Ungeheuer vom Neptun Ein spannender und mitreißender Zukunftsroman von F. G. Wilkins
Der Entdeckung des Planeten Neptu...
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Ungeheuer vom Neptun Ein spannender und mitreißender Zukunftsroman von F. G. Wilkins
Der Entdeckung des Planeten Neptun ging eine interessante Geschichte voraus. Urbain Leverrier arbeitete daran, die Bahnstörungen des Uranus zu erklären und kam zu dem Schluß, daß ein bisher unentdeckter Planet die Ursache sein müsse. Im Jahre 1846 wurde seine Vermutung bestätigt, als der Observer Galle den Planeten in der Nähe der von Leverrier vorausbestimmten Stelle entdeckte. Das genaue Gegenteil erleben Professor Miller und seine Mannschaft, als sie Neptun ansteuern. Keine der Voraussagen der Wissenschaftler scheint zu stimmen. Neptun ist nicht siebzehnmal so groß wie die Erde, Neptun ist keine Welt der Kälte und Finsternis, obgleich die Sonnenferne doch zu dieser Theorie ausreichenden Anlaß gibt. Lesen Sie selbst, wie sich die Rätsel aufklären.
Kommissar Wyne, Leiter des Morddezernates im New Yorker Polizeipräsidium, saß hinter seinem Schreibtisch. Ihm gegenüber wartete sein engster Mitarbeiter, Inspektor Ben Allen, auf neue Anweisungen. Die Gangster von New York ging den beiden gerne aus dem Weg, und besonders Kommissar Wyne war gefürchtet. Wyne und Allen kannten die Stadt wie niemand anders und bewegten sich in den eleganten Salons ebenso sicher wie in den Lokalen der Unterwelt. 3
„Nicht viel los, momentan“, brummte Kommissar Wyne unzufrieden. Er haßte Untätigkeit. Lächelnd blickte sein Mitarbeiter auf. „Was nicht ist, kann noch werden, und es schadet Ihnen wirklich nicht, wenn Sie mal einige ruhige Tage verbringen. Verdient haben Sie es, Chef.“ „Damit können Sie recht haben, Allen. Aber wenn ich ehrlich sein will, mir paßt diese Untätigkeit nicht.“ „Geht mir genauso, Kommissar. Diese beängstigende Stille, die derzeit in unserer Abteilung herrscht, ist auch nicht nach meinem Geschmack. Aber ich hätte da einen Vorschlag. Wie wäre es mit einem kleinen Ausflug? Ich weiß einen fischreichen See.“ Nun lachte auch Kommissar Wyne. „Nicht übel, dieser Vorschlag. Werde mein Angelzeug herrichten, dann kann es meinetwegen losgehen. Für den Sport habe ich immer etwas übrig. Nicht zu anstrengend, und man kann dabei ausgezeichnet nachdenken.“ Inspektor Allen wollte etwas entgegnen, doch in diesem Augenblick leuchtete der Bildschirm über dem Schreibtisch des Kommissars auf. Wyne drückte eine Taste nieder, und nun erschien der Kopf des Polizeipräsidenten auf der Bildscheibe. „Das trifft sich ja ausgezeichnet, daß Sie beide anwesend sind. Ich möchte mit Ihnen, Kommissar, und mit Ihrem Mitarbeiter etwas besprechen, ziehe jedoch eine mündliche Unterhaltung vor. Kommen Sie bitte in mein Büro.“ Der Kopf des Polizeipräsidenten verblaßte und verschwand dann ganz vom Bildschirm. Wyne und Allen blickten sich verwundert an. „Dürfte etwas Wichtiges vorliegen, wenn uns der Chef sprechen will“, sagte Kommissar Wyne. „Denke ich auch, Kommissar. Wegen einer Belanglosigkeit ruft uns der Chef nicht zu sich, da muß es sich schon um einen dicken Brocken handeln, den …“ 4
„… den er uns vorwerfen wird“, vollendete Kommissar Wyne etwas grimmig. „Nun, wir werden ja sehen.“ Wenig später betraten die beiden Kriminalisten das Büro des Polizeipräsidenten von New York. Er war ein Mann von sechzig Jahren, eine stattliche Erscheinung. Lächelnd blickte er auf den eintretenden Kommissar und den Inspektor. „Obwohl ich mir den Fortschritt lobe, ist mir bei heiklen Sachen eine Besprechung hier in meinen vier Wänden lieber. Da gibt es wenigstens keine ungebetenen Lauscher.“ Ernst fuhr der Polizeipräsident fort: „Es ist ein wichtiger Anlaß, der mich zu dieser Unterredung zwingt, und der Fall verlangt vor allem strengste Diskretion. Der berühmte Professor Miller ist seit zwei Tagen spurlos verschwunden.“ Der Polizeipräsident bemerkte den kurzen Blick, den sich der Kommissar und der Inspektor nach seiner Eröffnung zuwarfen. „Sie werden sich fragen, warum ich Sie gerufen habe, obwohl es sich nicht um einen Mord handelt. Zugegeben, dieser Fall schlägt nicht in Ihr Ressort. Ich habe Sie ausgewählt, weil Sie zu meinen tüchtigsten Beamten zählen. Das Verschwinden des Professors ist von ungeheurer Bedeutung.“ „Ist es der bekannte Chefkonstrukteur?“ fragte Kommissar Wyne. „Ganz richtig, Wyne. Es handelt sich um den berühmten Atomwissenschaftler. Man muß ihn von seiner Arbeitsstätte entführt haben.“ „Davon wußte ich noch gar nichts.“ „Ist verständlich, Kommissar. Es wurde nichts verlautbart. Das Verschwinden des Professors bleibt auch weiterhin geheim.“ „Aus welchem Grund?“ „Um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Ich möchte Ihnen zu dem Fall kurz einige Erklärungen geben. Sie wissen sicher, 5
daß Professor Miller vor Zwanzig Jahren, im Jahre 1962, am ersten Flug nach dem Mond teilnahm. Professor Millers Erfindung trug wesentlich zum Gelingen des Fluges bei. Aber er hat auch seit dieser Zeit nicht geruht und experimentierte an einem Raumschiff, das nicht nur auf den Mond, sondern in den unendlich weiten Raum Vordringen sollte. In den vergangenen zwanzig Jahren arbeitete der Professor mit einem großen Mitarbeiterstab an der Verwirklichung dieser Idee, die von seinen Gegnern als Utopie verspottet wurde.“ „Ich erinnere mich, daß ich hin und wieder von den Versuchen des Professors hörte. Und wie weit ist er mit seinen Experimenten?“ „Ich kann sagen, die Versuche sind schon längst abgeschlossen, und in Kürze sollten zwei Raumschiffe zum ersten großen Flug in das äußere Sonnensystem starten.“ „Das ist ja eine phantastische Neuigkeit.“ „Das kann man wohl sagen. Niemand wußte, wie weit Miller mit seinen Forschungen war, es gab nur eine Stelle, die laufend unterrichtet wurde, die Regierung selbst. Man hielt die Versuche des Professors streng geheim, um nicht die Gefahr eines Verrates heraufzubeschwören. Unser Präsident empfing mich gestern und teilte mir dies alles mit. Man ist durch das Verschwinden des Professors in großer Unruhe, denn mit seiner Erfindung steht und fällt die Raumfahrt. Durch die Erfindung Millers ist der Raum bezwungen. Hunderte von Wissenschaftlern in aller Welt arbeiten seit Jahren verbissen an diesem Problem, doch bis heute ist es außer Professor Miller keinem gelungen, den Traum der Menschen, die Reise ins unendliche All, zu verwirklichen. Sie verstehen daher, welch große Vormachtstellung unser Land durch Millers Erfindung einnehmen wird. Bis jetzt bestand die größte Leistung darin, auf den Mond vorzudringen. Doch dann gebot der Raum Einhalt. Kein Raum6
schiff konnte sich zu anderen Planeten vorwagen. Gemessen an Millers Plänen ist ein Flug nach dem Mond ja nur ein Katzensprung. Denn was bedeutet die Entfernung zum Mond, wenn Sie an eine Reise zum Neptun denken.“ „Neptun?“ stieß der Kommissar entgeistert aus. Der Polizeipräsident nickte. „Das ist, beziehungsweise war, das große Problem, das durch Miller seine Lösung gefunden hatte. Und jetzt, kurz vor dem Ziel, ist diese Schlüsselfigur des Projektes spurlos verschwunden.“ „Die Aufregung der Regierungsmitglieder ist verständlich. Aber gibt es nicht vielleicht eine ganz harmlose Erklärung für Millers Verschwinden?“ „Wie meinen Sie das, Kommissar?“ „Vielleicht taucht Professor Miller heute oder morgen wieder auf. Ich habe schon mehrfach gehört, daß ein Wissenschaftler kurz vor Abschluß seines Lebenswerkes die Nerven verlor und sich einfach zurückzog, um Wochen später erholt wieder anzutreten. – Wenn das bei Miller nicht zutrifft, dann hat man ihn wohl entführt. Aber wir sollten doch auch die harmlose Erklärung in Betracht ziehen.“ „An die Möglichkeit glaube ich nicht, denn in einem solchen Fall hätte Miller unbedingt Bescheid gegeben. Nein, wir dürfen uns nichts vormachen. Professor Miller erhielt in den letzten Jahren wiederholt verlockende Angebote aus dem Ausland. Selbstverständlich lehnte er immer ab, da er nur seinem Vaterland dienen wollte.“ „Und eine dritte Möglichkeit? Wenn er nun doch die Flucht in das Ausland ergriffen hätte, um seine Erfindung dort an den Mann zu bringen?“ „Ausgeschlossen, Kommissar. Miller liebte wie kein zweiter sein Vaterland, und er wäre nie ein Verräter geworden. Ich habe ja schon erklärt, daß er alle verlockenden Angebote, die ihm in 7
den letzten Jahren von verschiedenen Seiten zugekommen sind, ausgeschlagen hat, weil er die Erfindung seinem Vaterland schenken wollte.“ „Also hat man tatsächlich den Professor entführt, um seine gewaltige Erfindung zu bekommen. Wir müssen von vorne anfangen. Die Nachforschungen werden dadurch erschwert, daß Miller schon seit zwei Tagen fort ist. Sorgen Sie dafür, daß uns Sondervollmachten erteilt werden?“ „Selbstverständlich, Kommissar. Sie und Inspektor Allen haben vollkommen freie Hand bei Ihren Nachforschungen nach dem Verbleib des Professors. Doch muß ich Sie bitten, die Angelegenheit als streng vertraulich zu betrachten. Es wäre sehr peinlich für die Regierung, wenn die Sache bekannt würde. Mein könnte der Regierung vorwerfen, daß sie Miller zu wenig geschützt habe. Außerdem sieht unser Präsident Gefahren für Ruhe und Ordnung. Sie wissen, wie stark sich die breite Masse seit Jahrzehnten für die Raumfahrtidee interessiert. Unsere Landsleute wären sicher imstande, die Regierung zu stürzen, die einen Mann wie Miller entkommen ließ.“ „Haben Sie wenigstens einige Anhaltspunkte für uns? Von wo verschwand Professor Miller? Wer sah ihn zum letztenmal?“ fragte nun Inspektor Allen. „Er verschwand von seiner Arbeitsstätte in den Mortimerwerken. Sie erhalten natürlich eine Vollmacht, mit der Sie freien Zutritt zu den Mortimerwerken haben, damit Sie an Ort und Stelle mit Ihren Nachforschungen beginnen können. Dort erfahren Sie auch alles Wissenswerte über den derzeitigen Stand der Erfindung Professor Millers, soweit dies für Ihre Recherchen von Wichtigkeit ist. Ich setze meine ganze Hoffnung in Sie. Möge es Ihnen gelingen, bald eine Spur des Vermißten zu finden. Machen Sie Ihre Sache gut und halten Sie mich auf dem Laufenden.“ 8
Nach einem kurzen Händedruck waren die beiden Kriminalisten entlassen. * Wie sorgfältig die großen Mortimer-Werke bewacht wurden, stellten Kommissar Wyne und Inspektor Allen schon zwei Stunden später fest. Die großen Hallen und Labors lagen inmitten eines Parkes, der von einem hohen Drahtzaun und teilweise auch von einer Mauer umgeben war. Schon als sie sich dem Werksgelände näherten, bemerkten sie, wie sie von einigen Zivilisten aufmerksam gemustert wurden. Geschickt folgten ihnen drei Männer, die jeden ihrer Schritte mißtrauisch beobachteten, was dem Kommissar und seinem Begleiter ein Schmunzeln entlockte. Anerkennend stellten sie fest, daß die drei Männer ihre Aufgabe ernst nahmen und sie auch gut durchführten. Die beiden Kriminalisten, die ihren Wagen schon ein gutes Stück vor dem Werk abgestellt hatten, schlenderten langsam auf das große Einfahrtstor zu. Das Tor war verschlossen. Daneben gab es noch eine kleine Tür, vor der zwei Männer standen, die den Besuchern argwöhnisch entgegenblickten. Erst als die beiden Kriminalisten ihre Passierscheine vorwiesen, wurden die zwei Männer freundlich und gaben den Eingang in das Werksgelände frei. Sie waren aber noch keine zwanzig Schritte gegangen, als plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, wieder zwei Kontrolleure vor ihnen standen und höflich, aber bestimmt, um die Passierscheine baten. So erging es ihnen noch zweimal, bevor sie ein großes Gebäude erreichten. Auch hier erfolgte dieselbe Prozedur, und nachdem sie nach Dr. Walker gefragt hatten, führte sie ein Mann durch mehrere Gänge, um dann vor einer Tür stehenzubleiben. 9
Ein Messingschild an der Tür trug den Namen des Doktors. „Doktor Walker ist anwesend“, sagte ihr Begleiter noch, ehe er sich wieder entfernte. Nach kurzem Klopfen traten Kommissar Wyne und Inspektor Allen ein. Sie sahen sich einem großen, etwa dreißigjährigen Mann mit sympathischen Gesichtszügen gegenüber, der sie neugierig musterte. Ehe Kommissar Wyne etwas sagen konnte, fragte der Wissenschaftler: „Sie sind die beiden bekannten Kriminalbeamten aus dem Morddezernat, nicht wahr?“ „Richtig, Doktor Walker“, nickte Kommissar Wyne. „Ihr Besuch wurde mir angemeldet, meine Herren. Ich freue mich, zwei so berühmte Männer kennenzulernen.“ „Das Vergnügen liegt ganz auf unserer Seite, denn auch wir freuen uns, mit dem Mitarbeiter von Professor Miller sprechen zu können“, entgegnete Wyne lächelnd. Ernster fuhr er dann fort: „Ich nehme an, daß Ihnen auch der Zweck unseres Besuches bekannt ist?“ „Selbstverständlich, Kommissar. Es ist eine böse Geschichte, und ich kann es fast nicht glauben, daß Professor Miller in der Gewalt von Verbrechern sein soll.“ „Nun, da Sie ja wissen, warum wir hier sind, möchten wir Sie bitten, uns alles Wissenswerte zu erzählen. Interessieren würde uns vor allem, wann der Professor genau verschwunden ist.“ „Es war vor zwei Tagen. Professor Miller entfernte sich wie gewöhnlich um zwölf Uhr mittags. Er verabschiedete sich noch von mir und wollte zwei Stunden später zurück sein. Seitdem keine Spur mehr von ihm, keine Nachricht.“ „Und wußten Sic, wohin er wollte?“ „Ja, das wußte ich. Er verließ ja mittags jeden Tag um die gleiche Zeit das Werk und fuhr mit seinem Wagen nach Hause, wo er das Mittagessen einnahm.“ 10
„Und vorgestern? Was sagte seine Gattin?“ „Er kam, wie wir erst später erfahren haben, nicht zur gewohnten Stunde heim. Professor Miller ist nicht verheiratet, und seine Haushälterin rief uns im Laufe des Nachmittags an, um sich nach dem Verbleib Millers zu erkundigen. Wir ängstigten uns vorerst noch nicht, es hätte ja sein können, daß er Besorgungen machte. Als er aber gestern nicht zur gewohnten Stunde in das Werk kam, wurden wir unruhig.“ „Und die Angestellten wissen, daß der Professor verschwunden ist?“ Entsetzt wehrte Dr. Walker ab. „Bis jetzt weiß es außer mir nur noch Direktor Baxter. Wir haben auch sofort die Haushälterin des Professors angehalten, zu niemand etwas zu sagen. Nach außen hin gab Direktor Baxter bekannt, Miller sei für einige Tage verreist. Sie werden diese Maßnahmen etwas sonderbar finden, aber solange das Schicksal des Professors nicht geklärt ist, sind uns die Hände gebunden. Kein Betrieb ist so von Spionen umgeben wie unser Werk. Deshalb ist bei jedem Schritt, den wir unternehmen, größte Vorsicht geboten. Das mag etwas überängstlich klingen, doch wir haben es schon einmal erlebt, wie gefährdet wir alle sind.“ „Sie denken dabei an eine Entführung?“ „Das nicht, Kommissar. Aber wir haben hier schon einige Überraschungen erlebt. Sie müssen bedenken, welchen ungeheuren Wert die Erfindung des Professors darstellt. Es gibt Interessengruppen, die vor nichts zurückscheuen, um die Pläne zu bekommen, oder um sie zu vernichten. Sie werden ja unsere Überwachung bei Ihrem Kommen am eigenen Leib verspürt haben. Diese Abwehr ist notwendig, obwohl Uneingeweihte des öfteren darüber spöttelten. So geheim auch unsere Forschungen vor sich gingen, es drang im Laufe der Jahre doch etwas an die Öffentlichkeit. Wir hatten es in der vergangenen Zeit nicht nur 11
mit Vertretern ausländischer Mächte zu tun, sondern auch Abenteurer, Wahnwitzige und Verbrecher versuchten, sich der Erfindung zu bemächtigen, um sie für ihre egoistischen Zwecke auszunützen. Es war ein aufreibender Kampf, und nur unserer großen Wachsamkeit hatten wir es zu danken, daß wir unser Projekt zu Ende führen konnten. Sie werden daher verstehen, wie bedauerlich gerade jetzt das Verschwinden des Professors ist. Neben dem Einzelschicksal des Professors geht es auch um Staatsinteressen.“ „Es könnte vielleicht für unsere Nachforschungen von Vorteil sein, wenn wir einiges über die neue Erfindung erfahren könnten. Wollen Sie uns daher in großen Umrissen erklären, was der Professor entdeckte, Doktor Walker?“ „Selbstverständlich, ich habe sogar von höchster Stelle Anweisung, das zu tun. Ich will Sie nicht mit technischen Details belasten. Kurz gesagt, Professor Miller erfand einen Treibstoff, der den Bau eines Raumschiffes ermöglicht, das mit 1/10 Lichtgeschwindigkeit durch das All rasen kann.“ „Das ist ja unvorstellbar!“ staunte Inspektor Allen. „Sie haben recht“, nickte der Wissenschaftler, „es ist eine erstaunliche Leistung. Aber wir verdanken Professor Miller noch mehr. Ein weiteres Problem, das von ihm gelöst wurde, betrifft den Menschen selbst. Bis jetzt erschien es ausgeschlossen, daß der menschliche Organismus eine solche Geschwindigkeit überstehen würde. Doch nach einer Erfindung von Professor Miller ist auch dies kein Problem mehr.“ „Soviel ich Ihren Ausführungen entnehme, handelt es sich also um zwei bedeutende Erfindungen, die der Professor machte?“ „Jawohl, Herr Kommissar. Man weiß nicht, welche dieser beiden Entdeckungen man höher einschätzen soll. Aber erst das Zusammenwirken beider Erfindungen ermöglicht die Raumreise bis an die Grenze unseres Sonnensystems. Und es steht fest, daß 12
wir es Professor Miller verdanken, wenn der Traum der Menschen, den Raum zu beherrschen, in Erfüllung geht. Wie wichtig der Professor damit wird, werden Sie ja selbst ermessen können.“ „Ich danke Ihnen, Doktor Walker, für Ihre Ausführungen. Haben Sie irgendeinen Verdacht, wer mit dem Verschwinden des Professors im Zusammenhang stehen könnte?“ „Nicht den geringsten, Kommissar.“ „War Professor Miller in den letzten Tagen nervös, gereizt oder abgespannt?“ „Nein, jedenfalls ist mir nichts an ihm aufgefallen. Er gab sich wie sonst und war auch humorvoll wie immer. Nichts deutete in seinem Wesen darauf ihn, daß er sich irgendwie beunruhigt gefühlt hätte.“ „Sehen Sie in der Entführung des Professors, falls wir eine solche als gegeben annehmen, eine akute Gefahr für das Projekt?“ „Ich möchte diese Frage mit einem Ja und einem Nein beantworten, Kommissar. Auch Miller hat nicht alle Berechnungen und Formeln im Kopf; es könnte ihm unter Umständen ein Teil seiner Erfindung erpreßt werden, doch nie alles. Die Entführer müßten sich jedenfalls die schriftlichen Unterlagen besorgen, ehe sie das Schiff nachbauen können.“ „Und wo verwahrt man diese Unterlagen?“ „An fünf verschiedenen Stellen, die nur dem Professor und mir bekannt sind.“ „Es besteht aber die Möglichkeit, daß man Miller zwingt, diese Stellen zu nennen?“ „Sicher wird man ihn danach fragen. Aber an diese fünf Aufbewahrungsorte ist nicht leicht heranzukommen, da zwei Losungsworte verwendet werden müssen. Das eine kennt der Professor, das zweite kenne nur ich. Ich erhielt mein Losungswort durch unseren Präsidenten. Ebenso Professor Miller.“ 13
„Diese Vorsichtsmaßnahme ist natürlich zu begrüßen. – Noch eine Frage, Mister Walker. Kann der neue Treibstoff auch in unseren alten Raumschiffen verwendet werden?“ „Nein, das geht nicht. Der Miller-Treibstoff verlangt eine völlig neue Antriebskonstruktion.“ „Und Sie haben ein Raumschiff fertiggestellt, das diesen Anforderungen entspricht?“ Doktor Walker zögerte kurz mit der Antwort. „Herr Kommissar, wir haben nicht nur eines, sondern zwei solcher Raumschiffe.“ „Dann ist Miller sozusagen kurz vor dem Start ins All entführt worden?“ „In letzter Minute.“ Wyne erhob sich. „Wir danken Ihnen, Doktor Walker. Sollten wir weitere Fragen haben, dann kommen wir zurück.“ „Was werden Sie nun unternehmen?“ fragte Walker gespannt. „Eine Spur suchen“, lächelte Kommissar Wyne und verließ mit Inspektor Allen das Werk. * Langsam fuhren sie zu Professor Millers Haus. Die Straße war zum größten Teil von Häusern eingesäumt, und es schien unmöglich, daß dem Professor hier etwas zugestoßen sein sollte. Ein Überfall wäre unbedingt von den Bewohnern der Häuser bemerkt worden. Die Straße führte mit einer scharfen Kurve in einen kleinen Wald. Der Weg durch den Wald war etwa eine halbe Meile lang. Hier konnte es passiert sein. Hier war es ein Leichtes gewesen, den Professor, beziehungsweise seinen Wagen, aufzuhalten und den Gelehrten zu überwältigen. 14
„Wenn die Entführer den Wagen des Professors nicht mitgenommen haben, dann müßte er eigentlich noch hier sein“, sagte der Kommissar sinnend. Ganz langsam fuhren sie den Weg durch den Wald und achteten dabei auf Spuren. Wyne hielt plötzlich an. Rasch sprang er aus dem Wagen. „Sehen Sie, Allen“, er deutete auf den Boden, „hier gibt es Reifenspuren, und eine davon führt in den Wald.“ Aufmerksam verfolgten sie die Radspur, die auf dem weichen Moosboden kaum mehr zu erkennen war. Immer tiefer führte die Spur in den Wald und verlor sich dann plötzlich vor einem kleinen Weiher. Kommissar Wyne wandte sich an Allen. „Es ist nicht ausgeschlossen, daß man den Wagen des Professors hier versenkt hat, um jede Spur zu verwischen.“ Zwei Stunden später wußte Kommissar Wyne, daß er richtig vermutet hatte. Die herbeigeholte Feuerwehr barg Millers Wagen aus dem kleinen Tümpel. Die beiden Beamten nahmen eine Befragung der Bewohner der umliegenden Häuser vor. Obwohl die Stelle des Überfalles nicht eingesehen werden konnte, wäre es doch möglich gewesen, daß ein Bewohner etwas Verdächtiges gehört hätte. Es war eine ziemliche Geduldsarbeit, aber als Wyne gerade die Befragungen abbrechen wollte, hatte er Glück. Es war ein Arbeiter, der ihm eine bedeutsame Mitteilung machen konnte. Der Mann hatte mit seinem Motorrad unweit der Stelle, wo man Millers Wagen in den Wald gefahren hatte, eine Panne gehabt und fünf Männer aus dem Wald herauskommen sehen. Es stimmte auch die Zeit so ziemlich, zu der der Überfall erfolgt sein mußte. „Wie sahen die Männer aus?“ fragte Wyne den Mann. „Nicht gerade vertrauenerweckend. Ich erinnere mich eigentlich nur an zwei von ihnen gut, und zwar hatte einer von den 15
Männern eine lange rote Narbe an der Stirn und eine zweite Narbe am Kinn, während ein anderer mit dem linken Bein stark hinkte.“ Kommissar Wyne und Inspektor Allen warfen sich einen schnellen Blick zu nach dieser Aussage. „War der Hinkende blond?“ fragte nun Inspektor Allen den Mann. „Nein, das weiß ich ganz genau. Er war schwarzhaarig.“ Wieder wechselten die beiden Kriminalisten einen Blick. „Und die anderen? Wie sahen die aus?“ „Da ich an nichts Arges dachte, beobachtete ich die Männer auch nicht so genau. Was ist denn eigentlich los?“ fragte nun der Mann neugierig. „Es waren Bankräuber, falls Sie die Männer sahen, denen wir nachjagen“, meinte Kommissar Wyne leichthin. Dann fragte er wieder: „Was für einen Wagen fuhren die Männer?“ „Es war ein großer schwarzer Wagen, der dort parkte und den die Männer dann bestiegen. Als sie dann bei mir vorbeifuhren, sah ich, daß im Fond des Wagens Vorhänge zugezogen waren.“ „Die Nummer des Wagens haben Sie nicht gesehen?“ Der Mann schüttelte bedauernd den Kopf. „Habe ich nicht darauf geachtet.“ Nachdem sich Inspektor Allen die Anschrift des Zeugen notiert hatte, verließen sie ihn. Fragend blickte Inspektor Allen seinen Vorgesetzten an. „Was halten Sie von der Aussage des Mannes?“ fragte er den Kommissar. „Daß sie richtig ist.“ „Damit suchen wir jetzt nach einem Mann mit zwei Narben und einem Mann, der links hinkt, nicht wahr?“ Kommissar Wyne blickte seinen Inspektor kurz von der Seite an. „Benutzen Sie doch Ihr Gedächtnis ein wenig, Allen. Die beiden sind doch alte Bekannte von uns.“ 16
„Aber Kommissar. Sie tippen doch nicht auf ‚Narben-Jimmy’ und den berüchtigten ‚Hinkfuß’?“ „Ja, Allen, und ich glaube daß ich richtig tippe. Die Frage ist nur, was bezweckten sie mit dem Überfall, beziehungsweise mit der Entführung des Professors?“ „Der Zweck der Entführung ist nicht schwer zu erraten. Die Bande will ein Lösegeld.“ „Obwohl der Gedanke naheliegend ist, will er mir nicht recht einleuchten. Das wären ganz neue Methoden. Und wozu ausgerechnet Professor Miller entführen, der den Gangstern den Geheimdienst auf den Hals hetzt?“ „Aber welches andere Motiv unterstellen Sie dann den Burschen, Kommissar?“ „Vielleicht arbeiten die Gangster in fremdem Auftrag. Oder die Bande plant etwas anderes. An ein Lösegeld glaube ich auf keinen Fall. Würden sie es nämlich auf ein solches abgesehen haben, dann wäre Professor Miller bestimmt nicht das geeignete Objekt. Da gibt es weit ergiebigere, zum Beispiel Großindustrielle, die mit Leichtigkeit eine Summe zahlen können, die der Professor nie sein eigen nennt. Hier ist etwas im Gange, Allen. Daß die Entführung irgend einen Zweck verfolgt, ist ja einleuchtend, es fragt sich nur, welchen. Wenn wir das Motiv hierfür wüßten, kämen wir rasch weiter, aber so können wir nur vermuten, was die Gauner bewogen hat, den Professor zu schnappen.“ „Und wenn die Bande das Lösegeld von der Regierung fordert?“ fragte Allen. „Ausgeschlossen. Sie vergessen, daß wir es mit kleinen Gangstern zu tun haben. Narben-Jimmy weiß bestimmt, daß eine Entführung bedeutend mehr Staub aufwirbelt als ein gewöhnlicher Einbruch. Daher muß sich die Sache für die Bande besonders lohnen. Aber in welcher Weise? Die Bande hat mei17
