00 %
2004
2.447.314
2.400.191
47.123
1,93 %
Tabelle 7." Ausl~inderlnnenanteil Brandenburg 1999, 2002, 200317:
Gesamtbevölkerung
Deutsche Staatsangehörige
AusländerInnen
AusländerInnenanteil
1999
2.601.207
2.540.028
61.179
2,35 %
2002
2.852.379
2.715.684
66.765
2,34 %
2003
2.574.521
2.506.916
67.605
2,63 %
eX
Brandenburg per 31.12.
sU p
pL
Die Angaben aus den Statistiken decken sich mit den Angaben der Beffagten. Besch~iftigte in den Bereichen Sozialarbeit und Polizei gehen also berechtigterweise davon aus, dass in der Regel als Nicht-Deutsche defmierte Menschen die Hauptbetroffenen von rechts(extrem) motivierter Gewalt sind. Ihre Aul3emngen weisen augerdem darauf hin, dass entlang der Kriterien Haarfarbe, Augenfarbe, Hautfarbe gesagt werden kann: je dunkler, desto h6her die Viktimisierungsgefahr. Dartiber belegen die Daten ein Ansteigen der Anzahl von Taten gegen Angeh6rige jugendlicher ,,Feindesgruppen". Diese Ergebnisse werden durch Angaben von T~item und Tatverd~ichtigen in einer von Frindte und Neuman durchgeNhrten Studie untermauert. Sie schreiben: ,,Ftir die Gewalt durch die Clique stellen Ausl~inder und Linke die h~iufigsten Opfergruppen dar, wobei Linke und Punks sogar noch h~iufiger genannt werden als Ausl~inder (55 % Linke~unks und 48 % Ausl~inder). ''18 Zugenommen haben laut einem befragten Staatsschutzbeamten in den letzen Jahren Angriffe auf Nichtsesshafte und Wohnungslose. ,,Auch Angriffe gegen Obdachlose sind in den letzten drei bis vier Jahren [2000, 2001] verstdirkt vorgekommen, besser gesagt hdiufiger vorgekommen, so dass man also nicht sagen kann, es sind ausschliefllich Ausl~inder oder es sind ausschliefl-
16Vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (Hg.): Statistisches Monatshefl Sachsen-Anhalt 7/2004, Magdeburg 2005, S. 16; ders. (Hg.): Entwicklung der Deutschen und Ausl~inder seit 1990, Magdeburg 2005, unter http://www.stala.sachsen-anhalt.de, ges. 24.02.2005; Eine-Welt-Haus Halle e.V. (Hg.): Migrationsatlas .... Halle 2005; eigene Berechnungen. 17 Vgl. Landeskriminalamt Brandenburg (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Brandenburg 2004, Eberswalde 2005, S. 15; ders. (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Brandenburg 2003, Eberswalde 2004, S. 14; ders. (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Brandenburg 2000, Eberswalde 2001, S. 15; eigene Berechnung. 18Frindte/Neumann: Tat und Tatumstgnde, in: Wahl (Hg.): Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus .... Berlin 2001, S. 166-189, hier S. 183, vgl. S. 187; Wahl, Klaus: Fremdenfeindliche Gewalttgterberichten: Interviews und Tests, in: Wahl (Hg.): Skinheads, Neonazis.... Opladen 2003, S. 81-170, hier S. 89.
207
lich Linke. ''19 Ober diese extrem marginalisierte BevNkemngsgmppe jedoch gibt es die unzuverlgssigsten Viktimisierungsdaten, da hier die Anzeigenquote mit am geringsten einzusch~itzen ist. 2~ Wenig kann fiber die in den polizeilichen Statistiken aufge~hrten ,,sonstigen" Personengruppen gesagt werden, da zu diesen alle Bev61kerungsteile gerechnet werden mt~ssen, bei denen keine ,,erfassungsffihigen", kategorisierbaren Merkmale vorliegen. Je nach Quelle ist ein nicht geringer Anteil von Gewaltopfem ohne besondere Merkmale zu verzeichnen.
1.1 Anzeigeverhalten yon Opfern rechts(extrem) motivierter K~rperverletzung
sU p
pL
eX
Ein Durchsetzungsmoment zur Etablierung von ,,Angstzonen" bzw. von territorialer Kontrolle ist das Vertreiben yon ,,unerwtinschten" Personen aus den von rechten/rechtsextremen Gesellungen far sich beanspruchten Ortlichkeiten mittels k6rperlicher Gewalt(androhung). Um auf erlittene Angriffe zu reagieren, k/Snnen die von Exklusion betroffenen Personen die Justiz einschalten. Dazu bedarf es einer Anzeige bei der Polizei, sofem die Taten nicht tiber Dritte oder von Amts wegen zur Anzeige gebracht werden. Der Interviewleitfaden enthielt Fragen nach den perstinlichen und professionellen Erfahrungen der Befragten mit Anzeigen im Zusammenhang mit rechts(extrem) motivierten K6rperverletzungen. SozialarbeiterInnen und MitarbeiterInnen zivilgesellschaftlicher Gruppen und Opfer wurden zu Anzeigestellungen und zu ihren Erfahrungen mit der Polizei befragt. In den Leitfaden ftir Intervieparmer aus dem Polizeiapparat wurden ebenfalls Fragen nach dem Anzeigeverhalten von Opfern aufgenommen. Dieses Vorgehen ermOglichte es, Aussagen darfiber zu machen, warum physische Angriffe von einigen Opfern nicht zur Anzeige gebracht werden. Ein Aufschluss tiber das Ausmag des Dunkelfeldes 21, also der stattgefundenen, aber nicht polizeilich bekannt gewordenen rechts(extrem) motivierten Gewalttaten bzw. der vonder Polizei nicht als solche klassifizierten Taten kann so nicht erlangt werden. Die Klassifizierung einer Straftat als rechts(extrem) motiviert nehmen die aufnehmenden BeamtInnen vor. Oftmals ist dabei die handlungsleitende Motivation der T~iter nicht oder nicht eindeutig feststellbar, weil diese den BeamtInnen nicht bekannt werden oder von ihnen nicht erkannt werden. 22 Auch k6nnen gleichartige Delikte von Polizeidienststelle zu Polizeidienststelle unterschiedlich klassifiziert werden. Das unterschiedlich ausgepr~igte Problembewusstsein von PolizeibeamtInnen im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus hat Einfluss auf die Erfassung von rechts(extrem) motivierten Gewaltdelikten. 23 Manch eine Tat rutscht auch nach der Einfiahmng eines bundeseinheitlichen Meldesystems im Mai 2001 in der polizeilichen Statistik in die Rubriken der allgemeinen Kriminalit~it. W~ihrend bei vors~itzlichen K6rperverletzungen im Allgemeinen von einer
19Opfer, Int. 4, Pos. 29 (Pol.). 20 Vgl. Birkel: Die polizeiliche Kriminalstatistik .... in: Der Hallesche Graureiher 2003-1, Halle 2003, S. 65; Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 344. 21Zur Definition yon Dunkelfeld/Dunkelziffersiehe Teil A, S. 35, Fugnote 79. 22 Vgl. Singer: Erfassung politisch motivierterKriminalit~it,in: Kriminalistik, Heft 1/2004, S. 32-37, hier S. 35. 23Zll den Defiziten der polizeilichen Erfassung von Staatsschutzdeliktenvgl. BMI/BMJ(Hg.): Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, S. 266, 272; Kleffner/Holzberger: War da was? .... in: Bfwgerrechte & Polizei/CILIP, Nr. 77, Heft 1/2004, Berlin 2004, S. 56-64.
208
sU p
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Dunkelziffer von rund 1:3 bis 1 "5 ausgegangen wird 24, gibt es keine verl~isslichen Dunkelfeldzahlen far den Bereich rechts(extrem) motivierter und der darin enthaltenen Teilmenge der fremdenfeindlichen Gewaltstraftaten. Uber das Ausmag des Dunkelfeldes kann nur spekuliert werden. Beratungsstellen far Opfer rechts(extrem) motivierter Straftaten gehen von einer erheblichen Dunkelziffer bei physischen Angriffen aus. Nach ihren Erfahrungen aus der Beratungspraxis wiirden viele Gewalttaten, insbesondere gegen Asylsuchende, Angehtirige nicht-rechter Jugendszenen und gegen Obdachlose und Homosexuelle nicht angezeigt oder anderweitig gemeldet werden. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen dem gesellschattlichen Status der Betroffenen und ihrem Anzeigeverhalten. Betroffene mit geringer deutscher Sprachsicherheit oder mit prek~irem Aufenthaltstatus vermieden nach einer Viktimisierung oft den Kontakt mit polizeilichen Stellen. Sie befarchteten, ihre Situation k6nne sich dadurch verschlechtem. Ftir illegalisierte Menschen ist ungekl~irt, ob eine Anzeigestellung m6glicherweise mit einer Abschiebung aus der Bundesrepublik verbunden ist. 25 Bedauerlicherweise informiel~en die verschiedenen Beratungsstellen far Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt trotz ihrem best~indigen Verweis auf eine hohe Dunkelziffer, in ihren Falldokumentationen einschlieBlich des Jahres 2004 nicht tiber die Relation zwischen angezeigten und nicht angezeigten Straftaten. 26 Hinweise gab es erstmalig far das Jahr 2005. Die ,,Mobile Beratung ftir Opfer rechtsextremer Gewalt" Sachsen-Anhalt gab an, dass in rund 75 Prozent der F~ille entweder Anzeige erstattet wurde oder die Ermittlungsbeh6rden Kennmis von den Angriffen haben. 27 Ftir Brandenburg teilte der Verein ,,Opferperspektive" mit, dass ftinf der bei ihnen registrierten 131 rechts(extrem) motivierten Gewalttaten aus dem Jahr 2005 nicht angezeigt wurden. 28 Der Kriminologe D6rmann macht darauf aufmerksam, dass im Teilbereich der fremdenfeindlich motivierten K6rperverletzungsdelikte mit der empirischen Dunkelfeldforschung eine Aufhellung der Dunkelziffer schwerlich zu leisten ist. Diese machen weit unter einem Prozent der j~ihrlich registrierten Ktirperverletzungen aus und es w~ire fraglich, so D6rmann, ob ,,auch nur ein einziger Fall zuf~illig selbst in eine sehr groge Stichprobe ge-
24Vgl. Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 42. 25 Vgl. Btirk-Matsunami, Thomas/Selders Beate unter Mitarbeit von Ercan Yasaroglu: Fremdenfeindliche und rechtsextreme Obergriffe auf Imbissbuden im Land Brandenburg. Ein Forschungsbericht, Potsdam 2004, S. 58. 26 Vgl. Opferperspektive e.V. (Hg.): Jahrbuch Opferperspektive 2004 .... Potsdam 2004, S. 23: ,,Ein GrofSteil der Opfer stellt keine Anzeige und sucht nicht selbsttindig die Hilfe einer Beratungsstelle."; Beratungsstelle for Opfer rechtsextremer Gewalt, Frankfurt (Oder): ,,Ich habe Angst vor den GlatzkOpfen. Mit dieser Angst mtissen wir Auslander leben", unter http://www.kamalatta.de/opferperspektive/pmOlO816.html, ges. 16.12.2002. Hier wird davon gesprochen, dass einschlagige Studien von einem Dunkelfeld ausgehen, das bis zu 90 Prozent der Straftaten umfassen soil. Ohne Quellenangabe; CIVITAS-gef0rderte Beratungsstellen for Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten (Hg.): beraten .... Berlin 2003, S. 7, 19; Selkens/Wilde: Rechtsextremistische Straftaten .... unter http://www.linkeseite.de/Texte/pdf/schattenbericht.pdf, ges. 22.07.2002, S. 29: ,,Die Opferberatungsinitiative LOBBI e.V. in Mecklenburg-Vorpommern geht davon aus, dass in einigen Regionen des Bundeslandes lediglich zehn Prozent aller rechten Gewalttaten iJberhaupt zur Anzeige kommen (...)." 2v Vgl. Mobile Beratung fOr Opfer rechtsextremer Gewalt Sachsen-Anhalt, unter http://www.mobileopferberatung.de/index.php?bc=414, ges. 13.02.2006. 28 Vgl. Oschlies: SPD-Politiker Edathy .... in: Berliner Zeitung 26.04.2006. Ftir Sachsen gaben die Beratungsstellen fOr Opfer rechtsmotivierter Gewalt der ,,Regionalen Arbeitsstellen for Auslanderfragen, Jugendarbeit und Schule" und ,,AMAL- Hilfe for Betroffene rechter Gewalt" an, dass etwa ein Drittel ihrer Recherchefalle keine Anzeige erstatteten. Vgl. Klaus, Torsten: Rechte Gewalt: Resignation aus Angst vor der Rache, in: Dresdner Neueste Nachrichten, 27.02.2006, unter http://www.dnn-online.de/dnn-heute/60859.html, ges. 27.02.2006.
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langen wtirde." 29 Die G r e n z e n der D u n k e l f e l d f o r s c h u n g im Bereich der fremdenfeindlich motivierten Gewalttaten lassen sich auf andere rechts(extrem) motivierte Gewalttaten tibertragen. Veranschaulicht w e r d e n kann dies am Beispiel des Bundeslandes Sachsen-Anhalt und der Stadt M a g d e b u r g bzw. anhand der b u n d e s w e i t zur Verffigung stehenden Daten.
Tabelle 8." Polizeilich registrierte K ~ r p e r v e r l e t z u n g e n (KV) in Sachsen-Anhalt (SNA) mit und ohne rechts(extrem) m o t i v i e r t e m Hintergrund3~
KV SNA gesamt
Rechts(extrem) motivierte KV SNA
Anteil rechts(extrem) motivierter KV an KV gesamt SNA
2002
17.217
55
0,32 %
2003
16.178
32
0,20 %
2004
16.421
46
0,28 %
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Jahr
Tabelle 9." Polizeilich registrierte K 6 r p e r v e r l e t z u n g e n (KV) in M a g d e b u r g (MD) mit und
Jahr
KV MD gesamt
Rechts(extrem) motivierte KV Polizeidirektion MD
Anteil rechts(extrem) motivierter KV an KV gesamt MD
2002
2.025
4
0,20 %
2003
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ohne rechts(extrem) motiviertem Hintergrund:
1.863
8
0,43 %
1.908
12
0,63 %
2004
29 D0rmann, Uwe: Das ganze Ausmag rechter Gewalt. Grenzen der Dunkelfeldforschung bei fremdenfeindlichen Gewalttaten, in: Kriminalistik, Nr. 5/2001, S. 306-313, hier S. 309. 30Tabelle 8 und 9 vgl. Landeshauptstadt Magdeburg, Amt for Statistik (Hg.): Magdeburger Statistische Monatsberichte, Sonderdruck Kriminalitat in der Stadt Magdeburg, Magdeburg, Februar 2004, S. 2f; dies. (Hg.): Magdeburger Statistische Monatsberichte, Sonderdruck Kriminalitat in der Stadt Magdeburg, Magdeburg, Mtirz 2005, S. 2f; Landtag yon Sachsen-Anhalt: Drucksache 4/583, Rechtsextremistische und antisemitische Straftaten in SachsenAnhalt 2002. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage KA 4/6224 zur schriftlichen Beantwortung vom 25.02.2003; dies.: Drucksache 4/1413, Rechtsextremistische und antisemitische Straftaten in Sachsen-Anhait 2003. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage KA 4/6616 zur schriftlichen Beantwortung vom 03.03.2004; dies.: Drucksache 4/2093, Rechtsextremistische und antisemitische Straftaten in Sachsen-Anhalt 2004. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage KA 4/6890 zur schriftlichen Beantwortung vom 10.03.2005; eigene Berechnung.
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Tabelle 10: Polizeilich
registrierte KSrperverletzungen (KV) in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit und ohne rechts(extrem) motiviertem Hintergrund3~:
Jahr
KV gesamt BRD
Rechts(extrem) motivierte KV in der BRD
Anteil rechts(extrem) motivierter KN an KV gesamt BRD
2002
444.343
646
0,15 %
2003
467.944
637
0,14 %
2004
497.365
640
0,13 %
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Auch w e n n das Dunkelfeld dieser Straftaten in Relation zum Hellfeld grOl3er ware als bei K6rperverletzungen generell, ware das noch immer zu wenig, um sich ,,reprasentativ und zur Gesamtzahl hochrechenbar" auch in einer sehr grol3en Stichprobe wieder zu finden. 32 Selbst bei einer B e ~ c k s i c h t i g u n g der divergierenden Zahlenangaben 33 aus den Verfassungsschutzberichten und den Statistiken der Beratungsstellen fiir Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt und bei einer Erganzung der jeweils festgestellten Vorf'alle um einander, waren die Fallzahlen noch immer zu gering, um eine d u r c h f i ~ b a r e Dunkelfeldstudie zu gewahrleisten. Die A n z e i g e n q u o t e bei rechts(extrem) motivierten k~rperlichen Angriffen gegen nicht-rechte Jugendliche ist gering:
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,,Es werden, ich wiird" sagen, die allerwenigsten Ubergriffe oder Schl~gereien werden irgendwie zur Anzeige gebracht. ,,34
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Dies hangt allerdings von der Dimension der Verletzung ab. Je unerheblicher die physische Verletzung von den Betroffenen empfunden wird, desto seltener wird der Vorfall der Polizei zur Kenntnis gebracht. ,,Man kriegt mal ein paar ins Gesicht geschlagen, man wird real getreten, mal angepObelt. Das geh6rt zum Alltag", auBerte sich eine Interviewte. Lediglich
,,dolle Verletzungen wie Arm- und Beinbruch, Zdhne eingeschlagen oder welche, die mit
3~ Bundesministerium des Innem (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik 2003, S. 4; ders (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Berichtsjahr 2004, S. 4, beide unter http://www.bmi.bund.de, ges. 30.01.2006; VS-Bericht Bund 2002, Berlin 2003, S. 30ff; VS-Bericht Bund 2003, Berlin 2004, S. 32 ff; VS-Bericht Bund 2004, Berlin 2005, S. 34f; eigene Berechnung. 32 Mit der empirischen Dunkelfeldforschung ist nach D0rmann eine Aufhellung der Dunkelziffer ,,~r die statistisch gesehen zu seltene fremdenfeindliche Gewalt (...) wegen nicht unt~berwindlicher methodischer Probleme (...) nicht zu leisten." D0rmann: Das ganze Ausmal3 .... in: Kriminalistik Nr. 5/2001, S. 306-313, hier S. 312. Diese Feststellung kann auf andere rechts(extrem) motivierte Gewalttaten tibertragen werden. 33 Ein detaillierter Vergleich der bei LKA Sachsen-Anhalt und der sachsen-anhaltinischen Mobilen Opferberatung registrierten rechts und fremdenfeindlich motivierten Angriffe des Jahres 2003 ergab erhebliche Abweichungen. Fast die H~ilfte der Ftille war in der jeweils anderen Statistik nicht aufgeftihrt. Vgl. N.N.: Mehr Gewalttaten als im Vorjahr, in: Informationen der Mobilen Beratungfar Opfer rechtsextremer Gewalt, Nr. 3, Sommer 2004, Magdeburg 2004, S. 7; CIVITAS-finanzierte Beratungsstellen ft~r Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten in den neuen Bundeslandem und Berlin: Pressemitteilung vom 20.02.2004, unter http://www.kamalatta.de/opferperspektive/pm040220_agora.html, ges. 01.03.2004. 34Anzeigeverhalten, Int. 1, Pos. 221 (NGO); vgl. Anzeigeverhalten, Int. 2, Pos. 105 (Soz.).
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einem K r a n k e n h a u s a u f e n t h a l t verbunden ''35 sind, werden von den Betroffenen angezeigt.
Sozialarbeiterlnnen best~itigten diese Beobachtung. Anzeigen erfolgten, wenn die K~rperverletzung ~irztlich behandelt werden muss. ,, Wenn da jemand (...) was abgekriegt hat und es w a r - j e t z t sag ich maljetzt ganz in Anfiihrungsstrichen- im Normalmass, ja. Das es einfach Dresehen gegeben hat, wo keine schweren kOrperlichen Schdden... Also woes mal blaue Flecke und ein blaues Auge gab, dann war esjetzt sehwer, die Leute davon zu iiberzeugen, eine Anzeige zu machen. Also Anzeigen sind nicht so fiblich. ,,36
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Jugendliche Opfer berichteten, dass sie kaum die Polizei informieren warden, wenn es in bedrohlichen Situationen ,gu keinem Schaden g e k o m m e n / s t ''3v oder wenn sie erlittene KOrperverletzungen als wenig gravierend ansehen. Nach einer Schl~igerei mit Rechten~echtsextremen vor einer Diskothek, bei der keine(r) der Angegriffenen die eigenen Verletzungen als schwerwiegend ansah, wurde dennoch einige Zeit sp~iter Anzeige erstattet. Eines der Opfer war bereits mehrfach gesch~idigt und verletzt worden. Hier war die bereits vorhandene, positive Erfahrung des Hauptbetroffenen mit der Verfahrensordnung auf der Wache letztlich ausschlaggebend. 38
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Frage: ,, Wie, du bist frisch verpriigelt, blutend in die Disko?" A.." ,, S" war nicht so schlimm, konnte noch laufen. " B.- ,,Der X X hatte schon ne fette Beule. " A.: ,,Stimmt, der X X hatte ne richtig f e t t e Beule. ,,39
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Frage: ,, Wurde die Polizei von der Tat informiert?" A.: ,,Am Abend nicht. Erst ging X X hin. Der hat Erstanzeige gemacht. (...) X X kannte den Polizisten schon, weil der Offer sehon verhauen wurde. ,,4o
Eine Rolle bei der Anzeigenstellung spielt auch die Identifizierung der T~iter. Anzeigen werden nicht gestellt, wenn die Angreiferlnnen dem Opfer unbekannt sind und die Tatfolgen als gering eingesch~itzt werden. Eine gesch~idigte Migrantin begrtindete das Nichteinschalten der Polizei mit: ,,Ich hi~tte, ich glaub, ich hab iiberhaupt nicht dran gedacht, nee, iih, zu informieren [die Polizei], weil ich hLitte auch nicht, dih, die genau beschreiben zu kOnnen. ,,41
35Anzeigeverhalten, Int. 3, Pos. 30 (NGO). 36Anzeigeverhalten, Int. 4, Pos. 243 (Soz.); vgl. Anzeigeverhalten, Int. 5, Pos. 240 (Soz.); Anzeigeverhalten, Int. 6, Pos. 131 (Soz.); Anzeigeverhalten, Int. 7. Pos. 343 (Rechtsextremist); Anzeigeverhalten, Int. 8, Pos. 24 (Pol.). 37Anzeigeverhalten, Int. 9, Pos.165 (Opfer). 38Zu den Einflt~ssen bereits vorhandener Anzeigeerfahrungen, vgl. Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 394f. 39Anzeigeverhalten, Int. 10, Pos. 226-229 (Opfer). 4oAnzeigeverhalten, Int. 10, Pos. 257- 258 (Opfer). 4~Anzeigeverhalten, Int. 11, Pos. 169 (Opfer).
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Ein anderes Opfer bekannte: ,,Nee, da hab ich keine Anzeige gemacht. Weil ich den Namen nicht wusste und den Menschen noch nie vorher gesehen hab. Und es war blofl eine kleine Wunde. Von daher hab ich mir erspart, den Stress. ,,42
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Der Gang zur Polizei wegen einer als undrastisch empfundenen K6rperverletzung oder einer zu den allt~iglichen Erfahrungen geh6renden Schm~ihung wird als zeitraubendes Unterfangen angesehen, das zudem, erkl~irte eine junge Erwachsene, ,,verdammt ermadenc~' sei und ,,Stress" bedeute. 43 Sie selber hatte wegen einer anonymen Bedrohung per E-Mail eine Meldung gemacht und beklagte sich tiber die polizeiliche Prozedur der Anzeigenaufnahme. Die ,,Beamtin Marlies Miiller" habe eine halbe Stunde ,,im Ein-Finger-Suchsystem in die Schreibmaschine" getippt. Dann habe es lange gedauert, bis ,,die Beamten es geschaffi haben, den mitgebrachten Ausdruck der E-Mail zu kopieren". Letztlich sei, wie sie ,,es nicht anders erwartet" habe, die Ermittlung gegen Unbekannt eingestellt worden. 44 K6rperverletzungen mit weniger schweren Verletzungen werden von einigen Opfern nicht den Ermittlungsbeh6rden mitgeteilt, weil sie beftirchten, durch die Einleimng einer strafrechtlichen Verfolgung weitere Anfeindungen von Seiten der T~iter zu provozieren. Von polizeilicher Seite hieg es:
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,,Es gibt aber immer Offers auch hm hm, zu, zu sehen, dass verschiedene eben keine Angaben machen wollen, weil sie Angst haben (...). Weil ein Rundumschutz durch die Polizeija nicht gewLihrleistet werden kann, dass ist denen auch bekannt und somit sind, ist das, das Aussageverhalten [der Geschgidigten] auch dementsprechend angesiedelt. ,,45
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Eine Sozialarbeiterin berichtete von einem Fall, bei dem ,gemand ins Gesicht getreten wurde yon nem Rechten. Der hat nicht angezeigt. Also weil er genau wusste, der wird vielleicht weggesperrt (...). Aber die anderen Leute [die anderen Rechten], was passiert mit denen? Da ist doch die Angst viele da. ''46 Vor allem bei Jugendlichen ist die Angst vor einer erneuten Viktimisierung durch denselben T~iterkreis ausschlaggebend d a ~ r keine Anzeige zu erstatten, denn es ist ,,eigentlich keiner da (...) der dann, der die Leute auch schtitzen kann. ''47 Sie gehen davon aus, dass sie durch das Bekanntwerden ihrer Adresse im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens Gefahr laufen, den T~item oder deren Umfeld schutzlos ausgeliefert zu sein. Der Angststatus ist hoch, so hoch, dass den Betroffenen gesagt werden mtisse: ,, 'Hey, dass ist jetzt dein Recht und ~ih, tu, mach's einfach, weil sonst passiert's wieder '''48, erz~ihlte ein Sozialarbeiter. Um das Anzeigeverhalten positiv zu beeinflussen, stellen Opferberatungen, zum Beispiel die der ,,Regionalen Arbeitsstellen ~ r Ausl~inderfra-
42Anzeigeverhalten, Int. 12, Pos. 232, 233 (Opfer). 43Anzeigeverhalten, Int. 9, Pos. 212 (Opfer). 44Anzeigeverhalten, Int. 9, Pos. 214 (Opfer). 45Anzeigeverhalten, Int. 13, Pos. 113 (Pol.). 46Anzeigeverhalten, Int. 14, Pos. 97 (Soz.); vgl. Anzeigeverhalten, Int. 9, Pos. 210 (Opfer). 47Anzeigeverhalten, Int. 6, Pos. 133 (Soz.). 48Anzeigeverhalten, Int. 6, Pos. 133 (Soz.).
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gen, Jugendarbeit und Schule" Sachsen, ihre Bt~oadresse als ladungsf'~ihige Anschrift zur Verfagung. 49 Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalttaten scheuen oft den Weg zur Polizei. Neben den dargestellten Grtinden wie Geringftigigkeit der Verletzung, eine Nichtidentifizierung der T~iter, die Prozedur der Anzeigenstellung oder Angst vor Rache, gibt es eine Reihe weiterer Grande, warum (manche) Opfer nicht oder nicht mehr versuchen, mit strafrechtlichen Mitteln gegen physische Aggressionen vorzugehen. Diese werden im folgenden Kapitel dargestellt.
1.2 Diskrepanzen in der Wahrnehmung rechts(extrem) motivierten Gewalthandelns zwischen Polizei und Sozialarbeit sowie den Betroffenen
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Auf der Grundlage mehrerer (T~ter-)Studien 5~ lgsst sich feststellen, dass die Begegnung zwischen meist einzelnen oder wenigen Opfern und meist in Gruppen auftretenden Tgtem in der Regel aus einem zufglligen Zusammentreffen an Offentlichen Orten besteht. Wghrend bei der Mehrzahl fremdenfeindlicher Straftaten keine soziale Beziehung oder Bekanntschaft zwischen den Tatbeteiligten v o r l i e g t - Erstbegegnungen stehen hier im Vordergrund-, ist dies bei gewalttgtigen Angriffen gegen deutsche nicht-rechte Jugendliche 6fter der Fall. Falls eine Bekanntschaff vorlag, kannten sich T~iter und Opfer zumeist aus dem n~heren Wohnumfeld, aus der Schule oder einer Freizeiteinrichtung. Die Strattaten werden meistens von den Tgtem selbst initiiert, das Tatgeschehen wird von ihnen eskaliert. Die meisten Opfer hingegen versuchen im Tatverlauf, die Situation verbal oder mit Gesten zu entsch~rfen und die Tgter zu beschwichtigen. Die verbale oder physische Attacke richtet sich gegen das Opfer nicht als Individuum, sondem als Stellvertreterln einer bestimmten Gruppe, als deren Angeh6rige(r) es gilt. Die Tatmotivation ist ,,allein in dem Willen der Aggressoren (beglqindet), ihre Macht, ihre Ablehnung, ihren Hass gegent~ber meist anonymen Personen zu demonstrieren, sofem sie von ihnen zu bestimmten gesellschaffiichen, politischen oder ethnischen 'Feindgruppen' zugeordnet werden k6nnen. ''5~ Viktimisierungen, bei denen dem Opfer als Teil einer tats~ichlichen oder konstruierten GruppenzugehOrigkeit Leid angetan wird, haben nach B6ttger et al. Rt~ckwirkungen auch auf andere Personen derselben Gruppe, demselben Milieu oder mit vergleichbaren Merkmalen. Stellvertretende oder kollektive Viktimisierungen fuhren zu einer starken Verunsicherung der Betroffenen, kann doch ein Angriff ,,in verschiedensten Kontexten und Simationen erfolgen, wenn der Ausl6ser ledig-
49 Vgl. Klaus: Rechte Gewalt .... in: Dresdner Neueste Nachrichten, 27.02.2006, unter http://www.dnnonline.de/dnn-heute/60859.html, ges. 27.02.2006. soVgl. Willems, Helmut/Eckert, Roland/Wtirtz, Stefanie: Analyse fremdenfeindlicher Strafl~iter. Texte zur Inneren Sicherheit, Bonn 1994; Cornell, Heinz: Schwere Gewaltkriminalit~it durch junge Tater in Brandenburg, Berlin/Potsdam 1999; Willems/Steigleder u.a.: T~iter-Opfer-Konstellationen .... Trier 2003, S. 62-72, S. 180-184; GaBebner/Peucker/Schmidt/Wahl, Klaus: Fremdenfeinde und Rechtsextremisten .... in: Wahl (Hg.): Skinheads, Neonazis .... Opladen 2003, S. 29-80, hier S. 31-34; Peucker/GaBebner/Wahl: Analyse polizeilicher Ermittlungsakten .... in: Wahl (Hg.): Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus .... Berlin 2001, S. 12-88; Wahl: Taten, Tatmotive .... in: Wahl (Hg.): Skinheads, Neonazis .... Opladen 2003, S. 81-90. 5~ Willems/Steigleder: Jugendkonflikt .... in: Journal f~r Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 5-28, hier S. 25.
