Investor Relations beim Börsengang: Konzept für mittelständische Unternehmen

Malte Huchzermeier Investor Relations beim Borsengang

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Malte Huchzermeier

Investor Relations beim Borsengang Konzept fur mittelstandische Unternehmen

Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Ralf Trost

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

Dissertation Technische Unlversitat llmenau, 2006

I.Auflage Mai 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.d uv.de Das Werk einschlieSllch aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0372-0 ISBN-13 978-3-8350-0372-9

V

Geleitwort

Nach einer „Schwemme" wahrend der Zeit der letzten Spekulationsblase und einer anschlieBenden Phase der Depression ist in letzter Zeit wieder eine zunehmende Anzahl von Borsengangen (Initial Public Offerings) zu verzeichnen. Fur wachsende Unternehmen ist die Emission von Aktien eine wichtige, oft unverzlchtbare Finanzierungsquelle. Wird ein geplanter Borsengang von negativen Diskussionen uberschattet, muss die Bookbuilding-Spanne nach unten korrigiert werden oder wird gar eine Verschiebung des Borsengangs notwendig, so startet das Unternehmen seine Borsenkarriere gleich mit „bad news" und sieht sich unerfreulichen Auswirkungen auf Emissionserlos und Reputation ausgesetzt. Urn derartige Pannen zu vermeiden, ist eine zielgerichtete, effiziente Kommunikatlon mit den potentiellen Investoren unabdingbar. Dabei geht es nicht darum, „schlechte" Unternehmen „gut" zu reden; vielmehr gilt es zu verhlndern, dass „gute" Unternehmen auf Grund einer unzureichenden Informationslage ungerechtfertig „schlecht" erscheinen. Wahrend das Thema der Investor Relations fur bereits borsennotierte Unternehmen in der Literatur breit behandelt wird, sind fur die Phase der Borseneinfuhrung nur elnzelne Beitrage zu verzeichnen. Eine ganzheitliche Darstellung fehit ganz. Diese Lucke schlieBt das vorliegende Buch mit dem Fokus auf mittelstandische Unternehmen, wobei in der Definition dieses schillernden Begriffes weniger auf die ubiichen Kriterlenkataloge als auf das Emisslonsvolumen abgestellt wird. Der Autor stutzt sich hierbei nicht nur auf theoriegeleitete Uberlegungen, sondern analysiert die Gesamtheit aller 455 Borsengange aus den Jahren 1997 bis 2004. Neben der Wahl des Borsensegmentes, der Rechtsform, der Aktiengattung oder des Platzierungsverfahrens stehen Kommunikations- und Informationspolltik im Zentrum der Untersuchung. Zu ersterer gehoren Instrumente wie Geschaftsberichte, der Internetauftritt, Analystenprasentationen, Road Shows usw. Letztere versucht eine ungleich schwierigere Frage zu beantworten: Welche Inhalte sollen den Investoren ubermittelt werden, d.h. welche Sachverhalte sind fur die Investltionsentscheidung von herausragender Bedeutung? Studiert man die hierzu bisher vorhandene Literatur, so bleiben Fragen. Man konnte versucht sein zu sagen, dass praktisch jeder

VI betriebswirtschaftliche Sachverhalt wichtig ist oder zumindest wichtig sein kOnnte. Operational ist das offensichtlich nicht. Das vorliegende Werk liefert hier Orientierung, indem aus der Analyse von emissionsbezogenen Researchberichten die zentralen Entscheidungskriterien abgeleitet werden. Dabei ist es letzten Endes nahezu unerheblich, fur wie valide man diese Researchberichte im allgemeinen halt: Tatsache ist, dass die Analysten als Verfasser der Berichte entscheidende Multipllkatoren im Informationsprozess der Offentlichkeit darstellen und somit die von ihnen als wichtig erachteten Kriterien diejenigen sind, welche in erster Linie betont bzw. erklart werden sollten - sie stellen den Kern des so genannten Investment Case (der Equity Story) dar. Die Erkenntnisse munden in einem Phasenkonzept fur Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses. Somit liefert das Buch nicht nur die Grundlage fur die weitere wissenschaftliche Untersuchung des Themengebietes. Vielmehr bietet sie auch dem Praktiker einen „State of the Art"-Leitfaden fur die sachgerechte und Erfolg versprechende Kommunikation mit dem Kapitalmarkt wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses.

Ralf Trost

VII

Vorwort Die Idee fur die vorliegende Arbeit entstand im Herbst 1999, einer Zeit, in der die Euphorie mittelstandlscher Unternehmen, an die Borse gehen zu wollen, ungebremst war und die relevanten Aktienindices wochentlich neue Hochststande erreichten. Zur Halbzelt der Arbeit im Jahr 2003 hatte sich die Entwicklung ins Gegenteil verkehrt. Unternehmen gingen nur noch selektiv an die Borse, bereits borsennotierte Unternehmen en/vogen zum Tell wieder den Ruckzug vom Borsenparkett und die Aktienindices erreichten wiederum wochentlich neue Tiefststande. Die Euphorie war auf dem Boden der Realitat angekommen. Zum Ende der Arbeit im Sommer 2005 erieben Borsengange eine Renaissance, wenngleich Emittenten und Investoren sich weitaus bedachtiger verhalten als noch um die Jahrtausendwende. Wahrend dieser Berg- und Talfahrt sind neue Anforderungen und Herausforderungen an die Investor Relations entstanden, die im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. Die Arbeit wurde im Fruhjahr 2006 an der Technischen Universitat llmenau als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Ralf Trost, fur sein Vertrauen und seine UnterstiJtzung. Mit seinem fachlichen Rat und seinen kritlschen Anmerkungen hat er mir wertvolle Hinweise und Impulse fur die Bearbeitung des Themas gegeben. Eine Bereicherung war auch die auBerst angenehme und sehr freundliche Atmosphare an seinem Lehrstuhl. Herrn Prof. Dr. Dietrich von der Oelsnitz danke ich fur die Ubernahme des Zweitgutachtens und das damit bekundete Interesse an meiner Arbeit. Mein Dank gilt auch Herrn Dr. Bernd Lindemann, der als LeIter der Forschungsgruppe Investor Relations der Technischen Universitat llmenau mir stets als interessierter Diskussionspartner zur Seite stand.

Malte Huchzermeier

IX Inhaltsubersicht

Seite 1

Einleitung 1.1

2

Aktualjtat des Themas

1

1.2

Problemstellung und Ziel der Arbeit

3

1.3

Aufbau der Arbeit

7

Grundlagen 2.1

3

4

5

1

11

Eingrenzung von Begriffen

11

2.2

Definition Investor Relations

20

2.3

Theoretlsche Fundlerung der Investor Relations

22

2.4

Investor Relations und wertorientierte Unternehmensfuhrung

25

2.5

Ziele der Investor Relations

28

2.6

Organisatorische Einbindung der Investor Relations

31

Bedeutung der Bdrsensegmentanforderungen

35

3.1

Beurteilungsmadstab fur Borsensegmentanforderungen

37

3.2

Borsensegmente in Deutschland

45

3.3

Beurteilung der Borsensegmentanforderungen der Frankfurter Borse

58

3.4

Zusammenfassung

68

Kommunikationsspezifische Investor Relations

71

4.1

Kommunikationspolitik

72

4.2

Informationspolitik

90

4.3

Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik

181

4.4

Grundsatze der Kommunikations- und Informationspolitik

184

4.5

Zusammenfassung

189

Investor Relations wahrend des Borseneinfiihrungsprozesses

193

5.1

Vorbereitungsphase

194

5.2

Strukturierungsphase

206

5.3

Platzierungsphase

231

5.4

Zusammenfassung

239

X 6

7

Konzeption der Investor Relations

241

6.1

Analysephase

243

6.2

Planungsphase

244

6.3

Durchfuhrungsphase

245

6.4

Kontrollphase

246

Zusammenfassung und Ausblick

253

XI

Inhaltsverzeichnis

Seite Inhaltsverzeichnis

XI

Abbildungsverzeichnis

XVII

Tabellenverzeichnis

XIX

AbkurzungsverzeichnIs

XXI

1

2

Einleitung 1.1

Aktualltat des Themes

1

1.2

Problemstellung und Ziel der Arbeit

3

1.3

Aufbau der Arbeit

Grundlagen 2.1

3

1

Eingrenzung von Begriffen

7 11 11

2.1.1

Kapitalmarkt und Borsengang

11

2.1.2

Mittelstandische Unternehmen

12

2.1.2.1

Qualitative Klassifizierung

14

2.1.2.2

Quantitative Klassifizierung

17

2.2

Definition Investor Relations

20

2.3

Theoretische Fundierung der Investor Relations

22

2.3.1

Informationsasymmetrien

22

2.3.2

Informationseffizienz von Kapitalmarkten

24

2.4

Investor Relations und wertorientierte Unternehmensfuhrung

25

2.5

Ziele der Investor Relations

28

2.6

Organisatorische Einbindung der Investor Relations

31

Bedeutung der Borsensegmentanforderungen 3.1

Beurteilungsmafistab fur Borsensegmentanforderungen

35 37

3.1.1

LiquiditSt

38

3.1.2

Informationstransparenz

41

3.1.3

Zusammenhang zwischen LIquiditat und Informationstransparenz

44

3.2

Borsensegmente in Deutschland

3.2.1

Amtlicher Handel

45 49

XII 3.2.2

Geregelter Markt

50

3.2.3

Freiverkehr

51

3.2.4

Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse

53

3.2.5

Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse bis 2003

55

3.3

58

3.3.1

Liquiditat

60

3.3.2

Informationstransparenz

64

3.4 4

Beurteilung der Borsensegmentanforderungen

Zusammenfassung

Kommunikationsspezifische Investor Relations 4.1

Kommunlkationspolitik

4.1.1

Zlelgruppen der Kommunlkationspolitik

4.1.1.1

68 71 72 72

Multiplikatoren

73

4.1.1.1.1 Analysten

73

4.1.1.1.2

Wirtschaftsjournalisten

75

4.1.1.1.3

Aniageberater

76

4.1.1.2

Investoren

11

4.1.1.2.1

Institutionelle Investoren

77

4.1.1.2.2

Private Investoren

78

4.1.2

Kommunikationsmittel

4.1.2.1

Unpersonliche Kommunikationsmittel

80 80

4.1.2.1.1

Prospekt

80

4.1.2.1.2

Geschaftsbericht

82

4.1.2.1.3

Faktenbuch

83

4.1.2.1.4

Pressemitteilungen

83

4.1.2.1.5

Finanzanzeigen

84

4.1.2.1.6

Internet-Homepage

85

4.1.2.1.7

Fernseh- und Radiointerviews

85

4.1.2.1.8

Prasentationsvideos

86

4.1.2.1.9

Unternehmensbroschuren

86

PersOnliche Kommunikationsmittel

86

4.1.2.2

4.1.2.2.1

Unternehmensprasentationen

87

4.1.2.2.2

EInzelgesprache

88

4.1.2.2.3

Analystenprasentationen

88

4.1.2.2.4

Pressekonferenzen

88

XIII

4.2

4.1.2.2.5 Telefon-und Videokonferenzen

89

4.1.2.2.6

90

Betriebsbesuche

Informationspolitik

4.2.1

Pflichtpublizitat

90 91

4.2.1.1

Publizitatsvorschriften des Amtlichen Handels

91

4.2.1.2

Publizitatsvorschriften des Geregelten Markts

96

4.2.1.3

Going-Public-Grundsatze

97

4.2.2

Freiwillige Publizitat

101

4.2.2.1

Bedeutung des Investment Case

102

4.2.2.2

Erkenntnisstand zu Investment-Case-Kriterien

104

4.2.2.2.1

Finanzielle Kriterien

106

4.2.2.2.1.1

Ertragslage

106

4.2.2.2.1.2

Liquiditatslage

107

4.2.2.2.1.3

Finanz- und Vermogenslage

108

4.2.2.2.2

Nicht-finanzielle Kriterien

108

4.2.2.2.2.1

Branchen- und Marktentwicklung

108

4.2.2.2.2.2

Wettbewerb

109

4.2.2.2.2.3

Strategie

Ill

4.2.2.2.2.4

Mittelvenvendung

112

4.2.2.2.2.5

Management

112

4.2.2.2.2.6

Eigentumerstruktur

115

4.2.2.2.2.7

Unternehmensstruktur

116

4.2.2.2.2.8

Unternehmenshistorie

117

4.2.2.2.2.9

Produkte

118

4.2.2.2.2.10

Emissionsvolumen

119

4.2.2.2.2.11

Kunden

120

4.2.2.2.2.12

Corporate Governance

120

4.2.2.2.2.13

Investor Relations

122

4.2.2.3 Analyse zur Konkretisierung von Investment-Case-Kriterien

125

4.2.2.3.1 Auswahl beispielhafter Researchberichte

127

4.2.2.3.2

130

Methode zur Analyse von Rosearchberichten

4.2.2.3.2.1

Theoriegeleitete Voruberlegungen

132

4.2.2.3.2.2

Vorbereitung der Extraktion

133

4.2.2.3.2.3

Extraktion

133

XIV 4.2.2.3.2.4

Aufbereitung

134

4.2.2.3.2.5

Auswertung

135

4.2.2.4 Auswertung derAnalyseergebnisse 4.2.2.4.1

136

4.2.2.4.1.1

Ertragslage

136

4.2.2.4.1.2

Liquldltatslage

139

4.2.2.4.1.3

Finanz- und Vermogenslage

141

4.2.2.4.2

Nicht-finanzielle Kriterien

143

4.2.2.4.2.1

Branchen- und Marktentwicklung

143

4.2.2.4.2.2

Wettbewerb

146

4.2.2.4.2.3

Strategie

149

4.2.2.4.2.4

MittelvenA^endung

152

4.2.2.4.2.5

Management

154

4.2.2.4.2.6

Eigentumerstruktur

156

4.2.2.4.2.7

Unternehmensstruktur

157

4.2.2.4.2.8

Unternehmenshistorie

158

4.2.2.4.2.9

Produkte

159

4.2.2.4.2.10

Emissionsvolumen

164

4.2.2.4.2.11

Kunden

165

4.2.2.4.2.12

Corporate Governance

167

4.2.2.4.2.13

Investor Relations

168

4.2.2.4.3

Bedeutung der Kriterien

170

4.2.2.4.4

Fazit zur Analyse

176

4.2.2.5

5

Finanzielle Kriterien

135

Value Reporting zur Weiterentwicklung des Investment Case

179

4.3

Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik

181

4.4

Grundsatze der Kommunikations- und Informationspolitik

184

4.5

Zusammenfassung

189

Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses 5.1

Vorbereitungsphase

5.1.1

Umwandlung in eine borsenfahige Rechtsform

5.1.1.1

Rechtsformwahl

193 194 194 194

5.1.1.1.1 Aktiengesellschaft (AG)

194

5.1.1.1.2 Kommanditgesellschaftauf Aktien (KGaA)

196

5.1.1.1.3 Steuerliche Aspekte der Rechtsformwahl und -umwandlung.. 197

XV 5.1.1.2 5.1.2

Sicherstellung einer ausreichenden Eigenkapitalhohe

5.1.2.2

Empirische Evidenz zur Eigenkapitalhohe

202

5.1.2.3

Bruckenfinanzierung

203

Publizitat zum Unternehmen (kognltive Phase)

Strukturierungsphase Auswahl der Berater

205 206 206

5.2.1.1 Auswahl der Konsortialbanken

206

5.2.1.2

209

Empirische Evidenz zur Auswahl der Konsortialbanken

5.2.1.3 Auswahl sonstiger Berater 5.2.2

Borsensegmentwahl

210 212

5.2.2.1

Borsensegmente

212

5.2.2.2

Empirische Evidenz zur Borsensegmentwahl

212

5.2.3

Aktienausgestaltung

215

5.2.3.1

Moglichkeiten der Aktienausgestaltung

215

5.2.3.2

Empirische Evidenz zur Aktienausgestaltung

217

5.2.4

Emissionsstruktur

219

5.2.4.1

Parameter der Emissionsstruktur

219

5.2.4.2

Empirische Evidenz zur Emissionsstruktur

222

5.2.5

Emissionszeitpunkt

5.2.5.1

Entscheidungsfaktoren des Emissionszeitpunkts

5.2.5.2

Empirische Evidenz zum Emissionszeitpunkt

5.2.6

Publizitat zum Borsengang (affektive Phase)

Platzierungsphase

5.3.1

Platzierungsverfahren

226 226 228 230 231 231

5.3.1.1 Alternative Platzierungsverfahren

231

5.3.1.2

Empirische Evidenz zu den Platzierungsverfahren

234

Publizitat zur Notierungsaufnahme (Handlungsphase)

235

5.3.2

5.4

201 201

5.2.1

5.3

199

5.1.2.1 Anforderungen der Borsensegmente an die Eigenkapitalhohe

5.1.3 5.2

Empirische Evidenz zur Rechtsformwahl

5.3.2.1

Pre-Marketing

236

5.3.2.2

Marketing

237

5.3.2.3 Zuteilung

238

5.3.2.4

238

Sekundarmarkt

Zusammenfassung

239

XVI 6

7

Konzeption der Investor Relations

241

6.1

Analysephase

243

6.2

Planungsphase

244

6.3

Durchfuhrungsphase

245

6.4

Kontrollphase

246

6.4.1

Kontrolle der Investor Relations

246

6.4.2

Anpassung des Investment Case

252

Zusammenfassung und Ausblick

255

Anhang

259

Literaturverzeichnis

299

Quellenverzeichnis

315

XVII

Abbildungsverzeichnis

Seite Abbildung 1

BOrsengSnge in Deutschland von 1997 - 2004

2

Abbildung 2

Kapitalmarktstruktur

11

Abbildung 3

Abgrenzung mittelstandischer Unternehmen (Mid Caps)

13

Abbildung 4

Ziele fijr einen Borsengang

14

Abbildung 5

Unterscheidungsmerkmale von Investor-Relations-Deflnitionen. 20

Abbildung 6;

Investor Relations und Wertsteigerungsmanagement

26

Abbildung 7

Zielsystem der Investor Relations beim Borsengang

28

Abbildung 8

Ziele der Investor Relations

29

Abbildung 9

Interne versus externe Einbindung der Investor Relations

31

Abbildung 10

Unternehmensinterne Einbindung der Investor Relations

34

Abbildung 11

Doppelter Teufelskreis der Umsatzlosigkeit

44

Abbildung 12

Deutsche Borsenplatze und Borsensegmente

46

Abbildung 13

Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse

54

Abbildung 14

Zielgruppen der Konnmunikatlonspolltik

72

Abbildung 15

Branchenaufteilung am Neuen Markt

128

Abbildung 16

Phasen einer qualitativen Inhaltsanalyse

132

Abbildung 17

Bedeutung der Investment-Case-Kriterien

174

Abbildung 18:

Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik

181

Abbildung 19

Grundsatze der Konnmunikations- und Informationspolitik

189

Abbildung 20:

Zusammenfassende Darstellung der kommunikationsspezifischen Investor Relations

190

Abbildung 2 1 :

Rechtsformwahl

199

Abbildung 22:

Rechtsfomnwahl in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen

200

Abbildung 23:

Kommunikationsphasen (kognltive Phase)

205

Abbildung 24:

Auswahlkriterien fur Konsortialbanken

207

Abbildung 25:

Konsortialbanken mit mehrals 20 IPO-Mandaten

210

Abbildung 26:

Wechsel des Borsensegments nach Einfuhrung des

Abbildung 27:

Prime und General Standards

213

Wahl des Prime Standard versus General Standard

214

XVIII Abbildung 28:

Wahl des Segmentstandards in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen

214

Abbildung 29:

MSglichkeiten der Aktienausgestaltung

215

Abbildung 30:

Stamm- versus Vorzugsaktien

217

Abbildung 31:

Inhaber-versus Namensaktion

218

Abbildung 32:

Aktien mit und ohne Nennwert

218

Abbildung 33:

Aktien mit und ohne Nennwert im Zeitablauf

219

Abbildung 34:

Parameter der Emissionsstrnktur

219

Abbildung 35:

Borsensegmentwahl

222

Abbildung 36:

Streubesitz von 25%

222

Abbildung 37:

Streubesitzverteilung

223

Abbildung 38:

Streubesitz in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen

223

Abbildung 39:

Emissionsvolumen (drei GroBenklassen)

224

Abbildung 40:

Emissionsvolumen (elf Grofienklassen)

224

Abbildung 4 1 :

Zusammenfassende Darstellung zur Emissionsstruktur

225

Abbildung 42:

Wahl des Emissionszeitpunkts

228

Abbildung 43:

Wahl des Emissionszeitpunkts in 1997 und 2001

229

Abbildung 44:

Kommunikatlonsphasen (affektive Phase)

230

Abbildung 45:

Wahl des Platzierungsverfahrens

234

Abbildung 46:

Kommunikatlonsphasen (Handlungsphase)

235

Abbildung 47:

Phasen eines Investor-Relations-Konzepts

241

Abbildung 48:

Kontrollmoglichkeiten zur Anpassung des Investment Case

253

XIX

Tabellenverzeichnis

Seite Tabelle 1

Forschungsfelder

Tabelle 2

Notierungen in Nischensegmenten der Freiverkehrsmarkte

Tabelle 3

Anforderungen der Frankfurter Wertpapierborse (inklusive Neuer Markt und SMAX)

Tabelle 4:

5 53 59

Borsensegmentanforderungen zugunsten einer hohen Liquiditat und Informationstransparenz

69

Tabelle 5

Emissionsdaten der Borsengange 2004

70

Tabelle 6

Personliche und unpersonliche Kommunikationsmittel

80

Tabelle 7

Kommunikationsnnittel der Pflichtpublizitat und der freiwilligen Publizitat

90

Tabelle 8

Allgemeine Investment-Case-Kriterien

105

Tabelle 9

Emissionsdaten beispielhaft ausgewahlter Unternehmen

130

Tabelle 10:

Analyseraster der qualitativen Inhaltsanalyse

133

Tabelle 11:

Ergebnisse zur Ertragslage

136

Tabelle 12

Ergebnisse zur Liquiditatslage

139

Tabelle 13

Ergebnisse zur Finanz- und Vermogenslage

141

Tabelle 14

Ergebnisse zur Branchen- und zur Marktentwicklung

143

Tabelle 15

Ergebnisse zum Wettbewerb

146

Tabelle 16

Ergebnisse zur Strategie

149

Tabelle 17

Ergebnisse zur Mittelverwendung

152

Tabelle 18

Ergebnisse zum Management

154

Tabelle 19

Ergebnisse zur Eigentumerstruktur

156

Tabelle 20

Ergebnisse zur Unternehmensstruktur

157 158

Tabelle 21

Ergebnisse zur Unternehmenshistorie

Tabelle 22

Ergebnisse zu den Produkten

160

Tabelle 23

Ergebnisse zum Emissionsvolumen

164

Tabelle 24:

Ergebnisse zu den Kunden

165

Tabelle 25:

Ergebnisse zu den Investor Relations

168

Tabelle 26

Haufigkeiten der Kriterien in alien Rosearchberichten

171

XX Tabelle 27:

Haufigkeiten der Kriterien in den Zusammenfassungen

171

Tabelle 28:

Rangfolge bezuglich der HSufigkeiten genannter Kriterien

172

Tabelle 29:

HSufigkeiten und Zusammenhange der Kriterien

173

Tabelle 30:

Zusammenfassung der einzelnen Kriterienkataloge

176

Tabelle 31:

Beispielhaftes Inhaltsrasterdes Value Reportings

180

Tabelle 32:

Zielgruppengerechter Einsatz der Kommunikationsmlttel

183

Tabelle 33:

Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses

193

Tabelle 34:

Beispielrechnungen zur Hohe des vorborslichen Eigenkapitals

202

Tabelle 35:

Investor-Relations-Aufgaben wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses

240

Tabelle 36:

Konzeptphasen und Investor-Relations-Aufgaben

243

Tabelle 37:

Kriterien fur die Kontrolle von Investor-Relations-Malinahnnen

247

XXI

Abkurzungsverzeichnis

AktG

Aktiengesetz

BaFin

Bundesaufsichtsamt fur das Finanzwesen

BGBi.

Bundesgesetzblatt

BorsG

Borsengesetz

BorsenO

Borsenordnung

BorsZulV

Borsenzulassungsverordnung

DAX

Deutscher Aktienindex

DCF

Discounted Cash Flow

DIRK

Deutscher Investor Relations Kreis

DVFA

Deutsche Vereinigung fur Finanzanalyse und Aniageberatung

EBDIT

Earnings before Depreciation Interest and Tax (Gewinn/Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern)

EBIT

Earnings before Interest and Tax (Gewlnn/Ergebnis vor Zinsen und Steuern)

EBITDA

Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation (Gewlnn/Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation)

EBT

Earnings before Tax (Gewinn/Ergebnis vor Steuern)

EG

Europaische Gemeinschaft

EK

Eigenkapital

EPS

Earnings per Share (Gewinn je Aktie)

EV

Enterprise Value

F&E

Forschung und Entwicklung

FK

Fremdkapital

FWB

Frankfurter Wertpapierborse

GmbH

Gesellschaft mit beschrankter Haftung

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

XXII Hrsg.

Herausgeber

IAS

International Accounting Standards

i.d.R.

in der Regel

i.e.S.

im engeren Sinne

IFRS

International Financial Reporting Standards

IPO

Initial Public Offering (Borsengang)

IR

Investor Relations

i.V.m.

in Verbindung mit

i.w.S.

im weiteren Sinne

k.A.

keine Angaben

KGaA

Kommanditgesellschaft auf Aktien

KGV

Kurs-Gewinn-Verhaltnis

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KonTraG

Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich

KWG

Kreditwesengesetz

NASDAQ

National Association of Securities Dealers Automated Quotations (Borsensegment)

o.V.

ohne Verfasser- / Verlagsangabe

ROCE

Return on Capital Employed (Gesamtkapitalrendite)

ROE

Return on Equity (Eigenkapitalrendite)

SMAX

Small Caps Exchange

TEURO

Tausend Euro

uberarb.

uberarbeitet(e)

Univ.

Universltat

US-GAAP

Unites States Generally Accepted Accounting Principles

VerkProspG

Verkaufsprospektgesetz

VerkProspV

Verkaufsprospektverordnung

WPHG

Wertpapierhandelsgesetz

Xetra

Exchange Electronic Trading

zugl.

zugelassen(e)

1

Einleitung

1.1 Aktualitat des Themas Die Globalisierung der M^rkte, die Realisierung des europaischen Binnenmarktes und die Offnung der osteuropaischen Markte haben die okonomischen Rahmenbedingungen deutsciier Unternehmen verandert. Damit einiier ging die Notwendigkeit eines Strategiewechsels, urn im internationalen Wettbewerb bestehen zu konnen/ Fur mittelstandische Unternehmen hat der damit verbundene Wettbewerb zu einem hoheren Investitionsbedarf gefuhrt, zu dessen Finanzierung eine angemessene Versorgung mit Risiko- bzw. Eigenkapital notwendig war und ist.^ Parallel zur oben genannten Entwicklung hat die Globalisierung und Deregulierung der Kapitalmarkte die Rahmenbedingungen der Finanzierungsmoglichkeiten verandert und zu einem ebenfalls starkeren Wettbewerb um Eigenkapital gefuhrt.^ Mit der Eroffnung der Borsensegmente Neuer Markt im Jahr 1997 und SMAX im Jahr 1999 wurde eine En/veiterung des Eigenkapitalmarktes insbesondere fiir mittelstandische Unternehmen in Deutschland erreicht. Die steigende Anzahl der Borsengange seit 1997 (siehe Abblldung 1, Seite 2) wird dabei als deutliches Zeichen fur die positive Entwicklung des deutschen Eigenkapitalmarktes gewertet.* Das rucklauflge Emissionsgeschaft seit dem Jahr 2000 lag zum einen an der Verlangsamung der weltwirtschaftlichen Konjunktur in Verbindung mit einer Kapitalmarktbaisse. Zum anderen wurde der Ruckgang auf die gescheiterten Geschaftsmodelle einzelner Unternehmen und das vorsatzlich kriminelle Verhalten einiger weniger Vorstande zuruckgefuhrt.^ Letzteres hat den Ruf des Neuen Marktes und des SMAX nachhaltig geschadigt und neben der allgemeinen Kapitalmarktbaisse viele mittelstandische Unternehmen, die einen Borsengang bereits geplant hatten, eine abwartende Haltung einnehmen lassen. An der Einschatzung der Kapitalmarktteilnehmer, dass ein Borsengang fur mittelstandische Unternehmen nach wie vor ^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 95; Kaufmann, 1997, S. 140. 146; GGnther / Otterbein, 1996. S. 391. ^ Vgl. Mendel, 2005, 8. 172 f.; Riedel / Trost / Loges, 2004, S. 16; Gerke / Bank. 1999, S. 10 f. ^ Vgi. Welteke. 2000. S. 16-166; Rapp, 1996. S. 406. Zu den Strukturveranderungen am deutschen Kapitalmarkt seit 1997 vgl. auch Deutsche Bundesbank, 1998, S. 55-70. ^ Vgl. Wirtz / Salzer. 2001a, S. 5; Achleitner, 2000, S. 245, 247; Wegmann / Koch, 1999, S. 514. ^ Vgl. Steib, 2005, S. 34; o.V., 2002b, S. 613; o.V., 2002c, S. 16; Martens, 2002. S. 660.

eine wichtige Alternative der Untemehmensfinanzierung darstellt, hat diese Entwicklung jedoch nichts geandert.® Das zeigt sich auch an den zunehnnenden Forderungen nach einer Neuauflage des Neuen Marktes seit dem Jahr 2004/ Abbildung 1 veranschaulicht die Emissionstatigkeit in den Jahren 1997 bis 2004. . 30.000 n

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—•—Anzahl

Abbildung 1: Borsengange in Deutschland von 1997 -2004' Vor dem Hintergrund der oben genannten Entwicklungen haben sich auch die Rahmenbedingungen eines Borsengangs geandert. So hat zum Beispiel die Frankfurter Wertpapierborse am 1. September 2002 Going-Public-Grundsatze herausgegeben, die von den emissionsbegleitenden Banken als freiwilliger Verhaltenskodex bei Borsengangen berucksichtigt werden sollen.® Daruber hinaus hat die Frankfurter Wertpapierborse am 1. Januar 2003 eine neue Segmentstruktur eingefuhrt, um das geschwundene Vertrauen in die Qualitat und Soliditat der Borsensegmente zuruckzugewinnen.^° Beide Mafinahmen verfolgen Im Wesentlichen das Ziel, die Informationstransparenz der Unternehmen zu erhohen: zum einen durch einen Verhaltenskodex, der fur Borsengange eine einheitliche Informationsversorgung potenzieller Investoren reglementiert^\ zum anderen durch eine vereinfachte Segmentstruktur mit vereinheitlichten Anforderungen an die Unternehmenspublizltat.^^

® Vgl. Kapfer, 2002, 8. 32 f.; Schmidt, 2002, 8. 97-99. ^ Vgl. Schnell, 2005b, S. 37; dazu kritisch Raettig, 2004, 8. 23. ^ Eigene Berechnung auf Basis einer Datenbank, siehe Anhang 7, 8. 283. ® Going-Pubiic-GrundsStze, 2002. ^° BOrsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierbdrse, 2003. '' Vgl. Gebhardt, 2002, 8. 1 f. ^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2002b, S. 1 f.

Die geanderten Anforderungen an die Informationstransparenz erstrecken sich dabei auf den Informationsaustausch zwischen dem Unternehmen und der Financial Community. Die Financial Community (Finanzoffentlichkeit) umfasst alle Personen, die im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion ein berechtigtes Interesse an den Untemehmensinformationen haben. Dazu gehoren neben der Gruppe der privaten und institutionellen Investoren auch die Gruppe der Multiplikatoren, d.h. Analysten, Wirtschaftsjournalisten und Aniageberater. Die Identiflkation der relevanten Zielgruppen und Kommunikatlonsmittel (Kommunikationspolitik) und anschliefiend die zielgerichtete Informationsversorgung (Informationspolitik) sind wesentliche Aufgaben der Investor Relations.^^ 1.2

Problemstellung und Ziel der Arbeit

Zlelsetzung dieser Arbeit ist die Analyse der Investor Relations sowie Ihrer potenziellen Einsatzmoglichkeiten vor und wahrend des Borsengangs, um daraus Empfehlungen fur ein Investor-Relations-Konzept fur mittelstandische Unternehmen abzuleiten. Der Zeitraum vor und wShrend des Borsengangs erfordert eine Vielzahl von Entscheidungen und Maftnahmen, die einzelnen, voneinander abgrenzbaren Phasen zugeordnet werden konnen. Die Phasen werden im Rahmen dieser Arbeit nach ihrer chronologischen Reihenfolge in eine Vorbereitungs-, Strukturierungs- und Platzierungsphase unterteilt/"* Die Summe aller mit dem Borsengang verbundenen Phasen bildet

den

Borseneinfuhrungsprozess.^^

Nach

erfolgreichem

Abschluss

des

Borseneinfuhrungsprozesses gilt das Unternehmen als borsennotiert.^® Die Abgrenzung der Zeltraume, Borseneinfuhrungsprozess und Borsennotierung, schlagt sich auch In der wissenschaftlichen Literatur nieder. Wahrend uber die Investor Relations borsennotierter Unternehmen eine Vielzahl von Untersuchungen

^^ Vgl. Salzer. 2004, S. 3. Zur Financial Community vgl. Drill, 1995, S. 110; Link, 1994, S. 364. Zur Finanzoffentlichkeit vgl. Lindner, 1999, S. 207. Von einer Kapitalmarkt-Offentlichkeit spricht Janik, 2002, 8. 238. ^^ Vgl. ahnlich www.deutsche-b6rse.com (Listing, IPO Fahrplan); Salzer, 2004, 8. 17; Ruda / Pfeffer, 2003, 8. 26; Bruhl, 2001, 8. 192; Scherer / Bassen, 2001, 8. 722; Knorr, 2000, 8. 174; Volk, 1996, 8.10. Zu unterschiedllchen Einteilungen des Borseneinfuhrungsprozesses vgl. 8teib, 2005, S. 145. '^Vgl. Lindner, 1999, 8.19, 32. ^^ 8iehe auch Kapitel 2.1.1, 8. 11.

vorliegt/^ nicht zuletzt wegen der leichten Verfugbarkeit von Veroffentlichungen, gibt es zu den Investor Relations von Untemehmen wahrend des Borseneinfijhrungsprozesses nur wenige Studien.^^ Aufier am Zeitraum orientieren sich wissenschaftliche Untersuchungen zu den Investor Relations weiterhin an deren Unterteilung in kommunikations- und finanzspezifische Aufgaben: -

Die

kommunikationsspezifischen

Aufgaben

unterteilen

sich

in

die

der

Kommunikations- und der Informationspolitik: -

Inhalt der Kommunikationspolitik ist die Informationsweitergabe, d.h. die Identlfikation der Zielgruppen, der Kommunikationsmittel und des Kommunikationszeitpunkts.^®

Die

Kommunikationspolitik

sowohl

wahrend

des

Borseneinfuhrungsprozesses als auch wahrend des Zeitraums der Borsennotierung ist weitestgehend analysiert und dokumentiert.^° -

Die Informationspolitik befasst sich mit den Informationslnhalten, zu denen die der gesetzlichen Pflicht-Publizitat und der freiwilligen Publizitat gehoren.^^ Die Inhalte der Pflicht-Publizitat werden durch Gesetze, Verordnungen oder Richtlinien bestimmt, so dass sich ein Forschungsbedarf nur aufgrund neuer Normvorgaben erglbt (z.B. EInfuhrung der Going-Public-Grundsatze).^^ Fur die Inhalte der freiwilligen Publizitat existiert hingegen ein Ermessenssplelraum, der insbesondere fur den Borseneinfuhrungsprozess bisher kaum untersucht worden ist.^^

-

Die finanzspezifischen Aufgaben unterteilen sich in die der Distribution (Wahl der Konsortialbanken und des Borsensegments), der Produktausgestaltung (Wahl der Aktiengattung, der Aktienart, des Aktienwertes) und die der Preisbestimmung (Wahl des Platzierungsverfahrens).^"* Aufgrund der wiederum normativen Vorga-

Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001a. S. 29-33, die einen Oberblick uber den Stand der Forschungsarbeiten geben. Vgl. auch Hartmann, 1968, der sich als Erster mit den Investor Relations in Deutschland auseinander gesetzt hat. ^® Vgl. die Untersuchungen von Lindner, 1999 und Hinz / Schmeisser, 2001. Vgl. auch die ausschliedlich deskriptiven Darstellungen von Biattchen / Jacquillant, 1999; Koch / Wegmann, 1998. ^® Siehe Kapitel 2.2, 8. 20 zur Definition der Investor Relations. ^° Vgl. insbesondere Lindner, 1999, auch Hinz / Schmeisser, 2001, die die Bedeutung der Zielgruppen und Kommunikationsmittel wahrend des BSrseneinfuhrungsprozesses analysieren. ^^ Siehe Kapitel 2.2, S. 20 zur Definition der Investor Relations. ^^ Siehe Kapitel 4.2.1, S. 91 zur Pflichtpublizitat. ^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2, S. 104. ^^ Siehe Kapitel 2.2, S. 20 zur Definition der Investor Relations.

ben seitens des Gesetzgebers und der einzelnen Borsensegmente sind diese Aufgaben in soweit analysiert und dokumentiert, wie diese Veranderungen unterliegen (z.B. Zulassung und damit Wahl von nennwertlosen Aktien).^^ Wenig Beachtung haben bisher weitere Aufgaben des Borseneinfuhrungsprozesses erfahren, die Implikationen fur die Investor Relations aufweisen und uber den oben genannten, definitorischen Rahmen hinausgehen (z.B. Zulassung und damit Wahl der GmbH & Co. KGaA als Rechtsform).^® Fur die konzeptionelle Zusammenfuhrung der einzelnen Aufgaben in die Idealtypischen Phasen der Analyse, Planung, Durchfuhrung und Kontrolle llegt eine Vlelzahl theoretisch-deskriptiver Arbeiten vor.^^ Empirische Analysen befassen sich in diesem Zusammenhang insbesondere mit der Kontrollphase und der damit verbundenen eingeschrankten Operationalisierbarkeit und Messbarkeit getroffener InvestorRelations-Mafinahmen.^® Tabelle 1 fasst noch einmal die Aufgaben der Investor Relations zusammen und grenzt die zuvor genannten Forschungsfelder voneinander ab.

V^^^^^^^^

Forschung umfangreich

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHlHForschung zum Teil veraltet 1

I Forschungsfelder

Tabelle 1: Forschungsfelder

Vgl. hierzu Hinz / Schmeisser, 2001; Lindner, 1999; Schieber / Muller, 1998 und 1999, die sich in ihren Analysen auf finanzspezifische Aufgaben wShrend des B5rsengangs beschrSnken. •® Siehe auch Kapitel 5.1.1, S. 194. •Wgl. Achleitner / Bassen, 2001, 8. 27; Kirchhoff, 2001, 8. 806; Drill, 1995, S. 215; Durr, 1995, 8. 147-152 •® Vgl. Salzer, 2004; Tiemann, 1997, die die Erfolgsmessung bzw. Qualitat der Investor Relations untersuchen.

Im Rahmen dieser Arbeit sollen drei Forschungsfelder naher untersucht werden: -

Finanzspezifische Aufgaben (Distribution: Wahl des Borsensegments): Mit der Einstellung des Neuen IVIarktes und des SMAX sind von der Deutsche Borse AG der Prime und General Standard als neue Segmente eingefuhrt worden, die nicht annahernd an den Erfolg der zuvor genannten heranrelchen. Insbesondere fur mittelstandische Unternehmen wird der Ruf nach einer Neuauflage des Neuen Marktes lauter bzw. werden bereits in den Freiverkehrsmarkten der klelneren Reglonalborsen neue Borsensegmente eroffnet.^® Ein Schwerpunkt dieser Arbeit beinhaltet die theoretische Analyse der neuen Borsensegmentstruktur und einen Verglelch mit der alten. Auf Basis zuvor definierter Kriterien werden die Anforderungen der Segmente miteinander vergllchen, um Aussagen zu deren Attraktivltat und damit Akzeptanz seitens der Financial Community treffen zu konnen. Das Zlel ist die Ableitung von Empfehlungen, die mittelstandische Unternehmen bei der Wahl des Borsensegments unterstutzen (Kapitel 3). In Abgrenzung zu den anderen finanzspezifischen Aufgaben (siehe drifter Spiegelstrich) wird die Analyse der Borsensegmentstrukturen vorangestellt, da diese in den letzten Jahren grundlegenden Veranderungen mit Implikationen fur die anderen Forschungsfelder unterlagen.

-

Kommunikationsspezifische Aufgaben (Inhalte des Investment Case im Rahmen der freiwilligen Informationspolitik): Wahrend die Informationsinhalte der Pflichtpublizitat In den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen eindeutig bestimmbar sind, gibt es fur die Inhalte der freiwilligen Informationspolitik keine Vorgaben. BIsherige Analysen beruhen in der Regel auf Befragungen einzelner Gruppen innerhalb der Financial Community und liefern Ergebnisse zu deren Informationsanforderungen. Der Nachteil dieser Untersuchungen ist, dass sie sich auf bereits borsennotierte Unternehmen beschranken und nur Teilaspekte der Informationspolitik abdecken.^° Im Rahmen dieser Arbeit ist jedoch insbesondere der Investment Case von Interesse, der die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens beschreibt und wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses das zentrale Verkaufsargument der Informationspolitik darstellt. Auf Basis einer textanaly-

^ Vgl. Schnell, 2005b, S. 37; M:access, 2005. Vgl. hierzu die Zusammenfassung von Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001a, S. 29-33. Die Untersuchungen beschrSnken sich auf die Inhalte ausgewahlter Kommunikationsmittel wie z.B. den internet-Auftritt Oder den GeschSftsbericht. Siehe auch Kapitel 4.2.2.2, S. 104.

tischen Methode werden die Kommunikatlonsmittel (Researchberichte) von acht Borsenaspiranten nach ubergeordneten Investment-Case-Kriterien beispielhaft untersucht. Das Ziel ist die Herleitung eines Katalogs moglicher Investment-CaseKriterien, den potenzielle Emittenten benutzen konnen, urn eine Indikation fur Inhalt und Umfang ihres eigenen Investment Case ableiten zu konnen (Kapitel 4). -

Finanzspezifische und sonstige Aufgaben wahrend des Borseneinfiihrungsprozesses: Die bisherigen Ergebnisse empirlscher Untersuchungen beschr^nken sich auf einzelne Aufgaben der finanzspezifischen Investor Relations.^^ Sonstige Aufgaben des Borseneinfuhrungsprozesses, die Auswirkungen auf die Investor Relations haben, werden in der Regel ausschlielilich deskriptiv dargestellt.^^ Vor dem Hintergrund einer ganzheltlichen Betrachtung des Borseneinfuhrungsprozesses werden im Rahmen dieser Arbeit alle finanzspezifischen und sonstigen Aufgaben mit Relevanz fur die Investor Relations dargestellt und bezuglich ihrer empirischen Evidenz untersucht. Die Untersuchung bezieht sich dabei auf eine Datenbankanalyse, die Emissionsdaten der Borsengange von 1997 bis 2004 berucksichtigt. Das Ziel ist die Ableitung von Empfehlungen zu finanzspezifischen und

sonstigen

Aufgaben

aufgrund

der

Erfahrungen

vorangegangener

BGrsengange (Kapitel 5). Das Buch richtet sich an Dozenten und Studenten der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzierung, insbesondere Kapitalmarkt und Investor Relations. Ebenso werden Praktiker angesprochen, die einen Borsengang planen oder bei einem solchen beratend tatig sind. 1.3

Aufbau der Arbeit

Die Gllederung der Arbeit gestaltet sich wie folgt: -

Kapitel 2 beinhaltet die theoretischen Grundlagen und definiert, was im Rahmen dieser Arbeit unter mittelstandischen Unternehmen und Investor Relations zu verstehen ist. Als theoretische Grundlagen der Investor Relations werden die Informationsasymmetrien zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und die Informationseffizienz von Kapitalmarkten eriautert. In diesem Zusammenhang werden

^^ Vgl. Lindner, 1999, der die finanzspezifischen Aufgaben der BOrsengange von 1994 bis 1997 analysiert. Vgl. auch Hinz / Schmeisser, 2001; Schieber / Mijller, 1998 und 1999. ^^ Vgl. Scherer / Bassen. 2001; Wirtz / Salzer, 2001a, S. 6.

8 auch die Ziele eines Borsengangs und der Investor Relations beschrleben. Abschliefiend wird die organlsatorlsche EInordnung der Investor Relations in ein Unternehmen dargestellt. In Kapitel 3 werden zunachst Kriterien zur Beurteilung von Borsensegmenten hergeleitet. Anschliedend wird die neue Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse selt dem 1. Januar 2003 beschrleben und mit der vorherigen, bestehend aus Neuem Markt und SMAX, verglichen. Auf Basis der zuvor hergeleiteten Kriterien werden die einzelnen Segmente bzgl. ihrer Attraktivitat fur mittelstandische Unternehmen beurteilt. Der theoretische Tell der Kriterienherleitung dient dabei auch zunn Verstandnis der Besonderheiten von Investor Relations in Verbindung mit einem Borsengang. Kapitel 4 befasst sich mit der Ausgestaltung der Kommunikations- und Informationspolltik. Als wesentliche Bestandteile der Kommunikationspolitik werden die Zielgruppen und Kommunikationsmittel dargestellt und eriautert. Im Rahmen der Informationspolitik werden insbesondere die in der Literatur diskutierten Kriterien eines Investment Case vorgestellt. Um detailliertere Erkenntnisse zu den Kriterien eines Investment Case zu erhalten, werden auf Basis einer textanalytischen Methode die Kommunikationsmittel (Researchberichte) von acht Unternehmen beispielhaft analysiert, die in den Jahren von 1997 bis 2004 einen Borsengang durchfuhrten. Die Darstellung der Ergebnisse berucksichtigt dabei sowohl die Informationsinhalte der einzelnen Kriterien als auch deren Bedeutung untereinander. Kapitel 5 beschreibt die Phasen des Borseneinfuhrungsprozesses. Ihnen werden die finanzspezifischen Aufgaben (Distribution, Aktienausgestaltung, Preisfeststellung) der Investor Relations zugeordnet. Daruber hinaus werden auch andere Aufgaben des Borseneinfuhrungsprozesses betrachtet, sowelt diese eine Relevanz fur die Investor Relations aufweisen. Die einzelnen Aufgaben beinhalten unterschiedliche Entscheidungsalternativen (z.B. Auswahl zwischen mehreren Borsensegmenten und Rechtsformen). Um eine Aussage zur empirischen Evidenz unterschiedlicher Entscheidungsalternativen treffen zu konnen, wurde eine Datenbank mit den entsprechenden Emissionsdaten der Borsengange von 1997 bis 2004 aufgebaut. Der theoretischen Darstellung einzelner Aufgaben werden somit die Entscheidungen der Emittenten von insgesamt 455 Borsengangen gegenubergestellt.

9 -

In Kapitel 6 werden die zuvor gefundenen Ergebnisse in einem InvestorRelations-Konzept zusammengefasst. Das Konzept basiert dabei auf den idealtypisclien Pliasen der Analyse, Planung, Durchfuhrung und Kontrolle.

-

Kapitel 7 beinhaltet eine Zusammenfassung der Arbeit und einen Ausblick bzgl. weiterer moglicher Forschungsfelder.

Die Arbeit beschSftigt sich ausschliefilich mit den Mafinahmen bis zur Notierungsaufnahme

(Borseneinfuhrungsprozess).

Auf weitere

Malinahmen

der

Investor

Relations, die erst nach der Notierungsaufnahme relevant sind (Borsennotierung), wird nicht eingegangen.

11

2

Grundlagen

2.1 Eingrenzung von Begriffen 2.1.1 Kapitalmarkt und Bdrsengang Der Finanzmarkt lasst sich in den Geld-, Kapital- und Kreditmarkt unterteilen, deren Zusammenhange In Abblldung 2 dargestellt sind. Der Kapitalmarkt umschreibt den Handel mit langfristigen Finanzierungsmittein, die in wertpapierrechtllch verbriefter Form auftreten und schuld- oder beteillgungsrechtllchen Charakter aufweisen. Zum Kapitalmarkt im weiteren Sinne, der auch als nicht organisierter Kapitalmarkt bezeichnet wird, gehoren alle Kredit- und Beteiligungstransaktionen, die nicht uber Banken oder Borsen abgewickelt werden. Der Begriff des Kapitalmarktes Im engeren SInne wird auch als Synonym fur einen Wertpapiermarkt verwendet.^^ Dabel handelt es sich um einen organisierten Kapitalmarkt, der von Banken und Borsen koordiniert wird. Dieser lasst sich in den Renten- und den Aktienmarkt unterteilen.^ Finanzmarkt 1

Geldmarkt

Kapitalmarkt

Kreditmarkt

1

1 1 Kapitalmarkt Kapitalmarkt 1 1 im weiteren Sinne 1 1 im engeren Sinne nicht organisierter 1 1 Kapitalmarkt | 1

organisierter Kapitalmarkt 1

1

1

Rentenmarkt

Aktienmarkt

1 Primarmarkt

Sekundarmarkt

U- Bdrsengang Abbildung 2: Kapitalmarktstruktur^'

^^ Zu Wertpapiermarkten vgl. auch § 1 Abs. 5 BdrsG i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 WpHG. ^ Vgl. Bittner, 1997, 8. 6 f.; Perridon / Steiner, 1993, S. 157 f.; Hartmann, 1968, S. 89. ^^ In Aniehnung an Bittner, 1997, S. 7; ahnlich Salzer, 2004, S. 20.

12 Wenn im Folgenden der Begriff Kapitalmarkt oder Wertpapiermarkt verwendet wird, bezieht sich dieser ausschliefllich auf den Aktienmarkt. Der Aktienmarkt wird in den Primer- und den SekundSmriarkt unterteilt (siehe Abbildung 2, Seite 11). Es handelt sich dabei urn eine ausschliefilich sprachliche Unterteilung des gleichen Marktes. Am Primarmarkt erfolgt die Einfiihaing bzw. das Angebot neuer Aktien zu einem zuvor festgelegten Prels (Primarmarkthandel). Werden diese neuen Aktien von Investoren nachgefragt und gekauft (gezeichnet), so gehen sie direkt in den Sekundarmarkt uber. Der Sekundarmarkt zeichnet sich durch einen fortlaufenden Handel aus, so dass eine regelmaRige Bewertung und Kursfeststellung der Aktien erfolgen kann (Sekundarmarkthandel).^® Unter einem Borsengang, im englischen Sprachgebrauch auch Going Public oder Initial Public Offering (IPO) genannt, versteht man die erstmalige Einfuhmng (auch Emission, Platzierung, Notierungsaufnahme) von Aktien auf einem Primarmarkt. Mit der erfolgreichen Platzierung der Aktien werden die aktuellen Kurse von der entsprechenden Borse fortlaufend festgestellt und veroffentlicht (Borsennotierung).^^

2.1.2 Mittelstandische Unternehmen Im Rahmen dieser Arbeit werden mittelstandische, nicht-borsennotierte Unternehmen untersucht, die nach der Platzierung der Aktien als borsennotiert gelten. Zur Klassifizierung mittelstandischer Unternehmen vor und wahrend des Borsengangs sind somit die belden Zustande der Nicht-Borsennotierung und der Borsennotierung voneinander zu unterscheiden. Unanhangig von der objektiven Notierung an einer Borse lassen sich nicht-borsennotierte und borsennotierte Unternehmen auch anhand von subjektiven, qualitativen Kriterlen voneinander unterscheiden: -

Die qualitativen Kriterlen beruhen bei nicht-borsennotierten Unternehmen auf den eingeschrankten Mogllchkeiten der externen Kapitalbeschaffung und der Einheit von Leitung und Kapltal.^

-

Bei borsennotierten Unternehmen konkretlsieren sich die qualitativen Kriterien in den Zielen eines Borsengangs.^® Diese stehen den zuvor genannten Kriterien

^ Vgl. Rasch, 1996, S. 28; auch Steib, 2005, S. 20. ^^ Vgl. Salzer, 2004, S. 16; Achleitner, 2000, S. 240 f.; Lindner, 1999, S. 19. ^ Vgl. Riedel / Trost / Loges, 2004, S. 17; Gerke / Bank / Neukirchen, 1995, S. 13. ^® Vgl. RodI /Zinser, 1999, S. 91; Schieber / Muller, 1999, S. 11 f.

13 nicht-borsennotierter Unternehmen entgegen, d.h. sie beziehen sich auf verbesserte Moglichkeiten der extemen Kapitalbeschaffung und eine Trennung von Management und Kapitalgebern. Daruber hinaus sind mittelstandische Unternehmen nach ihrer Grode gegenuber „kleinen" und „gro(ien" Untemehmen abzugrenzen. Aus dem engljschen Sprachgebrauch haben sich auch die Bezeichnungen „Small Caps" fur kleine, „Mid Caps" fur mittlere und „Large Caps" fur groRe Unternehmen in Deutschland eingeburgert/° In diesem Zusammenhang werden Groflenklassifizierungen sowohl nicht-borsennotierter als auch borsennotierter Unternehmen nach quantitativen Kriterien vorgenommen, fur die keine einheitlichen Abgrenzungskriterien existieren: -

Als quantitative Kriterien nicht-borsennotlerter Unternehmen werden Bandbreiten zum Umsatz, zur Bllanzsumme und zur Mitarbelteranzahl herangezogen/^

-

Bel

borsennotierten

Unternehmen

dienen

als

quantitative

Kriterien

die

Borsenkapitalislerung Insgesamt, errechnet aus dem Produkt der Anzahl aller ausstehenden Aktien und dem Aktienkurs, und die Borsenkapitalislerung der nur im Streubesitz befindlichen Aktien (Emisslonsvolumen), die sich einzein oder gemelnsam in bestimmten Bandbreiten bewegen/^ In Abbildung 3 sind die Abgrenzungskriterien noch einmal dargestellt. borsennotiert

nicht-borsennotiert

CO ' C

> c

cr

unabhangig von der UntemehmensgroBe

kleine Untemehmen Small Caps mittlere Untemehmen Mid Caps groBe Untemehmen Large Caps

-

eingeschrankte Moglichkeiten extemer Kapitalbeschaffung Einheit von Leitung und Kapital

-

Umsatz Bilanzsumme Mitarbelteranzahl

Ziele eines Borsengangs untemehmensbezogene Ziele eigentumerbezogene Ziele

-

Borsenkapitalislerung insgesamt Borsenkapitalislerung nur des Streubesitzes

Abbildung 3: Abgrenzung mittelstandischer Unternehmen (Mid Caps)

^"^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 96; Flach / Wilhelm, 1997, S. 99; Rasch, 1996, S. 70. ^'^ Vgl. Brockmann, 2005, S. 39 f.; Lindemann / Schmidt / Sturm, 1998, S. 11 f. ^^ Vgl. Pietzsch, 2004, S. 254; Rasch, 1996, S. 70-77.

14 Im Rahmen dieser Arbeit werden zur Eingrenzung mittelstandischer Untemehmen als qualitative Kriterien die Ziele eines B6rsengangs zu Grunde gelegt. Die Kriterien geben Aufschluss uber den Status quo und die Motivation, einen BGrsengang zu planen. Bei der Festlegung quantitativer Kriterien werden die korrespondierenden Grofieneinteilungen borsennotierter Unternehmen herangezogen. In den beiden nachfolgenden Kapitein werden diese Eingrenzungen n^her erlSutert. 2.1.2.1 Qualitative Klassifizierung Die qualitative Klassifizierung orientiert sich an den Zielen, die mittelstdndische Unternehmen mit einem Borsengang verfolgen. Diese lassen sich in unternehmensbezogene und eigentumerbezogene Ziele unterteilen (siehe Abbildung 4)/^ Ziele eines Borsengangs

1

1

1

Unternehmensbezogene Ziele - Wachstumsfinanzierung - Eigenkapitalstarkung - Gewinnung von Fuhrungskraften - Emission weiterer Finanzierungsinstrumente - Steigerung des Bekanntheitsgrades - Mitarbeiterbeteiligung

Eigentumerbezogene Ziele - Untemehmensnachfolge - Vermogensdiversifikation - Exit einer Venture-Capitai-Gesellsciiaft Oder Spin-off eines Konzerns

Abbildung 4: Ziele fur einen Borsengang Die unternehmensbezogenen Ziele beinhalten im Einzelnen: -

Das Hauptmotiv fur einen Borsengang ist die Finanzierung des kurz- und mittelfristlgen Unternehmenswachstums. Dazu zahlen zum einen En/veiterungsinvestitionen im Rahmen des Internen Wachstums, beispielsweise der Ausbau der Produktions- und Vertriebskapazitaten, der Aufbau neuer Geschaftsbereiche und die Weiterentwicklung bestehender sowie die Entwicklung neuer Produkte. Zum anderen wird das externe Wachstum durch die Finanzierung von Akquisitionen und Beteillgungen unterstutzt. Fur die Ubernahme anderer Unternehmen ermoglicht der Borsengang neben der Barbezahlung zusStzlich die Mogllchkeit, die

Vgl. R6dl /Zinser, 1999, S. 91. Die Hierarchisierung der unternehnnens- und eigentumerbezogenen Ziele berulit auf den Ergebnissen einer Befragung des Deutschen Aktieninstituts unter alien deutschen Neuemittenten der JahrgSnge 1994 bis 1998, vgl. Schieber / Muller, 1999, S. 11 f.

15 eigenen Aktien als Akquisitionswahrung einzusetzen, d.h., den VerkSufern werden Aktien des eigenen Untemehmens angeboten/"* Die Eigenkapitalstarkung dient der Finanzierung des langfristigen Unternehmenswachstums. Durch die verbesserte Eigenkapitalquote wird die Finanzierungsflexibilitat erhoht. Insbesondere fur mittelstandische Unternehmen wird eine geringe oder rucklaufige Eigenkapitalquote zum limitierenden Faktor, urn notwendige Investitionen finanzieren zu konnen. Die Eigentumer konnen entweder die erforderjichen Eigenmittel nicht aufbringen oder sind nicht bereit, ihr ganzes Vermogen ausschliefllich an das Risiko des Untemehmens zu binden. Das uber den Borsengang zuflieliende Eigenkapltal erhoht daruber hinaus die Kreditwurdigkeit und verringert die Kapitalkosten gegeniiber Fremdkapitalgebern (hohe Eigenkapitalquote und niedrlger Verschuldungsgrad)/^ Durch den Borsengang wird das Unternehmen in der Offentlichkeit starker wahrgenommen und lenkt damit die Aufmerksamkeit potenzieller Fuhrungskrafte auf sich. Daruber hinaus konnen leistungsorientierte und am Borsenkurs ausgerichtete Vergutungssysteme als Anreiz angeboten werden/® Mit der Borsennotierung erschliefit sich das Unternehmen eine Vielzahl weiterer Moglichkeiten, um den Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen. Dazu gehoren sowohl weitere Kapitalerhohungen als auch die Emission anderer Finanzierungsinstrumente wie z.B. Wandelanleihen."*^ Das Interesse der Offentlichkeit an einem Unternehmen ist in der Regel zu keinem anderen Zeitpunkt so hoch wie zum Borsengang. Dem Unternehmen bietet sich die einzigartige Chance, den Bekanntheitsgrad und das Image zu verbessern. Letzteres hat einen entscheidenden Einfluss auf die Nachfrage und Qualitat potenzieller Investoren. Daruber hinaus wirkt sich die Steigerung des Bekanntheitsgrades positiv auf das operative Geschaft aus, zum einen, weil sich die gesteigerte Aufmerksamkeit auch auf die Produkte erstrecken kann, und zum anderen, weil die Wahrnehmung als borsennotiertes Unternehmen eine hOhere Reputation verleiht/®

^* Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 721; Achleitner, 2000, S. 241; Lindner, 1999, S. 28 f. ^^ Vgl. Schmidt, 2002, S. 98; Zacharias, 2000, S. 50 f.; Flach / Wilheim, 1997, S. 102. ^® Vgl. Deutsche Borse AG, 2003, S. 26; Kirchhoff, 2000, S. 38; Lindner, 1999, S. 31. ^^ Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 721; Krystek / Muller, 1993, S. 1785 f. ^® Vgl. Achleitner, 2000, S. 242.

16 -

Die B6rsennotierung und die dadurch bedingte hohe Fungibilitdt der Aktien erleichtert in der Regel eine transparente und relativ unproblematische Beteiligung der Mitarbeiter am Unterneiimen. Von einer Beteiligung der Mitarbeiter versprechen sich die Unternehmen eine verbesserte Arbeitsmotivation und eine eriiChte Identifikation mit den Unternehmenszielen.'*®

Die eigentumerbezogenen Ziele sind: -

Ein wichtiges Ziel fur die EigentQmer ist die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Der BGrsengang, verbunden mit einer Anderung der Rechtsform, schafft die notwendigen Voraussetzungen zur Trennung von Kapitalgeber und Managementfunktionen. Die anschJieliende Rekrutierung qualifizierter Fuhrungskrafte wird durch die BOrsennotierung erleichtert. Die so gewonnenen Fuhrungskrafte kGnnen mittel- bis langfristig In die obersten FQhrungsaufgaben hineinwachsen und somit die KontinuitSt der UnternehmensfQhrung gewahrleisten.®°

-

Gleichzeitlg er6ffnet der B6rsengang den Eigentumern bzw. deren Nachkommen und Erben die M6gllchkelt, sich sukzessive von dem Unternehmen oder ihrer Beteiligung zu trennen. Das Unternehmen wird somit unabhSngig von der Person bzw. Famine des Grunders und erfShrt dadurch eine weltere Unterstutzung In der Trennung zwischen Kapitalgeber- und Managementfunktionen. Daruber hinaus haben die Altgesellschafter und deren Erben die M6gllchkeit, durch die teilweise Verauderung von Aktien die dafur zufliefienden liquiden Mittel zur Risiko- und VermGgensdiversifikation in anderen Werten anzulegen.^^

-

Neben den Eigentumern bzw. deren Erben kommen auch andere Gruppen von Eigentumern in Betracht, die sich Im Zuge einer BGrseneinfuhrung ganz oder teilweise von Ihrer Beteiligung trennen. Dazu gehoren Konzerngesellschaften, die einzelne Tochtergesellschaften z.B. als Spin-off an die Borse bringen, sowie Venture-Capital-Gesellschaften, die sich von erfolgreichen Beteillgungen trennen und dabei Kapitalgewlnne reallsieren wollen. Als weiterer moglicher Verauflerer kommt auch der Staat, d.h. Bund, Lander, Gemelnden und andere offentllche Korperschaften, in Frage.®^

*^ Vgl. Deutsche BOrse AG, 2003, S. 27; Schmidt. 2002, S. 98 f. ^ Vgl. Deutsche Bbrse AG, 2003, S. 26; Zacharias, 2000, 8. 52 f.; Rasch, 1996, S. 49 f. ^^ Vgl. Bessler/ Kurth /Thies, 2001, S. 230; Achleitner, 2000, S. 242; Lindner, 1999, S. 30. ^^ Vgl. Wirtz / Salzer, 2001 a, S. 8; R6dl / Zinser, 1999, S. 95 f.

17 2.1.2.2 Quantitative Klassifizierung Von den quantitativen Kriterien bbrsennotierter Unternehmen wird die Kapitalisierung der im Streubesitz befindlichen Aktien ann hSufigsten herangezogen.^^ Die Kapitalisierung des Streubesitzes errechnet sich aus dem Produkt des Aktienkurses und der Anzahl der Aktien, die von Publikumsaktionaren gehalten werden. Wahrend eines BOrsengangs wird die Kapitalisierung des Streubesitzes auch Ennissionsvolunnen genannt. Ein hohes Emissionsvolumen gew^hrleistet eine hohe Umschlagsfrequenz der Aktie und damit einen kontinuierlichen BSrsenhandel.^ Unternehmen mit hohen operativen Umsatzen, einer hohen Bilanzsumme Oder Mitarbeiterzahl, aber niedriger Kapitalisierung des Streubesitzes sind fQr den BGrsenhandel weniger interessant. Auch eine hohe BGrsenkapitallsierung aller Aktien sagt nur wenig uber den BOrsenhandel aus, wenn das Aktienkapltal mehrheitllch von einem Oder wenigen MehrheitsaktionSren gehalten wird. Insbesondere Banken und BGrsen, die an den Provislonen aus dem BOrsenhandel verdienen, beurteilen Unternehmen nach ihrem Emissionsvolumen. HIntergrund einer solchen EinschStzung ist, dass sich fQr Banken und BGrsen der mit dem Handel verbundene Aufwand erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen lohnt. Das hat zur Konsequenz, dass die emissionsbegleitenden Banken erst ab einem kritischen Emissionsvolumen an einer Begleitung von Unternehmen wShrend des B6rseneinfOhrungsprozesses Interessiert sind.^® Eine einheitllche Grenze fur Emissionsvolumina, ab der sich ein B5rsengang lohnt, gibt es nicht bzw. wird in Abhangigkeit von den Renditevorgaben einzelner Banken unterschiedlich ausfallen. Eine in der Literatur vorgestellte Einteilung legt die Grenze bei Euro 25 Mio. fest, die auch im Rahmen dieser Arbeit unterstellt wird.^ Mittelstandische Unternehmen werden demnach wie folgt abgegrenzt: Unternehmen mit einem Emissionsvolumen von Euro 25 Mio. bis Euro 250 Mio. werden als „Mid Caps" bezeichnet, mit Werten unterhalb dieser Bandbreite als „Small Caps" bzw. daruber als ..Large Caps".^^

^^ Vgl. Traub, 2000, S. B10; Rasch, 1996, S. 73. ^SieheKapitel 3.1.1,8.38. ^^ Vgl. Wiesmann / Gossler / Harder, 2001, S. 52; Traub, 2000, S. BIO; R6dl / Zinser. 1999, S. 129. ^ Der Median des Emissionsvolumens aller BOrsengSnge von 1997 bis 2004 lag bei Euro 39 Mio., der Durchschnitt bei Euro 119 Mio. Siehe Kapitel 5.2.4.2, S. 222. ®^ Vgl. hierzu den Uberblick von Rasch, 1996, S. 72 f. Zu einer anderen Einteilung, die sich an der institutioneller Investoren orientiert vgl. Pietzsch, 2004, S. 254 f., die Mid Caps zwischen Euro 100 Mio. und Euro 1.000 Mio. einordnet (Small und Large Caps darunter bzw. daruber).

18 Urn fur ein Untemehmen eine ungef^hre Grodenordnung des zukunftigen Emissionsvolumens zu erhalten, wird zun^chst eine AbschStzung der zu erwartenden Borsenkapjtalisierung vorgenommen. Anschliefiend wird in Abhangigkeit vom angestrebten Streubesitz das zu en/vartende Emissionsvolumen bestimmt. Eine Abschatzung der zu erwartenden Borsenkapitalisierung geschieht dabei auf Basis einer Multiplikatoren-Bewertung.^ Die zentrale Annahme einer Bewertung von Unternehmen auf Basis von Multiplikatoren geht davon aus, dass die Relation von ReferenzgroRen (z.B. Umsatz) zur Borsenkapitalisierung unter Vergleichsunternehmen (Peer Group) vergleichbar ist. Ein Umsatzmultiplikator von z.B. 2,0 auf Basis des geplanten Umsatzes eines bestimmten Jahres (in der Regel des Jahres nach der BorseneinfiJhrung) besagt, dass das Vergleichsunternehmen mit dem zweifachen Umsatz des entsprechenden Jahres an der Borse bewertet wird. Durch die Anwendung des Multiplikators der Vergleichsunternehmen auf die Referenzgrode des zu bewertenden Unternehmens wird dessen Unternehmenswert (Borsenkapitalisierung) bestimmt.^^ Der Multipllkator entspricht dem Quotienten aus Borsenkapitalisierung und Referenzgrofle, bezogen auf einen bestimmten Zeitraum ti: Multiplikatoft,= Borsenkapitalisierung Referenzgrolie in t^ Das Verhaltnis des Emissionsvolumens zur Borsenkapitalisierung entspricht dem prozentualen Anteil der im Streubesitz gehandelten Aktien zur Anzahl aller Aktien des Unternehmens: Emissionsvolumen .-^-, Borsenkapitalisierung = -r-—^ .. • »/ ^ ^^0 % ^ ^ Streubesitz in % Bei Kenntnis des geforderten Emissionsvolumens, des angestrebten prozentualen Anteils des Streubesitzes und des Multiplikators von Vergleichsunternehmen kann die Referenzgrofie errechnet werden: r Emissionsvolumen

x100 L Streubesitz in % Referenzgrolie t^= — Multipllkator t ^

»]

Das nachfolgende Beispiel berechnet eine Umsatz-ReferenzgroBe unter der Annahme eines Emissionsvolumens von Euro 25 Mio. Der prozentuale Anteil des

^ Vgl. Bessler / Kurth / Thies, 2001, 8. 237 f.; ROdJ / ZInser, 1999, S. 125. ^^ Vgl. Schwetzler. 2001, S. 77.

19 Streubesitzes soil 25% betragen und entspricht damit der Mindestanforderung von Borsengangen im Amtlichen Handel.^ Der Umsatzmultiplikator von Vergleichsunternehmen liegt beispielhaft bei 2,5 fur das Jahr ti. Die Referenzgrode des Umsatzes fur ti ergibt sich dann aus: r Euro 25 Mio.

']

-x100%

Umsatzt^:Euro40Mio.

2,5 Umsatz-Multiplikator t^ Bin Unternehmen, das einen Borsengang anstrebt, musste einen Umsatz von Euro 40 Mio. fijr das Jahr ti planen, urn bei einem Streubesitz von 25% auf ein Ennissionsvolumen von Euro 25 Mio. zu kommen. Zur Identifikation von Vergleichsunternehmen konnen aus Vereinfachungsgrunden die Unternehmen eines Branchenindexes herangezogen werden.®^ In Abhangigkeit von der Branchenzugehorigkeit des Unternehmens konnen auf Basis entsprechender Multiplikatoren dann Umsatzgrollen abgeleitet werden. Liegt der Umsatz eines Unternehmens

unterhalb

einer

kritischen

Umsatz-

und

damit

Emissions-

volumensgrenze, so ist die Bereitschaft der Banken, das Unternehmen begleiten zu wollen, kritisch zu beurteilen. In einem solchen Fall sind die Banken davon zu tiberzeugen, dass der Investment Case des Unternehmens eine hohere Bewertung rechtfertigt und damit das Emissionsvolumen hoher ausfallt. Die quantitative Klassiflzierung mittelstandischer Unternehmen im Sinne dieser Arbeit bezieht sich auf Mid Caps, die zum Zeitpunkt der Notierungsaufnahme ein Emissionsvolumen von Euro 25 Mio. bis Euro 250 Mio. aufweisen. Dabei ist zu berijcksichtigen, dass sich die Kapitalisierung der Unternehmen in Abhangigkeit von der allgemeinen Borsenverfassung verandern kann. In Haussephasen konnen Small Caps zu Mid Caps und Mid Caps zu Large Caps werden, in Baissephasen umgekehrt.®^ Die abzuleitenden Ertragskennzahlen potenzieller Borsenkandidaten varlieren dementsprechend mit der Hohe der Borsenkapitalisierung von Vergleichsunternehmen und den daraus zu berechnenden Multiplikatoren. Eine eindeutige quantitative Klassiflzierung ist daher nicht moglich.

°" § 9 Abs.1 BorsZulV. ®^ Vgl. Schwetzler, 2001, S. 81. ^^Vgl.Rasch, 1996, 8.73.

20 2.2

Definition Investor Relations

In der Literatur warden die Investor Relations von Unternehmen Qberwiegend als finanzbezogener Teilbereich der Public Relations dargestellt.®^ Unter Public Relations versteht man die planmaiiige und systematische Gestaltung der Beziehungen zwisclien denn Unternehmen und einer nach Gruppen gegliederten Offentlichkeit (Kunden, Lieferanten, Arbeitnehmer, Kapitalgeber, Staat usw.).®* Die Zielgruppen und Aufgaben der Investor Relations sind innerhalb der Public Relations enger gefasst. In der Literatur finden sicli unterschiedliche Definitionen des Begriffs, die jeweils andere Zielgruppen, Aufgaben und Bezuge zum Kapitalmarkt berucksichtigen.®* Abblldung 5 veranschaulicht

mftgliche

Unterscheidungsmerkmale

von

Investor-Relations-

Definitionen: investor Relations

-£ Zielgruppen

Aufgaben

Kapitalmarktbezug

' Eigenkapitalgeber

Kommunikationsspezifische Aufgaben

• Borsennotierte Unternehmen

• Fremdkapitalgeber

Finanzspezifische Aufgaben

• Borseneinfiihrungsprozess

- Multiplikatoren

• Nicht-borsennotierte Unternehmen

Abblldung 5: Unterscheidungsmerkmale von Investor-Relations-Defmitionen Eine Unterscheidung der Zielgruppen erfolgt nacii Eigenkapltalgebern (Shareholder), Fremdkapitalgebern (Bondholder) und Multiplikatoren (Opinion Leader). Eigen- und Fremdkapitalgeber lassen sich jeweils in aktuelle und in potenzielle Kapitalgeber unterteilen. Die Multiplikatoren (z.B. Wirtschaftsjournalisten) beurteilen die Informationen des Unternehmens, um ihre Meinung anschlieliend zu veroffentlichen. Kapital

'^ Vgl. Hartmann, 1968, S. 70; auch MQIIer, 2004, S. 11-13; Ruda / Pfeffer, 2003, S. 37; SchOnborn / Tschugg, 2002, S. 11; Tiemann, 1997, S. 4. Der anglo-amerikanische Begrlff der Investor Relations lasst sich vereinfacht als Anieger- bzw. Kapitalgeberpflege ubersetzen, vgl. Janik, 2002, S. 14. ^ Vgl. Pellens, 1995, S. 1589 f., 1596; Drill, 1995, S. 53; Becker, 1994, S. 297. Vgl. auch Bruhn, 2003, S. 341. '^ Vgl. Wirtz / Salzer, 2001b, S. 201-204; Mindermann, 2000, S. 25-27. Zur Einordnung der Investor Relations in die Public Relations vgl. auch Janik, 2002, S. 15 f.

21 stellen sie keines zur Verfugung. In AbhSngigkeit von den gewShlten Zielgruppen werden diese unter dem Begriff ..Financial Community"®® zusammengefasst.®^ Die Aufgaben der Investor Relations werden in kommunikations- und in finanzspezifische unterteilt:®® -

Die kommunikationsspezlfischen Aufgaben werden auch als Investor Relations im engeren Sinne bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird auch von der Publizitat des Unternehmens gesprochen, definiert als die Verbreitung und Offenlegung von Informationen Qber die finanzielle und wirtschaftliche Lage eines Unternehmens

einschlielilich

seiner

Entwicklungsaussichten.®®

Die

Investor

Relations im engeren Sinne umfassen dabei zwel Aspekte: -

Zum einen geht es um die Verbreitung der Informationen (Kommunikationspolitik), die neben der identifikation relevanter Zielgruppen die Auswahl zielgruppenspezifischer

Kommunikationsmittel

und

die

Bestimmung

des

Kommunikationszeltpunktsbeinhaltet. -

Zum anderen geht es um die Bestimmung und Bereitstellung der offen zu legenden Informationen (Informationspolitik), die in solche der gesetziich geforderten Pflichtpublizitat und in die derfreiwilligen Publizitat unterteilt werden.

-

Die

finanzspezifischen

Aufgaben

beziehen

sich

auf

Maflnahmen

des

Finanzierungsprozesses, die Auswirkungen auf die Investor Relations im engeren Sinne haben. Kommunikations- und finanzspezlfische Aufgaben werden auch als Investor Relations im weiteren Sinne bezeichnet. Im Einzelnen werden dabei drei Aufgabenbereiche

unterschleden:

Die

distributionsorientierten

Aufgaben

beschaftlgen sich mit der Wahl der Konsortialbanken und des BOrsensegments. Zu den produktorientierten Aufgaben gehSrt die Ausgestaltung der Aktie als Produkt (Aktiengattung, -art, -wert). Die preisorientierten Aufgaben beschaftlgen sich mit der Wahl des Platzierungsverfahrens. Nach dem Bezug zum Kapitaimarkt kann zwischen der Zeit vor, wahrend und nach dem Borseneinfuhrungsprozess unterschleden werden. Ursprunglich wurden die Investor Relations ausschliefilich auf borsennotierte

Unternehmen

und deren

^ Drill, 1995, S. 110. Lindner, 1999, S. 207, ubersetzen ..Financial Community" mit FinanzOffentllchkeit. ®^ Vgl. Schuiz, 1999, S. 26 f.; Weidekind, 1994, S. 305; Becker. 1994, S. 300; Link, 1991, S. 9. ®Wgl. Kirchhoff, 2000, S. 35; Lindner, 1999, S. 43 f.; Schuiz, 1999. S. 110; Link, 1991, S. 182. 236. ®^ Vgl. Drill, 1995. S. 75; ahnlich Pellens. 1995, S. 1590.

22 Beziehungen

zu

Eigenkapitalgebem

beschrankt.

Die

Erkenntnis,

dass

die

Beziehungspflege mit mehreren Zielgruppen der Financial Community auch fur nichtborsennotierte Untemehmen notwendig ist, iiat die Relevanz der Investor Relations auf alle Phasen der Unternehmensentwicklung enveitert/° Die hier zugrunde gelegte Begriffsdefinltion der Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses lautet wie folgt:^^ Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses obliegt den Investor Relations die planmafiige und systematische Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Unternehmen und der Financial Community. Dazu gehoren die aktuellen und potenziellen Eigenkapitalgeber und Multiplikatoren. Zu den Aufgaben der Investor Relations gehoren sowohl kommunikationsspezlfische (Kommunikatlons- und Informationspolitik) als auch finanzspeziflsche (Distribution, Produkt, Preis) Aufgaben.

2.3 Theoretische Fundierung der Investor Relations Die Existenz unvollkommener Kapltalm^rkte fiJhrt zu einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und einer Informationsineffizienz der Kapitalmarkte, welche die Notwendigkeit einer intensiven InvestorRelations-Arbeit begrundet.^^ 2.3.1 Informationsasymmetrien Durch die Trennung von Eigenkapitalgeber (Principal) und Unternehmensleltung (Agent) haben insbesondere borsennotierte Unternehmen das Principal-AgentProblem, die Interessen des Kapitalgebers und die der angestellten Unternehmens-

^° Vgl. Salzer, 2004, S. 15. Mit den Investor Relations bdrsennotierter Unternehmen setzten sich Drill, 1995; Link, 1991; und Hartmann, 1968 auselnander. Hinz / Schmeisser, 2001; Lindner, 1999 und Schieber / Muller, 1998 und 1999 beschSftigen sich mit den Investor Relations wShrend des B6rseneinfuhrungsprozesses. Lindemann / Schmidt / Sturm, 1998 untersuchen die Investor Relations nicht-bOrsennotierter Kleiner und mittlerer Unternehmen. ^^ In Aniehnung an Lindner, 1999, S. 19. ^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, 8. 6; Rehkugler, 1993, 8. 40.

23 leitung zu koordinieren. Die drei AusprSgungen einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Kapitalgeber und Unternehmensleitung sind:^^ -

Qualitatsunsicherheit uber Eigenschaften und FShigkeiten der Unternehmensleitung (Hidden Information),

-

Verhaltensunsicherheit beziiglich schwer oder nicht uberprufbarer Handlungen und Ressourceneinsatze (Hidden Action),

-

Abslchtsungewissheit uber die Ausnutzung von Vertragslucken und spezifischen Investitionen (Hidden Intention).

Existieren zum Borsengang nur unzureichende Informationen, die zu einer Reduzierung der Asymmetrien beitragen, so lassen sich Kapitalgeber die damit verbundenen Risiken durch eine Risikopramie kompensieren, welche zu hoheren Finanzierungskosten fur das Unternehmen fuhrt. Zu den Risiken geh5ren unternehmensbezogene, wie z.B. Rechtsstreitigkeiten, und marktbezogene, wie z.B. polltische Ereignisse. Im Falle zu hoher Risiken, die die Kapitalgeber zu kompensieren nicht bereit sind, kann es sogar zu einer Ven/veigerung der Kapitalbereitstellung kommen/"* Insbesondere wahrend eines Borsengangs im Primarmarkt sind die Informationsasymmetrien ausgepragter als bei Folgeemisslonen, weil der Sekundarmarkt als Instrument der Informationsbearbeitung und -ubermittlung (regelmafiige Kursfeststellung) noch nicht zur Verfugung steht/^ An den Informationsbedurfnissen der Kapitalgeber ausgerichtete Investor Relations unterstutzen den Abbau asymmetrischer Informationsverteilungen und konnen zu einer Reduzierung der Kapltalkosten beitragen/® Die Reduzierung asymmetrischer Informationen verursacht Kosten (Agency Costs), die unterteilt werden konnen in/'' -

Beobachtungskosten

(Monitoring

Costs) zur

Deckung

der

Informationsbe-

durfnisse der Kapitalgeber und zur Kontrolle des Managements (z.B. Kosten fur das Berichtswesen oder das interne Kontrollsystem),

^^ Vgl. z.B. Spremann, 1990, S. 562 f.; auch Salzer, 2004, S. 56 f. ^* Vgl. Steiner / Heselmann, 2001. S. 99; Kaufmann, 1997, S. 142 f. ^^ Vgl. Salzer, 2004, S. 56. ^® Vgl. Steib, 2005, S. 173; Steiner / Hesselmann, 2001, S. 101. ^^ Vgl. Jensen / Meckling, 1976, S. 305 f.

24 -

Rjsikokosten (Bonding Costs), die das Management fur seine risikobehafteten EInkommensbestandteile erhait (z.B. ein variables Vergutungssystem mit einer lelstu ngsorlentierten Komponente),

-

Opportunltatskosten (Residual Loss) fur entgangene Gewinne, wenn das Management zu Lasten der Kapltalgeber suboptlmale Entscheldungen fallt.

Die Kosten der Investor Relations, die den Beobachtungskosten zuzurechnen sind, konnen sowohl durch die Reduktion anderer Agency Costs als auch durch die Verringerung der Kapitalkosten kompenslert werden/® Insbesondere bel mittelstandischen Unternehmen sind in der Regel die Probleme der Informationsgewinnung und -weitergabe zur Kompensation asymmetrischer Verteilungen umso groRer, je junger, kleiner und eigenstandiger ein Unternehmen ist/^ Sie lassen sich im Wesentllchen auf zwei Ursachen zuruckfuhren: -

Fur die Informationsgewinnung fehlen die Voraussetzungen eines aussagekraftigen Berichtswesens (internes und externes Rechnungswesen) und umfangreichen Informationssystems (z.B. Controlling), um aussagefahige und bewertungsrelevante Informationen bereitstellen zu konnen. Bei relativ jungen Unternehmen existieren des Weiteren moistens nur unzureichende vergangenheitsbezogene Daten.®°

-

Bei vielen mittelstandischen Unternehmern werden aufgrund traditioneller Einstellungen und der Neigung zur Eigenstandigkeit selbst dann keine Informationen weitergegeben, wenn dies moglich ware. Publizitat und Transparenz sind Reizworter, das Unternehmen wird als Lebenswerk betrachtet, dessen Uberwachung und Kontrolle ungern in fremde Hande gegeben wIrd. Besonders ausgepragt ist diese „Herr-im-Hause"-Mentalitat, wenn der Firmeninhaber zugleich Unternehmensgrunder ist.^^

2.3.2 Informationseffizienz von Kapitalmarkten Von dem EInsatz der Investor Relations wird u.a. eine Reduktion der Kapitalkosten en/vartet, d.h. eine reduzierte Risikopramie der Kapltalgeber und damit ein hoherer

'** Vgl. Gunther / Otterbein. 1996, S. 394. ^^ Vgl. Eickhoff/Wortmann, 1998, S. 23; Kaufmann, 1997, S. 143. ®° Vgl. Gerke / Bank / Neukirchen u.a.. 1995, S. 17. ^' Vgl. Gerke / Bank, 1999, S. 15 f.

25 Aktienkurs. Die Geschwindigkeit, mit der Informationen in den Aktienkursen verarbeitet werden, wird von der Informationseffizienz des Kapitainnarktes bestimmt. Es werden drei Formen der Informationseffizienz unterschieden:®^ -

Die schwaciie Informationseffizienz geht davon aus, dass lediglich die historischen Informationen im Markt bekannt sind.

-

Die halbstrenge Informationseffizienz berucksichtigt zusStzlich die aktuellen, 6ffentlich zuganglichen Informationen.

-

Der strengen Informationseffizienz zufolge sind alle Informationen, auch alle nicht offentlich zuganglichen, im Markt bekannt und im Preis bereits berucksichtigt.