nes Erachtens ein verlockendes Ziel vor Augen, das sie mit der Entführung des Wissenschaftlers erreicht hat, oder zu erreichen sucht.“ * Am nächsten Tag lief der gewaltige Polizeiapparat auf vollen Touren. Der Großeinsatz galt der Suche nach der Bande von Narben-Jimmy. Alle Spelunken wurden genau durchgekämmt, Großrazzien schreckten so manchen Verbrecher aus einem Schlupfwinkel auf, doch von der Narben-Jimmy-Bande fand sich kein einziger Mann. Mancher blieb in dem ausgelegten Netz hängen, das eigentlich ganz anderen gegolten hatte. Die Polizeibeamten machten dabei eine merkwürdige Entdeckung. Die gefangenen Gauner trugen alle ein selbstsicheres Wesen zur Schau, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, und auch die kleinen Ganoven, die sich sonst recht still verhielten, trumpften mit frechen Worten gegen die Beamten auf. Taschendiebe, die sich sonst immer auf das Bitten verlegt hatten, blickten die Polizisten herausfordernd an und lachten höhnisch. Diese Beobachtung machten auch Kommissar Wyne und Inspektor Allen. „Es liegt etwas in der Luft“, sagte Kommissar Wyne. „Ist Ihnen die Frechheit nicht aufgefallen, die alle Eingebrachten zur Schau tragen, Allen?“ „Gewiß, Kommissar, und ich versuche dauernd eine Begründung hierfür zu finden.“ „Mir geht es genauso, Allen, und darum habe ich gesagt, es liegt etwas in der Luft.“ „Wenn wir einen von den Burschen zum Sprechen bringen könnten?“ 18
„Das ist sonst schon eine schwierige Sache, und jetzt, da sie anscheinend durch irgend etwas oder durch irgendwen gestärkt werden, eine völlig aussichtslose Angelegenheit. Ich möchte wissen, was dahinter steckt. Nicht nur die großen Gangster, auch die kleinen Taschendiebe scheinen sich momentan über uns erhaben zu fühlen. Und was das Dümmste an der Geschichte ist, die Aktion, die eigentlich nur der NarbenJimmy-Bande gegolten hatte, ist vollkommen ins Wasser gefallen. Kein einziger von der Bande wurde gefaßt. Es sieht fast so aus, als hätten sie Lunte gerochen. Oder sie sind überhaupt nicht in der Stadt.“ „Das würde ich für wahrscheinlicher halten, da sie ja sicher den Gelehrten an einen sicheren Ort bringen mußten. Ich tippe dabei auf das Land.“ „Möglich, Allen. Obwohl es dort auch nicht sicher ist. Hier in der Stadt haben sie ja ihre alten, bewährten Schlupfwinkel, wo sie sich verkriechen können, was auf dem Lande nicht so leicht sein dürfte. In jedem Dorf fällt ein Fremder gleich auf. Eine Ausnahme wäre natürlich ein einsames Haus, falls die Gauner irgendwo eines gemietet hätten, um den Professor dorthin zu verfrachten. Wenn ich bloß wüßte, was die Bande mit dem Wissenschaftler anfangen will.“ * Elf Schläge hallten durch die Nacht. Ruhig und still lagen die Mortimer-Werke, es schien, als würde überhaupt alles im tiefen Schlaf liegen. Aber diese scheinbare Ruhe täuschte. Einige Dutzend Wächter lagen versteckt auf der Lauer oder machten ihre vorgeschriebenen Rundgänge durch das Gelände. Im Labor von Dr. Walker brannte kein Licht mehr, der junge Wissenschaftler hatte vor einer Stunde das Werk verlassen. 19
Da bog ein kleiner Wagen in die Zufahrtstraße zum Werk ein. Ganz langsam fuhr er bis zum Eingangstor vor, um dort zu halten. Sofort umringten den Wagen einige Männer. Sie kannten die wunderlichen Gewohnheiten von Professor Miller, der oft mitten in der Nacht noch einmal in sein Labor kam, um dort einige Stunden zu arbeiten, und so wunderten sich die Wächter nicht, als sie Professor Miller aus dem Wagen steigen sahen. Der Gelehrte hielt ihnen seinen Passierschein entgegen, und die Männer lächelten. Miller mußte schwer verkühlt sein, denn dauernd wurde er von einem Hustenanfall geschüttelt, und seine Stimme war ziemlich heiser. „In einer Viertelstunde kommt eine Regierungskommission, und ich bürge natürlich für die Herren“, sagte er unter ständigem Husten zu den Beamten vom Werksicherheitsdienst. „Ich habe absichtlich diese Nachtstunde gewählt, um vor neugierigen Reportern sicher zu sein“, fügte Miller noch hinzu, und die 20
Männer lächelten verständnisvoll. Diese Nachricht überbrachte Professor Miller allen Bewachern des Werkes. Nebenbei schärfte er ihnen ein, keinen Unbefugten zu übersehen, damit die Mitglieder der Regierung nicht gestört würden. Eifrig versprachen die Männer größte Aufmerksamkeit. Wie Miller angekündigt hatte, geschah es. Eine Viertelstunde nach seinem Eintreffen rollte ein großer Bus vor, dem dreißig Herren entstiegen, die sogleich den Professor umringten. Nachdem dieser den Torwächtern noch einmal äußerste Vorsicht anempfohlen hatte, betrat er mit den Herren das Werksgelände. Die bereits durch den Professor instruierten Wächter des inneren Sicherungsringes ließen die Gesellschaft unbeanstandet passieren. Das Ziel der Herren war eine große Halle. Miller drückte auf einen Knopf, und lautlos schwang die Hallentür auf. Zwei von den angekommenen Herren traten vor und betätigten einige Hebel, und schon wurde ein leises Surren hörbar. Ein Zittern ging dann durch die Halle, mattes Licht flammte auf und beleuchtete den Riesenleib eines Räumers. Hastig bestiegen die Herren das Raumschiff, und Professor Miller schloß hinter sich den Einstieg. Langsam glitt das Raumschiff auf der Gleitschiene aus der Halle. Wenig später stieg Miller wieder aus und eilte auf die zweite Halle zu. Er betätigte auch dort den Öffner, doch die Türen der großen Halle rührten sich nicht. Man hörte einen Fluch aus dem Munde Millers, und er rüttelte wie wild an den Türen. Als er das Aussichtslose seines Vorhabens einsah, flüsterte er mit einigen Männern, die das Raumschiff verlassen hatten und ihn umringten. Immer wieder blickte Miller zu den Wächtern hin, die respektvoll in einiger Entfernung standen und seinem Tun zusahen. Nun begab sich die Kommission wieder zum Raumschiff, und alle kletterten über die Treppe in das Innere. Wieder ging 21
ein leises Zittern durch den gewaltigen Raumer, dann erhob sich das imposante Schiff ganz langsam vom Boden. In etwa hundert Meter Höhe erfolgte plötzlich ein Dröhnen, dann schoß das Raumschiff steil in die Höhe. „Das war ein historischer Augenblick, Berny“, sagte der Wächter Ginery zu seinem Kameraden. „Wir haben den ersten Start des neuen Raumschiffes erlebt. Es ist ja nur ein kleiner Probeflug, den Miller mit den Regierungsmitgliedern unternimmt, denn der offizielle Start wird wohl etwas feierlicher vor sich gehen.“ Die Männer reckten sich die Hälse aus, doch von dem Schiff war nichts mehr zu sehen. * Sergeant Irgead, Leiter eines kleinen Landpostens vor der Stadt, machte seinen Gang durch das schlafende Dorf. Da hörte er plötzlich das Bellen seines Hundes, der ihm vorausgeeilt war. Bei seinen nächtlichen Gängen pflegte er ihn stets mitzunehmen. Irgead beschleunigte seine Schritte, und schon stand er vor dem Straßengraben, wo der Hund einen dunklen Schatten verbellte. Im Schein seiner Lampe sah der Sergeant, daß es ein gefesselter und geknebelter Mann war, der dort im Straßengraben lag. Rasch hatte er die Stricke, mit denen der Mann gefesselt war, durchschnitten und ihm den Knebel aus dem Munde entfernt. „Wie kommen Sie hierher? Was ist geschehen?“ fragte Irgead den Mann, der sich nun taumelnd erhob. „Ich bin Professor Miller. Ich erzähle Ihnen später Näheres. Bitte veranlassen Sie, daß ich auf schnellstem Weg zu den Mortimer-Werken gebracht werde.“ Zum kleinen Posten des Dorfes war es nicht weit, und Miller 22
stürzte sofort ans Telefon, um die Mortimer-Werke anzurufen. Viel zu lange dauerte es Miller, bis sich wer meldete. Endlich fragte eine verschlafene Stimme nach seinem Begehren. Als Miller seinen Namen genannt hatte, hörte er eine verwunderte Stimme, die fragte: „Wo sind Sie, Professor? Sind Sie schon gelandet?“ „Zu spät“, murmelte Professor Miller und legte auf. Da betrat Sergeant Irgead den Raum und meldete, daß bereits ein Fahrzeug bereitgestellt sei, damit Miller in die Mortimer-Werke fahren könne. Mit müden Schritten verließ Professor Miller die kleine Wachstube. * Es war zwei Uhr früh, als Kommissar Wyne durch das Schrillen der Telefonklingel aus dem Schlaf geschreckt wurde. Schlaftrunken griff er nach dem Hörer, doch schon bei den ersten Worten war er hellwach und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Hastig kleidete er sich an. Eine Stunde später fuhr er schon mit Inspektor Allen bei den Mortimer-Werken vor. Dort lag das ganze Werksgelände in einem gleißenden Licht, und aufgeregte Menschen rannten heftig gestikulierend umher. Mißtrauisch wurde ihr Erscheinen beobachtet, und die Kontrolle war bedeutend schärfer als am Vortage. Die Türen einer großen Halle standen offen, aber der Sockel, auf dem wenige Stunden zuvor noch das große Raumschiff geruht hatte, war leer. In der Mitte der Halle stand ein einzelner Mann, und als nun einer von den Wächtern zu ihm eilte, um ihm den Besuch zu melden, da kam ihnen der Mann langsam entgegen. „Professor Miller“, sagte er leise bei der Vorstellung. Als er 23
die bekannten Namen der beiden Kriminalisten gehört hatte, blickte er kurz auf. „Bitte kommen Sie mit in mein Büro.“ Dann ging er voraus. Schweigend folgten ihm Wyne und Allen. Mit einer Handbewegung lud sie Professor Miller in seinem Büro ein, Platz zu nehmen. „Sie werden ja das Entsetzliche bereits wissen? Ein Raumschiff ist gestohlen worden!“ „Ja, das wissen wir, aber wir möchten Sie nun bitten, uns alles Nähere über die letzten Tage zu erzählen, Professor Miller.“ „Bitte, das hatte ich auch vor. Der Weg zu meinem Heim führt durch ein kurzes Waldstück, und dort geschah es. Ein großer schwarzer Wagen blockierte die schmale Straße. Ich mußte wohl oder übel anhalten. Da sprangen einige Männer aus dem Fahrzeug und überwältigten mich. Ich dachte anfangs, Wegelagerer vor mir zu haben, die es auf mein Geld abgesehen hätten, doch bald ahnte ich das Furchtbare. Ich sah noch, wie einige von den Männern meinen Wagen in den Wald fuhren, während mich die anderen in ihren Wagen brachten. Dann kamen die Kumpane zurück und fuhren los. Durch die heruntergezogenen Vorhänge konnte ich nicht sehen, wohin die Fahrt ging, doch mußte ich bald feststellen, daß die Fahrt nicht in die Stadt ging, sondern aufs Land hinaus. Später verband man mir die Augen und führte mich in ein Haus. Dieses Haus muß irgendwo ganz einsam stehen, denn es war noch Tag, als man mich mit verbundenen Augen hineinführte. In einer belebteren Gegend würden es diese Banditen nicht gewagt haben, mich bei Tageslicht in das Haus zu bringen. Als man mir die Binde von den Augen nahm, sah ich mich von Gesichtern umgeben, die mir alles sagten. Zynisch erklärte mir ein Mann mit Narben an Stirn und Kinn, wozu man mich überfallen hatte. Die Bande wollte beide Raumschiffe stehlen. Man versuchte, mir einige Geheimnisse zu erpressen, doch ich 24
ließ mich von den Drohungen nicht einschüchtern und schwieg, worauf sie es wieder aufgaben. Man ließ mich dann auch in Ruhe, bewachte mich aber weiterhin scharf. Der Schluß ist schnell erzählt. Man holte mich vergangene Nacht aus meinem Gefängnis, packte mich in einen großen Wagen, in dem mindestens einige Dutzend Männer saßen, und warf mich dann nach einer kurzen Fahrt in den Straßengraben. Dort fand mich der Sergeant, aber es war bereits zu spät, die Verbrecher hatten das Raumschiff schon entführt.“ Aufmerksam hatten die beiden Kriminalisten der Erzählung des Professors gelauscht. „Eines ist mir völlig unklar, Mister Miller. Ich kenne diese Bande. Es sind primitive Menschen. Ich begreife nicht, daß es ihnen überhaupt gelungen ist, das Raumschiff zu starten.“ „Das wäre denen auch nie gelungen, wenn sie nicht Bill Hill gehabt hätten.“ „Wer ist Bill Hill?“ „Bill Hill war bis vor einem Jahr mein Mitarbeiter. Doch ich kam dahinter, daß er früher wegen Scheckschwindel und Wechselfälschung gesessen hatte, ohne dies bei seiner Einstellung anzugeben, und so entließ ich ihn fristlos. Hill war ein genialer Ingenieur, der aber schon früh auf die schiefe Bahn geriet. Heute bin ich überzeugt, daß er sich nur deswegen bei mir eingeschlichen hat, um seinen furchtbaren Plan auszuführen. Wenn …“ Professor Miller wurde durch den Eintritt von Dr. Walker unterbrochen, der sofort hastige, erregte Fragen stellte. „Ja, Walker, das Raumschiff ist weg“, sagte der Professor leise. „Aber wie konnte das geschehen? Wo waren die Wächter?“ „Die Wächter waren auf ihrem Platz, Walker. Aber es spielten einige unglückliche Umstände mit, die es ermöglichten, daß die Verbrecher ihren Plan ausführen konnten. Einer von den Gaunern 25
trat in meiner Maske auf und konnte auch den mir abgenommenen Passierschein vorweisen. Dadurch ließen sich die Wächter täuschen, noch dazu, wo der Mann Husten und Heiserkeit vortäuschte, damit ihn niemand an der Stimme erkennen sollte.“ „Es war ein großer Fehler, daß man das Personal und die Bewachungsmannschaft nicht von dem Verschwinden des Professors verständigte“, sagte Kommissar Wyne. „Ja, das stimmt. Die Männer trifft bestimmt keine Schuld. Aber wir haben trotz des großen Unglücks auch noch Glück gehabt. Es ist ihnen nicht gelungen, auch zu dem zweiten Atomschiff zu gelangen, wie man mir erzählt hat. Eine Stromstörung blockierte die Türen der Halle, und viel Zeit hatten die Gangster ja nicht mehr.“ „Und Sie nehmen an, daß sie auch das zweite Raumschiff entführt hätten?“ „Nein, das nicht. Sicher wollte man das zweite Raumschiff vernichten, denn die Bande hat ja keinen zweiten Piloten. Nur Bill Hill war in der Lage, das Raumschiff zu entführen, da er um alle Geheimnisse der Steuerung des neuen Schiffes wußte. Die beiden neuen Raumschiffe weichen nämlich in der Führung von den bereits bekannten Raumschiffen etwas ab. Zum Glück hatten die Gangster keine Zeit mehr, das zweite Schiff zu vernichten. Nur dadurch ist es möglich, ihre Verfolgung aufzunehmen, was mit einem Raumschiff des alten Typs ja eine Unmöglichkeit wäre.“ „Sie planen eine Verfolgung mit dem zweiten Raumschiff, Professor?“ „Ja, und ich sehe darin sogar eine Möglichkeit, die Verbrecher zu stellen. Bill Hill kann wohl mit der Lenkung umgehen, doch kann er unmöglich so schnell alle Manöver ausführen wie Dr. Walker und ich, und schon dadurch haben wir eine gewisse Überlegenheit.“ 26
„Aber wir wissen nicht, wohin sich die Verbrecher gewendet haben“, warf Inspektor Allen ein. „Auf keinen Fall sind sie weit gekommen. Bill Hill wird sich mit der Führung des Flugschiffes vertraut machen und zu diesem Zweck nicht zu weit in den Raum vorstoßen. Vielleicht kreuzt er in Mondnähe, weiter glaube ich, wagt er sich anfangs nicht, da er für einen größeren Flug doch das Schiff durch und durch kennen muß. Er beherrscht ja nur die technischen Details, ist aber noch nie mit einem solchen Raumschiff geflogen. Wenn Bill Hill erst einmal eine große Fahrt in den Raum antritt, dann wird es nicht leicht sein, die Bande zu stellen.“ „Ich begreife das nicht recht, Mister Miller. Was wollen die Verbrecher im Weltraum?“ Sinnend blickte Professor Miller auf den Kommissar. „Ihr Einwand hat viel für sich, Kommissar. Was sollen sie dort im Raum? Man weiß ja nicht, was sich diese primitiven Menschen vorstellen. Vielleicht träumen sie davon, reich zu werden. Vielleicht wollen sie Bodenschätze zur Erde bringen. Sicher aber wollen sie ihre Vormachtstellung, die ihnen die große Schnelligkeit des Fahrzeuges verleiht, für verbrecherische Zwecke auf unserer Erde und, unter Umständen, auch auf dem nahen Mond ausnützen. Aber sie wissen genauso wie wir, daß für sie das zweite Raumschiff eine große Gefahr bedeutet, weil es ihr Schiff einholen und vernichten kann.“ „Ich möchte daher dringend raten, das zweite Raumschiff unverzüglich von hier wegzuschaffen, denn die Verbrecher werden versuchen, dieses Schiff zu zerstören.“ „Den Gedanken hatte ich auch, und wir wollen daher sofort alles zum Abtransport veranlassen. Hier wäre es doch zu gefährlich, denn man weiß nie, was diesen Gangstern einfällt.“ Fieberhaft wurde in den nächsten Stunden gearbeitet. Man räumte auch die Labors und brachte alles in Sicherheit. Bis zum 27
Einbruch der Dunkelheit war alles bereit, daß man das Raumschiff in sein Versteck bringen konnte. Wie notwendig diese Vorsichtsmaßnahme war, zeigte sich wenige Stunden später. Unvermittelt tauchte das gestohlene Raumschiff über dem Werk auf, warf eine Bombe und verschwand blitzschnell. Die Bombe traf die große Halle, in der vor wenigen Stunden noch das zweite Raumschiff gestanden hatte, und zerstörte sie. Da man so etwas vorausgesehen hatte, waren auch keine Menschenleben zu beklagen. Die wenigen Wächter, die den Angriff miterlebten, saßen in sicheren Bunkern. Am nächsten Tag brachten Rundfunk und Zeitungen große Berichte über den Anschlag und meldeten die Vernichtung unersetzlicher Werte. Millers Raumschiff sei völlig zerstört worden. Diese gefälschte Nachricht sollte die Verbrecher in Sicherheit wiegen, sie glauben lassen, daß ihr Anschlag auf das zweite Raumschiff geglückt wäre. Miller vermutete nämlich, daß die Gangster Funksendungen abhörten, um sich über die Lage auf der Erde zu orientieren. Die Entführung des Raumschiffes durch die Gangster wurde mit keiner Silbe erwähnt, denn die Regierung war gegen eine Veröffentlichung. Kommissar Wyne lachte, als er den Bericht gehört hatte. „Nun werden die Gauner frohlocken und sich vollkommen sicher fühlen, und das haben wir ja erreichen wollen.“ „Sie werden nicht weit kommen mit dem gestohlenen Schiff. Ein so großer Flugkörper läßt sich nicht leicht vor den Augen der Menschen verbergen, und ich erwarte stündlich Nachricht von einer Landung“, sagte Inspektor Allen. Kommissar Wyne schüttelte den Kopf. „Davon bin ich nicht so überzeugt. Bedenken Sie, Allen, es gibt auf der Erde noch unzählige Stellen, wo sich ein großes Flugschiff verbergen kann. Einsame Wüsten, Hochflächen und Gebirge gibt es genug. Vorläufig werden die Verbrecher nirgendwo aufkreuzen, 28
da sie sich sicher für eine längere Zeit mit Lebensmitteln versorgt haben. Sie können also ruhig etwas zuwarten, bevor sie wieder einmal irgendwo auftauchen. Durch die ungeheure Schnelligkeit können sie weit ab von der Zivilisation landen und sind doch, falls es ihnen einfällt, innerhalb kurzer Zeit wieder an jedem beliebigen Punkt der Erde. Sie haben dabei das eine voraus, daß ihnen eigentlich niemand folgen kann, denn es gibt kein Flugschiff, das eine solche Geschwindigkeit entwickeln könnte wie das entführte, abgesehen natürlich von dem zweiten, das sie zurücklassen mußten. Da die Gangster …“ Kommissar Wyne vollendete den angefangenen Satz nicht und blickte auf den Mann, der soeben eintrat. Es war der Leiter des Einbruchsdezernates, Inspektor Murphy. „Es ist zwar Unsinn, aber ich glaube nun zu wissen, warum die kleinen, und großen Ganoven plötzlich so selbstsicher sind.“ „So, das wissen Sie?“ fragte Kommissar Wyne interessiert. „Ich habe schon gesagt, daß es eigentlich Unsinn ist, über solche Hirngespinste zu reden. Die Gauner glauben nämlich fest und steif, ein Bandenführer brächte sie mit einem Raumschiff in den Raum, wo sie sich auf einem Planeten ansiedeln wollen, um dann von dort aus ihre Raubzüge zu unternehmen. Was sagen Sie zu solch einem Unsinn?“ „Das ist leider kein Unsinn, Murphy. Und jetzt sehe ich erst den Sinn der Aktion.“ „Aber Kommissar, Sie werden doch wohl solchen Unsinn nicht für bare Münze nehmen?“ „Muß ich, Murphy. Es ist kein Unsinn. Sie würden die Sache auch anders beurteilen, wenn Sie wüßten, was sich abgespielt hat.“ Dann erzählte Wyne dem aufhorchenden Inspektor von der Entführung des Raumschiffes durch die Gangster. „Jetzt sehe ich diese Sache natürlich in einem anderen Licht, Wyne. Sie wollen wissen, wie ich es erfahren habe? Mir fiel das 29
aufsässige Benehmen der Eingelieferten gleich auf, und ich setzte ihnen einen Spitzel in die Zelle, der sie ein wenig aushorchte. Dabei kam das Unglaubliche heraus.“ „Sie haben mir damit einen großen Dienst erwiesen, Murphy. Nun liegt der Zweck der Entführung klar vor uns. Es ist kein dummer Plan, den diese Gangster gefaßt haben, und er läßt sich ohne weiteres durchführen. Wie mir Professor Miller und Dr. Walker versichert haben, faßt das Raumschiff annähernd zweihundert Personen, eine nette Anzahl, wenn man dabei an die Gangster denkt. Mit zweihundert zu allem entschlossenen Männern läßt sich schon etwas beginnen. Daß Narben-Jimmy der Chef der Bande ist, von dieser Annahme, bin ich schon lange abgekommen. Den wäre nicht in der Lage, eine solche Aktion zu starten. Der Kopf der Bande muß Bill Hill sein, denn die ganze Durchführung des Planes läßt auf eine große Intelligenz schließen, die man bei Jimmy und den anderen vergebens suchen würde. Die Banditen stellen ihren Mann bei Einbrüchen und Schlägereien, aber eine Arbeit mit dem Hirn ist ihnen fremd. Zum Glück sind wir in der Lage, Hill eins auszuwischen. Das zweite Raumschiff steht startklar bereit, und falls die Gangster irgendwo aufkreuzen, nehmen wir sofort die Verfolgung auf.“ „Sie denken an eine Fahrt nach dem Mond?“ fragte Murphy. „Das wäre ein Kinderspiel, Murphy. Nein, unsere Reise wird uns viel weiter führen, bis an den Rand unseres Sonnensystems.“ * Man hatte Abstand genommen von einer größeren Feier, und die Taufe des Raumschiffes wurde nur in Anwesenheit von einigen Regierungsvertretern, Kommissar Wyne, Inspektor Allen 30
und Dr. Walker durch Professor Miller vorgenommen. Das neue Flugschiff erhielt den Namen „Mi-2“. „Man nannte mich einigemale einen Verschwender, weil ich statt eines Schiffes gleich zwei erbaute“, sagte Professor Miller nach der Taufe des Flugschiffes zu Kommissar Wyne. „Und heute? Heute bin ich froh darüber. Nach der Entführung des einen Flugschiffes würde es, falls wir nicht mehr in den Besitz des Raumschiffes kommen, wieder Jahre dauern, bis ein zweites hergestellt wäre. Aber schlimmer noch, wir hätten keine ebenbürtige Waffe gegen die Gangster.“ „Es würde trostlos für die Gerechtigkeit aussehen, wenn es den Gangstern gelungen wäre, das zweite Schiff zu vernichten. Ich bin überzeugt, daß sie es wieder versuchen würden, falls sie den Aufenthaltsort des Flugschiffes erführen.“ „Davon bin ich ebenfalls überzeugt, doch sie werden es nicht so leicht erfahren. Die Presse ist angewiesen, schon im Staatsinteresse darüber zu schweigen, und so werden die Gangster weiterhin meinen, das zweite Schiff sei ihrem Bombenanschlag zum Opfer gefallen. Wir haben gelernt, und die große Halle hier im Berg ist absolut bombensicher. Zudem wird die Halle Tag und Nacht von Soldaten bewacht. Auch sonst sind alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen, damit kein Unbefugter an das Schiff herankann. Jetzt bin ich nur neugierig, wann und von wo sich die Gangster das erstemal melden. Dann gibt es nur eines für uns: sofortige Verfolgung.“ * „Ich weiß nicht, soll ich mich über die Aussicht, eine Reise in den unbekannten Raum zu unternehmen, freuen oder nicht?“ fragte Kommissar Wyne seinen Inspektor Allen. „Glauben Sie denn, daß auch Sie mitfliegen müssen?“ 31