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lich eine bestimmte Haut- oder Haarfarbe oder ein bestimmter Kleidungsstil ist. ''52 Nach dem Tod des algerischen Asylsuchenden Farid Guendoul in Guben ,,wussten alle 'das hOtte auch ich sein kOnnen '. Alle wussten, dass der Angriff erfolgte, weil er Ausl~inder war. Die Haltung ist." 'Ich bin bedroht, weil ich Ausli~nder bin"', so eine Mitarbeiterin einer regionalen zivilgesellschaftlichen Gruppierung. 53 Ftir Opfer fremdenfeindlicher oder recht(extrem) motivierter Gewalt ist es oft schwer, einen Angriff oder eine Schmahung zu verarbeiten, liegt doch die Motivation ~ r den Angriff nicht in ihrem eigenen Verhalten. Sie haben den/die Tater weder aktiv provoziert noch ihm/ihnen einen nachvollziehbaren Anlass gegeben, gegen sie vorzugehen. 54 Die Tater-Opfer-Konstellation im Bereich fremdenfeindlicher Gewalt unterscheidet sich von Gewalttaten gegen Mitglieder nicht-rechter Jugendszene dadurch, dass sich Tater und Opfer in ihrem soziodemographischen Profil haufig nicht ahneln. Willems/Steigleder stellten fest, dass bei fremdenfeindlicher Gewalt 6fter als bei allgemein von Jugendlichen begangenen Gewalttaten mannliche Tatern weiblichen Opfem gegentiberstehen, oft die Tater deutlich jtinger als die Opfer sind und oft einzelne Opfer mit Tatem konfrontiert sind, die in Gruppen auftreten. 55 Bei diesen Gewalttaten ist die zentrale Ursache in den meisten Fallen nicht in einem Gruppenkonflikt, einem pers6nlichen Konflikt oder in einer vorausgegangenen Provokation durch die Opfer begrtindet. Willems/Steigleder beziehen sich in ihren Aussagen auf fremdenfeindliche Gewaltstraftaten, es kann jedoch gesagt werden, dass - obwohl sich rechte/rechtsextreme Tater und nicht-rechte, jugendliche Opfer soziodemographisch betrachtet naher stehen und sie sich haufig aus dem Wohn-, Schul- oder Freizeitbereich kennen - auch hier pers6nliche Konflikte, Provokationen im Tatvorlauf oder Gruppenkonflikte keine Voraussetzungen far ein gewalthaftes, gegen nicht-rechte Opfer gerichtetes Handeln sind. Trotz eines genauen 13berblicks fiber die in den jeweiligen LKA-Statistiken aufgeNhrten Opfergruppen und ihrem aus der alltaglichen Praxis generierten Wissen fiber besonders yon rechts(extrem) motivierter Gewalt gef~ihrdeten Bev61kemngsteile, berticksichtigten befragte Polizeibeamte und Sozialarbeiterlnnen diese Kennmisse bei der Bewermng von Auseinandersetzungen rechter/rechtsextremer Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Angeh6rigen ihrer ,,Feindesgruppen" oftmals nicht. Sie betrachteten Angriffe gegen nichtrechte Jugendliche primar unter dem Gesichtspunkt der ,,allgemeine Jugendgewalt". S ie gingen davon aus, dass gewaltf6rmige ,, Gruppenauseinandersetzungen zwischen Cliquen oder welchen aus anderen DOffer zum Alltag gehOren" 56 und Attacken auf andere ein Be5z BOttger/Lobermeier/Strobl:Verunsicherung und Vertrauensverlust ..... Bielefeld, S. 29-48, hier S. 46; Wendel, Kay: Das Prinzip der Opferperspektive, in: Autor(inn)enkollektiv,,Pfeffer&Salz" e.V. (Hg.): Recherchebroschtire Rechtsextremismus. Auf den Spuren der Zivilgesellschafl, Angermiinde 2001, S. 46-47; ders.: Opfererfahrungen von Migranten und Fltichtlingen in Brandenburg, in: Journalfiir Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 70-87, hier S. 76. 53Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 1, Pos. 76, 77 (NGO). 54Dennoch steht bei vielen Opfern die Uberlegung im Raum, ob sie womOglich,,schuld" an gegen sie gerichtete T~itlichkeiten gewesen seien, da es ftir sie kaum begreifbar ist, grundlos Opfer eines Angriffs zu werden. ,,Ich war doch die ganze Zeit h6flich", ,,Ich habe doch versucht zu schlichten und zu gehen" oder ,,Aber ich habe doch nicht beleidigt", sind g~ingigeAussagen viktimisierterMigrantlnnen oder nicht-rechter Jugendlicher. Vgl. Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 2, Pos. 9 (NGO); Diskrepanzen Wahmehmung,Int.1, Pos. 60 (NGO). s5 Willems/Steigleder: Jugendkonflikt .... in: Journalfiir Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 5-28, hier S. 25. 56Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 3, Pos. 33 (Pol.):
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standteil des allgemeinen Sozialverhaltens von Jugendlichen seien, quasi eine ,,normale" Freizeitbesch~iftigung. Es gebe zwar ,,in kleineren Fragen Rivalitdten" zwischen unterschiedlichen Gruppierungen wie Skaterlnnen, Punks und rechten/rechtsextremen Jugendlichen, diese h~itten aber ,,ganz selten einen ideologischen Hintergruna~' und f~inden in kleinerem Rahmen staR, so ein Polizist. 57 Manchmal gehe es um Beleidigungen und ,, manchmal geht es um." 'Eeeh, biste einer von u n s ? ' - und wenn 'nein' gibt's eins in die Fresse. ''58 Jugendliche aus der rechten/rechtsextremen Szene wollen ,,sich ganz normal, wie andere Jugendlichen auch, (...) gesellig unterhalten", stellte ein Beamter fest. Da k6nne ,, es eben manchmal passieren, class dort Alkohol getrunken wird und Langeweile vorherrscht und dann werden eben Hakenkreuze geschmiert, oder es werden dort Kfrperverletzungen begangen etc. Aber das sind mehr so die ganz spontanen Sachen, die sich aus dem Alltagsgeschdft ergeben. ,,59
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Ein Sozialarbeiter erkl~irte, er kenne ein paar Jugendliche oder junge Erwachsene, die an Treffpunkten der rechten/rechtsextremen Szene Opfer von Gewalt wurden, um anschlieBend einschr~inkend festzustellen, dass er bei einigen F~illen den Eindruck gehabt habe, ,,(...) class das (...) Rechte als Deckmantel genommen wurde, well eigentlich: 'Du ich kann dich nicht leiden '." Die Beteiligten stritten sich ,,und sagen." 'Du (...) du rechte Sau' oder 'du braune Sau' und 'du rote Socke '. Dann geht es eher um Socke und Sau als um Braun und Rot."6~ Individuelle Animosit~iten wOrden mit einer politischen Begrtindung legitimiert. ,,Das ist das, (...) wo persOnliche Antipathien dann ausgelebt (...) und dann unter nen politischen Deckmantel gestopfi (werden). ''61 Nach Auffassung der Beffagten aus dem Arbeitsfeld Polizei und Sozialarbeit ginge es in der Regel um persOnliche Abneigungen der Kontrahentlnnen, um Diebstahl, um Gegnerschaften unter Cliquen und manchmal um M~idchen. Ein Polizist berichtete:
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,,Zum Beispiel ein Linker erzdhlt, er hdtte von Rechten nach der Schule auf die Mappe bekommen, well er ein Linker ist. Wenn man nachfragt stellt sich heraus, es ging um die Freundin, die angemacht wurde. ,62
Ein Beispiel verdeutlicht die durch tradierte Deutungsmuster getrtibte Sicht von polizeilichen oder sozialarbeitenden Beobachtern und Beobachterinnen auf die innere Dynamik und das Drehbuch der aggressiven Handlungen. In der Beschreibung eines Oberfalls auf einen Jugendclub wurde angemerkt, dass zwar der grOl3te Teil der Tatverd~ichtigen der rechten Szene zugeh6rten, aber das Motiv ftir die verursachte Sachbesch~idigung und die begangenen KOrperverletzungen nicht politisch motiviert gewesen sei. 63 Anlass des Oberfalls sei ,,eine angebliche Beleidigung einer Frau" gewesen. Und, so der Beamte weiter, 57Diskrepanzen Wahrnehmung,Int. 4, Pos. 15, 108 (Pol.). 58Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 4, Pos. 15 (Pol.). $9Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 5, Pos. 29 (Pol.). 60Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 6, Pos. 129 (Soz.). 6~Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 6, Pos. 129 (Soz.). 62Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 7, Pos. 153 (Pol.). 63Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 5, Pos. 69 (Pol.).
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,, wegen Frauen w u r d e n j a schon andere grofle Kriege vom Zaun gebrochen. Das ist das banale Motiv gewesen zu dieser Sache. ,,64
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Neben der Einschgtzung, dass die Ehrretmng von Frauen ein ausreichendes Motiv sei, die Einrichtung eines Jugendclub nebst den anwesenden nicht-rechten Ggsten zusammenzuschlagen, wird die Konkurrenz um, der Zugang zu und die Beht~mng von Frauen als Anlass fttr Gewaltt~itigkeiten angesehen. Obwohl Frauen nicht weniger als Mgnner anf~illig sind far fremdenfeindliche, rassistische oder heterophobe Einstellungen, die Smdien zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit des Bielefelder Instimts t~r Konflikt und Gewaltforschung verdeutlichen dies eindringlich 65, ist die Anzahl der weiblichen Tatverdgchtigen, denen eine Beteiligung an rechts(extrem) motivierten Straftaten vorgeworfen wird, deutlich geringer als die Anzahl mfinnlicher Tatverdgchtiger. Ihr Anteil betrggt zwischen sechs und acht Prozent. M~idchen und junge Frauen werden haupts~chlich wegen Propagandadelikten und Volksverhetzung strafrechtlich belangt. Lediglich eine Minderheit von 18 Prozent der weiblichen Tatverdfichtigen sollen auch K6rperverletzungsdelikte begangen haben. Alkohol spielte bei den Taten yon Frauen selten eine Rolle. Ober die Hglfte aller tatverdgchtigen Frauen war nt~chtern und nur bei wenigen lagen polizeiliche Vorerkenntnisse zu politisch motivierten Straftaten vor. 66 Laut Bitzan bestehen rechtsextreme Gruppen, Cliquen und Organisationen zu rund einem Drittel aus Frauen und M~idchen. 67 Dies deckt sich mit den Angaben der Befragten 68 in den Untersuchungsgebieten, die den/Xmteil von M~dchen und jungen erwachsenen Frauen an gemischtgeschlechtlich zusammengesetzten rechten/rechtsextremen Gesellungen je nach Organisierungsgrad und Aktivitgt auf zwischen zehn und 40 Prozent veranschlagen, wobei der Frauenanteil und die weibliche Teilname an Aktivitgten mit zunehmendem Organisationsgrad sinke. W~hrend in losen Gruppierungen, in ,,weichen Cliquen ''69 oder bei der Teilnahme an Brauchtumsfeiem ein h6herer Frauenanteil zu verzeichnen ist, kann bei fester organisierten Gruppierungen, 64Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 5, Pos. 71 (Pol.). 65 Vgl. Heitmeyer, Wilhelm: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die theoretische Konzeption und erste empirische Ergebnisse, in: ders. (Hg.): Deutsche Zustgnde, Folge 1, Frankfurt am Main 2002, S. 15-34, bier S. 24. Einen Oberblick zum Forschungsstand t~ber die Formen und Dimensionen der Einbindung von Mfidchen und Frauen in rechtsextremeAktivitgten bietet K6ttig: Lebensgeschichten rechtsextrem orientierter Mfidchen .... GieBen 2004, S. 43-59. 66 Vgl. Bitzan, Renate: Frauen in der rechtsextremen Szene, in: Grumke/Wagner(Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus.... Opladen 2002, S. 87-104, bier S. 88. Bitzan gibt hier die Quote weiblicher Tatverdgchtigermit drei bis funf Prozent, far Tharingen mit zehn Prozent an. Vgl. Peucker/GaBebner/Wahl: Analyse polizeilicher Ermittlungsakten .... in: Wahl (Hg.): Fremdenfeindlichkeit,Antisemitismus .... Berlin 2001, S. 12-88, bier S. 27-29, 73. 67Vgl. Bitzan, Renate: Selbstbilder rechter Frauen, Tt~bingen2000, S. 28. 68 Vgl. Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 4, Pos. 66 (Pol.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 7, Pos. 58 (Pol.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 8, Pos. 71 (Soz.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 9, Pos. 41 (Pol.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 10, Pos. 181 (Opfer); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 11, Pos. 167 (Opfer); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 12, Pos. 192 (Soz.); Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 13, Pos. 139 (Rechtsextremist); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 14, Pos. 107 (Pol.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 15, Pos. 78 (Soz.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 16, Pos. 93 (Soz.); Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 17, Pos. 177 (Soz.); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 18, Pos. 145 (NGO); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 19, Pos. 184 (Rechtsextremist); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 20, Pos. 86 (NGO). 69Zur Begriffsdefinition siehe Hafeneger/Jansen:Rechte Cliquen.... Weinheim/Mt~nchen2001.
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beispielsweise bei Kameradschatten, von einem Absinken des Frauenanteils gesprochen werden, obwohl hier weibliche Mitglieder durchaus eine wichtige Funktion einnehmen k6nnen und sich aktiv an der Vorbereimng und Durchfiahmng von Aufm~irschen beteiligen oder R~iume far Feste und Veranstalmngen organisieren. Es mache ,,einfach einen besseren Eindruck", so ein Szeneangeh6riger, ,,wenn eine Frau zum Biirgermeister geht." 'Ey da brauchen wit das und das '. Ein MOdel, nee, als wenn da irgendeiner mit einer Glatze hingeht."7~ Leitungsfunktionen werden nur ~iu6erst selten von weiblichen Personen ausgetibt. Ein Mitarbeiter des Staatsschutzes Sachsen-Anhalt meint in diesem Zusammenhang: ..... in Sachsen Anhalt, nicht speziell in Magdeburg oder Halle, abet in Sachsen-Anhalt insgesamt gesehen, hatten wir innerhalb der Kameradschaften auch schon MiJdchenfiihrerinnen, auch bei mdinnlichen Gruppierungen. ,,71
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An rechts(extrem) motivierten, gewaltt~itigen Aktionen nehmen Frauen in der Regel aus gemischtgeschlechtlichen Gruppen heraus teil, wobei sie sich seltener an direkten Handgreiflichkeiten beteiligen, jedoch die m~innlichen Gruppenangeh6rigen durch anfeuernde Rufe zur Gewalt anheizen. 72 M~idchen und junge Frauen haben in gewaltaffinen Gruppen nicht immer eine randst~indige Position, sondern haben oftmals einen gewaltverst~irkenden Einfluss und f6rdem ein gewaltorientiertes Gruppenklima, wie Bruhns und Wittman in ihrer Studie fiber M~idchen in gewaltbereiten Jugendgruppen betonen. 73 Laut den befragten Expertlnnen reicht die Variationsbreite weiblicher Partizipation an verbalen und k6rperlichen Durchsetzungsformen von Raumbeanspruchung von verbaler UnterstOtzung der Gewalthandlungen ihrer Kameraden tiber das Steuern von Fahrzeugen zu sp~iteren Tatorten (aufgrund ihres geringeren Alkoholisierungsgrades) bis hin zu physischen Attacken, zumeist gegen M~idchen und Frauen aus dem als ,,feindlich" definierten Lager. An rechts(extrem) motivierten k6rperlichen Angriffen gegen jugendliche oder heranwachsende M~inner beteiligen sich M~idchen und junge Frauen selten, k6nnen aber im Tatvorlauf einen bedeutenden inszenatorischen Part tibernehmen und sich aktiv an der Einleitung von Angriffen beteiligen. Gerade die Kenntnis geschlechtsspezifischer Rollenzuweisungen erm6glicht diesen Frauen eine kaum als solche wahrgenommene Vorbereitung zu Gewaltaktivit~iten seitens ihrer Kameraden. Aus der Perspektive eines Opfers stellen sich Gewalt(bedrohungen) im Zusammenhang mit rechten/rechtsextremen Frauen aus einem ebensolchen Blickwinkel dar:
70Diskrepanzen Wahrnehmung,Int. 19, Pos. 274 (Rechtsextremist). 71Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 21, Pos. 55 (Pol.). 72Renate Bitzan, zitiert nach R0pke, Andrea: ,,Retterin der weifSenRasse". Rechtsextreme Frauen zwischen Stra6enkampf und Mutterrolle, Braunschweig 2005, S. 128. Auf S. 10 beschreibt eine Aussteigerin, wie sie auf Partys durch P0beleien gegen nicht-rechte Besucher Schl~igereien provozierte, die dann meist unter jungen M~innern ausgetragen wurden. 73Vgl. Bruhns, Kirsten/Wittmann, Svendy: ,,Starke M~idchen"oder ,,Schl~igerweiber"?M~dchen in gewaltauffalligen Jugendgruppen, in: Diskurs, Nr. 1/2000, S. 68-74; dies.: M~idchen in gewaltbereiten Jugendgruppen- kein Thema ft~r die Jugendarbeit, in: DJ1 Bulletin, Heft 56/57, Dez. 2001, S. 8-13; Engel, Monika/Menke, Barbara: Weibliche Lebenswelten- gewaltlos? Analysen und Praxisbeitr~ge ~r die M~idchen-und Frauenarbeit im Bereich Rechtsextremismus, Rassismus, Gewalt; Mtmster 1995.
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,,Es gibt auch welche von den A'lteren [18- bis 22jdhrigen Frauen], die hauen voll auf die Kacke, die haben nen starken Freund hinter sich. (...) Da gab's ne Situation im Jugendclub. Da hat mich eine dumm angelabert, yon den dlteren. Dann kam auch gleich der Freund und sagte zu mir: 'Ey, was willste? ,,,74
In kleinr~iumigen Gebieten wie Wohnvierteln oder kleinen Ortschaften kennen sich viele pers6nlich oder vom Sehen. ,,Hier oben kennt fast jeder jeden. ''75 l]ber die Schule, den Jugendclub, die Nachbarschaft im Wohnviertel fiber Diskussionen innerhalb des Klassenverbandes oder fiber die Art der Freizeitgestaltung, der Cliquenausrichtung, des Musikgeschmacks, der Bekleidung, usw. haben viele Kenntnis da~ber, zu welcher Szene sich der eine oder die andere zurechnet. Die politische Orientierung nicht-rechter Jugendlicher bleibt nicht verborgen und bietet rechten/rechtsextremen Jugendlichen Anlass fiir verbale und kOrperliche Attacken. Im lokalen Kontext wurden sowohl Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in antifaschistischen Gruppen engagierten, angegriffen als auch ,,Leute, die mit Antifa-Mitgliedern zu tun hatten, wie Freunde, Bekannte und so weiter. Dann waren es auch g r a d Jugendliche, die alternativ aussahen, sei es bunte Haare oder einfach auch sich dhm, mit den Leuten einfach auch yon der Schule her kannten. ''76 Rechts(extrem)
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motivierte Aggressionen entluden sich manchmal auch gegen Familienmitglieder. Ein Opfer erz~ihlte, dass die Eltem beim Einkaufen ,,verbal angegriffen werden [wurden). Das ist auch alles vorgekommen: 'Das ist hier die Judensau mit dem Kommunistensohn' und so ne Sachen. Das gab es dann a u t h . ''77
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W~ihrend die von Gewalt betroffenen Personen das Wissen der Rechten/Rechtsextremen um ihre Zugeh6rigkeiten zu nicht-rechten Szenen und das ,,sich (Er)kennen" als Grund ~ r Attacken auf ihre Person ansahen, war genau dies ~ r manche der befmgten Polizeibeamten und SozialarbeiterInnen der Grund, die Motive von verbalen oder kOrperlichen Angriffen auf nicht-rechte Jugendliche und junge Erwachsene durch T~iter und T~iterinnen aus der rechten/rechtsextremen Szene in der Sph~ire unpolitischer, allt~iglicher Streitigkeiten unter Jugendlichen zu vermuten. Deren Situationsinterpretationen verhindert ein genaues Hinsehen auf reale Bedrohungssituationen, denen nicht-rechte und ,,bunte" Jugendlichen ausgesetzt waren und sind. Die befragten Opfer von Gewaltaktivit~iten hingegen sahen ausschlieBlich in ihrer Hautfarbe, ihrer Zuordnung zur eingewanderten oder ausl~indischen Bev61kerung oder in ihrer aus Kleidung, Habitus oder Aktivit~iten ableitbaren nicht-rechten politischen Verortung den alleinigen Grund f~r gegen sie gerichtete Angriffe. Von pers6nlichen Konflikten mit Rechten/Rechtsextremen, die in einer k6rperlichen Auseinandersetzung mtindeten, berichteten sie in keinem Fall. Die mit Gewalt konfrontierten nicht-rechten Jugendlichen gehen davon aus, dass sie allein deshalb von rechten/rechtsextremen Personen angegriffen werden, weil sie nicht in das Konzept eines rechten Weltbildes passen. Eine junge Frau berichtete fiber das Ende eines Diskoabends, dass nach dem Verlassen des Gel~indes ihr und einer weiteren Person ,,eine Gruppe von 74Diskrepanzen Wahrnehmung,Int. 22, Pos. 173, 178 (Opfer). 75Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 22, Pos. 151 (Opfer); vgl. Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 12, Pos 79, 81 (Soz.); Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 19, Pos. 61-63 (Rechtsextremist); Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 13, Pos. 257 (Rechtsextremist); DiskrepanzenWahrnehmung,Int. 6, Pos 43, (Soz.). v6Diskrepanzen Wahrnehmung,Int. 23, Pos. 87 (Opfer); vgl. Pos. 59. 77Diskrepanzen Wahmehmung,Int. 10, Pos. 315 (Opfer).
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sieben bis acht Nazis hinterher" rannte. Auf die Frage, ob es denn eine Erkl~irung ftir diese Verfolgung habe, meinte sie: ,,Die Nazis wussten, mit wem sie es zu tun hatten und wollten Zecken aufklatschen. ''7g Die Zuordnung der Verfolgergruppe zur rechten/rechtsextremen Szene babe sich ,,sich zweifelsfrei aus ihrem Outfit (...) und ihrem Benehmen" schliegen lassen und aul3erdem ,~gab es keinen anderen Grund uns zu verfolgen. ''79 Ein anderer Jugendlicher erz~ihlte tiber eine andere Situation: ,,Da kamen 'n p a a r Besoffene raus [aus einer Kneipe] und ham 'Punkerschwein' gerufen und sind gleich a u f uns d r a u f " Dies sei nur deshalb geschehen, ,,weil wir Punker und Linke waren. ''8~ Ein rechts(extrem) motivierter Hintergrund der Tat ergab sich far ihn daraber, weil die Angreifer ihm und seiner Begleitung als ,,Rechte" bekannt gewesen seien. Neben der Feststellung einer divergierenden Interpretation von Gewaltmotiven machten einige Anzeigestellende die Erfahrung, trotz ihrer Hinweise auf einen m6glicherweise politisch motivierten Tathintergrund nicht als Opfer eines rechts(extrem) motivierten Vergehens oder Verbrechens 81 ernst genommen zu werden. Ein Interviewpartner erz~ihlte vom Umgang mit rechts(extrem) motivierter Gewalt. Anfangs wurde noch Anzeige erstattet, jedoch seien die Hinweise auf die Zugeh6rigkeit der T~iter zur rechten/rechtsextremen Szene ignoriert worden:
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Sp~iter dann:
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,, Wenn zum Beispiel Anzeigen gemacht worden sind: 'Wit wurden von Nazis zusammen geschlagen. ' - 'Woran' die iibliehe Frage, 'woran haben Sie denn erkannt, dass es Nazis sind? Das sieht man doch nicht anjeder Glatze. ,,,82
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,,Mein Gott, das haben wit dann so weggesteckt und dann gut, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Also da haben wir gar keine Polizei mehr informiert. Das war einfach sinnlos, das hat niehts gebracht. ,,83 Etliche Betroffene wiesen auf negative Erfahrungen mit Ermittlungsbeamten bei der Anzeigenstellung hin und ihr Vertrauen in die polizeiliche Arbeit war gering. ,,Polizei macht nichts und wir haben schon genug Probleme ''84, fasste ein Asylsuchender seine Haltung 78Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 24, Pos, 114-116 (Opfer). v9Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 24, Pos, 118-120 (Opfer). 8oDiskrepanzen Wahrnehmung, Int. 22, Pos. 207, 210-213 (Opfer). 81 Im deutschen Strafgesetzbuch (w12) werden als Verbrechen alle die gesetzlich normierten Delikte bewertet, bei denen eine Strafandrohung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe besteht (z.B. Raub, KOrperverletzung mit Todesfolge, schwere Brandstiftung). Delikte mit Androhung einer geringeren Mindeststrafe werden als Vergehen bezeichnet. 82Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 10, Pos. 230 (Opfer). 83Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 10, Pos. 285 (Opfer). 84 Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 25, ohne Pos. (Opfer); vgl. Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 24, Pos. 211 (Opfer). Nach Schwind gilt es in der Sozialpsychologie als erwiesen, dass negative Vorerfahrungen mit der Polizei die Einstellung zur Polizei und somit die Bereitschaft zur Anzeigestellung verschlechtern k0nnen. Das ist u.a. dann der Fall, wenn potenzielle Anzeigeerstatterlnnenabgewimmeltwurden oder wenn sie auf dem Revier in krgnkender Weise behandelt wurden. Vgl. Schwind: Kriminologie .... Heidelberg 2004, S. 394f; Opferperspektive e.V. (Hg.): Beratung fiar Opfer rechtsextremerGewalt in Brandenburg. Jahrbuch 2002, Potsdam 2003, S. 12, 28.
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zusammen. Jugendliche, deren Treffpunkt zwei-, dreimal von Rechten/Rechtsextremen heimgesucht worden war, kamen zu der Auffassung, dass in den Augen der Beamtlnnen eher sie die ,,St6renfriede" seien: ,, Und wir mussten immer Polizei anrufen und da haben wir dann (...) zu h6ren gekriegt: 'Ja, wann macht ihr denn endlich zu, dann haben wir unsere Ruhe hier. '"85
Dartiber hinaus bekamen sie durch die Art der polizeilichen Reaktionen, der Reaktion von Sozialarbeiterlnnen oder Angeh6rigen~ekannten den Eindruck, ihnen wiarde eine Mitschuld an der Opferwerdung angelastet. 13ber die Prozedur auf der Wache hieB es: ,,Erstmal muss man ewig Rumsitzen, dann wird einem nicht geglaubt und keinerlei Verst~indnis entgegengebraeht. Es kommen so Fragen wie: 'Warum waren Sie denn fiberhaupt an diesem Ort? ' ,,86
Andere wiesen auf eine geringe Empathie gegentiber ihrer Viktimisierung hin:
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Frage: Und wie haben Deine Eltern reagiert? Antwort: ,,Meine Eltern? So Sachen wie: 'Ja, musste noch so lange machen, bis Du richtig a u f die Schnauze kriegst. So rumrennen und so.' ,,87
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Einem ~ilteren Opfer legten Bekannte und AngehOrige einen Wegzug aus seiner Heimatstadt nahe: ,,Ja, alle haben gesagt, ich soll meine Koffer packen und weggehen aus KK. ,,88
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Ein anderer Interviewpartner erz~ihlte ebenfalls von wenig mitfahlenden Kommentaren aus seinem Angeh6rigen- und Bekanntenkreis. Er habe ... ..... von den Leuten die Spriiche gekriegt: 'So nun h6rt doch a u f damit' und 'Das nimmt doch noch mal ein schlimmes Ende, lass es doch einfach sein. Eines Tages erwischen sie dich noch einmal richtig'. Und 'Geh doch lieber zur Arbeit und math dein Leben' (...). Und meine Eltern verstehen es jetzt einigermaflen, aber ich sag mal, das normale Umfeld, was sich nicht mit so was besch~ifiigt, das sagt einfach nur: 'Mein Gott, du bist j a selber dranne schuld (...), was gehst du da noch hin. ' ,,89
Neben Schuldzuweisungen wurde oftmals die Glaubwfirdigkeit der Betroffenen in Frage gestellt. ,,A'hm, ich hore Jugendliche, die n o c h sagen, sie trauen sich nachts da oben nicht 85Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 10, Pos.114 (Opfer). 86 Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 24, Pos. 212 (Opfer); vgl. Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 10, Pos. 297 (Opfer). 87 Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 22, Pos. 238 (Opfer); vgl. Diskrepanzen Wahmehmung, Int. 1, Pos. 60 (NGO). 88Diskrepanzen Wahrnehmung, Int. 8, Pos. 149 (Opfer). 89Diskrepanzen Wahrnehmung,Int. 10, Pos. 272 (Opfer).
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alleine durch die Gegemt', so ein Sozialarbeiter im Zusammenhang mit einer von Jugendlichen als gef'zihrlich bezeichneten Gegenct ,,Wenn ich aber mit dem zusammen da lang gehe, passiert komischerweise gar nichts. ''9~ Mitpr~igend ftir die Einsch~itzung tiber die
Gefahrlichkeit mancher Orte und Gegenden und deren Definition als ,,Angstzone", ist die geringe Empathie des sozialen Umfelds (SozialarbeiterInnen, Eltem, Verwandte) auf eine von den Betroffenen als rechts(extrem) motivierte Gewalttat klassifizierte Viktimisierung. Gekoppelt mit negativen Erfahrungen bei einer Anzeigenstellung und das daraus resultierende geringe Vertrauen in institutionalisierte Schutzinstanzen werden Ge~hle von Hilfund Machtlosigkeit gegentiber rechten/rechtsextremen Aggressionen und eine damit verbundene Raumnahme verst~irkt.
1.3. Differenzen in der Bewertung des Agierens nicht-rechter und rechter/rechtsextremer Gesellungen seitens Polizei, Sozialarbeit und Dritten
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Trotz der negativen Bewertung rechtsextremer Ideologien und Gewalthandelns machte ein hoher Anteil der befragten SozialarbeiterInnen und Polizisten ungefragt darauf aufmerksam, dass sich im Rahmen ihrer professionellen T~itigkeiten und in der Wahrnehmung von BtirgerInnen das Verhalten rechter/rechtsextremer Gesellungen erfreulich yon dem anderer Jugendgruppierungen unterscheide. Dies fiel vor allem im Kontext von rechtsextremen Aufin~irschen und bei der Bewertung des allgemeinen Auftretens in der Offentlichkeit auf. Polizeibeamte bewerteten das Verhalten yon TeilnehmerInnen rechtsextremer Veranstaltungen an 6ffentlichen Orten im Sinne des Versammlungsgesetzes als problemlos. Bei organisierten Sachen,
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,, wie diese Demonstrationen oder so, da muss man sagen, dass dort fih, die, das rechte Klientel als Marschblock immer versucht, korrekt aufzutreten und auch nicht mit Strafgesetzen in Beriihrung zu kommen. Also man versucht dann schon ganz konkret und gezielt dh, die Auflagen, die dort erteilt wurden, einzuhalten. Man teilt Ordner ein, man ist dort schon gewillt, im Prinzip nut, dh, die Meinung zu vertreten, das Demonstrationsrecht wahrzunehmen, aber nicht mit dem Strafgesetz in Konflikt zu geraten. ,,91
Bei rechtsextremen Aufm~irschen ginge ,,im polizeilichen Sinne" meist alles glatt tiber die Btihne. Ordnungspolitisch gesehen gebe es kein Problem mit den Rechten. Wenn allerdings Linke eine Gegendemonstration veranstalteten, werde es anstrengend mr die Polizei. Die DemonstrationsteilnehmerInnen wtirden ,,Randale" machen, die Polizei als ,,faschistische Bullen" bezeichnen und die Kommunikation verweigern. Die Bev6lkerung reagiere bei rechtsextremen Aufm~irschen mit populistischen Leitsprtichen wie ,,Keine Macht den Drogen" positiv auf das dargebotene Bild: ,,'Schaut Euch die Jungs an"', wiarde es heiBen, ,,'alle ordentlich angezogen, sind ruhig, keine Krawalle, sind drogenfrei, g,92 Ein Sozialar-
90DiskrepanzenWahrnehmung,Int. 6, Pos 43 (Soz.). 91BewertungAgieren, Int. 1, Pos. 31 (Pol.). 92BewertungAgieren, Int. 2, Pos. 14,15(Pol.).