Bel Vorliegen der strengen Informationseffizienz konnten die Investor Relations keinen zusatzlichen Nutzen stiften, da selbst interne Informationen im Markt bereits bekannt und in den Kursen berucksichtigt worden sind. Bei borsennotierten Unternehmen wird in der Regel von einer halbstrengen Informationseffizienz ausgegangen.®^ Unternehmen, die sich noch am Anfang des Borseneinfuhrungsprozesses befinden, wird eine schwache Informationseffizienz unterstellt.®"* Intensive Investor Relations konnen in diesem Stadium die Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt verringern helfen und damit die Informationseffizienz verbessern.®^ 2.4

Investor Relations und wertorientierte Unternehmensfuhrung

Die Interessen zwischen den Kapitalgebern und der Unternehmensleitung konnen bezuglich der vom Unternehmen zu verfolgenden Ziele auseinander fallen (PrincipalAgent-Problematik). Dies wird unter anderem auf eine wertorientierte Sicht der Kapitalgeber und eine gewinnorientierte Sicht der Unternehmensleitung zuruckgefijhrt.®® Im Sinne der Kapitalgeber wird auch von anderen MItglledern der Financial Community eine wertorientierte Unternehmensfuhrung von borsennotierten Unternehmen erwartet.®^ Das primare Unternehmensziel soil die langfristlge Steigerung ^^ Vgl. Fama. 1970, S. 388 f.; ahnlich Pietzsch. 2004, S. 22-35; Salzer, 2004, S. 67; Gunther/Otterbein, 1996, S. 392; Kramer, 1995, S. 1138. ®^ Vgl. Steib, 2005, S. 84; Salzer, 2004, S. 68; K6tzle / Niggermann, 2001, S. 636; Steiner/Hesselmann, 2001,S. 100; Volkart/Labhart, 2000, S. 149 f.; Link, 1991, S. 38 f. ®^Vgl. Lindner, 1999, S. 23. ®^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 6 f. ®^ Vgl. Buhner/Weinberger, 1991, S. 187. ^^ Vgl. Fischer, 2002, S. 161 f.; Behrenwaldt, 2001, S. 426; Flach / Wilhelm. 1997, S. 109.

26 des Untemehmenswertes sein, dem sich alle anderen Unternehmensziele unterzuordnen haben. Die Forderung nach einer wertorientierten Untemehmensfuhrung bestimmt gleichzeitjg die Anforderungen an die Investor Relations.®® Die Zusammenhange lassen sich in der nachfolgenden Abbildung verdeutJichen: Akiueller MarktiA/ert des Unlsmeh mens

Abbildung 6: Investor Relations und Wertsteigerungsmanagemenf* Das Unternehmen befindet sich im Verlauf seiner Entwicklung in einem standlgen Wertoptimierungsprozess (siehe Abbildung 6). Ausgehend vom aktuellen Marktwert wird durch gezielte Wertsteigerungsmalinahmen versucht, einen auf einem hoheren Niveau liegenden Unternehmenswert zu erreichen. Der hohere Unternehmenswert wird auch als „fairer"®° Unternehmenswert bezeichnet, von dem en^^artet wird, dass die Investoren diesen erkennen und honorieren, so dass sich der Marktwert im Laufe der Zeit dem hoheren Unternehmenswert anpasst. Als Wertlucke wird die Differenz zwischen dem aktuellen Marktwert und dem fairen Unternehmenswert bezeichnet. Je '** Vgl. Muller, 2004. S. 40; Janik, 2002, S. 83 f.; Achleitner / Bassen, 2001. S. 4; Ahlers. 2000, S. 29. '® In Aniehnung an Copeland / Koller / Murrin, 1998, S. 68; ahnlich Achleitner / Bassen / Pjetzsch, 2001b, S. 9; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 116; Giinther/Otterbein, 1996,8.393. •° Copeland / Koller / Murrin, 1998, S. 248; auch Kramer, 1995, S. 1135; Schmidt / Prigge, 1995, S.321;Rehkugler, 1993. S. 41.

27 grofier die Lucke, desto grSHer die Gefahr einer feindlichen Obernahme, da potenzielle Kaufer durch einen weit unter dem fairen Unternehmenswert liegenden Marktwert angezogen werden. Bei einer konkreten Kaufabsicht liegt in der Regel ein Konzept des KSufers vor, das darauf abzielt, alle WertJucken des Unternehmens sowohl durch eine zielgerichtete Investor Relations als auch durch gezielte Restrukturierungsmaflnahmen zu schlielien. Die Wertlucken lassen sich in zwei Kategorien untertellen:®^ -

Die so genannte Wahrnehmungslucke beruht zum einen auf den Risikoabschiagen der Investoren, da seitens der Unternehmensleitung unzureichende Informationen zur Reduzierung der Qualitatsunslcherheit bereitgestellt werden.®^ Zum anderen beruht die Wahrnehmungslucke auf den Risikoabschiagen, die seitens des Kapitalmarktes in nicht-informationseffizienten MSrkten gegenuber dem fairen Unternehmenswert vorgenommen werden.®^ Beide Ursachen lassen sich durch zielgerichtete Investor Relations minimieren.

-

Die

anderen

Wertlucken

beschrelben

fundamental

interne

und

externe

Restrukturierungspotenziale. Den Investor Relations kommt hierbei die Aufgabe zu, dem Kapitalmarkt die Wertsteigerungspotenziale der Restrukturierungsmaflnahmen zu kommunizieren. Aufierdem kGnnen die Investor Relations aufgrund ihrer engen Verbindung zu den Kapitalmarktteilnehmern dem Management Anregungen fur vom Kapitalmarkt geforderte Malinahmen der Wertsteigerung geben. Die Investor Relations steigern den Unternehmenswert, indem sie sowohl direkt die Wahrnehmungslucken mindern als auch indirekt Einfluss auf die Behebung der anderen Wertlucken nehmen. Damit erfuHen die Investor Relations eine Informationsvermittlungs- sowie Wertoptimierungsfunktion. Es besteht somit eine Interdependenz zwischen den Investor Relations und einer wertorientierten Unternehmensfijhrung. Die Investor Relations werden deshalb auch als eine konstituierende Komponente des Shareholder-Value-Ansatzes verstanden.®"*

^^ Vgl. Gunther / Otterbein, 1996, S. 393 f.; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999,117. ^^SieheKapitel 2.3.1,8.22. ^^ Siehe Kapitel 2.3.2, S. 24. ^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch. 2001b, S. 12; Durr, 1995, S. 22 f.

28 2.5 Ziele der Investor Relations In der Literatur warden die ubergeordneten Unternehmensziele, die Ziele des Borsengangs und die daraus abgeleiteten Ziele und Aufgaben der Investor Relations als ein Zielhierarchiesystem interpretiert (siehe Abbildung 7).

Ziele des^ Untemehmensf Steigerung des UntemehmenswerJBS Ziele des Bdrsengangs: U nterneh mensbe zogene Ziele

Eigen tu merbezogene Ziele

Ziele der Investor Relations: Kapitalmarktbezogene Ziele

Publizitatsbezogene Ziele

Aufgaben der Investor Relations: Kommunikationsspezifische Aufciaben

Finanzspezlfische Autiaben

Abbildung 7: Zielsystem der Investor Relations beim Borsengang'^

Als ubergeordnetes Unternehmensziel wird von der langfristigen Steigerung des Unternehnnenswertes ausgegangen.^® Der Borsengang ist kein strategisches Ziel an sich, sondern dient als Mittel zum Zweck, urn unternehmens- und eigentumerbezogene Unternehmensziele zu erreichen.®^ Die Ziele der Investor Relations lassen sich In kapitalmarktbezogene und publizitatsbezogene Ziele unterteilen (siehe Abbildung 8, Seite 29), aus denen sich die zuvor beschriebenen kommunikationsund finanzspezifischen Aufgaben ableiten lassen.®®

®^ In Aniehnung an Achleitner / Bassen, 2001, S. 8; Steiner/ Hesselmann, 2001, S. 104; Shnlich Muller, 2004, S. 46, Ruda / Pfeifer, 2003. S. 39; Janik, 2002, S. 88. ®® Siehe Kapitel 2.4, S. 25. ®^ Siehe Kapitel 2.1.2.1,8. 14. ®® Siehe Kapitel 2.2, S. 20. Vgl. auch Drill, 1995, S. 56.

29 Ziele der Investor Relations

Kapltalmarktbezogene Ziele - OptJmierung des Emissionserldses - Stabilitat der Aktionarsstruktur - Entwicklung des Aktienkurses

Publizitatsbezogene Ziele - Verbesserung des Bekanntheitsgrades - Aufbau eines Vertrauensverhaltnisses

Abbildung 8: Ziele der Investor Relations^® Die l^apitalmarktbezogenen Ziele beiniiaiten im Einzelnen: -

Das primare Ziel der Investor Relations ist es, eine angemessene Bewertung des Unternehmens sicherzustellen. Die Hohe des Emissionspreises hat einen entscheidenden Einfluss auf das weitere Verhaltnis zu den neuen Aktionaren. Eine beabsichtigte Maximierung des Emissionserloses wurde kurzfristig dem Unternehmen und den Altaktionaren einen hohen Mittelzufluss garantieren, mittel- bis langfristig jedoch, nach Eintritt einer moglichen Kurskorrektur, das Vertrauen in die Werthaltigkeit beschadigen. Ein zu gunstiger Emissionskurs kann kurzfristig Starke Kursanstiege hervorrufen. Diese konnen Investoren zu Gewinnmitnahmen verleiten, die zu starken Kursbewegungen fiihren wurden und letztendlich die Aktie als Spekulationspapier erscheinen lassen. Das Ziel, eine angemessene Bewertung der Aktien sicherzustellen, ist genau dann erreicht, wenn die Wertpapiere zu einem fairen Emisslonspreis emittiert werden.^°°

-

Wahrend des Borsengangs hat das Unternehmen den grofiten Einfluss auf die Zusammensetzung der Aktionarsstruktur. Je breiter die Aktien im Publikum gestreut sind und je weniger sich das Aniageverhalten der einzelnen Investoren ahnelt, desto weniger Ist die Borsenkursentwicklung von aktionarsstrukturbedingten Einflussen abhangig. Die Beeinflussung der Aktionarsstruktur dient der Auswahl solcher Investoren, die sich mit dem Unternehmen identiflzieren und an einer langfristlgen Investition Interessiert sind. Kurzfristig orientierte Investoren konnen unter anderen fur starke Volatilitaten verantwortlich sein, so dass die Aktien junger borsennotierter Unternehmen schnell als Spekulationspapier

' In Aniehung an Drill, 1995, S. 226 f.; auch Pietzsch, 2004, S. 2 1 ; Ruder / Pfeffer, 2003, S. 70. '° Vgl. Janik, 2002, S. 88; Hartmann, 1968, S. 90 f. Sieheauch Kapitel 5.3.1, S. 231.

30 wahrgenommen werden. SpSteren Kapitalmarkttransaktionen wird dadurch ein nachhaltiger Schaden zugefugt.^°^ -

Eine stabile Entwicklung des Aktienkurses findet ihren Ausdruck in einer geringen Volatilltat, d.h., der Aktienkurs verlSuft im Vergleich zum allgemeinen Kapltalmarktgeschehen und zur Entwicklung der Branche relativ stabil. Das zugehGrige Ziel ist die Senkung der Volatilitat des Aktienkurses, zu dessen Erreichung auch andere Investor-Relations-Ziele beitragen, die sich gegenseitig In Ihrer WIrkung unterstutzen. EInerselts starken publlzltatsbezogene Zlele, wie der Aufbau eines Vertrauensverhaltnlsses, die AktionSrstreue, so dass es gerade In Krisenzelten nicht zu spekulatlven An- und VerkSufen kommt. Andererselts unterstutzt eIne stabile Kursentwicklung das Vertrauen der Investoren In die Unternehmensleltung. Die heterogene Zusammensetzung der Aktiondrsstruktur trdgt ebenfails zur Senkung der Volatllltat bej.'°^

Zu den publlzitatsbezogenen Zielen gehdren: -

Der Aufbau eines Vertrauensverhaltnlsses

zu

potenzlellen

Investoren soil

zunSchst deren Bereltschaft erhohen, Aktien des Unternehmens zu kaufen. Langfristig sollen die Investor Relations zur Loyalitat und Treue der AktionSre und Multiplikatoren beitragen, so dass diese ihr Engagement auch in Zeiten ruckiaufiger Aktienkurse aufrechterhalten und ihre Zelchnungsbereitschaft auch bei Folgeemissionen nicht verweigern. Somit unterstutzen die Investor Relations die langfristige Eigenkapitalbeschaffung des Unternehmens. Daruber hinaus ist das Vertrauen bestehender AktionSre fur die Unternehmensleitung notwendig, um bei Hauptversammlungen Entscheidungen durchsetzen zu k6nnen.^°^ -

Durch die Borseneinfuhrung erfahrt das Unternehmen eine grofie Aufmerksamkeit in der Offentlichkeit, die zur Verbesserung des Bekanntheitsgrades und Images genutzt werden kann. Letzteres erhOht das Interesse

potenzieller

Investoren und kann am Emisslonstag zu einem Kauf der Aktie fuhren. Die Vorteile eines

hohen

Bekanntheitsgrades

und positiven

Unternehmensimages

konnen auch im operativen Bereich fur den Absatz- und Beschaffungsmarkt genutzt werden.^^'^ '°' Vgl. Lindner, 1999, S. 39-41; Tiemann, 1997, S. 20 f.; Hartmann, 1968, S. 121. ^°^ Vgl. Janik 2002, S. 88; Kirchhoff, 2000, S. 37; Gunther / Otterbein, 1996, S. 398. ^°^ Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 3; Gunther/Otterbein, 1996, S. 398; Drill, 1995, S. 59, 70. ^°^ Vgl. Janik. 2002, S. 89; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 125; Durr, 1995, S. 35; Becker, 1994. S. 301.

31 2.6 Organisatorische Einbindung der Investor Relations Die Aufgaben der Investor Relations lassen sich organlsatorlsch Intern und/oder extern abbllden. In der Praxis sind In der Regel Komblnatlonsfornnen anzutreffen, bel denen Tellfunktlonen der Investor Relations Innerhalb und aufierhalb des Unternehmens wahrgenommen werden. HIntergrund solcher MIschformen sInd zum einen mangelnde KapazitSten, urn samtllche Aktivltaten selbst zu erfullen, und zum anderen fehlende Kenntnlsse und Kompetenzen zur Wahrung samtllcher InvestorRelatlons-Aufgaben.^°^ Abblldung 9 zelgt Auspragungen der Idealtyplschen Organisationsstrukturen, die anschllefiend naher eriautert werden. Externe Organisation

Interne Organisation

Vorstand

Fachabteilung

Eigenstandige Organisationseinhejt

InvestorRelationsAgentur

VentureCapitalGesellschaften

Emissionsbanken

Abblldung 9: Interne versus externe Einbindung der Investor Relations^®® Entscheidet sich ein Unternehnnen fur eine Interne Organlsatlonsstruktur, stehen ihnn verschiedene Mogllchkelten zur Verfugung, die sich hlnsichtUch der Entscheidungszentrallsatlon voneinander unterscheiden:^°^ -

Die Wahrnehmung der Investor-Relatlons-Aufgaben auf Vorstandsebene 1st Zelchen einer hohen Internen Entscheidungszentralisation. Dafur spricht, dass der Vorstand der hochste Reprasentant des Unternehmens und wichtlgster Ansprechpartner fur die Financial Community 1st. Das Engagement des Vorstandes verdeutlicht die unternehmensseitlge Wertschatzung der Aniegergruppen und die hohe Bedeutung der Kommunlkation Im Rahmen der Investor Relations.^°®

-

Die Investor Relations konnen durch bestehende Fachabtellungen wie die Unternehmenskommunikation, den Finanzberelch oder die Konzernentwicklung betreut werden. DIese konnen aufgrund vorhandenen Know-hows und personeller Ressourcen die Aufgaben der Investor Relations ubernehmen. Ob die Aufgaben

^ Vgl. Janke, 2001. S. 787; Schuiz, 1999, 8. 127-130; Gunther / Otterbein, 1996, S. 396. ^ In Aniehnung an Thommen / StruR, 2001, S. 162. ^ Vgl. Thommen / StruR, 2001, S. 162-167; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 127 f.; Drill, 1995, S. 232 f. ^ Vgl. auch Schonborn / Tschugg, 2002, S. 13 f.

32 in einer oder mehreren Fachabteilungen koordiniert werden, hSngt von der Art der jeweiligen Aufgabenstellung sowie den Kompetenzen der verschiedenen Abteilungen ab. -

Als eigenstSndige Organisationseinheit obliegt dieser die ausschJieflliche Reaiisierung der Investor-Relations-Aufgaben. Entscheidend ist, dass die InvestorRelations-Tatigkeiten mit den Zielen und Tatigkeiten der anderen Abteiiungen in Einklang gebracht werden. Dafur ist erforderlicii, dass die eigenstSndige Abteilung eng in den Entscheidungs- und Konnmunikationsprozess der anderen Abteiiungen eingebunden ist.

Bei externen Organisationsstrukturen liegen die Investor-Relations-Aufgaben in der Verantwortung unternehmensfremder Organisatlonseinheiten. Externe Spezialisten ubernehmen Aufgaben, die unternehmensintern, beispielsweise aufgrund begrenzter Kapazitaten, nicht geleistet oder auf dem Markt gunstiger bezogen werden k6nnen.^°® Als externe Berater lassen sich wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses folgende Gruppen voneinander abgrenzen:^^° -

Investor-Relations-Agenturen sind auf die Planung und Abwicklung von InvestorRelations-Aufgaben spezialisiert. Diese konnen zur Durchfuhrung von Spezialaufgaben wie der Vorbereitung von Pressekonferenzen oder Roadshows herangezogen werden. Die Agenturen verfugen insbesondere aus vergangenen Transaktionen uber Kontakte zu den einschlagigen Medien, die Borsenkandidaten in der Regel nicht besitzen.

-

Als externe Berater kommen auch Venture-Capital-Gesellschaften in Frage, die eine Beteiligung an dem Unternehmen halten und unrifangreiche Erfahrungen mit Kapitalmarkttransaktionen und der damit verbundenen Kommunikation besitzen.

-

Die Emissionsbanken unterstutzen die Unternehmen als externe Berater, indem sie sowohl wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses als auch in der Phase nach der Notierungsaufnahme ihre Erfahrungen in die Ansprache von Investoren einbringen.

'°^ Vgl. Ruder / Pfeffer, 2003, S. 73. ^'° Vgl. Schonborn / Tschugg, 2002, S. 97 f.; Thommen / Strufi, 2001, S. 167-171; Link, 1991, S. 359.

33 Die organisatorische Einbindung der Investor Relations muss unternehmensindividuell entschieden werden. Unter dem Aspekt der Minimierung von Transaktlonskosten rechtfertigt eine steigende Spezlfitat und HSufigkeit der Investor-RelationsAufgaben eine interne Abwicklung. Fur mittelstandische Unternehmen ist der Aufbau eigener, auf samtliche Aufgabengebiete spezialisierter Investor-Relations-Abteilungen in der Regel zu teuer, was fur die Integration externer Berater spricht. Die Einbindung externer Spezialisten erscheint insbesondere dann sinnvoll, wenn das Unternehmen mit der Kapitalmarktkommunikation noch relativ unerfahren ist. Eine vollstandige

Ausgliederung

des

Investor-Relations-Bereichs

wird jedoch

nicht

empfohlen, um bei einem mogllchen Wechsel externer Agenturen die Kontinuitat der Kommunikation sicherzustellen.^^^

Unabhangig von der spateren Internen und/oder externen Organisation der Investor Relations sollten zumindest wahrend des BGrseneinfuhrungsprozesses die entscheidenden

Kommunikations-

und

Informationsschnittstellen

innerhalb

des

Unter-

nehmens durch eine interne Einheit koordiniert werden. Fur die auf einen Borsengang ausgerichtete Investor-Relations-Arbeit ist es unerlasslich, dass die InvestorRelations-Verantwortlichen im Unternehmen in den gesamten Informatlonsfluss eingebunden sind, da Informationen aus verschiedenen Abteilungen des Unternehmens fur eine umfassende und kompetente Kommunikation mit den Zielgruppen benotigt werden.^^^ Die nachfolgende Abbildung 10 veranschaulicht das Zusammenwirken der unterschiedlichen Parteien im Fall einer unternehmensinternen Einbindung.

Die mit Abstand wichtigsten Informationslieferanten der Investor-Relations-Abteilungen sind derVorstand, gefolgt vom Rechnungswesen und Controlling, den operativen Bereichen und dem Marketing. Die eigentlichen Kommunlkatlonsinhalte sollten direkt mit dem Vorstand erarbeitet und abgestimmt werden. Gerade wahrend der Borseneinfuhrung ist die Prasenz des Vorstandes bei Einzel- und Hintergrundgesprachen mit ausgewahlten Interessengruppen, dem Aufbau personlicher Kontakte, Analysten- und Pressekonferenzen sowie Roadshows unabdingbar, um Investoren fur das Unternehmen zu gewinnen. Die Kommunlkatlonsinhalte sind kontinuierllch

" ' Vgl. Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 123. "^ Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 730; Wirtz / Salzer, 2001b, S. 220.

34 mit der Presseabteilung, Rechtsabteilung und der strategischen Planung abzustimmen."^ Vorstand

t

t

ErarbeHung der Inhalte

Abst'mmung / Rucksprache |^echnungswesen| Controlling

Rechtsabteilung

Presseabteilung

AbsCmmung/ Veroffentlichungen

/ \

Investor Relations

Slrategische Planung

Operative Einheilen

\ Lleferungvon /* Informationen

'—

Marketing

Untemehmen Externa Berater

1

Investor RelatbnsAgentur

Abbildung 10:

Venture Capita IGesellschaften

Emissfonsbanken

Unternehmensinterne Einbindung der Investor Relations^

' Vgl. Hacker/ Unser/Veeser u.a., 2001, S. 674; Drill. 1995. S. 225, 230. * In Aniehnung an Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a.. 2001, S. 14.

35

3

Bedeutung der Borsensegmentanforderungen

Die Struktur der Kapitalm^rkte unterliegt einem kontinuierlichen Veranderungsprozess, fur den folgende interdependente Faktoren als ursachlich erachtet werden:^^^ -

eine dynamische Auswejtung der internationalen Kapitalstrome (Globalisierung),

-

eine weitgehende Liberalisierung nationaler Kapitalmarkte (Deregulierung),

-

eine wachsende Verbriefung von Zahlungsverpflichtungen (Securitisierung),

-

eine zunehmende Konzentration von Aniagekapital (Institutionalisierung),

-

eine stetige Fortentwicklung von Aniagestrategien (Professionalisierung),

-

eine fortschreitende Nutzung moderner Technologien (Automatisierung).

Die Veranderungen haben zu einem Anpassungsprozess der Borsensegmente und deren Standards gefuhrt, die sich zunehmend auf einem internationalen Niveau angleichen. Von den Emittenten und der Financial Community werden diese Veranderungen als eine „Zwangserziehung zur globalen Kapitalmarktordnung"^^® wahrgenommen.^^^ Borsenstandards beziehen sich dabei auf Anforderungen einzelner Borsensegmente, die einen funktionsfShigen Borsenhandel sicherstellen und damit einer verstarkten Vertrauensbildung und erhohten Verlasslichkeit in der Erwartungsbildung einzelner Teilnehmer der Financial Community dienen sollen.^^® Borsensegmente, die sich an internationalen Standards orientieren, generieren dabei eine hohere Attraktivitat und Akzeptanz seitens der Financial Community als solche, die sich nur an nationalen Standards orientieren.^^^ Die oben genannten Veranderungen haben gleichzeitig zu einer Globalisiemng des Wettbewerbs gefuhrt, sowohl zwischen den Borsensegmenten, die sich um die Aufmerksamkeit und das Engagement der Financial Community bemuhen, als auch zwischen den Emittenten, die sich um die Gunst des Kapitals bewerben.^^° Insbesondere bei mittelstandischen Unternehmen lasst sich eine zunehmende Bereitschaft feststellen, sich wenlger uber Kredite ihrer Hausbanken, sondern uber den Kapital^^® Vgl. Gerke / Bank / Neukirchen u.a., 1995, 8. 57; Wertschulte, 1995, 8.1026 f. ^^^Jansen, 2000, 8. B12. " W g l . O.V.. 2005b, 8. 19. ^^® Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001, 8. 122. "® Vgl. Pellens, 1995, 8. 1594, 1597. '^° Vgl. Buschgen, 1997, 8. 94.

36 markt zu finanzieren.^^^ Die Unternehmen werden dabei vor v6lllg neue Herausforderungen gestellt, da sie nicht nur auf den Produkt-, sondern auch auf den Kapitalm^rkten mit globalen Wettbewerbsbedingungen konfrontiert werden. Unternehmen, die sich den Bedingungen globaler Kapitalmarkte entziehen, mussen mit einer zuruckiiaitenden

Aufmerksamkeit

und

gegebenenfalls

Ignorierung

durch

die

Financial Community rechnen.^^^ Die Anbahnung und Aufrechterhaltung der Bezlehungen zur Financial Community gehbren zu den Aufgaben der Investor Relations. Um deren Aufmerksamkeit nicht zu verlieren, sind seltens der Investor Relations die Borsensegmentanforderungen und deren Attraktivitat bzw. Akzeptanz zu beobachten, um diese bei der Umsetzung verschiedener Investor-Relations-Aufgaben zu berucksichtigen.^^^ Bei der Erstemisslon betrlfft dies zunachst die Wahl des Borsensegments. Zu einem spateren Zeitpunkt kann ein Wechsel des Segments sinnvoll erscheinen, wenn ein anderes Borsensegment fur das jeweillge Unternehmen eine hohere Aufmerksamkeit seltens der Financial Community verspricht. So haben z.B. nach der Grundung des Borsensegments SMAX im Jahr 1998 viele Unternehmen, die zuvor im eher national ausgerichteten Geregelten Markt notlert waren, einen Wechsel in den SMAX vollzogen, da sich dieser an internationalen Standards orientierte.^^"* Daruber hinaus kann die Beobachtung unterschiedlicher Segmente sinnvoll sein, um gegebenenfalls zusatzliche Anforderungen freiwillig zu erfullen. Die freiwillige Erfullung solcher Anforderungen bedarf dann jedoch eIner expliziten Signalislerung seltens der Unternehmen, um die angestrebte Aufmerksamkeit zu erzielen.^^^ Neben der Entscheidung fur ein bestimmtes Borsensegment muss sich ein Unternehmen auch auf die Anforderungen, welche diesem zugrunde liegen, rechtzeitig vorbereiten. WShrend die Wahl des Segments erst mit dem Zulassungsantrag ca. vier Wochen vor der Notierungsaufnahme getroffen werden muss, kann die Vorbereitung auf einzelne Segmentanforderungen z.B. bezuglich der Rechnungslegung

'^^ Vgl. Ries / Altmann. 2001, S. 199 f.; Diehl, 1993, S. 176. ^^^ Vgl. Baetge / Noelle, 2001, 8. 174. ^^^ Vgl. Eickhoff/Wortmann, 1998. S. 23. ^^^ Vgl. Blattchen / Jasper, 1999, S. 26; Deutsche Informationsborse AG, 1999. S. 3 f. ^^^ Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001, S. 123.

37 Oder des Eigenkapitals einen weitaus langeren Zeitraum beanspruchen. Somit wird die Wahl des Borsensegments zu einer langfristigen Untemehmensentscheidung.^^® Bis IVIitte der 90er Jahre zeichneten sich deutsche Borsensegmente, die durch geringe Anforderungen insbesondere mittelstSndischen Untemehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erieiciitern wollten, durch eine geringe Akzeptanz seitens der Financial Community aus.^^^ Zur Behebung dieses Akzeptanzproblems wurden verschiedene Borseninitiativen gestartet, deren unterschiedliches Absciineiden eine Auseinandersetzung mit den bisher gemachten Erfaiirungen und den Ursachen fur diese Entwicklung nahe legt. In Abhangigkeit von dem jeweiligen Borsensegment und dessen Akzeptanz lassen sich Erkenntnisse fur Investor-Relations-Aufgaben ableiten.^'' In Kapitel 3.1 werden zunachst Standardisierungsziele, die den Anforderungen einzelner Borsensegmente zugrunde liegen, eriautert. Anschlieflend werden in Kapitel

3.2

die

konkreten

Anforderungen

deutscher

Segmente

beschrieben.

Abschliefiend werden in Kapitel 3.3 die Standardisierungsziele als Beurteilungsmaflstab herangezogen, um Aussagen zur Attraktivitat bzw. Akzeptanz der zuvor beschriebenen Segmentanforderungen treffen zu konnen. Die letztendliche Entscheidung fur ein bestimmtes Borsensegment soil hier nicht beantwortet werden, diese kann nur unternehmensindividuell getroffen werden. Ziel dieses Kapitels ist vielmehr die Identifikation der Segmente bzw. Anforderungen, die fur mittelstandische Untemehmen eine hohe Akzeptanz bzw. Attraktivitat seitens der Financial Community en/varten lassen und damit die Verfolgung von Investor-Relations-Zielen unterstijtzen.

3.1

Beurteilungsmaflstab fur Borsensegmentanforderungen

Vor dem Hintergrund eines globalen Wettbewerbs der Kapitalmarkte auliert sich die Wettbewerbsfahigkeit einzelner Borsensegmente in der Attraktivitat bzw. Akzeptanz, welche diese bei den Teilnehmern der Financial Community erzeugen. Letztere praferieren einen moglichst funktionsfahigen Borsenhandel, der wiederum von den

Vgl. Romer / Muller, 2000b, S. 1674. Vgl. auch die Entscheidung von T-Online zur Wahl des geeigneten Borsensegments, o.V., 2000e, S. 39. '^'^Vgl. Grunbichler/ Henke, 1998, 8. 179 f. 128 Vgl. Eickhoff / Wortmann, 1998, S. 23.

38 Anforderungen der Borsensegmente bestimmt wird/^ Zur Verbesserung der Funktionsfahigkeit des Borsenhandels werden in der LJteratur als Standardisierungsziele eine hohe Aktienliquiditat und InformatJonstransparenz der Unternehmen gefordert.^^ Diese Ziele stehen immer wieder im Mittelpunkt der Reformbemuhungen einzelner Borsensegmente zur Anpassung ihrer Segmentanforderungen.^^^ Die Aktienliquiditat und Informationstransparenz der Unternehmen und die zwischen diesen Zielen bestehenden Weciiselwirkungen werden im Folgenden eriautert.

3.1.1

Liquiditat

Eine entscheidende Voraussetzung fur die Funktionsfahigkeit des Borsenhandels ist die Liquiditat einer Aktie auf dem Sekundarmarkt. Ein Markt ist als liquide zu bezeichnen, wenn er den Marktteilnehmern in der Nahe des aktuellen Kurses hohe handelbare Volumlna (Marktbreite) sowie Handelsmoglichkeiten (Markttiefe) innerhalb ktirzester Zeit (Marktsofortigkeit) zur Verfugung stellt.^^^ Die Marktbreite erfasst den Konzentrationsgrad eines Marktes, d.h., inwieweit das an einem bestimmten Marktplatz getatigte Umsatzvolumen auf wenige oder mehrere Aktien verteilt ist.^^^ Der deutsche Aktienmarkt war lange Zeit durch eine nur geringe Marktbreite charakterisiert. Der Grofiteil des Borsenhandels konzentrierte sich in nur einigen wenigen, zumeist im DAX befindlichen Aktien. Der Umsatz in diesen Aktien war im Verhaltnis zu ihrer Marktkapitalisierung uberdurchschnittlich hoch. Aus der Konzentration des BSrsenumsatzes auf die Aktien grofierer Unternehmen folgte unmittelbar eine llliquiditat des Handels in den Titein kleiner und mittlerer Unternehmen/^ Da die Marktteilnehmer einen funktionsfahigen Borsenhandel suchen, hatten die weniger liquiden Markte in der Regel Probleme, sich nachhaltig die Aufmerksamkeit der Investoren zu sichern.^^^

^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 400. ^^° Vgl. Deutsche BOrse AG, 2003, S. 11; Baumeister / Werkmeister, 2001, S. 124; Grijnbichler / Henke, 1998, S. 189. Die Standardisierungsziele orientieren sich an der MarktMikrostruktur von Kapitaimarkten, vgl. hierzu Garman, 1976, 8. 257-275. ^^^ Vgl. Ries / Altmann, 2001, S. 199 f.; Keidel, 2000, S. 23; Deutsche Borse AG, 1998, S. 1; Plewka / Aymans, 1996, S. 2192, 2195. ^^^ Vgl. BCischgen, 1997, S. 96; Schwartz, 1991, S. 127; Kempf, 1998, S. 299-311. ^^^ Vgl. Bittner, 1997, S. 63; Gerke, 1995, S. 22. Unter dem Begriff Umsatzvolumen wird die Summe der Wertpapiere verstanden, die in einem bestimmten Zeitraum umgesetzt werden, vgl. Liesner, 1996,3. 153. ^^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 96; Rasch, 1996, S. 53. ^^^ Vgl. Flach / Wilhelm, 1997, S. 107; NSgel, 1999, S. 180.

39 Die Markttiefe erfasst das in einem bestimmten Markt getatigte Umsatzvolumen pro Transaktion.^^® Eine ausreichende Markttiefe garantiert, dass in der NShe der aktuellen Marktpreise ein stetiges Kauf- und Verkaufsinteresse besteht, so dass auch bei starken IVIarktveranderungen umfangreiche Transaktionen gewShrleistet sind.^^^ Das Volumen des in einem bestimmten Wert getatigten BGrsenumsatzes wird dabei durch die Anzahl der im freien Handel umlaufenden Aktien (Streubesitz) bestimmt. Im Hinblick auf die Markttiefe vollzieht sich bei groden Untemehmen per annum haufiger ein EigentQmerwechsel als bei Aktien kleiner und mittlerer Unternehmen. UrsSchlich fur die geringe Umsatzaktivit^t kleiner und mittlerer Unternehmen sind u.a. die teilweise sehr hohen Festbesitzantelle der Alteigentumer, welche die Anzahl der im freien Handel verfugbaren Aktien und damit das Emissionsvolumen verringern.^^® 1st aufgrund der geringen Marktkapitalisierung von mittelst^ndischen Unternehmen das maximal mogliche Handelsvolumen ohnehin reduziert, so birgt der Tatbestand der geringen Umschlagshaufigkeit aufgrund einer niedrlgen Anzahl handelbarer Aktien die Gefahr, dass eine jederzeitige Ankaufs- und Verkaufsmoglichkeit der Investoren fur solche Werte nur eingeschrankt mbglich ist. Als Kompensation fur das ubernommene llliquiditatsrisiko verlangen Investoren eine hohere Rendite (Kursabschlag), was fur die Emittenten eIne Erhohung ihrer Finanzierungskosten bedeutet.^^^ Potenzielle Investoren sind folglich bereit, ein liquides Wertpapier zu einem hoheren Preis zu kaufen als ein illiquides. Letzteres unterstreicht die eingangs beschrlebene Fordemng der Banken und Borsen, die einen funktionsfahigen Borsenhandel erst ab einer kritischen Hohe des Emissionsvolumens gesichert sehen.^'*^ Die Marktsofortigkeit bezieht sich auf den Zeitraum, der benotigt wird, um an einem Kapitalmarkt eine Transaktion einer bestimmten Grode realisieren zu konnen.^^^ Die Sofortlgkeit eines Marktes ist um so hoher, je geringer der Zeitraum bemessen ist, der zwischen der Entscheidung zur Tatigung einer Transaktion sowie der Auffindung eines transaktionswilligen Marktpartners respektive der letztendlichen Ausfuhrung

^^^Vgl. Liesner, 1996, S. 158. ^^^ Vgl. Bittner, 1997, S. 63; Gerke, 1995, S. 22; Gerke / Rapp, 1994, S. 5-23. ^^® Vgl. Grunbichler/ Henke, 1998, S. 182; BQschgen, 1997, S. 97. ^^® Vgl. Baumeister/Werkemeister, 2001a, S. 122; Rasch. 1996, S. 62 f. ^*°SieheKapitel2.1.2.2, S. 17. '^' Vgl. Liesner, 1996, S. 99 f., 177 f.

40 der Transaktion liegt. Die Marktsofortigkeit erweist sich unter Risikoaspekten als relevant, da von dem Zeitpunkt, der die Grundlage fur die Entscheidungsflndung eines Investors darstellt, bis zur Realisation einer Wertpapierorder sich eine neue Informationssituation einstellen kann, die eine aus Sicht des Investors negative VerSnderung der Wertpapierkurse induziert.^*^ In diesem Zusammenhang existieren drei Verfahren, die sich in ihrer Einflussnahme auf die Marktsofortigkeit unterscheiden:^"*^ -

Beim klassischen Auktionsverfahren konkurrieren die Auftr^ge der Investoren direkt miteinander, so dass bei umsatzschwachen Aktien eine geringe Marktsofortigkeit entstehen kann. Auf Basis der vorllegenden Kauf- und Verkaufsauftrage werden letztendlich marktraumende Kurse ermlttelt, allerdings mit dem Risiko, dass es sich um Preise handelt, die nicht den wahren Unternehmenswert reprasentieren.

-

Beim Market-Maker-Verfahren kann das Risiko einer geringen Marktsofortigkeit auf den Market Maker abgewalzt werden, der sich als Kontraktpartner fur die jederzeltige Tatigung von Transaktionen bereithalt. Daruber hinaus kann der Market Maker durch die kontinuierliche Sammlung und Auswertung von Informationen uber die von ihm betreuten Aktien bestehende Fehlbewertungen identifizieren und durch die Festsetzung eines risikoadaquaten Preises berucksichtigen.

-

Als ein hybrides System zwischen Auktionsverfahren und Market-Maker-Verfahren ist das Designated-Sponsor-Verfahren einzuordnen. Im Unterschied zum Market Maker liefert der Designated Sponsor nicht fortlaufend, sondern nur auf Anfrage verbindliche Kauf- und Verkaufskurse. Er ist nur zur Kursstellung bei einem Ungleichgewlcht zwischen Angebot und Nachfrage verpflichtet.

Den Sofortigkeitsservice lassen sich Market Maker und Designated Sponsor verguten. Die Kosten der Sofortigkeit finden ihren Ausdruck in der Spanne der gestellten An- und Verkaufskurse und fuhren zu einer Erhohung der mit einer Wertpapiertransaktlon verbundenen Transaktionskosten, da der faire Preis der Aktie innerhalb dieser Spanne liegt und der Kontrahent gegenuber diesem Wert einen Preisauf- bzw. -abschlag in Kauf nimmt. Wird der Market Maker bzw. Designated Sponsor bei Aktien ^^^ Vgl. Schmidt / Prigge. 1995, S. 318. ^"^^ Vgl. Bittner, 1997, S. 44-48; Rasch, 1996, S. 108, 116 f.; Schmidt / Prigge, 1995, S. 315.

41 mit einer geringen Liquiditat (Markttiefe) das Risiko, einen geeigneten Kontraktpartner zu finden, prinzipiell hoher einstufen, so sind der Preis und die damit verbundenen Transaktionskosten prinzipiell hoher als bei Aktien mit einer hohen Liquiditat. Die hoheren Transaktionskosten verringern die erzielbaren Renditen der Investoren. Allerdings wird durch die Bereitstellung einer jederzeitigen Transaktionsmoglichkeit das Risiko zur Inkaufnahme von Risikoabschlagen bei einem spateren Verkauf der Aktien gemindert.^'*'* In der Konsequenz werden Investoren eher bereit sein, in umsatzschwache Titel zu investieren, wenn diese von einem Market Maker bzw. Designated Sponsor betreut werden. Die Ausfuhrungen zeigen, dass Marktteilnehmer liquide Markte zur Sicherstellung eines funktionsfahigen Borsenhandels bevorzugen. Die Akzeptanz und Attraktivitat eines Borsensegments stelgt mit den Anforderungen, die eine hohe Liquiditat der gehandelten Aktien sicherstellen. Ein Emittent kann durch die Wahl des Segments bzw. die Sicherstellung einer hohen Liquiditat den Preis fur seine Aktien positiv beeinflussen und damit seine Kosten fur die Eigenkapitalbeschaffung reduzieren.^"*^ 3.1.2 Informationstransparenz Von funktionsfahigen Kapitalmarkten wird erwartet, dass bei Bekanntwerden neuer bewertungsrelevanter

Informationen

eine

grodtmogliche

Anpassungsge-

schwindlgkeit- und -qualitat der Aktienkurse gewahrleistet ist. Die Anpassung der Aktienkurse an eine geanderte Informationssituation vollzieht sich dergestalt, dass die Marktteilnehmer eine Informationssammlung

und -auswertung betreiben,

mogliche Ober- und Unterbewertungen von Aktien identlfizleren und daraufhin durch entsprechende Kauf- und Verkaufsorders Vorteile zu realisieren suchen. Je grofier die Anzahl der Investoren, die in der beschriebenen Weise handein, und je schneller sie dieses tun, desto hoher ist die „Qualitat" und Anpassungsgeschwindigkeit der Kurse.^"' Eine hohe Anpassungsgeschwindigkeit- und -qualitat der Aktienkurse setzt voraus, dass die Marktteilnehmer einen moglichst sofortigen und vollstandigen Zugang zu neuen bewertungsrelevanten Informationen in gleichem Umfang erhalten und ihr . Buschgen, 1997, S. 100. ^^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999. S. 399 f.; Baums, 1996, S. 6; Schmidt / Prigge, 1995, S. 311. ^^® Vgl. Buschgen. 1997, S. 98.

42 neues Wissen umgehend in Transaktionen umsetzen kdnnen. Die Funktionsf^higkeit des Kapitalmarktes wind somit auch vom AusmaR der Informationstransparenz der Unternehmen bestimmt.^'*^ Letzteres hat wiederum einen entscheidenden Einfluss auf die Bewertung der Unternehmen, da durch einen hohen Informationsstand der Marktteilnehmer die Gefahr einer Fehlbewertung abnimmt.^^® Investoren meiden im Allgemeinen diejenigen Aktien, in denen die Informationsasymmetrien am grSfiten sind. Fur Investoren, die in diese Titel investiert haben bzw. zu Investieren beabsichtigen, bestunde die Gefahr, dass sie von anderen IVIarktteilnehmern, die uber zusatzliche Informationen verfugen, ubervorteilt wurden. Antizipieren die informationsmafiig unterlegenen IVIarkteilnehmer diesen Sachverhalt, so wurden sie ihr Engagement in diese Titel reduzieren, was die Liquiditdt der betreffenden Aktien elnschrSnken wurde/^® Damit kann eine asymmetrische Informatlonsverteilung nicht nur zu eIner elngeschr^nkten Funktionsfahigkeit, sondern sogar zum Versagen eines Marktes fuhren. Eine hohe Informationstransparenz mindert die Gefahr asymmetrisch verteilter Informationen und tragt unmittelbar zur Steigerung der Transaktionsbereitschaft der Marktteilnehmer und damit zu einer Erhohung der Liquidit^t b e i / ^ Die Beschaffung und Auswertung der Informationen ist fur die Marktteilnehmer mit Kosten verbunden. Eine Informationsverarbeitung ist nur fur den Fall vorteilhaft, wenn die fur entsprechende Wertpapiertransaktionen enA^arteten Gewinne die durch die Informationsverarbeitung entstandenen Kosten kompensieren. Dies ist um so eher moglich, je weniger schnell sich ein Kurs durch entsprechende Wertpapiertransaktionen an seinen „fairen Wert" anpasst und je mehr Wertpaplere umgesetzt werden konnen, ohne dass der Kurs beeinflusst wird. Eine Wertpapiertransaktion gleichen Umfangs verursacht bei weniger liquiden Titein starkere Kursanderungen als bei Titein hoher Liquiditat, so dass bei ersteren eine Fehlbewertung schneller korriglert wird. Den kostenintensiven Research-Aktivitaten stehen - begrundet durch die schnellere Kursadaption - geringere Gewinnrealisationen gegenijber. Der Grenznutzen einer Information hSngt somit von der Liquiditat eines Titels ab. Je mehr

^^^ Vgl. Heitzer / Sohn. 1999, S. 400; Grunbichler / Henke, 1998. S. 185 f. '*® Vgl. Liesner, 1996, S. 98; Gerke / Rapp, 1994, S. 11. '^® Vgl. Grunbichler / Henke, 1998, S. 188; Rasch, 1996, S. 65, 107. ^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 400.

43 Aktien umgesetzt werden kdnnen, ohne dass der Kurs beeinflusst wird, desto grOBer der potenzielle Nutzen einer intensiven Informationsverarbeitung.^^^ Bei illiquiden Aktien sind die Anreize, detaillierte Unternehmensanalysen durchzufuhren, geringer, da die Kosten fur die Informationsbeschaffung und -verarbeitung evti. nicht gedeckt werden kSnnen.^^^ Ein Sachverhalt, der in der Praxis dazu gefuhrt iiat, dass die Analysten der FinanzintermediSire in der Vergangenheit ihre Analyse-Aktivitaten vorzugsweise auf hoch liquide Standardwerte konzentrierten und die IVIarktbeobachtung nur restriktiv auf kleine und mittlere Unternehmen ausgeweitet wurde.^®^ Letzteres korrespondiert mit der eingangs beschriebenen Anfordemng der Banken, fur die sich eine Emission bzw. ein anschliefiender B6rsenliandel erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen lohnt.^^ Bis IVIitte der 90er Jahre zeiciineten sich Segmente fur mittelstandische Unterneiinnen durcii geringe Transparenzanforderungen aus, urn den Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erieichtern. Verstarkt wurde die geringe Informationstransparenz durch die Haltung der Unternehmen, nur die durch die Borsensegmente zwingend

vorgeschriebenen

Informationen

verOffentlichen

zu

wollen.^^^ Diese

Entwicklungen haben dazu gefuhrt, dass die Beurteilung des Unternehmenswertes nur eingeschrankt moglich war und Investoren nur restriktiv in einzelne Werte investierten, so dass die entsprechenden IVIarktsegmente ein Schattendasein fuhrten.^^ Unterstellt man, dass Investoren eine hohe informatlonstransparenz der Kapitalmarkte bzw. der notierten Unternehmen wunschen und honorieren, lassen sich daraus Ruckschlusse auf die Attraktivitat bzw. Akzeptanz einzelner Borsensegmente und deren Anforderungen Ziehen.^^^ Ein Emittent, welcher sich fur ein anspruchsvolles Segment entscheidet bzw. die entsprechenden Anforderungen frelwillig erfullt, kann demnach mit einer hohen Aufmerksamkelt durch die IVIarkttellnehmer rechnen.

'^' Vgl. Buschgen, 1997, S. 98; Rasch, 1996, S. 105 f.; Rehkugler, 1993, S. 45. ^^^ Vgl. Pjetzsch. 2004, S. 301; NSgel, 1999, S. 180; Grunbichler / Henke, 1998, S. 187 f. ^^^ Vgl. ausfuhrlich Pietzsch, 2004, S. 142-145; auch Buschgen, 1997, S. 98; Baums, 1996, S. 6; Rasch, 1996, S. 106 f.; Gerke, 1995, S. 21. Die Marktbeobachtung von mittelstandischen Unternehmen hat insbesondere seit der Grundung des Neuen Marktes und des SMAX zugenommen, vgl. o.V., 2000f, S. 23 f. ^^SieheKapitel2.1.2.2, S. 17. '^^ Vgl. RodI / Zinser. 2000, S. 57. ^^ Vgl. Grunbichler/ Henke, 1998, S. 185. '^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 400.

44 3.1.3 Zusammenhang zwischen Liquiditat und Informationstransparenz Die Bedeutung und der Zusammenhang zwischen Liquiditat und Informationstransparenz zeigt sich auch in einem so genannten „doppelten Teufelskreis der Umsatzlosigkeif^^®. Dabei lassen sich eine Informations-Ebene und eine Transaktions-Ebene voneinander abgrenzen, zwischen denen ROckkopplungs- bzw. Selbstverstarkungseffekte bestehen (siehe Abbildung 11). Geringe Nachfrage nach Untemehmensanalysen

Mangelnde Informationsverarbeitung

A

1 Informations-Ebene

1

T

Geringe Borsenumsatze

Geringe Handelsbereitschaft der Anleger A Transaktions-Ebene

^r

Abbildung 11:

1

Doppelter Teufelskreis der Umsatzlosigkeif ^^

Auf der Informations-Ebene verringern geringe Borsenumsatze mangels Liquiditat die Nachfrage nach Untemehmensanalysen und damit das Ausmafi der Informationsverarbeitung. Dies schrankt die Informationseffizienz des Marktes ein und erhoht die RIsiken einer asymmetrischen

Informationsverteilung. Letzteres schrankt

wiederum die Handelsbereitschaft der Investoren ein, so dass die Borsenumsatze welter zuruckgehen. Auf der Transaktions-Ebene entstehen dem Investor aufgrund der vorherrschenden llliquidltat hohere Transaktionskosten. Dies reduziert die Handelsbereitschaft der Investoren und verringert wiederum die Borsenumsatze, was die llliquidltat welter verstSrkt.^^ Dieser Teufelskreis kann schliefllich zu einer Zweiteilung der Aktienmarkte fuhren: Auf der einen Selte werden die Aktien der international bekannten Standardwerte immer schneller umgeschlagen. Die gestiegene Umsatzaktivitat und Liquiditat dieser Titel reduziert die Renditeforderungen der Anleger und damIt die Kapitalkosten der

' Leven. 2002, S. 14; Palm. 2002, S. 35; Rasch, 1996, S. 110. ' In Aniehnung an Grunbichler / Henke. 1998, S. 189; Rasch, 1996, S. 131. ' Vgl. Pietzsch, 2004, S. 299; Palm, 2002, S. 35; Leven, 2002, S. 14.

45 Unternehmen. Auf der anderen Seite verlieren die Titel von kleinen und mittleren Unternehmen fur den Anieger immer starker an Attraktivitat und Bedeutung. Die Liquiditatsprobleme am Sekundarmarkt erschweren mittelstandischen Unternehmen die FInanzlerung uber den Primarmarkt. Um dennoch attraktiv zu blelben, mussen sle Ihren Elgenkapltalgebern eine hohere Rendlte bleten, was wiederum ihre Kapltalkosten erhoht^^^ Reformmaflnahmen, die Insbesondere selt Grundung des Neuen Marktes im Jahr 1997 verstarkt umgesetzt wurden, zlelen darauf ab, den dargestellten Teufelskreis zu durchbrechen. Dabel wird insbesondere auf eine verbesserte Liquidltat und erhohte Informationstransparenz Wert gelegt. Belde Mafinahmen haben explizlte Auswlrkungen auf die Investor Relations, die sich um die Aufmerksamkelt der Financial Community bemuhen/^^ Die Anforderungen der Borsensegmente sind danach zu beurteilen, inwiewelt sle eine hohe Liquidltat der Aktie und Informationstransparenz der Unternehmen unterstutzen. 3.2

Borsensegmente in Deutschland

Borsensegmente lassen sich zunachst nach dem Land, in welchem die Aktien gehandelt werden, In Inlandische und auslandlsche Segmente untertellen.^®^ Fur die Notlerung sowohl an einer inlandlschen als auch an einer auslandlschen Borse (so genannte „Doppelnotierung" oder „Dual Llsting"^^) entscheiden sich in der Regel Unternehmen, deren operatives Geschaft eine nennenswerte Internationale Ausrichtung besltzt. Die Internationalltat des Geschafts und ein damit verbundener Finanzierungsbedarf kann durch eine Doppelnotierung zugunsten einer Internationalen FinanzierungsbasIs diverslflzlert werden. Letzteres setzt eine entsprechend hohe Liquidltat der Aktie voraus, weswegen in der Regel nur grofle Unternehmen eine Doppelnotierung anstreben/^^ Daruber hinaus profltieren die Unternehmen von einer besseren Wahrnehmung und Starkung ihres internationalen Images.^^ Bel den

^^^ Vgl. Baumeister / Werkemeister, 2001b, S. 122; Grunbichler / Henke, 1998, S. 187. ^^^ Vgl. Streuer, 2004, S. 83; Deutsche Borse AG, 1998, S. 3. So richteten sich die Reformmaflnahmen des Neuen Marktes insbesondere an solche Unternehmen, die Investor Relations betreiben ...", vgl. Deutsche Bdrse AG 1999, S. 1. '^^ Vgl. RodI / Zinser, 1999, 8. 45. ^^ Blattchen / Jacquillant, 1999, S. 73. ^®^ Vgl. O.V., 2004, S. 21; R6dl / Zinser, 1999, S. 73 f. ^®® Vgl. Blattchen / Jacquillant. 1999, 8. 73-75.

ai^tive

46 etwa 25 deutschen Untemehmen, die z.B. an US-amerikanischen BGrsen gelistet sind, handelt es sich um Konzerne wie DaimlerChrysler, E.ON Oder Altana. Diese Unternehmen sind auch im DAX, dem Index der 30 grfidten deutschen Unternehmen, notiert. Die Masse der deutschen Emissionen, insbesondere die mittelstandischer Unternehmen, erfolgt ausschliefilich an iniandlschen Segmenten, auf deren Analyse sich diese Arbeit beschrSnkt/®^ Abbildung 12 zeigt die inlSndischen Bdrsenpldtze und B5rsensegmente, die fur eine Ennission und einen anschlieflenden BGrsenhandel in Frage kommen. Borsensegmente

Berlin Bremen

Amtlicher Handel HGeregelterMarktH

Freiverkehr

*-• IPO-Markt Amtlicher Handel H Geregelter Markt H Freiverkehr

Dusseldorf

Amtlicher Handel H Geregelter Markt H

Freiverkehr

Hamburg

Amtlicher Handel

Geregelter Markt H

^ IPO im Freiverkehr Freiverkehr

Hannover

Amtlicher Handel

Geregelter Markt H

MiJnchen

Amtlicher Handel H Geregelter Markt H

Stuttgart

*• Pradikatsmarkt Amtlicher Handel HGeregelterMarktH Freiverkehr

Abbildung 12:

•» Start-UD-Market Freiverkehr Freiverkehr

Deutsche Borsenplatze und Borsensegmente

In Deutschland haben Ennittenten die Wahl zwischen acht Borsenplatzen. Der bedeutendste ist die Frankfurter WertpapierbOrse, an der mehr als 90% der Handelsumsatze samtlicher in Deutschland notierter Werte getStlgt werden. Die anderen sieben Regionalborsen in Berlin, Bremen, Dusseldorf, Hamburg, Hannover,

Zur zweifelhaften Vorteilhaftigkeit einer Notierung mittelstandischer Unternehmen a n auslandischen Borsensegmenten vgl. Kuls, 2 0 0 0 , 8 . N5. Z u m Ruckzug grolier Unternehmen von US-amerikanischen BOrsen, vgl. o.V., 2004, 8 . 2 1 .

47 Munchen und Stuttgart teilen sich die restlichen 10%.^^ Die Notierung an nur einem Borsenplatz ist unter dem Gesichtspunkt einer hohen Aktienliquiditat und effizienten Kursflndung optimal, da eine Fragmentiemng des Handels unterbleibt. Insbesondere fijr mittelstandische Unternehmen wird die Notierung an nur einem Borsenplatz empfohlen, in der Regel an der Frankfurter Leitborse, da sie normalen/veise nur uber eine relativ geringe Aktienliquiditat verfugenJ®^ Neben einer Notierung an der Frankfurter Borse entscheiden sich einige Unternehmen zusatzlich fur einen weiteren Borsenplatz in der Nahe ihres Unternehmenssitzes, da sie eine hohere Identifikation der Investoren mit dem heimischen Unternehmen erwarten.^^° Vor dem Hintergrund eines globalen Wettbewerbs zwischen den Kapitalmarkten und der Internationalen Wahrnehmung nur einer nationalen Borse durfte dieser Vorteil jedoch zugunsten einer einzigen Notierung, in der Regel an der Frankfurter Leitborse, immer mehr in den Hintergrund treten.^^^ An den Borsenplatzen hat der Emittent die Auswahl zwischen drei Borsensegmenten: dem Amtlichen Handel, dem Geregelten Markt sowie dem Freiverkehr.^^^ Daruber hinaus gibt es noch den aufierborslichen Telefonhandel, dessen Stellenwert bei Neuemisslonen vernachlSssigt werden kann.^^^ Wahrend es sich beim Amtlichen Handel und beim Geregelten

Markt um offentlich-rechtliche

Borsensegmente

handelt, ist der Freiverkehr ein privatrechtliches Borsensegment. Die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes sind im Borsengesetz und der Borsenzulassungsverordnung fur alle Regionalborsen einheitlich geregelt.^^* Der Freiverkehr ist ebenfalls durch das Borsengesetz legitimiert, unterliegt aber weitestgehend der Dispositionsfreiheit der einzelnen Borsen, die eigene privatrechtliche Freiverkehrsrichtlinien eriassen durfen/^^ Die Unterscheidung der Segmente beruht auf unterschiedlichen Anforderungen an die Unternehmen. Der Amtliche Handel stellt die hochsten Anforderungen und ist fur grofie und etablierte Unternehmen konzipiert. Der Geregelte Markt wurde mit der

^^ Vgl. Biattchen / Jacquillant. 1999, S. 36; Hansen, 1983, S. 18. ®® Vgl. R6dl / Zinser. 2000, S. 328 f. ^° Vgl. O.V.. 2000a, S. 47; Biattchen / Jasper, 1999, S. 46; Liesner, 1996, S. 22 f. ^^ Vgl. Weiler, 2001, S. 90 f.; R6dl / Zinser, 2000, S. 46 f. ^^Vgl. Grod, 1999, S.24. ^^ Vgl. Blattchen / Jasper, 1999, S. 24; Potthoff / Stuhlfauth, 1997, S. 4. ''^ §§ 36 ff. BorsG (Amtlicher Handel); §§ 71 ff. BorsG (Geregelter Markt). ^^§78B6rsG.

48 Intention

eingefuhrt,

kleinen

und

mjttleren

Untemehmen

durch

geringere

Zulassungsbedingungen den Gang an die Borse zu erieichtern. Fur eine Notierung im Freiverkehr sind die Bedingungen am geringsten. Urn den gestiegenen Anforderungen globaler Kapitaimarkte Rechnung zu tragen, haben die Regionalborsen seit IVIitte der 90er Jaiire innerhalb ihrer Freiverkehrsmarkte eigenstandige privatrechtiiche Borsensegmente konzipiert, die bzgl. ihrer Anforderungen die der offentlich-rechtlichen Segmente zum Teil ubertrafen. IVIit den Initiativen sollte insbesondere fur mittelstandische Unternelimen der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt unterstutzt werden. Zielgruppen dieser Initiativen waren innovative und wachstumsstarke, meist junge Unternehmen. Das bekannteste Segment war der Neue Markt der Frankfurter Wertpapierborse.^^®

Um auch

mittelstandischen Unternehmen traditioneller Branchen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erieichtern, wurde von der Frankfurter Wertpapierborse der SMAX als ein weiteres Segment eingefuhrt. Hierbei handelte es sich nicht um ein Untersegment des Freiverkehrs, sondern um ein so genanntes „Qualitatssegment"^^^ das an die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes ankniipfte. Unternehmen, die bereits im Amtlichen Handel Oder im Geregelten Markt notiert waren bzw. eine Notierung beabsichtigten, konnten freiwillig zusatzliche Kriterien erfullen, um in den SMAX aufgenommen zu werden. Der SMAX verstand sich als Qualitatssegment, da sich die Unternehmen verpflichten mussten, Internationale Publizitats- und Liquiditatsvorschriften zu befolgen, die uber denen der offentlichrechtlichen Segmente lagen. Sowohl der SMAX als auch der Neue Markt wurden per 1. Januar 2003 in eine neue Segmentstruktur, den ..General Standard" und „Prime Standard", der Frankfurter Wertpapierborse uberfuhrt. Wahrend der General Standard lediglich die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes begrifflich unter einem Namen zusammenfasst, stellt der Prime Standard zusatzliche Anforderungen an die Unternehmen, die in etwa mit denen des Neuen Marktes und des SMAX vergleichbar sind.^^«

'^^Vgl.GroR, 2000, S. 212 f. ^^^ Deutsche Borse AG, 1998, S. 1. ^^® Vgl. Deutsche Borse AG, 2002c, 8.1-3. Zur veranderten 8egmentstruktur vgl. auch Muller, 2004, S. 122.

49 Nachfolgend werden die Anforderungen des Amtlichen Handels, des Geregelten Marktes und der Freiverkehrsmarkte beschrieben. Da die Frankfurter Borse mit etwa 90% des Handelsumsatzes die grolite Regionalborse darstellt und deshalb als Leitborse angesehen wird, werden ansciiliedend die Besonderheiten der Frankfurter Segnnentstruktur eriautert. Auf die Unterschiede zu den bisherigen Segmenten, Neuer Markt und SIVIAX, die sich speziell an mittelstSndische Untemehmen richteten, wird ebenfalls eingegangen. Die einzelnen Segmente werden in Tabelle 3 nocii einmal zusammenfassend dargestellt.^^^ 3.2.1 Amtlicher Handel Die rechtlichen Grundlagen fur die Zulassung von Wertpapieren zum Amtlichen Handel sind im Borsengesetz und der Borsenzulassungsverordnung festgelegt. Fur eine Zulassung zum Primarmarkt sind folgende Pflichten zu erfullen:^®° -

Der Emittent muss mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden und fur die letzten drei Geschaftsjahre Jahresabschlusse verGffentlicht haben.^®^

-

Dem Antrag auf Zulassung muss ein Prospekt beigefugt werden, der alle zur Beurteilung des Wertpapiers notwendigen Angaben enthalt.^®^

-

Die zu emittierenden Aktien mussen zu mindestens 25% von neuen AktionSren en^/orben werden (Streubesitz).^®^

-

Der Emittent muss ein haftendes Eigenkapital von mindestens Euro 1,25 Mio. nachweisen.^®"^

-

Das Emissionsvolumen muss mindestens Euro 2,5 Mio. betragen.^®^

-

Als Aktiengattung konnen sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien emittiert werden.^®®

Im Sekundarmarkt mussen folgende Pflichten erfullt werden: -

Die Rechnungslegung erfolgt nach dem HGB, wobei zukunftig auch die IFRS Oder US-GAAP akzeptlert werden.'^^

^®° §§ 36-44d BarsG; §§1-73 BOrsZulV. ^^' § 3 Abs. 1 BOrsZulV. '®^ § 36 Abs. 3 BOrsG. ^^^ § 9 Abs. 1 BorsZulV. ^^* § 2 Abs. 1 BOrsZulV. ^®^ § 2 Abs. 1 BorsZulV. '®® § 7 BorsZulV. ^®^ § 22 Abs. 4 BorsZulV.

50 -

Die Veroffentlichungen kOnnen ausschlieflllch in deutscher Sprache erfolgen/*®

-

Der Emittent muss zusStziich zum Jahresabschiuss mindestens einen Zwischenbericht veroffentiichen.^®®

-

Daruber hinaus ist der Emittent zur Ad-hoc-Publizitat verpflichtet.^®°

3.2.2 Geregelter Markt Die rechtlichen Grundlagen des Geregelten Marktes sind im Borsengesetz sowie in den jeweiligen Borsenordnungen der Regionalborsen geregelt. Da die Borsenordnungen der Regionalborsen bezuglich der offentlich-rechtllchen Segmente inhaltlich weitestgehend ubereinstimmen, wird damit fur alle Borsenplatze faktisch ein einheitlicher Standard geschaffen/®^ Die nachfolgenden Anfordemngen beziehen sich auf die Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. Die wesentlichen Anforderungen fur die Zulassung zum Primarmarkt sind:^®^ -

Der Emittent muss mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden und fur das letzte Geschaftsjahr seinen Jahresabschiuss veroffentlicht haben.^®^

-

Dem Zulassungsantrag ist ein Unternehmensbericht beizufugen, der Angaben uber den Emittenten und die Wertpapiere enthalt.^^^

-

Eine Mindeststreuung der Aktien ist nicht vorgeschrieben.^®®

-

Eine Mindesthohe des haftenden Eigenkapitals ist nicht vorgeschrieben.

-

Das Emissionsvolumen muss mindestens Euro 0,25 Mio. betragen.^®®

-

Als Aktiengattung konnen sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien emittiert werden.^®^

Im Sekundarmarkt sind folgende Pflichten zu erfiillen: -

Die Rechnungslegung erfolgt nach dem HGB, wobei zukunftig auch die IFRS oder US-GAAP akzeptiert werden.^""

'^^§13BorszulV. '^^ § 53 BGrsZulV. '^°§15WpHG. '^' Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 55. ^92 §§ 71.77 BOrsG; § 68-74 BSrsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. ^^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 B5rsG; § 69 Abs. 2 Nr. 1 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. '^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 BorsG. ^^^ § 69 Abs. 2 Nr. 3 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. '^® § 73 Abs. 1 Nr. 1 BorsG. ^^^ § 69 Abs. 2 Nr. 2 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse i.V.m. § 7 Abs. 1 BOrsZulV. ^^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 BOrsG i.V.m. § 7 Abs. 1 VerkaufsprospektG und § 22 Abs. 4 BOrsZulV.

51 -

Die Veroffentlichungen k5nnen ausschliefilich in deutscher Sprache erfolgen/®®

-

Der Emittent muss zusStziich zum Jahresabschluss mindestens einen Zwischenbericht ver6ffentliclien.^°°

-

Daruber hinaus ist der Emittent zur Ad-hoc-Publizitat verpflichtet.^°^

3.2.3 Freiverkehr Die Freiverkehrssegmente unterliegen weitestgehend der Dispositionsfreiiieit der einzelnen Regionalborsen. Die Zulassungsvoraussetzungen werden von einer privatrechtlichen Organisation, an der Frankfurter Wertpapierb6rse beispielsweise von dem Redaktionsausschuss der Vereinigung Frankfurter EffektenhSndler e.V., festgelegt. Die Bedingungen fQr eine Zulassung zum Primarmarkt sind im Vergleich zu anderen Segmenten am geringsten:^^ -

Es bestehen keine Vorgaben bzgl. der Existenzdauer des Emittenten. Die Jahresabschlusse und Geschaftsberichte der letzten drei Jahre mussen eingereicht werden, soweit das Unternehmen schon so lange bestanden hat.

-

In Aniehnung an den Prospekt ist ein Expose einzureichen, wobei die erforderlichen Angaben nicht explizit festgelegt sind und auch keine Pflicht besteht, das Expose zu veroffentlichen. Die Publizitatserfordernisse beschranken sich darauf, den Zulassungsantrag sowie die Entscheidung uber die Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr im Borsensaal bekannt zu geben.

-

Es bestehen keine Vorgaben bezuglich eines Mindeststreubesitzes, des Eigenkapitals, eines Mindestemissionsvolumens oder der Aktiengattung.

Im Sekundarmarkt bestehen keine Vorschriften bezuglich der Rechnungslegung und der Publikationssprache. Ebenfalls keine Verpflichtungen bestehen zur Veroffentlichung von Halbjahresberichten und zur Ad-hoc-Publizitat.^°^ In den Freiverkehr kann jede beliebige Aktie aus jedem beliebigen Land der Welt eingefuhrt werden. Die Zustlmmung des Unternehmens ist dafur nicht notwendig. Nur bei Widerspruch des Unternehmens unterbleibt eine Notierung. Im Freiverkehr

^^^ § 73 Abs. 1 Nr. 2 B6rsG i.V.m. § 7 Abs. 1 VerkaufsprospektG und § 22 Abs. 13 BdrsZuiV. 200 § 71 BSrsenordnung fur die Frankfurter WertpapierbOrse i.V.m. § 53 BOrsZulV. ^°^§15WpHG. ^°^ § 78 BGrsG. Vgl. z.B. die Richtlinien fur den Freiverkehr, Frankfurter Wertpapierborse AG, 1992, S. 3 f. Vgl. hierzu auch Zitzmann / Taubert, 2000, S. 115; Schrader, 1993, S. 28 f. ^°^ Vgl. Bittner, 1997, S. 94; Rosen, 1995, S. 344.

52 werden somit sehr unterschiedliche Aktien gehandelt. In Summe werden uber 2000 ausl^ndische Titel und rund 800 inl^ndische Werte an den acht deutschen BQrsenplatzen im Freiverkehr gehandelt. Die Informatlonstransparenz ist wegen der Vielfalt der Titel sehr unterschiedlich. Neben auslandlschen Weltkonzernen mit einer umfassenden Informationspolltik werden auch hochspekulative, unbekannte klelne Unternehmen, die nur wenige Unternehmensinformationen publizieren, gehandelt.^°'* Dementsprechend sind die Richtlinien vieler institutioneller Investoren im Hinblick auf diese kleinen Unternehmen sehr restriktiv. Wegen der mangelnden Transparenz werden viele Titel nur zuruckhaltend oder gar nicht gehandelt.^°^ Im Gegensatz zu den offentlich-rechtlichen Segmenten eroffnen die Frelverkehrsmarkte jedoch die Moglichkeit, relativ flexibel, d.h. ohne eine Gesetzesinitiative, International ubiiche Standards zu ubernehmen und in eigenstandigen privatrechtlichen Nischensegmenten, die sich vom allgemeinen

Freiverkehr

abgrenzen,

zusammenzufassen.^°® MIt der ErOffnung des Neuen Marktes am 10. M^rz 1997 als privatrechtllches Borsensegment des Frankfurter Freiverkehrs sollte insbesondere Innovatlven und wachstumsstarken kleinen und mittleren Unternehmen der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt erieichtert werden.^°^ Durch hohe Anforderungen an die

Liquiditat

und

Informatlonstransparenz,

die

internationalen

Standards

entsprachen und welt uber denen der offentlich-rechtlichen Segmente lagen, sollte eine hohe Investitionsslcherheit und damit Nachfrage auch internationaler Investoren sichergestellt werden. Die Konzeption des Neuen Marktes konnte in seinen Anfangsjahren diese Erwartungen erfullen und hat wesentlich zur Offnung des Kapitalmarktes fur kleine und mittlere Unternehmen beigetragen. Bis zu seiner Einstellung Ende 2002 waren insgesamt 353 Unternehmen am Neuen Markt notiert. Im Wettbewerb um die Gunst der Investoren versuchten auch die anderen Regionalborsen, die Attraktivitat ihrer Freiverkehrsmarkte durch zusatzliche Nischenmarkte zu steigern. Hierzu gehoren der JPO-Markt" in Berlin, der „IPO im Freiverkehr"-Markt in Dusseldorf, 6er „Start-Up-Market" in Hamburg und der ..Pradlkatsmarkt", „Pradlkatsmarkt Select" und „M:access" in Munchen.^°® Die Zielgruppen und Anforderungen

^^^ Vgl. Deutsche Informationsbdrse AG, 1999, S. 3 f., 10 f. ^°^ Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001b, S. 126; Biattchen / Jasper, 1999, S. 26. ^^ Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 77. ^°^ Ziffer 1 Regelwerk Neuer Markt. ^°® Vgl. Scherer, 2005, S. 16 f.; Rddl / Zinser, 2000, S. 46.

53 dieser Nischenmarkte ahnein denen des Neuen Marktes.^°® Die Anforderungen dieser Segmente sind in Anhang 1 dargestellt.^^° Im Raiimen dieser Arbeit soil die Entwicklung der regionaien Nischenmarkte niciit beurteilt werden. Diese konnten sich parallel zum Neuen Markt und zum SMAX nicht durchsetzen, was die Anzahl der notierten Unternehmen im letzten Jahr des Neuen Marktes veranschaulicht (siehe Tabelle 2).^^^ Segment

Anzahl notierter Unternehmen

Neuer Markt,

IPO-Markt,

Start-UpMarket, Hamburg

Pradikatsmarkt,

Berlin

IPOim Freiverkehr, Dusseldorf

Munchen

Pradikatmarkt Select, Munchen

Frankfurt

353

9

2

5

12

2

Tabelle 2: Notierungen in NIschensegmenten der Freiverkehrsmarkte^^^

3.2.4 Borsensegmentlerung der Frankfurter Wertpapierborse An der Frankfurter Wertpapierborse werden die offentlich-rechtlichen Segmente in einer fur Frankfurt eigenstandigen Segmentordnung zusammengefasst und urn weitere insbesondere Internationale Anforderungen erganzt. Die Marktteilnehmer sollen dadurch leichter unterscheiden konnen, Inwieweit sich Unternehmen zur Erfijllung eher nationaler bzw. internationaler Anforderungen verpflichtet haben. Wesentliche Inhalte der Segmentierung der Frankfurter Wertpapierborse sind eine Zweiteilung des Gesamtmarktes in den General Standard und den Prime Standard mit unterschiedlichen Transparenzanforderungen sowie einem sektoralen Indexkonzept (siehe Abbildung 13, Seite 54).^^^

^°^ Vgl. Deutsche Informationsborse AG, 1999. S. 12. 22. ^'°SieheAnhang1.S. 259. ^^^ Vgl. Cook. 2000. S. B1. der die ZukunftsfShigkeit mehrerer nationaler Borsen anzweifelt. Vgl. hierzu auch Baumeister / Werkmeister, 2001b, S. 130. ^^^ Veroffentlichungen der einzelnen BOrsensegmente per 31.12.2002. Das Munchner M:accessSegment ist in der Tabelle nicht beriicksichtigt worden. da seit dessen Start am 01.07.2005 noch keine Notierungen vorlagen. ^^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2002c. S. 1-3.

54 Branchenindizes:

V (

\

1. 2. 3. 4. 5.

AutomobJIbranche Banken Bauindusliie Chemie Energie/Rohstoffe

Branchen- 6. Finanzdienstleistungen

CDAX<

DAX umfEBStdie 30 gidHten Untemehmen MDAX unfasst die 50 grdlten Unlemehmen untertiab des DAX SDAX unfasst 50 kleine und mitllere Untemetmen unterhalb des MOAX TecDAX unfasst 30 Untemehmen der Technobgiebranchen

Abbildung 13:

Z.Handel 8. Induslrie 9. Konsumguter 10. Medien 11. Pharma und Gesundheit 12. Nahrungsmittel 13. Soflware 14. Techndogie 15. Telekommunikation 16. Transport und Logislik 17. Vefsicherungen 18. Versorger

Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse^^^

Fur den General Standard gelten die gesetzlichen Mindestanforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes. Fur den Prime Standard mussen zusatzlich zu den gesetzlichen Mindestanforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes folgende Transparenzanforderungen als Zulassungsfolgepflichten erfullt werden: -

Das Untemehmen muss in Abhangigkeit von der Aktienliqulditat einen oder mehrere Designated Sponsors nachweisen.^^®

-

Die Rechnungslegung muss nach internationalen Standards (entweder IFRS oder US-GAAP) erfolgen.'^'

-

Ad-hoc-Mitteilungen sind in deutscher und englischer Sprache zu veroffentlichen.'^'

-

Neben dem Jahresabschluss sInd Quartalsberichte in deutscher und englischer Sprache zu publizieren.^^®

-

Einmal pro Jahr muss ein Untemehmenskalender in deutscher und englischer Sprache veroffentlicht werden, der wichtlge Termine zu Hauptversammlungen, Bilanzpressekonferenzen und Analystenveranstaltungen enthalt.^^®

-

Eine Analysten- und Bilanzpressekonferenz ist einmal jahrlich durchzufuhren.^^°

In Aniehnung Potthoff / Lammersdorf, 2002, Folie 13; Gries, 2002, S. 27. I Vgl. Deutsche Borse AG, 2002a, S. 1 f. §§ 62, 77 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. 217 §§ 66, 81 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. 218 §§ 63, 78 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. ' §§ 64, 79 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse. ' §§ 65, 80 Borsenordnung fur die Frankfurter Wertpapierborse.

55 Das Indexkonzept setzt ausschlief^lich auf dem Prime Standard auf, d.h., fur die Auswahlindizes qualifizieren sich nur Emittenten aus diesem Segment. Die 30 grGfiten Unternehmen dieses Segments werden im DAX zusammengefasst. Unterhalb des DAX wird nach klassischen Branchen und Technologieunternehmen unterschieden. Fur die klassischen Branchen wird der IVIDAX berechnet, der sich aus den 50 grORten Unternehmen zusammensetzt. Der SDAX umfasst ebenfalls 50 Unternehmen und schliefit als Auswahlindex fQr kleinere und mittlere Unternehmen direkt unterhalb des MDAX an. Die 30 grOHten Technologieunternehmen werden im TecDAX abgebildet. Fur die Unternehmen im Prime Standard gibt es durchgehend insgesamt 18 Branchenindizes sowie einen Prime-AII-Share-lndex. Segmentubergreifend erfasst der CDAX alle deutschen Werte im Prime Standard und General Standard. Die Wahl, in welchem Segment die Unternehmen notiert werden wollen, bleibt den Emittenten selbst uberlassen. Grundsatzlich konnen jedoch nur Unternehmen, die im Prime Standard notiert sind, in die Auswahlindizes aufgenommen werden.^^^ 3.2.5 Borsensegmentierung der Frankfurter Wertpapierborse bis 2003 Die Deutsche Borse AG hatte mit der Einfuhrung des Neuen Marktes am 10. Marz 1997 und des SMAX am 29. April 1999 neben Amtlichem Handel, Geregeltem Markt und Freiverkehr zwei neue Segmente geschaffen, um die VerSnderungen an den internationalen Kapitalmarkten aufzugreifen. Neuer Markt und SMAX knupften in ihrer Konzeption an die Zulassungsbedingungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes an. Deren Regelwerke waren jedoch durch eine Reihe zusatzllcher Bedingungen gekennzeichnet, durch welche das Vertrauen und die Akzeptanz auch internationaler Investorenkreise erhoht werden sollte. Die Anforderungen an eine hohe Aktienliquiditat und Informationstransparenz waren dabei die zentralen Unterscheidungsmerkmale zu den bereits bestehenden Markten.^^^ Daruber hinaus wurde durch die Differenzierung der damals neuen Segmente nach thematischen Kriterlen versucht, die Attraktivitat sowohl fur Investoren als auch fur Emittenten zu steigern.^^^ Die Zielgruppe des Neuen Marktes stellten kleine und mittlere, meistens ^^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2002c, S. 1-3. Zur alten Indexstruktur vgl. Marek, 1999, S. 1260. ^^^ Vgl. Romer / Muller, 2000b, S. 1674; Gerke / Bank, 1999, S. 20; Heitzer / Sohn, 1999, S. 401. ^^^ Vgl. Nagel, 1999, S. 180; Deutsche BGrse AG, 1998, S. 3; Eilenberger, 1996, S. 33. Zur Forderung nach Themenmarkten vgl. Buss, 1998, S. B6.

56 relativ junge, innovative Wachstumsunternehmen in zukunftsweisenden, aber auch traditionellen Branchen mit Produkt-, Prozess- und

Dienstleistungsinnovationen

dar.^^^ Der SMAX wurde in erster Linie fur erfolgreiche mittelstandische Unternehmen aus traditionellen Branchen konzipiert.^^^ Beide Segmente, insbesondere der Neue Markt, sind mit ihrer verSnderten Ausrichtung auf eine breite Akzeptanz in der Financial Connmunity gestoden und konnten dem deutschen Markt fur Neuemissionen entscheidende Impulse geben. Seit Mitte 2001 kam die ursprunglich euphorische Emissionstatigkeit jedoch fast vollstandig zum Eriiegen. Neben einer allgemeinen Kapitalmarktbaisse wurde das Versagen der Segmente hauptsachlich auf die gescheiterten Geschaftsmodelle vieler Unternehmen und das zum Teil vorsStzlich kriminelle Verhalten einiger Vorstande zuruckgefuhrt.^^® Die ursprunglich positive Konjunktur und Aktienhausse wahrend der Grundungsphase konnte uber diese Missstande eine gewisse Zelt hinwegtauschen. Nach der Verlangsamung der weltwirtschaftlichen Konjunktur wurden diese Mangel jedoch offensichtlich und haben im Sog einbrechender Kapitalmarkte den Neuen Markt und den SMAX zusatzlich getroffen. Hintergrund der seit Januar 2003 gultigen Segmentierung der Frankfurter Wertpapierborse war, das geschwundene Vertrauen der Marktteilnehmer in die QualitSt und Soliditat der Segmente zuruckzugewinnen.^^^ Die Reformierung der Frankfurter Segmentstruktur ist in der anschlieflenden offentlichen Diskussion begriiSt worden, obgleich die Ursachen, die zu dem Vertrauensverlust gefuhrt haben, nicht zwingend zu einer neuen Segmentierung hatten fuhren mussen.^^® Gelitten hatten die Markennamen des Neuen Marktes und SMAX, nicht jedoch die vorhandenen

inhaltlichen Anforderungen. Letzteres wird auch als

Erklarung dafur angesehen, dass die Anforderungen

zu einem grofien Teil

beibehalten wurden.^^^ Nachfolgend werden die wesentlichen Anforderungen des Neuen Marktes und SMAX beschrieben.

^^'* Ziffer 1 Regelwerk Neuer Markt. Vgl. auch Franconi, 1997, 8. 90 f. ^^^ Ziffer 2 SMAX-Teilnahmebedingungen. Vgl. auch BlSttchen / Jasper, 1999, 8. 26 f. ^^® Vgl. O.V., 2002b, 8. 613; o.V., 2002c, 8. 16. ^^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2002c, 8. 1-3. ^^® Vgl. Kapfer. 2002, 8. 33. ^^ Vgl. Fickel, 2002. 8. 72; Habit / BSgei, 2002, 8. 47; Kapfer, 2002, 8. 32 f.; Martens, 2002, 8. 660. Vgl. hierzu auch Bessler / Kurth / Thies, 2001, 8. 245, 261; Ries / Altmann, 2001, 8. 207.

57 Die Zulassungsvoraussetzungen des Neuen Marktes waren in einem Regelwerk der Deutschen Borse AG festgelegt. Fur eine Zulassung im Prim^rmarkt mussten folgende Pfiiciiten erfullt werden:^^° -

Der Emittent solite mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden und seine Jahresabschlusse offen gelegt haben.^^^

-

Dem Antrag auf Zulassung musste ein Emissionsprospekt beigefugt werden, der alle zur Beurteilung des Wertpapiers notwendigen Angaben enthielt.^^^

-

Der Streubesitzanteil solite mindestens 20%, wenn moglich 25% des Grundkapitals betragen.^^^

-

Mit der Antragstellung musste ein Eigenkapital von mindestens Euro 1,5 Mio. nachgewlesen werden.^^

-

Das Emissionsvolumen musste mindestens Euro 5 Mio. betragen und zu 50% aus einer Kapitalerhohung stammen.^^®

-

Zugelassen waren bei der Erstplatzierung nur Stammaktien.^^®

Auch im Sekundarmarkt mussten die Emittenten eine Reihe von Pflichten erfullen: -

Die

Altaktionare

des

Unternehmens

mussten

einem

VerauRerungsverbot

(Lockup-Periode) zustlmmen, welches sie verpflichtete, ihre Aktien innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Emissionszeitpunkt nicht direkt oder indirekt zu verkaufen.^^^ -

Der Emittent musste mindestens zwei Designated Sponsors nachweisen.^^®

-

Die Rechnungslegung musste nach internatlonalen Standards (entweder IAS Oder US-GAAP) erfolgen.'^'

-

Alle Veroffentllchungen mussten in deutscher und englischer Sprache erfolgen.^'^^

^^° Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 3.2 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ § 5 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 38 Absatz 1 Nr. 2 BorsG i.V.m. den §§ 13 bis 40 und 47 BorsZulV und Ziffer 2.4 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 3.10 Regelwerk Neuer Markt. ^^ Ziffer 3.1 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 3.7 und 3.8 Regelwerk Neuer Markt. ^^ Ziffer 3.4 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 2.2 und 7.3.9 Regelwerk Neuer Markt. Zur Diskussion derartiger Lockup-Verpflichtungen vgl. Korfsmeyer, 1999, S. 205-212. 238 ° Ziffer 2.2 und 4 Regelwerk Neuer Markt. ^"'*' Ziffer 4.1.9 Regelwerk Neuer Markt. ^^° Ziffer 4.1.1, 7.1.1 und 7.3.2 Regelwerk Neuer Markt.

58 -

Der Emittent musste zusStzlich zum Jahresabschluss auch Quartalsberichte verSffentlichen."*^

-

Der Emittent war zur Ad-hoc-Berichterstattung verpfllchtet.^'*^ Einmal pro Jahr musste ein Unternehmenskalender verOffentlicht werden, der wichtige

Termine

zu

Hauptversammlungen,

BJIanzpressekonferenzen

und

Analystenveranstaltungen enthielt.^*^ Die Unternehmen des SMAX unterlagen den rechtlichen Bestimmungen des Amtiiciien Handels bzw. des Geregelten IVIarktes, je nachdem fQr welches traditionelle Segment sie sich entschieden hatten, und einer zusStzlichen Vereinbarung mit der Deutsciien B6rse AG, die sich auf die Anerkennung hSherer Liquiditats- und Publizit^tsvorschriften erstreckte.^^^ Die Standards des SMAX orlentierten sich an den Anforderungen internationaler Investoren und wurden in Aniehnung an den Neuen Markt festgelegt.^*^ Im PrimSrmarkt entsprachen die Voraussetzungen bzgl. des Streubesitzes denen des Neuen Marktes.^*® Die Regein zum IVlindestalter, zur Eigenkapitalausstattung, zum Mindestemissionsvolumen und zur Prospektpflicht entsprachen jeweils denen des Amtlichen Handels bzw. des Geregelten Marktes. Im Sekundarmarkt orlentierten sich die Pflichten an denen des Neuen Marktes, lediglich die Wahl des Designated Sponsors war auf einen beschrankt.'*' 3.3

Beurteilung der Borsensegmentanforderungen der Frankfurter Wertpapierborse

Im vorangegangenen Kapitel wurden die Anforderungen deutscher Borsensegmente aufgezeigt. Die nachfolgende Tabelle 3 stellt noch einmal alle Anforderungen der neuen und alten Segmente der Frankfurter Wertpapierborse gegenuber.

