Anton York - der Unsterbliche (ANTON YORK, IMMORTAL) von Eando Binder
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Anton York - der Unsterbliche (ANTON YORK, IMMORTAL) von Eando Binder
TEIL I 1. Bedeutende Wissenschaftler haben die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts geprägt — Männer wie Ramsay, Bequerel, Röntgen und Einstein. Aber nirgends in der Geschichte wird der Name Matthew York erwähnt. Und doch stieß Matthew York eine bis dahin verschlossene Tür der Naturwissenschaften auf. Er entdeckte das große Geheimnis — und konnte es nicht mehr für sich ausnutzen. Er hatte für die Forschung jede Entbehrung auf sich genommen. Sein ausgemergelter, geschwächter Körper ließ ihn im Stich, als er eben die Schwelle zum Ruhm übertreten wollte. Matthew York starb, ohne den lockenden Gipfel erreicht zu haben. * Mit fünfundzwanzig Jahren war Anton York, der Sohn von Matthew York, bereits ein anerkannter Wissenschaftler. Mit dreißig suchte er nach einer absolut tödlichen Waffe, die der Welt entweder ewigen Frieden bringen oder sie für immer vernichten würde. Denn Anton York hatte den Weltkrieg mitgemacht. Der lodernde Haß auf beiden Seiten hatte tiefe Narben in seiner empfindsamen Seele hinterlassen. Und so arbeitete er Tag und Nacht in seinem Labor, getrieben von dem Wunsch, die Kämpfe der Menschheit ein für allemal zu beenden. Ganz allmählich kam ihm zu Bewußtsein, daß er eine außergewöhnlich gute Gesundheit besaß. Die Anstrengungen gingen spurlos an ihm vorüber. Seit seiner Kindheit war er kein einziges Mal krank gewesen. Mit fünfunddreißig stand er in der Blüte seines Lebens — und er hatte eine Superwaffe fertig entwickelt: einen Strahl, der sich aus Ultraschallwellen und Gammapartikeln zusammensetzte. Anton York behielt seine Entdeckung für sich. Er vernichtete sämtliche Aufzeichnungen und lernte nur die Schlüsselform auswendig. Er wußte, daß die Waffe ein Chaos anrichten konnte, wenn sie in die falschen Hände geriet. Im Zusammenhang mit dieser Ultrawaffe hatte er eine Legierung mit einem hohen Brechungsindex entwickelt, die er patentieren ließ. Davon konnte er sorgenfrei leben. Er gab seine Dozentenstelle an der Universität auf und widmete sich ganz den persönlichen Studien. Mit fünfundvierzig sah er immer noch wie ein Dreißigjähriger aus. Er heiratete ein reizendes Mädchen von fünfundzwanzig, und niemandem fiel der Altersunterschied auf. Manchmal staunte York selbst über seine jugendliche Elastizität. Zehn Jahre Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Raketentreibstoffe überzeugten ihn davon, daß man mit diesen plumpen Konstruktionen niemals den Raum erobern würde. Er beschloß, das Geheimnis der Schwerkraft zu lösen. Mit fünfundfünfzig hatte er die ersten — rein theoretischen — Fortschritte erzielt, doch er war sich im klaren darüber, daß er Jahrhunderte benötigen würde, um praktische Ergebnisse zu erhalten. „Ach, Vera“, sagte er eines Tages, als ihm seine Frau das Essen ins Labor brachte, „ich habe den Schlüssel in der Hand, den ich seit zehn Jahren suchte. Aber ich benötige noch viel mehr Zeit, um alles in Formeln zu fassen. Hoffentlich halte ich durch.“ „Ganz bestimmt“, erwiderte seine Frau. Ihre Stimme klang fast ein wenig besorgt. „Ich bin jetzt fünfunddreißig, und jeder hält uns für gleichaltrig. Wenn das so weitergeht, sehe ich in Kürze älter als du aus.“ Ihre Stimme schwankte. „Ich weiß, ich weiß“, murmelte York.
„Woran mag das nur liegen, Tony?“ York sah sie erns t an. „Vera, ich habe bisher kaum über meine Kindheit gesprochen. Aber da ist etwas, das mich immer wieder im Traum verfolgt. Ich kann mich noch genau erinnern, daß mein Vater mich eines Nachts impfte — und dann war ich einen Monat lang todkrank. Es war eine schimmernde Flüssigkeit, das weiß ich noch, und mein Vater nannte sie Elixier.“ York starrte geistesabwesend vor sich hin. „Mein Vater war ein hervorragender Wissenschaftler, auch wenn die Welt nichts davon ahnte. Er hatte sich ein besonderes Ziel gesetzt: Er wollte das Geheimnis des Lebens erforschen. Er injizierte sein Serum Mäusen und Taufliegen und badete sie dann in Flüssigkeiten, die von Bakterien wimmelten. Die Tiere lebten weiter.“ Er sprang auf. „Glaubst du, daß dieses Serum mir ewige Jugend verliehen hat? Daß es mich vor Krankheiten schützt? Was hatte diese Impfung für eine Bedeutung? Ich muß es herausfinden.“ „Wie denn?“ „Meine Tante besitzt noch die Aufzeichnungen und das Tagebuch meines Vaters. Ich hatte bisher keine Zeit, mir diese Dinge anzusehen. Aber jetzt werde ich sie gründlich durchforschen.“
2. York entdeckte eine ganze Menge, unter anderem einen Tagebucheintrag, der sich mit jener geheimnisvollen Impfung befaßte: Gegen bessere Einsicht entschloß ich mich heute nacht, Tony 10 ccm der fünfzigprozentigen Elixierlösung in den Unken Arm zu spritzen. Ich weiß nicht, was dabei herauskommen wird. Mein Gott, ich weiß es nicht. Es hat keinen Sinn, sich jetzt noch Vorwürfe zu machen. Nur die Zukunft kann die Antwort bringen. In etwa einem halben Jahr werden Blutuntersuchungen zeigen, ob das Elixier (Buch G-4, Bl. 88 A) gewirkt hat. Bei meinen Versuchstieren entwickelte sich in diesem Zeitraum eine völlige Immunität gegen Krankheiten. In einem halben Jahr wird Tony also Blut mit einem hohen Radiogengehalt besitzen — oder tot sein. Mein Gott, nur nicht das letztere! Ich habe das Gefühl, daß mein Elixier außerdem die Langlebigkeit fördert. Versuchstier 277B-3 hat nach der Impfung doppelt so lange gelebt wie normal. Ist es möglich, daß die Radiogene im Körper, die das Protoplasma schützen, auch den Alterungsprozeß aufhalten? Wenn ja, wird sich die gleiche Wirkung auch bei Tony einstellen? Langlebigkeit! Anton Yorks Hände zitterten, als er Buch G-4, Bl. 88 A heraussuchte. Er war kein Chemiker, und so legte er die Formeln nach einiger Zeit ratlos wieder zur Seite. Neugierig blätterte er im Tagebuch weiter. Einen Monat lang fand er überhaupt keine Eintragungen. Dann, am Tag vor seinem plötzlichen Herztod, hatte Matthew York noch einmal einen langen Absatz geschrieben. Tony ist jetzt Gott sei Dank außer Gefahr. Er erholt sich gut, der arme Junge. Heute habe ich die erste Blutuntersuchung vorgenommen. Es läßt sich noch nichts Bestimmtes feststellen, aber die Radiogenwerte steigen leicht an. Heute kam mir der Gedanke, daß der Langlebigkeitsfaktor mit der verstärkten Aufnahme von kosmischer Strahlung zusammenhängen könnte. Eine noch unbewiesene Begleiterscheinung der Radiogen-Theorie lautet, daß die unsichtbaren Energiebündel ihre Kraft von der kosmischen Strahlung des Universums beziehen. Kosmische Strahlen wiederum sind elektromagnetische Wellen von unglaublicher Stärke und Durchdringungskraft. Warum sollten sie ihre Energie nicht an die Radiogene abgeben, die
wie Elektromagnete wirken? Wenn nun die Widerstandskraft gegenüber Krankheiten daher rührt, daß die Krankheitskeime durch Elektroschock abgetötet werden, dann ist ein erhöhter Radiogengehalt praktisch ein Allheilmittel. Und wenn weiterhin der Alterungsprozeß mit der schwindenden Fähigkeit, Radiogene herzustellen, zusammenhängt, dann ist mein Elixier ein Tropfen aus dem Jungbrunnen, denn einige Bestandteile können sich im Protoplasma immer wieder selbst erneuern. Heute habe ich meinen Sohn lange betrachtet. Er sieht ganz wie sonst aus. Aber vielleicht — ja, ich wage diesen Gedanken niederzuschreiben — ist er unsterblich. Unsterblich! Anton York vertiefte sich in die Notizen seines Vaters und kam immer mehr zu der Überzeugung, daß die Annahmen seines Vaters berechtigt gewesen waren. Ihm wurde schwindlig, wenn er an die Zukunftsaussichten dachte. Doch dann rief er sich zur Ordnung. „Pah!“ murmelte er. „Du redest und hast keinerlei Beweise. „Weißt du, daß deine Radiogenzahl höher ist als bei normalen Sterblichen? Weißt du, ob dieses Elixier bei dir überhaupt gewirkt hat? Nicht einmal dein Vater konnte es mit Bestimmtheit sagen.“ Schließlich, um sich von seinen Zweifeln zu befreien, suchte er einen Blutspezialisten auf. Mit klopfendem Herzen wartete er auf das Ergebnis der Tests. Der Arzt gab ihm schließlich die Auskunft, daß sein Blut ganz normal sei — bis auf eine Ausnahme: es enthalte eine außergewöhnlich hohe Bakterienvernichtungskraft, doppelt so hoch wie bisher bekannt. Yorks Augen glänzten. Er verließ den Arzt und streifte ziellos durch die Stadt. Stunden später kam er zu sich. Er ging heim. Vera erwartete ihn müde und besorgt. „Tony! Ich war so unruhig!“ York warf ihr einen sonderbaren Blick zu. Ein Gedanke kam ihm — ein Gedanke, der ihn unbewußt schon seit einiger Zeit quälte. Er zog Vera an sieh. „Liebling, ich habe solche Angst, dich zu verlieren. Und ich werde dich verlieren, wenn nicht...“ „Tony, was soll das heißen?“ In Veras Augen spiegelte sich Furcht. Sie verstand ihn nicht mehr. „Liebling, ich kann es dir im Moment nicht erklären“, sagte York besänftigend. Seine Augen leuchteten. „Aber bald werden wir gemeinsam...“ Er sprach den Satz nicht zu Ende.
3. „Hm, ich weiß nicht, ob ich dieses Serum herstellen kann. Da — sehen Sie sich die Formel an. Wenn Sie nur irgend etwas von Chemie verstehen, werden Sie wissen, daß man Zymase und Pituitrin, ein Chlorenzym und ein Drüsenprodukt auf Säurebasis, nicht miteinander vereinen kann.“ Der Sprecher war Dr. Charles Vinson, einer der besten Biochemiker, die es überhaupt gab. Er und York hatten eine Zeitlang gemeinsam studiert. „Sie müssen mir dieses Serum herstellen“, sagte York mit zitternder Stimme. „Ich kann nicht offen mit Ihnen sprechen, Dr. Vinson, aber das Serum bedeutet mir im Moment mehr als alles andere auf der Welt. Versuchen Sie es wenigstens. Arbeiten Sie hier in meinem Labor — einen Monat, ein Jahr. Sie können das Honorar selbst bestimmen.“ „Oh, es geht mir nicht um das Geld.“ Dennoch glitzerten seine Augen plötzlich. Er holte tief Atem. „Die Sache würde viel kosten. Sie sind gut ausgerüstet, aber nicht für Bakterien und Versuchstiere. Ich müßte eine Menge Geräte kaufen...“ „Dann wollen Sie mir also helfen?“ fragte York. „Stellen Sie mir 10 ccm dieses Elixiers her und ...“ „Haben Sie Elixier gesagt?“ Dr. Vinsons Haltung veränderte sich plötzlich. „Woher haben Sie diese Formel? Und was bedeutet sie?“
„Das ist meine Privatsache“, entgegnete York ein wenig verärgert. Er hatte den Biochemiker noch nie gemocht, Einen Moment lang tat es ihm leid, daß er sich an diesen Mann gewandt hatte. Aber er wußte, daß es schwer sein würde, einen besseren Wissenschaftler zu finden. Dr. Vinson zuckte mit den Schultern, und York fuhr fort: „Ich zahle einen hohen Preis für die Herstellung des Serums, aber ich kann Ihnen nichts Näheres erklären. Sehen Sie sich in meinem chemischen Labor um. Wenn Sie wissen, welche Neuanschaffungen nötig sind, kommen Sie in meine Bibliothek. Wir werden dort alles besprechen.“ Er drehte sich um und ging. Dr. Vinson studierte die Formel. Ganz offensichtlich stammte sie aus irgendeiner Forschungsarbeit. Aber aus welcher? Und dann erinnerte er sich: Matthew York! Vor vielen Jahren hatte ein gewisser Matthew York eine Abhandlung über das Geheimnis des Lebens veröffentlicht. Er hatte behauptet, daß man dieses Geheimnis nur über die Wissenschaft des Elektromagnetismus lösen könne. Der Artikel hatte damals Aufsehen erregt, und York war zum Vorläufer der Radiogen-Theorie geworden. Doch dann hatte man nicht mehr viel von dem Mann gehört. Vermutlich war Anton York der Sohn von Matthew York. Am gleichen Tag erklärte Anton York seiner Frau alles, was er über das Elixier wußte. Sie war weniger erstaunt, als er vermutet hatte. Nur als er ihr von seinem Plan berichtete, das Elixier noch einmal herzustellen, zuckte sie zusammen. „Das Serum ist für dich bestimmt!“ rief er. „Du sollst an meiner Seite die ewige Jugend genießen.“ Schluchzend sank sie ihm in die Arme. * Während des nächsten Monats strömten chemische Apparate, Maschinen und Instrumente in Yorks Labor. Dr. Vinson hatte auf den ersten Blick erkannt, daß es nicht leicht sein würde, das Serum herzustellen. Nach einem weiteren Monat erzielte er die ersten Resultate. York kam oft und beobachtete ihn bei seiner Arbeit. Er sprach selten. Aber man spürte, daß er ungeduldig wartete. Manchmal begleitete ihn seine Frau, und dann lächelten sie geheimnisvoll. Vinson versuchte immer wieder, mehr von York zu erfahren. „York“, beschwerte er sich eines Tages, „meine Unterlagen sind lückenhaft. Es scheinen ein paar wichtige Kleinigkeiten zu fehlen. Sehen Sie sich dieses Versuchskaninchen an. Ich habe ihm das Serum injiziert, und es ist gestorben wie alle anderen vor ihm. Besitzen Sie keine Originalunterlagen?“ York zögerte. Ein inneres Gefühl warnte ihn davor, die Aufzeichnungen seines Vaters herauszuholen. Aber er brauc hte das Serum. Und so übergab er Vinson die Notizen; lediglich das Tagebuch hielt er zurück. Dr. Vinson blätterte mit zitternden Fingern durch die vergilbten Seiten. Seine Augen verengten sich. Allmählich erkannte er ein Schema. Und ein paar Wochen später zeigte er York triumphierend ein Versuchskaninchen, das gesund und munter umhertollte, obwohl er dem Tier einen Tag zuvor eine starke Dosis mit Beulenpesterregern injiziert hatte. „Das Tierchen ist gegen alle Krankheiten immun“, verkündete Dr. Vinson. „Es hat sämtliche Tests überstanden. Wir besitzen das gleiche Serum, das Ihr Vater entwickelte.“ York zuckte zusammen. „Mein Vater? Woher wissen Sie das? Was...“ Der Biologe lächelte. „Warum sollen wir nicht offen darüber sprechen, York? Ihr Vater hat dieses Serum entwickelt und an Ihnen getestet. Es war eine gefährliche Sache, denn die Injektion hätte auch zu Ihrem Tod führen können. Dennoch ging Ihr Vater das Risiko ein. Er wußte, daß Sie immun gegen alle Krankheiten sein werden, wenn sein Test gelang.“ Seine Mine veränderte sich plötzlich. „Und unsterblich!“ „Verdammt!“ York trat einen Schritt auf ihn zu.
„Moment, York. Ich habe keinesfalls spioniert. Es war einfach zu lösen. Sie haben mit mir studiert, müssen also ungefähr fünfundfünfzig sein. Dennoch sehen Sie aus wie ein Fünfunddreißigjähriger. Außerdem habe ich Tests an Taufliegen vorgenommen. Sie leben nach der Einspritzung immer noch, obwohl sie normalerweise zu den Eintagsfliegen gehören.“ York beruhigte sich. Natürlich war es unmöglich, dem Biochemiker das Geheimnis vorzuenthalten. Schließlich hatte er mit den Aufzeichnungen seines Vaters gearbeitet. Er starrte den Wissenschaftler unsicher an. Dr. Vinson lachte. „Sie sind unsterblich, York. Und Sie lieben Ihre Frau. Sie möchten die lange Zukunft mit ihr teilen. Deshalb der Auftrag — ich sollte das Elixier für Ihre Frau herstellen. Aber ich warne Sie! Sie tragen die Verantwortung, wenn Ihre Frau stirbt.“ „Das weiß ich“, entgegnete York scharf. „Ich habe Veras volle Zustimmung. Wir haben sogar ein Dokument aufgesetzt, das mich von jeder Schuld freispricht, falls Vera die Injektion nicht überleben sollte. Sie leisten also keinen Vorschub zu einem Verbrechen, falls Sie das beruhigen sollte.“ Er holte tief Atem. „Wann können Sie das Serum fertig haben?“ „In drei Tagen.“ Vinsons Stimme klang merkwürdig leise. Seine Hände zitterten, und sein Augen leuchteten wie im Fieber. „Sehen Sie, ich möchte ganz sichergehen, daß Ihrer Frau nichts zustößt. Ich habe die Absicht, den Extrakt noch einmal zu reinigen.“ York legte dem Biochemiker die Hand auf die Schulter. Er spürte, daß der Mann mehr als erregt war. „Nehmen Sie es nicht so schwer“, sagte er. Vinson lächelte schwach. Als York das Labor verlassen hatte, verzerrte sich seine Miene zu einem haßerfüllten Grinsen. „Idiot!“ zischte er. Drei Tage später beugte sich Anton York mit maskenstarrer Miene über seine Frau. Sie lag da, die Augen für immer geschlossen. Dr. Vinson hatte sich ein wenig abgewandt. Er atmete schwer und hielt immer noch die Injektionsnadel in der Hand. Vor wenigen Minuten hatte er Vera das Serum injiziert. Einen Augenblick später war ihr Atem schneller gegangen, und sie hatte sich halb aufgerichtet. Dann war sie mit einem halb erstickten Schluchzen zurück in die Kissen gefallen. Nun atmete sie nicht mehr, „Tot!“ flüsterte Vinson. York verließ wortlos das Zimmer. Dr. Vinson starrte mit gemischten Gefühlen die reglos daliegende Gestalt an. Er hatte die feste Absicht gehabt, sich selbst ebenfalls das Elixier zu injizieren. Nun zweifelte er. Unsterblichkeit oder Tod? Lohnte sich das Risiko? York kehrte plötzlich zurück. Sein Gesicht war zu einer verzweifelten Grimasse verzerrt. Er schob etwas in den Mund. Vinson stieß einen leisen Schrei aus, als er das Splittern von Glas hörte. „Blausäure“, flüsterte York. „Das ist ein besseres Elixier als das ewige Leben. “ Kurze Zeit später sank er neben dem Bett seiner Frau zusammen. Vinson schüttelte den Kopf. Die doppelte Tragödie ließ ihn einen Moment lang schwach werden. Doch dann streckte er sich und murmelte: „Vielleicht ist es besser so. York hätte sich meinen Plänen widersetzt. Er war ein Träumer.“ Er lachte auf. „Mein Gott! Da hat dieser Mann die größte Waffe aller Zeiten in der Hand, und was tat er damit? Er wollte seiner Frau die Unsterblichkeit schenken — sonst nichts. Er kam gar nicht auf den Gedanken, daß Unsterblichkeit Macht darstellt. Macht! Zuerst werde ich das Elixier noch einmal verbessern, das erhöht meine Überlebenschance. Dann...“ Er erwachte wie aus einem Trancezustand. „Ich muß weg von hier“, sagte er. „Man darf mich mit den beiden Toten nicht in Verbindung bringen. Ich muß nachdenken, neue Pläne ausarbeiten.“ Sein Blick wurde fanatisch. „Ich werde meinen Namen ändern. Ich hebe mein Geld ab und verlasse das Land. Ein neuer Abschnitt der Geschichte beginnt.“ Er wandte sich noch einmal den beiden Toten zu. „Ihr werdet mir nie mehr in die Quere kommen...“
4. Dr. Vinson ging zurück in Yorks Labor, wo er das Elixier hergestellt hatte. Er raffte Matthew Yorks Aufzeichnungen zusammen, warf sie auf den Boden und zündete sie an. Er kannte das Geheimnis des Serums auswendig. Plötzlich kam ihm eine Idee. Er holte einen Kanister mit Alkohol und verteilte die brennbare Flüssigkeit im Labor. Die Flammen breiteten sich in Windeseile aus. Vinson verließ lächelnd das Haus. Er war zu früh gegangen. Denn im Schlafzimmer öffnete Vera York plötzlich die Augen und setzte sich mühsam auf. Sie sah ihren Mann reglos am Boden liegen und stieß einen entsetzten Schrei aus. Dann fiel sie in Ohnmacht. Als Anton York Minuten später die Augen aufschlug, atmete seine Frau schwach. Rote Flecken zeichneten sich auf ihren Wangen ab. York schüttelte ungläubig den Kopf. Das Schicksal hatte sie beide verschont! Er konnte nicht ahnen, daß die superelektrischen Eigenschaften seines Blutes eine reinigende Wirkung besaßen, gegen die auch das stärkste Gift machtlos war. Er wußte auch nicht, daß der Schock der Injektion Vera in einen totenähnlichen Schlaf versetzt hatte, aus dem sie erst erwachte, als das Blut ganz und gar mit der neuen Flüssigkeit durchsetzt war. Und dann bemerkte York die Rauchwolken. Er riß die Tür auf und schloß sie sofort wieder, als dichter Qualm hereindrang. Er nahm seine Frau und trug sie zum Fenster. Zum Glück befanden sie sich im Erdgeschoß. Und obwohl ihn der Verlust des Labors schmerzte, war er doch glücklich, daß sie beide mit dem Leben davongekommen waren. Nun besaßen sie die Unsterblichkeit! Einen Monat später holte Anton York mit einem strahlenden Lächeln seine Frau vom Krankenhaus ab. „Die Gefahr ist vorbei, Vera“, sagte er. „Du hast die gleiche Schwächeperiode durchgemacht wie ich in meiner Kindheit. Es ist wie das Fieber nach einer Impfung. Doch nun können wir gemeinsam in die Zukunft blicken.“ Drei Monate später fragte ihn Vera nach Dr. Vinson. „Er verschwand während des Brandes“, entgegnete York. „Und ich mache mir Sorgen, solange ich nicht weiß, wo er ist. Er allein besitzt das Geheimnis meines Vaters — die Aufzeichnungen sowie sämtliche Abschriften wurden vom Feuer zerstört. Was wird er wohl mit dem Elixier anfangen? Ich habe Angst, Vera, denn er ist sehr machthungrig.“ * Ein Jahr später meinte er resigniert: „Es hat wohl keinen Sinn, noch weiter nach ihm zu forschen. Selbst die geschicktesten Detektive konnten keine Spur von ihm entdecken. Er scheint vom Erdboden verschwunden zu sein. “ Zwei Jahre später blickte York stolz auf seine neuen Labors, die in einem abgelegenen Teil der Berge entstanden waren. „Hier werde ich das Geheimnis der Schwerkraft lösen“, erklärte er. Fünf Jahre später war er zu dem Schluß gekommen, daß die Schwerkraft, ähnlich einem Magneten, Kraftlinien besaß. „Man kann elektrische Energie in kinetische Energie verwandeln, wenn man die Kraftlinien des Magnetfeldes durchschneidet“, meinte er. „Wenn man nun ein Schwerkraftfeld durchschneidet — aber womit?“ Zwanzig Jahre später hatten er und Vera ihre Namen geändert, damit niemand auf ihre ewige Jugend aufmerksam wurde.