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beiter berichtete, dass es nach seinen Erfahrungen, ,,in der Offentlichkeit heiflt (...): 'Die Rechten sind doch lieb und ordentlich '." 93 Geschulte Rechtsextremisten wissen genau, ,,wie sie sich verhalten sollen in der Of_ fentlichkeit, wenn es d a r a u f ankommt. ''94 So reinigten beispielsweise einige Monate vor einem Aufmarsch unter dem oben genannten Motto, den die ,,Kameradschaft Kltitze" im Frfihjahr 1998 mit Unterstfitzung der NPD und der ,,Freien Nationalisten" mit rund 280 TeilnehmerInnen durchftihrte 95, 15 Rechtsextremisten unter Anleimng ihres Kameradschaftsfdhrers in Kl6tze Hausw~inde von Graffitis. 96 Eine regionale Tageszeitung berichtete fiber die selbstemannte Putztruppe: ,,Das sorgte am Sonnabend von 11 bis 15 Uhr in K16tze 1~ Aufsehen und n6tigte Respekt ab", denn 15 Jugendliche aus der Klubbaracke am Waldbad, die aus ihrer ,,rechten" Uberzeugung keinen Hehl machten, hatten sich der Schmierereien an W~inden und Mauern im Stadtgebiet angenommen. Begrfindet wurde die Aktion mit: ,,Einer muss es ja schliel31ich m a c h e n - ~ r das sch6ne Kl6tze in der schtinen Altmark." Nachdem der Kameradschaftsftihrer mit der Hauptamtsleiterin im K16tzer Rathaus die Idee ftir den Arbeitseinsatz besprochen hatte, stellte diese eine Liste zusammen, auf der elf, teils diskriminierende und Drogen verherrlichende, teils eher harmlose Sprfiche wie ,,Nancy, ich liebe Dich" oder ,,Keine Nacht ohne Drogen" aufgelistet waren, die fibermalt werden soilten. Material stellte die Stadt zur Verfagung. Die Rechtsextremen gaben im Interview an, dass sie angesichts der Drogensprfiche zeigen wollten, ,,dass wir mit dem Mistzeug nichts am Hut haben." Denn ,,wenn das hier so weitergeht, endet Kltitze wie so'n Ghettoviertel in Berlin. ''97 Ein Kripobeamter vor Ort lobte das Engagement der Jugendlichen. Den Rechtsextremisten war es gelungen, die Drogenfurcht eines grogen Teils der Bev61kerung und deren Antipathien gegen Graffitis und tiffentlicher Unordnung mit einer Selbstdarstellung als Sauberm~inner, die sich mit den Bedfirfnissen der Bev6lkemng kompatibel zeigen zu verknfipfen. Aufm~irsche oder sonstige Manifestationen im 6ffentlichen Stragenland geh~iren zu den Aktionsformen der extremen Rechten. Unabh~ingig von einer Zustimmung oder Ablehnung der Proklamationsinhalte wurden die Reaktionen von BfirgerInnen auf das Erscheinungsbild rechtsextremer Kundgebungen und Aufm~irsche als positiv beschrieben. Linke und ,,Bunte" hingegen werden oft als Chaoten mit schlechtem Benehmen wahrgenommen: ..... das haben wit auch bei dieser, bei den Demos gesehen, die letztes Jahr stattgefunden haben, die durch das grofle Neubaugebiet gingen, und da eindeutigfestgestellt wurde, dassja die Rechten sehr ordentlieh, sehr sauber marsehiert sind, im Gegensatz zu den linken Chaoten, die bunt und anders waren. ,,98
93Bewertung Agieren, Int. 3, Pos. 170 (Soz.). 94Bewertung Agieren, Int. 3, Pos. 170 (Soz.). 95Vgl. N.N.: Meldungen, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 45, Herbst 1998, Beilage ,,Was geht ab" Nr. 25, S. I; VS-Bericht Sachsen-Anhalt 1998, Magdeburg 1999, S. 42; Riedel, Siegmar: 350 Demonstranten - die Polizei hatte sie im Griff, in: Gardelegener Volksstimme 06.04.1998. 96 N.N.: Sachsen-Anhalt: Altmark 10stOstharz ab?, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 45, Herbst 1998, S. 36. 97Alle Zitate aus N.N.: Jugendliche vonder Klubbaracke beseitigten am Sonnabend ,,doofe Drogenparolen", in: Gardelegener Volksstimme 02.02.1998. 98Bewertung Agieren, Int. 4, Pos 43 (Soz.); vgl. Bewertung Agieren, Int. 2, Pos. 14 (Soz.); Bewertung Agieren, Int. 5, Pos. 157, 158 (Pol).
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Der Eindruck, dass das Auftreten der rechtsextremen Szene bei Aufm~irschen als weit weniger als anst613ig empfunden wird als das von antifaschistischen, ,,bunten" Gegendemonstrantlnnen, best~itigten Feldbeobachtungen w~ihrend derartiger Veranstaltungen. Exemplarisch sei ein Aufmarsch in Gardelegen angef~hrt. Ende Juni 2002 wurden in Gardelegen die R~iume eines Jugendclubs durch Brandstiftung schwer besch~idigt. Die Einrichtung war als Treffpunkt linksorientierter und ausl~indischer Jugendlicher bekannt. 99 Im Zusammenhang mit dem Brand im Geb~iude gab es eine spontane Demonstration, bei der rund 100 Jugendliche aus der Region Rechtsextremisten der T~iterschaft bezichtigten 1~176 und ihren Unmut dartiber aul3erten, dass der erst vor wenigen Monaten bezogene Club zerst6rt worden war. TM Die von einem grogen Polizeiaufgebot begleiteten Demonstrantlnnen liegen die ,,Revolution" hochleben und skandierten ,,Nie wieder Deutschland". Als sie glaubten, Rechte/Rechtsextreme gesehen zu haben, 16ste sich der Aufzug in einem wilden Gerenne auf. Zu weiteren Vorkommnissen kam es nach Polizeiangaben w~ihrend des restlichen Abends nicht. 1~ Zwei Tage sp~iter versammelten sich am Abend rund 40 Angeh6rigen der rechten/rechtsextremen Szene aus Magdeburg und der Altmark, um gegen ,,linke Gewalt" zu protestieren. Sie hatten ein Transparent mit der Aufschrift ,,Nieder mit der roten Pest" dabei und zogen durch die Gegend, bis es gegen Mitternacht in der Innenstadt zu einem Zusammenstol3 zwischen einer rechten und einer linke Gruppe kam. Die Auseinandersetzung wurde laut Zeitungsberichten mit Hilfe yon Holzlatten und Steinen ausgeftihrt. Rechte sollen zudem die 16 eingesetzten Polizeibeamten angegriffen und dabei drei verletzt haben. Es wurden acht rechte/rechtsextreme Randalierer vorl~iufig festgenommen und Strafverfahren wegen Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gef~ihrlicher K6rperverletzung eingeleitet. ~~ Einige Tage sp~iter verteilte eine ,,Btirgerinitiative gegen linke Gewalt" in der Stadt Flugbl~itter mit dem Titel
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99Vgl. N.N.: Drei Polizisten bei Randale verletzt, in: Gardelegener Volksstimme 01.07.2002. ~ooDer Polizei lagen hierfOr allerdings keinerlei Hinweise vor. ~o~ Vgl. Polizeidirektion Stendal" Pressemitteilung Nr. 39/02, 28. Juni 2002, unter http://www.sachsenanhalt.de/presseapp/data/pdsl/2002/039_2002.htm, ges. 08.07.2002. 1o2Vgl. Marten, J6rg: Spontandemo am Abend, in: Gardelegener Volksstimme 29.06.2002" Schmidt, Stefan" 70 Demonstranten zogen durchs Zentrum, in: Altmarkzeitung 29.06.2002. In einem Aufruf der ,,Freien Strukturen Sachsen-Anhalt" zu einem Aufmarsch Mitte Juli 2002 in Gardelegen unter dem Motto ,,Gegen linke Gewalt - Antifa verbieten" wurde hingegen behauptet, dass ,,linksradikale Gewaltt/iter" mehr als drei Stunden durch die Gardelegener Innenstadt gezogen seien und ,,vermummt und ziellos auf wehrlose Passanten - zumeist Jugendliche, welche man willktirlich als ,,Nazis" aussuchte" eingeprtigelt hatten. Zitiert aus N.N.: 12.07.2002 Demonstration in Gardelegen, Homepage Aktionsbiiro M i t r e , unter http://www 15.brinkster.corn/aktionmitte/aktuelles.htm,ges. 03.07.2002. ~o3Vgl. N.N.: Polizei nahm Rechtsextreme nach Krawallen und Skinhead-Konzert fest, in: Gardelegener Volksstimme 01.07.2002; N.N.: Drei Polizisten bei Randale verletzt, in: Gardelegener Volksstimme 01.07.2002; VSBericht Sachsen-Anhalt 2002, Magdeburg 2003, S. 22. Nach einer Pressemitteilung der Polizeidirektion Stendal konnte eine unmittelbare Auseinandersetzung durch Eingreifen der Polizei verhindert werden. Vgl. Polizeidirektion Stendal: Pressemitteilung Nr. 041/02, 29. Juni 2 0 0 2 , u n t e r http://www.sachsenanhalt.de/presseapp/data/pdsl/2002/04l_2002.htm, ges. 08.07.2002. Dass die drei verletzten Polizisten Opfer eines Holzlattenangriffes seitens Rechter geworden sein sollen, wurde in der t~berregionalen Presse, so in der Frankfurter Rundschau 01.07.2002, S. 6: ,,Polizisten bei Randale nach rechtem Aufmarsch verletzt", nicht mehr erw~ihnt. Dort liest sich der Vorfall wie folgt: ,,In Gardelegen (...) hat es (...) Krawalle zwischen jungen Rechtsextremen, Linksautonomen und der Polizei gegeben. Drei Polizisten wurden dabei verletzt (...). Acht Angeh6rige der rechtsextremen Szene wurden vorlaufig festgenommen" Zur Darstellung der Vorf~ille von rechtsextremer Seite vgl. Berichte auf der Homepage Aktionsbftro Mitte, z.B.N.N." Dubioses in Sachsen-Anhalt - es geht heiter weiter!?", unter http://www15.brinkster.com/aktionmitte/aktuelles.htm,ges. 03.07.2002.
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,,Ausnahmezustand in Gardelegen" und stellte die Behauptung auf, dass ,,linke Chaoten" wehrlose Passanten durch die Innenstadt gejagt und diese geschlagen und getreten h~itten. TM Rechtsextremisten aus dem Kameradschaftsspektrum der Altmark ktindigten wenig sp~iter einen Aufmarsch in Gardelegen an, um fiber ,,die wirklichen Gewaltt~iter" aufzukl~iren und ,,ein Zeichen gegen linke Gewalt!" zu setzen. 1~ Nachdem antifaschistische Gruppen ~ r denselben Tag eine Gegendemonstration anmeldeten, schlugen die Wellen hoch. In einer gemeinsamen Erkl~irung baten Btirgermeister und Polizei die ans~issige Bev61kerung, ,,durch angemessene ZurOckhaltung und auch durch r~iumliche Distanzierung von gewaltbereiten Personen ''~~ der Polizei zu helfen. Der Versammlungsleiter der ,,Freien nationalen Strukturen Sachsen-Anhalt" durfte in einer Regionalzeitung versichern" ,,Von uns geht keinerlei Gewalt aus" und auf das Motto des Aufmarsches ,,Antifa verbieten - gegen linke Gewalt" verweisen. ~~ Am Nachmittag der beiden in einem Abstand von zwei Stunden stattfindenden Veranstaltungen r~iumten die Gewerbetreibenden in der innerst~idtischen FuBg~ingerzone, die von beiden Gruppierungen als Route vorgesehen war, zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltungen ihre Auslagen rein. Ein Grol3teil der Gesch~ifte schloss. Die knapp 100 Aufmarschteilnehmer, darunter rund 20 Frauen, marschierten w~ihrend ihrer Manifestation wohlgeordnet, unter Rufen ,,Gegen Gewalt und Intoleranz" oder ,,Ob Ost ob West, nieder mit der roten Pest" von ihrem Ausgangspunkt aul3erhalb der Innenstadt durch die Ful3g~ingerzone der Kleinstadt zu ihrem Zwischenkundgebungsplatz am Rathaus. Das mitgeffihrte Leittransparent verktindete die Forderung ,,Antifa verbieten", auf einem weiteren Transparent war ,,Gegen roten Terror" zu lesen. Am Platz angekommen, erschallte durch ein Megaphon das zackige Kommando: ,,Und nun im Halbkreis aufstellen". Dieser Aufforderung wurde zackig nachgekommen. Der ungelenk vorgetragene Redebeitrag endete mit dem Hinweis, dass dank einer ,,konsequenten disziplinarischen Einwirkung auf unsere Reihen (sic!) von Seiten der Nationalen Kameraden" die rechts(extrem) motivierten Straffaten in Sachsen-Anhalt zurtickgegangen seien. Brav beklatschten die KundgebungsteilnehmerInnen den rhetorischen Tieffiug des Redners, um dann der Durchsage: ,,Nun in F o r m a t i o n in Vierer-Reihen aufstellen und Abmarsch" nachzukommen. W~ihrend der Kundgebung kam es zu keinerlei St6rversuchen der wenigen hinter einer Polizeikette stehenden Gegnerlnnen des Aufmarsches. 1~ Auch die auf der Hochterrasse der am Platze liegenden Gastst~itte heute ,,in der ersten Reihe" sitzenden Btirgerlnnen enthielten sich jeglicher Kommentare. Vielmehr wurde festgestellt, welche der Aufmarschteilnehmerlnnen pers6nlich bekannt waren: Schau, da ist der Thx, und dort der Ax, und der D x - ich dachte, der ist 104Flugblatt einer ,,Btirgerinitiative gegen linke Gewalt", o.O., o.J., aufgefunden am 02.07.2002. Unterlegt ist der Text mit einem Bild von Auseinandersetzungen wahrend des G8-Gipfels in Genua im Juli 2001, allerdings ohne dies als solches zu benennen. So konnte der Eindruck entstehen, es handele sich um ein Bild aus Gardelegen. ~o5 N.N.: 12.07.2002 Demonstration in Gardelegen, Homepage Aktionsbiiro Mitte, unter http://www15.brinkster.com/aktionmitte/aktuelles.htm, ges. 03.07.2002. ~o6Zitiert nach N.N.: Rechte und Linke machen mobil, in: Gardelegener Volksstimme 11.07.2002. ~o7Zitiert nach N.N.: Versammlungsleiter: ,,Von uns geht keinerlei Gewalt aus", in: Altmarkzeitung 11.07.2002. ~o8Sowohl der Aufmarsch als auch die Gegendemonstration verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Es waren mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei Magdeburg und Halle sowie des Bundesgrenzschutzes eingesetzt. Insgesamt wurden 80 Platzverweise ausgesprochen und bei 86 Personen Identitatskontrollen durchgefahrt. Vgl. N.N.: Friedlicher Verlauf beider Demonstrationen- Starke Polizeipr~senz wirkte vorbeugend, in: Gardelegener Volksstimme 15.07.2002, unter http://www.volksstimme.de/,ges. 15.07.2002.
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runter von dem Film - und dort der Bx, der Bx ist auch dabei, hieB es. Ein zu einer Gruppe von zwischen 18 und 30 Jahre alter Personen geh6render Mann teilte gut h6rbar und unwidersprochen mit, er f~inde das ja richtig, was die Rechten machten, aber sie h~itten schlechte Argumente. Nach Abmarsch der Rechtsextremisten sammelten sich unter lauter Musikbeschallung die TeilnehmerInnen der Gegendemonstration auf dem vorherigen Zwischenkundgebungsplatz. Ober Megaphon klarte eine junge Frau tiber den Grund der Versamrnlung auf. Es ginge darum, ,,den rechten Konsens" anzugreifen und gegen den ,,Naziaufmarsch" zu protestieren. Auf einem der mitgebrachten Transparente war ,,Ftir eine multikulturelle Gesellschaft" zu lesen. Etwa 40 Prozent der Anwesenden waren weiblich. Obwohl sich der Anteil der Kapuzen-T-Shirtr~iger nicht wesentlich von dem der rechtsextremen Veranstaltung unterschied, waren bedeutend mehr Punks und Hip-HopperInnen und weniger Kraftstudiobesucher unter ihnen auszumachen. Das vereinzelte Tragen von schwarzen Bomber- oder olivgemusterten Tamjacken und Springerstiefeln [bei einer Temperatur yon 26 Grad!] blieb allerdings den Rechtsextremisten vorbehalten. 1~ Das Gesamtbild der Demonstration wirkte ungezwungen. Die meisten wuselten durcheinander, einzelne genossen Dosenbier, manche trugen besch~idigte Kleidungsstticke, andere bewegten sich im Takt der Musik. Augenscheinlich wurde die Differenz zum vorausgehenden Aufmarsch, als zwei der Aufzugsteilnehmer unverzagt und offensichtlich mit grol3em Engagement vor aller Augen an die Rathausfassade, die kurz zuvor die Hintergrundkulisse ftir die disziplinierte Zwischenkundgebung der Rechtsextremen geboten hatte, urinierten. Das Auftreten der Demonstration blieb von den Zuschauerlnnen nicht unkommentiert. Bemerkungen wie: ,,Was ist denn das ft~ eine Fahne? - Was soil denn das?" und anziagliche Kommentare tiber das Aussehen junger Frauen gehOrten zu den harmloseren Bemerkungen. Postulate wie: ,,Wetten, dass keiner von denen tiberhaupt schon Tausend Stunden gearbeitet hat" oder die AuBemng eines Mannes, dass ,,da die Bullen mal durchgehen und alle totschlagen" sollten, die allerdings nicht ohne Gegenrede ,,Nein, nicht totschlagen, das kannst du nicht sagen" einer der Zuh6renden blieb, belegten hingegen eine tief verankerte Abwehrhaltung gegen unkonventionelles Auftreten. In der Bewermng des Agierens von nicht-rechten und rechten/rechtsextremen Gesellungen an 6ffentlichen Orten wurde weithin festgestellt, dass im Gegensatz zu anderen sich Rechte/Rechtsextreme ,,besser benehmen", kaum Sachbesch~idigungen begingen und an ihren Treffpunkten seltener Dreck hinterlassen wtirden. Es masse gesagt werden, so ein Sozialarbeiter, dass ,,da wo linke Jugendliche oder Stinos sind, ist der Platz morgens schmutziger, als da wo die Rechten stehen. ''1I~ Rechte/Rechtsextreme wiarden deshalb als ,,ordentlich" empfunden. H~iufiger seien zudem die Beschwerden von Anwohnerlnnen
109Mit derartigerBekleidunghielten sich die Aufmarschteilnehmerlnnenwohl aufgrundder polizeilichen Auflage, von uniformfihnlichenKleidungssttickenabzusehen, weitgehend zuriick. Zu den Auflagen vgl. N.N.: Demo Gardelegen- Sachstand!" Homepage Aktionsbaro Mitte, unter http://www15.brinkster.com/aktionmitte/aktuelles.htm#44, ges. 15.07.2002: ,,Keine NS, NSD, NSDA, NSDAP Kombinationen (hierzu zahlt auch wieder LONSDALE und CONSDAPLE) keine 14, 18, 88, keine Stiefel und B-Jacken oder allg. milit~irische Kleidungsst~icke, nur Bund- und Landerfahnen, keine Kleidung mit der Aufschrift Nationaler Widerstand, keine Sprechch6re oder Transparente mit selbigemInhalt!". lJoBewertungAgieren, Int. 4, Pos 37 (NGO); vgl. ders. Pos. 89; BewertungAgieren, Int. 5, Pos. 16, 17.
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wegen Ruhest6rungen, die von nicht-rechten Jugendlichen ausgingen. Die Rechten hingegen seien ,,keine Krakeeler". Ansammlungen jugendlicher Gruppierungen an 6ffentlichen Orten werden generell von vielen kritisch be/iugt. Vor allem, wenn St6mngen der Ruhe zu erwarten sind oder informelle Regeln des 6ffentlichen Auftretens TM verletzt werden, kommt es zu Klagen von BtirgerInnen tiber die Unordnung, den L/arm und den Schmutz, den jugendliche Lebensstilgruppen zu verursachen verm6gen. In den Augen vieler BtirgerInnen gilt das Verhalten rechter/rechtsextremer Akteure als alltagskompatibler als das ,,bunter" Jugendgruppen. Sofern es in geregelten, sozialvertr/aglichen Lautst/arken stattfindet, wird es oftmals geduldet, manchmal gar mit Sympathie bedacht. So hieg es von einem Treffen einer Kameradschaft in einer Jugendherberge, dass dieses ohne weitere Vorkommnisse abgehalten wurde und keinen Anlass zur Beanstandung gegeben h~itte. Linken Jugendlichen, die zu einem anderen Zeitpunkt in derselben Bleibe einige Tage verbrachten, habe die Betreiberin mitgeteilt, ,,(...) dass die s i c h j a viel besser da verhalten haben und viel ruhiger waren, als unsere Leute, die da weifl ich, Party gemacht haben und so weiter und da hat sie ndimlich gesagt, sie wfirde lieber die noch mal rein nehmen, als uns (...).,,ll2 Ein Sozialarbeiter beschrieb
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den Umgang der AnwohnerInnen im Nahraum eines Jugendclubs, der von einer rechten/rechtsextremer Klientel besucht wurde:
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,,Solange das, das ganze ruhig ablief und es keine Ldrmbeldstigung gab, also wenn der Club dort nur war, musste ichja erschreckend feststellen, dass dh viele von den Erwachsenen die Ansichten dieser Rechten teilen. Sie sogar noch dh, sagen wir mal noch motivieren und anfeuern. ,,113
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Wurden bei der Beschreibung von Rechten/Rechtsextremen ,,Tugenden" wie Ordentlichkeit, Disziplin, Kooperationsbereitschaft positiv hervorgehoben, galten Punks, Linke und ,,Bunte" als schmuddelig, respektlos, verweigernd und konfrontativ. Wenn allerdings Angeh6rige der rechten Szene Verhaltensregeln wahmehmbar nicht einhalten, geraten sie ebenfalls in den Fokus der Kritik. Nachdem in einem der Untersuchungsorte Autklebem rechtsextremen Inhalts an Regenrinnen, Schaufensterscheiben und Telefonzellen angebracht worden waren, sah sich ein st~idtischer Vertreter veranlasst, seinen Unwillen tiber diese Verunreinigungen gegentiber einem ihm pers6nlich bekannten Rechtsextremisten kund zu mn und an den mutmal31ich geteilten Konsens nach Sauberkeit in den st/adtischen Stragen zu appellieren: ,,Ah. Aber ich kann mich auch erinnern, dass ich ihm gesagt habe: 'Mensch, wenn Sie sich eben der rechten Szene zugeh6rig fiihlen, dann miissten Sie ja auch dafiir sein, dafiir sein, dass die Stadt sauber bleibt.' Und das hat er bestdtigt. Und ich sage: 'Wissen Sie, da passt aber nicht dazu, dass Sie Handzettel, oder ihre L e u t e ' - na er hat's ja nicht gemacht, hat er behauptet- es waren dann immer andere. Ich sagte: 'Dann miissen Sie ihre Leute aber auch dazu hinkriegen,
1~ Vgl. Goffman, Erving: Verhalten in sozialen Situationen. Strukturenund Regeln der Interaktion im 6ffentlichen Raum, Gt~tersloh 1971; Goffman, Erving: Wir alle spielen Theater. Selbstdarstellung im 6ffentlichen Raum, Mianchen 1969, S. 99ff, 118. ~2 BewertungAgieren, Int. 6, Pos. 119 (Opfer). ~3 BewertungAgieren, Int. 7, Pos. 219 (Soz.).
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dass eben'-Schmierereien kann ich ja eigentlich nicht besti~tigen, zumindest in meiner Zeit nicht, aber diese blOden Handzettel und diese Aufkleber an Dachrinnen und so, das i~rgert mich. Und ich sage: 'Dann miissen sic doch dafiir sorgen, dass so was nicht passiert'. ,,114
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W~ihrend Punks in der Regel als unangenehm gelten, verursachen sie im Alltag selten Angstge~hle. Punks seien ,,eigentlich nur l~istig" und passten nicht ins Bild ,,wegen dem Saufen und der vielen KOter", meinte ein Polizist. Rechte hingegen, ,,die stehen stratum an der Ecke" und Menschen, die ,,diese f a r sich selbst als Gefahr definieren, wechseln die Straflenseite. ''1~5 Das Auftreten von Punks, Skaterlnnen oder Grufties stellt einen Verunsichertmgsfaktor ftir viele Bargerlnnen dar. Die Nichteinhalmng des Regelkodex von ,,gutem Benehmen" und die Negation der Vorstellungen von ,,ordnungsgem~iBer Bekleidung" stiftet Verwirrung und faihl't zu Abwehrreaktionen, 116 die sich in Beleidigungen oder Schlimmeren artikulieren. Unkonventionell gewandete Jugendliche sind neben rechter/rechtsextremer (Gewalt)Bedrohungen auch Beschimpfungen durch manche Bargerlnnen ausgesetzt. ,,Punker hOren von normalen Leuten: 'Ihr seht scheifle aus, wascht euch real % so die Mitarbeiterin einer zivilgesellschaftlichen Organisation. 117 Eine yon Rechten/Rechtsextremen zusammengeschlagene, ihr bekannte Punkerin, welche sich nun sehr unsicher in der (3ffentlichkeit bewege, habe von einem Nterer Mann, ,,der von ihr nicht als irgendwie bedrohlich eingeordnet wurde (...), ein 'Auschwitz-Gaskammer"' zugezischelt bekommen. 118 Der Umgang und die Wahrnehmung einzelner Polizeibeamten mit und beztiglich VertreterInnen nicht-rechter Jugendkulturen, die von ihrem ~iuBeren Anblick her nicht unbedingt zum Kreis derjenigen geh6ren m6gen, aus dem sich manch eine(r) die Schwiegerkinder wOnscht, ist unter Neutralit~itsgesichtspunkten bedenklich. So ~iuBerte sich ein Polizist im Gespr~ich dahingehend, dass er Punks als ,,Rattenmenschen" bezeichnen wtirde. Gemeint waren junge Leute mit ,,diesen Frisuren" und Stachelb~indem um Hals und Handgelenke. Sic warden agressiv schnorren- ,,haste mal nen E u r o " - und Straftaten begehen. Falls dieser Personenkreis in den Bereich polizeilicher MaBnahmen geraten warde, seien es diejeniegen, die am wenigsten bereit seien, polizeiliche Reaktionen fiber sich ergehen zu lassen. Wenn man ihnen mal die Handschellen ein bisschen fester zumache oder wenn sie mal bei einer Demo eine gm0ppel auf den Kopf bek~imen, dann warden sie sich am Lautesten beschweren. Zudem wurde es als unbotm~il3ig empfunden, wenn einer Straftat verd~ichtigte Linke bei Verh6ren die Aussage verweigem, die Vemehmungsprotokolle nicht unterschreiben und ,,nicht mal" ihren Namen sagen wiarden.119 Derartige Verweigerungen von Angaben geh6ren zwar laut Strafprozessordnung durchaus zu den Rechten von Beschuldigten, stellen aber im Ablauf eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens ein Hindernis ftir eine schnelle Durchffihrung des Verfahrens dar und k6nnen die gerichtliche Verwertung von Vorwtirfen erschweren. Unbeantwortet muss an dieser Stelle bleiben, inwieweit die Abwertung von Punks und anderen aufgrund ihres Habitus und Auftretens als Provokation empfundenen jugendkultu114BewertungAgieren, Int. 8, Pos. 58 (stfidt. Vertreter). ~s BewertungAgieren, Int. 2, Pos. 22, 155, 156 (Pol.). ~6 Vgl. Schubert: StfidtischerRaum .... Opladen2000, S. 47f. ~7 BewertungAgieren, Int. 9, Pos. 62 (NGO). ~8 BewertungAgieren, Int. 9, Pos. 63, 64 (NGO). ~19BewertungAgieren, Int. 10, Mitschrifi Gespr~ich,Pos. 134-137(Pol.)
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rellen Str6mungen Verbindungslinien zur (auch strafrechtlichen) Definition von ,,Asozialen" und ,,Parasiten" in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik aufweist und ob eine noch heute vorhandene Abwertung dieser Personengruppen dem damals staatlich und gesellschaftlich defmierten Feindbild des ,,arbeitsscheuen" und ,,asozialen Gesindels" entspringt. Feindbilder, die als in einem gesellschafflichen Prozess erzeugte und erlemte Wahrnehmungsbilder von Individuen und Kollektiven bezeichnet werden k6nnen, zeichnen sich durch eine eindeutig abwertende oder negative Wertladung aus. Nach Reichardt umfassen sie ,,ein Btindel standardisierter und stereotyper Vorstellungen die oft assoziativ miteinander verbunden und stark emotional verankert sind." Feindbilder sind ,,z~ihlebig, da sie sich subjektiv durch die verzerrte Realitatswahrnehmung, in ihrer hartn~ickigen Erwartungshaltung h~iufig selbst best~itigen und verfestigen. ''12~ Nach Korzilius und Lindenberger, die sich mit ,,Asozialen" und ,,Parasiten" im Recht der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)/DDR und der Herrschaftspraxis und 6ffentlichen Ordnung im SED-Staat auseinandersetzten, galten in den 1960er Jahren Anh/anger yon Beatgruppen oder der sogenannten ,,Gammlerbewegung" als ,,asozial" und ,,arbeitsscheu". TM Angeh6rige der seit den sp~iten 1970er Jahren in der DDR zu beobachtenden Punkgruppen wurden in den 1980er Jahren von staatlichen Organen als ,,Asoziale aus Anpassungsunwilligkeit" bezeichnet, von denen sich die dem rechten/rechtsextremen Spektrum zuzurechnenden ostdeutschen Skinheads soziographisch stark unterschieden: Arbeiteten Skinheads meist in geordneten Arbeitsverh~iltnissen und bekamen in den betrieblichen Beurteilungen ein diszipliniertes Arbeitsverhalten, Zuverl/assigkeit und ein positives Arbeitsverhalten bescheinigt, gingen Punks eher selten geordneter Arbeit nach. Sie wechselten h~iufiger die Arbeitsstelle, ihre Arbeitsdisziplin liel3 zu wtinschen tibrig, sie legten Bummelschichten ein und tranken w~ihrend der Arbeitszeit. Skinheads wurden von ihrem Arbeitskollektiv gelobt, ihre Straftaten quittierten die Kolleglnnen mit ratlosem Unverst~indnis. Bei Punks hingegen war eine Straftat ein ersehnter Anlass, sich vom wenig beliebten Mitarbeiter, den das Arbeitskollektiv geme loswerden wollte, zu distanzieren. 122 Das Ministerium ~ r Staatssicherheit bescheinigte Punks ein ,,durch Ztige der Entartung und der Asozialit~it" gekennzeichnetes ~iul3eres Erscheinungsbild und ,,eine politisch negative Grundhalmng zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung". 123 Die Belegung abweichender Jugendsubkulturen mit Verhaltensymptomen wie Arbeitsscheue, Disziplinlosigkeit, Spontaneit~it oder Eigentumskriminalit~it 12oReichardt, Sven: Feindbild und Fremdheit, in: Ziemann, Benjamin (Hg.): Perspektiven der historischen Friedensforschung, Essen 2002, S. 250-27I, hier S. 250s 121Vgl. Korzilius, Sven: ,,Asoziale" und ,,Parasiten" im Recht der SBZ/DDR. Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung, K61n/Weimar/Wien2005; Lindenberger, Thomas: Volkspolizei. Herrschaftspraxis und 6ffentliche Ordnung im SED-Staat 1952-1968,K61n/Weimar/Wien2003, hier v.a. Kapitel 9: Aufkl~iren liquidieren - erziehen. Volkspolizeiund ,,Rowdytum" 1956-1969, S. 367-448. 122Vgl. N.N: Problemhintergr~ndefilr die Lebensweisejunger Bflrger, die zur Punk- und Skinheadgruppen gehOren, Bundesbeauftragte ~r die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Ministerium ~r Staatssicherheit, Hauptamt XX, 2386, BI. 2, abgedruekt in Korzilius: ,,Asoziale" und ,,Parasiten" ..., K61n/Weimar/Wien 2005, S. 473; Studie tiber Erkenntnisse der Kriminalpolizei zu neofaschistischen Aktivit~ten in der DDR. Materialien einer Arbeitsgruppe im Ministerium des Inneren der DDR vom November 1989, in: Kinner~ichter (Hg.): Rechtsextremismusund Antifaschismus, Berlin 2000, S. 273-293. ~23 Ministerium ~r Staatssicherheit: Information i~ber beachtenswerte Erscheinungen unter negativ-dekadenten Jugendlichen im der DDR. Bundesbeauftragte ~r die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik; Zentralarchiv (Berlin) ZAIG 3366, Blatt 4f, zitiert nach Rauhut, Michael: Rock in der DDR, Bonn 2002, S. 115.