^^^ Ziffer 7.1.7 und 4.1.9 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ § 15 WpHG und Ziffer 7.3.12 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 7.3.4 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 2 SMAX-Teilnahmebedingungen. ^^^ Ziffer 2 und 3 SMAX-Teilnahmebedingungen. ^*® Ziffer 2 SMAX-Teilnahmebedingungen. ^^^ Ziffer 2 SMAX-Teilnahmebedingungen.

59

1 Kapitalmarkt

Anforderungen

Zielgruppe

Mindestalter

Prime Standard

Untemehmen, die internatlonale Standards erfUllen s. AH 0. GM

Prospektpflicht

s. AH 0. GM

Streubesitz

s. AH 0. GM

Eigenkapitalausstattung Mindestemissionsvolumen Kapitalerh5hung

s. AH 0. GM s. AH 0. GM

Aktiengattung

s. AH 0. GM

Primarmarkt

Lockup-Periode Designated Sponsor Rechnungslegungsnomi

Sekunddr- Publikationssprache markt Rechnungslegungsvorschriften

Ad-hoc-Publizitat Untemehmenskalender Analystenveranstaltung. Bilanzpressekonferenz

s. AH 0. GM

-

Empfohlen 2 IFRS Oder US GAAP Deutsch und Englisch Jahresabschluss und Quartalsberlchte Ja Ja Mindestens einmal jdhrlich

General 1 Neuer Markt SMAX Standard (bis 2003) (bis 2003) Geregelter Amtlicher Markt (GM) Handel (AH) Traditionelle Traditionelle Traditionelle, Innovative und mitteleher grolto wachstumsmittelstflndische Untemehmen stdndische Untemehmen Mittelstdndler Untemehmen Mindestens 3 Mindestens 3 Mindestens 3 s. AH 0. GM Jahre (Ausnah- Jahre (Ausnah- Jahre (Ausnahmen mOglich) men m6glich) men mOglich) BOrsenprospekt Untemehmenss. AH 0. GM Emissionsbericht prospekt mindestens mindestens mindestens 25% 20%. 20%, empfohlen 25% empfohlen 25% s. AH 0. GM Euro 1,25 Mio. Euro 1,5 Mio. Euro 2.5 Mio. Euro 0,25 Mio. Euro 5 Mio. s. AH 0. GM (Nennwert) (Kurswert) (Kurswert) mindestens 50% aus KapitalerhOhung Stamm- Oder Stamm- oder Nur StammStamm- oder Vorzugsaktien aktien Vorzugsaktien Vorzugsaktien 6 Monate 6 Monate Mindestens 2 Mindestens 1 IFRS Oder US HGB, zukUnftig HGB, zukQnftig IFRS Oder US auch IFRS und auch IFRS und GAAP GAAP US-GAAP US-GAAP akzeptiert akzeptiert Deutsch Deutsch Deutsch und Deutsch und Englisch Englisch JahresabJahresabJahresabJahresabschluss schluss schluss schluss und und und und HalbjahresHalbjahresQuartalsQuartalsbericht bericht berichte berichte Ja Ja Ja Ja Ja Ja Mindestens Mindestens einmal jdhrlich einmal jShrlich

-

-

-

-

-

•

Tabelle 3: Anforderungen der Frankfurter Wertpapierbdrse (inklusive Neuer Markt und SMAX) Nachfolgend wird untersucht, ob die Anfordeaingen geeignet sind, eine hohe Attraktivitat und Akzeptanz seitens der Financial Community zu erzeugen. Letzteres wurde der Erfullung originarer Investor-Relatlons-Ziele dienen, namllch einer erhohten Aufmerksamkelt seitens der Financial Community. Als Beurteilungsmafistab dienen die eingangs beschrlebenen Standardisiemngszlele, d.h., es wird analyslert, inwieweit die Anforderungen eine hohe LIquidltat und Informatlonstransparenz der Untemehmen unterstutzen. Gegenstand der Analyse ist die Segmentstruktur der Frankfurter Wertpapierborse. Damit werden sowohl die Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes, die im General Standard zusammengefasst sInd, als auch die zusatzllchen Anforderungen des Prime Standards abgedeckt. Daruber hinaus werden die Anfor-

60 derungen des Neuen Marktes und des SMAX in die Untersuchung mit einbezogen, urn Veranderungen gegenuber der alten Segmentstrul
Die Hohe des Streubesitzes bestimmt die Anzahl der Aktien, die an neue Aktionare abgegeben werden. Je holier der Streubesitz, desto hoher die Anzahl der handelbaren Aktien und damit die Liquiditat der AkWe.^*^ Wahrend der Amtliche Handel einen Mindeststreubesitz von 25% vorschreibt, gibt es fur den Geregelten Markt keine derartige Regelung (ebenso inn Prime Standard und SMAX). Im Neuen Markt mussten mindestens 20% der Aktien von neuen Aktionaren erworben werden, wobei ein Streubesitz von 25% empfohlen wurde. Bezuglich des Streubesitzes wird somit eine hohe Liquiditat am ehesten durch die Anforderung des Amtlichen Handels bzw. wurde durch die Empfehlung des Neuen Marktes sichergestellt.

-

Die Anzahl der Aktien, die gehandelt werden konnen, wird daruber hinaus durch die Hohe des haftenden Eigenkapitals bestimmt. Bei einer gleich bleibenden Stuckelung der Aktien und einem unveranderten prozentualen Streubesitz steigt die Anzahl der handelbaren Aktien mit der Hohe des haftenden Eigenkapitals. Die Forderung nach einem hohen Eigenkapital kann somit eine hohere Liquiditat der Aktien sicherstellen.^^ Fur eine Aufnahme in den Amtlichen Handel (ebenso Im Prime Standard und SMAX, keine Anforderungen im Geregelten Markt) mussen die Emittenten ein haftendes Eigenkapital von mindestens Euro 1,25 Mio. nachweisen. Im Neuen Markt lag diese Mindestanfordemng bei Euro 1,5 Mio. Unterstellt man Stuckaktien zu Euro 1,- und einen Streubesitz von 25%, so stunden nach den Mindestanforderungen des Amtlichen Handels 312.500 Stuckaktien zur Verfijgung, hingegen beim Neuen Markt 375.000 Stuckaktien, also ein Funftel

^*^ Siehe Kapitel 3.1.1, S. 38. ^*^ Vgl. Deutsche Bdrse AG, 2003, 8. 19; Baumeister / Werkmeister, 2001, S. 127. ^^ Vgl. Martens, 2002, S. 660 f.; Buschgen, 1997. S. 102.

61 mehr. Zur Sicherstellung einer moglichst hohen Anzahl handelbarer Aktien ware somit die Anforderung des Neuen Marktes zu praferieren. Neben der Anzahl der handelbaren Aktien wird die Liquiditat eines Wertes durch die Hohe des Emissionsvolumens, d.h. der Marktkapitalisierung der im Streubesitz befindlichen Aktien, bestimmt. Das Emissionsvolumen errechnet sich aus der Anzahl der im Streubesitz befindlichen Aktien multipliziert mit dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Notierungsaufnahme. Vor dem HIntergrund, dass insbesondere institutionelle Investoren grofie monetare Aniagevolumina zeichnen, steigt die Attraktivitat eines Wertes mit der Hohe des Emissionsvolumens.^®^ Insofern bestimmt nicht nur die absolute Anzahl der Aktien, sondern auch deren Kurs die Liquiditat der Aktie und damit die Handelsbereitschaft der Investoren. Zur Sicherstellung einer ausreichenden

Liquiditat verlangt der Amtliche

Handel

ein

Mindestemissionsvolumen von Euro 2,5 Mio., im Geregelten Markt sind es nur Euro 0,25 Mio. (ebenso im Prime Standard und SMAX). Der Neue Markt verlangte ein

Mindestemissionsvolumen

von

Euro

5

Mio.

Vergleicht

man

diese

Anforderungen mit denen der Emissionsbanken, die erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen (hier Euro 25 Mio.) eine ausreichende Liquiditat sichergestellt sehen, so kam die Anforderung des Neuen Marktes dieser am nachsten. Das Emissionsvolumen kann sich sowohl aus alten Aktien, die von den bisherigen Gesellschaftern abgegeben werden, als auch aus neuen Aktien, die aus einer Kapitalerhohung stammen, zusammensetzen. Wahrend eine reine Umplatzierung von Aktien der bisherigen Gesellschafter dem Unternehmen kein neues Kapital zufuhrt, steht das Geld aus einer Kapitalerhohung ausschliefllich dem Unternehmen zur Verfugung. Letzteres setzt einen entsprechenden Kapitalbedarf zur Finanzierung des Unternehmenswachstums voraus. Im Neuen Markt musste das zu platzierende Emissionsvolumen zu mindestens 50% aus einer Kapitalerhohung stammen. Eine reine Umplatzierung seitens der Altgesellschafter wurde somit unterbunden und 50% des Emissionserloses flossen ausschliefllich dem Unternehmen zu.^®^ Durch eine solche Verpflichtung wird der Borsengang nicht zu einer reinen Exit-Strategie fur die Altgesellschafter, sondern bedingt eine Wachstumsstrategie des Unternehmens, die zusatzliches Kapital erfordert. Letz-

^^^ Vgl. Buschgen, 1997. S. 102. ^^^ Vgl. Blattchen / Jasper, 1999. S. 29.

62 teres fGrdert ein hGheres Emissionsvolumen und damit die Liquiditat der AktJe.^®^ Eine hohe KapitalerhOhung und geringe Abgabe von Aktien durch die Altaktionare wird darQber hinaus als Beweis des Vertrauens in die zukunftigen Perspektiven des Unternehmens gewertet.^^ Weder Inn Amtllchen Handel noch im Geregelten Markt existiert eine Shnliche Anfordemng (ebenso im Prime Standard und SMAX). -

Im Amtllchen Handel und Geregelten Markt kOnnen als Aktiengattung sowohl Stammaktien als auch Vorzugsaktien emittlert werden (ebenso im Prime Standard und SMAX). Aufgrund eines mGglichen Stimmrechtsausschlusses eignen sich Vorzugsaktien z.B. zur Aufrechterhaltung des Einflusses der bisherigen Gesellschafter.

Investoren verhalten

sich gegenuber Vorzugsaktien jedoch

eher

zuruckhaltend, da sie eine negative Beeinflussung der Oben/vachungsmoglichkeit vermuten.

Die

Zuruckhaltung

potenzieller

Investoren

beeintrSchtigt

die

Handelbarkeit und damit Liquiditat der Aktie. Im Neuen Markt waren aus diesem Grunde nur Stammaktien zugelassen, um die LiquiditSt der AktIe zu steigern.^®® -

Fur den Sekundarmarkt gait im Neuen Markt ein sechsmonatlges VerSulierungsverbot (Lockup-Periode) fur die AltaktionSre. Das VerauBemngsverbot hatte zum Ziel, einen Vertrauensgewinn bei Investoren zu erzeugen, dass kurz nach der Emission kein Ausverkauf des Unternehmens stattfindet und durch einen Angebotsuberhang die Liquidltat des Wertes negativ beeinflusst wird. Eine von Investoren akzeptierte Malinahme, die viele Unternehmen dazu veranlasste, die vorgeschriebenen sechs Monate in der Regel zu verdoppeln.^^ Weder im Amtllchen Handel noch im Geregelten Markt gibt es eine ahnliche Regelung (ebenso nicht im Prime Standard und SMAX).

Die Liquiditat einer AktIe wird auch durch die Marktsofortigkeit positiv beeinflusst, d.h. den Zeitraum, der benotigt wird, um an einem Markt eine Transaktion einer bestimmten Grolie realisieren zu konnen. Wie eingangs eriautert, kann bei umsatzschwachen Titein durch die Funktion eines Market Makers bzw.

Designated

Sponsors eine jederzeitige Basisliquiditat sichergestellt und damit die Marktsofor-

^^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 401. ^^ Vgl. Hommel / Vollrath. 2001, S. 604 f. ^^^ Vgl. Heitzer/ Sohn, 1999, S. 402; Buschgen, 1997, S. 97, 102. ^^ Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001, S. 125; Luther, 2000, S. 3; Korfsmeyer, 1999, S. 205.

63 tigkeit des Aktienhandels erhoht werden.^^^ Durch den Zusammenhang zwischen der Liquiditat eines Marktes auf der einen Seite sowie der Informationstransparenz der Unternehmen auf der anderen Seite (siehe Abbildung 11, Seite 44) erhoht der Designated Sponsor nicht nur die Liquiditat der Aktie, sondern unterstutzt gleichzeitig auch die Informationstransparenz der Unternehmen. Weder der Amtliche Handel noch der Geregelte Markt schreibt die Verpflichtung eInes Designated Sponsors vor. Hingegen durfen im Prime Standard weniger liquide Werte nur dann fortlaufend gehandelt werden, wenn mindestens ein Designated Sponsor - die Deutsche Bfirse empfiehit zwei - die notige Liquiditat sicherstellt. Wahrend im Neuen Markt mindestens zwei Designated Sponsors vorgeschrieben waren, beschrankten sich die Anforderungen des SMAX auf einen. Vor dem Hintergrund, dass Investoren eine hohe Marktsofortigkeit schatzen, werden sle eher bereit sein, in umsatzschwache Titel zu investieren, wenn diese von einem Designated Sponsor betreut werden.^^ Der Vergleich zeigt, dass die Anforderungen des Neuen Marktes bezuglich der Eigenkapitalausstattung, des Mindestemissionsvolumens, der Verpflichtung zu einer Kapitalerhohung und der Aktiengattung eine hohe Liquiditat eher unterstutzen als die Anforderungen aller anderen Segmente. Ein Veraufierungsverbot (Lockup-Periode) existierte nur im Neuen Markt und SMAX. Zur Sicherstellung eines liquiden Handels sieht nur der Prime Standard bzw. sah nur der Neue Markt und SMAX die Verpflichtung von Designated Sponsors vor. In Bezug auf den Streubesitz setzt der Amtliche Handel (und damit auch der Prime Standard) mit einer Mindestanforderung von 25% die hochsten Standards, wahrend Neuer Markt und SMAX nur 20% vorschrieben, allerdings eine Empfehlung von 25% aussprachen. Ordnet man die Borsensegmente nach der Anzahl der Anforderungen, die eine hohere Liquiditat unterstutzen, so ergibt sich folgende Reihenfolge: Neuer Markt, SMAX, Prime Standard, General Standard bzw. Amtlicher Handel und Geregelter Markt (siehe die Gegenuberstellung in Tabelle 3, Seite 59). Der Verzicht auf einige Anforderungen bzw. ihre Herabsetzung durch die Einstellung des Neuen Marktes und des SMAX verwundert, da dies die Aktienliquiditat beeintrachtigt. Seitens der Frankfurter Wertpapierborse wurde bei der Einfuhrung des Prime und General

^^^ Vgl. Deutsche Bdrse AG, 2002a, S. 1 f. Gerke / Bosch, 2000, S. 1 f. weisen die erhdhte Liquiditat insbesondere in liquiditatsschwachen Titein nach. ^^ Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 402; Buschgen, 1997, S. 97, 100.

64 Standards eine starkere OrientJerung an den Anforderungen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes damit begrundet, dass man sich von deren offentlichrechtlichem Status eine bessere Durchsetzbarkeit und Starkung des Investorenvertrauens erhofft.^®^ Nachdem die Marktteiinehmer in der Vergangeniieit in den Genuss hoherer Liquiditatsanforderungen gekommen sind, ist zu vermuten, dass sie deren Erfullung auch zukunftig honorieren werden. Wahrend unter Liquiditatsaspekten zumindest der Prime Standard gegenuber dem General Standard vorzuziehen ist, stellt sich insbesondere fur liquiditatsschwache mittelstSndische Emittenten die Frage, die weggefallenen bzw. hoheren Anforderungen gegebenenfalls freiwillig zu erfijlien. Letztere bezieiien sich auf die Eigenkapitalausstattung, das Mindestemissionsvolumen, die Verpflichtung zu einer Kapitalerhohung, die Aktiengattung und das Veraufierungsverbot (Lockup-Periode). Die freiwillige Erfullung dieser Anforderungen setzt jedoch seitens der Unternehmen eine eindeutige Signalisierung voraus, urn die Aufmerksamkeit der Financial Community auf sich zu Ziehen.'^ 3.3.2 Informationstransparenz Eine wesentliche Voraussetzung fur einen funktionsfahigen Borsenhandel ist ein hoher Informationsstand aller Marktteiinehmer. Investoren sind nur bereit, in ein Unternehmen zu investieren, wenn sie uber dieses ausreichend informiert werden und nicht befurchten mussen, dass sie gegenuber anderen Investoren benachtelllgt werden. Die Informationstransparenz der Unternehmen ist folglich ein entscheidender Bestandteil ihrer Investitionsentscheidung.^^^ Nachfolgende Punkte beziehen sich auf die Segmentanforderungen bezugllch der Informationstransparenz der Unternehmen: -

Die Anpassung an international ubiiche und vor allem im angelsachsischen Raum praktizierte Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS Oder US-GAAP) unterstutzt die Vertrauensbildung und damit Ansprache internationaler Investorenkreise.^®^ Eine eindeutige Verpflichtung zu internatlonalen Rechnungslegungsstandards enthalt der Prime Standard (ebenso der Neue Markt und SMAX). Im General

^^® Vgl. Deutsche BOrse AG. 2002d, 8. 1. ^ Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001, S. 122 f. ^^^ SieheKapitel 3.1.2, S. 4 1 . ^^^ Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001, S. 127.

65 Standard (bzw. Amtlichen Handel und Geregelten Markt) stellen internationale Rechnungslegungsstandards lediglich eine fakultative Anfordeaing dar. Neben internationalen Rechnungslegungsstandards tragt die parallele Veroffentlichung von UnternehmensinformatJonen in deutscher und englischer Sprache denn zunehmenden Trend global konkurrierender Kapitalmarkte gezielt Rechnung und erielchtert internationalen Investoren die Analyse der Unternehmen.^^ Eine entsprechende

Veroffentlichungspflicht

obliegt den

Unternehnnen

im Prime

Standard (ebenso im Neuen Markt und SMAX). Die Anforderungen des General Standard (bzw. Amtlichen Handels und Geregelten Marktes) beschranken sich auf eine Veroffentlichung in deutscher Sprache. Eine moglichst zeitnahe Versorgung der Financial Community mit aktuellen Informationen kurzfristige

verbessert

deren

Veranderungen

der

Entscheidungsgrundlage, GeschaftsentwIcklung

damit

reagieren

sie

auf

konnen.

Insbesondere die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen mIt einer gegebenenfalls nur geringfugig diversifizierten und etabllerten Produktpalette (z.B. Ein-Produkt-Unternehmen) kann durch kurzfristige Anderungen In den wirtschaftlichen Gegebenheiten grofleren Schwankungen unterliegen als die grolierer Untenehmen. Daher ist es bei derartigen Werten fur die Vertrauensbildung der Investoren wichtig, regelmadige und detailllerte Informationen uber die laufende und zukunftige GeschaftsentwIcklung zu erhalten.^^ Eine kurzfristige Berlchterstattung wird vom Prime Standard (ebenso vom Neuen Markt und SMAX) durch die Verpflichtung zur Veroffentlichung von Quartalsberichten unterstutzt. Die Anforderungen des General Standards (bzw. Amtlichen Handels und Geregelten Marktes) enthalten nur die Verpflichtung zur Veroffentlichung von Zwischenberichten. Eine kurzfristige Berichterstattung wird auch durch die Verpflichtung zur Ad-hocBerichterstattung gewahrlelstet, die eine umgehende und transparente Veroffentlichung aller kursbeeinflussenden Tatsachen sicherstellt. Letzteres wird von alien hier betrachteten Segmenten gefordert. Im Prime Standard (ebenso im Neuen Markt und SMAX) werden den Markttellnehmern

wesentliche

Termine

' Vgl. Buschgen, 1997, S. 103. * Vgl. Blattchen / Jasper, 1999, S. 29 f.

in

Form

eines

Unternehmenskalenders

66 zusammengestellt, wodurch die Notwendigkeit umfangreichen Recherchierens entfallt. Die Marktteilnehmer werden somit uber alle fur sie relevanten Ereignisse wie Hauptversammlungen, Bilanzpressekonferenzen und Analystenkonferenzen kontinuierlicli und aktuell informiert.^® Fur den General Standard (bzw. Amtiichen Handel und Geregelten Markt) existiert eine solche Anforderung nicht. -

Die Verpflichtung des Prime Standard (ebenso des Neuen Marktes und SMAX) zur Ausrichtung mindestens einer Analystenveranstaltung und einer Bilanzpressekonferenz pro Jahr unterstutzt eine von Beginn an systematische Ansprache und Informationsversorgung der Marktteilnehmer und starkt somit deren Vertrauensbildung.^®® Die Anforderungen des General Standards (bzw. Amtiichen Handels und Geregelten Marktes) sehen eine solche Verpflichtung nicht vor.

Der Verglelch zeigt, dass die Anforderungen des Prime Standards bezuglich der Informationstransparenz mit denen des Neuen Marktes und SMAX ubereinstlmmen (siehe Gegenuberstellung in Tabelle 3, Seite 59). Ein Vergleich der Segmentanforderungen beschrSnkt sich somit auf den Prime und den General Standard. Die Anforderungen des Prime Standard unterstutzen im Vergleich zum General Standard eine hohere Informationstransparenz der Unternehmen und fuhren damit zu einer Reduzierung

der

Informationsbeschaffungskosten

seitens der

Marktteilnehmer.

Allerdings mussen die Unternehmen des Prime Standards fur die zusatzlichen Pflichten einen

dementsprechend

hoheren Aufwand

einkalkulieren.

Fur

eine

Notierung im General Standard sind ausschlieHlich die gesetzlichen Mindestanforderungen des Amtiichen Handels und Geregelten Marktes zu erfullen, was im Vergleich zum Prime Standard die kostengunstigere Alternative darstellt. Die reduzierte Publizitat induziert jedoch aus Investorenperspektive die Notwendigkeit zur Intensivierung der Informationsbeschaffungsaktivitaten und damit eine geringere Attraktivitat des General Standards.^®^ Unternehmen, die den Aufwand zur Sicherstellung einer hohen Informationstransparenz scheuen, mussen mit einer verringerten Akzeptanz durch die Marktteilnehmer rechnen. Eine verringerte Akzeptanz seitens der Marktteilnehmer kann wiederum bei zukunftigen Kapitalmafinahmen zu hoheren Opportunitatskosten in Form von KursabschlSgen, als Kompensation fur

^^^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 103. ^®® Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001, 8.127. ^^^ Vgl. Buschgen, 1997, S. 98; Baums, 1996. S. 6.

67 eine unzureichende Informationstransparenz, fuhren.^®* Der Vorteil eines kostengunstigeren Einstiegs in den General Standard kann somit langfristig die teurere Alternative darstellen. Die Wahrnehmung der beabsichtigten Informationstransparenz der Unternehmen wird auch durch die nach auflen dokumentierte Ausrichtung der

Segmente

beeinflusst. Nach den Bestimmungen der Frankfurter Wertpapierborse sind die „Zielgruppe[n] fur den Domestic Standard [spater umbenannt in ..General Standard"] .. Emittenten mit eher nationaler Ausrichtung, wahrend der Prime Standard den Emittenten den Zugang zum internationalen Kapitalmarkt eroffnen soll".^®® Mit nur noch zwei Segmenten hat die Frankfurter Wertpapierborse zwar die Transparenz der Segmentstmktur vereinfacht, die inhaltlich-sachliche Abgrenzung dieser Segmente auf Basis nationaler und internationaler Anforderungen erscheint jedoch vor dem Hintergrund globaler KapitalmSrkte zweifelhaft. Die zusatzlichen Anforderungen des Prime Standards wirken im Verhaltnis zum General Standard - ahnlich denen des Neuen Marktes und SMAX im Verhaltnis zum Amtlichen Handel und Geregelten Markt -

wie

„Qualitatsstandards".^^°

Die

vorgenommene

Differenzierung

der

Standards - auch namentlich - konnte von den Marktteilnehmern eher als qualitative Klassifizierung und nicht als inhaltlich-sachliche Segmentierung wahrgenommen werden. Liegt das Bestreben eines jeden Emittenten darin, seine Aktien in dem qualitativ hochsten Borsensegment zu platzieren und damit gegebenenfalls eine Reduzierung der Kapitalkosten und einen Reputationsgewinn zu erzielen, wird hierdurch eine Migration aus dem vermeintlich zweitklassigen In das erstklassige Marktsegment induziert, die ersterem den Charakter einer Negativselektion verleihen.^^^ Vor dem Hintergrund, dass die Marktteilnehmer eine hohe Informationstransparenz der Unternehmen schatzen und honorieren, die sich auch in der nach auden dokumentierten Ausrichtung und Vermarktung des Borsensegments niederschlagt, ware somit der Prime Standard dem General Standard vorzuziehen.

' Vgl. ahnlich Keidel, 2000, S. 23. ^^^ Deutsche BGrse AG, 2002b, S. 1. ^^° Zu dem Verhaltnis des Neuen Marktes und SMAX zum Amtlichen Handel und Geregelten Markt vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001b, S. 122; Gerke, 1999, S. 205; Rasch, 1996, S. 26 f. ^^^ Zur Positionierung von BOrsensegmenten und einer Induzierten Negativselektion vgl. Schielier, 2000, S. B14; Grunbichler / Henke, 1998, S. 186 f.; Baums. 1996, S. 4 f.; Rapp, 1996, S. 86.

68 3.4

Zusammenfassung

Ein globaler Wettbewerb zwischen den Kapitalmarkten hat zu einem kontinuierlichen Anpassungsprozess der Borsenstandards gefuhrt. Die Anforderungen bisher national ausgerichteter Borsensegmente orientleren sich zunehmend an internationalen Standards, urn eine moglichst hohe Akzeptanz und Attraktivitat seitens der Financial Community zu erzleien. Letztere praferieren einen funktionsfahigen Borsenhandel, der im Wesentlichen von der Liquiditat der Aktie und der Infonnationstransparenz der Unternehmen bestimmt wird. Insbesondere mittelstandische Unternehmen zeichnen sich durch eine geringe Aktienliquiditat und eine eher zuruckhaltende Informationstransparenz aus, so dass neben Mafinahmen zur Sicherstellung einer ausrelchenden Liquiditat auch solche zur Erhohung der Informationstransparenz die Aufmerksamkeit der Financial Community erhohen. Ein Vergleich der neuen Segmente der Frankfurter Wertpapierborse untereinander hat gezelgt, dass der Prime Standard Anforderungen an eine hohe Aktienliquiditat und Informationstransparenz eher erfullt als der General Standard. Demnach ware eine Notierung im Prime Standard zu praferieren. Der Vorteil einer hoheren Aufmerksamkeit ist jedoch mit einem hoheren Aufwand verbunden, obwohl davon auszugehen ist, dass der kurzfristig hohere Aufwand in der Regel durch langfrlstig niedrigere Refinanzierungskosten kompensiert wird. Durch die Einstellung des Neuen Marktes und des SMAX sind Anfordemngen, die eine hohe Liquiditat unterstutzen, entweder ganz weggefallen oder verringert worden. Da sowohl der Neue Markt als auch der SMAX insbesondere mittelstandischen Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erieichtern wollten und mit ihren Anforderungen auf eine hohe Akzeptanz gestoflen sind, liegt die Vermutung nahe, dass die Marktteilnehmer auch zukunftig entsprechende

Malinahmen

zugunsten einer hohen Liquiditat honorieren werden. Fur Unternehmen stellt sich mithin die Frage, die weggefallenen bzw. verringerten Anforderungen des Neuen Marktes bzw. SMAX freiwillig zu erfullen. Die Anforderungen beziehen sich auf eine hohe Eigenkapitalausstattung, ein hohes Emissionsvolumen, die Verpflichtung, mindestens 50% des Emissionsvolumens aus einer Kapitalerhohung bereitzustellen, die ausschliedliche Emission von Stammaktien und die Einhaltung eines Veraufierungsverbots durch die Altgesellschafter (Lockup-Periode).

69 Die freiwilllge Erfullung von Anforderungen an eine hohe Aktienliqulditat und Informationstransparenz erfordert seitens der Unternehmen eine eindeutige Signalisierung, urn die Wahrnehmung und damit Aufmerl<samkeit der Investoren siciierzustellen. Umgekelirt sollte die Nicht-Erfullung eriautert werden, urn dem Eindruck z.B. einer kurzfristigen Gewinnrealisierung im Falle einer uberproportionalen Abgabe von Aktien durch die Altaktionare entgegenzuwirken und das entstehende Signal zu schwachen.^^^ Tabelle 4 fasst die Anforderungen des Prime Standards und die weggefallenen bzw. hoheren Anforderungen des Neuen IVIarktes bzw. SIVIAX nocii einmal zusammen. 1 Kapitalmarkt

Anforderungen

Zielgaippe Mindestalter Prospektpflicht

f

Liqujditat

StreubesJtz PrimarMarkt

Eigenkapitalausstattung Mindestemissionsvolumen KapitalerhOhung

I

Aktiengattung

\ f Sekundarmarkt I— informationstransparenz

I

FreiwMlige ErfUllung von Anforderungen in Aniehnung an den Neuen Markt und SMAX

Akzeptanz internationaler Standards Mindestens 3 Jahre (Ausnahmen mGglich) Prospekt

-

Mindestens 25% Euro 1,25 Mio.

-

Euro 2,5 Mio. (Kurswert)

Stamm- Oder Vorzugsaktien

Euro 1,5 Mio. Euro 5 Mio. (Kurswert) Mindestens 50% aus KapitalerliOhung Nur Stammaktien

-

6 Monate

Designated Sponsor

Empfohlen 2

Rechnungslegungsnorni Publikationssprache

IFRS Oder US GAAP Deutscfi und Englisch Jaliresabschluss und Quartalsbericlite Ja

-

Lockup-Periode

BeurteilungsmaRstab

Prime Standard

Rechnungslegungsvorschriften Ad-hoc-Publizitat Untemehmenskalender

Ja

Analystenveranstaltung, Bilanzpressekonferenz

Mindestens einmal jShrlich

•

\ Tabelle 4: Borsensegmentanforderungen zugunsten einer hohen Liquidltat und Informatlonstransparenz Die Borsengange des Jahres 2004 zeigen, dass die weggefallenen Anforderungen auch weiterhin freiwillig erfijllt worden sind (siehe Tabelle 5, Seite 70). Bei alien Borsengangen lag das Emissionsvolumen weit uber Euro 5 Mio., es wurden aus' Vgl. ahnlich Hommel / Vollrath. 2001, S. 604 f.

70 schlielilich Stammaktien emittiert und es wurde von alien Untemehmen freiwillig eine Lockup-Periode von sechs und mehr Monaten akzeptiert. Die Hohe des Eigenkapitals und die Verpflichtung zu einer KapitalerhOhung lagen mit einer Ausnahme bei alien Untemehmen deutlich uber den ehemaligen Anforderungen des Neuen Marktes. MIFA standard Alter Streubesitz Eigenkapital Emissionsvolumen Kapitalerhdhung Aktiengattung

Lockup-Periode Designated Sponsor Rechnungswesen

Deutsche Postbank Prime 1990 33% 410 Mio. 1.553,2 Mio. 100% Nennwertlose NamensStammaktien 12 k.A.

Epigenomics

InTiCom

General 1996 25% 6 Mio. 13,9 MIo. 66% Nennwertlose InhaberStammaktien 12 1

Wincor Nixdorf Prime 1999 53% 17 Mio. 362,2 Mio. 30% Nennwertlose InhaberStammaktlen 6 2

Prime 1998 29% 16 Mio. 41,5 Mio. 100% Nennwertlose InhaberStammaktien 6 2

Prime 2000 49% 1,3 Mio. 10,7 Mio. 100% Nennwertlose InhaberStammaktien 12 1

IFRS

IFRS

IFRS

IFRS

IFRS

Tabelle 5: Emissionsdaten der Borsengange 2004^^

^^^ Daten der Deutsche B6rse AG, vgl. www.deutsche-b6rse.de (Listing).

71

4

Kommunikationsspezifische Investor Relations

Bei der Beurteilung und Bewertung von Untemehmen fijhrt eine unzureichende Kommunikations- und Informationspolitik zu einer Verunsichemng potenzieller Investoren (Qualitats-, Verhaltens- und Absichtsungewissheit).^^^ Eine solche Vemnsicherung kompensleren Investoren durch Aufschiage auf die geforderten Renditen, d.h., sie Bind nur bereit, Aktien zu einem niedrigeren Kurs zu kaufen. Gegebenenfalls nehmen potenzielle Investoren von der Investition gSnzlich Abstand. Eine umfangreiche Kommunikations- und Informationspolitik hingegen verringert die Verunslcherung der Investoren, die Unternehmenssituation falsch zu beurteilen, und verbessert die MGglichkeiten einer fairen, nicht durch Informationsmangel beeintrachtigten Unternehmensbewertung.^^^ In Kapitel 4.1 wird zunSchst die Kommunikationspolitik eriautert, bevor in Kapitel 4.2 auf die Informationspolitik eingegangen wird. Wahrend die Inhalte der Pflichtpublizitat durch die gesetzlichen Normen bestimmt werden, obliegen die der freiwilligen Publizitat einem Interpretationsspielraum. DIeser wird auf Basis einer Textanalyse ausgewShlter Kommunikationsmittel von Unternehmen wahrend des BOrseneinfuhmngsprozesses konkretisiert. In Kapitel 4.3 wird der zeitliche Ablauf fur den Einsatz der Kommunikationsmittel und die Weitergabe von Informationen dargestellt. Abschlieflend werden in Kapitel 4.4 allgemeine Grundsatze einer ordnungsgemalien Kommunikations- und Informationspolitik dargestellt, deren Befolgung fur eine gezielte Befriedigung der Informationsanspruche aller relevanten Zielgruppen mit geeigneten Kommunlkationsmittein empfohlen wird. Ziel dieses Kapitels ist die auf den Borseneinfuhrungsprozess bezogene Beantwortung der Fragen, wer (Zielgruppen) wann (Zeitpunkt) wie (Mittel) welche Infomriationen nach welchen GrundsStzen erhalten sollte.^^®

^^^Siehe Kapitel 2.3.1, 8. 22 ^^^ Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler. 1998. S. 5. ^^® Vgl. zur Fragestellung auch Wirtz / Salzer, 2001b, S. 204.

72 4.1

Kommunikationspolitik

Nachfolgende Ausfuhmngen gehen zunachst auf die Zielgruppen und ihre jeweilige Bedeutung

fur

die

Investor

Relations

ein.

Im Anschluss

daran

werden

zlelgruppenspezlfische Kommunikationsmittel erlautert.^^^ 4.1.1 Zielgruppen der Kommunikationspolitik Die Investor Relations Im Rahmen des Borseneinfuhrungsprozesses wenden sich an einen heterogenen Adressatenkreis, der sich nach der Art des Kommunikationsprozesses in zwei Gruppen untertellen lasst. Fur die Verbreitung von Informationen kann das Unternehmen einerseits unmittelbar mit seinen potenziellen Investoren in Beziehung treten. Andererseits kann die Kommunikation nnit den Investoren auch mittelbar durch die Einschaltung von Multiplikatoren erfolgen.^^® Abbildung 14 veranschaulicht sowohl die Beziehungen des Unternehmens zu den Multiplikatoren und Investoren als auch die Beziehungen der Multiplikatoren und Investoren untereinander.

Unternehmen

Abbildung 14: Zielgruppen der Kommunikationspolitik^'

• Zur Kommunikationspolitik von Unternehmen im Allgemeinen vgl. Bruhn, 2003, 8 . 1 f. •J^ Vgl. Muller, 2004, S. 49; Kirchhoff, 2000, S. 39 f.; Lindner. 1999, S. 207. •^® In Aniehnung an Steib, 2005, S. 105; Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 21; Rosen / Gerke, 2001, S. 11; Wirtz / Salzer, 2001b, S. 208; Link, 1991, S. 317.

73 4.1.1.1 Multiplikatoren Die Herausbildung neuer Branchen und die zunehmende Speziaiisierung der Unternehmen erfordern von den investoren ein hohes Mafl an Fachwissen, damit sie eine fundierte Aktienauswahl treffen konnen. Den Investoren, insbesondere den privaten Investoren, fehlen in der Regel jedoch die Sachkenntnisse und zeitlichen Kapazitaten, urn fundierte Unternehmensanalysen durchzufuhren. Zum Ausgleich dieser Engpasse greifen sie auf Multiplikatoren wie Analysten, Wirtschaftsjournalisten und Aniageberater zuruck. Diese Gruppe verfugt uber branchenspezifische Kenntnisse bzw. Spezialisierungen, urn Unternehmensinformationen fundiert auszuwerten.^®° Uber den Kauf Oder Verkauf von Aktien entscheiden die Multiplikatoren nicht selbst, sondern sie geben nur Ihre Meinung als Empfehlung an die Investoren welter. Da sie eine Auswahl und Beurteilung der Unternehmensinformationen vornehmen, bevor sie diese weitergeben, wird ihnen eine meinungsbildende Funktion zugeschrieben. Neben den Informationen, welche die Investoren unmittelbar vom Unternehmen beziehen, stellen somit die Empfehlungen der Multiplikatoren eine zusatzliche Entscheidungsgrundlage dar. Die letztendliche Entscheidung der Investoren beruht auf deren individuellem Anlagemotiv.^®^ Die Multiplikatoren besitzen aufgrund ihrer Sachkenntnisse und ihrer Unabhangigkeit vom Unternehmen eine besonders hohe Glaubwurdigkeit und Akzeptanz bei den Investoren. Ihre TSitigkeiten verbessern die informationellen Entscheidungsgrundlagen der Investoren und erhohen somit die Informationsefflzlenz des Kapitalmarktes.^®^ 4.1.1.1.1 Analysten Analysten sind Mitarbeiter von Finanzintermediaren, die sich in zwei Gruppen unterteilen lassen:^®^ -

Sell-side-Analysten erstellen als Mitarbeiter von Banken Unternehmensstudien, so genannte ..Researchberichte"^®"*, die sich primar an externe, aber auch an interne Adressaten richten. Mit den Researchberichten sollen aktuelle und potenzielle Anieger uber ein Unternehmen informiert werden. Das Ergebnis eines

^®° Vgl. Steib, 2005, S. 104; Schuiz, 1999, S. 152; Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 7 f. ^®^ Vgl. Bittner, 1996, S. 28; Ellis, 1985, S. 34-41; Kienast, 1977, S. 9. ^^^ Vgl. Tiemann, 1997, S. 66 f.; Drill, 1995, S. 76, 115 f. ^®^ Vgl. ausfuhrlich Pietzsch, 2004, S. 11; auch Dusterlho, 2000, S. 74 f.; o.V., 2002a, S. 18. ^®^ Ziffer 6.1 Going-Public-Grundsatze. Vgl. auch Scherer / Bassen, 2001, S. 727.

74 Researchberichts konkretisiert sich in einer expliziten Empfehlung, die zum „Kaufen", „Halten" Oder ..Verkaufen" einer Aktie rat. Die Empfehlungen werden nach eigenem Ermessen der Analysten zu jeder verOffentiichten, wichtigen Unternehmensinformation abgegeben, wobei jedes Mai das abschliedende Aniageurteil entweder bestatlgt oder revidiert wird, z.B. eine Herabstufung von „Halten" auf „Verkaufen".^®^ Die umfangreichsten Studien werden in der Regel zum BGrsengang, zu den Quartalsberichten und zum Jahresabschluss geschrieben. Der erste Researchbericht wird wSiirend des BSrseneinfuhrungsprozesses verfasst („Deal Related Research"^®®) und ist in der Regel der detaillierteste Bericht, da hier zum ersten Mai das gesamte Unternehmen umfassend dargestellt und analysiert wird. In den nachfolgenden Berichten beschSftigt sich der Analyst primer mit den aktuellen VerSnderungen des Unternehmens.^®^ -

Buy-side-Analysten sind Mitarbeiter von institutionellen Aniegern wie z.B. Kapitalanlagegesellschaften, Pensionsfonds, Versicherungen und Kreditinstituten. Ihre Empfehlungen werden ausschliedlich zu intemen Zwecken benutzt und gehen direkt in die Aniageentscheidungen ihrer Arbeitgeber ein. Die Analysen der Buyside-Analysten beziehen sich primSr auf bereits bdrsennotierte Unternehmen. Sie benutzen haufig Analysen der Sell-side-Analysten, um Empfehlungen fur die Auswahl von Branchen und Titein sowie fur eine verbesserte Portefeuillestrukturierung zu geben.^®®

Da Buy-side-Analysten im Gegensatz zu Sell-side-Analysten nicht unmittelbar mit einem Borsenkandidaten befasst sind, werden sie im Rahmen dieser Arbeit nicht welter betrachtet. Wenn im Folgenden von Analysten gesprochen wird, so sind damit ausschliedlich Sell-side-Analysten gemeint.^®® Der Researchbericht zum Borsengang beinhaltet eine detaillierte Analyse des Unternehmens, um einen indlkativen Untemehmenswert zu ermittein, der zur spateren

^®® Vgl. Nix, 2000, S. 36; Traub, 1998, S. B3. Zu den unterschiedlichen Kategorien der Aktienempfehlungen vgl. Schnell, 2005a, S. 17; Alich, 2001, S. 46 auch o.V., 2002a, S. 20. ^^^ Ziffer 6 Going-Public-Grundsatze. ^®^ Vgl. Janke, 2001, S. 794; Brammer, 1999, S. 82. Zur Bedeutung der Sell-side Analysten wShrend des BSrsengangs vgl. auch den Erfahrungsbericht von Freitag, 2000, S. 14. ^®® Vgl. Diehl, 2001, S. 403; Gunther / Otterbein, 1996, S. 402. ^®® Zur grundsatzlichen Bedeutung der Sell-side-Analysten vgl. auch Saitz / Wolbert, 2002, S. 322; Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 47.

75 Bestimmung des Emissionspreises herangezogen wird.^ Fur die Erstellung des Researchberichts sammein die Analysten aile Offentlich zugangiiclien Informationen, werten diese aus und erstellen anscliiiefiend Prognosen uber die zukunftige Unternehmensentwicklung.^^ In der Regel sind die Analysten auf eine Branche und innerhalb dieser auf eine begrenzte Anzahl von Unternehmen spezialisiert, urn dezidierte und qualifizlerte Aussagen treffen zu kSnnen.^^ Die Analysten tragen durch ihre Researchberichte wesentlicli zur Reduzierung der asymmetrischen Infonnationsverteilung zwischen Unternehmen und externen Adressaten bel und erhOhen damit die Informationseffizienz des Kapitalmarktes.^^ Da die Investoren ihre Aniageentscheidungen bei Fehlen von Branchenexpertlse und Analysekapazitdten selten auf der Grundlage eigener Untersuchungen treffen, kommt den Analysten als Informationsmittlem eine sehr grofie Bedeutung zu.^"* Auch innerhalb der Multiplikatoren nehmen die Analysten wegen ihrer Detailkenntnisse eine exponierte Stellung ein, so dass sowohl Wirtschaftsjournalisten als auch Aniageberater auf die Researchberichte der Analysten zuruckgreifen.^® Aufgrund ihrer Branchenexpertlse und meinungsbildenden Funktion werden die Analysten als eine der wichtigsten Zielgruppen der Investor Relations angesehen.^® 4.1.1.1.2 Wirtschaftsjournalisten Wirtschaftsjournalisten veroffentllchen ihre Artikel, Meldungen und Kommentare in Tages- und Wirtschaftszeitungen sowie in Fachzeitschriften. Neben Printmedien spielen zunehmend auch Berichterstattungen in elektronischen Medien wie Fernsehen und Horfunk eine wichtige Rolle.^^ Ober diese Medien eriangen die BeitrSge in der Financial Community eine sehr weite und schnelle Verbreitung. Aufgrund des hohen Multiplikatoreffekts

und der Aktualitat der von Wirtschaftsjournalisten

verbreiteten Nachrichten lasst sich beim Vorliegen neuer Informationen besonders leicht eine informatlonelle Gleichbehandlung der Investoren herbeifuhren, wenn

^° Vgl. Droste, 2001. S. 134; Kirchhoff, 2000, 8. 43; Drill, 1995, 8. 113. ^^ Ziffer 6.2 Going-Public-Grundsatze. ^^ Vgl. Diehl, 2001, 8. 401-404; Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, 8. 8. ^^ Vgl. Lindner, 1999, 8. 211 f.; Drill, 1995, 8. 113. ^^ Vgl. 8teib, 2005, 8. 108 f.; Gunther / Otterbein, 1996, 8. 402. ^^ Vgl. Achieitner / Bassen / Pietzsch, 2001 b, 8. 21. ^ Vgl. Achieitner / Bassen, 2001, 8. 5; Karnes, 2000, 8. 47 f.; Kuckelkorn, 1999, 8. 4. ^^ Vgl. Lindner, 1999, 8. 212.

76 diese Gruppe der Multiplikatoren angesprochen wind. Insbesondere die breite Masse der privaten Investoren l^sst sich uber Wirtschaftsjournallsten und die von ihnen benutzen Medien schnell und kostengunstig informieren.^^* Wahrend sich Analysten auf wenige Branchen und Unternehmen konzentrieren, decken Wirtschaftsjoumalisten ein grofieres Spektrum an Themen ab. Im Rahmen einer Borseneinfuhrung fuhren sie in der Regel auch keine detaillierten Unternehmensanalysen und -bewertungen durch, sondern beschrSnken sich auf die Veroffentlichung

und

Konnmentiemng

von

Mitteilungen,

Stellungnahmen

und

Berichten der Unternehmen, Banken und anderer beteiligter Parteien. In ihrer Berichterstattung konzentrieren sie sich auf neue Informationen und veranderte Sachverhalte, urn die Offentlichkeit uber den aktuellen Stand des Borseneinfuhrungsprozesses zu informieren.^® Ober den reinen Informationscharakter hinaus pragen Wirtschaftsjoumalisten durch ihre Berichte mafigeblich die Wahrnehmung des Untemehmens in der Offentlichkeit.^° Im Rahmen der Investor Relations kommt der mittelbaren Kommunikation uber die Wirtschaftjournalisten eine hohe Bedeutung zu. Entsprechend sollte sich ein Unternehmen um gute Beziehungen zu den Wirtschaftsredaktionen

einschlagiger

Printmedien

und

elektronischer

Medien

bemuhen.^°^ 4.1.1.1.3 Aniageberater Die Aniageberater sind die grofite Gruppe unter den Multiplikatoren und stehen in einem direkten Kontakt zu den privaten Investoren. Unter Berucksichtigung der individuellen Aniagemotive ihrer Kunden beraten sie diese sowohl uber Aktien bereits borsennotierter Unternehmen als auch uber Aktien von Neuemissionen. In ihrer Eigenschaft als Vermogensverwalter fur vermogende PrIvatkunden treffen sie die Aniageentscheidung mitunter selbst.^°^ Da Aniageberater keine eigenen Unternehmensanalysen erstellen, bedienen sie sich allgemelner und offentlich zuganglicher Informationen, die sie entweder direkt vom Unternehmen oder von Analysten

^® Vgl. Kirchhoff. 2000. S. 43 f.; Drill, 1995, S. 114. ^^ Vgl. Lindner, 1999,8.212. ^°° Vgl. Hinz / Schmeisser, 2001. S. 126; Gunther / Otterbein, 1996, S. 402. ^°'Vgl. Drill, 1995, S. 114. ^°^ Vgl. Link, 1991,8.76.

17 und Wirtschaftsjournalisten beziehen. Die Anlageberater der Konsortialbanken greifen insbesondere auf die Researchbericlite der Analysten zuruck.^°^ FiJr grofle Unternehmen, die in der Regel auch grofie Emissionsvolumina platzieren, ist die Nachfrage privater Investoren wichtig, damit die Platzierung der Emission sichergestellt wird. Zur Generierung einer solchen Nachfrage lohnt es sich, einen engen Kontakt mit den Aniageberatern aufzubauen, urn diese kontinuierlicii mit Unternehmensinformationen zu versorgen und damit den Verkauf der Aktien zu fordern. Kleinere Emissionsvolumina lassen sich in der Regel auch ohne Kontaktierung der Anlageberater bei privaten Investoren platzieren. Wegen der grolien Anzahl und Heterogenitat dieser Zielgruppe ist insbesondere bei kleineren Emissionen eine direkte Ansprache unter Kosten-Nutzen-Aspekten nicht zweckmafiig.'°' 4.1.1.2 Investoren Bei den Investoren handelt es sich entweder um institutionelle oder um private Investoren. Wahrend private Anieger vornehmlich im Inland kontaktiert werden, ist fur die Gruppe der institutionellen Investoren zu entscheiden, inwieweit neben inlandischen auch auslandische angesprochen werden sollen.^°^ 4.1.1.2.1 Institutionelle Investoren Bel institutionellen Investoren handelt es sich um Kapitalanlagegesellschaften, Pensionskassen, Versicherungen und Banken, deren Vermogen von professionellen Portfolio-Managern verwaltet wird. In Bezug auf die absolute Zahl handelt es sich um die kleinste Zielgruppe der Investoren, die aber pro Investor uber das groRte Anlagepotential verfugt.^°® Institutionelle Investoren werden an der Wertsteigerung des von ihnen angelegten Kapitals gemessen und stehen aufgrund eines steigenden Wettbewerbs unter einem zunehmenden Erfolgsdruck. Die Suche nach Unternehmen mit uberdurchschnittlich hohen Renditen veranlasst institutionelle Investoren, ihre Portefeuilles haufiger um-

^°^ Vgl. Lindner. 1999,8.212. ^°^ Vgl. Lindner. 1999, S. 213; Drill, 1995, S. 114. ^°^ Vgl. Gunther/ Otterbein, 1996. S. 400. ^°® Vgl. Hinz/Schmeisser. 2001, 8. 126; Dress, 1999, 8. 139; Tiemann, 1997, 8. 64-66.

78 zuschichten, wodurch die VolatilitSt der betreffenden Aktien steigt.^^ In diesem Zusammenhang spielt fur institutionelle Investoren die Zeichnung neuer Aktien eine wichtige Rolle, da die BOrseneinfQhmng kurzfristige Zeiciinungsgewinne verspricht.^® Bel der Auswahl und Ansprache der Investoren gilt es solche zu identifizieren, die nicht ausschliedlich an einer kurzfristigen, sondern an einer langfristigen Aniage und Wertsteigerung interessiert sind, unn die Volatllitat der Aktie zu minimieren.^® In ihrer Aniageentscheidung zeichnen sich institutionelle Investoren durch eine hohe Professlonalltat aus, insbesondere die Portfolio-Manager von Branchenfonds verfugen uber umfangreiche Kenntnisse. Damit treten die Emittenten Investoren gegenuber, die sehr detaillierte Informationen uber das Unternehmen und seine Zukunftsaussichten en/varten. Der hohe Gkonomische Sachverstand der instltutionellen Investoren bedingt eine an rationalen MadstSben ausgerichtete Aufbereitung der Unternehmensinformationen.'*^° Aufgrund des hohen Aniagepotentials pro Investor stellen die instltutionellen Investoren die wichtigste Investorengruppe dar. Die Bedeutung und geringe Anzahl der Investoren rechtfertigt und ermoglicht einen intenslven (personlichen) Kontakt, damit auf deren Infomnationsbedurfnlsse explizit eingegangen werden kann.^^^ 4.1.1.2.2 Private Investoren Die privaten Investoren stellen gemessen an ihrer Anzahl die grblite Investorengruppe dar. Im Verglelch zu den instltutionellen Investoren verfugen sie jedoch pro Investor nur uber ein geringes Anlagepotential.^^^ Ihre Aniagemotive sind das Vorsorgemotiv, gefolgt vom so genannten Zweckspar- und Konsummotiv. Das Spekulationsmotiv steht in der Regel an letzter Stelle. Private Investoren sind daher meist an einer mittel- bis langfristigen Aniage interessiert und bilden somit eine eher stabile und loyale Gruppe von AktionSren, die wenlger volatil auf Marktveranderungen reagiert.^^^ Obwohl das Interesse der privaten Investoren in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, spielt ihre Nachfrage bei kleineren und mittleren Borsen-

^^ Vgl. Gunther / Otterbein. 1996. S. 400 f.; Drill, 1995, S. 18. ^® Vgl. Behrenwaldt, 2001, S. 429. ^^ Vgl. Nix, 2000, S. 38; Lindner, 1999, S. 210. ^^° Vgl. Hinz / Schmeisser, 2001, S. 126; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999. S. 126. ^'' Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 41 f.; Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 7. ^^^ Vgl. Gunther / Otterbein, 1996, S. 400. ^^^ Vgl. R6dl / Zinser, 2000, S. 354; Lindner. 1999, S. 208 f.

79 gSngen dennoch eine untergeordnetere Rolle.^^* Im Rahmen der Investor Relations bleiben sie wegen ihres langfristigen Aniagehorizonts dennoch eine wichtige Zielgruppe, werden aber wegen ihrer grofien Anzahl und ihrer Anonymitat mit einer anderen Aufmerksamkeit und Intensitat angesprochen.^^® Das Informationsinteresse der privaten Investoren beschrankt sich mangels fachlicher Expertise und zeitlicher AnalysekapazltSt auf komprimierte Unternehmensinformationen. Die Veroffentlichung fundamentaler Unternehmensdaten oder Kennzahlen trifft weniger ihre Informationsbedurfnisse als die Interpretation dieser Informationen.^^®

Letzteres

unterstreicht

die

Bedeutung

der

Multiplikatoren

als

Informationsmittler.^^^ Daruber hinaus kann die relativ grolie Gruppe der privaten Anieger uber Multiplikatoren relativ kostengunstig mit Informationen versorgt werden, allerdings mit dem Nachtell hoher Streuverluste. Zur Vermeidung hoher Streuverluste ware eine intensive Betreuung mit einem uberproportional hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden. Letzteres fuhrt dazu, dass private Investoren nicht mit derselben Intensitat betreut werden wie institutionelle Investoren.^^®

^'^ Vgl. Bruhl, 2001, S. 196; Brand, 2000, S. 129. ^'^ Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 40 f. ^^Wgl. Nix, 2000, S. 41 f.; Eickhoff / Wortmann, 1998, S. 23. ^^^ Vgl. Hinz / Schmeisser, 2001, S. 127; Tiemann, 1997, S. 63 f. ^^® Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 7,12; Drill, 1995, S. I l l , 131; Weidekind, 1994, S. 277.

80 4.1.2 Kommunikationsmittel Die KommunikatJonsmittel lassen sich nach der Art der Kontaktaufnahme in unpers5nliche und pers6nllche

Kommunikationsmittel

unterteilen.^^®

Die einzelnen

Kommunikationsmittel werden In Tabelle 6 dargestellt und anschllefiend erl^utert. 1 Unpersdnllche Kommunikationsmittel

Persdnliche Kommunikationsmittel

-

Prospekt Geschaftsbericht Faktenbuch Pressemitteilungen Finanzanzeigen Internet Homepage Fernseh- und Radiointerviews Prasentationsvideos UnternehmensbroschCiren Roadshow-Prasentationen Einzelgesprache (One-on-Ones) Analystenprasentationen Pressekonferenzen Telefon- und Videokonferenzen Betriebsbesuche

Tabelle 6: Persdnliche und unpersonllche KommunikationsmitteP^" 4.1.2.1 Unpersdnllche Kommunikationsmittel Bel unpersonllchen Kommunikationsmittein tritt der Emittent nicht direkt mit den Zielgaippen in Kontakt, sondern greift sowohl auf schriftliche als auch auf elektronische Medien zuruck. Auf der einen Seite erieichtert der Einsatz unpersOnlicher Kommunikationsmittel eine brelte, schnelle und relativ kostengunstige Versorgung der Financial Community mit Unternehmenslnformatlonen. Auf der anderen Seite fuhren unpersonllche Kommunikationsmittel jedoch zu hohen Streuverlusten, d.h., einzelne Zielgruppen werden entweder erst gar nIcht erreicht oder aber mit Informationen versorgt, die nicht in vollem Umfang ihrem InformationsbedurfnIs entsprechen.^^^ 4.1.2.1.1 Prospekt Emissionen von erstmals im Amtlichen Handel oder im Geregelten Markt offentlich angebotenen Wertpapieren erfordern die Erstellung eines Verkaufsprospektes.^^^ ^^^ Vgl. Muller, 2004, S. 53; Lindner, 1999, S. 160; Weidekind, 1994, S. 283 f. Zu Kommunikationsmittein im Allgemeinen vgl. Bruhn, 2003, S. 4 f. ^^° In Aniehnung an Pietzsch, 2004, S. 19; Schenborn / Tschugg, 2002, S. 89-95; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 135. ^^^ Vgl. Wirtz/ Salzer, 2001b, S. 215; Kirchhoff, 2000, S. 44; Tiemann, 1997, S. 26; Drill, 1995, S. 116. ^^^ § 1 VerkaufsprospektG. Die Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie 2001/34/EG zum 01.07.2005 ist im Rahmen dieser Arbeit nicht berucksichtigt worden. Vgl. hierzu Deutsches Aktieninstltut, 2005.

81 Dieser enthSIt Angaben, die der Offentllchkeit ein zutreffendes Urteil Qber den Emittenten und dessen Wertpapiere ermOglichen.^^^ Der Prospekt muss mindestens drei Werktage vor dem Offentlichen Angebot (Notierungsaufnahme) im Bundesanzeiger sowie einem uberregionalen BGrsenpflichtblatt (z.B. Borsenzeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung oder Handelsblatt) publiziert werden (Zeitungspublizitat). Falls nicht der gesamte Prospekt publizlert wird, was wegen seines Umfangs in der Regel der Fall ist, muss Im Bundesanzeiger und in den Borsenpflichtblattern ein Hinweis darauf verOffentlicht werden, wo der Prospekt veroffentlicht und fOr das Publikum kostenlos zur VerfQgung gestellt wird (Schalterpublizitat), in der Regel bei den Konsortialbanken.^^^ Der Prospekt darf erst nach Genehmigung durch die Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierb5rse veroffentlicht werden.'^' Da potenzielle Investoren welt vor der Notierungsaufnahme ein Interesse an den Angaben des Prospektes haben, eriaubt das Verkaufsprospektgesetz die Veroffentlichung eines so genannten ..unvollstSndigen Prospektes"^^®, sofern dieser daruber Auskunft gibt, wie die fehlenden Angaben nachgetragen werden. Fehlende Angaben beziehen sich in der Regel auf den Emissionspreis, der erst kurz vor der Notierungsaufnahme festgelegt wird. SpStestens einen Werktag vor Beginn der Notierungsaufnahme muss der endgultige, d.h. vollst^ndige, Prospekt bei der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungen (BaFin) hinterlegt werden.^^^ Sind nach der Notierungsaufnahme und der Veroffentlichung des endgultigen Verkaufsprospektes VerSnderungen eingetreten, die fur die Beurteilung des Emittenten Oder der Wertpapiere von wesentlicher Bedeutung sind, mussen sie in einem Nachtrag veroffentlicht werden.^^® Der Prospekt unterliegt einer Prospekthaftung, die eintritt, wenn unrlchtige oder unvollstandige Angaben uber das Unternehmen gemacht worden sind, Anieger im Vertrauen darauf neu emittierte Aktien gekauft und durch einen Kurseinbruch Schaden

^^^ ^^^ ^^^ ^^® ^^^ ^^®

§ 7 Abs. 1 VerkaufsprospektG. § 36 Abs. 4 BOrsG. § 43 Abs. 1 BSrsZulV. § 10 VerkaufsprospektG. § 8 VerkaufsprospektG. § 11 VerkaufsprospektG.

82 erlitten haben.^^ Einer gesamtschuldnerischen Haftung unterliegen zum einen die Personen, von denen der Eriass des Prospektes ausgeht, zum anderen alle diejenigen, die in dem Verkaufsprospekt als Verantwortliche aufgefuhrt werden.^^ Zur Vermeidung eines Haftungstatbestands ist eine richtige und vollstandige Darstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu geben. Die Richtigkeit und Vollstandigkeit der Angaben ist gegeben, wenn Tatsachen zutreffend, Annahmen plausibel und Schlussfolgemngen schlussig sind.^^^ Die Verantwortlichen iiaften fur die Dauer von fiinf Jahren fur den Schaden, die dem Erstzeichner durch die feliJeriiaften Angaben im Verkaufsprospekt entstehen.^^^ 4.1.2.1.2 Geschaftsbericht Der Gescliaftsbericht fasst die fur Kapitalgeselischaften gesetzlicli vorgeschriebenen Informationen des Jahresabscliiusses und Lageberichts zu einer Broschure zusammen.^^ Er soil uber die Gescliaftsentwicklung und die Lage des Unternehmens im abgelaufenen Gescliaftsjahr informieren sowie einen Ausblick auf die Zukunft geben.^^ Neben den traditionellen Bestandteilen (Jaliresabscliiuss, Lagebericht) bietet der Geschaftsbericht auch die IVIoglichkeit, freiwillige infomriationen zu veroffentlichen. Wegen der Vergangenheitsorientierung und Stichtagsbezogenheit der traditionellen Bestandteile sollten die freiwilligen Moglichkeiten insbesondere wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses dazu genutzt werden, um erganzende Unternehmensdaten zu publizieren.^^® Der Geschaftsbericht gilt als die Visitenkarte des Unternehmens und damit als ein zentrales schriftliches Infomnationsmedium, welches zu alien Gelegenheiten uberreicht oder versandt werden kann. Er dient den Investoren und Multiplikatoren als Nachschlagewerk fur die vergangenen Geschaftsjahre. Insbesondere das Erscheinungsbild des Geschaftsberichts und die Aufbereitung der Informationen tragen zu §§ 45 BorsG. ^^° § 13 VerkaufsprospektG i.V.m. §§ 45 bis 48 BSrsG. Nach § 45 Abs. 1 BOrsG besteht fur den Zusammenhang zwischen MSngeIn des Prospektes und einem nachfolgenden Enverb der emittierten Aktien eine Kausalitdtsvermutung. Dabei braucht der Anieger den Prospekt nicht einmal gelesen zu haben; entscheidend ist, dass durch den Prospekt eine Aniagestimmung erzeugt wurde (BGH, NJW 1998. 3345, 3347). Vgl. hierzu auch R5mer / MOIIer, 2000a, S. 1090. ^^Wgl. Koch, 1996,3.143. ^^^ § 8 VerkaufsprospektG. ^^^ Zu gesetzlich vorgeschriebenen Verdffentlichungspflichten vgl. §§ 264 ff. HGB. ^^ Vgl. R6dl / Zinser, 2000, 8. 373 f.; Weidekind, 1994, 8. 290. ^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, 8. 22; Tiemann, 1997, 8. 27-30.

83 einem groRen Teil dazu bei, wie das Unternehmen in der Offentlichkeit wahrgenommen wird.^^^ 4.1.2.1.3 Faktenbuch Die Ausarbeitung eines Faktenbuches (auch Investorenhandbuch genannt) dient im Wesentlichen zur Unterstutzung personlicher Kommunikationsmittel. Als Vorabinformation gibt es Analysten, Journaiisten und institutionellen Investoren einen ausfuhriichen Oberblick uber das Unternehmen. In einer anschlieflenden personllchen Kommunikation konnen Fragen und Missverstandnisse geklart und Details eriautert werden.^^^ Wahrend der Geschaftsbericht uber vergangene Geschaftsjahre Auskunft gibt, informiert das Faktenbuch uber Erwartungen in die zukunftige Unternehmensentwicklung, so dass beide Kommunikationsmittel einander erganzen. Wurden seitens der Unternehmen bis zum Borsengang noch keine Geschaftsberichte veroffentlicht, was bei mittelstandischen Unternehmen in der Regel der Fall ist, so obliegt es dem Faktenbuch, Informationen sowohl uber die Vergangenheit als auch uber die geplante Zukunft des Unternehmens zu liefern.^^ Die Erstellung eines Faktenbuches erfordert in einem solchen Fall die erstmalige und ganzheitliche Darstellung des Unternehmens. Mit der Erstellung des Faktenbuches sollte fruh begonnen werden, da es als Ausgangsbasis fur die Kommunikations- und Informationspolitik herangezogen wird. WShrend des Borseneinfuhrungsprozesses wird das Faktenbuch

kontinuierlich

fortgeschrieben,

um

aktuelle

Ver^nderungen

der

finanziellen und wirtschaftlichen Unternehmenssituation zu berucksichtigen. Da das Faktenbuch insbesondere an Analysten, Wirtschaftsjournalisten und institutionelle Investoren weitergegeben wird, sollte das Unternehmen auf die Erstellung und professionelle Darstellung besonderen Wert legen.^^ 4.1.2.1.4 Pressemitteilungen Die Pressemitteilungen werden in Tages- und Wirtschaftszeitungen sowie in Fachzeitschriften veroffentlicht und ermoglichen eine kontinuierliche Versorgung der ' Vgl. Kirchhoff. 2001, S. 806; GOnther / Otterbein, 1996, S. 404 f.; Durr, 1995, 8. 64. ^ Vgl. Dusterlho, 2000, S. 77; Kirchhoff, 2000, S. 46 f.; Frey, 1999b, S. 36-38. ' Vgl. Lindner. 1999, S . I 67 f. ' Vgl. Roder, 2002, S. 133; Scherer / Bassen, 2001, S. 723; Drill, 1995, S. 125.

84 Financial Community mit lnformationen.^° Das Unternehmen Informlert die Presse uber Neuigkeiten hinsichtiich des aktuellen Geschdftsverlaufs sowie der B5rseneinfuhrung. Joumalisten wiederum fassen die Informationen zusammen, nehmen im Einzelfall persGnlich Stellung und verOffentlichen sie als Artikel, IVIeldungen oder Kommentare. Auf den Zeitpunkt der VerSffentlichung sowie die inhaltliche Gestaltung hat der Emittent in der Regel keinen Einfluss. Aus diesem Grund mussen Mlssverstandnisse und Fehlinterpretationen be! der Weitergabe von Informationen an die Presse vermieden werden.^^ Die regelmSfiige Berichterstattung in der Presse fGrdert nicht nur den Bekanntheitsgrad in der allgemeinen Offentlichkeit. Auch die Analysten und Investoren informieren sich regelmdilig uber diese Quellen, so dass das Unternehmen schon in einer sehr frOhen Phase des Borseneinfuhoingsprozesses von diesen Zielgruppen wahrgenommen werden kann. In einer fortgeschrittenen Phase des Bdrseneinfuhrungsprozesses wird an Multiplikatoren und Investoren eine Pressemappe verteilt, deren Inhalt von einer intenslven Pressearbeit profitiert.^^ 4.1.2.1.5 Finanzanzeigen Finanzanzeigen werden ubenA^iegend in renommierten Wirtschaftszeitungen oder im Wirtschaftsteil uberregionaler Tageszeitungen geschaltet. Mit ihrer Hilfe konnen bereits informierte Anieger uber die aktuelle GeschSiftsentwicklung des Unternehmens informiert werden, indem eine ubersichtliche Zusammenfassung der Jahresrechnungen, Zwischenberichte

und Finanzkennzahlen

ubermittelt wird.

Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses sind Finanzanzeigen ein geeignetes Instrument, um potenzielle Investoren uber Details der BGrseneinftihrung zu informieren.^^ Daruber hinaus haben sie eine imagebildende Funktion und konnen durch ihren

regelmaBigen

Einsatz

wahrend

des

Borseneinfuhrungsprozesses

die

Kontlnuitat der Publizitat unterstreichen. Der Einsatz von Finanzanzeigen stellt somit eine sinnvolle Erganzung zu den anderen Kommunlkationsmittein dar und kann dazu genutzt werden, Interesse fur weitere Publikatlonen des Unternehmens zu wecken.

^° Vgl. Tiemann, 1997, S. 34. ^' Vgl. Lindner, 1999, S. 166; Link, 1991; S, 326. ^^ Vgl. Haubrock, 2000. S. 73 f.; Durr, 1995. S. 5 1 . ^^ Vgl. Lindner, 1999, S. 167; Tiemann, 1997, S. 33; Hartmann, 1968, S. 149,184.

85 Dies geschieht z.B. durch einen Hinweis auf die Intemetseite oder eine Hotline des Untemeiimens.^^ 4.1.2.1.6 Internet-Homepage Mit dem Internet steht ein relativ kostengunstiges und zunehmend breiter genutztes Kommunikationsmittel zur Verfugung.^® War der Internet-Auftritt zun^chst nur fur Technologie-Unternehmen unabdingbar, so ist er mittlenA/eile fur jedes Unternehmen ein unverzichtbares Medium.^® Die Adresse der Internet-Homepage sollte, soweit moglich, in alien Kommunjkationsmittein enA^^hnt werden. Oberdas Internet kann der Emittent ohne die Inanspruchnahme von Multiplikatoren alle potenziellen Investoren, insbesondere die privaten, erreichen. Das Internet ermoglicht neben der Massenkommunikation z.B. im Rahmen von so genannten ..Newslettern" auch eine personalisierte Ansprache, indem E-Mail-Versand und Diskussionsforen angeboten werden. In letzterem Fall verschwimmen die Grenzen zwischen unpers5nlicher und persOnlicher Kommunikation.^^ 4.1.2.1.7 Fernseh- und Radiointerviews Fernsehen und Radio sind wegen ihrer weit verbreiteten Nutzung fur eine breite Streuung von Unternehmensinformationen geeignet.^® Sie lassen sich damit insbesondere zur Ansprache privater Investoren nutzen. Ihnen wird durch die Ausstrahlung von Interviews mit der Unternehmensleitung z.B. die Moglichkeit gegeben, sich einen Eindruck vom Management des Unternehmens zu verschaffen.^® Wegen der relativ hohen Kosten werden Fernseh- und Radiointerviews in der Regel erst zum Ende des Borseneinfuhrungsprozesses verstarkt eingesetzt, um Investoren uber die Details der bevorstehenden Borseneinfuhrung zu informieren.^^°

^^ Vgl. Gunther / Otterbein. 1996, S. 405; Drill, 1995, S. 126 f.; Durr, 1995, S. 56. ^^ Nach einer Infratest-Umfrage besaflen im ersten Halbjahr 2001 57,22% der deutschen Aktionare einen Internetzugang. Vgl. hierzu Leven, 2002, S. 18 f. ^® Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 47; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 109,136 f. ^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 25; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 128. ^ ' Vgl. Gunther / Otterbein, 1996, S. 405 f.; Link, 1991, S. 332, 339. ^^ Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 46. ^^ Vgl. Lindner, 1999, S. 166 f.; Tiemann. 1997, S. 34.

86 4.1.2.1.8 Prasentationsvideos Prasentationsvideos eignen sich sowohl fur Unternehmensprasentationen als auch fur Einzelgesprache. Neben der Vermittlung allgemeiner Informationen konnen komplexe Sachverhalte wie z.B. spezielle Fertigungsprozesse vorgestellt werden. Die visuelle Prasentation erleichtert es den Zuschauern, komplizierte Sachverhalte auch ohne entsprechendes Fachwissen nachzuvollziehen. Im Mittelpunkt des Interesses steht jedoch die personliche Kommunikation mit der Unternehmensfuhrung, weshalb ein Video nur unterstutzend eingesetzt werden sollte.^®^ 4.1.2.1.9 Unternehmensbroschiiren Unternehmensbroschuren konnen als Erganzung zu anderen Dokumenten wie dem Geschaftsbericht oder dem Faktenbuch weitergegeben werden. Es kann sich dabei sowohl urn allgemeine Unternehmensbroschuren als auch um spezifische InvestorRelations-Broschuren

handeln. Auch

Produktbroschuren

sind

geeignet,

um

erklarungsbedurftige Techniken oder Verfahren genauerzu beschreiben.^^^ 4.1.2.2 Personliche Kommunikationsmittel Der Einsatz personllcher Kommunikationsmittel zeichnet sich dadurch aus, dass Vertreter des Unternehmens in einen direkten und personlichen Kontakt mit den Zielgruppen treten. Fur das Unternehmen besteht die relative Gewissheit, dass die Botschaft den Empfanger auch tatsachlich erreicht. Unklarheiten auf Seiten der Empfanger konnen durch Nachfragen unverzuglich ausgerSumt werden. Die gezielte Ansprache der Adressaten fuhrt somit zu geringen Streuverlusten, verursacht aber auch einen hoheren finanziellen und zeltllchen Aufwand.^^^ Letzterer schrankt den Einsatz personllcher Kommunikationsmittel dahingehend ein, dass diese moistens nur gegenuber ausgewahlten Zielgruppen eingesetzt werden. Hierzu werden Analysten, Wirtschaftsjournalisten und institutionelle Investoren gezahlt. Die einzelnen Mitglieder dieser Gruppen sind im Gegensatz zu der groden Anzahl der Anlageberater und privaten Investoren eindeutig identifizierbar und damit bezuglich des finanziellen und zeitlichen Aufwands kalkulierbar.^

^^^ Vgl. Diehl, 2001, S. 417; RGdl / Zinser, 2000, S. 353. ^^^ Vgl. Link, 1997, S. 326; Gunther / Otterbein, 1996, S. 406; Durr, 1995, S. 84. ^^^ Vgl. Wirtz / Salzer, 2001b, 8. 212 f.; Gunther / Otterbein, 1996, S. 407. ^^ Vgl. Lindner, 1999,8.161.

87 Daruber hinaus haben aus der Gruppe der Multiplikatoren die Analysten und Wirtschaftsjournalisten aufgrund ihrer meinungsbildenden Funktion ein berechtigtes Interesse, durch pers5nliche Kommunlkationsmittel gezielt informiert zu werden. Institutionelle Investoren erwarten aufgrund ihrer relativ grolien Aniagevolumina ebenfalls eine personiiclie Kommunikation.^® Urn die Bedeutung der pers5nlichen Kommunikation und der damit verbundenen Vertrauensbildung zu unterstreichen, sollte der Unternehmensvertreter m6glichst weit oben in der Unternehmenshierarchie angeordnet sein. Zum B6rsengang sollte es sich dabei idealenveise urn Vorstandsmitglieder handein, da zu diesem Zeitpunkt der erste Kontakt mit dem Unternehmen initilertwird.^^ 4.1.2.2.1 Unternehmensprasentationen Im Rahmen von Unternehmensprasentationen stellen Unternehmensvertreter, in der Regel der Vorstandsvorsitzende und gegebenenfalls weitere VorstSnde, das Unternehmen und Details der Borseneinfuhrung vor. Unternehmensprasentationen werden am haufigsten wahrend der so genannten Roadshow in der letzten Woche vor der Notierungsaufnahme abgehalten. In dieser Zeit wird das Unternehmen einem ausgewahlten Publikum von institutionellen Investoren prasentiert. Im Anschluss an die Prasentationen besteht die Moglichkeit, Fragen zu beantworten, MissverstSndnisse auszuraumen und spezifische Themenbereiche zu vertiefen. Neben der reinen Informationsvermittlung sollten Prasentationen auch dazu genutzt werden, um ein personliches Vertrauensverhaltnis zu potenziellen Investoren aufzubauen.^^^ Die Prasentationen fur Analysten und institutionelle

Investoren werden als am

bedeutendsten eingestuft. Bel diesen Veranstaltungen ist auf eine professlonelle Darstellung des Untemehmens grSflter Wert zu legen, wobei moderne Prasentationstechniken wie Beamer-Prasentationen und Videofilme zum Einsatz kommen sollten. Daruber hinaus konnen der Prospekt, der Geschaftsbericht, Broschuren und/oder Produktbeigaben verteilt werden.^^

^^^ Vgl. R6dl / Zinser, 2000, S. 367; Weidekind, 1994. S. 285. ^^Vgl. Drill, 1995, S. 128. ^^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 24; Lindner, 1999, S. 161 f.; Link, 1991, S. 335. ^^ Vgl. R(3dl / Zinser, 2000, S. 367.

88 AA 2,2,2 EinzelgesprSche Einzelgesprciche (auch One-on-Ones genannt) finden hSufig im Anschluss an eine Unternehmensprasentation statt. Bei den EinzelgesprSchen geht es urn vertiefende Diskussionen bekannter Sachverhalte, die dazu geeignet sind, das Management naher kennen zu lernen und ein Vertrauensverhaitnis aufzubauen bzw. zu vertiefen. Institutionelle Investoren bestehen hSufig auf personlichen Gesprachen mit der Untemehmensfuhrung, urn sich ein eigenes Bild von der Qualifikation des Managements zu machen.^^® 4.1.2.2.3 Analystenprasentationen Im Vorfeld der Borseneinfuhrung erstellen die Analysten der Konsortialbanken Unternehmensstudien, so genannte Researchberichte iiber das Unternehmen.^®° Fur den Researchbericht benotigen die Analysten umfassende Informationen, die ihnen wahrend einer Analystenprasentation vor der Borsennotierung zur Verfugung gestellt werden. Dabei handelt es sich um eine speziell fur die Analysten vorbereitete Prasentation, die von dem Vorstandsvorsitzenden und gegebenenfalls welteren Vorstandsmltglledern vorgestellt werden.^®^ Erganzend konnen den Analysten diverse Unterlagen wie Geschaftsberichte, Faktenbuch und Unternehmensbroschuren ausgehandigt werden. Wichtig ist, dass die Analysten einen umfassenden Eindruck von dem Unternehmen bekommen. Fragen oder Missverstandnisse konnen entweder im Anschluss an die Presentation oder in einer spater stattfindenden Video- oder Telefonkonferenz geklart werden.^®^ Die Vertrauensbildung der Analysten in eine offene und umfangreiche Kommunikations- und Informationspolitik seitens des Unternehmens hat hierbei oberste Prioritat.^®^ 4.1.2.2.4 Pressekonferenzen Zu Pressekonferenzen werden uben/viegend Wirtschaftsjournalisten eingeladen, welche die erhaltenen Informationen nach eigenem Ermessen an die Offentlichkeit weitergeben. Pressekonferenzen stellen ein geeignetes Kommunikationsmittel dar, ^^® ^®° ^^^ ^^^ ^^^

Vgl. Diehl, 2001, S. 418 f.; Kirchhoff. 2000, S. 48; Gunther / Otterbein, 1996, S. 409. SieheKapitel 4.1.1.1.1. S. 73. Vgl. Tiemann, 1997, S. 39-41; Diehl, 1993, S. 182; Link, 1991, S. 337. Vgl. O.V., 2002f, S. 42; Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001 b, S. 23 f. Vgl. Lindner, 1999,8.163.

89 weil hier die Vorteile der pers5nlichen Kommunikation, wie z.B. die Klarung von IVIissverstandnissen mit denen der unpersonliciien Kommunikation, d.ii. einer breiten Streuung, kombiniert werden konnen.^®^ Waiirend des Borseneinfulirungsprozesses finden Pressekonferenzen in der Regel zu drei Aniassen statt:^®^ -

im Vorfeid des Borseneinfuhrungsprozesses konnen Pressekonferenzen bei wichtigen Ereignissen, wie z.B. der Veroffentlichung des Jalirsabschlusses, Werkseroffnungen, Neugrundungen oder Akquisitionen dazu genutzt werden, um den Bekanntheitsgrad des Unternehmens zu erhohen. Gegebenenfalls kann zu diesem Zeitpunkt ein geplanter Borsengang angekundigt werden.

-

Zu Beginn der Roadsliow wird auf einer Pressekonferenz der bevorstehende Borsengang mit alien Details zum Emissionskonsortium, zur Zeichnungsfrist und zur Preisspanne bekannt gegeben.

-

Nach der Notierungsaufnahme wird die Financial Community auf einer abschliellenden Pressekonferenz uber die endgultige Platzlerung und den Emissionskurs informiert.

4.1.2.2.5 Telefon- und Videokonferenzen Telefon- und Videokonferenzen dienen als Alternative oder Erganzung zu Unternehmens- und Analystenprasentationen. Diese quasi-personlichen Kommunikationsmittel sind flexibel und sparen Zeit und Kosten. Insbesondere fur kleinere Unternehmen, die an den Kosten einer auslandischen Roadshow sparen wollen, bieten Videokonferenzen eine geeignete Alternative.^^ In diesem Zusammenhang stellen auch Telefon-Hotlines ein geeignetes und kostengunstiges Kommunikationsmittel dar, welche einen stetigen Informationsfluss mit kurzen und prazisen Nachrichten sicherstellen. Sie eignen sich insbesondere fur private Anieger, die an aktuellen Informationen Interesslert sind oder noch offene Fragen haben.^®^

^"^ Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 49; R6dl / Zinser, 2000, S. 370; Link, 1991, S. 338 f. ^®^ Vgl. Lindner, 1999, S. 164; Tiemann, 1997, S. 41; Durr, 1995, S. 101 f. ^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 24. ^®^Vgl. Drill, 1995, S. 131.

90 4.1.2.2.6 Betriebsbesuche Betriebsbesuche ermGglichen einzelnen Zielgruppen der Financial Community, das Untemehmen

vor

Ort

kennen

zu

lemen.

DIese

Form

der

persSnIichen

Kommunlkation elgnet sich besonders fur Untemehmen mit Produktionsstatten, von deren Verfassung und technlschem Stand sich Interessierte ein eigenes Blld machen sollten. Betrlebsbesichtigungen sind zeltaufwSindig und teuer und eignen sich deshalb nur fur ausgew^hlte MItglleder einzelner Zielgruppen.^® 4.2

Informationspolitik

Die Aufgabe der Informationspolitik ist es, die von der Financial Community geforderten Informationen uber das Untemehmen zu identifizieren und kommunikativ aufzubereiten. Ausgangspunkt der Informationspolitik ist zunSchst die Erfullung der gesetzlichen Verpflichtungen zur Berichterstattung (Pflichtpublizitat). Daruber hinaus sollten in Abhangigkeit vom Interesse der Multiplikatoren und Investoren freiwilllg Informationen bereitgestellt werden (freiwillige Publizitat).^®® Tabelle 7 unterteilt die im Rahmen der Kommunikationspolitik identifizierten Kommunikationsmittel in solche der Pflichtpublizitat und solche derfreiwilligen Publizitat. Unpersdnliche Kommunikationsmittel

Persdniiche Kommunikationsmittel

PflichtpublizitSt Prospekt

Freiwillige Publizitat Geschaftsbericht Faktenbuch Pressemitteiiungen Finanzanzeigen Internet-Homepage Fernseh- und Radiointerviews PrSsentationsvideos UnternehmensbroschQren Roadshow-PrSsentationen Einzelgesprdche AnalystenprSsentationen Pressekonferenzen Telefon- und Videokonferenzen Betriebsbesuche

Tabelle 7: Komnfiunlkationsmlttel der Pflichtpublizitat und der freiwilligen Publi2ltaf'°

* Vgl. Kirchhoff, 2000. S. 49. ' Vgl. Mijller, 2004, S. 56; Janik, 2002, S. 82 f.; Diehl / LoistI / Rehkugler. 1998. S. 2. ' In Aniehnung an Neske / Mayer / Tellkamp u.a.. 1999. S. 135.

91 Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses beschrankt sich die Pflichtpublizitat auf die Veroffentliciiung des Prospel
und die VeroffentJicliung eines Unternehmens-

kalenders.^^^ Letztere werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter betraciitet, da sich diese Kommunikationsmittel erst auf die Zeit nach der Borsennotierung beziehen.^^* 4.2.1 Pflichtpublizitat Fur Unternehmen, die erstmalig im Amtlichen Handel oder im Geregelten Markt offentlich Aktien anbieten, ist die Publikation eines Verkaufsprospektes verpflichtend.^^® Nachfolgend werden die Publizitatsvorschriften fur beide Borsensegmente dargestellt. Unabhangig von den Publizitatsvorschriften des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes hat die Frankfurter Wertpapierborse per 1. September 2002 Going-Public-Grundsatze eriassen, die durch formale und inhaltliche Vorgaben zur Gestaltung des Prospektes die Transparenz dieses Dokuments erhohen sollen. Auch wenn es sich um einen freiwilligen Verhaltenskodex handelt, soil dessen Inhalt im Rahmen der Pflichtpublizitat eriautert werden, zumal sich zu dessen Einhaltung die meisten Emissionsbanken unmittelbar nach seinem Inkrafttreten bereits verpflichten haben.'^' 4.2.1.1 Publizitatsvorschriften des Amtlichen Handels Fur Wertpapiere, die zum Amtlichen Markt zugelassen werden sollen, besteht ein gesetzlich vorgeschriebener Prospektzwang.^^^ Die Veroffentlichung eines alle ^^Wgl. Lindner, 1999,8.134. ^^2 Siehe Kapitel 3.2, S. 45. ^^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 20; Koch / Wegmann, 1998, S. 98. ^^^ Vgl. hierzu Deutsche Bdrse AG, 2003, S. 29; Feinendegen / Nowak, 2001, S. 371 f. Zur nicht praktikablen Ad-hoc-Pflicht vor der Notierungsaufnahme (nach Antragsstellung auf BOrsenzulassung) nach dem neuen Anlegerschutzverbesserungsgesetz vgl. o.V., 2005b, S. 19. Der Emittentenleitfaden der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungen weist auch darauf hin, dass das Gesetz erst fur bfirsennotierte Unternehmen gilt. Vgl. BaFin, 2004, S. 2. ^^^ § 1 VerkaufsprospektG. ^^® Siehe Kapitel 4.2.1.3, S. 97. ^^^ § 36 Abs. 3 Nr.2 BSrsG.