Wieder zehn Jahre später lebten sie in völliger Harmonie in ihrem abgeschiedenen Heim. An das Sterben dachten sie nicht mehr. Es war wie ein Wort aus der Vergangenheit. Die Zeit verging, und die Geschichtsereignisse zogen an ihnen vorbei. Sie erlebten alles per Fernsehen mit — Streiks, Wahlen, soziale Veränderungen, Hungersnöte, Grenzverschiebungen. Eines Tages rief York seine Frau erregt zu sich. „Ich habe eben die Schwerkraftlinien geschnitten“, sagte er. „Als Energiequelle habe ich gekrümmte Lichtstrahlen benutzt und sie durch Quarzspiralen geschickt. Dieses Quarzfeld schneidet das Gravitationsfeld und macht kinetische Energie frei. Unbegrenzte kinetische Energie — direkt vom Schwerkraftfeld der Erde!“ Yorks Stimme klang triumphierend. „Damit ist das Problem der Raumfahrt gelöst. Ich muß nur noch einen Apparat konstruieren, bei dem ein Strahl direkten Sonnenlichts meine Quarzrotoren in Gang setzt. Vera, bald haben wir es geschafft!“ Dennoch dauerte es noch ein Vierteljahrhundert, bis seine Entdeckung vollkommen war. Etwa hundert Jahre nach ‘ Veras Impfung unternahm York den ersten Probeflug mit seinem neuen Schiff. Es war ein kugelförmiges Gebilde aus Leichtmetall mit einem Durchmesser von drei Metern, Zwei große Konvexspiegel an einer Seite fingen das Sonnenlicht ein und leiteten es an lichtempfindliche Selengeräte weiter. Die Strahlungsenergie der Sonne trieb das Schiff an. Im gleichen Jahr unternahmen sie eine Reise zum Mond und zurück. York lernte unterwegs und verbesserte das Schiff ständig. Dann brachen sie zum Mars und zur Venus auf. Anton York plante bereits eine Reise zu einem anderen Stern. Dazu brauchten sie ein größeres Schiff, das mehr Vorräte aufnehmen konnte und dessen Rotoren vom schwächeren Sternenlicht angetrieben wurden. Doch dann erkannte er, daß er im Begriff war, seine Unsterblichkeit völlig egoistisch auszunutzen. Er setzte sich an den Schreibtisch und legte die Pläne für sein Antischwerkraftschiff schriftlich nieder. Er hatte die Absicht, sie der Wissenschaft zukommen zu lassen. Kurz bevor er diese Arbeit beendet hatte, machte ihn Vera auf ein paar beängstigende Dinge aufmerksam, die sich in der Welt draußen abspielten. Während des ganzen vergangenen Jahres hatten in abgelegenen Gebieten der Erde geheimnisvolle Invasionen stattgefunden. Geheimnisvoll, aber relativ unwichtig, da es sich wirklich nur um schwach besiedelte Zonen handelte. Die Eindringlinge waren immer in kleinen, schnellen Schiffen gekommen, und sie besaßen ungeheuer wirkungsvolle Waffen. An diesem Abend schien sich eine neue Wende anzubahnen. „Rom ist soeben von einer geheimnisvollen Flotte überfallen und bombardiert worden“, verkündete der erregte Fernsehsprecher. „Vermutlich handelt es sich um die gleichen Schiffe, die unsere Erde seit einem Jahr terrorisieren. Die Welt ist empört. Welche Nation wagt es, so feige und ohne jede Warnung anzugreifen?“ York mußte wieder an den Weltkrieg denken, den er miterlebt hatte. Krieg! Kämpfe! „Hören sie denn niemals damit auf? “ rief er. „Beinahe fühle ich mich versucht, meine Superwaffe preiszugeben.. Dann können sie sich gegenseitig zerfleischen.“ Einen Tag danach wurde Berlin bombardiert. Es folgten Paris, London und Moskau. Als man bereits glaubte, der Terror würde sich auf Europa beschränken, fielen Bomben auf Tokio und Washington. Entsetzen machte sich breit, nachdem eine gigantische Flotte von italienischen und deutschen Kampfflugzeugen vernichtet worden war. Der Feind schien Langstreckenwaffen zu besitzen, die jede Gegenwehr sinnlos machten. Und dann gaben sich die Angreifer zu erkennen. „Heute nachmittag fingen sämtliche Rundfunkstationen eine deutliche Botschaft auf“, verkündete der Sprecher. „Die Invasoren, die unsere Weltstädte bombardiert haben, nennen sich die Unsterblichen. Sie verlangen, daß sämtliche Regierungen der Erde sie als oberste
Macht anerkennen. Mit anderen Worten, die Unsterblichen, wer sie auch sein mögen, fordern die Weltherrschaft für sich. Sollte sich jemand gegen sie stellen, so drohen sie mit Vernichtung,“ York sah Vera an. „Dr. Vinson!“ flüsterte York. „Dr. Vinson und eine Gruppe von skrupellosen Dämonen, die unsere Erde erobern möchten. Hundert Jahre lang hat er das geplant. Zweifellos sind alle seiner Genossen Wissenschaftler oder Techniker. Männer, die in einem Jahrhundert Großes vollbringen konnten. Sie haben alles auf eine Karte gesetzt.“ Er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Warum habe ich das nicht vorhergesehen? Jetzt ist mir alles klar. Sie haben mit kleineren Überfällen begonnen, um ihre Macht zu testen. Ich hätte Verdacht schöpfen und mich vorbereiten sollen. Nun haben sie zu ihrem großen Schlag ausgeholt. Was soll die Welt mit ihren plumpen Waffen gegen die wissenschaftliche Übermacht ausrichten?“ Immer neue Hiobsbotschaften kamen. Vera sah besorgt, daß Tony bleich und krank wirkte. „Ich trage die Verantwortung dafür“, flüsterte er. „Ich habe dieses gefährliche Geheimnis in Vinsons Hände fallen lassen.“ Seine Stimme wurde fester. „Ich muß handeln, bevor es zu spät ist.“ Mit ein paar Aufzeichnungen und Diagrammen landete York in Washington und erklärte, er könne die fremde Macht besiegen. Man hätte ihn wohl ausgelacht, wenn die Situation nicht so ausweglos gewesen wäre.
5. Als sie jedoch sein Antischwerkraftschiff sahen, wurden sie aufmerksam. Und eine Gruppe von Wissenschaftlern erklärte, daß sich mit den Aufzeichnungen durchaus etwas anfangen ließe. Inzwischen hatten die Unsterblichen Europa besiegt und wüteten in Asien. Man wußte, daß Amerika an der Reihe war, sobald Japan fiel. Die Industrie arbeitete so schnell wie noch nie. In Windeseile stellte sie die Apparate her, die York skizziert und der Regierung übergeben hatte. Anton York schlug sein Hauptquartier in Pittsburgh auf. Dort nahm die furchtbare Waffe, die mehr als hundert Jahre sein Geheimnis gewesen war, Gestalt an. Nach vierzehn Tagen war sie beinahe vollendet, doch inzwischen hatte sich die tödliche kleine Flotte nach Westen gewandt. Sie vernichtete die Luftabwehr, auf die Amerika so stolz war, in einem einzigen Handstreich. „Wir müssen uns ergeben!“ Immer öfter hörte man diesen Satz. „Durchhalten“, mahnte York, „unbedingt durchhalten!“ Die Regierungsmitglieder hörten auf ihn. Sie waren von seinen brennenden Augen wie hypnotisiert. Die Unsterblichen begannen die Städte zu bombardieren. Ihr Vorrat an Treibstoff und Munition schien unerschöpflich zu sein. San Francisco, Denver und St. Louis fielen. „Jetzt ist genug Schaden angerichtet. Wir müssen nachgeben! “ erklärten die entsetzten Staatsoberhäupter. „Durchhalten!“ entgegnete York. „Nur noch drei Tage!“ In diesen drei Tagen verwandelten sich Chikago, Cincinnati und Philadelphia in rauchende Trümmer. Aber in diesen drei Tagen bereitete sich auch York auf die Ent scheidung vor. Die neue Waffe war auf seinem Schiff montiert, ein langes, schlankes Rohr auf einem Universalgelenk. Leitungen führten ins Schiffsinnere. Man hatte keine Zeit mehr gefunden, den Rumpf nach den Reparaturen neu zu verkleiden. York hatte seine Antischwerkrafteinrichtung so abgewandelt, daß die Energie des starken terranischen Schwerefeldes in die neue Waffe floß.
Dann nahm er Kontakt mit der Flotte der Unsterblichen auf. Er forderte sie auf, New York in Ruhe zu lassen. Vielleicht hätten sie seine Herausforderung für einen Bluff gehalten, wenn York seinen Appell nicht an Dr. Vinson persönlich gerichtet hätte. „York?“ erwiderte eine Stimme, die der Wissenschaftler sofort erkannte. „Anton York? Unmöglich! Er...“ „Ich bin nicht umgekommen, Vinson. Ich habe die Blausäure überlebt. Eine Zeitlang fragte ich mich, wann Sie auf der Bildfläche erscheinen würden. Doch dann, nachdem hundert Jahre vergangen waren, hatte ich Sie fast vergessen. Mein Fehler. Vinson, Sie haben sehr viel Leid in die Welt gebracht, doch das soll ein Ende haben. Ich stelle mich Ihrer Flotte zur Entscheidungsschlacht. Den Ort können Sie selbst wählen. Und wenn Sie zu fliehen versuchen, werde ich Sie bis ans Ende der Welt verfolgen.“ Vinson schwieg. Zum erstenmal sahen die Unsterblichen Furcht in den Zügen ihres Anführers. Wer mochte dieser York sein, von dem sie bis dahin noch nichts gehört hatten? Dann sprach Vinson wieder. „Einen Augenblick, York. Ich weiß nicht, weshalb Sie glauben, meine Flotte vernichten zu können. Aber ich appelliere an Ihre Vernunft. Sie sind unsterblich wie wir. Sie gehören auf unsere Seite — Sie können mit uns die Welt beherrschen. Ich hege keinen Groll gegen Sie.“ Yorks Stimme war hart geworden. „Sie regieren die Welt ohne mich oder überhaupt nicht. Doch zuerst müssen Sie mich aus dem Weg räumen. Nennen Sie den Ort der Entscheidung.“ „Gut, der Kampf soll über den Niagara-Fällen stattfinden“, entgegnete Vinson. „Und vergessen Sie nicht, daß meine Flotte die Welt unterworfen hat!“ Den wenigen Zuschauern, die den Kampf miterlebten, kam es wie eine Schlacht zwischen Titanen vor. Yorks Schiff, eine leuchtende kleine Kugel, schob sich aus den Wolken, ein paar Meilen von der Flotte Vinsons entfernt. Eisenharte Männer der Armee bedienten die Waffe. Sie wußten nicht, wie sie funktionierte, man hatte ihnen nur beigebracht, das Rohr in Richtung des Feindes zu schwenken und dann auf einen Hebel zu drücken. Auf ihren Gesichtern zeichnete sich grimmige Entschlossenheit ab. Wie ein aufgescheuchter Hornissenschwarm stürzten sic h die kleinen Schiffe der Unsterblichen auf den einsamen Flugkörper. York ließ sein Schiff ruhig über dem Erie-See kreisen. Das schlanke Rohr wandte sich den Angreifern zu. Ein bläulicher, pulsierender Strahl breitete sich aus, ein geheimnisvoll schimmerndes Licht. Niemand wußte, woraus dieser Strahl bestand, aber die Wirkung war offensichtlich. Ein Dutzend der feindlichen Schiffe begann zu trudeln, sackte ab und verwandelte sich in schwarze Staubwolken, die langsam ins Wasser schwebten. Die übrige Flotte wich zurück. Doch bevor sie sich zu einem neuen Angriff formieren konnte, waren die nächsten zehn Schiffe zerstört. York lächelte hart. Er hatte den Strahl absichtlich breit gefächert, um möglichst viele Feinde auf einmal auszulöschen. Doch auch die Waffen der Unsterblichen reichten weit. Sie hatten bis dahin nur nicht daran gedacht, sie gegen das einsame, winzige Schiff einzusetzen. Nun knisterte die Atmosphäre von ihren Todesstrahlen. York hatte mit dem Angriff gerechnet. Sein Schiff jagte bereits senkrecht nach oben, brach durch die Wolken. Es war hart für die Männer, welche die Waffe bedienten, aber er konnte es nicht ändern. Die Unsterblichen schienen verwirrt. Sie verteilten sich und richteten ihre Strahlen aufs Geratewohl nach oben. Als Yorks Schiff weit weg von seiner früheren Position auftauchte, vernichtete es wieder acht feindliche Schiffe. Der Kampf hatte eben erst begonnen, und schon war der Großteil der Flotte außer Gefecht gesetzt. Das Wasser des Erie-Sees schäumte. Von den Niagara-Fällen stieg dunkler Dampf auf. Die Unsterblichen flohen in alle Richtungen. Yorks Vernichtungswaffe erledigte methodisch
ein Schiff nach dem anderen. Ihre Reichweite war praktisch unbegrenzt. Nach einer kurzen Verfolgungsjagd mußte auch der letzte Verbrecher aufgeben. Die Gefahr von Seiten der Unsterblichen existierte nicht mehr. Die Welt mußte sich damit begnügen, nur drei der Schützen mit Ehrungen zu überhäufen. Zwei der tapferen Männer hatten den Kampf nicht überlebt. York selbst hatte sich sofort nach der Landung zurückgezogen. Er wollte keinen Dank. Wie ein Gott war er gekommen, und wie ein Gott ging er wieder. Kurz danach brach er mit seiner Frau in die Weite des Raumes auf. Er hatte der Erde das Geheimnis der Raumfahrt hinterlassen. Den Mechanismus der Superwaffe verriet er allerdings nicht. Er hatte die Erde durch seine Unvorsichtigkeit schon einmal an den Rand des Abgrunds gebracht. Das sollte sich nicht wiederholen. Die Menschheit wußte nun auch um seine Unsterblichkeit. Und während er den Raum erforschte und die Wunder fremder Welten erlebte, woben sich auf der Erde Legenden um ihn. York mischte sich nicht in die Regierungsangelegenheiten der Erde. Sein Heimatplanet mit den kleinlichen Streitereien war ihm zu eng geworden. Er suchte mit seiner unsterblichen Gefährtin neues Wissen in der Tiefe des Raumes. Sie kamen zu vielen Sonnen und noch mehr Planeten. Die Zeit bedeutete ihnen nichts, nachdem sie das Geheimnis des freiwilligen Scheintods gelöst hatten und über Lichtjahre hinweg ohne Nahrung und Luft auskommen konnten. Sie wurden zu Halbgöttern. Irgendwann in der fernen Zukunft war auch ihnen der Tod bestimmt. Irgendwann, wenn die Zeit die kosmische Strahlung genügend gesenkt hatte...
TEIL II 6. Auf dem Olymp leben die Götter der Griechen — Jupiter, Merkur, Apollo, Bacchus, Neptun, und wie sie alle heißen mögen. So sagt die Mythologie. Doch in Wirklichkeit gibt es auf dem Olymp nur drei Götter. Diese drei haben seit ewigen Zeiten das Treiben auf der Erde beobachtet, manchmal amüsiert, manchmal verärgert, doch zumeist voller Gleichgültigkeit. So betrachteten sie nun die Welt des einundvierzigsten Jahrhunderts, wiederum gleichgültig, obwohl die Menschheit zum Untergang verurteilt war und es nicht ahnte. „Oh, diese Sterblichen mit ihrer absurden kleinen Zivilisation“, meinte einer. „Es wird Zeit, daß wir sie alle ins Jenseits befördern.“ „Das Warten langweilt mich“, erklärte der zweite gähnend. „Wenn sie nur etwas ahnen, wenn sie uns nur herausfordern würden. Selbst mit den Größten ihrer Rasse würde ich es aufnehmen — > beispielsweise mit diesem Anton York.“ „Anton York!“ Der dritte lachte. „Der befindet sich irgendwo im Raum. Und selbst wenn er hier wäre, was könnte er gegen uns tun? Überhaupt nichts!“ Sie lächelten und wandten sich wieder ihrem vierdimensionalen Schachspiel zu, das ihnen half, die Zeit zu vertreiben... In der Tiefe des interstellaren Raumes bewegte sich ein winziges, kugelförmiges Schiff. Es raste mit Überlichtgeschwindigkeit auf die Erde zu. Anton York und seine unsterbliche Gefährtin wurden mit jeder Stunde aufgeregter. Sie wollten nach langer Abwesenheit ihrem Ursprungsplaneten einen Besuch abstatten. In der Einsamkeit des Raumes hatte sie plötzlich Heimweh erfaßt. „Ich kann es kaum erwarten!“ rief Vera. „Ich möchte wieder einmal in einem kühle n Bergsee schwimmen und grüne Bäume um mich haben. Der Geruch der trockenen Blätter, das Singen der Vögel und die Wolken am blauen Himmel...“ Sie seufzte. „Oh, Tony, du kannst dir nicht
vorstellen, wie mir diese einfachen Dinge fehlen.“ Tony nickte. Bei ihrer Suche quer durch das Universum hatten sie keinen Planeten entdeckt, der ganz der Erde glich. „Wahrscheinlich hat sich in zweitausend Jahren die Zivilisation um ein gutes Stück weiterentwickelt. Die Menschheit wird reifer sein und das Glück ihrer Existenz voll genießen. Vielleicht befindet sie sich wie wir bereits auf dem Weg zu den Sternen...“ „Tony, da! Der Meteorschirm!“ York sah seine Frau an und warf dann einen Blick auf den Bildschirm!“ Das Meteor-Anzeigegerät registrierte Materie bis zur Größe eines Sandkorns. Zudem zeichnete es Entfernung, Geschwindigkeit, Richtung, Größe, Form, Farbe und elektrische Ladung des vorbeifliegenden Gegenstandes auf. York hatte dieses Gerät gebaut, nachdem sie einmal nur mit knapper Mühe dem Zusammenstoß mit einem Meteoriten entkommen waren. Nun beobachtete er den dunklen Punkt, der über den Bildschirm huschte. „Keine Kollisionsgefahr“, sagte er, nachdem er die Daten abgelesen hatte. „Relativgeschwindigkeit hunderttausend Meilen pro Sekunde. Doppelt so groß wie unser Schiff. Längliche Form, silbern. Richtung Alpha Centauri. Elektrische Ladung...“ Der Punkt verschwand am Rand des Bildschirms. „Weg“, sagte Vera. „Seit Tagen das erste Anzeichen von Materie. Den Daten nach könnte es sich um ein Raumschiff gehandelt haben, aber natürlich war es nur ein Meteor. Kein Wunder, denn wir befinden uns in der Nähe von Pluto.“ York war nachdenklich geworden. „Ja, Pluto — und gerade deshalb glaube ich, daß es sich um ein Raumschiff handelte. Ich sah nur einen Moment lang die elektrische Ladung, aber sie kam. mir sehr hoch vor — wie bei einem Atomantrieb. Ein Meteor besitzt keinen Atomantrieb. Wenn es tatsächlich ein Raumschiff war, dann hat die Menschheit also das Universum erobert! Ob das Schiff wohl nach Alpha Centauri wollte? Und in welcher Mission?“ „Das werden wir erfahren, wenn wir wieder auf der Erde sind“, meinte Vera. „Nein, ich will es gleich erfahren!“ York stellte seinen Transmitter ein. Unter dem Kabinenboden befand sich ein starker Generator, der Yorks Botschaft in den Raum hinausschleuderte. Selbst ein Schiff mit ganz schwachen Empfängern konnte sie im Umkreis von einem Lichtjahr auffangen. „Anton York ruft das Raumschiff, das sich auf dem Weg nach Alpha Centauri befindet!“ Immer wieder strahlte er diesen Satz aus, ohne eine Antwort zu bekommen. Er runzelte verwirrt die Stirn. „Ich muß mehr über dieses Schiff erfahren“, murmelte er. „Weshalb erwidert niemand meinen Funkspruch? Das ist sonderbar.“ Innerhalb weniger Stunden verlangsamte York sein Schiff auf Unterlichtgeschwindigkeit und jagte dann mit voller Energie auf dem Kurs des fremden Raumschiffes dahin. Nach ein paar weiteren Stunden hatte er es überholt. Es war unbeleuchtet, aber Yorks Detektoren zeigten an, daß der Antrieb funktionierte und die Geschwindigkeit ständig wuchs. Noch einmal gab er eine Botschaft durch — ohne Erfolg. Dann schoß er eine Leuchtrakete ab. Nichts rührte sich. „Entweder hat die Besatzung nichts Gutes vor“, murmelte er. „Oder es handelt sich um ein Wrack. Nun, wir werden es bald herausfinden.“ „Vorsicht, Tony!“ warnte seine Frau. Mit gut dosierten Schüben seines Raumanzugantriebs manövrierte sich Anton York an das fremde Schiff heran. Vera hielt die Bordkanone auf den gespenstischen Rumpf gerichtet. Aber im fremden Schiff rührte sich nichts. Niemand griff an. York drückte den Nothebel der Schleusentür herunter und betrat das Schiffsinnere. Mit Hilfe seiner Taschenlampe tastete er sich bis zur Hauptkabine vor. Er stieß einen leichten Schrei aus, als der Lichtkegel zwei bewußtlose Gestalten erfaßte, die gegen die Kabinenwand gepreßt waren. Bewußtlos? York erkannte nach wenigen Sekunden, daß sie tot waren.
Eine halbe Stunde später, funkte er zu Vera hinüber. „Hör zu — das ist eine sonderbare Sache. Hier liegen zwei Tote, offensichtlich machen sie die ganze Schiffsbesatzung aus. Sie ertrugen die hohe Beschleunigung nicht. Die Luft im Schiff ist dünn und sehr unrein und kaum zu atmen. Die Nahrungsmittel sehen verschimmelt aus, und das Wasser ist verdampft. Man hat das Gefühl, daß die beiden in den Raum starteten, obwohl alles gegen einen Erfolg des Unternehmens sprach. Sie müssen die Erde vor Jahren verlassen haben, da ihr Schiff nur Unterlichtgeschwindigkeit flog. Narren, mit dieser Ausrüstung hätten sie Alpha Centauri niemals erreicht. Was kann sie zu diesem selbstmörderischen Versuch getrieben haben?“ Seine Stimme klang sehr besorgt. „Draufgänger hat es schon immer gegeben“, erwiderte Vera. „Manchmal waren sie sogar erfolgreich. Ich denke an Kolumbus oder Lindbergh...“ „Draufgänger? Vielleicht.“ Yorks Stimme klang geistesabwesend. „Merkwürdig ist nur, daß diese Männer so schlecht geplant haben. Und ihr Gesichtsausdruck wirkt selbst im Tod noch — fanatisch. Wenn ich nur wüßte ...“ Vera hörte, wie er tief einatmete. Dann fuhr er erregt fort: „Vera, geh ins Labor, und bereite folgende Spritzen vor: Adrenalin...“ Er nannte ein paar andere Mittel aus seinem Arzneivorrat und gab ihr den Prozentsatz der Lösungen an. „Ich bringe einen der Männer mit“, sagte er danach. „Halte eine Sauerstoffmaske bereit.“ „Tony, heiß t das...“ „Ja, ich will versuchen, einen Toten ins Leben zurückzuholen. Bei einem der beiden Männer hat die Totenstarre noch nicht eingesetzt. Er ist vermutlich erst vor wenigen Stunden gestorben. Aber wir müssen uns beeilen.“
7. Zwanzig Minuten später reichte Vera ihrem Mann eine Injektionsnadel. Sie beugten sich über den Toten, und York gab dem Fremden mehrere Injektionen in das Rückgrat und das Herz. Dann wartete er. Feine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Es war ein Versuch, der kaum gelingen konnte. Vera hielt plötzlich den Atem an. Ein Zittern durchlief den Körper des Mannes, ein Wangenmuskel zuckte. In der Stille der Kabine hörten sie ein zögerndes Pochen — das Herz des Fremden begann zu arbeiten. Die Rippen wölbten sich mit einemmal, und Luft strömte in die Lungen. York legte dem Fremden eine Sauerstoffmaske an. Der Atem des Bewußtlosen ging immer regelmäßiger. Und dann schlug er die Augen auf. York hob die Sauerstoffmaske an und beugte sich vor. „Können Sie sprechen?“ fragte er. Die leeren Augen wandten sich in seine Richtung. Sinnlose Wortfetzen entströmten den kraftlosen Lippen. Vera zuckte zusammen. „Tony, wir haben ihm zwar das Leben gegeben, aber sein Verstand funktioniert nicht mehr. Es ist furchtbar!“ York preßte die Lippen zusammen. „Aber ich muß etwas über den Sinn dieser Reise erfahren“, beharrte er. „Ich werde es mit Telepathie versuchen.“ Tiefe Falten standen auf seiner Stirn, als er sich konzentrierte. In seinem linken Ohr befand sich ein winziges Instrument, das Gehirnzellen—seine eigenen oder die anderer Personen — unglaublich verstärken konnte. Manchmal hatten York und Vera sich auch in Telepathie
geübt, ohne dieses Instrument zu benutzen, aber sie waren rasch dabei ermüdet. York sah nach einer Weile auf und schüttelte den Kopf. „Er reagiert zusammenhanglos. Seine Gedankenwellen sind völlig durcheinandergeraten. Ich konnte nur einen Begriff verstehen. Es klang wie die drei Ewigen.“ Plötzlich schwieg der Fremde. Sein Blick wurde klarer. „Wer seid ihr?“ fragte er deutlich. York beugte sich eifrig über den Mann. „Ich bin Anton York!“ sagte er. Gleichzeitig strahlte er diesen Gedanken telepathisch aus. „Anton York!“ Die Augen des Fremden weiteten sich. York fing seine Gedanken auf. Der legendäre Anton York! Er war vor zweitausend Jahren im 20. Jahrhundert geboren worden und hatte durch das Elixier seines Vaters Unsterblichkeit erhalten. Anton York hatte sich auf den Weg ins Universum gemacht, nachdem es ihm gelungen war, die Verbrecher zu besiegen, die das Geheimnis seines Elixiers gestohlen hatten. York lächelte, als er die Skepsis des anderen spürte. „Ja, ich bin Anton York und kein Mythos“, sagte er. „Ich habe Sie aus dem Tod gerüttelt, weil ich mehr über Ihre Reise erfahren wollte. Weshalb flogen Sie mit dieser völlig unzureichenden Ausrüstung nach Alpha Centauri?“ Entsetzen schüttelte plötzlich den Fremden, so, als habe er sich an etwas Grauenvolles erinnert. „Die Zivilisation ist zum Untergang verurteilt!“ stieß er heiser hervor. „Chaos wird auf der Erde herrschen. Die drei Ewigen tragen die Schuld daran. Wir erfuhren von ihren Plänen und versuchten die Erde zu warnen. Niemand glaubte uns — wir hatten keine Beweise. Wir hofften, Alpha Centauri zu erreichen, Planeten zu finden, auf denen die Rasse fortleben konnte. Die drei Ewigen — teuflische Dämonen — vernichten die Zivilisation — Untergang...“ Der Fremde begann wieder zu stammeln, und York rüttelte ihn an der Schulter. „Reden Sie weiter!“ rief er. „Wer sind die drei Ewigen? Wo befinden sie sich? Und was haben sie vor?“ „Die drei Ewigen — Götter des Olymp — vernichten die ganze Menschheit ...“ Einen Augenblick später wurde sein Blick starr. Sein Kopf sank zurück. Diesmal konnte auch York nichts mehr tun. Der Fremde war endgültig tot. Vera und York standen traurig auf. „Götter des Olymp“, murmelte Vera. „Es muß eine Halluzination seines wirren Gehirns gewesen sein.“ York sah sie ernst an. „Vielleicht auch nicht. Vielleicht befindet sich die Menschheit wirklich in Gefahr. Je schneller wir die Erde erreichen...“ Die nächsten vierundzwanzig Stunden waren von Unruhe und bösen Vorahnungen erfüllt. Jetzt fürchteten Vera und Anton York sich beinahe vor der Heimkehr. Das Schiff der Fremden hatte die Erde vor vielen Monaten verlassen. Was war in der Zwischenzeit vorgefallen? Und dann erreichten sie den Planeten, nach dem sie sich so lange gesehnt hatten. Sie tauchten in die Atmosphäre ein. Nichts hatte sich verändert. Eine Meile über der Erdoberfläche hielten sie an. Sol City, die größte Stadt des Systems, die Zentrale der Erde, breitete sich unter ihnen aus. Überall herrschte geschäftiges Treiben. Nein, die Welt war noch in Ordnung. Vera und Anton York sahen einander erleichtert an. * Im Beratungszimmer des Kapitels von Sol City gab es plötzlich eine Störung. Ein Dutzend würdevoller Männer sah sich verärgert um. Wer hatte es gewagt, ihre Sitzung zu unterbrechen? Ein hochaufgerichteter Mann trat ein, ohne auf die Proteste des Vorzimmerbeamten zu
achten. „Wir konnten ihn nicht zurückhalten, meine Herren“, stammelte der Beamte. „Nicht einmal den Posten gelang es. Er scheint eine sonderbare Kraft auszustrahlen.“ Der Eindringling trat kühn an den Beratungstisch. „Ich muß Sie sprechen, meine Herren“, sagte er ruhig. „Es ist äußerst dringend. Als die Wachtposten mich zurückhalten wollten, wandte ich telepathische Kräfte an.“ „Wer sind Sie?“ fragte der Präsident zornig. „Anton York.“ Die Kabinettsmitglieder lächelten. „Merkwürdig, daß alle Familien mit dem Namen York ihre Söhne Anton nennen“, meinte der Präsident. „Aber ich bin der echte Anton York. Ich kam erst vor wenigen Stunden aus dem Raum zurück.“ Die Kabinettsmitglieder betrachteten ihn skeptisch. Seine brennenden Augen erschreckten die Männer. Wahnsinnig! Die Nervenheilanstalten waren voll von Leuten, die sich für den legendären Anton York hielten. „Ja, natürlich“, meinte der Präsident ruhig. Er warf seinen Kollegen einen heimlichen Blick zu und tippte sich an die Stirn. „Und nun kommen Sie mit und...“ York konnte es ihnen nicht verdenken, daß sie argwöhnisch blieben. Schließlich war er zweitausend Jahre lang fort gewesen. Aber als sich nun alle um ihn drängten, rief er: „Hinsetzen! “ Die Männer blieben verwirrt stehen. Niemand griff sie an, und doch konnten sie nicht weitergehen. Langsam kehrten sie zu ihren Plätzen zurück. „Es tut mir leid, daß ic h wieder meine Telepathie einsetzen mußte“, sagte York. „Sie werden mir jetzt zuhören, ob Sie wollen oder nicht. Ich bin tatsächlich der Anton York, der vor zweitausend Jahren zu den Sternen aufbrach. Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.“ Die Kabinettsmitglieder erkannten nun, daß er die Wahrheit sprach. Allein seine Worte überzeugten sie, denn er hatte einen altertümlichen Akzent, der sich nicht überhören ließ. Sie starrten ihn wie einen Halbgott an. „Ich sehe, Sie glauben mir“, meinte York schließlich. „Und nun verraten Sie mir bitte, welche Gefahr der menschlichen Zivilisation droht.“ „Gefahr?“ Der Präsident schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.“ York erzählte mit knappen Worten von seinem Erlebnis im Raum. Der Präsident schüttelte traurig den Kopf. „So sah also das Ende der beiden aus“, sagte er leise. „Es handelte sich um zwei Piloten, die uns eine verrückte Geschichte auftischten. Sie behaupteten, daß sie auf dem Olymp die mythischen Götter von Griechenland gefunden hätten, oder zumindest drei davon, genannt die drei Ewigen. Diese drei Ewigen nun sollen den Untergang der Erde durch gewisse geographische Verschiebungen planen. Die beiden Männer ließen sich nicht von ihrer Geschichte abbringen, und so schickten wir schließlich Schiffe zum Olymp. Es wurde nicht das geringste gefunden. Da die beiden offensichtlich verrückt waren, steckte man sie in eine Irrenanstalt. Drei Monate später entkamen sie, und wir hatten bis heute nichts von ihnen gehört. Der unvorbereitete Flug nach Alpha Centauri beweist nur, daß sie tatsächlich wahnsinnig waren.“