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machte sie zum sozialen Gegenpol des sozialistischen Gesellschaftsmodells, mit dem eine von Fleil3, Ehrlichkeit, Ordnungsliebe, Familiensinn usw. gepr~igte Lebensweise verbunden wurde. 124 Provokatives A u i ~ e t e n von Punks in der Offentlichkeit hatte zur Folge, dass viele BiargerInnen ihnen gegentiber eine geringe Toleranzschwelle besafSen und mit einem harten, repressiven V o r g e h e n gegen sie einverstanden waren oder dieses gar forderten. Beispielsweise auch bei einem Punk-Treffen in einem der Untersuchungsgebiete im August 1986, durch das sich BtirgerInnen w e g e n ruhest6renden L~irms und dem ~iul3eren Erscheinungsbild der j u n g e n Leute bel~istigt ftihlten. Sie beschwerten sich bei der damaligen Btirgermeisterin und erwarteten Maf3nahmen gegen die Anwesenden. 125 Punks und andere optisch v o m Mainstream abweichende Jugendkulturen in der D D R mussten staatliche Repressionsmal3nahmen erleiden und wurden nicht selten von Polizei und Btirgern misshandelt. 126 ,,Stundenlange Durchsuchungen ihrer Wohnquartiere, T~itlichkeiten und Verschleppungen von der Stral3e weg auf die Reviere (...) waren die tiblichen Praktiken" polizeilichen Handelns. 127 Im Alltag waren Punks starken Anfeindungen ausgesetzt. ,,Jeder biedere Schl~iger fiJhlte sich n~imlich damals berufen, auf Punks einzuschlagen", andere beschimpften sie auf der StraBe, erinnert sich Horschig. ,,Gebr~iuchlich und beliebt waren (...) auch solche Sprtiche wie: 'So was wie euch mtisste man vergasen' (...) oder man meinte uns in ein Arbeitslager stecken zu mtissen. ''128
1.4 Abwertung und alltiigliche Kriinkungen yon nicht-rechten Jugendlichen und Migrantlnnen
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Viele Eingewanderte, Asylsuchende und Menschen dunklerer Hautfarbe sind im Alltag verbalen A n f e i n d u n g e n oder Diskriminierungen ausgesetzt. Es werden ,,~chlimme, bose Worte" gesagt, so ein Asylsuchender.
124Vgl. Lindenberger, Thomas: Das Fremde im Eigenen des Staatssozialismus. Klassendiskurs und Exklusion am Beispiel der Konstruktion des "asozialen Verhaltens", in: Behrends, Jan C./Lindenberger, Thomas/Poutrus, Patrice G. (Hg.): Fremde und Fremd-Sein in der DDR. Zu historischen Ursachen der Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland, Berlin 2003, S. 179-191, hier S. 189f. Zur Stigmatisierung der Beatbewegung in der DDR in den 1960er Jahren vgl. Rembold, Elfie: ,,Dem Eindringen westlicher Dekadenz ist entgegenzuwirken." Jugend und die Kultur des Feindes in der DDR, in: Behrends/Lindenberger/Poutrus (Hg.): Fremde und Fremd-Sein .... Berlin 2003, S. 193-214. 125Vgl. Korzilius: ,,Asoziale" und ,,Parasiten" ..., KOln/Weimar/Wien 2005, S. 474 Ful3note 352, S. 475. 126 Vgl. Galenza, Ronald/Havemeister, Heinz (Hg.): Wir wollen immer artig sein.... Punk, New Wave, HipHop, Independentszene in der DDR 1980-1990, Berlin 1999. Zur Repression gegen Punks siehe darin v.a. die Aufs~itze von Horschig, Michael: In der DDR hat es nie Punks gegeben, S. 17-40 und Michael, Klaus: Macht aus diesem Staat Gurkensalat: Punk und die Exerzitien der Macht, S. 72-93; vgl. Remath, C./Schneider, R. (Hg.): Haare auf Krawall. Jugendsubkultur in Leipzig 1980-1991, Leipzig 1999. Zum Umgang mit ,,Gammlern" und ,,Hippies" in der DDR vgl. Rauhut, Michael/Kochan, Thomas (Hg.): Bye Bye Lt~bben City. Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR, Berlin 2004. 127 Stock, Manfred/M~Jhlberg, Phillip: Die Szene von Innen. Skinheads, Grufties, Heavy Metals, Punks, Berlin 1990, S. 172, zitiert nach Rauhut: Rock .... Bonn 2002, S. 113. 128 Horschig: In der DDR hat es nie .... in: Galenza/Havemeister (Hg.): Wir wollen immer artig sein .... Berlin 1999, S. 17-40, hier S. 18f.
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Er erz~ihlte: ,,Ja, auf die Strafle ich war auch unterwegs und dann waren drei Leute im Auto. Dann hatten die Zigaretten geworfen und mit Hand so was nicht SchOnes gemacht. ,,129
Ein anderer berichtete:
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,,Ich bin in die Stadt gefahren und sie sagen 'Schwarzer Neger und Schwein' zum Beispiel und 'Gehen nach Hause. Was machst du hier. Hier ist nicht dein Land. Nach Hause fahren' und so weiter. Und manchmal sagen 'eht '. (...) Ja sie spucken auf uns. Ja manchmal, ja. ,,13o Oft liegen herabwfirdigende Erlebnisse in allt~iglichen Bereichen wie der Schule, auf der Arbeit, im Jugendclub oder bei Zufallsbegegnungen auf der Strage und werden von den Betroffenen als eindeutige Diskriminierung und Anfeindung bewertet. Ein eltj~ihriger Asylsuchender sprach dartiber, dass ihm Schulbus von anderen SchtilerInnen in emiedrigender Weise einen Sitzplatz verweigel~ wurde. Er sei mit Aul3erungen wie ,,'Warum, ~ih w a r u m du musst sitzen? "' oder ,, 'Du musst, bleibst stehen "'131 konfi'ontiert worden. Die Bezeichnung als ,,Bricket" oder ,,Stack Kohle", die lautmalerische Nachahmung von Tierger~iuschen, ,,Nigger-" oder ,,Bimbo"-Rufe und ~ihnlich grausliche Bezugnahmen auf die Hautfarbe der Betroffenen, sind augerordentlich starke Herabw~digungen, werden sie doch einzig aufgrund eines u n v e r ~ d e r l i c h e n Kennzeichens ausgesprochen. 132 Die Hautfarbe wird zum hervorstechenden Personenmerkmal, das zudem mit Minderwertigkeitsvokabular belegt wird. Schm~ihungen und Beleidigungen g e g e n dunkelh~iutigere Menschen werden von ,,Jugendliche(n) und Erwachsene(n), Alte(n) und alle(n) ''133 ausgesprochen. Es wurde von Unterstellungen, wie ,,alle Schwarzen" seien Drogendealer berichtet oder davon, dass beispielsweise ein Einkauf in Ladengesch~iften oft nur in naher Begleitung von Verkaufspersonal m6glich sei. Dahinter vermuteten die Befragten, dass sie wohl unter Generalverdacht des Ladendiebstahls stehen wiarden. Abendliche oder n~ichtliche Aufenthalte auf oftener Strage wurden grunds~itzlich als ,,gef~ihrlich" angesehen. Beleidigungen und Diskriminierungen werden als Bestandteil des Alltags erlebt. TM ,,Sie kOnnen nicht nett sein
129Abwertung, Int. 1, ohne Pos. (Opfer). ~3o Gruppeninterview mit m~innlichen Asylsuchenden aus verschiedenen afrikanischen L~indem, Pos. 102-106, unv. Interviewtranskript, zur Verfagung gestellt von Peter-Georg Albrecht, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. ~31ebd. Pos. 800-801. ~32 Vgl. Dovenon, Narcisse Mesmin: ,,Ich hatte nun meine Wiirde vor diesen WeiBen verloren, die mir keine Chance zu iiberleben lassen wollten", in: LandeskommissionBerlin gegen Gewalt (Hg.): Berliner Forum Gewaltpr~iventionNr. 16 (2004), Berlin 2004, S. 74-76. ~33 Gruppeninterview mit m~innlichen Asylsuchenden aus verschiedenen afrikanischen L~indem, Pos 183, unv. Interviewtranskript, zur Verfagung gestellt yon Peter-GeorgAlbrecht, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. ~34 Beispiele dazu u.a. bei: Hengst, Bj0m: ,,Neger, was willst du hier in Deutschland?" Ein Gerichtsbesuch in Magdeburg, in: Spiegel O n l i n e 10.05.2006, u n t e r http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ 0,1518,415420,00.html, ges. 12.05.2006; Camino- Werkstatt far Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich GmbH (Hg.): Lokaler Aktionsplan far Toleranz und Demokratie gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeitfar die Landeshauptstadt Potsdam, Berlin/Potsdam 2001, S. 14. Sischka, Kerstin: Kommunalanalyse in der Praxis, in: Bulletin- Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur, Nr. 4/2003: ,,Gegen Rechtsextremismushilft mehr Demokratie", Berlin 2003, S. 16-30, hier S. 28s
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mit uns. Das ist normal ''135, meinte ein vom afrikanischen Kontinent stammender Asylsuchender. Ein anderer zieht seine Schliasse aus den allt~iglichen Diskriminierungen, denen er ausgesetzt ist: ,,Ich habe gedacht- an solchem Platz muss man nicht bleiben. Wenn es gibt M6glichkeit, dann total yon ganz X X [Name der Stadt] weg. . 1 3 6
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Auch Angeh/Srige nicht-rechter Jugendgmppen berichteten, dass sie h~iufig von rechten/rechtsextremen Personen oder Dritten gekrgnkt und beschimpft werden. ,,Die verbalen Angriffe sind f a s t allti~glich ''137, meinten sie und auch, dass ,,AnpObeln ( . . . ) j a normal ist. Mit nero duramen Spruch kann man immer rechnen. ''~38 Die Betroffenen h/3ren ,,das PObeln (...) schon gar nicht mehr ''139 zu h6ren, denn ,,Beleidigung und Drohung, die sind wir (...) j a schon gewohnt". 14~ Dieses Ph~inomen ist auch aus anderen St~idten bekannt. Jugendliche Skater aus Berlin-Hohenschtinhausen gaben an, dass es ,,nicht real mehr ein Zusammenzucken" gebe, wenn ,,beim Vorbeilaufen 'hey Zecke', 'hey langhaariger Affe' oder ~ihnliches gerufen werde. BeIeidigungen seien ,,zur Normalit~it" geworden. TM ,,Kleine Dinge wie P6beleien ''~42, Beleidigungen und verbale Drohungen werden selten yon Eingewanderten, Asylsuchenden, Menschen aus dem Ausland oder von nicht-rechten Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit straffechtlichen Mitteln geahndet. Ftir die von Beleidigungen Betroffenen ist es schwierig einzusch~itzen, ob Rufe wie ,,Zecke verrecke!", ,,Punkerschwein", ,,Kanake" oder ,,Bimbo" tiberhaupt strafrechtsrelevant sind oder ab welchem Grad von Drohung und Verh6hnung die Stellung eines Strafantrags Erfolg versprechend w~ire. Beleidigung nach w 185, 194 StGB ist ein Antragsdelikt. Die Strafverfolgungsbeh6rden ermitteln, anders als bei ,,Offizialdelikten", nicht automatisch sowie sie von dem Vorfall Kennmis erlangen. Personen, die sich beleidigt sehen, mtissen von sich aus einen Strafantrag stellen. Rassistische P6beleien oder verbale Gleichsetzungen von nicht-rechten oder altemativen Jugendlichen mit Ungeziefer bedeuten fiir die Betroffenen eine immense Herabsetzung ihrer personalen Identit~it, die mit Hilflosigkeits- und Ohnmachtserfahrungen einhergeht: ,,Also einfach diese Ohnmacht, class man hier ganz alleine mit zwei, drei Leuten steht, und man weifl halt, class man nicht der Idiot, nicht der Assi, nicht die Zecke ist. (...) Also det is einfach ne Ohnmacht und ne Wut danach, det is ... ,,143
135Gruppeninterview mit m~nnlichen Asylsuchenden aus verschiedenen afrikanischen Lfindem, Pos. 177, unv. Transkript, zur Verfiigung gestellt von Peter-Georg Albrecht, Projekt 5, Eckert/Roth. 136Abwertung, Int. 1, ohne Pos. (Opfer). 137Abwertung, Int. 2, Pos. 112 (Opfer). 138Abwertung, Int. 3, Pos. 77 (Opfer). 139Abwertung, Int. 3, Pos. 297 (Opfer). 14oAbwertung, Int. 4, Pos. 265 (Opfer). 141 Jugendlicher Skater aus Berlin-HohenschOnhausen, zitiert nach Radio Multikulti (FM 96,3): Viadukt- Das Forum am Sonntag, 11.01.2004, Thema: ,,Angstr~ume" im Nordosten Berlins, Redaktion: Aleksandra Bmetic, Moderation: Margit Miosga, 16:41:45-16:42:15. 142Abwertung, Int. 5, Pos. 24 (Pol.); Abwertung, Int. 6, Pos. 60 (Pol.); Abwertung, Int. 7, Pos. 32 (Pol.). 143Abwertung, Int. 8, Pos. 271 (Opfer).
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,, Wenn einmal sie sagen: 'Wie Schimpanse '. Ich sage: 'Nein, ich bin kein Schimpanse. Ich denk e . ' ,,144
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Anfeindungen und abwertende Augemngen von Dritten gegentiber nicht-rechten Jugendlichen, Asylsuchenden und Eingewanderten tragen zus~itzlich zu/Xmsammlungen von rechten/rechtsextremen Gesellungen an 6ffentlichen Orten dazu bei, dass bestimmte Gebiete zu ,,Angstzonen" werden k6nnen. Viele Betroffene gehen zudem davon aus, dass bei einer gegen sie gerichteten Gewaltaktivit~it von rechten/rechtsextremen Personen, von AnwohnerInnen oder Passantlnnen wenig Bereitschaft zur Intervention gezeigt wird.
144 Gruppeninterview mit mfinnlichen Asylsuchenden aus verschiedenen afrikanischen L~indem, Pos. 414-415, unv. Transkript zur Verft~gunggestellt von Peter-GeorgAlbrecht, Projekt 5, Eckert/Roth.
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Interaktion und K o m m u n i k a t i o n
2.1 Eingreifen- Nichteingreifen: Die Rolle von Dritten bei rechts(extrem) motivierter Gewalt
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Immer wieder wird in der Berichterstattung regionaler oder tiberregionaler Medien und in Ver6ffentlichungen von Beramngsstellen for Opfer rechts(extrem) motivierter Angriffe auf die Passivit~it oder das Nicht-Eingreifen anderer bei Angriffen auf Mitglieder von Minderheitengruppen aufinerksam gemacht. 145 Behinderte Menschen, nicht-rechte Jugendliche oder M~inner und Frauen dunklerer Hautfarbe mussten mancherorts erleben, dass auch ein massiver k6rperlicher Angriff ~ r unbeteiligte Dritte kein Anlass far ein aktives (verbaler oder k6rperlicher Beistand) oder passives (Herbeirufen der Polizei) Eingreifen ist. Ftir die Untersuchungsr~iume Halle und Magdeburg und mr die Region um Guben sind einige Vorf~ille dokumentiert, auf die beispielhaft hingewiesen werden soll. So griffen acht rechte/rechtsextreme Jugendliche Ende 1992 in Magdeburg in einem 6ffentlichen Verkehrsmittel zwei 15j~ihrige an. Eines der Opfer musste schwer verletzt im Krankenhaus behandelt werden. Die Mitfahrenden griffen nicht ein. ~46 Gleiches geschah im Jahr 1993 in Halle, als rund zehn rechte/rechtsextreme Jugendliche eine Gruppe von Behinderten an einer Bushaltestelle verprtigelten. Die Schl~ige wurden im Bus fortgesetzt, keiner der Fahrg~iste half den Opfern. 147 1995 tiberfielen in Magdeburg zwei Skinheads in der Stral3enbahn eine Gruppe von Behinderten. Im Anschluss an die Tat prtifte die Polizei, ob sich die anderen Fahrg~isten der unterlassenen Hilfeleisttmg schuldig gemacht h~itten. 148 0berregionales Aufsehen erregte 1998 ein Fall von Hilfeverweigerung in Halle-Neustadt. Dort jagte eine Gruppe Rechter~echtsextremer einen Mosambikaner durch den Stadtteil, schlug ihn brutal mit Baseballschl~igem zusammen und verletzte ihn mit einem Messer schwer im Kopfbereich. Trotz einer mehrsttindigen Operation im Krankenhaus konnte ein Auge des Mannes nicht gerettet werden. Der Mann bat w~ihrend seiner Flucht vor den Angreifem eine Gruppe Passantlnnen erfolglos um Hilfe. Statt Untersttitzung bekam er von einem Passanten eine Faust ins Gesicht. Bis er sich wieder aufgerappelt hare, hatten ihn seine Verfolger eingeholt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen die T~iter ermittelte die Polizei wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Augenzeuglnnen der Tat. 149 ~Mmliches passierte in Cott~45 Vgl. Selkens/Wilde: Rechtsextremistische Straftaten .... S. 31, unter http://www.linkeseite.de/ Texte/pdf/schattenbericht.pdf, ges. 22.07.2002. 146N.N.: StfidteberichtMagdeburg November/Dezember 1992, Flugschrift, Magdeburg 1993. ~47N.N.: Auch Durchschnittsbt~rgergrenzen Behinderte aus, in Frankfurter Rundschau 06.05.1993. 148N.N.: Ermittlungen gegen unt~itige Zeugen geprOft, in: Frankfurter Rundschau 12.08.1995; N.N.: Emp6rung iiber Skinheadangriffauf Behinderte, in: Neues Deutschland 12.08.1995. ~49Einer der T~iter wurde zu viereinhalb Jahren Haftstrafe verurteilt, vier weitere zu Bewtihrungsstrafen. Dem Opfer wurde ein Schmerzensgeld von 50.0000 DM zugesprochen. Vgl. N.N.: Biarger ignorierten die Hilferufe des Gejagten, in: Frankfurter Rundschau 04.09.1998; Reimer, Nick: Skinsjagen Afrikaner: ,,Ich bin um mein Leben gelaufen, in: taz 04.09.1998; N.N.: Rassistische Gewalttat in Halle aufgekl~trt, in Frankfurter Rundschau 15.09.1998; Ostermann, Dietmar: Statt Hilfe bekam der verfolgte Afrikaner eine Faust ins Gesicht, in: Frankfurter
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bus, als drei Personen eine Frau aus Togo in der vollbesetzten StraBenbahn als ,,ScheiBNeger" beschimpften und drohten, ihr Baby aus dem Fenster zu werfen. Als sich die Frau scht~tzend fiber ihr sechs Monate altes Kind beugte, bekam sie einen Faustschlag ins Gesicht. Keine(r) der MitfahrerInnen schritt ein, keine(r) versuchte die M~inner aufzuhalten, als sie die Tram verliegen. Das Opfer selbst verfolgte die T~iter und benachrichtigte die Polizei. 15~ Keine(r) der Befragten berichtete far den Zeitraum ab Ende der 1990er Jahre von einer offenen Legitimation oder unverdeckten Sympathiekundgebungen seitens unbeteiligter Dritter gegent~ber rechts(extrem) motivierten Gewalthandelns, jedoch wurden nur wenige Angaben tiber couragiertes Eingreifen bei Zeugenschaft eines solchen Angriffs gemacht. So half bei einem ngchtlichen 121berfall durch mutmaf31iche Rechtsextremisten auf einen Interviewparmer in seiner Wohnung ein Nachbar, die Angreifer zu vertreiben. Andere HausbewohnerInnen gaben am folgenden Tag zwar zu erkennen, dass sie ,,Lfirm" geh6rt hgtten, sahen aber keinen Grund, dessen Ursache nachzugehen oder die Polizei zu benachrichtigen.
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,,Man hatte am Tag nur gesagt, man hat zwar was geh6rt, aber wusste nicht, was los ist. Ein Biirger hat den Krach geh6rt, ein junger Mann, der ist direkt runter gekommen, hat die T~iter denn auch mit in die Flucht geschlagen. Also aktive Unterstiitzung. ,,15J
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l~erwiegend wurde auf eine passive Haltung der unbeteiligten Dritten hingewiesen. Sie werden in der Regel als ,,non-helping Bystander", also nicht-helfende ZuschauerInnen, wahrgenommen, da sie bei Vorfgllen wegsehen und/oder weggehen w~rden: ,,Meist ist es so, wenn das dann los geht, dann drehen die Leute sich schon weg und gehen nach dem Motto: 'Es geht mich nicht an, ich will nichts sehen' und gehen. ,,152
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Auch bei gr6geren Menschenansammlungen, zum Beispiel bei Stadtfesten oder in Diskotheken, die wegen der Anzahl der BesucherInnen eine h6here Wahrscheinlichkeit von Aktivit~ten unbeteiligter Dritter hgtten vermuten lassen, stellten Interviewte keine Verbesserung der Eingriffsquote fest. PassantInnen h~itten, ,,wenn was war, (...) auch bloj3 rumgestanden und zugeguckt. Also real, irgendwie mal erlebt, dass mal einer zugegriffen hat, beim R u m m e l oder so, wenn sie einen vermobbt haben, habe ich nie mitgekriegt. ''153
Rechtsextreme Interviewparmer berichteten ghnliches. Er habe niemals berichtet bekommen, so einer, dass PassantInnen ,,bei irgendwas real richtig so dermaflen dazwischen gegangen sind, dass irgendetwas dadurch abgebrochen wurde, irgendeine Aktion oder verhindert wurde (...)" und auch pers6nlich habe er es nie erlebt, ,,dass da irgendwelche Passanten oder irgendjemand der rumstand, gesagt hat." 'Ey hOrt jetzt sofort a u f damit.' Und: 'Ich r u f die Polizei' oder so was. ''154 Ein anderer kann sich nicht an aktives Eingreifen Rundschau 23.03.1999; N.N.: ,,Ft~rDealer gehalten", in: taz 29.02.2000; Reimer, Nick: Rechte Schlfiger dt~rfen sich in Halle bewfihren, in: taz 01.03.2000. 15oRost, Susanne: Stragenbahnf'ahrtElinam D. nun nicht mehr, in: Berlmer Zeitung 10.08.1999.
15~Unbeteiligte Dritte, Int. 1, Pos. 141 (Opfer). 152Unbeteiligte Dritte, Int. 2, Pos. 246 (Soz.). 153Unbeteiligte Dritte, Int. 3, Pos. 122 (Opfer). ~54Unbeteiligte Dritte, Int. 4, Pos. 197 (Rechtsextremist); vgl. Unbeteiligte Dritte, Int. 5, Pos. 36 (NGO).
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unbeteiligter Dritter in 6ffentlichen Verkehrsmitteln erinnem, wenn te/rechtsextreme Gesellungen eine Auseinandersetzung vom Zaun brachen:
dort
rech-
,, Und da sind die [die Rechten] immer durch die Stadtmitte gefahren, mit den Straflenbahnen, genau hier. (...) Der ganze Mob rein, ein ganzer Waggon voll sind die gefahren und dann sind se abends wieder zuriick oder so und dann gab es immer /[rger. Und da hab ich zum Beispiel nie erlebt, also in der Stra(flenbahn), also dass da irgendwelche, (~h, dih, privaten oder (...) Passanten dort irgendwie was, ~ih, helfend eingegriffen h~itten oder was gesagt hLitten. Also die waren froh, wenn die ihre Ruhe haben. (...) Aber auf jeden Fall hab ich nicht erlebt, dass einer hingegangen ist und: 'Hier Jungs, h6rt auf' oder so. ,,155
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Oftmals steht hinter der Passivit~it von unbeteiligten Dritten die Sorge um ihre eigene k6rperliche Unversehrtheit. BtirgerInnen mischen sich , , w h o n alleine aus Angst, selbst verletzt zu werden" nicht ein. ,,Grad bei SchlO'gereien oder A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n " haben ,,~ich die Biirger dann auch eigentlich zur~ckgezogen (...) u n d w e g g e g u c k t (...).,,156 Angeh6rigen rechter/rechtsextremer Gesellungen ist durchaus bewusst, dass sie durch ihre Pr~isenz Angst und Beklemmung bei anderen verursachen und sie gehen stillschweigend davon aus, dass ein geballtes Auftreten einschtichternd wirkt:
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,,Also die [PassantInnen] waren froh, wenn die ihre Ruhe haben. Kann man auch .... ich muss mal ganz ehrlich sagen, kann ich auch verstehen. Also wenn ich den Mob sehe da, der, die da [in 6ffentlichen Verkehrsmitteln] immer fahren. Ich meine, die kannten mich ja alle: (...) Selbst wenn ich dort, sag ich mal, mit einem Neger rein gekommen wdre, da wdre dem Neger auch nichts passiert. Abet wenn ich die nicht kennen wiirde, diesen ganzen Mob da drinne, ich w~ire alleine oder mit meiner Freundin unterwegs und die wiirden dort einen, einen Asiaten oder so angreifen oder so. Wiird" ichja auch nicht ... was willste denn so da machen? ,,157
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,~ngste um die eigene Unversehrtheit und Befiirchmngen, durch aktiven Beistand ins Visier rechter/rechtsextremer Akteure zu gelangen, n~ihren sich neben den eigenen auch durch medial vermittelte Erfahrungen von helfenden, unbeteiligten Dritten, die w~ihrend oder nach ihrem Eingreifen k6rperlich angegangen oder bedroht wurden. Berichte tiber verletzte Bystander fanden sich in allen Untersuchungsregionen. In Halle schlugen vier Rechtsextremisten einen 17jghrigen Schtiler mehrmals mit der Faust ins Gesicht, nachdem er sich schtitzend vor eine Gruppe US-Amerikaner gestellt hatte. Diese wurden zuvor von vier rechten/rechtsextremen Jugendlichen mit auslgnderfeindlichen Parolen beschimptt und mit einem Messer bedroht. 158 Das verbale und k6rperliche Eingreifen gegen rechtsextremes Agieren ist-soweit es sich aus den Interviews und aus Presseberichten rekonstruieren lieg - manchmal mit einem hohen Preis fiir die Handelnden verbunden. Einen 42jNu'igen Mann, der sich in Halle das Randalieren betrunkener rechter/rechtsextremer Skinheads in der Stra13enbahn verbeten hatte, schmiss einer der Gruppe zugeh6render T~iter kurzerhand aus der ~55UnbeteiligteDritte, Int. 6, Pos. 335-337, 340 (Rechtsextremist). 156UnbeteiligteDritte, Int. 7, Pos. 103 (Opfer). ~57UnbeteiligteDritte, Int. 6, Pos. 337, 338 (Rechtsextremist). ~58N.N.: Rechtsextreme. 17jfihrigerstellte sich vor bedrohte Ausl~inder, in: Frankfurter Rundschau 06.04.1998.
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fahrenden Bahn. Das Opfer erlitt eine Trfimmerfraktur, war 14 Monate arbeitsunf~ihig und konnte wegen der Sp~itfolgen seinen Beruf nicht mehr ausfiben. 159 Statistiken fiber die Anzahl der bei rech14.03.2004: Magdeburg: Ein 22jrhriger Ttirke wird gegen 14.10 Uhr in einer ten/rechtsextremen Randalierens oder GewalthanStraBenbahn der Linie 8 im Beisein delns verletzten, eingreifenden Dritten lieBen sich seiner deutschen Ehefrau von drei Neonicht auffinden. Ebenso ist wenig bekannt darfiber, nazis rassistisch beschimpft. In der Folge ob und wenn ja zu welchem Anteil ein verbales versucht einer der Triter, der Frau ins oder k6rperliches Einstehen im Sinne des OpferGesicht zu schlagen. Ihren Ehemann schutzes rechte/rechtsextreme Angreiferlnnen dazu treffen Schlrge und Tritte. Erst jetzt mischen sich andere Fahrgrste ein. Die veranlasst hat, ihre Tat abzubrechen. Im Verzeichvon einem Fahrgast informierte Polizei nis der Preistr~igerlnnen des seit 1994 allj~ihrlich kann den Haupttrter vor Ort verhaften. vom ,,Bfindnis der Vemunft gegen Gewalt und Der t0rkische Mann muss im KrankenAusl~inderfeindlichkeit" an Menschen aus Berlin haus behandelt werden. 16~ und Brandenburg verteilten ,,Band far Mut und Verst~indigung", sind u.a. Personen aufge~hrt, die durch ihr Eingreifen Mitbfirgerlnnen vor ausl~inderfeindlichen StraRaten beschfitzt haben. Einigen der helfenden Dritten gelang es durch ihre Intervention das Gewalthandeln zu stoppen, andere wiederum waren im Anschluss an ihr couragiertes Handelns massiven Gewaltt~itigkeiten ausgesetzt. 161 Eingreifende Personen, die den Opfem pers6nlich zur Seite stehen, werden nicht selten damit konfrontiert, dass sie mit ihrer Absicht, Schlimmes zu verhindem, von anderen unbeteiligten Dritten alleine gelassen werden. Trotz massiver k6rperlicher Angriffe auf Opfer und helfende Bystander verlassen manche Zeuglnnen den Tatort oder schauen gar interessiert dem Geschehen zu. Bei einem rechts(extrem) motivierten Angriff auf einen Mann aus dem Tschad vor einer Diskothek in Halle griff einzig eine Besucherin ein. Ein halbes Dutzend Rechter/Rechtsextremer prOgelten den Mann vor aller Augen zusammen und traten auf seinen K o p f ein. Sie berichtete sp~iter, dass insgesamt etwa 20 bis 30 G~iste und Angestellte der Diskothek anwesend waren: ,,Keiner hat sich getraut. Es waren teilweise Leute im Gebrude, damit sie das Ganze nicht mit anschauen mussten, und dann andere eben, die mit Sicherheitsabstand drauBen standen." Die junge Frau wurde nach einem verbalen Interventionsversuch von den Angreifern festgehalten und ebenfalls geschlagen: ,,Ich wurde in der Zeit auch festgehalten, so dass ich auch nicht weiter hingehen konnte. Ich habe mich dann aber losgerissen, versucht, mich doch irgendwie hineinzuschlingeln. Das ging fast gut. Dann habe ich selber etwas abgekriegt, ich bin nach hinten gefallen. ''~62 159 Korall, Harald: Brutal ins Gesicht getreten, aus der StraBenbahn geworfen, in: Mitteldeutsche Zeitung 11.10.1991; N.N.: Zwei Jahre Haft far Skin, in: Mitteldeutsche Zeitung 11.10.1991. 16o Vgl. N.N: Chronologie Mobile Opferberatung Sachsen-Anhalt, unter http://www.mobileopferberatung.de/index.php?lnk=8&sbl=9, ges. 18.09.2004. Quelle: Polizeidirektion Magdeburg 15.03.2004 und Anlaufstelle Mitte der Mobilen Opferberatung Sachsen-Anhalt. 161 Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg: ,,Band f~r Mut und Verst~indigung" 2006 zum 13. Mal verliehen, unter: http://www.respekt.dgb.de/article/articleview/917/1/48/, ges. 21.11.2006. 162Zitiert nach N.N.: ,,Keiner hat sich getraut". Bericht der Frau, die dem Opfer in Halle half, in: Frankfurter Rundschau 27.05.1994.