92 Angaben enthaltenden Prospektes ermoglicht der Offentlichkeit ein zutreffendes Urteil uber den Emittenten und seine Wertpapiere. Daruber hinaus wird sichergestellt, dass alle Unterzeichner des Prospektes fur einen Zeitraum von funf Jahren fur dessen Inhalt haften.^^® Der Prospekt muss uber die tatsachliciien und die rechtlichen Verhaltnisse, die fur die Beurteilung der zugelassenen Wertpapiere wesentlich sind, Auskunft geben sowie richtig und vollstandig sein. Er muss in deutscher Sprache abgefasst und in einer Form gestaltet sein, die Verstandnis und Auswertung erleichtert. Nachfolgend werden die wichtigsten Publizitatsvorschriften fur einen Prospekt fur die Zulassung zum Amtlichen Handel aufgeftihrt, die anschliefiend nalier eriautert werden :^^® 1.

Angaben uber Personen und Gesellschaften, die fur den Inhalt des Prospektes die Verantwortung ubernehmen

2.

Allgemeine und besondere Angaben uber die Wertpapiere

3.

Allgemeine Angaben uber den Emittenten

4.

Angaben uber das Kapital des Emittenten

5.

Angaben iiber die Geschaftstatigkeit des Emittenten

6.

Angaben iiber die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten

7.

Angaben aus der Rechnungslegung des Emittenten

8.

Aufstellung uber die Herkunft und Verwendung der Mittel

9.

Angaben uber Beteiligungsunternehmen

10. Angaben uber Geschaftsfuhrungs- und Aufsichtsorgane des Emittenten 11. Angaben uber den jungsten Geschaftsgang und die Geschaftsaussichten des Emittenten 12. Angaben uber die Prufung der Jahresabschlusse des Emittenten und anderer Angaben Im Prospekt Zu 1: Angaben iiber Personen oder Gesellschaften, die fiir den Inhalt des Prospektes die Verantwortung ubernehmen:^®° Veroffentlichung von Namen und Stellung der verantwortlichen Personen; Angaben von Firma und Sitz der verantwortlichen

^^^ § 45 Abs. 1 und § 47 BorsG. ^^^§§14bis30B5rsZulV. '§14B6rsZulV.

93 Gesellschaften; Erkiarung der Personen oder Gesellschaften, dass ihres Wissens die Angaben richtig und keine wesentlichen Umst^nde ausgelassen sind. Zu 2: Allgemeine und besondere Angaben uber die zugelassenen Wertpaplere:^®^ Ubersicht uber Beschlusse, ErmSchtigungen, Genehmigungen und Eintragungen in das Handelsregister, welche die Grundlage fur die Ausstellung und Ausgabe der Wertpaplere bilden; Qbersicht uber Art, Stuckzahl und Nummern der Wertpapiere sowie den Gesamtnennbetrag der Emission; Angaben uber Steuern, die bei Zeichnung der Aktien abgefuhrt werden mussen; Angaben uber die Ubertragbarkeit der Wertpapiere; Auflistung der Borsen, bei denen ein Antrag auf Zulassung gestellt worden ist bzw. gestellt werden soil; Bekanntgabe der Zahl- und Hinterlegungsstellen; Angaben uber die Zahlung des Zeichnungs- oder Verkaufspreises; Auflistung der Stellen, die Zeichnungen der Offentlichkeit entgegennehmen; Angaben uber Moglichkeiten, die auf Zeichnungen vor Ablauf der offiziellen Zeichnungsfrist schlielien lassen; bei Festubernahme der Emission Angaben der Personen oder Gesellschaften, welche

die gesamte

Emission vom

Emittenten

ubernehmen;

Angaben uber den Nettoerlos der Emission; Angaben, ob die Aktien bereits platziert sind Oder ob sie durch die Einfuhrung in den Amtlichen Handel erst untergebracht werden sollen; Beschreibung der Merkmale der Aktien (Nennwerte, Gattung); Angaben uber die mit den Aktien verbundenen Rechte (Stimmrechte, Dividende, Beteiligung am Erios im Falle einer Liquidation); Festlegung des Beginns der Dividendenberechtigung; Angaben uber die voraussichtlichen Kosten der Emission (insgesamt und pro Aktie)^®^ sowie uber die Hohe der Provlsionen fur die an der Durchfuhrung der Emission beteiligten Personen und Gesellschaften; Bekanntgabe der Stellen, bei denen die Unterlagen von der Offentlichkeit eingesehen werden konnen; falls bekannt, Bekanntgabe des Zeitpunkts, von dem ab die Aktien amtlich notiert werden. Zu 3: Allgemeine Angaben uber den Emittenten:^^ Angaben uber Firma, Sitz und Zweigniederlassungen des Emittenten; Datum der Grundung; Angaben uber die Rechtsform sowie uber den in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag bestimmten ^^§15und16B5rsZulV. ^®^ Diese Angaben sind nur erforderlich, wenn die Ausgabe und Unterbringung der zuzulassenden Aktien gleichzeitig mit der Zulassung stattfinden. § 16 Abs. 2 BorsZulV. ^®^§18B6rsZulV.

94 Gegenstand des Untemehmens; Angabe des Registergerichts des Emittentensitzes; Bekanntgabe der Stelle, bei der die im Prospekt genannten Unterlagen einzusehen sind; Beschreibung des Konzerns und der Stellung des Emittenten. Zu 4: Angaben uber das Kapital des Emittenten:^'* Veroffentlichung der Hohe des gezeichneten Kapitals; Angabe des Nennbetrags des genehmigten oder bedingten Kapitals und der Dauer der Ermachtigung der Kapitalerhohung; Beschreibung der Vorgange, welche die Holie des gezeichneten Kapitals in den letzten drei Jahren verandert haben; Angabe von Personen oder Gesellschaften, deren unnnittelbare Oder mittelbare Beteiligung am gezeichneten Kapital des Emittenten mindestens 5% betragt; Angabe von Personen oder Gesellschaften, denen unmittelbar oder mittelbar mindestens 5% der Stimmrechte zustehen; Angabe von Personen oder Gesellschaften, die auf den Emittenten unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausuben konnen. Zu 5: Angaben uber die Geschaftstatigkeit des Emittenten:^^ Beschreibung der wichtigsten Tatigkeitsbereiche; Angabe der Umsatzerlose nach Tatigkeitsbereichen sowie nach geographisch bestimmten Markten fur die letzten drei Jahre; Angabe der wichtigsten

Produktionsstandorte;

Eriauterung

moglicher

Abhangigkeiten

des

Emittenten von Patenten, Lizenzen, Vertragen oder neuen Herstellungsverfahren; Obersicht uber vergangene oder laufende Gerichtsverfahren der letzten zwei Jahre, die einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten haben konnen; Angaben uber Investitionen; Obersicht uber die durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer; Angaben uber Tatigkeiten auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung.^®® Zu 6: Angaben uber die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten:^®^ Veroffentlichung der Bilanzen sowie der Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei Geschaftsjahre; Veroffentlichung des Anhangs des letzten Geschaftsjahres; Obersicht uber Herkunft und Ven^^endung der Mittel fur die letzten drei GeschSfts-

^®^§19Be)rsZulV. ^^^ § 20 Abs. 1 BarsZulV. ^^ § 20 Abs. 3 BOrsZulV. ^®^ § 21 Abs. 1 und 2 BOrsZuiV.

95 jahre; Angaben uber Unternehmen, an denen der Emittent Anteile besitzt; Angaben uber das Ergebnis und die Dividende je Aktie fur die letzten drei Geschaftsjahre.^® Zu 7: Angaben aus der Rechnungslegung des Emittenten:^® Der Stichtag des letzten veroffentlichten JaiiresabschJusses darf zum Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung zur amtlichen Notierung nicht langer als achtzehn Monate zuruckliegen; liegt der Stichtag des letzten In den Prospekt aufgenommenen Jahresabschlusses mehr als neun Monate zuruck, muss eine Zwischenubersicht aufgestellt werden; Angaben wesentlicher Anderungen nach Abschluss des letzten Geschaftsjahres. Zu 8: Aufstellung uber die Herkunft und VenA^endung der Mittel:^®° Darstellung der Bilanzentwicklung im jeweiligen Berichtsjahr bezuglich der MIttelherkunft und Mittelverwendung. Zu 9: Angaben uber Beteillgungsunternehmen:^®^ Angaben uber Unternehmen, an denen der Emittent unmittelbar oder mittelbar Anteile halt, deren Buchwert mindestens 10% seines Eigenkapitals betragt oder die mit mindestens 10% zu seinem Jahresergebnis beitragen; Angaben uber den Buchwert der vom Emittenten gehaltenen Anteile und die Hohe der Forderungen und Verbindlichkeiten des Emittenten gegenuberdem Unternehmen. Zu 10: Angaben uber Geschaftsfuhrungs- und Aufsichtsorgane des Emittenten:^®^ Auflistung der Namen und Adressen der Mitglieder der Geschaftsfuhrungs- und Aufsichtsorgane (falls die Gesellschaft vor weniger als funf Jahren gegrundet wurde auch die der Grunder) und ihre Stellung beim Emittenten; Ubersicht uber ihre wichtigsten Tatigkeiten aufierhalb des Emittenten; Angaben der fur das letzte abgeschlossene

Geschaftsjahr

gewahrten

Gesamtbezuge

sowie

der

Aktien

des

Emittenten, die von den Mitgliedern der Geschaftsfuhrungs- und Aufsichtsorgane gehalten werden; Ubersicht uber die Gesamthohe der noch nicht zuruckgezahlten Darlehen; Darstellung der Moglichkelten fiir die Beteiligung der Arbeitnehmer am Kapital des Emittenten.

§ 25 BorsZulV. § 22 Abs. 2 und 3 BorsZulV. ^®° § 23 BorsZulV. ^^^ § 24 BorsZulV. ^^^ § 28 BorsZulV.

96 Zu 11: Angaben uber den jungsten GeschSftsgang und die Aussichten des Emitten^Qp.393

Darstellung

der

wichtlgsten

Geschaftstendenzen;

Angaben

Qber

Gesch^ftsaussichten des Emittenten mindestens fQr das laufende GeschSftsjahr. Zu 12: Angaben uber die Prufung der Jahresabschlusse des Emittenten und anderer Angaben im Prospekt:^®'* Angaben von Namen, Anschrift und Berufsbezeichnung der Abschlussprufer, die die Jahresabschlusse der letzten drei GeschSftsjahre geprOft haben. 4.2.1.2 PublizitStsvorschriften des Geregelten Markts Die Publlzltatsvorschriften fur den Geregelten Markt sind weniger umfangreich als die fur den Amtlichen Handel. Der Zulassungsausschuss der Frankfurter Wertpaplerborse verlangt die Ver5ffentlichung eines vom Emittenten unterschriebenen Unternehmensberichts, der alle fur die Aniageentscheldung der Offentlichkeit erforderilchen Angaben uber den Emittenten sowie die zuzulassenden Wertpapiere enthSlt. Von Bedeutung sind dabei Informationen uber die laufende GeschSftslage und die Geschaftsausslchten der Gesellschaft. Daruber hinaus muss der Unternehmensbericht den letzten verSffentlichten Jahresabschluss enthalten. In besonderen Ausnahmefailen kann die Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierborse den Emittenten von der Veroffentlichung eines Unternehmensberichtes befreien, wenn sichergestellt ist, dass die Offentlichkeit auf andere Weise ausreichend informiert wurde.^®® Einzelheiten uber notwendige Anforderungen, Angaben, Zeitpunkt und Form der Ver5ffentlichung des Unternehmensberichts und zusatzlicher Mitteilungen werden durch die Borsenordnung der Frankfurter Wertpapierborse geregelt. Sie entsprechen in ihrem Detaillierungsgrad den Vorgaben des Verkaufsprospektgesetzes.^®® Des Weiteren haftet der Emittent fur die Angaben im Unternehmensbericht. Sind Informationen unrichtig Oder unvollstandig, gelten die gleichen Vorschriften wie fur den Amtlichen Handel.^®^

393 § 29 BOrsZulV. ^^^ § 30 Abs. 1 B6rsZulV. ^^^ § 73 Abs. 3 BOrsG. ^^^ § 7 VerkaufsprospektG. ^^^ §§ 77, 45 bis 49 BorsG.

97 4.2.1.3 Going-Public-GrundsStze Die Going-Public-Grundsatze stellen Verhaltens- und Handlungsempfehlungen fur Emittenten und alle an einer Aktienemission beteiligten Emissionsbegleiter dar.^®® Die GrundsStze gelten fClr Aktien, die erstmals Gffentiich zum Kauf im Amtlichen Handel Oder Geregelten Markt der Frankfurter WertpapierbOrse angeboten werden. Gesetzliche Vorschriften bleiben von den Golng-Publlc-Grundsatzen unberuhrt.^®® Unmittelbar nach ihrem Inkrafttreten am 1. September 2002 haben sich die meisten Emissionsbanken zur Einhaltung der GrundsStze verpflichtet*°°, so dass die Empfehlungen auch fur Emittenten als relativ verbindlich angesehen werden kGnnen/^^ Ziel dieser Grundsatze ist es, die Transparenz von BOrsengangen zu erhOhen und insbesondere Privatanlegern den glelchen Zugang zu Informationen zu verschaffen wie institutionellen Investoren. Wesentlicher Inhalt der Grundsatze Ist, die Funktion des Prospektes als eines zentralen Informatlonsmedlums und einer zentralen Entscheidungsgrundlage fur die Anieger zu stSrken. Dies soil insbesondere durch formale und materielle Gestaltungsvorgaben sowie durch die Reglementiemng emisslonsbegleitender Unterlagen auBerhalb des Prospektes errelcht werden/^^ Die Einhaltung der Grundsatze ist durch einen Vermerk Im Prospekt zum Ausdruck zu bringen. Sofern im Einzelfall aufgrund von einzelnen Grundsatzen abgewlchen wird, Ist die Abwelchung nach Art und Inhalt Im Prospekt darzustellen/°^ Neben der gesetzlichen Verpflichtung zur Zeitungs- und SchalterpublizltSt, die insbesondere den privaten Aniegern die Beschaffung des Prospektes erschwert, fordern die Grundsatze, dass der Prospekt spStestens einen Werktag vor Beginn des offentllchen Angebots fur drel Jahre auf der Internet-Seite des Emittenten zur Verfugung gestellt werden muss/°*

^®® Ziffer 1 Going-Public-Grundsatze. ^®® Ziffer 2.1 Going-Public-Grundsatze. ^°° Folgende Banken haben sich zur Einhaltung der Going-Public-Grundsatze verpfiichtet: ABN AMRO Rotschild, Vontobel, Hypo- und Vereinsbank, BW-Bank, CAZENOVE, Citigroup. Commerzbank, CSFB, Deutsche Bank, Postbank, Dresdner Bank, DZ-Bank, Goldman Sachs, HSBC, ING BHFBANK, JPMorgan, LEHMAN, Merrill Lynch, Morgan Stanley, Sal. Oppenheim, UBS, WestLB. *°^ Mit der Einfuhrung des Wertpapierprospektgesetztes (WpPG) zum 1. Juli 2005 werden Bestandteile der Going-Public-Grundsatze gesetzlich verankert, so dass davon auszugehen ist, dass die Handlungsempfehlungen entfallen werden. Da die VerSffentlichung des WpPG mit dem Abgabetermin der Arbeit zusammenfSllt, sind diese VerSnderungen nicht mehr berOcksichtigt worden. ^°^ Ziffer 1 Going-Public-Grundsatze. ^°^ Ziffer 2.2 Going-Public-Grundsatze. ^^^ Ziffer 7.1 Going-Public-Grundsatze.

98 Die formalen Gestaltungsempfehlungen, die sich insbesondere auf die Gestaltung der Seiten, die SchriftgroBe und die Gliederung des Prospektes beziehen, sind in Anhang 2 und Anhang 3 dargesteilt und werden hier nicht welter eriautert.*°^ Die materieJIen Gestaltungsempfehlungen erstrecken sich auf die folgenden Unternehmensangaben, die anschlieliend nSher eriautert werden:'*°® 1. Darstellung der Risikofaktoren 2. Darstellung zukunftsgerichteter Aussagen 3. Offenlegung von Geschaften und Rechtsbeziehungen

mit nahe stehenden

Personen 4. Pro-forma-Angaben in der Rechnungslegung 5. Beruflicher Werdegang und Vorstrafen der Mitglieder des Geschaftsfuhrungsorgans Zu 1: Darstellung der Risikofaktoreni'*^^ Es dijrfen nur solche Risikofaktoren genannt werden, die einen speziflschen Bezug zum Geschaftsbetrleb und zum GeschSftsumfeld des Emittenten haben. Der spezlflsche Bezug jedes einzelnen RIsikofaktors zum Geschaftsbetrleb und -umfeld des Emittenten 1st darzustellen. Allgemeine Geschaftsrislken,

denen

jeder

Geschaftsbetrleb

bzw.

jedes

Geschaftsumfeld

gleichermaflen unterliegt, durfen nicht als Risikofaktoren genannt werden. Die Risikofaktoren sind nach dem Ausmali ihrer mogllchen wirtschaftllchen Auswlrkungen auf den Emittenten im Fall Ihrer Reallsierung aufzuzahlen. EIn ausdrucklicher Hinweis, dass die Aufzahlung keine Aussage uber die Realislerungswahrscheinllchkeit der aufgezahlten Risiken darstellt, ist zuiasslg. Risikofaktoren konnen nach Sachbereichen kategorisiert werden (z.B. rechtllche Risiken, Geschaftsrislken). Zu 2: Darstellung zukunftsgerichteter Aussagen:'^^® Zukunftsgerlchtete Aussagen sind sprachlich eindeutig als solche erkennbar zu machen. Dies hat durch Standardformullerungen, wie zum Belsplel „en/vartet", „geht davon aus", „nimmt an" oder „prognostiziert" zu erfolgen. Bel VenA^endung zukunftsgerichteter Aussagen ist darzustellen, auf Grund welcher Annahmen diese getroffen worden sind. Zukunftsgerlchtete Aussagen durfen ausschliefllich Im guten Glauben an die Richtlgkelt und

*°^ Ziffer 3 Going-Public-GrundsStze. Siehe Anhang 2, S. 260 und Anhang 3. S. 261. ^°^ Ziffer 4 Going-Public-Grundsatze. ^°'^ Ziffer 4.1 Going-Public-GrundsSltze. *°® Ziffer 4.2 Going-Public-Grundsatze.

99 Vollstandigkeit dieser Annahmen getroffen werden. Sofern darauf hingewiesen wird, dass sjch die im Prospekt enthaltenen zukunftsgerjchteten Aussagen moglicherweise als falsch erweisen konnen, sind die spezifischen Faktoren darzustellen, die zum Nichteintreffen der zukunftsgerichteten Aussage fuhren konnen. Zu 3: Offenlegung von Gesch^ften und Rechtsbeziehungen mit nahe stehenden Personen:"^"® Im Prospekt sind alle fur die Beurteiiung des Emittenten oder der Aktien Oder der aktienvertretenden

Zertifikate

wesentlichen

Geschafte

und

Rechts-

beziehungen des Emittenten mit diesem nahe stehenden naturlichen und juristischen Personen offen zu legen. Offen zu legen sind alle Informationen, die fur die Beurteiiung des Geschafts oder der Rechtsbeziehung wesentlich sind. Dies sind insbesondere die Parteien und sonstige am Geschaft oder an der Rechtsbeziehung Beteiligte, Art und Inhalt des Geschafts oder der Rechtsbeziehung, Art und Inhalt von Leistungen und Gegenleistungen sowie der Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung des Geschafts oder der Rechtsbeziehung bzw. deren Dauer. Zu 4: Pro-forma-Angaben in der Rechnungslegung:*^° Vorbehaltlich anden/veitiger zwingender Vorschriften durfen im Prospekt Pro-forma-Angaben in der Rechnungslegung des Emittenten nur venA^endet werden, sofern beim Geschaftsbetrieb des Emittenten wesentliche rechtliche oder wirtschaftliche Anderungen eingetreten sind und sich der Berichtszeitraum der Pro-forma-Angaben auf das letzte Geschaftsjahr und die aktuelle Zwischenberichtsperiode des Emittenten beschrankt und die Proforma-Angaben nach anerkannten Rechnungslegungsvorschriften erstellt sind und im Prospekt eine Beschelnigung eines WIrtschaftsprufers wiedergegeben wird, wonach die Pro-forma-Angaben Gegenstand einer pruferischen Durchsicht nach anerkannten Prufungsmafistaben durch diesen Wirtschaftsprufer waren. Zu 5: Beruflicher Werdegang und Vorstrafen der Mitglieder des Geschaftsfuhrungsorgans:"*" Im Prospekt sind der berufliche Werdegang der einzelnen Mitglieder des Geschaftsfuhrungsorgans des Emittenten darzustellen. Daruber hinaus sind etwaige Sanktionen (z.B. Verurteilungen, Strafen, Bufigelder, Berufsverbote) der einzelnen Mitglieder des Geschaftsfuhrungsorgans des Emittenten wahrend mindestens der letzten funf Jahre fur die Verletzung in und auslandischer Bestimmungen des Straf^°^ Ziffer 4.3 Going-Public-Grundsatze. ^^° Ziffer 4.4 Going-Public-Grundsatze. ^^^ Ziffer 4.5 Going-Public-Grundsatze.

100 und Kapitalmarktrechts (z.B. Wertpaplerhandelsrecht, BOrsenrecht) anzugeben, die fur eine GeschSftsfOhrungstatigkeit von erheblicher Bedeutung sind (z.B. Untreue, Betrug,

Kapitalanlagebetrug,

Kreditbetrug,

Bilanzfaischung,

Insolvenzstraftaten,

Insiderstraftaten). Neben den formalen und materiellen Gestaltungsempfehlungen regein die GoingPublic-Grundsatze die Verfiffentlichung von Unternehmensinformationen auflerhalb des Prospektes. Urn die Bedeutung des Prospektes als zentrale Informationsquelle nicht zu gefSiirden, verpflichtet sich der Emittent zur Einhaltung einer Informationssperrfrist, der so genannten „Quit Periode"*^^^^^ SpStestens vier Wochen vor dem offentllchen Angebot bis 30 Kalendertage nach der Erstnotiz darf der Emittent keine Angaben mehr machen, die sich niclit im Prospekt befinden. Empfohlen wird, die Sperrfrist uber den gesamten Zeitraum, in dem der Emittent mit der Vorbereitung des BSrsengangs befasst ist, auszudehnen. Durch die Sperrfrist wird sichergestellt, dass keine neuen Informationen bzw. grundsStzlich kelne Angaben uber das Gescliaft Oder die Finanz- und Ertragslage weitergegeben werden, die nicht auch im Prospekt enthalten sind.^^^ Der Einsatz anderer (frelwilliger) Kommunikationsmittel Ist wahrend dieser Sperrfrist Insoweit zulasslg, als die darin enthaltenen Informationen uber das Geschaft und die Finanz-

und

Ertragslage

des

Emittenten

Inhaltlich

mit

den

entsprechenden

Informationen des Prospektes ubereinstlmmen."*^® Die Ergebnisse von Analysen und Kommentierungen Dritter wie z.B. Analysten und Wirtschaftsjournalisten, die zum Tell auf anderen nicht vom Unternehmen zur Verfugung gestellten Informatlonsquellen beruhen, blelben hiervon unberuhrt. Allein dem Emittenten Ist es verwehrt, wesentliche Informationen „am Prospekt vorbei""*^® weiterzugeben. Letzteres betrifft Insbesondere

die

von

den

Analysten

der

Konsortlalbanken

zu

erstellenden

Researchberichte. DIesen durfen nur solche Informationen zur Verfugung gestellt werden, die sich auch Im Prospekt befinden. Die auf den Angaben des Unternehmens baslerenden eigenen Schlussfolgerungen und Erkenntnisse der Analysten,

^'^ Gebhardt, 2002. S. 2. ^^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze. ^'^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze (mit Bemerkungen). *^^ Ziffer 5 Going-Pubiic-Grundsatze (mit Bemerkungen). Vgl. hierzu auch Ries, 2002, S. 1 f. *^^ Ziffer 5 Going-Public-GrundsStze (mit Bemerkungen).

101 insbesondere deren Prognosen und Zukunftserwartungen oder sonstige aus anderen Erkenntnisquellen gewonnene Informationen, bleiben von der Regelung unberuhrt/^^ 4.2.2 Freiwillige Publizitdt Ober die gesetziich vorgeschriebene Pflichtpublizitdt hinaus liegt es im Ermessen des Emittenten, freJwillig seine Anstrengungen im Rahmen der Informationspolitik zu intensivieren. Die freiwillige Informationspolitik ist oftmals Voraussetzung dafiJr, dass Aktien von den Zlelgruppen der Investor Relations uberhaupt erst wahrgenommen werden/^® Unter Berucksichtigung der Prospekthaftung und der Going-Public-Grundsatze mussen die freiwillig zur Verfugung gestellten Informationen immer im Einklang mit den Inhalten des Prospektes stehen/^® Im Rahmen der freiwilllgen Publizitat gilt es, zielgruppenspezifische Informationsbedurfnisse zu befriedigen, d.h. ausgewahlte Informationen des Prospektes weiterzugeben und zu eriautern/^° Zur VerOffentlichung zielgruppenspezifischer Informationen elgnen sich die in Tabelle 7 dargestellten unpers5nllchen und persGnlichen Kommunikationsmittel/^^ Insbesondere die Analysten und institutlonellen Investoren, die zu den bedeutendsten Zlelgruppen wShrend des B5rseneinfuhrungsprozesses gehoren, sind an solchen Kommunikationsmitteln

interessiert,

um sich uber einzelne Sachverhalte

detailliert zu

informieren. Ein zentrales Interesse im Rahmen der freiwilllgen Publizitat gilt dem ..Investment Case" des Unternehmens. Der ..Investment Case'"*^^ (auch ..Investment Story'"*^^ oder ..Equity Story""*^* genannt) beinhaltet Unternehmensinformationen, die den Kauf der Aktie lohnenswert erscheinen lassen. Bel der Vielzahl von borsennotierten Unternehmen wird es fur Borsenkandidaten zunehmend schwerer, sich von bereits gelisteten Unternehmen zu unterscheiden/^® Der Darstellung des Investment Case obliegt es, insbesondere solche Unternehmensmerkmale herauszuarbeiten, die das Unternehmen von anderen, bereits borsennotierten Unternehmen als einzigartig ^^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze (mit Bemerkungen). ^^® Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 5.11 f.; Koch / Wegmann, 1998. S. 107. *^® Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze. '^^^Vgl. Rosen, 1997, S. 2 f. *^^ Siehe Tabelle 7, S. 90. ^^^ Bruhl, 2001, S. 192 f.; Traub, 2000, S. 810. ^^^Serfas, 1998, S. 87. ^^^ Holzinger, 2004, S. 725; Deutsche 86rse AG, 2003, S. 51. *^^ Vgl. Traub, 2000, S. 810; Schuler, 1999, 8. 83.

102 unterscheidet. Potenzielle Investoren sind dabei an moglichst umfassenden Informationen uber alle wesentlichen wertbeeinflussenden Tatsachen eines Untemehmens interessiert. Mehr noch als die vergangenheitsbezogenen Daten sind Informationen ijber die zukunftige Entwicklung des Untemehmens von Interesse/^® In Kapitel 4.2.2.1 wlrd zunachst die Bedeutung des Investment Case wShrend des Borseneinfuhrungsprozesses beschrieben. AnschJIefiend werden in Kapitel 4.2.2.2 die in der Literatur genannten Kriterien eines Investment Case dargestellt. Um die Informationsinhalte einzelner Kriterien und deren Bedeutung zu konkretisieren, werden in Kapitel 4.2.2.3 Kommunikationsmittel (Researchberichte) analysiert, die von beispielhaft ausgewahlten Unternehmen wahrend des Boreineinfuhrungsprozesses publiziert worden sind. 4.2.2.1 Bedeutung des Investment Case Von Borsenaspiranten wird en/vartet, dass sie gegenuber bereits notierten Unternehmen ein einzlgartiges Profil aufweisen. Die Einzigartigkeit des Untemehmensprofils ist eine wesentliche Voraussetzung, um sich gegenuber alternativen Anlagemoglichkeiten (Unternehmen) abzugrenzen und um das Interesse potenzieller Aktionare zu weaken. Die Abgrenzungskriterien werden auch als „Alleinstellungsmerkmale'"*^^ bezeichnet (auch ..Unique Selling Propositions"^^® bzw. ..Unique Selling Points'"*^® genannt). Diese konnen z.B. eine uberdurchschnittliche Ertragskraft oder einen wettbewerblichen Vorsprung darstellen. Die Alleinstellungsmerkmale eines Untemehmens werden im Investment Case zusammengefasst und sollten potenziellen Aniegern glaubhaft vermittein, dass es sich bel dem Unternehmen um einen Wachstumswert handelt.'^^^ Die Formulierung der Alleinstellungsmerkmale und die anschliefiende Kommunikation sind an den Bedurfnissen der Financial Community auszurichten. Dabei geht es zunachst darum, eine einheitliche Informationsgrundlage fur alle Zielgruppen zu schaffen. Erst vor dem Hintergrund eines stringenten Gesamtbildes des Unternehmens kann eine zielgruppenspezifische Kommunikation erfolgen. Wahrend ^^® Vgl. Simon / Pohl / Tesch, 2000, S. 31. ^^^ Hock, 2002, 8. 120; Simon / Ebel / Pohl, 2002, 8. 130; Janke, 2001, 8. 789. ^^® Rdder, 2002, S. 132; Bruhl. 2001, 8. 194; Kindervater, 1999, 8. B8. ^^ Scherer / Bassen, 2001, 8. 727; Gobel, 1996, 8. 1098; Trobitz/Wilhelm, 1996, 8. 168. ^^ Vgl. Holzinger, 2004, 8. 726; Schonbom / Tschugg, 2002, 8. 51-55; Weiler, 2001, 8. 86 f.

103 Analysten und institutionelle Investoren ein Interesse an detaillierten Informationen des Investment Case besitzen, sind private Investoren eher an grundscitzlichen Aussagen bzw. an Zusammenfassungen interesslert. Der Investment Case wird somit zu einer Regieanweisung bzgl. der Untemehmensdarstellung, die sich wie ein roter Faden durch alle Kommunikationsmittel des Borseneinfuhrungsprozesses zleht und das Untemehmen unven/vechselbar als interessantes Investment bei den Zielgruppen der Financial Community positionlert/^^ Im Einklang mit dem Prospekt, welcher neben anderen Informationen ebenfalls die Inhalte des Investment Case enthalten muss, besteht Im Rahmen der frelwllllgen Kommunlkatlon die Moglichkeit, sich verstarkt auf die Kommunlkatlon der Alleinstellungsmerkmale zu fokussieren. Dies trifft nicht nur auf die unpersonlichen Kommunikationsmittel zu, sondern auch auf die mundlichen Prasentatlonen, die vom Vorstand vor einzelnen Zielgruppen abgehalten werden. EIne exzellente Beherrschung der Inhalte des Investment Case ist insbesondere fur die mundlichen Prasentatlonen wichtig, um die wesentlichen Alleinstellungsmerkmale

in der vorgeschriebenen Zeit souveran vermlttein zu

konnen/^^ Ein Unternehmen, das einen Borsengang anstrebt, sollte sich fruhzeitig mit seiner Positionierung, der Identifizierung seiner Alleinstellungsmerkmale und deren Ausformulierung im Investment Case auseinander setzen/^^ Die Formulierung des Investment Case ist dabei kein statischer Prozess, sondern unterliegt aufgrund sich standig andernder Rahmenbedingungen eIner kontinuierlichen Anpassung/^ Veranderungen z.B. bezijglich des angestrebten Unternehmenswachstums oder des Wettbewerbsumfelds erfordern eine standige Auseinandersetzung mit der Positionierung des eigenen

Unternehmens.

Insbesondere

die

Einzigartigkeit

der

Alleinstellungs-

merkmale sollte standig hinterfragt werden, um die Attraktivitat der Aktie sicherzustellen. Die Formulierung des Investment Case ist deshalb mit der Borseneinfuhrung nicht abgeschlossen, sondern muss uber diese hinaus standig angepasst werden. Fur die spatere Kurspflege und weltere Kapltalmallnahmen sInd Veranderungen im Investment Case standig zu korrigieren und der Financial Community mitzuteilen, ansonsten kann das Interesse der einzelnen Zielgruppen schnell verloren ^^^ Vgl. R6der, 2002, S. 131-133; Droste, 2001, S. 133; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 124. ^^^ Vgl. O.V., 2002f, S. 42; Flach / Wilhelm. 1997, S. 105; Strenger. 1996, S. 469; Pilz, 1993, S. 54. ^^^ Vgl. Tschugg, 2000. S. B12. ^^ Vgl. Achleitner/ Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 170; Titzrath, 1995, S. 139.

104 gehen/^®

Die

Erstellung,

kontinuierliche

Kontrolle

und

Uberarbeitung

der

Informationsinhalte des Investment Case sind zentrale Aufgaben der Investor Relations/^® Im Vorfeld des Borsengangs findet der Investment Case seine erste Niederschrift im Faktenbuch des Untemehmens, welches an die Berater (Emissionsberater, Konsortialbanken, Kommunikationsfachleute usw.) weitergegeben wird."^^^ Wahrend des Borsenelnfuhrungsprozesses ist es dann unter anderem die Aufgabe der Berater, den Investment Case zu konkretisieren. Die Berater liefern hierzu einen wesentlichen Beitrag, damit die ublichenA^eise nicht vorhandenen Kenntnisse seitens des Unternehmens bezuglich spezlfischer Informationsanforderungen im Investment Case berucksichtlgt werden konnen/^® Insbesondere die Alleinstellungsmerkmale erfahren hierbei eine Anpassung an die Anforderungen der Financial Community, da die Berater uber Erfahrungen, vor alien Dingen aber auch uber Branchenexpertise verfijgen, um die Aussagefahigkeit der Alleinstellungsmerkmale zu prazisieren/^^ Ungeachtet der Unterstutzung durch Berater sollte sich das Unternehmen bereits im Vorfeld intensiv mit seinem Investment Case auseinander gesetzt haben. Bevor potenzielle Investoren von dem Unternehmen uberzeugt werden konnen, sind zunachst die Berater fur die erfolgreiche Positionierung des Unternehmens und die damIt verbundene Durchfuhrung des BGrsengangs zu gewinnen. Je uberzeugender der Investment Case, desto wahrscheinlicher ist die Zusage der Berater, das Unternehmen an die Borse zu begleiten.'^'^^ 4.2.2.2 Erkenntnisstand zu Investment-Case-Kriterien Der Investment Case und mogliche Alleinstellungsmerkmale darin enthaltener Kriterien werden in der Literatur fast ausschlielilich theoretisch diskutiert. Ausgehend von den Absichten

und Bedurfnissen

einzelner Zielgruppen,

insbesondere

potenzieller Aktionare, werden Annahmen uber deren Informationsinteresse abgeleltet."^"*^ Der Nachteil dieser Beitrage Ist, dass sie in der Beschreibung ubergeord^^^ Vgl. Baetge / Noelle, 2001. S. 178; o.V., 1999, S. 22; Pilz. 1993, S. 56. ^^® Vgl. Serfas, 1998, S.B7. *^^ Vgl. Roder, 2002, S. 133; Kirchhoff, 2001. S. 804; Stangner / Moser, 1999, S. 759 f. ^^® Vgl. Janke, 2001, S. 789; BOsI, 2000a, S. 82; Traub, 2000, S. BIO; Khan, 1999, S. B6. ^^^ Vgl. Holzinger, 2004, S. 737; Junge, 2000, S. B6; Zimmerer, 2000, S. B6; Gobel, 1996, S. 1098. *^° Vgl. R6der, 2002, S. 132; Stangner / Moser. 1999, S. 759 f.; Schlick. 1997. S. 89. ^'^ Auf die einzelnen Beitrage wird in den nachfolgenden Kapitein eingegangen.

105 neter Investment-Case-Kriterien verharren, ohne die konkreten Inhalte einzelner Kriterien zu prazisieren oder eine Aussage zu deren Bedeutung und Gewichtung untereinander vorzunehmen. In diesem Zusammenhang durchgefuhrte empirische Untersuchungen beruhen auf Befragungen von Zielgruppen (Multiplikatoren und/oder Investoren) zu borsennotierten Unternehmen/*^ Die Ergebnisse konnen in diesem Kontext nur eingeschrankt herangezogen werden. Zum einen wird nicht der Investment Case als solcher, sondern es werden nur Teilaspekte der Informationspolitik untersucht (z.B. wichtige Inhalte der Homepage oder des Geschaftsberichts). Zum anderen beschranken sich die Untersuchungen ausschliefilich auf borsennotierte Unternehmen, d.h., das Informationsinteresse an noch nicht am Kapitalmarkt bekannten Unternehmen blelbt unberucksichtigt. Tabelle 8 fasst den Erkenntnisstand zu ubergeordneten Investment-Case-Kriterien zusammen, Innerhalb derer ein Unternehmen Alleinstellungsmerkmale aufweisen kann. Die Kriterien werden in finanzielle wie z.B. die Ertragslage und in nicht-finanzielle Kriterien wie z.B. die Wettbewerbssituation unterteilt.'^''^ In den nachfolgenden Kapltein werden die einzelnen Kriterien detailllert beschrieben. Finanzielle Kriterien Nicht-finanzielle Kriterien

Ertragslage Liquiditatslage Finanz-/ VermOgenslage Branchen- und Marktentwicklung Wettbewerbssituation Strategie Mittelverwendung Emissionsvolumen Management Eigentumerstruktur Unternehmensstruktur Unternehmenshistorie Produkte Kunden Corporate Governance Investor Relations

1

'

Tabelle 8: Allgemeine Investment-Case-Kriterien

^^^ Einen Uberblick uber entsprechende Studien liefert Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001, S. 93-96. *^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001, S. 162, 167; Schlick, 1997, S. 89; Fritsch, 1978, S. 117.

106 4.2.2.2.1 Finanzielle Kriterien Die Analyse der finanziellen Situation der Untemehmen stellt ein wesentliches Beurteilungskriterium des Investment Case dar. Relevante Inhalte sind die Ertrags- und Liquiditats- sowie die Finanz- und Vermogenslage. 4.2.2.2.1.1 Ertragsiage Langfristig orientierte AktionSre, die im Rahmen der Investor-Relations-Ziele zu den bevorzugten Investoren gehoren, sind an sicheren Ausschuttungen und einer positiven und kontinuierlichen Entwicklung des Aktienkurses interessiert. Lasst sich die Ausschuttungsfahigkeit auf die Ertragsiage eines Unternehmens zuruckfuhren, so unterliegt die Entwicklung des Aktienkurses auch anderen Faktoren wie z.B. der allgemeinen Kapitalmarktsituation. Soweit sich die Aktienkursentwicklung auf Faktoren zuruckfuhren lasst, die vom Untemehmen beeinflusst werden, werden Kurssteigerungen am ehesten dann erwartet, wenn uber die Borseneinfuhrung hinaus ein nachhaltiges Ertragswachstum zu envarten ist/'** Alleinstellungsmerkmale zur Ertragsiage werden an bestimmten Kennzahlen der Gewinn- und Verlustrechnung festgemacht, die in einem Betriebs- und Branchenverglelch ein uberdurchschnittliches Niveau aufweisen sollten. In Abhangigkelt von dem ausgewahlten Vergleichsunternehmen kann es sich dabei um unterschiedliche Kennzahlen handeln. Auch der Zeitraum, uber den die Kennzahlen betrachtet werden, ist abhangig von der Branche."*"*^ Bel relativ jungen und wachstumsstarken Branchen steht dabei weniger die historische Ertragsiage im Blickpunkt des Interesses als vielmehr das zukunftige Ertragswachstum. Demgegenuber en/varten Anieger von Untemehmen eher tradltioneller Branchen eine mogllchst schon in der Vergangenheit dokumentierte nachhaltige Ertragskraft."^® Von den Ertragskennzahlen wurde bis Mitte der 90er Jahre von den emissionsbegleitenden Banken die aktuelle Umsatzhohe als MaHstab fur die Unternehmensgrolie herangezogen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die zukunftigen Aufgaben eines borsennotierten Unternehmens, insbesondere die der InvestorRelations-Tatlgkeit, erfolgswirksame Aufwendungen verursachen, die erst ab einer **^ Vgl. RodI / Zinser, 1999. S. 130; Koch / Wegmann. 1998. S. 28; Schlick. 1997, S. 91. ^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch. 2001b, S. 135. ^^® Vgl. o.V. 10, 2000, S. 8. 12; Traup. 2000, S. B1; Fritsch, 1978, S. 117.

107 bestimmten Umsatzhohe kompensiert werden konnen. Eine kritjsche Umsatzgrenze, die nicht unterschritten werden durfte, gab es seitens der Banken jedoch nicht ^^ noch konnte in empirischen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass Emittenten erst oberhalb einer bestimmten Umsatzh5he an die Borse gehen/^® 4.2.2.2.1.2 Liquiditatslage Zur Beurteilung der Ausschuttungsfahigkeit sind potenzielle Eigenkapitalgeber neben der Ertragslage an separaten Informationen zur Liquiditatslage des Unternehmens interessiert. Fur die Ausschuttungsfahigkeit ist die EnA^irtschaftung eines posltiven Cashflows entscheidend/*® Die Berechnung des Cashflows basiert im Wesentlichen auf den Zahlen der Gewinn- und Verlustrechnung und dient zur Ermittlung des finanziellen Oberschusses, der aus den laufenden geschaftlichen Aktivitaten resultiert/^ Neben der Ausschuttungsfahigkeit verdeutlicht der Cashflow, inwieweit das Unternehmen durch Thesaurlerung der liqulden Mittel Investitionen zum Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfahigkeit aus eigener Kraft finanzleren und seinen Zins- und Tilgungszahlungen termingerecht nachkommen kann/^^ Das entscheidende Merkmal (gegebenenfalls Alleinstellungsmerkmal) zur Liquiditatslage bemisst sich nach der Hohe des Cashflows, der auch in Jahren mit unterdurchschnittlichen Ertragen noch eine positive Entwicklung aufweisen sollte/^^ In Abhangigkeit von der individuellen Unternehmenssituation und der Branche sind potenzielle Aktionare entweder an einer hohen Ausschuttung und/oder an einer Thesaurlerung der liqulden Mittel interessiert. Handelt es sich urn eine Wachstumsbranche, wird, in Erwartung steigender Aktienkurse, eine Thesaurlerung und Investition der liquiden Mittel zu Lasten einer geringen oder keiner Dividende akzeptiert. In Branchen mit moderaten Wachstumsraten und eingeschrankten Investitionsmoglichkeiten verschiebt sich das Interesse zugunsten einer hohen Dlvidende/^^

^'^ Vgl. Wegmann / Koch. 1999. S. 515; Beike / Weddrien. 1998. S. 43; Koch, 1996, S. 140. *^® Vgl. Schlick, 1997, S. 89-91. ^^® Vgl. RodI /Zinser. 1999, S. 131 f.; Koch / Wegmann. 1998. S. 34. ^^° Vgl. W6he, 1997, S. 803 f., 835 f. ^^Wgl. Schlick, 1997,8.95. ^^^ Vgl. Wegmann / Koch, 1999, S. 515. ^^^ Vgl. RSdl / Zinser, 2000, S. 132; Koch / Wegmann, 1998, S. 34.

108 4.2.2.2.1.3 Finanz- und Vermogenslage Aktionare sind in der Regel nur bereit, ihr Kapital in ein finanziell stabiles Unternehmen zu investieren, d.h., dass nicht die Gefaiir einer Insolvenz besteht oder ein B5rsengang allein aus Griinden der Abwendung einer drohenden Sanierung durchgefuhrt wird. Das Interesse der Aktionare konzentriert sich dabei auf Informationen zur Mittelherkunft und zur VenA/endung der finanziellen IVIIttel. Nur das vorhandene Vermogen verschafft dem AktionSr die Gewissheit, dass dem Kapitaleinsatz greifbare Aktiva gegenuberstehen. Auch wenn die Anspruche der Eigenkapitalgeber bei einer Zwangsliquidation erst an letzter Stelle erfullt werden, vermittelt die inn Unternehmen vorhandene Vermogenssubstanz dem Aktionar zumindest das Gefuhl der Sicherheit und Soliditat des Emittenten/^ Informationen zur Dokumentation einer stabllen Finanz- und Vermogenslage beruhen auf Kennzahlen einer Bilanzanalyse, die eine Beurteilung der Mittelherkunft und -venA/endung ermoglichen/^^ in der Literatur werden die Stabilitat und Soliditat der Finanz- und Vermogenslage von Unternehmen als wichtige Merkmale hervorgehoben, ohne diese explizit an einzelnen Kennzahlen festzumachen/^ 4.2.2.2.2 NIcht-finanzielle Kriterien In Erganzung zu den finanziellen Kriterien werden eIne Reihe nicht-finanzieller Kriterien als entscheidungsrelevant hervorgehoben, die in den nachfolgenden Kapitein naher beschrleben werden. 4.2.2.2.2.1 Branchen- und Marktentwicklung Aus der grundsatzlichen Zugehorigkeit des Emittenten zu einer Branche mit hohen Wachstumsraten werden, unabhangig von der eigentlichen Unternehmenssituation, positive Impulse fur die Unternehmensentwicklung erwartet. Unternehmen aus solchen Branchen werden aufgrund des voraussichtlich hoheren Wachstumspotentials von Aktionaren eher nachgefragt als Unternehmen aus Branchen mit durchschnittllchen Wachstumsraten. Die Branchenzugehorigkeit des Emittenten stellt dabei

ein

subjektives

Beurteilungskriterium

*^ Vgl. Schlick, 1997, S. 94, 100. ''^^Vgl.Wohe. 1997, S. 817. *^Vgl. Schlick, 1997, S. 94.

dar,

welches

durch

detaillierte

109 Informationen bezuglich der fur das Untemehmen relevanten Beschaffungs- und Absatzmarkte zu erg^nzen jst/®^ Als relevante Beschaffungsmarkte kommen, in Aniehnung an die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital der Personalmarkt, der Werkstoffmarkt (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) und der Finanzmarkt in Frage. Da der Finanzmarkt im Rahmen der finanziellen Investment-Case-Kriterien (Finanz- und Vermogenslage) analysiert wird, beschrankt sich die Beurteilung der Branchen- und Marktentwicklung auf den Personal- und Werkstoffmarkt/^® Als relevante Absatzmarkte kommen solche in Betracht, in denen das Unternehmen Produkte bereits anbietet bzw. beabsichtigt anzubieten. Innerhalb der fur das Unternehmen relevanten Absatzmarkte ist von Interesse, welches Wachstumspotential die einzelnen Tellmarkte aufwelsen. Als Mafistab zur Beurteilung des Wachstumspotentials eignen sich Indikatoren, welche die Entwicklung des Gesamtmarktes und der jeweiligen Teilmarkte charakterisieren. Dabei kann es sich neben allgemeinen Indikatoren (z.B. erwarteter Anstieg des Bruttosozialproduktes) insbesondere um Branchen bzw. produktspezifische Indikatoren (z.B. erwarteter Produktabsatz) handeln. Neben der Ableitung von Indikatoren entscheidet der Zeitraum bzw. die Dauer des Marktwachstums uber die Nachhaltigkeit des Marktpotentials. Dauerhaftes Marktwachstum starkt die Erwartungen der Aktionare an ein langfristlges und bestandiges Unternehmenswachstum.'*^® Aus einem unmittelbaren Verglelch branchen- bzw. produktspezifischer Indikatoren mit unternehmensspezifischen Kennzahlen en/varten potenzlelle Aktionare, dass das Unternehmen zumindest langfristig ein uberdurchschnittliches Wachstum (gegebenenfalls als Alleinstellungsmerkmal) erreichen kann.'*®^ 4.2.2.2.2.2 Wettbewerb Die Wettbewerbsposition ist sehr eng mit der Branchen- und Marktentwicklung des Unternehmens verbunden. Fur Aktionare ist von Interesse, inwieweit ein Unternehmen seinen Markt aktiv gestalten, gegebenenfalls Trends und Standards setzen

^^^ Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 129. ^^® Vgl. Brandt, 2000, S. 120; Beike / Weddrien, 1998, S. 44; Koch / Wegmann, 1998, S. 35. ^^^ Vgl. Benner/Schnatz/Tellkamp, 1999, S. 8; Stangner / Moser, 1999, S. 760; Schmitz, 1993, 8. 842. ^^ Vgl. RodI /Zinser, 1999, S. 129; Schlick, 1997, 8. 91.

110 kann. Letzteres hangt vom Wettbewerb ab bzw. welche Positionierung oder Stellung ein Untemehmen gegenuber seinen Wettbewerbern einnimmt. Damit verbunden sind die Chancer! des Untemehmens, starker als potenzielle Wettbewerber wachsen zu konnen. Besitzen die fiir das Unternehmen relevanten MSrkte ein grofies Marktvolumen, so kann die Beurteilung des weiteren Marktwaciistums gegebenenfalls in den Hintergrund rijcken. Voraussetzung ist jedoch, dass dieser Markt nicht von einer entsprechend hohen Anzahl von Wettbewerbern besetzt ist. In letzterem Fall sind die Moglichkeiten des Wachstums fiir ein Unternehmen wiederum abhangig von der Wettbewerbsposition und deren Veranderung/®^ Alleinstellungsmerkmale besitzt ein Unternehmen dann, wenn es sich eindeutig am Markt positioniert hat und sich von seinen Wettbewerbern abhebt. Aktion^re investieren dabei bevorzugt in die Marktfiihrer der Branche, d.h., das Unternehmen ist Marktfuhrer oder strebt die Marktfuhrerschaft zumindest mittelfristig an. Auf dem Weg zu einer marktfuhrenden Position haben diese Unternehmen bereits Kompetenz und Durchsetzungsvermogen bewiesen, die als Garanten fur weiteren Erfolg angesehen werden. Die grundsatzliche Marktstellung und gegebenenfalls Marktfuhrerschaft eines Unternehmens kann sich sowohl auf den tatsachlich quantifizierbaren Marktanteil als auch auf qualitative Eigenschaften wie die Spezialisierung auf ein bestimmtes

Kundensegment

oder eine Technologiefuhrerschaft

beziehen. Zur

Quantifizierung des Marktanteils kann neben dem „absoluten Marktanteil" (definiert als das Verhaltnis des mengen- oder wertmafiigen Umsatzes eines Unternehmens zum Umsatz des Gesamtmarktes innerhalb einer Betrachtungsperiode) auch der ..relative Marktanteil" (definiert als das Verhaltnis des eigenen Marktanteils zum Marktanteil des starksten Wettbewerbers Im Markt) herangezogen werden."*®^ Quantitative

und

qualitative

Kriterien

zur

Marktstellung

konnen

gleichzeitig

Markteintrittsbarrieren darstellen. Kann ein Unternehmen solche Barrieren aufbauen, so ist der Markteintritt fur Wettbewerber moistens sehr schwierig oder sogar unmoglich. Die Identifikation und Analyse von Markteintrittsbarrieren gestattet Aussagen uber das Auftreten neuer Wettbewerber in der Zukunft. Insbesondere fur Unternehmen mit wenigen GeschSftsbereichen bzw. Produktgruppen (z.B. Eln-Produkt-

^^^ Vgl. Simon / Ebel / Pohl, 2002. S. 129; BSumer / Michalkiewicz. 1999, 8. 92. "^^^ Vgl. Baumer / Michalkiewicz. 1999. S. 95; Shniich Achleitner / Bassen / Pietzsch. 2001b, 8. 172; kritiscil Holzinger, 2004. 8. 725.

111 Unternehmen)

stellen

Markteintrittsbarrieren

ein

entscheidendes

Beurteilungs-

kriterium dar. Besteht die Moglichkeit eines Markteintritts anderer Wettbewerber, so ist die nachhaltige Wettbewerbsposition und Wachstumsfahigkeit des Unternehmens gefahrdet/'' 4.2.2.2.2.3 Strategie Informationen uber die zukunftigen Perspektiven des Unternehmens stellen einen zentralen Aspekt in der Einschatzung von Aktionaren uber die ktinftige Ertragskraft des Unternehmens dar. Zur Beurteilung der Unternehmensperspektiven en/varten Aktionare Eriauterungen zur Strategie, die ein positives und kontinuierliches Unternehmenswachstum erkennen lassen sollten. Zur Konkretisierung dieses Informationsinteresses werden in der Literatur vier Teilbereiche des strategischen Managements herangezogen:*^ -

Strategische Absichten: Die strategischen Absichten des Unternehmens sollten pragnant formuliert die langfristige Unternehmensvision erkennen lassen. Wenn mogllch, sollten die strategischen Absichten durch quantitative und qualitative Erfolgsziele konkretisiert werden.

-

Strategische Analyse: Im Rahmen einer strategischen Analyse sollten die verschiedenen Ebenen der Umwelt (externe Analyse) und des Unternehmens (interne

Analyse)

hinslchtlich

ihres

Ist-Zustandes

und

ihres

potenziellen

Entwicklungspotenzials erfasst werden. -

Strategiewahl: Die Strategiewahl sollte als Ergebnis der vorangegangenen Analyse konkrete Mafinahmen fur ein beabsichtigtes Wachstum erkennen lassen. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Strateglen, die sich auf die Produktbereiche, anvisierte Markte, die Sicherung bzw. Schaffung von Markteintrittsbarrieren und die Finanzierung der beabslchtigten Malinahmen beziehen.

-

Strategische Kontrolle: Die abschlleliende strategische Kontrolle befasst sich mit der Uben/vachung der Strategieumsetzung. Soweit den strategischen Absichten quantitative und qualitative Erfolgsziele zugrunde liegen, konnen diese als Kontrollkriterien herangezogen werden, wenngleich bei qualitativen Erfolgszielen der Zielerreichungsgrad nicht eindeutig festgestellt werden kann.

^^^ Vgl. Baumer / Michalkiewicz, 1999, S. 98; Beike / Weddrien, 1998, S. 44. "^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch. 2001b, S. 139-145.

112 4.2.2.2.2.4 Mittelverwendung Ein weiteres Krlterium fur potenzielle AktionSre sind Informatlonen uber die Verwendung des Mittelzuflusses. Dabei ist die Bereitschaft der Anieger, dem Unternehmen Kapital fur weiteres Wachstum zur Verfugung zu stellen, in der Regel an die Existenz konkreter

und

profitabler

InvestitionsmSglichkeiten

gebunden.

Letztere

sind

Bestandteil der ubergeordneten Unternehmensstrategie, der Borsengang ein Mittel, diese zu finanzieren. In Kapitel 2.1.2.1 wurden mogliche Ziele eines Borsengangs In unternehmens- und eigentumerbezogene Ziele unterteilt.'*®® DIese sollten im Rahmen der Mittelverwendung vor dem Hintergrund der ubergeordneten Strategie explizit dargestellt und erISutert werden. Die Profitabilitat der Investitionsziele und die Ernsthaftigkeit, diese nach dem Borsengang konsequent umzusetzen, muss den Investoren vom Management glaubhaft vermittelt werden."*®® Der Borsengang ist zur Erreichung zuvor genannter Ziele als eine strategische Malinahme einzuordnen. Er dient z.B. zur Finanzierung bestimmter Investitionsvorhaben, ist aber kein strategisches Ziel an sich, noch sollte die Existenz des Unternehmens vom Borsengang abhangen. Aus diesem Grund wird der VenA/endung des Emissionserloses neben der Strategie eine besondere Bedeutung beigemessen. Der Borsengang als Selbstzweck findet keine Akzeptanz in der Financial Community."*®^ 4.2.2.2.2.5 Management Als ein Kriterium fur die Borsenfahigkeit wird die Qualifikation und Kontinuitat des Managements angesehen. Obwohl externe Einflussgrofien, wie z.B. eine positive Konjunkturentwicklung, ein starkes Marktwachstum und ein gerlnger Wettbewerb, die Entwicklungen eines Unternehmens positiv beeinflussen konnen, wird der langfristige Unternehmenserfolg im Wesentlichen den Entscheidungen des Managements zugeschrieben. Die Qualifikation und Kontinuitat des Managements wird als Voraussetzung dafijr angesehen, dass wahrend und nach dem Borsengang veranderte Situationen und neue Aufgabenstellungen an das Unternehmen erfolgreich bewaltigt werden konnen."*®®

"*®® Siehe Kapitel 2.1.2.1, S. 14. "*®® Vgl. Romer / Muller, 2000a, S. 1090; WIeselhuber, 2000, S. B2. "*®^Vgl. Frohllch, 2000. S. B10. ^®® Vgl. Holzlnger, 2004, S. 733; Tschugg, 2000, S. B12; Wegmann / Koch, 1999, S. 515.

113 Bei der Quallfikation des Managements werden eine fachliche und eine personliche unterschieden. Die fachliche Kompetenz einzelner IVIanagementmitglieder spiegelt sich in deren Ausbildung und berufiicher Laufbahn wider. Dabei sind solche iVIerkmale von interesse, die den Anforderungen des Borsengangs gerecht werden. Die Ven/vendung des Mittelzuflusses durch den Borsengang fuhrt in der Regel zu einem uberproportionalen Unternehmenswachstum. Letzteres bedingt umfangreiche Umstrukturierungen und veranderte Aufgabenverteilungen, die zus^tziiche Anforderungen an die fachliche Quallfikation des Managements stellen. Typische Mittelverwendungen wie Kapazitatserweiterungen, Griindungen von Tochtergesellschaften und Akquisitionen, die in der Regel unmittelbar nach dem Borsengang initiiert und zum Tell parallel umgesetzt werden, setzen entsprechende

Erfahrungen des

Managements voraus. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die bisherigen Erfahrungen des Managements von Interesse, das mit dem Borsengang beabsichtigte Unternehmenswachstum realisieren zu konnen."*®® Daruber hinaus lasst sich die fachliche Quallfikation des Managements auch anhand der historischen und der zukiinftig geplanten Unternehmensentwicklung beurteilen. Die in der Vergangenheit beobachtete Unternehmensentwicklung wird dahingehend als Kennzeichen fur die Quallfikation des Managements gedeutet, die dynamlschen Veranderungen der Umwelt und die damit einhergehenden Anforderungen rechtzeitig erkannt und das Unternehmen entsprechend angepasst zu haben. Eine in der Vergangenheit unter Beweis gestellte Quallfikation schafft bei den Aktionaren das Vertrauen, dass das Management sich auch in Zukunft zum Wohle des Unternehmens und im Interesse der Aktionare fur eine erfolgsorientierte Unternehmensentwicklung einsetzen wird. Dementsprechend wird auch die geplante Unternehmensentwicklung dahingehend beurteilt, inwieweit eine plausible Einschatzung der

aktuellen

strategischen

und Zielen

zukunftigen des

Unternehmenssituation

Unternehmens

vorliegt

berucksichtigt

angesprochenen Kriterlen zum Werdegang und zur

und

worden

in

den

ist.

Die

Unternehmensentwicklung

ermoglichen allerdings nur eine derivative Messbarkeit und Kommunizierbarkeit der fachlichen Managementqualltat.'^^°

^^^ Vgl. Beike / Weddrien, 1998. S. 43; Koch / Wegmann, 1998, S. 35; Schlick, 1997. S. 102. *^°Vgl.Schlick. 1997, S. 102

114 Die personliche stellt neben der fachlichen Qualifikation wahrend des Borsengangs ebenfalls besondere Anfordemngen an das Management. Wahrend eine Personenhandelsgesellschaft, GmbH oder auch nicht-offentliche Aktiengesellschaft noch weitgehend unter dem Ausschluss der Offentlichkeit arbeiten kann, unterliegt die Publikumsaktiengesellschaft

erhohten

Informationsanforderungen

seitens

der

Financial Community. Dabel geht es zum einen um die grundsatzllche Bereltschaft, die geforderten Informationen im Rahmen der Investor Relations zur Verfugung zu stellen. Zum anderen geht es um die Kommunikatlonsfahlgkelt einzelner Managementmltglieder, das Unternehmen und seine strateglschen Zlele verstandllch und uberzeugend zu prasentleren. Insbesondere wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses sind das die Analystenveranstaltungen, Einzelgesprache mit Investoren und Prasentationen wahrend der Roadshow. Da die Beurteilung der Kommunlkationsfahigkeit der subjektiven Einschatzung der Teilnehmer an solchen Veranstaltungen unterliegt, ist eine Mess- und Kommunlzlerbarkelt jedoch nur schwer moglich.''' Neben der Qualifikation ist die Kontinultat des Managements ein welteres Kriterlum. Mittelstandische Unternehmen werden haufig durch Manager gefuhrt, die durch ihre zusatzliche Stellung als Gesellschafter mit dem Unternehmen wesentllch starker verbunden sind als externe Manager. Daher llegt es Im Interesse potenzieller Investoren, dass die Im Unternehmen tatigen Altgesellschafter auch uber den Borsengang hinaus der Unternehmensleitung verbunden bleiben (z.B. im Aufslchtsrat), so dass die Kontinultat der Unternehmensentwicklung sichergestellt Ist. Durch ihre weitere Tatigkelt fur das Unternehmen nach dem Borsengang bewelsen sie potenziellen Aktionaren ihr Vertrauen In die zukunftige Entwicklung des Unternehmens. Als Zeichen dieses Vertrauens wird z.B. eine geringe Abgabe von Aktien durch die Altgesellschafter gewertet."*^^ Die Kontinultat der Unternehmensentwicklung setzt daruber hinaus voraus, dass Ware

Nachfolgeregelungen

fur

Mitglieder

der

Unternehmensfuhrung

getroffen

werden. Bel einem unvorgesehenen Ausschelden des bisherlgen Managements kann kurzfrlstig ein Macht- und Entscheidungsvakuum entstehen. Insbesondere In

^^' Vgl. Holzinger, 2004, S. 738; o.V., 2002f, S. 42; Diehl, 2001. S. 417; Piwinger, 2000, S. 11 f. ^^2 Vgl. Luther, 2000, 8. 3; Schlick, 1997, S. 96.

115 mittelstandischen Unternehmen nehmen die Grander und Eigentumerunternehmer eine dominante Stellung ein. Fur sie ist eine Altersgrenze fur eine Pensionierung zum Teil nicht existent, so dass eine Nachfolgeregelung erst vie! zu spat oder gar nicht bedacht wird. Auch verhindert die Dominanz ilirer Stellung als „One-man-show" die rechtzeitige Delegiemng von Kompetenzen/^^ Potenzielle Aktionare en/varten bis zum Borsengang transparente Strukturen mit klaren Kompetenzen und eine erste und zweite Managementebene, die bei einem Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern die vakanten Stellen einnehmen kann/^^ 4.2.2.2.2.6 Eigentumerstruktur Das Interesse an der Eigentumerstruktur resultiert aus dem mit unvollkommenen Informationen einhergehenden moralischen Risiko/^^ Nach dem Kauf der Aktien durch den Investor kann das Unternehmen Handlungen ausfuhren, die fur den Investor unbeobachtbar bleiben, jedoch das Ergebnis, d.h. den Aktienkurs, fur beide Parteien beeinflussen. Die fehlende Beobachtbarkeit der Handlungen des Emittenten schlielit einen direkten Informationstransfer zwischen ihm und den Investoren aus. Ein indirekter Weg zur teilweisen Schliefiung dieser Vertrauenslucke liegt in der Darstellung der Eigentumerstruktur, Insbesondere vor und nach dem Borsengang/^® Die Bereitschaft von Personen mit Insider-lnformationen (z.B. Management und Grunder), in ihr Unternehmen zu investieren bzw. investiert zu bleiben, wird dabei als Zeichen des Vertrauens in die zukunftige Unternehmensentwicklung gewertet. Folglich ist der Investment Case vorteilhafter zu beurteilen, je hoher der relative Anteil ist, den Insider am Eigenkapital halten. Die Vorteilhaftigkeit hangt dabei vom Grad der Nahe der Investoren zum Unternehmen ab. So wird einem vom Management gehaltenen Anteil die hochste Aussagekraft zugesprochen/^^ In diesem Zusammenhang ist ein relativ hoher Kapitalerhohungsanteil am Emissionsvolumen als positives Signal zu werten, welches das Vertrauen der Alteigentumer in die Zukunftsaussichten des Unternehmens ausdruckt. Als besondere Merkmale

^^^ Zur „One-man-show" siehe Traub, 2000, B10. Siehe hierzu auch Kapitel 2.3.1, S. 22 zur „Herr im Hause"-Mentalitat. ^^^ Vgl. RadI / Zinser, 2000, S. 133; BSumer / Michalkiewicz, 1999, S. 96; Koch. 1996, S. 142; 8. 43. *^^ Siehe Kapitel 2.3.1. S. 22. ^^® Vgl. Hommel / Vollrath. 2001, 8. 604. ^^^ Vgl. Hommel / Vollrath. 2001, 8. 605.

116 der Eigentumerstruktur sind folglich hohe Beteiligungsquoten der Altaktionare sowie eine uber das Minimalvolumen hinausgehende Kapitalerhohung herauszustellen. Umgekehrt muss die Motivation fiir einen umfangreichen Ausstieg bisheriger Gesellschafter dargelegt werden, urn dem Eindruck der kurzfristlgen Gewinnrealisierung entgegenzuwirken und das entstehende Signal abzuschwachen/^® 4.2.2.2.2.7 Unternehmensstruktur Von Borsenkandidaten wlrd eine transparente Unternehmensstruktur erwartet, die einen Oberblick uber rechtliche und organisatorische Verflechtungen ermoglicht. Verschachtelte und undurchsichtige Unternehmensstrukturen stofien bei potenziellen Aktionaren auf Skepsis, da sie sowohl dem Management als auch den Altaktionaren einen Spielraum fiir Manipulationen eroffnen. Solche Manipulationen sind beispielsweise dann moglich, wenn die Altaktionare auch nach dem Borsengang noch an mehreren Tochterunternehmen beteillgt sind und zwischen diesen umfangreiche wirtschaftliche Transaktionen stattfinden. Bei solchen Konstellationen kann schnell das Misstrauen aufkommen, die Altaktionare konnten die verschachtelten Strukturen fur eine Gewinnverschiebung zu Lasten der Publikumsaktionare ausnutzen/^® Das Interesse potenzieller Aktionare an der Unternehmensstruktur liegt darin zu erkennen, dass sie in gleicher Weise wie die Altaktionare sowohl am Ertrag als auch an der Substanz des Unternehmens bzw. Konzerns partizipieren. Vor diesem Hintergrund sind sie an einer ausschliedlichen und direkten Beteiligung aller Aktionare, sowohl der Altaktionare als auch der Publikumsaktionare, an der borsennotierten Muttergesellschaft interessiert. Die Muttergesellschaft sollte wiederum alle wesentlichen Beteiligungen halten, obgleich in Abhangigkeit vom Beteiligungszweck und unter Ausschluss der o.g. Manipulationsmoglichkeiten auch Drittanteile akzeptiert werden. Dazu gehoren z.B. Beteiligungen anderer Unternehmen an einem gemeinsamen rechtlich selbststandlgen Joint-Venture-Unternehmen/®° Die Beurteilung der Unternehmensstruktur korrespondiert dabei mit der Management- und Aktionsstruktur der Muttergesellschaft, aus der ersichtlich wlrd, inwieweit die bisherigen Altaktionare auch nach dem Borsengang ihren Einfluss auf das Unternehmen als Vorstande oder Groflaktionare ausuben wollen. ^'^^ Siehe 3.3.1, S. 60. Vgl. Hommel / Vollrath, 2001, S. 604. ^^^ Vgl. Wegmann / Koch, 1999, 515 f.; Schlick, 1997, S. 104. *®° Vgl. Noack, 2001, S. 338; Schmidt, 2000, S. 164 f.; Traub, 2000. S. BIO.

117 Sowohl aus der rechtlichen Untemehmensstruktur als auch aus der Managementund AktionSrsstruktur der Muttergesellschaft sollte insbesondere die Trennung zwischen der Untemehmens- und der Gesellschaftersphare ersichtlich sein. Direkte Beteiligungen der Altaktionare an Tochterunternehmen sind zugunsten einer 100Prozent-Beteiligung

der

Muttergesellschaft

zu vermeiden, urn wirtschaftliche

Verflechtungen und daraus resultierende Zahlungsstrome zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern zu reduzieren. Betrlebsnotwendlge Vermogen, wie z.B. Betriebsgrundstucke und Patente, die sich im Eigentum der AltaktionSre befinden, sollten ebenfalls in das Eigentum des Unternehmens uberfuhrt werden/*^ 4.2.2.2.2.8 Unternehmenshistorie Aus dem Alter des Unternehmens und der damit einhergehenden Stellung im Unternehmens-Lebenszyklus werden Ruckschlusse auf die Kontinuitat der Unternehmensentwicklung gezogen. Letztere unterliegt bei jungen, noch am Anfang ihrer Entwicklung stehenden Unternehmen einer hoheren Unsicherheit als bei bereits etablierten Unternehmen, die auf eine erfolgreiche Historie ven^/elsen konnen. Einem bereits seit langerer Zeit am Markt erfolgreich tatigen Unternehmen wird in der Regel eher Vertrauen geschenkt als einem jungen, noch relativ unbekannten Unternehmen. Allerdings muss ein hohes Unternehmensalter nicht zwangslaufig als Garant fur eine kontlnulerliche Entwicklung angesehen werden. Ein traditionsreiches Unternehmen kann aufgrund von eingefuhrten Strukturen einen Groflteil seiner Innovationskraft verloren haben, die fur eine weiterhin erfolgreiche Entwicklung notig ist.*®^ Gerade fur junge Unternehmen 1st es wichtig, herausragende Abschnitte in der Unternehmensgeschichte, die ihnen Reputation und Seriositat verleihen, als Merkmale herauszuarbeiten. Dazu konnen Kooperationen mit bekannten Unternehmen oder Institutionen, die Gewinnung von namhaften Kunden oder Auszelchnungen fur besondere Leistungen gehoren. Ebenso kann die vorborsliche Beteiligung von am Markt bereits etablierten Unternehmen oder Venture-Capital-Gesellschaften dem Unternehmen einen Vertrauensvorschuss suggerieren."^®^

^®^ Vgl. R(3dl /Zinser, 2000, S. 135; Schmitz, 1993, S. 844. ^®^ Vgl. Holzinger, 2004, S. 730; Koch / Wegmann, 1998, S. 33; Schlick, 1997, S. 98. *^^ Vgl. Otterbach, 2000, S. BIO; Zentes / Swoboda, 1999, S. 60. Zur Beteiligung von Venture-CapitalGesellschaften vgl. Mayer, 2001, S. 1061; Bessler / Kurth / Thies, 2001, S. 234.

118 Nach den Bestimmungen der Borsensegmente sollte ein Untemehmen mindestens drei Jahre als wirtschaftliche Einheit bestanden haben, wenngleich die Bestimmungen auch Ausnahmen fur Untemehmen zulassen, die erst ein Jahr bestehen.*®^ Aus empirischen Studien konnte bisher keine eindeutige Empfehlung fur das optimale Alter eines borsennotierten Unternehmens abgeleitet werden/®^ Im Rahmen der Informationspolitik gilt es vielmehr solche Merkmale bzgl. der Unternehmenshistorie herauszustellen, die das Vertrauen In die zukunftige Unternehmensentwicklung starken. 4.2.2.2.2.9 Produkte Ein detailliertes Verstandnis der Tatigkeitsfelder des Unternehmens, insbesondere seiner Produktbereiche, ist eine weitere Voraussetzung, um die zukunftige Unternehmensentwicklung und die damit verbundenen Potentiale und Risiken beurteilen zu konnen/®® Besitzen Untemehmen und deren Produkte bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad, so sind sie viel eher dazu in der Lage, das notwendige Verstandnis und Vertrauen zu generieren. Untemehmen mit einer konsumnahen Produktpalette, insbesondere die Hersteller von Markenartikein, verfugen z.B. uber einen Vorteil, well sie beim Aniegerpublikum bereits bekannt sind. In diesem Fall ist eine detailllerte Eriauterung der Produkte nicht notwendig. Im Gegensatz dazu werden Untemehmen, die lediglich Zwischenprodukte herstellen, welche in die Produktion von Endprodukten anderer Hersteller eingehen, einen wesentlich geringeren Bekanntheitsgrad aufweisen. Im zweiten Fall ist daher eine detailllerte Eriauterung notwendig, insbesondere bei Produkten hoher Komplexitat."^®^ Die Beschreibung der Produktbereiche und deren Anteil am Unternehmenserfolg (Umsatz- und Ergebnisbeitrag) liefern daruber hinaus Hinweise auf die Diversifikation der Produktpalette. Eine breite Produktpalette tragt zur Verbesserung der Zukunftsaussichten bei, well dadurch die Abhangigkeiten von produktbezogenen Markten und Abnehmerstrukturen verringert werden. Die Diversifikation sollte jedoch nicht dazu fuhren, dass die strategischen Kerngeschaftsbereiche vernachlassigt werden."^®® ^^^ Siehe Kapitel 3.2, S. 45. *®^Vgl. Schlick, 1997. S. 99. *''*' Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b. S. 171 f. ^^^Vgl. R6der,2002. S. 134. ^^^Vgl.Schlick. 1997, S. 101.

119 Bei der Beurteilung der Produktbereiche kommt der im Untemehmen vorhandenen Innovationskraft eine besondere Bedeutung als Alleinstellungsmerkmal zu. Der Unternehmenserfolg hangt im Wesentlichen davon ab, ob neue Entwicklungen fruhzeitig in den Produkt- und Prozessinnovationen berucksichtigt werden/®^ Fur forschungslntensive Unternehmen ist z.B. die Anzahl an Neuprodukten, die Anzahl an Produkten in einer Testphase oder die Anzahl selbst entwickelter Patente relevant. Diese Unternehmen werden dazu korrespondierend hohe F&E-Aufwendungen aufweisen.'^®^ 4.2.2.2.2.10

Emissionsvolumen

Potenzielle Aktionare haben in der Regel an dem Erwerb von Aktien aus einer Emission nur dann Interesse, wenn die Fungibllitat der Aktie sichergestellt ist, d.h., dass sie diese jederzeit wieder veraudern konnen, ohne dadurch groflere Kursschwankungen auszulosen/^^ Die Fungibllitat der Aktie wird durch deren Liqulditat bestimmt, die mit der Hohe des Emisslonsvolumens zunlmmt. Ein hohes Emissionsvolumen liegt auch Im Interesse der Emittenten, da starke Kursschwankungen der Aktie schnell das Image eines Spekulationspaplers verleihen konnen. Auch die Banken und Borsen haben ein Interesse an einem hohen Emissionsvolumen, da von diesem ihre Provisionen aus dem Borsengang und aus dem spateren Borsenhandel abhangen.'^' Neben der absoluten Hohe des Emisslonsvolumens Ist fur Aktionare auch der Streubesitz von Interesse, der nach dem Borsengang von den Publlkumsaktionaren gehalten wird. Die Hohe des Streubesitzes wird als ein Zeichen fur die Bereltschaft des Managements und der Altaktlon^re angesehen, die neuen Publlkumsaktionare am Unternehmensgeschehen zu beteiligen. Letzteres wird auch unter InvestorRelatlons-Gesichtspunkten positiv beurtellt, da es die Bereltschaft zur Informatlonsversorgung und Kommunlkation unterstreicht. Wahrend einige Borsensegmente einen Mindeststreubesitz von 20% bzw. 25% zwingend vorschreiben, stellen andere keine Anfordemngen an eine Mindestgrolie. Obglelch sowohl seltens der Borsen als auch der Banken ein Streubesitz von mindestens 25% empfohlen wird. Ein Streu*®® Vgl. BSumer / Michalkiewicz, 1999, S. 92. ^^° Vgl. Holzinger, 2004, S. 730; Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 172. ^^^ Siehe Kapitel 3.1.1 S. 38. Vgl. auch Traub. 2000, S. BIO; Wieselhuber, 2000, S. B2. ^^^SieheKapitel2.1.2.2, S. 17.

120 besitz von 25% sichert den Publikumsaktionaren in ihrer Gesamtheit die Rechte einer qualifizierten Mehrheit und signalisiert damit die zuvor beschriebene Bereitschaft einer beabsichtigen Beteiligung am Unternehmensgesciieiien/^^

4.2.2.2.2.11

Kunden

Die Analyse der Kundenstruktur liefert potenziellen Investoren Jnformationen uber die Akzeptanz und Reputation der Produkte und die Diversifikation des Kundenportfollos. Dabei kann die namentiiclie Nennung von Referenzkunden, die auch nicht branchenkundigen Investoren bekannt sind, gerade jungen Unternehmen geschaftliche Sollditat und Reputation verleihen. Die Darstellung der Diversifikation des Kundenportfollos sollte eine breite Kundenstruktur erkennen lassen. Eine zu einseitige Fokussierung auf nur eine Kundengruppe, z.B. einer Branche, kann das Unternehmen in eine uberproportionale Abhangigkeit bringen. 1st der Beitrag nur eines Kunden zum Umsatz oder Ertrag uberdurchschnittllch, so wird ein erhohtes Risiko unterstellt, dass bei einem plotzlichen Wegfall dieses Kunden der Umsatz bzw. Ertrag dramatisch einbrechen kann/®^

4.2.2.2.2.12

Corporate Governance

Die Corporate-Governance-GrundsStze sind in den 90er Jahren zunehmend in das Blickfeld der Financial Community gelangt und werden als bewertungsrelevanter Tatbestand eingestuft/^^ Von der Befolgung der Corporate-Governance-Grundsatze wird vermutet, dass sie positive Effekte von 15% bis 20% auf die Kursentwicklung haben."*®® Corporate-Governance-Grundsatze dienen der Verwirklichung einer verantwortlichen, auf Wertschopfung ausgerichteten Leitung und Kontrolle von Unternehmen und Konzernen.^®^ Sie fordern und vertiefen das Vertrauen von gegenwartigen

und

kiinftigen

Aktionaren,

Fremdkapitalgebern,

Mitarbeitern,

Geschaftspartnern und der Offentlichkeit auf den nationalen und den internationalen *^^ Siehe Kapitel 3.3.2, S. 64. Vgl. auch Wegmann / Koch, 1999, 515. ^®^ Vgl. Holzinger, 2004, S. 729; Brandt, 2000, S. 119; Frohlich, 2000, S. B7. ^^^ Vgl. Holzinger, 2004, S. 733; Scherer / Bassen, 2001, S. 724; Strenger, 2001, S. 626-631. ^^^ Vgl. die Untersuchungen von Drobertz / SchOllhofer / Zimmermann, 2004. Vgl. auch Saitz / Wolbert, 2002, S. 322; Behrenwaldt, 2001. S. 432; Bassen / BOcking / LoistI u.a., 2000, S. 693. Kritisch zu den positiven Effekten auf die Kursentwicklung Sufiern sich Nowak / Rott / Mahr, 2004, S. 335 f.; Claussen / Brocker, 2000, S. 485. ^^^ Zur Diskussion allgemeiner GrundsStze der Unternehmensfuhrung vgl. Werder, 1996, S. 1-15.

121 Markten. Zu den wichtigsten GrundsStzen der Corporate Governance gehoren die Gleichbehandlung

von

Aktionaren

bei

Obernahmen,

Kapitalmalinahmen

und

Aktienruckkaufen, eine zeitnahe, umfassende und gleichberechtigte Information uber wiclitige

Geschaftsvorfaile

international

und

vergleichbare

die

eine

transparente

Rechnungslegung

sowie detalllierte

Risikomanagement.

Gefordert

wird

Vergijtungen

Vorstand

und

von

Geschaftspolitik,

ferner

eine

Aufsichtsrat

sowie

ein

und

umfassendes

Offenlegung

eine

der

ausreichende

Unabhangigkeit in der Besetzung des Aufsichtsrats.^^® Zur Erfassung des Corporate-Governance-Kodexes wurde am 26.02.2002 der ..Deutsche Corporate Governance Kodex" von der Regierungskommission Corporate Governance offiziell vorgestellt. Die Verfolgung der darin enthaltenen ..Soll-Empfehlungen" wurde Im Juli 2002 mit Verabschiedung des Transparenz- und Publizitatsgesetztes (TransPuG) gesetzlich verankert. Gemali der dort enthaltenden Verpflichtung zum ..Comply or Explain" haben deutsche borsennotierte

Gesellschaften

etwaige Abweichungen von den „Soll-Empfehlungen" des Kodex mindestens einmal jahrlich bekannt zu geben.^^^® Die dahinter stehenden Regelungen der Grundsatze werden nicht als Gesetzesvorlage,

sondern

als

Leitfaden

fur

unternehmensspezifische

Grundsatze

verstanden.^°° Die Annahme dieser Grundsatze ist nicht zwingend, es wird aber en/vartet, dass mit der zunehmenden Forderung nach mehr Transparenz die Akzeptanz und Umsetzung der Grundsatze in den Unternehmen unterstutzt wird. So gehen beispielsweise institutionelle Investoren bei der Suche nach Aktien inzwischen nach standardisierten

Anforderungen

vor,

welche

die

Akzeptanz

der

Corporate-

Governance-Gundsatze zum Teil bereits einschlie(len.^°^ Auch die Deutsche Borse AG will die Initiative begleiten und kunftig im Rahmen ihrer Moglichkeiten CorporateGovernance-Grundsatze bei den Zulassungskriterien fiir einzelne Borsensegmente und die Aufnahme in Indizes berucksichtigen.^°^

^^^ Der aktuelle Text ist dokumentiert unter www.corporate-governance-code.de (hier in der Fassung vom 21.05.2003). Vgi. auch Bassen / Backing / LoistI u.a., 2000, S. 693. ^^^ § 161 AI
122 Zur Operationalisiemng der Empfehlungen hat die DVFA eine „Scorecard for German Corporate Governance" entwickelt.®°^ Mit der Scorecard for German Corporate Governance wird sowohl den Finanzanalysten als auch potenziellen Investoren ein Instrument der Analyse deutscher Unternehmen an die Hand gegeben. Die Scorecard ermoglicht die Analyse der unternehmensindividuellen Corporate

Governance.

Vor

dem

Hintergrund

der

spezifisch

deutschen

Gesetzesregelungen konnen insbesondere ausl^ndische Interessenten sich ein Bild von der Selbstverpflichtung der Unternehmen zur Corporate Governance machen. Auf Basis der Corporate-Governance-Grundsatze wurden ubergeordnete Kriterien herausgearbeitet, anhand derer eine Bewertung vorgenommen wird, die in Anhang 4 detailliert dargestellt sind.^"* Diese Kriterien sind: -

Generelle Corporate Governance Verpflichtung

-

Aktionarsrechte

-

Unternehmensleitung (Vorstand und Aufsichtsrat)

-

Transparenz

-

Rechnungslegung

Im Rahmen der Investor Relations wird die Beachtung der Corporate-GovernanceGrundsatze als Gutesiegel verstanden.^® Das Signalisieren einer effektiven Corporate Governance wird mit zunehmender Bedeutung in der Wahrnehmung durch die Financial Community als unabdingbar fur die Akzeptanz des Unternehmens angesehen.^®

4.2.2.2.2.13

Investor Relations

Zum Zeitpunkt der Borsennotierung muss das Management zu einer aktiven Investor-Relations-Arbeit bereit sein, um den Anforderungen des Kapitalmarktes gerecht zu werden. Die Bereitschaft zu einer aktiven Investor-Relations-Arbeit beschreibt dabei die EInstellung des Managements, die Interessen und Wunsche der neuen Aktionare zu respektieren. Letzteres setzt vielfach eine vollig neue Unternehmensphilosophie voraus. Sie aullert sich In der Abkehr von einer Introvertierten

^^ Zu anderen Regelwerken vgl. Werder, 2001, S. 2 f. ^°^ Siehe Anhang 4, S. 262.Vgl. auch DVFA, 2003b, S. 1-3. ^^ Zur Gutesiegelfunktion vgl. Claussen / BrScker, 2000, 8. 485. ^°® Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a., 2002, S. 173; Volkart / Labhart, 2000, S. 155.