8. Es war eine merkwürdige Geschichte, und als York sie später Vera erzählte, war er immer noch nachdenklich.
„Also doch eine Halluzination“, meinte Vera. Dann sah sie ihren Mann genauer an. „Tony, hast du irgendwelche Sorgen? “ „Mir geht die Sache nicht aus dem Kopf“, gestand er. „Vera, was hältst du davon, wenn wir uns die Erde ganz genau ansehen?“ Vera war begeistert. „Natürlich! Nach einer Abwesenheit von zweitausend Jahren hat sich sicher allerlei verändert.“ Die Zivilisation hatte tatsächlich große Fortschritte gemacht, besonders auf dem Gebiet der Technik und Industrie. Die Städte des zwanzigsten Jahrhunderts hatten sich vervielfacht. Herrliche Raumhäfen waren überall entstanden. Auf den übrigen Planeten des Systems gab es bedeutende Kolonien. Der interplanetarische Handel blühte. Durch intensive Witterkontrolle hatte man das Versorgungsproblem gelöst. Die weiten Wüstengebiete der Erde waren in Gärten und Felder verwandelt. Metalle wurden aus den Meeren gewonnen. Hunderte von Anlagen sonderten die Salzprodukte ab. Beinahe jedes Element befand sich in irgendeiner Zusammensetzung im Meereswasser. „Und diese Zivilisation soll vernichtet werden? “ meinte York nachdenklich. „Wer könnte das auch nur in Erwägung ziehen? Und wer hätte die Macht dazu? Ich bin jetzt selbst beinahe davon überzeugt, daß die beiden armen Teufel hoffnungslos dem Wahnsinn verfallen waren.“ Seine Miene hellte sich auf. „Nun können wir unsere Entdeckungsreise erst richtig ge nießen.“ Es geschah, als sie eines Tages langsam den Ozean überquerten. York hielt das Schiff mit einemmal an und ließ es herunterschweben, bis sie sich dicht über der Wasseroberfläche befanden. Die sanft dahingleitenden Wellen glitzerten in der Sonne. Aber York schien von der Schönheit nicht viel wahrzunehmen. Er holte ein Fernglas heraus und beobachtete den Wasserspiegel. „Das ist doch nur Wasser, Tony!“ sagte Vera lachend. „H2 O. mein Lieber!“ „Aber ein Wasser, wie du es noch nie zuvor gesehen hast“, erwiderte York ernst. „Da — wirf einen Blick durch das Fernglas!“ Einen Augenblick später meinte Vera: „Das sind unzählige kleine Punkte auf dem Wasser...“ „Keine Punkte, sondern Blasen“, unterbrach York sie. „Millionen und Abermillionen kleiner Blasen, die vo m Grund aufsteigen. Mal sehen, wie weit sie reichen.“ Er saß bereits an der Steuerung und lenkte das Schiff parallel zur Wasserfläche. Nach einer Meile hielt er an und sah nach unten. Er nickte. „Immer noch da!“ Die Blasen breiteten sich über fünf, zehn, hundert und tausend Quadratmeilen aus. Yorks Miene war sehr ernst geworden. Am nächsten Tag untersuchten sie das Gebiet noch einmal. York entdeckte, daß die Blasen sich auf einer Fläche von zweitausend Meilen Länge und etwa dreitausend Meilen Breite zeigten. Das Gebiet lag zwischen Mittelamerika und Afrika und umschloß das gesamte Sargassomeer. „Was hat das zu bedeuten?“ fragte Vera, als ihr das Schweigen Tonys allmählich unheimlich wurde. „Woher kommen diese Blasen?“ York zuckte mit den Schultern und schaltete seinen Sender ein. „Anton York an Zentrale, Anton York an Zentrale...“ „J —jawohl, Sir“, sagte jemand ganz verdattert. „Was gibt es, Sir?“ „Verbinden Sie mich mit Ihrer ozeanologischen Station im Atlantik, bitte.“ Der Direktor von Cap Verde meldete sich, und Tony befragte ihn, ob man die Bläschen, die vom Meeresgrund aufstiegen, bereits bemerkt habe. „Natürlich“, erwiderte der Mann. „Wir registrieren sie seit etwa zehn Jahren. Aber wir haben keine Ahnung, wie sie entstehen. Wir schickten Männer mit Taucherglocken eine Meile in die Tiefe. Sie entdeckten nichts. Die Blasen scheinen sich noch weiter unten zu bilden.“ „Noch eine Frage“, sagte York. „Haben sich während dieser zehn Jahre die Küstenlinien des Atlantiks verändert?“ Die Stimme des Direktors klang plötzlich besorgt. Ja. Die gesamte Küstenlinie Westeuropas
sinkt so rasch ab wie nie zuvor. Der Wasserspiegel ist im Durchschnitt bereits um dreißig Zentimeter angestiegen. Bald werden die ersten Küstengebiete von Überschwemmungen bedroht sein. Das ist jedoch noch nicht alles. Auch die amerikanischen Küsten sinken ab. Und im Pazifik haben wir ebenfalls eine riesige Wasserfläche beobachtet, von der diese geheimnisvollen Bläschen aufsteigen. Sämtliche Wissenschaftler äußern sich besorgt über dieses Phänomen. Wir haben bereits Pläne ausgearbeitet, wie wir das bedrohte Land durch Deiche schützen könnten.“ „Danke.“ York unterbrach die Verbindung. Er starrte geistesabwesend vor sich hin. „Wenn das so weitergeht, helfen Deiche auch nichts“, meinte er leise. „Die Küsten sinken ab. Ob das wirklich eine Naturerscheinung ist?“ Vera betrachtete ihn aufmerksam. „Selbstverständlich ist es eine Naturerscheinung, Tony. Du weißt selbst, daß uns die Natur schon die sonderbarsten Streiche gespielt hat.“ York schüttelte energisch den Kopf. „Ich werde den Gedanken nicht los, daß die beiden Männer, die uns im Raum draußen begegneten, doch bei Verstand waren. Sie sprachen von einer geographischen Verschiebung.“ Er wirbelte das Schiff herum. „Vera, wir werden den Göttern des Olymp einen Besuch abstatten. “ Das Schiff jagte über den europäischen Kontinent. Nach kurzer Zeit tauchte aus einem Nebelschleier das Bergmassiv des Olymps. „Glaubst du wirklich, daß wir hier etwas finden? “ fragte Vera, als das Schiff sich senkte. „Schließlich sind die Götter des Olymp nur ein Mythos der alten Griechen.“ York lächelte sonderbar. „Vera, auch wir sind auf der Erde bereits zu Mythen geworden.“ Das Schiff umkreiste den Berggipfel, und sie starrten suchend nach unten. Felszacken, schroff abfallende Hänge, dunkle Höhlen und bizarre Vorsprünge tauchten auf. Hier und da lag in den Nischen Schnee. „Ich weiß nicht, wonach du suchst, aber ich kann nichts Ungewöhnliches feststellen“, meinte Vera. Ihre Stimme klang beinahe erleichtert. „Außerdem sagte der Präsident, daß Militärflugzeuge das ganze Gebiet durchforscht hätten, ohne etwas zu entdecken. “ „Da!“ York deutete nach unten. „Die große Höhle zur Linken! Ein flimmernder Nebel liegt über dem Eingang.“ Er stellte den Bildschirm schärfer ein. „Die Szene wird nicht klarer. Aber man hat fast das Gefühl, daß sich irgend etwas jenseits des Nebels befindet.“ Vera legte ihm die Hand auf den Arm, „Bitte, Tony, sei vorsichtig! “ Er steuerte das Schiff in die Tiefe, bis es nur noch etwa hundert Meter von dem sonderbar schimmernden Nebel entfernt war. Außer vagen Schatten konnte er nichts erkennen. Vorsichtshalber schaltete York den Elektroschutzschirm ein. Er senkte das Schiff, bis es den Nebel beinahe berührte. Und dann hielt das Schiff an. Vera und York warfen einander einen erstaunten Blick zu. Keine erkennbare Barriere war unter ihnen — nur der schimmernde, undurchdringliche Nebel. York speiste mehr Energie in den Antrieb. Das Schiff preßte sich gegen den Nebel, bis die Rumpfplatten knirschten, doch das Hindernis gab nicht nach. Und dann hörten sie eine kraftvolle telepathische Stimme. „Wer wagt sich vor das Angesicht der drei Ewigen? “ York warf Vera einen, bedeutsamen Blick zu. Dann erwiderte er, ebenfalls auf telepathischem Wege: „Anton York, der Unsterbliche.“ „Komm!“ Der schimmernde Nebel teilte sich. Im Mittelpunkt der Höhle befand sich ein gigantisches Marmorbauwerk. Griechische Säulen stützten es, und die Steine waren sehr alt. „Die beiden Männer waren doch hier!“ flüsterte Vera. „Ob sie auch in den anderen Dingen die Wahrheit gesagt haben?“
York zuckte nur mit den Schultern.
9. Anton York landete sein Schiff vor dem Tempelgebäude, ohne den Schutzschirm auszuschalten. Als die telepathische Stimme ihn einlud, das Bauwerk zu betreten, lehnte er höflich ab. Statt dessen stellte er seinen Bildschirm ein und bat sie, das gleiche zu tun, falls sie ein solches Instrument besäßen. Einen Augenblick später zeigte sich auf dem Schirm ein reich geschmückter Raum. Drei Männer saßen nebeneinander. York und Vera betrachteten die Fremden genau. Ihre in reiche Falten gelegten Gewänder paßten eigentlich nicht so recht zum griechischen Stil. Ihre Gesichtszüge waren eine merkwürdige Mischung von orientalischen und nordischen Elementen. Alle drei schienen in der Blüte ihres Lebens zu stehen. Aber in ihren Augen leuchtete — die Unsterblichkeit. „Wir haben dich erwartet, Anton York“, sagte einer der Männer. Er machte sich immer noch auf telepathischem Wege verständlich. „Seit du ins Sonnensystem zurückkehrtest, wußten wir, daß wir noch mehr von dir hören würden. Wie hast du von unserer Existenz erfahren?“ York erzählte kurz von seiner Begegnung mit dem Wrack im Raum. „Der Mann erklärte, daß ihr die Erde vernichten wollt“, schloß er herausfordernd. Der Sprecher lächelte kühl. „Ja, wir erwähnten die Angelegenheit in Gegenwart der beiden Leute. Wir wollten sehen, ob sie mit Gelassenheit reagieren oder den Verstand verlieren würden. Aber wir hatten bald kein Interesse mehr an ihnen und schickten sie weg. Ihr müßt wissen, wir leben bereits unendlich lange. Die Welt der Sterblichen hat keinen Reiz mehr für uns.“ Zorn stieg in York hoch. „Ihr hattet nicht das Recht, mit zwei Menschenleben zu spielen!“ Der Sprecher zuckte mit den Schultern. „Wir leben seit sehr, sehr langer Zeit“, wiederholte er. „Im Laufe der Jahrtausende verwischen sich Begriffe wie Recht und Unrecht.“ Vera legte York die Hand auf den Arm, als er wieder zu einer heftigen Antwort ansetzen wollte. „Es hat keinen Sinn, mit ihnen zu streiten“, flüsterte sie, während sie ihre Gedanken fest verschlossen hielt. „Versuche lieber soviel wie möglich über sie in Erfahrung zu bringen.“ York nickte. „Seit wann lebt ihr?“ Wieder das eisige, verächtliche Lächeln. „Wie alt bist du, Anton York? Etwa zweitausend Jahre, nicht wahr? Auch wir erhielten das Elixier der ewigen Jugend — doch das war vor zwanzigtausend Jahren!“ Einen Augenblick waren York und Vera starr vor Staunen. „Das kann nicht wahr sein!“ stammelte Vera. „Und doch ist es so“, versicherten die Ewigen. „Wir drei atmen und leben seit zwanzigtausend Jahren. Die meiste Zeit davon haben wir im Raum verbracht wie ihr. Wir haben unzählige fremde Welten gesehen. Doch allmählich langweilte es uns, immer neue Kulturen zu beobachten. Die Unsterblichkeit bringt Langeweile mit sich. Das werdet auch ihr noch zu spüren bekommen. Während der letzten fünftausend Jahre blieben wir auf der Erde. Das leere Gepränge gab uns wenigstens immer wieder Stoff zum Lachen. Wir sind in die Geschichte der Menschheit eingegangen. Wir verursachten versehentlich die Sintflut, als wir Gibraltar von Afrika absprengen und das mediterranische Becken mit Wasser füllten. Eine Zeitlang, während der griechischen Blütezeit, mischten wir uns unter die Menschheit. Unsere Taten sicherten uns für immer einen Platz in der Mythologie. Doch in den letzten Dreitausend Jahren hat uns Langeweile ergriffen. Manchmal fragten wir
uns schon, ob Selbstmord nicht der beste Ausweg sei. Selbst dein Aufstieg, Anton York, vor mehr als zweitausend Jahren, hat uns nur für kurze Zeit interessiert. Wir haben die merkwürdige menschliche Eigenschaft der Anteilnahme ganz und gar verloren.“ York holte tief Atem. Er hatte Greise vor sich. Die Männer sahen jung aus, aber sie konnten dem Leben nichts mehr abgewinnen. Geistig waren sie bereits tot. „Woher stammt ihr?“ fragte er, obwohl er die Antwort bereits ahnte. „Von Atlantis“, erwiderten die drei Ewigen. „Damals waren Atlantis im Atlantischen Ozean und Lemuria im Pazifik zwei riesige Kontinente. Ihre Zivilisationen schwangen sich zu Höhen auf, die später nie wieder erreicht wurden. Aber sie führten ständig Krieg, und das war schließlich ihr Untergang. Wir drei waren berühmte Wissenschaftler unserer Epoche. Wir entdeckten das Geheimnis der Unsterblichkeit und besiegten die Schwerkraft wie ihr, und so suchten wir eine Zeitlang die Tiefe des Raumes auf. Als wir zurückkehrten, waren Atlantis und Mu unter dem Wasser der Meere begraben, und neue Landmassen ragten aus den Fluten. Atlantis hatte versucht, Mu mit riesigen Atomreaktoren zu unterminieren und hatte dabei einen Riß in der Erdkruste verursacht, der zum Chaos führte. So kamen wir auf eine Welt, die uns fremd war. Unsere herrlichen Städte und Kunstwerke lagen im Schlamm des Ozeans. Merkwürdig, nur der Gedanke an jenen alten Ruhm kann unsere Herzen noch rühren. Unser Heimweh wird mit jedem Tag stärker.“ York spannte sich an. „Und?“ „Und so haben wir beschlossen, Atlantis wieder zum Leben zu erwecken. Wir wollen es von neuem bevölkern und ihm seine frühere Pracht wiedergeben. Eine lange und mühselige Aufgabe, aber sie wird uns Freude bereiten.“ Ein fanatischer Glanz kam in die Augen des Sprechers. „Eine menschliche Eigenschaft besitzen wir noch — die Sentimentalität.“ York warf seiner Frau einen ernsten Blick zu. Nun verstand er, weshalb die Bläschen vom Meeresgrund aufstiegen. Die lange eingeschlossenen Gase wurden langsam frei. „Und wie wollt ihr das erreichen? “ York täuschte brennende Neugier vor. „Ganz einfach. Wir haben die Erdkruste mit Hilfe von seismologischen Daten genau studiert. Jede größere geologische Verschiebung ruft Kettenreaktionen hervor. Wenn man diese Reaktion an der richtigen Stelle auslöst, kann man jedes gewünschte Ergebnis damit erzielen. Wir sprengten eine kleine Insel im Atlantik und riefen dadurch Druckwellen in der dünnen instabilen Kruste hervor. Die langsamen, unaufhaltsamen Kräfte in der elastischen Schicht unterhalb der Erdkruste wurden geweckt Wenn sie voll ausbrechen, werden sie den Boden des Atlantiks und Pazifiks wieder über die Wasserfläche schieben. Wir leiteten diesen Prozeß vor zehn Jahren ein. In etwa hundert Jahren wird er vollendet sein. Wir haben es nicht eilig. Danach soll der Ruhm von Atlantis noch einmal aufblühen.“ „Läßt sich der Vorgang überhaupt nicht mehr aufhalten?“ fragte York kopfschüttelnd. Die Antwort klang ein wenig spöttisch. „O doch. Eine entsprechende Gegendetonation könnte die Druckwellen neutralisieren.“ York hatte gehört, was er wissen wollte. Seine Gedanken schlugen den drei Ewigen mit voller Schärfe entgegen. „Und inzwischen müssen Milliarden von Menschen sterben?“ „Eine unangenehme Begleiterscheinung“, meinte der Sprecher achselzuckend. „Aber wir werden ein paar Auserwählte retten. Sie sollen uns helfen, Atlantis wieder zu bevölkern. Die übrigen müssen sterben, weil sie einfach keinen Platz in unserer neuen Welt haben. Selbstverständlich wird nicht die gesamte Landmasse sinken, aber während der Zeit des Umbruchs müssen wir mit heftigen Erdbeben und Sturmfluten rechnen. Sie werden die Bevölkerung stark dezimieren.“ „Das könnt ihr nicht tun!“ rief York. „Wer sollte uns daran hindern? Du?“ „Ja“, antwortete York fest. „Ich warne euch. Ich besitze eine Waffe, der bisher noch kein Feind standhielt. Wenn ihr euch nicht innerhalb von zehn Sekunden bereit erklärt, euren Plan aufzugeben, werde ich sie benutzen.“ „Du bist tapfer, Anton York, aber unklug“, entgegneten die drei Ewigen gelassen. „Wir
besitzen uneingeschränkte Macht.“ „Eins...“, begann York zu zählen. York ließ den Schutzschirm eingeschaltet, während er das Rohr der Waffe auf das Marmorbauwerk richtete und mit heiserer Stimme zählte. Die drei Ewigen saßen verächtlich da, als gäbe es für sie keine Gefahr. Einer von ihnen drückte lässig auf einen Knopf. York zählte bis neun, dann bis zehn. Der heftige Energiestrahl prallte harmlos an einem unsichtbaren Schirm ab, der das Marmorgebäude umgab. York keuchte. Irgendwie spürte er, daß ihm Gefahr drohte. Er war mit einem Satz am Instrumentenbord und bereitete alles für den Start vor. Doch im nächsten Moment stand er wie gelähmt da. Einer der Männer bediente ein Schaltpult. „Unvernünftiger Mensch!“ meinte der Sprecher höhnisch. „Zwanzigtausend Jahre Naturwissenschaften sind nicht spurlos an uns vorübergegangen. Anton York, du hast uns den Krieg erklärt. Wir sollten dich auf der Stelle vernichten, und glaube mir, wir könnten es tun. Aber es wäre unter unserer Würde, dich schwaches Nichts zu töten. Gehe also! Aber stelle nie wieder unsere Geduld und unsere Stärke auf die Probe.“ Das Schiff wurde wie von einer titanischen Hand hochgeschleudert; Die Lähmung war von York gewichen. Aber sein Gesicht brannte vor Scham. Während er das Schiff langsam wieder in seine Gewalt bekam, warf er noch einen Blick auf den schimmernden Nebel. Dahinter verbarg sich eine tödliche Gefahr für die Menschheit. York war sich im klaren darüber, daß es wenig Sinn hatte, den drei Ewigen im offenen Kampf gegenüberzutreten. Sie schienen unverwundbar. „Was sollen wir gegen sie ausrichten? “ fragte Vera verzweifelt. „Gegen zwanzigtausend Jahre Wissenschaft?“ York gab keine Antwort. Aber sein Blick war sehr nachdenklich geworden.
10. Im Laufe des nächsten Jahres sahen die Besatzungen und Passagiere von Linienschiffen und Flugzeugen immer wieder Anton Yorks kugelförmiges Schiff auftauchen. Manchmal schwebte es reglos über dem Wasser, dann wieder umkreiste es Inseln. Manchmal landete es auf den Docks von Sol City und holte gewisse Apparate ab, die das Kabinett nach seinen Beschreibungen hatte bauen lassen. Nicht einmal die Kabinettsmitglieder wußten, wozu diese Apparate dienen sollten. York arbeitete wie ein Besessener. Mit Hilfe seiner Instrumente tastete er die innere Erdstruktur ab. Schließlich hatte er auf einem Blatt sämtliche mathematischen Gleichungen und Notizen zusammengefaßt, die zur Lösung seiner Aufgabe von Bedeutung waren. Mit zitternden Händen fuhr er sich über die Schläfen. „Ich habe keine Zeit mehr, um sie zu verfeinern“, sagte er leise zu Vera. „Aber der Grundgedanke ist festgehalten. Ich kann das Ergebnis jeder geologischen Verschiebung vorhersagen — ebenso wie die drei Ewigen. Paß auf!“ Er breitete eine Karte aus und deutete mit der Bleistiftspitze auf eine kleine Stelle im Atlantik. „Hier befand sich vor zehn Jahren eine Insel. Die drei Ewigen wußten, daß sie den Schlüssel zu ihrem Unternehmen darstellte. Sie sprengten die Landmasse. Die ungeheuren Druckwellen, die dabei entstanden, riefen Brüche in der Erdkruste hervor. Atlantis und Mu, längst in den Wellen begraben, hoben sich wieder. Das übrige Land sinkt ganz langsam ab. Aber ich kann etwas dagegen unternehmen.“ Yorks Bleistift kreiste ein Dutzend winzige Atolle im Pazifik ein. „Hier irgendwo liegt der Schlüssel“, erklärte er. „Wenn ich eine dieser Inseln detonieren ließe, entstehen Druckwellen, welche die frühere Belastung der Erdkruste neutralisieren. Die Wirkung wird sich aufheben.