„Sie und ich, Allen. Es bleibt uns keine andere Wahl, wenn sich die Gangster mit dem entführten Raumschiff von der Erde absetzen. Wir müssen ihnen wohl oder übel folgen, und man wird dabei wenig Rücksicht auf unsere Gefühle nehmen.“ „Da wäre mir eine Mörderjagd, und wenn sie mich auch über den ganzen Erdball führen würde, doch sympathischer.“ „Geht mir genauso, Allen. Andererseits scheint eine Reise in das All auch sehr verlockend. Aber wir werden ja sehen.“ Einige Beamte betraten das Büro und nahmen vor dem Schreibtisch des Kommissars Aufstellung. „Hat sich etwas Neues ereignet?“ fragte Kommissar Wyne seine Beamten. „Wir haben diese Gerüchte von der Aussiedlung auf andere Planeten bei den meisten Gangstern gehört. Sie glauben fest an die Reise. Narben-Jimmy muß es ihnen tatsächlich versprochen haben.“ „Das ist mir bereits bekannt. Aber ich muß unbedingt wissen, wann und von wo aus der Start der Gangster erfolgen soll!“ „Leider hatten wir in dieser Richtung bisher keinen Erfolg. Entweder die Leute wissen es selbst nicht, oder sie schweigen beharrlich darüber. Keiner von den bisher Vernommenen machte darüber die leiseste Andeutung, und man wäre fast versucht zu glauben, das ganze sei ein Bluff.“ „Darüber bin ich anderer Ansicht. Ich glaube eher, die Leute schweigen mit voller Absicht, da sie ein Verbot bindet. Der Plan ist durchaus nicht so abwegig, wie er vielleicht im ersten Moment scheinen mag. Das entführte Raumschiff faßt rund zweihundert Personen. Bisher sind nach unserer Schätzung etwa dreißig Mann an Bord. Es könnten daher noch einhundertsiebzig Personen unterkommen.“ „Aber warum will Narben-Jimmy so viele Leute mitnehmen?“ „Erstens ist es wahrscheinlich nicht Narben-Jimmy, der hier plant, sondern dieser Bill Hill. Zweitens, je mehr Leute sie haben, 32
desto größer ist ihre Macht. Der Plan von Bill Hill ist nicht schwer zu erraten. Er will irgendwo mit seinen zweihundert Mann unvermutet auftauchen, eine große Sache drehen, und dann Adieu Erde und Polizei. Der Raub wird auf irgendeinen Planeten geschleppt und dort aufbewahrt. So nebenbei würde die Bande immer wieder Abstecher auf die Erde machen, um die Vorräte zu ergänzen. Und eines Tages landen dann die ersten Gangster auf der Erde. Sie sind reich, leben unerkannt auf einem einsamen Landsitz, machen sich ein schönes Leben.“ „Ein phantastischer Plan, das muß man ihnen zugestehen. Es ist ja die Entführung des Raumschiffes schon ein Bravourstückchen gewesen, das sich sehen lassen kann.“ „Ja, Allen, wir haben es hier mit Gangstern zu tun, die sich dem Fortschritt in jeder Weise angepaßt haben, uns sogar um eine Nasenlänge voraus sind.“ Wieder betrat ein Beamter den Raum und meldete Professor Miller. Mit allen Zeichen einer großen Erregung kam der Gelehrte in das Büro. „Die Gangster sind auf dem Mond“, platzte er heraus. „Auf dem Mond?“ „Ja, Kommissar. Lesen Sie hier diesen Funkspruch.“ Damit reichte der Professor dem Kommissar ein Blatt. Rasch überflog Wyne den Funkspruch, der wirklich vom Mond stammte. „Achtung! Achtung! Es ruft Mondala! Um fünf Uhr MZ wurde über der Stadt ein Raumschiff unbekannter Herkunft und Bauart gesichtet. Das fremde Raumschiff meldete sich nicht auf unsere Funksprüche und kreiste eine knappe halbe Stunde über der Stadt. Es verschwand dann mit unheimlicher Geschwindigkeit im Raum!“ „Es kann nur das entführte Raumschiff sein, das man auf dem Mond gesichtet hat, und ich mache mir ernstliche Sorgen. Mondala ist die größte Stadt auf dem Mond und von einer riesi33
gen Plastikkuppel überdacht. Wenn die Kuppel durch die Gangster zerstört würde, müßten alle Einwohner der Stadt umkommen.“ „Eine solche Möglichkeit habe ich noch nicht bedacht, doch bei diesen Gangstern muß man mit allem rechnen. Die Zeit drängt, Professor.“ „Ja, Kommissar, deswegen kam ich ja hauptsächlich her. Wir müssen starten, zunächst nach dem Mond, da sich das Schiff dort gezeigt hat.“ Sofort nach dem Besuch des Professors betraten Kommissar Wyne und Inspektor Allen die Ordination des Raummediziners Dr. Murat. Die beiden Beamten mußten eine längere peinlich genaue Untersuchung über sich ergehen lassen, ob sie überhaupt die Strapazen einer Weltraumfahrt ertragen würden. Dr. Murat äußerte sich zufriedenstellend. „Sie werden natürlich im Raum wesentlich andere Bedingungen vorfinden. Die Raumfahrt stellt große Anforderungen an uns Menschen. Die größten Gefahren bieten die kosmischen Strahlungen und die Geschwindigkeit des Raumschiffes, der sich nicht jeder Mensch aussetzen darf. Die Millersche Druckregulierung wird Ihnen helfen. Aber auch diese Erfindung kann die Gefahren nicht ausschalten, sondern nur auf ein Mindestmaß beschränken. Sie müssen sich damit abfinden, vielleicht Übermenschliches an Körperbelastung auszuhalten. Denken Sie auch bitte daran, daß bei der Fahrt in den bisher unbekannten Raum neue Faktoren hinzukommen können, für die wir aus Unkenntnis nicht vorsorgten.“ „Ich fürchte die Gefahren nicht“, sagte Kommissar Wyne, „obwohl es meine erste Raumfahrt ist, da ich ja noch nicht einmal einen Start nach dem Mond unternommen habe.“ „Ich warne Sie nicht, um Sie abzuschrecken, Kommissar. Aber es ist meines Erachtens besser, wenn man über die Gefah34
ren Bescheid weiß. Sie sind dann auch leichter zu ertragen. Eine Fahrt zum Mond bietet heute in keiner Weise mehr etwas Neues, da die Gefahren bekannt sind. Ein Vordringen in den Raum ist jedoch ein Risiko. Vorbedingung ist, daß Sie sich strikte an unsere Anweisungen halten, auch wenn Ihnen diese manchmal als überflüssig erscheinen mögen. Wie die Untersuchung ergeben hat, bringen Sie gesundheitlich ja alle Voraussetzungen mit, die für die Raumfahrt unbedingt erforderlich sind.“ „Wir werden uns in jeder Weise Ihren Anordnungen fügen, Dr. Murat, und es ist für uns beruhigend zu wissen, daß Sie uns auf der Fahrt begleiten werden.“ „Ja, ich muß mit. Eine ständige ärztliche Kontrolle ist unerläßlich. Es ist vielleicht auch beruhigend für Sie, wenn ich Ihnen sage, daß wir alle Möglichkeiten erwogen haben und schon seit Jahren daran arbeiten, auftretenden Gefahren mit Erfolg zu begegnen. Wir haben unzählige Tests durchgeführt, in Klimakammern, Andruckkabinen und Unterdruckkammern studierten wir an unzähligen Versuchspersonen, wie sich der menschliche Körper verhält, wenn er längere Zeit diesen anormalen Zuständen ausgesetzt ist. Ich kann Ihnen abschließend sagen, daß die Gefahren auf ein Minimum reduziert worden sind, das heißt, daß sie wohl Übermenschliches verlangen, aber mit keiner Gesundheitsschädigung verbunden sind. Mut und Ausdauer wird eine Fahrt in den Weltenraum immer erfordern, und es werden immer ganze Männer sein müssen, die einen solchen Start wagen dürfen.“ Wyne und Allen blickten sich an, als sie Dr. Murat verlassen hatten und auf die Straße traten. Dann lachte Kommissar Wyne. „Schöne Aussichten haben wir. Allen, bin neugierig, wie uns die Sache bekommt. Hätte wirklich nicht gedacht, auf meine alten Tage unsere Mutter Erde zu verlassen.“ „Ich auch nicht, Kommissar. Aber ich muß gestehen, daß ich 35
mich auf die bevorstehende Fahrt freue, trotz aller Unannehmlichkeiten, die uns erwarten werden. Nennen Sie es Leichtsinn. Aber mich begeistert die Idee, als erster Mensch einen unerforschten Planeten zu betreten.“ * Wyne und Allen verließen den Wagen, um ins Präsidium zu gehen. „Sagen Sie. Inspektor, was halten Sie von einem ordentlichen Frühstück?“ „Jetzt um diese Zeit?“ grinste der Inspektor. „Haben Sie schon Appetit aufs Mittagessen?“ „Ich könnte was vertragen.“ „Also gut, gehen wir. Es wird ohnehin unsere letzte vernünftige Mahlzeit sein.“ Sie setzten sich in ein kleines italienisches Restaurant, das in der Nähe des Präsidiums lag, und bestellten. Plötzlich, der Kommissar war gerade dabei, seine Spaghetti um die Gabel zu wickeln, trat ihm Allen gegen das Schienbein. „Sind Sie wahnsinnig geworden“, schimpfte Wyne mit vollem Mund, schwieg aber sofort, als er Aliens gespanntes Gesicht sah. Der Kommissar folgte dem Blick seines Inspektors, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. Offenbar fixierte Allen den schlanken jungen Mann an der Theke, der gerade seinen Campari bekam. „Wenn Sie mir bei jedem neuen Gast das Schienbein lädieren wollen, dann setze ich mich lieber gleich an einen anderen Tisch“, grollte Wyne und beschäftigte sich wieder mit seinem Teller. „Von hinten erkennen Sie ihn natürlich nicht. Aber ich habe sein Gesicht gesehen.“ „Na und? Soll er vielleicht verschleiert hier eindringen? Sie könnten ein paar Wochen Urlaub gebrauchen, scheint mir.“ 36
„Was würden Sie sagen, wenn der Mann da drüben zwei recht auffällige Narben im Gesicht hätte?“ . „Nichts. Was geht mich dessen Narben …“ Plötzlich schwieg der Kommissar und vergaß sein Essen. „Sie wollen sagen …?“ „Genau! Narben-Jimmy steht friedlich an der Theke. Ich möchte wetten, daß er eben ins Präsidium gehen wollte, um sich zu stellen.“ „Glauben Sie an den Weihnachtsmann?“ „Mitunter. – Was wollen wir unternehmen? Soll ich ihn verhaften?“ Wyne stocherte in seiner Tomatensoße herum und überlegte. „Das würde uns wenig nützen. Offenbar hat Hill ihn abgesetzt. Möchte bloß wissen, was das nun wieder soll.“ „Ich habe so eine Vermutung. Denken Sie an die Versprechungen, von denen die kleinen Gangster träumen.“ „Sie glauben doch nicht im Ernst, daß Narben-Jimmy sich in so große Gefahr begibt, nur um ein Versprechen zu halten?“ „Vergessen Sie nicht, daß er eine Mannschaft braucht. Wahrscheinlich ist ja nur Hill der Chef, und Jim hat sich zu fügen. – Sie müssen sich jetzt entscheiden, Kommissar, sonst ist das Vögelchen fort. Er zahlt gerade.“ Wyne warf seinem Gericht einen letzten, sehnsüchtigen Blick zu, dann zog er die Brieftasche und legte eine Banknote auf den Tisch. „Wir gehen ihm nach. Wollen sehen, was er unternimmt“, flüsterte er Allen zu und blickte sich vorsichtig um. Narben-Jimmy verschwand gerade durch die gläserne Drehtür. Der Kommissar stand auf. „Bleiben Sie hinter mir. Nur im Ernstfall eingreifen.“ Damit verschwand nun auch Wyne auf die Straße. Allen wartete noch eine Zeitlang, dann folgte er seinem Chef unauffällig. Eine Viertelstunde später entdeckte Allen den Kommissar in 37
der Empfangshalle eines großen Geschäftshauses in der Nähe des Präsidiums. Im Vorbeigehen fragte Allen: „Was hat er hier zu suchen?“ „Keine Ahnung“, knirschte Wyne zwischen den Zähnen hindurch. Inspektor Allen studierte von einem Sessel aus Firmennamen. Drei Ärzte, fünf Rechtsanwälte, eine Möbelvertretung, drei Stockwerke Textilgroßhandlung. Keiner der unzähligen Namen löste bei Allen irgendeine Erinnerung aus. Er konnte den Gangster mit diesen seriösen Firmen nicht in Beziehung bringen. Auch die Rechtsanwälte waren ihm unbekannt, ein gutes Zeichen, sie schienen also nicht auf der schwarzen Liste zu stehen. Das ständige Kommen und Gehen in der Empfangshalle lenkte Allen ab. Er saß gegen den Fahrstuhl hin von einer großen Blattpflanze gedeckt und konnte hier in Ruhe warten. Als er sich umschaute, war der Kommissar verschwunden. Sollte Narben-Jimmy den hinteren Ausgang gewählt haben? Der Inspektor wartete noch eine Stunde, dann stand er auf und schlenderte zum Präsidium zurück. Wyne empfing ihn mit hämischem Grinsen. „Ich muß Sie aus den Augen verloren haben, Kommissar“, versuchte Allen, eine Entschuldigung anzubringen. „Seit wann schlafen Sie mit offenen Augen? Ich bin mit der Gruppe von Lehrlingen an Ihnen vorbeigegangen, und Sie saßen da … wie … wie ein Rentner von mindestens achtzig.“ „Und unser Mann? Ist er entkommen?“ „Ihnen wäre er bestimmt davongelaufen.“ Das Summen des Sprechapparates unterbrach das Gespräch der beiden. „Kommissar Wyne“, meldete sich der Chef, als das Gesicht eines Beamten auf dem Schirm erschien. „Die Unterredung ist beendet, Chef. Wir halten den Mann an Tor vier fest, bis Sie mit dem 38
Wagen in der Nähe sind. Kontrolle der Papiere, wie Sie angeordnet haben.“ „Ist etwas dabei herausgekommen?“ „Mikrofone und Verstärker waren eingeschaltet. Darf ich die Übertragung durchgeben?“ „Später, zunächst wollen wir die Verfolgung fortsetzen. Vielleicht führt uns Jim zu den anderen.“ Wyne sprang auf und hastete aus dem Zimmer. Allen hatte Mühe, ihm zu folgen. Fünf Minuten später warteten sie in einem Privatwagen, den ein Beamter in Zivil lenkte, vor dem angegebenen Tor. Eben trat ein schlanker junger Mann auf die Straße, dessen Kopf bandagiert war, so daß man nur die Augen sehen konnte. Allen stieß einen vorsichtigen Pfiff aus. „Ist das …?“ Wyne tippte sich an die Stirne. „Wer soll es sonst sein? Während Sie die Firmenschilder studierten, ließ sich Narben-Jimmy einen Verband anlegen. Wir werden die drei Ärzte befragen lassen, wieviel er dafür bezahlte. Entweder hatte er eine ausgezeichnete Ausrede bereit, oder einer dieser Doktoren ist eine zweifelhafte Persönlichkeit. Wir haben da sowieso noch einige ungeklärte Fälle, in denen Schußwunden verbunden und behandelt wurden, ohne daß der Arzt Meldung machte, wie es seine Pflicht gewesen wäre.“ „Eine gute Idee, dieser Verband“, nickte Allen. Der Wagen rollte langsam zur nächsten Ecke. Dort rief der Bandagierte eine Taxe heran und fuhr in Richtung Mantill-Park davon. Vor einer Imbißstube hielt die Taxe, und Jim stieg aus. Wyne winkte mit dem Kopf. Allen verstand den Hinweis sofort und folgte Jim. Vergeblich suchte er den Gangster. Während er an der Theke einen Kaffee bestellte, beobachtete er den kleinen, übersichtlichen Raum im Spiegel. Keine Spur von dem jungen Mann. Sollte er ihm schon wieder entwischt sein? Dann durfte er sich dem Kommissar heute nicht mehr unter die Augen trauen. 39
Allen atmete erleichtert auf. Die Tür der Herrentoilette öffnete sich, und Narben-Jim kam heraus, diesmal ohne Verband. Er grinste dem Mann hinter der Theke zu, und der Angestellte nickte verständnisvoll. Dann traf Allen ein Blick aus schmalen Augen. Hatte Jim ihn erkannt? Der Inspektor fühlte sich nicht recht wohl in seiner Haut Er goß den Kaffe, der noch viel zu heiß war, hinunter und verbrannte sich gehörig die Zunge. Heute lief ihm alles schief. Er wartete einige Minuten, um Jim einen gehörigen Vorsprung zu geben, dann trollte er sieh hinaus auf die Straße. Von dem Wagen des Kommissars sah er gerade noch das Schlußlicht, als er um die nächste Ecke bog. Kein Grund zur Aufregung. Offenbar hatte Jim auch keine Taxe bekommen, sonst wäre Wyne längst außer Sicht gewesen. Allen ging zurück in das Lokal. „Taxe“, rief er dem Angestellten zu und warf zwei Münzen auf die Theke. Dann wartete er draußen. Der Wagen kam nicht. Selbst wenn am nächsten Stand keine Taxe wartete, hätte längst ein Funkwagen hiersein müssen. Wütend stürmte Allen in das Lokal. „Ich werde Anzeige gegen Sie erstatten. Wo bleibt mein Wagen?“ Der Mann hinter der Theke grinste verbindlich, nahm die beiden Münzen von der Theke und ging zum Sprechapparat. „Entschuldigen Sie, mein Herr, ich habe es vergessen. So viel Betrieb, da kann man schon mal einen Fehler machen.“ Allen warf ihm einen bösen Blick zu, dann deutete er auf das Lokal, das außer einem alten Mann, der in einer Ecke döste, völlig leer war. „Bilden Sie sich ja nicht ein, daß Sie mit solchen faulen Ausreden durchkommen. Ich werde dafür sorgen, daß Sie wegen Beihilfe drankommen.“ Damit stürmte er wieder hinaus, und der Angestellte wählte eine Nummer. Als die Taxe endlich kam, sprang Allen mit einem Satz hinein. Noch zitternd vor unterdrückter Wut, hielt Allen dem Fah40
rer seine Marke unter die Nase. „Wahrscheinlich werden wir ihn nicht mehr finden. Versuchen Sie, Funkwagen 398-1 zu erreichen.“ Der Alte hinter dem Steuerrad schaltete sein Mikrofon ein. „398-1 bitte melden, 398-1 für Adam-Ludwig-Ludwig-EmilNordpol.“ Zwei Sekunden vergingen, dann knackte es im Lautsprecher. „Hier 398-1, übergebe an Wilhelm-Ypsilon-Nordpol-Emil.“ Dann hörte Allen die Stimme des Kommissars. „Ausgeschlafen, Inspektor? Sind Sie denn ganz von Gott verlassen? Wie können Sie mich auf einer Taxi-Welle anrufen? Wenn er uns jetzt entkommt, ist es Ihre Schuld. Allein würde ich wahrscheinlich besser mit ihm fertig als mit Ihrer ewigen Querschießerei. – Wir sind Distrikt Mason-Square, Baugelände Dinky-Road. Ende.“ Allen war es nicht entgangen, daß die Stimme Wynes ziemlich heiser klang. Der Kommissar kochte innerlich. Aber was kann man machen, wenn man einen Pechtag hat? Allen trug es mit Fassung. Eine halbe Stunde später kroch er auf dem Bauch durch den Bauzaun des Geländes Dinky-Road. Weder der Kommissar noch Narben-Jimmy hatten ihm eine Spur hinterlassen. Würde er hier wieder umsonst warten müssen, bis er schwarz wurde? Allen überlegte gerade, womit er sein Pech verdient hatte, als eine Strahlensalve an seinem linken Ohr vorbeizischte. Der Inspektor hätte selbst über sein dummes Gesicht lachen müssen, wenn ihm nicht so ernst zumute gewesen wäre, und außerdem sah er sich ja nicht. Er kroch noch tiefer in die Mulde, die mit Zementstaub angefüllt war. Jetzt lag das Gelände wieder still und verlassen da. Vorsichtig kroch Allen Zentimeter um Zentimeter vorwärts in der Richtung, aus der die Strahlpistole abgefeuert worden war. Jedenfalls bin ich hier richtig, fuhr es ihm durch den Kopf. 41
Doch das Gefühl der Genugtuung verging ihm sofort, als eine zweite Salve dicht vor ihm den Boden versengte. NarbenJimmy verstand keinen Spaß. Aber wo war Wyne? Hatte der Gangster den Kommissar schon erledigt? Oder wartete Wyne in sicherem Hinterhalt. Beunruhigt stellte Allen fest, daß sich die Strahlpistole diesmal ganz in seiner Nähe entladen hatte. Verdammt, der Kerl hat es auf mich abgesehen, fluchte der Inspektor innerlich und verwünschte den Polizeipräsidenten, der seinen Zivilbeamten das Tragen von Waffen nur bei Razzien gestattete. „Sie sind dazu da, die Verbrecher durch Kopfarbeit zu überführen. Für Schießereien haben wir unsere uniformierten Beamten, die Ihnen jederzeit zur Verfügung stehen. Ich lasse mir meine besten Leute nicht umlegen.“ So motivierte der Polizeichef sein Verbot, wenn man ihm beweisen wollte, wie groß die Gefahr für einen Beamten sei, der keine Waffe mitführen durfte. ,Und wo sind Ihre uniformierten Beamten jetzt, Herr Präsident?’ fragte sich Allen zähneknirschend, während seine Augen das Gelände untersuchten. ‚Hier kriecht einer Ihrer besten Männer und wartet darauf, von einem widerlichen Gangster abgeschossen zu werden. Na warte, wenn ich erst mal zu einer einflußreichen Position gekommen bin, dann werde ich …’ Diesmal zischte die Ladung so dicht über seinen Kopf hinweg, daß Allen die Hitze spürte, und gleich darauf stieg ihm der beißende Dunst verbrannter Haare in die Nase. ‚… werde wohl nie zu einer einflußreichen Position kommen, wenn ich weiter hier liegenbleibe’, schloß er in Gedanken. Jetzt entdeckte er zwei Gestalten. Die eine kauerte in unmittelbarer Nähe hinter einem Zementgießer, die zweite Gestalt, größer und wuchtiger, näherte sich gebückt im Laufschritt. Der Gangster hinter dem Zementgießer mußte Schritte gehört haben, denn er drehte sich blitzartig um und riß den Strahler hoch. 42
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Das Weitere war ein Werk von Sekunden. Allen sprang auf, war mit zwei Sätzen neben Narben-Jimmy und fiel ihm in den Arm. Der Flammenstrahl verzischte, und Allen preßte das Handgelenk des Gangsters so fest, daß Narben-Jimmy den Finger am Abzug nicht mehr rühren konnte. Und jetzt war auch der zweite Mann herangekommen. Erleichtert erkannte Allen den Kommissar, der Jim nun von hinten packte. „So, das hätten wir geschafft, und jetzt kommen Sie mit“, sagte Wyne, während er Jim die Hand auf den Arm legte. Aber fast im gleichen Augenblick entdeckte Allen das Furchtbare. Etwa zwanzig ungepflegte Gestalten näherten sich drohend der kämpfenden Gruppe. „Vorsicht, Kommissar“, rief Inspektor Allen. Er hielt noch immer das Handgelenk des Gangsters umklammert, und jetzt entriß er Narben-Jimmy die Strahlpistole. Wyne hatte mit einem schnellen Blick die Situation erfaßt. Er griff in die Tasche, holte seine Trillerpfeife hervor und ließ sie aufschrillen. Allen bohrte dem Gangster dessen eigene Strahlpistole in den Rücken. Mit der Linken hielt er ihn am Arm fest, damit Jimmy nicht plötzlich davonstürmte. Denn NarbenJimmy mußte ebenso gut wie Allen und Wyne erkennen, daß es die einzige Rettung für die beiden Kriminalisten bedeutete. Draußen vor dem Zaun des Geländes ertönten weitere Polizeipfiffe. Dann hörten die Gangster einige Straßenzüge entfernt eine Sirene aufheulen. Allen beobachtete, daß der Anführer der Gruppe Narben-Jimmy ein Zeichen machte. Der Inspektor packte fester zu. „Wage es nicht, dich zu rühren, sonst brenne ich dir ein Loch in den Pelz, verstanden?“ Narben-Jimmy nickte und wandte sich etwas zur Seite, was dem Inspektor aber nicht verdächtig erschien. Doch dann spürte er einen beißenden Schmerz am linken Oberarm. Reflektorisch ließ er den Gangster los und schaute auf seinen Arm herab. Diesen Augenblick nützte Narben-Jimmy für seine Flucht. Er hetzte mit langen 44
Sätzen über das Baugelände. Allen stand wie versteinert. Der Schmerz in seinem linken Oberarm brachte ihn an den Rand einer Ohnmacht. Er starrte dem Flüchtenden nach, keiner Bewegung fähig, nur damit beschäftigt, gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Kommissar Wyne riß dem Taumelnden die Waffe aus der Hand und feuerte dem Gangster einige Ladungen nach, wobei er auf die Füße zielte. Die Gruppe hatte sich inzwischen in Bewegung gesetzt, nur zwei Mann blieben zur Deckung zurück. Allen erkannte gerade noch das Gesicht des berüchtigten Ed Lavorno, der in der Unterwelt als Meisterschütze galt. Ihm mußte dieser Paradeschuß gelungen sein, der Allens Arm getroffen hatte, ohne Jimmy zu verletzen. Offenbar war das Zeichen eine Warnung für Jimmy gewesen, und der Gangster hatte sich deshalb zur Seite gewandt, um Lavorno Gelegenheit zu geben, den Schuß anzubringen. Allen fühlte eine Faust in seinem Genick. Längst konnte er nichts mehr sehen, denn vor seinen Augen tanzten grüne und rote Schleier. Aber er fühlte, daß er noch auf den Beinen stand. Und nun wollte ihn jemand auf den Boden zwingen. Mit letzter Kraft wehrte er sich, dann spürte er einen Schlag unter das Kinn, und nun wurde es endgültig schwarz um ihn. Er fiel klaftertief und landete in weicher Watte. Sergeant Laiman half dem Kommissar, den bewußtlosen Inspektor zu dem wartenden Rettungswagen zu tragen. „Haben die Kerle ihn noch sonst wo getroffen? Von der Streifwunde am Arm wäre er doch wohl nicht bewußtlos geworden.“ „Ich mußte ihn k.o. schlagen“, erklärte Wyne. „Der Trottel wollte stehenbleiben. Sie hätten ihn todsicher abgeknallt.“ *
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Als Wyne neben dem Sergeanten im Wagen saß, grinste der Uniformierte. „Es war ein schöner Anblick, Sie mit der Strahlpistole zu sehen, Herr Kommissar. Ich wette, daß der Polizeipräsident für dieses Bild etwas gegeben hätte.“ Die Wagenkolonne setzte sich langsam in Bewegung. Fünf Gangster hatte man verhaften können, die anderen, unter ihnen auch Narben-Jimmy, wurden noch verfolgt. „Ja“, nickte Wyne, „ich habe immer so ein handliches Dingelchen bei mir.“ „Gegen die Vorschrift?“ staunte der Sergeant, während er den Wagen sicher durch den Verkehr lenkte. „Bin doch nicht lebensmüde“, lächelte Wyne und drehte die Waffe zwischen den Fingern. „Sie können sie übrigens mal registrieren lassen.“ Der Beamte begriff jetzt, daß der Kommissar ihn foppte. „Narben-Jimmys Strahler?“ kombinierte er. „Richtig. Und wenn Allen ihm das Ding nicht abgenommen hätte, könnten Sie jetzt wahrscheinlich zwei Tote ins Präsidium bringen. – Ich werde mir tatsächlich so einen Strahler zulegen. Wenn der Präsident keine Einsicht hat, dann müssen die Subalternen für ihn entscheiden und handeln.“ Inspektor Allen wurde sofort in ein Krankenhaus eingeliefert. Der behandelnde Arzt beruhigte den Kommissar, der einige Stunden später gekommen war, um sich nach dem Befinden seines Inspektors zu erkundigen. „Keine Angst, Sir, wir haben ihn soweit wieder hergestellt. Eine schmerzhafte Sache, so eine Verbrennung, aber mit unseren modernen Mitteln, kann er morgen wieder herumlaufen. Natürlich muß er den Arm schonen und den Plastikverband tragen. – Er klagt übrigens über Schmerzen am Kinn, wir konnten aber nichts entdecken. Vielleicht ist er auf einen Stein gefallen.“ 46