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Hart angegangen wurde auch ein Familienvater aus der Region Guben. Er mischte sich im Herbst 2003 mit den Worten ,,K6nnt ihr die Leute nicht in Ruhe lassen" ein, als eine Gruppe junger Rechter/Rechtsextremisten ein dunkelh~iutiges Paar in einem 6ffentlichen Verkehrsmittel beschimpfte und beleidigte. Daraufhin richteten sich die Aggressionen gegen ihn und drei M~inner aus der Gruppe traktierten ihn mit Faustschl~igen und Kopfst6gen. Einer trat ihm ins Gesicht. Aus dem Kreis der Mitfahrerlnnen signalisiert lediglich der dunkelh~iutige Mann Hilfsbereitschaft und bat den Fahrzeugftihrer, die Polizei zu informieren. Bei Erreichen der n~ichsten Haltestelle wartete bereits die informierte Polizei. Der Schaffner 6ffnete die Ttiren und neben den meisten Fahrg~isten stiegen auch die T~iter aus. Sie entkamen unerkannt. Auger einem Fahrgast, der auf der Suche nach den T~item mit der Polizei umherfuhr, um die T~iter m6glicherweise identifizieren zu k6nnen, meldeten sich keine weiteren ZeugInnen des Angriffs. Erst als die 6rtliche Zeimng und ein regionaler Femsehsender, der eine Belohnung far Hinweise zur Ergreifung der T~iter auslobte, Zeuglnnen aufforderten, sich zu melden, konnten drei der T~iter festgenommen werden. ~63 Ein weiteres Motiv des Nicht-Eingreifens sind Be~rchtungen, nach einer Zeugenaussage mit Bedrohungen seitens der rechten/rechtsextremen Szene rechnen zu mtissen. Interviewte Polizeibeamte konstatierten, dass sich bei Straftaten, die von rechten/rechtsextremen Akteuren begangen werden, nur wenige ZeugInnen melden. ,,Da will m a n eben nichts gesehen haben, man guckt weg. ''164 Insbesondere bei Kt~rperverletzungen sei die Zeugenlage dtinn. Bei derartigen Angriffen, ,,da meldet man sich beim Rechten nicht, a b e t wenn irgendein anderer sich prtigeln warde, da warde man sich melden. ''165 Vor allem wenn der oder die T~iter aus dem nahen Wohnumfeld der ZeugInnen kommen und man sich im Alltag treffen k6nnten oder wenn T~iter und Zeuglnnen miteinander bekannt sind, sinkt die Bereitschaft, eine Aussage zu machen.
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,, Wenn man zum Beispiel aus der gleichen Schule kommt, oder in der gleichen Institution seine Ausbildung macht, da kann man denn schon erkennen, dass dort die Zeugen ziemlich zuriickhaltend sind. ,,166
Polizeibeamte verzeichneten:
,,dass die Leute dann sagen: 'Also damit mOchte ich jetzt hier nichts zu tun haben. Den kenn ich, der wohnt bei mir in der Ndihe, da gibt es immer Stunk, das sind ein Haufen Leute und bevor ich da welche drauf kriege, sag ich lieber nichts. ' ,,167
Manche unbeteiligten Dritte, die sich in Bedrohungs- oder Angriffssimationen auf die Seite der Opfer stellten, machten bei pers6nlicher Bekanntschaft mit den Angreifem die Erfahrung, dass sie durch ihr couragiertes Verhalten ins Blickfeld rechter/rechtsextremer Akteure 163Der Fernsehsender lobte Nr Zeuglnnen, deren Hinweise zum Ergreifen der T~iter fiahrten eine Belohnung in HOhe yon 500 Euro aus. Vgl. unter http://www.berlin-brandenburg.dgb.de/article/articleprint/1958/-1/48/, ges. 04.10.2004. 164Unbeteiligte Dritte, Int. 8, Pos. 95 (Pol.). 165Unbeteiligte Dritte, Int. 8, Pos. 99 (Pol.). 166Unbeteiligte Dritte, Int. 9, Pos. 113 (Pol.). 167Unbeteiligte Dritte, Int. 10, Pos. 88 (Pol.); vgl. ders. Pos. 86; Unbeteiligte Dritte, Int. 8, Pos. 97 (Pol.).
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gerieten. In tiberschaubaren Kleinst~idten oder Stadtvierteln mussten bei Schl~igereien zwischen linken und rechten/rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen die zu Gunsten linker Jugendlicher aktiv Eingreifenden darauf gefasst sein, Tage sp~iter ebenfalls angegangen zu werden. ,,Also wer sich da mit uns zusammen hingestellt hat, war der niichste. Irgendwann mal dranne. Des haben die [Rechten] sich halt richtig gemerkt (...). Die Leute, die zur Schule gegangen sind, haben's am ndichsten Tag in der Schule verpasst gekriegt, a u f dem Pausenhof ,,]68
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Sowohl Betroffene als auch die befragten Mitarbeiterlnnen zivilgesellschaftlicher Gruppen, Sicherheitskr~itte und Sozialarbeiterlnnen nahmen unbeteiligte Dritte kaum als Untersttitzerlnnen in bedrohlichen Situationen wahr. Deren Nicht-Verhalten wird von den Opfem als praktische Entsolidarisiemng und als Ausschluss aus der Mehrheitsbev61kerung interpretiert, da nicht auf die Verletzung ihrer k6rperlichen oder psychischen Unversehrtheit reagiert wird. Die Unt~itigkeit unbeteiligter Dritter in Gefahrensimationen begtinstigt auch ungewollt das Handeln raumbeanspruchender Gruppen, da sie das Gewalthandeln (scheinbar) legitimiert und dadurch die Interaktions- und Wahrnehmungsprozesse ver~indert. 169 Ausl~inderfeindliche Ereignisse, seien es Gewalttaten, seien es rassistische P6beleien, weisen zus~itzlich zu vorhandenen ausl~inderrechtlichen Einschr~inkungen auf einen Statusunterschied hin. ,,Durch ausl~inderfeindliche Ereignisse wird die inferiore Stellung der Gruppe der Ausl~inderlnnen im Vergleich zur Gruppe der Deutschen salient gemacht. Das heigt, bestehende Statusunterschiede zwischen sozialen Gruppen werden hervorgehoben und verst~irkt. ''17~ Die erlittene Gewalt bedeutet auch eine radikale Vereinzelungserfahrung far das Opfer, die sich dort potenziert, ,,wo die Gewalt der Logik rassistischer Klassifikation f o l g t - wo das Gewalthandeln den Ausschluss aus der Gemeinschaft exekutieren soll. ''171 Far Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt haben Angriffe, bei denen Zeuglnnen unt~itig blieben, indem sie weder versuchen, schlichtend einzugreifen noch Hilfestellungen leisteten, eine besondere Traumatisierung zur Folge. Das Nicht-Eingreifen Dritter fOrdert und verst~irkt Verunsicherungen und Vertrauensverluste. ~72
Unbeteiligte Dritte, Int. 11, Pos. 267 (Opfer). 169Vgl. Imbusch, Peter: Gewalt- Stochem in unabersichtlichem Gel~nde, in: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Institutsfiir Sozialforschung, Nr. 9 (2000), Hamburg 2000, S. 24-40, hier S. 31. 170Hemmati, Minu/Paul, Markus/Wintermantel, Magret: Wie wirken ausl~inderfeindliche Ereignisse auf die Betroffenen?, in: Dollase, Rainer/Kliche, Thomas/Moser, Helmut (Hg.): Politische Psychologie der Fremdenfeindlichkeit, Weinheim/Mianchen 1999, S. 19-36, hier S. 25. ~TZLynen von Berg, Heinz/Palloks, Kerstin/Steil, Armin: Pfidagogische Handlungsansfitze und zivilgesellschaftliches Engagement im kommunalen Raum. Kontextanalysen von Projekten zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Rahmen des CIVITAS-Programm,Berlin 2004, S. 254. ~72Vgl. Schwind, Hans-Dieter: Aktivitfiten der Gewaltprfivention in der Schule, in: Kerner, Hans-Jt~rgen/Marks, Erich (Hg.): Internetdokumentation Deutscher Prfiventionstag, Hannover 2004, unter http://www.praeventionstag.de/content/9_praev/doku/schwind/index 9 schwind.html, S. 2; ges. 17.03.2005; Wendel: Opfererfahrungen von Migranten .... in: Journalfiir Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 70-87, hier S. 76. Wendel bezieht sich hier insbesondere auf auslfindische oder dunkelh~utige Opfer. Die Ergebnisse der Auswertung der Interviews in der vorliegenden Untersuchung erlauben eine Verallgemeinerung. 168
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Betroffene gaben an, dass sie durch das Nicht-Eingreifen Dritter starken Hilflosigkeitsgeffihlen ausgesetzt waren:
,,Diese Ohnmacht, class die Leute das nicht sehen und verstehen. Alle wissen, was da abli~ufi. ,,173
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Zudem seien sie ,,allgemein misstrauischer ''I74 geworden und einer st~indigen Anspannung ausgesetzt. Verunsicherung und die Furcht, Opfer einer Gewaltstraftat zu werden, ist allgegenw~irtig und es wird damit gerechnet, dass ein Angriff ,,hinterjeder Ecke passieren kann. Weil die f~berall lauern k6nnen. ''175 Eine junge Frau aus der Alternativszene berichtete, dass sie durch ,,eine andauernde Bedrohungssituation" einer st~indigen Gef~ihrdung ausgesetzt sei. Sie mtisse ,,bei allen Aufenthalten im Stadtgebiet an Risikominimierung denken. ''176 Aus einer Unt~itigkeit unbeteiligter Dritter bei Zeugenschaft eines rechts(extrem) motivierten Angriffs kann dennoch nicht zwingend geschlossen werden, dass rechts(extrem) motivierte Gewaltt~itigkeiten einer h6heren Akzeptanz seitens potenzieller Helferlnnen unterliegt als andere gewaltft~rmige Straftaten. Fehlende Hilfestellungen in bedrohlichen S ituationen beklagen viele Gewaltopfer: ,,Da gehen hunderte von Leuten vorbei; kann man sagen: 'Bitte helfen Sie uns', dann gucken die und gehen weiter, da bleibt keiner bei uns stehen", beschreibt ein Bremer Schtiler in einem Gespr~ich tiber Gewalterfahrung Jugendlicher seine Erfahrungen mit unbeteiligten Dritten. ~77 Schwind u.a. belegen in ihrer Publikation ,,Alle gaffen...keiner hilft" beispielreich das Ph~inomen des Wegsehen oder-h6ren bei Zeugenschaft gewaltf'6rmiger Taten. 178 Sic weisen zwar darauf hin, dass Opfermerkmale wie Geschlecht, Hautfarbe, Nationalit~it oder soziale Klassifizierungen (,,Penner"), also die durch die Zuschauenden vorgenommenen Zuschreibungen, Einfluss auf die Bereitschaft zur Hilfeleistung haben k0nnen und eine tendenziell gr6Bere Bereitschaft zur Hilfe innerhalb der Eigengruppe festgestellt werden kann (Bezugsgruppen-AJanlichkeits-Hypothese). Innerhalb der Forschung gibt es hierzu jedoch keine einheitlichen Befunde. 179 Die wenigen empirischen Untersuchungen, die sich mit helfenden und nicht-helfenden ZuschauerInnen im Kontext rechts(extrem) motivierter Angriffe besch~iftigen, befassen sich mit fremdenfeindlich motivierten Straftaten. Eine Studie des Instituts ftir praxisorientierte Sozialforschung, die im Rahmen ihrer Untersuchung ,,Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland" Personen im Alter von 14 bis 27 Jahren nach ihrem pers6nlichen Verhalten bei ljbergriffen auf AuslanderInnen befragte, stiegt seit 1993 der Anteil derjenigen, die
Unbeteiligte Dritte, Int. 11, Pos. 271 (Opfer). 174Folgen fiir Opfer, Int. 3, Pos. 89. ~75Unbeteiligte Dritte, Int. 12, Pos. 281 (Opfer). 176Unbeteiligte Dritte, Int. 13, Pos. 53, 169 (Opfer). 177Haack-Wegner: ,,Das ist eine Frage der Einschfitzung", in: dies./Leith~user/Exner/Schorn/Vring(Hg.): Gewalt und Sicherheit im 0ffentlichen Raum .... Giegen 2002, S. 117-139,hier S. 128. ~78Vgl. Schwind, Hans-Dieter/Gielen, Birgit/Gretenkordt, Martin/Roitsch, Karin: Alle gaffen...keiner hilft. Unterlassene Hilfeleistung bei Unf~llen und Straftaten, Heidelberg 1998. 179Vgl. Schwind/Gielen/Gretenkordt/Roitsch: Alle gaffen.... Heidelberg 1998, hier S. 61-67. Ob und inwiefern unbeteiligte Dritte bei Angriffen auf andere reagieren, hfingt u.a. vom Ort des Geschehens, vonder Uhrzeit und von der Gefahrlichkeit der Situation ab. In US-amerikanischen Studien wurde z.B. festgestellt, dass die Hautfarbe des Opfers eine Rolle spielen kann, aber auch Genderaspekte. So konnte das Ph~nomen beobachtet werden, dass weiBe Mfinnereher dunkelh~iutigenFrauen helfen als dunkelhtiutigenMtinnem. 173
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kundtaten, den Opfern Hilfestellung leisten zu wollen. W~ihrend in den alten Bundesl~indern 1993 nur 49 Prozent der Befragten und 60 Prozent Ende 2002 (1995:53 Prozent; 1999:57 Prozent) angaben, sie wiirden gegebenenfalls aktiv einschreiten und helfen, fielen die Zuwachsraten in Ostdeutschland deutlich h6her aus. In den neuen Bundesl~indem waren es 1993 nur 21 Prozent, Ende 2002 hingegen 51 Prozent der Befragten (1995:24 Prozent; 1999:38 Prozent), die angaben, gegebenenfalls aktiv einschxeiten und helfen zu wollen. Im Osten wie im Westen zeigten sich zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene wenig couragiert, bisweilen voyeuristisch. M6glichst schnell den Ort des Geschehens verlassen, ohne zuvor Sicherheitsorgane informiert zu haben, wOrden im Westen sechs Prozent und im Osten neun Prozent der Befragten. Sowohl in den alten wie in den neuen Bundesl~indem gaben vier Prozent der Probanden an, sie wtirden einem Angriff zusehen, sich aber in keiner Form einmischen. Geschlechtsspezifische Unterschiede waren hierbei nicht zu erkennen. ~80 Es stellte sich die Frage nach zivilcouragiertem Handeln in S ituationen, in denen unbeteiligte Dritte oder Zuschauerlnnen die M6glichkeit gehabt h~itten, ,,freiwillig, sichtbar und aktiv fi~r allgemeine humane und demokratische Werte, ftir die legitimen Interessen vor allem anderer Menschen (aber sekund~ir auch ftir die eigenen) einzutreten ''~81, also sozial mutig zu handeln. Wer mit Zivilcourage handelt, setzt sich ftir grundlegende humane Werte wie Grund- und Menschenrechte ein. Zivilcourage stellt ein wertorientiertes Handeln dar und ist eine besondere Form 6ffentlichen Muts. ~82 Simationen, in denen Optionen zu zivilcouragiertem Agieren existieren, sind nach Hermann und Mayer charakterisierbar durch ,,ein Geschehen, das das subjektive Wert- oder Gerechtigkeitsempfinden einer Person verletzt" und ,,einen daraus resultierenden Konflikt mit anderen." Weitere Elemente zivilcouragierten Handelns sind ,,Offentlichkeit (Anwesenheit von mehr als zwei Personen)", sowie ,,Handlungsdruck, aber auch Handlungsspielraum" und ,,ein reales oder subjektiv wahrgenommenes Machtungleichgewicht" zuungunsten derjenigen, die mutig handeln wollen. Zudem ist das Eingreifen zugunsten Dritter mit Risiken behaftet, das heiBt, ,,der Erfolg zivilcouragierten Handelns ist unsicher u n d e s sind eher Nachteile zu erwarten. ''~83 Die Forschung zu Zivilcourage und den Bedingungen ftir zivilcouragiertes Handeln steckt noch in den Anf~ingen. Es kann jedoch gesagt werden" ,,Wer mit Zivilcourage handelt (oder dies beabsichtigt), ist grunds~itzlich bereit, kurz- oder langfristig wirksame Nachteile in Kauf zu nehmen. Diese Bereitschaft ist umso gr6fSer, je weniger Nachteile zu beftirchten sind bzw. t8o Vgl.~Institut ~r praxisorientierte Sozialforschung (ipos) (Hg.): Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland. Ergebnisse einer repr~isentativen Bev61kerungsumfrage,Mannheim 2003, hier S. 92-96. Personen, die angaben, aktiv Hilfe leisten zu wollen, konnten auch angeben, die Polizei rufen zu wollen. In Westdeutschland wt~rden 62 Prozent der Befragten die Polizei informieren, (1993:70 Prozent; 1995:63 Prozent; 1999:58 Prozent), in Ostdeutschland waren es 68 Prozent (1993:67 Prozent, 1995:73 Prozent; 1999:64 Prozent). Der Anteil der m~nnlichen Befragten, die sich zur Unterstiatzung des Opfers persOnlich einsetzen wtirden, lag dabei h6her als der Anteil der weiblichen Probanden. Frauen wollen dagegen ihren Beitrag zugunsten des Opfers eher durch ein Herbeirufen der Polizei leisten. ~8~Hermann, Angela/Meyer, Gerd: Zivilcourage im Alltag. Ergebnisse einer empirischen Studie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7-8/2000, Bonn, 2000, S. 3-13, hier S. 4. 182Vgl. Meyer, Gerd: Was heiBt mit Zivilcourage handeln?, in: ders./Dovermann, Ulrich/Frech, Siegfried/Gugel, Gianther (Hg.): Zivilcourage lemen. Analysen - Modelle - Arbeitshilfen, Bonn 2004, S. 22-41, hier S. 23, 27, Schaubild Seite 35. 183Hermann/Meyer: Zivilcourage im Alltag .... in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7-8/2000, Bonn 2000, S. 313, alle Zitate S. 4.
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je mehr m6gliche Vorteile tiberwiegen. ''184 Ein anderer Aspekt ist das Selbstbild der Handelnden. Geh6rt es zum Selbstbild, sich mutig zu wehren, gegen Diskriminierungen vorzugehen oder far bestimmte Werte einzutreten, wird indirekt zivilcouragiertes Handeln gef6rdert und erleichtert. Das Risiko einer Verletzmng der eigenen kt~rperlichen Unversehrtheit hemmt zivilcouragiertes Handeln. Dass ein Reagieren auf rechts(extrem) motiviertes Handeln kein Leichtes ist und ein beherztes sich-verwahren gegen menschenverachtende, aggressiv vorgetragene Losungen nicht immer und an jedem Ort m6glich ist, musste in einem der Untersuchungsorte am Vorfeld eines von Rechtsextremisten angektindigten Aufmarsches festgestellt werden. Obwohl immer wieder in rechtsextremen Publikationen zu lesen ist, dass der ,,Nationale Widerstand" nicht mit Brandsatzen und Gewalt, sondern mit politischen Inhalten k~impfe und die Waffe des ,,Nationalen Widerstand" ausschlieNich in einem ,,freien Geist" und dem freien Wort bestiande, 185 hatte es sich nicht bis in die Fugtmppen hinein herumgesprochen, dass die rechte/rechtsextreme Szene gewaltabstinent sein solle. Wohl in Einstimmung auf den kommenden Tag skandierte am frtihen Abend einer von drei sich an einer abgelegenen Haltestelle aufhaltenden, circa 22j~ihrigen M~innem: ,,Morgen marschiert der nationale Widerstand". Es folgten mehrmalige Rufe von ,,Zecke verrecke", ,,Zecken klatschen! - Ich nehm ne Baseballkeule mit auf die Demo und ne Knarre" und ,,Adolf Hitler, unser Ftihrer". Nachdem die Autorin, ketterauchend und schweigend, direkt neben den jungen M~innem auf einer Bank sitzend, das Spektakel eine Weile verfolgt hatte, verliel3 sie ihren Platz, um aus der unmittelbaren Reichweite der Burschen zu kommen. Trotz eines zurtickgelegten Weges von rund 25 Metem h6rte sie direkt hinter sich sagen: ,,Wer war das, kanntest du die?" Sich verwundert umdrehend, merkte sie, dass ihr zwei der drei gefolgt waren. Die beiden standen nur wenige Schritte entfemt. Eine Zurechtweisung mit einem flotten ,,Was wollt ihr denn? Haut ab" oder gar Hinweise auf eine Abneigung gegen Gewaltphantasien und ,,Ftihrer" erschien nicht oppormn. Der zu diesem Zeitpunkt einzige anwesende Passant, ein alter Mann, der w~ihrend des gesamten Vorfalls keine Mine verzogen hatte, schien ihr wenig geeignet, im Falle einer Simationseskalation Hilfestellung leisten zu k6nnen. Ein fluchtartig einzulegender Dreihundert-Meter-Spurt in belebteres Gebiet kam in Anbetracht eines konditionellen Formtiefs ebenfalls nicht in Frage. Um die Situation zu entkrampfen, versuchte die Autorin tunlichst, einen Eindruck von Schwerh6rigkeit und absolutem Desinteresse zu vermitteln und schlenderte mit einem ,,Ich bin gar nicht da"-Gesichtsausdruck bis zum Eintreffen des 6ffentlichen Verkehrsmittels hin und her. Schwind u.a. 186 weisen unter Berufimg auf diverse Untersuchungen darauf hin, dass das Unterlassen bzw. Nichttmterlassen von Hilfeleistungen bei Unf~illen und Straftaten/ahnlich wie bei zivilcouragiertem H a n d e l n - gmnds~itzlich bestimmten Bedingungen unter184Hermann/Meyer: Zivilcourage im Alltag ..., in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7-8/2000, Bonn 2000, S. 313, hier S. 9. Einen lJberblick t~berden Stand der interdisziplinfiren Forschung zu Zivilcourage gibt Meyer, Gerd: Zum Stand der Forschung, in: ders./Dovermann/Frech/Gugel(Hg.): Zivilcourage lernen .... Bonn 2004. S. 14-20; Meyer, Gerd: Lebendige Demokratie. Zivilcourage und Mut im Alltag. Forschungsergebnisse und Praxisperspektiven, Baden-Baden 2004. 18sVgl. N.N.: Demonstration des Nationalen Widerstandes Sachsen-Anhalt!, Aktionsbiiro Mitte - aktuell. Newsletter des Aktionsbiiro Mitte, Homepage Aktionsbiaro Mitte, unter http://wwwl5.brinkster.corn/aktionmitte/aktuelles.htm, ges. 03.08.2003. Im Dezember 2006 war die Homepage unter http://www.aktionmitte.de.vu/zu erreichen~ 186Vgl. Schwind/Gielen/Gretenkordt~oitsch:Alle gaffen.... Heidelberg 1998,hier S. 61-67.
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liegt. Ob, inwiefern und insbesondere inwieweit Zuschauerlnnen oder ,,Bystander" bzw. unbeteiligte Dritte Hilfe leisten, h~ingt von verschiedenen Faktoren ab. Neben situativen Einflussgr6Ben wie etwa Zeit und Ort des Geschehens sind vor allem personenspezifische Faktoren ftir das Handeln potenzieller Helfer von Bedeutung. Die situativen Faktoren tragen entscheidend dazu bei, ob und wie dem Opfer in Gewaltsituationen beigestanden wird. Zun~ichst muss das Opfer von den Zuschauem auch als solches wahrgenommen werden. Die unbeteiligten Dritten mtissen die Situation als ,,gef~ihrlich" interpretieren. Das AusmaB der Gefahr ftir die zugunsten des Opfers Handelnden kann allerdings auch die Chancen auf Hilfe verringern. Zu den ,,Kosten der Hilfe" z~ihlen neben der Gefahr der eigenen Verletzung, moralische Selbstvorwfirfe oder die Angst vor einer Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung. Grunds~itzlich gilt allerdings, dass unter derartigen Stressgeftihlen nur selten logische Abw~igungen stattfinden. ~87 Unter personenspezifischen Variablen werden neben der momentanen Stimmungslage der ZuschauerInnen vor allem gesellschafllich erlernte Normen und Werte oder sozial angeeignete Verhaltensmuster wie Empathie, Verantwortungsge~hl, Selbstbewusstsein und Handlungskompetenz in unsicheren Gruppensituationen gefasst. 188 Ein weiterer Faktor ist die Zusammensetzung, die Anzahl und das Verhalten der zuschauenden Gruppe. Wfihrend Einzelpersonen sowohl die Situationsdefinition als auch die Entscheidung zum intervenieren individuell bestimmen, birgt eine gr613ere Anzahl potenzieller Helferinnen und Helfer die Gefahr einer pluralistischen Ignoranz oder Verantwortungsdiffusion, was in einem ,,non helping bystander"-Effekt (,,Effekt des nicht helfenden Zuschauers") mtinden kann. Bevor nicht irgendjemand aktiv wird, sieht jede(r) Einzelne nur die anderen Passiven und verzichtet oflmals auf eine Intervention. Ein GeRihl der pers6nlichen Verantwortung kommt nicht auf und die Gefahr ist grol3, dass alle passiv bleiben. 189 Unter Berticksichtigung der situativen und personenspezifischen Einflussfaktoren k6nnen Strategien und Techniken des Eingreifens erlemt werden, die die Wahrscheinlichkeit eines Handelns zugunsten des Opfers erh6hen und Gefahren fiar helfende Dritte wie fi~r Opfer minimieren, ~9~etwa durch gezielte Appelle wie Hilferufe, Gesten oder eine direkte Ansprache (,,Sie mit der roten Jacke, rufen Sie doch mit ihrem Mobiltelefon die Polizei"), die andere Anwesende in eine Mitverantwortung integrieren. Wichtig ist die Kommunikation zwischen potenziellen HelferInnen, um Bewertungs~ingste und Kompetenzprobleme zu verringern. Aul3erdem bedarf es einer realistischen Einsch~itzung der eigenen F~ihigkeiten und in der Regel ist eine gewaltfreie Initiative angezeigt, und nur in Ausnahmef'~illen ein
187 Vgl. Schwind/Gielen/Gretenkordt/Roitsch: Alle gaffen .... Heidelberg 1998, hier S. 33ff. 188 Vgl. Kautz, Reinhard: Wie mutig muss der Mensch sein oder was muss er k0nnen, um sich und andere vor Gewalt im 0ffentlichen Raum schtitzen zu k0nnen, in: Berliner Forum GewaltprOvention, Nr. 12, Themenschwerpunkt: Kriminalit~itsopfer, Berlin 2003; S. 91-96. 189Vgl. Schwind/Gielen/Gretenkordt/Roitsch: Alle gaffen .... Heidelberg 1998 hier S. 19, 47, 53. ~9o Das Berliner Landeskriminalamt bietet unter der Federftihrung des Anti-Gewalt-Projektes der Berliner Polizei seit mehr als zehn Jahren ein Training ftir den Umgang mit Gewaltsituationen und den M0glichkeiten der Intervention an, vgl. Berliner Polizei, unter http://www.berlin.de/polizei/praevention/gewalt/anti_gewalt_projekt.html, ges. 02.02.2006.
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alleiniges Eingreifen in das Geschehen. Dementsprechend sind eher indirekte Hilfestellungen (Informieren der Polizei, Notruf, ZeugInnenaussagen) empfehlenswert. TM Dass Zivilcourage bzw. das Gew~ihren direkter und indirekter Hilfestellung erlernt werden kann, stellen einige kommunale Projekte unter Beweis. In Frankfurt am Main etwa arbeitet seit 1996 der sttidtische Prtiventionsrat mit der Informations- und Trainigskampagne ,,Gewalt-Sehen-Helfen" der weit verbreiteten ,,Unkultur des Wegschauens in Notlagen" entgegen. Mit nach eigenem Bekunden interessanten Erfolgen: Ein Test an 6ffentlichen Orten simulierte ,,Opfer-Ttiter-Zuschauer"-Situationen, bei denen jedes Mal unbeteiligte Dritte eingriffen. 192 Nicht zuletzt diese Erfolge ~ h r t e n dazu, dass seit Mtirz 2004 auch die Sttidte Chemnitz und Kassel die Kampagne ,,Gewalt-Sehen-Helfen" umsetzen. 193 In verschiedenen anderen Sttidten und Regionen wurden Handreichungen zum Urngang mit bedrohlichen Situationen erstellt. TM
2.2 Eingreifen aus dem Kreis der Opfergruppe
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Grundsgtzlich erh6ht G e w a l t - und dies umso mehr, je furchterregender die reale oder drohende Gewalt i s t - ftir unbeteiligte Dritte die Schwelle ftir mutiges Eingreifen. Wenn Fremde von Gewalt betroffen sind, die von Fremden ausgetibt wird, ist eine Intervention wenig wahrscheinlich. Die Angst vor Eigengef'~ihrdung spielt dabei eine immense Rolle. S ind jedoch Personen aus dem nahen Beziehungsumfeld oder dem Freundeskreis Ziel von Aggressionen, ist selbst eine massive Gewaltanwendung seitens der Triter selten ein Hindernis, den Opfern zur Seite zu stehen. Es existiert ein proportionales Verhtiltnis zwischen der pers6nlichen Bindung zum Opfer und der Bereitschaft, kOrperliche Verletzungen in K a u f zu nehmen. 195 Opfer rechts(extrem) motivierter Angriffe machen die Erfahrung, dass ihnen in Bedrohungs- oder Angriffsituationen anwesende Freunde und Freundinnen oder Gruppenmitglieder zur Seite stehen. In Halle kam es im Oktober 1998 zu einer Massenschltigerei, nachdem sich rund 15 deutsche Angreifer mit dem R u f ,,Ausltinder raus" auf
191 Vgl. Kautz, Reinhard: Wie mutig muss der Mensch sein .... in: Berliner Forum Gewaltprdtvention, Nr. 12, Themenschwerpunkt: Kriminalittitsopfer, Berlin 2003, S. 91-96; Schwind/Gielen/Gretenkordt/ Roitsch: Alle gaffen.... Heidelberg 1998, S. 175-177. 192 Vgl. Pr~ventionsrat der Stadt Frankfurt am Main: Gewalt-sehen-helfen, unter http://www.gewalt-sehenhelfen.de/index2.htm, ges. 20.02.2005; ders: Geschtiftsbericht 2003, Teil B, S. 8, unter http://www.gewalt-sehenhelfen.de/Geschaeftsbericht%202003,Teil%20B.pdf, ges. 20.02.2005. ~93Vgl. Stadt Chemnitz, Kriminalpraventiver Rat: Kampagne ,,Gewalt-Sehen-Helfen" und Kampagne gegen die ,,Unkultur des Wegschauens", unter http://www.chemnitz.de/de/buerger/buergeramt 8 2 12.htm und Stadt Kassel, Faltblatt, unter http://www.gewalt-sehen-helfen-kassel.de/pdf/flyerGewalt.pdf,beide ges. 10.03.2005. 194Vgl. Stadt Frankfurt am Main, Amt fiir multikulturelle Angelegenheiten (Hg.): Was tun bei Gewalt und Diskriminierung?; Frankfurt am Main 2004; SOS Rassismus Nordrhein-Westfalen: Wer Courage hat, soil es zeigen! Was ich, du und wir im Alltag gegen Gewalt und Rassismus tun kOnnen, unter http://www.sos-rassismusnrw.de/html/anitrassismusarbeit.html, ges. 20.07.2006; Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Abt. Verfassungsschutz (Hg.): Faltblatt: ZivilCOURAGE zeigen!, Dt~sseldorf2005; Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin und Arbeitsgemeinschaft Aktionsplan (Netzwerkstelle Moskito, Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus): 10 Punkte far Zivilcourage, Berlin, o.J.; Sozialreferat der Stadt Mt~nchen, unter http://www.muenchen.de/Rathaus/lhm_alt/mde/referat/sozial/solidaritaet/44291/solid3.html, ges. 20.03.2005. 195Vgl. Hermann/Meyer: Zivilcourage im Alltag .... in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7-8/2000, Bonn 2000, S. 3-13, hier S. 6, 11.