In knappen zehn Jahren ist alles wieder beim alten — bis auf ein paar Küsten, die für immer unter Wasser bleiben werden. Atlantis und Mu sollen nicht wieder zum Leben erwachen.“ Vera sah ihn angstvoll an. „Aber die drei Ewigen — sie werden dich töten, Tony!“ York nickte ernst. „Sie haben die Macht dazu. Doch daran möchte ich jetzt nicht denken. Unsere Aufgabe geht vor. Ich muß herausfinden, wo die Sprengung die größte Wirkung hat.“ Ein paar Stunden später schwebte ihr Schiff über dem Wasser des südlichen Pazifiks. Nur ein paar unbewohnte Inseln durchbrachen die weite, glitzernde Fläche. „Ich habe die Möglichkeiten so eingeengt, daß nur noch drei Inseln in Frage kommen“, meinte York. „Allerdings muß ich ganz sichergehen, daß ich die richtige Insel sprenge. Ein kleiner Irrtum könnte verheerende Folgen haben.“ Er überlegte eine Zeitlang. „Vera, es gibt nur einen Weg. Die Messungen, die mir noch fehlen, betreffen Spannungs zustände innerhalb der Erdkruste. Diese Spannungen muß ich genau nach ihrem Verlauf aufzeichnen. Deshalb werde ich selbst nach unten gehen. In die Schichten unterhalb des Ozeans, die sogenannten Plasmadämpfe.“ Er runzelte nachdenklich die Stirn. „Natürlich gibt es keine U-Boote oder Torpedos, die diese Tiefen erreichen. Ich muß ein Bohrschiff konstruie ren — einen mechanischen Maulwurf. Ich ...“ Vera unterbrach ihren Mann mit einer Handbewegung. „In deinen Plänen sind zu viele ,Ichs ’, Tony. Du hast doch nicht die Absicht, ohne mich in die Tiefe vorzustoßen?“ „Es wird ein gefährliches Unternehmen, Vera. Die Kräfte, die dort unten wirken, halten eine ganze Welt zusammen.“ Sie schüttelte entschlossen den Kopf. „Sieh mal, Tony, außer dir habe ich keinen Menschen auf der Welt. Ich könnte es nicht ertragen, allein zurückzubleiben. Ich wäre einsamer als der einsamste Meteor im Raum. “ Nach einem weiteren Jahr waren in den Fabriken der Erde die Teile entstanden, die York gezeichnet und bestellt hatte. Das Bohrschiff nahm Gestalt an. Es bestand aus transparentem Diamant — Yorks Geheimnis — und unglaublich starken Stahlträgern. Im Bug befanden sich Düsen für die gammasonare Energie, welche jegliche Materie in Staub verwandelte. Die Techniker, die das Schiff bauten, hatten keine Ahnung von seiner eigentlichen Funktion. Ein riesiger Frachter brachte das Schiff zu den polynesischen Inseln. Hier entließ York alle Helfer. Als er allein mit Vera war, holte er erst einmal tief Luft. „Ich habe mich ständig gefragt, ob die drei Ewigen von unseren Plänen etwas erfahren würden“, gestand er. „Und ich hatte Angst, daß sie etwas gegen uns unternehmen würden. “ Vera zuckte zusammen. „Sie sind wie Geier, die unbarmherzig warten und warten...“ York winkte ab. „Wirf noch einen Blick auf die Sonne, Liebling. Du wirst sie jetzt ein paar Wochen lang nicht sehen.“ Dann betraten sie das Schiff und versiegelten die Schleuse. Eine Stunde später, nachdem er mit großer Sorgfalt sämtliche Instrumente überprüft hatte, ließ er den Motor an. Der Bug des Schiffes bohrte sich in die Tiefe. Schlamm spritzte zur Seite und später harter Fels. Die Vibrationen schüttelten die beiden Unsterblichen erbarmungslos durch. Alle Stunden hielt York das Schiff für kurze Zeit an, damit sie sich ein wenig erholen konnten. York hatte keine Angst, daß der Tunnel, den das Schiff grub, über ihnen zusammenstürzen würde. Die Stahlverstärkungen des Rumpfes hätten auch das Gewicht des Mount Everest ertragen. Eine Woche später schaltete York den Motor aus. Sie befanden sich fünfundzwanzig Meilen unter dem Meeresboden. Drei Tage lang ruhten sie sich gründlich aus. Dann führte York mit Veras Hilfe die nötigen Messungen durch. Temperatur, Schichtdichte, Druck und Spannungsverteilung — alles zeichneten die Instrumente auf. Nach ein paar Tagen schüttelte York unzufrieden den Kopf. „Die Lösung meines Problems liegt noch tiefer“, sagte er. „Wir müssen bis zur Barysphäre vorstoßen. Diese Schicht ist halbflüssig und sehr heiß.“
York sprach nicht weiter, aber Vera wußte auch so, daß sie in Lebensgefahr schwebten. Der Gedanke beunruhigte sie nicht. Wenn sie sterben mußten, starben sie gemeinsam. Auch York war jetzt froh, daß Vera sich durchgesetzt hatte und mitgekommen war. Als sie eine Tiefe von fünfundvierzig Meilen erreicht hatten, hielt York wieder an. Sonderbarerweise war die Temperatur nicht sehr viel höher als bei fünfundzwanzig Meilen. „Die Erdoberfläche ist ein guter Wärmeleiter“, erklärte York. Er war erleichtert, daß die Arbeitsbedingungen nicht allzusehr erschwert wurden. Langsam diktierte er Vera die Meßwerte, die er von seinen Instrumenten ablas. Und von Stunde zu Stunde wuchs seine Erregung. Einen Tag später erklärte er freudestrahlend: „Nun ist alles klar, Vera. Die Plasmaströme besitzen hier, ganz in der Nähe, eine starke Konzentration, die sich bis zu einer der Inseln fortsetzt. Wenn wir diese Insel vernichten, entstehen Druckwellen in der Erdkruste, welche das Zerstörungswerk der drei Ewigen neutralisieren.“ „Tony!“ rief Vera plötzlich. „Tony, ich habe ein merkwürdiges Gefühl. Jemand befindet sich in der Nähe. Telepathische Gedanken dringen auf mich ein...“ „Unsinn!“ entgegnete York. „Wer sollte sich denn fünfundvierzig Meilen im Innern der Erde aufhalten. Außer...“ „... den drei Ewigen!“ kam die spöttische Antwort. Im gleichen Augenblick löste sich eine Wand des Tunnels auf. Ein Schiff lag neben dem ihren. Es besaß einen transparenten grünlichen Rumpf, und dahinter erkannten sie die ruhigen, beinahe gleichgültigen Gesichtszüge des Trios vom Olymp.
11. Vera preßte sich an ihn, und er hörte das heftige Pochen ihres Herzens. Er schalt sich einen Narren, weil er nicht einmal eine Waffe mit nach unten genommen hatte. Dann allerdings sagte er sich, daß gegen die Unsterblichen Waffen auch nichts nützten. „Anton York, du hast dein eigenes Todesurteil unterzeichnet“, sagte die telepathische Stimme. „Seit du den Olymp verlassen hast, verfolgen wir deine Gedankengänge mit gewissen Instrumenten, die auch über weite Entfernungen hin alles registrieren. Wir merkten, daß du versuchtest, unsere Pläne zu durchkreuzen. Allerdings glaubten wir nicht, daß es dir gelingen würde, die notwendigen Daten zu erlangen. Darin haben wir uns getäuscht. Du bist geschickter, als wir annahmen.“ Der Sprecher machte eine Pause. „Und deshalb müssen wir dich töten. Es kann nicht zwei Beherrscher der Erde geben.“ „Ich will die Welt nicht beherrschen“, entgegnete York. „Ich will sie nur vor dem Untergang retten.“ Er verlegte sich aufs Bitten. „Überlegt doch, was ihr tut! Ihr mordet zehn Milliarden Menschen. Mit diesem Schuldgefühl könnt ihr nicht bis in alle Ewigkeit weiterleben!“ „Wir sind Realisten, Anton York“, meinte der Sprecher des Trios. „Die Menschenrasse verdient es gar nicht, am Leben zu bleiben. Immer wieder zettelt sie sinnlose Kriege an. Immer wieder kommt es zu Hungersnöten. Traditionen, Aberglauben und starre politische Anschauungen hindern den Fortschritt. Wir wollen auf Atlantis eine neue Rasse schaffen, eine Super-Zivilisation...“ „Und zehn Jahre später wird es die ersten Machtkämpfe geben“, sagte York. „Ihr seid keine Realisten, auch wenn ihr es immer wieder behauptet. Ihr vergeßt, daß die Grundregel des Lebens Erfahrung heißt. Eure neue Zivilisation ist nicht von unten her aufgebaut. Sie wird zusammenbrechen, weil sie kein Gerüst aus Erfahrungen besitzt.“ Zum erstenmal glaubte er eine Spur Ärger in der Stimme des Sprechers zu erkennen. „Narr! Was nützen dir diese Worte noch? Du mußt sterben. Aber zuerst sollst du uns noch das
Geheimnis deiner Gammasonarwaffe verraten. Wir besitzen zwar mächtigere Waffen, aber das Prinzip deiner Kanone ist uns unbekannt. Sprich!“ York schwieg. „Nun gut, wir werden es ohnehin erfahren. Und weißt du auch, wie? Wir lassen dich hier zurück, in dieser Höhle — ohne dein Schiff. Du sollst kein einziges Instrument zur Hand haben. Du kannst dir weder den Weg nach oben bahnen, noch Selbstmord begehen. Bevor du allmählich erstickst, wird dich der Wahnsinn befallen. In diesem Zustand strahlt dein Gehirn automatisch alle Gedanken ab, ob du es willst oder nicht. Ein Instrument in unserem Labor wird sie auffangen. Du siehst — noch im Tode bist du unser Sklave.“ Keinerlei Befriedigung la g in der Stimme. Es war ein kalter, leidenschaftsloser Plan. Menschliche Gefühle kannten die drei Ewigen nicht. Ein paar Minuten später standen York und Vera allein in der Höhle, die durch die beiden Bohrschiffe geformt worden war. Ihr Schiff existierte nicht mehr. Die drei Ewigen hatten es vor ihren Augen mit einem bläulich schimmernden Strahl aufgelöst. Dann hatten sie einen Sauerstoffzylinder geöffnet, damit die beiden Gefangenen nicht zu früh erstickten. Und schließlich hatten sie mit einem Hitzestrahl den Tunneldurchbruch versiegelt. „Das ist das Ende, Tony“, flüsterte Vera. „Wir sind wie Ratten eingesperrt — fünfundvierzig Meilen unter der Erde. Wir werden den Verstand nicht verlieren. Wir wollen uns über unser Leben unterhalten. Zweitausend Jahre sind eine lange Zeit. Und wir werden in Frieden sterben.“ York küßte sie sanft, und dann begannen sie miteinander zu sprechen. Aber nach ein paar Stunden stammelte Vera bereits, und ihre Stimme klang schrill. Vera kämpfte gegen den einsetzenden Wahnsinn an. Gab es wirklich keinen Ausweg? Sie besaßen kein Werkzeug, nichts, außer den Kleidern, die sie am Leibe trugen. „Eines haben sie mir gelassen“, murmelte er ohne große Hoffnung. „Den Gehirnwellenverstärker im linken Ohr. Entweder sie entdeckten ihn nicht, oder sie empfanden ihn nicht als Gefahr. Und schließlich haben sie recht. Ich kann andere Menschen damit dirigieren, doch was soll ich gegen nackten Fels ausrichten?“ „Tony, du gibst nicht auf“, sagte Vera und lachte hysterisch. „Und du wirst einen Ausweg finden — einen Ausweg finden — einen Ausweg finden...“ Es klang wie eine gesprungene Schallplatte. Plötzlich packte York Vera und schüttelte sie heftig. „Vera, vielleicht gibt es eine Möglichkeit! Mein Gehirnwellenverstärker projiziert telekinetische Kräfte. Ich habe damit bewirkt, daß andere Gehirne ihre Körper zum Handeln zwangen. Vielleicht kann ich auch ohne diese Zwischenstation Bewegung erzeugen — Bewegung des Steines.“ Vera schüttelte dumpf den Kopf. „Das würde mehr Energie erfordern, als dir zur Verfügung steht. All die Tonnen und Tonnen Stein...“ Ihre Stimme schwankte. „Tony, weshalb denkst du überhaupt daran? Es verstärkt unsere Qual nur.“ Etwas tastete sich in Yorks Gehirn. Er hatte dieses Gefühl im Laufe der letzten Jahre oft gehabt, ohne genau darauf zu achten. Nun wußte er, daß es die drei Ewigen waren, die ihn aushorchten. „Immer noch bei Verstand?“ fragte die kühle Stimme. „Du bist bemerkenswert widerstandsfähig, Anton York. Aber du wirst nachgeben. Wir haben jetzt die Hälfte des Weges zurückgelegt. Sobald wir uns an der Erdoberfläche befinden, stammelst du wie ein Idiot!“ Vera kreischte. „Nicht, Vera!“ besänftigte York sie. „Verstehst du denn nicht? Sie versuchen, unseren Wahnsinn zu beschleunigen. Erinnern wir uns daran, daß wir in Frieden sterben wollten.“ „Wenn wir es nur könnten!“ stöhnte sie. „Aber es ist eine solche Qual. Meine Haut juckt — die radioaktive Strahlung...“ Auch York spürte das unangenehme Gefühl auf der Haut. Es wurde von den starken
Radiumausstrahlungen der Felsen bewirkt. Doch plötzlich sprang er auf. „Radium — Energie!“ rief er. „Energie für die Telekinese! Da haben wir sie, direkt um uns. Vera, ich werde es versuchen. Mein Gehirnwellenverstärker müßte diese Energie ebenfalls vertragen können.“ Vera schöpfte neue Hoffnung. Sie beobachtete ihren Mann, wie er mit konzentrierter Miene die Felswand anstarrte. Die gleiche nichtgreifbare Kraft, mit der er die Kabinettsmitglieder auf ihre Plätze gezwungen hatte, prallte nun gegen den toten Stein. York hatte die Möglichkeiten des Verstärkers nie voll ausgenutzt. Konnte er befehlen, daß Materie sich vor ihm auflöste? Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Etwas Unsichtbares strahlte gegen die Wand. Und in den starren Felsen pulsierte radioaktive Energie. Konnte er sie anzapfen, konnte er sie mit reiner Gedankenkraft dazu zwingen, für ihn zu arbeiten? Minuten der Angst vergingen. Dann zeigte sich im Fels eine Wölbung. Man hörte ein Knistern, als ob Milliarden von Kristallen ihre Position geändert hätten. Die Materie verschob sich. Ein Tunnel entstand. Schritt für Schritt ging York voran, und Schritt für Schritt bohrte sich der Tunnel in den Fels. York gab seinem Tunnel einen Aufwärtswinkel, den sie gerade noch erklettern konnten. Es hatte wenig Sinn, einen Durchbruch zum Schiffstunnel zu schaffen, da dieser Gang senkrecht in die Höhe führte. Ein Problem warf sich auf: Je weiter sich der Tunnel vorschob, desto dünner wurde die Luft. York blieb stehen und entlockte den Felsen Sauerstoff. „Chemische Telekinese!“ sagte er zu Vera, als sie wieder freier atmen konnten. „Selbst die Elektronen und Protonen können dieser Energie nicht widerstehen. Vera, das ist ein echtes Wunder der Naturwissenschaft.“ Sehr viel später hörten sie ein dumpfes Grollen. Ihr früheres Gefängnis war zusammengestürzt. „Vorsicht!“ flüsterte York. „Wir müssen unsere Gedanken so gut wie möglich abschirmen. Die drei Ewigen sollen glauben, daß wir umgekommen sind.“ Eine Stunde lang kauerten sie in ihrem Tunnel. Sie spürten die suchenden Gedankenstrahlen ihrer Widersacher. Selbst als der Tunnel hinter ihnen langsam zusammenbrach, winkte York seiner Frau beruhigend zu und rührte sich nicht von der Stelle. Endlich zog sich der tastende Strahl zurück. Die drei Ewigen waren von ihrem Tod überzeugt!
12. Nun erst konnte York auf ein Entkommen hoffen. Er setzte unermüdlich den Weg fort, Meile um Meile. Als er vor Erschöpfung zu taumeln begann, übergab er Vera den Gehirnwellenverstärker. Sie löste ihn in seiner Arbeit ab. Und dann stieß der Tunnel plötzlich in eine große quadratische Kammer. York wäre beinahe gestürzt, weil er plötzlich keinen Widerstand mehr spürte. Im schwachen Leuchten der radioaktiven Wände sahen sie sich um. Gewaltige Metallpfeiler stützten die Felshöhle. „Eine künstlich geschaffene Grotte!“ flüsterte Vera, und das Flüstern setzte sich tausendfach fort. „Und mit Sauerstoff gefüllt — auch wenn er schon etwas abgestanden riecht. Die Kammer scheint uralt zu sein.“ „Ich glaube zu wissen, wie sie entstand“, entgegnete York. „Erinnere dich an die Erzählung der drei Ewigen daß Atlantis Mu während des Krieges unterminierte. Das hier muß eines der unterirdischen Hauptquartiere gewesen sein. “ Sie hatten auf ihren Reisen durch den Raum sehr viel Sonderbares erlebt, aber dieses Zeugnis
vom Wahnsinn der eigenen Vorfahren flößte ihnen Grauen ein. Zwanzigtausend Jahre war die Kammer alt, und bis auf die Metallpfeiler, die sie vor dem Einsturz bewahrt hatten, hatte sich alles in Staub aufgelöst. Nein, nicht alles. Genau im Mittelpunkt der Höhle stand ein quadratischer Metallblock, dessen Funktion sie nicht erkennen konnten. York und Vera gingen daran vorbei, doch plötzlich drehte sich Vera mit entsetzter Miene um. Sie starrte den Block wie hypnotisiert an. „Tony, ich habe eine telepathische Stimme gehört — aus diesem Block!“ York war ein wenig skeptisch, aber er wußte, daß seine Frau auf schwache Ausstrahlungen eher reagierte als er. Konzentriert horchte er, und dann vernahm auch er die leise telepathische Stimme. „Jemand befindet sich da drinnen!“ flüsterte York. Er ging um den Block herum, konnte aber keinen Eingang finden. Sämtliche Seiten bestanden aus glattem Metall. Schließlich stemmte er beide Beine fest in den Boden und konzentrierte sich mit ganzer Kraft. Eine Vertiefung bildete sich, als der telekinetische Strahl ins Innere vordrang. Plötzlich stieß er gegen eine Wand, die seinen Strahl abprallen ließ. Im Innern des Blocks hörte man merkwürdige Geräusche, und die telepathische Stimme schwieg plötzlich. Eine Form schob sich durch die von York geschaffene Öffnung. Vera klammerte sich zitternd an ihren Mann. Ein Metallkörper richtete sich auf. „Ein Roboter!“ sagte York leise. Offensichtlich war die Metallform einem Menschen nachgebaut, wenn auch mit groben Verzerrungen. Das Metall wirkte biegsam wie Gummi. Nur zwei Augenspiegel zeigten sich in dem runden Kopf, und über die Spiegel wurden nur Blenden geschlossen. Nach der totalen Finsternis in dem Metallblock war das Halbdunkel der Höhle offenbar für die Sehorgane des fremden Wesens zu grell. Das Wesen drehte sich hilflos um. Schließlich richtete es die Augen auf York und seine Frau. „Nein, kein echter Roboter“, korrigierte der Fremde telepathisch. „In meinem Metallschädel arbeitet ein menschliches Gehirn. Ich heiße Kaligor. Aber sagt mir nun — in welcher Welt befinde ich mich?“ „Auf der Erde“, erwiderte York überrascht. „Wo sonst? Stammst du von Atlantis oder Mu, Kaligor?“ „Atlantis? Mu?“ Die telepathische Stimme klang unsicher. „Ja, Mu, natürlich. Nun erinnere ich mich wieder. Ihr müßt meine Vergeßlichkeit verzeihen. Ich bin seit langer Zeit in diesem Metallblock eingesperrt — seit dem Untergang von Atlantis und Mu. Wie lange ist das her?“ „Zwanzigtausend Jahre“, entgegnete York atemlos. „Nur zwanzigtausend Jahre?“ Der Robotermensch schien erstaunt. „Mir kam es viel länger vor — beinahe wie eine Ewigkeit.“ York und Vera sahen einander an. Sie hatten nur ein paar Stunden in ihrem Felsgefängnis ausgeharrt und wären doch beinahe wahnsinnig geworden. Wie hatte dieser Fremde zwanzigtausend Jahre überstehen können? Kaligor spürte ihr Erstaunen. „Es ist eine lange und merkwürdige Geschichte“, erklärte er. „Während der ersten Stunden erfaßte auch mich beinahe der Wahnsinn. Dann jedoch nahm ich mich zusammen. Ich wußte, daß ich den Verstand nur dann retten konnte, wenn ich eiserne geistige Disziplin übte. Ich brauchte etwas, womit sich meine Gedanken logisch beschäftigen konnten. Und so baute ich im Laufe von zwanzigtausend Jahren ein ganz neues Universum auf. Es beruht auf einer sechsdimensionalen Geometrie.“ Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: „Ich befaßte mich mit jeder einzelnen Sonne, ihrem Gewicht, ihrer Größe, ihrer Helligkeit und ihrem Spektrum. Hundert Jahre später waren meine Möglichkeiten in dieser Richtung erschöpft. Ich griff eine einzelne Sonne heraus, umgab sie mit Planeten, Monden und Asteroiden. Ich rechnete die Bahnen der Planeten aus, die Sonnen- und Mondfinsternisse und all die anderen wichtigen Dinge. Doch auch damit gab ich mich nicht zufrieden.“
„Du hofftest zwanzigtausend Jahre lang auf Rettung?“ rief York. „Nun, meine Ausdauer ist belohnt worden, oder?“ entgegnete der Robotermensch. „Meine Retter stehen vor mir. Aber die Zeit kroch dahin! Ich wagte es nicht, die Gedanken von meiner Phantasiewelt loszureißen. So bevölkerte ich einen der Planeten mit einer intelligenten Rasse. Diese Rasse hatte nichts mit der Menschheit zu tun. Ich entwickelte einen ganz neuen biologischen Ausbau — bis zur letzten Zelle. Manchmal beschäftigte ich mich wochenlang mit einem einzigen Problem — zum Beispiel mit der Anzahl der Blutgefäße in einem inneren Organ. Diese fremden. Wesen würden euch vielleicht Entsetzen einflößen, aber für mich stellten sie die einzige Realität dar. Ich nannte sie Wolkianer. Sie bauten mit meiner Hilfe eine große Zivilisation auf. Aber dennoch lag die Zeit endlos vor mir. So beschwor ich Einzelcharaktere dieser Traumwelt und verfolgte ihr Leben von der Geburt bis zum Tode. Einige meiner Schöpfungen begann ich zu hassen, andere liebte ich. Da war der tapfere Mirbel und die schöne Binti, für die er kämpfte...“ Kaligor schwebte wieder in seiner Traumwelt. Das Murmeln wurde leiser und unverständlich. Dann zuckte er zusammen. „Aber das könnt ihr nicht verstehen“, sagte er. „Ich habe tausend verschiedene Leben gelebt. Ich muß mich sogar jetzt fragen, ob ihr echt oder Geschöpfe meiner Phantasie seid.“ „Wir sind echt“, erklärte York lächelnd. Kaligor schüttelte sich, als wollte er seinen Traum gewaltsam unterbrechen. „Wer seid ihr?“ fragte er. „Wie kommt ihr in diese vergessene Höhle?“ York berichtete, was ihnen widerfahren war. Als er die drei Ewigen erwähnte, zuckte Kaligor zusammen und hörte mit neu erwachtem Interesse zu. „Die drei Ewigen!“ stieß er hervor, als York seine Erzählung beendet hatte. „Sie haben mich hier gefangengesetzt. Es kam so: Ich stamme von Mu, nicht von Atlantis. Ich entdeckte unabhängig von den drei Ewigen das Lebenselixier und nahm es ein. In meinem Ehrgeiz beschloß ich, meinem bereits unsterblichen Gehirn einen Körper zu geben, der auch nicht durch Gewalteinwirkung zu vernichten war. Ich wollte wirklich ewig leben. Oh, damals ahnte ich nicht, wie schal das Leben sein kann.“ Einen Moment lang strahlte Kaligor den gleichen Lebensüberdruß aus wie die drei Ewigen. „Wir besaßen hervorragende Chirurgen, und einer von ihnen verpflanzte schließlich mein Gehirn in diesen Roboterkörper. Zweihundert Jahre vergingen, bis ich diesen Körper konstruiert hatte. Er besteht nicht aus Metall, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag. Er besteht überhaupt nicht aus Materie, denn Materie kann leicht zerstört werden. Ich wollte etwas absolut Unzerstörbares. Energie, zu einem dichten Gewebe verflochten, schützt mein Gehirn. Ich weiß, das ist schwer vorstellbar. Aber überlegt doch: Was bleibt, wenn ein Atom zerstört wird? Reine Energie. Und diese Energie umgibt mich.“ York nickte. „Deshalb also drang mein Gedankenstrahl nicht weiter vor. Ich versuchte reine Energie durch reine Energie zu verdrängen.“ Kaligor winkte ab und fuhr fort: „Und dann, als meine Unsterblichkeit perfekt war, begann ich an die Zukunft zu denken. Ich wollte Mus Zivilisation zu einsamen Höhen emportragen. Doch bevor ich meine Pläne verwirklichen konnte, stürzte Mu ins Meer, gemeinsam mit seinem Feind Atlantis. Ich fand mich am Meeresgrund wieder, umgeben von Trümmern und Toten. Ich wollte mich an Atlantis rächen, doch auch dieser Kontinent war untergegangen. Es gab keine Zivilisation mehr. Wohl ein Jahrhundert lang brütete ich dumpf vor mich hin. Ich hatte mich auf einen Bergwipfel zurückgezogen und betrachtete schmerzerfüllt die weiten Wasserflächen, die Mu bedeckten. Ich hielt mich für den einzigen lebenden Menschen. Doch eines Tages entdeckte ich auf dem neu entstandenen Kontinent menschliche Gestalten. Einige hatten also doch überlebt. Ich horchte sie gründlich aus. Der Untergang von Mu und Atlantis war für sie bereits eine Legende, aber ich erfuhr, daß sie von Mu abstammten. Mein Volk! Ich war glücklich. Ich
machte mich daran, diese armen Halbwilden einer neuen Zivilisation entgegenzuführen.“ Er machte eine kleine Pause. „Dann tauchten die drei Ewigen auf. Ich begegnete ihnen zum erstenmal. Sie hatten lange Zeit im Raum zugebracht und bei ihrer Rückkehr nur Chaos vorgefunden. Da sie Atlanter waren, gönnten sie meinem Volk den neuen Aufstieg nicht. Wir kämpften. Ich konnte sie ohne Waffen nicht besiegen, aber auch ihnen gelang es nicht, mich zu töten. Schließlich fesselten sie mich und brachten mich hier in die Tiefe, um mich für immer in einen Metallblock zu sperren. Ihre letzten Worte waren, daß sie die Rasse der Mu vernichten würden.“ „Das ist ihnen offensichtlich nicht gelungen.“ York lächelte hart. „Die Menschheit lebte weiter, und neue Kulturen blühten auf — Ägypten, Griechenland und so fort.“ Kaligor sah ihn aus seinen blinkenden Augenspiegeln an. „Und du, Anton York, gehörst zu meiner Rasse. Zwischen uns besteht eine Bindung, die auch ein noch so weiter Zeitabstand nicht zerreißen konnte. Und wir haben einen gemeinsamen Feind — die drei Ewigen. Du kennst ihre Pläne: sie wollen die zweite Zivilisation von Mu ein für allemal vernichten.“ York nickte. „Wir gehen zurück an die Erdoberfläche und bekämpfen die drei Ewigen“, sagte er. Der Gedanke, daß er einen neuen Verbündeten hatte, flößte ihm wieder Mut ein. „Im Augenblick glauben sie, daß wir den Tod gefunden haben...“ Vera stieß einen leisen Schrei aus. Sie hatte die leichte telepathische Berührung gespürt und die beiden anderen im Bruchteil einer Sekunde gewarnt. Auch Kaligor verstand, und so zwangen sich die drei mit eisernem Willen, ihre Gedanken abzuschalten.