„Nicht ganz“, der Kommissar hob seine rechte Hand und ballte sie zur Faust. „Ich schreibe sonst eine härtere Handschrift, aber Allen war sowieso schon fast ohnmächtig. Sonst hätte er sich nicht gewehrt, als ich ihn in Deckung zerren wollte.“ „Ach, dann haben Sie Ihrem Kollegen …“ „Eine versetzt, wodurch er mir sein Leben verdankt. Ed Lavorno ist ein Meister mit der Strahlpistole, und er hätte es sich bestimmt nicht nehmen lassen, uns beide umzulegen, wenn wir als prächtige Zielscheiben herumgestanden hätten. So aber mußte er türmen, als die uniformierte Polizei von der Seite her in das Gelände eindrang.“ „Ein scheußlicher Beruf, den Sie sich da ausgesucht haben.“ Der Arzt zog eine Grimasse. „Kann ich nicht sagen, Doktor. Ich finde es viel unangenehmer, einem Mitmenschen den Bauch aufschneiden zu müssen.“ „Aber Kommissar, wieso denn? Haben Sie jemals gehört, daß der Blinddarm eines Patienten den operierenden Chirurgen angreift?“ Wyne lachte schallend. „Da haben Sie recht. Lebensgefährlich ist eine solche Operation nur für den Patienten. Aber auch wir haben unsere Aufgabe. Es wäre schön, wenn es ein Land ohne Polizei gäbe. Doch Voraussetzung dazu ist das Aussterben des Verbrechens. Und auf dieses goldene Zeitalter werden wir wohl noch lange vergeblich warten.“ Die Männer schüttelten sich herzlich die Hand. Dann öffnete der Arzt die Tür zu einem hellen Krankenzimmer und schob den Kommissar hinein. Allen grinste seinen Chef vom Bett her an. „Ich hatte einen Pechtag heute. Und nun liege ich auch noch im Spital. Können Sie mir noch einmal verzeihen, Chef?“ „Zum allerletzten Mal. Der Arzt meint, Sie können heute abend wieder aufstehen. Was wird aus unserer Raumreise? Soll ich Sie hierlassen?“ 47
Entsetzt schaute Allen seinen Chef an. „Das wäre eine harte Strafe obendrein. Die sollen mir einen dicken Verband machen, damit der Andruck die Wunde nicht beeinflussen kann.“ „Das wollen wir lieber Doktor Murat überlassen. Denn wenn wir dem guten Doktor hier erzählen, daß sein Patient gleich auf große Raumreise geht, noch dazu auf seine erste Raumreise, dann fürchte ich, wird ihn der Schock umwerfen.“ „Apropos“, wurde Allen jetzt interessiert. „Wer hat mir übrigens eine unters Kinn gesetzt? Soweit ich mich erinnere, waren die Ganoven doch längst außer Reichweite.“ „Ich habe mir erlaubt, Ihnen durch einen kräftigen Tupfer auf Ihre empfindliche Stelle das Leben zu retten. Reden wir nicht mehr davon.“ Allen starrte vor sich hin. „Sind die Kerle festgenommen worden?“ „Fünf Mann. Die anderen wurden durch die Stadt verfolgt. Zehn weitere hat man auf Ausfallstraßen gefaßt. Die restlichen vier sind entkommen. Ebenso Narben-Jimmy.“ „Ich habe mir dauernd überlegt, Inspektor, was wollte er eigentlich im Präsidium?“ „Er hat in seiner ausgezeichneten Maske das Untersuchungsgefängnis beehrt. Zum Glück wußte ich ja Bescheid. Wir ließen ihn herein, natürlich brachte er gefälschte Papiere mit und gab sich als Rechtsanwalt aus. Zu dem Aufnahmebeamten murmelte er etwas von Autounfall. Na ja, vielleicht wäre er auch unter normalen Umständen hereingekommen, aber so behandelte man ihn mit ausgesuchter Höflichkeit, denn ich hatte ja Anweisung gegeben, ihm nichts in den Weg zu legen. Und dann sprach er mit verschiedenen Häftlingen. Wir ließen die Abhörmikrofone einschalten, die Aufnahme ergab nichts Wesentliches, aber immerhin, der große Schlag ist in Vorbereitung. Leider keinen Anhaltspunkt, wo die Kerle abgeholt werden sollen.“ 48
„Hängt es mit dem Versprechen zusammen, sie in den Raum zu befördern?“ „Offensichtlich. Er sagte allen sinngemäß dasselbe. ‚Verbreitet die Nachricht, daß wir soweit sind. Start zur vereinbarten Zeit von der vereinbarten Stelle aus. Wer herauskommen kann, soll das versuchen. Die anderen holen wir später. Alle, die im Augenblick auf freiem Fuß sind, können mit.’ Leider hat er nicht gesagt, wo dieser Treffpunkt ungefähr liegt.“ „Vielleicht fassen ihn die Streifen noch irgendwo?“ „Glaube ich nicht. Um diese Zeit kann er längst wieder an Bord sein.“ Kommissar Wyne wußte nicht, wie recht er mit seiner Vermutung hatte. * Durch den Funkspruch aus der Mondstadt Mondala war die Wahrheit durchgesickert, und die Regierung hatte den Raub des Raumschiffes bekanntgeben müssen. Diese Meldung war eine Sensation auf der Erde. Die Regierung hatte aber auch gleichzeitig von der Existenz eines zweiten gleichen Raumschiffes berichtet und mitgeteilt, daß die Mi-2 die Verfolgung der Gangster aufnehmen würde. Zum Start des Räumers Mi-2 hatten sich unzählige Besucher eingefunden. Man bestaunte das ungeheure, silbern glänzende Schiff. Auch der Präsident war anwesend. Er bestieg ein kleines Podium und wandte sich an die Mannschaft des Schiffes. „Unsere Freude über den ersten Start des Raumschiffes wird beeinträchtigt durch den frechen Raub der Mi-1. Die ganze Nation blickt heute voll Zuversicht auf die Mi-2 und seine Besatzung und hofft, daß es gelingen wird, den Gaunern das entführte Schiff abzujagen, ehe sie damit Unheil an49
richten können. Nicht nur wir, sondern die Völker der Erde werden mit ihren Gedanken Ihren Flug begleiten, der von Erfolg gekrönt sein möge. Niemand auf der ganzen Erde gibt sich einer Täuschung über die Bedrohung hin, die das entführte Raumschiff für die Bürger jedes Staates darstellt. In den Händen von Verbrechern ist die Mi-1 eine ungeheure Waffe. Sie, meine Herren, haben die Aufgabe, die Erde und den Mond von diesem Alpdruck zu befreien. Wir alle wünschen Ihnen Glück.“ Der Präsident trat zu der Einstiegluke und schüttelte Professor Miller die Hand. Dann schloß sich die Luke, und ein Zittern lief durch den mächtigen Schiffskörper. Wenig später erhob sich das Raumschiff zu seiner Jungfernfahrt. Die Besatzung des Raumschiffes bestand aus hundert Personen. Außer der Bedienungsmannschaft, den beiden Kriminalisten, Dr. Walker, Professor Miller, einigen Astronomen und Dr. Murat, reisten auch fünfzehn Kriminalbeamte mit. Steil erhob sich das Schiff und schoß den Sternen entgegen. Kommissar Wyne fühlte eine unsichtbare Last auf seiner Brust, und ein elendes Gefühl überkam ihn. Er rang nach Luft und glaubte sein Ende gekommen. Mit äußerster Kraftanstrengung wandte er den Kopf und blickte zu Inspektor Allen hinüber, der neben ihm auf dem Lager angeschnallt war. Auch Aliens Züge drückten Mutlosigkeit aus. Da hörte er plötzlich eine Stimme im Lautsprecher und erkannte Dr. Murat, der die Männer beruhigen wollte: „Nur keine Bange, Leute“, sagte der Arzt, und es klang sehr zuversichtlich, „das ist der Andruck, der jedem zu schaffen macht. Es dauert nicht mehr lange. Bleiben Sie ruhig! Vermeiden Sie jede unnötige Bewegung.“ Kommissar Wyne wunderte sich, daß Dr. Murat überhaupt sprechen konnte. Er hätte in diesem Zustand keinen Ton he50
rausgebracht. Wahrscheinlich gab das jahrelange Training in Andruckkabinen dem Arzt diese Sicherheit. Nach und nach verschwand der große Druck von seiner Brust, und Wyne fühlte ein wohliges Behagen, als er seine Glieder streckte. Wenig später ertönte die Anordnung: Abschnallen! Kommissar Wyne war der erste, der die ihm schon lästigen Riemen löste und sich hastig erhob. Doch was war das? Er machte nicht gerade sanft mit der Decke des Raumes Bekanntschaft und ruderte dann mit Armen und Beinen umher. „So geht das nicht“, rief Dr. Murat unter Lachen. „Sie dürfen keine hastigen Bewegungen machen. Im Augenblick sind Sie viel leichter als auf der Erde.“ Hilfsbereit zog er den Kommissar an den Füßen herunter und drückte ihn wieder auf sein Lager. Dr. Murat deutete auf dünne Seile, die an den Wänden angebracht waren. „Benützen Sie stets die Halteseile, dann kann Ihnen dies nicht mehr passieren“, klärte er den Kommissar auf. Aber trotz dieser Erklärung machte gleich darauf Inspektor Allen zum Gaudium der anderen die gleiche Luftreise zur Decke. Erst langsam gewöhnten sich Wyne und Allen an langsame Bewegungen. Aber dann empfanden sie das leichte Schweben als ein herrliches Gefühl. Nur der Magen rebellierte noch. Der Bordfunker betrat den Raum und hielt Professor Miller einen Funkspruch entgegen. Miller überflog die Zeilen und wandte sich an die Anwesenden. „Funkspruch von der Erde. Die Gangster wurden vier Stunden vor unserem Abflug in den Appalachen gesichtet. Mittlerweile dürften sie aber schon weit genug sein. Man nimmt an, daß sie in einer Schlucht gelandet sind und Leute an Bord genommen haben.“ „Warum bekommen wir diese Nachricht so spät?“ 51
„Das Schiff wurde von Touristen gesichtet, die eine Wanderung durch dieses Gebiet der Appalachen machten. Ehe sie in ihr Hotel zurückkamen, waren fast vier Stunden vergangen. Die Durchgabe ging dann rasch.“ „Dann haben die Gangster ihr Versprechen wahr gemacht“, sagte Kommissar Wyne. „Eben. Weit unangenehmer ist jedoch, daß die Gangster nun von dem zweiten Raumschiff wissen und daß sie gewarnt sind.“ „Das war auch mein erster Gedanke. Man hätte den Start doch nicht bekanntgeben, oder noch besser, die Existenz des zweiten Raumschiffes geheimhalten sollen.“ „Für unser Vorhaben wäre es natürlich günstiger gewesen, doch Sie dürfen nicht vergessen, daß es für die Regierung nicht so leicht ist, die Angelegenheit länger zu verheimlichen. Mit Recht will das Volk über solche entscheidenden Schritte und Erfindungen aufgeklärt sein. Daß die Gangster jetzt mit der Verfolgung rechnen, schafft natürlich eine andere Lage und schließt jede Überrumpelungs-Taktik aus. Wir wissen auch nicht, wie sie darauf reagieren. Es könnte sein, daß sie uns offen angreifen.“ „Das glaube ich weniger, Professor. Die Gangster müssen damit rechnen, daß auch wir bewaffnet sind. Ich nehme daher an, daß sie uns schnell aus dem wege gehen werden und die Flucht vorziehen! Wahrscheinlich starteten Sie jetzt in den weiten Raum! Bisher kamen die Gangster nur bis zum Mond und sind dann wieder auf der Erde gelandet. Das besagt, daß der Führer des Raumschiffes das Fahrzeug schon gut in der Hand hat. Trauen Sie das diesem Bill Hill zu?“ „Das weitere Vordringen in den Raum setzt natürlich ganz andere Kenntnisse voraus als eine Reise zum Mond. Es gehört eine harte Schulung dazu, und vor allem muß neben großem Mut auch ein gut fundiertes Wissen vorhanden sein. Und soviel 52
ich meinen ehemaligen Mitarbeiter Bill Hill kenne, hat er beides. Ich zweifle keine Sekunde, daß er in den Raum Vordringen wird. Bill Hill hat den nötigen Wagemut und eine gehörige Portion Leichtsinn. Und der größte Teil seines Wissens stammt – leider muß ich das jetzt sagen – von mir. Er war ja Jahre hindurch einer meiner engsten Mitarbeiter, und ich hatte ihn auch dazu aus ersehen, eines von den neuen Raumschiffen zu steuern, was er jetzt macht, allerdings anders, als ich es mir vorgestellt hatte“, schloß Professor Miller bitter. „Hoffen wir, daß wir das Raumschiff und seine Besatzung bald unschädlich machen können“, sagte Inspektor Allen. „Wenn möglich aber ohne die Zerstörung des Schiffes“, warf Professor Miller ein. „Am besten wäre es, sie nach der Landung auf einem Planeten zu erwischen. Dann wäre das Schiff außer Gefahr. Da die …“ Kommissar Wyne schwieg, denn wieder betrat der Bordfunker den Raum. Dieses Mal erhielt der Kommissar einen Funkspruch. Er besagte in kurzen Worten, daß die Gangster, ehe sie mit ihren Kumpanen abgeflogen seien, noch eine Waffenfabrik überfallen und dort die neuesten Waffen mitgenommen hätten. Drei Tote unter den Angestellten des Werkes sowie zwei verletzte Polizisten waren zu beklagen. Kommissar Wyne reichte dem Professor wortlos den Funkspruch. Entsetzt las Miller die Nachricht. „Keine Gnade für diese Mörder“, sagte Kommissar Wyne mit funkelnden Augen. „Wir sehen, mit wem wir es zu tun haben.“ Der Funkspruch meldete weiter, daß die Gangster nur ganz schwere Jungen, ausschließlich entlassene Zuchthäusler, an Bord genommen hätten. „Eine Bande von Schwerverbrechern und Mördern will Erde, Mond und den Raum unsicher machen“, stöhnte der Professor. „Aber das darf ihnen nicht gelingen. Wir müssen sie stellen, ehe sie weiteres Unheil anrichten.“ 53
„Richtig. Und wir müssen rasch handeln, Professor.“ Kommissar Wyne ahnte in dieser Stunde nicht, welche schweren und harten Kämpfe der Mi-2 noch bevorstanden. * Kommissar Wyne und Inspektor Allen waren ein wenig eingenickt, als sie Dr. Murat mit dem Ruf: „He, ihr Schlafmützen! Aufgewacht! Wir landen bald!“ weckte. Sie eilten zum Fenster und blickten hinaus. In der Schwärze des Raumes hing die Erde, und nun erblickten sie auch den Mond, der sich zusehends vergrößerte, so daß sie schon Einzelheiten erkennen konnten. Obwohl die beiden Beamten schon viel über die Städte auf dem Mond gelesen und überdies auch schon manche Bilder davon gesehen hatten, waren sie überrascht, als das Raumschiff in der Nähe der großen Stadt Mondala zur Landung ansetzte. Über die Mondstadt spannte sich eine durchsichtige, gigantische Kuppel. Darunter herrschten die gleichen atmosphärischen Bedingungen wie in einer Stadt auf der Erde. Tausende von Menschen lebten und arbeiteten unter dieser gewaltigen Kuppel. Langsam setzte das Schiff auf den Boden auf. Dr. Murat half den beiden Beamten beim Anlegen des Raumanzuges, und dann verließen sie das Flugschiff. Ein großes Tor öffnete sich, und durch zwei weitere Tore wurden sie dann in die Stadt Mondala eingeschleust. Die Stadt unterschied sich kaum von einer irdischen, abgesehen von der Glaskuppel und den modernen Bauten. Die gesamten Bewohner der Stadt waren schon über den Zweck der Reise des neuen Raumschiffes informiert worden, und man betrachtete mit großer Neugierde die Männer, die vielleicht schon in der 54
nächsten Stunde in den unbekannten Raum vorstoßen würden. Man berichtete alles Nähere über das Auftauchen des Raumschiffes der Gangster. Die Mi-1 hatte große Beunruhigung ausgelöst, denn die Bauart des gesichteten Raumschiffes war unbekannt, und die Gangster hatten die Funksprüche nicht beantwortet. Viele Einwohner der Mondstadt hatten geglaubt, das neue Flugschiff sei aus dem Weltenraum gekommen. Aber nun kannten sie die Wahrheit. Während die Mannschaft das Raumschiff überholte, begaben sich alle anderen Insassen in die Stadt, wo sie Gäste des Stadtoberhauptes waren. Die meisten, besonders diejenigen, die die Reise das erste Mal mitgemacht hatten zu ihnen gehörten ja auch Kommissar Wyne, Inspektor Allen und die fünfzehn weiteren Kriminalisten – waren froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie sich auch immer noch unnatürlich leicht fühlten. Das künstliche Schwerefeld der Mondstadt verlieh den Bewohnern nur ein Drittel ihres gewohnten Gewichtes und konnte sogar reduziert werden, was bei größeren Bauarbeiten auch gemacht wurde. Überall, wo die Besucher hinkamen, wurden sie bestürmt, über die Gangster zu berichten. Am Abend bereiteten die Stadtväter den Männern einen großen Festabend in der Stadthalle. Nach der offiziellen Begrüßung durch das Stadtoberhaupt, Dr. Dave, wandte sich dieser an den Professor: „Wir Mondbewohner nehmen ja noch immer lebhaften Anteil an den Geschehnissen unserer Heimat, der guten alten Erde, und es würde uns daher brennend gern interessieren, wenn Sie, lieber Professor, uns einige Fragen über Ihr neues Raumschiff beantworten würden.“ Ein Beifallssturm erhob sich unter den Bewohnern von Mondala. Professor Miller stand auf. „Ich komme Ihrer Bitte gerne nach“, sagte er freundlich lächelnd und gab anschließend einige Daten bekannt. 55
„Wir erfuhren von der Existenz eines neuen Raumschiffes ja erst vor wenigen Stunden. Ist es wirklich wahr, was man uns über die Geschwindigkeit mitteilte, Professor?“ „Die enorme Geschwindigkeitssteigerung, die es möglich macht, in den Raum vorzudringen, gründet sich auf einen neuen Treibstoff, den ich fand. Wir bewegen uns – bei Höchstgeschwindigkeit – in dem neuen Schiff mit 1/10 Licht durch den Raum.“ „Eine wahrlich wunderbare Erfindung. Aber wie ist es möglich, daß sich der Mensch einer so ungeheuer großen Geschwindigkeit aussetzen kann, ohne ernsthaften Schaden an seiner Gesundheit zu nehmen?“ „Das war die große Klippe, an deren Umschiffung schon durch Jahrzehnte Gelehrte der ganzen Erde arbeiteten. Auch hier halfen einige wichtige Erkenntnisse weiter. Wir haben einen Kräfte-Ausgleich geschaffen, der jeden Organismus im Raumschiff schützt. Solange wir beschleunigen, bleibt dieses Schutzfeld eingeschaltet. Nur dadurch können wir die ungeheure Geschwindigkeit, ohne Schaden zu nehmen, aushalten und überstehen.“ „Sind Sie ausgerüstet, falls Ihr Raumschiff irgendwo im All gezwungen wäre, eine Notlandung auf einem größeren Planeten vorzunehmen?“ „Ihre Frage ist vollkommen berechtigt, Dr. Dave. Wir wissen, welche Gefahren die Mi-2 in einem solchen Falle erwarten. Da die Raumer vom Typ Mi ursprünglich für Expeditionen zu den Riesenplaneten unseres Systems ausersehen waren, mußten Gravitationsunterschiede beim Bau einkalkuliert werden. Durch den Einsatz eines Schwerkraftausgleichers, den jeder Raumfahrer mit sich führt, hoffen wir, gesichert zu sein.“ „Unglaublich, Professor“, sagte das Stadtoberhaupt anerkennend. „Wer hätte jemals gedacht, welche gigantischen Fort56
schritte man seit der ersten Freisetzung von Atomenergie, mit der ja die Raumfahrt ihren bescheidenen Anfang nahm, machen würde.“ „Ja, wenn man an die Anfänge der Raumfahrt zurückdenkt, dann hält man diesen raschen Fortschritt für unglaublich. Wenn man sich zum Beispiel an den ersten Satelliten, den Sputnik der Russen, erinnert: Welche Sensation löste dieser künstliche Trabant damals aus, und wie überholt kommen uns gegenwärtig diese kümmerlichen Versuche vor! Doch wir dürfen nie vergessen, daß jene Versuche die Voraussetzungen für weitere Erfindungen schufen, die es uns jetzt ermöglichen, in den Raum vorzustoßen. Wir haben uns noch eine Reihe weiterer großer Erfindungen zunutze gemacht, die, sinnvoll vereint, die größte Sicherheit für den Raumfahrer verbürgen.“ „Ich danke Ihnen, Mister Miller, für Ihre Ausführungen. Aber ich hätte noch eine Frage, die sicher Sie am besten beantworten können. Sie wissen ja, es gibt auf der Erde und auch hier auf dem Mond zwei Theorien über unser Sonnensystem. Während die eine Partei die Ansicht vertritt, es sei durchaus möglich, daß auf fremden Planeten Lebewesen existieren, lehnt die zweite Partei eine solche Theorie rundweg ab. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns Ihre Meinung darüber sagen würden.“ Professor Miller blickte lächelnd seinen Mitarbeiter Dr. Walker an. „Obwohl Ihre Frage etwas heikel ist, will ich sie beantworten. Dr. Walker und ich gehören zu den Verfechtern der ersten Theorie, das heißt, wir nehmen an, daß es außer uns noch Lebewesen geben muß. Ob es menschenähnliche Rassen sind, oder ob es sich um Lebewesen niederster tierischer oder pflanzlicher Art handelt, ist dabei ziemlich gleichgültig, Der Streit darüber unter den Gelehrten der gesamten Welt dauert ja schon Jahrhunderte, doch bis jetzt ist es keiner Partei gelungen, irgendeinen Beweis für ihre Ansicht zu erbringen. 57
Aber der große Gelehrtenstreit wird nicht mehr lange währen, denn in Kürze wird es sich erweisen, welche Theorie die richtige ist. Wir werden auf unserem Flug durch unser System einige Planeten ansteuern und uns dort umsehen.“ „Welche Gefahr sehen Sie als die größte an bei Ihrer Reise in das All?“ „Die größte Gefahr droht uns eigentlich von den kleinsten Körpern. Es wäre schlimm, wenn ein Himmelsvagabund, ein Meteorit, unsere Bahn kreuzen würde, denn schon ein faustgroßes Stück könnte uns sehr gefährlich werden. Wir haben auch hier manche Vorsorge: Gute Panzerung des Raumschiffes, eine Meteor-Warnanlage, doppelte Wandung, hermetisch abzuriegelnde Stockwerke innerhalb des Mannschaftsdecks, und für den Ernstfall stehen Rettungsgondeln bereit. Doch muß ich gestehen, daß wir diese Gefahr nicht ganz aus der Welt schaffen konnten. Wir wissen aber auch, welche Gebiete von ständigen Meteoritenschwärmen besonders heimgesucht sind und werden daher solche Gebiete meiden. Diese kleinen Himmelsvagabunden stellen die größte Gefahr für die Raumfahrt dar, und obwohl ein Zusammentreffen nicht zu den Alltäglichkeiten gehören wird, kann es sich doch ereignen.“ „Wie würde sich ein solcher Zusammenstoß mit einem Meteoriten auf das Raumschiff auswirken?“ „Obwohl ein Meteorit im Vergleich zum Raumschiff eine recht mäßige Geschwindigkeit aufweist, würde ein nur faustgroßer Weltkörper die Panzerung des Raumschiffes glatt durchschlagen. Bei einfacher Wandung würde die Luft binnen zwanzig Sekunden aus dem Raumschiff entweichen, falls keine Vorsorge gegen eine solche Eventualität getroffen wäre. Würde bei einem Mi-Raumer der Meteor die doppelte Wandung durchschlagen, so schließt sich die beschädigte Kabine sofort gegen die anderen Räume hin ab. Die Besatzungsmitglieder, die gerade 58
in einem solchen getroffenen Raum sind, können durch Schleusen gerettet werden, wenn sie Raumanzüge getragen haben. Tritt jedoch eine größere Beschädigung des Raumschiffes ein, so sind für die Insassen Rettungsgondeln vorgesehen, die die Raumfahrer sicher zur Erde zurückbringen. Außer den Meteorschwärmen gibt es noch andere Feinde des Menschen auf seinem Weg in den Raum. Hierher gehören die verschiedenen Zonen, durch die das Raumschiff kommt. So würde die Zone der schweren kosmischen Strahlungen den Körper der Raumfahrer binnen weniger Minuten vollkommen zersetzen, falls nicht durch Strahlungshemmer Vorsorge getroffen wäre, dies zu verhindern.“ Noch lange blieben die Raumfahrer mit den freundlichen Einwohnern von Mondala zusammen, und es wurde spät, ehe sie die bereitgestellten Quartiere aufsuchten. * Herrlich ausgeschlafen erwachten Kommissar Wyne und Inspektor Allen am nächsten Morgen, der hier nicht von einem Sonnenaufgang eingeleitet, sondern lediglich durch laute Glockentöne verkündet wurde. Nachdem sie sich angezogen hatten, besuchten die beiden ihre Leute, die im gleichen Hause untergebracht waren. Sie hielten dann eine kurze Besprechung mit ihren Männern ab. Die Beamten waren mit großem Interesse bei der Sache, und sie freuten sich auf die erste große Fahrt. In der Freude an dem Neuen, Geheimnisvollen, schienen si fast ihre Aufgabe vergessen zu haben. Ja, die Gangster! Wo waren sie? Bisher lagen keine weiteren Meldungen vor, weder von der Erde noch vom Mond, wonach man das gestohlene Raumschiff irgendwo gesichtet hätte. Entweder waren sie auf der Erde auf einem abgelegenen Platz ge59
landet, oder sie hielten sich irgendwo im Raume auf. Miller und Wyne vertraten die letztere Ansicht. Es würde gewiß nicht leicht sein, unter den Planeten denjenigen herauszufinden, auf dem sich die Gangster versteckt hielten. Wyne, Allen und Dr. Murat machten noch einen kleinen Spaziergang durch Mondala, während sich der Professor und Dr. Walker zum Raumschiff zurück begaben. Die Temperatur, die hier künstlich geregelt wurde, war äußerst angenehm, und die beiden Kriminalisten bestaunten manches Neue, das es auf der Erde noch nicht gab. Sie bewunderten vor allem die riesigen Bildschirme vor den Gebäuden einiger Zeitungen, die in Wort und Bild über die neuesten Geschehnisse von der Erde berichteten. Nur, wenn sie den Blick nach oben schweifen ließen, wußten sie, daß sie nicht in einer Großstadt der Erde, sondern in einer Mondstadt umhergingen. Die herrlichen Lichtreflexe der gigantischen Glaskuppel ließen sie immer wieder neu emporblicken. Wohlbehütet lag Mondala wie unter einer riesigen Käseglocke geborgen. Das Fehlen einer Atmosphäre auf dem Erdtrabanten konnte den Bewohnern nichts anhaben, man bewegte sich dank der Kuppel ohne Raumanzug frei und unbehindert innerhalb der Stadt. Es gab keine Kälte und keine große Hitze, das Klima blieb immer beständig, freundlich und warm. Die Pflanzen gediehen daher auch prächtig, und mancher irdische Gärtner beneidete seine Kollegen auf dem Mond. Um eine größere Ausdehnung zu verhindern, ging die Stadt tief in den Boden hinein. Die trockene, feste Oberfläche des Mondes gestattete den Bau von Wohnräumen, Hallen und großen Schuppen, und die Hallte der Bewohner von Mondala lebte „unterirdisch“. Große Schächte mit massiven Aufzügen sorgten für ein bequemes und schnelles Erreichen der Behausungen. Auf Schritt und Tritt stießen Wyne, Allen und Dr. Murat auf neue Wunder, die es auf der Erde nicht gab. 60