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vier Nepalesen stfirzten. Diesen kamen daraufhin circa 20 weitere Nepalesen zu Hilfe. 196 Menschen, die in Begleimng unterwegs sind, erhalten o f t m a l s - nicht i m m e r - Unterstfitzung aus diesem Kreis. Eine Interviewparmerin erinnerte sich an ein Geschehnis mit einem Angeht~rigen der rechten/rechtsextremen Szene, in das sie und drei Begleitpersonen verwickelt waren. ,,Dann ist ein Vorfall, ist mir mal passiert mit meinem damaligen Freund und noch zwei Bekannten, (...), class wit von einer Geburtstagsfeier nach Hause gekommen sind. (...) Und da auf einmal ein Auto anhielt, ein Typ, besoffen, aus X X [Name der Stadt], ausgestiegen ist mit seiner Freundin und der meinen Freund angriff und auch noch einen Bekannten von mir. Lind ich dann nicht wirklich was machen konnte, als zur Telefonzelle zu rennen und die Polizei zu rufen und das. Also die Schliigerei artete wirklich extrem aus. Ich hab da schon echt Angst gehabt. Und ich bin dann nachher zwischen gegangen und ich bin auch knapp einer Ohrfeige, glaube ich, davongekommen. ,,197
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Ein Befragter erz~ihlte, dass er zusammen mit Freunden und Freundinnen auf dem Weg zu einer Tanzveranstaltung in eine Auseinandersetzung mit Rechten/Rechtsextremen verwickelt wurde. Wfihrend eine weibliche Begleitperson um Hilfe schrie, mussten er und zwei andere sich gegen die Schl~ige der Angreifer wehren. 198 Die Erfahrung von Opfem, wfihrend eines Angriffs oder einer Belfistigung, von anwesenden FreundInnen Hilfestellung zu erhalten, wird im Alltagsverhalten berficksichtigt. Eine Strategie potenziell Betroffener und bereits von rechts(extrem) motivierten Gewalttfitigkeiten viktimisierten Personen mit Bedrohungsszenarien und Bedrohungs~ingsten umzugehen, ist das Auftreten in Gruppen. Unter (potenziellen) Opfem existiert ein hohes Bewusstsein darfiber, dasses fiir sie allemal sicherer ist, sich an bestimmten Orten nicht alleine zu bewegen. Mitglieder der Eigengruppe gelten als verlfissliche HelferInnen in Gefahrensituationen. Es wird von einem untersttitzenden Eingreifen im Gefahrenfall ausgegangen, sei es in Form einer Benachrichtigung der Polizei, sei es durch Versuche, durch verbalen oder kt~rperlichen Einsatz die T~iterInnen in ihrem Tun zu behindem. Es wurde angegeben, dass sich das Sicherheitsge~hl erh6ht h~itte, ,,wenn Freundinnen dabei waren, oder Freunde, Bekannte, Verwandte. Das man nicht ganz alleine war, weil man j a doch immer wieder (...) damit rechnen konnte, dass man doch irgendwie angepObelt wurde oder angegriffen wurde teilweise. ''199 Das Auftreten in gr613eren Gruppen wird darfiber hinaus
als Beitrag zur Gefahrenminimierung durch numerische l)berlegenheit und als Mittel zur Angstreduziemng gesehen. Man ginge durchaus in einen der tirtlichen Jugendclubs, ,,auch wenn Rechte da sind. Ist noch nicht so schlimm. Dort sind auch viele andere, yon denen man weij3, die stehen hinter einem, wenn's los geht. ''2~176 .)~mliches berichteten interviewte
196Studentenrat der Uni Halle: Chronik rechtsmotivierterAngriffe in Halle 1998-2000, unter http://www.stura.unihalle.de/referate/agantifa/html-seiten/chronik.html, ges. 17.10.2002; N.N.: Massenschlagerei mit Neonazis, in: Frankfurter Rundschau 19.10.1998; N.N.: Haftbefehl nach Angriff auf Ausl~inder, in: taz 20.10.1998. 197Eingreifen, Int. 1, Pos. 97 (Opfer). 198Eingreifen, Int. 2, Pos. 231 (Opfer). 199Eingreifen, Int. 1, Pos. 74 (Opfer); vgl. Eingreifen, Int. 3, Pos. 130 (Opfer). 200Eingreifen, Int. 2, Pos. 31 (Opfer).
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Asylsuchende: sie gingen abends, wenn fiberhaupt, dann kaum einmal alleine in eine Gastst~itte oder in eine Diskothek. Opfer rechts(extrem) motivierter Aggressionen gehen davon aus, dass yon Verwandten, Mitgliedem von Cliquen oder der Eigengruppe ein aktives Eingreifen eher zu erwarten ist als von zuf~illig anwesenden ZeugInnen und bewegen sich in den Abendstunden, bei Tanzveranstaltungen oder auf Stadtfesten bevorzugt in gr6geren Gruppen, um ein Mindestmal3 an S icherheit far sich zu gew~ihrleisten. Das Auftreten in Gruppen ist fiar sie eine wirkungsvolle Strategie, mit Viktimisierungs~ingsten umzugehen. Die Berechtigung der Einsch~itzung, im Fall eines Angriffs yon ihren Begleitpersonen aktive oder passive Unterstfitzung zu erhalten, wird durch eine Untersuchung von Hermann und Meyer tiber Zivilcourage im Alltag best~itigt. Fast alle Befragten waren nur im Zusammenhang mit einer Hilfe far Freunde und Freundinnen bereit, die eigene k6rperliche Unversehrtheit aufs Spiel zu setzen. 2~ .~mliche Ergebnisse erbrachte eine Studie yon Willems/Steigleder u.a. fiber T~iter-Opfer-Konstellationen und Interaktionen im Bereich rechts(extrem) motivierter Gewaltdelikte. Aktive Hilfestellung ~ r das Opfer, wie ein Festhalten des T~iters, damit er vom Opfer abl~isst, das Rufen der Polizei oder Handgreiflichkeiten, um dem Opfer zu helfen, leistete bei knapp 62 Prozent der gfiltigen Fglle mindestens ein Mitglied der Opfergruppe und bei etwas mehr als der HNfte (51,8 Prozent) mindestens eine Person aus dem Kreis der unbeteiligten Dritten. In Bezug auf Schlichtungs- oder Vermittlungsversuche waren weitere Mitglieder der Opfergruppe mit 46,2 Prozent am st~irksten aktiv, dicht gefolgt von den anwesenden Dritten mit einem Anteil von 44,6 Prozent der F~ille.2~ Aus den Ergebnissen der Smdie kann geschlossen werden, dass die Anwesenheit wie auch das Verhalten Dritter bedeutend f ~ den Fortgang der Straftat ist. So meinten auch einige von Willems/Steigleder interviewten Triter, die Intervention Dritter habe eine weitere Eskalation verhindert. 2~ Diese Befunde decken sich mit der EinscMtzung der befragten (potenziellen) Opfer aus den Untersuchungsorten, dass die Pr~isenz unbeteiligter Dritter die Austibung yon Gewaltt~itigkeiten einschr~inke oder behindere. Obwohl das Vertrauen in Aktivitgten unbeteiligter Dritter zugunsten der Opfer ausgesprochen gering ist, merkten fast alle (potenziellen) Opfer an, dass sie sich ,,sicherer" ffihlten, wenn sich PassantInnen im 6ffentlichen Stragenland aufhielten, auch wenn sie mehrheitlich nicht davon ausgingen, dass diese eingreifen wOrden. S ie nahmen an, dass die rechten T~iter nicht ,,~o door' seien, ,,dass sie vor vielen
201Vgl. Hermann/Meyer: Zivilcourage im Alltag .... in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7-8/2000, Bonn 2000, S. 3-13, hier S. 9. Ein weiteres Motiv for ein Eingreifen war die Einschatzung, dadurch noch gr6gere Gefahren abwenden zu k6nnen. 202Vgl. Willems/Steigleder: Jugendkonflikt .... in: Journal far Konflikt- und Gewaltforschung, Heft 1/2003, S. 528, hier S. 20-22, 24; Willems/Steigleder u.a.: Tater-Opfer-Konstellationen .... Trier 2003, S. 218-221. Es muss allerdings berticksichtigt werden, dass es sich bei der Aktenanalyse um Hellfeld-Daten handelt, d.h. irgendein(e) Tatzeug(e)in hat die Polizei informiert bzw. nachtraglich Anzeige erstattet oder die Polizei war zufallig in Sichtweite des Tatgeschehens. Das Forschungsprojekt ,,Ttiter-Opfer-Konstellationen und Interaktionen im Bereich fremdenfeindlicher Gewaltdelikte" tibertrug das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2001 an die ,,Arbeitsgemeinschaft sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung e.V." an der Universit~t Trier und es wurde in Kooperation mit dem Institut fiir interdisziplinare Konflikt- und Gewaltforschung der Universit~it Bielefeld und der Projektgruppe ,,Fremdenfeindliche Gewalt" des LandeskriminalamtesNordrhein-Westfalen von 2001 bis 2003 durchgefiihrt. 2o3Vgl. Willems/Steiglederu.a.: T~ter-Opfer-Konstellationen .... Trier 2003, S. 311.
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Leuten was machen. ''2~ Denn es habe ,,doch ein bisschen Schutz geboten (...) wenn die Allgemeinheit da rum sitzt, da hatten sie [die Rechten] noch eine gewisse Hemmschwelle
(...).,,2o5 Mit der Anwesenheit von PassantInnen verband sich die Hoffnung, dass irgendeine(r) zur Stelle w~ire, um aktiv oder passiv bei einer Gefahrensituation einzugreifen oder sich nach der Tat als Belasttmgszeuge oder-zeugin zur Verftigung zu stellen. ,,Abet je mehr Menschen da waren und, da hatte man doch damit gerechnet, dass dann irgendwelche Leute vielleicht eingreifen oder was sagen (...), dann h~itte man vielleicht auch ein paar Zeugen wenigstens gehabt, wenn irgendwas ist. ,,206
2.3 Diskrepanz zwischen der polizeilichen Tatortstatistik und der Definition eines Gebietes als ,,Angstzone"
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Bei einer l:lbertragung der zug~inglich gewordenen, polizeilich dokumentierten Tatorte rechts(extrem) motivierter Delikte aus Halle und Magdeburg auf die jeweiligen Stadtpl~ine fiel trotz der in Kapitel A 1.5 genannten Einschr~inkung bezfiglich deren Validitat auf, dass die untersuchten Stadtviertel, die gemeinhin sowohl bei den (potenziellen) Opfem als auch bei anderen Bev61kemngsteilen aufgrund einer angenommenen oder tats~ichlichen Dominanz rechter/rechtsextremer Gesellungen als ,,gef'~ihrlich" oder als ,,Angstzone" gelten, nicht zwingend identisch sind mit den tats~ichlich dort seit 1998 (Halle) bzw. seit 2000 (Magdeburg) polizeilich registrierten rechts(extrem) motivierten Gewalttaten. Ftir die beiden untersuchten Kleinst~idte l~isst sich ein auf Stadtviertel hemnter gebrochenes Bild nicht nachzeichnen. In den zur Verftigung gestellten Straftatenstatistiken wurde keine Unterteilung nach Stadtvierteln vorgenommen. Dies ist zumindest ftir Guben bedauerlich, da das Gubener Stadtgebiet sich in zwei unterschiedliche Siedlungsstrukturen unterteilt u n d - nach den Angaben der Befragten- im Neubaugebiet der Obersprucke eine ht~herer Anteil an der rechten/rechtsextremen Szene zuordenbaren Personen zu Hause sind. Ob sich die sichtbare ,,Ballung" rechter/rechtsextremer Akteure im Wohnviertel in der r~iumlichen Verteilung von rechts(extrem) motivierten Straftaten niederschl~igt, l~isst sich an_hand von der vorliegenden Straftatenstatistik nicht nachvollziehen. Im kleinr~iumigen Gardelegen hingegen w~ire eine nach Stadtvierteln unterteilte Strattatenstatistik ohnehin wenig aussagekr~iftig gewesen. Ungeachtet von zeitweilig vorhandenen ,,Brennpunkten" derartiger Gewaltkriminalit~it sind Angriffe in allen Gebieten der untersuchten St~idte vorzufinden. Oftmals war gerade in den Vierteln, die bei den (potenziellen) Opfem gew6hnlich als ,,sicher" galten, eine h6here Anzahl registrierter rechts(extrem) motivierter K6rperverletzungen und eine nicht unbetr~ichtliche Menge an Propagandataten auszumachen. In Magdeburg (im Zeitraum 2000 bis Ende des ersten Quartals 2003) und in Halle (im Zeitraum 1998 bis 2002) fanden mehr K6rperverletzungen in den Innenstadtbereichen statt als in den gemeinhin als besonders belastet geltenden Bezirken Magdeburg-Olvenstedt und Halle-Neustadt.
204Eingreifen, Int. 2, Pos. 140 (Opfer). 205Eingreifen, Int. 4, Pos. 102 (Opfer). 206Eingreifen, Int. 4, Pos. 102,vgl. Eingreifen, Int. 5, Pos. 77 (Opfer); Eingreifen, Int. 1, Pos. 103 (Opfer).
248
Abbildung 4."
Polizeiliche Daten zu rechts(extrem) motivierten Straftaten (Anzahl) in Magdeburg ftir die Jahre 2000 bis 2003 unterteilt nach Stadtvierteln:
Gewaltstraftaten und Propagandadelikte 2000-2003 in M a g d e b u r g nach Stadtvierteln (Anzahl)
40 37 30 22 20
22
10
4
9 13
6 6 4 3 2 2 2 9 9 1 5 7 6 0 5 3
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Al te Ne ust adt Al tsta dt Le ipz Buck ige a rS u Ne u O traße lve nst Ne edt ue N eus Ne ust t ädt adt er Ne Fe ust ädt ld er Se e Re for m Ro the nse e Sta Sa l dtf b eld ke Sta -Mitt e dtf eld -O s Su den t bu rg
0
2 5
4
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91
5
Gewalttaten §§ 223, 224, 241
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Propagandadelikte §§ 86a, 130
249
Polizeiliche Daten rechts(extrem) motivierter Straftaten (Prozent) in Magdeburg fl~ die Jahre 2000 bis 2003 nach Stadtvierteln:
Abbildung 5:
Gewaltstraftaten und Propagandadelikte 2000-2003 in Magdeburg nach Stadtvierteln in Prozent 40 31,9 27,6
30
16,4
20
13,0 9,7 7,2
4,3
3,72,9
3,0
1,4
3,7
5,2 2,9
8,7 6,7
4,5 1,4
3,72,9
6,75,8
2,9
2,2
Ne ust adt täd ter Fe Ne ld ust ä dt er Se e Re for m Ro the ns e e Sa lbk Sta e dtf eld -M itte Sta dtf eld -O st Su de n bu rg
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Al te
8,7
5,8
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6,7
10
Gewalt
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Propaganda
In Magdeburg wurden von 134 polizeilich registrierten rechts(extrem) motivierten Propagandadelikten 37 (31,9 Prozent aller registrierten Propagandadelikte) und von den 69 polizeilich registrierten rechts(extrem) motivierten Gewaltdelikten 22 (27,6 Prozent aller registrierten Gewaltdelikte) in der Magdeburger Altstadt begangen. Ft~r beide Deliktarten weist die Altstadt die h6chsten Auspr/~gungen aus. Ft~r die oben genannte Zeitspanne gilt laut einem Mitarbeiter des Magdeburger Staatsschutzes: ,,Magdeburg-Olvenstedt ist im Hinblick auf Strafiatenaujkommen das sicherste Wohngebiet in Magdeburg. Sehr geringes Strafiatenaufkommen in Olvenstedt. Nicht nur in Bezug auf rechte Strafiaten sondern auch auf allgemeine Kriminalit~it. Trotzdem ist das subjektive Gef~ihrdungsgefiihl fiir Auflenstehende dort am h6chsten. ,,207
207Diskrepanz, Int. 1, Pos. 118 (Pol.).
250
Abbildung 6." Polizeiliche Daten rechts(extrem) motivierter Straffaten (Anzahl) in Halle ftir die Jahre 1998 bis 2002 nach Stadtvierteln:
Gewaltstraftaten und Propagandadelikte 1998-2002 in Halle nach Stadtvierteln 92 90
60 40 30
32
26 18 4
3
28 18
17 10 4 3
6
1
7
1
1
33
5
8
3
3
9 2
8
14
10
6
21
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Alt Sü sta d l. dt I nn e Nö nst rdl adt . In nen Fre s ta iim Ge dt bie fel der td er -K DB ane nae rW eg Pau lu s v ie rte Fro l he Zu k unf Gie t bic hen ste in Ne ust a dt Saa lea ue Sil ber höh e Sü d st adt Am Tro me Lu ndo tha the r pl rf atz B He ees -T ide en hü No rin rd/ ger Sü Bh df Blu m ena Ge sun u dbr Da un ma nen sch ke S tr aße Bü sch dor f
0
Gewalt
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Propaganda
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Alt Sü sta d l. dt I nn ens Nö tad rdl . In t nen Fre s ta iim Ge dt fel bie der td er -K DB ane nae rW Pau eg lu s v ie Fro rte l he Zu ku Gie nft bic hen ste in Ne ust a dt Saa lea ue Sil ber höh e Sü d st adt Am me Tro Lu ndo the tha r pl r f -B atz He ees -T ide en hü No rin rd/ g er Sü Bh df Blu me Ge n au sun dbr Da un ma n en sch ke S tr aße Bü sch dor f 23,5
20 10,8
6,6 10,8 13,5
8,1
4,6 8,1
2,6 8,2
2,7 2,7 1,8 1,5 8,1
2,7 0,8
8,1
Propaganda
8,1 7,1 10,2
4,3 2,0 2,3
5,4 4,6
Gewalt
2,0 3,6 2,6 1,5 2,7 0,5
0
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ganze Stadt bzw. auf die Nahregion verteilt und weder Halle-Neustadt und MagdeburgOlvenstedt noch Gardelegen und Guben konnten trotz ihres ,,Rufes" als ,,national befreite Zone" w~arend des Untersuchungszeitraumes als ,,Brermpunkte" rechts(extrem) motivierter Gewalt bezeichnet werden. 2~ Es besteht heutzutage eine Diskrepanz zwischen der Zuschreibung eines bestimmten Gebietes als ,,Angstzone" und der realen Kriminalit~itsbelastung in diesen Gegenden. Magdeburg-Olvenstedt und Halle-Neustadt gelten als Gefahrenraum, obwohl nach den Hellfelddaten gerade in den als ,,sicher" angesehenen innerst~idtischen Vierteln ein hOheres Gewaltaufkommen zu verzeichnen ist. Laut den Angaben von MitarbeiterInnen zivilgesellschaftlicher Gruppen aus der Region gelte die Gubener Altstadt unter nicht-rechten Jugendlichen als ,,sicher", obwohl es auch dort inzwischen zu PObeleien und Angriffen gegen ,,alternative" Jugendliche k~ime. Das SicherheitsgeNhl in der Altstadt stamme aus den Zeiten, als dort wesentlich weniger Vorf~ille stattfanden und sei ,,ein tradiertes" Geftihl, welches sich nicht mit der Realit~it decken wiarde. 21~ Dieses Ergebnis wird gesttitzt durch die Beobachtungen kleinerer lokaler Studien in Cottbus, Oranienburg oder in Frankfurt/Oder. Auch hier stimmen die ,,Angstzonen" mit den Tatorten rechts(extrem) motivierter Gewalt nicht tiberein. Eine Cottbuser Untersuchung tiber Angriffe im 6ffentlichen Raum mit Datenmaterial aus dem Jahr 2000 ergab, dass sich die Orte rechts(extrem) motivierter Gewalt tiber die gesamte Stadt verteilten. Die befragen BtirgerInnen bezeichneten allerdings vor allem die Neubauviertel als ,,Angstzonen" und gaben ,,rechtsradikale Jugendgewalt" als Ursache ihrer Unsicherheit an. TM In Oranienburg wertete die Polizei die ihnen auf dem Oranienburger Bahnhofsgel~inde bekannt gewordenen Vorf~ille aus, nachdem der Bahnhof tibereinstimmend von mehreren Seiten als ,,Angstzone" bezeichnet worden war. Zwar wurde im Ergebnis einger~iumt, dass sich am Bahnhof Jugendliche aufhielten, die nach ihrem Erscheinungsbild der ,,rechten Klientel" zugerechnet werden konnten, jedoch gingen von ihnen keine St6rungen 6ffentlichen Sicherheit und Ordnung aus. Ftir den Untersuchungszeitraum (das Jahr 2002) konnten hier keine rechts(extrem) motivierten Gewalttaten verzeichnet werden. ,,Auch wenn das subjektive Geftihl manchmal etwas anderes sagt: Der Oranienburger Bahnhof ist keine gef~ihrliche Ecke", informiel~e die regionale Tageszeitung. 212 In Frankfurt/Oder wurde von Studierenden dunkler Hautfarbe das Plattenbauviertel Neubeserinchen als Gefahrenraum benannt. Es dominierte ein dtisteres Bild von diesem Stadtteil, das teilweise mit Geschichten tiber Angriffe aufgeladen war. Neubeserinchen ist nach den Hellfelddaten allerdings nicht als Schwerpunkt von rechts(extrem) motivierter Gewalt zu bezeichnen. Als Tatortschwerpunkte sind in Frankfurt/Oder der Bahnhof und das Stadtzentrum zu benennen. W~ihrend der 209 Die Ortsangaben der polizeilichen Statistiken wurden mit den Ortsangaben in den Angriffschronologien der sachsen-anhaltinischen Mobilen Opferberatung und den Angaben der AG Antifa des Studentenrates der Uni Halle von 2000 - 2002 verglichen. Auch nach den beiden letztgenannten Quellen ist die H~iufung yon Angriffen im innerstfidtischen Bereich signifikant (es wurden nur die Taten gewertet, bei denen ~berhaupt Ortsangaben gemacht wurden). Vgl. Mobile Beratung ftir Opfer rechtsextremer Gewalt Sachsen-Anhalt: Chronologie, unter http://www.mobile-opferberatung.deund Studentenrat der Uni Halle: Chronik rechtsmotivierterAngriffe in Halle 1998-2000, unter http://www.stura.uni-halle.de/referate/agantifa/html-seiten/chronik.html,ges. 17.10.2002. 21oDiskrepanz, Int. 3, Pos. 13 (NGO). 211Oswalt, Philipp: Rechte Gewalt und 6ffentlicher Raum, in: Anlaufstelle mr Opfer rechter Gewalt (Hg): Wenn die Glatzen .... Cottbus 2001, S. 16-22,hier S. 18f. 212Vgl. Gabriel/Grastorf/Lakeit/Wandt/Weyand:Futur Exakt .... Berlin 2004, S. 113, 115.
253
Bahnhof nach der subjektiven Einsch~itzung der Studierenden und nach den dokumentierten Angriffen ein anerkannter Gefahrenraum ist, erw~ihnte keine(r) der befragten Studierenden das Zentrum der Stadt bei der Aufz~ihlung von Gegenden, die sie meiden warden. Das Stadtzentrum wurde auch abends nicht als gef~rlicher Ort wahrgenommen, obwohl es dort nach Einsch~itzung lokaler ExpertInnen zu sp~iterer Stunde, meist am Wochenende, jederzeit zu einer Gewalttat von sich dort aufhaltende rechte/rechtsextreme Gesellungen kommen k6nnte. 213 Und auch in Potsdam ist rechts(extrem) motivierte Gewalt nach einer Studie der Forschungsgruppe Rechtsextremismus an der Universit~it Potsdam nicht nur in den Plattenbaugebieten im Sad-Osten der Stadt, sondern vor allem in der Potsdamer Innenstadt festzustellen. Hier fand die H~iltte aller zwischen 1992 und 2004 in der Untersuchung dokumentierten gewaltf'6rmigen Angriffe statt. Als ,,Angstzone" gilt die Innenstadt im Gegensatz zu den Neubaugebieten Schlaatz und Waldstadt nicht. 2~4
2.4 Priisenz rechter/rechtsextremer Gesellungen und die symbolische Markierungen von Orten
2.4.1
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Ein weiterer Aspekt ffir das Zustandekommen von Bedrohungsgeffihlen ist das wahrgenommene StraBenbild in als ,,Angstzone" definierten Stadtgebieten. Diese Faktoren spielen allgemein bei von Kriminalit~itsfurcht betroffenen Personenkreisen eine Rolle. 2~5 Die Pr~isenz und die Verhaltensweisen bestimmter Bevtilkerungsgruppen oder Verschmutzungen des 6ffentlichen Raumes f6rdern Viktimisierungs~ingste. Eine Vielzahl der Befragten wies darauf hin, dass an den als kritisch betrachteten O r t e n - zumindest frtiher, teils bis in die jtingste Vergangenheit h i n e i n - viele dem Augenschein nach als Rechte oder Rechtsextremisten zu bezeichnende Personen wahrgenommen wurden. Ein Klima der Einschtichterung und Angst entsteht auch dort, wo durch eine tempor~ire Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen und deren oftmals provokantem und aggressivem Auttreten eine latente Gewaltandrohung stattfindet. Dabei gilt: Je vielkt~pfiger die Gruppe, desto gr6Ber das Drohund Einschtichterungspotenzial. Das heigt, auch punktuelle Besetzungen lassen bestimmte Gebiete ft~ a n d e r e - zumindest w~ihrend des Aufenthalts rechter/rechtsextremer Gruppen 216, aber auch dartiber hinaus - zu ,,Angstzonen" werden.
Markierung von Orten
Die Markierung von Orten durch die Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gesellungen oder Plakate, Sprtihereien und Aufkleber mit ausl~inderfeindlichem oder rechtsextremem Inhalt hat einen nicht zu untersch~itzenden Einfluss auf das Image eines Viertels, auch wenn nicht
213Vgl. Mtinch: Zum AlltaglichenUmgang .... Berlin 2005, S. 68-72. 214Vgl. Forschungsgruppe Rechtsextremismusan der Universitat Potsdam (Hg.): Rechtsextremismusin Potsdam 1992-2005, Potsdam 2006, Kixmtiller, Jan: Zahl der Taten w~chst, die Brutalit~t auch, in: Tagesspiegel 23.04.2006. 215Vgl. Schwind: Kriminologie.... Heidelberg2004, S. 398. 216 Vgl. Verfassungsschutz des Landes Brandenburg (Hg): ,,National befreite Zonen" ..., Potsdam 2001, unter http://www.verfassungsschutz-brandenburg.de, ges. 28.08.2001.
254
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zwingend davon ausgegangen werden kann, dass sich die Urheberlnnen von dieser Botschaften st~indig im Nahraum der gekennzeichneten Gegenden aufhalten. Ortsmarkierungen k6nnen bei ihren RezipientInnen ,,emotionale Reaktionen wie Vorsicht, Angst, Ablehnung oder Anziehung, Sympathie, Geborgenheit ''2~7 ausl6sen. Die beiden als ,,Angstzonen" bezeichneten GroBstadtviertel wiesen eine hohe Zahl polizeilich registrierter Propagandadelikte auf und in Mageburg-Olvenstedt wie in Guben kam es immer wieder zu Besch~idigungen der Gedenksteine Rir Frank B6ttcher bzw. Farid Guendoul. Kriminelles Handeln einer rechten/rechtsextremen Szene, wie die Besch~idigung und Verschmutzung von Orten des Gedenkens N r Opfer rechts(extrem) motivierter Gewalt oder der Diebstahl von Gedenksteinen, beinhaltet eine Kennzeichnung von Gebieten. Jedoch sind Durch Beamte der Schutzpolizei wurden im M~irz 2004 abends in Magdeburgnicht alle Symbole, Zeichen und Handlungen ~ r Olvenstedt zwei Personen im Alter von 18 alle Personengruppen gleichermaBen decodierund 20 Jahren kontrolliert. Einer der beibar. Kann bei einem Hakenkreuz davon ausgeden M~inner ftihrte unter seiner Bekleidung gangen werden, dass der Aussagegehalt die Gedenktafel for den Punk Frank B0ttweitgehend bekannt ist, ist dies bei Codes und cher bei sich. Diese war durch die beiden bestimmten Bekleidungsmarken, die der aktuelBeschuldigten gewaltsam von dem Gedenkstein an der StraBenbahnendstelle im leren Entwicklung in der rechten/rechtsextremen Szene geschuldet sind, nicht anzunehmen. 219 Bruno-Taut-Ring entfernt und entwendet worden. 2~8 Ktirzel wie ,,88" [Heil Hitler], , 1 8 " [Adolf Hitler], ,,2x14" [= 28 = Blood&Honour], HooNaRa [Hools, Nazis, Rassisten] 22~ oder diverse Gau- und SS-Divisionsabzeichen geh6ren nicht unbedingt zum Kennmisrepertoire der durchschnittlichen BewohnerInnen eines Stadtteils. Schnelllebige Kleiderordnungen und Ersatzzeichen, die sich modischen und rechtlichen Entwicklungen anpassen, sind gleichzeitig Abgrenzungs- und In-group-Insignien und dienen der Selbstvergewisserung rechter/rechtsextremer Zusammenh~inge. Meist sind diese Zeichen allenfalls noch Jugendlichen oder KennerInnen der Szeneinsignien geRiufig, beim Bev61kerungsdurchschnitt kann davon nicht ausgegangen werden. ,,Symbole sind codierte Signale, deren Sinn nur der versteht, der den Code entschltisseln kann. ''221 Dennoch kann die Rezeption dieser Stral3entexte von denen, die sie erkennen und zu deuten wissen, als Botschaften zur Definition eines Raumes als ,,Angstzone" ebenso beitragen wie individuierte StraBenmedien, die ,,vor allem in Form
217Behrenbeck, Sabine: Der Kult um die toten Helden. NationalsozialistischeMythen, Riten und Symbole, Vierow bei Greifswald 1996, S. 58. 218 Vgl. Polizeidirektion Magdeburg: Pressemitteilung Nr. 138/04, 04. M~irz 2004: ,,Gedenktafel gesch~idigtTatverdtichtige festgenommen", unter http://www.magdeburg-news.de/mdnews/polizeimel-dungen.htm, ges. 22.11.2004. Das Ph~inomen der Sch~indung und Besch~idigungvon Gedenksteinen und -tafeln als Akt der Ortsmarkierung war auch in Guben festzustellen. Der Gedenkstein far Farid Guendoul wurde mehrmals besch~idigt. 219 Ein Oberblick und eine Erl~iuterung der in der rechtsextremen Szene g~ingigen Symbole ist zu finden bei: Agentur far soziale Perspektiven e.V. (Hg.): Versteckspiel. Lifestyle, Symbole und Codes von neonazistischen und extrem rechten Gruppen, Berlin 2005; Fahr, Margitta-Sybille: Was steht an jedem Haus? - AusRinder raus! Rechtsextreme Ausdrucksformen und Bilderwelten. Ikonografieder Gewalt, Potsdam 2002. 22oBei Zahlencodes der rechten/rechtsextremenSzene ist die Zahl gleichbedeutend mit der Stellung von Buchstaben im Alphabet. Die 1 steht ftir A, die 2 far B usw. 221 Voigt, Rtidiger: Mythen, Symbole und Rituale in der Politik, in: ders. (Hg.): Symbole der Politik, Politik der Symbole, Opladen 1989, S. 9-37, hier S. 14, zitiert nach Behrenbeck: Der Kult um die toten Helden .... Vierow bei Greifswald 1996, S. 59, FuBnote 112.