13. Eine Stunde später stieß Vera einen Seufzer der Erleichterung aus. Die drei Ewigen hatten die Suche aufgegeben. Kaligor nickte Anton York zu. „Machen wir uns auf den Weg.“ Es dauerte einen Monat, bis sie ihr Ziel erreichten. Je näher sie der Erdoberfläche kamen, desto erregter wurde Kaligor. Er sehnte sich danach, endlich wieder Sonne zu sehen, die Nachkommen seiner Rasse zu beobachten. Doch von Zeit zu Zeit verfiel er auch wieder in seine Träume und unterhielt sich leise mit den Phantasiegeschöpfen von Wolkia. Wenn York ihn dann in die Wirklichkeit zurückrief, schüttelte er traurig den Kopf. „Ich lebe in zwei Welten“, sagte er leise. „Ich werde nie erfahren, welche davon real ist. Zu lange war ich eingesperrt.“ Vera erwies sich als wertvolle Stütze, wenn es darum ging, sich gege n die Taststrahlen der drei Ewigen zur Wehr zu setzen. Sie spürte rascher als die beiden Männer, wenn die Feinde näher kamen, und konnte sie rechtzeitig warnen. Sie tauchten in Australien auf, so wie York es geplant hatte. York und Vera atmeten dankbar die frische Luft ein und freuten sich über den Sonnenschein, Kaligor lehnte zitternd an einem Felsblock. Seit zwanzigtausend Jahren war er zum erstenmal frei. Die drei fühlten sich so glücklich, daß sie einen Moment lang nicht auf der Hut waren. „Achtung — die Taststrahlen!“ schrie Vera mit einemmal auf. Sie verschlossen ihre Gedanken — aber zu spät. Mit voller Wucht versuchten die drei Ewigen die Barriere zu durchbrechen. Kaligor winkte seinen Gefährten zu und begann zu laufen. Als sie eine Meile zurückgelegt hatten, wurden die suchenden Strahlen schwächer. „Wir sind dem Suchbereich noch einmal entkommen“, meinte York keuchend. „Ich glaube
nicht, daß sie entdeckt haben, wo wir uns befinden. Sie wissen nur, daß wir irgendwo in Australien sind — und daß wir dort unten nicht den Tod gefunden haben. Wir müssen so rasch wie möglich nach Sol City gelangen. Dort befindet sich mein Raumschiff. Im Notfall können wir eine Zeitlang die Erde verlassen.“ Ihr Plan gelang. Sie erreichten unbehelligt Sol City und betraten Yorks Schiff. Anton York setzte sich mit einem Gefühl der Erleichterung an das Instrumentenbord. Er stellte einen Kurs zum Südpazifik ein. „Zuerst müssen wir jene Insel sprengen, um dem Aufsteigen von Atlantis und Mu Einhalt zu gebieten“, sagte er. „Danach werden wir mit den drei Ewigen abrechnen.“ Vera blieb nachdenklich. „Ich möchte wissen, weshalb sie während der letzten Stunden nicht nach uns gesucht haben“, meinte sie. „Die Sache gefällt mir nicht, Tony. “ Als sie kurze Zeit später auf dem Atoll in der Südsee landen wollten, erkannten sie die Antwort. Ein ovales Schiff mit einem grünlich schillernden Rumpf erwartete sie. „Die drei Ewigen!“ stieß Vera hervor. York hielt sein Schiff an und schaltete sofort den Schutzschirm ein. Er rechnete mit einem Kampf, doch statt dessen erreichte ihn die kraftvolle telepathische Stimme der Ewigen. „So ist es dir also gelungen, aus deinem Felsengefängnis zu entkommen, Anton York. Leider haben wir dich wieder unterschätzt. Doch das ist nun unwichtig. Als wir eure Gedanken in Australien auffingen, kamen wir hierher. Wir wußten, daß diese Insel dein Ziel sein würde. Anton York, eigentlich müssen wir dir danken. Zum erstenmal seit Jahrtausenden empfinden wir keine Langeweile mehr.“ Spott? Nein. York konnte eine Spur von Wahrheit in den ironischen Worten erkennen. Die Ewigen fuhren fort: „Aber du hast keine Chance gegen uns. Zwanzigtausend Jahre Wissenschaft stehen gegen zweitausend...“ Plötzlich unterbrach sich der Sprecher. „Es ist eine dritte Person an Bord eures Schiffes.“ Kaligor konnte sich nicht mehr beherrschen. Der Haß gegen die Todfeinde brach durch. „Ich bin es, Kaligor!“ Er warf ihnen einen kraftvollen Gedankenstrahl entgegen. „Erinnert ihr euch an mich? “ „Kaligor!“ Einen Augenblick später tanzte ein merkwürdiges Licht über die Kabine hinweg. Es umfaßte Kaligor, verharrte kurz und war dann wieder verschwunden. Schließlich gaben die drei Ewigen ihr entsetztes Schweigen auf. „Ja, es ist Kaligor. Unser Tele-Auge lügt nicht. Hat dich Anton York befreit?“ Kaligor erzählte triumphierend von seiner Rettung. „Und nun stehe ich euch wieder gegenüber, wie ein Gespenst aus der Vergangenheit!“ schloß er. „Kaligor — zusammen mit Anton York!“ Es klang fast ein wenig Furcht in diesem Gedanken an. Dann fuhr der Sprecher hastig fort: „Aber das ist gleichgültig. Wir werden dich und dein Schiff vernichten, Anton York. Du, Kaligor, wirst auf den Meeresboden fallen, wo wir dich erneut einfangen und in Fesseln legen werden. Mu soll untergehen, für immer, während Atlantis seine zweite Blütezeit erleben wird.“ „Ihr seid senil“, höhnte Kaligor. „Atlantis gehört der Vergangenheit an. Die Kultur von Mu wird überleben, und...“ Im gleichen Moment eröffneten die drei Ewigen das Feuer. Ein lautloser Energiestrahl prallte gegen den Schutzschirm. Der Schirm hielt, aber die Anzeigenadel schlug weit aus. York verschwendete keine Zeit damit, das Feuer zu erwidern. Er wußte noch zu gut, daß seine Superwaffe gegen die drei Ewigen nichts ausgerichtet hatte. Und so jagte er das Schiff in den Raum, bevor die Widersacher den Lähmungsstrahl einsetzen konnten. „Ich hätte ahnen müssen, daß sie hier auf uns warten würden“, sagte er verzweifelt. „Warum haben wir uns vorher nicht mit Waffen versorgt?“ Er holte die höchstmögliche Beschleunigung aus dem Antrieb, aber das grünliche Schiff der
Widersacher blieb ihm auf der Spur. „Tony, was können wir tun?“ fragte Vera ängstlich. „Kaligor!“ York wandte sich bittend an den Robotermenschen. „Fällt dir nichts ein?“ Von dem Roboter kam keine Antwort. Er lag zusammengesunken in einer Ecke der Kabine. „Kaligor!“ rief York verzweifelt. Der Unsterbliche von Mu hob den Kopf. „Wie? Bist du es, Binti? Nein — nein — was sage ich? Sie heißt Vera York.“ „Wir befinden uns auf der Erde, Kaligor!“ rief York. Die drei Ewigen...“ Ein greller Lichtstrahl bohrte sich in ihren Schutzschirm. „Die Gehirnwellen, York!“ sagte Kaligor hastig. „Setze sie ein! Befiehl dem feindlichen Schirm, sich aufzulösen!“ * York versuchte es, während Vera die Steuerung übernahm. Er betrachtete starr das feindliche Schiff und konzentrierte sich. Doch die telekinetische Energie, die harten Stein wie Knetgummi verformt hatte, prallte vom Schirm des grünlichen Schiffes ab. „Versuch du es!“ keuchte York und reichte Kaligor den Gehirnwellenverstärker. Kaligor hielt das winzige Instrument an seine Stirn. York und Vera konnten in dem glatten, ungeformten Gesicht keine Konzentration erkennen, aber eine Minute später wurde das feindliche Schiff um ein Stück zurückgeworfen. „Ihr Schutzschirm ist undurchdringlich“, sagte Kaligor. „Sie werden letzten Endes gewinnen, außer...“ Rasch entwickelte er seinen Plan. York nickte und wartete angespannt.
14. Kaligor beobachtete das näher kommende Schiff durch die Sichtluke. York und Vera konnten die konzentrierte telekinetische Energie beinahe spüren. Kurze Zeit später wurde das Schiff der drei Widersacher zurückgestoßen. Es verschwand in der Tiefe des Raumes. Im gleichen Moment schlug York mit seinem eigenen Schiff einen Haken und lenkte es im weiten Bogen zurück an die Stelle, wo die letzte Begegnung mit dem Feind stattgefunden hatte. „Halt!“ rief Kaligor fünf Minuten später. „Antrieb ausschalten, Schirm abstellen — und verschließt eure Gedanken!“ Sie gehorchten. Ihr Schiff trieb lautlos wie ein Meteor im Raum. Sie spürten die Taststrahlen der drei Ewigen, aber eine Stunde später war auch das vorbei. Eine mächtige telepathische Stimme erreichte sie. „Im Moment seid ihr uns entwischt “, sagte der Sprecher des Trios: „Aber wir haben gewonnen. Wir kehren zurück auf die Erde und errichten unser Hauptquartier auf eben jener Insel, die ihr vernichten wollt. Solltet ihr es wagen, wiederzukommen, werden wir euch gebührend empfangen. Sobald sich Atlantis wieder aus den Fluten erhoben hat, rechnen wir auch mit euch ab.“ Vera bedeutete den beiden Männern durch eine Handbewegung, sich ganz still zu verhalten. Erst drei Stunden später nickte Vera ihnen zu. Die Gefahr war vorüber. „Sie sind auf die Erde zurückgekehrt, wie sie es ankündigten“, meinte York mit einem Seufzer. „Sie haben tatsächlich gewonnen. Wir wissen nun, daß wir ihren Schirm nicht durchdringen können. “
„Tony, könntest du nicht eine Waffe bauen, die ihrem Schirm überlegen ist?“ fragte Vera. York schüttelte den Kopf. „Das würde Jahre — Jahrhunderte dauern. Bis dahin ist die Zivilisation vernichtet, und gerade das wollen wir ja verhindern. Verstehst du nicht, Vera, daß die drei Ewigen uns achtzehntausend Jahre voraus haben? Auch Kaligor kann uns nicht helfen. Er lag in seinem Gefängnis, während sie sich die neuesten Errungenschaften der Technik ane igneten.“ Er sah nachdenklich vor sich hin. „Es gibt nur eine Hoffnung“, meinte er schließlich. „Die Weiterentwicklung der telekinetischen Energie. Wenn wir ein Gerät bauen könnten, das die Gedanken von uns allen sammelt und konzentriert, würde es uns vielleicht gelingen, ihren Schutzschirm zu durchbrechen. Was hältst du davon, Kaligor?“ Aber Kaligor schwebte bereits wieder in seiner Traumwelt. Eine Woche später landeten sie unentdeckt auf einem abgelegenen Teil des Mondes. Kaligor und York ma chten sich daran, einen großen Gehirnwellenkonzentrator zu entwerfen und zu bauen. Sie arbeiteten unermüdlich. York hatte alle nur erdenklichen Geräte und Werkzeuge an Bord seines Schiffes. Und eines Tages war es dann soweit. Sie konnten die Maschine testen. Gemeinsam schickten sie ihre Gedanken in den Konzentrator. Eine Vibration lief durch das Schiff, und ein Berg in der Nähe wich um drei Meter von seinem ursprünglichen Platz zurück. „Erinnerst du dich an das alte Bibelwort, Vera?“ fragte York lächelnd. „Der Glaube kann Berge versetzen!“ Kühn steuerten sie ihr Schiff zur Erde. Die drei Ewigen hatten bereits damit begonnen, auf der verlassenen Insel im Pazifik ihren Marmortempel neu aufzubauen. Das grünlich schillernde Schiff kam York und seinen Verbündeten entgegen. Sie trugen ihren Kampf über dem Ozean aus. York, Vera und Kaligor standen vor dem Konzentrator und jagten ihre Gedanken in das Gerät. Ein unheimlich kraftvoller telekinetischer Strahl prallte gegen den grünen Rumpf. Aber nichts geschah. Der Schutzschirm brach nicht zusammen, wie sie gehofft hatten. „Mißlungen, nicht wahr?“ höhnte der Sprecher des Trios. „Wir erkannten, daß ihr uns letztes Mal mit Hilfe telekinetischer Energie entkommen seid. So installierten wir ein einfaches Instrument, das euren Strahl aufspaltete und am Rumpf des Schiffes entlangfließen ließ.“ Unterhalb des Schiffes trafen sich die Strahlen wieder und wühlten sich ins Meer. Mehrere Küstenstädte wurden von einer Springflut heimgesucht. „Und jetzt bereitet euch auf euren Tod vor!“ sagte die kühle Stimme. Ein starkes Energiebündel schüttelte Yorks Schiff. Das Meßgerät des Schutzschirmes löste ein Warnsignal aus. York riß sein Schiff in die Höhe. Wieder mußte er fliehen. Doch diesmal gab es keine Hoffnung auf Entkommen mehr. So schien es. Das feindliche Schiff heftete sich an ihre Fersen und attackierte sie ununterbrochen. Und dann, als es zum entscheidenden Schlag ausholte — begann es plötzlich zu schwanken und wich vom Kurs ab. Es raste dicht an ihnen vorbei und verschwand im Raum. York sah, daß Kaligor immer noch vor dem Konzentrator stand. „Hypnose“, erklärte der Robotermensch erschöpft. „Ich gab ihnen den Gedanken ein, daß unser Schiff plötzlich unsichtbar geworden sei. Du mußt sofort den Kurs ändern, Anton York. Zweimal fallen sie auf den gle ichen Trick nicht herein.“ Wieder begann York mit Ausweichmanövern. Die drei Ewigen spürten das Schiff nicht auf. Schweigend kreuzten die Besiegten im Raum. Sie wußten nicht, welche Waffe sie jetzt noch gegen ihre Feinde einsetzen sollten. „Aber wir müssen etwas tun“, sagte York verzweifelt. „Wir dürfen nicht aufgeben. Kaligor, weißt du keinen Rat?“ Kaligor zuckte müde mit den Schultern und versenkte sich wieder in die Welt seiner Träume. York beneidete ihn beinahe. Er selbst konnte nicht einmal im Schlaf Ruhe vor den Feinden finden.
Vera strich ihm über die Stirn. „Du mußt dich erholen, Tony“, sagte sie. „Vergiß deine Probleme eine Zeitlang. Vielleicht kommt uns ein Gedanke, wenn wir wieder frisch und ausgeruht sind.“ Sie löschten das Licht in der Kabine und sahen durch eine Luke zu den brennenden Sternen hinaus. Lange Zeit schwiegen sie. Plötzlich zuckte York zusammen. „Vera, ich habe eine Idee. Sie kam mir ganz unvermittelt, als ich die Himmelskörper betrachtete. Unser Konzentrator arbeitet in beiden Richt ungen. Wir können ihn als Vernichtungswaffe, aber auch als Zugstrahl benutzen. Wenn wir ihn nun auf einen Asteroiden richten und diesen zur Erde schleppen — wenn wir diesen Asteroiden dann beschleunigen und genau auf die Insel zusteuern...“ York sprang erregt auf und weckte Kaligor. Er teilte ihm seinen Plan mit. Der Unsterbliche von Mu nickte anerkennend. Sie hatten wieder Hoffnung geschöpft, als sie die Umgebung der Erde verließen und ihr Schiff zu dem breiten Asteroidengürtel hinausmanövrierten. Nach kur zer Suche entschieden sie sich für einen dichten kleinen Körper von etwa fünf Meilen Durchmesser. Ihr Schiff wirkte wie ein Sandkorn daneben, aber mit Hilfe ihres telekinetischen Projektors gelang es ihnen, den Asteroiden aus seiner Bahn zu stoßen. Während des langen Weges zur Erde steigerte sich seine Geschwindigkeit stündlich. York berechnete immer wieder seinen Kurs. Der Felsklotz mußte einen ganz bestimmten Punkt der Erde treffen. Ballistische Supergleichungen waren erforderlich, um dieses Problem zu lösen. Es dauerte zwei Wochen, bis sie den Asteroiden nahe genug an die Erde manövriert hatten. Während dieser Zeit war seine Geschwindigkeit ständig gestiegen. Kaligor rechnete Yorks Zahlen zum dritten Mal nach. „Es muß klappen“, sagte er. „Die drei Ewigen haben keine Ahnung von unserem Projekt. Unser Asteroid ist so klein, daß er erst in den letzten paar Minuten aufleuchten wird. Aber dann ist es zu spät. Er wird die Insel zermalmen.“ „Hoffentlich.“ Jetzt, da sich der Augenblick der Entscheidung näherte, wurde York von Zweifeln geplagt.
15. Als sie eine Stelle erreicht hatten, die etwa tausend Meilen über der Erde lag, hielt York sein Schiff an. Der Asteroid raste weiter und verschwand aus ihrem Blickfeld. Fünf Sekunden später tauchte er wieder auf. Je tiefer er in die Atmosphäre eindrang, desto heller glühte er. Er stürzte auf die Insel. Funken stoben. Dichte Dampfwolken stiegen auf. York atmete tief ein. Der Asteroid war auf das Marmorwerk der Ewigen geprallt. „York!“ Kaligor, der am Teleskop saß, hatte den angstvollen Ruf ausgestoßen. „Das Marmorgebäude ist unversehrt geblieben. Der Asteroid prallte gegen eine unsichtbare Energiekuppel und zerschellte. Die Stücke fielen ins Meer, ohne irgendeinen Schaden anzurichten.“ Die drei an Bord schwiegen entsetzt. Doch dann fuhr Kaligor drängend fort: „Rasch! Lichter ausschalten, Energiezufuhr abschneiden! Sie müssen jeden Moment kommen. Hier sind wir sicherer als irgendwo im Raum. Wir müssen nur unsere Gedanken fest verschließen.“ Sie warteten Stunde um Stunde. Ihnen war klar, daß die drei Ewigen die Insel erst verlassen würden, wenn sie die Position des feindlichen Schiffes kannten. Schließlich schickten die drei Ewigen wieder eine machtvolle telepathische Botschaft in den
Raum. „Habt ihr geglaubt, ihr könntet uns überraschen? Selbst wenn ihr den Mond auf unsere Insel schleudern wolltet — der Energieschirm würde standhalten. Wir kennen die Weltenkräfte länger als ihr. Müssen wir immer von neuem wiederholen, daß ihr Kinder gegen uns seid? Unartige Kinder, die wir eines Tages fangen und bestrafen werden!“ York betätigte die Steuerung seines Schiffes und brachte es vorsichtig in einen neuen Kurs, der auch von normalen Linienschiffen eingehalten wurde. „Was sollen wir nun tun, Kaligor?“ fragte er deprimiert. „Jeder Versuch ist fehlgeschlagen.“ Aber Kaligor murmelte vor sich hin. „Mirbel, bist du es? Und Binti! Ich war in einer seltsamen Traumwelt. Erde hieß sie, wenn ich mich nicht täusche. Ja, Erde. Ich träume von Kämpfen gegen Superwissenschaftler. Unsinnig, nicht wahr, Mirbel? Ich bin der größte Wissenschaftler im Universum. Binti, sage mir, daß es ein Traum war.“ York verlor allmählich die Geduld. Er stieß den Robotermenschen an. „Wach auf, Kaligor! Wir können jetzt nicht träumen. Deine beiden Freunde sind Phantome, Mythen, Truggestalten. Verstehst du das?“ Kaligor richtete sich auf. „Phantome!“ wiederholte er. „Truggestalten! Ja, du hast recht.“ Er unterbrach die telepathische Verbindung und schien über etwas nachzudenken. York hatte schon das Gefühl, daß er wieder in seine Träume abglitt, als der Robotermensch erregt fragte: „Anton York, was ist bei diesem Kampf wichtiger — wir oder die Zivilisation, die wir zu retten versuchen? “ „Die Zivilisation!“ erwiderte York ohne Zögern. „Es handelt sich um unser Volk. Es darf nicht aussterben.“ Er warf Kaligor einen fragenden Blick zu. „Aber worauf möchtest du hinaus?“ „Wir müssen die drei Ewigen irgend wie von ihrer Insel weglocken“, erklärte Kaligor. „Und ich kenne auch einen Weg — aber er würde uns alles abverlangen.“ Kaligor enthüllte seinen Plan, und York nickte eifrig... Ein Jahr verging, ein Jahr, in den York, Vera und Kaligor neue Instrumente bauten. Dann, eines Tages, traten sie den drei Ewigen erneut gegenüber. Das Schiff näherte sich der einsamen Insel in der Südsee. Kaligor saß am Instrumentenbord. Die beiden anderen befanden sich im Hintergrund der Kabine, steif, beinahe hölzern. „Wir haben eine neue Waffe!“ rief Kaligor triumphierend den Feinden zu. „Diesmal bleiben wir Sieger. Ihr müßt sterben...“ Kaligor drückte einen Hebel herunter, und ein rötlicher Strahl erfaßte das Schiff der drei Ewigen, das sofort nach der Herausforderung gestartet war. Der Strahl ließ den Schutzschirm rot aufleuchten, richtete aber nicht den geringsten Schaden an. „Eine armselige Waffe“, spotteten die drei Ewigen. „Nicht besser als alles andere, was ihr bisher geboten habt. Aber unsere Geduld ist nun zu Ende. Bereitet euch auf den Tod vor!“ Der Schutzschirm von Yorks Schirm glühte auf, als die Feinde ihre starken Strahlen aussandten. Wieder floh das kugelförmige Schiff in, den Raum. Kaligor setzte die stärkste Beschleunigung ein. Vera und Anton York wurden gegen die Wand gedrückt. Sie hatten die Augen geschlossen. Kaligor warf ihnen einen Blick zu und nickte befriedigt. Es würde eine Weile dauern, bis die drei Ewigen aufgeholt hatten. * Kaligor spürte, wie die suchenden Strahlen der drei Ewigen Vera und Anton York abtasteten. Einen Moment lang tanzte sogar der Sichtstrahl über den beiden bewußtlosen Gestalten. Dann ging die Jagd weiter. Immer geringer wurde der Abstand zu dem grünlich schimmernden Schiff der drei Ewigen. Schließlich befand es sich in Reichweite. Die Energiestrahlen hämmerten gegen den Schutzschirm der Fliehenden. Kaligor sah, wie die Anzeigenadel in den roten Bereich
kletterte. Und dann schwang sie mit einem Ruck bis zum Anschlag aus. Der Schutzschirm war durchbrochen. Flammen züngelten im Schiff hoch. Metall warf Blasen und schmolz. Vera und Anton York wurden von dem tödlichen Feuer erfaßt. „Das letzte Opfer!“ murmelte Kaligor, als er die Flammen sah. Alles wurde von der Hitze verzehrt, nur sein Körper nicht. Er schwebte im Raum, während das brennende Schiff sich auflöste. „Das ist also die endgültige Niederlage, Kaligor!“ höhnten die drei Ewigen. „Anton York und seine Gefährtin haben aufgehört zu existieren, und du wirst für immer im Raum schweben.“ Aber Kaligor antwortete seinen Feinden nicht. Er hatte sich wieder in seine Träume versenkt. „Binti! Mirbel! Schön, daß wir wieder vereint sind. Ihr beide stellt die Wirklichkeit dar. Die Erde war nur ein Traum. Sie haben euch Phantome genannt, dich, Mirbel, und dich, süße Binti. Wie war das andere Wort doch? Truggestalten! Jawohl. Sie nannten euch Truggestalten, und dieses Wort war in der anderen Welt irgendwie wichtig. Ganz wichtig, aber ich kann mich nicht mehr erinnern... Binti... Mirbel... ich bleibe bei euch...“ „Truggestalten! “ Einer der drei Ewigen flüsterte das Wort. „Habt ihr das gehört? Jetzt verstehe ich alles. Man hat uns von der Erde weggelockt...“ York wandte sich von dem Konzentrator ab, mit dessen Hilfe er seine Gedanken in den Raum projiziert hatte. Ein Relais im Körper der sorgfältig nachgebildeten Puppe hatte diese Gedanken an Bord des Schiffes aufgefangen und ausgestrahlt. Nun funktionierte das Relais nicht mehr. Die drei Ewigen hatten also aufgeholt. „Es hat geklappt, Vera!“ rief York. „Wir haben sie mit einem der ältesten Tricks der Welt hereingelegt.“ Vera erwiderte ernst: „Es war Kaligors Gedanke. Wenn ich daran denke, daß er nun für ewige Zeiten durch den Raum schweben muß, ohne je Ruhe zu finden, dann empfinde ich Trauer für ihn. Er hat ein weitaus größeres Opfer gebracht als wir. Aber vielleicht wollte er es so. Er liebte seine Traumwelt, und nun kann er für immer darin leben.“ York nickte. Dann startete er das Schiff und flog über den dichten Dschungel hinweg, in dem sie sich verborgen hatten. „Wir haben etwa drei Stunden Zeit, bevor unsere Feinde zurückkommen.“ Ein paar Minuten später schwebte das Schiff über dem Atoll, dessen Detonation die Menschheit vor dem Untergang retten konnte. York stellte die Gammasonarwaffe auf eine Tiefe von fünf Meilen ein. Die Generatoren waren voll geladen. Er preßte die Lippen zusammen, als er den Hebel herunterdrückte. Der schwachviolette Strahl jagte in die Tiefe. Dunkler Rauch stieg auf, und eine Vertiefung bildete sich in der Inselfläche. Dann drängte das Wasser nach. Der Druck war so stark, daß er das Atoll buchstäblich in Stücke zersprengte. Gewaltige Vibrationen wurden ausgelöst. Sie brachten Erdbeben mit sich, welche die ganze Menschheit in Angst und Schrecken versetzten. Aber sie neutralisierte auch die geologische Verschiebung, die durch die drei Götter des Olymp in die Wege geleitet worden war. „Geschafft!“ flüsterte York. Vera ließ die Schultern hängen. „Ja, geschafft“, wiederholte sie. Plötzlich warf sie sich schluchzend in Tonys Arme. „Gibt es für uns beide keinen Ausweg, Tony?“ „Ich glaube nicht“, erwiderte York sanft. „Die drei Ewigen werden sich rächen. Und wir wissen, daß sie mehr Macht als wir besitzen. Es hätte wenig Sinn, wenn wir versuchen würden, uns im Raum zu verbergen. Kaligor hat sein Opfer gebracht. Wir wollen nicht zurückstehen. “ Er hob den Kopf. „Aber die Erde ist gerettet. Das dürfen wir nicht vergessen, Vera.“ Er küßte sie, und sie unterdrückte tapfer die Tränen. Bald danach erreichte sie die weittragende telepathische Stimme der drei Ewigen. York steuerte sein Schiff in die Tiefe des Raumes, und die Feinde folgten ihnen, unerbittlich.