Nur die Menschen waren die gleichen, denn sie alle waren ja von der Erde heraufgekommen, um den guten alten Mond zu besiedeln. Viel zu früh rief sie das Signal zum Raumschiff zurück. * Widerwillig schlüpfte Kommissar Wyne in den schweren Raumanzug, dann wurde er mit den anderen durch die Tore der Stadt ins Freie geschleust, wo schon das Raumschiff startbereit wartete. Die Stadtväter hatten es sich nicht nehmen lassen und waren zum Abschied in ihren Raumanzügen vor der Stadt erschienen, um dem Start des Atomschiffes beizuwohnen. Schnell wurden die Einstiegluken geschlossen, ein leichtes Beben lief durch das Schiff, und schon erhob es sich vom Boden. Alle Insassen, die nicht bei den Maschinen beschäftigt waren, standen an den Ausgucken und blickten auf die große Kuppel hinab, unter der Mondala lag. „Es ist schön in dieser Stadt, aber ich möchte doch kein Bürger von Mondala sein“, bekannte Inspektor Allen offenherzig. „Warum nicht?“ fragte Professor Miller, während er nachdenklich auf die glänzende Kuppel hinabblickte. „Nach menschlichem Ermessen gibt es doch auf dem Mond keine Gefahr für die Kuppel.“ „Aber im Falle eines Krieges wären die Mondbrüder übel dran“, meinte Allen. „Wenn es den Mondbewohnern nicht gelingt, ein fremdes feindliches Raumschiff außerhalb ihrer Stadt abzuwehren, dann schweben die Stadt und ihre sämtlichen Bewohner in einer furchtbaren Gefahr. Ein einziger Bombentreffer würde die Plastikkuppel zerstören und damit alles Leben mit einem Schlage auslöschen.“ „Aber, mein lieber Allen“, wehrte der Professor ab, „ein 61
Krieg ist im Atomzeitalter nicht mehr möglich. Das wissen Sie doch.“ Der Professor wandte sich ab und gab dem Chefpiloten einige Anweisungen durch. „Anschnallen!“ ertönte es dann in kurzen Abständen aus dem Lautsprecher. Wyne und die anderen kamen dem Befehl schnell nach, legten sich der Länge nach auf ihre Lager und schnallten sich in gewohnter Weise an. Der Kommissar und der Inspektor spürten plötzlich ein furchtbares Dröhnen im Kopf, und es war ihnen, als würde der gesamte Magen heraufkommen. Ein ungeheurer Druck legte sich wieder auf ihre Brust, ein Druck, der weit stärker war, als beim Start von der Erde. Sie fühlten ein Brennen in den Lungen, und sie fingen an, wie Fische nach Luft zu schnappen. Kommissar Wyne meinte wieder, seine letzte Stunde sei gekommen, so unsagbar elend fühlte er sich. Als er einen Blick auf den Inspektor warf, erschrak er. Mit wachsbleichem Gesicht lag der Freund auf seinem Lager, und Wyne hörte deutlich dessen röchelnde Atemzüge. Er wollte dem Freund beistehen, doch es war ihm unmöglich, ein Glied zu rühren. Es war ihm, als würde ihn eine unsichtbare Faust auf das Lager pressen. Ein kurzer Blick nach rechts zeigte ihm, daß die beiden Astronomen und Dr. Murat genauso leichenblaß dalagen. Dann sah Kommissar Wyne einen roten Schleier vor den Augen, und er glaubte in einen tiefen Abgrund zu stürzen. Wie aus weiter Ferne hörte er dann eine Stimme neben sich, und nur langsam und mühsam fand er in die Gegenwart zurück. Als er die Augen aufschlug, sah er Dr. Murat über sich gebeugt, der ihn mit einem etwas verzerrten Lächeln anblickte. „Nur Mut“, hörte er den Doktor sagen, dann tastete sich dieser schon zum Lager von Inspektor Allen weiter. Langsam, unendlich langsam, wich der furchtbare Druck von der Brust des Kommissars. Seine Glieder verloren die Starrheit 62
und schmerzten auch nicht mehr, wenn er versuchte, sie etwas zu bewegen. Befand sich das Raumschiff in Fahrt, oder stand es still? Er hatte jedes Gefühl verloren, fühlte nur eine nie gekannte Müdigkeit. Schlafen, schlafen, dachte er, und schon fielen ihm die Augen zu. Kommissar Wyne erwachte durch ein Lachen, und als er die Augen aufschlug, sah er den Doktor neben sich. „Nun haben wir das Schwerste überstanden. Die Höchstgeschwindigkeit ist erreicht“, sagte der Arzt tröstend. „Nun, Doc, ich möchte bestimmt nicht behaupten, daß ich mich schon besonders wohl fühle in meiner Haut. Mir brummt mein Kopf noch immer ganz tüchtig, aber Gott sei Dank, der Druck auf meiner Brust hat nachgelassen, ist so ziemlich weg.“ „Ja, Kommissar, und er wird auch nicht mehr wiederkehren. Sie können sich jetzt ruhig abschnallen, um sich ein bißchen umzusehen.“ Der Doktor ging weiter zu den zwei Astronomen und Allen, die gerade versuchten, sich auf ihrem Lager aufzusetzen. Obwohl es dem Kommissar noch immer unmöglich erschien, sich aufzurichten, probierte er es doch, und siehe da, es gelang wider Erwarten. Als er auf seinen beiden Beinen stand, war jede Schwere wie abgefallen, und er streckte sich behaglich. Auch Inspektor Allen hatte sich bereits erhoben, und gemeinsam traten sie zu dem großen Fenster, um einen Blick auf ihre Umwelt zu werfen. In diesem Augenblick betrat auch Professor Miller wieder den Raum. Kommissar Wyne wandte sich sofort an ihn. „Es mag vielleicht dumm klingen, Professor wenn ich sage daß ich ein Gefühl habe, als würden wir in den Raum stürzen.“ Professor Miller lächelte. „Ihre Ansicht ist nicht so abwegig, Kommissar. Es gibt hier kein Oben und kein Unten. Unsere Begriffe reichen hier nicht aus. In diesen Räumen ist alles verschoben.“ 63
Nun lachte auch Kommissar Wyne sein unbeschwertes Lachen. „Jedenfalls fühle ich mich jetzt wieder als ein Mensch.“ „Trösten Sie sich, Kommissar. Auch ich machte einigemale die Raumkrankheit mit und weiß darum nur zu gut, wie einem dabei zumute ist. Ich bin jetzt noch nicht ganz gefeit davor, doch tritt sie natürlich nicht mehr so schwer in Erscheinung, wie bei einem Menschen, der das erste Mal in den Raum kommt. Die Gegensätze der verschiedenen Zonen, durch die unser Schiff kommt, sind eben zu groß. Sehen Sie, Kommissar, der Mensch will immer mehr erreichen. Das Element, für das er geschaffen wurde, reicht ihm nicht aus. Ich spreche nicht vom Grundstoff, Sie verstehen?“ Eben traten die beiden Astronomen zu Miller und Wyne. Der eine Wissenschaftler wies mit der Hand aus der Luke. Schwarz war der Raum vor ihnen, und nun sahen sie den Jupiter. „Ein herrlicher Anblick“, sagte der Astronom. Wyne blickte in die angegebene Richtung, und nun konnte er sehen, wie sich der Jupiter als kleine, rötliche Scheibe präsentierte, und beim schärferen Hinsehen konnte er auch die Monde erkennen. Fasziniert blickte Kommissar Wyne auf das Bild, das vor ihnen noch kein Menschenauge aus solcher Nähe geschaut hatte. „Haben Sie schon Vorkehrungen getroffen, um dem Asteroidengürtel auszuweichen?“ fragte jetzt einer von den Astronomen etwas ängstlich. „Was ist denn das nun wieder für ein Bereich?“ fragte Inspektor Allen verwundert. „Der Asteroidengürtel ist gefährlich, da es in diesem Raume von großen und kleinen Meteoriten nur so wimmelt. Man würde ein großes Risiko eingehen, wenn man diesen Gürtel durchfahren würde, und wir werden es daher auch hübsch bleiben lassen. Es muß ja nicht sein, und warum sollen wir uns unnötig einer Gefahr aussetzen.“ „Ihre Versicherung hat mich etwas beruhigt, Professor, obwohl 64
wir auch an jeder anderen Stelle im Raum einen Zusammenstoß mit einem solchen Himmelsvagabunden haben könnten.“ „Das allerdings, doch sind die Aussichten hierfür geringer.“ Alle Besatzungsmitglieder sowie die Polizeibeamten, die nicht beschäftigt waren, standen an den Ausgucken und beobachteten den Raum vor sich, ob sich nirgends eine Spur von dem Raumschiff der Gangster zeigte. So aufmerksam jedoch auch Ausschau gehalten wurde, von den Gangstern war nichts zu entdecken. Kommissar Wyne, Inspektor Allen und ihre Leute hatten sich nun schon daran gewöhnt, keine festen Speisen mehr zu sich zu nehmen, da die Nahrung in winzigen Tabletten eingenommen wurde. Nach der Einnahme einer solchen Tablette verschwand jedes Hungergefühl sofort, und man fühlte sich behaglich satt. Trotzdem äußerte Inspektor Allen einigemale den Wunsch nach einem Glas Bier, und der Kommissar lechzte nach einem Schluck Whisky. „Ist es nicht wunderbar, Professor, daß es unserer Generation gelungen ist, den Weltraum zu erobern?“ fragte Kommissar Wyne begeistert. Der Gefragte lächelte. „Gewiß, Kommissar, aber ich möchte von einer wirklichen Eroberung des Weltenraumes noch nicht sprechen.“ „Wie soll ich das verstehen, Professor?“ „Angesichts der gewaltigen Größe des Raumes, sind uns trotz unseres Vordringens in diesen noch, sehr enge Grenzen gesetzt. Ich will Ihnen dies an einem praktischen Beispiel näher erklären. Schaffen wir uns in Gedanken ein Modell, das um eine Million kleiner ist als die Wirklichkeit. Da wäre dann unsere Erde eine Kugel von 2,8 Meter Durchmesser, und die Sonne wäre eine Kugel von 1400 Metern und befände sich 150 Kilometer von der Erde entfernt, das heißt, von unserem Erdmodell. Der 65
Mond würde einen Durchmesser von 3,5 Metern haben und wäre rund 400 Meter von unserem Erdmodell entfernt. So, und jetzt übertragen wir diese Größenvergleiche auf unser neues Raumschiff. Dieses bewegt sich nach dem verkleinerten Maßstab in einer Entfernung von rund 500 bis 800 Metern von der Erde weg. Und nun sagen Sie selbst, ist dies nicht eine lächerliche Entfernung angesichts der ungeheuren Weite des Raumes? Aber wir sind trotzdem schon weit gekommen, wenn wir den ersten Erd-Satelliten, den russischen Sputnik, zum Maßstab nehmen. Dieser kreiste vor Jahrzehnten in einer Entfernung von nur 30 bis 50 Zentimetern um unser angenommenes Erdmodell. Sie sehen ein, es wäre unangebracht, von der Eroberung, beziehungsweise Beherrschung des Weltenraumes zu sprechen.“ „Sie haben mir mit diesem Beispiel die Ausmaße unseres Sonnensystems leicht und verständlich nahegebracht. Es wäre angesichts dieser Tatsachen vermessen, von einer Eroberung zu sprechen.“ „Um die fernste Ferne des Weltenraumes begreiflich zu machen, müßten wir weiter gehen und noch einmal eine Verkleinerung vornehmen, danach die Sonne selbst nur stecknadelkopfgroß wäre und einen Durchmesser von 1,5 mm aufwies. Unsere Erde wäre dann aber auf ein Hundertstel Millimeter zusammengeschrumpft. Die unvorstellbar große Entfernung der Sonne von der Erde würde dann 15 Zentimeter, und die des nächsten Fixsternes zirka 40 Kilometer betragen. Durch dieses Beispiel kann man sich eine Vorstellung von der Größe des Raumes machen. Ob man den Raum wirklich einmal bezwingen wird? Da müßte die derzeitige Geschwindigkeit, die immerhin schon ungeheuer hoch ist, noch bedeutend erhöht werden. Aber wir können uns trotzdem zufriedengeben mit dem bisher Erreichten, denn es gestattet uns doch einen kleinen Einblick in die Geheimnisse des Alls.“ 66
„Ihre Beispiele sind für einen Laien, wie ich es bin, verwirrend, doch sie geben mir eine Vorstellung von der Unendlichkeit des Raumes, in dem wir leben.“ „Ja, und wenn uns auch Grenzen gesetzt sind für unser Vordringen, so kann man doch stolz sein auf unsere Leistungen. Als man vor zwanzig Jahren das erste Mal eine bemannte Rakete nach dem Mond startete, war es eine ungeheure Sensation. Und heute, ich meine in diesem Augenblick, liegt der Mond schon weit hinter uns.“ Beeindruckt von dem Gehörten schwieg Kommissar Wyne und blickte vom Ausguck in den Weltenraum. * Kommissar Wyne und Inspektor Allen hatten geleint, sich in dem Raumschiff richtig zu bewegen. Die Bewegungen in ihrem Aufenthaltsraum, wo ja die Gesetze der Schwerkraft ihre Gültigkeit verloren hatten, mußten genau dosiert sein, denn jede heftige Bewegung schleuderte den Körper von der einen Wand zur anderen. Jede heftige Bewegung löste auch ein lang andauerndes Drehen des Körpers aus, das sich nur durch Ausstrecken von Händen und Füßen abbremsen ließ. Verständnislos blickte Kommissar Wyne den Professor an, als ihn dieser fragte, ob er einen kleinen Ausflug nach draußen machen wolle. „Ja, Kommissar, das läßt sich machen und ist durchaus möglich. Allerdings müssen dabei einige Vorsichtsmaßnahmen bedacht werden. Ein Raumfahrer ist durchaus in der Lage, sein Fahrzeug zu verlassen, wenn er sich einen eigens hierfür konstruierten Anzug überstreift. Dieser Anzug ist mit einer Sauerstoffpistole und einem Sauerstoffgerät ausgerüstet. Um ein Abtreiben in das All zu verhindern, wird der Mann, der das Schiff 67
verlassen will, mit einer Leine gesichert. Mit der Sauerstoffpistole kann sich der Raumfahrer in jede beliebige Richtung schießen. Wir werden es heute einmal ausprobieren, und da wir mehrere solcher Anzüge zur Verfügung haben, lade ich Sie ein.“ Die Zustimmung zu dieser Einladung kam nicht ganz aus freudigem Herzen. Wyne war etwas erregt, als ihm Professor Miller den Raumanzug reichte. Mit gemischten Gefühlen betrat Kommissar Wyne mit dem Professor die Luftschleuse, dann versetzte ihm Miller einen leichten Stoß, und schon schwebte er im Raum. In diesem Augenblick fiel die Angst von Wyne ab, und er fühlte sich herrlich frei und ungebunden. Er schwebte im Raum, in dem die Sterne in nie geschauter Klarheit funkelten. Dem Kommissar tat es leid, als ihm Miller ein Zeichen gab, daß nun der kurze Ausflug wieder beendet sei. Voller Begeisterung schilderte er seinem Freund, Inspektor Allen, die Eindrücke seiner kurzen Reise ins All. * Nach einer kurzen Ruhepause wurde Kommissar Wyne durch den Professor geweckt. Miller weckte auch die anderen, die sich im Raum befanden. „Ich kann Sie leider nicht mehr schlafen lassen“, sagte er entschuldigend. „Da ich das Raumschiff nicht überfordern will, möchte ich eine Landung vornehmen. Wir sind ja nun lange genug durch den Raum gekreuzt, doch von den Gangstern haben wir bisher nichts entdecken können. Sicher sind sie auf einem der äußeren Planeten gelandet. Dasselbe wollen wir nun tun, und da müssen sie munter sein, um bei dem Landungsmanöver nicht zu Schaden zu kommen.“ Im Nu waren Wyne, Inspektor Allen, die beiden Astronomen und 68
Dr. Murat munter und eilten an die Ausgucke. Murat starrte auf den riesigen Planeten dem sich die Mi-2 näherte. „Du liebe Zeit, was ist denn das für eine fremde Welt?“ „Nicht so fremd, wie Sie glauben“, lächelte einer der Astronomen. „Dies ist einer der äußeren Planeten unseres Sonnensystems, Neptun.“ „Neptun?“ staunte nun auch Wyne. „Ich denke, Neptun ist – warten Sie mal – an die 5000 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt?“ „Rund 4500 Millionen Kilometer“, erklärte Jonson, der zweite Astronom. „Wir fliegen mit 1/10 Lichtgeschwindigkeit, haben also etwa 40 Stunden gebraucht. Das Bremsmanöver vor zwei Stunden haben Sie verpaßt. Aber es war vielleicht besser für sie, denn angenehm sind diese Bremsstöße bestimmt nicht gewesen.“ Mando, Jonsons Kollege, deutete aufgeregt in Richtung des Planeten, der sich rasch vergrößerte. „Sehen Sie nur, Jonson, was hat das zu bedeuten?“ Jetzt entdeckte auch der andere den Strahlenkranz, der Neptun umgab. „Kommen Sie, das müssen wir untersuchen.“ Er hastete davon. „Achtung, Achtung! Strecklager aufsuchen. Das Landemanöver wird drei Stunden dauern. Wegen der Größe des Planeten müssen wir mit siebzehnfacher Erdanziehung rechnen. Deshalb können wir uns dem Neptun auch nur sehr langsam und vorsichtig nähern. Antigrav-Apparate stehen bereit. Ich bitte Sie trotzdem, sich auf Ihren Lagern ruhig zu verhalten. Für eine solche Landung liegen noch keine Erfahrungen vor. Mit anderen Worten, wir wissen nicht, ob wir es überleben. Die Sendeanlagen im Schiff bleiben eingeschaltet. Ich bitte daher um äußerte Ruhe, damit wichtige Nachrichten sofort von allen mitgehört werden können. Viel Glück Ihnen allen. Ende.“ 69
Die Stimme des Professors klang erregt und ein wenig zittrig. Wyne warf Allen einen bedeutungsvollen Blick zu. „Die letzte Stunde hat nun wirklich geschlagen, was, Inspektor?“ „Möglich!“ Allen ging voraus. Er war merkwürdigerweise sehr einsilbig geworden. In der großen Passagierkabine lagen die beiden astronomischen Wissenschaftler schon auf ihren Andruckbetten. Einige Geräte hatten sie in die Schwenkarme eingehängt und verfolgten gespannt die Zeiger auf den Skalen. Monoton riefen sie sich Zahlenwerte zu. Im Kommandostand hatte auch Professor Miller das Phänomen des Neptun beobachtet. Ein schillernder Strahlenkranz umgab den Planeten. Noch hatten sie diese Energiezone nicht erreicht. Sollte Neptun noch eine wabernde Glutmasse sein, deren Ausstrahlung sich in orangefarbenes Licht umsetzte? Ausgeschlossen. Plötzlich knackte es in Millers Lautsprecher. „Hier Jonson. Professor, eine erstaunliche Entdeckung. Neptun ist viel kleiner, als wir bisher immer angenommen haben. Der umgebende Strahlenkranz liegt noch außerhalb der Neptun-Atmosphäre.“ „Erstaunlich“, brummte Miller. „Was halten Sie davon, sollen wir durchstoßen? Oder besteht die Gefahr, daß wir verglühen?“ „ Sorry, Professor, ich kenne die Widerstandsfähigkeit Ihrer Legierungen nicht. Der Zusammensetzung nach besteht der Strahlenkranz aus reinster Sonnenenergie.“ „Mahlzeit, dann, ist eine Landung ausgeschlossen. Ich kann ja meine Maschinen nicht durch die Hölle schicken.“ Mando, der zweite Astronom, schaltete sich ein. „Können Sie auf Kreisbahn gehen? Vielleicht finden wir einen Durchlaß.“ „Eine Begründung für diese Ansicht?“ 70
„Die wahnsinnigste Begründung, die Sie sich vorstellen können. Dieser Energiemantel ist nicht auf natürliche Art entstanden.“ „Was sagen Sie da?“ japste der Professor. Die Männer der Besatzung hielten den Atem an. Sie alle hatten es mitgehört. Und obwohl Miller immer der Ansicht gewesen war, der Raum müsse noch andere Rassen beherbergen, kam ihm die Eröffnung Mandos unwahrscheinlich vor. „Vielleicht finden wir auf Neptun Beweise für meine Behauptung. Dieser Strahlenmantel jedenfalls besteht seit einem Zeitalter, in dem Terra noch unbewohnt war.“ „Woher wollen Sie das wissen?“ Jonson antwortete an Mandos Stelle. „Wir konnten Spuren des Elementes Turim feststellen. Sie werden orientiert sein, daß Sol seit Jahrtausenden kein Turim mehr besitzt, da Turim nur bei sehr jungen Sonnen gefunden wird. Deshalb gelang es ja auch erst im Jahre 1979, das Element Turim überhaupt zu bestimmen und in die Tabellen aufzunehmen.“ Wyne räusperte sich. Während Jonson weiter mit dem Professor sprach, beantwortete Mando die Frage des Kommissars. „Turim konnte früher nicht festgestellt werden, weil genaue Messungen mit den verhältnismäßig groben Instrumenten der sechziger Jahre nicht möglich waren. Als das erste Observatorium auf dem Mond errichtet wurde, entdeckte man dieses neue Element bei sehr jungen Fixsternen.“ Der Kommissar nickte und hörte wieder zu. „… ein Beweis dafür, daß der Strahlenkranz seit Jahrtausenden Solenergie speichert. Die Rasse, die sich mit diesem Hilfsmittel vor dem Erkalten Neptuns schützen wollte, kann längst ausgestorben sein. Aber es ist möglich, daß wir noch Fragmente ihrer versunkenen Kultur finden.“ Wyne hörte die heisere Stimme Professor Millers im Laut71
sprecher. „Und wie kommen Sie darauf, daß es einen Durchlaß geben könnte?“ „Eine Rasse, die Sonnenenergie speichern kann, kennt auch die Raumfahrt. Es handelt sich bestimmt nicht um Feuerwesen, also müssen auch sie den Energiegürtel passiert haben. – Möglich natürlich, daß sie Isolatoren besaßen, wie wir sie uns nicht vorstellen können.“ „Wir werden den Energiemantel absuchen. Mando, Jonson und Wyne bitte in den Kommandoraum.“ Stundenlang kreuzten sie über dem Lichtermeer. Längst hatten die Männer an den Luken ihre Schwarzglasbrillen übergestreift. Plötzlich rief Mando aufgeregt: „In Planquadrat X-C/20 11 habe ich einen Ausfall. Was messen Sie, Jonson?“ Der junge Blondkopf beugte sich tiefer über sein Gerät. „Ausstrahlung 0,873. Schätze aber, daß es die Überstrahlung von Planquadrat X-C/19 ist, die überhaupt keinen Wert anzeigt.“ „In verständlicher Sprache ausgedrückt bedeutet das was?“ fragte Professor Miller die Astronomen. „Es bedeutet, daß wir den Durchlaß gefunden haben. Wir messen zwar noch einen geringen Wert, führen das aber auf Überstrahlung zurück.“ „Und dieser geringe Wert kann uns nicht bei lebendigem Leibe rösten?“ „Lassen Sie uns die Größe des Durchlasses genau bestimmen. Um wieviel Strich müssen wir rechnen, damit Sie sich in der Navigation danach richten können?“ „Millimeterarbeit kann ich mit einem solchen Brocken nicht leisten. Zehn Meter Spielraum müßt ihr mir schon zugestehen, Jungens.“ „Wird gemacht.“ Während der Professor das Raumschiff wieder über die Stelle brachte, an der die beiden Astronomen den Durchlaß vermute72
ten, arbeiteten Jonson und Mando fieberhaft an ihren Berechnungen. Wieder verging eine halbe Stunde. Dann legte Jonson ein mit Zahlen bedecktes Blatt vor den Professor. „So müßte es gehen.“ Miller studierte die Formeln, dann nickte er langsam. „Und was uns dahinter erwartet, weiß der liebe Himmel, was?“ Jonson grinste, und Mando zuckte die Achseln. Miller wandte sich an die Umstehenden, die es auf ihren Andrucklagern nicht ausgehalten hatten. „Ich bitte, sich nun wieder anzuschnallen. Sie werden über alles unterrichtet. Bereitschaftsmeldung durchgeben, danach tauchen wir sofort in dieses Höllenloch.“ Minuten später erloschen die roten Nummern auf dem Kontrollbrett, das dem Kapitän anzeigte, ob seine Mannschaft startoder landungsbereit auf den Kojen lag. Professor Miller und Dr. Walker waren als einzige im Kommandostand zurückgeblieben. Walker blickte seinem Chef aufmunternd in die Augen. Dann zog er den Hebel herunter, und die Mi-2 senkte sich langsam in die Öffnung des lodernden Energiemantels, der Neptun vor eindringenden Raumfahrern zu schützen schien. Die Temperaturmesser an der Kontrolltafel krochen in die Höhe. Miller kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Einhundert, zweihundert, zweihundertfünfzig Meter fielen sie durch den Energiemantel, und noch immer war kein Ende abzusehen. „Wenn die Jungs sich geirrt haben, braten wir in spätestens zwei Minuten. Hundert Meter halten die Isolationen noch durch. Was dann kommt, bedeutet das Ende der Mi-2.“ Professor Millers Stimme klang müde. Sein Gesicht erschien plötzlich sehr alt. Auf seinem Andrucklager starrte Wyne vor sich hin. Er wußte nichts von der Gefahr, in der sie alle schwebten. Aber er überlegte sich, woher die Astronomen wissen wollten, daß es nur 73
ein glühender Mantel war, der einen Planeten umgab. Konnte es nicht sein, daß sie in einen Glutball eintauchten, aus dem es kein Entrinnen mehr gab? Er begriff nicht viel von diesen Dingen, aber er spürte instinktiv, wie sich die Spannung beklemmend auf die Gemüter aller legte. Es dauerte schon viel zu lange. – Viel zu lange! Wyne schreckte hoch. Hatte er in panischer Angst diese Worte herausgeschrien? Er schaute sich um. Jonsons junges Gesicht war bleich und gespannt. Mando hielt die Augen geschlossen. Sah er ein, wie sinnlos es war, die Skalen zu beobachten? Wußte er bereits, daß sie dem Tod in den glühenden Schoß fielen? Der Kommissar fühlte, daß seine Lippen trocken wurden. Vergeblich versuchte er, zu prüfen ob es heißer wurde. Tatsächlich, der Schweiß brach ihm aus den Poren. Aber das konnte auch die Angst sein. Oder war es doch die Hitze? Und dann knackte es in dem Lautsprecher. „Bei dreihundertfünfundzwanzig Metern Ende des Glutmantels erreicht.“ Es klang wie ein Jubelruf, und jetzt wußte Wyne mit Sicherheit, daß er nicht allein eine tödliche Angst ausgestanden hatte, daß sich sogar Professor Miller über das Gelingen dieses Wagnisses nicht sicher gewesen war. Die Stimme des Professors wurde ruhiger. „Der Energiemantel liegt hinter uns. Wir streben dem Planeten Neptun entgegen. Tauchen in etwa zehn Minuten in äußere Atmosphäre ein. Ruhe bewahren. Landung wird nicht schlimmer sein als Landung auf der Erde. Größe des Planeten entspricht ungefähr der Größe Terras, soweit ich die Werte jetzt noch klar ablesen kann.“ Er war kaum noch zu verstehen. Kein Wunder, dachte Wyne, wie konnte man bei dem Andruck, der jetzt wieder die Lungen zusammenpreßte, sprechen. Und dann hatten sie es geschafft. Ein letzter Ruck ging durch 74
den Riesenleib, dann stand er auf festem Boden. „Sicherungsgurte abschnallen“, tönte es aus dem Lautsprecher. Dann meldete sich Dr. Walker. Offenbar war der Professor schon damit beschäftigt, die Beschaffenheit des fremden Planeten zu untersuchen. „Sie können in die Kommandozentrale kommen. Vorläufig Raumanzüge anbehalten. Jonson und Mando bitte beeilen.“ Erregt stürmten die Männer in die Zentrale. Wyne hastete allen voran. Hinter ihm drängten sich die fünfzehn Kriminalisten, Dr. Murat und Inspektor Allen herein. Jonson und Mando mußten sich mit Ellenbogen Durchgang verschaffen. In wildem Durcheinander schwirrten die Fragen hin und her. Die Männer trugen die Raumhelme noch geöffnet, denn es würde einige Zeit dauern, bis Professor Miller Erlaubnis gab, den Planeten zu betreten. „Ich bitte Sie, meine Herren, etwas mehr Disziplin an den Tag zu legen“, rief der Professor in den allgemeinen Tumult. „Ich kann Sie gut verstehen, aber wir kommen so nicht weiter. Ich möchte, daß Sie dabei sind, daß sie alles aus erster Hand mithören. Dazu muß ich Sie jedoch bitten, sich ruhig zu verhalten.“ Sofort wurde es mäuschenstill. Alle, die im Augenblick keine Funktionen hatten, kauerten sich an den Wänden der Kommandozentrale auf den Boden und beobachteten die flinken Hände der Wissenschaftler, die mit den verschiedensten Geräten hantierten. „Erstaunlich“, meldete sich Doktor Walker zu Wort, „es herrscht hier fast die gleiche Anziehungskraft wie auf der Erde. Das wird uns zunächst niemand glauben, denn immerhin ist man seit der Entdeckung des Neptuns der Ansicht, der Planet sei etwa siebzehn mal so groß wie die Erde.“ Walker wandte sich an die Laien, die es jetzt nicht mehr wagten, Zwischenfra75