123 und in der Hinwendung zu einer extrovertierten Unternehmenskommunikation. Diese muss deshalb nicht nur verkundet, sondern vielmehr den Publikumsaktionaren auch glaubwurdig und dauerhaft vorgelebt werden.^^ Aufgrund einer erst beginnenden (kapitalmarktbezogenen) Investor-Relations-Arbeit ist deren Beobachtbarkeit bzw. Messbarkeit schwierig, so dass Indikatoren zur deren Beurtellung herangezogen werden. Letztere orientieren sich an dem Zusammenhang zwischen den Investor Relations und einer wertorientierten Unternehmensfuhrung. Die Investor Relations haben dabei die Aufgabe, die Wertlucke zwischen dem am Kapitalmarkt wahrgenommenen Wert und dem tatsachlichen Unternehmenswert durch eine zielgerichtete Kommunikation zu schliefien.^® So wie die Investor Relations als eine konstituierende Komponente des Shareholder-Value-Ansatzes verstanden werden, kann eine wertorientierte Unternehmensfuhrung wiederum als Bestandteil einer aktiven Investor-Relations-Arbeit betrachtet werden. Beide Ansatze bedingen sich gegenseitig, was sich auch in einem entsprechenden Anforderungsprofil seitens des Kapitalmarktes an die Investor Relations auRert.^® Die nachfolgenden Anforderungen werden als Indikatoren fur eine aktive Investor Relations Arbeit herangezogen, die anschlieliend naher eriautert werden:®^° -

Organisation der Investor Relations

-

Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensfuhrung

-

AktionSrsstruktur

-

Informationsfluss

Organisation der Investor Relations: Die organisatorische Berucksichtigung der Investor Relations in der Unternehmensstruktur wird als Bereitschaft zu einer aktiven Investor-Relations-Arbeit gewertet. Zusatzlich wIrd die hierarchische Anbindung der Investor-Relations-Verantwortlichkeiten beim Vorstand positiv beurteilt. Dies gilt insbesondere wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses, bei dem der Vorstand der wichtigste Reprasentant des Unternehmens und Ansprechpartner fur die Financial Community ist.^^^

^°^ Vgl. Stangner/ Moser, 1999, S. 759; Schlick, 1997, S. 103. ^® Siehe Kapitel 2.4, S. 25. ^°^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 12; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 115 f. ^^° In Aniehnung an Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 107 f. ^^^ Vgl. Ahlers, 2000, S. 33; Piwinger, 2000, S. 14; Serfas, 1998, S. B7.

124 Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensfuhrung: Diese lasst sich vom Einsatz wertorientierter Malinahmen ableiten:^^^ -

Die Wahl des Borsensegments signalisiert, inwieweit das Unternehmen bereit ist, sich hohen Anforderungen an die Informationstransparenz zu stellen.

-

Die Wahl der Aktiengattung, z.B. die Emission von Inhaberaktien anstelle von Vorzugsaktien,

zeigt

die

Bereitschaft,

die

neuen

Aktionare

an

alien

Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. -

Eine wertorientlerte Vergutung der Mitarbeiter demonstriert eine am Shareholder Value ausgerichtete Untemehmensfuhrung.

-

Die rentabilitatsorientierte Steuerung des Untemehmens wird ebenfalls als Indiz fur eine wertorientlerte Unternehmensfuhrung gewertet.

-

Die Unternehmensstruktur und Unternehmenshlstorie, die zu dieser Entwicklung gefuhrt hat, liefert Hinweise darauf, inwieweit kontinuierlich Bereinigungen des Geschaftsportfolios um wertvernichtende Bereiche stattgefunden haben.

-

Ein hoher Anteil an institutionellen Investoren signalisiert nicht nur die Bereitschaft, einen engen Kontakt mit dieser Investorengruppe zu suchen, sondern auch die Bereitwilligkeit, sich deren professioneller und kritischer Kontrolle auszusetzen.

Aktionarsstruktur:

Die

Forderung

nach einer angemessenen

Aktionarsstruktur

bezieht sich auf das angestrebte Verhaltnis zwischen alten und neuen Aktionaren. Ein hoher Streubesitzanteil, z.B. eine qualifizierte Mehrheit von 25%, unterstreicht die Bereitschaft des Untemehmens, sich dem Einfluss und der Kritik der Aktionare zu stellen. Eine solche Einstellung des Untemehmens lasst sowohl eine wertorientlerte Unternehmensfuhrung als auch eine aktive Investor-Relations-Arbeit vermuten.^^^ Informationsfluss: Ein optimierter Informationsfluss zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt beinhaltet die Forderung nach einer ausrelchenden Versorgung des Marktes mIt aussagefahlgem Informationsmaterial, einem angemessenen Einsatz von

Investor-Relations-Malinahmen

mit

Schwerpunkt

auf

einer

personlichen

Kontaktpflege und einer entsprechenden Einbindung des Vorstandes. Hierzu zahit

^'^ Vgl. Baetge / Noelle, 2001, 8.176f.; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 107, 137-140. ^^^ Vgl. Neske / Mayer / Tellkamp u.a.. 1999, 8.140.

125 insbesondere die Fokussierung der Investor-Relations-Malinahmen auf Analysten und institutionelle Investoren.^^"^ 4.2.2.3 Analyse zur Konkretisierung von Investment-Case-Kriterien Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen iiefern eine allgemeine Beschreibung von Investment-Case-Kriterien. Urn detaillierte Informationen zu konkreten Inhalten und deren Bedeutung zu erhalten, werden nachfolgend ausgewahlte Kommunikationsmittel analysiert, die von Unternehmen wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses pubJiziert werden. Der Prospekt als zentrale Informationsquelle ist in diesem Zusammenhang ungeeignet, da er neben den Informationen zum Investment Case auch andere Informationen enthalt, die nicht unmittelbar die Einzigartigkeit des Unternehmens hervorheben. Der Anspruch, als zentrale Informationsquelle zu fungieren, fuhrt dazu, dass der Darstellungsumfang des Prospektes, die Identifikation von Kriterien des Investment Case beeintrachtigt. Daruber hinaus ist der Prospekt wegen des Haftungsrlsikos von erheblicher rechtlicher Bedeutung, was zu ausgepragt juristischen Formulierungen fuhrt, die wiederum privaten Investoren das Erfassen von wesentlichen Informationen erschwert.^^® Im Gegensatz zur Pflichtpublizitat besteht im Rahmen der frelwilligen Publizltat hingegen die Moglichkeit, sich verstarkt auf die Kommunikation des Investment Case zu konzentrieren, und das in einerfurdie Zielgruppen transparenten und verstandlichen Formulierung.^^® Bezogen auf den Borsengang sind das die im Vorfeld erstellten Geschaftsberlchte, Pressemltteilungen des Unternehmens, Finanzanzeigen, Veroffentllchungen auf der Internet-Homepage, Unternehmensbroschijren, Presseartikel von Journalisten und Researchberichte. Diese Dokumente sind bereits das Ergebnis eines intensiven Austausches zwischen dem Unternehmen, seinen Beratern und der Financial Community. Nachfolgend wird eine Einschrankung der Analyse freiwilliger Kommunikationsmittel auf Researchberichte vorgenommen, die aus zwel Grunden zlelfuhrend erscheint. Zum einen werden die Analysten als Multiplikatoren regelmafiig als eine der wichtigsten Zielgruppen der Investor Relations identifiziert. Zum anderen obliegt den

^^^ Vgl. Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999. S. 107 f. ^^^ Vgl. Pohlucke, 2005, S. 21; Janke, 2001, S. 790; Liebs / Mettenheimer, 2000, S. B3. ^'® Vgl. Simon / Pohl / Tesch, 2000, S. 31.

126 Analysten die Ableitung eines indikativen Unternehmenswertes und damit die Berucksichtigung wertbeeinfiussender Tatsachen des Unternehmens, welche die Inhalte des Investment Case bestimmen.®^^ Letzteres lasst eine mogliclist umfassende Darstellung der Investment-Case-Kriterien vermuten. Zu den Analysten und deren Studien gibt es auch kritische Stimmen, die zwar nicht deren Funktion und Bedeutung anzweifein, wohl aber deren UnabhSngigkeit und Glaubwurdlgkeit.^^® Analysten sind in ihrer Tatigkeit einerseits dem Auftraggeber der Analyse, d.h. der Emissionsbank, und andererseits dem Anieger verpflichtet. Das Interesse der Banken - die im Regelfall die Kosten der Analysen tragen - liegt primar in der durch positive Researchempfehlungen erhohten Kaufbereitschaft der Aktionare und den damit verbundenen Provisionseinnahmen.^^® Bel dieser Konstellation kann es zu einer Interessenkollision zwischen der Bank und den Aktionaren kommen. Es besteht die Gefahr, dass Researchberichte als reines Marketinginstmment zur Erzielung hoherer Provisionseinnahmen eingesetzt werden. Den Analysten wird dabei unterstellt, voreingenommene Berichte zu schreiben, die bei Wahrung Ihrer Unabhanglgkeit zu einer zumindest nicht positiven Beurteilung des Unternehmens hatten fCihren konnen.®^ Diesem Von/vurf ist man durch verschiedene Malinahmen entgegengetreten: -

Der Gesetzgeber hat mit § 32 und § 33 WpHG moglichen Interessenkollisionen entgegengewirkt. Danach ist es verboten, Empfehlungen auszusprechen, die nicht mit den Interessen der Aktionare ubereinstimmen oder die das Ziel haben, Aktienkurse in eine bestimmte Richtung zu lenken. Daruber hinaus muss eine Bank so organisiert sein, dass Interessenskonflikte mit Aktionaren minimiert werden und eigene Ziele immer hintenanstehen. In der Praxis fuhrt dies dazu, dass zwischen den Analysten und der Abteilung, die uber die Emission entscheidet und diese spater auch begleitet, eine Ware Trennung vorhanden sein muss. Diese so genannten „chinese walls" mussen in der Organisationsstruktur der Banken berucksichtlgt werden.^^^ Eine solche Struktur starkt die Stellung der

^^^ Siehe Kapitel 4.1.1.1.1. S. 73. Vgl. Nix, 2000, S. 36; Rosen, 1997, S. 3; Rehkugler, 1993, S. 4 1 . ^'^Vgl.Diehl, 2001,8.403. ^'^ Vgl. Bittner. 1996, S. 24-28; Friese / Hillebrand, 1995, S. 34-40. ^^° Vgl. O.V., 2002d, S. 17: Kuckelkorn, 1999, S. 4; Landgraf / Maisch, 1999, S. 25. ^^^ §§ 32 WpHG. Vgl. hierzu auch o.V., 2002a, S. 20; Janke, 2001, S. 786; Reis, 2000, S. 12.

127 Analysten in der Gesamtorganisation und gibt ihnen mehr Selbstbewusstsein und Ruckhalt beim Verfassen ihrer Researchberichte.^^^ -

Seitens der Deutschen Vereinigung fur Finanzanalysten und Asset Management (DVFA), der die meisten Deutschen Analysten angehoren, sind im Mai 2001 erstmals Standesrichtlinien eriassen worden, die an die UnabhSngigkeit der Analysten appellieren und die explizite Nennung von potenziellen Interessenkonflikten in den Researchberichten fordern.^^^

Ungeachtet der Kritik an den Researchberichten von Analysten sollen diese in den nachfolgenden Kapitein zur Konkretisierung von Investment-Case-Kriterien untersucht werden. Researchberichte sind in der Regel uber die Internet-Homepage des Unternehmens, allgemeine Investor-Relations-lnternetportale oder uber die Konsortlalbanken selbst erhaltlich.^^* 4.2.2.3.1 Auswahi beispielhafter Researchberichte Die Analyse der Researchberichte aller 455 Borsengange zwischen 1997 und 2004 wurde den Umfang dieser Arbeit sprengen. Aus diesem Grund wurde soweit moglich eine unternehmens- bzw. branchenspezifische Eingrenzung vorgenommen. Eine somit nur beispielhafte Analyse hat den Nachteil, dass keine reprasentativen und damit allgemein gultigen Ergebnisse abgeleitet werden konnen. Die Analyse kann insofern nur eine Indikation fur die Inhalte eines Investment Case liefern. Hingegen zeigt die methodische Vorgehensweise eine Analyse-Moglichkeit auf, die auch von potenziellen Borsenaspiranten benutzt werden kann. Wahrend des Borsenelnfuhrungsprozesses konnen auf Basis der Methode Ruckschlusse auf die Darstellung der Informationsinhalte des eigenen Investment Case gezogen werden.®^® Bei der Auswahi von borsennotierten Unternehmen bzw. deren Researchberichten gilt es solche zu identifizieren, die mit einem potenziellen Borsenkandidaten moglichst vergleichbar und aktuell sind. Die Identiflkation geeigneter Vergleichsuntemehmen hangt dabei entscheldend von dem Grad der Spezialisierung des Unternehmens ab: je hoher die Spezialisierung, desto schwieriger die Identiflkation

^^^Vgl. Pilz, 1993,8.57. ^^^ Vgl. DVFA. 2003a und 2001. Vgl. auch Diehl, 2001, S. 404; Schickentanz / Hidding, 2000, S. V I 9 . ^^^ Vgl. Steib, 2005, S. 318; Leven, 2002, S. 45. ^^^ Vgl. Shnlich Brammer, 2001, S. 616. Zur Methode vgl. GlSser / Laudel, 1999.

128 von Vergleichsunternehmen.®^® Letzteres bestimmt die Aktualitat des Researchberichts, dessen Veroffentlichung gegebenenfalls ein paar Jahre zuruckliegen kann. Lasst sich fur ein hoch spezialisiertes Untemehmen nur ein Vergleichsunternehmen identifizieren, so kann die Analyse nur eines Researchberichts zumindest Aufschlusse uber den Umfang wichtiger Kriterien (z.B. branchenspezifischer Kennzahlen) geben, auch wenn diese nicht als reprSisentativ angesehen werden konnen. Die hier getroffene Auswahl geeigneter Researchberichte beschrankt sich auf den Zeitraum von 1997, d.h. dem Jahr, als der Neue Markt eroffnet wurde, bis 2004. Da zwischen diesen Jahren 74% der Unternehmen am Neuen Markt notiert wurden, gewahrleistet eine erste Eingrenzung zugunsten dieser Unternehmen eine relativ breite Grundlage auszuwahlender Researchberichte.^^^ Die nachfolgende Abbildung 15 zeigt die Branchenaufteilung des Neuen Marktes nach Marktkapitalisierung und Unternehmensanzahl im Jahr seiner Einstellung in 2002.^^®

Abbildung 15:

Branchenaufteilung am Neuen Markf^®

In Abhangigkeit von der Branchenaufteilung des Neuen Marktes wurde eine weitere Eingrenzung zugunsten einer wiederum moglichst groden Branche (gemessen an der Unternehmensanzahl) vorgenommen. Die Wahl fiel auf die Softwarebranche (45 Unternehmen), da innerhalb dieser Branche auf Basis einer weiteren Unterteilung in ^^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 81 f. ^^^ Siehe Abbildung 35, S. 222. ^^® Zur Branchenaufteilung des Neuen Marktes vgl. auch Borghoff, 2000, S. B3; Benner / Schnatz / Tellkamp, 1999, S. 4 f.

129 Unterbranchen durch die Deutsche Borse AG eine relativ homogene Gruppe von sechs Untemehmen identifiziert werden konnte. Bei dieser Unterbranche handelt es sich um Unternehmen, die auf die Entwicklung, Installation und Beratung von Software im Bereich ERP (Enterprise Ressource Planning) spezialisiert sind.^^° Von den Borsengangen des Jahres 2004 - im Jahr 2003 haben keine Borsengange stattgefunden - wurden zwei weitere ausgewahlt. Da es Insgesamt nur funf Borsengange im Jahr 2004 gab und sich daruber hinaus die Borsensegmentstruktur durch den Wegfall des Neuen Marktes geandert hatte, konnte die Einschrankung auf ein bestimmtes Segment und eine bestlmmte Segmentbrancheneinteilung nicht stringent durchgehalten werden. Die Einbeziehung von Berichten dieses Jahres ist jedoch sinnvoll, um mogliche Veranderungen der Inhalte aufgrund geSnderter Rahmenbedingungen

(z.B.

Vorstellung

des

Corporate

Governance

Kodex

in

2002)

identifizieren zu konnen. An den Borsengangen der ausgewahlten Unternehmen waren einige Banken bzw. deren Analysten mehrfach beteiligt. Um eine moglichst breite Analyse- und Meinungsvielfalt zu erhalten, wurden Berichte moglichst unterschiedlicher Banken ausgewahlt, und zwar von der Deutschen Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, DG Bank, HypoBank, Landesbank Baden-Wurttemberg, Morgan Stanley und Goldman Sachs. Das durchschnittliche Emissionsvolumen der Unternehmensauswahl lag bei Euro 97 Mio. und damit 17% unter dem Durchschnitt aller Borsengange von Euro 118 Mio. Die nachfolgende Tabelle 9 zeigt die acht ausgewahlten Unternehmen.®^^ Die

anonymlsierte

Researchberlchten

Darstellung

der

Unternehmen

berucksichtigt

genanntes

Veroffentlichungsverbot

von

ein

in

den

Unternehmens-

informatlonen in den USA und die in den Going-Public-Grundsatzen genannten Quiet Periods (auch wenn Letztere bereits abgelaufen sind).®^^

®^° Vgl. www.cleutsche-boerse.com (Stand: 01.01.2000). Eine ShnJiche Unterteilung in Unterbranchen findet sich bei Rod! / Zinser, 1999, 8. 62, BSumer / Annutsch / Ashton, 2000, 8. 1. ®^^ Siehe Tabelle 9, S. 130. ®^^ Die VerSffentlichung von Unternehmensinformationen in den USA stellt ein Offentliches Angebot dar, mit den damit verbundenen Haftungsregelungen der USA. Ziffer 5 Going-Public-GrundsStze.

130 1 Untemehmen Seitenanzahl des Berchts Borsensegment Emissionsvolumen Streubesitz Aktiengattung, Nennwert Emissionsverfahren Lockup-Periode Designated Sponsor Rechnungslegungsnorm

Unternehmen Seitenanzahl des Berichts Borsensegment Emissionsvolumen Streubesitz Aktiengattung, Nennwert Emissionsverfahren Lockup-Periode Designated Sponsor Rechnungslegungsnorm

Unternehmen A 31 Seiten

Untemehmen B 32 Seiten

Unternehmen C 68 Seiten

Unternehmen D 43 Seiten

Neuer Markt Euro15Mio.

Neuer Markt Euro 35 Mio.

Amtlicher Handel Euro 40 Mio.

Neuer Markt Euro 50 Mio.

28%

23%

29%

32%

Stammaktien, mit Nennwert Bookbuilding 12 Monate 2 Betreuer

IAS

Stammaktien, ohne Nennwert Bookbuilding 12 Monate 2 Betreuer US-GAAP

Stammaktien, ohne Nennwert Bookbuilding 6 Monate 2 Betreuer IFRS

Stammaktien, ohne Nennwert Bookbuilding 12 Monate 2 Betreuer US-GAAP

Unternehmen E 42 Seiten

Unternehmen F 46 Seiten

Untemehmen G 20 Seiten

Unternehmen H 37 Seiten

Neuer Markt Euro 50 Mio.

Neuer Markt Euro 110 Mio.

Neuer Markt Euro 115 Mio.

Amtlicher Handel Euro 360 Mio.

25%

38%

42%

53%

Stammaktien, mit Nennwert Bookbuilding 6 Monate 3 Betreuer US-GAAP

Stammaktien, ohne Nennwert Bookbuilding 6 Monate 2 Betreuer

Stammaktien, ohne Nennwert Bookbuilding 6 Monate 2 Betreuer

IAS

IAS

Stammaktien, ohne Nennwert Bookbuilding 6 Monate 2 Betreuer IFRS

Tabelle 9: Emissionsdaten beispielhaft ausgewahlter Unternehmen 4.2.2.3.2 Methode zur Analyse von Researchberichten Texts werden analysiert, indem diese gelesen und dabei wjchtige Informationen gesammelt werden. Ohne eine methodlsche Vorgehensweise besteht ein grundsatzliches Problem darin, dass Texte unsystematisch, d.h. intuitiv ausgewertet werden. Dieses Vorgehen kann zu selektiven Wahrnehmungen, d.h. zum Ausschljefien von vermeintlich nicht geeigneten Informationen fuhren.^^^ Fur die systematische Analyse von Texten werden quantitative und qualitative Methoden unterschieden.^^ Quantitative Methoden beruhen auf einem theorlegeleiteten Vorgehen zur Oberprufung zuvor festgelegter Hypothesen.^^^ Bei der Analyse von Researchberichten wurden sich die Hypothesen auf den Informationslnhalt der zuvor identifizierten allgemeinen Investment-Case-Kriterien beziehen (z.B. zur Ertragslage). Die Oberprufung einer Hypothese bezuglich eines Investment-Case-Kriteriums erfolgt dann ' Vgl. Kelle, 1993, S. 13; Hopf, 1982. S. 316. *Vgl.Titscher, 1998, S. 74. W g l . Giaser/Laudel, 1999, S. 2.

131 anhand eines ex ante vorgegebenen Katalogs von Merkmalsauspragungen (z.B. Vorgabe bestimmter Kennzahlen). Quantitative IVIethoden beschranken sich dabei auf direkt und eindeutig identifizierbare IVIerkmalsauspragungen innerhalb eines Textes. Quantifiziert werden die absoluten und relativen Haufigkeiten von Merkmalen (z.B. HSufigkeiten verwendeter KennzaiiJen) pro analysierter Texteinheit.^^ Das Ergebnis einer solchen Analyse kann sein, dass zu einigen Kriterien keine bzw. nur wenlge IVIerkmalsauspragungen gefunden werden, wahrend zu anderen Kriterien eine Vielzahl von Merkmalen im Text vorliegen. Aus den festgestellten Haufigkeiten lassen sich Ruckschlusse auf die Hypothesen Ziehen, d.h. das Informationsinteresse an bzw. die Bedeutung einzelner Investment-Case-Kriterien. Quantitative Methoden weisen den Nachteil einer mangelnden Offenheit auf, d.h., es konnen nur solche Merkmale analysiert werden, die im Rahmen der Hypothesen ex ante festgelegt worden slnd.^^^ Qualitative Methoden ermoglichen die Synthetisierung eines theoriegeleiteten Vorgehens bei gleichzeitiger Offenheit der Analyse.®^ Die Kataloge moglicher Merkmalsauspragungen einzelner Kriterien bestehen dabei sowohl aus ex ante definierten als auch aus offenen Merkmalen. Die Offenheit aufiert sich darin, dass nicht ex ante festgelegte Merkmalsauspragungen aus dem empirischen Material als freie verbale Beschreibungen extrahiert werden konnen.^^® Die offenen Kataloge moglicher Merkmalsauspragungen

konnen

somit

angepasst

werden

und

gestatten

es,

im

empirischen Material enthaltene unenA/artete Merkmale bzw. Informationen gleichberechtigt aufzunehmen. Handelt es sich um Kriterien, die komplexe Sachverhalte beschreiben, so lassen sich in der Regel nur wenige Merkmalsauspragungen ex ante festlegen. Die Komplexitat kann dazu fuhren, dass nur mit einem relativ eingeschrankt strukturierten Katalog gearbeitet werden kann und die meisten Informationen als offene Merkmale erfasst werden mussen. Die Berucksichtigung einer grolien Anzahl offener, vor alien Dingen unterschiedlicher Merkmale hat den Nachteil, dass sich quantitative Haufigkeiten nur eingeschrankt ermittein lassen. Letzteres begrundet einen wesentlichen Unterschied zu quantitativen Methoden, d.h., es werden weniger quantitative Haufigkeiten, sondern primar qualitative Inhalte analy^^^Vgl.Titscher, 1998, S. 74. ^^^ Vgl. Glaser / Laudel, 1999, S. 3. ^^ Vgl. Giaser/ Laudel, 1999, S. 3, 5; Mayring, 1997, S. 17-23. ^^^ Vgl. Glaser/ Laudel, 1999, S. 10.

132 siert. Qualitative Methoden eignen sich insbesondere fur komplexe Texte. Sie ermoglichen die Einbezlehung des gesamten Textmaterials und verringern die Wahrscheinlichkeit einer ex ante vorgenommenen Festlegung auf bestimmte Merkmalsauspragungen.^° Eine qualitative Inhaltsanalyse ist insofern mit einem Fragebogen vergleichbar, welcher innerhalb bestimmter Kriterien Merkmalsauspragungen ex ante vorgibt und diese in einer offenen Fragestellung durch weitere Angaben der Befragten erganzen lasst. Vor dem Hintergrund des Analyseziels dieses Kapitels, erganzend zu den allgemeinen Kriterien eines Investment Case weitere Detailinformationen zu identifizieren, werden die Researchberichte mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse untersucht. Abblldung 16 zeigt die einzelnen Phasen einer qualitativen Inhaltsanalyse, die anschlieflend naher eriautert werden.^^ Phase 1 |Theoriegeleitete| Voruberlegungen

Abbildung 16:

Phase 2 Vorbereitung der Extraktion

Phases

Phase 4

Phases

Extraktion

Aufbereitung

Auswertung

Phasen einer qualitativen Inhaltsanalyse^^

4.2.2.3.2.1 Theoriegeleitete Voruberlegungen Die theoriegeleiteten Voruberlegungen orientieren sich an den allgemeinen Investment-Case-Kriterien, die in Kapitel 4.2.2.2 eriautert worden slnd.^^ Die Kriterien werden bezuglich ihrer Bedeutung, ihrer Merkmalsauspragungen und des Zeitraums, auf den sie sich beziehen, erfasst. Enthalten die Researchberichte Angaben uber die Herkunft der Informationen, d.h., ob diese von einer externen Informationsquelle stammen (z.B. Marktstudien), so werden diese ebenfalls festgehalten.

Die

Bedeutung

einzelner

Kriterien

bezieht

sich

auf

deren

Eriauterungsbedurftigkeit, d.h., mit welcher Intensitat (Hauflgkeit der Nennungen) widmet sich der Analyst der Analyse eines Kriteriums. Die nachfolgende Tabelle 10 veranschaulicht das Analyseraster der qualitativen Inhaltsanalyse.

' Vgl. Giaser / Laudel, 1 9 9 9 , S. 9 f.. 21 f. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Methode ist vom Wissenschaftszentrum Berlin fur Sozialforschung G m b H entwickelt worden. Vgl. GlSser / Laudel, 1 9 9 9 . '^^ In Aniehnung an Glaser / Laudel, 1999, S. 1 1 . '^^ Siehe 4.2.2.2, S. 104.

133 Kriterien Bedeutung Finanzielle Kriterien Nicht-finanzielle Kriterien

Tabelle 10:

Analyseziele Merkmale Zeitraum

Quelle

Ertragslage LiquiditStsiage Finanz- und VermOgenslage Produkte Strategie Wettbewerb Branche/Markt Kunden Mittelverwendung Unternehmenshistorie Management EigentGnnerstruktur Unternehmensstruktur Emissionsvolumen Corporate Governance Investor Relations

Analyseraster der qualitativen Inhaltsanalyse

4.2.2.3.2.2 Vorbereitung der Extraktion Die Vorbereitung der Extraktion erstreckt sich auf die Festlegung und Durchsicht einzelner Analyseeinheiten. Analyseeinheiten sind Textteile (Satze Oder Abschnitte), Tabelien und graphisciie Darstellungen, an denen das Auftreten und die Auspragung von IVIerkmalen festgestellt und untersuciit werden kann.^"* Bei der Durchsiciit einer Analyseeinheit werden die wesentlichen Informationen durch Markierungen bzw. Unterstreichungen iiervorgehoben. 4.2.2.3.2.3 Extraktion Urn die Analyse der Texte zu ratlonalisieren, erfolgt die Extraktion, Aufbereitung und Auswertung der Informationen computergestutzt. Auf Basis von Microsoft-Access wurde eine Datenbank erstellt, welche die im Rahmen der theoretischen Voruberlegungen identifizierten Kriterien eines Investment Case in einem Analyseraster erfasst. Bezuglich eines einzelnen Investment-Case-Kriteriums werden Merkmalsauspragungen auf jeweils einem separaten Datenblatt festgehalten. In Anhang 5 ist das Datenblatt zur Erfassung detaillierter Unternehmensinformationen dargestellt.^'

* Vgl. Glaser/Laudel. 1999, 8. 14. ^ Siehe Anhang 5, S. 264.

134 Jedes Datenblatt enthalt zusatzlich einen Verweis auf die Fundstelle, so dass die Analyseeinheit jederzeit wieder gefunden und nachvollzogen werden kann. Angaben zur Fundstelle beinhalten den anonymlsierten Namen des Unternehmens, die Seite und das Kapitel. Fur die Zuordnung eines Kapitels konnte wShrend der Analyse ein in alien Researchberichten ahnliches Giiederungsschema festgestellt werden. Dieses unterteilt sich in eine kurze Zusammenfassung wesentlicher Unternehmensinformationen, einen allgemeinen Teil, der eine detaillierte Beschreibung und Analyse des Unternehmens beinhaltet, und einen Bewertungsteil, in welchem der indikative Unternehnnenswert berechnet wird. Beim Lesen und Erfassen einer Analyseeinheit muss entschieden werden, zu welchem Kriterium die Einheit Informationen enthalt. Im Ergebnis dieser Analysephase werden samtliche Informationen iiber die Merkmale eines Kriteriums in einer Datei gespeichert. Auf diese Weise entsteht ein Rohmaterial, das anschJiedend welter zusammengefasst werden kann. Die Datenbank gestattet es, alle empirischen Phanomene zu erfassen, die zur Beantwortung der Analysezlele relevant sind, unabhangig davon, ob ihr Auftreten vorher festgelegt worden ist oder nlcht.^® 4.2.2.3.2.4 Aufbereitung Im Rahmen der Datenaufbereitung ist das entstandene Rohmaterial bezuglich seiner Informationsinhalte zu sortieren und zu komprimieren. Die Micosoft-Access-Datenbank ermoglicht fur diesen Analyseschritt die Ubertragung der Daten in ein ExcelDatenblatt. Dort kann iiber eine Filterfunktion in einem ersten Schritt nach den einzelnen Investment-Case-Kriterien und in einem zwelten Schritt nach bedeutungsgleichen Informationen eine Eingrenzung vorgenommen werden. In dem ExcelDatenblatt (siehe Anhang 6, Seite 265) ist die Summe aller Analyseeinheiten nach den einzelnen Investment-Case-Kriterien sortiert. Fur die anschliefiende Auswertung der Daten werden die Excel-Tabellen aus Vereinfachungsgrunden welter zusammengefasst (siehe Tabelle 11 bis Tabelle 25). Die Aufbereitung der Daten wird in Abhangigkeit von jedem einzelnen InvestmentCase-Kriterium und den gefundenen Merkmalsauspragungen gesondert festgelegt. Wahrend bedeutungsgleiche Informationen zusammengefasst werden konnen, sind

^ W g l . Glaser/Laudel, 1999, S. 15-18.

135 nicht bedeutungsgleiche Informationen getrennt zu erfassen.^^ Die Tabelle beinhaltet somit eine Auflistung aller Merkmalsauspragungen (Checkliste) eines Kriteriums ohne Aufgliederung nach dem ursprunglichen Researchbericht. 4.2.2.3.2.5 Auswertung MJt der Zusammenfassung der Aufbereitungstabellen entsteht eine Informationsbasis, die zur Beantwortung des Analyseziels ausgewertet werden kann.^® Im Vergleich zu den Ursprungstexten ist die Informationsbasis stark komprimiert und inhaltlich gegliedert. Eine qualitative Inhaltsanalyse gewahrleistet damit einen effektiven Umgang mit grolien Mengen von Informationen. Zugleich bietet sie eine grofie Sicherhelt bezijglich der empirischen Fundierung von Schlussfolgerungen, da trotz der starken Verarbeitung des Ausgangsmaterials die Verbindung zu den Ursprungstexten ijber die Fundstellen erhalten bleibt. Somit ist es moglich, die Entstehung von Schlussfolgerungen aus dem empirischen Material Schritt fur Schritt nachzuvollziehen. Fur die darin vorgenommenen Textinterpretationen des Autors gilt das naturlich nicht.^® Zur Eingrenzung eines Interpretationsspielraums sollte eine solche Analyse idealen^/eise von mehreren Personen durchgefuhrt werden, was im Rahmen dieser Arbeit vernachlassigt wurde. 4.2.2.4 Auswertung der Analyseergebnisse In den nachfolgenden Kapitein werden die Analyseergebnisse zu jedem einzelnen Investment-Case-Kriterium

vorgestellt und In Reflektion zu der allgemeinen

Darstellung in Kapitel 4.2.2.2 diskutiert.^^

^^ Vgl. Giaser / Laudel, 1999, S. 18 f. ^® Vgl. Glaser / Laudel, 1999, S. 20. ^® Vgl. Giaser / Laudel, 1999, S. 20 ^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2, S. 104.

136 4.2.2.4.1 Finanzielle Kriterien 4.2.2.4.1.1 Ertragslage Tabelle 11 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Analyse der Ertragslage zusammen. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 11:

Ertragslage Produkte, Strategic, Branche/Markt, Kunden, Liquiditdtsiage, Mittelverwendung, Finanz- und VermQgensiage, Emissionsvolumen Von bis zu 3 historischen Jahren bis zu 6 Planjahren (durchschnittlich 2 historische Jahre und 3 Planjahre) Darstellung der GuV, Zwischenberichte: Absolute Ergebniskennzahlen, insbesondere: Umsatz, Bruttoergebnis vom Umsatz (Rohertrag), EBITDA, EBDIT, EBITA, EBIT, Finanzergebnis, EBT, auRerordentliches Ergebnis, Veriustvortrag, Nettoergebnis, Jahresuberschuss, Ergebnisanteile Dritter Absolute Kostenkennzahlen, insbesondere: Material, F&E, Vertrieb, Marketing, Verwaltung, Personal i.V.m. der Mitarbeiteranzahl, Abschreibungen, BOrseneinfuhrungskosten, Steuern Verhaltniskennzahlen zur Rentabilitat, insbesondere: Betriebsergebnis/Eigenkapital, Betriebsergebnis/Eigen- und Fremdkapital, Rohertrag/Umsatz, EBDIT/Umsatz, EBIT/Umsatz, EBT/Umsatz, EBT/Umsatz, Jahresuberschuss/Umsatz, EPS, ROI, ROCE, Umsatz/Mitarbeiter, EBDIT/Mitarbeiter, EBIT/Mitarbeiter Verhaltniskennzahlen zu den Kosten relativ zum Umsatz, insbesondere: Material, F&E, Vertrieb, Marketing. Verwaltung, Personal Kennzahlenauswertung: Kennzahlenanalyse aufgrund eines Zeitreihenvergleichs: Veranderungen zur Vorperiode und Bildung von Durchschnittswerten, insbesondere Ableitung von Trendaussagen zu prospektiven Kennzahlen Kennzahlen zur Analyse des Unternehmenswachstums und jeweils differenzierte Betrachtung bzgl. Marktsegmenten, Produkten, Standorten, Tochtergesellschaften, In- und Ausland: Umsatz, EBIT, Finanzergebnis, EBITA, EBT, Nettoergebnis Analyse der Umsatzentwicklung und -aufteilung nach Produkten, insbesondere Neuprodukten und Neukundenzuwachs; Identifikation der Umsatztreiber Eriauterung der jShrlichen Saisonalitat der Umsatzentwicklung Kennzahlen zur Analyse der Rentabilitat: Betriebsergebnis, Vorsteuerergebnis, Nettoergebnis, Rohertrag/Umsatz, EPS, Betriebsergebnis/Eigenkapital, Umsatz/Mitarbeiter Eriauterung der Auswirkungen von geplanten Investitionen auf das aktuelle EBIT Eriauterung des aktuellen Quartals im Vergleich zum Vorjahr und Annahmen fur das laufende Jahr, insbesondere zu: Umsatz in Abhangigkeit vom Auftragsbestand (Umsatztreiber), vom Ergebnis, den Personal kosten (Neueinstellungen) Darstellung der Ertragslage einzelner Standorte: Umsatzzielrendite und Zeitraum bis zum Break-even Thematisierung der Berucksichtigung bzw. Nicht-Berucksichtigung der Borseneinfuhrungskosten Kommentierung der Auswirkungen durch die Umstellung der Rechnungslegung auf Umsatz, Steuern und Ergebnis

Ergebnisse zur Ertragslage

137 Zur Beurteilung der Ertragslage werden die Gewinn- und Verlustrechnungen von bis zu drei zuruckliegenden Jahren bis zu sechs Planjahren dargestelit (Durchschnitt zwei historische Jaiire und drei Planjahre). Dabei handelt es sich urn verkiirzte Gewinn- und Verlustrechnungen, die sicii auf wesentliche absolute Ergebnis- und Kostenkennzahlen beschranken. ErgSnzt werden die Gewinn- und Verlustrechnungen durch aktuelle Zwischenberichte in Form von Halbjahres- und Quartalsabschlijssen. Neben den absoluten Kennzahlen werden zur weiteren Informationsverdichtung Verhaltniskennzahlen zur Rentabilitat und zu den Kosten dargestelit. Bei den Rentabilitatskennzahlen kommen als Bezugsgroden primar der Umsatz und das Eigenkapital in Betracht. Verhaltniskennzahlen zu den Kosten werden im Vergleich zum Umsatz beurteilt. Die Borseneinfuhrungskosten werden erwahnt, aufgrund ihrer Einmaligkeit in der Regel aber nicht explizit beruckslchtigt. Die Kennzahlenauswertung erfolgt u.a. aufgrund eines Zeitreihenvergleichs. Die Analysten interpretieren dabei weniger die absoluten Zahlen als vielmehr die Veranderungen und Trends, denen die einzelnen Kennzahlen unterliegen. Dazu werden zunachst die prozentualen Veranderungen zur Vorperiode analysiert. Da die Unternehmensentwicklungen nicht kontinuierlich verlaufen, d.h., vereinzelt liegen negative Kennzahlen vor, werden zusatzlich Durchschnittswerte fur den gesamten Zeitraum insbesondere fur die Planjahre gebildet. Vor dem Hintergrund des Beobachtungszeitraums rucken dabei die retrospektiven Zahlen zugunsten der prospektiven Ertragslage in den Hintergrund. Zur Darstellung des Wachstumspotentials werden einige Kennzahlen explizit dargestelit (z.B. graphisch) und eriautert. Zu diesen Kennzahlen gehoren neben dem Umsatz als zentraler Grofle insbesondere das Betriebsergebnis, das Vorsteuerergebnis und das Nettoergebnis. Die Eriauterung der Ertragsentwicklung korrespondiert mit der Analyse anderer Kriterien, insbesondere der Produkte, Strategie und Branchen- und Marktsituation. In deren Kontext werden konkrete Malinahmen dargestelit, die eine Steigerung insbesondere des Umsatzes enA/arten lassen. In diesem Zusammenhang werden auch andere Einflussfaktoren wie z.B. die Saisonalitat des Umsatzes bezogen auf einzelne Produkte Innerhalb eines Jahres beschrieben. Die kurzfristige Entwicklung der Ertragslage wird anhand der aktuellen Quartalsergebnisse

im Vergleich zum

138 Vorjahresquartal analysiert und auf das laufende Gesamtjahr extrapoliert. Dabei wird z.B. der geplante Jahresumsatz in AbhSngigkeit vom bereits realisierten Umsatz und vom vorliegenden Auftragsbestand abgeleitet. Der Ven^^eis auf das Kriterium Branche/Markt dient als Mafistab, urn die unternehmensindividuellen Kennzahlen mit Branclienkennzahien vergleichen zu konnen. Auch die Rentabilitat der Unternehmen wird anhand ausgewahlter Kennzahlen hervorgehoben. Dazu gehoren neben absoluten Kennzahlen wie das Betriebsergebnis, das Vorsteuerergebnis und das Nettoergebnis insbesondere Verhaltniskennzahlen wie die UnnsatzrentabilitSt, die Rohertragsrentabilitat, das Ergebnis je Aktie, die Eigenkapitalrendite und die Mitarbelterproduktivitat (Umsatz und Betriebsergebnis pro Mitarbeiter zu den Personalkosten). Veranderungen wesentlicher Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung, insbesondere des Umsatzes, die innerhalb des Betrachtungszeitraums auf einer Umstellung der Rechnungslegungsnorm beruhen, werden in einigen Researchberichten explizit eriautert. Die Ergebnisse zur Ertragslage bestatigen die in Kapltel 4.2.2.4.1.1 genannten Inhalte.^®^ Es konnten konkrete Kennzahlen identifiziert werden, nicht nur Ertrags-, sondern auch Kostenkennzahlen, an denen Analysten interessiert sind. Von den identifizierten Kennzahlen sind insbesondere solche von Interesse, die Aussagen zum Unternehmenswachstum und zur Unternehmensrentabilitat zulassen. Da sich die Analyse auf Unternehmen einer Branche bzw. Unterbranche beschrankt hat, kann davon

ausgegangen

werden, dass es sich neben

allgemein

gultigen

Kennzahlen auch um branchenspezifische Kennzahlen handelt. Daruber hinaus geben die Ergebnisse Aufschluss uber den Beobachtungszeitraum von bis zu drei historischen Jahren bis zu sechs Planjahren, wobei die prospektive Betrachtung im Vordergrund steht. Die absolute Hohe des Umsatzes wird in keinem Researchbericht als Malistab fur eine zu erreichende MIndestgrofie des Unternehmens analysiert. Entscheidend sind vielmehr das zukiinftige Entwicklungspotential und das damit verbundene Betriebsergebnis. Die in Kapitel 4.2.2.2.1.1 angesprochene Mindesthohe fur den Umsatz als

^^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.1.1, S. 106.

139 MaUstab fur eine notwendige Untemehmensgrolie erscheint auch deswegen nicht sinnvoll, weil besonders ertragsstarke und schnell wachsende Unternehmen den zusatzlichen Aufwand gegebenenfalls schon mit einer niedrigeren Umsatzbasis kompensieren konnen. Die Beurteilung der Umsatzhohe ist vielmehr im Gesamtkontext aller Investment-Case-Kriterien zu beurteilen. 4.2.2.4.1.2 Liquiditatslage Tabelle 12 zeigt die wesentiiclien Ergebnisse zur Analyse der Liquiditatslage. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 12:

Liquiditatslage Produkte, Ertragslage, Strategle, Mittelverwendung, Finanz- und VermGgenslage Von bis zu 3 historischen Jahren bis zu 6 Planjahren (durchschnittlich 2 historische Jahre und 2 Planjahre) Darstellung einer Kapitalflussrechnung: Absolute Kennzahlen, insbesondere: Operativer Cashflow, Freier Cashflow, Mittelzufluss, Investitionen, Schuldentilgung, Dividende Verhaitniskennzahlen, insbesondere: Cashflow / Investitionen, Cashflow / Schulden, Cashflow / Umsatz, Cashflow / Eigenkapital Kennzahlenauswertung: Analyse des operativen Cashflows bezQglich Investitionen und Schuldentilgung und Kompensatlon durch IPO-Zufluss Analyse des Mittelzuflusses bezuglich Investitionen und Schuldentilgung bzw. falls keine konkrete Mittelverwendung vorliegt BerCicksichtigung als Festgeldanlage nnit einem adSquaten Zinssatz Eriauterung der Auswirkungen von geplanten Investitionen auf das aktuelie Betriebsergebnis Analyse des Freien Cashflows bezuglich der Ausschuttungsfahigkeit DIvidendenentwicklung bzw. Ankundigung, ab wann diese gezahit werden soil

Ergebnisse zur Liquiditatslage

Zur Beurteilung der Liquiditatslage wird in den Researchberichten eine Kapitalflussrechnung von bis zu drei zuruckliegenden Jahren bis zu sechs Planjahren dargestellt (Durchschnitt zwei historische Jahre und zwei Planjahre). Von Interesse sind sowohl absolute Kennzahlen zum operativen und freien Cashflow, zum Mittelzufluss, zu den Investitionen und zur Schuldentilgung als auch Verhaltniskennzahlen. Letztere beurteilen den operativen Cashflow insbesondere im Verhaltnis zu den Investitionen, zu den Schulden, zum Umsatz und zum Eigenkapital. Obgleich der freie Cashflow die Berechnungsgrundlage fur die Ausschuttungsfahigkeit darstellt, ruckt seine Bedeutung bel der Analyse der Liquiditatslage in den Hintergrund. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht vielmehr der operative Cash-

140 flow, welcher den geplanten Investltlonen und der beabsichtigten Schuldentilgung gegenubergestellt wird. Die Kapjtalflussrechnung berucksichtigt insbesondere die durch den B5rsengang zuflieflenden Mittel. Dabel wird verdeutlicht, inwieweit das neue Kapital fur Investitlonen und/oder zur Schuldentilgung herangezogen wird. Sofern seitens des Unternehmens die Absichten zur Mittelverwendung noch nicht hinreichend konkretisiert sind, werden die gewonnenen Mittel als Festgeldanlage mit einem adSquaten Zinssatz in der Kapitalflussrechnung berucksichtigt. Bei der Liquiditatsanalyse steht eine prospektive Betrachtung des Unternehmens im Vordergrund des Interesses. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabel der beabsichtigten VenA/endung des Mittelzuflusses durch den Borsengang und den damit verbundenen langfristigen strategischen Absichten. In Kapitel 4.2.2.2.1.2 wurde die EnA^irtschaftung eines positiven Cashflows als ein wichtiges Merkmal der Liquiditatslage hervorgehoben. In Abhangigkeit von der Unternehmenssituation sollte dieser entweder uber konkrete Investltlonen und damit mogliche Kurssteigerungen Oder aber uber Ausschuttungen den Investoren zur Verfugung gestellt werden.^^^ Die ErgebnIsse zur Liquiditatslage zeigen, dass bei den untersuchten Unternehmen die Thesauriemng des Unternehmensergebnisses im Mittelpunkt des Interesses steht. Vor dem Hintergrund, dass sechs der acht Unternehmen eine Notierung im Neuen Markt anstrebten, welcher ausschliefllich fur Wachstumsunternehmen vorgesehen war, ist zu vermuten, dass von potenziellen Borsenkandidaten dieses Segments verstarkt Investltlonen in das Unternehmenswachstum en^^artet wurden. Bei Unternehmen traditioneller Branchen mit einem moderaten Wachstum ist davon auszugehen, dass sich das Informationsinteresse zugunsten einer absehbaren Ausschuttung verschieben wird, obgleich ein Borsengang und die damit verbundene Aufnahme neuen Kapitals immer die Herausstellung einer entsprechenden Mittelverwendung erfordert.^^^

^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.1.2, S. 107. ^^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.4, S. 112.

141 4.2.2.4.1.3 Finanz- und Vermdgenslage Tabelle 13 zeigt die wesentlichen Ergebnisse zur Analyse der Finanz- und Vermogenslage: 1 Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum

Merkmale

Tabelle 13:

Finanz- und Vermfigenslage Ertragslage, Strategie, Liquiditatslage, Mittelverwendung, Unternehmenshistorie Von bis zu 3 h storischen Jahren bis zu 6 Planjahren (durchschnittlich 2 historische Jalire und 2 Planjahre) Hervorhebung der historischen Jahre und des Zeitraums unmittelbar nach dem IPO Darsteilung der Bilanz: Absolute Kennzahlen zu alien wesentlichen Positionen der Aktiv- und Passivseite Verhaitnlskennzahlen relativ zur Bilanz: Aniage- und Umlaufverm6gen, Finanzanlagen, immaterielles VermSgen, aktive latente Steuern; langfristige und kurzfristige Verbindlichkeiten, Pensionsruckstellungen, Eigenkapital Kennzahlenanalyse: Kennzahlenanalyse aufgrund eines Zeitreihenvergleichs: Veranderungen zur Vorperiode Analyse bezuglich einer fristenkongruenten Finanzierung: Eigenkapital bzgl. Deckung des Aniage- und FinanzanlagevermSgens Auswirkungen des Mittelzuflusses auf LIquiditat und Eigenkapital Analyse des Mittelzuflusses bezuglich seiner Verwendung fur Investitionen bzw. zur Schuldentilgung Zusammensetzung des immateriellen VermSgens Komnnentierung der Auswirkungen durch die Umstellung der Rechnungslegung I

Ergebnisse zur Finanz- und Vermogenslage

Zur Beurteilung der Finanz- und Vernnogenslage werden die Bilanzen von bis zu drei zurucl
142 flusses fur zukunftige Investitionen und zur Schuldentilgung zur Verfugung steht. Die Beurteiiung der Kennzahien korrespondiert dabei mit der Liquiditatslage, deren Analyse eher die langfristige Betrachtung der Mittelverwendung obliegt. Bei der Analyse der Vermogenslage wird in vier Researchberichten der Aktivierung immateriellen Vermogens eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hintergrund ist die erst im Jahr der Borseneinfuhrung durchgefuhrte Umstellung der Rechnungslegung auf US-GAAP bzw. lAS/IFRS, die den Unternehmen im Vergleich zur Rechnungslegung nach HGB umfangreichere Wahlrechte bei der Aktivierung immaterieller Vermogenswerte einraumen. Die Eriauterungen zielen darauf ab, sowohl die Veranderungen zur bisherigen Bilanzierung aufzuzeigen als auch eine bessere Vergleichbarkelt zur Bilanzierung von Vergleichsunternehmen herzustellen. Zu der in Kapitel 4.2.2.2.1.3 geforderten Stabilitat der Finanz- und Vermogenslage dokumentleren die Ergebnisse der Analyse die konkreten Informationsanforderungen der Analysten bzgl. wesentlicher Kennzahien zur Mittelherkunft und Mittelverwendung.^^ Im Gegensatz zu dem prospektiven

Interesse der Ertrags- und

Liquiditatslage fokussiert sich die Analyse der Finanz- und Vermogenslage auf die historische Entwicklung und aktuellen Veranderungen der Bilanz. Korrespondierend zur Analyse der Liquiditatslage steht dabei die Ven/vendung des Mittelzuflusses im Mittelpunkt des Interesses, der vor dem Hintergrund einer bisher fristenkongruenten Finanzierung weniger zur Schuldentilgung, sondern fiir zukunftige Investitionen zur Verfugung stehen sollte.

^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.1.3, S. 108.

143 4.2.2.4.2 Nicht-finanzielle Kriterien 4.2.2.4.2.1 Branchen- und Marktentwicklung Tabelle 14 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Analyse der Branchen- und Marktentwicklung zusammen. Kriterium Branchen- und Marktentwicklung Im Kontext genannte Produkte, Ertragslage, Strategie, Wettbewerb, Kunden, Mitteiverwendung Kriterien Von bis zu 7 historischen Jahren bis zu 5 Planjahren in Abhangigkeit von Zeitraum externen Marktstudien (Durchschnitt 2 historische und 3 Planjahre) Beschreibung der allgemeinen Branchen- und Marktsituation bzgl. l\4erkmale Wachstum, Stagnation, Schrumpfung (Absatzmarkte nach Regionen: global, USA, Europa, Deutschland) Marktsegmentierung, insbesondere des relevanten Nischenmarktes: Beschaffungsmarkt: Personal Absatzmarkt: Produktbereiche, Regionen, Technologiefunktionalitat, Anzahl der Kunden, BranchenzugehOrigkeit der Kunden, KundengrORe gemessen an der Mitarbeiteranzahl Abschatzung des Marktvolumens und -wachstums (absolut und relativ) anhand von Indikatoren: Quantitative Indikatoren: Marktumsatz, Produktnachfrage, Kundenanzahl, durchschnittlicher Umsatz pro Kunde Qualitative Indikatoren: Konjunkturentwicklung, saisonale Entwicklung, Marktchancen neuer Technologien, Anforderungen der Kunden an die Produkte im Vergleich zum Status quo der Entwicklungen Risiken des Marktwachstums: Nachfrageeinbruch und Sattigung Vergleich mit unternehmensindividuellen Indikatoren: Beschaffungsmarkt: Engpass bzgl. Personalmarkt, Mitarbeiteranzahl, Mitarbeiterfluktuation, Mitarbeiterbeteiligung, Imagewirkung des IPOs Absatzmarkt: -Quantitative Indikatoren: Umsatz, Auftragsbestand, Kundenanzahl -Qualitative Indikatoren: KonjunkturabhSngigkeit, saisonale AbhSngigkeit, Marktchancen bestehender und neuer Produkte, Technologiefunktionalitat, Anforderungen der Kunden an die Produkte Sonstiges: - Ableitung des relativen Marktanteils in Abhangigkeit von unternehmensindividuellen Indikatoren Eriauterung wesentlicher und aktueller Wachstumstreiber, vornehmlich technischer Veranderungen, aber auch gesetzlicher Veranderungen, Beschreibung der Innovationszyklen Anmerkung zu den Quellen: - Vergleich der Ergebnisse unterschiedlicher Marktstudien zur Identifikation von Markttrends, gegebenenfalls Ruckgriff auf eigene Annahmen Hervorhebung der Problematik unzureichender unternehmensspezifischer Marktstudien Externe Studien (Statistlsches Bundesamt, Informationen von Verbanden und Interessenvertretungen, Marktforschungsinstitute), Unternehmen, Analysten

Tabelle 14:

Ergebnisse zur Branchen- und zur Marktentwicklung

Die Ergebnisse zur Branchen- und Marktentwicklung liefern primar Informationen zum Absatzmarkt, nur wenlge zum Beschaffungsmarkt. Vor dem Hintergrund, dass die untersuchten Unternehmen einer beratungsintensiven Branche zuzuordnen sind,

144 werden nur dahingehend qualitative Aussagen getatigt, inwieweit am Personalmarkt qualifizierte Mitarbeiter zur VerfQgung stelien. Erganzt werden diese Aussagen durch informationen der Unternehnnen bezQgllch ihrer historlsclien, aktuellen und geplanten Anzahl an Mitarbeitern und der bisherigen Mitarbeiterfluktuation. Vor dem Hintergrund der angestrebten Bdrsennotierung und einer beabsichtigten l\/1itarbeiterbeteiligung wird

in zwei

Researcliberichten

erwdhnt, dass zukunftig

mit einer

geringeren Fluktuation und erieichterten Gewinnung neuer IVIitarbeiter gereclinet wird. Obgleich die Unternelimen aucli Sachprodukte anbieten, wenn auch nur in einem geringen Umfang, wird dem Werkstoffmarkt keine Aufmerksamkeit gesclienkt. Der Schwerpunkt der Branchen- und Marktbetrachtung liegt auf dem Absatzmarkt. Die Analysen der Absatzmarkte beinhalten zunSciist einen Oberblick uber die allgemeine Brancliensituation, d.ii., inwieweit diese einem Wachstums-, Stagnationsoder Sclirumpfungsprozess unterliegt. Dazu werden quantitative Ergebnisse externer Studien zur historischen, aktuellen und zukunftigen Marktentwicklung herangezogen. Die Einschatzung der allgemeinen Branchensituation konzentrlert sich dabei auf eine regionale Betrachtung, d.h., die Entwicklungen auf globaler Ebene werden denen ausgewahlter Regionen (in der Regel USA, Europa, Deutschland) gegenubergestellt. Die anschlief^ende Segmentierung des Gesamtmarktes orientiert sich in der Regel an folgenden Kriterien: den strategischen GeschSftsfeldern bzw. Produktbereichen, der

regionalen

PrSsenz der

Unternehmen, der Technologiefunktionalitat

und

kundentypischen Klassifizierungen. Die Analyse der abgegrenzten Marktsegmente konzentrlert sich auf deren Volumen und Wachstumspotential, welches an quantitatlven und qualitativen Indikatoren festgemacht wird. Quantitative Indikatoren beziehen sich auf En/vartungen zum Marktumsatz, zur Nachfrage nach Produkten und zum Kundenzuwachs. Qualitative Indikatoren beruhen auf EnA/artungen zur allgemeinen und branchenspezifischen Konjunkturentwicklung, zu saisonalen Einflussen, zu Marktchancen neuer Technologien und zu den Ver^nderungen der Kundenbedurfnisse. Den Wachstumsfaktoren werden auch die Risiken gegenubergestellt, wie z.B. ein Nachfrageeinbruch oder eine Marktsattigung. Der Marktsegmentierung und Ableitung von Wachstumsindlkatoren schliefit sich eine Gegenuberstellung mit unternehmensspezifischen Indikatoren bzw. Merkmalen an. Die Diskussion von quantitatlven Unternehmensindikatoren bezieht sich insbe-

145 sondere auf die Entwicklung des Umsatzes, des Auftragsbestandes und der Kundenanzahl. Bei den qualitativen Unternehmensindikatoren werden im Wesentlichen

folgende

Abhangigkeit,

Sachverhalte

Marktchancen

Technologiefunktionalitat,

diskutiert:

KonjunkturabhSngigkeit,

bestehender und neuer

Berucksichtlgung

von

saisonale

Produkte, Aktualltat der

KundenbedQrfnIssen.

Hervor-

gehoben werden Angaben und Eriduterungen, von denen wesentliche Auswirkungen auf die kunftige Finanzlage, insbesondere die Ertragslage erwartet werden. Abgegrenzt werden solche Entwicklungen, die sich in der Vergangenheit ausgewirkt haben, aber mGglicherweise nicht in die kommenden Geschaftsjaiire hineinwirken werden, so dass die historische Entwicklung nur bedingt extrapolierbar ist. Der Abgieicli mit den quantitativen Unternehmensindikatoren dient der Ableitung absoluter und relativer IVIarktanteile, d.h., welchen Anteil des IVIarktumsatzes bzw. der Anzahl potenzieller Kunden das Unternehmen fur sich beanspruchen kann. Der Beobachtungszeitraum erstreckt sich in AbhSngigkeit von den zur Verfugung stehenden, externen Studien auf sehr unterschiedliche ZeitrSume von bis zu sieben zuruckliegenden Jahren bis zu funf Planjahren (Durchschnitt zwei historische Jahre und drei Planjahre). Zur Analyse

der

relevanten

Markte dienen

als

Informationsquellen

amtliche

Statistiken, Informationen von Verbanden und Interessenvertretungen und VerOffentlichungen spezieller Institute und Marktforschungsdienstlelster. Zur Darstellung der Marktentwicklung werden zum Teil unterschiedliche Quellen mit abweichenden Ergebnissen angefuhrt und diskutiert. Aus dem Vergleich unterschiedllcher Marktstudien wird versucht, einen ubereinstimmenden Trend abzuleiten. Liegen kaum externe Marktinformationen vor, well es sich z.B. um neue Produkte in vollkommen neuen M^rkten handelt, so wird auch auf eigene Erfahrungen und Annahmen entweder seitens des Unternehmens oder der Analysten zuruckgegriffen, um einen Trend prognostizieren zu konnen. Die Ergebnisse zur Branchen- und Marktsituation bestatigen die in Kapitel 4.2.2.2.2.1 genannten Merkmale bzw. prSzisieren diese um konkrete Inhalte und Zeitraume.^®® Die fast ausschliefiliche Analyse des Absatzmarktes korrespondiert dabei mit den

^^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.1, S. 108.

146 Ergebnissen zur Ertragslage, deren primare Zielsetzung in der Beurteilung des Unternehmenswachstums liegt. Erst ein Vergleich der Branchen- und Marktentwicklung z.B. zum Umsatz dokumentiert ein uber- bzw. unterproportionales Wachstum des Unternehmens. 4.2.2.4.2.2 Wettbewerb Tabelle 15 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Analyse des Wettbewerbs zusammen. Kriterium Wettbewerb 1 Im Kontext genannte Produkte, Strategie, Branche/Markt, Kunden, Unternehmenshistorie Kriterien Zeitraum 10 historische Jahre (Durchschnitt 3 Jahre) in AbhSngigkeit von der 1 VerfOgbarkeit externer Wettbewerbsstudien und direkter Angaben zu einzelnen Wettbewerbern Merkmale Allgemeine Wettbewerbsstruktur auf den AbsatzmSrkten: Horizontale versus vertikale Wettbewerbsstruktur Anbieterstruktur (Monopol, Oligopol, Polypol) Konzentrations- versus Entflechtungsprozess Marktsegmentierung: Absatzmarkt: Produktbereiche, Regionen, Technologiefunktionalitat, BranchenzugehGrigkelt der Kunden, KundengrOde gemessen an der Mitarbeiteranzahl und an deren durchschnlttlichem Umsatz Namentliche Nennung und Beschreibung der Wettbewerber: Allgemein: Unternehmensstruktur, Unternehmensalter, geographische PrSsenz, Strategie, Zielmarkte, KerngeschSftsfeider, Produktportfolio, Produktpreise, Technologiefunktionalitat, Kundenfokus, Kundenanzahl, Anzahl verkaufter Produkte, Produkterfahrung, Mitarbeiteranzahl, Markteintrittsstrategien, Abgrenzung des jeweiligen Marktes Kennzahlen: Gesamtumsatz, Umsatz nach Produkten, durchschnittlicher Umsatz pro Kundenauftrag, durchschnittlicher Umsatz pro Kunde, F&EAufwand, Betriebsergebnis, Jahresuberschuss/Umsatz, Marktanteile Analyse der Wettbewerbsposition bzw. Marktstellung: Quantitative Kriterien (relative Marktanteile): Umsatz, Anzahl verkaufter Produkte, Kundenanzahl Qualitative Kriterien: Darstellung der WettbewerbsstSrken bezuglich Technologiefunktionalitat, Einzelprodukten (Spezialisierung), Produktentwicklung, Kooperationen bzgl. F&E, Preispolitik, geographischer Prasenz, Vertrieb, Kundenfokus Ableitung von Rankinglisten bzgl. des Marktanteils: Heimatmarkt, Europa, USA, Asien, global Veranderung der Marktanteile im Zeitablauf, z.T. nach Produktbereichen Markteintrittsbarrieren korrespondieren mit den quantitativen und qualitativen Kriterien zur Wettbewerbsposition bzw. Marktstellung und werden insbesondere gegenOber marktbeherrschenden Unternehmen hervorgehoben Sonstiges: Externe Studien (Angaben von Wettbewerbern, Informationen von Verbanden und Interessensvertretungen, Marktforschungsinstitute)

Tabelle 15:

Ergebnisse zum Wettbewerb

Die Darstellung und Analyse der Wettbewerbssituation befasst sich ausschiiefllich mit den Absatzmarkten. In den Researchberichten wird in der Regel zunachst die

147 allgemeine Wettbewerbssituation beschrieben, d.h., inwieweit nur auf einer Wertschopfungsstufe (horizontal) oder auf alien Wertschopfungsstufen (vertikal) Wettbewerb stattfindet, ob der Markt von einzelnen oder von vielen Anbietern dominiert wird (Monopol, Oligopol, Polypol) und ob zwischen den Wettbewerbern ein Konzentrations- Oder Entflechtungsprozess festzustellen ist. Bel den beispielhaft analysierten Unternehmen findet der Wettbewerb auf alien Wertschopfungsstufen statt, der von einigen wenigen Anbietern dominiert wird, obgleich von einigen Nischenmarkten ein Entwicklungspotential fur kleinere Anbieter erwartet wird. Die Abgrenzung dieser Nischenmarkte korrespondiert mit den fur die Unternehmen relevanten Markten, die im Rahmen der Branchen- und Marktanalyse identifiziert worden sind. Innerhalb einzelner Nischenmarkte wird ein fragmentierter Wettbewerb festgestellt, der einem Konzentrationsprozess unterliegt. Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Marktund Wettbewerbssituation wird fur die betrachteten Unternehmen ein Wachstumspotential en/vartet, welches einer eingehenden Wettbewerbsanalyse unterzogen wird. Bezogen auf die relevanten Nischenmarkte werden die wichtigsten Wettbewerber, insbesondere marktbeherrschende Anbieter, namentlich genannt und detailliert beschrieben. Die Beschreibung erstreckt sich dabei sowohl auf deren Unternehmensstruktur, Unternehmensalter, geographische Prasenz, Strategie, Kerngeschaftsfelder, Produktpreise, Technologiefunktionalitat, Kundenfokus, Kundenanzahl und Mitarbeiteranzahl als auch auf konkrete Kennzahlen zum Gesamtumsatz, Umsatz nach GeschSftsbereichen, durchschnittlichen Umsatz pro Kundenauftrag, durchschnittlichen Umsatz pro Kunde, F&E-Aufwand und Betriebsergebnis. Die anschlieflende

Analyse

der Wettbewerbsposition

bzw.

Marktstellung

der

einzelnen Unternehmen orientiert sich an quantitativen und qualitativen Kriterien. Quantitative Kriterien zur Bestimmung des absoluten und/oder relativen Marktanteils werden u.a. anhand des Umsatzes, der Anzahl verkaufter Produkte und der Kundenanzahl bestimmt. Diese Informationen werden in Form von Rankinglisten oder Graphiken dargestellt und analysiert, zum Tell nach Landern oder Produktbereichen. Die qualitativen Kriterien beziehen sich z.B. auf die Technologiefunktionalitat, die Spezialisierung auf bestimmte Kundengruppen und Branchen und die regionale Prasenz. Zur Veranschaulichung der qualitativen Kriterien werden in den Researchberichten graphische Ubersichten (z.B. Technologieportfolio) dargestellt, welche die Wettbewerbsstarken der einzelnen Marktteilnehmer gegeneinander abgrenzen. Auf Basis der quantitativen und qualitativen Kriterien werden die untersuchten Unter-

148 nehmen als ..MarktfOhrer" bzw. „fuhrendes Untemehmen" in ihrem jeweiligen Teilmarkt qualifiziert. Die quantitativen und qualitativen Kriterien werden dabei auch als JVIarkteintrittsbarrieren gegenuber anderen Anbietern dargestellt. Hervorgehoben wird das Angebot kundenspezifischer Produkte, bei denen das einzelne Untemehmen im jeweiligen Teilmarkt Qber einen signifikanten Marktanteil verfugt. Der Beobachtungszeitraum erstreckt sich in Abhangigkeit von den zur VerfQgung stehenden extemen Wettbewerbsstudien und Informationen einzelner Wettbewerber auf sehr unterschiedliche ZeitrSume von bis zu zehn zurUckliegenden Jahren (Durchschnitt drei historische Jahre). Die Analysen der Wettbewerber verweisen auf Verfiffentlichungen der Wettbewerber und externe Studien. Externe Studlen stellen in der Regel Informationen zu Rankingtabellen bereit. Diese extemen Quellen werden gegebenenfalls um weltere Informationen erganzt bzw. aktualisiert, die auf Angaben bzw. Erwartungen des Unternehmens bzw. der Analysten beruhen. Bei den Ergebnissen zur Wettbewerbssituation uberrascht im Vergleich zu den allgemeinen Eriauterungen in Kapitel 4.2.2.2.2.2 die Detailtiefe zu den einzelnen Wettbewerbern.^^® Die explizite und ausfuhrliche Analyse der Wettbewerber dient dabei zur Beschreibung und Ableitung der Wettbewerbsposition. Alle

Untemehmen

bezeichnen/posltionieren sich als Marktfuhrer bzw. marktfuhrende Untemehmen, was vor dem Hintergrund insbesondere qualitativer Indikatoren kritisch zu beurteilen ist. Die Einschatzung, Marktfuhrer zu sein, hangt dabei von der Abgrenzung des zugrunde liegenden Marktes ab. Im Prinzip kann jedes Untemehmen Marktfuhrer sein, wenn der relevante Markt hinreichend klein definiert wird. Insbesondere bei mittelstandischen Untemehmen kann es sich bei den relevanten Markten um kleine, stark fragmentierte und schlecht uberschaubare Nischenmarkte handeln. Fur eine realistische und glaubhafte Einschatzung der Marktstellung kommt der Abgrenzung des relevanten Marktes deshalb eine besondere Bedeutung zu.^®^ Die zusatzliche Berucksichtigung extemer Marktstudien und Rankingtabellen unterstutzt dabei nicht nur die Glaubwurdigkeit der Selbsteinschatzung als Marktfuhrer oder marktfuhrendes

®^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.2, S. 109. ^^^ Vgl. ahnlich BSumer / Michalkiewicz, 1999, S. 96.

149 Unternehmen, sondern dokumentiert auch die allgemeine Wahrnehmung des Unternehmens im Markt.*^® 4.2.2.4.2.3 Strategie Tabelle 16 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Analyse der Strategie zusammen. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum IVIerkmal

Tabelle 16:

Strategie Produkte, Ertragslage, Wettbewerb, Branche/Markt, Kunden, Liquiditdtslage, Mittelverwendung, Finanz- und VermOgenslage, Unternehmenshistorie, Management Von bis zu 3 historischen Jahren bis zu 4 Planjahren (durchsciinittlich 1 historisches Jahr und 3 Pianjaiire) Strategische Ziele bzw. Absichten: Erhalt und Ausbau einer ..fOhrenden Marktstellung" als Obergeordnetes Ziel Quantitative Ziele: Marktanteil, Umsatz, Anzahl verkaufter Produkte, Kundenanzahl, Anzahl Mitarbeiter, F&E-, Vertrlebs-, Marketingkosten relativ zum Umsatz Qualitative Ziele: Technologie-Attraktivitat, Produkterweiterung, geographische Prasenz, Kundenfokus Strategieanalyse: SWOT-Analyse (StSrken, Schwachen, Chancen, Risiken) bzgl. finanzieller und nicht-finanzieller Kriterien Operative Strategien bzw. MaBnahmen: DurchfQhrung von Akqulsitionen Eingehen von Beteiligungen - Abschluss von Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaften Internationalisierung durch GrUndung von Niederlassungen und Tochtergesellschaften - Weiterentwlcklung bestehender Produkte und Entwicklung neuer Produkte u.a. entlang der Wertschdpfungskette - Ausbau von Marketing und Vertrieb Geplanter Eintritt in neue Marktsegmente RQokfOhrung von Verbindlichkeiten Image- und Publizitatseffekt, Bekanntheitsgrad durch IPO zugunsten des Produktmarketings Strateglekontrolle: Beschreibung erfolgreich durchgefUhrter Akqulsitionen bezGglich Umsatz- und Betriebsergebnisbeitrag, Kundenanzahl, Anzahl verkaufter Produkte Nennung der mit Akqulsitionen beabsichtigten Zielsetzungen Erfahrungen aus Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaften Geplante Anzahl an zukilnftigen Partnerunternehmen zur UnterstOtzung des indirekten Vertrlebs, Anforderungen an diese Partnerunternehmen Namentliche Nennung der Expansionsiander und Stand der Akqulsitionen [z.B. Unterzeichung LOI (Letter of Intent, Absichtserkldrung)] Eriauterung geplanter Produktneueinfuhrungen, z.B. graphische Darstellung als Produktpipeline bzw. Terminplan Quantiflzierung des absoluten Mittelzuflusses und damit geplanter Investitionen in die Produktentwicklung

Ergebnisse zur Strategie

' Vgl. auch FrOhlich, 2000, S. B9.

150 In den Researchberichten wird als ubergeordnetes strategisches Ziel der Erhalt bzw. Ausbau einer Juhrenden Marktstellung" genannt. Diesem Ziel werden korrespondierend mit der Analyse der Wettbewerbssituation quantitative (Umsatz, Anzahl verkaufter Produkte, Kundenanzahl) und qualitative Erfolgsziele (Technologie-Attraktivltat, Produktpalette, geographische Prasenz, Kundenorientiemng) gegenubergestellt. Im Rahmen der Strategiewahl werden konkrete Mafinahmen genannt, denen zum Teil quantitative und qualitative Erfolgsziele gegenubergestellt werden. Zu den genannten Malinahmen zahlen die Ruckfiihrung von Verbindlichkeiten, der Ausbau von Marketing und Vertrieb, die Weiterentwicklung bestehender Produkte und Entwicklung neuer Produkte, die Grundung von Niederlassungen und Tochtergesellschaften, die Durchfuhrung von Akquisitionen, das Eingehen von Beteiligungen und der Abschluss von Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaften.

Hervorgehoben

werden solche Mafinahmen, die aus dem Mittelzufluss des Borsengangs finanziert werden sollen.^^® Die Strategiewahl korrespondiert dabei mit den finanziellen Kriterien, insbesondere nnit der Ertragslage, zur Ableitung umsatz- und ertragsrelevanter Kennzahlen und zur Liquiditatslage, die im Rahmen der Kapitalflussrechnung die Ven/vendung des Mittelzuflusses verdeutlicht. Neben unmittelbaren, durch den Borsengang zu finanzierenden Mafinahmen werden in einigen Researchberichten auch mittelbare Ziele wie die Steigerung der Attraktivitat als Arbeitgeber und die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Produkte genannt. Zur Kontrolle der Unternehmensstrategie werden in der Vergangenheit erreichte quantitative und qualitative Erfolgsziele dargestellt, wobei auf eine Abweichungsanalyse (Soil- Ist-Vergleich) verzichtet wird. Hervorgehoben werden Produktentwicklungen, Grundungen von Niederlassungen

und Tochtergesellschaften

und

Akquisitionen bezuglich ihres Umsatz- und Betriebsergebnisbeitrages, generierten Kundenzuwachses und ihrer verkauften Anzahl an Produkten. Ebenfalls beschrieben werden Erfahrungen mit Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaften. Die zukunftigen Strategien werden dabei eher qualitativ umschrieben und nur eingeschrankt mit quantitativen Grolien unterlegt.

Siehe die Ergebnisse zur Mittelverwendung in Kapitel 4.2.2.4.2.4, S. 152.

151 Die anschliedende strategische Analyse basiert auf einer Starken-SchwachenBetrachtung, die in vier von acht Researchberichten explizit als SWOT-Analysen (Starken/Sciiw^chen und Ciiancen/Risiken) bezeichnet werden.^ Bewertet werden sowohl die finanziellen als auch die nicht-finanzlellen Kriterien bezuglich unternehmensexterner (z.B. Markt, Wettbewerb, Kunden) und -interner (z.B. Produkte, Finanzierung) Aspekte, die die strategischen Ziele beeinflussen. Soweit strategische Ziele quantifiziert werden, korrespondiert der Zeithorizont mit dem zur Ertragslage von bis zu drei zuruckliegenden Jahren bis zu vier Planjahren (Durchschnitt ein historisches Jahr und drei Planjahre). Der historische Ruckblick dient dabei der Analyse und Ableitung von Tendenzen, urn daraus Annahmen fur die prospektive Betrachtung abzuleiten. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die prospektiven Auswirkungen der Strategien. Korrespondierend zu Kapitel 4.2.2.2.2.3 werden in den Researchberichten die Teilaspekte Ziele, Analyse, Mafinahmen und Kontrolle angesprochen.^^ Obwohl sich die Teilaspekte der Strategie auf alle Bereiche des Unternehmens erstrecken konnen, befassen sich die Analysten Insbesondere mit den Kriterien zu den Produkten, der Ertragslage, dem Wettbewerb und der Branchen- und Marktentwicklung. Die Quantlfizierung zuktinftiger Ziele erklart sich aus der Notwendigkeit, einen indikatlven Unternehmenswert ableiten zu konnen. Auch wenn die Planungsrechnungen zur Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz und Kapltalflussrechnung explizite Planzahlen darstellen, so werden diese im Flielitext eher qualitativ umschrieben und die Unsicherheit der Erreichbarkelt betont. Zu vermuten ist, dass die Analysten im Text die Informationen der Unternehmen kommentieren, die sich vor dem Hintergrund der in den KapiteIn 4.1.2.1.1 und 4.2.1.3 beschriebenen Prospekthaftung eher verhalten zu zukunftigen Planzahlen geaufiert haben werden.^^ Die konkreten Planungsrechnungen wurden mithin die abgeleiteten quantitativen Erwartungen

der Analysten

dokumentieren.

Eine

Unterscheidung

unterschiedlicher

Quellenangaben (Emittent versus Analyst) ist aus den Researchberichten leider nicht

^^ Zur SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunieties, Threats) der strategischen Planung vgl. Houben / Lenie / Vanhoof, 2000, S. 125 f. ^' Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.3. S. 111. ^^ Siehe Kapitel 4.1.2.1.1, S. 80 und Kapitel 4.2.1.3, S. 97.

152 ersichtlich, vielmehr wird der gesamte Researchbericht ausdrucklich ais alleinige Meinung des Analysten dargestellt. Ein weiteres im Kontext mit der Strategie hervorgehobenes Krjterium ist die Unternehmenshistorie. Die Verweise zeigen dabei, dass die Unternehmensstrategie auch vor dem Hintergrund einer vorhandenen Unternehmenshistorie eine konzeptionelle Zielrichtung, einen roten Faden erkennen lassen sollte. Die Dokumentation bereits erfoigreicii erreichter strategisclier Ziele, wie z.B. Akquisitionen oder Grundungen von Toclitergesellschaften, unterstreicht dabei die Kontinuitat und Giaubwiirdigkeit der vorgestellten zukunftigen Strategie. 4.2.2.4.2.4 Mittelverwendung Tabelle 17 fasst die wesentliclien Ergebnisse zur Analyse der IVIittelverwendung zusammen. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum

Merkmale

Tabelle 17:

Mittelverwendung Produkte, Ertragslage, Strategie, Branche/Markt, Liquiditatslage, Finanzund Vermogenslage, Emissionsvolumen Korrespondierend zur Strategie von bis zu 3 historischen Jahren bis zu 4 Planjahren (durchschnittlich 1 historisches Jahr und 3 Planjahre), wobei die Kurzfristigkeit hervorgehoben wird Ziele: Akquisitionen Internationalisierung Produktentwicklung Hinzugewinnung von Marktanteilen Marketing Vertrieb Ruckzahlung von Verbindlichkeiten Bekanntheitsgrad (Imageeffekt) zur Unterstutzung von Marketingaktionen und zur Steigerung der Attraktivitat als Arbeitgeber Quantifizierung des Emissionserioses Relativer Anteil des Emissionserioses fur das Unternehmen Annahmen zum absoluten Mittelzufluss Relative Verteilung des Mittelzuflusses auf einzelne Investitionsziele Auswirkungen des IPOs auf LiquiditSt (Cashflow) und Eigenkapital (EKQuote)

Ergebnisse zur Mittelverwendung

In den Researchberichten werden die Ziele zur Ven/vendung des Emissionserioses explizit hervorgehoben. Vergleicht man diese mit den in der Literatur genannten, so lassen sich die meisten dem der Wachstumsfinanzierung zuordnen.^®^ Dazu gehoren die Durchfuhrung von Akquisitionen, die Produktentwicklung, die Hinzugewinnung

'SieheKapitel 2.1.2.1, S. 14.

153 von Marktanteilen und der Ausbau von Marketing und Vertrieb. Weitere Ziele sind die Ruckzaliiung von Verbindliciikeiten und die Steigerung des Bekanntlieitsgrades. Erganzend zur Darstellung der Mittelverwendung wird dieser auch die relative Aufteilung

des

Emissionserl5ses

gegenQbergestellt,

d.h.,

wie

viel

Prozent

des

Emissionserl5ses fur welches Emissionsziel des Unternehmens vorgesehen sind. Der betrachtete Zeitraum bezuglich der Mittelverwendung korrespondiert mit dem zur Strategie, wobei im Rahmen der Mittelverwendung in der Regel hervorgehoben wird, dass es sich urn Ziele handelt, die kurzfristig umgesetzt werden sollen. Im Gegensatz zu den in Kapitel 4.2.2.2.2.4 genannten Zielen eines Borsengangs werden in den Researchberichten nur unternehmens- und keine eigentumerbezogenen Ziele diskutiert.^ Die Aufzahlung der unternehmensbezogenen Ziele ist mit denen in Abbildung 4 genannten relativ identisch.^®® Nicht genannt werden die MSglichkelt, neue kapitalmarkttaugliche

Finanzierungsinstrumente

emittieren zu

konnen, und die vereinfachte Mitarbeiterbeteiligung. Zu den eigentumerbezogenen Zielen

hatten

die

Absicherung

der

Unternehmensnachfolge

und

die

Vermogensdiversifikation seitens der Altaktionare wie auch der Exit z.B. einer Venture-Capital-Gesellschaftgehort. Auch wenn die eigentumerbezogenen Ziele nicht explizit angesprochen werden, so wird zumlndest das dahinter stehende Informationsinteresse neuer Aktionare durch Angaben zur Verteilung des Emissionsvolumens beantwortet. Potenzielle Investoren billigen Altaktionaren, insbesondere Venture-Capital-Gesellschaften, die Abgabe von eigenen Aktien zur Vermogensdiversifikation bzw. als Exit zu, sind jedoch primar an der Investltion ihres Kapitals in unternehmensbezogene Ziele interessiert, was bei einem entsprechend hohen Anteil am Emissionsvolumen zu vermuten ist. Letzteres lasst sich insofern aus der unmittelbaren Gegenuberstellung des Mittelzuflusses fur das Unternehmen und die Altgesellschafter ableiten.

^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.4, S. 112. ^^^SieheAbbildung4, S. 14.

154 4.2.2.4.2.5 Management Tabelle 18 fasst die wesentlichen Ergebnisse zum Management zusammen. 1 Kriterium Management Im Kontext genannte Strategie, Eigentumerstruktur, Emissionsvolumen, Mitarbeiterbeteiligung Kriterien Zeitraum Jahr des IPOs und Lebensl3ufe des Managements PersOnliche Angaben zu einzelnen Vorstandsmitgliedem: Merkmale Lebensalter Ausbildung, z.B. Studiensabschlusse Beruflicher Werdegang mit Beschreibung der Tatigkeit, Position und Dauer Betonung der Management- und Branchenerfahrung Dauer der Unternehmenszugeh5rigkeit und Verantwortungsbereiche Teilnahme an der bisherigen Unternehmensentwicklung, insbesondere Erfahrungen mit Akquisitionen, Fusionen und Grundungen von Tochtergesellschaften Organisationsstruktur des Managements: Organigramm zur Abgrenzung der Verantwortungsbereiche des Vorstandes Teilweise Einbeziehung der zweiten Managementebene (Bereichsleiterebene) Betonung des Verbleibs von Managements und Grunder im Unternehmen Aktionarsstruktur: Aktienbesitz vor und nach dem Borsengang Verpflichtung, eigene Aktien nach dem Borsengang nicht zu verkaufen (Lockup-Periode)

Tabelle 18:

Ergebnisse zum Management

In alien Researchberichten werden die Lebenslaufe der Vorstandsnnitglieder beschrieben. Wesentliche Inhalte sind das Lebensalter, die akademische Ausbildung und der berufliche Werdegang mit Beschreibung der jeweiligen Tatigkeit, Position und Dauer. Hen/orgehoben werden Erfahmngen mit Akquisitionen, Fusionen und Grundungen von Tochtergesellschaften, aus denen Ruckschlusse auf die Umsetzbarkeit der zukunftig geplanten Expansionsstrategien gezogen werden. Erganzt werden die Lebenslaufe durch Organigramme, welche die Veranwortungsbereiche einzelner Vorstandsmitglieder voneinander abgrenzen. In einem Researchbericht wird neben dem Vorstand auch die zweite Managementebene (Bereichsleiterebene) mit einbezogen. Soweit es sich bei den Vorstandsmitgliedem auch um Gesellschafter handelt, wird deren Aktienbesitz bzw. werden die Veranderungen der Aktionarsstruktur vor und nach der Borsennotierung dargestellt. Dabei wird auf Ihre Verpfllchtungserklarung (Lockup-Verpflichtung), wahrend eines bestimmten Zeltraums nach dem Borsengang kelne Aktien zu verkaufen, ausdrucklich eingegangen. Wahrend drei der sechs

|

155 untersuchten Unternehmen, die eine Notierung im Neuen Markt anstrebten, der sechsmonatigen Mindestanforderung entsprechen, uberbieten die restlichen drei Unternehmen diese Forderung durch freiwillige Verpflichtungen urn weitere sechs IVIonate (insgesamt zwOlf Monate). Auch die anderen beiden Unternehmen, die eine Notierung im Amtlichen Handel (Prime Standard) anstrebten, haben sich zu einer freiwilligen Lockup-Periode verpflichtet, obwohl in diesen Segmenten eine solche Verpflichtung nicht gefordert wird. In einem Researchbericht wird explizlt betont, dass das Management auch nach dem Borsengang in der

Unternehmensfuhrung

verbleibt. Der Betrachtungszeitraum orientiert sich an den Lebenslaufen des Managements bis zum Jahr des Borsengangs. Im Vergleich zu den in Kapitel 4.2.2.2.2.5 genannten Anforderungen wird in den Researchberichten

nur die fachliche Qualifikation beschrieben. Nicht eriautert

werden die personlichen Qualifikationen, wobel deren mangelnde Mess- und Kommunizlerbarkeit auch in der Literatur betont wurde.^ Sie zelgt sich letztlich im direkten und personlichen Kontakt mit den jeweiligen Vertretern der Financial Community, In diesem Fall den Analysten. Analysten legen deswegen besonderen Wert auf den personlichen Kontakt mit der Unternehmensleitung, um sich von deren Bereltschaft zu uberzeugen, die im Investment Case kommunizierten Ziele entschlossen und erfolgreich umzusetzen.®®^ Im Vorfeld eines Borsengangs wird daher empfohlen, auf die Erfahrungen der Berater,

insbesondere der Kommunika-

tionsfachleute, zuruckzugreifen, um mangelnde Kommunlkationsfahigkeiten auszugleichen.^® Die Kontinuitat des Managements wird durch die Darstellung der Lebenslaufe dahingehend beschrieben, dass seine Unternehmenszugehorlgkeit und damit -loyalitat besonders betont wird. Durch die namentliche Nennung der Altaktionare und deren Aktienbesitzes vor und nach dem Borsengang, zu denen auch Mitglieder des Managements gehoren, wird deren Vertrauen in die Unternehmensentwicklung betont. Die Abgabe nur weniger Aktien seitens der Altaktionare im Rahmen des

^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.5, S. 112. ^^ Vgl. Achleitner/ Bassen / Pietzsch, 2001b, 169,173; Behrenwaldt, 2001, S. 427. ^ Vgl. Kirchhoff, 2001, S. 803 f.; Schlick, 1997, S. 102 f.