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beschrifteter Kleidung (z.B. T-Shirt-Aufdrucke, Anstecknadeln/Buttons), Kleidungscodes und Markenlabel wahmehmbar sind. ''222 Im Rahmen der Feldaufenthalte konnte anhand der Akmalit~it und des Besch~idigungsgrades von Aufklebem mit rechtsextremem Inhalt, des Zustandes von Sprt~ereien und anhand der Zeichnungsorte Rtickschltisse fiber den Aktionsradius der lokalen rechten/rechtsextremen Szene soziaMiumliche Differenziemngen getroffen werden. Ein stark verwittertes ,,Ausl~inder Raus" an einer Unter~hrung, bei welchem das ,,raus" durch ein ,,rein" tibermalt wurde, l~isst beispielsweise den Rtickschluss zu, dass erstens die Stadt bzw. die ~ r die Unter~hrung zust~indige Stelle es nicht far n6tig befanden, die Schmiererei zu tibermalen, zweitens die Parole bereits vor einigen Jahren angebracht worden war, m6glicherweise als die Diskussion um die Aufnahme von Asylsuchenden in der Bundesrepublik aktuell war und drittens das Posmlat nicht unwidersprochen hingenommen wurde, also vor Orte Gegenkr~ifte vorhanden waren. Anhand der Akmalit~it von Klebezetteln und der manchmal darauf vermerkten Bezugsadressen war zudem feststellbar, wie lange deren Anbringung zurticklag. So w~ire far einen intakten ,,Ruhm und Ehre den Frontsoldaten"Aufkleber an einer Telefonzelle auf einem viel begangenen Platz im Sommer 2004 der Rtickschluss m6glich, dass die 6rtliche Szene an der akmellen rechten/rechtsextremen Diskussion (Protest gegen die ,,Wehrmachtsausstellung") teilhat, es keine Personen gab, die sich aufgrund des Inhaltes berufen sahen, den Aufkleber zu zerkratzen und dass das Markieren von Orten mit hohem Publikumsverkehr einen besonderen Anreiz bietet. Verblichene, zerkratze Aufkleber einer seit Jahren nicht mehr existierenden rechtsextremen Gruppierung deuteten hingegen darauf hin, dass die entsprechende Gegend bereits l~ingere Zeit nicht mehr Ziel von Propagandaaktivit~iten gewesen ist, da keine rechtsextremen Klebezettel jtingeren Datums im entsprechenden Stadtquartier zu finden waren. Die Ann~hemng an einen Sozialraum mittels ,,Lesen" von Stral3entexten bedarfjedoch einer kontinuierlichen Beobachtung, um daraus eine tragf~ihige Interpretation abzuleiten. So waren in einem Untersuchungsort im Vorfeld des ,,Hess-Aufmarsc h es " im August 2004 tiber Nacht mehrere Dutzend Mobilisierungs-Aufkleber an Geb~iuden, Gesch~iften und Stral3enlatemen angebracht worden. W~ihrend am Vortag bis auf wenige Ausnahmen die festgestellten Zettel mit rechtsextremen Parolen und Hinweisen auf Parteien oder Gruppierungen aus dem rechtsextremen Spektrum mehr oder weniger abgekratzt waren und daraus h~itte geschlossen werden kt~nnen, dass derartige Propaganda nicht lange geduldet wird, konnte am Folgetag der Eindruck entstehen, dass im Viertel offensichtlich eine starke Szene ,,zu Hause" sei, da viele Stellen mit rechtsextremem Symbolen markiert waren.
222Schubert, Herbert: Menschliche Siedlungen als Symbolrfiume, in: ders./Rige, Marlo (Hg.): Sozialraumanalyse. Grundlagen-Methoden-Praxis, Opladen 2002, S. 161-176,hier S. 174.
256
2.5 Die Kommunikation fiber Angstzonen Das Stragenbild in den untersuchten Gebieten hat sich ver~indert, eine sichtbare Dominanz rechter/rechtsextremer Gruppierungen war nicht feststellbar. Inzwischen wird tiber das 6ffentliche Auftreten nicht-rechter Jugendszenen beispielsweise in Magdeburg-Olvenstedt gesagt, sie ,,haben ihren Offentlichen Treffpunkt und sind da: Skater. Ja, ich sag mal so, es geht in die Richtung Punks. Die sind auch mit dabei. Also das istjetzt mOglich. ''223 Die Auswermng der Interviews ergab, dass die Kommunikation tiber eigene Erlebnisse oder die negativen Erfahrungen Dritter an bestimmten Orten eine groge Rolle bei der Definition von ,,Angstzonen" spielt. Viele der befragten (potenziellen) Opfer hatten Kenntnisse tiber rechts(extrem) motivierten Attacken an 6ffentlichen Orten durch ,,H6rensagen", vermittelt von Verwandten, Freunden und Bekannten oder weil ihnen Opfer von Straftaten pers6nlich bekannt waren. So erfuhr eine aus Chile eingewanderte Interviewparmerin von Mitgliedern ihrer Hallenser Gastfamilie, dass dem Sohn der Familie auf dem Weg v o n d e r heimischen Stral3enbahnstation zur Wohnung von Rechterv~echtsextremen die langen Haare abgeschnitten worden waren:
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Sie restimiert:
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,,Das war der Sohn (...), der hatte mal eine, ein Lih, na, einen Zopf Und der wurde angegriffen auf dieser, auf dieser, also nach dem Ausstieg der Straflenbahn. Und er hat mir das erzi~hlt. Zuerst die Mutter und dann er. Und man hat ihm diesen Zopf geschnitten, nee. ,,224
,,Also es war (...), also auf dieser Strecke, wo ich immer gelaufen bin. Deswegen wahrscheinlich hatte ich auch Angst, als ich da gelaufen bin. ,,225
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Dartiber hinaus wurde sie von Arbeitskolleginnen davor gewamt, sich alleine in HalleNeustadt aufzuhalten: ,, (...) haben mir Leute an meinem Arbeitsplatz gewarnt, dass ich einen bestimmten Ort, also nach, sie haben immer gesagt: 'Nach Neustadt, geh nicht da alleine' oder so. ,,226
Asylsuchende oder dunkelh~iutige Menschen werden von Freundlnnen und Bekannten tiber das Viktimisiemngsrisiko, dem sie ausgesetzt sind, informiert: ,,Neu zugezogene Asylbewerber sind nach ein bis zwei Wochen mit dem Thema der MOglichkeit yon Angriffen bekannt ''227, wurde aus einem Untersuchungsort berichtet.
223Kommunikation,Int. 1, Pos. 108, 109 (Magdeburg). Zu Guben, Gardelegen und Halle vgl. Kapitel 3.2: Situation in den Untersuchungsorten w/ihrenddes Untersuchungszeitraums. 124Kommunikation,Int. 2, Pos. 69 (Halle). 225Kommunikation,Int. 2, Pos. 69. 226Kommunikation,Int. 2, Pos. Pos. 71. 227Kommunikation,Int. 3, Pos. 31.
257
Aus einem anderen hieg es: ,,Ja jeder hier weij3, man darf als Afrikaner, wit diirfen nicht, j a so ausgehen, j a in der Nacht, ja. Jeder weiJ3 das. (...) Zum Beispiel die sind Neue: 'Passt auf hier in der Nacht, weil in der Nacht ist zu gefdhrlich drauflen. ' Ja, ja. Es stimmt. Wir wissen das. ,,228
Es existiel~ bei (potenziellen) Opfem eine hohe Informiertheit tiber die M6glichkeit einer gegen sie gerichteten, rechts(extrem) motivierten Aggression. So berichtete in einem Zeimngsartikel ein Student aus Ghana fiber seinen Aufenthalt in Potsdam: ,,Anfangs habe ich meine Wohnung am Abend gar nicht verlassen - als ich vor einem Jahr nach Deutschland kam. Ich hatte Angst, weil ich so viele schlimme Geschichten gehOrt hatte. Mittlerweile fOhle ich mich wohler, aber jetzt noch gehe ich in der Dunkelheit niemals allein auf die Strage. Und tagsiaber achte ich immer darauf, wo ich hingehe. Welche Gegenden t'tir mich ungef~ihrlich sind, haben m i r - gleich als ich in Potsdam ankam - Afrikaner aus meinem Studiengang erklfirt.''229
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Nicht-rechte Jugendliche und junge Erwachsene gaben an, dass sie aus ihrem Sozialen Umfeld von rechts(extrem) motivierter Gewalt betroffene Menschen kennen und ein reger Austausch von Erlebnissen und Erfahrungen mit Rechten/Rechtsextremen stattfindet.
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,, Ganz besonders schlimm war es [mit der Angst] nachher gewesen, als meine Freundin, dih, das war vor zwei, drei Jahren [2000, 2001], die waren, am Mdnnertag waren die mit einer Freundin unterwegs gewesen. Und auf die wurden mit Platzpatronen geschossen von Nazis aus dem Auto heraus. Und da hat man doch schon wieder Schiss gekriegt. Ja vielleicht passiert ja doch irgendwas mal u n d j a man hat sich eben in Ruhe unterhalten. Also wir haben dann mehr oder weniger in der Gruppe driiber gesprochen, wenn was passiert, was kann man machen. (...) Also von da her, in der Gruppe, haben wir ebend wirklich sehr viel dariiber diskutiert. ,,23o
Die negativen Erlebnisse anderer werden sich zu eigen gemacht und in allgemeingfiltige Bedrohungsszenarien fibersetzt: A.: ,,Man kann nicht wissen wo sie a u f einen warten. Vor der Haustiir oder so. " Frage: ,,Ist Euch das schon mal passiert, dass sie vor der Haustiir a u f Euch gewartet ... A.: ,, Mir ist das noch nicht passiert. " B.." ,,Mir auch nicht. Abet meinem Bruder. Man guckt abends schon mehr, wer so rumldufi. ,,231
Die Mehrheit der Bev61kerung, so auch die potenziellen Opfer rechts(extrem) motivierter Taten, erf~ihrt Kriminalit~it nicht als Opfer, sondem durch Aussagen und Informationen 228 Gruppeninterview mit m~innlichen Asylsuchenden aus verschiedenen afrikanischen L~indem, Pos. 144-145, 149-150, unv. Interviewtranskript,zur Verfiigung gestellt von Albrecht, Peter-Georg, Forschungsverbund Projekt 5, Eckert/Roth. 229Agyepong, Richard: Leben mit der Angst, dokumentiertvon S. Tegtmeier, in: taz 19.04.2006. 23oKommunikation, Int. 4, Pos. 149. 231Kommunikation, Int. 5, Pos. 89-92.
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Dritter. 232 Eine von Feltes d u r c h g e ~ e Studie stellte bezogen auf Kriminalitgtsfurcht einen signifikanten Unterschied fest zwischen Nicht-Opfern und Personen, die j e m a n d e n kennen, der oder die vorgibt, Opfer einer Straftat geworden zu sein bzw. geworden ist. Die ,,Opfer v o m H6rensagen" beurteilen die Gefghrdungslage wesentlich h6her und denken Ofter daran, Opfer zu werden als andere. ,,Dies bedeutet, dass das Reden t~ber Kriminalit~t negativere A u s w i r k u n g e n haben kann als das unmittelbare, direkte eigene Opferwerden. ''233 Kenntnisse vom H6rensagen beeinflussen das subjektive Sicherheitsempfinden ebenso wie eine ausgiebige Aufbereitung spektakulgrer gewaltt~itiger Vorf~ille durch die massenmediale Berichterstatmng, die zu einer Uberbewertung des tats~ichlichen Gefahrenpotenzials fahren k6nnen. Die Rezeption des Geschehens ist meist bestgndig und wird beharrlich abgerufen. Obwohl es in Magdeburg-Olvenstedt ,,halt einfach bunter geworden" ist und deswegen ,,das andere nicht mehr so ausschliefllich" w a h r g e n o m m e n werde, ist das Klischee ,,Olvenstedt ist rechts" noch immer vorhanden TM und der Stadtteil bis in die jt~ngere Vergangenheit hinein als einer Hochburg ,,Rechter" und rechts(extrem) motivierter Gewalt oder als ,,national befreite Z o n e " bezeichnet. 235 Nicht nur aktuell stattgefundene Gewalttaten, auch vor l~ngerer Zeit stattgefundene Angriffe oder ehemals massiv sichtbare Ballungen rechter/rechtsextremer Akteure bestimm e n die Deutung eines Ortes und beeinflussen Aushandlungsprozesse um die Bedeutung eines Ortes. Flint schreibt dazu: ,,Places are in a state o f continual contestation and negotiation, as different interpretations o f the meaning o f place struggle to assert themselves. (...) At question is who has the power to determine the meaning o f a place. ''236 Illustriert werden kann die Deutung von Orten an der AuBerung eines Mitarbeiters einer zivilgesellschaftlichen Initiative aus Halle. Er berichtete von seiner pers6nlichen Beobachtung, dass es in Halle-Neustadt keine dauerhaft von rechten/rechtsextremen Gesellungen besetzten 6ffentli-
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232 Vgl. Dost, Maik: Kriminalit~itsfurcht und subjektives Sicherheitsempfinden - einleitende Erkenntnisse, in: Landeskommission Berlin gegen Gewalt (Hg.): Berliner Forum Gewaltpr~ivention, 4. Jg., Nr. 12, Berlin 2003, S. 25-31, hier S. 28f; Rtither, Werner: Zusammenfassung des Krabbe-Abschlussberichts. Zentrale Erkenntnisse der ,,Kriminologischen Regionalanalyse Bonn 1998/99". Auswertung offizieller Kriminalitatsdaten und einer Btirgerbefragung zum SicherheitsgefOhl in der Stadt Bonn, S. 13 unter http://www.wruether.de/Krabbe-WEBVersion.htm, ges. 03.11.2004; Breyvogel, Wilfried: Der ,,gef'ahrliche Jugendliche" auf der ,,Btihne der Sichtbarkeit". Sichtbarkeit und Transparenz in der Mediengesellschaft, in: ders. (Hg.): Stadt, Jugendkulturen .... Bonn 1998, S. 84-111; Elsner/Lakemann: Stadtteilanalyse .... Jena 2003, S. 72. 233Feltes, Thomas: Kommunale Kriminalpravention, in: Braun, Stephan/H0rsch, Daniel (Hg.): Rechte Netzwerke - eine Gefahr, Wiesbaden 2004, S. 259-268, hier S. 264. 234Kommunikation, Int. 1, Pos. 260, 262. 235 Vgl. LieBmann, Peter: Magdeburg News, Polizei lief5 zwischen Demonstrationen nichts anbrennen, in: Volksstimme 16.06.2003: Die Rechten blieben in ,,ihrem Stadtteil Olvenstedt" und die Linken demonstrierten erst durch die Innenstadt und dann durch ,,ihren Stadtteil Stadtfeld", so der Autor; vgl. Autonome Gruppen: Magdeburg: Demoaufruf mr den 10.02.01, ,,Wut & Trauer zu Widerstand! Gegen Nazi-Terror und staatlichen Rassismus": ,,In der Nacht vom 7. zum 8.2.1997 wurde der Punk Frank B0ttcher in Neu-Olvenstedt, einem Stadtteil der weit tiber Magdeburg hinaus als ,,National Befreite Zone" gilt, brutal von Faschisten ermordet." In einem Aufruf zu einer Demonstration im Februar 2006 anl~isslich des 9. Todestages von Frank B6ttcher war von einer ,,national befreiten Zone" nichts mehr zu lesen: ,,MD- Olvenstedt war in den 90'er Jahren ein von Faschisten dominierter Stadtteil. MigrantInnen und nicht rechte Menschen wurden fast taglich Ziel rassistischer und faschistischer Obergriffe. (...) Die neue Generation von Nazis hat ihre Strukturen in MD- Nord bzw. Neustadt." Vgl. Autonome Antifa Magdeburg (AAMD): Gedenken zum 9. Todestag von Frank B6ttcher, unter http://germany.indymedia.org/2006/02/139189.shtml, ges. 17.02.2006. 236 Flint, Colin: Introduction. Spaces of Hate. Geographies of Discirmination and Intolerance in the U.S.A., in: ders. (Hg.): Spaces of Hate, New York/London 2004, S. 1-21, bier S. I0.
259
chen Orte m e h r gebe und davon, dass ,,man mittlerweile, wenn man mal durch Neustadt fdhrt oder so was, nicht nur die klassischen ~ih, Skinheadjugendlichen sieht, sondern eben auch mehr Migrantinnen. ''237
Tabelle 11" Ausl~inderInnenanteil in Halle-Neustadt in den Jahren 1992 bis 2004 in Prozent:
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
Nördliche Neustadt
2,5 %
2,4 %
3,1 %
4,7 %
4,7 %
5,2 %
5,6 %
Südliche Neustadt
1,3 %
1,6 %
3,3 %
4,3 %
5,8 %
8,3 %
10,7 %
Westliche Neustadt
1,4 %
1,5 %
3,1 %
3,3 %
2,9 %
3,0 %
3,5 %
1,7 %
1,8 %
3,2 %
4,0 %
4,4 %
5,5 %
6,6 %
Halle-Neustadt samt238
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AusländerInnenanteil Halle-Neustadt
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D e n n o c h w~ire er ,,in den Neubaugebieten sehr, sehr vorsichtig ''239, w e n n er dort mit schwarzen oder asiatischen F r e u n d I n n e n hinginge. Der Ostliche Altstadtbereich h i n g e g e n und ,,Paulusviertel, dh, Kr6llwitz, Giebichenstein und die Innenstadt (...) kann man nicht
klassisch in dem Sinne irgendwie bezeichnen als Angstzone oder dh. Es gibt mit Sicherheit auch dort irgendwelche Vorfdlle aber nicht in, in, in einer Regelmdfligkeit oder nicht in einer Dominanz. Da denk ich, ist der Bereich relativ o.k. ''24~ Die Hellfelddaten der
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Polizeidirektion Halle widersprechen dieser Einsch~itzung. B e l e i d i g u n g e n und T~itlichkeiten gegen Eingewanderte, Asylsuchende, gegen Linke oder A n g e h 6 r i g e nicht-rechter J u g e n d g r u p p e n in als ,,rechts" definierten st~idtischen Gebieten e r f a h r e n - auch w e n n sie es nicht in die regionale oder t~berregionale Berichterstattung , , s c h a f f e n " - unabh~ingig von Tatzeitpunkt eine hochgradige k o m m u n i k a t i v e Vermittlung innerhalb der (potenziellen) Opfergruppen. Durch die interaktive Praxis von Individuen und 237Kommunikation, Int. 6, Pos. 8. 238Der Anteil der WohnbevOlkerung ohne deutsche StaatsangehOrigkeit an der GesamtwohnbevOlkerung in HalleNeustadt hat sich zwischen 1992 und 2004 mehr als verdreifacht und liegt bei 6,6 Prozent. Das entspricht 3.398 Personen yon 51.751 Einwohnerlnnen, Halle gesamt 2004: vier Prozent (entspricht 9.487 von 237.093 Einwohnerlnnen), Sachsen-Anhalt 2004: rund 1,9 Prozent (entspricht 47.123 Personen von 2.447.314 Einwohnerlnnen). Vor allem in die Siidliche und NOrdliche Neustadt sind viele Menschen ohne deutsche Staatsbtirgerschaft gezogen. Vgl. Stadt Halle (Saale) (Hg.): Einwohner- und Statistikamt 1992-1997, Halle 1997, S. 16-18; dies. (Hg.): Ressort Statistik und Wahlen: Bev01kerung der Stadt Halle (Saale) 1998-2002, Halle 2003, S. 15, 17f; dies. (Hg.): Statistischer Quartalsbericht 1. Quartal 2004, Halle 2004, S. 10; Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (Hg.): Statistisches Monatsheft Sachsen-Anhalt 7/2004, Magdeburg 2004, S. 16; ders. (Hg.): Statistisches Landesamt SachsenAnhalt: Entwicklung der Deutschen und Ausl~inder seit 1990, unter http://www.stala.sachsen-anhalt.de; EineWelt-Haus Halle e.V. (Hg.): Migrationsatlas .... Halle 2005; eigene Berechnungen. 239Kommunikation, Int. 6, Pos. 8. 240Kommunikation, Int. 6, Pos. 6.
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Gruppen werden auch vergangene E r f a h m n g e n vergegenwgrtigt und kommuniziert. 24~ Rechts(extrem) motivierte Angriffe, Tatorte und Treffpunkte rechter/rechtsextremer Gruppen sprechen sich herum und scht~ren ~.ngste vor bestimmten Orten. Diese Areale werden von m a n c h e n potenziellen O p f e m nicht mehr aufgesucht, auch wenn es keine negativen pers6nlichen E r f a h n m g e n mit diesen Gegenden gibt. Ausreichend N r eine Meidung ist schon die M6glichkeit, einer Bedrohung ausgesetzt sein zu k6nnen, ,,well das da auch schon anderen passiert ist an diesen Often ''242 Allein die V e r m u m n g , dass sich an bestimmten Orten Rechte/Rechtsextreme treffen k6nnten, kann ausreichend sein, um von einem Besuch abzusehen. Da gingen haupts~ichlich Rechte hin, erkl~irte ein Jugendlicher in der Beschreibung eines Jugendclubs. G e w e s e n sei er dort noch nie. ,,Das weifl man yore hOren. ''243 l ~ e r einen halb6ffentlichen Treffpunkt in einem anderen Untersuchungsgebiet wurde gesagt, er sei ,,mit Sicherheit noch ein rechts dominierter. ''244 A u f die Frage, ob dies denn in letzter Zeit t~berp~ft worden sei, erfolgte eine abschl~gige Antwort. Die Erwartung, einer Geffihrdung ausgesetzt sein zu kt~nnen und die Angst, dieser hilflos gegenfiber zu stehen, erschwert die psychische und materielle/physische ( W i e d e r ) A n e i g n u n g 245 von Orten, die als rechtsbesetzt gelten oder galten.
242 Vgl. Welzer, Harald: Das soziale Ged~chtnis, in: ders. (Hg.): Das soziale Gedfichmis, Hamburg 2001, S. 9-21, hier S. 13. Welzer bezieht sich bier auf die Arbeit von Assmann, Jan: Kollektives Gedtichtnis und kulturelle Identitat, in: ders./HNscher, Tonio (Hg.): Kultur und Gedfichtnis, Frankfurt am Main 1988, S. 9ff. Assmann differenziert in ,,kommunikatives" und ,,kulturelles" Gedfichtnis. 242Kommunikation, Int. 7, Pos. 106, vgl. Kommunikation, Int. 8, Pos. 62-67; Kommunikation, Int. 9, Pos. 76, 77; Kommunikation, Int. 10, Pos. 92. 243Kommunikation, Int. 7, Pos. 18, vgl. Kommunikation, Int. 6, Pos. 5. 244Kommunikation, Int. 6, Pos. 16, 18. z45 Vgl. Kasper, Birgit: Die Angst ausR~iumen, Kassel 1998, S. 61; Bourdieu, Pierre: Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum, in: Wentz (Hg.): Die Zukunft des Stfidtischen .... Frankfurt am Main/New York 1991, S. 25-34. Bourdieus Begriff von physischem Raum ist gleichzusetzen mit dem Begriff,,Ort". Mit ,,sozialem Raum" hingegen sind keine klar lokalisierbaren, festen Orte gemeint, sondern vielmehr der Raum, der aus der Interaktion und den Machtbeziehungen zwischen sozialen Gruppen oder einzelner Personen an bestimmten Orten entsteht. Die Ergebnisse der Konstitution von sozialem Raum kOnnen sich aber sehr wohl in Ortsbesetzungen und Verft~gungsgewalten fiber Orte niedersehlagen.
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E Zusammenfassung der zentralen Forschungsergebnisse
Die mediale Begriffsbildung von ,,national befreiten Zonen"
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Der Begriff ,,(national) befreite Zone" ist im rechtsextremen Theoriediskurs der Bundesrepublik seit 1990 nachzuweisen. In Anknt~pfung an maoistische und Stadtguerilla-Konzepte wurde die Schaffung von Freirgumen ~ r den ,,Aufbau einer nationalistischen Gemeinschaft" diskutiert. Zugleich sollten diese Freir~ume einen Schutz gegen gesellschaftliche Ausgrenzung bieten. Gewaltf'drmige Aneignungskonzepte kamen in der ausgewerteten rechtsextremen Diskussion nicht zur Sprache. Eine Vorbildfunktion hatten die Praxis linker sozialer Bewegungen und die Erfahnmgen westeurop~iischer rechtsextremer Gruppierungen. Nachdem der Begriff schnell wieder aus der rechten Strategiedebatte verschwunden war, kam es im Jahr 1997 zu einer medialen Berichterstattung t~ber Versuche der rechten/rechtsextremen Szene, Zonen kulmreller Hegemonie aufbauen zu wollen, die mit dem vormaligen rechtsextremen Konzept zur Schaffung ,,befreiter Zonen" in Verbindung gebracht wurde. In den Jahren 1997 bis 2002 setzte eine massive Thematisierungswelle in der Qualit~itspresse ein, in der zum Teil ganze Landstriche in den neuen Bundeslgndem als ,,national befreite Zonen" ausgewiesen wurden. Gewalttaten und andere Erscheinungsformen rechtsextremen Handelns wurden als Umsetzung strategischer Oberlegungen innerhalb der extremen Rechten interpretiert. In der Berichterstattung erfolgte eine Fusion der Begriffe ,,national befreite Zonen" und ,,Angstzonen", in denen sich Minderheiten aus Furcht vor rechts(extrem) motivierter Gewalt nicht mehr auf,,die Stra6e" trauen w~rden. Innerhalb der nachvollziehbaren rechtsextremen Debatte kam es ab 1999, vor allem im engeren Umfeld der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, zu einer ,,Konjunkt~ar" des Begriffs, mit dem nun von Seiten rechtsextremer Autoren jedwede Form von gesellschaftlicher Einflussnahme ,,gerahmt" wurde. Eine Verlaufsbetrachtung der Diskussion und Information t~ber ,,national befreite Zonen" in der Qualitgtspresse und in rechtsextremen Publikationen zeigte, dass erst nach dem Agenda-Setting in der 6ffentlichen Berichterstattung entsprechende Konzeptdiskussionen seitens rechtsextremer Protagonisten wieder aufgenommen wurden. Die 6ffentliche Karriere des Begriffs ,,national befreite Zone" ist prim~ir auf die Aufkl~irungsarbeit beobachtender Gruppen und der t~berregionalen Qualitgtsmedien zu~ckzufahren. Er wurde also nicht von rechtsextremen Kreisen nach au6en, sondern vielmehr vonder 6ffentlichen Thematisierung nach innen getragen.
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Rechtsdominierte Orte
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Die Felduntersuchung ergab ein wesentlich uneinheitlicheres Bild von rechtsdominierten Orten als vermutet. An verschiedenen allgemein zug~inglichen 5ffentlichen Orten in den groBst~idtischen Plattenbau-Vierteln und in den kleinst~idtischen Untersuchungsorten konnten bei Feldaufenthalten nur wenige 8ffentliche Treffpunkte der rechten/rechtsextremen Szene beobachtet werden. Lokale Expertinnen und Experten best~itigten, dass starke Ansammlungen rechter/rechtsextremer Gesellungen tiber einen l~ingeren Zeitraum hinweg an 6ffentlichen Orten seit geraumer Zeit sehr selten vork~imen. C)ffentliche Orte, die als ,,Angstzonen" bezeichnet und deswegen gemieden werden, waren wesentlich schwerer zu identifizieren, als es die mediale Berichterstatmng erwarten lieg. Pl~itze oder Stadtviertel, die vor einigen Jahren noch als ,,beffeite Zone" gehandelt wurden, werden heute von MigrantInnen und Angeh6rigen nicht-rechter Jugendkulturen- wenn auch mit Vorsichtdurchquert oder gar genutzt. ,,Befreite Zonen" wurden nicht aufgefunden- weder im Sinne einer tiber Jahre andauemden ordnungspolitischen Abschliegung gegen als unliebsam angesehene Bev61kemngsteile, noch im Sinne der Erlangung einer rechten ,,kulmrellen Hegemonie", die eine weitgehende Entdemokratisierung des gesamten 6ffentlichen Lebens einer lokalen Gemeinschaft bedeutet h~itte. Die Untersuchungsgebiete waren der staatlichen Kontrolle zu keinem Zeitpunkt entzogen. Auch fanden sich Oberall engagierte und couragierte Menschen, die, wenn auch mit unterschiedlichem Rtickhalt in der lokalen Politik und nicht immer mit sichtbaren Erfolgen, rechte/rechtsextreme Aktivit~iten thematisierten. Die Befolgung einer strategischen Vorgabe, die ,,StraBe freizuk~impfen", wie in vielen Berichten tiber rechts(extrem) besetzte Orte vermutet wurde, konnte nicht nachgewiesen werden.