Als sie sich so weit von der Erde entfernt hatten, daß keine Gefahr mehr für die Menschenrasse bestand, hielt York an. Mit zusammengepreßten Lippen stellte er die Schwerkraftspulen seines Schiffes ein und lud sie bis zum Maximum auf. Dann nahm er lächelnd Vera in die Arme. Die drei Ewigen wußten nichts von dem Opfer, das Vera und Anton York bringen wollten. Ihr Schiff kam heran, rammte den Feind... Yorks kleines kugelförmiges Boot verwandelte sich in eine Bombe. Die Energie sämtlicher Generatoren entlud sich auf einmal. Beide Schiffe verschwanden. Auf der Erde brannten sämtliche elektrischen Instrumente durch, als die mächtigen Reaktionswellen ankamen. Die Götter, welche die Erde gekannt hatte, existierten nicht mehr. Es gab verzerrte Legenden der griechischen Mythologie, und es würde verzerrte Legenden über Anton York geben. Nur von Kaligor, dem Ewigen Träumer, sprach niemand. Sein Traum lebte weiter — immer weiter...
TEIL III PROLOG Auf dem Gipfel des Mount Everest standen hoch und aufrecht die in Diamant gehauenen Abbilder von Anton und Vera York. Eine Schrifttafel darunter verkündete: ANTON YORK, DER WOHLTÄTER DER MENSCHHEIT, IST TOT. In kleineren Buchstaben folgte eine Beschreibung seiner Lebensgeschichte und seines heldenhaften Opfertodes. Wie hatte die Menschheit vom Untergang der Unsterblichen erfahren? Nun, ein Astronom, der auf Pluto Aufnahmen von bestimmten Sterngruppen machte, hatte den Kampf der Giganten auf seinen Platten festgehalten. Den Rest reimten sich die Wissenschaftler Stück für Stück zusammen. Und nun pilgerten alljährlich Menschenscharen zu dem funkelnden Denkmal am Berggipfel. Sie wollten wenigstens nachträglich ihre Dankbarkeit beweisen...
16. Aber Anton York lebte. Er wußte es selbst noch nicht. Mit einem Schock war sein Gehirn erwacht. Langsam richteten sich Yorks Blicke auf die Kabinenwand des Schiffes. Er sah zwei Wände — als ob zwei Bilder sich übereinander geschoben hätten. Und York konnte sich nicht rühren. Selbst sein Herz und seine Lungen waren gelähmt. Er atmete nicht. Das Blut stand in den Adern still. Und doch lebte er, denn seine Gedanken waren frei. Oder sah der Tod etwa so aus? Vorsichtig sandte er einen telepathischen Strahl aus. „Vera? Kannst du mich hören, Vera?“ Ihre Gedanken wirkten unscharf, verwischt. „Ja, Tony. Du mußt ganz in der Nähe sein. Ich komme mir wie ein Gespenst vor. Sieht so das Leben nach dem Tod aus? Wie herrlich, Tony, daß wir weiterhin zusammenbleiben dürfen ...“ Ihre Gedanken stockten. „Aber sieh doch! Das ist die Kabine unseres Schiffes, auch wenn die Wände irgendwie doppelt erscheinen. Wie kann ein Schiff, das aus Materie besteht, in die Welt des Todes eingehen? “
York dachte lange nach. „Nein, Vera“, meinte er schließlich. „Das Schiff wurde ebensowenig vernichtet wie wir. Vielleicht erfolgte die Detonation so plötzlich und machtvoll, daß sie unser Schiff als Ganzes in den Raum schleuderte. Wie ein Wirbelwind, der Strohhalme mitten durch Eichenbretter treibt, ohne die dünnen Stengel zu knicken. Vera, wir sind am Leben!“ „Aber die Lähmung ...“ „Sie entstand durch den Schock der Überlichtgeschwindigkeit. Wie du weißt, können Bakterien sich in einen schlafähnlichen, völlig steifen Zustand versetzen, wenn sie sehr schnell in einer Zentrifuge umhergeschleudert werden. Unsere Körperzellen haben ähnlich reagiert.“ „Heißt das, daß wir so hilflos bleiben werden?“ Veras Gedanken wirkten ängstlich. „Nein“, entgegnete York rasch. „Du vergißt, daß sich in unseren Zellen eine doppelte Anzahl von Radiogenen befindet. Schon jetzt nehmen sie wieder kosmische Strahlung auf. Früher oder später muß die Energie den toten Punkt überwinden.“ Er behielt recht. Nach einem Jahr begannen ihre Körper wieder normal zu arbeiten. Und eines Tages kam Vera ein furchtbarer Gedanke. „Tony — die drei Ewigen! Wenn sie nun die Explosion auch überlebt haben? Vielleicht befinden sie sich ganz in der Nähe; vielleicht verfolgen sie uns bereits...“ York war blaß geworden. Er beugte sich über den Bildschirm. Nirgends war ein zweites Schiff zu sehen. „Die drei Ewigen sind nicht hier“, sagte York erleichtert. „Wahrscheinlich wurden sie bei der Detonation doch vernichtet — halt! Jetzt sehe ich einen kleinen Punkt, der sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Das könnte ihr Schiff sein. “ Vera blickte ihm über die Schulter. „Sieh mal! Da kommt noch ein Schiff. Sonderbare Form...“ „Psst!“ warnte York. Ein fremdes Schiff konnte Freunde oder Feinde beherbergen. Sie benutzten ihre telepathischen Fähigkeiten, um etwas von den Gedankengängen der Fremden zu erfassen. Schließlich hörten sie eine telepathische Stimme, welche sich an die drei Ewigen richtete. „Wir bitten um Identifizierung!“ Offensichtlich handelte es sich bei der fremdartigen Konstruktion um ein Patrouillenboot. York und Vera warteten atemlos. Schließlich antwortete der Sprecher der drei Ewigen ein wenig schläfrig: „Wir haben eben erst wie durch ein Wunder eine gigantische Explosion überlebt. Wir sind die drei Ewigen.“ „Woher kommt ihr?“ Die Stimme klang befehlsgewohnt. „Von der Erde.“ Der Sprecher des Trios verlor offensichtlich die Geduld. „Aber wer seid ihr, daß ihr Fragen an uns- richten dürft? Ich verwahre mich gegen solche Unverschämtheiten.“ „Von der Erde!“ rief der Fremde überrascht. „Ihr kommt, um die J-X-77-Geschöpfe zu retten?“ Er unterbrach sich und fuhr dann in einem entsetzlich kalten Tonfall fort: „Es tut uns leid.“ York und Vera beobachteten, wie ein grünlicher Strahl auf das Schiff der drei Ewigen zu jagte. Funkensprühend löste sich der Rumpf auf. Die drei Ewigen existierten nicht mehr. Das fremde Boot wartete noch eine Zeitlang, dann schwenkte es ab und nahm seinen vorherigen Kurs wieder auf. Vera zitterte. „Ich bin froh, daß die drei Ewigen nicht mehr leben. Sie waren herzlose Geschöpfe.“ „Herzlos?“ Yorks Stimme klang belegt. „Und diese Fremden? Gut, sie haben uns einen Gefallen getan, als sie unsere Erzfeinde vernichteten. Aber hätten sie nicht das gleiche mit uns getan? Wer sind sie? Von welchem System kommen sie? Und weshalb patrouillieren sie im Raum?“ Vera wußte keine Antwort auf seine Fragen.
„Wir müssen noch viel in Erfahrung bringen“, fuhr York fort. „Vor allem, wo wir uns befinden. Und weshalb wir anfangs alles doppelt sahen.“ Noch während er diese Worte sprach, huschte ein merkwürdiger Ausdruck über sein Gesicht. Er betrat sein Labor und beschäftigte sich während der nächsten Stunden intensiv mit seinen Instrumenten. Als Vera ihm das Essen brachte, beugte er sich gerade über ein Elektronenspektroskop. Seine Miene wirkte ungläubig und verwirrt. „Tony, weißt du schon, wo wir uns befinden?“ fragte Vera. „Ich möchte möglichst rasch auf die Erde zurückkehren. Der Gedanke an diese Fremden macht mich nervös.“ „Auf die Erde zurückkehren?“ York richtete sich auf und legte ihr den Arm um die Schultern. „Ich habe eben eine grobe Messung der Lichtgeschwindigkeit durchgeführt. Sie ist fünftausend Meilen pro Sekunde langsamer, als sie sein sollte. Und die Schallgeschwindigkeit liegt auch niedriger als normal.“ „Deshalb die Verdoppelung“, entgegnete Vera. „Unsere Augen und Ohren sind andere Geschwindigkeiten gewohnt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber wie ist das nur möglich? Licht und Schall haben überall die gleichen Werte.“ York antwortete nicht, sondern deutete nur zur Sichtluke hinüber. „Das hier sind nicht unsere Sterne“, sagte er schließlich leise. „Vera, wir befinden uns nicht mehr im Universum von früher.“ Vera schwieg bestürzt, und York fuhr nach einer Weile fort: „Offenbar stieß uns die Explosion als ganze Einheit aus dem bekannten Raum-Zeit-Kontinuum in ein neues Universum. Ich ahnte schon seit einiger Zeit, daß verschiedene Kontinua dicht nebeneinander liegen.“ Er sah, daß Vera blaß geworden war. „Ich habe Angst, Tony. Ich will zurück in unseren Raum, auf unsere Erde.“ York schüttelte langsam den Kopf. „Das können wir nicht. Zumindest nicht sofort. Unser Antrieb, unsere Generatoren — alles ist tot. Auch die Energie hier arbeitet langsamer. Wir treiben hilflos in diesem fremden Universum. Wenn uns die Patrouille erspäht...“ Er sprach den Satz nicht zu Ende.
17. Aber zum Glück trat dieser Fall nicht ein. Während des folgenden Jahres hielt sich York ausschließlich in seinem Labor auf. Vera machte endlose Notizen. Gemeinsam versuchten sie, die ihnen bekannte Wissenschaft auf das neue System anzuwenden. Eine Hilfe hatten sie: Ihre Augen und Ohren gewöhnten sich rasch um, so daß sie keine doppelten Bilder mehr sahen und auch kein Echo mehr hörten, wenn sie miteinander sprachen. Aber die meisten anderen Dinge blieben ihnen verschlossen. Und dabei wußten sie, daß ihnen nicht nur von den fremden Patrouillenbooten Gefahr drohte. Ihre Luft- und Lebensmittelvorräte gingen allmählich zur Neige. In seinem eigenen Universum hätte York einfach Sauerstoff und Proteine aus Metallen gewonnen. Hier hingegen besaß er keine Macht über die Naturgesetze. „Diese Sonne, Tony“, flüsterte Vera. „Wir treiben geradewegs auf sie zu. Noch ein Jahr...“ Wenn sie noch ein Jahr lang weitergetragen wurden, ohne einen Antrieb für ihr Schiff zu konstruieren, landeten sie im Kern der gleißenden Sonne. Die fremde Sonne wußte, das sie die Größe von Sol erreichte. Sie spürten bereits eine leichte Beschleunigung. Ein sonderbarer Himmelskörper; rot wie Antares, wechselte er alle zweiundzwanzig Tage seine Intensität. Wenn er sein Maximum erreichte, schimmerte er blauweiß. Dann sank die Temperatur langsam wieder, bis der Stern seine rote Farbe annahm.
„Ein veränderlicher Stern“, wie wir ihn aus dem Cepheiden-System kennen“, sagte York. „Die atomaren Energieprozesse in seinem Innern sind geheimnisvollen Wechseln unterworfen. Und wenn das Gleichgewicht zwischen Ansteigen und Abschwellen der Hitze eines Tages nicht mehr stimmt, löst sich der Stern in eine gewaltige Nova auf.“ Er stellte sein Teleskop ein. „Dreizehn Planeten“, meinte er schließlich. „Wir steuern auf den zehnten zu, Vera. Das heißt, daß wir nicht von der Sonne angezogen werden, sondern auf einem Planeten zerschellen.“ Er lächelte düster. „Könntest du es nicht mit einem SOS-Signal versuchen?“ „Damit uns das Patrouillenboot auf die Spur kommt?“ York schüttelte den Kopf. „Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß in diesem System eine intelligente Rasse existiert. Die Planeten wechseln ihre Temperatur innerhalb von zweiundzwanzig Tagen von strengem Frost bis zu tropischer Wärme. Das hält kaum eine Evolution durch.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wir haben eine winzige Chance, Vera. Wenn es mir gelingt, eine einzige Rakete zu konstruieren, können wir sicher auf dem Planeten landen.“ Während des nächsten Monats wuchs der Planet zu einer großen Scheibe an. York arbeitete, ohne sich eine Stunde Schlaf zu gönnen. Er schluckte Aufputschmittel, die jeden normalen Menschen umgebracht hä tten. Eine Woche vor Ablauf der Frist besaß er die ersten Vergleichsdaten. Vera trieb ihn zur Eile an. Der Planet hing nun am Himmel wie ein großer blauer Mond. Hastig konstruierte York am Heck des Schiffes eine Rakete. Er füllte sie mit langsam brennendem Phosphor, der dichte Rauchschwaden verbreitete. Auf der Erde hätte sie wenig genützt, doch hier trieb sie das Schiff mit erstaunlicher Kraft voran. York steuerte das Schiff geschickt in einen Spiralkurs um den Planeten. Die Atmosphäre strich kreischend am Rumpf entlang. Kurz bevor der letzte Phosphorvorrat verbraucht war, setzte das Schiff auf. Vera und York wurden zu Boden geschleudert. Vera begann zu schluchzen. „Tony, wir befinden uns in Sicherheit. Das Schiff ist unversehrt geblieben!“ „Ja, wir haben es geschafft“, murmelte er. „Aber nun muß ich schlafen.“ Er schlief drei Tage lang. Als er endlich aufwachte, verschlang er ganze Berge von Nahrungsmitteln. Und dann machte er sich seufzend an die eigentliche Arbeit. Er testete mit Hilfe seiner Instrumente die Außenbedingungen des Planeten. „Atmosphäre besteht zur Hauptsache aus Kohlenwasserstoffen. Temperatur minus hundertzwanzig, steigt aber an. Die Cepheidensonne wird wärmer.“ Sie betrachteten die fremde Welt durch die Sichtluke. Eine leere Wüste breitete sich vor ihnen aus. Über dem Boden schwebten weiße Gase, die sich langsam auflösten. Nach einer Woche waren die Gase verschwunden. Leben regte sich auf der Ebene. Bizarre Pflanzen mit sägeförmigen Blättern schössen empor. Palmen streckten ihre zart gegliederten Wedel in den flimmernden Himmel. „Wer hätte geahnt, daß es hier Leben gibt“, sagte York versonnen. „Sieh mal die kleinen Tiere, die zwischen den Pflanzen umherhuschen. Sie erinnern an Wiesel und Kaninchen. Die Natur ist widerstandsfähiger, als ich dachte. Allerdings glaube ich nicht, daß sich in dieser Umgebung intelligente Lebewesen entwickeln können.“ Vera zuckte mit den Schultern. „Vielleicht täuschst du dich, Tony. Ich habe einen Blick durch das Teleskop geworfen, als du noch schliefst. Erkennst du die Erhebung am Horizont? Auf dem Vergrößerungsschirm wirkt sie wie eine transparente Kuppel. Vielleicht liegt eine Stadt darunter.“ Sie biß sich auf die Lippen. „Tony, könnte das die Heimat jenes Patrouillenbootes sein?“ York zuckte zusammen, aber er antwortete ruhig. „Hoffen wir es nicht. Ich werde mir die Kuppel einmal ansehen. Wenn sie intelligente Wesen beherbergt und wenn uns diese Wesen freundlich gesinnt sind, dann liefern sie uns vielleicht ein paar wichtige Informationen über
die Naturgesetze dieses verrückten Universums.“ Vera sah ihm beunruhigt zu, als er sich für die Expedition fertigmachte. „Du hast keine Waffe, Tony. Bitte, sei vorsichtig.“ „Ich gehe kein Risiko ein“, versprach er. „Wir bleiben ständig in telepathischer Verbindung.“ Anton York streifte den Raumanzug über, nahm eine zusätzliche Sauerstoff-Flasche mit und befestigte einen Temperaturregler an seiner Ausrüstung. Dann marschierte er durch den Dschungel, der so überraschend aus der trockenen Wüste gewachsen war. Die Pflanzen bestanden aus einer weichen, breiigen Masse, die schnell zerfiel, wenn man sie berührte. Einmal stieß York versehentlich gegen eines der kleinen Tiere. Der Stoß tötete das Geschöpf. In der nächsten Minute wuchs Gras über die Stelle, wo es lag. Leben und Tod wechselten einander in rascher Folge ab. Unsicher marschierte York weiter. Als er endlich die Kuppel vor sich sah, beschloß er, äußerste Vorsicht walten zu lassen. „Das ist vernünftig, Tony“, hörte er Veras telepathische Stimme. „Kehre bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr sofort um!“ Ganz unverhofft stand York am Rande der Kuppel. Er keuchte. Das transparente Material spannte sich in einem weiten Bogen über die Ebene. Die Kuppel hatte mindestens einen Durchmesser von zehn Meilen. Nur intelligente Wesen konnten dieses Bauwerk errichtet haben — außergewöhnlich intelligente Wesen. Als er ins Innere der Kuppel sah, erlebte er die zweite Überraschung. Er hatte eine Stadt erwartet, Gebäude, das rege Leben einer geschäftigen Zivilisation. Statt dessen sah er eine fremde Miniaturwelt vor sich. Felsiger grüner Boden wurde hier und da von roter Vegetation überwuchert. Hohe Bäume mit roten Nadeln ragten dazwischen auf. Es herrschten Dunst und Nebel. York ging ein Stück am Rande der Kuppel entlang. Plötzlich bemerkte er eine Bewegung jenseits der transparenten Trennwand. Zwei affenartige Geschöpfe turnten in den Bäumen herum. Sie hatten bemerkenswert große Köpfe. Als sie schließlich zu Boden sprangen, bewegten sie sich auf zwei Beinen weiter. Gelegentlich sahen sie sich ängstlich um, als fürchteten sie, verfolgt zu werden. Und dann tauchte eine andere Gestalt hinter roten Sträuchern auf. Ein plumper, aufgeschwemmter Körper und kurzen Beinchen — dazu ein winziger Kopf mit runden glitzernden Augen, der auf einem langen, beweglichen Hals saß. Das Ding sah aus wie eine Kreuzung aus Walroß und Schlange. Es war abstoßend häßlich. Als die beiden Affenwesen das Geschöpf sahen, liefen sie ängstlich weiter. Die Bestie trabte mit plumpen Schritten hinter ihnen her. Erleichtert atmete York auf. Die beiden Affenwesen waren weitaus schneller als das häßliche Ungeheuer. Aber sonderbar — plötzlich wurden ihre Schritte langsamer. Ihre Körper zuckten, als wollten sie weiterlaufen, doch dann hielten sie an. Schließlich drehte sich der Affenmann um und schob das Weibchen hinter sich. Er erwartete den Angriff des Monstrums. „Der Affenmann muß gewinnen“, übermittelte York seiner Frau telepathisch. „Das Biest ist zwar riesig, scheint aber keine Kraft zu besitzen. Außerdem sehe ich weder Krallen noch Fänge.“ Im gleichen Moment warf sich der Affenmann mit einem Satz nach vorn, um den dünnen, biegsamen Hals der Bestie zu umklammern. Aber etwas hemmte seine Bewegungen. Seine Arme hingen hilflos herunter. Er rührte sich nicht, als der Gegner einen gummiartigen Tentakel vorschnellen ließ und ihn damit zu Tode würgte. Dann bohrte sich die Spitze des Tentakels in den leblosen Körper und sog das Blut aus.
18.
Anton York riß sich nur mühsam von der grauenvollen Szene los. „Hypnose!“ meinte er schließlich. „Sobald die Bestie nahe genug herangekommen ist, zwingt sie ihre Opfer, stillzuhalten.“ „Aber weshalb lassen das die Erbauer der Kuppel zu?“ fragte Vera. „Sie müssen doch eine höhere Intelligenz als diese Affenmenschen besitzen. “ „Ich weiß nicht“, entgegne te York. „Aber ich habe in der Ferne eine weitere Kuppel entdeckt. Vielleicht erfahre ich dort mehr.“ Er machte sich auf den Weg. Die Vegetation wurde unter seinen Füßen zermalmt, und sofort schob sich neues Leben nach. Diese Kuppel enthielt eine völlig andere Szene. Schnee lag auf dem Boden, und hin und wieder kamen von der Kuppeldecke wirbelnde weiße Flocken. Karge Vegetation zeigte sich: Sträucher mit weit ausladenden Wurzelgeflechten, verkrüppelte Zwergbäume, harte Grasbüschel. Dazwischen schlichen zottige helle Wesen umher, die in der Farbe kaum von ihrer Umgebung zu unterscheiden waren. Im Innern der Kuppel mußte es bitterkalt sein. York starrte verblüfft ins Innere. Er beschrieb Vera das Bild und fragte dann vorsichtig: „Erinnert dich die Landschaft an etwas?“ Ihre Gedanken waren von Erregung begleitet. „Ja, natürlich. An den fünften Planeten von Cygni-61, den wir vor mehr als tausend Jahren besuchten. Aber Tony, das war in unserem eigenen Universum. Wie ist es möglich, daß man ausgerechnet hier eine Nachbildung dieser Welt geschaffen hat?“ York gab keine Antwort. Er beobachtete das Innere der Kuppel. Eine kleine Stadt, aus Eisblöcken zusammengesetzt, drängte sich an eine Wand der Kuppel. Wie auf Cygni-61 waren die Bewohner kräftige kleine Vierfüßler, deren Pfoten in Gleitkufen ausliefen. Ein dichtes Federkleid schützte sie vor der beißenden Kälte. Doch das war es nicht, was Yorks Blicke anzog. In der Stadt herrschte Aufregung. Die männlichen Bewohner hatten auf den Dächern Katapulte aus Leder und Holz errichtet. Harte Eisblöcke wurden daneben gestapelt. Und dann sah York die Angreifer. Sie kamen über die Ebene, kaum zu unterscheiden von der Schneelandschaft. Sie gehörten der gleichen Rasse an wie die Verteidiger. York schüttelte den Kopf. Bruderkriege waren ihm von jeher ein Greuel gewesen. Die Angreifer waren weitaus in der Überzahl. Und obwohl sich die Belagerten tapfer schlugen, wurde am Ende ihre Stadt vernichtet. Und dann erkannte York die Hintergründe der Schlacht. Eine Gruppe nackter Bestien, wie er sie in der ersten Kuppel beobachtet hatte, mischte sich unter die siegreichen Angreifer, die wie in Trance stehengeblieben waren. Das war Hypnose im großen Stil! Die Hypnobestien, wie York sie nannte, zwangen Angehörige einer Rasse dazu, sich gegenseitig zu bekämpfen! York haßte mit einemmal diese Geschöpfe. In einem Anfall sinnloser Wut trommelte er mit den Fäusten gegen die transparente Kuppelwand. „Tony, du mußt dich beherrschen!“ York atmete tief ein. „Vera, darauf muß es eine Antwort geben. Ich ruhe nicht, bis ich sie gefunden habe. Ich werde die nächste Kuppel aufsuchen und die übernächste ...“ Drei Tage vergingen. York wanderte rastlos von einer Kuppel zur anderen. In jeder traf er eine fremde Kultur an, und jede dieser Kulturen wurde von den Hypobestien beherrscht. Und dann erlebte York etwas Merkwürdiges. Unvermittelt starb die Vegetation des Planeten ab. Eine öde Ebene breitete sich vor ihm aus. Die Pflanzen zerfielen in trockenen Staub. Er blickte empor. Die Cepheiden-Sonne hatte ihr Maximum überschritten. Die Temperatur sank erschreckend rasch; der kurze „Winter“ des Planeten brach herein. York stand auf einem kleinen Hügel und betrachtete kopfschüttelnd die Umgebung. Dutzende, nein, Hunderte von Kuppelgebäuden breiteten sich vor ihm aus.