156 Borsengangs bestatigt zusatzlich deren Vertrauen in das Untemehmen.^® Die Hervorhebung der Verpflichtungserkiarungen (Lockup-Periode) konnen als zusatzlicher Vertrauensbeweis in das Unternehmen und die Kontinuitat der Unterneiimensfuhrung gewertet werden. Insbesondere die freiwilligen sechsmonatigen Verpflichtungserkiarungen der Unternehmen des Prime Standard bestStigen die Akzeptanz und Signalwirkung dieser MaBnahme, obwohl sie mit der Beendigung des Neuen Marktes eingestellt worden ist.®^° 4.2.2.4.2.6 Eigentumerstruktur Tabelle 19 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Eigentumerstruktur zusammen. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 19:

Eigentumerstruktur Management, Emissionsvolumen Jahr des IPOs AktionSre (AltaktionSre zum Teil namentlich, Management zum Teil namentlich, Free Float) und deren relative und absolute Beteiligung vor und nach dem IPO mit und ohne Ausubung des Greenshoes Betonung, dass keine Aktien abgegeben werden Verpflichtung zur Einhaltung der Marktschutzklausel (Lockup-Periode) bzw. VerlSngerung um eine weitere Zeitspanne

Ergebnisse zur Eigentumerstruktur

In den Researchberichten wird die Aktionarsstruktur unmittelbar vor und nacii dem Borsengang dargestellt. Die Altaktionare werden dabei namentlich genannt, wobei es sich in der Regel um die Grunder, das Management und deren Familien handelt. Deren Beteiligungen werden sowohl absolut als auch relativ dargestellt. Aus der Gegenuberstellung, z.B. in Form einer Tabelle, wird unmittelbar ersichtlich, wie sich der Aktienbesitz verandert bzw. in welchem Umfang Aktien an neue Aktionare abgegeben werden sollen. Die in Kapitel 4.2.2.2.2.6 beschriebene Signalwirkung eines hohen Beteiligungsanteils, als Zeichen des Vertrauens in die zukunftlge Unternehmensentwicklung, wird nicht nur durch die Darstellung des Aktienbesitzes vor und nach dem Borsengang dokumentiert.®^^ In einigen Researchberichten wird explizit betont, dass keine Aktien abgegeben werden und somit der Emissionserlos zu 100% dem Unternehmen zufliefit. Die beabsichtige Signalwirkung wird zusatzlich durch die Verpflichtung zur ^^ Siehe auch Kapitel 4.2.2.4.2.6, S. 156. ^^° Vgl. Bessler / Kurth / Thies, 2001. S. 240, 257 f.; Luther, 2000, 8. 3. ^^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.6, S. 115.

157 Einhaltung der Marktschutzklausel (Lockup-Periode) bzw. Verlangerung urn weitere Monate (z.B. von 6 auf 12 Monate) unterstrichen. 4.2.2.4.2.7 Unternehmensstruktur Tabelle 20 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Unternehmensstruktur zusammen. 1 Kriterien Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 20:

Unternehmensstruktur Produkte Jahr des IPOs Rechtliche Unternehmensstruktur: Organigramm zur rechtlichen Unternehmensstruktur: Rechtlich unselbststdndige Niederiassungen der Muttergeselischaft Rechtiich selbststSndige Tochtergesellschaften Beteiiigungsverh3ltnisse an anderen Gesellschaften Eriauterungen zur rechtlichen Unternehmensstruktur: Historische Entwicklung und strategische Absichten Neugrijndungen von Tochtergesellschaften, Akquisitionen, Desinvestitionen Organisatorische Unternehmensstruktur: - Abgrenzung und ErlSuterung der Aufgabenverteilung innerhalb des Unternehmens, z.B. anhand einer WertschOpfungskette Eriauterungen zu den einzelnen Bereichen bzgl. Umsatz- und Betriebsergebnisbeitrag, regionalem Fokus, Kundenanzahl, Mitarbeiteranzahl und Anzahl verkaufter Produkte Sonstiges: Eriauterungen zur Konsolidierung von Tochtergesellschaften im Als-obAbschluss

1

Ergebnisse zur Unternehmensstruktur

In alien Researchberichten wird die rechtliche Unternehmensstruktur durch Organigramme dargestellt. Diese zeigen neben der borsennotierten Muttergeselischaft die rechtlich unselbststandlgen Niederiassungen, die rechtlich selbststandigen Tochtergesellschaften und die Beteiligungen an anderen Gesellschaften mit Angabe der Beteiligungsverhaltnisse

inklusive

namentlicher Angabe

der

Drittanteile. Die

rechtliche Unternehmensstruktur wird anschlieflend beschrleben, indem auf deren historische Entwicklung und die dahinter stehenden strategischen Absichten eingegangen wird. Auch auf Desinvestitionen wird eingegangen, soweit einzelne Bereiche nicht mehrdem Geschaftsmodell des Unternehmens entsprachen. Die einzelnen Niederiassungen, Tochtergesellschaften und Beteiligungen werden detallliert bzgl. ihrer Funktion Im Gesamtkonzern beschrleben. Die Eriauterungen beinhalten dabei Angaben zum Umsatz- und Betriebsergebnisbeitrag, zum regionalen Fokus, zur Kundenanzahl, zur Mitarbeiteranzahl und zur Anzahl verkaufter Produkte.

158 Die Darstellung der Untemehmensstruktur bezieht sich auf das Jahr des IPOs wobei zur Eriauterung auch auf historische Entwicklungen eingegangen wird. Die ausfuhriiche Darstellung der borsennotierten Aktiengesellschaft und seiner Beteiligungen geht konform mit den in Kapitel 4.2.2.2.2.7 gennanten Anforderungen an eine transparente Untemehmensstruktur.®^^ In Verbindung mit dem Kriterium zur Eigentumerstruktur wird auch die Trennung zwischen Unternehmens- und Gesellschaftersphare deutllch. Bei den hier beisplelhaft untersuchten Untemehmen ist diese Trennung offensichtlich, d.h., die AltaktionSre sind ausschliefilich an der borsennotierten Muttergesellschaft beteiligt. 4.2.2.4.2.8 Unternehmenshistorie Tabelle 21 fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Unternehmenshistorie zusammen. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 21:

Unternehmenshistorie Produi
Ergebnisse zur Unternehmenshistorie

Das Alter der hier beisplelhaft analyslerten Unternehmen llegt zwischen 4 und 30 Jahren und damit uber den Anforderungen der Borsensegmente von drei Jahren. In alien Researchberichten wird die Unternehmenshistorie stichwortartig in einem Lebenslaufstil mit Angabe der Jahreszahl beschrieben. Hervorgehoben werden folgende Stationen im Unternehmenslebenszyklus: Grundungsjahr, Name des ' Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.7, S. 116.

159 Grunders, Untemehmenssitz, Rechtsformwechsel, Veranderung der Gesellschafterstruktur, Veranderungen der Geschaftsbereiche bzw. Produktgruppen, Grundungen von NJederlassungen und Tochtergesellschaften, Akquisitionen und Beteiligungen, Vertriebs- und Technologiepartnerschaften,

Auszeichnungen

und

Preise fur

besondere Leistungen. Die Ergebnisse bestatigen die in Kapitel 4.2.2.2.2.8 genannte Moglichkeit, durch die Darstellung der Historie die Kontinuitat der Unternehmensentwicklung aufzuzeigen.®^^ Durch die Aufzahlung wesentlicher Stationen wird versucht, eine konsequente und zieigericiitete Entwicklung, die auf die zukunftige Strategie verweist, zu dokumentjeren. Die Hervorhebung besonderer Ereignisse bestatigt dabei bereits in der Vergangenheit erfolgreich erreichte Meilensteine. Hierzu zahlen nicht nur die in der Literatur genannten Stationen, die dem Unternehmen Reputation und Seriosit^t verleihen, wie z.B. der Abschluss von Kooperationen mit nameniiaften Partnern und Verleihung von Preisen, sondern auch die Durchfuhrung von Rechtsfonnwechseln, der erfolgreiche Abschluss von Akquisitionen und die Erreichung von quantitativen Wachstumszielen z.B. bzgl. des Unnsatzes. Die im Kontext vorgenommenen Verweise auf die Strategie unterstreichen dabei die nahtlose Fortfuhrung bisheriger Ziele und die erfolgreiche Umsetzung vergleichbarer Ziele in der Vergangenheit.®^"* 4.2.2.4.2.9 Produkte Tabelle 22 fasst die wesentlichen Ergebnisse zu den Produkten zusammen. Kriterium Produkte Im Kontext genannte Ertragsiage, Strategie, Wettbewerb, Branche/Markt, Kunden, Liquiditatslage, Kriterien Mittelverwendung, Unternehmenshistorie, Unternehmensstruktur Zeitraum Produktbereiche in AbiiSnglgkeit von deren Ertragsiage, Historie und geplanter Weiter- und Neuentwicklung Merkmale Abgrenzung und Eriauterung der Produktbereiche (Segmentierung): Anwendungsbereiche, Abdeckung der Wertscli6pfungskette, Funktionalitat, Ertragsiage Angaben zur Diversifikation der Produktbereiche, die z.T. weiter untergliedert werden nach Regionen, der KundengroBe und der Branchenzugehdrigkeit derKunden: Absolute Kennzahlen: Umsatz, EBITA, Betriebsergebnis, Kundenanzahl, Anzahl Mitarbeiter, Anzahl verkaufter Produkte, aktueller Auftragsbestand im Vergleich zum Vorjahr Verhaitniskennzahlen: Rohertrag/Umsatz, EBIT/Umsatz

®^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.8, S. 117. ®^^ Siehe Kapitel 4.2.2.4.2.3, S. 149.

160 Fortsetzung Produkte Merkmale

Tabelle 22:

Detaillierte Angaben zu Kunden und Kundenauftrdgen: Ausgestaltung von KundenvertrSgen: Fristigkeit, Preise, durchschnittliche Volumina (Umsatz) Eriduterungen zum Ablauf beispielhafter Kundenauftrdge Kundennutzen und Wettbewerbsvorteile Kundenfluktuation Liste mit Referenzkunden Kunden mit einem Umsatzanteil grQRer 10% Entwicklungsstand und -potential der Produkte: AbhSlngigkeJt von makro- und mikroGkonomischen Faktoren Beschreibung sowohl der Branchen- und Marktsituation als auch der Wettbewerbssituation, Nennung der unmittelbaren Wettbewerber Darstellung des Produktiebenszyklus Terminplan (Pipeline) zur Welter- und Neuentwicklung von Produkten Eriauterung der Produktpipeline und ihres Umsatzpotentials Beschreibung der Produktentwicklung: Pionier- versus Imitationsstrategie Eigen- versus Fremdentwicklung (z.B. Forschungskooperationen) Produkte mit den grOflten Wachstumsraten Geplante Produkteinfuhrungen im In- und Ausland Auszeichnungen Wettbewerbsvorteile als Markteintrittsbarrieren Kennzahlen: F&E-Kosten (absolut und relativ zum Umsatz) Durchschnittlicher Entwicklungsaufwand: Zeit und Arbeitsaufwand bzgl. F&E, Technik, Vertrieb, Verwaltung Eriauterung von F&E-Partnerschaften und der Reputation, die diese auf das Unternehmen ausstrahlen Preisvergleiche zu anderen Wettbewerbern, Bestlmmungsfaktoren des Marktpreises Vertrlebsstruktur: Direkter versus indirekter Vertrieb Geographische Abdeckung des Vertriebsnetzes Anzahl und Erfahrung der Vertriebsmitarbeiter Bezahlung der Vertriebsmitarbeiter Vereinbarungen/Anforderungen mit/an Vertriebspartnerschaften Mitarbeiter: Mitarbeiteranzahl am Ende des laufenden Geschdftsjahres, aufgeteilt nach: Produkten, Produktion, Vertrieb, Verwaltung, F&E, Niederlassungen, Ausbildung (Studium) Entwicklung der Mitarbeiteranzahl (historisch und Erwartungen fur die nSchsten Jahre) Verfugbarkeit von qualifiziertem Personal Mitarbeiterfluktuation Angaben zur Mitarbeitergewinnung Angaben zur Mitarbeiterschulung Mitarbeiterproduktivitat (historisch und Erwartungen fur die nSchsten Jahre): Umsatz/Mitarbeiter, EBIT/Mitarbeiter Personalkosten und Personalkostenquote (historisch und Erwartungen fur die ngichsten Jahre) Sonstiges: Giossar mit Eriauterungen von Fachbegriffen zu einzelnen Produkten

Ergebnisse zu den Produkten

Bin Oberbljck uber die Produktbereiche wird in den Researchberichten zunachst durch eine kurze Beschreibung ihrer Funktionalitat, Anwendungsbereiciie und Synergien dargesteiit.

161 Die Bedeutung einzelner Produktberelche wird durch die Zuordnung und Eriautemng ausgewShJter Kennzahlen dargestellt. Letztere beziehen sich auf den Umsatz, das Betriebsergebnis, die Rohertragsrentabiiitdt, die Kundenanzahi, die Anzahl verkaufter Produkte und den Auftragsbestand. ErgSnzend zu den Produktbereichen wird aucii die Bedeutung und Abhangigkeit von bestimmten Regionen, Kundensegmenten und der BranchenzugehGrigkeit der Kunden dargestellt. Hervorgehoben wird, inwieweit zukunftig Veranderungen zwischen den Produktbereichen enA^artet werden und In welchem Ausmafi sich diese auf die genannten Kennzahlen auswirken. Die Veranderungen beruhen dabei sowohl auf externen Einflussen wie z.B. der Marktund Wettbewerbssituation als auch auf internen strategischen Entscheidungen des Unternehmens. Aus der Diskusslon dieser Kennzahlen werden Ruckschlusse auf die aktuelle und zukunftige Diversiflkation des Produktportfolios und das damit verbundene Risiko des Unternehmens gezogen. Die Beschreibung der Produkte wird erganzt durch detaillierte Informationen zu den Kunden. EriSutert wird die Ausgestaltung der Kundenvertrage (Fristigkeit, Preise), der durchschnittliche Umsatz pro Kundenauftrag und die Kundenfluktuation. In alien Researchberichten wird zusatzlich eine Liste mit Referenzkunden angegeben. Aus dieser Liste werden zum Tell ausgewShlte Kunden herausgegriffen und die Durchfuhrung eines Auftrages beschrieben. In vier Researchberichten wird explizit erwahnt, dass der Umsatzanteil einzelner Kunden unter 10% des gesamten Umsatzes liegt, was wiederum Ruckschlusse auf die Diversiflkation des Produktportfolios zulasst. Neben der Beschreibung der Produktpalette wird der Weiterentwicklung bestehender und der Entwicklung neuer Produkte eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Letzteres korrespondiert mit den Ergebnissen zur Branchen- und Marktentwicklung und der Wettbewerbssituation. Von Interesse ist, inwieweit die Produkte auf wachstumsstarke Markte fokussiert sind, ob Substitutionsprodukte der Wettbewerber vorliegen und ob mit dem Eintritt von Wettbewerbern zu rechnen ist (Markteintrittsbarrieren). Die Entwicklung bestehender und neuer Produkte wird ausfuhrlich eriautert. Dabei wird unterschieden, ob es sich um eigene Entwicklungen oder urn Entwicklungen in Zusammenarbeit

mit Kooperationspartnern

und/oder Kunden

handelt.

Erganzt

werden diese Informationen durch Angaben zu den F&E-Kosten und der Anzahl der

162 F&E-Mitarbeiter.

Informationen zum Zeitpunkt der bereits durchgefuhrten bzw.

geplanten Produkteinfuhrungen und den oben genannten Kennzahlen zum bereits erreichten bzw. erwarteten Beitrag bezuglich Umsatz, Betriebsergebnis, Rohertragsrentabilitat, Kundenanzahl, Anzahl verkaufter Produkte und Auftragsbestand ermoglichen Ruckschlusse auf den Erfolg der Produktentwicklungen. Betont wird, inwieweit bestimmte

Produktentwicklungen

mit Auszelchnungen

oder

Preisen

versehen

worden sind. Eng verbunden mit der Beschreibung der Produktbereiche ist die Darstellung der Vertriebsstruktur. Der Vertrieb wird dahingehend beschrleben, inwieweit dieser direkt durcli das Unternehmen oder indirekt uber Vertriebspartnerschaften organisiert ist. Die Eriauterungen entlialten Angaben zur Anzahl der Vertriebsmitarbeiter, zur Bezahlung der Vertriebsmitarbeiter und zu den Vereinbarungen mit den Vertriebspartnern. Ebenfalls in Verbindung mit den Produkten werden auch Informationen zu den Mitarbeitern diskutiert. Von Interesse sind hierbei die Entwicklung der MItarbeiteranzahl, die Verfijgbarkeit qualifizierten Personals, die Mitarbeiterfluktuation und Mafinahmen zur Mitarbeitergewinnung. Betont wird dabei, dass man sich durch den Borsengang eine hohere Attraktivitat als Arbeitgeber versprlcht. Ein Researchbericht enthalt zusatzlich ein Glossar, in dem wesentliche Fachbegriffe eriautert werden. Der Umfang und die Detailtiefe der Produktbeschreibung gehen uber die eher allgemeinen Beschreibungen in Kapitel 4.2.2.2.2.9 hinaus.^^^ Insbesondere die Informationen zur Vertriebsstruktur sind in der Literatur nicht angesprochen worden. Im Rahmen der Produktentwicklung erscheint die Analyse der Vertriebsstruktur insbesondere fur kleine und junge Unternehmen sinnvoll, da diese durch fehlende Vertriebsressourcen in ihrer expansiven Entwicklung und Vertriebsstrategie gehemmt werden konnen. Die Ressourcenrestriktionen konnen die Unternehmen uber Kooperationen z.B. uber Vertriebspartnerschaften umgehen. Der Abschluss von Vertrlebskooperationen, wenn moglich mit namhaften Partnern, wird dabei als Indiz fur die

^^^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.9, S. 118.

163 expansive Strategie und die Reputation, die dem Untemeiimen von diesen Partnern fur die Qualitat der Produkte entgegengebracht wird, positiv gewertet.^^® Im Vergleicii zur Analyse der Markt- und Branchensituation gilt das Interesse uberwiegend dem Absatzmarkt, d.h. dem Entwicklungspotential der Produkte bezogen auf deren Ertragslage. Der Beschaffungsmarkt wird in seiner Bedeutung vergleichsweise gering eingestuft und nur bezuglich der Rekrutierung von Mitarbeitern analysiert. Bei den hier beispielhaft untersuchten Unternehmen aus der Softwarebranche, die sehr beratungsintensiv sind, wurde ein Personalengpass, insbesondere an qualifizierten Mitarbeitern, Zweifel an der Umsetzung der geplanten Strategie aufkommen lassen. Die bereits bei den anderen Kriterien festgestellte Bedeutung der zukunftigen Entwicklung der Ertragskraft erklart die umfangreiche Analyse bestehender und insbesondere neuer Produkte. Die Nachhaltigkeit des Produktabsatzes stellt letztlich die Grundlage der kijnftigen Unternehmensentwicklung und -planung dar. Von der Analyse der Produkte, z.B. im Produktiebenszyklus, und deren Positionierung zum Wettbewerb wird eine fundierte Abschatzung der Erfolgsausichten eines Unternehmens en/vartet.^^^ In diesem Zusammenhang ist die Betonung der F&E-Kooperationen insbesondere fur mittelstandische Unternehmen hervorzuheben, da es ihnen dadurch ermoglicht wird, schneller auf kurzer werdende Markt- bzw. Produktzyklen zu reagieren und damit den Erhalt ihrer Wettbewerbsfahigkeit zu sichern.®^® Derartige Kooperationen enA/eisen sich immer dann als sinnvoH, wenn sie die Ertragskraft durch Kapazitatserweiterung und/oder Kostenreduktion steigern kSnnen. Ein weiterer Vorteil von Kooperationsvertragen ist die mit dem Bekanntheltsgrad des Kooperationspartners steigende Reputation des Unternehmens.^^® Die detaillierte Betrachtung der Kooperatlonsvereinbarungen kann auch Risiken aufzeigen, dass z.B. Vereinbarungen mit einer zu grolien Abhangigkeit den Verlust der technologischen Unabhangigkeit bedeuten konnen.^°

^^® Vgl. Zentes / Swoboda, 1999, S. 60; Shnlich Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 140. ^^''Vgl. ahnlich Brandt, 2000, S. 126; Schmeisser / Jahn, 1999, S. 48; Hitschler, 1993, S. 20, 27. ^^® Zu Kooperationen und strategischen Allianzen von Wachstumsunternehmen vgl. auch Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 140-142. ^^® Vgl. Otterbach, 2000, S. BIO. ^° Vgl. Pfirrmann / Homschlld, 1999, S. 41, 47, 67 f.; Marr, 1993, S. 1804; Hitschler, 1993, S. 18.

164 4.2.2.4.2.10

Emissionsvolumen

Tabelle 23 fasst die wesentlichen Ergebnisse zum Emissionsvolumen zusammen. 1 Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 23:

Emissionsvolumen Ertragslage, iVIittelverwendung, Management, EigentQmerstruktur Jahr des IPOs Anzahl Aktien: Emissionsvolumen gesamt und Aufteilung nach KapitalerhOhung und Abgabe AltaktionSre Schatzung des absoluten Emissionsvolumens Relative HOhe des Streubesitzes Durchschnittliches Unternehmen Streubesitz Emissionsvolumen Untemehmen A: Euro 15Mio. 28% Euro 35 Mio. Untemehmen B: 23% Unternehmen C: Euro 40 Mio. 29% Euro 50 Mio. Untemehmen D: 32% Euro 50 Mio. Untemehmen E: 25% Untemehmen F: Euro 110 Mio. 38% Untemehmen G: Euro 115 Mio. 42% Untemehmen H: Euro 360 Mio. 53%

1

Ergebnisse zum Emissionsvolumen

In den Bericiiten wird die Aktienanzahl des Emissionsvolumens und dessen Zusammensetzung aus Kapitalerhohung und Abgabe durch die AltaktionSre dargestellt. Das monetare Volumen wird nur als Bandbrelte angegeben, die auf SchStzungen des zukunftigen Untemehmenswertes beruht. Die endgultige Bestimmung obliegt der spateren Preisfeststellung zum Zeitpunkt der Notierungsaufnahme und der Zeichnungsbereitschaft der Anieger. Erganzend zum Emissionsvolumen wird auch der Streubesitz angegeben, d.h. das prozentuale Verhaltnis der Aktien, die nach der B6rsennotierung von neuen Aktionaren gehalten werden. In Tabelle 23 sind die durchschnittlichen Emissionsvolumina aufgrund der Analystenschatzungen und die prozentualen Streubesitzverhaltnisse dargestellt. Vor dem Hlntergrund der eingangs beschriebenen Anforderungen der Banken und Borsen, dass eine Emission bzw. ein anschliefiender Borsenhandel erst ab einem kritischen Emissionsvolumen lohnenswert ist, liegen mit Ausnahme einer Emission die Schatzungen uber dem geforderten Emissionsvolumen von Euro 25 Mio. In keinem der Researchberichte wird jedoch auf die Hohe und Attraktivitgit des Emissionsvolumens eingegangen, noch wird die Liquiditat oder Handelbarkeit der Aktien thematisiert.^^^

' Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.10, S. 119 und Kapitel 2.1.2.2, S. 17.

165 Auch der Streubesitz liegt aufier bei einem Unternehmen uber der empfohlenen H5he von 25%. In den Researchberichten wird die H6he des Streubesitzes zwar angegeben, jedoch nicht ausdrucklich bezuglich der Bereitschaft des Managements und der AltaktionSre erlSutert, die neuen Publikumsal
Kunden

Tabelle 24 fasst die wesentllchen Ergebnisse zu den Kunden zusammen. Kriterium Im Kontext genannte Kriterien Zeitraum Merkmale

Tabelle 24:

Kunden Produkte, Ertragslage, Strategie, Wettbewerb, Branche/Markt Jahr des IPOs Struktur: Kundenstruktur bzgl. Umsatzanteil nach Branchen und Regionen (absolut und in Prozent), Anzahl Mitarbeiter, Produktanforderungen, Wettbewerbsposition (MarktfQhrer) Kundenfokus mit Angabe der Segnnentierungskriterien, z.B. Mittelstand mit 50 bis 500 Mitarbeitem pro Unterneiimen Entwicklung der Kundenanzaiil (historisch) und erwarteter Neukundenzugang p.a. fOr die nSchsten Jahre Kunden mit einem Anteil am Gesamtumsatz von grOfier 10% bzw. Betonung, dass kein Kunde uber 10% des Umsatzes bestimmt Sonstiges: Beschreibung reprSsentativer Kundenprojekte: Preis- und Abrechnungsmethode, durchschnittliche Projektvolumina, Struktur und Dauer der KundenvertrSlge Kundenloyalitat und Kundenfluktuation p.a., Weciiseiverhaiten bzgl. Produkt und Anbieter Madnahmen zur Kundenbindung Orientierung der Produktentwicklung an Kundenwunschen Liste mit Referenzkunden, allgemein und bzgl. einzelner Produkte; Betonung neu gewonnener Referenzkunden

Ergebnisse zu den Kunden

In den Researchberichten werden die Kunden -- bei den hier beispielhaft untersuchten Unternehmen handelt es sich um juristische Personen - ausfuhriich klasslfiziert bzgl. ihrer Grofle (Umsatz, Anzahl Mitarbeiter), Branchenzugehorigkeit, ihren Produktanforderungen, der Region und Wettbewerbsstellung. Daran anschliefiend • Siehe Kapitel 4.2.2.4.2.6, S. 156.

166 werden die fokussierten Zielgruppen abgegrenzt und die Entwicklung der Kundenanzahl innerhalb des jeweiligen Segments beschrieben. Sofern einzelne Kunden einen prozentuaien Anteii von uber 10% am Gesamtumsatz bestreiten, wird dieses ausdrucklich hervorgelioben bzw. ist dieser Sachverlialt nicht gegeben, so wird dieses ebenfalls betont. Erganzt werden die Angaben zur Kundenstruktur durch die Beschreibung reprasentativer Kundenprojekte, wobei Dauer, durchschnittliche Projektvolumina und Abrechnungsmethoden offen gelegt werden. In diesem Zusammenhang werden sowolil Informationen zur Kundenloyalitat und zu deren Wechselverhalten dargestellt, als aucii IVIafinahmen zur langfristigen Kundenbindung beschrieben. In den Berichten wird dariiber hinaus eine Kunden-Referenzliste angegeben, die in der Regel nur den Namen des Kunden auffuhrt, zum Teil den Schwerpunkt der abgefragten Leistungen beschreibt. Die Hinzugewinnung neuer Referenzkunden wird ausdrucklich betont. Die Analyse zur Kundenstruktur bezieht sich auf das Jahr des IPOs. Die Ergebnisse zu den Kunden gehen mit den in Kapitel 4.2.2.2.2.11 genannten Informationsinhalten konform und geben Aufschluss dariiber, inwieweit sich das Unternehmen am Markt bereits etabliert hat.^®^ Vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei urn erklarungsbedurftige Produkte bzw. Softwarelosungen handelt, erieichtert die beispielhafte Darstellung von Kundenprojekten das Verstandnis des Geschaftsmodells. Daruber hinaus vermittein Details zu den Vertragen einen Eindruck von der BestSndigkeit und der Kalkulierbarkeit einzelner Kundenbeziehungen, die wiederum Rijckschlusse auf die Soliditat der Ertragsplanung zulassen.

^^Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.11. S. 120.

167 4.2.2.4.2.12

Corporate Governance

Auf die Befolgung bzw. Nicht-Befolgung der Corporate-Govemance-Grundsatze wird in keinem der Researchberichte eingegangen.^ Die Nicht-Erw^hnung des Kodex in den Researchberichten uberrascht, insbesondere bei den Berichten, die nach dem Eriass des Kodex und der Scorecard veroffentliciit worden sind. Eine Erl
^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.12, S. 120. ^®^ Vgl. ahnlich Fischer, 2002, S. 161; Baetge / Noelle, 2001, S. 175. ^^ Vgl. ahniich Claussen / BrOcker. 2002, 8.1205. ^^ Claussen / Brocker, 2002, S. 1200.

168 4.2.2.4.2.13

Investor Relations

Tabelle 25 fasst die wesentlichen Ergebnisse zu den Investor Relations zusammen. 1 Kriterium Im Kontext anderer Kriterien genannte Merkmale Zeitraum Merkmale

Tabelle 25:

Investor Relations Unternehmensstruktur, Produkte, Strategie, Unternehmenshistorie, Eigentijmerstruktur In AbhSngigkeit von den zuvor genannten Kriterien Organisation der Investor Relations: Keine Berucksichtigung bei der ErlSuterung der Unternehmensstruktur Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensfuhrung: - Wahl des BSrsensegments: Neuer Markt, Prime Standard - Wahl der Aktiengattung: Inhaber-Stammaktien - Wertorientierte Vergutung der Mitarbeiter: - Anzahl der Mitarbeiter, die gleichzeitig AktionSre sind Eriauterung eines Mitarbeiteroptionsprogramms: Fristen, Basispreis, Kopplung an Aktienkurs im Vergleich zum jeweiligen Index Betonung, dass Mitarbeiter eine bevorrechtigte Zuteilung erhalten Betonung einer erfolgsorientierten Beteiligung fur Management und Mitarbeiter (relativ) Rentabilitatsorientierte Steuerung: ertragsorientierte operative Ziele nach Produkten, Produktbereichen und Tochtergesellschaften Unternehmenshistorie: Betonung durchgefuhrter Kooperationen, Grundung von Tochtergesellschaften, Desinvestitionen - Anteil institutioneller Investoren: keine Angaben AktionSrsstruktur: Streubesitz zwischen 22.5% und 53% (Durchschnitt 34%) Informationsfluss: Keine Angaben I

Ergebnisse zu den Investor Relations

Die Bereitschaft zu einer aktiven Investor-Relations-Arbeit wird in den Researchberichten nicht explizit beschrieben. In AnIehnung an die in Kapitel 4.2.2.2.2.13 genannten Indikatoren wird aber auf die mit einer aktiven Investor-Relations-Arbeit verbundenen Inhalte im Rahmen anderer Kriterien zum Tell eingegangen. In diesem Zusammenhang lasst sich die Umsetzung einer aktiven InvestorRelations-Arbeit aus dem Einsatz wertorientierter Malinahmen ableiten, die auch in den Researchberichten analysiert worden sind:®®® -

Fur eine Notierung im Neuen Markt haben sich sechs und im Prime Standard zwei Unternehmen entschieden. Beide Segmente stellten und stellen die hochsten Anforderungen an die Informationstransparenz und signalisieren damit die Bereitschaft der Unternehmen, sich diesen zu stellen.

' Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.13, S. 122.

169 -

Alle Untemehmen haben sich fur Inhaber-Stammaktien entschieden und bieten damit ihren AktionSren im Gegensatz zur Emission von Vorzugsaktion nicht nur Ertrags-, sondern auch Stimmrechte.

-

In den Researchberichten wird nicht nur die bevorrechtigte Zuteilung von Aktien fur Mitarbeiter und Management im Rahmen des Borsengangs betont, sondern aucii eine erfolgsorientierte Vergutung hervorgehoben, die eine am Shareholder Value ausgerichtete Unternehmensfuhrung begunstigt.

-

Eine rentabilitatsorientierte Steuerung des Unternehmens wIrd nur insoweit angesprochen, als im Rahmen der Strategie ertragsorientierte operative Ziele nach Produkten, Produktbereichen und Tochtergesellschaften diskutiert werden.

-

Bel der Darstellung der Untemehmenshistorien werden bewusst erfolgreich durchgefuhrte Kooperationen, Grundungen von Tochtergesellschaften aber auch Desinvestitionen

hervorgehoben,

die

eine

pro-aktive

Bereinigung

des

Geschaftsportfolios um wertvernichtende Bereiche dokumentieren. -

Nicht analysiert wird der Anteil institutioneller Investoren am Aktionarskreis, der zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht analysiert werden kann. Die Zusammensetzung der Aktionare wird erst wahrend der Zuteilungsphase am Tag vor der Notierungsaufnahme

festgelegt und kann vorher

nicht analysiert und als

Bestandteil einer wertorientierten Unternehmensfuhrung gewertet werden. Der Entscheidung zugunsten einer angemessenen Aktionarsstruktur, d.h. dem Verhaltnis neuer zu alten Aktionaren, wird mit einem Streubesitz zwischen 22,5% und 53% (Durchschnitt 34%) von fast alien Unternehmen entsprochen, wobei nur ein Unternehmen unter 25% liegt.^®® Nicht erwahnt wird die organisatorische Einblndung der Investor Relations in die Unternehmensstruktur noch wird dieser Bereich bei der Eriauterung der Managementstrukturen einem Vorstandsbereich zugeordnet. Zum Informationsfluss, d.h. einer ausreichenden Versorgung des Marktes mit aussagefahigen Informationen, werden ebenfalls keine Angaben getatigt. Im Vergleich zu Kapitel 4.2.2.2.2.13 ven^/undert, dass die organisatorische Einblndung bzw. Nichteinblndung der Investor Relations nicht erwahnt wurde, obgleich

' Siehe Tabelle 23, S. 164.

170 diese z.B. bei der Beschreibung der Untemehmensstruktur hatte dargestellt werden k6nnen.''° Dass die Informationsversorgung der Financial Community nicht angesprochen worden ist, venA^undert nicht, da zum BOrsengang eine Sulierst umfangreiche Berichterstattung vorllegt, insbesondere durch den obligatorischen Prospekt. Der Informationsfluss wShrend des B6rsengangs stellt insofern eine Ausnahmesituation dar, die eine Beurteilung in den Researchberichten nicht erfordert. Ebenso verhSIt es sich mit der Beziehungspflege zu den Analysten und institutionellen Investoren, die sich erst nach dem Borsengang wShrend diverser Veranstaltungen und berichtenswerter Unternehmensereignisse bew^hrt. Ansonsten zeigen die Ergebnisse, dass sich die Kriterien einer aktiven InvestorRelations-Arbeit und einer am Shareholder Value ausgerichteten Unternehmensfuhrung anhand verschiedener Kriterien darstellen lassen, obgleich deren Wirksamkeit zum Teil erst zu einem spateren Zeitpunkt offenslchtlich wird. Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses kOnnen insofern Hinweise auf aktive Investor Relations und eine wertorientierte Unternehmensfuhrung gegeben werden. 4.2.2.4.3 Bedeutung der Kriterien Die Bedeutung einzelner Kriterien bezieht sich auf deren Eriauterungsbedurftigkeit, d.h., mit welcher Intensitat widmet sich der Analyst der Analyse eines Kriteriums. Fur die Informationspolitik lassen sich daraus Erkenntnisse fur die Gewichtung und damit Aufbereitung der Inhalte ableiten. Eine ausfuhrliche Eriauterung der Produkte und eine weniger ausfuhrliche Eriauterung der Strategie bedeutet jedoch nicht zwangslaufig, dass die Strategie im Rahmen der Gesamtbeurteilung und -bewertung des Unternehmens weniger relevant ist. Die letztendliche Gewichtung im Rahmen der Unternehmensbewertung obliegt der Entscheidung des einzelnen Analysten. Als Anhaltspunkt fur die Bedeutung einzelner Kriterien wurden die Haufigkeiten ausgewertet, mit denen diese in den Researchberichten genannt werden. Untersucht wurden die Haufigkeiten der Kriteriennennungen in alien Analyseeinheiten. Daruber hinaus wurden die Haufigkeiten der Kriteriennennungen nur in den Zusammenfassungen analysiert. Dabei wird unterstellt, dass sich die Analysten in den Zu^^° Siehe Kapitel 4.2.2.2.2.13, S. 122 und Kapitel 2.6, S. 31.

171 sammenfassungen auf die fur sie wichtigsten Kriterien beschranken. In AbhSngigkeit von den Haufigkeiten ergibt sich eine Relhen- bzw. Rangfolge, d.h., den am hSufigsten genannten Kriterien sollte auch im Rahmen von Unternehmensdarstellungen eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Vor dem Hintergmnd, dass nur aciit Researchberichte beispielhaft analysiert wurden, sind die Ergebnisse nicht reprSsentativ bzw. kfinnen nur einen Trend aufzeigen. Tabelle 26 zeigt die Haufigkeiten der Kriteriennennungen insgesamt und deren Verteilung auf die einzelnen Researciiberichte. Kriterien

Gesamt

Ertragslage Liquiditdtslage Finanz- und Vermdgenslage Produkte Strategie Wettbewerb Branche/ Markt Kunden Mittelverwendung Untemehmenshistorie Management Eigentumerstmktur Untemehmensstmktur EmissionsNolumen Corporate Governance Publizitat

Tabelle 26:

99 26 17 146 83 79 76 31 23 15 12 11 11 10 0 0

Durchschnitt 12,38 3,25 2,13 18,25 10,38 9,88 9,50 3,88 2,88 1,88 1,50 1,38 1,38 1,25 0,00 0,00

A 16 3 6 17 7 12 13 5 4 3 1 1 2 1 0 0

B 16 3 0 18 27 13 18 2 2 3 3 2 1 2 0 0

Unternehmen F D E G 7 11 18 10 11 4 2 2 2 3 2 1 2 3 2 7 10 9 29 46 1 8 5 21 10 2 16 14 10 6 6 8 3 12 11 4 5 10 3 0 4 5 2 5 0 2 1 3 1 0 1 2 1 3 1 4 1 1 1 0 1 1 3 0 3 2 0 3 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

c

H 10 7 1 10 4 6 5 2 1 2 0 1 0 0 0 0

Haufigkeiten der Kriterien in alien Researchberichten

Korrespondierend zu Tabelle 26 zeigt Tabelle 27 die Haufigkeiten, mit denen einzelne Kriterien in den Zusamnnenfassungen der Researchberichte eriautert werden. Kriterien

Gesamt

Ertragslage LiquiditStslage Finanz- und Vermogenslage Produkte Strategie Wettbewerb Branche / Markt Kunden Mitteivenvendung Untemehmenshistorie Management Eigentumerstmktur Untemehmensstruktur Emissionsvolumen Corporate Governance Publizitat

Tabelle 27:

14 2 1 14 7 10 8 2 4 4 1 2 0 2 0 0

Durchschnitt 1,75 0,25 0,13 1,75 0,88 1,25 1,00 0,25 0,50 0.50 0,13 0,25 0,00 0,25 0,00 0,00

A

B 0 0 1 2 1 2 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0

1 0 0 2 1 1 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0

Unternehmen F H D E G 4 1 0 3 2 3 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 1 2 1 2 1 3 2 1 2 0 0 0 2 0 1 2 2 0 1 1 2 2 0 1 1 1 0 0 0 0 1 1 2 0 0 0 1 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

c

IHaufigkeiten der Kriterien in den Zusammenfassungen

172 In AbhSngigkeit von den H^ufigkeiten der Kriteriennennungen ergibt sich eine Reihen- bzw. Rangfolge, die in Tabelle 28 dargestellt ist. Rang 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 12. 13.

Resesirchberichte insgesamt Produ
Tabelle 28:

Rang 1. 1. 2. 3. 4. 5. 5. 6. 6. 6. 6. 7. 7.

Nur Zusammenfassungen Produkte Ertragslage Wettbewerb Branche/Markt Strategie Mittelverwendung Unternehmenshistorie Kunden LiquiditStsiage Eigentumerstruktur Emissionsvolumen Finanz- und VermOgenslage Management

Rangfolge beziigllch der Haufigkeiten genannter Kriterlen

Bei einem Vergleich der Rangfolgen in Tabelle 28 fallt auf, dass sich die ersten funf Kriterien entweder gar nicht Oder nur urn eine Position voneinander unterscheiden. Die Eriauterung der Produkte und deren Ertragslage stehen dabei im Vordergrund des Interesses, gefolgt von der Strategie, dem Wettbewerb und der Branchen- und Marktsituatlon. In den Zusammenfassungen wird die Unternehmensstruktur als einzlges Kriterium nicht angesprochen. Gestutzt wird die Bedeutung bzw. Erklarungsbedurftlgkeit der zuvor genannten Kriterien, wenn man zusatzllch die Haufigkeiten der im Kontext genannten Kriterien betrachtet. Die nachfolgende Tabelle 29 bezieht sich auf alle Analyseeinhelten und zeigt die im jewelligen Kontext einzelner Kriterien angesprochenen weiteren Kriterien, wobei sich die Reihenfolge an den Haufigkeiten insgesamt orientiert. So werden die Produkte z.B. 27-mal im Kontext mit der Ertragslage, 22-mal mit der Strategie und 19-mal im Zusammenhang mit dem Wettbewerb untersucht.

173

1 M C 0)

0

0)

0) O) CD M

Q.

•e liJ

o> S

iProdukte Ertragslage Strategie |Wettbewerb |Branche/Markt Kunden Liquiditatslage MittelvBfwendung Finanz- und Verm5genslage Untemehmenshistorie Management Eigentumerstruktur Untemehmensstruktur EmissionsN^lumen Corporate Governance Publizitat

Tabelle 29: Vor dem

27

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0)

1 x: c E

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0) E "c UJ 32

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2 1

1

1 1

8

3

3 1

1 1 2

1 3

^m

Haufigkeiten und Zusammenhange der Kriterien Hintergrund

der

Haufigkeiten

der

Kriteriennennungen

lasst sich

zusammenfassend sagen, dass bestimmte Kriterien im IVIittelpunkt des Interesses stehen und von mehreren Seiten (Kriterienkontext) untersuciit werden. Ein absciiliefiendes Urteil, welciies Kriterium mit welcher Bedeutung in den Investment Case eingeht, kann auf Basis der Analyse nicht getroffen werden. Die Gewichtung der einzelnen Kriterien und gegebenenfalls Erganzung um weitere ist letztendlich von der Erklarungsbedurftigkelt der individuellen Unternehmensaktivitaten und den zur Verfugung stehenden Informationen abhangig. Ein junges und innovatives Unternehmen wird vermutlich mehr Eriauterungen zu seinen Produkten und deren Marktpotential prasentieren, wohingegen ein traditionelles Unternehmen mit weniger erklarungsbedurftigen Produkten eher auf die historische Entwicklung und die bereits gewonnenen Marktantelle abstelien wird. Daruber hinaus wird davon ausgegangen, dass Schwachen bei einzelnen Kriterien durch Starken bei anderen Kriterien

174 ausgeglichen werden kOnnen.^®^ Demnach 1st die Beurteilung des Investment Case eines Unternehmens nur in einer gesamtheitliciien Analyse aller Kriterien mOglich. Vor dem Hintergrund der hier beispielhaft untersuchten Untemehmen ISsst sich zumindest eine Aussage zur relativen Bedeutung bzw. Erkiarungsbedurftigkeit der Kriterien treffen (siehe Abbildung 17).

Abbildung 17:

Bedeutung der Investment-Case-Kriterien

Die kreisformige Anordnung der Kriterien veranschaulicht zunachst deren Gleichwertigkeit, die erst in Abhangigkeit von unternehmensindividuellen Alleinstellungsmerkmalen des Investment Case zu einer unterschiedlichen Gewichtung fuhren. Der abnehmende Kreisring zeigt die relative Bedeutung der Investment Case Kriterien, wie sle im Rahmen der Untersuchung festgestellt worden ist.

' Vgl. ahnlich Holzinger, 2004, S. 727; Serfling / Rape / Kressin, 1999, S. 290 f.

175 Eine weitere Moglichkeit, urn eine Aussage zur Bedeutung einzelner Kriterien zu bekommen, ist die Berucksichtigung der Zielsetzung, unter der die Analysen durchgefuhrt werden.^®^ In diesem Zusammenhang fallt bei der Auswertung der Ergebnisse auf, dass die Analysten die Unternehmen bzw. die einzelnen Kriterien hauptsachlich unter dem Gesichtspunkt des Wachstumspotentials und der damit verbundenen Kapitalwachstumschancen beurteilen. Die Analyse der einzelnen Kriterien dient den Analysten

als

Grundlage

fur

ihre

Unternehmensbewertung.

Dabel

geht

die

Zielsetzung konform mit einer am Shareholder-Value-Konzept ausgerlchteten Unternehmensbetrachtung, wobei die einzelnen Kriterien anhand ihres Beitrags zur Unternehmenswertsteigerung beurteilt werden. Das bestatigt die in der Literatur vertretene Ansicht, dass der Kapitalmarkt eine wertorientlerte Unternehmensfuhrung befurwortet und entsprechende Mafinahmen honoriert.^®^ Das Unternehmenswachstum lasst sich somit, wenn nicht explizit, so doch implizit, als ubergeordnetes Kriterium identifizieren. Im Rahmen der Investor Relations sind die oben genannten Ergebnisse von Interesse, well sie die Inhalte und deren Gewlchtung im Rahmen der freiwilligen Publizitat bestimmen. Auch wenn in Abhangigkeit von der Zielgruppe und dem Kommunikationsmittel unterschiedliche Kriterien im Vordergrund stehen, so zeigen die Ergebnisse, dass die Alleinstellungsmerkmale der Produkte, der Ertragslage, der Strategie, des Wettbewerbs und der Branchen- und Marktsituation auch im Kontext mit anderen Kriterien eriautert werden sollten. Nicht selten werden Unternehmen auch nach den wichtigsten Grunden gefragt, die fur den Kauf der Aktie sprechen.^®"* In diesem Zusammenhang sollten die entsprechenden Alleinstellungsmerkmale der zuvor genannten Kriterien kurz und pragnant dargestellt werden.

^^^ Vgl. Kienast. 1977, 8 . 3 9 f. ^^^ Siehe Kapitel 2.4, S. 25. Vgl. hjerzu auch Rappaport, 1999, 8. 105.140. Simon / Ebel / Pohl. 2002, 8. 129 sprechen in diesem Zusammenhang von „Werttreibem der BGrsenbewertung." Zur Shareholder-Value-Orientierung der Analysten vgl. auch Achleitner / Bassen, 2001, S. 5; Kames, 2000, 8. 14; Gerke/Bank, 1999, 8. 15; Drill, 1995, 8. 113. ^^^ Vgl. Holzinger, 2004, 8. 735.

176 4.2.2.4.4 Fazit zur Analyse Tabelle 30 fasst noch einmal alle Kriterien zusammen mit Verwels auf die entsprechenden Einzeltabellen. Auf Basis der beispielhaft untersuchten Unternehmen stellt die Tabelle in summa eine Checkliste fur Investment-Case-Kriterien und deren Inhalte dar. Kriterien Finanzielle Kriterien Nicht-finanzielle Kriterien

Tabelle 30:

Ertragsiage LiquiditStslage Finanz- und VermOgenslage Produkte Strategie Wettbewerb Branche/Markt Kunden Mittelverwendung Unternehmenshistorie Management Eigentumerstrul
Rang 2. 7. 9. 1. 3. 4. 5. 6. 8. 10. 11. 12. 12. 13. 14. 14.

Ergebnisse (Kontext) | Zeitraum | Quelle Siehe Tabelle 11, S. 136 Siehe Tabelle 12, S. 139 SieheTabelle13, S. 141 Siehe Tabelle 22, S. 160 Siehe Tabelle 16, S. 149 Siehe Tabelle 15, S. 146 SieheTabelle14, S. 143 Siehe Tabelle 24, S. 165 SieheTabelle17, S. 152 Siehe Tabelle 21, S. 158 Siehe Tabelle 18, S. 154 SieheTabelle19, S. 156 SieheTabelle20, S. 157 Siehe Tabelle 23, S. 164 Siehe Anhang 4, S. 262 SieheTabelle25, S. 168

Merkmale

Zusammenfassung der einzelnen Kriterienkataloge'*'

Die Ergebnisse zeigen, dass die einzelnen Kriterien sehr detailliert beschrieben und analyslert werden. Negative Informationen werden nicht vorenthalten, mogliche Vorbehalte angesprochen und tatsachliche Schw^chen und Risiken genannt.^^® Die Aussagefahigkeit der Kriterien steigt dabei mit dem Umfang und der Gute der zur Verfugung stehenden Informationen. Engpassfaktor seitens der Unternehmen wird der damit verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand der Informationsbeschaffung sein.®^^ Die Beschreibung z.B. der Unternehmenshistorie oder der Unternehmensstruktur ist dabei geringer einzustufen, aufgrund der guten Informationsbeschaffung und -stabilitat.^^® Schwieriger ist die Bereitstellung einer fundierten und nachhaltigen Unternehmensplanung. Letztere bedingt umfangrelche Informationssysteme wie Rechnungswesen und Controlling, die mittelfristig im Unternehmen aufgebaut

' In Aniehnung an das Analyseraster Tabelle 10, S. 133. ^ Vgl. ahnlich Frohlich, 2000, S. B9. ^ Zu den Problemen der Informationsbeschaffung vgl. auch FrOhiich, 2000, S. B9; Traub, 2000, S. B10; Schmeisser / Jahn, 1999, S. 48. * Vgl. Schmeisser / Jahn, 1999, S. 49.

177 werden mussen.^®® Daruber hinaus kann sich die Analyse des Wettbewerbs und der Branchen- und Marktsituation als aufwandig en/veisen. Liegen keine Studien vor oder sind deren Daten zur Beurteilung des Sachverhalts nicht ausreichend, konnen diese zumindest

analog

zur

Vorgehensweise

in

einigen

Researchberichten

durch

Informationen bzw. Annahmen seitens der Unternehmen und/oder Analysten erganzt bzw. aktualisiert werden.^° Vor dem Hintergrund der Going-Public-Grundsatze muss die freiwillige Infomnationspolitik im Einklang mit dem Prospekt stehen. Um dem Schutzinteresse der Unternehmen gegenuber der Inanspruchnahme aus einer Prospekthaftung nachzukommen, werden Analysten in diesem Zusammenhang auf vollstandige Angaben zur zukunftigen Unternehmensentwicklung verzichten.®°^ Von den Analysten wird en^^artet, dass sie sich auch ohne explizite Planungs- und Erganzungsrechnungen seitens des Unternehmens ein unvoreingenommenes Bild von der kunftigen Entwicklung machen k6nnen.®°^ Zur Vermeidung der Prospekthaftung sollten Planungs- und Erganzungsrechnungen nur als Grundlage herangezogen werden, um Trendaussagen zur kunftigen Unternehmensentwicklung darzustellen.^^ Quantitative Planzahlen sollten nur bekannt gegeben werden, soweit sie auch tatsachlich erreicht werden konnen, bzw. es sollten Formulierungen gewahit werden, die auf eine damit verbundene Planungsunsicherheit hinweisen und damit unverbindlich bleiben.^"* Dass unerreichte Planzahlen negative Auswirkungen auf den Kursverlauf und das Image eines Unternehmens haben konnen, haben die Entwicklungen der Emissionen in den Jahren 2000 und 2001 gezeigt.®°® Bereits im Vorfeld einer Emission muss deshalb eine realistlsche und erfullbare Planung erstellt werden.^® Um als erfolgreiches Unternehmen wahrgenommen zu werden, sollten prognostizlerte Ziele durch die tatsachlichen Ergebnisse eher uberboten als unterboten werden.®°^ Realistische Planungen enthalten weder „Hockeyschiagereffekte" (Entwicklung in der Vergangen-

^^® Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 138. ^ Vgl. auch Holzinger, 2004, S. 737. ^^ Vgl. Deutsche Borse AG, 2003, S. 63. ®°^Vgl. DVFA, 1999, S. II. ®°^Vgl.DVFA, 1999, S. 3-8. ^^ Siehe Kapitel 4.2.1.3, S. 97 f. Vgl. auch Holzinger. 2004, S. 735; Muller, 2004, S. 367 f. ®°^ Siehe Kapitel 1.1. S. 1. ®°® Vgl. Traub, 2000, S. BIO; Drees, 1999, S. B9. ^^ Vgl. Brammer, 2001, S. 617; Otterbach, 2000, S. BIO; o.V., 2000b, S. 20.

178 heit und Gegenwart abwarts und erst in der Zukunft aufwarts) noch ..Schereneffekte" (der Umsatz steigt und die Kosten fallen in Relation zum Umsatz).^® Wenn es tatsachlich zu solchen Effekten kommt, sind die Anforderungen an eine Begrundung erheblich h6her.®°® Langfristig erkennt der Markt relativ schnell Fehlinformationen und straft eine solche Informationspolitik, die zu Kursrisiken fijhrt, mit Vertrauensverlusten und uberproportionalen Bewertungsabschlagen ab. Der dadurch auftretende Vertrauensschaden ist nicht zu bemessen und nachhaltig. Gerade bei Borsenneulingen wirken sich Vertrauensverluste auf der Analystenseite langfristig fatal aus. Es kann oft Jahre dauern, bis sich ein unglaubwurdig gewordenes Unternehnnen wieder einen vertrauenserweckenden Platz in der Financial Community erkampft hat.®^° Die vorgestellte Inhaltsanalyse und Umsetzung auf Basis einer computergestutzten Datenbank ist zur systematischen Auswertung grofier Datenmengen geeignet. Unternehmen, die auf die Analyse von Researchberichten zuruckgreifen, werden nicht zwangslaufig eine computergestutzte Analyse durchfuhren

mussen, um

Anhaltspunkte zur Entwicklung ihres Investment Case zu erhalten. Eine geringe Anzahl vergleichbarer Unternehmen und zur Verfugung stehender Researchberichte wird den Aufwand fur eine solche Analysemethode nur bedingt rechtfertigen. In Aniehnung an das vorgestellte Analyseraster, d.h. der Suche nach unternehmensindividuellen Merkmalsausprcigungen zuvor definierter Investment-Case-Kriterien, konnen die Ergebnisse auch direkt ausgewertet werden. Daruber hinaus verfugen Unternehmen, im Gegensatz zum Autor, uber detaillierte Branchenkenntnisse, die eine gezielte Identifikation von unternehmens- und branchenspezifischen Besonderheiten erieichtert. Die Analyse sollte letztendlich so konzipiert sein, dass sie als Basis fur die Erstellung eines ersten Entwurfs des Investment Case im Faktenbuch genutzt werden kann.®^^ Durch die Analyse identifizierte Defizite konnen somit fruhzeitig erkannt und korrigiert werden. Die Darstellung und Selbsteinschatzung des Unternehmens bilden dabei die Voraussetzung, um erste Gesprache mit Beratern aufnehmen zu konnen.®^^ Das

®°® Zum ..Hockeyschlagereffekf und ..Schereneffekt" vgl. Koch, 1996. S. 143. ^^Vgl. Koch, 1996, S . I 42 f. ^^° Vgl. Behrenwaldt, 2001, S. 426 f.; Janke, 2001. S. 794; Drees, 1999, S. B9; Pilz, 1993, S. 56 f. Vgl. hierzu auch den Erfahrungsbericht von Munster, 2000, S. 234-236. ^'' Vgl. Roder, 2002, S. 132 f.; BrQhl, 2001, S. 193; Frey, 1999b, S. 36-38. ®^^ Vgl. Piwinger, 2000, 8. 3 f.; Biattchen / Jacquillant, 1999, S. 87.

179 Faktenbuch und der darin formulierte Investment Case konnen wShrend der anschliefienden Vorbereltungsphase weiter spezifiziert und zu einem Unternehmensgesamtbild abgerundet werden.®^^ 4.2.2.5 Value Reporting zur Weiterentwicklung des Investment Case Zwischen borsennotierten Unternehmen und der Financial Community hat sich in den letzten Jahren als Folge des Shareholder-Value-Prinzips sowohl die Motivation zur Kommunikation als auch deren Inhalt verandert. Das Verstandnis der Kapitalmarktkommunikation

ist

dabei

zu einer

konstituierenden

Komponente

des

Shareholder-Value-Ansatzes gereift.®^^ Die Beriicksichtigung einer wertorientierten Untemehmensfuhrung konkretisiert sich dabei in einem so genannten Value Reporting-Konzept.

Das

„Value

Reporting^*^"®^^

stellt

keine

eigenstandige

Berichtsform dar, sondern dient als freiwillige ErgSinzung der traditionellen Untemehmenspublizitat, die sowohl im Rahmen der gesetzlichen als auch der freiwilligen Kommunikationsmittel zum Einsatz kommen kann. Dem Value Reporting wird dabei die Aufgabe zugeschrieben, die Wertgenerierung im Unternehmen gegenuber den Investoren und Multiplikatoren zu kommunizieren, d.h., die potenziellen Fragen und En/vartungen der Financial Community bezuglich der Wertentwicklung

des

Unternehmens

mit

entsprechenden

Informationen

zu

unterlegen. Ein Value Reporting-Konzept erieichtert somit den Adressaten die Prognose kunftiger Wertsteigerungspotentiale.®^® Im Ergebnis kann das Value Reporting als Institutionalisierung eines kontinuierlich fortgeschriebenen Investment Case betrachtet werden.®^^ In der Literatur werden verschiedene Ansatze zur Strukturierung der wertgenerierenden Informationen eines Value Reporting-Konzepts diskutiert.^^® Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Ansatz zugrunde gelegt, der eine Einteilung der Informationen in finanzielle und nicht-finanzielle Informationen vornimmt und diese konkreten Zeit-

^'^ Slehe Kapitel 6.4.2, S. 252. Vgl. auch Bruhl, 2001, 8. 193; Kirchhoff, 2001. S. 802-804. ®^^ Vgl. Zimmermann / Schutte, 2004, S. 55; Kuting, 2000, 8. 30; GObel, 1999, 8. 293. ®^^ ..Value Reporting^'^" ist ein eingetragenes Warenzeichen der Wirtschaftsprufungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers. Vgl. hierzu 8aitz / Wolbert, 2002, 8. 322 f. ®'^ Vgl. 8aitz / Wolbert, 2002, 8. 321; Baetge / Noelle, 2001, 8.175 f.; Volkart / Labhart, 2000, 8. 146; Muller, 1998,8. 126. ®^^ Vgl. ahnlich Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a., 2002, 8. 38; Dombert / Robens, 1999, 8. B11. ^^® Vgl. Zimmermann / 8chutte, 2004, 8. 55; Fischer / Wenzel / Kuhn, 2001, 8. 1209.

180 raumen (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) zuordnet.®^® Den nicht-finanziellen Informationen wird als wertgenerierende Faktoren dabei die gleiche Bedeutung zugesprochen wie den finanziellen lnformationen.®^° Zur Konkretisierung der Inhalte eines Value Reportings wird in der Literatur auf die mit der Financial Community gesammelten Erfahrungen ven/viesen, z.B. das Informationsinteresse der Analysten und Institutioneller Investoren.®^^ Insofern eignen sich auch die Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgefuhrten Analyse.®^^ Tabelle 31 bezieht sich auf das oben genannte Reporting-Raster. Dabei wird deutlich, dass sich die grundsatzliche Struktur des Value Reportings kaum von der zusammenfassenden Darstellung des Investment Case in Tabelle 30 unterscheidet, d.h., Informationen zum Unternehmen werden In Abhangigkeit von ihrem Zeitbezug in finanzlelle und nicht-finanzielle Informationen unterteilt.®^^ Vor diesem Hintergrund konnen die Investment-Case-Kriterien als Ausgangslage fur ein Value Reporting herangezogen werden. Lediglich die ZeitrSume mussten nach dem Raster noch eindeutiger vonelnander abgegrenzt werden. Vergangenheit Finanzielle Kriterien Nicht-finanzielie Kriterien

Tabelle 31:

|

Gegenwart | Ertragslage Liquiditatslage Finanz- und Vermogenslage Produkte Strategie Wettbewerb Branche/Markt Kunden Mittelverwendung Unternehmenshistorie Management Eigentijmerstruktur Unternehmensstruktur Emissionsvolumen Corporate Governance Investor Relations

Zukunft

Beisplelhaftes Inhaltsraster des Value Reportings®^^

Wahrend des Borseneinfiihrungsprozesses wird insbesondere von mittelstandischen Unternehmen noch kein bewahrtes und kapitalmarkttaugliches Value Reporting ^'^Vgl.Labhart, 1999, S. 256. ®^° Vgl. Saitz / Wolbert, 2002, S. 326. ®^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a., 2002, S. 38. ®^^ Siehe Kapitel 4.2.2.4, S. 135. ^^^SieheTabelleSO, S. 176. ^^^ In Aniehnung an Labhart, 1999, S. 254-265; auch Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 43.

181 erwartet. In der Regel etablieren und bewShren sich die dahinter stehenden Informationssysteme und Mafinahnnen erst nach der BOrseneinftihrung.®^^ Zum BGrsengang wird der Investment Case erstmals im Faktenbuch dokumentiert. WShrend der Vorbereitungsphase kann der darin beschriebene Investment Case zusammen mit den Beratern welter speziflziert und zu einem Unternehmensgesamtbild abgerundet werden.®^® Der parallele Aufbau eines Value-Reporting-Systems gewShrleistet, dass auch nach der Notierungsaufnahme eine kontinulerllche und stringente Kommunikatlon mit der Financial Community uber die Wertsteigerungspotentiale des Unternehmens aufrechterhalten werden kann. Ein Value Reporting kann sIch somit rechtzeitig an den Anforderungen des Kapitalmarktes ausrlchten.®^^ 4.3

Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik

Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses orientlert sich der Einsatz kommunikations- und informationspolitischer Maflnahmen zum einen an den gesetzlich vorgeschriebenen Veroffentlichungsterminen der Pflichtpublizitat und zum anderen an den instrumentellen Phasen der Borseneinfuhrung (Vorbereitungs-, Strukturierungs- und Platzierungsphase).®^® Innerhalb dieses durch Gesetze und den Borseneinfuhrungsprozess vorgegebenen Zeitrahmens verfolgen kommunikations- und informationspolitische Mafinahmen das Ziel, den Bekanntheitsgrad des Unternehmens zu erh6hen, das Interesse fur das Unternehmen und seine Aktien zu steigern und letztlich bei den Aniageentscheidungsprozessen der Investoren subjektive Praferenzen fur die Aktien zu wecken. Zur Erreichung dieses Ziels werden drel Phasen unterschieden, die als Kaufbereitschaftsphasen bezeichnet werden (siehe Abbildung 18).®^® Kognitive Phase

Affektive Phase

• Aufmerksamkeit, Bekanntheit| • Aufbau eines Images

Abbildung 18:

• Interesse an der Unternehmensentwicklung • Wunsch, am Untemehmen beteiligt zu werden

>2

Handlungsphase

• Kauf der Aktie

Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik^'

®^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a., 2002, S. 41, 43; Baetge / Noelle, 2001, S. 175. ^^® Siehe Kapitei 6.4.2, S. 252. Vgl. auch Bruhl, 2001, S. 193; Kirchhoff, 2001, S. 802-804. ^^^ Vgl. Saitz / Wolbert. 2002, 8. 325; KOtzle / Niggermann, 2001, S. 634. ^^^ Siehe Kapitei 5, S. 193 f. Vgl. auch Lindner, 1999, S. 190 f.; Drill. 1995, S. 223. ®^® Vgl. Salzer, 2004, 3. 73, SchGnborn / Tschugg, 2002, S. 23 f.; Koch / Wegmann, 1998, 8. 117. ^^ In Aniehnung an Weidekind, 1994, 8. 281; Gehring, 2000, 8. 176.

182 Die einzelnen Kaufbereitschaftsphasen beinhalten im Wesentlichen folgende Tatigkeiten:"'^ -

Wahrend der kognitiven Phase sind die Maflnahmen vorrangig darauf ausgerichtet, die Financial Community zur Kenntnisnahme des Untemehmens und seines Images zu bewegen. Wahrend dieser Phase sollte sich das Untemehmen auf die leistungswirtschaftliche Kommunikation zur Erhohung des Bekanntheitsgrades beschranken.

Unter leistungswirtschaftlicher

Kommunikation

werden

samtllche Malinahmen verstanden, die dem Aufbau und der Erhaltung eines positiven Bekanntheitsgrades des Unternehmens in der Financial Community dienen.

auf

Produkte,

Innovationen, Kooperationen und andere auf das Tagesgeschaft

Leistungswirtschaftliche

Informationen

konnen

sich

bezogene

Angaben beziehen.®^^ Der iiber die Leistungen des Unternehmens erzielte Bekanntheitsgrad kann spater wahrend der anderen Kaufbereitschaftsphasen in eine gezielte Kapitalmarktkommunikation uberfuhrt werden.®^^ -

In der anschliefienden affektiven Phase gilt es, das Interesse der Adressaten fur das Unternehmen und seine zukunftige Entwicklung zu gewinnen. Wahrend dieser Phase muss der Wunsch geweckt werden, nicht nur weitere Informationen uber das Unternehmen zu erhalten, sondern auch an dem Erfolg des Unternehmens teilzuhaben. Im Idealfall kann das Unternehmen auf bereits bestehende Kommunikationsinhalte der kognitiven Phase aufbauen. Unter Ausnutzung eines Wiedererkennungseffekts

konnen entsprechende

Botschaften oder Symbole

benutzt werden. Verwendung finden hierbei z.B. ein in der Vergangenhelt beworbenes Produkt und eIn bekanntes Firmen-Logo, welche zur Bildung eines Markennamens

beigetragen

haben.®^ In diesem Zusammenhang wird der

Bekanntheitsgrad des Unternehmens und seiner Produkte (Product Branding) fur die Vermarktung der zukunftigen Aktien (Share Branding) genutzt.^^^

Vgl. Salzer, 2004, S. 73. Vgl. Droste, 2001. S. 140; Trobitz / Wilhelm, 1996, S. 177 f.; Weidekind, 1994, S. 281 f. 'Vgl. Rosen, 1997, S. 13. ®^* Vgl. Vgl. RodI Rodl/Zinser, / Zinser, 2000, 2000, S. 359 f. ^Vgl. Schmidt, 2000, S. 166f. 632

183 -

In der ietzten Handlungsphase sollte die positive Haltung der Zielgruppen durch die direkte Aufforderung, die Aktien kaufen zu kOnnen, in eine Kaufiiandiung umgewandelt werden.®^

In AbhSngigkeit

von

den

Kaufbereitschaftsphasen

werden

die

Zielgruppen

entsprechend ihren PrSferenzen mit unterschiedlichen Kommunlkationsmittein und Informatlonslnhalten

angesprochen. Eine uberschneidungsfreie Aufteilung der

Instrumente auf die einzelnen Zielgruppen ist nicht mSglich. Ein wirksamer und effizienter Einsatz der Kommunikationsmittel erfordert vielmehr einen kommunikationspolitischen Instrumenten-Mix.®^^ Tabelle 32 fasst dazu noch einmal alle Zielgruppen und Kommunikationsmittel zusammen. Die Bedeutung der Kommunikationsmittel fur die einzelnen Zielgruppen ist in Aniehnung an andere in der Literatur vorzufindende Zuordnungen vereinfacht nach dem Grad der Eignung (sehr gut, gut, bedingt, weniger, nicht geeignet) dargestellt worden.®^® Pflichtj

Frelwillig Personllch

Unpersonlich c

i a: c Analysten

s

Wirtschaftsjoumalisten a. Anlage'a berater 3 c Institutionelle o Investoren > Private Investoren

1

9 9

•g c

s

3 3

9 (3

•

9 3 «

Legende: w sehr gut geeignet; w

Tabelle 32:

c:

Q: E ix.

3 3 3 9

«

c

o

=3 .Q

(? (3 (3 (3 3

ll

u.

§

c

1

OB

Q. >

c 3

2 ^

II

1

1 =1 l l f l i t s 5? •I c

c

iu

a: a.

(3 9 • 9 O 3 (3 « 3 9 3 O 3 (3 (3 C3 O 9

3 C3 (3 (3 O (3 3 O (3 O O O » « 9 O

gut geeignet; 3

(3 O (3 (3

9 • • 3 • O « O o 9 • o

3 (3 3 3 3

bedingt geeignet; ( 3 weniger geeignet; O niclit geeignet bzw. nicht verfugbar

Zielgruppengerechter Einsatz der KonfimunikationsmitteP^'

^^ Vgl. Weidekind, 1994, S. 282. ®^^ Vgl. Simon / Ebel / Pohl, 2002, S. 132; Franke, 2000, S. 79; Becker, 1994, S. 307 f. Vgl. auch Bruhn, 2003, S. 11. ^^ Vgl. Wirtz/ Salzer, 2001b, S. 214; Drill, 1995, S. 138, 141. ®^® In Aniehnung an Salzer, 2004. S. 120; Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 13; Drill, 1995, S. 138, 141; Link, 1991, S. 342.

184 4.4

Grundsatze der Kommunikations- und Informationspolitik

Fur eine effiziente Kommunikations- und Informationsarbeit haben sich Grundsatze einer ordnungsgemSRen Kommunikations- und Informationspolitik etabliert. Die Einhaltung der Grundsatze unterstutzt die gezielte Ansprache aller relevanten Zielgruppen mit geeigneten Kommunikationsmittein und Informationen. Die Wahrnehmung durch die Financial Community, dass ein Unternehmen seine Investor Relations an den Gmndsatzen ordnungsgemalier Kommunikations- und Informationspolitik ausrichtet, kann durch eine grofiere Aufmerksamkelt und letztendlich hohere Aktienkurse honoriert werden.^° Nachfolgend werden die einzelnen Grundsatze eriautert: -

Der Grundsatz der Gleichbehandlung beruht auf der aktienrechtlichen Regelung der Gleichbehandlung aller Aktionare.^^ Den AktionSren sollten, unabhangig von ihrer Bedeutung und der Grolie ihres Aniagevolumens, die gleichen Informationen zur Verfugung gestellt werden. Die Beachtung der Grundsatze verhindert eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen den Aktionaren und fiJhrt zu einem besseren Vertrauensverhaltnis zwischen diesen und dem Unternehmen. Der Glelchbehandlungsgrundsatz bezieht sich nur auf die Bereitstellung von Informationen, nicht auf den zielgruppenspezifischen Einsatz der Kommunikationsmlttel.^^ Der Grundsatz der Gleichbehandlung wird durch die Going-PubllcGrundsatze unterstutzt, d.h., dass der Prospekt die zentrale Informationsquelle fur alle Zielgruppen darstellt.^^

-

Der Grundsatz der zeitlichen Nicht-Kommunlkation stellt sicher, dass wahrend eIner Informationssperrfrist keine Kommunikationsmittel veroffentlicht werden, die inhaltliche Widerspruche zu den gesetzlich vorgeschriebenen Kommunikationsmittein aufweisen.^"* Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses wird diese Informationssperrfrist durch die Einhaltung der „Quiet Period" der Going-PublicGrundsatze sichergestellt. Andere Kommunikationsmittel durfen wahrend dieser Zeit veroffentlicht werden, mussen aber Inhaltlich mit dem Prospekt uberein-

^° Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001, S. 154; Gunther / Otterbein. 1996, S. 395. ^^ § 53a AktG. Vgl. hierzu auch Zitzmann / Taubert, 2000, S. 144 f. ^^ Vgl. Achleitner/ Bassen / Pietzsch. 2001b, S. 156; Schuiz, 1999. S. 118; Drill, 1995, S. 142. ^^ Ziffer 1 Going-Public-Grundsatze. ^^ Vgl. Drill, 1995, S. 143.

185 stimmen.^^ Der Grundsatz der zeitlichen Nicht-Kommunikation ist damit sehr eng mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung verbunden. Wahrend die Informationssperrfrist die Kommunikation innerhalb eines bestimmten, mit einer Kapitalmarkttransaktion verbundenen Zeitraums (hier Borsengang) regelt, bestimmt der Prospekt als zentrale Informationsquelle die Gleiclibehandlung der Interessenten. Der Grundsatz der Zielgruppenbezogenheit berucksichtigt die unterschiedlichen Interessen einzelner Zielgruppen bezuglicli ausgewahlter, fur sie relevanter Informationen.®^® Daruber hinaus sollten die Informationen fur die jeweiligen Zielgruppen ijber entsprechende Kommunikationsmittel leicht zuganglicli und leicht verwertbar gemacht werden.^^ Aucli wenn einzelne Zielgruppen nur ein eingeschranktes Informationsinteresse besitzen, muss diesen, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, zumindest die Moglichkeit gegeben werden, die Summe aller Informationen einzusehen. Letzteres wird Im Rahmen der Pflichtpublizitat durch den Prospekt sichergestellt.®^® Eine zielgruppenbezogene Auswahl und Weltergabe von Informationen obliegt der freiwilligen Publizitat. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bestimmt, dass der Einsatz der InvestorRelations-Mafinahmen in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhaltnis zu den Zielen des Borsengangs und der Investor Relations stehen sollte. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang insbesondere die UnternehmensgroRe, da grofiere Unternehmen gegenuber

kleineren Kostenvorteile

besitzen. Der Fixkosten-

charakter mancher Madnahmen fuhrt pro Kapitaleinheit bei kleineren Unternehmen zu einer hoheren finanziellen Belastung, die im Verhaltnis zum erwarteten Mittelzufluss beurteilt werden sollte.®^® Der Grundsatz der One-Voice-Policy erfordert eine einheitliche Abstimmung der Informationslieferanten im Unternehmen. Dazu gehoren insbesondere die Unternehmensfuhrung, die Investor Relations, das Rechnungswesen und Controlling, die operativen Einheiten und das Marketing. Die Abstimmung dieser Unternehmensbereiche sollte sich in der internen Organisation bzw. den Berichtspflichten widerspiegeln. Die zentrale Stellung der Unternehmensfuhrung sichert

^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze. '^'' Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 344 f.; Gunther / Otterbein. 1996, S. 395; Weidekind, 1994, S. 278. ^^ Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 39; Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 17. ^^ Ziffer 1 Going-Public-Grundsatze. ^® Vgl. Diehl/LoistI/Rehkugler, 1998, S. 15, 18; Achleitner/Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 155.

186 die Glaubwurdigkeit der vermittelten Informationen und unterstutzt den Aufbau eines Vertrauensverhaitnisses zur Financial Community. Letzteres ist insbesondere

im Rahmen der persOnlichen Kommunikation

mit Analysten und

instltutionellen Investoren von besonderer Bedeutung.®^ Der Grundsatz der Glaubwurdigkeit begrundet und erhait das Vertrauensverhaitnis der unterschiedllchen Zielgruppen zum Unternehmen. Die GlaubwQrdigkeit bewShrt sich, wenn das Unternehmen bereit ist, nicht nur positive Informationen zu ubermittein, sondern auch in schlechten Zeiten eine offene Informationspolitik zu betreiben.®®^ Der Grundsatz der Wesentlichkeit beugt einer Informationsuberlastung der Zielgruppen

vor.

Wesentllche

Informationen

sind

alle

bewertungsrelevanten

Informationen. Die Informationen sind kontinuierlich auf ihre Wesentlichkeit zu uberprufen, da mit fortschreltender Unternehmensentwicklung Informationen unter Umstanden wesentlich werden, die es zuvor nicht waren.®" Daruber hinaus wird die Glaubwurdigkeit erhoht, da dem Eindruck vorgebeugt wird, das Unternehmen beabsichtige mit NebensSchlichkeiten von entscheldenden Informationen abzulenken. Die Wesentlichkeit unterstutzt auch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, da fur den Einsatz der Kommunikationsmlttel festgelegt werden kann, welche Mittel unter Berucksichtigung der Investor-Relations-Ziele als wesentlich bzw. notwendig einzustufen sind.®*^ Der Grundsatz der Aktualitat fordert, dass wesentllche Informationen mGglichst zeitnah veroffentlicht werden sollten. Eine solche Informationspolitik vermittelt potenziellen Investoren die Sicherheit, die Unternehmenssituation auf Basis aktueller Informationen beurteilen zu konnen. In diesem Zusammenhang ist auch die Glaubwurdigkeit der Darstellung wichtig, die neben der Veroffentlichung von positiven MItteilungen auch die unverzugliche Kommunikation von negativen Informationen einschlieHt.®^

^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 156. ^^' Vgl. Hinz/ Schmeisser, 2001, S. 126; Schulz. 1999, S. 116. ^^2 Vgl. Kirchhoff, 2000, S. 32, Drill, 1995, S. 142. ®^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 156 f.; Schulz, 1999, S. 117. ®^ Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 17; Haubrock, 2000, S. 72; Drill, 1995, S. 107.

187 Der Grundsatz der Vergleichbarkeit von Untemehmensdaten bezieht sich nicht nur auf Informatlonen unterschiedlicher Rechnungslegungsperioden des Unternehmens. Das Datenmaterial sollte auch Vergleiche mit anderen Untemehmen in und auderhalb der Branche ernn6glichen. Die Vergleichbarkeit bezielit sich dabei sowohl auf die audere Form als auch auf den Umfang der verGffentlichten Informatlonen. Insbesondere bei der spSteren Berichterstattung bzgl. Jahresabschluss und Quartalsbericht unterstutzt eine bzgl. Form und Umfang gleich bleibende Presentation die Informationsverarbeltung durch die Zielgmppen.®^^ Der Grundsatz der Transparenz zielt darauf ab, der Financial Community ein umfassendes Bild vom Unternehmen, seinen Zielen und strategischen Absichten zu vermitteln. Um den Transparenzanforderungen gerecht zu werden, erSffnet dieser Grundsatz die Mdglichkeit, uber die gesetzlichen Anforderungen hinaus freiwilllge Wege der Kommunikations- und Informationspolitik zu beschreiten, um auf zlelgruppenbezogene

Bedurfnisse bezuglich Form und Sprache einzu-

gehen.®^® Der Grundsatz der Kontinuit^t fordert, dass die Zielgruppen kontinuierlich uber bewertungsrelevante Informatlonen Kenntnis eriangen. Kontinuierliche Investor Relations beugen asymmetrischen Informationsverteilungen des Marktes vor und vermelden dadurch Bewertungsunsicherhelten.^®^ Werden, unter Berucksichtigung des Grundsatzes der Glaubwurdigkeit, auch in Zeiten ruckiaufiger UmsStze und/oder Gewinne ausfuhrliche Informatlonen unverzuglich weitergegeben, so wird das Vertrauen in das Unternehmen zusatzlich gest^rkt. Fur Borsenneulinge ist der Grundsatz der Kontinuitat vor allem im Anschluss an die Borsennotierung von Bedeutung. Trotz des uberproportionalen

Investor-Relations-Aufwandes

wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses darf es nach der Notieaingsaufnahme nicht zu einem drastischen Ruckgang der Aktivitaten kommen, da sonst sehr schnell ein Informationsvakuum entstehen kann. Vielmehr ist eine, wenn auch nicht mehr so intensive, so doch kontinuierliche Informations- und Kommunikationspolitik sicherzustellen.®^

^^^ Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 16. ^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 156; Drill. 1995, S. 104 f. ®^^ Vgl. Hinz / Schmeisser. 2001, S. 125 f.; Kirchhoff, 2000, S. 39; Weidekind, 1994, S. 278. ^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001b, S. 157.

188 Eine eindeutige Priorisierung der Grundsatze ist nicht moglich, da sich diese zum Teil aufeinander beziehen und gegenseitig bedingen. In der Literatur werden fur bereits borsennotierte Unternehmen die Zielgruppenorientierung, die Wirtsciiaftlichkeit und die One-Voice-Policy zumindest als ubergeordnete Grundsatze identifiziert. So Impliziert eine richtig verstandene Zielgruppenorientierung die Befolgung der anderen

Grundsatze,

welche

aus Wirtschaftlichkeitsgrunden

in einem

ange-

messenen Verhaltnis zueinander stehen sollten. Die Befolgung der One-Voice-Policy stellt sicher, dass nur eindeutige und einstimmige Aussagen

weitergegeben

werden.'^' Vor dem Hintergrund der durch die Going-Public-Grundsatze Bedeutung des Prospektes und einer damit verbundenen

hervorgehobenen

Informationssperrfrist

erscheint es sinnvoll, die Grundsatze der Gleichbehandlung und zeitlichen NichtKommunikation ebenfalls als ubergeordnete Grundsatze fur noch nicht borsennotierte Unternehmen mit zu berucksichtigen. Auf der einen Seite wurde die Nichtbeachtung des Prospektes als zentrale Infomriationsquelle dem Grundsatz der Gleichbehandlung zuwiderlaufen.^ Auf der anderen Seite wurde eine Umgehung der Infonnationssperrfrist, d.h. die Weitergabe wesentlicher Informationen „am Prospekt vorbei"^\ dem Grundsatz der zeitlichen Nicht-Kommunikation widersprechen. Eine Missachtung bolder Grundsatze wSre mit dem Risiko einer Inanspruchnahme aus der Prospekthaftung verbunden, was die Bedeutung dieser Grundsatze wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses unterstreicht.®®^

®^^ Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001 b, S. 158. ^° Ziffer 1 Going-Public-Grundsatze. ^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze. ^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze (mit Bemerkungen).

189 Abbildung 19 fasst die GrundsStze noch einmal zusammen, wobei solche mit einer ubergeordneten Bedeutung hervorgehoben sind.

Abbildung 19: 4.5

Grundsatze der Kommunikations- und Informationspolitik

Zusammenfassung

Die zentralen Fragen der kommunikationsspezifischen Investor Relations sind, wer (Zielgruppen) wann (Zeitpunkt) wie (Mittel) welche Informationen nach welchen Grundsatzen erhalten soil. Hierzu wurden zunachst sowohl die wesentlichen Multiplikatoren und Investoren als auch die entsprechenden Kommunikatlonsmittel identifiziert. Anschlieflend wurden wesentliche Inhalte sowohl der Pflichtpublizitat als auch der freiwilligen Publizitat herausgearbeitet. Wahrend des Borsenelnfuhrungsprozesses sind die einzelnen Bereiche so aufeinander abzustimmen, dass ein Spannungsbogen aufgebaut wird, der am Tag der Notierungsaufnahme potenzielle Investoren vom Kauf der Aktie iiberzeugt haben sollte. Die nachfolgende Abbildung 20 fasst die zentralen Fragen und Antworten der kommunikationsspezifischen Investor Relations noch einmal zusammen.

190

Abbildung 20:

Zusammenfassende Darstellung der kommunikationsspezifischen Investor Relations^*^

Die Muitiplikatoren sind eine wichtige Zielgruppe der Investor Relations, da uber sie eine Vielzahl von potenziellen Investoren erreicht werden kann. Unter den Multi-

Zu den einzelnen Abbildungen siehe Abbildung 14, S. 72 (Wer: Zielgruppen der Kommunikationspolitik), Abbildung 17, S. 174 (Welche Informationen: Bedeutung des Investment Case), Tabelle 32, S. 183 (Wie: Zielgruppengerechter Einsatz der Kommunikationsmittel) und Abbildung 18, S. 181 (Wann: Phasen der Kommunikations- und Informationspolitik).

191 plikatoren gehoren die Analysten aufgrund ihrer meinungsbildenden Funktion zur wichtigsten ZJelgruppe. Bei der Ansprache der Multiplikatoren und Investoren ist darauf zu achten, dass sich die Informationsinhalte am Prospekt als zentralem Kommunikationsinstrument

orientieren,

so dass

der

Emittent

nicht

aus

der

Prospekthaftung in Anspruch genommen werden kann. Im Rahmen der freiwilligen Informationspolitik konnen insbesondere die Bedurfnisse einzelner Zielgruppen gezielt angesprochen werden. Zentraler Inhalt ist dabei die Kommunikation des Investment Case, der sich wie ein roter Faden durch alle Veroffentlichungen des Unternehmens zieht. Der Investment Case fasst die Alleinstellungsmerkmale zusammen, die das Unternehmen von seinen Wettbewerbem abgrenzt und es als lohnendes Investment positioniert. Die Allelnstellungsmerkmale lassen sich in Abhangigkeit von der individuellen Unternehmenssituation bestimmten ubergeordneten Kriterien zuordnen, die sich in finanzielle wie z.B. die Ertragslage und nicht-finanzielle wie z.B. die Wettbewerbssituation unterteilen lassen. Auf Basis einer beisplelhaften Textanalyse von Researchberichten waren von insgesamt 16 Kriterien die Produkte, die Ertragslage, die Strategie, der Wettbewerb und die Branchen- und Marktentwicklung fur Analysten von besonderem Interesse.

193

5

Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses

Der Borseneinfuhrungsprozess lasst sich in unterschiedliche Phasen aufteilen, denen die Investor-Reiations-reievanten Aufgaben zugeordnet werden konnen. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Borseneinfuhrungsprozess in drei Phasen aufgeteilt: Vorbereitungs-, Strul
Phasen 1 j Strukturierung j Platzierung Investoren und Multiplikatoren 1 PersOnliche und unpersOnliche 1 Pflichtpublizitat Freiwillige Publizitat | Konsortium BOrsensegment Aktiengattung Aktienwert Aktienart Platzierungsverfahren Emissionsstruktur Rechtsform Eigenkapitalstruktur Emissionszeitpunkt Vorbereitung

kommunikationsspezifische IR-Aufgaben Finanzspezifische IR-Aufgaben

Kommunikations- Zielgruppen politik Instrumente InformationsInhalte politik Distribution Produkt

Preis Sonstige |lR-relevante /Aufgaben

Tabelle 33:

Investor Relations wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses

Die einzelnen Phasen (Vorbereitungs-, Strukturlerungs- und Platziemngsphase) werden in den Kapitein 5.1 bis 5.3 jeweils getrennt beschrieben, wobei der Schwerpunkt auf den finanzspezifischen und sonstigen Aufgaben liegt. Nachdem die kommunikationsspezifischen Aufgaben bereits in Kapitel 4 ausfiihrlich dargestellt worden sind, werden nur noch deren phasenbezogene Besonderheiten hervorgehoben.

'

In Aniehnung an Gruppe Deutsche BOrse, 2004, www.deutsche-bOrse.com (Listing, IPO-Fahrplan). Vgl. auch Salzer, 2004, S. 17; Ruda / Pfeffer, 2003, S. 26; Bruhl, 2001. S. 192; Scherer / Bassen, 2001, S. 722; Wirtz / Salzer, 2001a, 8. 11; Knorr, 2000, 8. 174-183. ^® Vgl. Blattchen / Jacquillant, 1999, 8. 84.