gen zu stellen. Er hatte es in den Augen des Kommissars aufblitzen sehen, und deshalb fügte er erklärend hinzu: „Der Neptun wurde im Jahre 1846 entdeckt, ziemlich spät, werden Sie sagen, aber Sie müssen immer bedenken, mit welchen primitiven Hilfsmitteln unsere Kollegen vergangener Jahrhunderte arbeiteten. Man schrieb dem Neptun einen Durchmesser von rund 50 000 Kilometern zu, verständlich, wenn Sie bedenken, daß man den Energiemantel als den eigentlichen Planeten ansehen mußte. Die Bahn um die Sonne durchwandert Neptun in 164 Jahren und 288 Tagen. Ich will Ihnen einen Vortrag darüber ersparen, wie sich das auf die Jahreszeiten auswirken würde, denn wir sehen uns ja gänzlich anderen Bedingungen gegenüber.“ Walker blickte zu Professor Miller hinüber, der sich mit den beiden Astronomen um die Messungen kümmerte. Der Professor winkte seinem Mitarbeiter zu. „Sprechen Sie weiter. Dann sind die Herren wenigstens beschäftigt und stören uns nicht mit Zwischenfragen“, sein Lächeln milderte diese Bemerkung ab, und es nahm ihm auch keiner übel, daß er jetzt vom Forscherdrang besessen war. „Die beiden Monde Triton und Nereide können wir von hier aus nicht sehen, da der Energiemantel sie verdeckt. Wir werden überhaupt einige Überraschungen erleben. Lassen Sie mich kurz erläutern, was uns meiner Ansicht nach bevorsteht: gemäßigtes, gleichbleibendes Klima, keinen Unterschied in der Helligkeit, also keine Nächte, keinen Sternenhimmel, keine Sonne, und auch keinen blauen Himmel, wie wir dies von Terra her kennen. Dafür eine angenehme orangefarbene Helligkeit, die den Boden gleichmäßig durchwärmt.“ Professor Miller gab die Luke frei, und die Männer drängten sich heran. Zum ersten Mal sahen sie die Landschaft eines neuen Planeten. Der Boden war gelb und mit grünen und braunen 76
Streifen durchzogen, die wahrscheinlich eine Vegetation darstellten. Am Horizont ragten bizarr geformte Felsen auf. Dr. Walker hatte sich ein kleines Plateau zur Landung ausgesucht, und so konnte man die Ebene ganz gut überblicken. Professor Miller hatte jetzt seinen Raumanzug angezogen und schritt zur Luftschleuse, um sich ins Freie zu begeben. Schwerfällig kletterte er die ausgebrachte Stiege hinunter, dann stand er als erster Mensch auf einer fremden Welt. Vorsichtig nahm er die letzten Messungen vor. Dann schraubte er feierlich seinen Helm ab und winkte den Insassen des Raumschiffes zu. „Da haben wir einen günstigen Platz zum Landen erwischt“, sagte Jonson. „Professor Miller hat seine Messungen beendet und auch bereits seinen Helm abgenommen. Auf diesem Planeten herrscht die gleiche Atmosphäre wie auf der Erde, und wir können uns ohne den behindernden Raumanzug ins Freie begeben.“ Im Nu leerte sich das Raumschiff, denn jeder wollte so schnell als möglich seinen Fuß auf den fremden Planeten setzen. Von der Stelle aus, an der das Schiff gelandet war, hatte man einen weiten Rundblick über die Landschaft. Rechts verwehrte ein kleiner Wald einen weiteren Ausblick, während zur Linken das Gelände sanft zu einem kleinen Hügel anstieg. Geradeaus dehnte sich endlos eine weite gelbe Fläche, die, wie sich die Männer überzeugten, aus einem gelben, warmen Sand bestand. „Jetzt wäre eigentlich eine kleine Exkursion fällig“, meinte Dr. Murat lächelnd, worauf ihm die beiden Astronomen bejahend zunickten. Professor Miller blickte auf Kommissar Wyne. „Ich glaube, wir vernachlässigen unsere Aufgabe nicht, wenn wir einen kleinen Erkundungsgang unternehmen“, sagte er. „Es könnte unter Umständen auch sein, daß wir auf die Gangster stoßen.“ 77
„Ich denke genauso wie Sie, Professor. Nach dem, was wir jetzt wissen, wäre der Neptun für die Gangster ein hervorragendes Versteck. Schon aus diesem Grunde müssen wir das Gelände näher erkunden.“ Obwohl den Professor der nahe Wald mit den seltsam geformten Bäumen mächtig interessierte, beschloß man, vorerst den kleinen Hügel zu ersteigen, um das Terrain auch nach der anderen Seite hin zu überblicken. Kommissar Wyne teilte seine Leute ein, und während acht Beamte beim Schiff zurückbleiben mußten, durften sieben Mann mitkommen. Auch die Hälfte der Mannschaft erhielt die Erlaubnis, mitzukommen, und die Leute freuten sich riesig. Dr. Walker mußte ebenfalls beim Schiff bleiben, ebenso der Pilot. Mit einigem Neid blickten die Zurückbleibenden ihren Kameraden nach. Langsam setzte sich die kleine Expedition in Bewegung und steuerte den Hügel hinauf. Professor Miller und Kommissar Wyne, die an der Spitze des kleinen Zuges marschierten, blieben plötzlich erschrocken stehen. Zehn Meter vor ihnen bewegte sich der Sand. Er teilte sich, und ein sandfarbenes Wesen starrte die Menschen aus feurigen Augen an. „Ein Drache!“ rief Dr. Murat. Das Tier sah auch tatsächlich so aus, wie man früher auf der Erde die Fabeltiere bezeichnet hatte. Blitzschnell arbeitete sich das Fabelwesen aus dem Sande heraus und eilte mit unheimlicher Geschwindigkeit dem nahen Walde zu. Wyne konnte feststellen, daß das unbekannte Tier mindestens acht Beine gehabt hatte. Die Aussicht, daß sich nun jeden Augenblick unter ihren Füßen der Sand teilen und ein solches Tier zum Vorschein kommen konnte, war gerade nicht verlockend, und die Männer waren daher froh, als sie den Hügel erreicht hatten, wo das sandige Terrain aufhörte und das Gelände mit Pflanzen und kleinen 78
Steinen bedeckt war. Sie sahen neben kleinen auch ganz große Pflanzen, die, dicken Kelchen gleich, verstreut im Gelände standen. Mando näherte sich einer solchen Pflanze, deren Kelch einen Durchmesser von über einem Meter hatte. Geistesgegenwärtig konnte er gerade noch zurückspringen, als sich plötzlich der Kelch öffnete, und ihn meterlange dicke, fleischige Blätter zu umfassen suchten. „Eine fleischfressende Pflanze“, sagte Dr. Murat lakonisch. „Wir kennen das ja auch von der Erde her, nur nicht in so großem Ausmaß wie hier.“ Da öffnete eine andere Pflanze ihren gewaltigen Kelch, und es fiel etwas zu Boden. Dr. Murat eilte hinzu, hielt sich aber wohlweislich außer Reichweite der tückischen Blätter. „Professor“, rief er, „sehen Sie her. Hier ist ein furchtbarer Beweis für meine Behauptung“, sagte er erschauernd. Das Ding, das die mordende Pflanze von sich gegeben hatte, war ein vollständiges Skelett. Nachdem Dr. Murat einen Blick auf das Gerippe geworfen hatte, stellte er sachlich fest: „Das Skelett eines Menschen, darüber gibt es keinen Zweifel.“ „Also läßt dieser grausige Fund die Schlußfolgerung zu, daß dieser Planet von menschenähnlichen Geschöpfen bewohnt wird“, sagte Professor Miller leise. „Nach dem Fund zu schließen, muß es so sein.“ Diese Feststellung trug sofort dazu bei, daß nun alle ihre Umgebung auf das aufmerksamste beobachteten, um vielleicht doch einen von den geheimnisvollen Bewohnern zu erblicken. Doch keiner sah oder hörte etwas, was auf das Vorhandensein von Lebewesen gedeutet hätte. Da schrie plötzlich ein Mann von der Besatzung auf. Dr. Murat dachte sofort an eine Schlange, als er das dunkelgrüne Band sah, das sich um das Fußgelenk des Mannes gewunden hatte, und schon stürzte Kommissar Wyne vor. Ein Messer blitzte in seiner Hand, und mit einigen 79
raschen Schnitten hatte er die vermeintliche Schlange losgelöst. Da standen auch schon die anderen dabei, und gemeinsam wurde das grüne Etwas untersucht. Lachend stellte man fest, daß es ein grüner Pflanzenstengel war, der sich so fest um den Fuß des Mannes geschlungen hatte. Man feixte über den Zufall, und auch der Betroffene hatte seine anfängliche Angst vergessen und lachte mit. Grinsend entfernte sich Inspektor Allen einige Schritte von der Gruppe und schrie plötzlich gleichfalls auf. Die anderen sahen, wie er mit den Händen umherfuchtelnd vornüber zu Boden stürzte. Schon stand Wyne vor dem Kameraden, und wieder trat sein Messer in Aktion. Nun wußten die Männer, daß es kein Zufall war; diese Pflanzen hatten nach Opfern gesucht und dabei die Menschen angegriffen. Professor Miller, der einen Stock bei sich hatte, machte gleich einen Versuch. Er näherte den Stock langsam einer von diesen Pflanzen, die dann blitzschnell einen ihrer Stengel um den Stock wand. Es war eine eigenartige Natur, und scheu wichen nun alle diesen unheimlichen Pflanzen aus. Kommissar Wyne ließ vorsichtshalber zwei Polizeibeamte auf der Höhe des Hügels zurück, damit eine Sichtverbindung zum Raumschiff blieb. Um vor Überraschungen sicher zu sein, schritten die Männer ganz langsam den Hügel hinab. In einer Entfernung von einigen hundert Metern sichteten sie einige Teiche, deren ovale Form ihnen seltsam vorkam. „Ich nehme an, daß diese Teiche durch Menschenhand geschaffen wurden“, sagte Dr. Murat. „Jeder weist genau die gleiche ovale Form auf.“ Langsam drangen sie gegen den ersten von den Teichen vor. Das Wasser der Tümpel war schwarz, und als sich Dr. Murat bückte und mit der Hand in das Wasser griff, fühlte sich dieses ölig und schleimig an. 80
„Ich hätte wirklich Lust, ein Bad zu nehmen“, scherzte Dr. Murat. „Das werden Sie hübsch bleiben lassen, denn wir müssen damit rechnen, daß auch dieses Wasser unbekannte Gefahren birgt“, entgegnete der Professor. 81
„Es war nicht mein Ernst, Professor, denn in Wirklichkeit würden mich keine zehn Pferde in dieses Wasser hineinbringen. Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, als würde mich jemand aus dem Wasser heraus anstarren.“ Überrascht blickten die anderen auf den Doktor. „Auch ich habe ein solches Gefühl“, bemerkte Inspektor Allen zögernd. „Und wenn ich ehrlich sein will, so muß auch ich zugeben, daß ich schon die ganze Zeit gegen diesen dummen Gedanken kämpfe“, sagte Professor Miller. „Obgleich es mir geht wie Ihnen, ist die Ansicht, daß wir beobachtet werden, ein völliger Unsinn“, polterte nun Kommissar Wyne los. „Ich glaube, unsere Nerven sind durch die Erlebnisse mit den teuflischen Pflanzen etwas angegriffen worden. Wer soll uns denn hier beobachten? Es gibt doch weit und breit nichts zu sehen. Das einzige Versteck für menschliche oder tierische Wesen würde dort drüben der kleine Wald bieten. Aber das Wasser in den Tümpeln? Beherbergt höchstens harmlose Fische.“ „Sie haben recht, Kommissar. Wir müssen uns zusammenreißen“, sagte Professor Miller, nun wieder energisch. „Aber es ist sonderbar. Obwohl die Landschaft hier herrlich ist, wirkt sie irgendwie unheimlich und beklemmend. Man sieht und hört keinen Vogel, sieht keine Falter und vermißt auch das Brummen kleiner Insekten.“ „Da!“ rief Dr. Murat plötzlich und wies mit der Hand auf den kleinen Tümpel, dem sie soeben den Rücken gekehrt hatten. Auf dem Wasserspiegel, der vorher ganz glatt gewesen war, zeigten sich Ringe. „Vielleicht ist ein Fisch hochgekommen?“ mutmaßte Inspektor Allen. Aufmerksam blickten sie auf den Wasserspiegel, doch dieser lag wieder gänzlich glatt und unbewegt vor ihnen. „Diese Ringe 82
waren ein Zeichen dafür, daß doch Leben in dem Wasser ist“, sagte Dr. Murat nachdenklich. Sinnend blieb Professor Miller stehen und blickte in das Gelände vor ihm. „Sehen Sie sich mal die Anordnung der Teiche an“, sagte er dann unvermittelt zu Dr. Murat. „Tatsächlich“, murmelte Dr. Murat. „Es sieht fast so aus, als läge ein gewisses System in der Anordnung. Sie liegen alle in einer schnurgeraden Richtung, und wenn mich nicht alles täuscht, so ist auch der Abstand von dem einen zum anderen immer genau derselbe.“ „Stimmt, Doktor. Diese Beobachtung hatte ich schon vom Hügel aus gemacht, schenkte ihr aber vorerst nicht die nötige Beachtung.“ „Und was schließen Sie daraus?“ „Was ich daraus schließe? Man könnte daraus folgern, einen weiteren Beweis vor sich zu haben, daß es hier denkende Wesen geben muß, oder eventuell gegeben hat.“ „Geben muß, Professor. Denken Sie an das Skelett. Diese Pflanzen verdauen ziemlich schnell. Das Wesen dürfte erst vor kurzer Zeit das Opfer dieser mörderischen Pflanze geworden sein.“ „Wo aber sind sie, die Bewohner Neptuns?“ „Das ist die Frage, die offen steht. Vielleicht jenseits der bizarren Felsen, die wir hier am Horizont sehen.“ Die kleine Expedition beschloß, vor dem Rückweg zum Raumschiff noch bis zum nächsten Teich vorzudringen, und man marschierte sofort los. Der kleine Teich, den sie wenig später erreichten, bot den gleichen Anblick wie der erste, doch Dr. Murat und Kommissar Wyne bemerkten einige Spuren am Ufer. Nach kurzer Untersuchung der Spuren richtete sich Dr. Murat wieder auf. „Diese Spuren sind ganz frisch, und es muß hier 83
erst vor ganz kurzer Zeit jemand gegangen sein. Das Wesen, von dem diese Spuren stammen, war ein Zweifüßler.“ „Sie nehmen an, daß es ein Mensch war?“ fragte Miller interessiert. „Das kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten. Es kann sich ebenso um ein Tier handeln, das auf zwei Beinen geht. Immerhin können die Spuren aber auch von einem menschenähnlichen Wesen stammen. Was mich an der ganzen Geschichte etwas stutzig macht, ist folgendes. Sie werden schon bemerkt haben, daß die Spuren sich nur wenige Meter vom Ufer des Teiches entfernen. Es sieht so aus, als wäre das Wesen, das diese Spuren hier hinterlassen hat, aus dem Teich gekommen und auch wieder in das Wasser zurückgekehrt. Das finde ich seltsam. Es fehlt mir momentan auch jede Erklärung dafür.“ „Wollen Sie etwa behaupten, daß es Fische mit Beinen gibt?“ grinste Wyne. „Fischmenschen, deren Element das Wasser ist“, sagte Dr. Murat fast beleidigt. „So widersinnig und phantastisch einem die ganze Sache Vorkommen mag, nach den Spuren zu schließen, gibt es hier ein zweibeiniges Wesen, das im Wasser – und sogar unter Wasser – leben kann.“ Alle Teilnehmer des Erkundigungstrupps hatten immer wieder das Empfinden, als würden sie aus dem Wasser heraus beobachtet werden. Da zeigte sich ein schmaler, dunkler Streifen am Horizont, und Professor Miller zeigte sich besorgt. „Wir kehren besser um. Wer weiß, was diese Fischmänner gegen uns einzuwenden haben. Kehren wir um!“ Sie wandten den Teichen den Rücken und nahmen ihren Weg wieder den Hügel hinan, dabei sorgsam bedacht, keiner dieser tückischen Pflanzen zu nahe zu kommen. Als einer von 84
den Polizisten, der als Letzter in der Reihe ging, behauptete, er habe sich soeben noch einmal nach dem Teich umgeblickt und dort eine dunkle Gestalt im Wasser gesehen, da wurde das Unbehagen, das alle empfanden, noch verstärkt. Sie waren herzlich froh, vom Hügel aus das Raumschiff wieder zu sehen. Als sich dann die Schleuse hinter dem letzten Mann schloß, da empfanden alle wieder die Sicherheit und das Geborgensein. Um erwartete Zwischenfälle auszuschalten, hatte Kommissar Wyne seine Leute zum Wachtdienst eingeteilt, und er selbst wollte die erste Wache beaufsichtigen. Dann sollte ihn Inspektor Allen mit den übrigen Beamten ablösen. Wie der Professor geahnt hatte, so geschah es. Fast ohne jede Dämmerung brach die Nacht herein. Wenig später verlöschten die meisten Lichter im Raumschiff, in dem nur mehr Kommissar Wyne mit sechs Polizisten Wache hielt. Schade, daß Walker schläft, überlegte Wyne. Wie kann es hier eine Nacht geben? Wir haben doch deutlich gesehen, daß der Energiemantel den gesamten Planeten umgibt. Umsonst grübelte Wyne, er fand keine Lösung. Einigemale war es ihm, als hätte er am nahen Waldrand dunkle Gestalten bemerkt, doch schrieb er dies auf eine Täuschung. Die weiteren Stunden verliefen völlig ruhig. Pünktlich zur vorgesehenen Stunde stellte sich Inspektor Allen mit den weiteren Leuten zur Wachablösung ein. „Etwas vorgefallen?“ fragte Inspektor Allen gleich. „Nein, es blieb alles ruhig“, berichtete Kommissar Wyne. „Es war mir nur einigemale, als hätte ich dort drüben beim Waldrand dunkle Schatten wahrgenommen, doch kann ich mich auch getäuscht haben. Ein bißchen übernervös vielleicht!“ Durch den Kommissar aufmerksam gemacht, beobachtete Inspektor Allen des öfteren den Waldrand, und auch ihm kam es mehrmals so vor, als sähe er huschende Schatten. 85
Drei Stunden nach Wachablösung meldete ein Posten, der seinen Platz an der Spitze des Raumschiffes, gleich unterhalb der Führerkanzel hatte, daß er scharrende Geräusche an der Außenwand gehört habe, und Inspektor Allen begab sich sofort zu der bezeichneten Stelle. Doch es war nichts mehr zu hören. Er schaltete die am Schiffsäußeren angebrachten Scheinwerfer ein, doch auch im Scheine des starken Lichtes war nichts Verdächtiges zu bemerken. Eine Stunde später, es graute bereits ein wenig, hörte Allen selbst die scharrenden, kratzenden Geräusche an der Außenwand des Raumschiffes. Die Störung war nur von kurzer Dauer und wiederholte sich dann nicht mehr. Inspektor Allen überlegte kurz, ob er Professor Miller wecken sollte, doch da sich nichts mehr rührte, unterließ er es. Miller hatte nämlich angeordnet, daß niemand das Schiff verlassen dürfte und im Falle einer Gefahr, die ein Verlassen des Raumschiffes geraten erscheinen ließe, er geweckt werden müßte. Genauso schnell, wie die Nacht gekommen war, wich sie dem Tag. Das Firmament war wieder von einem leuchtenden Gelb. Als erster zeigte sich Professor Miller, und ihm folgte nach wenigen Minuten schon Kommissar Wyne. Auch er fragte gleich den Inspektor, ob irgend etwas vorgefallen sei. Allen berichtete über die Schatten am Waldrand und über die scharrenden Geräusche. Aufmerksam lauschte Professor Miller dem Bericht des Inspektors. „Was die Schatten anbelangt, können Sie sich getäuscht haben, Inspektor, doch was es mit den gehörten Geräuschen auf sich hat, das müßte sich doch herausfinden lassen. Sehen wir einmal nach“, schlug Miller dann vor und ging zur Einstiegluke. „Wo haben Sie die Geräusche genau gehört?“ fragte Miller, als er draußen stand. 86
„In der Nähe der Führerkanzel.“ Schon aus einigen Metern Entfernung sahen sie die Abschürfungen an der Außenwand unterhalb der Führerkanzel. „Sollten das Tiere gewesen sein?“ rätselte Kommissar Wyne. „Nein“, sagte Professor Miller ernst. „Da an dieser Stelle eine Luke liegt, nehme ich an, daß man versucht hat, sie zu beschädigen und so in das Raumschiff einzudringen. Wenn …“ Professor Miller hielt plötzlich inne und bückte sich rasch. Er hielt einen länglichen Gegenstand in der Hand, der einem Messer ähnlich sah und auf einer Seite auch eine feine Schneide aufwies. „Hier ist der Beweis, daß wir nächtlichen Besuch gehabt haben und zugleich ein weiterer Beweis dafür, daß es denkende Wesen gibt. Daß sie nicht in friedlicher Absicht gekommen sind, steht wohl eindeutig fest. Darauf weist vor allem dieser Fund hin. Das Ding ist eine Waffe.“ Inzwischen waren auch alle anderen Insassen erwacht und gesellten sich zu dem Professor. Dr. Murat, der die letzten Worte des Professors mitgehört hatte, deutete plötzlich erregt auf einen Eindruck im Boden. „Das hier sind die gleichen Fußspuren, die wir gestern vor dem Teich gefunden haben. Also kamen die Besucher aus dem Wasser.“ Professor Miller zeigte seinen Fund. „Kennt jemand von euch diesen Werkstoff?“ fragte er. Die Waffe ging von Hand zu Hand, wurde von jedem aufmerksam betrachtet, doch keiner kannte den metallähnlichen Stoff, aus dem das Messer bestand. „Wir müssen annehmen, daß die unbekannten Wesen versucht haben, mit dieser Waffe das Raumschiff zu beschädigen. Dieser Versuch zeigt uns aber zugleich, daß wir es hier mit Wesen zu tun haben, die auf einer sehr niedrigen Entwicklungsstufe stehen, denn ein solcher Versuch wirkt doch direkt lächerlich. 87
Dessen ungeachtet müssen wir aber auf unserer Hut sein, denn wir wissen nicht, wieviele dieser unheimlichen Wesen es hier gibt und welche Waffen ihnen sonst noch zur Verfügung stehen. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schlage ich vor, daß wir sogleich eine weitere Exkursion in die nähere Umgebung unternehmen.“ „Wäre es nicht sicherer, eine kleine Fahrt mit dem Raumschiff durchzuführen?“ fragte ein Kriminalbeamter. Professor Miller blickte den Sprecher an. „Ihre Idee ist gut, doch stehen diesem Plan einige Hindernisse entgegen. Die Monteure sind mit der Überholung des Raumschiffes noch nicht ganz fertig, und es wird noch Stunden dauern, bis die Arbeit abgeschlossen ist.“ „Dann schlage ich vor, diese Stunden nicht ungenützt verstreichen zu lassen“, meinte Kommissar Wyne. „Wir sind siebzehn geübte Schützen und haben für den Ernstfall unsere guten Waffen, mit denen wir auch eine größere Übermacht leicht abwehren können.“ Da nun auch die anderen dem Entschluß, noch einmal einen kleinen Spaziergang in die nähere Umgebung zu machen, einheitlich zustimmten, brach man bald auf. Das Ziel war diesmal der nahe Wald, und bald stand man vor den mächtigen Bäumen. Die grauen Stämme waren mit seltsamen Zeichen bedeckt. „Das Werk von Menschen, jedenfalls von denkenden Wesen“, murmelte Professor Miller. Es waren eingeschnitzte Ringe, Ovale und Dreiecke. Die Bäume trugen große, blauschillernde Früchte. Miller hob eine vom Boden auf und roch daran. Die Frucht strömte einen süßlichen Geruch aus, der an Käse erinnerte. Davon zu kosten, wagte der Professor nicht recht. Hinter einem der Bäume sprudelte eine kleine Quelle, deren Wasser tiefblau wie Tinte war. Miller wollte in die Quelle greifen, doch schnell zog er seine Hand 88
zurück. In dem blauen Wasser wimmelte es plötzlich von Würmern. Die Männer beschlossen nun, nicht den Wald zu durchqueren, sondern ihn lieber zu umgehen. Der Waldstreifen war aber nur einen halben Kilometer breit, wie Miller vor der Landung festgestellt hatte, und so würden sie keinen großen Umweg machen. Verschiedentlich war es, als hörten sie aus dem Wald heraus Geräusche, die genauso klangen, wie sie badende Menschen im Wasser verursachen. Da sich die Geräusche wiederholten, wußten sie, daß es keine Täuschung war. Sie schritten hastiger voran, um das Ende des Waldstückes zu erreichen. Als sie es dann geschafft hatten, blieben sie erstaunt stehen. Vor ihnen breitete sich ein großer See aus, der genauso eine ovale Form aufwies, und dessen Wasser genauso schwarz war, wie das der Teiche. Ruhig lag der Spiegel des Sees, doch plötzlich wallte in der Mitte das Wasser auf, und sie hörten das gleiche Geräusch eines Plätscherns, das sie nun schon so oft vernommen hatten. Da erhob sich der Kopf und der Leib einer mindestens hundert Meter langen Schlange aus den Fluten, und auf ihrem Rücken saßen rittlings Menschen. So schnell wie der unheimliche Spuk aufgetaucht war, so schnell verschwand er auch wieder, und ruhig und glatt lag der See vor den Augen der staunenden Männer. „Was war das?“ fragte Inspektor Allen erregt. „Wäre ich jetzt allein hier gewesen, so hätte ich das Geschaute für eine Ausgeburt meiner überreizten Phantasie gehalten“, sagte Professor Miller langsam. „Aber so wurden wir soeben Zeugen eines unheimlichen Vorganges. Das waren Menschen, die auf dem schrecklichen Tier saßen. Aber wie kann ein Mensch unter Wasser leben? Es sind unergründliche Rätsel, vor denen wir hier stehen. Was geht hier im Wasser vor?“ 89
Da wies Kommissar Wyne mit der Hand auf eine Stelle im See. „Sehen Sie?“ stieß er hervor. Wieder war der Kopf der gräßlichen Schlange aus den Fluten aufgetaucht, und obgleich die Schlange ein beträchtliches Stück von ihnen entfernt war, konnten sie das furchtbare Gebiß des Untieres deutlich erkennen. Wie aus einem Springbrunnen stieg von ihrem Kopf eine hohe Wasserfontäne in die Luft. Da ertönte plötzlich ein durch Mark und Bein gehender Schrei, der sogleich von allen Seiten Erwiderung fand. Der schwarze See begann zu brodeln, und an den Ufern krabbelte es heran. Zuerst waren es Dutzende, dann Hunderte und Tausende von schuppigen Gestalten, die aus dem See wateten. „Schnell, schnell! Wir müssen zurück!“ rief Kommissar Wyne. Noch einen Blick warfen die Männer auf die wimmelnde Masse, dann stürzten sie davon. Im Laufschritt erreichten sie das Raumschiff, wo Professor Miller sogleich seine Befehle gab. Noch einmal hörten sie den durchdringenden Schrei der Schlange, dann sahen sie, wie sich eine silbrig schimmernde Masse gegen das Raumschiff heranwälzte. Zum Glück hatten die Angreifer ein Tempo, als würden sie einen gemächlichen Spaziergang unternehmen. Gebannt blickten die Insassen des Raumschiffes auf die Herankommenden. Nun konnten sie die einzelnen Gestalten schon ausnehmen. Es waren menschenähnliche Wesen, deren Körper graue Schuppen bedeckten. Die Köpfe glichen irdischen Fischen. In den mit Krallen bewehrten Händen schwangen die Fischmänner Messer, wie Miller eines vor dem Raumschiff gefunden hatte. Es war klar, daß sie durchaus nicht in friedlicher Absicht kamen, und nach kurzer Beratung eröffneten die Polizisten das Warnfeuer. Die modernen Strahlenpistolen legten einen Sperr-Ring vor die Anrückenden, doch unbeirrt rannten die Wesen in den si90