2.1 Dominanzzeiten und Angstzeiten
Es besteht oder bestand hingegen mancherorts eine Dominanz rechter/rechtsextremer Akteure an bestimmten Orten, etwa auf einem Platz, in einer Diskothek oder in einem Jugendclub. Die Vorherrschaft kann einen Sommer andauem oder nur an bestimmten Tagen der Woche bzw. bestimmten Tageszeiten sichtbar werden, aber auch eine tiber Jahre hinweg andauernde Dominanz beinhalten. Hier muss in verstetigte und tempor~ire Dominanzzonen unterschieden werden. Orte, an denen keine dauerhafte Pr~isenz rechter/rechtsextremer Gruppen auszumachen war, wurden w~ihrend deren Abwesenheit von Angeh6rigen nichtrechter Jugendszenen und von MigrantInnen genutzt oder begangen, galten aber dennoch als rechtsbesetzt. Die Definition eines Ortes als ,,gef~ihrlich" hing stark von Wochentagen und Jahreszeiten, aber auch vonder Anzahl und dem Alter der sich dort versammelnden rechten/rechtsextremen Gesellungen ab.
264
Eine wichtige Rolle bei der Etablierung von rechts(extrem) besetzten Orten spielte neben den Zeiten der Dominanz rechter/rechtsextremer Gesellungen auch die Attraktivit~it der Orte. Die Nicht-Begehbarkeit von Orten, deren Nutzung anderen wenig oder gar nicht erstrebenswert erschien, wurde selten als Verlust empfunden. Hier kann auch nicht von einem aktiven Meidungsverhalten der (potenziellen) Opfer gesprochen werden, da diese sowieso kein Bedt~rfnis artikulierten, sich dort aufzuhalten. Dennoch wurden sie von potenziellen und tatsgchlichen Opfem als ,,Angstzonen" bezeichnet.
2.2 Aneignungsformen und Nutzungskonflikte
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An weniger attraktiven Orten, wie manche Lokalen oder Jugendeinrichtungen, verlief die Aneignung sukzessive. Es zeigte sich zudem, dass Gelegenheitsstrukturen, wie der Umgang von Kneipenwirten mit rechten/rechtsextremen G~sten oder mangelnde konzeptionelle Richtlinien ~ r eine Sozialarbeit mit rechten/rechtsextremen Jugendlichen oder Jugendclubbesucherlnnen, die M6glichkeit zu einer ,,schleichenden" Besetzung halb6ffentlicher Orte boten. Gewaltsame Ortsaneignungen durch rechte/rechtsextreme Gesellungen, oftmals verbunden mit Nutzungskonflikten, waren hauptsgchlich bei begehrten Orten zu finden. Feststellbar war daraber hinaus eine Phase von massiven Raumkgmpfen in den ersten Jahren der 1990er Jahre. Dabei war eine Reihe gewalttgtiger Angriffe auf Trefforte von nichtrechten, linken oder ,,bunten" Jugendgruppen zu verzeichnen und in deren Ergebnis ganze Grol3stadtviertel, so auch Halle-Neustadt und Magdeburg-Olvenstedt, aber auch Kleinstgdte in lgndlichen Regionen fortan als ,,rechte" oder ,,linke" Gebiete defmiert wurden. Eine Konkurrenz um die Nutzung von bereits etablierten rechtsdominierten Kneipen oder um Wohnungen, Kleing~xten und um Immobilien mit rechtsextremen Eigen~merlnnen oder Besitzerlnnen hingegen konnte nicht festgestellt werden. Die yon rechts(extrem) motivierten Ausgrenzungshandlungen Betroffenen formulierten hier in keinem Fall ein Eigeninteresse an diesen Rgumlichkeiten. Sie galten nicht als Kristallisationspunkt von Raumnutzungskonflikten. Vielmehr standen die Thematisierung rechtsextremer Stmkturen und deren potenzielle Gef~hrlichkeit far Teile der Bev61kemng und das gesellschaNiche Klima im Vordergrund, meist verbunden mit Handlungsappellen an Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaff.
2.3 Die Funktion von Treffpunkten ftir die rechte/rechtsextreme Szene
Offentliche Orte sind far rechte/rechtsextreme Gesellungen ein Raum der Selbstinszenierung und der Abgrenzung gegen andere. Ihr Habims, ihr ostentatives Auftreten und ihre gewalttgtigen Verhaltensweisen verm6gen den Charakter eines Ortes zu pr~igen und sie k/3nnen zumindest tempor~ir fiber Nutzungs- und Aufenthaltsbedingungen entscheiden. Das heif3t, dass rechte/rechtsextreme Gruppiemngen wenigstens t~ber einen gewissen Zeitraum hinweg durch ihre Prgsenz, durch Drohung und Gewalt Simationskontrollen herstellen k6nnen und so die Definitionsmacht darfiber erlangen, welche Personenkreise sich unbehelligt in ,,ihren" Gebieten aufzuhalten verm6gen und welche nicht. Orte, an denen die
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Durchsetzung einer exklusiven Eigennutzung gelingt, werden Rir andere zu AusschlieBungsr~iumen. Ebenso wie 6ffentliche Treffpunkte dienen halb- und nicht-6ffentliche Trefforte der Binnenintegration einer rechten/rechtsextremen Szene. Sie erftillen eine wichtige Funktion als Versammlungsorte und/oder Orte des Informationsaustausches. Eine besondere Bedeutung in der allt~iglichen Gruppenpraxis besitzen das aktive Handeln und die ,,face-to-face"Kommunikation an gemeinsamen, exklusiven Orten (r~iumlich) oder bei exklusiven Anl~issen (inhaltlich). Gemeinschaftserlebnisse wie Sonnenwendfeiem, Helden-Gedenktage, Zeltlager, Geselligkeiten und Gewaltriten erzeugen das Geftihl von Zugeh6rigkeit und beinhalten gleichzeitig eine Praxis von Abgrenzung und Ausschluss. Vergemeinschaftungsprozesse innerhalb der rechten/rechtsextremen Szene st~irken die Bindekraft und die Attraktivit~it rechter Erlebniswelten unabh~ingig von ihrer Einbettung in strukturelle Vorgaben in Gestalt von Parteien und Verb~inden. Gemeinsam verbrachte Kneipenabende, die Kommunikation tiber Gewalt und gemeinsames Gewalthandeln, aber auch gemeinsames Feiem sind wichtige Funktionen und Bestandteile der gemeinschaftsbildenden Potenz rechter/rechtsextremer Aktivit~iten. Gruppendynamik und Modell-Lemen haben einen hohen Stellenwert bei der Entstehung und Verfestigung rechtsextremer Einstellungs- und Verhaltensmuster. In den kontaktdichten Gruppen wird der Umgang mit Gewalt erlemt, deren Einsatz legitimiert und ermOglicht. Es werden lokale und tiberregionale Beziehungsnetze wie formelle und informelle politische Strukturen aufgebaut. Ein integrativer, sozialer Handlungszusammenhang entsteht, der durch die Festigung von Bekanntschaften und Aktivit~itskemen stabil gehalten wird. So zeigen sich informelle und freundschaftliche Netzwerke der rechten/rechtsextremen Szene jenseits einer Organisierung in Parteien oder Kameradschaften als tragfiihig. Ehemalige, zwischenzeitlich inaktive Strukturen lassen sich so punktuell reaktivieren, auch wenn einzelne Akteure aus dem aktiven Gruppenzusammenhang ausgeschieden sind.
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2.4 Die Reaktionen von potenziellen und tatsiichlichen Opfern auf rechtsdominierte Orte
Nicht alle tats~ichlichen oder potenziellen Opfer reagieren gleichermaBen mit Meidung oder massiven Angstgeftihlen auf als rechts(extrem) besetzt geltende Orte und der Umgang von (potenziellen) Opfem mit Gewalthandlungen erfolgt in sehr unterschiedlicher Weise. Ihr Verhalten nach Attacken oder ihre Strategie, um gegentiber Bedrohungsszenarien zu bestehen, ist kaum generalisierbar. Im Hinblick auf die Interaktion zwischen potenziellen und tats~ichlichen Opfem und den Tr~igerInnen von Bedrohungs- und Gewalthandeln bedeutete die ,,Besetzung" 6ffentlicher und halb-6ffentlicher Orte, dass diejenigen, denen es nicht gelingt, sich an diesen Orten zu behaupten oder ihr Recht auf physische und psychische Unversehrtheit durchzusetzen, Einschr~inkungen ihrer Bewegungsfreiheit erleben. So sprach eine junge Frau davon, dass sie ,,diese Orte" nicht mehr aufsuchen wOrde. ,,Wenn das nicht m6glich ist, bewege ich mich entsprechend nicht zu Furl und nur mit Verteidigungswaffen wie zum Beispiel Reizgas. ''1 W~ihrend die einen die von ihnen als ,,gef'~ihrlich" bewerteten Orte weitgehend mieden, machten andere ihren Aufenthalt von Wochentagen, Folgen fiir Opfer, Int. 8, Pos. 27.
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Tageszeiten und der Zusammensetzung der anwesenden rechten/rechtsextremen Akteure abhgngig. Dritte wiederum umgingen diese Orte oder durchquerten sie nur per Fahrrad. Jedoch wurde auch davon gesprochen, den Be~rchtungen, Opfer einer rechts(extrem) motivierten Strattat werden zu k6nnen, nicht nachgeben zu wollen und deshalb die 6ffentlichen Treffpunkte rechter/rechtsextremer Gesellungen nicht zu meiden. ,,Wenn man vorbei schleicht wie ein MLiuschen, ist man Futter fiir die Ratte", fasste eine Ntere Interviewpartnerin ihre Haltung zusammen. 20hne Beracksichtigung- und dies konnte in dieser Untersuchung nicht geleistet werden - d e r jeweiligen Kontexte, die die Betroffenen bef~ihigen Bewgltigungsstrategien zu entwickeln, konnte nur die Bandbreite m6glicher Reaktionen auf lokalisierbare Gewalt(bedrohungen) beschrieben werden, die keinen Anspruch auf eine Generalisierbarkeit erheben k6nnen.
Interaktive Faktoren der Konstituierung und Festschreibung von ,,Angstzonen"
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3.1 Diskrepanz zwischen ,,Angstzonen" und Gewalttorten
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In drei der vier Untersuchungsorte bestand w~ihrend der letzten Jahre eine Diskrepanz zwischen der subjektiven Gefahreneinsch~itzung von (potentiellen) Opfem und der tats~ichlichen Gef~ihrdung an bestimmten als ,,Angstzonen" definierten /Sffentlich zug~inglichen Gebieten. Als gef~ihrlich codierte Areale waren nicht identisch mit Orten oder Gegenden, in denen eine tiberproportionale Belastung mit rechts(extrem) motivierter Gewalt zu verzeichnen war. ,,Angstzonen" der ersten Jahre nach der Jahrtausendwende begriinden sich in einem geringeren Mag als angenommen durch eine dauerhafte territoriale Kontrolle seitens rechter/rechtsextremer Gesellungen. Es kann jedoch gesagt werden, dass die Bezeichnung einer bestimmten Gegend oder eines Ortes als ,,Angstzone" ihren Ursprung in rechts(extrem) motivierten Gewaltakten hat. Bei der Definition eines Ortes oder Gebietes als ,,Angstzone" mtissen auch symbolische Markierungen durch often zur Schau getragene, mit rechtem/rechtsextremem Gedankengut in Verbindung zu bringende Zeichen wie Aufn~iher, bestimmte Kleidungsmarken, aber auch durch Plakate und Klebezettel berticksichtigt werden. Gleiches gilt ~ r Sprtihereien, die als Zeichensystem der r~iumlichen Alltagskultur zu interpretieren sind. Zeichen und Symbole sind Mittel der Selbstdarstellung und zugleich ,,Medien der Verst~indigung" (Korff) 3, die sprachliche Aushandlungsprozesse abkiirzen. Sie sind, sofern sie mit politi2Folgenfar Opfer, Int. 9, Pos. 30. 3Korff: Symbolgeschichte.... in: Wameken(Hg.): MassenmediumStrage .... Frankfurtam Main 1991, S. 17-36, hier S. 17.
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Tageszeiten und der Zusammensetzung der anwesenden rechten/rechtsextremen Akteure abhgngig. Dritte wiederum umgingen diese Orte oder durchquerten sie nur per Fahrrad. Jedoch wurde auch davon gesprochen, den Be~rchtungen, Opfer einer rechts(extrem) motivierten Strattat werden zu k6nnen, nicht nachgeben zu wollen und deshalb die 6ffentlichen Treffpunkte rechter/rechtsextremer Gesellungen nicht zu meiden. ,,Wenn man vorbei schleicht wie ein MLiuschen, ist man Futter fiir die Ratte", fasste eine Ntere Interviewpartnerin ihre Haltung zusammen. 20hne Beracksichtigung- und dies konnte in dieser Untersuchung nicht geleistet werden - d e r jeweiligen Kontexte, die die Betroffenen bef~ihigen Bewgltigungsstrategien zu entwickeln, konnte nur die Bandbreite m6glicher Reaktionen auf lokalisierbare Gewalt(bedrohungen) beschrieben werden, die keinen Anspruch auf eine Generalisierbarkeit erheben k6nnen.
Interaktive Faktoren der Konstituierung und Festschreibung von ,,Angstzonen"
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3.1 Diskrepanz zwischen ,,Angstzonen" und Gewalttorten
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In drei der vier Untersuchungsorte bestand w~ihrend der letzten Jahre eine Diskrepanz zwischen der subjektiven Gefahreneinsch~itzung von (potentiellen) Opfem und der tats~ichlichen Gef~ihrdung an bestimmten als ,,Angstzonen" definierten /Sffentlich zug~inglichen Gebieten. Als gef~ihrlich codierte Areale waren nicht identisch mit Orten oder Gegenden, in denen eine tiberproportionale Belastung mit rechts(extrem) motivierter Gewalt zu verzeichnen war. ,,Angstzonen" der ersten Jahre nach der Jahrtausendwende begriinden sich in einem geringeren Mag als angenommen durch eine dauerhafte territoriale Kontrolle seitens rechter/rechtsextremer Gesellungen. Es kann jedoch gesagt werden, dass die Bezeichnung einer bestimmten Gegend oder eines Ortes als ,,Angstzone" ihren Ursprung in rechts(extrem) motivierten Gewaltakten hat. Bei der Definition eines Ortes oder Gebietes als ,,Angstzone" mtissen auch symbolische Markierungen durch often zur Schau getragene, mit rechtem/rechtsextremem Gedankengut in Verbindung zu bringende Zeichen wie Aufn~iher, bestimmte Kleidungsmarken, aber auch durch Plakate und Klebezettel berticksichtigt werden. Gleiches gilt ~ r Sprtihereien, die als Zeichensystem der r~iumlichen Alltagskultur zu interpretieren sind. Zeichen und Symbole sind Mittel der Selbstdarstellung und zugleich ,,Medien der Verst~indigung" (Korff) 3, die sprachliche Aushandlungsprozesse abkiirzen. Sie sind, sofern sie mit politi2Folgenfar Opfer, Int. 9, Pos. 30. 3Korff: Symbolgeschichte.... in: Wameken(Hg.): MassenmediumStrage .... Frankfurtam Main 1991, S. 17-36, hier S. 17.
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schen Aussagesystemen verkntipft sind, Ausdruck einer Gesinnung und k6nnen bei ihren BetrachterInnen Bedrohungs~ingste hervorrufen. Ein an H~iuserw~inden, an Bushaltestellen oder Bauz~iunen angebrachtes ,,Ausl~inder raus" oder ,,Zecke, verpiss dich", ein gesprfihtes Hakenkreuz, ein ,,Heil Hitler" oder an Straf3enlatemen angebrachte Plakate und Aufkleber rechten/rechtsextremen Inhalts kommen einer Markierung des Sozialraumes gleich. Symbolische Markiemngen wie rechts(extrem) motivierte und ffemdenfeindliche Sprt~ereien, die Besch~idigung von emotionalisierten Orten oder die Entwendung von Gegenst~inden leisten einen Beitrag zur Aufffischung der Codierung eines Gebietes als rechts(extrem) besetzt oder ,,gef~ihrlich". Objektive Faktoren der Entstehung von Angstzonen an 6ffentlichen und halb6ffentlichen Orten:
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Abbildung 8:
Gleichwohl konstimieren sich ,,/~mgstzonen" nicht nur durch dokumentierte Gewalt- und Bedrohungsaktivit~iten seitens rechter/rechtsextremer Gesellungen oder durch eine tempor~ire bzw. verstetigte Dominanz rechter/rechtsextremer Akteure an bestimmten Orten. ,,Weiche" Faktoren, wie die Kommunikation fiber ,,gef~ihrliche Orte" unter potenziellen Opfem und das best~indige Abrufen vergangener Gewalttaten sowie die Reaktionen des pers6nlichen (Eltern, Bekannte), des institutionalisierten (Polizei, Sozialarbeit) Umfeldes und die unbeteiligter Dritte auf erlittene Gewalt rahmen die Erfahrungen an rechts(extrem) besetzten Orten. Um dem Ph~inomen ,,Angstzone" gerecht zu werden, mtissen neben den sichtba-
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ren Gegebenheiten auch die Situationsdefmitionen und Umgangsweisen von Akteursgruppen wie den potenziellen Opfem selber, des Wohnumfeldes, der Repressionsorgane und der st/~dtischen Eliten berficksichtigt werden.
3.2 Reaktionen unbeteiligter Dritter auf rechts(extrem) motivierte Gewalt
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Bei Dominanzbestrebungen einer rechten/rechtsextremen Szene im 6ffentlichen Raum spielt die Aktion sowie die Reaktion anderer Personen aus verschiedenen Milieus eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang ist auch das Handeln von AnwohnerInnen und unbeteiligten Dritten bei Gewaltakten oder anderen rechten/rechtsextremen Aktivit/~ten von Bedeutung. Je nach d e m o b unbeteiligte Dritte positiv, gleichgt~ltig oder ablehnend auf abwertende oder gewaltt/~tige Handlungen reagieren, interpretieren die Betroffenen die Reaktion als Legitimation von rechten/rechtsextremen Dominanzbestrebungen oder als Abgrenzung gegen illegitime, auBerhalb eines gesellschafilichen Konsens stehende Verhaltensweisen. Die Reaktionen unbeteiligter Dritter auf rechts(extrem) motivierte Handlungen haben ebenso wie die Reaktionen von SozialarbeiterInnen, institutionellen Eliten oder der staatlichen Sicherheitsorgane Einfluss auf die Ortswahrnehmung potenzieller Opfer. Hilfestellungen fiir Opfer beeinflussen das Ausma6 von Bedrohungs~ingsten und Unsicherheitsgeffihlen positiv.
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3.3 Reaktionen Dritter auf erfolgte Viktimisierungen
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W~ihrend alle befragten Opfer in ihrer Hautfarbe, in ihrer erkennbaren Zuordnung zur Gruppe der MigrantInnen oder ihrem Aufireten als Mitglieder nicht-rechter Jugendgmppen den alleinigen Grund ~ r gegen sie gerichtete Angriffe sahen, entpolitisierten SozialarbeiterInnen, Polizisten oder Angeh6rige von Opfern oftmals die Motive far derartiges Handeln. Als g/~ngige Situationsinterpretation wurden die Topoi der ,,allgemeinen Jugendgewalt" oder des ,,Streits wegen Frauen" herangezogen. Die Betroffenen sehen durch die Reaktionen von Polizei, SozialarbeiterInnen oder ihrer Angeh6rigen ihre Glaubwt~rdigkeit angezweifelt. Sie empfanden eine Subsumtion ihrer Gewalterfahrung unter ,jugendgmppenspezifische Streitigkeiten" als verharmlosend, den Umgang mit ihnen nach einer Viktimisierung als wenig empathisch und kaum verst/~ndnisvoll. Die Reaktionen der Strafverfolgungsinstanzen, der professionell mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeitenden Bemfsgruppen, der Politik und nicht zu vergessen die von Eltem, Bekannten und unbeteiligten Dritten fuhren zu einem verringerten Vertrauen in institutionalisierten und sozialen Schutz vor rechts(extrem) motiviertem Gewalthandeln und sind mitbestimmend fiir die Definition yon bestimmten Orten als ,,Angstzonen".
3.4 Kommunikation und Imagebildung
Orten, an denen Gewaltdelikte stattfanden und die potenziellen und tats~ichlichen Opfem als bedrohlich kommuniziert werden, haftet ebenso wie Orten, an denen rech-
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te/rechtsextreme Zusammenschltisse wahrgenommen werden/wurden, ein zghlebiges Negativ-Bild an. Die Charakterisierungen sind stabil und werden fiber Erz~hlungen und durch mediale Berichterstatmngen emeuert. Indem eine ,,kollektive Erirmerung" an Gewalttaten abgerufen wird, entfalten auch zurfickliegende Attacken ohne Rficksicht auf aktuelle Bedrohungssituationen eine lang andauernde Wirkung. Schlechte Erfahrungen an bestimmten Orten werden an andere potenzielle Opfer weitergegeben. Es spricht sich herum, welche Orte unsicher seien und diese werden auch dann als problematisch beschrieben, wenn keine eigenen Viktimisierungserfahrungen mit diesen Orten vorhanden sind und andere Personen in diesen Gebieten keine ungew6hnliche Abweichung vom ,,normalen" Stral3enbild hinsichtlich der sich dort authaltenden Personen feststellen. ,,Angstzonen" konstituieren sich mehrschichtig. Neben objektiven Faktoren wie einer Zusammenballung rechter/rechtsextremer Akteure an eingrenzbaren Orten oder realen Gewaltaktivit~iten einer rechten/rechtsextremen Szene, spielen ebenso die dargestellten interaktive Faktoren eine Rolle. ,,weiche" bzw. interaktive Faktoren der Entstehung von ,,Angstzonen" an 6ffentlichen und halb6ffentlichen Orten:
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Abbildung 9:
Bilder von ,,Angstzonen" sind leistungsstark, vermitteln sie doch eine Kausalit~it zwischen der Existenz rechter/rechtsextremer Gesellungen, geographisch eingrenzbaren Orten, an denen eine rechte/rechtsextreme Szene sichtbar auflritt und Gewalt. Die Lokalisierung yon Bedrohung, gekoppelt an medial und kommunikativ vermittelte Feindesland- und ,,Angst-
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zonen"-Szenarien, bestimmt die r~iumliche Wahrnehmung der Stadt. ,,Man weil3 halt", wo es gef~ihrlich ist. Der Charakter eines Ortes wird durch die plausibel anmutende Konstruktion eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem Ort und einer Tat gepr~igt. Potenzielle und tatstichliche Opfer kartieren die Stadt kognitiv in Sicherheits- und Unsicherheitszonen. Es entsteht ein wirkungsm~ichtiger, von ,,Orten der Angst" tiberzogener mentaler Stadtplan. Kommt es in diesen ,,Angstzonen" erneut, und wenn auch nur vereinzelt, zu rechts(extrem) motivierten Straftaten, erfolgt eine Auffrischung der Definition von bestimmten Gegenden als ,,gef~ihrliches Terrain". Die Unterteilung in begehbare und unbegehbare Orte, in gef~ihrliche und ungef~ihrliche Areale ruft ein Ge~hl von Kalkulierbarkeit bei der Einsch~itzung von Gef~ihrdungspunkten hervor. In Anbetracht der oftmals situativen und ortsungebundenen Gewaltausbrtiche rechter/rechtsextremer T~iter kann ein trtigerischer Schein von geschtitzten Orten entstehen. Heute k6nne man nicht mehr sicher sein, wo die Rechten tiberall sind, so eine lnterviewpartnerin. Frtiher h~itten sie sich in einem bestimmten Viertel konzentriert: ,,Es gibt nicht mehr den Ort, yon dem gesagt werden kann." 'da sind sie, den Ort meiden wir. ' Sie kOnnen aberall sein. ''4 Meidungsstrategien im Sinne von ,,andere Wege" oder ,,Umwege" w~ihlen laufen ins Leere, wenn rechte/rechtsextreme Gesellungen weniger best~indig oder selten an geographisch eingrenzbaren Orten anzutreffen sind. Das ,,Ged~ichmis" der potenziellen und tats~ichlichen Opfer(gruppen) und die best~indige Weitervermittlung von diskursivem Wissen tiber Taten, Tatorte und rechtsdominierte O r t e - gekoppelt an medial vermittelte Feindeslandszenarien- Nhren zu einer Imagebildung von Gebieten. Die Definition eines Sozialraumes als ,,Angstzone" ist so nachhaltig, dass manche Gegenden bzw. Orte teilweise bis heute als ,,gef~ihrlich" bezeichnet werden, obwohl sich die Situation hinsichtlich rechts(extrem) motivierter Gewaltvorf'~ille entspannt hat. Auch wenn kein aktives Drohverhalten oder gar Gewalthandeln an bestimmten Offentlichen und oder halb6ffentlichen Orten mehr festgestellt werden kann, dies aber in der Vergangenheit der Fall war, wird das Wissen dartiber unabh~ingig von realen Ver~inderung in das konkrete Handeln einbezogen. Bestimmte Orte bekommen so eine doppelte Zuschreibung: Einmal als konkrete Pl~itze von Interaktion und Konfrontation, zum anderen als Orte, die durch negative Ge~hle wie Angst und Unsicherheit als ,,gef~ihrliche Orte" definiert sind. MacDowell beschreibt dies treffend mit: ,,So places are both concrete and symbolic. They are literally and metaphorically made up: of buildings, field systems, roads and railways as well as of myths and legends, statues and ceremonies that link people to a place. ''5 Rechts(extrem) motivierte Gewalt wirkt zwischen den Polen von subjektiver Wahrnehmungen, Projektionen und Faktizit~it, zwischen vermittelten Viktimisierungserfahrungen und real erlebter Gewalt oder Gewaltandrohung. Gef~ihrdungserwartungen und die Angst, bedrohlichen S ituationen hilflos und ohne Beistand ausgesetzt zu sein, behindem die (Rtick-)Gewinnung von als rechtsdominiert definierter Orte. Ver~indemngen in der Zusammensetzung der Nutzerlnnen, ein Abklingen von rechts(extrem) motivierten Handlungen und positive Erfahrungen mit ehemals rechtsbesetzten Orten diffundieren nur langsam ins Bewusstsein betroffener Bev61kerungsteile.
Guben, Mitschrift Gesprfich,Pos. 14 (NGO). 5 McDowell, Linda: Introduction: Rethinking Place, in: dies. (Hg.): Undoing Place? A Geographical Reader, London/New York 1997, S. 2-12, hier S. 2.
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Abbildung 10: Imagebildung
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Unbestritten ist, dass es in einigen St~idten oder Regionen tiber einen ktirzeren oder l~ingeren Zeitraum hinweg Gegenden gibt, in denen rechts(extrem) motivierte Gewaltkriminalitat h6here Auspr~igungen zeigt als in anderen Gegenden. Das Ergebnis der Smdie ,,Rechte Gewalt in Berlin ''6 des Berliner Verfassungsschutzes konnte anhand der dem Verfassungsschutz zur Verffigung stehenden Daten far den Zeitraum 1998 bis 2003 verdeutlichen, dass bestimmte Berliner Wohnbezirke als Schwerpunktregionen der polizeilich erfassten rechts(extrem) motivierten Gewalt zu bezeichnen sind. Demnach werden solche Gewalttaten h~iufiger dort verfibt, wo Rechtsextremisten wohnen oder besonders aktiv sind. Vor allem in Stadtvierteln, in denen Treffpunkte der rechten/rechtsextremen Szene liegen, werden mehr Gewaltstraftaten registriert als anderswo. Der Verfassungsschutz wies zudem darauf hin, dass die Berliner Hochburgen der NPD h~iufig Regionen rechts(extrem) motivierter Gewalt sind. Besonders h~iufig befinden sich Tatorte im Umfeld von Bahnh6fen, da der im Vergleich zu anderen Gegenden hohe Publikumsverkehr die Wahrscheinlichkeit, dass rechts(extrem) gesinnte T~iter auf potenzielle Opfer treffen erh6ht. Diese Studie macht zugleich auf ein Dilemma aufmerksam: So gut es sein mag, zu wissen, wo Rechtsextremistlnnen wohnen oder sich treffen, so problematisch ist es, durch Tatortbzw. Treffort-Karten ganze Stadtviertel als potenzielle ,,Angstzonen" auszuschreiben, die besser gemieden werden sollten. Diese Kartierungen dienen einerseits der Information fiber Treffpunkte der rechten/rechtsextremen Szene und zur Herstellung von Offentlichkeit und deren Sensibilisierung gegenfiber Gef~ihrdungen und realen Tatorten. Andererseits ktinnen 6Vgl. Senatsverwaltungfar Inneres, AbteilungVerfassungsschutz(Hg.): Rechte Gewalt .... Berlin2004.
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,,Angstkarten" das Selbstbewusstsein rechter/rechtsextremer Gruppierungen st~irken, da unterstellt wird, sie kOnnten durch hegemoniale Aggressivit~it eine territoriale Kontrolle oder konforme Verhaltensstandards dauerhaft durchsetzten. Ist-Zust~inde werden festgeschrieben, zivilgesellschaftliche Interventionsdynamiken, die mancherorts auftretende Schnell-Lebigkeit yon 6ffentlichen und halb-6ffentlichen Treffpunkten sowie ihre Verlagerung an andere Orte werden dabei wenig berticksichtigt. Zudem k6nnen ,,Angstkarten" zum Rtickzug von potenziellen Opfergruppen und zur Aufgabe der als gef~ihrlich definierten Gebiete fiihren und dies fiber lange Zeitr~iume hinweg - ungeachtet real stattfindender Ver~indemngen in der Kriminalit~itsbelastung, der Zusammensetzung der Wohnbev61kerung oder einer Etablierung nicht-rechter Szenen. Das negative Image mancher Gebiete wird somit zementiert, bleibt unhinterfragt und l~isst wenig Spielraum far die Mobilisierung von gesellschai~lichen Gegenkr~iften und die damit verbundene M6glichkeit von Wandel. Dieser Wandel im Alltag, sei es durch eine Durchmischung der Wohnbev61kerung dutch Zuzug yon Menschen ,,aus aller Welt" oder durch die St~irkung vorhandener struktureller oder personeller Ressourcen, die sich fiir die gesellschattliche Umsetzung pluralistischer Grundhaltungen einsetzen, gilt es zu untersttitzen. Die Konsequenz des Rtickzuges aus Gebieten mit einer quantitativ st~irkeren Belastung an rechts(extrem) motivierten Gewalttaten oder einem hohen Anteil von WghlerInnen rechtsextremer Parteien bzw. AngehOrigen einer rechten/rechtsextremen Szene bedeuteten auch eine Schw~ichung von Grundhaltungen, die der St~irkung zivilgesellschaftlicher Normen und Werte und dem Abbau von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzungsdiskursen dienen. Doch gerade die normativen Kemelemente der Gesellschatt, wie das Recht auf Gleichwertigkeit und Unversehrtheit, bedtirfen eines Klimas, das sich gegen Angriffe auf eben diese universellen Werte abgrenzt. Eine Mobilisierung jener Kr~ifte, die versuchen gegen Abwertungsph~inomene, Ausschlusspraktiken gegen Minderheiten und jenen Ideologien von Ungleichwertigkeit, die das friedliche und demokratische Zusammenleben gef~ihrden, anzusteuem, er6ffnet die M6glichkeit einer Rtickgewinnung von rechts(extrem) besetzten Orten. 7
7 Als Beispiel far eine Mobilisierung von Gegenkr~iftenkann die Berliner Stadtteilkampagne ,,Hol dir den Kiez zurt~ck! Lichtenberg gegen Rechts!" gelten, in deren Rahmen ein Vielzahl yon Aktivit~tenwie Stragenfeste, OpenAir-Konzerte oder Informationsveranstaltungen gegen rechts stattfinden. Vgl. Lichtenberg gegen rechts, unter http://www.lichtenberg-gegen-rechts.tk/,ges. 14.08.2006.
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