194 Urn Aussagen zur empirischen Evidenz finanzspezifischer und sonstiger Aufgaben treffen zu konnen, wurde eine Datenbank mit den Emissionsdaten aller BorsengSnge von 1997 bis 2004 erstellt (siehe Anhang 7, Seite 283). Insgesamt wurden 455 Borsengange im Amtlichen Handel, Geregelten Markt und Neuen Markt erfasst.®^ Nicht berucksichtigt wurden BGrsengSnge im Freiverkehr. 5.1

Vorbereitungsphase

Nachdem die Entscheidung zugunsten eines Borsengangs getroffen worden ist, beginnt die Vorbereitungsphase ca. zwolf Monate vor der Notiemngsaufnahme.®®^ Zu den notwendigen Vorbereitungsmaflnahmen gehoren die Rechtsformumwandlung, die Erfullung borsenspezifischer Anforderungen an das Eigenkapital und der Beginn der Publizitat. Notwendige Vorbereitungen, die erst viel spater, kurz vor dem Borsengang, eingeleitet werden, konnen einen ursprunglich anvisierten Zeitplan hinfallig werden lassen und ubermadig viele Kapazitaten von anderen Teilprojekten abzieiien. Die erforderliclien Vorbereitungsmafinahmen sollten deshalb nach der getroffenen Grundsatzentscheidung so fruh wie moglich umgesetzt werden.®^ 5.1.1 Umwandlung in eine borsenfahige Rechtsform 5.1.1.1 Rechtsformwahl Fur einen Borsengang stehen grundsatzlich zwei Rechtsformen zur Auswahl, die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien.^® Im Folgenden wird auf die Eigenschaften und Besonderheiten dieser Rechtsformen eingegangen. 5.1.1.1.1 Aktiengesellschaft (AG) Die Struktur der Aktiengesellschaft wird im Wesentlichen von den Organen der Aktiengesellschaft,

namlich

Vorstand,

Aufsichtsrat

und

Hauptversammlung,

bestimmt.®^° Der Vorstand ist das zur Geschaftsfuhrung berufene Organ der Aktiengesellschaft. Es besteht aus einem oder mehreren MItgliedern, wobei die Bestellung

Die Daten beruhen auf Informationen der Deutsche BOrse AG (www.deutsche-boerse.com); OnVista (www.onvista.de) und Verfiffentlichungen einzelner Unternehmen. ^ W g l . Escher-Weingart, 2000. S. 165; o.V., 2000d, S. 8; Filser / Richter. 1999, S. B11. ^ Vgl. Scherer / Bassen, 2001, S. 722; Frey, 1999a, S. 294, 300; Stangner / Moser, 1999, S. 760. ^® §§ 36, 71. 78 BSrsG. Vgl. auch Wiesmann / Gossler / Harder, 2001, S. 44 f. ^^°§§76bis147AktG.

195 eines Vorstandsvorsitzenden oder Vorstandssprechers moglich ist. Der Vorstand ist nicht an Weisungen der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrates gebunden. Allerdings hat der Aufsichtsrat die Mdglichkeit, dem Vorstand eine Geschaftsordnung zu geben, die die Durchfuhrung bestimmter wichtiger Entscheidungen (z.B. grofie Investitionsvolumina, Unternehmensakquisitionen) an die Zustimmung des Aufsichtsrates bindet.®^^ Diese zustimmungspflichtigen GeschSfte konnen auch in der Satzung geregelt werden, wobei zu beachten ist, dass SatzungsSnderungen jeweils von der Hauptversammlung beschlossen werden mussen. Ansonsten vertritt der Vorstand die Gesellschaft in alien Angelegenheiten nach aufien; seine Vertretungsmacht kann nicht beschr^nkt werden.®^^ Der Vorstand wird vom Aufsichtsrat fur eIne Amtszeit von langstens funf Jahren bestellt. Eine wiederholte Bestellung oder Verlangerung der Amtszeit, jeweils fur hochstens funf Jahre, ist zulassig.®^^ Der Aufsichtsrat ist das von der Hauptversammlung gewahlte Organ zur sachverstandigen Kontrolle der Geschaftsfuhrung des Vorstands. Er wird vom Vorstand uber die beabsichtigte Geschaftspolitik, die Lage der Gesellschaft, ihre Rentabllitat, den Gang der Geschafte, die Umsatzsituation usw. in regelmadig

stattfindenden

Sitzungen (zweimal pro Kalenderhalbjahr bei borsennotierten Aktiengesellschaften) informiert.®^^ Ferner ist der Aufsichtsrat fur die Bestellung und gegebenenfalls Abberufung des Vorstands zustandig. Das Bestehen eines Aufsichtsrates ist fur alle Aktiengesellschaften verpfllchtend, wahrend die Zusammensetzung gemad Betriebsverfassungsgesetz bzw. Mitbestimmungsgesetz je nach Anzahl der Mitarbeiter variiert.®^^ Das Aktienkapital wird ausschliefilich von den Aktionaren gehalten, die nur bis zur Hohe ihrer Kapitaleinlage haften. Ihre daraus abgeleiteten Rechte uben die Aktionare in der Hauptversammlung aus. Letztere hat kein Recht, die Geschaftsfuhrung des Vorstandes zu beelnflussen, trifft allerdings die grundlegenden, die Gesellschaft betreffenden Entscheidungen hinsichtlich deren Struktur und des Fortbestands wie z.B. Kapitalerhohungen oder -herabsetzungen, Verwendung des Bilanzgewinns,

^''^§111 Abs.4AktG. ®^^ § 82 Abs. 1 AktG. ®^^ § 84 Abs. 1 AktG. ®^*§110Abs.3AktG. ®^® § 76 Abs. 1 BetrVG sowie § 7 MitbestG.

196 Satzungsanderungen, Bestellung des Abschlusspriifers und Wahl der Aktionarsvertreter in den Aufsichtsrat.®^® 5.1.1.1.2 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Die Rechtsform der KGaA verbindet die Strukturen einer Kapitalgesellschaft mit Elementen der Personengesellschaft. Der wesentliche Unterschied zur AG besteht in der Zusammensetzung des Kapitals und der Geschaftsfuhrung des Unternehmens: -

Das Kapital der KGaA ist aufgeteilt in Komplementarkapital, das von einem oder mehreren personlich haftenden Gesellschaftern gehalten wird, und Kommanditaktienkapital, das von den nur bis zur Hohe ihrer Kapitaleinlage haftenden Kommanditaktionaren gehalten wird.®^^ Die Kommanditaktionare uben ihre Rechte in der Hauptversammlung aus.®^® Bei einer Borseneinfuhrung stammt das emittlerte Kapital aus dem Kommanditaktienkapltal.

-

Die Geschaftsfuhrung und -vertretung der Gesellschaft liegt allein bei den personlich haftenden Gesellschaftern, die praktisch die Funktion des Vorstandes einer AG ausuben.®^^ Aufgrund der unbeschrankt personlichen Haftung handelt es sich urn ein geborenes Geschaftsfiihrungs- und Vertretungsorgan, auf dessen Bestellung und gegebenenfalls Abberufung der Aufsichtsrat bzw. die Aktionare keinen EInfluss haben.®®° Der Aufsichtsrat besitzt daruber hinaus eine im Vergleich zur AG schwache Stellung, da ihm kein Katalog zustimmungspflichtiger Geschafte gewahrt wird.^^ Die KGaA ist seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. Februar 1997 als alternative Rechtsform fur einen Borsengang interessant geworden, well als personlich haftende Gesellschafter nicht nur naturliche, sondern auch juristische Personen, z.B. in der Rechtsform der GmbH & Co. KGaA, in Betracht kommen.®®^ Im Ergebnis kann so die unbeschrankte Haftung des personlich haftenden Gesellschafters auf das Vermogen einer Gesellschaft beschrankt werden.

§§118, 119AktG. ®^^ § 278 Abs. 1 AktG. ®^® § 285 AktG. ®^^ Vgl. Wehe / Doring, 2005, S. 263 f. ^®° § 278 Abs. 2 AktG. ®®^ § 287 AktG. ®®^ Beschluss des II. Zivilsenats des BGH vom 24.02.1997. Vgl. hierzu auch Zacharias, 2000, S. 104-111; Werp, 1997, S. 595-598.

197 Die besondere Struktur der KGaA macht diese Rechtsform insbesondere fur mittelstandische Familienunternehmen bzw. deren Gesellschafter attraktiv, die sich als Komplementar auch nach der Borsennotierung in der Gesellschaft eine mafigebliche Fuhrungsrolle dauerhaft sichern konnen.®^^ Der grofiere Gestaltungsspielraum einer KGaA gegenuber einer AG ist fur Investoren mit einer hoheren Verhaltensunsicherheit verbunden. Dieses gilt besonders fur die GmbH & Co. KGaA, bei der die starke Stellung des Geschaftsfuhrers der Komplementar-GmbH nicht durch eine unbegrenzt personliciie Haftung kompensiert wird. Desiialb werden fur den Borsenprospekt bei der KGaA zusatzliche Angaben zur Struktur des personlich haftenden Gesellschafters gefordert, um zu klaren, ob es sich urn eine naturliche oder um eine juristische Person iiandelt. Daruber hinaus sind Angaben in den Prospekt aufzunehmen, inwieweit bei der Ausgestaltung der KGaA von dem in § 278 ff. Aktiengesetz normierten Leitbild einer typischen KGaA abgewiciien wird, beispielsweise im Hinblick auf die Rechtsstellung der Aktionare, die Kompetenzen der Hauptversammlung und des Aufsichtsrats.^®'* Die Regelungen bezuglicii des Prospektes dienen einer iioheren Informationstransparenz der Unternehmen,

in dem

bei

ungewoiinlichen

Rechtsformen

erhohte

Informations-

erfordernisse aufgestellt werden. Im Fall einer KGaA sind dementsprechend seitens der Investor Relations sowohl die Struktur der Rechtsform als auch die Griinde fur die Rechtsformwahl ausdrucklich zu eriautern.®®® 5.1.1.1.3 Steuerliche Aspekte der Rechtsformwahl und -umwandlung Die fehlende Rechtsformneutralltat des deutschen Erbschafts- und Steuerrechts fuhrt in Abhangigkeit von der Rechtsform aufgrund verschiedener Bemessungsgrundlagen zu einer unterschiedlichen Steuerbelastung der Beerbten bzw. Beschenkten.^®® Die Bemessungsgrundlage

fur

die

Erbschafts- und Schenkungssteuer

wird bei

Personengesellschaften nach dem Einheitswert ermittelt. Die Bewertung fallt vergleichsweise niedrig aus, da lediglich das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital fur die Wertermittlung herangezogen wird. Bel einer GmbH oder AG ohne Borsennotierung wird das Stuttgarter Verfahren eingesetzt, das neben dem Eigenkapital ^^^ Vgl. Noack, 2001, 8. 336; Blattchen / Jacquillant, 1999, 8. 95. ®®^§18Abs. 3B0rsZulV. ®^^ Vgl. Grofi, 2000, 8. 303 f.; Schulte, 2000, 8. B3. ^^ Vgl. Rodl / Zinser, 2000. 8. 172; Zacharias. 2000, 8. 159 f.; Gerke / Bank, 1999, 8.17.

198 auch eine Ertragskomponente berucksichtigt. Der Wert des Unternehmens steigt und damit auch die steuerliche Bemessungsgrundlage. Bei ejner borsennotierten AG wird der Borsenwert zur Bemessungsgrundlage herangezogen. Im Regelfall resultiert hieraus ein hoherer Wertansatz als nach dem Stuttgarter Verfahren.^^ Im Gegensatz zur AG hat die KGaA bezuglich der Erbschafts- und Schenkungssteuer einen Gestaltungsspielraum. Als Bemessungsgrundlage fur die Steuerzahlung gilt in Bezug auf das Komplementarkapital in Aniehnung an die Personengesellschaft der Einheitswert. Dieser Wert liegt in der Regel deutlich unter dem Borsenwert, der korrespondierend zur AG als Berechnungsbasis fur das Kommanditaktienkapital herangezogen wird. Die KGaA bietet fur Altgesellschafter die Moglichkeit, im Rahmen der Umwandlung und des Borsengangs zu wahlen, ihr Kapital als steuerbegunstigte KomplementSreinlage oder fungibles Aktienkapital einzulegen. In einer steueroptimierten

KGaA

halten

die

Altgesellschafter

nur

geringe

Telle

des

Kommanditaktienkapitals. Das Kapital wird zum grofien Tell als Komplementareiniage des personlich haftenden Gesellschafters dargestellt, um den maximalen Steuereffekt zu erzielen. Allerdings bedeutet diese Gestaltung, dass nur ein gerlnger Teil des Kapitals der Gesellschaft fungibel \sX.^^ Die Im Rahmen der Rechtsformumwandlung (sowohl AG als auch KGaA) ansteigenden Bemessungsgrundlagen bedeuten fur die Beerbten und Beschenkten hohere Steuerzahlungen. Verfugen diese nicht uber ausreichende finanzielle Mittel zur Begleichung der Steuerschuld, so miissen Aktien des Unternehmens verkauft werden. Gegebenenfalls kann es sich dabei um groflere Aktienpakete handein, die eine ursprunglich beabslchtigte Aktionarsstruktur z.B. zugunsten der Grunderfamilie verhindern. Daruber hinaus kann der steuerlich induzierte Verkauf grofierer Aktienpakete den Aktienkurs durch einen Angebotsuberhang unter Druck setzen.^®® Sowohl die Zusammensetzung der Anteilseignerstruktur als auch die Entwicklung des Aktienkurses gehoren zu den Aufgabengebieten der Investor Relations. Um die Konsequenzen unnotiger Steuerlasten und Aktienpaketverkaufe zu vermeiden, 1st die Anteilseignerstruktur rechtzeltig vor dem Borsengang so zu gestalten, dass zeltnah zum Oder nach dem Borsengang keine grofieren Antellsumschichtungen bel den

^^ Vgl. Flach / Wilhelm, 1997. S. 103; Gerke / Bank / Neukirchen u.a., 1995. S. 93. ®®® Vgl. Bimtchen / Jacquillant. 1999, S. 95; Koch / Wegmann. 1998, 8. 81-89. ^^ Vgl. Schuchmann, 1998, S. 244 f.; Gerke / Bank / Neukirchen u.a., 1995, S. 93.

199 Altaktionaren mehr stattfinden miissen und Erbgange gegebenenfalls vorweggenommen werden. Als Faustregel gilt die Empfehlung: „Erst schenken, dann umwandeln. Erst sciienken, dann an die B6rse."®®° 5.1.1.2 Empirische Evidenz zur Rechtsformwahl Die GestaltungsmOgliclikeiten einer KGaA sowie deren Steuervorteile im Vergleich zur AG lassen die KGaA vor allem nach der Zulassung von KGaAs mit begrenzter Haftung als interessante Rechtsformalternative fur einen Bdrsengang erscheinen. Abbildung 21 zeigt jedoch, dass von den Bfirsengangen zwischen 1997 und 2004 nur 7 Unternehmen (2%) sich fur die Rechtsform der KGaA entschleden haben.®^^ Ausiandische Unternehmen haben mit einem Anteil von 7% die Rechtsform ihres Ursprungslandes beibehalten. Die AG dominiert mit 91% die Rechtsformwahl. 2%

B AG • KGaA D Sonstige Ausland

Abbildung 21:

Rechtsformwahl

In Abhangigkelt vom Emissionsvolumen und damit von der UnternehmensgrGfle zeigt die nachfolgende Abbildung 22, dass die KGaA ausschlielilich von Small (Emissionsvolumen < Euro 25 Mio.) und Mid Caps (< Euro 250 Mio.) gewahit wurde.

^^ Kramer, 2000, S. B16; ROdl / Zinser, 2000, S. 173. ®^^ Bei den sieben Unternehmen handelt es sich um die 1&1 AG & Co. KGaA, MOhlbauer Holding AG & Co. KGaA, TFG Venture Capital AG & Co. KGaA, Merkur Bank KGaA, VCH Best-of-VC GmbH & Co. KGaA, Borussia Dortmund KGaA und AIG International Real Estate GmbH & Co. KGaA.

200

300

< 25

< 250

>250

Emissionsvolumen Euro Mio. B AG • KGaA D Sonstige

Abbildung 22:

Rechtsformwahl in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen

Die geringe Anzahl der KGaAs wird darauf zuruckgefijhrt, dass sowohl der hohere Gestaltungsspielraum und die damit verbundene Komplexitat als auch die Moglichkeiten zur Einschrankung der Aktionarsrechte am Kapitalmarkt auf Akzeptanzprobleme stofien. Insbesondere im Ausland ist die Rechtsform der KGaA unbekannt, was das Verstandnis bei auslandischen Investoren und die Akzeptanz durch sie zusatzlich erschwert. Mangels Transparenz und eingeschrankter Aktionarsrechte wird vermutet, dass IVIarktteilnehmer die Rechtsform der KGaA nur mit einem Bewertungsabschlag akzeptieren.®^^ Aufgrund der geringen Anzahl borsennotierter KGaAs sowie der mangelnden Vergleichsmoglichkeiten ist ein Abschlag jedoch bisher nicht empirisch nachweisbar.®^^ Die Vorteile der gesellschafts- und auch steuerrechtlichen Gestaltung einer KGaA sind gegen die Nachteile einer eher verhaltenen Akzeptanz auf den Kapitalmarkten abzuwagen. Fallt dennoch die Entscheidung zugunsten einer KGaA, so sind seitens der Investor Relations sowohl die Rechtsform als auch die Einschrankung der Aktionarsrechte zu eriautern. Unabhangig von der Rechtsform sind die steuerlichen Konsequenzen der Rechtsformumwandlung zu berucksichtigen und eine vonA/eggenommene Erbfolge bzw. Schenkung zur SIcherstellung einer beabsichtigten Aktionarsstruktur einzuleiten.

^ Vgl. Noack, 2001, S. 336; Kramer, 2000, S. B16; Schulte, 2000, S. B3. ' Vgl. Blattchen / Jacquillant, 1999, 3. 96.

201 5.1.2 Sicherstellung einer ausreichenden Eigenkapitalhohe Um zur Notierung an einer Borse zugelassen zu werden, mussen Emittenten Mindestanforderungen an die Hohe des vorborslichen Eigenkapitals erfullen. Diesbezugliche Anforderungen der Borsensegmente, IVIoglichkeiten zu deren Erfullung und Konsequenzen fur die Investor Relations werden nachfolgend eriautert. 5.1.2.1 Anforderungen der Borsensegmente an die Eigenkapitalhohe Ein hohes Eigenkapital steht nicht nur fur die finanzielle Stabilitat eines Unternehmens, sondern bestimmt in Abhangigkeit vom Streubesitz auch die Hohe der Liquiditat. Beide Faktoren werden von der Financial Comnnunity positiv beurteilt.®^^ Der Zusammenhang zwischen Eigenkapitalhohe und Liquiditat wird durch die folgenden Anforderungen der Borsensegmente bestimmt: -

Im Amtlichen Handel liegt die Mindestanforderung an die Eigenkapitalhohe bei Euro 1,25 Mio. (keine Anforderungen im Geregelten Markt).®®^ Im Neuen Markt lag diese Anforderung bei Euro 1,5 MIo.®®® Das am 1. Jul! 2005 gegrundete Segment Miaccess der Munchner Borse fordert eine Eigenkapitalhohe von Euro 2,0 Mio.®^^

-

Bei einem gleich bleibenden prozentualen Streubesitzanteil steigen mit der Hohe des Eigenkapitals die Anzahl handelbarer Aktien und damit deren Liquiditat. Durch die Anforderungen der Borsensegmente bezuglich einer Mlndesteigenkapitalausstattung

und eines Mindeststreubesitzes wird somit auch eine

Mindestliquiditat der Aktien sichergestellt. Der Amtliche Handel fordert einen Streubesitz von 25% (kelne Anforderungen im Geregelten Markt), d.h., die Altaktionare konnen nach dem Borsengang noch 75% der Aktien im Eigenbestand halten.^^® Im Neuen Markt lag die Forderung bei 20%, obgleich ein Streubesitz von 25% empfohlen wurde.^®® -

Anforderungen von Borsensegmenten, die einen bestimmten prozentualen Anteil des Emissionsvolumens als Kapitalerhohung vorschreiben, verfolgen das Zlel, dass den Unternehmen Eigenkapital zur Finanzierung des Unternehmenswachstums zur Verfugung gestellt wird und nur ein begrenzter Anteil an die

"''^ Siehe Kapitel 4.2.2.2.1.3, S. 108 und Kapitel 4.2.2.2.2.10, S. 119. ^®^ § 2 Abs. 1 BorsZulV. ^^ Ziffer 3.1 Regelwerk Neuer Markt. ®®^ § 6 (1) Regelwerk M:access. ®^® § 9 Abs. 1 BorsZulV. ®®® Ziffer 3.10 Regelwerk Neuer Markt.

202 Altaktionare geht. Der zwingend vorgeschrlebene Anteil neuer Aktien erhfiht gleichzeitig die Liquiditat handelbarer Aktien und das Eigenkapital. Im Neuen Markt war im Rahmen der Erstnotiz eine KapitalerhOhung von 50% des Emissionsvolumens zwingend vorgeschrieben/°° Fur den Amtlichen Handel und Geregelten Markt existiert eine solche Regelung nicht. 5.1.2.2 Empirische Evidenz zur Eigenkapitalhdhe Das vorb5rsliche Eigenkapital der Bdrsenkandidaten zwischen 1997 und 2004 lied sich nur luckenhaft recherchieren und ist deshalb in der Datenbank nicht erfasst worden. Auf der Basis vorhandener Infonnationen wurden Annahmen in Abhangigkeit von der Unternehmensgrolie getroffen. Hierzu wurde das durchschnittliche Emissionsvolumen durch den durchschnittlichen Emissionskurs innerhalb einer GrSfienklasse dividiert, urn die durchschnittliche Aktienanzahl des Emissionsvolumens zu erhalten. Diese soil zu 50% aus einer KapitalerhShung und zu 50% aus der Aktienabgabe von Altaktionaren bestehen (Annahme^°0. In Kenntnis des durchschnittlichen prozentualen Streubesltzanteils, der dem durchschnittlichen Emissionsvolumen entspricht, ist der verbleibende Anteil (1 - Streubesitz) den Altaktionaren zuzurechnen. Dieser bildet zusammen mit dem 50%igen Anteil am Emissionsvolumen das vorborsliche Eigenkapital (Annahme: 1 Euro Nennwert). Tabelle 34 verdeutllcht noch einmal die Berechnung. Emissionsvolumen Euro Mio.

Position

<250

<25

>250

durchschniiches Emissionsvolumen Euro Mio.

15.63

66,34

durchschniicher Emissionskurs Euro

18.12

26,04

42,76

Berechnung der durchschnitBichen Aidienanzahl ^

862.539

2.547.289

23.817.317

Annalime 50 % der Aktienanzahl aus Kapitalerhohung

431.270

1.273.644

11.908.659

Annahme 50 % der Aktienanzahl aus Abgabe der Altaktk)nare

431.270

1.273.644

11.908.659

durchschnitUk^her Streubesitz bezogen auf das Emissbnsvolumen

32%

44%

1.018,44

43%

Berechnung der verbleibenden Aktienanzahl der Altaktbnare ^

1.799.003

3.236.105

31.899.371

Berechnung Pre-IPO-Eigenkapital (Annahme: 1 Euro Nennwert) ^ Legende zur Berechnung:

2.230.272

4.509.749

43.808.030

^ Emissionsvolumen / Emissbnskurs ^ Aktienanzahl des Emissionsvolumens * (1 - Streubesitz %) / Streubesitz % '^ verbleibende Aktienanzahl der AKaktbnare + Abgabe der Altaktbnare

Tabelle 34:

Belspielrechnungen zur Hohe des vorborslichen Elgenkapltals

Ziffer 3.8 Regelwerk Neuer Markt. °^ In Aniehnung an die Vorschrift des Neuen Marktes (siehe Kapitel 3.2.5, S. 55), da 73% der Unternehmen eine Notierung inn Neuen Markt anstrebten, siehe Abbildung 35, S. 222.

203 Vorbehaltlich der getroffenen Annahmen wird deutlich, dass innerhalb des Betrachtungszeitraums das vorbdrsiiche Eigenkapital der kleinen Unternehmen signifikat uber den Mindestanforderungen der Bdrsensegmente gelegen haben muss, in Abhanglgkeit von der UnternehmensgrCfle steigt das Eigenkapital deutlicii. Vorbeiiaitiicli der Annahme, dass investoren bei der Auswalii vergieichbarer BGrsenkandidaten soiche mit einer hohen Aktienliqulditdt bevorzugen, ist ein mdgilciist iiohes, uber den iViindestanforderungen iiegendes Eigenkapital anzustreben. Obgleich Letzteres innnner im Einklang mit dem FInanzierungsbedarf (Kapltalerh6hung, Streubesitz) und den Interessen der Altgesellschafter (Abgabe von Aktien) abzugleichen ist/°^ 5.1.2.3 BriJckenfinanzierung Vor dem Hintergrund der Mindestanforderungen der BOrsensegmente zur Eigenkapitalausstattung und eines gegebenenfalls hSheren Eigenkapitals (siehe Tabelle 34, Seite 202) stehen die Gesellschafter mittelstandischer Unternehmen vor dem Problem, ein adaquates vorborsliches Eigenkapital zu finanzieren. In der Regel verfugen die Unternehmen uber ein geringeres Eigenkapital, das erst im Rahmen einer Kapitalerhohung kurz vor dem Borsengang auf eine bGrsentaugliche Grodenordnung erhoht wird. Besitzen die Altgesellschafter zu diesem Zeitpunkt nicht die finanziellen Mittel, um eine Kapitalerhohung durchzufuhren, besteht die M5gllchkeit einer Eigenkapital- und/oder Fremdkapltal-Bruckenflnanzierung:^°^ -

Bei einer Eigenkapital-Bruckenfinanziemng beteiligen sich fremde Investoren an der Kapitalerhohung, die damit zu neuen Gesellschaftern des Unternehmens werden. Die Beteiligung erfolgt auf Basis einer vorborsllchen Unternehmensbewertung, wobei ein den nominalen Antell ubersteigender Wert in die Kapitalrucklage eingestellt wird.^°* Um eine Ven/vasserung der Anteile der Altgesellschafter bis zum Borsengang moglichst gering zu halten, erfolgt die Beteiligung in der Regel als Minderheitsbeteillgung, d.h. unter 25% am Unternehmen.^°^ Als Investoren kommen z.B. Private Equity- oder Venture-Capital-Gesellschaften in Frage.'°'

^°^ Vgl. Knorr. 2000, S. 177. ^°^ Vgl. Werner. 2004, S. 16; Schonecker, 2002, S. 127-130. ^°^ Vgl. Liebs / Mettenheimer, 2000, S. B3; Heitzer / Sohn, 1999, S. 398. ^°^ Vgl. Knorr, 2000, S. 177. ^°® Vgl. Jerger, 2000, S. B8.

204 -

Eine Alternative, die es den Altgesellschaftem ermoglicht, an der KapitalerhOhung teilzunehmen, auch wenn keine eigenen IVIittel zur Verfugung steiien, ist eine Fremdkapital-BrLlcl<enfinanzierung, bei der kein Ven/vSsserungseffekt der Anteile auftritt. Das Fremdkapital wird als Kredit an die Gesellschafter gegeben, urn dieses anschllefiend dem Unternehmen als Eigenkapital zur Verfugung zu stellen/°^ Nach dem Borsengang kann der Kredit aus dem Erios durch die Abgabe eigener Aktlen zuruckgefuhrt werden. Im Gegensatz zur EigenkapitalBruckenfinanzierung entfallt eine vorborsliche Bewertung des Unternehmens, da die Altgesellschafter ihre Einlage nur nominal leisten mussen/°® EIn Kredit in Hohe von Euro 1,- (vereinfachtes Beispiel) wird unmittelbar zur Erhohung des Gesellschafterantells um wiederum nominal Euro 1,- ven/vandt, der nach erfolgreichem Borsengang bereits bei Emissionsstart einen Kurswert von z.B. Euro 25,besitzen kann. Von dem zu versteuernden Kursgewinn von Euro 24,- verbleiben, unter der Annahme eines Steuersatzes von 45%, noch Euro 12,-, also das Zwolffache des urspriinglichen Kredites. Eine Fremdkapital-Bruckenfinanzierung kann somit durch eine relativ gerlnge Abgabe von Aktien der Altgesellschafter (hier ein Zwolftel) zuruckbezahit werden. Die Ruckzahlung des Kredites wird, sofern keine anderen Sicherheiten seitens der Altgesellschafter gestellt werden konnen, ausschliefllich auf den Erfolg des Borsengangs abgestellt. Letzteres fuhrt dazu, dass eine Fremdkapital-Bruckenfinanzierung im Gegensatz zur Eigenkapital-Bruckenflnanzierung fur einen eher kurzen Zeitraum (drei oder weniger Monate vor der Borsennotierung) gegeben wird. Wegen der engen Verknupfung mit dem Borsengang treten als Kreditgeber moistens die Konsortialbanken auf.^°^

Da eine Fremdkapital-Bruckenfinanzierung nur in der Hohe des nominalen Eigenkapitals erfolgt, eroffnen sich fiir die Altgesellschafter innerhalb eines kurzen Zeitraums - einen erfolgreichen Borsengang vorausgesetzt - hohe Gewlnnmitnahmen. Sowohl von den zukunftigen Investoren als auch von den anderen Marktteilnehmern wird eine umfangreiche oder ausschliefiliche

Fremdkapital-Bruckenfinanzierung

negativ beurteilt. Da sich den Altgesellschaftem durch kurzfrlstig gewahrte Kredite hohe Gewinnentnahmen eroffnen, wird diesen ein ausschlieRlich im Eigeninteresse

^°^ Vgl. Luther, 2000, S. 3. ^°® Vgl. SchOnecker, 2002, S. 127-130. ^°^ Vgl. Jerger, 2000, 8. B8.

205 stehendes so genanntes „Kassemachen"^^° unterstellt. Urn ein solches Verhalten zu vermeiden, sahen die Zulassungsbedingungen des Neuen Marktes vor, dass „der Emittent .. uber das Eigenkapital in der geforderten HGhe bereits vor der Kapitalerhohung [im Rahmen des Borsengangs] verfugt haben [musste]."^^^ Daruber hinaus hatte sich die Deutsche Borse AG vorbehalten, „die Zulassung abzulehnen, sofern Anhaltspunkte fur gesellschaftsrechtliche oder sonstige Mafinahmen vorllegen, die zur Umgehung der... genannten Anforderungen geeignet sind."^^^ Auch wenn es die zuvor genannte Regelung im Prime und General Standard nicht mehr gibt, so ist die Kenntnis dieser Eigenkapital-Problematik wichtig, um gegebenenfalls kritische Bruckenfinanzierungen pro-aktiv zu eriautern und so einer Verunsicherung potenzieller Investoren vorzubeugen. 5.1.3 Publizitat zum Unternehmen (kognitive Phase) IVIit den konkreten Vorbereitungen des Borsengangs beginnt auch die kognitive Kommunikationsphase, d.h. Mafinahmen, die vorrangig darauf gerichtet sind, potenzielle Investoren zur Kenntnisnahme des Unternehmens und seines Images zu bewegen (slehe

Abbildung 23).^^^ Mit der eigentlichen Kapitalmarktkommunikation,

die detaillierte unternehmens- und notierungsrelevante Informationen enthalt, sollte erst wahrend der sich anschliedenden Strukturierungsphase begonnen werden, zu der dann die diversen Berater hinzugezogen werden konnen.^^"* Kognitive Phase

>2

• Aufmerksamkeit, Bekanntheit • Aufbau eines Images

Abbildung 23:

Affektive Phase

• Interesse an der Unternehmensentwicklung • Wunsch, am Untemehmen beteiligt zu werden

Handlungsphase

•KaufderAktie

Kommunikationsphasen (kognitive Phase)

Grundsatzlich sollte in der Vorbereitungsphase nur die Absicht, einen Borsengang in En/vagung zu Ziehen, zuruckhaltend kommunlziert werden. Weitere Details konnen

^^° Korfsmeyer, 1 9 9 9 , S. 205; ROmer / Muller, 2 0 0 0 , S. 1085. ^^^ Ziffer 3.1 Nr. 2 S a t z 2 Regelwerk Neuer Markt. ^^^ Ziffer 3.1 Nr. 2 Satz 3 Regelwerk Neuer IVlarkt. ^'^ Slehe Kapitel 4.3, S. 1 8 1 . ^^"^ Vgl. Janke, 2 0 0 1 , S. 7 9 1 ; Jerger, 2 0 0 0 , S. B8.

206 sich zu diesem Zeitpunkt eher negativ auswirken. Weder die konkrete Nennung eines Termins noch die beabsichtige Aufnahme in ein bestimmtes BGrsensegment Oder einen Index sollten kommuniziert werden. Die zu einem spateren Zeitpunkt nicht auszuschliefiende Absage Oder Verschiebung eines weit im Voraus angekundigten BOrsentermins drSngt ein Unternehmen nur unn6tig in die Defensive, Begrundungen fur die VerSnderung liefern zu mussen. Auch wenn nur eine ungunstige Kapitalmarktlage dafur ursachiich ist, besteiit die Gefahr, dass denn Unternehmen mangelnde BOrsenreife unterstellt wird/^® 5.2

Strukturierungsphase

IVIit der Stmkturierungsphase beginnt der eigentliche BSrseneinfuhrungsprozess ca. funf IVIonate vor der Notierungsaufnahme. In dieser Phase erfolgt die Auswahl der Berater, Wahl des BGrsensegments, Ausgestaltung der Aktien, Festlegung der Emissionsstruktur, Bestinrimung des Emissionszeitpunkts und der Beginn der Publizitat zum Borsengang. Hatte das Unternehmen wShrend der Vorbereitungsphase noch ausreichend Zeit, um Mafinahmen ohne Zeitdruck langfristig vorzubereiten, so fallen in die Strukturierungsphase eine Fulle zeitkritischer Entscheidungen und Tatigkeiten, die ein dezidiertes Projektmanagement erfordern. Das Projektmanagement wird von der konsortialfuhrenden Bank ubernommen, die wShrend der Strukturierungs- und anschJIelienden Platzierungsphase federfuhrend alle beteiligten Parteien koordiniert/^® 5.2.1 Auswahl der Berater Die Auswahl der Berater unterteilt sich in die Wahl der Konsortlalbanken und anderer Berater wie Wirtschaftsprufer, Rechtsanwalte und Investor-Relations-Agenturen. 5.2.1.1 Auswahl der Konsortlalbanken Die Konsortlalbanken haben die Aufgabe, die einzufuhrenden Aktien zu ubernehmen und zum Zeitpunkt der Borseneinfuhrung an das Aniegerpublikum weiterzuveraudern. Die Auswahl des Konsortialfuhrers (Lead Manager) wird als richtungweisend fur das IPO angesehen, da dieser die Strukturierung und Vermarktung der '^^ Vgl. Gleisner / Kebbel, 2000, S. 24; o.V., 2000b, S. 20; R6dl / Zinser, 2000, S. 352. ^'^Vgl. Bruhl,2001,S. 194.

207 Emission bankenseitig federfuhrend gestaltet/^^ Die Auswahl der Konsortialbanken erfolgt im Rahmen eines so genannten „Beauty Contests"^^®. Im Rahmen des Beauty Contests prasentieren die Banken iiir Emissionskonzept, ilire Konditionen, ilire Einschatzung zur Tragfahigkeit des Investment Case und eine erste indikative Untemehmensbewertung. Zur Vorbereitung auf den Beauty Contest stellt der Borsenkandidat den potenziellen Emisslonsbanken ca. zwei bis drei Wochen vorher Unternelimensinformationen, in der Regel das Faktenbuch, zur Verfugung. Das Faktenbuch ist eine wesentliche Entscheidungsgrundlage fiir die Banken, ob sle an dem Beauty Contest teilnehmen wollen. Insofern gilt es, bei der Vorbereitung des Faktenbuclies die Oberzeugungskraft des Investment Case herauszuarbelten, um das Interesse der Banken zu weaken/^® Die wichtlgsten Kriterien zur Auswahl der Konsortialbanken zeigt die folgende Abbildung.

Abbildung 24:

Auswahlkriterien fur Konsortialbanken

Nachfolgend werden die einzelnen Kriterien beschrieben: -

Die Borseneinfuhrung erfordert ein hohes Mali an Professionalitat, das in der bisherigen Transaktionserfahmng zum Ausdruck kommt. Der Emittent sollte darauf achten, solche Banken auszuwahlen, die uber umfangreiche Erfahrungen mit vergleichbaren Borsengangen bzgl. Grofle, Branche und Borsensegment verfugen/^° Die Wahl einer Im Emissionsgeschaft erfahrenen Bank mit hoher

Vgl. Vgl. Vgl. 720 Vgl. 718 719

Deutsche Borse AG, 2003, S. 41; Ruda / Pfeffer, 2003, S. 85 f.; Koch Wegmann, 1998, S. 208. Janke, 2001, S. 792; Escher-Weingart, 2000, S. 165; Trobitz/Wilhelm, 1996, S. 166. Bruhl, 2001, S. 194; Knorr, 2000, S. 181; Stangner / Moser, 1999. S. 760. Deutsche Borse AG, 2003, S. 42; Rod! / Zinser, 2000, S. 331; Lindner, 1999, S. 92 f.

208 Reputation verlejht dem BOrsengang einen zusStzlichen ImagegewJnn. Dies betrifft insbesondere die konsortialfuhrende Bank/^^ Das Platzierungspotenzial der Bank gibt Aufschluss uber die IVIOglichkeiten der Bank, die Aktien sowohl bei privaten als auch bei institutionellen investoren zu platzieren. Emissionsbanken mit einem starken Privatkundengeschaft und einem eigenen Filialnetz kGnnen eine breite Platzierung bei Privatkunden sicherstellen, wohingegen

Banken, die sich auf das intemationale

Groflkundengeschaft

konzentrieren, einen besseren Zugang zu institutionellen Investoren gewahrleisten. Reicht die Platzierungskraft einer Konsortialbank nicht aus, werden weitere Konsortialbanken in das Konsortiunn mit aufgenommen. Eine intemationale

Platzierung

auch

klelnerer

Emisslonen, allerdings

auf

einem

abge-

schwachten Niveau (z.B. nur Frankfurt, Zurich, Paris, London), wird als sinnvoll erachtet, da eine breitere Streuung der Aktien auch im Ausland zu einer Stabilisierung des Aktienkurses beitragen kann/^^ Ein international tatiges Untemehmen sollte ohnehin Banken mit auslSndischen AbsatzmSrkten berufen, um auf diesen MSrkten die Offentlichkeitswirkung des B6rsengangs zu nutzen/^^ Die

Qualitat

und

Kapazitat

Entscheidungskriterien

der

Researchabteilungen

fur die Wahl der

sind

Konsortialbanken.

Ein

wesentliche bekanntes

Analystenteam, das in der Vergangenheit fundierte und in ihrer Aussagekraft zuverlSssige Analysen verQffentlicht hat, dient dem Emittenten zusatzlich als Reputationstrager. Eine gr5(lere Anzahl von Konsortialbanken erhOht zusatzlich die Qualitat der Transaktion, da fur die Investoren mehr Researchberichte von unterschiedlichen Banken zur Verfugung gestellt werden konnen. Insbesondere Borsenneulinge, die bisher von keinem Analysten untersucht wurden, profitieren von der Researchabdeckung durch mehrere Analysten/^"^ Nach dem Borsengang ist die Betreuung der Aktien im Sekundarmarkt fur die Aktienkursentwicklung wichtig. Der Designated Sponsor (Betreuer) stellt nicht nur die Handelbarkeit der Aktien sicher, sondern unterstutzt den Emittenten bei der kontinuierlichen Beziehungspflege zu den institutionellen Investoren, indem er

^^^ Vgl. Janke, 2001, S. 786 f.; Gerke / Bank, 1999, S. 16; Titzrath, 1995, S. 146. ^^^ Vgl. Deutsche Barse AG, 2003, S. 42; Lindner, 1999, S. 93, 99. ^^^ Vgl. Knorr, 2000, S. 181; Tiemann, 1997, S. 56. ^^* Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a., 2002, S. 32, 43, 50; BosI, 2000b, S. B1.

209 Analystenveranstaltungen vorbereitet und Roadshows organisiert/^® Oblicherweise wird vereinbart, dass die Konsortialbanken die Funktion des Designated Sponsors ubemeiimen. Die Deutsche B6rse AG unterstutzt durch die Einfuhrung eines Betreuer-Rankings die InformationsmGglichkeiten der Emittenten. Durch das Ranking k5nnen sich die Emittenten ein Bild von den Leistungen der bisher am IVIarkt tatigen Betreuer machen/^® -

Die langjahrigen Geschaftsbeziehungen zwischen Emittent und Hausbank werden nicht als ausschlaggebend angesehen, kfinnen sich aber als zweckmafiig en^/eisen. Durch das tSgiiche Geschdft sind der Hausbank die finanzielle Situation des Unternehmens, die Qualifikation des IVIanagements, die Kontinuitat der Strategie und die Quaiitat der Produkte gut bekannt. Eine solche Konsteliation beschleunigt die Analyse und Beurteilung des Unternehmens und damit die Borseneinfuhrung. Daruber hinaus verfugt die Hausbank auch in der Regel uber Geschaftsbeziehungen zu den Gesellschaftern, was eine eventuell notwendige Bruckenfinanzierung erleichtert/^^

Nach dem Beauty Contest erfolgt die i\/landatsvereinbarung mit dem Konsortialfuhrer durch einen so genannten ..Letter of Engagement". Die IVIandatsvereinbarung regelt die zukunftige Zusammenarbeit zwischen Emittent und Konsortialbank und enthait die Konditionen, zu denen die Konsortialbanken die Platzierung durchfuhren/^® 5.2.1.2 Empirische Evidenz zur Auswahl der Konsortialbanken In den Jahren von 1997 bis 2004 wurden die Borsengange von insgesamt 54 unterschiedlichen Konsortialbanken begleitet. Wegen der Vielzahl der Banken wurde eine Einschrankung zugunsten solcher mit mehr als 20 Borsengangen vorgenommen. Die nachfolgende Abbildung 25 zeigt, dass die grofien deutschen Banken das Konsortialgeschaft dominierten. Mit der damaligen DG-Bank (heute DZ-Bank) und der WestLB sind die grodten Zentralinstitute des genossenschaftlichen und offentlich-rechtlichen Sektors vertreten. Die anderen vier Banken waren die grodten

^^^ Vgl. Hinz / Schmeisser. 2001, S. 132; Scherer / Bassen, 2001, S. 725. ^^ Urn die Qualitat der Designated Sponsor-Dienstleistung zu messen, werden die Betreuer vierteljahrlich von der Deutsche Borse AG mit einem Rating versehen. Vgl. hierzu www.deutscheborse.com (Listing); auch FOrschie / Helmschrott, 2001, S. 112. ^^^ Vgl. Lindner, 1999, S. 93-95, 97; Kaufmann, 1997, S. 147. Siehe auch Kapitel 5.1.2.3, S. 203. ^^® Vgl. Liebs / Mettenheimer, 2000, S. B3.

210 aus dem Privatbankbereich. Die Postbank war in diesem Zeitraum nocli Offentlichirechtlich und nicht im Konsortialbankgesch§ft t§tig. T 350,00

0,00


y

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J'

CP mehrals 20 IPOs, 1997-2004 •

Abbildung 25:

- durchschnittllches Emissions\olumen

Konsortiaibanken mit mehr als 20 IPO-Mandaten

Die zuvor genannten Auswahlkriterien werden durch die Ergebnisse bestatigt. Die Anzaiii der IPO-Beratungsmandate unterstreicht die Transaktionserfahrung der aufgefuhrten Banken sowoh! im Primarmarkt als auch im Sekundarmarkt. Aufgrund ihres Filialnetzes haben die genannten Banken einen breiten Zugang zum Privatkundengeschaft und damit ein hohes Platzierungspotenzial. Die Grofie der einzelnen Banken lasst daruber hinaus auf eine grolie Kapazitat der Researciiabteilungen schlieflen. Das Filialnetz legt eine Vielzahl von Geschaftsbezieiiungen nahe, die zu einer Anbahnung von Borsengangen geeignet sind. Die eingangs beschriebene Forderung der Banken nach einem hohen Emissionsvolumen wird in Abbildung 25 ebenfalls deutlich. Das durchschnittliche Emissionsvolumen der sechs Banken lag bei Euro 124 Mio. (Median Euro 75 Mio.). 5.2.1.3 Auswahl sonstiger Berater Zu den sonstigen Beratern gehoren Rechtsanwalte, Wirtschaftsprufer und InvestorRelations-Agenturen. Die Auswahl und Koordinierung der anderen Berater ist zumeist Aufgabe der konsortialfuhrenden Bank. Diese verfugt aufgrund vorange-

211 gangener Transaktionen uber Erfahrungen mit diversen Beratern, deren Qualifikation und Spezialisierung und kann den Emittenten bei der Auswahl unterstutzen/^ Zu den Aufgaben der Rechtsanwalte gehort die Umwandlung In eine borsenfahige Rechtsform, die Konzipiemng einer den aktuellen B5rsenstandards entsprechenden Satzung und die Beratung bei Aufsichtsratssitzungen und Hauptversammlungen. Daruber hinaus ist die Formuliemng und Abfassung des Prospektes eine wesentliche Aufgabe. Wenn nicht schon zur Rechtsformumwandlung ein kapitalmarkterfahrener Rechtsberater hinzugezogen worden Ist, sollte spatestens zur Prospekterstellung ein solcher konsultiert werden, da dieses Dokument aufgrund der Haftungsanspruche einen erfahrenen Rechtsbeistand erfordert/^° Die Waiil des Abschiussprufers ist fur die Qualltat des Borsengangs und die Wahrnehnnung in der Offentlichkeit von Bedeutung, IVIit der Bestellung eines reputablen Abschiussprufers, dessen Name durch die Angabe des Testats im Prospekt offentlich wird, kann der Emittent das Vertrauen der Anieger In die Richtlgkelt der vorgelegten Rechnungslegungsdaten starken. HIerzu zahlen in der Regel die grofien Wirtschaftsprufungsgesellschaften, die besondere Kenntnisse in der Prufung von Jahresabschlussen nach Internatlonalen Rechnungslegungsnormen besltzen und uber umfangreiche Erfahrungen bei Borsengangen verfugen/^^ Parallel zu den Vorbereitungen der Konsortialbanken, Rechtsanwalte und Wlrtschaftsprufer muss die Offentlichkeitsarbeit vorbereitet werden. HIerzu bedarf es der Auswahl einer erfahrenen Investor-Relations-Agentur, die fur den Platzierungserfolg der Emission mit verantwortlich ist. Die Investor-Relations-Agentur professionelle

Vermarktung

von der

Medienauswahl

und

-planung

sollte die uber die

Kommunikation mit der Financial Community bis hin zur Gestaltung der Finanzanzeigen und des Prospektes begleiten konnen.^^^ Die Mandatlerung von erfahrenen Emissionsbanken, Rechtsanwalten, Wirtschaftsprufern und Investor-Relations-Agenturen erhoht die Reputation des Unternehmens

^^^Vgl.Wiesmann/Gossler/Harder, 2001, 8. 41 f.; Koch/Wegmann, 1998, S. 174. ^^ Vgl. Zimmerer, 2000, S. B6. ^^^ Vgl. Ostrowski / Sommerhauser, 2000, 8. 963 f. 8o werden die „Big Five" Wirtschaftsprufungsgesellschaften bei deutschen Borsengangen Gberproportional mandatiert. Vgl. hierzu Baliwieser, 2001,8.845. ^^^ Vgl. Janke, 2001, 8. 787; Escher-Weingart, 2000, 8. 165; Knorr, 2000, 8. 181. Zum Leistungsspektrum einer Investor-Relations-Agentur vgl. auch Kirchhoff, 2001, 8. 801.

212 und dient dabei auch gleichzeitig dem Abbau asymmetrischer Informationen/^^ Sind alle Berater ausgewahit, wird ein erstes Zusammentreffen, ein so genanntes „Kickoff-Meeting"^^, aller beteiligten Parteien vereinbart, um einen Zeitplan festzulegen, der die Zusammenarbeit aufeinander abstimmt/^* 5.2.2 B5rsensegmentwahl 5.2.2.1 B5rsensegmente Bei der Borsensegmentwahl konnen sich mittelstandische Unternehmen in Deutscliland zwischen dem General und Prime Standard der Frankfurter B6rse und den FreiverkehrsmSrkten der Regionalborsen entscheiden. WShrend die Wahl, in welchem Segment das Unternehmen notiert werden will, dem Emittenten selbst uberlassen blelbt, ist die Aufnahme in einen bestimmten Index des Prime Standards an bestimmte UnternehmensgrGden gebunden. Die Kriterien fur die Auswahl und die Bedeutung eines geeigneten B6rsensegments sind in Kapitel 3 beschrieben worden/^® 5.2.2.2 Empirische Evidenz zur Borsensegmentwahl Wahrend des analysierten Zeitraums von 1997 bis 2004 konnten sich die Unternehmen zweimal fur die Wahl eines Segments entscheiden. Das erste Mai zum Borsengang zwischen Amtlichem Handel, Geregeltem Markt (bzw. SMAX) und Neuem Markt. Das zweite Mai bei der Umstellung der Borsensegmentstruktur durch die Einfuhrung des Prime und General Standards. Die nachfolgende Abbildung 26 veranschaulicht, fur welches Borsensegment (Ordinate) sich wie viele Unternehmen nach der ersten Wahl (Abszisse) entschieden haben.

^^^ Vgl. Gerke / Bank, 1999, S. 16. ^^ Wiesmann / Gossler / Harder, 2001, S. 43. ^^^Vgl. Droste,2001,S. 134. ^^® Siehe hierzu Kapitel 3, S. 35.

213

Amtlicher Handel

Geregelter Markt

Neuer Markt

• Prime Standard n General Standard

Abbildung 26:

Wechsel des Borsensegments nach Einfuhrung des Prime und General Standards

Die Abbildung zeigt, dass Unternehmen, die sich bereits bei der ersten Wahl fur ein Segment mit entsprechend hohen Anforderungen entschleden hatten (Amtlicher Handel und Neuer Markt), nach der Umstellung der B6rsensegmentstruktur dem Segment mit den hoheren Anforderungen treu geblieben sind. Von den Unternehmen, die zum Borsengang eine Notierungsaufnahme im Amtlichen Handel anstrebten, entschieden sich 66% (42 Unternehmen) fur eine Aufnahme in den Prime Standard. Ebenfalls fur den Prime Standard entschieden sich 58% (178 Unternehmen) der Unternehmen, die ursprunglich im Neuen Markt notiert waren. Im Geregelten Markt haben sich hingegen 85% (33 Unternehmen) fur eine Aufnahme in den General Standard entschieden und damit korrespondierend zum Geregelten Markt ein Segment mit niedrigen Anforderungen gewahlt. Die nachste Abbildung 27 zeigt, dass insgesamt 55% der Unternehmen sich fur den Prime und 45% fur den General Standard entschieden haben. Eine Entscheidung zugunsten des Prime Standards wurde insbesondere von solchen Unternehmen getroffen, die die damit verbundenen Anforderungen bereits vorher erfullten.^^^

'Vgl.o.V., 2005a, 3 . 6 .

214

• Prime Standard n General Standard Abbildung 27:

Wahl des Prime Standard versus General Standard

In Abhangigkeit vom Emisslonsvolumen zeigt Abbildung 28, dass sich Unternehmen mit einem hohen Emisslonsvolumen eher zugunsten einer Notlerung im Prime als im General Standard entschieden haben. Von den Unternehmen mit einem Emisslonsvolumen von unter Euro 25 Mio. wahlten nur 38% (46 Unternehmen) den Prime Standard, wahrend es 60% (159 Unternehmen) der Unternehmen mit einem Emisslonsvolumen von bis zu Euro 250 Mio. und 83% (24 Unternehmen) der Unternehmen mit einem Emisslonsvolumen uber Euro 250 Mio. waren. Unterstellt man, dass die Unternehmensgrode mit dem Emisslonsvolumen korreliert, so 1st zu vermuten, dass sich kleinere Unternehmen aufgrund der mit hoheren Anforderungen verbundenen Kosten eher fur ein Segment mit niedrigeren Anforderungen entschieden haben.

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Emisslonsvolumen Euro Mio. I Prime Standard n General Standard

Abbildung 28:

Wahl des Segmentstandards in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen

215 5.2.3 Aktienausgestaltung 5.2.3.1 M6glichkeiten der Aktienausgestaltung Bei der Aktienausgestaltung wird eine Unterscheidung nach der Verbriefung der Rechte, der ObertragbarkeJt und dem Anteil am Grundkapital vorgenommen (siehe Abbildung 29). Aktienausgestaltung

Verbriefung der Rechte

Ubertragbarkelt

Anteil am Grundkapital

Stammaktien

Inhaberaktien

Nennbetragsaktie

Vorzugsaktien

Namensaktien

Stuckaktie

Abbildung 29:

iVIogiichkeiten der Aktienausgestaltung^^'

Nacli dem Umfang der verbrieften Rechte werden Stamm- von Vorzugsaktien unterschieden. Stammaktien gewShren dem Aktion^r die allgemeinen, in den §§ 119 ff. AktG aufgefuhrten Mitgliedschaftsrechte. Bel der Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien kann das Stimmrecht des Aktionars gegen einen anderen Vorzug ausgeschlossen werden. In der am hauflgsten auftretenden Form wird der Vorzugsaktionar fur den Verzicht auf das Stimmrecht durch eine hohere Dividende entschadlgt.^^^ Aufgrund des Stimmrechtsausschlusses sind Vorzugsaktien ein gebrSuchliches Mittel zur Aufrechterhaltung des Einflusses z.B. einer Grunderfamilie. Unter Corporate-Governance-Gesichtspunkten wird bei Unternehmen mit Vorzugsaktien eine negative Beeinflussung der Oben/vachungsmoglichkeit vermutet. Daruber hinaus verhalten sich auslandische institutionelle Investoren gegenuber der Vorzugsaktie eher zuruckhaltend, da es fur sie eine Abkehr vom Grundsatz „one share one vote" darstellt. Der Ausschluss des Stimmrechts 1st deshalb in der Regel mit einem Abschlag auf den Emissionspreis verbunden.^'*^ Der Unterschied zwischen Inhaber- und Namensaktien beruht auf der Ubertragbarkelt.^'*^ Bei Inhaberaktien bestehen bei der Qbertragung der Rechte grundsatzlich In Aniehnung an Reuter / Tebroke, 2000, S. 714; BISttchen / Jacquillant, 1999, S. 100. ^^® Vgl. Noack, 2001, S. 337; Zacharias, 2000, 8. 76-78. ^^° Vgl. Pellens / Hillebrandt, 2001, S. 58; ROmer / Muller, 2000a, S.I086 f. ^^' § 23 Abs. 3 Nr. 5 AktG.

216 keinerlei Beschrankungen. Es genugt die Einigung und Ubergabe, damit der Inhaber von Stamm- oder Vorzugsaktien die Rechte eriangt. Aufw^ndiger gestaltet sicii die Obertragung von Namensaktien. Jeder Kauf von Namensaktien ist in einem Aktienbucii zu dokumentieren. Bei vinkulierten Namensaktien ist deren Verkauf oder Obertragung an Dritte zusatzlich an die Zustimmung des Vorstandes, Aufsichtsrats oder der Hauptversammlung gebunden/^^ Vinkulierte Namensaktien werden aufgrund der starken Einschrankung der AktionSrsrechte beim Verkauf und wegen der schleciiteren Marktgangigkeit bei Emissionen ahnlich der Vorzugsaktie mit Kursabschiagen bedacht/*^ Fur die Investor Relations stellt die Namensaktie ein umfangreiches Informationsinstrument zur Verfugung, das detaillierte Angaben uber die Zusammensetzung der Aktionare enthalt und damit Entscheidungsprozesse erieichtert. Die Aufhebung der Anonymitat ermoglicht eine direkte Ansprache der Aktionare, um diesen regelmaliig gezielte Informationen zukommen zu lassen/*^ Die hohen Einfuhrungsund Folgekosten der Namensaktie haben jedoch viele Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere, bisher von der Entscheidung, Namensaktien einzufuhren, abgehalten/"^^ Im anglo-amerikanischen Raum ist die Namensaktie hingegen die gangige Aktiengattung und lohnt sich deshalb insbesondere fur solche Unternehmen, die eine Internationale Notierung und damit Wahrnehmung Ihrer Aktien anstreben. In der Regel handelt es sich dabei um grofie Konzerne, so dass fur mittelstandische Unternehmen, die keine auslandlsche Notierung anstreben, eine Emission von Namensaktien unter diesem Gesichtspunkt nur von untergeordnetem Interesse ist/"*® Nach dem Bezug zum Grundkapltal konnen Nennwertaktien von nennwertlosen Stuckaktien unterschieden werden. Nennwertaktien lauten auf einen bestimmten Nennbetrag von mindestens Euro 1,-/"*^ Stuckaktien haben einen fiktiven Nennbetrag, der sich durch Division des nominellen Grundkapitals durch die Anzahl der Stuckaktien ergibt. Der fiktive Nennwert darf dabei Euro 1,- nicht unterschreiten. Nennwertlose Stuckaktien en/veisen sich fur haufige Kapitalmafinahmen als aufierst

^^^ Vgl. Reuter / Tebroke, 2000, S. 715; Zacharias, 2000, S. 72-75. ^^^ Vgl. RodI / Zinser, 2000, S. 253; Drill, 1995, S. 147. ^^^ Vgl. Harrer / Moiling. 2001, S. 388 f.; Reuter / Tebroke, 2000, S. 719; Rosen, 1997, S. 14. ^^^ Vgl. Noack, 2001, S. 337; Scherer / Bassen, 2001, S. 726; Kirchhoff, 2000, S. 40 f. ^^® Vgl. Romer / Muller, 2000a, S.1087; Lindner, 1999, S. 62. ^^^ § 8 Abs. 2 AktG.

217 flexibel. So unterbleibt z.B. bei einer Kapitalerhohung aus Gesellschaftsmittein die Ausgabe von so genannten „Gratisaktien"/*® 5.2.3.2 Empirische Evidenz zur Aktienausgestaltung Die Analyse der Borsengange zwischen 1997 und 2004 bestatigt den zuvor beschriebenen Trend zu einer nennwertlosen Inhaberstamnnaktie. Insgesamt 99,56% der Unternehmen hatten sicii fur die Emission von Stammaktion entschieden (siehe Abbildung 30). Die Stammaktie ist damit die gangigste Aktiengattung bei deutschen Ennissionen und stofit auch bei der Financial Community auf eine breite Akzeptanz/"*®

0.44%

• Stammaktien n Vorzugsaktien Abbildung 30:

Stamm- versus Vorzugsaktien

Bei der Ubertragung der Aktionarsrechte dominiert die Inhaberaktie bei 97,8% der Borsengange (siehe Abbildung 31, Seite 218). Die Namensaktie wurde mit 2,2% insbesondere von grolien Unternehmen gewahit (Emissionsvolumina deutllch uber Euro 250 Mio.) wie z.B. Deutsche Postbank, Wincor Nixdorf, Deutsche Borse, Deutsche Euroshop und Celanese.^^ Letzteres lasst vermuten, dass die Hohe der Einfuhmngskosten eine Hemmschwelle fur kleinere Unternehmen darstellt, Namensaktien anstatt Stammaktien auszuwahlen.

^^® Vgl. Reuter / Tebroke, 2000, S. 714 f.; Zacharias, 2000, S. 78-80. ^^^ Vgl. RodI /Zinser, 2000, S. 325; Lindner, 1999, S. 64; Titzrath, 1995, S. 140. ^^ Siehe Anhang 7, S. 283.

218 Durch neue technologische Entwicklungen wird jedoch die Handhabung von Namensaktien zunehmend gunstlger, wodurch eine steigende Attraktivitat und Akzeptanz von Namensaktien en/vartet wird/®^ 2.20%

• Inhaberaktien n Namensaktien

Abbildung 31:

Inhaber- versus Namensaktion

Bezuglich des Anteils einer Aktie am Gmndkapital dominiert zunehmend die nennwertlose Aktie mit 86,47% gegenQber der mit Nennwert mit 13,53% (siehe Abbildung 32).

• oline Nennwert n mit Nennwert

Abbildung 32:

Aktien mit und ohne Nennwert

Im Zeitablauf zeigt sich, dass mit der Einfuiirung des Stuckaktiengesetzes im Marz 1998 die nennwertlosen Stuckaktien zunelnmend zum IVIarktstandard bei Neuemissionen geworden sind (siehe Abbildung 33, Seite 219).^^^

^^^ Vgl. Noack, 2001. S. 337; Kirchhoff, 2000, S. 40 f.; Reuter / Tebroke, 2000, S. 721. ^^^ §§ 5-7 StuckAG. Vgl. auch Biattchen / Jacquiilant, 1999, S. 103.

219

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

• ohne Nennwert D mit Nennwert

Abbildung 33:

Aktien mit und ohne Nennwert im Zeitablauf

5.2.4 Emissionsstruktur 5.2.4.1 Parameter der Emissionsstruktur Die wesentlichen Parameter der Emissionsstruktur sind in Abbildung 34 dargestellt und beziehen sicli auf die Zusammensetzung der Aktien, die Hohe des Emissionsvolumens, den Anteil des Streubesitzes und die Zurverfugungsstellung eines Greensiioes.

Abbildung 34:

Parameter der Emissionsstruktur

220 Nachfolgend werden die einzelnen Parameter der Emissionsstruktur erlautert: -

Das Emissionsvolumen setzt sich zusammen aus den Aktien, die von den Altaktionaren abgegeben werden (Sekundaraktien), und den Aktien, die im Rahmen einer Kapitalerhohung neu emittiert werden (Primaraktien). WShrend eine

reine

Umplatzierung

Unternehmen

kein

von Aktien der

neues

Kapital

zufuhrt,

bisherigen steht

Gesellschafter

das

Geld

aus

dem einer

Kapitalerhohung ausschliefilich dem Unternehmen zur Verfijgung. Weder im Amtlichen Handel noch im Geregelten Markt (ebenso im Prime bzw. General Standard) existiert eine Anforderung, die das Verhaltnis von Primar- zu Sekundaraktien regelt. Nach den Vorschriften des Neuen Marktes musste das zu platzierende Emissionsvolumen zu mindestens 50% aus einer Kapitalerhohung stammen. Eine reine Umplatzierung seitens der Altgesellschafter wurde somit unterbunden, und 50% des

Emissionserloses flossen

ausschliedlich

dem

Unternehmen zu/^^ Daruber hinaus interpretiert der Markt das weitere Mittragen des unternehmerischen RIsikos durch die bisherigen Eigentumer als ein Zeichen des Vertrauens in die zukunftige Unternehmensentwicklung/^ Eine zu hohe Sekundarplatzierung der Altaktionare wurde den Eindruck einer eigennijtzligen, personlichen Bereicherung („Kassemachen"^^^) en/vecken. -

Die Hohe des Streubesitzes bestimmt die Anzahl der Aktien, die an neue Aktionare abgegeben werden. Wahrend der Amtliche Handel einen Mindeststreubesitz von 25% vorschreibt, gibt es fur den Geregelten Markt keine derartige Regelung (ebenso im Prime bzw. General Standard). Im Neuen Markt mussten mindestens 20% der Aktien von neuen Aktionaren enA/orben werden, wobei ein Streubesitz von 25% empfohlen wurde.^^ Die Untergrenze von 25% des Grundkapitals wird empfohlen, da hierdurch die Bereitschaft der Altgesellschafter dokumentiert wird, den Neuaktionaren die Rechte einer quallfizierten Mehrheit einzuraumen. Durch die Schaffung qualifizierter Mehrheitsrechte dokumentieren die Altaktionare, dass sie sich auch als Mehrheitsanteilseigner weiterhin fur das Unternehmen engagieren, gleichzeitig aberden neuen Aktionaren Mitwirkungsrechte einraumen.^^^

^^^ Ziffer 3.7 und 3.8 Regelwerk Neuer Markt. Vgl. auch Biattchen / Jasper, 1999, S. 29. ^^ Vgl. Hommel / Vollrath, 2001, S. 604 f. ^^^ Korfsmeyer, 1999, S. 205. ^^ Siehe Kapitel 3.2, S. 45. ^^^ Vgl. Rc)dl /Zinser, 2000, S. 321; TItzrath, 1995, S. 140.

221 Die Marktkapitalisierung der im Streubesitz befindlichen Aktien bestimmt die Hoiie des Emissionsvolumens. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere institutionelle Investoren grofie Aniagevolumina zeiciinen, steigt die Attraktivitat eines Unternehmens mit der Hohe des Emissionsvolumens/^ Zur Sicherstellung einer ausreichenden Liquiditat verlangt der Amtiiciie Handel ein Mindestemissionsvolumen von Euro 2,5 Mio., im Geregelten Markt sind es nur Euro 0,25 Mio. (ebenso im Prime bzw. General Standard). Der Neue Markt verlangte ein Mindestemissionsvolumen von Euro 5 Mio/®® Zur Sicherstellung einer ausreichenden Liquiditat gehen Emissionsbanken von einem bestimmten Emissionsvolumen aus (hier: Euro 25 Mio.)/®° Zur

Vermeidung

ubermafliger

Kursschwankungen

im

Anschluss

an

die

Notierungsaufnahme lassen sich die Konsortialbanken eine Mehrzuteilungsoption, den so genannten „Greenshoe"^®^ einraumen. Der Greenshoe gewahrt der Konsortialbank innerhalb einer Frist von ca. 30 Tagen die Option, entweder aus dem Bestand der Altaktionare oder durch eine zusatzliche Kapitalerhohung weitere Aktien, in der Regel 10% bis 15% des ursprunglichen Platzierungsvolumens, zu den gleichen Emissionsbedingungen zu beziehen. Wahrend der Zuteilungsphase verkauft die Konsortialbank den Greenshoe zusammen mit dem eigentlichen Platzierungsvolumen an die neuen Aktionare als Leerverkauf. Kommt es zu einer Uberzeichnung des Angebots, dann wird der ursprungliche Leerverkauf mit den Aktien aus der Mehrzuteilungsoption glattgestellt. Der Greenshoe gilt als ausgeubt. Durch die Ausubung des Greenshoe wird das ursprunglich geplante Emissionsvolumen erhoht, das Unternehmen oder die Altaktionare erhalten zusatzliches Kapital, und die Liquiditat der Aktien wird durch eine hohere Stuckzahl verbessert. Gerat der Kurs hingegen In den ersten Tagen durch kurzfristige Verkaufe unter Druck, wird der Greenshoe nicht ausgeubt bzw. die leerverkauften Aktien wurden von der Konsortialbank zuruckgekauft, was ebenfalls eine kursstabllisierende Wirkung zur Folge hatte.^®^

^^^ Vgl. Buschgen. 1997, S. 102. ^®® Siehe Kapitel 3.2. S. 45. ^®°SieheKapitel 2.1.2.2 S. 17. ^®^ Der Begriff Greenshoe geht zuruck auf die Emission der ..Greenshoe Manufacturing Company", bei der dieses Instrument zur Kurzpfiege zum ersten Mai eingesetzt wurde. Vgl. hierzu Picot / Land. 1999,8.574. ^^^ Vgl. O.V., 2002e. S. 25. Mai, 2000. S. 118; Stangner / Moser. 1999. S. 761.

222 5.2.4.2 Empirische Evidenz zur Emissionsstruktur Zu den Borsengangen der Jahre von 1997 bis 2004 lagen keine Daten zum Verhaltnis Primar- versus Sekundaraktien vor. Bekannt ist die Anzahl der Borsengange je Segment, so dass zumlndest in Abliangigkeit von den Anforderungen der Borsensegmente die Aussage getroffen werden kann, dass bei 73% der Unternehmen (Notierungen am Neuen Markt) mindestens 50% der Aktien aus einer Kapitaierholiung stammen mussten (sielie Abbildung 35).

Ea Amtlicher Handel D Geregelter Markt • Neuer Markt

Abbildung 35:

Borsensegmentwahl

Wahrend des Betraclitungszeitraums liatten 89% der Unternehmen einen Streubesitz von groBer gleich 25% (siehe Abbildung 36), was ungefalir der Anzahl der Notierungsaufnahmen im Amtlichen Handel und Neuen Markt entspricht, in welchen eine solche GroBenordnung vorgeschrleben ist bzw. war.

D < 25% • >= 25%

Abbildung 36:

Streubesitz von 25%

Bei einer Staffelung des Streubesitzes in 10%-Schritte zeigt die nachste Abbildung 37, dass die moisten Unternehmen durchaus bereit waren, einen groBeren

223 Streubesitz zu akzeptieren (Durchschnitt 44%, Median 40%), und damit ihren neuen Aktionaren Mitbestjmmungsrechte zubilligten.

<10% <20% <25% <30% <40% <50% <60% <70% <80% <90% < 100%

Abbildung 37:

Streubesitzverteilung

In Abhangigkeit vom Emissionsvolumen zeigt Abbildung 38, dass uber 90% (118 kleine und 264 mittlere Unternehmen) der kleinen und mlttleren Unternehmen mit einem Emissionsvolumen von bis zu Euro 250 Mio. einen Streubesitz von grofier gleich 25% offerieren, wahrend dies nur 78% (25 Unternehmen) der Unternehmen mit einem Emissionsvolumen von uber Euro 250 Mio. taten. Letzteres lasst sich mit der geringen LIquiditat kleinerer Emissionen eriautern, die diese uber einen entsprechend grofien Streubesitz positiv beeinflussen konnen. 300 250 g 200 Z 150 (0 N

< 100

50

^ bis Euro 25 Mio.

bis Euro 250 Mio.

uber Euro 250 Mio.

n<25% •>=25%

Abbildung 38:

Streubesitz in Abhangigkeit vom Emissionsvolumen

224 Das Emissionsvolumen lag wahrend des Betrachtungszeitraums bei 64% der Unternehmen zwischen Euro 25 und Euro 250 Mio. Ein Emissionsvolumen kleiner glelch Euro 25 Mio. hatten 29% der Unternehmen, ijber Euro 250 Mio. 7% der Unternehmen (siehe Abbildung 39).

a bis Euro 25 Mio. • bis Euro 250 M\o. a uber Euro 250 Mio.

Abbildung 39:

Emissionsvolumen (drei GroBenklassen)

Bei einer detaillierteren Skalierung der Emissionsvolumina zeigt Abbildung 40, dass die meisten Unternehmen ein Emissionsvolumen zwischen Euro 25 und Euro 50 Mio. aufwiesen. Der Median lag bei Euro 39 Mio., der Durchschnitt bei Euro 119 Mio.

< 25

< 50

< 75

< 100 < 125 < 150 < 175 < 200 < 225 < 250 > 250 EmissionsNolumen Euro Mio.

Abbildung 40:

Emissionsvolumen (elf GroBenklassen)

Die nachfolgende Abbildung 41 fasst die Ergebnisse zur Emissionsstruktur noch zusammen. Das Emissionsvolumen sollte dabei zu einem groBen Tell aus einer Kapitalerhohung stammen, da nur dieses dem Unternehmen zuflieBt und zur Finanzierung des kunftigen Wachstums ven/vendet werden kann (Empfehlung 50%). Durch eine solche Verpflichtung wird der Borsengang nicht zu einer reinen Exit-Strategie fur

225 die Altgesellschafter, sondern bedingt eine Wachstumsstrategie des Untemehmens, die zusatzliches Kapital erfordert. Letzteres fordert ein hGheres Emissionsvolumen und damit die Liquiditat der Aktie/®^ Ebenfalls zur Sicherstellung einer hohen Liquiditat und damit auch Attraktivit^t gegenuber den Konsortialbanken und Beratern sollte das Emissionsvolumen uber den Anforderungen der Segmente liegen (iiier Empfehlung Euro 25 IVIio.). Ein Streubesitz von uber 25% signallsiert die Bereitschaft der AltaktionSre, die neuen AktionSre an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Daruber hinaus wirkt sicii ein holier Streubesitz bei kleineren Emissionsvolumina positiv auf die Liquiditat aus. Zum Greenshoe wurden keine Daten erhoben. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine Steuerungsgrofie, die im Rahmen des Bookbuilding-Verfahrens angewendet wird. Letzeres war mit 97% das dominierende Verfahren wahrend des Betrachtungszeitraums/®^

Pre-lPO

I PO-Emissionsstruktur

Post-IPO

Verhallnis zum Platzierungsvolumen (empfohlen50%)

Abbildung 41:

Zusammenfassende Darstellung zur Emissionsstruktur

' Vgl. Heitzer / Sohn, 1999, S. 4 0 1 . * Siehe Abbildung 45. S. 234.

226 5.2.5 Emissionszeitpunkt 5.2.5.1 Entscheidungsfaktoren des Emissionszeitpunkts Der Emissionszeitpunkt ist abhangig von unternehmensinternen und unternehmensexternen Faktoren. Die unternehmensinternen Faktoren beziehen sich zum einen auf die Notwendigkeit, neues Elgenkapital aufnehmen zu mussen, und zum anderen auf die Verfugbarkeit aktueller Unternehmenszahlen: -

Bin gegebener Elgenkapitalbedarf zur Umsetzung strategischer Ziele bestimmt das anvisierte Zeitfenster der Emission. Entsprechend ist die Notierungsaufnahme nach den Finanzpianen und Zielvorstellungen des Unternehmens auszurichten. Die Beriicksichtigung der anderen hier angefuhrten Einfiussfaktoren sollte jedocii eine flexible Festlegung des Emissionszeltpunktes ermoglichen. Gegebenenfalls musste der Elgenkapitalbedarf mit alternativen Finanzierungsmitteln uberbruckt werden/®^

-

Die Jahresabschluss- bzw. Quartalszahlen durfen fur die Borsennotierung nicht alter als vier Monate sein/®® Ein z.B. fur das erste Quartal (Geschaftsjahr) geplanter Borsengang kann in der Regel nur in den ersten drei Wochen noch auf Basis der Neun-Monats-Zahlen des vergangenen Geschaftsjahres umgesetzt werden, danach en/varten die Investoren die Zwolf-Monats-Zahlen des gesamten Jahresabschlusses. Letzteres bedingt vor dem Hintergrund eines anvislerten Zeitfensters einen kurzfristigen Abschluss der jeweiligen Unternehmenszahlen.

Die unternehmensexternen Faktoren beziehen sich auf einen Jahresrhythmus und damit verbundene Ruhephasen, die aiigemeine Kapitalmarktsituation und die Emissionstatigkeit von Unternehmen des eigenen Sektors und anderer Sektoren: -

In der Vergangenheit hat das Emissionsgeschaft einen Jahresrhythmus mit jeweils zwei klar ausgepragten Ruhephasen gezeigt, die Sommermonate mit Schwerpunkt August und die Zeit um den Jahreswechsel. Die Sommerpause ist bedingt durch die Uriaubszeit, wahrend die Winterpause neben der Uriaubszeit vom Geschaftsjahresende der institutionellen Investoren bestimmt wird, die zu

^^^Vgl. Drill, 1995, S. 166f. ^®® Siehe Kapitel 3.2, S. 45 zu den Anforderungen der Borsensegmente.

227 diesem Zeitpunkt ihren Jahres- bzw. Portfolioabschluss vorbereiten und nur noch selektiv Investltionen tatigen/®^ Die allgemeine Kapitalmarktsituation bezieht sich auf die Aufnahmefahigkeit und -willigkeit des Kapitalmarktes. In einer Haussephase sind maximal erreichbare Emissionskurse wahrscheinlicher als in Baissephasen. Obgleich eine Haussephase nicht dazu verleiten sollte, den hochsten Emissionskurs zu erreichen. Eine anschlieflend einsetzende Baissephase kann den Kurs weit unter den Emissionskurs drijcken, was zu einer Abneigung der Investoren fuhren kann, zukiinftige Kapitalerhohungen zu zeichnen/®® Die Kapitalmarkttatigkeit des Wettbewerbs ist ein weiterer Bestimmungsfaktor fur die Festlegung des Emissionszeitpunktes. Das erste aus einer bestimmten Branche gelistete Unternehmen erzielt gegenuber Wettbewerbern Vorteile wie z.B. einen hoheren Bekanntheitsgrad, ein grolieres Kundenvertrauen und eine leichtere Mitarbeitergewinnung. Gleichzeitig eroffnen die aus dem Borsengang zuflieflenden Mittel die Moglichkeit, in neue Produkte zu investieren, die Internationale Expansion zu forcieren und Marktanteile durch Akquisitionen von Wettbewerbern zu stelgern. Insgesamt gibt der Borsengang dem Unternehmen einen Schub (Momentum), der zu einer Verbesserung der Wettbewerbsposition gegenuber nicht borsennotierten Unternehmen fuhren kann. Fur die nicht borsennotierten Wettbewerber eroffnen sich zwei Alternativen: Entweder mussen mogliche Wettbewerbsnachteile einer Nicht-Notierung in Kauf genommen werden Oder die Wettbewerbschancen mussen uber einen eigenen Borsengang gewahrt werden/®^ Die Konsequenz ist, dass Unternehmen eines Wettbewerbssektors, die sich fur einen Borsengang entschieden haben, in einem relativ engen Zeitfenster ihre Borsengange realisieren und damit SektonA^ellen auslosen. So war der Neue Markt in den 1998ern von Technologie-Maschinenbau und Hardware, in den 1999ern von Software und Media / Entertainment und Anfang der 2000er von Internet und Biotechnologie bestimmt/^°

^^^ Vgl. Benner / Schnatz / Tellkamp, 1999, S. 33; auch Salzer, 2004, S. 74. ^®®Vgl. Drill, 1995. S. 167. ^®® Vgl. Deutsche Borse AG, 2003, S. 25; Gerke / Bank, 1999, S. 17, die In diesem Zusammenhang auch von einem „Pull-Effekt" sprechen. ^^° Vgl. Borghoff. 2000. S. B3; Benner / Schnatz / Tellkamp, 1999, S. 10 f.

228 -

Neben den BorsengSngen direkter Wettbewerber ist auch die Emissionsaktivit^t in anderen Sektoren zu beobacliten. So konnen die Unternehmen anderer Sektoren die Aufmerksamkeit der Investoren gleiclisam auf sich lenken. Insbesondere grade Emissionen wie die der Deutschen Telekom Oder der Deutsclien Post Ziehen nicht nur grofie Aufmerksamkeit auf sich, sondern absorbieren auch eine groRe Menge des zu dem Zeitpunkt zur Verfugung stehenden nachfragenden Kapitals. Emissionen, die im zeitlichen Schatten grolier Emissionen platziert werden,

mussen

eine

beeintrachtlgte

Aufmerksamkeit

und

Nachfrage

berucksichtigen/^^ 5.2.5.2 Empirische Evidenz zum Emissionszeitpunkt Fur den Betrachtungszeitraum liegen im Rahmen dieser Arbeit nur Daten zum Emissionsdatum vor, die nachfolgend analysiert werden. Bei der Wahl des Emisslonszeitpunkts zeigt sich in den Jahren von 1997 bis 2004 der zuvor beschriebene Jahresrhythmus (siehe Abbildung 42). Trotz der hohen Anzahl von Borsengangen in den Jahren 1999 und 2000 lasst sich im Spatsommer (August) und zum Jahreswechsel (Dezember und Januar) eine geringe Emissionstatigkeit feststellen.

Jan. Feb. MSr. Apr.

Abbildung 42:

Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.

Wahl des Emisslonszeitpunkts

Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 2001, S. 03-2-a f.

229 Mit steigender Anzahl von Borsengangen, insbesondere durch den Neuen Markt wahrend der Jahre 1998 bis 2000, verteilten sich die Emissionen immer meiir uber das Jaiir. Abbildung 43 vergieicht die Emissionen des Jahres 1999 (insgesamt 172 BorsengSnge) mit denen des Jahres 2001 (insgesamt 22 BOrsengange), in welchem die Emissionstatigkeit bereits drastiscii zuruckgegangen war. 25 20

15 g 10

JO Jan.

t

Feb. Mar. Apr.

Mai

Jun.

Jul.

t

Aug. Sep. Okt.

Nov. Dez.

• 1999 0 2001

Abbildung 43:

Wahl des Emissionszeitpunkts in 1997 und 2001

Der Vergleich der beiden Jahrgange von 1999 und 2001 zeigt, dass bei einer hohen Anzahl von Borsengangen auch die Ruhephasen zunehmend frequentiert werden. Erklart wird diese Entwicklung damit, dass es bei einer hohen Anzahl von Emissionen fur ein einzelnes Unternehmen schwieriger wird, eine ausreichende Aufmerksamkeit der Investoren wahrend hochfrequentierter Monate zu generieren. Dies begijnstigte die Entscheidung, einen Emissionszeitpunkt in einem eher ruhigen Zeitfenster zu wahlen/^^ Die letztendliche Feststellung des Zeltpunktes sollte mit den Beratern eingehend analysiert und abgestimmt werden. Insbesondere die Konsortialbanken verfugen uber umfangreiche Erfahrungen, aber auch uber Kontakte zu institutionellen Investoren, urn ein geeignetes Zeitfenster fur eine Emission zu bestimmen. Die damit verbundene Unsicherheit der Bekanntgabe des Notierungstermins sollte deshalb erst sehr spat und nur nach Rucksprache mit den Beratern kommuniziert werden/^^

Vgl. Benner / Schnatz / Tellkamp, 1999, S. 33 f. Wgl. Koch, 1996, S. 145.

230 5.2.6 Publizitat zum Borsengang (affektive Phase) Mit der Strukturierungsphase beginnt die eigentliche Kapitalmarktkommunikation, d.h. der bevorstehende Borsengang und die damit verbundene Strategie und Konzeption konnen zum ersten Mai offen thematisiert werden. Das Ziel ist dabei die weitere Erhohung des Bekanntheitsgrades des Unternehmens, urn das Vertrauen potenzleller Investoren zu starken/^^ Konnte wahrend der Vorbereltungsphase die Kommunikation zum operativen Geschaft des Unternehmens genutzt werden, um implizit den Bekanntheitsgrad des Unternehmens fur den spateren Borsengang zu erhohen, so kann wahrend der Strukturierungsphase die kapitalmarktorientierte Kommunikation dazu benutzt werden, um wiederum implizit fur das operative Geschaft zu werben/^^ Wahrend der Strukturierungsphase geht die Kommunikation dabei von der kognitiven zur affektiven Phase uber (Abbildung 44). Es gilt, das Interesse der Adressaten zunachst fur die weitere Unternehmensentwicklung und anschliefiend fur eine Beteiligung am Unternehmen selbst zu wecken/^® Der konkrete Termin der Notierungsaufnahme muss auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gegeben werden, obglelch das Zeltfenster im Vergleich zur Vorbereitungsphase deutlich eingegrenzt werden kann. Erst wahrend der Pressekonferenz zu Beginn der Roadshow, ca. ein bis zwei Wochen vor der Notierungsaufnahme, muss der Termin endgultig bekannt gegeben werden.^^^ Kognitive Phase

" ^ ^ ^

• Aufmerksamkeit, Bekanntheil| • Aufbau eines Images

Abbildung 44:

Affektive Phase

• Interesse an der Unternehmensentwicklung • Wunsch, am Untemehmen beteiligt zu werden

^ - " ^

Handlungsphase

J^

• Kauf der Aktie

Kommunikationsphasen (affektive Phase)

Wahrend der Strukturierungsphase wird die Einbindung einer spezialisierten Investor-Relations-Agentur empfohlen, da das Unternehmen noch uber keinerlei Erfahrung in der Kapitalmarktkommunikation verfugt. Die Agenturen ubernehmen fur den Borsenkandidaten die Aufgabe, ein detailliertes Kommunikationskonzept zu

^^^ Vgl. Droste, 2001, S. 138 f.; Hinz / Schmeisser, 2001, S. 130. ^^^ Vgl. Knorr, 2000, S. 181; Serfling / Rape / Kressin, 1999, S. 296. ^^® Siehe Kapitel 4.3, S. 181. Vgl. auch Trobitz/Wilhelm. 1996, S. 178. ^^^ Vgl. Glelsner / Kebbel, 2000, S. 24; o.V., 2000b. S. 20; RodI / Zinser, 2000, S. 300.