„Vera!“ meinte er aufgeregt. „Ich glaube, ich weiß nun, was das bedeutet. Es handelt sich um ein riesiges Labor. Die Kuppeln sind überdimensionale Reagenzgläser. Ein umfangreiches Experiment wird hier unternommen. Die Erbauer der Kuppeln müssen hochintelligente Wissenschaftler sein. Und die Geschöpfe im Innern der Kuppeln stellen nichts anderes als Versuchskaninchen dar.“ „Das klingt logisch, Tony“, erwiderte Vera. „Aber welchen Zweck hat das alles? Weshalb befinden sich in jeder Kuppel diese Hypnobestien?“ York überlegte. „Vielleicht ist die Antwort einfacher, als wir vermuten. Die Wissenschaftler haben von den verschiedensten Welten ,Proben’ mitgebracht, die sie nun beobachten. Das Materialsammeln muß Jahrhunderte oder gar Jahrtausende in Anspruch genommen haben. Das heißt, daß sie einen ganz bestimmten Zweck mit ihrem Experiment verfolgen. Hunderte von fremden Lebewesen, die sich im Kampf mit den Hypnobestien befinden .. .“ Tony näherte sich der nächsten Kuppel. Er warf einen Blick ins Innere. Wieder hatte sich die Landschaft verändert. Dichte grüne Laubbäume wechselten mit saftigem Grasland ab. Eine leichte Brise raschelte in einem Getreidefeld. Rinder weideten in kleinen Gruppen neben einem Bach. Ein roter Schatten strich durch das Unterholz und tat einen plötzlichen Sprung. Er hatte ein zappelndes weißes Etwas in der Schnauze... „Tony, erkennst du die Welt nicht?“ fragte Vera erregt. „Das ist die Erde, unsere Erde.“
19. York zuckte heftig zusammen. Er hatte die Szene unpersönlich betrachtet. Nun fiel ihm ein Schleier von den Augen. „Vera, du hast recht!“ Seine telepathische Ausstrahlung war ein Flüstern. „Mein Gott, wenn hier Menschen sind — und Hypnobestien... Mit einemmal veränderte sich seine ganze Haltung. Das wissenschaftliche Experiment war zu einer persönlichen Angelegenheit geworden. „Ich muß die Konstrukteure dieser Kuppeln finden“, sagte er hart. „Das können sie nicht tun...“ Er unterbrach sich. Aus dem Schatten des Waldes tauchten ein Mädchen und ein junger Mann auf. Sie blickten vorsichtig in alle Richtungen und gingen dann über das Feld auf die Kühe zu. Der Mann trug zwei leere Eimer. Über seiner Schulter hing ein altertümliches Gewehr, und in den Gürtel hatte er ein Messer gesteckt. Beide trugen Wollhemden und Wildledergewänder. Die Szene erinnerte an die Pionierzeit Amerikas im neunzehnten Jahrhundert. York schlug mit der Faust gegen die Kuppelwand, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, aber sie bemerkten ihn nicht. Vielleicht war die Kuppel so polarisiert, daß sie nicht nach draußen sehen konnten. Das Paar erreichte die Kühe. Das Mädchen begann mit der Melkarbeit, während der junge Mann mit dem Gewehr in der Hand Wache stand. Aber allmählich ließ seine Aufmerksamkeit nach. Seine Blicke richteten sich auf das Mädchen. Er sprach mit ihr, lächelte ihr zu. Sie erwiderte das Lächeln. Einmal strich er ihr über das Haar. * York erkannte eine schleichende Gestalt zwischen den Bäumen am Rande der Weide. Es war ein Mann. Vorsichtig nahm er das Gewehr von der Schulter. - Er legte sich hin und zielte auf den jungen Mann, der sich über das Mädchen beugte.
York preßte das Gesicht gegen die Kuppel und suchte weiter. Und dann sah er plötzlich die Hypnobestie — ein Stück hinter dem heimtückischen Schützen. Der Mann handelte unter Hypnose! York schrie auf. Doch dann erkannte er, daß das wenig Sinn hatte, und so sand te er einen mächtigen telepathischen Warnstrahl aus. Vielleicht hatte der junge Mann einen Hauch davon gespürt, denn er drehte sich unsicher um und packte das Gewehr fester. Diese Bewegung rettete ihm für den Augenblick das Leben. Der Schuß ging knapp an seiner Schulter vorbei. Sofort warf er sich zu Boden. Das Mädchen folgte seinem Beispiel. Die Milcheimer kippten um, und die Kühe trollten sich, erschreckt durch den Knall. Vorsichtig hob der junge Mann den Kopf und suchte nach dem Feind. Eine kleine Rauchwolke hinter einem Busch zeigte ihm, wo sich der Angreifer verborgen hatte. Er erwiderte das Feuer. York war sich im klaren darüber, daß einer der beiden Männer sterben mußte. Und er zuckte hilflos zusammen, als ein Schuß des Angreifers den jungen Mann traf und ihn nach vorn schleuderte. Das Mädchen stieß einen Schrei aus und rannte davon. Sofort machte sich der Mann an die Verfolgung. Die Hypnobestie kauerte inzwischen neben dem Toten nieder und sog ihm das Blut aus den Adern. Das Mädchen befand sich in der Falle. Sie rannte zur Kuppelwand und trommelte mit den winzigen Fäusten dagegen. Sie sah York nicht, obwohl er sich nur wenige Meter von ihr entfernt befand. Der Mann hatte sie eingeholt. Er war ebenfalls jung und hatte eigentlich nichts Bösartiges an sich. Doch man spürte, daß er keine Willensfreiheit besaß. York betrachtete die beiden, und er konnte ihnen die Worte von den Lippen ablesen. „Mara, weshalb fliehst du vor mir? Du hast mich früher geliebt. Begleite mich in unser Dorf.“ „Ja, ich habe dich geliebt“, entgegnete das Mädchen, und Mitleid stand in ihren Augen. „Aber jetzt bist du ein Sklave der Bestien. Und du hast Jorel erbarmungslos umgebracht.“ „Weil mein Herr es mir befahl. Ich wollte es nicht tun.“ In seinen Blicken konnte man den Schmerz erkennen. „Verzeih mir, Mara. Willst du nicht mit mir kommen? Du hast Jorel nicht geliebt. Warum sollen wir nicht eine kurze Spanne Glück genießen?“ Die Augen des Mädchens brannten. „Weshalb hast du die Bestie nicht umgebracht, Mantar? Da, dort drüben kauert sie. Sie ahnt nichts. Erschieße sie!“ „Ich kann nicht!“ Der Mann schüttelte den Kopf. „Mantar — tue es für mich!“ Er sah sie an, und plötzlich wurde seine Miene entschlossen. Er wirbelte herum und legte die Flinte an. Die Bestie bot ein gutes Ziel. Er konnte sie nicht verfehlen. Yorks Herz klopfte schneller. Doch bevor der Schuß fiel, drehte das Tier den biegsamen Hals herum, und seine riesigen Augen sogen sich an dem jungen Mann fest. Mantar bemühte sich, den Abzug durchzudrücken. Er zitterte am ganzen Körper. Stöhnend senkte er die Waffe. Das Mädchen versuchte sie ihm abzunehmen, aber nun befand er sich wieder unter der Herrschaft der Hypnobestie und wehrte Mara ab. „Ich kann nicht“, sagte er müde. „Ich habe es schon des öfteren versucht. Alle im Sklavendorf haben es versucht. Wir können die Macht der Bestien nicht brechen.“ Er wandte sich an das Mädchen. „Lauf, Mara. Du gehörst zu den Glücklichen, die Widerstand leisten können. Lauf in den Wald. Ich glaube, ich kann meinen Herrn lange genug beschäftigen, um dir die Flucht zu ermöglichen. Schnell!“ Er gab ihr einen Stoß, Aber das Mädchen drehte sich um und legte ihm die Arme um den Hals. „Ich kann nicht. Ich liebe dich immer noch, Mantar. Ich komme mit dir und werde versuchen, dich glücklich zu machen.“ „Nein, Mara. Es bedeutet die sichere Versklavung. Bitte, geh! “
Aber es war bereits zu spät. Die Bestie kam näher. Arm in Arm gingen die beiden jungen Menschen vor ihr her. York wandte sich hilflos ab. „Es ist entsetzlich, Vera. In Unserem eigenen Universum könnte ich die Bestien mit einem einzigen Streich vernichten. Aber hier...“ Er unterbrach sich. Über der Kuppel erschien ein kleines ovales Schiff. Es kreiste in Spiralen tiefer, als suche es jemanden. York blieb stocksteif stehen. Die geringste Bewegung konnte ihn verraten. Aber der Pilot des Schiffes hatte ihn bereits erspäht. Er landete zehn Meter von York entfernt. Mit einer schimmernden Waffe in der Hand stieg er aus. „Tony, ist etwas?“ „Still, Vera!“ warnte York hastig. „Nimm von selbst keine Verbindung mehr zu mir auf!“ York wandte seine Aufmerksamkeit dem Fremden zu. Er war das Zerrbild eines Menschen, mit spindeldürren Armen und Beinen, einem flachgedrückten Körper und tentakelartigen Fingern. Der Fremde trug keinen Raumanzug. Die Kälte schien ihm nicht das geringste auszumachen. Auch den Kohlenwasserstoff atmete er ohne Schwierigkeiten. Über einem dünnen Haarschopf wölbte sich ein großer Schädel. Kein Zweifel — diese Wesen besaßen einen hohen Intelligenzgrad. „Wer bist du?“ fragte er telepathisch. Doch gleich darauf gab er sich selbst die Antwort. „Offensichtlich eines der J-X-77-Geschöpfe. Terraner, wie man euch nennt. Ich arbeitete an der Klimaanlage, als ich eine starke telepathische Ausstrahlung spürte. Wie gelang es dir, die Kuppel zu verlassen?“ Die klugen Augen des Fremden musterten York mißtrauisch. „Oder kommst du von der Erde? Vor kurzem fingen wir nämlich ein terranisches Schiff ab. Hast du einen Komplicen? Wo befindet sich dein Boot?“ Fordernde Fragen, rasch nacheinander gestellt. Auch den drei Ewigen waren solche Fragen gestellt worden. „Ich besitze kein Schiff“, entgegnete York. Er wußte, daß Vera seine Ausstrahlungen ebenfalls auffangen würde. „Ich befand mich in der Kuppel und baute diesen Raumanzug in der Hoffnung, einmal fliehen zu können. Irgendwie gab die Kuppelwand plötzlich nach, als ich nach einem Weg ins Freie suchte. Ich stürzte und landete hier. Wie es geschehen konnte, weiß ich auch nicht.“ York hielt den Atem an. Nur eines hatte ihn so kühn gemacht: Er wußte, daß die Kuppel aus reiner Energie bestand. Materie ließ telepathische Strahlen ungehindert durch. Die Kuppel warf sie zum größten Teil zurück. Der Fremde betrachtete ihn mißtrauisch und winkte dann verächtlich ab. „Los, zurück mit dir“, sagte er. „Ein zweites Mal wirst du nicht mehr ins Freie gelangen.“ Er holte ein trompetenartiges Instrument aus der Tasche und hielt es gegen die Kuppelwand. Ein Energiestrahl prallte gegen die Wand und neutralisierte sie. Der Fremde gab York einen Stoß, so daß er ins Innere der Kuppel stolperte. Dann schloß sich die Wand wieder. Als York sich umdrehte, sah er nur eine stumpfgraue Barriere.
20. Nun befand er sich also im Innern der Kuppel. Es war genau das, was er sich gewünscht hatte. Nur eines störte ihn. Die Verbindung zu Vera war vollkommen zusammengebrochen. Er hoffte nur, daß sie sich und das Schiff nicht durch eine unüberlegte Handlung in Gefahr bringen würde. York streifte den Raumanzug ab und atmete tief die würzige Luft ein. Die Erbauer der Kuppel hatten sich alle Mühe gegeben, die terranische Umgebung zu imitieren. Eine Zeitlang
schlenderte er durch den Wald, doch dann übermannte ihn die Müdigkeit. Er hatte beinahe vier Tage kein Auge mehr zugetan. Und so legte er sich auf eine weiche Graslichtung und schlief ein. Er wachte auf, als ihm jemand sanft über die Wange strich. York schrak zusammen. Ein Mädchen saß neben ihm und starrte ihn aus großen blauen Augen verwundert an. „Wie heißt du?“ fragte sie. „Mich nennt man Leela. Ich habe dich im Schlaf beobachtet. Du bist schön. “ „Anton York“, stellte er sich vor. Er bemühte sich, ihren veralteten Akzent zu imitieren. „Anton York“, wiederholte sie mit einem reizenden Lächeln. „Der Name gefällt mir. Und du gefällst mir auch. Ich liebe dich.“ Sie legte ihm die Arme um den Hals und küßte ihn. Erschreckt schob York sie zurück. York fühlte sich schwindelig. Und dann sah er etwas Rosiges hinter den Sträuchern hervorschimmern. Der Bann war gebrochen. York schob das Mädchen zur Seite und sprang auf. Das Ungeheuer hatte wohl erraten, daß es entdeckt worden war und kam schwerfällig näher. Ihre Blicke trafen sich. Yorks erster Impuls war es gewesen, der Bestie den dünnen Hals umzudrehen. Nun hatte er das Gefühl, durch eine Brandung waten zu müssen. Jeder Schritt bereitete unendliche Mühe. Es gelang York nicht, seinen Blick von den Medusenaugen loszureißen. Alles andere war verschwunden — das Mädchen, die Landschaft. Nur zwei riesige Augen brannten vor ihm und wurden immer größer. Er sah nicht einmal den Te ntakel, der sich nach ihm ausstreckte. Doch die Radiogene in seinem Unterbewußtsein arbeiteten. Sie ergossen eine Energieflut in sein Gehirn. York kämpfte mit neuer Kraft gegen die Lockung der Bestie an. Noch einmal trat er einen Schritt nach vorn, aber dann blieb er stehen. Er hatte gewonnen. Nun hatte er sich ganz in der Gewalt und rannte auf die Bestie zu. Das Geschöpf wimmerte verängstigt und schickte sich zur Flucht an. Aber York überholte es im Nu. Er packte den dünnen Hals und drehte ihn herum, bis die Knochen splitterten. Die teuflischen Augen wurden starr. York zitterte am ganzen Körper. Und dann stand Leela wieder neben ihm. Sie warf ihm einen bewundernden Blick zu. „Wir müssen den Kongreß sprechen“, erklärte Leela. Der Kongreß bestand aus zehn älteren, grauhaarigen Männern, die nicht mehr aktiv an den Kämpfen gegen die Bestien teilnehmen konnten, aber eine reiche Erfahrung besaßen. Sie hörten sich Leelas Erzählung in allen Einzelheiten an. „Eine merkwürdige Geschichte“, meinte Robar, der Sprecher des Kongresses. „Anton York, Sie können auch ein Spion aus dem Dorf der Sklaven sein. Die Bestien versuchen alles, um uns zu unterdrücken.“ „Nein!“ Leela war aufgesprungen. „Vergeßt nicht, daß ich ein Jahr lang im Sklavendorf war. Ich habe ihn nie dort gesehen.“ „Auch dir können wir nicht trauen, meine Tochter“, sagte der Sprecher sanft. York trat entschlossen vor. „Hört mir zu. Ich bin zweitausend Jahre alt. Ich wurde auf der Erde, eurem Ursprungsplaneten, geboren. Im Jahre 1776 erklärten dreizehn Kolonien in einem Land namens Amerika ihre Unabhängigkeit von einem anderen Land jenseits des Atlantiks. Sie bildeten einen Kongreß. Euer Kongreß hat seinen Namen von diesem Vorbild. Im Laufe des folgenden Jahrhunderts vergrößerten sich die dreizehn Kolonien und stießen weiter nach Westen vor. Es kam zu heftige Kämpfen mit den Indianern, die ihre angestammten Gebiete nicht aufgeben wollten. Aber schließlich siegten die Kolonisten. Ihr Land erstreckte sich von einem Ozean bis zum anderen.“ Die Männer flüsterten erregt. „Das paßt zu unseren Legenden“, meinte Robar. „Die dreizehn amerikanischen Stämme — die Rothäute — der Große Krieg — das Aussterben der Büffel.“ Er sah Anton York mit neu
erwachter Ehrfurcht an. „Ich glaube dir, Anton York. Bist du von der Erde gekommen, um uns zu helfen? “ „Ich werde tun, was ich kann“, sagte York entschlossen. „Aber zuerst muß ich mehr erfahren. Wie seid ihr hierhergekommen?“ Robar zuckte mit den Schultern. „Wir wissen es nicht. Bis zum Jahre 1888 lebten unsere Vorfahren auf der Erde, in einem Dorf namens Fort Mojave. Eines Tages tauchte ein fliegendes Schiff auf, gegen das ihre Waffen nutzlos waren. Tausend Männer, Frauen und Kinder wurden an Bord geschleppt. Hier unter der Kuppel entstand das Dorf von neuem, ganz genau nach der Vorlage des Originals. Anfangs gab es noch keine Bestien hier. Die Menschen konnten ohne Schwierigkeiten leben, wenn sie auch Heimweh hatten. Dann tauchten eines Tages die Bestien auf. Seitdem ist unser Leben ein einziger Kampf gegen diese Ungeheuer.“ „Aber wißt ihr nicht, weshalb das alles geschah?“ „Nein. Wir bekamen nie die Herren dieser Welt zu Gesicht. Das Leben ging weiter. Wir haben heute beinahe vergessen, wie alles anfing. Unsere einzige Aufgabe ist es, gegen die Drohung der Bestien anzukämpfen.“ York biß sich auf die Lippen. Das Geheimnis blieb weiterhin ungeklärt. Aber sein Zorn wuchs. Man konnte nicht einfach mit intelligenten Rassen experimentieren, Generationen um Generationen auf dieser einsamen Welt festhalten. Etwas mußte geschehen.
21. In den folgenden Tagen stellte York Nachforschungen über das Leben in der Kuppel an. Das Dorf der Freien beherbergte etwa sechstausend Menschen. Ihre Felder und Jagdgebiete umfaßten etwa die Hälfte des Areals. Ein schmaler Fluß bildete die Grenze zum Reich der Hypnobestien und ihrer Sklaven. Man schätzte die Sklaven auf etwa viertausend, aber ihre Lebensspanne war kurz, da die Hypnobestien sie als Nahrungsgrundstock betrachteten. Insgesamt lebten also zehntausend Menschen unter der Isolationskuppel. Mehr als dreihundert Personen pro Quadratmeile! Unter diesen Umständen konnte sich keine Technik entwickeln. Die spärlichen Metallvorräte waren längst abgebaut. Ein Apparat in der Decke der Kuppel regelte die Temperatur, sorgte für Sonnenschein, Regen und sogar Nebel. York spürte überall Augen, die ihn und seine Mitmenschen beobachteten. Manchmal hätte er schreien mögen. Doch er wußte, daß es im Augenblick wenig Sinn hatte, sich mit dem Zweck des Experiments zu befassen. Die Vernichtung der Hypnobestien war vorrangig. Wenn er sie erledigte, durchkreuzte er vielleicht einige Pläne der Herrscher. „Wir hoffen, daß wir im Laufe der Zeit die Hypnobestien ausrotten können“, meinte Robar. „In jeder Generation steigt die Zahl derer an, die gegen die Hypnose der Ungeheuer immun sind. In ein paar hundert Jahren...“ „Das dauert zu lange“, unterbrach ihn York. „Die Hypnobestien sind halbintelligent, aber sie besitzen keine wissenschaftlichen Befähigungen. Auf diesem Gebiet können wir sie schlagen.“ Eine Untersuchung der Schußwaffen ergab, daß es sich um Steinschloßmusketen des neunzehnten Jahrhunderts handelte. Die Kugeln bestanden aus Hartholz, da man kein Metall zur Verfügung hatte. In dem Moment, als York die Waffen untersuchte, klang ein Hornsignal auf. Sofort rüsteten sich die Männer zum Kampf. York begleitete sie. Die Feinde hatten in Booten den Fluß überquert und lauerten nun hinter Büschen und niedrigen Hügeln. Die Freien gingen ebenfalls in Deckung. York hatte einen Baum erklettert und beobachtete die Szene. Er konnte es nicht über sich bringen, auf die armseligen Sklaven zu schießen, die den Kampf gar nicht wollten. Die
Hypnobestien befanden sich auf der anderen Seite des Flusses und dirigierten die Schlacht durch Langstreckenhypnose. Nach und nach gelang es den Freien, die Angreifer zurückzudrängen. Die Sklaven taten etwas Entsetzliches. Sie luden sich die Toten auf die Schultern und trugen sie zu den Booten. Jenseits des Flusses sogen die Hypnobestien dann die Leichen aus. Erschöpft kehrten die Verteidiger ins Dorf zurück. York zermarterte sich das Gehirn, wie er den Leuten helfen konnte. Es mußte eine Möglichkeit geben, diesem furchtbaren Zustand ein Ende zu bereiten. Aber welche? Ein Jahr verging. York verbrachte die meiste Zeit bei seinen Berechnungen. Mühsam arbeitete er die Naturgesetze dieses neuen Universums aus. Er mußte ohne Instrumente und Computer zurechtkommen. Und er hatte ständig das Gefühl, beobachtet zu werden. Ein Gedanke quälte ihn ganz besonders. Was war aus Vera geworden? Hatte sie keine Lebensmittelvorräte mehr? Hatten die Fremden sie gefangengenommen? Eines Tages schien sie ganz in seiner Nähe zu sein. Er hielt es für eine Halluzination und zuckte müde mit den Schultern. Doch dann fuhr er hoch. Es waren ihre Gedankengänge. Daran konnte gar kein Zweifel bestehen. Ganz schwach drangen sie zu ihm durch. York folgte dem Strahl, bis er ihn stärker spürte. Er blieb dicht neben der Kuppelbarriere stehen. „Vera!“ Er sandte einen konzentrierten Gedankenstrahl aus. Ein Großteil der Energie prallte von der Kuppelwand ab, aber er spürte, daß auch einiges durchsickerte. „Vera, bist du hier? Es ist ein Risiko, wenn wir so ohne weiteres Kontakt miteinander aufnehmen. Aber wie geht es dir, Liebling?“ „Ich kann dich erkennen, Tony. Du siehst schmal und abgezehrt aus. Ich mußte einfach kommen. Es ist mir gelungen, die Luft des Planeten zu destillieren. Und die meisten der Pflanzen kann man essen.“ York berichtete in groben Zügen, was er alles erlebt hatte. „Auch mir geht es gut, aber ich muß noch die Naturgesetze dieses Planeten lösen.“ „Deshalb bin ich hergekommen. Ich habe mich intensiv mit Berechnungen beschäftigt. Und dann hatte ich plötzlich eine Eingebung, Tony. Dieses Universum besitzt eine niedrigere Entropie als das unsere. Ich habe den Unterschied ausgerechnet, Tony. Er beträgt genau 1,164.“ York atmete erleichtert auf. „Vera, du bist wunderbar. Endlich habe ich eine Grundlage für meine Arbeit. Es wird mir gelingen, die Naturgesetze dieser Welt aufzustellen. Und dann kann ich die Hypnobestien bekämpfen. Aber nun geh rasch, bevor dich jemand hier entdeckt.“ „Sei vorsichtig, Liebling.“ York kehrte zum Dorf zurück. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Entropie — natürlich! Daß er nicht schon längst dahintergekommen war! Mit diesem wichtigen Schlüssel gelang es ihm rasch, die nötigen Formeln aufzustellen. Nach einem Monat hatte er die Elemente einer Strahlenwaffe berechnet. Er trommelte den Kongreß zusammen. Die Männer betrachteten ihn ein wenig skeptisch. „Was gibt es, Anton York?“ fragte Robar. „Wir befürchten immer noch, daß du dem Wahnsinn verfallen bist. Ein Jahr lang hast du nun mit einem Stock sinnlose Zeichen in den Sand gekratzt. Was wolltest du damit bezwecken?“ „Ich habe die Anfänge der Naturwissenschaft wieder entdeckt.“ „Naturwissenschaft? Das Wort bedeutet uns nichts.“ York verstand. Sie stammten aus einem Zeitalter, wo es noch kaum eine Forschung gegeben hatte. „Die Naturwissenschaft hat sich auf der Erde entwickelt, kurz nachdem man euch gewaltsam nach hierher entführte. Sie dient dazu, Maschinen herzustellen, die das Alltagsleben erleichtern. Und mit ihrer Hilfe kann man mächtige Waffen bauen. Ich werde eine solche Waffe gegen die Hypnobestien konstruieren. Aber dazu brauche ich viel Metall. Ich werde eure Gewehre einschmelzen müssen.“
Robar sah ihn zweifelnd an. „Das ist gefährlich. Ohne Waffen sind wir den Ungeheuern preisgegeben. Und woher sollen wir wissen, daß deine Wunderwaffe funktionieren wird?“ York seufzte. Er hob einen kleinen Quarzkiesel auf, den er am Boden liegen sah. „Werdet ihr euch für mich entscheiden, wenn es mir gelingt, diesen Stein in der Dunkelheit zum Leuchten zu bringen?“ Sie nickten. York verließ den Beratungsraum und holte die Radiumkapsel aus der Heizbatterie seines Raumanzugs: Als er das Radium in die Nähe des Kiesels brachte, leuchtete er hell auf. Die Kongreßmitglieder schüttelten verwundert die Köpfe. Aber York hatte gesiegt. Sein Projekt konnte beginnen. Während des nächsten halben Jahres gab es ungezählte Schwierigkeiten zu überwinden. Aber endlich besaß York eine primitive Radiumbatterie, die ihren Strom durch eine Reihe von Wicklungen an einen Konvexspiegel abgab. Das Gerät war auf einen Räderkarren montiert. Es sah so plump aus, daß selbst ein Handwerker des Mittelalters laut gelacht hätte. Aber es enthielt gewaltige Energien. Energien, die man gegen die Hypnobestien einsetzen konnte...