cheren Tod. In kurzen Abständen ertönte immer wieder der tierische, durchdringende Schrei, und nun sahen die Raumfahrer eine weitere Kolonne von Fischmännern über den Hügel kommen. „Sie überrennen uns“, rief Professor Miller. „Macht das Schiff klar!“ war sein weiterer Befehl. Mit Grauen blickten die Raumfahrer auf die brodelnde, schwarze Masse, auf die glotzenden Fischmenschen, in deren Augen Haß und Mordgier standen. Immer näher kam die graue Masse; das Feuer schreckte sie nicht ab. Da sahen die Raumfahrer, wie sich plötzlich die Bäume des nahen Waldes auseinanderbogen und der gräßliche Kopf der Schlange zwischen den Stämmen auftauchte. Auf ihrem Rücken saßen hunderte der Fischmenschen. Eine kleine Gruppe, die von der Seite gekommen war, stand vor dem Raumschiff, und mit ihren krallenartigen Händen fuhren die Fischmenschen wütend über die Außenwand des Räumers. Nur noch zehn Meter trennte die gräßliche Schlange vom Raumschiff, da lief ein leises Beben durch den Rumpf, und die Mi-2 erhob sich vom Boden. Ein einziger Wutschrei ertönte aus tausend Kehlen, als sich der Feind in die Luft erhob. „Das ist knapp gegangen“, sagte Professor Miller aufatmend. „Ja“, pflichtete ihm Kommissar Wyne bei. „Trotz unserer Waffen wäre es sicher nicht gut ausgegangen für uns, denn die Stärke der Fischmenschen lag in der Masse. Früher oder später hätten sie uns überrannt.“ Genauso langsam wie sie gekommen waren, zogen die scheußlichen Fischmenschen auch wieder ab. Das kreisende Raumschiff schienen sie gar nicht mehr zu beachten. Die Raumfahrer sahen, wie sich der Zug wieder dem See zuwandte und wie einige kleinere Gruppen gegen den Hügel hin abschwenkten. Am See angekommen, stürzten sich die ersten in die Fluten, und ihnen folgten die anderen nach. Wild 91
schäumten die Wasser des Sees auf. Den Abschluß des Zuges bildete die Schlange. Steil richtete sie sich am Ufer angekommen in die Höhe, und die Raumfahrer sahen, wie sich die Reiter krampfhaft festhielten. Dann stürzte sie sich mit einem wilden Gebrüll in die Mitte des Sees. Es war ein grausiges Schauspiel. Kommissar Wyne blickte dem anderen Zug der Fischmenschen nach. Ihr Ziel waren, wie er gleich vermutet halle, die Teiche. Auch diese Gruppe stürzte sich wieder in. das schwarze Wasser und verschwand. Zuletzt verrieten nur noch große Ringe im See, was hier geschehen war. Dann glättete sich das Wasser und lag wieder ruhig wie zuvor. Kein Mensch hätte vermutet, daß auf seinem Grund Hunderte, ja Tausende von menschenähnlichen Fischwesen lebten. Die Toten hatte man keines Blickes gewürdigt und sie liegengelassen. Sie nahmen den Rückweg sogar genau auf derselben Strecke, auf der sie vom See aus angerückt waren, und sie überkletterten ruhig die Genossen, die dort im gelben Sand lagen. Erst, nachdem der See wieder ruhig dalag, löste sich der unheimliche Bann der letzten Stunde von den Raumfahrern. „Wenn sie uns vergangene Nacht überfallen hätten“, sagte Professor Miller leise. „Ich meine, die ganze Masse, die heute angerückt ist.“ „Es hätte böse ausgehen können und es wäre sicher auch schlimm für uns ausgegangen, denn dieser Masse wären wir bei einem unverhofften Überfall bestimmt nicht Herr geworden. In den Gesichtern dieser unheimlichen Schuppenmenschen lasen wir ja, was sie in ihren einfachen Gehirnen dachten: Kampf, Tod und Vernichtung, rücksichtslos gegen sich selbst. Auf die Dauer wäre auch unser Raumschiff kein Hindernis für sie gewesen, denn todesmutig wären sie von ihrem unbeschreiblichen Vernichtungswillen vorwärts getrieben worden. Was Hunderte 92
nicht vermocht hätten, wäre Tausenden gelungen, nämlich, das Raumschiff umzustürzen. Auch ihre lächerlichen Waffen hätten, zu Tausenden angewandt, unsere Mi-2 doch schwer beschädigen können.“ „Dieses grausige Erlebnis werde ich wohl mein Leben lang nicht vergessen“, sagte der Astronom Jonson. „Hier auf diesem Planeten wurden die alten Märchen von den Fischmenschen, die uns unsere Urgroßmütter erzählten, zur schaurigen Wirklichkeit. Hier ist alles feindlich, die Menschen, die Tiere, und sogar die Pflanzen morden.“ Sie setzten die Entdeckungsfahrt über den Planeten fort. „Nächstes Ziel ist das Gebirge“, verkündete Professor Miller. Die Mi-2 steuerte auf die bizarren Felsengebilde zu. Da sahen die Raumfahrer plötzlich, wie ihnen ungeheuer große Vögel entgegenkamen, die ihnen jedoch in weitem Bogen auswichen. In ihren furchtbaren Fängen trugen die riesigen Vögel tote Fischmenschen. Es mußten Aasvögel sein, die die toten Fischmenschen gewittert hatten und sich nun die reichliche Beute in ihre Felsenhorste holten. Beim Überfliegen des ersten Gebirgszuges erblickten die Raumfahrer unzählige Horste. Auf diesem Planeten lauerte also auch aus der Luft ein scheußlicher Tod in dem furchtbaren Schnabel und den gewaltigen Fängen der riesigen Vögel. Es mußte ein erbarmungsloser Kampf sein, der sich da unten ständig zwischen den Schuppenmenschen, den Pflanzen und den Riesenvögeln abspielte. * Es war der Gehilfe des Bordfunkers, der die wichtige Entdeckung machte. Als erster sichtete er in einem Seitental einen glänzenden, leuchtenden Punkt. Professor Miller, dem er seine Entdeckung sofort berichtete, jubelte auf. „Es ist das entführte Raumschiff, 93
darüber besteht gar kein. Zweifel. Wir werden unser Schiff wiederbekommen“, frohlockte er. Die Kunde von der Entdeckung eilte durch das Raumschiff, und wer nicht an den Maschinen stand, eilte zu den Ausgucken. „Kursänderung auf Quadrat 2-07. Wir wollen die Gauner nicht vorzeitig warnen“, sagte der Professor. Dr. Walker nahm die Kursänderung vor. „Landen wir in der Nähe?“ wollte Wyne wissen. Professor Miller nickte nur. Dann ging die Mi-2 hinter einer hohen Felsenwand zur Landung nieder. Man hatte zur Landung ein kleines Tal ausersehen, das von Bergen umgeben war, so daß das Raumschiff gut versteckt lag. Vor dem Aussteigen prüfte Professor Miller wieder die Luftverhältnisse. Hier im Gebirge war es sehr kalt, doch die atmosphärischen Verhältnisse erforderten auch hier keinen Raumanzug, obwohl die Luft in dieser Höhenlage etwas dünner war. Eine größere Beratung wurde abgehalten, und jedes Mitglied der Besatzung erhielt eine Maschinenpistole. Man wußte nicht, wie stark die Gangster genau waren, doch stand fest, daß sie beste und modernste Waffen besaßen. Es war daher ratsam, sie durch eine List zu überrumpeln, da der Ausgang eines offenen Kampfes für die Besatzung der Mi-2 ungünstig enden konnte, denn der Gegner war kaltblütig und skrupellos. Man kam überein, die Hälfte von der Besatzung des Raumschiffes zur Bewachung des Fahrzeuges zurückzulassen, während die übrigen Männer auf Erkundung ausgehen sollten. Im Falle einer Gefahr sollte Dr. Walker mit dem Flugschiff starten. Alle Kilometer wollte man einen Mann postieren, um die Verbindung zum Raumschiff zu garantieren. Beim ersten Grauen des neuen Tages setzte sich die Aufklärungsgruppe in Bewegung. Bald hatte man die Berge, die das 94
kleine Tal umsäumten, bestiegen, und man erblickte ein zweites Tal, das jedoch zehnmal so groß war, wie das, in dem die Mi-2 gelandet war. Doch soviel sie auch Ausblick hielten, von den Gangstern und dem Raumschiff war nichts zu sehen. Das Gestein der Berge war grauschwarz und von mächtigen Erzadern durchzogen. Der Geologe wollte sich nicht trennen, und so ließen sie ihn als ersten Posten zurück. Der Abstieg in das zweite Tal ging verhältnismäßig schnell vonstatten. Soviel sie sich aber auch umblickten, es war nirgends ein Lebewesen zu erblicken. Der Boden des Grates, über den sie in das Tal abstiegen, bestand aus dichtem, braunem Moos, und der Talboden wies eine hellgrüne Farbe auf. Es gab auch kleine Wälder und vor allem sehr viele Strauchgruppen, die in der Landschaft verstreut lagen. Immer tiefer kamen sie, und nun säumten auch schon Pflanzen ihren Weg, denen sie jedoch in weitem Bogen auswichen. Nun hatten sie den Talboden erreicht, und das Hellgrüne entpuppte sich ebenfalls als dichtes Moos. Als der erste Mann die hellgrüne Fläche betrat, sprang er erschrocken wieder zurück. Die grüne Moosdecke war äußerst elastisch, und man hatte das Gefühl, auf eine gutgefederte Couch zu treten. Es schien, als wäre der Boden unter der Moosdecke hohl. Es gehörte einige Übung dazu, beim Gehen nicht vornüber zu fallen. Dr. Murat, immer zu einem Spaß aufgelegt, begann auf der Moosdecke zu hüpfen, und er wurde zwei Meter hoch emporgeschleudert. Da vernahmen sie plötzlich ein glucksendes Geräusch und gingen ihm nach. Gleich darauf standen sie vor einer mächtigen Quelle, die direkt aus dem Berg kam. Kommissar Wyne entdeckte als erster die Spuren und machte seine Begleiter darauf aufmerksam. Rund um die Quelle war der Boden feucht und schlammig, und hier befanden sich eine Unmenge tiefer Eindrücke. 95
„Wenn es sich hier um menschliche Wesen handelt, von denen diese Spuren stammen, dann müssen es Riesen sein“, sagte Professor Miller nach der ersten Untersuchung. Betreten sahen sich die Männer an. Man hatte die Erlebnisse mit den Fischmenschen noch in zu guter Erinnerung. Nun schienen auch hier im Gebirge Lebewesen zu hausen, die vielleicht genauso gefährlich oder noch weit gefährlicher waren als die Schuppenmenschen. „Keine nette Aussicht“, murrte Allen, und einige Männer von der Besatzung machten entmutigte Gesichter. Ängstlich blickten sie sich in der Umgebung um, und die Kriminalbeamten entsicherten schon vorsichtshalber ihre Waffen. Besorgt beobachtete Kommissar Wyne die aufkommende Angst bei den Männern der Besatzung, die leicht zu einer Panik führen konnte, falls sich jetzt etwas Unbekanntes zeigen sollte. Er rief daher die Männer um sich, sprach ihnen Mut zu und erinnerte sie an ihre guten Waffen, die ihnen volle Sicherheit verbürgten. Er wußte aber auch, daß er sich auf seine eigenen Männer verlassen konnte, und er teilte kleine Trupps ein, die als Führer je zwei seiner Beamten erhielten. Streng verbot er, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, ehe er nicht den nötigen Befehl erteilt hätte, da ein vorzeitiger Schuß die Gangster, die sich jetzt noch sicher wähnten, warnen würde. Auch Professor Miller hatte die Entwicklung mit Besorgnis verfolgt. Die Leute gaben eine vorzügliche Mannschaft ab, doch sie waren keine Kämpfer, das hatte er ja schon gestern bei den Fischmenschen beobachten können. Sie verloren beim Anblick einer Gefahr sofort den Kopf. Man mußte sie deshalb ständig im Auge behalten, damit nicht der eine oder andere durchdrehte und seine Kameraden mit grundloser Angst ansteckte. 96
Millers größte Sorge galt jedoch dem entführten Raumschiff. Würden sie es den Gangstern abjagen können? Wie würde aber der Kampf, zu dem es kommen müßte, für sie ausgehen? Das waren die Fragen, die den Gelehrten quälten, und die Haltung seiner Mannschaft tröstete ihn auch nicht. Sie würden bei einem Kampf gegen die Gangster zwar ihren Mann stehen, aber es dürfte keine unbekannte Gefahr auftreten, sei es durch den Anblick unbekannter Tiere, oder menschenähnlicher Wesen. Ohne Zwischenfälle hatte man das Tal durchquert, und man begann nun den Anstieg auf die abschließenden Berge. Als sie auf dem Gipfel angelangt waren, bot sich ihnen ein neues Hindernis. Wieder lag ein Tal unter ihnen, doch die Berge stürzten hier senkrecht in das Tal ab. Die Wände waren glatt wie eine Mauer, und es war ohne Seil unmöglich, in das Tal zu gelangen. Als sie sich ratlos umblickten, entdeckten sie zehn Meter von der Stelle entfernt, an der sie standen, einen Höhleneingang. Vorsichtig näherten sie sich dem dunklen Eingang. Der Boden der Höhle senkte sich sanft und in Serpentinen hinab, und auch hier bemerkten sie viele Spuren im Sand, der den Boden des langen Ganges bedeckte. Professor Miller blickte auf Kommissar Wyne, und dieser nickte nur. Entschlossen betrat Miller den Gang; zögernd folgten ihm die anderen nach. Der Gang erweiterte sich bald, und nun konnten sie auch schon den Ausgang sehen. Sie beschleunigten ihre Schritte, und bald standen sie am Fuße der senkrecht abfallenden Wand im Tal. In die senkrechten Wände mündeten zahlreiche größere und kleinere Löcher, und sie schritten auf eines der größten zu. Kommissar Wyne, der mit dem Professor den Zug anführte, stieß einen leisen Ruf der Überraschung aus, als er in den großen Höhleneingang blickte. Dort stand das gesuchte Raumschiff! 97
Wie auf Kommando blieb die Gruppe stehen und verhielt sich vollkommen ruhig. Leise erteilte Kommissar Wyne seine Befehle. Dann pirschte er sich mit Inspektor Allen und seinen Polizeibeamten an den Eingang heran. Ruhig lag das große Raumschiff in der Höhle, kein Mensch zeigte sich. Mit schnellen Schritten standen sie unter dem Raumschiff und somit außerhalb der Schußlinie der Gangster. Während die anderen draußen sicherten, horchten die Polizisten, doch auch aus dem Schiff drang kein Laut heraus. Die Treppe zur Einstiegluke war ausgefahren, und mit katzenartigen Sätzen stürmte Wyne die Treppe empor und versuchte die Luke zu öffnen. Die Luke gab nach. Dicht gefolgt von Inspektor Allen und den übrigen Polizeibeamten, drang Kommissar Wyne mit entsicherter Pistole in das Raumschiff ein. Im Mannschaftsraum entdeckte er vier Männer, die schlafend in ihren Kojen lagen. Bevor sie recht wußten, was geschehen war, hatte man sie gefesselt. Einer von den vieren war Hinkfuß, und diesen nahm sich der Kommissar gleich vor. Nach und nach bequemte sich der Gangster zu einer Aussage. Danach waren die übrigen auf Erkundung ausgezogen, weil sie sich diesen Planeten als ihren Schlupfwinkel auserwählt hatten. Sie waren im Ganzen 150 Mann, so daß noch 146 Männer auf dem Planeten umherstreiften. Professor Miller war außer sich vor Freude, als er sein entführtes Raumschiff wieder vor sich sah. „Unglaublich, wie leichtsinnig die Gangster gehandelt haben“, sagte er zu Kommissar Wyne. „Ja, das ist wahr. Aber sie fühlten sich hier so sicher, daß sie gar nicht daran dachten, eine stärkere Bewachung für eventuelle Gefahren hier zu lassen.“ „Nun ist unsere Aufgabe gelöst, denn wir haben das Raum98
schiff wieder in unserem Besitz. Wir könnten jetzt starten und zur Erde zurückkehren, woran uns kein Gangster hindern würde.“ Kommissar Wyne blickte den Professor forschend an, und Miller sagte gleich eifrig: „Ich weiß, was Sie sagen wollen, Kommissar, und ich denke genauso wie Sie. Die Menschlichkeit verbietet uns, die Gangster hier ihrem Schicksal zu überlassen.“ „Ja, Professor. Es ist unsere Pflicht, uns um sie zu kümmern. Wenn sie auch Verbrecher sind, so haben wir nicht das Recht, sie zu richten, das wollen wir denen überlassen, die dafür eingesetzt sind. Ich hoffe auch zuversichtlich, sie jetzt, da wir das Raumschiff haben, zur Vernunft zu bringen, so daß es ohne weiteres Blutvergießen abgehen wird. Vor allem müssen wir trachten, uns diesen Bill Hill zu kapern, da er ja der einzige ist, der das Raumschiff noch einmal entführen könnte.“ Ein unbeschreiblicher Jubel herrschte, als Miller das entführte Raumschiff neben der Mi-2 landete. Kommissar Wyne war mit seinen Leuten zurückgeblieben, um die Gangster in der Höhle zu erwarten. Es wurde Abend, und auch die Nacht verging, doch kein Gangster ließ sich blicken. Am frühen Morgen traf Verstärkung ein, und auch Professor Miller und Doktor Murat waren wieder mitgekommen, weil sie dabei sein wollten, wenn es zum Kampf kam. Eine Stunde mochte vergangen sein, da tauchte ein Polizist, der außerhalb der Höhle Posten bezogen hatte, mit einem entsetzten Gesicht am Eingang auf. „Kommen Sie schnell, Kommissar!“ rief er. Wyne folgte sofort dem Ruf seines Beamten und eilte hinaus. Auch die anderen kamen hinterher. „Ich dachte zuerst, Flugzeuge vor mir zu haben, als sie am Horizont auftauchten“, berichtete der Polizeibeamte erregt. „Aber durch mein gutes Glas konnte ich bald ausmachen, daß es die riesigen 99
Vögel sind, die sich uns nähern. Aber das Entsetzliche ist, sie schleppen Menschen in ihren furchtbaren Fängen.“ Kommissar Wyne nahm dem Beamten das Glas aus der Hand und beobachtete die anfliegenden Vögel. Sie waren nun schon so nahe, daß man ihre Last auch mit bloßem Auge gut erkennen konnte. Der Beamte hatte richtig gesehen. Die Riesenvögel trugen in ihren Krallen Menschen. Die Räuber waren noch größer, als die gestern bei den Fischmenschen gesichteten. „Eins – zwei – drei“, begann der Kommissar zu zählen. „Es sind dreizehn“, rief ein Beamter, „ich habe sie genau gezählt.“ Die Vögel schienen zunächst unschlüssig, wohin sie sich wenden sollten, dann senkten sie sich langsam herab. Entsetzt starrten sich die Anwesenden an. Die Vögel strichen mit ihrer Beute so dicht über sie hinweg, daß man jede Einzelheit erkennen konnte. Es waren weiße Menschen, Männer in irdischer Kleidung, sicher Angehörige der Bande, die jene furchtbaren Untiere der Lüfte gereizt hatten. Kommissar Wyne wandte sich an den Beamten, der die Vögel als erster gesichtet hatte. „Aus welcher Richtung kamen sie?“ fragte er, und als ihm der Beamte die Richtung angezeigt hatte, wandte er sich an den Professor. „Wir müssen sofort aufbrechen, denn wer weiß, was geschehen ist“, sagte er. „Ja, ich bin auch dafür“, entgegnete der Professor ernst. „Wenn die Männer nicht auf eine feindliche Macht gestoßen sind, dann müssen die Vögel sie überfallen und getötet haben. Wir müssen uns auf jeden Fall Gewißheit verschaffen, was mit den übrigen los ist. Ich denke, wir marschieren gleich los. Die Vögel kamen über den Wald dort. Diese Richtung wollen wir also einschlagen.“ Langsam stießen sie gegen das Waldstück vor. Je näher sie den ersten Bäumen kamen, desto öfter sahen sie kleinere und größere Vögel auffliegen. Laut krächzend kreisten die Räuber 100
über dem Wald. Kommissar Wyne hätte gerne einige abgeschossen, doch im letzten Moment dachte er noch an die Gangster, die womöglich durch den Schuß gewarnt würden, und er unterließ es. Dieses heisere, unangenehme Gekrächze ging allen auf die Nerven. Sie hielten auf eine Stelle zu, wo die Bäume nicht so dicht beisammen standen. Immer mehr Vögel flogen auf, und was das Sonderbare war, sie blieben stets über der Stelle, wo sie aufgeflogen waren, kreisend in der Luft hängen. Vorsichtig pirschte sich die Gruppe durch den Wald. Je mehr sie in den Forst eindrangen, desto mehr veränderte sich die Vegetation. Die Bäume wurden seltener. Riesige Farne traten an deren Stelle. Immer dichter wurde das Gestrüpp, und nun sahen sie eine grünschillernde Wasserfläche vor sich. Unzählige kleine Vögel schwirrten pfeilschnell über die Wasseroberfläche, und auf den Farnen tummelten sich unwahrscheinlich große, prächtige Falter. Die Landschaft hatte hier einen paradiesischen Charakter. Da bemerkte Wyne plötzlich den Kopf eines Tieres über der Wasseroberfläche. Das Tier schien entweder die Gruppe nicht bemerkt zu haben, oder es nahm nur keine Notiz von ihr. „Dürfte, dem Kopf nach zu schließen, eine Wasserschlange oder so etwas ähnliches sein“, sagte Professor Miller. „Schon wieder Schlangen und Schuppenmenschen?“ stöhnte Wyne. Das Tier graste die Oberfläche des Wassers nach schwimmenden Pflanzen ab und näherte sich immer mehr dem Ufer. Noch schien es die Menschen, die sich vollkommen ruhig verhielten, nicht bemerkt zu haben. Dann reckte sich der Hals des Tieres, und staunend sahen die Männer, wie dieser immer länger und länger wurde. „Das ist doch keine Schlange“, sagte Miller. „Dieser Kopf, hm, es sieht fast so aus …“ Professor Miller vollendete den Satz nicht mehr, sondern 101
blickte auf das Unglaubliche vor seinen Augen. Immer länger wurde der Hals, dann teilte sich geräuschvoll das Wasser, und ein grauer Rücken wurde sichtbar. Dann stand das Tier in seiner ganzen Größe vor den staunenden Menschen. „Ein Saurier“, murmelte Professor Miller ergriffen. Wie gebannt verhielten sich die Männer ganz ruhig auf ihren Plätzen und blickten auf das Tier aus irdischer Vorzeit. Dieses nahm weiter keine Notiz von ihnen, setzte sich schwerfällig in Bewegung und graste mit schmatzenden Lippen das Ufer ab. „Wir haben es hier mit einem pflanzenfressenden Tier zu tun, wie sie auch einstmals auf der Erde lebten“, erklärte der Professor seinen Leuten. „Bei uns sind sie allerdings schon seit Jahrmillionen ausgestorben.“ Bewundernd, wenn auch ein wenig ängstlich, blickten die Männer auf das Tier, das etwa eine Länge von dreißig Metern und eine Höhe von zwanzig Meter aufwies. Der kleine Kopf wirkte gegen den massigen Körper lächerlich. Das Tier wandte sich wieder vom Ufer ab und suchte das Wasser auf. Als es ziemlich weit entfernt war, machten die Männer kehrt und gingen den Weg, den sie gekommen waren, wieder zurück. „Ich möchte, obgleich es kein Fleischfresser war, doch ein Zusammentreffen mit dem Tier vermeiden“, gestand Professor Miller mit einem kleinen Lächeln. Eifrig pflichteten ihm alle bei. Die Pflanzen waren hier oben im Gebirge nicht so tückisch und bösartig wie unten in der Ebene, in der die Schuppenmenschen lebten, sonst hätten sie es nicht wagen können, in den Wald einzudringen. Am Weg standen Sträucher, die faustgroße rote Beeren trugen, aber man hütete sich, davon zu kosten. Die vielen Raubvögel kreisten noch immer über dem Wald und erfüllten mit ihrem furchtbaren Gekrächze die Luft. Plötzlich wurden die Schreie von einem anderen Geräusch übertönt. Es war ein Sausen und Brausen, aber die mächtigen Baumkronen 102
verhinderten jede Sicht nach oben. Plötzlich verstummten die hungrigen Rufe der Raubvögel. „Was war das?“ fragte Inspektor Allen den Professor. Miller zuckte mit den Schultern. Das Brausen wurde schwächer und verklang dann. Unterdessen war man aus dem Wald gekommen, doch bevor Kommissar Wyne, der die Gruppe führte, wieder die freie Fläche betrat, verhielt er hastig seinen Schritt. Ein leiser Warnruf fesselte die anderen regungslos auf ihre Plätze. Kommissar Wyne wandte sich um und rief leise zurück: „Achtung! Ich sehe die Gangster!“ Wyne hatte gute Augen, und als er sein Glas zu Hilfe nahm, sah er seine Vermutung bestätigt. Die schwarzen kleinen Punkte unterhalb der Gipfel der Berge waren Menschen. Sie bewegten sich auf den Wald zu. Es folgte eine kurze Beratung, und man kam überein, die Gangster in der Höhle zu erwarten, die auch eine gute Deckung bot. Vorsichtig, jeden Stein und Strauch als Deckung benutzend, schlichen die Männer zu der Höhle zurück, in der sie das Raumschiff gefunden hatten. Da die Gangster wahrscheinlich keine Gläser benutzten, konnte man hoffen, daß sie vollkommen arglos ankommen würden. Rasch wurde ein genauer Plan entworfen, wie man die Gangster überrumpeln wollte. Wynes Leute waren ja bedeutend im Vorteil, da sie in der Höhle eine gute Deckung hatten, während sich die Gangster auf freiem Gelände nähern würden. Man wollte sie so nahe als möglich herankommen lassen, sie dann anrufen und zum Wegwerfen ihrer Waffen auffordern. Erst nachdem sie einen solchen Befehl mißachteten, sollte eine kurze Salve über ihre Köpfe hinweg sie vom Ernst der Lage überzeugen. Da sie keine Deckung hatten, mußten sie sich, ob sie wollten oder nicht, ergeben. Fiebernd blickten die Beamten dem zu erwartenden Kampf entgegen. 103