231 erarbeiten, das eine professionelle Presentation des Untemehmens gegenuber der Financial Community ermSglicht. Entscheidend sind dabei nicht nur die Erfahrungen der Agenturen, ein einheitliches Erscheinungsbild des Unternehmens in alien Kommunikationsmittein sicherzustellen, sondern auch insbesondere deren Kontakte zu den Ansprechpartnern in der Presse und den Medien/^® 5.3

Platzierungsphase

Die Platzierungsphase beginnt ca. drei Wochen vor der Notierungsaufnahme und beinhaltet die Emissionspreisfindung. In Abhangigkeit vom Platzierungsverfahren wird die Publizitcit zur Notierungsaufnahme festgelegt/^® 5.3.1 Platzierungsverfahren 5.3.1.1 Alternative Platzierungsverfahren Die Festlegung des Emissionskurses steht in einem Spannungsfeld zwischen den Interessen des Unternehmens, der Altaktionare, der Konsortialbanken und der potenziellen Investoren. Vordergrundig sind das Unternehmen und die Altaktionare an einem moglichst hohen Emissionskurs und damit Mittelzufluss fur das Unternehmen bzw. die Altaktionare interessiert. Fur die Konsortialbanken ist das eigene Ansehen als Emissionsbank von Bedeutung, aus diesem Grund praferieren sie einen Emissionskurs, der einen angemessenen Spielraum fur eine positive Sekundarmarktentwicklung eriaubt. Eine Emission wird seltens der Konsortialbanken als erfolgreich beurtellt, wenn sich der fortlaufende Kurs positiv entwickelt. Fallt der Kurs nach der ersten Notiemng nachhaltig unter den Emissionskurs, gilt die Emission als MIsserfolg. Die Investoren sind in erster Linie - zur Maximierung ihrer Rendite - an einem moglichst niedrigen Emissionspreis interessiert/®^ Der Interessenskonflikt zwischen Unternehmen und Bank relativiert sich jedoch, da kein Emittent daran interessiert sein sollte, seinen Borsengang wegen eines zu hohen Emissionskurses zu einem MIsserfolg werden zu lassen. Fur den Emittenten ist eine positive Sekundarmarktentwicklung wichtig, urn ein entsprechendes Ansehen

^^® Vgl. Hacker / Unser / Veeser u.a., 2001, S. 673; Kirchhoff, 2001, S. 803. ^^^ Vgl. Blattchen / Jasper, 1999. S. 88. ^®° Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001a, S. 225 f.; Escher-Weingart, 2000, S. 167.

232 am Kapitalmarkt aufzubauen und auch kunftig den Zugang zum Kapitalmarkt zu gewahrleisten. Bei einem zu hohen Emissionspreis wurden die Investoren die Aktie erst gar nicht kaufen bzw. nicht weiter nachkaufen, da die Aktien als fundamental ubenA/ertet angesehen wurden. Die fehlende Nachfrage wurde jede weitere Kurssteigerung verhindern. Die damit fehlende Kursphantasie der Aktie wiirde wiederum zukunftige Kapitalmarkttransaktionen erschweren. Das Unternehmen sollte vielmehr darauf bedacht sein, ein positives Emissionsansehen aufzubauen, um spatere Kapitalmadnahmen problemlos und vor allem zu gunstigen Kondltionen durchfuhren zu konnen. Notwendig dazu ist, das Vertrauen der Anieger in die Werthaltigkeit und positive Entwicklungsfahigkeit der Aktien zu starken. Ist die Neuemission zu teuer, d.h., der erste Kurs fallt nachhaltig unter den Emissionskurs, so geht das zu Lasten des Vertrauens und damit des Ansehens des Unternehmens. Letzteres kann in der Regel erst wieder langsam und sehr kostenintensiv aufgebaut werden/®^ Die Kursfindung orientiert sich zudem am Kaufverhalten der Anieger. Diese bewerten den Kauf einer Neuemission in der Regel im Vergleich zu alternativen Anlagemoglichkeiten. Konsortialbanken verweisen

haufig auf die

Notwendigkeit,

bei

BorsengSngen Investoren durch einen attraktiven Emissionspreis einen Zeichnungsanreiz zu bieten. Ein Kursgewinn am ersten Handelstag soli gewissermaden der Startschuss fiir eine positive Kursentwicklung der Aktie im Sekundarmarkt sein. Um zum Kauf der neuen Aktien anzuregen, wird in der Praxis ein Kursabschlag von bis zu 10% gegenuber vergleichbaren, bereits borsennotierten Unternehmen als angemessen angesehen.^®^ Das Platzierungskonzept sollte letztendlich so ausgewogen sein, dass auf der einen Seite die Vorstellungen und Wunsche des Unternehmens und der Altgesellschafter angemessen berucksichtigt werden und auf der anderen Seite die Anforderungen des Kapitalmarktes vollstandig mit einbezogen sind. Im Zweifel werden Vorstellungen des Unternehmens zuruckstehen mussen, denn gegen den Markt lasst sich kein Borsengang realisieren. Die Aufgabe des Konsortialfuhrers ist, die Kapitalmarktsituation auszuloten und einen Interessensausgleich herbeizufuhren.^®^

^®^ Vgl. Bruhl. 2001. S. 195 f.; Flach / Wilhelm, 1997, S. 104; Titzrath, 1995, S. 141 f. ^^^ Vgl. Bruhl / Oei, 2001, S. 649 f.; Titzrath, 1995, S. 141 f. ^^^ Vgl. Serfling / Rape / Kressin, 1999, S. 291 f.; Wegmann / Koch, 1999, 516.

233 Um die Kapitalmarktsituation und damit das Interesse der Investoren zu berucksichtigen, lassen sich drei Emissionsverfahren voneinander unterscheiden:^®^ -

Bis IVIitte der neunziger Jahre wurden Neuemissionen fast ausschliefiiich mittels des so genannten „Festpreisverfahrens" platziert. Die Konsortialbanken ubernehmen dabei alle zu platzierenden Aktien zu einem voriier garantierten Preis. Da die Preisfeststellung weitgeiiend unabhangig von der tatsachlichen Naciifrage erfolgt, gehen die Emissionsbanken ein Platzierungsrisiko ein: Wird die Zeichnungsbereitschaft der Investoren zum festgesetzten Emissionspreis uberschatzt, besteht die Gefahr, dass der dem Emittenten garantierte Preis nicht am Kapitalmarkt erzielt wird Oder zunn festgesetzten Preis ein Teil der Aktien nicht platziert werden kann, so dass die Konsortialbanken ungewollt Aktionare des Borsenneulings werden. Die Preisfindung von Neuemissionen erfolgt deshalb seitens der Konsortialbank beim Festpreisverfahren auflerst zuruckhaltend/®^

-

Das so genannte „Bookbuilding-Verfahren" zeichnet sich durch eine preisliche Flexibilisierung aus, indem mit der Bookbullding-Spanne ein Preisintervall angegeben wird, innerhalb dessen Zeichnungsauftrage limitiert oder unlimitlert abgegeben werden konnen. Die Zeichnungsauftrage werden dabei in einem zentralen Orderbuch (englisch Book) erfasst. Bei der endgultlgen Festlegung des Emissionspreises innerhalb der Bookbuilding-Spanne ist die Bank in ihrer Entscheidung volllg unabhangig. Bei einer mehrfachen Uberzeichnung erfolgt die Preisfestsetzung am oberen Rand der Bookbuilding-Spanne. Eine zusatzliche preisliche Flexibilisierung kann durch eine Anpassung der Bookbuilding-Spanne wahrend der Marketing-Phase erreicht werden.^®® Im Vergleich zum Festpreisverfahren ist fur die Konsortialbanken ein wesentlicher Vorteil, dass sie die neuen Aktien lediglich zum Nominalwert ubernehmen mussen. Erst nach Abschluss der Platzierung wird das Agio abzuglich der Emissionsprovislon an das Unternehmen uberwiesen. Damit reduziert sich das Platzierungsrisiko der Konsortialbanken auf den Nominalwert der Aktien.^®^ Das Bookbuilding-Verfahren berucksichtlgt somit die Aniagewunsche welter Investorenkrelse und reduziert das Risiko eines allein auf

^^^ Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001a, S. 225 f.; Koch /Wegmann, 1998. S. 209. ^^^ Vgl. Bruhl / Oei, 2001, S. 679 f.; Trobitz / Wilhelm. 1996. S. 173. '®Wgl. Zacharias. 2000, S. 281-283. ^^^ Vgl. Baumeister / Werkmeister. 2001a. S. 226 f.; Noack, 2001. S. 345 f.

234 Unternehmensbewertungsverfahren

begrundeten, aber mGglicherweise nicht

marktgerechten Emissionspreises/®® -

Bei dem so genannten „Bleterverfahren" bestehen die Gebote in limitierten ZeichnungsauftrSgen, von denen jeder Bieter mehrere unterschiedlich limitiert abgeben kann. Das vorab festgelegte Emissionsvoiumen wird dann sukzessive auf die Bieter gemad der H6he ihrer Zeichnungslimits zugeteilt, bis das verfugbare Aktienvolumen verteilt oder die Zeichnungsnachfrage befriedigt ist/®®

5.3.1.2 Empirische Evidenz zu den Platzierungsverfahren W^hrend des Betraclitungszeitraums war das Bookbuilding-Verfaiiren mit 97% das dominierende Platzierungsverfahren (sielie Abbildung 45). Das Festpreisverfahren wird derzeit nur noch bei sehr kleinen Emissionen angewandt. Preisorientierte Auktionen wie das Bieterverfahren stellen fur Emissionen derzeit noch die Ausnahme dar/®° Die Flexibilitat der Preisfestsetzung und die IVIoglichkeiten, wahrenddessen auf potenzielle Investoren noch Einfluss nehmen zu konnen, macht dieses Verfahren insbesondere fur die Investor Relations attraktiv/®^

• Bookbuilding D Festpreis

Abbildung 45:

Wahl des Platzierungsverfahrens

^®® Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001a. S. 228; Rosen, 2000, S. 83.; Picot / Land, 1999, S. 573. Zu moglichen Einschrankungen des Bookbuilding-Verfahrens durch die Anderungen des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) zum 1. Juli 2005 vgl. SuBmann, 2005, S. 76 f. Da die Ver6ffentlichung des WpPG mit dem Abgabetermin dieser Arbeit zusammenfailt, sind diese VerSnderungen nicht mehr berucksichtigt worden. ^®^ Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001a, S. 226 f.; Weiler, 2001, S. 97 f. ^^ Vgl. Baumeister / Werkmeister, 2001a, S. 228.

235 5.3.2 Publizitat zur Notierungsaufnahme (Handlungsphase) Die Platzierungsphase (bezogen auf das Bookbuilding-Verfahren) beginnt ca. drei Wochen vor der Notiemngsaufnahme und untertejlt sich in die Pre-Marketing-, die IVIarketing- und die Zuteilungsphase. Nach der Zuteilungsphase ist der eigentllche Borsengang abgeschlossen, und die SekundSrmarktphase beginnt/®^ Wahrend der Platzierungsphase geht die Kommunikation von der affektiven Phase in die Handlungsphase uber. Durch die direkte Ankundigung, die Aktien kaufen zu konnen, wird versucht, die positive Haltung der Zielgruppen gegenuber dem Unternehmen in eine Kaufhandlung umzuwandeln/®^ J^J^

Kognitive Phase

• Aufmerksamkeit, Bekanntheit| • Aufbau eines Images

Abbildung 46: Die

Investoren,

Affektive Phase

• Interesse an der Unternehmensentwicklung • Wunsch, am Untemehmen beteiligt zu werden

^ ^ ^

Handlungsphase

^ •

• Kauf der Aktie

Kommunikationsphasen (Handlungsphase) insbesondere

die institutionellen,

genieBen

wahrend der

Platzierungsphase die hochste Aufmerksamkeit. Deren Bedeutung zeigt sich an dem verstarkten

Einsatz

personlicher

Kommunikationsmalinahmen.

Die privaten

Investoren werden mit Hilfe der Wirtschaftsjournalisten und Aniageberater zum Kauf der Aktien aufgefordert. Hierbei kommen verstarkt unpersonllche Kommunikationsmlttel zum Einsatz/®"* Wahrend der Platzierungsphase sind die Verpflichtungen der Going-Public-Grundsatze zur Einhaltung der Quiet Period zu berucksichtigen/®^ Vier Wochen vor dem offentlichen Angebot bis 30 Kalendertage nach der Erstnotiz darf der Emittent keine Angaben mehr machen, die sich nicht im Prospekt befinden; die Emissionsbanken durfen zwei Wochen vor dem offentlichen Angebot bis 30 Tage nach der Erstnotiz keine neuen Unternehmensstudien herausgeben. Die Quiet Period deckt damit den Zeitraum im Vorfeld der Emission ab, in dem der Prospekt von den zustandigen

^®^ Vgl. Biattchen / Jasper, 1999, S. 88. ^^^ Siehe auch Kapitel 4.3, S. 181. ^^^ Vgl. Lindner, 1999, S. 228-231. ^®^SieheKapitel4.2.1.3, S. 97.

236 Zulassungsstellen (BaFin) gepruft wird und bereits erste unverbindliche Gesprache mit mGglichen Investoren stattfinden (Pre-Marketing). Unabhangig von der Quiet Period durfen neben dem Prospekt andere Kommunikationsmittel weiterhin veroffentlicht werden, solange die darin entiialtenen Informationen uber den Emittenten inhaltlich mit den entsprechenden Informationen im Prospekt ubereinstimmen. Aucli der Kontakt zur Presse darf wShrend dieser Zeit bestehen bleiben, es durfen nur keine Infomriationen „am Prospekt vorbei"^®® weitergegeben werden. 5.3.2.1 Pre-Marketing Im Rahmen des Pre-Marketings wird seitens der Konsortialbanken versucht, potenzielle Investoren auf das Unternehmen und dessen Investment Case einzustimmen. Hierzu werden die Researchberichte der Analysten, der Geschaftsbericht, der unvollstandige Prospekt und gegebenenfalls Image- und Produktbroschuren des Unternehmens verschickt/®^ Mit dem unvollstandigen Prospekt raumt das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz

dem Unternehmen die Moglichkeit ein, ohne

Kenntnis der abschlielienden Emissionsdaten wichtige rechtliche Unternehmensinformationen weiterzugeben. Einzelne Angebotsbedingungen, die erst kurz vor der Notierungsaufnahme festgesetzt werden, konnen spater nachgetragen werden. So wird im Falle des Bookbuilding-Verfahrens im unvollstandigen Prospekt zunachst nur die Bookbuilding-Spanne angegeben, der Nachtrag zum unvollstandigen Prospekt enthalt dann den endgijltlgen Emissionspreis.^^® Ober eine anschliefiende Kontaktaufnahme (z.B. telefonisch) der Konsortialbanken mit den institutionellen Investoren wird die Marktstimmung eruiert und eine noch unverbindliche Preiseinschatzung eingeholt. Die Preiseinschatzung der Investoren orientiert sich dabei an der indikativen Unternehmensbewertung in den Researchberichten. Das Feedback der Investoren gilt als Maflstab fur die Festlegung der Bookbuilding-Spanne. Daruber hinaus erhalten die Konsortialbanken einen EIndruck von dem Interesse der Investoren, die wahrend der Roadshow gezielt angesprochen werden konnen.^®®

^^^ Ziffer 5 Going-Public-Grundsatze (mit Bemerkungen). ^^^ Vgl. O.V., 2002f, S. 45; Janke, 2001, 8. 790. ^^^Siehe 4.1.2.1.1,8: 80. ^^® Vgl. Bruhl / Oei, 2001. 8. 649 f.; Droste, 2001, S. 142; 8tangner / Moser, 1999, 8. 761.

237 5.3.2.2 Marketing Wahrend der Marketing-Phase geht es urn die eigentliche Platzierung der Aktien. Dabei entsciieiden die richtige Preisfindung und Streuung der Aktien uber den Erfolg Oder IVIisserfolg des B6rsengangs.®°° Zu diesem Zeitpunkt zeigt sich, ob der Unternehmenswert und damit der Emissionskurs bei den Investoren auf eine breite Zustimmung und Akzeptanz stoflen. Durch die gezielte Kommunikations- und Informationspolitik sollte nicht nur Interesse fur das Unternehmen geweckt worden sein, sondern letztendlich auch der Wunscii, die Aktie zum angemessenen Kurs zu kaufen.«°^ Die Marketing-Pinase beginnt mit einer Pressekonferenz, auf der der Investment Case des Unternehmens noch einmal vorgestellt wird und die Daten der Borsennotierung bekannt gegeben werden. Spatestens zu diesem Zeitpunkt muss das Datum der Notierungsaufnahme veroffentlicht werden. Daruber hinaus wird die Bookbuilding-Spanne fur den Emissionskurs, die Anzahl der Primar- und Sekundaraktien und die angestrebte Aktionarsstruktur kommuniziert. Unmittelbar im Anscliiuss an die Pressekonferenz werden diese Informationen sowohl von der Presse als aucli vom Unterneiimen und den Konsortialbanken an die Offentlichkeit weitergegeben. Ebenfalls direkt im Anschluss an die Pressekonferenz sprechen die Mitglieder des Konsortiums gezielt Investoren an, sowohl institutionelle Investoren, die ihr Interesse wahrend der Marketing-Phase bereits bekundet hatten, als auch private Investoren uber die Aniageberater ihrer Filialen. Daruber hinaus beginnt direkt nach der Pressekonferenz die Roadshow. Wahrend der Roadshow werden von dem Vorstandsvorsitzenden und gegebenenfalls zwei bis drei weiteren Vorstandsmitgliedern ausgewahlte institutionelle Investoren im In- und Ausland aufgesucht. Den Investoren werden in ca. einstundligen Prasentationen und Einzelgesprachen (One-on-Ones) das Unternehmen und dessen Investment Case vorgestellt. Wahrend der Vorstand direkt nach einer Prasentation zum nachsten Investor unterwegs ist - in der Regel konnen drei bis vier pro Tag aufgesucht werden - , geben die besuchten Investoren bei Interesse ihre Orders bei einer der Konsortialbanken ab. Die Marketing-Phase dauert ca. 5 bis 10 Tage.®°^

®°°Vgl.Titzrath, 1995, S. 141 f. ^°'SieheKapitel4.3, S. 181. ®°^ Vgl. Droste, 2001, S. 142; Picot / Land, 1999, 8. 573; Stangner / Moser, 1999, S. 761.

238 5.3.2.3 Zuteilung Wahrend der Marketing-Phase werden die Zeichnungsauftrage im Orderbuch aufgenommen (Order-taking). Dem Konsortialfuhrer, der in der Regel auch das Orderbuch fuhrt (Bookrunner), werden dabei fortlaufend die bei den einzelnen Konsortialbanken eingehenden Order nnitgeteilt. Am Ende des letzten Tages der Order-taking-Periode wird vom Bookrunner auf Basis der vorliegenden Zeichnungswunsche die Preiselastizitat der Nachfrage in Abhangigkeit von einzelnen Qualit^tskategorien (z.B. Streuung zwischen institutionellen und privaten Investoren) ermittelt. In Abstimmung mit dem Emittenten und unter Berucksichtigung der aktuellen Marktsituation am Aktienmarkt wird dann bestimmt, ob der Platzierungspreis eher am unteren oder am oberen Ende der Bookbuilding-Spanne liegen soil. Die Festlegung des Preises wird mit dem Unternehmen diskutiert, um dann vom Konsortialfuhrer endgultig bestimmt zu werden. Nach Festlegung des Emissionspreises nimmt der Bookrunner die Zuteilung an die einzelnen Investoren vor. Die Lieferung der Aktien gegen Zahlung der Kaufpreise erfolgt ca. drei bis funf Tage spater. Damit ist die Emission im Primarmarkt beendet, und es beginnt der Handel im Sekundarmarkt.®°^ Nach erfolgrelcher Zuteilung endet auch die auf den Borsengang ausgerichtete Kommunikation. In der Regel folgt nur noch eine Meldung, die uber den Verlauf der Borsennotierung berichtet, d.h. uber die Hohe der Zeichnung, die erste Notiz und den Tagesschlusskurs.®""^ 5.3.2.4 Sekundarmarkt Da sowohl der Emittent als auch der Konsortialfuhrer an einer stabilen Entwicklung des Sekundarmarktes interessiert sind, ist die Kursentwicklung im unmittelbaren Anschluss an die Emission genau zu beobachten, damit gegebenenfalls entsprechende Malinahmen zur Steuerung des Marktes ergriffen werden konnen. Kommt es aufgrund der starken Nachfrage zu einem Kursanstieg, wird auf den Greenshoe zuruckgegriffen. Der Emittent gewahrt dem Konsortium mit dem Greenshoe das Recht, innerhalb einer Frist von rund 30 Tagen zusatzliche Aktien zu den ursprunglichen Emissionsbedingungen entweder aus dem Bestand der Altaktionare oder aus einer

®°^ Vgl. Bruhl, 2001. S. 195; Bruhl / Oei, 2001, S. 649 f.; Picot / Land, 1999, S. 574. ^^ Siehe auch Kapitel 4.1.2.2.4, S. 88.

239 KapitalerhGhung zu beziehen.®°^ Mit Ablauf der Ausubungsfrist des Greenshoes ca. vier Wochen nach der Notierungsaufnahme erfolgt die letzte offentliche Mitteilung im Rahmen des Borsengangs, die uber die Ausubung oder Nicht-Ausubung des Greenshoes berichtet.®'^® Spatestens mit dieser Meldung ist die eigentliche Platzierung abgeschlossen. 5.4

Zusammenfassung

Der gesamte Borsengang ist ein zeitkritischer Prozess. Insbesondere IVIafinaiimen, die in den letzten Wochen vor der Notiemngsaufnahme umzusetzen sind, liegen zeitlich eng beieinander und erfordern eine gute Vorbereitung und Abstimmung des gesamten Prozesses. Die kommunikations- und finanzspezifischen

Investor-

Relations-Aufgaben lassen sich den einzelnen Phasen des Borseneinfuhrungsprozesses zuordnen und sind mit den anderen Aufgaben eng verbunden. Bei den Borsengangen der Jahre 1997 bis 2004 haben sich bei der Ausgestaltung finanzspezifischer und sonstiger, fur die Investor Relations relevanter Aufgaben Standards herausgebildet, die auch die Verfolgung von Investor-Relations-Zielen untersutzen. Hierzu gehoren die Rechtsform der AG, eIne relativ hohe Eigenkapitalstruktur, ein Borsensegment mit hohen, an internationalen Standards ausgerichteten Anforderungen, nennwertlose Inhaber-Stammaktien, eine hohe Sekundarplatzierung, ein Streubesitz grofier 25%, ein hohes Emissionsvolumen und das BookbuildingPlatzierungsverfahren. Entscheidet sich der Emittent fur eine andere Alternative, so ist diese gegenuber der Financial Community ausfuhrlich zu eriautern. Die nachfolgende Tabelle 35 fasst die Aufgaben und Ergebnisse noch einmal zusammen.

®°^ SieheKapitel 5.2.4. S. 219. ^°® Vgl. O.V.. 2002e, S. 25; Mai, 2000, S. 118; Stangner / Moser, 1999, S. 761.

240 1Phase IVorbereitung

Aufgaben Rechtsformwahl Eigenkapitalstruktur Publizitat iStrukturierung Konsortium

BCrsensegment Aktien

Emissionsstruktur Emissionszeitpunkt

Platzierung

Publizitat Verfahren

Publizitat

Tabelle 35:

Auswahl AG KGaA EK-H5he

Ergebnis 1 weit verbreitete Akzeptanz wegen Einfluss KomplementSr eher geringe Akzeptanz Anforderungen der Bbrsensegmente und Sicherstellung ausreichender Aktienliquiditat Kognitive Phase Publizitat zum Unternehmen Bank Auswahlkriterien: Transaktionserfahrung, Platzierungs- 1 pozential, Researchkapazitaten, Sekundarmarktbetreuung, Bankbeziehungen Berater Kapitalmarkterfahrung von Rechtsanwaiten, 1 WirtschaftsprOfern, Investor-Relations-Agenturen Prime Standard Unternehmen, die Internationale Investoren ansprechen 1 General Standard Unternehmen, die nationale Investoren ansprechen 1 Gattung Stamm- dominieren Vorzugsaktien 1 Wert Inhaber- dominieren Namensaktien 1 Art Nennwertlose Aktien dominieren Aktien mit Nennwert 1 Kapitalerhdhung idealen^^eise >50% Emissionsvolumen IdealenA^eise > Euro 25 Mio. 1 Streubesitz ideaien/veise > 25% 1 Kriterien: Eigenkapltalbedarf, Bereitstellung der Jahresabschlusszahlen, Jahresrhythmus bzgl. Ruhepausen, allgemeine Kapitalmarktsituation, Kapitalmarkttatigkeit der Wettbewerber und Unternehmen anderer Sektoren Affektive Phase Publizitat zum B5rsengang | Festpreis wegen mangelnder Prelsflexibiitat im Wesentlichen 1 durch Bookbuilding abgelOst Bookbuilding wegen Preisflexibilitat dominierendes Verfahren 1 Bieter bisher nicht praktiziert 1 Handiungsphase Pre-Marketing, Marketing, Zuteilung |

Investor-Relations-Aufgaben wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses

Wahrend des Borsengangs ist darauf zu achten, dass Detailinformationen zur geplanten Notierungsaufnahme erst sehr spat und nur in Abstlmmung mit den Banken und Beratern an die Offentlichkeit gegeben werden. Eine zu fruhe Bekanntgabe von Terminen und Daten, die noch nicht endgultig feststehen und bei der Unsicherheit einer allgemeinen Kapitalmarktiage kurzfristigen Veranderungen unterliegen, wurde zu ungewollten, schwer steuerbaren Vorbehalten der Financial Community fuhren.

241

6

Konzeption der Investor Relations

Ein Investor-Relations-Konzept beinhaltet die systematjsche und kontinuierliche Verfolgung und Umsetzung zuvor festgelegter Ziele. Fur die Entwicklung eines solchen Konzepts werden folgende (grundsatzliche) Phasen unterschieden (siehe Abbildung 47): Analyse

4

A

Abbildung 47:

Planung •

•

Durchfuhrung

4

Kontrolle

A

Phasen eines Investor-Relations-Konzepts'*'^

Wahrend der Analysephase (Kapitel 6.1) wird zunSchst der Ist-Zustand des Unternehmens untersucht. In der Planungsphase (Kapitel 6.2) werden die Zlele und konkreten Strateglen zur Erreichung des Soll-Zustandes festgelegt. Die Durchfuhrungsphase (Kapitel 6.3) umfasst die Umsetzung der Strateglen. Dabei wird versucht, den Ist-Zustand In den Soll-Zustand zu uberfuhren. Die Kontrollphase (Kapitel 6.4) dient der Uberprufung des Erfolges anhand der zuvor festgelegten Zlele und soweit mogllch der Anpassung sich wiederholender Prozesse. Die konzeptionelle Vorgehensweise wird fur unterschiedllche Investor-Relatlons-Aufgaben separat angewandt, so dass es In der zeitlichen Abfolge der Phasen zu Oberschneidungen kommen kann. WShrend sich einige Investor-Relations-Aufgaben in der Durchfuhrungsphase befinden, durchlaufen andere noch die Analysephase. Daruber hinaus konnen einlge Investor-Relations-Aufgaben zwischen den einzelnen Phasen iterative Schlelfen durchlaufen. Letztendlich gewahrleistet das Konzept eine systematlsche Vorgehensweise, wobel die endgultlge Ausgestaltung der einzelnen Phasen von den gegebenen Unternehmensspezlfika und den jeweillgen Umweltbedingungen abhangt.®°® Das Besondere an einem Investor-Relations-Konzept vor und wahrend des Borsengangs 1st die EInmallgkeit der Aufgaben und damit der Konzeptphasen. Im Gegensatz zu einem bereits borsennotierten Unternehmen, bel dem sich die einzelnen Phasen Im Quartals- oder Jahresrhythmus wiederholen, findet ein Borsengang nur ®°^ In Aniehnung an Drill, 1995, S. 214 f. " Vgl. Achleitner/ Bassen, 2001, S. 27; Kirchhoff, 2001, S. 806; Durr, 1995, S. 147-152.

242 einmal statt. Die fehlende WJederholung bedeutet, dass Ergebnisse des Kontrollprozesses nur eingeschrankt fur eine Anpassung herangezogen werden konnen.®°® Wahrend

nach der

Notierungsaufnahme

Roadshows,

Pressekonferenzen

und

Analystentreffen kontinuierlich durchgefuhrt werden, finden die Veranstaltungen wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses nur einmal statt und werden bis zur Notierungsaufnahme nicht wiederholt. Die Einmaligkeit schlieflt die Festlegung von Kontrollkriterien

zuvor

festgelegter

Ziele

nicht

aus,

verhindert

aber

einen

Anpassungsprozess der einmalig stattfindenden Aktivitaten. Eingeschrankt wird der Anpassungsprozess auch durch das enge Zeitfenster, in dem der eigentliche Borsengang durchgefuhrt wird. Letzteres unterstreicht die Bedeutung der Vorbereitung und die Auswahl erfahrener Berater, die die fehlende Erfahrung des Emittenten idealerweise kompensieren. Auf der nachsten Seite werden in Tabelle 36 die in den vorherigen Kapitein genannten Inhalte der Investor Relations den Konzeptphasen zugeordnet. Anschliefiend werden die Konzeptphasen eriautert.

®°^ Vgl. RodI /Zinser, 2000. S. 361; Drill, 1995, S. 221; Durr, 1995, S. 157. Ahnlich Wirtz / Salzer, 2001b, 8.224.

243 1

Aufgaben Analyse Zielgruppen investoren, Multiplikatoren Instrumente persbnliche, E o-^ unpers6nliche 1 8 | Inhalte Pflicht, freiwiliig

ill

Distribution c o (0

< Produkt

c

•iZ

Preis

Rechtsform c o 3

©

i £ .2* '^ c (0

Eigenl
Emissionszeitpunkt

Tabelle 36:

6.1

IR-Ziele, IR-Strategie, IR-Budget

Kriterien: Transaktionserfahrung, Researchkapazitaten, Platzierungspotenzial, Hausbankbeziehung Positionierung im Anforderungen relevanten Segment relevanter (Prime versus General) BCrsensegmente Ziele bzgl.: Ausgestaitungsformen Mitbestimmung, namentlicher Kenntnis der Aktiondre, Nennwert Platzierungsverfahren Platzierungziele in Abstimmung mit der Konsortialbank RechtsformZiele der altemativen Gesellschafter Banken, Rechtsanwaite, Wirtschaftsprufer, IR-Agenturen

(0

<

Konzeptphasen Planung

1 Durchfijhrung Kommunikationspolitik, Informationspolitik

Kontrolle Publizitatsorientierte Kriterien

Beauty Contest

Notierungsaufnahme

Notierungsaufnahme

Notierungsaufnahme

Besteilung der Organe, steuerllche Anpassungen, Rechtsformwechsel Angestrebte Aktionars- Bruckenfinanzierung, und Kapitalstruktur Notierungsaufnahme

Kapitaimarkt] orientierte Kriterien

Festlegung Aktionars- Notierungsaufnahme stnjktur, Kapitalerh6hung, Streubesitz, Emissionsvolumen Zeitpunkt EK-Erh6h- Festlegung Zeitfenster, Notierungsaufnahme ung, Jahresrhythmus das wShrend des der EmissionstdtigB6rseneinfuhrungskeit, Emissionen prozesses konkretislert anderer Unternehmen wird

Konzeptphasen und Investor-Relations-Aufgaben

Analysephase

Die Analyse des Ist-Zustandes bildet die Entscheidungsgrundlage fur die weiteren Investor-Relations-Phasen. Bereits in dieser Phase ist die Hinzuziehung von Beratern, insbesondere der konsortialfuhrenden Bank, unabdingbar. Aufgrund vorangegangener Transaktionen verfugt die Konsortialbank nicht nur uber entsprechende Kontakte zu Investoren und Multiplikatoren, sondern kennt auch deren Infer-

244 mationsanforderungen, Interessen und Erwartungen an neue Emittenten. Zusammen mit den jeweiligen Beratem wird in dieser Phase die Ausgestaltung der Kommunikations- und Informationspolitik analysiert und besprochen. So werden die Inhalte des Prospektes z.B. in enger Zusammenarbeit mit den Rechtsberatern erarbeitet. Die finanzspezifischen und sonstigen Investor-Relations-Aufgaben werden mit dem Konsortialfuhrer besprochen, da sie einen unmittelbaren EInfiuss auf die Notierungsaufnahme haben (z.B. Wahl des Segments, Platzierungsverfahren, Emissionszeitpunkt).'^° Das Ergebnis der Analysephase ist ein zusammen mit alien Beratern festgelegter Zeltplan bis zur Notierungsaufnahme. Dieser fasst alle weiteren, aufeinander abgestimmten TStigkeiten nach ihrem zeitllchen Ablauf und den verantwortlichen Parteien zusammen. In Abhangigkeit von der Individuellen Unternehmenssituatlon wird sich die chronologlsche Reihenfolge der TStigkeiten an der Reihenfolge in Kapitel 5 (Vorbereitungs-, Strukturierungs- und Platzierungsphase) orientieren.®^^ W^hrend des Borseneinfuhrungsprozesses wird der Zeltplan kontinuierllch angepasst, so dass in Aniehnung an die Konzeptphasen genau festgelegt ist, bis wann welche Phase fur welchen Teilprozess abgeschlossen sein muss.®^^ 6.2

Planungsphase

In der Planungsphase wird der Soll-Zustand festgelegt. HIerzu gehort zunachst die Festlegung der Investor-Relations-Ziele, die das ubergeordnete Zielsystem des Unternehmens zu berucksichtigen haben (siehe Abbildung 7, Seite 28). Die einzelnen Ziele und die davon abgeleiteten Strategien mussen konkret festgelegt werden. Von generellen Zielen, die die grundlegende Ausrichtung bestimmen (z.B. Erhohung des Bekanntheitsgrades, Verbesserung des Unternehmensimages), werden konkrete Detailstrategien (z.B. aktive Ansprache einzelner Investoren wahrend der Roadshow) abgeleitet. Zusammen mit den Beratern wird entschieden, wer (Investoren, Multlplikatoren) wann (z.B. zur Analysten- oder Pressekonferenz) wie (persOnlich oder unpersonlich) welche Informationen (Pflicht- oder freiwillige Publizitat) erhalt. Mit den

®^° Siehe Kapitel 5.2.1.1, S. 206. Vgl. auch Koch / Wegmann, 1998, S. 180 f. ^^^SieheKapiteiS, S. 193. ®'^ Vgl. RodI /Zinser, 2000, S. 298; Koch /Wegmann, 1998, S. 201.

245 Beratern wird dariiber hinaus uber die anderen finanzspezifischen und sonstigen, fur die Investor Relations relevanten Aufgaben beraten und entschieden.®^^ Die Planungsphase beinhaltet ebenfalls die Bemessung des Investor-Relations-Budgets. Die Bestimmung der Investor-Relations-Kosten hangt davon ab, inwieweit sich die einzelnen Investor-Relations-Aufgaben von den anderen Tatigkeiten Im Rahmen des BGrseneinfiJhrungsprozesses abgrenzen lassen.®^* Eindeutig abgrenzbar sind die Kosten einer institutionalisierten Investor-Relations-Abteilung wie Personal- und Verwaltungskosten. Nicht eindeutig abgrenzbar sind die Kosten fur die Erstellung des Geschaftsberichts Oder Prospektes, da diese nicht ausschliefilich den Investor Relations zugeordnet werden konnen. Diese gehoren zwar im Rahmen der Kommunikations- und Informationspolitik zu den gesetzlichen Publizitatspflichten, erfullen daruber hinaus aber auch andere Aufgaben (z.B. Dokumentation fur die Borsenzulassung). Herauszurechnen wSren die Kosten der investorengerechten Ausgestaltung dieser Publikationen, was aber nicht moglich ist. Auch der zeitliche Aufwand, der von der Unternehmensfuhrung fur Investor-Relations-Malinahmen aufgewendet wird, lasst sich nicht eindeutig ermittein und zuordnen. Zur Losung dieses Ermittlungs- und Zuordnungsproblems wird in der Literatur als Abgrenzungskriterium auf die Freiwilligkeit der Investor-Relations-Madnahmen verwiesen. Zu den InvestorRelations-Kosten sollen deshalb nur solche gerechnet werden, die zusatzlich freiwillig geleistet werden. Dazu werden gezahit: Personal- und Verwaltungskosten der Investor-Relations-Abteilung, Produktions- und Anzeigekosten fur freiwillige Finanzpublikationen, Kosten fur Investor-Relations-Veranstaltungen sowie Honorare fur externe I nvestor-Relations-Berater.®^^ 6.3

Durchfuhrungsphase

In der Durchfuhrungsphase erfolgt die Umsetzung der geplanten Entscheidungen. Das betrifft zu Beginn des Borseneinfuhrungsprozesses die Rechtsformumwandlung und Herstellung eines angemessenen Eigenkapitals.®^® Wahrend des Beauty Contests werden die konsortialfuhrende Bank mandatiert und anschliefiend die

®^^ Siehe Kapitel 4, S. 71 und Kapitel 5. S. 193. ®^'* Zu den Kosten eines Borsengangs vgl. Volk, 2000, S. 318-323. ®^^Vgl. Drill, 1995,8.221. ®^® Siehe Kapitel 5.1.1, S. 194 und Kapitel 5.1.2, S. 201.

246 anderen Berater ausgewShlt.®^^ Neben einer Vielzahl vorbereitender Mafinahmen erfahren die anderen EntscheJdungen ihre Durchfuhrung am Tag der Notierungsaufnahme. Die Kommunikations- und lnformationspolitil< begleitet die einzelnen Aufgaben, indem sie mittels eines gezielten IVIafinahmen-Mix einen Spannungsbogen von der kognitiven uber die affektive bis hin zur Handlungsphase aufbauen.®^®

6.4

Kontrollphase

Ein grundsatzliches Problem der Kontrolle von Investor-Relations-IVIaRnahmen setzt an der mangelnden Operationalisierbarkeit der Erfolgskriterien an. Letztendlich geht es urn die Vermittlung von Informationen, deren Aufnahme durch die Adressaten und deren Einfluss auf ein beabsichtigtes Verhalten scliwer messbar ist. In der Regel handelt es sich dabei weniger um quantitative, sondern eher um qualitative Kriterien. Das beabsichtigte Verhalten wird dabei auch von anderen Einflussgroflen bestimmt, so dass die exakte Isolierung und Messung der Wirkungen von Investor-RelationsMaflnahmen kaum moglich ist.®^® Ein weiteres Problem ist die Langfristigkeit, mit der Investor-Relations-Mafinahmen ihre Wirkung entfalten. Identifizierte Ergebnisse einer erfolgreichen Investor-Relations-Arbeit lassen sich in der Regel keiner einzelnen Periode zuordnen, sondern sind das Resultat eines langfristigen Handelns. Fur die Aussagekraft und Zuverlassigkeit von Kontrollkriterien wird deshalb gefordert, dass sie uber einen langeren Zeitraum ermittelt werden sollten.®^° Fur Borsenneulinge wird mindestens ein Zeitraum von zwei Jahren nach der Notierungsaufnahme als notwendlg erachtet, um schlussige Aussagen zum Investor-Relations-Erfolg treffen zu konnen.®^^

6.4.1

Kontrolle der Investor Relations

Die Nachteile nicht klar bestimmbarer Ursache-Wirkungs-Beziehungen, schwer quantlfizierbarer Erfolgsgroflen und keiner periodengerechten Zuordnung der Ergebnisse erschweren die Ableltung von eindeutigen Kriterien. Um dennoch Anhalts-

®^^SieheKapitel5.2.1,S.206. ®^® Siehe Kapitel 4.3, S. 181. ®^^ Vgl. Streuer. 2004, S. 79, 81; Steiner / Hesselmann, 2001, S. 108 f.; Frank, 2000; S. 27 f.; Graft, 2000, S. 184. Vgl. auch Bruhn, 2003, S. 390. ®^ Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, 8. 21 f.; Drill, 1995, S. 221, 226 f. ®^^ Vgl. Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 142, 145 f.

247 punkte fur die Messung des Investor-Relations-Erfolges zu erhalten, werden in der Literatur HilfsgroHen diskutiert, die sich In publizit^ts- und aktienmarktbezogene Kriterien unterteilen lassen. Diese orientieren sich an den eingangs beschriebenen Zlelen der Investor Relations.®^^ WShrend die publizitatsbezogenen Kriterien eher qualitativen Charakter haben, sind die aktienmarktbezogenen eher quantitativer Natur.®^^ Die Orientierung an diesen Hllfsgroden ISsst zumindest eine Kontrolle in der Form zu, dass die Unternehmen, welche die Kriterien erfullen, eine eher aktive bzw. bei Nichterfullung eine eher passive Investor-Relations-Arbeit zur Zielerrelchung betrelben.®^"* Tabelle 37 zelgt die publizitats- und aktienmarktbezogenen Kriterien, die anschlieHend naher eriautert werden. Zleie der IR Verbesserung des Bekanntheitsgrades, Interesses, Images

Kontrollkriterien bzw. HiifsgroKen Anzahl der Veranstaltungen und Gesprache Teilnehmerinteresse an Investor-Relations-Malinahmen Befragungen zum Wissensstand uber das Unternehmen nach Zielgruppen Verstandnis der Informationen und Nachfrageverhalten bzgl. weiterer Informationen Rijckmeldungen der Adressaten auf Anzeigen, Hotline usw. Quantitat und Intensitat der Berichterstattung Anzahl und Reputation der Analysten Interesse institutioneller Investoren wahrend des Pre-Marketing

Aufbau eines Vertrauensverhaltnisses

Vertrauen / Kritik an der Glaubwiirdigkeit des Investment Case Resonanz und Beurteiiung durch Analysten und Journalisten Stellungnahmen durch unabhangige Dritte, z.B. unabhangige Analysten

Optlmierung des Aktionarskrelses

Zusammensetzung des Aktionarskrelses (Orderbuch und endgijltiger Aktionarskreis) Anteil institutioneller Investoren Hohe des Streubesitzanteils Erreichung des Kursziels Nachfrage (Uber- Oder Unterzeichnung) wahrend der Bookbuilding-Phase Engagement institutioneller Investoren im Anschluss an die RoadshowVeranstaltungen Abschlag auf den ^fairen" Unternehmenswert Kursentwicklung nach Notierungsaufnahme, absolut und relativ zum Gesamtmarkt Bbrsenumsatze, absolut und relativ zum Gesamtmarkt Volatilitat im Branchen- und Zeitvergleich Erste Notiz nach dem Emissionskurs Kursentwicklung bis zum Greenshoe Ausubuna bzw. Nichtausiibuna des Greenshoe

Optlmierung des Emissionserloses

Entwicklung des kurzfristigen Aktienkurses

Tabelle 37:

E 5

Kriterien fur die Kontrolle von Investor-Relations-MaBnahmen'^'

Die Verbesserung des Bekanntheitsgrades, Interesses und Images bedingt zunachst eine hohe Frequenz an Veranstaltungen und Gesprachen mlt der Financial Community, deren Anzahl als Indiz fur eine aktive Investor-Relations-Arbeit gewertet werden kann. Ein hohes Teilnehmerinteresse an den Veranstaltungen wurde bereits ' Slehe Kapitel 2.5, S. 28. * Vgl. Salzer, 2004, S. 92; Streuer, 2004, S. 79; Drill, 1995, S. 226. \ Vgl. Hacker / Unser / Veeser u.a., 2001, S. 670; Steiner / Hesselmann, 2001, S. 106. ' In Aniehnung an Drill, 1995, S. 227.

248 ein positives Interesse der Adressaten bekunden.®^® Soweit moglich, kann auch der Wissensstand uber das Untemehmen nach Zielgruppen untersucht werden. So kann ein Unternehmen, das potenzielle Investoren bereits kennt, Befragungen unter diesen durchfuhren. Derartige Umfragen k6nnen auch in groRerem Rahmen durch Meinungsforschungsinstitute in der gesamten Financial Community durchgefCihrt werden.®^^ Wahrend der Investor-Relatlons-Veranstaltungen kann das Verstandnis der

vermittelten

Informationen

und

das

Nachfrageverhalten

bzgl.

welterer

Informationen einen HInwels auf die bisherige Investor-Relations-Arbeit geben. HIerzu gehoren auch die Ruckmeldungen der Adressaten auf Anzeigen, Pressemeldungen und die Inanspruchnahme einer Telefon-Hotline.®^® Auch die Intensltat, mit der

sich

Analysten

und

Journalisten

um

das

Unternehmen

bemuhen,

dokumentlert den Bekanntheitsgrad in der Offentlichkeit. Eine hohe Bereitschaft dieser Multiplikatoren, uber das Unternehmen zu berichten, unterstreicht das geweckte Interesse. Da die Multiplikatoren In ihrer Beurteilung unabhangig und neutral sind, reflektiert deren positive oder negative Unternehmensdarstellung das Image, das das Unternehmen genielit.®^® Fur mittelstandische Unternehmen wird auch die grundsatzliche Beobachtung durch Analysten positiv beurteilt, sowohl bzgl. der Anzahl der Analysten als auch bzgl. der Reputation des einzelnen Analysten. Beschaftigt sich eine hohe Anzahl unabhangiger Analysten mit dem Unternehmen, so bestatigt dies die Wahrnehmung des Unternehmens als eine analysierungswurdige Erganzung des zukunftigen Kurszettels.®^ Handelt es sich bei den Analysten zusatzlich um solche mit hoher Reputation, z.B. ausgewiesene Branchenexperten mit internationalem Ruf, so gilt dies als weitere Bestatigung des positiven Images, das dem Unternehmen zugesprochen wird."^ Zum Ende des Borseneinfuhrungsprozesses, wahrend der Pre-Marketing-Phase, kann das Interesse der Institutionellen Investoren, das von den Konsortialbanken informell eingeholt wird, als ein weiteres

^^^ Vgl. Hacker / Unser / Veeser u.a., 2001. S. 673; Franck, 2000, S. 29; Graft, 2000, S. 183. ®^^ Vgl. Streuer, 2004, S. 87; RodI / Zinser, 2000, S. 362. ®^® Vgl. Kirchhoff. 2001, S. 806. ®^® Vgl. Streuer, 2004, S. 82, 88; Graft, 2000, S. 184; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 121. ®^ Vgl. Pietzsch, 2004, S. 1 f.; Streuer, 2004, S. 83; Achleitner / Bassen / Pietzsch u.a., 2002, S. 43; Steiner / Hesselmann, 2001, 8. 106. Die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen beobachten, hangt im Wesentlichen von der GrSfte des Unternehmens ab. So wird ein durchschnittliches DaxUnternehmen von 25 bis 30 Unternehmen regelmaftig beobachtet. Mittelstandische Unternehmen des Neuen Marktes und SMAX wurden hingegen nur von 2 bis 3 Analysten beobachtet. Vgl. Neske / Mayer/Tellkamp u.a., 1999, S. 128, 131. ®^^ Vgl. Janke, 2001, S. 795; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 110, 132.

249 Indiz fur das positive Image des Unternehmens und seiner Aktien gewertet werden. Wahrend der anschlielienden Roadshow kann auch das Engagement institutioneller Investoren als direkte Kontrolle des Einsatzes personlicher Kommunikationsmlttel gewertet werden. Im Anschluss an die PrSsentationen, die wShrend der Roadshow vom Vorstand vor ausgewahlten institutlonellen Investoren gehalten werden, geben diese ihre Orders an eine der Konsortialbanken welter. Die eingehenden Orders geben Aufschluss daruber, ob es dem Management gelungen ist, einen positiven und uberzeugenden Eindruck zu hinterlassen.®^^ Der Aufbau eines Vertrauensverhaltnisses gehort zu den langfristigen Zielen der Investor Relations und bewahrt sich an der ebenfalls langfristigen Aniagetreue der Investoren insbesondere in Krisensituationen.®^^ Die Langfristigkeit schlieflt eine Kontrolle in der kurzen Zeit des Borseneinfuhrungsprozesses aus. Wahrend dieser Zeit muss die Messung des Vertrauensverhaltnisses dahingehend eingeschrankt werden, dass nur das Vertrauen in die Glaubwurdigkelt des Investment Case und die darin geaufterten Prognosen beurtellt werden konnen. Als MaRstab dafur kann die Kritik der Multiplikatoren und Investoren herangezogen werden. Fuhren die Analysen dieser Zielgruppe regelmaflig dazu, dass entgegen den Einschatzungen des Unternehmens z.B. die Marktentwicklung wenlger optimistisch, die Wettbewerbssituation unfreundlicher und die Unternehmensplanung viel zu euphorisch ist, so beeintrachtigt dies den Aufbau eines langfristigen Vertrauensverhaltnisses.®^ Die Beachtung der Grundsatze fur die Kommunikations- und Informationspolitik gilt hier besonders und schafft die Voraussetzung, um das Vertrauen der Financial Community zu gewinnen. Die Wahrnehmung in der Offentlichkeit, dass die Grundsatze durch das Unternehmen eingehalten werden, unterstutzt die EInstellung und das Verhalten der Financial Community, dass in Zweifelsfallen dem Unternehmen Glauben und Vertrauen geschenkt werden.®^^ Die Optimierung des Aktionarskreises orientiert sich an der gewunschten AktionSrsstruktur, die wahrend der Strukturierungsphase zusammen mit der konsortialfuhrenden Bank festgelegt worden ist.®^ Wahrend der Bookbuilding-Phase gibt die ®^^ Vgl. Streuer, 2004, S. 82; Baumeister / Werkmeister, 2001a, S. 225 f. ®^^ Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 19. ®^ Vgl. Streuer, 2004, S. 86; Graft, 2000, S. 185. ®^^ Siehe Kapltel 4.4, S. 184. Vgl. auch Dusterlho, 2000, S. 76. ®^® Vgl. Baumeister/Werkmeister, 2001a, S. 225 f.; Koch/Wegmann, 1998, S. 71.

250 Oberprijfung

des

Orderbuches

regelmaliig

Auskunft

uber

die

tatsSchliche

Zusammensetzung der eingehenden Zeichnungen. Die Quantitat institutioneller Investoren wird dabei als Indiz fur eine aktive Investor-Relations-Arbeit gewertet. Das Interesse

bestatigt den verstSrkten

und uberzeugenden

Einsatz

pers5nlicher

Kommunikationsmittel. Die namentliche Kenntnis der institutionellen Investoren gibt zudem Aufschlusse uber die Qualitat der Investoren. Die Erfahrungen der Konsortialbanken konnen die Einschatzung der Aniageabsicht der namentlich bekannten Investoren unterstutzen, d.h., ob es sich unn solche Investoren handelt, die eine Afflnitat zur Branche des Unternehmens besitzen und Aktien in der Regel langfristig halten, oder ob es sich eher urn spekulative Investoren handelt.®^^ Ein hoher Streubesitzantell wird in diesem Zusammenhang ebenfalls als Kriterium dafur gewertet, dass das Unternehmen an einer aktiven Investor-Relations-Arbeit interessiert ist.®^ Bel der Optlmierung des Emissionserloses geht es nicht urn die Maximierung desselben, sondern urn die Festlegung eines Emissionspreises, der eine kontinuierliche und positive Entwicklung des Aktienkurses ohne ubermaliig starke Schwankungen verspricht. Wahrend der Zuteilungsphase wird seltens der konsortialfuhrenden Bank der endgultlge Kurs nach Rucksprache mit dem Emittenten festgelegt und gilt als Maflstab dafiir, ob das ursprunglich anvisierte Kurszlel erreicht werden kann. Fur die Festlegung des Emissionskurses liefert die Analyse des Orderbuches zunachst Aufschlusse uber eine Ober- bzw. eine Unterzeichnung der Emission. Eine Oberzeichnung ist notwendig und wunschenswert, um uberhaupt alle Aktien platzieren zu konnen. Das Ausmafi der Oberzeichnung verdeutlicht das generierte Interesse und Nachfrageverhalten der Investoren. Konnten nicht alle Investoren interessiert und zum Kaufen mobilisiert werden, so liegt eine Unterzeichnung vor.®^® In einem solchen Fall musste der Borsengang abgesagt werden, es sei denn, die Konsortialbanken erklarten sich bereit, die ausstehenden Aktien zu ubernehmen. Im Falle einer Oberzeichnung ist die Festlegung des Emissionskurses am oberen Ende der Bookbuilding-Spanne, gegebenenfalls die En/veiterung der Bookbuilding-Spanne wegen einer zu hohen Nachfrage, ein weiteres Indiz fur eine erfolgreiche Platzierung der Emission. Bei der endgultigen Festlegung des Emissionskurses gilt die Hohe des

®^^ Vgl. Salzer, 2004, S. 95; Bruhl, 2001, S. 196; Lindner, 1999, S. 39-41. ^^ Vgl. Steiner / Hesselmann, 2001. S. 106; Neske / Mayer / Tellkamp u.a., 1999, S. 111, 148 f. ®^^ Vgl. Salzer, 2004, S. 68, 94; Streuer, 2004, S. 87; Baumeister / Werkmeister, 2001a, S. 225 f.

251 Abschlages auf den Emissionskurs als weiteres Erfolgskriterium.®^° Der Abschlag dient zum einen als Kaufanreiz fur potenzielle Investoren, zum anderen als zusatzliche Berijckslchtlgung des Unternehmensrisikos. Gelingt es einer erfolgreichen Investor-Relations-Arbeit, das Risiko- durch das Chancenpotenzial zu relativieren, durfte der Risikoabschlag entsprechend niedriger ausfallen.®*^ Dass die Kursentwicklung von Unternehmen mit einer aktiven Investor-RelationsArbeit positiver verlauft und eine geringere VolatilitSt aufweist als die von weniger aktiven Unternehmen, konnte in empirischen Studien nachgewiesen werden. Die empirischen Studien beziehen sich dabei auf ZeitrSume, die welt uber zwei Jahre hinausgehen.®^^ Die kurzfristige Entwicklung des Aktienkurses unmittelbar nach der Notierungsaufnahme eignet sich insofern nicht fur eine aussagekraftige Erfolgskontrolle. Dennoch werden die erste Notiz des Aktienkurses uber dem Emissionskurs und der moderate Anstieg des Wertes innerhalb der ersten Wochen nach der Notierungsaufnahme um etwa zehn Prozent als Erfolg des Borsengangs gewertet.®'*^ Eine solche Entwicklung 1st kritisch zu betrachten, kann jedoch zumindest als Indiz dafijr gewertet werden, dass die Festlegung des Emissionskurses in einem angemessenen VerhSltnIs zur Nachfrage erfolgt ist und fur die Festlegung des Zeitpunktes eine freundliche Kapitalmarktstimmung gefunden werden konnte. Allerdings wird erst die langfristige Betrachtung des Aktienkurses die Bestatigung fur eine erfolgreiche Investor-Relations-Arbeit liefern konnen. Als weiteres Anzeichen fur die gelungene Unterbringung der Emission und kurzfristig positive Entwicklung des Aktienkurses wird auch die Ausubung des Greenshoes vier Wochen nach der Notierungsaufnahme gewertet.^"* Von alien genannten Kriterien wird das Feedback der Analysten und Investoren als das eigentlich wichtlgste Erfolgskriterium der Investor Relations eingestuft, zumal es sich unmittelbar aus dem Einsatz personlicher Kommunikationsmittel und einer freiwilligen Informationsubermittlung ableiten lasst.®*®

®^° Siehe Kapitel 5.3.1, S. 231. Vgl. auch Salzer, 2004, S. 94. ®^^ Vgl. Bruhl / Oei, 2001. S. 679, 686; Serfling / Rape / Kressin, 1999, S. 294-297. ®^^ Vgl. Grali. 2000, S. 182 f.; Neske/ Mayer/Tellkamp u.a.. 1999, S. I l l , 150; Drill, 1995. S. 226 f. ^^ Vgl. Diehl / LoistI / Rehkugler, 1998, S. 22; Trobitz / Wilhelm, 1996, S. 175. ®^^ Vgl. Baumeister / Werkmeister. 2001a, S. 225 f. ®^^ Vgl. Streuer, 2004, S. 82.

252 6.4.2 Anpassung des Investment Case Das Ziel einer Kontrolle ist nicht nur die Uberprufung der eingesetzten Mafinahmen, sondern auch die Gewinnung von Erkenntnissen fur die Anpassung und damit Verbesserung

kontinuierlich

stattfindender

Investor-Relations-Aktivitaten.®'^®

Die

Forderung einer kontinuierlichen Kontrolle und Anpassung durchgefuhrter InvestorRelations-Aufgaben

scheitert jedoch

aufgrund

der

eingangs

beschriebenen

Einmaligkeit des Borseneinfuhrungsprozesses. Eine Kontrolle und Anpassung der Investor Relations ist nur insoweit moglich, wie es inhaltliche Oberschneidungen zwischen den einzelnen Madnahmen gibt. Inhaltlich konkretisiert sich die Investor-Relations-Arbeit in der Kommunikation des Investment Case, der sich wie ein roter Faden durch alle Kommunikationsmlttel zieht.®"*^ Dieser lasst sich wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses in seiner Aussagekraft verbessern und konkretisieren. Die inhaltliche Anpassung bezieht sich dabei nicht auf die Unternehmensfakten, die wahrend des Borsengangs inn Wesentlichen unverandert bleiben sollten, sondern auf die Darstellung der Daten und Informationen. Gegebenenfalls kann es in der Darstellung zu einer Schwerpunktverlagerung kommen, da einlge Themen auf ein grofleres Verstandnisproblem stofien und durch zusatzliche Informationen und Graphiken verdeutlicht werden mussen. Informationsund EnA/artungslucken konnen so durch eine veranderte Kommunikations- und Informationspolitik angepasst werden.®"*® Abblldung 48 auf der nachsten Seite veranschaulicht mogliche Stationen wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses, an denen der Investment Case wiederholt prasentiert und angepasst werden kann. Nachdem der Investment Case im Faktenbuch formuliert worden ist, muss dieser wahrend der Vorbereitungsphase in den Gesprachen mit den Beratern seine erste Bewahrungsprobe bestehen. Zu diesem Zeitpunkt besteht die Moglichkeit, Einschatzungen, Verstandnisprobleme und kritische Fragen der Berater bei der Uberarbeltung des Investment Case zu berucksichtigen.®"*® Nach der Mandatlerung der Berater werden diese weitere konkrete inhaltliche Vorschlage und Erganzungen, z.B. durch zusatzliche Marktstudlen und

®*® Vgl. RodI /Zinser, 2000, S. 361; Drill, 1995, S. 221; Durr, 1995, S. 157. ®^^ Vgl. gjhnlich Holzinger, 2004, S. 739. ^^ Vgl. ahnlich Streuer, 2004, S. 79; Drill, 1995, S. 135. ®^® Vgl. Holzinger, 2004, S. 737; Piwinger, 2000, S. 3 f.; Khan, 1999, S. B6.

253 Wettbewerbsvergleiche,

in

den

Investment

Case

ejnbringen.®^

Die

naciiste

Bewahrungsprobe ist die Analystenkonferenz.®®^ Die Erfahrungen aus dieser Presentation konnen wiederum bei anschliefienden Femseli- und Radiointerviews venA/endet werden. Wahrend der letzten Platzierungsphase konnen diese Lernkurveneffekte fur die anschliefiende Pressekonferenz zum Auftakt der Roadsiiow und die eigentliche Roadsliow-Prasentationen genutzt werden. Vorbereitungsphase

Berater

Abbildung 48:

4

Strukturierungsphase

Analystenkonferenz

Fernsehinterviews

4

Platzierungsphase

Pressekonferenz

Roadshow Prasentationen |

Kontrollnfioglichkeiten zur Anpassung des Investment Case

Fur die Unternehmensleitung, die den Investment Case vorstellt, bietet sich ebenfalls die Chance, an der Verbesserung ihrer Prasentationsmethoden, Kommunikationsfahigkeiten und Rhetorik zu arbeiten. Parallel zu den Prasentationen empfiehit sich die kontinuierliche Fortschreibung einer komprimierten Fragen- und Antwortenliste, in die typische, insbesondere kritische Fragen der Adressaten aufgenommen werden, um darauf kurze, pragnante und im Einklang mit dem Investment Case stehende Antworten geben zu konnen. Eine solche Liste kann nach jeder Presentation um neue Fragen und Antworten erganzt werden. Der Ruckgriff auf eine vorbereitete Fragen- und Antwortenliste verringert die Wahrscheinlichkeit unvorhergesehener kritischer Fragen. Daruber hinaus kann eine solche Fragen- und Antwortenliste als Vorbereitung fur alle anderen offentlichen Kommunikationsmittel (z.B. die TelefonHotline) genutzt werden, um eine konsistente Kommunlkation sicherzustellen.®^^

' Vgl. Janke, 2001, S. 789; BosI, 2000a, S. B2; Flach / Wilhelm, 1997, S. 111. ' Vgl. Steib, 2005, S. 151 f.; Diehl, 2001, S. 415. - Vgl. O.V., 2002f, S. 45; Schonborn / Tschugg, 2002, S. 52; Kirchhoff, 2001, S. 805.

255

7

Zusammenfassung und Ausblick

Zielsetzung der Arbeit ist die Analyse der Investor Relations vor und wdhrend des Borsengangs, um Empfehlungen fur ein Investor Relations-Konzept fur mittelstcindische Unternehmen abzuleiten. Die Arbeit konzentriert sich dabel auf drei Forschungsfelder: die Wahl des Borsensegments, die Inhalte des Investment Case und die Einbindung wesentlicher Tatigkeiten wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses In eIn Investor-Relations-Konzept. Das Buch richtet sich an Dozenten und Studenten der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzierung, insbesondere Kapitalmarkt und Investor Relations. Ebenso werden Praktiker angesprochen, die einen Borsengang planen oder bei einem solchen beratend tatig sind. Wahl des Borsensegments: Die Veranderungen der Kapitalmarkte waren in den Jahren von 1997 bis 2005 von immer neuen Initiativen zur Grundung von Borsensegmenten fur mittelstandische Unternehmen gekennzeichnet. Diese Entwicklung unterstrelcht die zunehmende Bedeutung einer Eigenkapitalfinanzierung uber die Borse fur diese Klientel. Gleichzeitig stellten und stellen die neuen Segmente potenzielle Emittenten vor hohe Notierungsanforderungen, um auch im internationalen Umfeld die Aufmerksamkeit potenzieller Investoren zu erreichen. Im Ergebnis zielen diese Anforderungen auf eine hohe Aktienliquiditat und Informationstransparenz ab. Auf Basis einer theoretischen Analyse wurden die Anforderungen der wesentlichen Borsensegmente fur mittelstandische Unternehmen seit 1997 untersucht, um Empfehlungen fur die Borsensegmentwahl abzuleiten. Die Analyse zeigt, dass die Investor Relations durch die Wahl eines Segments mit international anerkannten Anforderungen (z.B. des Prime Standards) oder die freiwillige Erfullung entsprechender Anforderungen die Bereitschaft zu einer aktiven Investor-Relations-Arbeit signalisieren und damit die Wahrnehmung des Unternehmens in der Financial Community positiv beeinflussen konnen.®^^ Zusatzliche Anforderungen, die uber denen des Prime Standard liegen und mit der Einstellung des Neuen Marktes nicht mehr verpflichtend sind, beziehen sich auf eine hohe Eigenkapitalausstattung, ein hohes Emissions^^^ Siehe Kapitel 3.4, S. 68.

256 volumen, die Verpflichtung, mindestens 50% des Emissionsvolumens aus einer Kapitalerhohung bereitzustellen, die ausschliefiliche Emission von Stammaktien und die Einhaitung eines VerauRerungsverbots durch die Aitgeseiischafter (LockupPeriode). Inhalte des Investment Case: Der Investment Case fasst die Aileinstellungsmerkmale eines Untemehmens zusammen und ist das zentrale Verkaufsargument wahrend des Borseneinfuiirungsprozesses. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Informationsinhalte ubergeordneter Investment-Case-Kriterien untersucht, innerhaib derer ein Untemehmen Alleinstellungsmerkmale ausweisen kann.®^ Hierbei handelt es sich urn finanzielle Kriterien wie z.B. die Ertragslage und nicht-finanzielle Kriterien wie z.B. die Wettbewerbssituation. Alleinstellungsmerkmale konnen z.B. eine im Branchenvergleich uberdurchschnittliche Ertragskraft oder eine exponierte Wettbewerbsposition als Marktfuhrer sein. Zur Konkretisierung der Inhalte einzelner Kriterien wurden die Researchberichte von acht Unternehmen untersucht. Die Ergebnisse der Analyse liefern eine Checkliste moglicher Inhalte eines Investment Case (insgesamt 16 Kriterien, siehe Tabelle 30, Seite 176). In Abhanglgkeit von den Haufigkeiten, mit denen einzelne Kriterien in den untersuchten Researchberichten genannt wurden, konnten Ruckschlusse auf die Erklarungsbedurftigkeit und den damit verbundenen Darstellungsumfang im Rahmen von Unternehmensprasentationen gezogen werden. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei die Produkte, die Ertragslage, die Strategie, die Wettbewerbssituation und die Branchen- und Marktentwicklung. Ein wesentlicher Inhalt aller Kriterien ist deren Beitrag zum Unternehmenswachstum und dem damit verbundenen Kapitalwachstumspotential fur die Aktionare. Die letztendllche Relevanz einzelner Kriterien im Rahmen der Unternehmensbewertung wird von der individuellen Unternehmenssituation bestimmt. Aufgaben wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses: Wahrend des Borseneinfuhrungsprozesses sind die kommunikatlons- und finanzspezifischen Aufgaben der Investor Relations aufeinander abzustimmen. Die Aufgaben stellen Emittenten dabei teilweise vor unterschiedliche Entscheidungsalternativen (z.B. Auswahl zwischen mehreren Rechtsformen, Aktiengattungen und Platzierungsverfahren). Um eine Aussage zur empirischen Evidenz der Entscheidungsalternativen treffen zu konnen,

^^ Siehe Kapitel 4.5, 8. 189.

257 wurde eine Datenbank mjt den Emissionsdaten von 455 Borsengangen (1997 bis 2004) aufgebaut. Die Ergebnisse der Untersuchung dokumentieren die Etablierung von Standards, die auch eine aktive Investor-Relations-Arbeit unterstutzen. Hierzu gehoren die Rechtsform der AG, ein relativ hohes Elgenkapital, ein Borsensegment mit hohen, an internationalen Standards ausgerichteten Anforderungen, nennwertlose Inhaber-Stammaktien, eine hohe Sekundarplatzierung, ein Streubesitz grOfler 25%, ein hohes Emissionsvolumen und das Bookbuilding-Platzierungsverfahren. Davon abweichende Maflnahmen, wie z.B. die Entscheidung zugunsten der KGaA als Rechtsform oder der Vorzugsaktie, miissen gegenuber der Financial Community ausfijhrlich eriautert werden, wenn nicht ein Bewertungsabschlag in Kauf genommen werden soll.®^^ Spezifika eines Investor-Relations-Konzepts: Wegen der Einmaiigkeit des Borsengangs und des relativ kurzen Zeitraums der Umsetzung besitzen die idealtyplschen Phasen einer Konzeption (Analyse, Planung, Durchfuhrung, Kontrolle) den Nachteil, dass Ergebnisse der KontroHphase nur bedingt fur einen Anpassungsprozess genutzt werden konnen. Letzteres unterstreicht die Bedeutung sowohl der Vorbereitungsphase als auch der Auswahl erfahrener Berater.®^ Forschungsbedarf: Neben den gewonnen Erkenntnissen besteht weiterer Forschungsbedarf insbesondere bezuglich der Eignung von Borsensegmenten fiir mittelstandische Unternehmen und der Inhalte derfreiwilligen Informationspolitik: -

Die kontinuierlichen Veranderungen von Borsensegmenten geben auch zukiinftig Aniass zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Attraktivitat einzelner Segmente fur mittelstandische Unternehmen.®^^ Um den Entscheidungsprozess der Borsensegmentwahl unter Investor-Relations-Gesichtspunkten zu unterstutzen, ware zu untersuchen, welche Segmentanforderungen eine aktive Investor-Relations-Arbeit fordern. Interessant ware auch, welche Madnahmen, auch wenn sie nicht zwingend von einem bestimmten Segment gefordert werden, gegebenenfalls freiwillig von Emittenten erfullt werden sollten. Zur Identifikation

®^^ Siehe Kapitel 5.4, S. 239. "^''SieheKapiteie, S.241. ®^^ Vgl. Ruda / Pfeffer, 2003, S. 95; Achleitner / Bassen, 2001, S. 6. Vgl. dazu auch die Verlautbarung der Deutsche BOrse AG, 2002b, S. 1-3, eine neue Mari
258 solcher Mafinahmen wurde sich z.B. eine Gegenuberstellung der Anforderungen alternativer Borsensegmente (nationale und intemationale) anbieten. Die Inhalte des Investment Case lielien sich weiter konkretisieren. Interessant ware z.B., in welcher Form die Befolgung des Corporate-Governance-Kodex transparent dargestellt und kommuniziert werden kann. Eine IVIoglichkeit wSre z.B. die Darstellung der Ergebnisse der DVFA-Scorecard. Daruber hinaus konnten die Analysen einzelner Branchen zur Identifikation von branchenspezifischen Merkmalen eines Investment Case beitragen.®^ Im Gegensatz zu der im Rahmen dieser Arbeit nur beisplelhaft durchgefuhrten Analyse liefien sich auf Basis grofierer Datenmengen reprSsentativere Aussagen zum Darstellungsumfang und zur Bedeutung einzelner Kriterien erzielen.

'^ Vgl. auch Pietzsch, 2004, S. 305; Achleitner / Bassen / Pietzsch, 2001a, S. 54, 123 f.; Volkart / Labhart, 2000, S. 159.

259

Anhang Anhang 1

Anforderungen von Nischensegmenten der Regionalborsen Kapitalmarkt

markt

Anforderungen

Mindestalter Prospektpflicht Streubesitz Eigenkapitalausstattung MindestemissionsVolumen Kapitalerhdhung

Aktiengattung Lockup Periode Designated Sponsor Rechnungslegungsnorm Publikationssprache Sekundeir Rechnungslegungs-markt vorschiften Ad-hoc-Publizitat Untemehmenskalender Analystenveranstaltung Bilanzpressekonferenz

Kapitalmarkt

Berlin IPO-Markt (Freiverkehr) Uahr Verkaufsprospekt

.

Euro 1,5 Mio. nominal Euro 0,25 Mio. Mindestens 50% durch BarkapitalerhOhung Nur Stammaktien 6 Monate

-

Nominal Euro 0,25 Mio.

Euro 1 Mio. nominal Euro 0,25 Mio. Mindestens 50% durch BarkapitalerhOhung Nur Stammaktien 18 Monate Emissionsbegleiter

Deutsch Jahresabschluss und Quartalsbericht Ja Ja

Pradikatsmarkt (Freiverkehr)

-

MUnchen Prddikatsmarkt select (Geregeiter Markt)

-

Verkaufeprospekt 25% Euro 1 Mio. Nominal Euro 0,25 Mio.

Untemehmensbericht 30% Euro 3 Mio. Nominal Euro 0,25 Mio.

Barkapitalerhdhung

Barkapitalerhdhung

12 Monate

-

Mindestens 25% durch Barkapitalerhdhung

Nach HGB, IFRS oder 6 Monate

US-GAAP Deutsch Jahresabschluss und Quartalsbericht Ja

| M:access (Alle TeilmMrkte) 1 Jahr Verkaufeprospekt

-

Emissionsbegleiter Jahresabschluss

-

Ja Ja Ja

Preis-Plus-Garantie Nach HGB; Erdffnungsbilanz Deutsch Vierteljahrliche Aktiondrsbriefe Ja

12 Monate Preis-Plus-Garantie Nach HGB; drei Jahresabschlusse Deutsch Vierteljahrliche Aktionarsbriefe Ja

-

Ja

Ja

-

Emissionsexpos^s 25%

-

-

Hamburg Start-Up-Markt (Geregeiter Markt)

Verkaufeprospekt 20%

Deutsch Jahresabschluss und Zwischenbericht Ja

Anforderungen

Mindestalter Prospektpflicht Streubesitz Eigenkapitalausstattung PrimarMindestemissionsmarkt Volumen KapitalerhOhung Aktiengattung Lockup Periode Designated Sponsor Rechnungslegungsnorm Publikationssprache Sekundar Rechnungslegungs-markt vorschiften Ad-hoc-Publizitat Untemehmenskalender Analystenveranstaltung Bilanzpressekonferenz

DQsseldorf IPO im Freiverkehr (Freiverkehr)

2. Mio.

260 Anhang 2 Empfehlungen der Going-Public-Grundsatze zur formellen Gestaltung des Prospektes 1. Gestaltung der Umschlagseiten des Prospektes 1.1 Die Auflenseite des Deckblatts des Prospektes enthalt ausschliefllich die folgenden Angaben: Name und Sitz des Emittenten, Bezeichnung des Zulassungsdokuments, Datum. Zusatzlich kann auf der Audenseite des Deckblatts des Prospektes das Firmenzeichen (Logo) des Emittenten erscheinen. 1.2 Auf den Aufienseiten der Umschlagseiten des Prospektes durfen weder Fotografien noch sonstige bildliche Darstellungen noch Werbeschlagworter (Slogans) erscheinen. 1.3 Im Obrigen ist die farbliche Gestaltung der Umschlagseiten des Prospektes frei. 1.4 Die Innenseiten der Umschlagseiten des Prospektes konnen Fotografien und sonstige bildliche Darstellungen enthalten. Die Umschlagseiten des Prospektes konnen als Aufklappseiten ausgestattet sein. 2. Schriftgrofie und bildliche Darstellungen im Prospekt 2.1 Die Schriftgrofie im Fliefltext des Prospektes betragt mindestens 10 Punkte. 2.2 Oberschriften sind deutlich abzusetzen und durch Fett- und/oder Kursivdruck hervorzuheben. Die Schriftgrofie von Oberschriften betragt mindestens: Oberschriften der ersten Ebene 14 Punkte, Oberschriften der zweiten Ebene 12 Punkte, Oberschriften weiterer Ebenen 11 Punkte. 2.3 Der Fliefitext des Prospektes darf keine Fotografien oder sonstige bildliche Darstellungen enthalten, ausgenommen Grafiken und Organigramme. Grafiken und Organigramme sind ausschliefilich schwarz/grau/weid zu gestalten. Die Schriftgrofie von Grafiken und Organigrammen muss mindestens acht Punkte betragen. 3. Gliederung des Prospektes Der Prospekt ist gemali Anhang 3 zu gliedern. Von dieser Gliederung kann abgewichen werden, wenn dies im Einzelfall aus sachlichen Erwagungen geboten erscheint und die in der Aniage genannten Gliederungspunkte vollstandig im Prospekt enthalten sind. 4. Darstellungswelse und Sprache im Prospekt 4.1 Der Prospekt ist in allgemeinverstandlicher Sprache zu formulieren. Fachsprache und Fachbegriffe sind zu vermeiden oder, sofern dies aus sachlichen Grunden nicht moglich ist, in allgemeinverstandlicher Sprache zu erklaren (z.B. Glossar). Die Satze sind klar und kurz zu halten. Wortwortliche Wiederholungen von ganzen Absatzen sind, mit Ausnahme im Rahmen einer ausdrucklich als solcher gekennzeichneten Zusammenfassung, unzulassig. 4.2 Die Darstellung Im Prospekt darf keinen werbenden Charakter haben, sondern ist auf die sachliche Weitergabe von Informationen zu beschranken.

261 Anhang 3 Empfehlungen der Going-Public-Grundsatze zur Prospektgliederung 1. 2. 3. 3.1 3.2 3.3 4. 4.1 4.2 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 6. 7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 8. 8.1 8.2 8.3 8.4 9. 9.1 9.2 9.3 10. 10.1 10.2 10.3 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.

Prospektkopf Inhaltsverzeichnis Allgemeine Informationen Verantwortungsklausel Erklarung uber die Einhaltung der Going-Public-Grundsatze Angabe der Einsichtnahmestelle Zusammenfassung Unternehmen Borsenzulassung/Angebot Borsenzulassung und Angebot Gegenstand der Borsenzulassung/ des Angebots, Zeltplan, Veroffentlichungen Allgemeine und besondere Angaben uber die Aktien Veraufierungsverbote, Ubertragbarkeit Stabilisierungsmafinahmen/Mehrzuteilungsoption Designated Sponsors Verwendung des Emissionserloses Risikofaktoren Angaben uber die GeschSftstatigkeit des Emittenten Inhalt der §§ 20, 37 BorsZulV Beschreibung der Markte und des Marktumfelds Regulatorische Vorschriften Wettbewerb Unternehmensstrategie Angaben uber den Emittenten Inhalt des §18 BorsZulV Aktionarsstruktur (vor und nach Zulassung) Inhalt des § 25 BorsZulV sowie Dividendenpolitik, Gewinnverwendung Angabe der Abschlussprufer Angaben uber das Kapital des Emittenten Inhalt des §19 BorsZulV Beteiligungen beherrschender Einfluss Angaben uber Geschaftsfuhrungs- und Aufsichtsorgane des Emittenten Vorstand, berufliche Werdegange, Vorstrafen Aufslchtsrat Hauptversammlung Geschafte und Rechtsbeziehungen mit nahe stehenden Personen Management's Discussion & Analysis Finanzteil Angaben uber den jungsten Geschaftsgang und die Geschaftsaussichten des Emittenten Glossar Zulassungsklausel Unterschriften der Antragsteller

262 Anhang 4

Scorecard for German Corporate Governance® (gem. DCG-Kodex vom 21.05.03) DVFA-EvaluJerungsschema I. Corporate-Governance-Commitment 1.1 Gibt es auf dem DCG-Kodex basierende unternehmensspezifische Corporate-GovernanceGrundsatze? 1.2 Sind die auf dem DCG-Kodex basierenden unternehmensspezifischen CorporateGovemance-Grundsatze alien Stakeholdern aktuell (u.a. Internet) zugSngiich? 1.3 1st darin ein Commitment zur Anpassung an Best-Practice-Entwicklungen der Corporate Governance ausdrOcklich verankert? 1.4 Wird von Vorstand und Aufsichtrat jShrlich iiber die Corporate Governance des Unternehmens berichtet? a) Wird die Nichterfullung von 'Soll-Empfehlungen' des DCG-Kodex begrundet? b) Wird zu den Sollte-Anregungen Stellung genommen? 1.5 1st die unternehmensinterne Umsetzung und Einhaltung der Grundsatze durch einen neutralen Corporate-Governance-Beauftragten vorgesehen? 1.6 Erfolgt eine regelmSBige Diskussion des Berichts des CG-Beauftragten im Aufslchtsrat? ii. Aktionare und Hauptversammlung 11.1 Sind die Tagesordnung der Hauptversammlung, die GegenantrSge, die Stellungnahme der Verwaltung und die Abstimmungsergebnisse alien AktionSren im Internet rechtzeitig zuganglich? 11.2 1st die StImmrechtsausubung (zumindest uber Stimmrechtsvertreter) via Internet vorgesehen? 11.3 1st die Verfolgung der HV auch im Internet mSglich? 11.4 Bel Kapitalerhdhungen von mehr als 10% des Grundkapitals durch Platzierungen nahe am BOrsenkurs: Wird das Bezugrecht eingerSumt? 11.5 Bei akquisitionsbedingten KapitalerhOhungen von mehr als 20% des Grundkapitals mit Bezugsrechtsausschluss: 1st eine gesonderte HV-Genehmigung erforderlich? 11.6 Bei akquisitionsbedingten KapitalerhOhungen mit Bezugsrechtsausschluss: Werden den AktionSren die Unterlagen zeitnah zuganglich gemacht? III. Zusammenwirken von Vorstand und Aufslchtsrat 111.1 Verankern Aufslchtsrat und Vorstand die regelmaiiige, zeitnahe und umfassende Informations- und Berichtspflicht des Vorstands in schriftlicher Form? 111.2 Existiert eine Geschaftsordnung hinsichtlich der Rechte und Pflichten fur den Aufslchtsrat, die u.a. die zustimmungspflichtigen Geschafte sowie die Informations- und Berichtspflichten des Vorstands festlegt? 111.3 Gibt es in mitbestimmten Aufsichtsraten gesonderte Treffen der Aktionars- und Arbeitnehmervertreter zur Sitzungsvorbereitung? 111.4 Wird bei Ubernahmeangeboten grundsatzlich eine HV einberufen? 111.5 Wird bei Abschluss einer D&O-Versicherung zur Begrenzung des Schadensersatzes ein angemessener Selbstbehalt fur Vorstand und Aufslchtsrat vereinbart? IV. Vorstand IV. 1 Hat der Vorstand geschaftspolitische Grundsatze, Unternehmensleitlinien und eine Geschaftsordnung aufgestellt, in der u.a. die Zusammenarbeit im Vorstand geregelt ist? IV.2 Wird eine Vorstandsvergutung getrennt nach fixen und variablen Bestandteilen individuallsiert verOffentlicht? IV.3 Existiert eine an der relativen Wertsteigerung (z. B. relative Performance Skonomischer Gewinn) orientierte variable Vergutung des Vorstands? IV.4 Enthalten die variablen Vergutungsbestandteile auch Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter? IV.5 Wird uber Aktienoptionsprogramme und ahnliche Anreizsysteme sowie deren Bewertung und erfolgswirksame Verbuchung berichtet? IV.6 Besteht fur Aktien und aus Optionen beziehbare Aktien als variable Vergutungskomponente

263

IV.7

eine mehrjahrige VerSufierungssperre und ist eine nachtrSgliche Korrekturmbglichkeit (wie Option Repricing) ausgeschlossen? Sind Interessenkonflikte, GeschSfte und Nebentatigkeiten zu kommunizieren bzw. zu genehmigen (u.a. GeschSfte mit dem Unternehmen Oder dessen Organmitgliedern, Dariehen vom Unternehmen)?

V. Aufsichtsrat V.1 Existiert ein expliziter Katalog von Kriterien zur Qualifikatlon der Aufsichtsratsmitglieder (u.a. fachliche Qualifikatlon, zeitliche Verfugbarkeit, Internationalltat)? V.2 GehOren dem Aufsichtsrat nicht mehr als zwei ehemalige Mitglieder des Vorstands an und haben AR-Mitglieder keine Organfunktion oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens? V.3 Wird eine Wiederbestellung von VorstSinden fruhestens ein Jahr vor Ende der Bestelldauer und unter Beruckslchtigung von Altersgrenzen vorgenommen? V.4 Existiert eine ausreichende Anzahl von Aufsichtsratsausschussen zur sachgerechten Behandlung von kompiexen Themen? V.5 Existiert ein Prufungsausschuss (Audit Committee)? V.6 Wird der Prufungsausschuss nicht vom Aufsichtsratsvorsitzenden geleitet? V.7 Existiert eine leistungsorientierte variable und am langfristlgen Unternehmenserfolg orientierte, im Anhang Indivlduallsiert verOffentlichte Vergutung des Aufsichtsrats? V.8 Werden VergOtungen des Aufsichtsrats fur Beratungs- und Vermittlungslelstungen individualislert angegeben? V.9 Werden Interessenkonflikte und EigengeschSfte dem gesamten Aufsichtsrat und in erheblichen Fallen der Hauptversammlung mitgeteilt (u.a. GeschSfte mit dem Unternehmen Oder dessen Organmitgliedern, Dariehen vom Unternehmen, Mandate bei direkten Wettbewerbern)? V.10 Erfolgt eine jShrliche Oberprufung der TStigkeit des Aufsichtsrats (Board Review)? VI. Transparenz VI. 1 Werden alle Investoren (nicht nur AktionSre gemaii § 53a AktG) und Finanzanalysten gleichberechtigt („Fair Disclosure") uber Internet und auch in englischer Sprache informiert? VI.2 Werden regelmSliig Kapitalmarktkonferenzen (wie Analystenmeetings) durchgefuhrt? VI.3 Wird eine detaillierte Abweichungsanalyse wesentlicher, frCiher genannter Ertrags- und Strategieziele veroffentlicht? VI.4 Werden alle aufgrund gesetzlicher Regelungen im Ausland publizierten Informationen auch in Deutschland zeitnah publiziert? VI.5 Wird der jeweilige Aktienbesitz (einschlielilich bestehender Optionsrechte) indivlduallsiert und getrennt nach Aufsichtsratsmitgliedern und VorstSnden sowie dessen jeweilige Veranderung zeitnah und im Konzernabschluss veroffentlicht? VI.6 Ist der Finanzkalender zeitnah zugSnglich? VII. Rechnungslegung und Abschlussprufung VII.1 Wird eine Rechnungslegung nach IAS / US-GAAP durchgefuhrt und werden erganzend zu den IDW-Prufungsstandards die International Standards on Auditing (ISA) oder die USGenerally Accepted Auditing Standards (US-GAAS) beachtet? VI1.2 Wird bei der Auswahl auf eine ausreichende Unabhangigkeit der Abschlussprufer geachtet? VI1.3 Achtet der Aufsichtsrat auf ein angemessenes Prufungshonorar? VI1.4 Wird bei Prufungen durch unterschiedliche WP-Gesellschaften auf besondere BilanzierungsmaUnahmen im Konzern geachtet? VI1.5 Werden der Jahresabschluss spatestens 90 Tage und die Quartalsberichte spStestens 45 Tage nach Ende der Berichtsperlode veroffentlicht? VI1.6 Existieren Quartalsberichte nach IAS oder US-GAAP (alternativ DVFA Reporting Standards Oder DSR)? VI1.7 Werden im GeschSftsbericht (Konzernabschluss) fur folgende Beteiligungen detaillierte Angaben gemacht? a) Beteiligungen von mindestens 5% des Kapitals (auch an nicht bdrsennotierten Gesellschaften) b) wechselseitige Beteiligungen VI1.8 Hat der Aufsichtsrat den PrCifer beauftragt, uber alle wesentlichen Abweichungen vom DCG-Kodex zu berichten?

264 Anhang 5

Formular zur Erfassung der Analysekriterien

265 Anhang 6

Ergebnisse der Textanalyse von acht Researchberichten der Jahre 1997-2004

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