Die Punkte wurden zu langen Strichen, und nun waren sie schon mit bloßem Auge als Menschen zu erkennen. Aus ihrer sicheren Deckung beobachteten Kommissar Wyne und seine Leute die Verbrecher. Der Ernst der Lage wurde ihnen bald klar, als sie bemerkten, daß die Gangster die modernen Maschinenpistolen umgehängt trugen. Nicht einer von ihnen war unbewaffnet. Und Millers Mannschaft wäre solchen Schützen nicht gewachsen. Blieben nur die fünfzehn Beamten. Fünfzig Meter waren sie noch von der Höhle entfernt, als ihnen Kommissar Wyne ein lautes Halt entgegenrief. Im ersten Augenblick standen sie starr, doch als ihnen Wyne zurief, sie sollten die Waffen wegwerfen und sich ergeben, da bellten schon die ersten Schüsse auf. Blitzschnell hatten sich die Gangster auf den Boden geworfen. Kommissar Wyne wollte gerade das Signal für die erste Schrecksalve geben, da erfüllte plötzlich ein unheimliches Sausen und Brausen die Luft. Ehe Kommissar Wyne und seine Männer begriffen hatten, was das bedeuten sollte, sahen sie die Gangster schreiend aufspringen und auf die Höhle zulaufen, aber es war zu spät. Gleich riesigen Schatten stürzten plötzlich die Riesenvögel auf die flüchtenden Gangster hernieder. Im Nu bildete sich ein dichter Knäuel. Menschenleiber wirbelten durch die Luft und schlugen auf den felsigen Boden auf, man hörte die unheimlichen Schreie der wütenden Vögel. Den Männern in der Höhle war ein Eingreifen in den furchtbaren Kampf nicht möglich, da sie mit ihren Schüssen auch die Menschen gefährdet hätten. Die Gangster schossen in das Federknäuel, das sich durch die Luft heranwälzte. Aber sie schienen ihren furchtbaren Feinden machtlos ausgeliefert. Als sich die ersten Vögel wieder in die Lüfte erhoben, schleppten sie in ihren Fängen zwei Menschen mit. Nur sechs Mann konnten sich, völlig verstört, zu dem bergenden Höhleneingang retten. Wen die Riesenvögel nicht mit104
genommen hatten, lag tot vor der Höhle. Der Sand war im weiten Umkreis des Kampffeldes blutigrot. Fünf Vögel stürzten samt ihrer traurigen Last, von den Kugeln der Polizisten getroffen, auf den Boden. Ein Grauen hatte die Männer erfaßt. Die sechs Geflüchteten dachten nicht an Gegenwehr, zitternd legten sie ihre Waffen nieder. „Wo ist Bill Hill?“ fragte der Professor die gefangenen Gangster. Mit angstverzerrten Gesichtern deuteten die Gefragten auf das Schlachtfeld vor der Höhle. Noch immer im Banne ihres furchtbaren Erlebnisses, erzählten sie stockend, daß sie schon am Vortage von den Riesenvögeln angegriffen worden waren und schon viele Opfer zu beklagen hatten. Die sechs Mann hier und die vier Mann im Raumschiff waren der Rest von einhundertfünfzig Gangstern, die auf diesem Planeten gelandet waren. Die Gefangenen berichteten auch noch, daß sie in einem Tal riesengroße Tiere gesichtet hätten. Professor Miller dachte sofort an den Saurier und er beschrieb ihnen das Tier. Die Gefragten schüttelten die Köpfe. „Nein, es war kein solches Tier, wie Sie es uns jetzt beschrieben haben“, sagte einer von den Gangstern. „Die Tiere, die wir gestern sichteten, gingen auf den Hinterfüßen in aufrechter Haltung, und das furchtbarste an ihnen war ihr schreckliches Gebiß. Sie hatten einen großen Kopf und ein großes Maul, in dem es nur so von Zähnen wimmelte. Wir haben die Tiere …“ Erschreckt hielt der Mann plötzlich ein und deutete mit weit aufgerissenen Augen nach dem nahen Walde. Dort schob sich soeben der massige Körper des pflanzenfressenden Tieres heraus. Ein dicker Baum bog sich wie eine dünne Rute, als sich der Saurier an seinem Stamm scheuerte. „Waren es solche Tiere?“ fragte der Professor noch einmal. 105
„Nein, es waren andere. Sie waren nicht so groß wie jenes dort, doch boten sie einen weit furchterregenderen Anblick.“ Mit gemischten Gefühlen betrachteten die Gefangenen den Saurier, der friedlich graste und sich ab und zu mit seinem verhältnismäßig kleinen Kopf Blätter von den Bäumen holte. Da erklang plötzlich ein heftiges Schnauben, und die sechs Gangster zuckten ängstlich zusammen. „Das sind die Tiere von gestern“, riefen sie angstbebend wie aus einem Munde. Nun sahen es auch die anderen. Zwei riesige schwarze Tiere mit einem zähnestarrenden Rachen eilten, aufrecht auf ihren Hinterbeinen gehend, auf den friedlich grasenden Saurier zu. Zu spät bemerkte er seine furchtbaren Feinde. Ein grausiger Kampf spielte sich ab, bis Professor Miller seine Waffe hochriß und auf den Tierknäuel feuerte. Die Männer folgten seinem Beispiel, aber es bedurfte vieler Kugeln, bis die gewaltigen Tiere umsanken und still dalagen. „Wir wurden soeben Zeugen eines Kampfes, wie er vor Jahrmillionen auch auf der Erde zwischen den Sauriern und ihren Feinden ausgetragen wurde. Die Tiere der Urwelt rotteten sich gegenseitig aus, und so wird es auch hier sein …“ „Wollen wir uns die Kadaver nicht näher ansehen?“ schlug Inspektor Allen vor. „Ich möchte das nicht wagen, Inspektor. Denken Sie an die Riesenvögel. Wir wollen auf schnellstem Wege zu den Raumschiffen zurück. Vorher haben wir aber noch eine Menschenpflicht zu erfüllen. Wir müssen den von den Vögeln Getöteten ein Grab bereiten.“ * Man kam überein, so schnell als möglich von diesem Planeten zu starten. Der Auftrag, das entführte Raumschiff zurückzubringen, 106
war ausgeführt. Fieberhaft wurden die Vorbereitungen zum Start der beiden Raumschiffe getroffen, und als es endlich so weit war, da sah man im ganzen Schiff nur freudige Gesichter. Als das erste leise Beben durch das Schiff ging, warfen einige Leute von der Mannschaft ihre Mützen begeistert in Richtung Decke. Majestätisch erhoben sich dann die Mi-1 und die Mi-2 vom Boden. Professor Miller steuerte die Mi-2, während Dr. Walker die Mi-1 übernommen hatte. Man überflog in geringer Höhe noch einmal den Weg, den man gestern und heute zurückgelegt hatte, und wer entbehrlich war, stand an den Luken und blickte auf das geheimnisvolle Land hinunter. Langsam überflog man das erste Tal, dann das zweite und nun das dritte. Dort lag der Steinhügel, unter dem die Toten ruhten, und dort lagen die mächtigen Leiber der vorweltlichen Tiere. Man sah die riesigen Vögel wieder, die mit ihren gewaltigen Schnäbeln ganze Stücke aus den Fleischbergen rissen und ein schauriges Mahl hielten. Aber man sah auch noch andere Tiere bei den Kadavern, die sich anscheinend auch mit den furchtbaren Vögeln gut vertrugen. Es waren zottige Gestalten mit einem pferdeähnlichen Kopf, fast zwei Meter große Brocken. Von diesen Wesen mußten die Spuren bei der Quelle und in dem Felsengange herrühren, mutmaßte Professor Miller. Obwohl die beiden Raumschiffe durchaus nicht lautlos das Tal überquerten, nahmen die Tiere keinerlei Notiz von ihnen Oder war ihre Gier nach dem Fraß so groß, daß sie für ihre Umwelt keinen Blick übrig hatten? Es schien so. Professor Miller zog eine kleine Schleife und ging mit dem Schiff noch tiefer hinunter. Da erst blickten einige von diesen zottigen Wesen zur Höhe, und die Männer im Raumschiff erschraken vor dem wilden Haß, der ihnen aus den Augen dieser 107
Untiere entgegenstarrte. Man hörte ihre gräßlichen Schreie bis in das Raumschiff und sie entblößten dabei ein furchterregendes Gebiß. Mit einem leichten Schauder blickten die Männer auf dieses Bild. Diese Tiere waren sicher noch gefährlicher und wilder als die Riesenvögel. Sie standen aufrecht vor den Kadavern der Urweltriesen und rissen mit ihren krallenbewehrten Händen und dem Gebiß große Fetzen Fleisch aus dem Aas. Doch immer wieder blickten sie jetzt dabei zur Höhe empor, und ihre Köpfe liefen vor Zorn und Gier rot an. „Auf eine solche Begegnung wäre ich wirklich nicht neugierig gewesen“, sagte Dr. Murat und brach damit den Bann. „Ja, wir sehen jetzt erst, in welch furchtbarer Gefahr wir hier herumtappten“, entgegnete Kommissar Wyne ernst. „Es war ein grauenhaftes Erlebnis, das man nicht so schnell vergessen kann.“ Professor Miller rief seine Leute zusammen, die noch auf der Mi-2 fuhren. Die Hälfte der Mannschaft hatte Dr. Walker für die Mi-1 bekommen. „Ich hätte noch einen Wunsch. Aber ich muß euch um euer Einverständnis bitten, denn ich kann euch nicht zwingen, euer Leben aufs Spiel zu setzen. Ihr wißt, was der Bau der Mi-1 und 2 gekostet hat. Ihr wißt, wie lange wir an dem Projekt ‚Start zum Rand unseres Systems’ arbeiteten. Es würde mir sehr leid tun, wenn ich Neptun verlassen müßte, ohne eine erschöpfende Auskunft über diesen Planeten zu geben. Gewiß, wir haben ein scheußliches Gebiet gesehen, in dem wilde Tiere hausen, die einander gegenseitig umbringen. Aber denkt an einen irdischen Dschungel und denkt an eine Stadt in Europa oder Amerika.“ Die Männer standen mit hängenden Köpfen herum. Sie wußten, was der Professor von ihnen verlangte. Die Kriminalbeamten, die sich mit den Gefangenen dem Professor angeschlossen hatten, nickten ihrem Chef, Kommissar Wyne, stummes Einverständnis zu, ehe der Professor noch seine Frage ausgesprochen 108
hatte. Das spornte die anderen nun auch an, denn sie wollten nicht hinter den Beamten zurückstehen. Miller entdeckte freudestrahlend, daß ihn seine Mannschaft nicht im Stich lassen würde. „Ihr wißt, worum es geht. Ich möchte wenigstens noch eine Suchaktion einleiten, die nach Resten eines Kulturvolkes forscht. Sonst muß der Energiemantel, der diesen Planeten umgibt, ein Rätsel bleiben, bis wir wieder einmal zum Neptun vorstoßen können.“ Der erste Ingenieur, Sprecher der Mannschaft, trat einen Schritt vor. „Wir machen mit, Professor“, sagte er schlicht, und Miller dankte seinen Leuten mit knappen Worten, aus denen Anerkennung sprach. Dann wandte er sich zu seinem Schaltpult. Sekunden später war die Verbindung zur Mi-1 hergestellt. Doktor Walker erschien auf dem Bildschirm. Sein Gesicht wurde von einem Schatten überzogen, als er die Worte des Professors hörte. „Hoffentlich machen die Leute mit. Sie haben genug, Professor, sie wollen heim zur Erde. Auf mich können Sie selbstverständlich rechnen, aber ich weiß nicht, ob die Mannschaft mitmacht.“ „Sagen Sie den Leuten, daß ihre Kameraden von der Mi-2 hierbleiben wollen, bis wir mit ausreichendem Material zur Erde zurückstarten können.“ Eine Viertelstunde später war es Dr. Walker gelungen, auch seine Leute zu überzeugen. Professor Miller strahlte, als er die Erfolgsmeldung entgegennahm. „Dann wollen wir keine Zeit verlieren. Halten Sie sich auf gleicher Höhe mit mir. Wenn Sie in vierhundert Meter Abstand kreuzen, können wir gemeinsam einen breiten Streifen erforschen. Kurs Mj-207, das bedeutet für Sie Planquadrat 981. Verstanden?“ Dr. Walker wiederholte die Zahlen, dann setzten sich die beiden Raumer in Bewegung. Stunden vergingen. Zweimal waren sie schon in die unerklärliche Dunkelheit geraten, die es hier eigentlich gar nicht geben durfte. 109
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Der Professor und Dr. Walker hatten die Raumer jedesmal wieder in die Helligkeit zurückgebracht. Wyne saß neben Miller am Bildschirm und beobachtete die Landschaft, die rasend schnell vorbeiglitt. Seine Augen taten ihm weh. Der eintönige Wechsel von Wäldern und Ebenen ermüdete ihn, und immer wieder fielen ihm die Augen zu. Jedesmal riß er sich gewaltsam hoch und starrte wieder auf den Schirm. Dann plötzlich packte er den Professor am Arm, der gerade den Blick abgewandt hatte, um seinen Kursregler zu beobachten. „Professor, was ist das da unten? Sieht aus wie Bauwerke.“ Miller warf einen kurzen Blick auf den Schirm, dann griffen seine zitternden Finger zum Mikrofon. Dr. Walker erschien sofort auf dem Schirm des Sprechgerätes. „Jawohl, Professor, wir haben es auch beobachtet. Sie müssen den Rand dieser Stadt gestreift haben, denn wir kreuzen bereits über dem Zentrum. Von Lebewesen keine Spur, soweit man das aus dieser Höhe feststellen kann. Was schlagen Sie vor?“
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„Wir behalten diese Richtung bei und versuchen, eine Landefläche zu finden. Irgendwo muß die Stadt ja wieder aufhören. Dann fahren wir zwei Rettungsgondeln aus. Mit den kleineren Schiffen sind wir beweglicher und richten bei einer Landung keinen Schaden an. Verstanden?“ Dr. Walker nickte, dann wurde der Schirm des Sprechgerätes schwarz. Eine halbe Stunde später standen die Mi-1 und die Mi-2 dicht nebeneinander auf einer riesigen Metallfläche, deren Funktion die Männer noch nicht erkannten. „Sie können mit Sicherheit darauf rechnen, meine Herren, daß uns diese Neptunbewohner etwas hinterlassen haben, falls wir sie nicht mehr antreffen“, jubelte Miller, und die anderen ließen sich von seiner Zuversicht anstecken. Aber erst drei Tage später hatten sie gefunden, was sie suchten. Die Zentrale der Stadt, wahrscheinlich sogar sämtlicher Anlagen des Planeten, wenn Mando die Pläne richtig gedeutet hatte. Sofort machten sie sich an die Arbeit. In den letzten drei Tagen hatten sie herausgefunden, daß bestimmte Zeichen für die Nachwelt bestimmt waren, und daß diese Zeichen immer wiederkehrend an Wänden, Fahrstuhlschächten und Treppengeländern den Weg zur Zentrale wiesen. Und nun fanden sie den unverschlossenen Metallschrank, der für sie bestimmt war, denn die Metallmalerei auf der Tür zeigte das Bild Terras, wie sie den Neptunern vor vielen Jahrtausenden erschienen sein mochte. Als Miller die Tür öffnete, fühlten sich die Männer im Raum von einer eigenartigen Schwäche ergriffen. Sie sanken zu Boden, ohne sich zu verletzen, und dann empfingen sie wie im Trance die Botschaft der Neptuner, die hier Jahrtausende hindurch auf die Raumfahrer gewartet halte. „Menschen von Terra, wir grüßen euch, unsere Brüder, unsere Nachkommen.“ So schrieb es Professor Miller später nieder, als er seine Berichte 112
zu einer wissenschaftlichen Abhandlung über die versunkene Kultur Neptuns zusammenfaßte. „Wir grüßen euch und bedauern, daß wir es nicht erlebten, die Nachkommen der Auswanderer hier zu empfangen. Am meisten werdet ihr euch darüber wundern, daß Neptun als einziger Planet des Sol-Systems einen künstlichen Strahlenmantel trägt. Es begann damit, daß Sol älter wurde. Die anderen Planeten des Systems waren noch nicht reif zur Besiedlung, und so mußten wir einen Übergang schaffen. Der Energiemantel wird Äonen überdauern, denn er erneuert sich ständig aus der SolEnergie und ist praktisch unzerstörbar. Tag und Nacht wird durch ihn geregelt. Ihr könnt das in unseren Aufzeichnungen nachlesen, doch dazu werdet ihr viel Zeit brauchen, wenn ihr die Schrift eurer Ahnen vergessen habt. Ais der Energiemantel fertig war, zogen unsere Brüder aus, um die anderen Planeten des Systems zu erforschen. Auch hierüber findet ihr ausführliche Berichte. Aber noch waren die Planeten nicht reif zu einer Besiedlung. Einzig Terra, eine vulkanische, brodelnde Welt, schien für gewisse Pflanzensamen aufnahmefähig. Unsere Brüder wagten eine Landung und streuten die. Samen einiger Moose und Flechten aus. Wieder warteten wir Jahrtausende. Eine Kolonisierung der Planeten schien nicht mehr so wichtig, da der Energiekranz die Sonne für Neptun ersetzte. Doch wir Menschen sind es gewöhnt, unter freiem Himmel zu leben. Der Anblick des sternenübersäten Alls ist die Erklärung all unserer Fragen. Und wir wollten nicht, daß unsere Kinder in dumpfer Unwissenheit dahinlebten. Deshalb entschlossen sich die Neptun-Menschen zur Auswanderung in ein anderes Sonnensystem. Nur wenige blieben zurück. Sie sorgten für die Erhaltung der Anlagen, sie beobachteten die Entwicklung der anderen SolPlaneten. Und dann startete das erste Siedlerschiff nach Terra. Die Wächter auf Neptun hörten nie wieder von diesem Schiff. 113
Es muß bei einer Katastrophe umgekommen sein. Vielleicht wurde es bei der Landung zerstört, vielleicht ergoß sich glühende Lava über unsere Brüder. Wenn aber Menschen von Terra zum Neptun kommen, dann sollen sie wissen, daß sie die Nachkommen jener Pioniere sind, von denen wir nie mehr hörten. Das vorletzte Kapitel ist schnell erzählt. Die Wächter auf Neptun verloren den Kontakt zu den Brüdern, die das OrionSystem als neue Heimat erwählt hatten. Zuletzt waren es noch fünf Menschen, die ihr hartes Los in Einsamkeit und Verzweiflung fristeten. Uns fehlt die Kraft, den Brüdern zum Orion zu folgen. Als letzte Aufgabe betrachten wir die Überlieferung, denn wir fünf sind es, die euch die Erinnerung auf gedanklichem Wege übermitteln. Wahrscheinlich ist es für euch unbegreiflich, wie wir das vollbrachten. Wir wählten freiwillig den Tod, um unsere Gedanken stark zu erhalten. Wir verwahrten unsere Gedanken, durch ein stärkendes Feld geschützt, in diesem Metallschrank, der nur von euch zu öffnen war, von Menschen, deren Gedankenwellen den unseren entsprachen. Bald haben wir alles gesagt, und dann erst sind wir wirklich tot. Bisher lebten wir noch in den Gedanken weiter, obwohl ihr unsere Körper selbst in der versiegelten Gruft unter der Zentrale nicht mehr finden würdet. Wir haben eine letzte Bitte an euch. Bringt die Nachricht zum System des Orion. Vereinigt euch mit den Brüdern. Veranlaßt sie, daß wenigstens einige in die alte Heimat zurückkehren. Neptun, die Heimat der Menschen, darf keine Wildnis werden. Wir konnten vor unserem Tode beobachten, daß sich unsere Haustiere wieder dem wilden Leben anpaßten. Das darf nicht sein. Der Planet Neptun und seine Geschichte soll den Menschen zeigen, was Menschengeist in der Stunde der Gefahr vermag. Dann wird es nie mehr Angst und Bedrückung geben in der Welt.“ Als sie aufwachten, wußten die Männer nicht, wie lange sie 114
bewußtlos gelegen hatten. Professor Miller führte die Leute zu der Gruft. Sie fanden die fünf Gräber, aber sie öffneten sie nicht. Benommen und schweigend wandten sie sich dem Ausgang zu. Zwei Tage später erreichten sie die Raumschiffe. Dort herrschte große Aufregung. Über eine Woche waren Miller und die anderen fortgewesen, und man hatte sie längst abgeschrieben. Jubelnd fielen sich die Männer in die Arme, und selbst einige der Gefangenen strahlten, als sie sahen, daß die Wissenschaftler und die Kriminalisten unverletzt zurückgekommen waren. Miller berichtete ausführlich, was die Neptun-Kultur enthüllt hatte, und er beantwortete gewissenhaft jede Zwischenfrage. Einige Tage ruhten sich die Männer noch aus, dann wurde der Start angesetzt. Wieder erscholl der schon bekannte Befehl: Anschnallen! Noch einen letzten Blick warfen die Männer auf den Planeten und die mächtigen Bauwerke, ehe sie dem Befehl nachkamen. Steil stiegen die Raumschiffe empor, schlüpften durch den Energiemantel und nahmen Kurs gegen den Mond, wo man eine Landung vornehmen wollte. Vergessen waren die Schrecken, als dann der gute, alte Erdtrabant auftauchte und man die riesige Kuppel über der Stadt Mondala erblickte. Durch Funk waren die Bewohner schon auf das Kommen der beiden Raumschiffe vorbereitet worden. Als sie zur Landung ansetzten, wimmelte der Platz schon von Gestalten in Raumanzügen, die sie dann in die Stadt begleiteten. Im Triumphzug wurden die Insassen der beiden Raumschiffe in den großen Saal des Rathauses geführt, wo ihnen das Stadtoberhaupt eine herzliche Begrüßungsansprache hielt. Vor allem beglückwünschte er Professor Miller zu dem Erfolg, und dann wurde dieser bestürmt, von den Erlebnissen zu berichten. 115
„Sie haben Ihre Aufgabe gelöst und dabei noch den Raum bezwungen“, rief das Oberhaupt Mondalas pathetisch aus. Da erhob sich Professor Miller von seinem Stuhl. „Ja, es stimmt, wir haben unsere Aufgabe gelöst, aber es war nicht mein Verdienst, sondern jeder Mann im Raumschiff hat dazu seinen Teil beigetragen. Es wäre aber vermessen und auch unrichtig, wenn wir sagen wollten, wir hätten den Raum bezwungen. Wir haben nur ein kleines Stück von den Geheimnissen des Raumes gelüftet, aber was wir gesehen und erlebt haben, weist den Weg zu neuen, größeren Abenteuern. Wie glücklich könnt Ihr hier auf dem Mond sein, und wie glücklich können wir auf der Erde sein. Auch bei uns gibt es noch wilde Tiere, doch sie sind zurückgedrängt worden. Nur selten kommt ein Mensch in diese Gebiete, und wenn, dann sind es Großwildjäger, die absichtlich diese Wüsten aufsuchen. Kein wildes Tier bedroht mehr das Leben eines Menschen wie auf dem Neptun, der von hoher Kultur wieder zur Wildnis geworden ist. Fabelwesen und Fabelmenschen bevölkern diesen Planeten, und ihr Leben ist ein steter schauerlicher Kampf. Aber nicht nur menschenähnliche Wesen und Tiere bekämpfen sich dort, auch die Pflanzen haben in dieses Morden eingegriffen und lauern auf ihre Opfer. So mag es vor Jahrmillionen auch auf unserer Erde zugegangen sein. Die großen Echsen, die Saurier, sie alle rotteten sich gegenseitig aus, und was sie selbst nicht besorgten, das besorgte eine unerbittliche Natur. – Wir sahen den Kampf der urweltlichen Giganten, wir sahen Tausende und Abertausende von Fischmenschen aus ihrem nassen Element zu einem stumpfsinnigen, aber desto gefährlicheren Angriff antreten, wir sahen die riesige, schreckliche Gefahr, die in Gestalt von Riesenvögeln aus der Luft herabkam, wir sahen mordende Pflanzen. Sie alle waren von einem Vernichtungswillen beseelt, der furchtbar ist und mit Selbsterhaltung nichts mehr zu tun hat. 116
Und wir haben gelernt, daß auch unsere Erde in Primitivität zurückverfallen kann, wenn wir nichts dagegensetzen.“ Dann erzählte Professor Miller den Bewohnern von Mondala noch nähere Einzelheiten über die Stadt der Neptunmenschen. * Nach all ihren Erlebnissen waren die Männer der Raumschiffe herzlich froh, als man sie dann in die Quartiere geleitete, und bald fielen alle in einen tiefen Schlaf. Die Bevölkerung von Mondala ließ es sich nicht nehmen, die Raumfahrer noch einen weiteren Tag zu bewirten. Der Tag verging den Männern viel zu rasch, und sie bedauerten es fast, als sie von den freundlichen Leuten auf dem Mond Abschied nehmen mußten. Am nächsten Morgen stellte sich auf dem Raumflughafen vor der Stadt ein, wer abkommen konnte. Unter Winken und Rufen erhoben, sich die beiden Raumschiffe und beschrieben noch einmal eine große Schleife über der Stadt. Zum letzten Mal schnallte sich die Besatzung an, dann stiegen die Raumschiffe steil empor. Immer kleiner wurde der Mond und immer größer die Erde. „Mörder auf der Erde zu jagen, ist doch einfacher“, sagte Kommissar Wyne zu Professor Miller. Miller lachte. „Da wissen Sie wenigstens, daß Sie Ihr Strahler schützt, nicht wahr?“ „Allerdings, Professor. Aber solch ein Ding nützt gar nichts, gegen einen so verfluchten Vogel, oder gar gegen Tausende von Schuppenmenschen, ganz zu schweigen von den scheußlichen Pflanzen, die einen einfach verschlingen.“ „Vergessen Sie nicht, daß die Expedition auch interessante Erkenntnisse mitbringt. Wir werden die Pläne der Neptun117
Bewohner auswerten, und eines Tages starten wir zum Orion“, schloß der Professor. Dann lugte die Heimatstadt aus dem milchigen Dunst, und unter dem ungeheuren Jubel der herbeigeeilten Bevölkerung setzten die beiden Raumschiffe zur Landung an. „Wir haben den Raum bezwungen“, schrien die Menschen und brachten Hochrufe aus. Professor Miller lächelte und blickte Kommissar Wyne an. Und der Kommissar wußte, was der alte Gelehrte dachte.
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Vorschau: UTOPIA-Zukunftsroman Nr. 179 bringt wieder einen Roman von J. E. Wells
Das Land Utopia (Beginn einer neuen Epoche) Die jungen Menschen des Planeten Caba rüsten zu einer Expedition in den Weltraum. Sie suchen Verbündete gegen die grausamen Chrys-Bewohner. Ermar Danh startet mit seiner Raumscheibe zu Sol, einem kleinen System am Rande der Galaktischen Union und findet ein kriegerisches, uneiniges Geschlecht – die Terraner. Wie die Menschen des Caba dieser Rasse völlig uneigennützig helfen, wie ein vorausschauender Zeitungskönig den Begriff „Das Land Utopia“ prägt, das lesen Sie in der nächsten Nummer Ihres UTOPIA-Heftes.
UTOPIA-Zukunftsroman erscheint wöchentlich im Erich Pabel Verlag, Rastatt (Baden), Pabel-Haus. Mitglied des Remagener Kreises e. V. Einzelpreis 0,60 DM. Anzeigenpreis laut Preisliste Nr. 7. Gesamtherstellung und Auslieferung: Druck- und Verlagshaus Erich Pabel, Rastatt (Baden). Alleinauslieferung für Österreich: Verbik & Pabel KG., Salzburg, Gaswerkgasse 7. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie gewerbsmäßige Weiterverbreitung in Lesezirkeln nur mit vorheriger Zustimmung des Verlegers gestattet. Gewerbsmäßiger Umtausch, Verleih oder Handel unter Ladenpreis vom Verleger untersagt. Zuwiderhandlungen verpflichten zu Schadenersatz. Für unverlangte Manuskriptsendungen wird keine Gewähr übernommen. Printed in Germany. Scan by Brrazo 01/2012 L/Be: Ge
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