22. Im Dorf bereitete sich alles auf die Entscheidung vor. Es sollte kein Krieg, sondern ein Kreuzzug gegen die verhaßten Ungeheuer werden. Ein für allemal wollten sich die Menschen von der Tyrannei der Bestien befreien. Sie schwämmen mit hochgehobenen Gewehren über den Fluß. Yorks Maschine wurde mit einem Floß übergesetzt. Die Wachtposten im Feindesgebiet wichen vor der Übermacht zurück und holten Verstärkung herbei. Yorks Männer schoben sich unerbittlich vor. Sie machten so viele Gefangene wie möglich, denn die armen Sklaven würden wieder wie normale Menschen leben können, sobald die Hypnose ihrer Bezwinger nachließ. Die Armee marschierte in das Dorf der Sklaven ein. Ein hoher Palisadenzaun schützte es. Männer mit Gewehren empfingen die Angreifer. York brachte seine Waffe in Stellung und richtete sie gegen einen breiten Abschnitt des Palisadenzauns. Dann drückte er auf den Schalter. Splitternd brach der Wall zusammen. Immer wieder richtete York die Waffe gegen die Umzäunung. Das Dorf der Sklaven lag schutzlos da. Es war den Angreifern ausgeliefert. Die Hypnobestien sammelten ihre Sklaven und führten sie ebenfalls zum Angriff. So sehr York es haßte, er mußte auch Menschen töten. Robars Truppen besorgten die Aufräumarbeit. Sie erlegten die restlichen Bestien und kümmerten sich um die verwundeten Gegner. York wunderte sich, weshalb die Herren dieses Planeten nicht in den Kampf eingegriffen hatten. Aber sie zeigten sich nicht einmal. Es war, als existierten sie nicht. Eine Woche dauerte es, bis sämtliche Hypnobestien innerhalb der Kuppel getötet waren. Die Männer mit der stärksten Immunität gegen die Hypnose der Ungeheuer streiften durch die Wälder und stöberten die Tiere auf, die sich dort verborgen hatten. Sie trieben die Bestien an Yorks Maschine vorbei, und York tötete sie durch einen kurzen Neutronenstrahl. Nach einer Woche kamen Robars Leute zu ihm und berichteten, daß sie einen ganzen Tag lang gesucht hätten, ohne eine einzige Hypnobestie zu entdecken. York nickte befriedigt. „Jetzt könnt ihr endlich wieder in Frieden leben“, erklärte er. Doch im gleichen Augenblick raste eines der unförmigen Tiere auf die Maschine zu. Es schien wahnsinnig .geworden zu sein, daß es sich freiwillig in die Reichweite von tausend Gewehren und der mächtigen Vernichtungsmaschine begab. „Halt!“ rief York, als einige der Männer ihre Gewehre anlegten. „Kreist das Tier ein und
bringt es lebend hierher!“ Ein Dutzend Leute schleppten das kämpfende, kreischende Biest herbei. York verbarg seinen Ekel vor dem aufgedunsenen, fettigen Körper und dem schlangenartigen Hals. „Kannst du mich verstehen?“ fragte er telepathisch. „Kannst du meine Fragen beantworten? “ „Ich verstehe dich“, entgegnete die Hypnobestie deutlich. Sie besaß, wie York richtig vermutet hatte, eine gewisse Intelligenz. „Aber ich beantworte deine Fragen nur, wenn du mir einen raschen Tod versprichst. Ich will nicht als Letzter meiner Rasse übrigbleiben.“ York nickte. „Weißt du, weshalb du dich hier unter der Kuppel befindest und gegen die Menschen ankämpfen mußt?“ „Nein.“ „Weißt du, weshalb Angehörige deiner Rasse in Hunderten dieser Kuppeln verteilt wurden und nun die verschiedensten Lebensformen unterdrücken?“ „Ich hatte keine Ahnung, daß noch andere Kuppeln außer dieser hier existieren.“ Das Geschöpf war offensichtlich verwirrt. „Wo befindet sich deine Heimatwelt?“ „Der Legende nach in einem anderen Sonnensystem. Ich bin natürlich hier geboren. Vor langer Zeit wurden unsere Vorfahren hierhergebracht.“ „Und du hast wirklich keine Ahnung, weshalb? „Nein. Töte mich jetzt rasch.“ York gab das Signal, und Kugeln bohrten sich in den Körper der letzten Hypnobestie. York sah auf. Beobachteten die Erbauer dieser Kuppel die Geschehnisse mit Spott? Sein Ekel den Hypnobestien gegenüber richtete sich allmählich auf die Wesen, die diese Situation heraufbeschworen hatten. Weshalb hatten sie sich nicht eingemischt? Es mußte doch gegen ihrer Willen sein, wenn die Hypnobestien vernichtet wurden. Das Rätsel ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. War er ein Spielzeug in ihren Händen? Oder hatten sie ihn bisher noch nicht bemerkt? Wenn er nur zum Schiff zurück könnte . . . York machte sich an die Arbeit. Er verstellte seine Maschine so, daß sie reine Energie ausstrahlte. Die Naturgesetze dieses Planeten waren ihm längst kein Geheimnis mehr. Er ließ die Maschine an den Rand der Kuppel bringen und streifte seinen Raumanzug über. Der Sauerstoffbehälter enthielt immer noch die Hälfte seiner Füllung. York wandte sich den Menschen zu, die er befreit hatte. „Ich verlasse jetzt die Kuppel. Aber ich komme bald zurück und sorge dafür, daß ihr auf die Erde heimkehren könnt. Ich schwöre es.“ Ein Teil der Energiewand wurde durch die Strahlen seiner Maschine neutralisiert, und er trat ins Freie. Einen Moment lang blieb er ruhig stehen und sah sich prüfend um. Würden sich die Herren des Planeten jetzt auf ihn stürzen? Nichts geschah. York marschierte durch den Dschungel. Die Cepheiden-Sonne stand bläulich und heiß am Himmel. Flimmernde Hitzewellen tanzten vor Yo rks Augen. Er erreichte das Schiff und öffnete die Luftschleusen. Erst jetzt wagte er es, telepathische Gedanken auszusenden. „Vera!“ rief er. „Vera, ich bin zurück ...“ Aus der Kabine kam keine Antwort. York lief durch die Vorratsräume und das Labor, und dann erkannte er die Wahrheit: Vera war nicht an Bord. Es gab nur eine Lösung. Die Erbauer der Kuppeln hatten das Schiff entdeckt und Vera gefangengenommen. „Ich werde euch finden“, sagte er mit eiskalter Stimme. „Wer ihr auch sein mögt, ich werde euch finden. Und wenn ihr Vera auch nur ein Haar gekrümmt habt...“ Er sprach den Satz nicht zu Ende.
23. Anton York arbeitete einen Monat lang. Er befürchtete, jeden Moment entdeckt zu werden. Weshalb waren die Erbauer der Kuppeln nicht hergekommen, um ihn zu holen? Weshalb hatten sie das Schiff nicht bewacht? Ihr Verhalten verwirrte York. Bestimmt wußten sie durch Vera, daß er sich auf dem Planeten befand. Weshalb hatten sie nichts unternommen? Waren sie so mächtig, daß sie ihn nicht fürchteten? In diesem eine n Monat vollbrachte York Wunder. Jetzt, da er die Naturgesetze dieses Universums kannte, konnte er seine Instrumente und Geräte verhältnismäßig leicht umrüsten. Und sein Schiff stellte hier, in einer Umgebung mit niedrigerer Entropie, eine wahre Kampffestung dar. Zufrieden startete er und umkreiste den Planeten. Er entdeckte insgesamt etwa tausend Kuppeln, die alle in Wüstengebieten standen. York holte tief Atem. Er war jetzt nicht mehr hilflos. Superenergien standen ihm zur Verfügung. Aber wo sollte er beginnen? Wie konnte er Vera finden? Oder die Erbauer der Kuppeln? Sie schienen ihn absichtlich zu ignorieren. Er dachte schon daran, die anderen zwölf Planeten der Cepheiden-Sonne aufzusuchen. Hier schien sich nur eine Experimentierstation zu befinden. Wenn er den Planeten entdeckte, auf dem die Fremden lebten... York lächelte mit einemmal. Ihm fiel etwas Besseres ein. Diese fremden Wesen würden ihn nicht mehr lange ignorieren. Seine Finger glitten über die Instrumente. Das Schiff ging über der nächstbesten Kuppel nieder. York versprühte neutralisierende Energie, und das Schiff drang ins Innere der Kuppel. Auf die Bewohner der Kuppel mußte er wie ein Gott gewirkt haben. Sein winziges Schiff kreiste über der Landschaft. Immer wenn er eine der Hypnobestien entdeckte, tötete er sie mit einem Energiestrahl. Innerhalb einer Stunde gab es keine Hypnobestien mehr in der Kuppel. York nahm sich eine Kuppel nach der anderen vor. Er befreite die verängstigten Bewohner der „Versuchsstationen“ von den Feinden, die sie Generationen lang bedroht hatten. Sein Blut pochte schneller. Und dann, mit einemmal, schien es ihm in den Adern zu gefrieren. Neben ihm war ein fremdes Schiff aufgetaucht. Es flog von Kuppel zu Kuppel und untersuchte den Schaden, den er angerichtet hatte. York stellte den Schutzschirm seines Schiffes auf höchste Energie ein. Er bereitete sich auf den Angriff vor, aber nichts geschah. Nach einiger Zeit erreichte ihn von dem fremden Schiff eine telepathische Frage: „Du bist Anton York von der Erde?“ „Ja. Ihr habt meine Frau gefangengenommen. Ich fordere, daß ihr sie sofort freilaßt. Zweitens verlange ich, daß ihr euer Experiment, oder was es sonst sein mag, einstellt. Die verschiedenen Rassen müssen auf ihre Heimatwelten zurückgebracht werden.“ Die psychische Stimme strahlte Spott aus. „Oh, tatsächlich? Du fühlst dich sehr stark, Anton York.“ „Das ist nebensächlich“, entgegnete Anton York scharf. „Ich weiß nur, daß diese Rassen leiden. Sie werden seit langem von diesen Hypnobestien gequält. Die Ungeheuer müssen ausgerottet werden.“ Die Stimme des Fremden klang nun sehr ernst. „Richtig. Und endlich kennen wir den richtigen Weg dazu.“ York riß den Kopf hoch. „Soll das heißen, daß ihr selbst die Bestien vernichten wolltet? Euer langes Experiment hatte einzig und allein den Zweck — aber weshalb denn?“ „Ich werde dir alles erklären. Begleite mich auf unsere Hauptwelt, den fünften Planeten.“ „Einen Augenblick noch. Ich warne dich. Falls das ein Trick sein sollte — ich besitze eine mächtige Waffe...“ Statt einer Antwort züngelte von dem fremden Schiff her plötzlich ein grüner Lichtstrahl. Er
umspielte Yorks Schutzschirm, und der Schirm brach sofort zusammen. Das Schiff erzitterte, und York preßte die Lippen zusammen. Die Fremden mußten unvorstellbare Energien besitzen. Selbst die größten Meteore waren bisher an dem Schutzschirm abgeprallt. Doch York sollte noch eine weitere Niederlage erleben. Er schaltete seine Gammasonarwaffe ein und richtete sie auf das Zentrum des fremden Schiffes. Der Strahl prallte funkenstiebend an dem Schirm des Fremden ab. Rauch kräuselte sich — sonst geschah nichts. York war hilflos. „Verstehst du nun?“ fragte der Fremde. „Ich hätte dich ohne weiteres vernichten können. Aber dein Tod bringt uns nichts. Folge mir.“ York wußte, daß er keine andere Wahl hatte. Sie jagten auf die Cepheiden-Sonne zu. Nach einer Stunde näherten sie sich dem fünften Planeten. Er hatte sehr viel Ähnlichkeit mit der Erde, allerdings nur unter den schwächer werdenden Strahlen der veränderlichen Sonne. Wenn die Hitze ihren Höhepunkt erreichte, verwandelte er sich vermutlich in eine gleißende Hölle. „Lebt ihr unter Kuppeln?“ erkundigte sich York, bevor sie landeten. „Nein“, erwiderte der Fremde höflich. „Unsere Evolution hat sich dem periodischen Wechsel angepaßt. Ob Frost oder Hitze — es macht uns nichts aus.“ Die beiden Schiffe landeten auf einem riesigen Raumhafen. Zu einer Seite erhob sich eine schimmernde Stadt. York hatte viele Zivilisationen gesehen, aber der Anblick dieser Stadt ließ seinen Atem stocken. Mehrere Schiffe formierten sich zu einer Art Spalier, als Yorks kugelförmiges, kleines Boot zur Landung ansetzte. Das sah nach einer feierlichen Begrüßung aus. York verließ kopfschüttelnd die Luftschleuse. Der Fremde war spindeldürr und besaß einen übergroßen Schädel wie jener andere, dem York am Rande der Kuppel begegnet war. Aber er trug erlesene Kleider und wurde mit deutlichem Respekt behandelt. „Ja, ich bin Vuldane“, erklärte der Fremde lächelnd, als er Yorks Gedanken auffing. „Der König der Korianer. Begleite mich zum Palast. Dort wirst du auch deine Frau Vera wiederfinden. “ York betrat schließlich einen glitzernden Thronsaal. Aber er nahm nichts von der Pracht seiner Umgebung wahr. Er sah nur Vera. Heftig schloß er sie in die Arme. „Liebling“, sagte sie leise. „Ich hatte solche Angst um dich. Aber ich wußte, daß man dich sicher hierherbringen würde.“ Sie war erstaunlich ruhig. Aber hinter ihrer Ruhe spürte er Verwirrung, Nachdenklichkeit. York sah sich genau um. Plötzlich packte er Vera am Handgelenk und zog sie zu sich heran. Mit der freien Hand riß er die Waffe aus dem Gürtel und richtete sie auf Vuldane. „Vuldane“, erklärte er hart, „ich kam nur hierher, um meine Frau abzuholen. Wenn du nicht sterben willst, dann befiehlst du, daß wir beide freies Geleit bis zu unserem Schiff erhalten. Ich werde mich im Raum mit dir unterhalten, wenn du in einem unbewaffneten Schiff kommst. Du hast genau drei Sekunden Zeit.“ Der König starrte ihn überrascht, aber nicht sonderlich beunruhigt an. Im nächsten Moment schlug ihm Vera selbst die Waffe aus der Hand. „Tony — nein! Es hätte keinen Sinn. Sie würden dich bis ans Ende der Welt verfolgen. Höre dir zuerst ihre Geschichte an. Danach kannst du selbst entscheiden, was richtig oder falsch ist.“ York steckte die Waffe ein. Es war wirklich eine unüberlegte Handlung gewesen. Aber die Erlebnisse in diesem Cepheiden-System hatten seine Nerven geschwächt. Er wandte sich dem König zu. „Also gut, erzähle deine Geschichte. Du möchtest das Universum erobern?“ „O nein. Diesen armseligen Ehrgeiz besitzen wir nicht.“ „Gut. Aber weshalb sorgt ihr für die Verbreitung der Hypnobestien? Wollt ihr euch an einer
anderen Rasse rächen?“ „Nein. Wie bereits erwähnt — auch wir möchten diese Ungeheuer ausrotten.“ „Aber weshalb denn das Experiment? Ich spüre, daß meiner Heimatwelt Gefahr droht.“ „Warte doch ab, Tony“, mahnte Vera. „Er wird dir die ganze Geschichte erzählen.“
24. Vuldane nickte. „Du hättest mich mit deiner Waffe übrigens nicht getroffen. Dieser Saal befindet sich in einem energielosen Feld. Keine Waffe funktioniert hier. Aber nun hör zu. Ich erzähle dir die Geschichte unserer Rasse — und unseres Schicksals. Vor etwa einer Million Jahre entwickelten wir zum erstenmal Intelligenz. Die Zeit stimmt — ich habe sie mit Veras Berechnungen verglichen. Wir stammen nicht von diesem System, sondern von einer anderen Cepheiden-Sonne weit weg. Wir lebten etwa hunderttausend Jahre in unserer Heimat, glücklich und zufrieden. Dann kündigten unsere Astronomen an, daß die Sonne zu einer Nova werden würde. Wir mußten auswandern, wenn wir nicht umkommen wollten. Aber zugleich mußten wir eine Cepheiden-Sonne finden, deren Periode genau zweiundzwanzig Tage betrug. Auf diesen Rhythmus war unser gesamter biologischer Aufbau eingespielt. Wir fanden nach langer Suche so eine veränderliche Sonne und errichteten auf ihren Planeten eine neue Zivilisation. Wieder erlebten wir eine lange Spanne der Ruhe und Zufriedenheit, bis auch diese Sonne sich in eine Nova zu verwandeln drohte. Anton York, seit jener Zeit mußten wir noch ein dutzendmal die Heimat wechseln. Wir sind Nomaden des Kosmos.“ York spürte die Trauer, die von dem fremden Wesen ausstrahlte. „Wir leben nun seit fünfzigtausend Jahren in diesem Cepheiden-System“, fuhr Vuldane fort. „Vor zweitausend Jahren erkannten unsere Astronomen die ersten Anzeichen für eine wachsende Instabilität der Sonne. Wieder müssen wir unsere Städte verlassen und alles aufgeben, was wir liebgewonnen haben.“ „Aber weshalb zieht ihr nicht zu einem unveränderlichen Sonnensystem und lebt unter Kuppeln?“ unterbrach ihn York. „Soviel ich sah, könnt ihr jede Umgebung nachbilden.“ „Unter Kuppeln leben?“ Der Fremde schüttelte den Kopf. „Das würde die Rasse verkümmern lassen. Es ist kein gesundes Leben.“ York dachte darüber nach. Man hatte zwar viele terranis che Kolonien errichtet, die eine künstliche Atmosphäre besaßen, aber selten hielten die Bewohner dieses Leben durch. Sie alterten früh, wenn sie nicht rechtzeitig auf die Erde zurückkehrten. „Nein, wir müssen einen Sonnentyp finden, der unseren Lebensgewohnheiten entspricht“, erklärte Vuldane. Seine Gedankengänge wurden drängender. „Doch diesmal ist die Krise schärfer als je zuvor. Wir haben unser Universum völlig durchgekämmt. Es gibt nur noch ein einziges System, das wir aufsuchen können — die letzte Welt, auf die wir fliehen können.“ Nachdenklich sah er vor sich hin, und erst nach geraumer Zeit nahm er den Faden der Erzählung wieder auf. „Diese Cepheidenfamilie besitzt zehn Planeten, und alle sind von den Hypnobestien bevölkert. Irgendwie wurde ihre Entwicklung unterbrochen, und es gelang ihnen nie, eine Zivilisation aufzubauen. Aber sie besitzen bemerkenswerte hypnotische Kräfte. Hypnotische Kräfte, auf die unsere Rasse besonders leicht anspricht. Wir bezweifelten, daß andere Lebewesen gegen die Hypnobestien aufkommen würden, aber wir mußten es versuchen. So flogen wir von einem Universum zum anderen und transplantierten Ausschnitte von vielversprechenden Zivilisationen in unsere Kuppelbauten. Wir stellten sie den Hypnobestien gegenüber. Der einzige Zweck des Experiments war, herauszufinden, ob es eine Rasse gab,
die innerhalb unserer Naturgesetze die Hypnobestien besiegen konnte.“ Plötzlich war York alles klar. „Ich verstehe“, sagte er leise. „Eine Rasse, die gegen Hypnose gefeit war und die Hypnobestien erobern konnte.“ „So ungefähr“, bestätigte Vuldane. „Wir begannen bereits zu verzweifeln. Die meisten Rassen waren innerhalb von hundert Jahren den Hypnobestien hilflos verfallen. Wir entfernten sie und holten neue Rassen herbei. Insgesamt haben wir mehr als zehntausend Rassen getestet.“ York war überwältigt. Vera warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Sie hatte diesen Schock auch erst überwinden müssen. York sah Vuldane, den König des unglücklichen Nomadenvolkes, aus einer neuen Perspektive. Es gehörte sehr viel Mut und Ausdauer dazu, diesen Plan durchzuführen. „Die Terraner“, flüsterte er, „die Terraner haben die Hypnobestien besiegt.“ Vuldane nickte, und Bedauern klang in seiner Stimme auf. „Ja, so war es. Vor zweitausend Jahren holten wir eine Gruppe von Terranern auf unseren Versuchsplaneten und setzten gleichzeitig eine Gruppe von Hypnobestien aus. Wir haben die Menschen seither gründlich beobachtet. Mit jeder Generation entwickelten sie eine stärkere Immunität gegen die Hypnose. Als euer Schiff ankam, waren wir uns gerade darüber klargeworden, daß nur sie uns weiterhelfen konnten. Als du dann die Bestien praktisch im Alleingang umbrachtest, stand alles fest. Es gibt noch eine zweite Rasse, die Immunität besitzt, aber sie hat kaum die Intelligenz, eine hohe Zivilisation aufzubauen.“ York runzelte die Stirn. „Das heißt also, daß ihr euch für unsere Rasse entschieden habt? Aber ich bin ein Sonderfall. Ich bin unsterblich — und deshalb ein Superwissenschaftler. Du überschätzt ...“ Vuldane lächelte. „Ich kann es dir nicht verübeln, daß du versuchst, unsere Entscheidung zu beeinflussen. Wir wissen, daß du einen Sonderfall darstellst. Aber du bist dennoch ein Exemplar deiner Rasse. Uns reizt vor allem eure große naturwissenschaftliche Begabung. “ York überlegte. „Ihr seid selbst hervorragende Wissenschaftler. Weshalb richtet ihr nicht einfach Langstreckenstrahlen auf die Ungeheuer und rottet sie so aus?“ „Glaubst du nicht, daß wir bereits alles Erdenkliche versucht haben?“ entgegnete der Fremde. „Wir vernichteten ihr e Städte. Wir versuchten jeden Quadratzoll des Bodens zu erfassen. Als wir glaubten, ihre Zahl auf ein Minimum beschränkt zu haben, bauten wir Festungen. Das Unausweichliche geschah. Die Bestien vermehrten sich rasch wieder. Sie umringten in ganzen Scharen die Festungen und schleuderten uns ihre vereinten hypnotischen Kräfte entgegen. Wir konnten ihnen nicht widerstehen.“ „Habt ihr es mit Krankheitskeimen versucht?“ fragte York. „Mit Insektenplagen? Oft übersieht man gerade die einfachen Dinge.“ Der Fremde lächelte nur. „Wir haben Wurmkulturen ausgesetzt, Bakterien, Pflanzen. Die Hypnobestien überlebten alles — einfach alles. Nein, Anton York, nur eine Intelligenz, die immun gegen Hypnose ist, kann diese Geschöpfe besiegen.“ York zuckte mit den Schultern. „Ich gestehe, daß euer Problem Mitgefühl erweckt. Wenn du willst, gehe ich selbst auf die Erde, um Freiwillige für dieses Projekt zusammenzutrommeln. Wie viele Terraner brauchst du etwa?“ York sah den Schmerz in Veras Augen. „Ich brauche dein ganzes Volk“, entgegnete Vuldane leise. „Und selbst dann wird es keine leichte Aufgabe sein. Es bleibt nicht mehr viel Zeit bis zur Explosion unserer Sonne. Wir müssen dein ganzes Volk auf die Planeten der Hypnobestien holen und Festungen zum Schutz der Leute erbauen. Anfangs werden viele Menschen sterben, doch im Laufe der Generationen dürfte sich die Immunität erhöhen. Und eines Tages werden sie zum Großangriff gegen die Hypnobestien schreiten. Dann haben wir nur noch die Aufgabe, dein Volk schmerzlos zu töten, und wir besitzen eine neue Heimat.“
„Hast du das Recht, meine Rasse zu töten, um deine am Leben zu erhalten?“ „Hast du das Recht, deine Rasse für wertvoller als die meine zu halten?“ entgegnete Vuldane. „Wir besaßen lange vor euch eine hohe Kultur. Du hältst uns für herzlos, weil wir eine Rasse opfern wollen, aber denke doch einmal genauer darüber nach! Noch heute kämpfen Menschen gegen Menschen. In unserer Rasse hat es seit einer halben Million von Jahren keine Bruderzwiste mehr gegeben. Anton York, wer von uns kann sich anmaßen, den Richter über Gut und Böse zu spielen?“ York wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Es war die alte Geschichte: die CromagnonMenschen hatten die Neandertaler ausgerottet; die Indianer hatten den Weißen weichen müssen. Nun wiederholte sich alles in einem größeren Rahmen. Eine kraftvolle Rasse mit hoher Kultur klammerte sich an ihren Platz im Universum. Konnte man ihr das verübeln? Nach langem Überlegen antwortete York? „Nein, Vuldane. Es geht hier wirklich nicht um Recht oder Unrecht. Aber bedenke eines: Mein Volk hat noch Millionen Jahre vor sich. Es besitzt eine stabile Sonne. Ihr könnt vielleicht hunderttausend Jahre in eurem neuen Sonnensystem leben, und dann verwandelt sich der Stern erneut in eine Nova. Lohnt es sich, dafür eine vielversprechende Rasse zu töten? Kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?“ „Ein guter Einwand“, meinte Vuldane. „Aber ich kann ihn entkräftigen. Unsere Astronomen haben alle Sterne gemessen. In einer bestimmten Sterngruppe bildet sich ein neues Cepheiden-System heraus. Es beginnt langsam zu pulsieren. Wenn wir hunderttausend Jahre auf diesem System ausharren können, ist es vielleicht bereit für uns.“ York ließ die Schultern hängen. „Ich verstehe dich, Vuldane. Aber kannst du nicht wenigstens ein paar tausend Menschen übriglassen, damit sie eine neue Zivilisation aufbauen? “ Vuldane schüttelte den Kopf. „Nein. Das wagen wir nicht. Sie würden sich an uns rächen, wenn sie wieder stark sind.“ „Wieviel Zeit habt ihr noch bis zur Explosion eurer Sonne?“ fragte York. „Knappe tausend Jahre. Während dieser Zeit müssen wir euer Volk hierherbringen und es in seinem Kampf gegen die Hypnobestien unterstützen. Und selbstverständlich müssen wir mit der Umsiedlung unserer eigenen Rasse beginnen. Die Zeit ist kurz.“ York richtete sich auf. „Ich habe hur eine Bitte an dich, Vuldane.“ „Ja?“ „Bevor du mein Volk holst, gib mir eine kleine Frist. Ich möchte versuchen, die Hypnobestien auf andere Weise auszurotten.“ Vuldane überlegte. „Die Umsiedlung müßte eigentlich sofort beginnen. Aber es wird ein Jahr dauern, bis wir eine . Flotte gebaut haben, die den Übergang von einem Kontinuum ins andere schafft. Dieses Jahr stelle ich dir zur Verfügung, Anton York.“ Plötzlich streckte er die dünne Hand aus. „Und ich wünsche dir viel Glück.“
25. Yorks Schiff jagte mit ungeheurer Geschwindigkeit durch den Raum. Es nahm Kurs auf das Planetensystem der Hypnobestien. Vuldane hatte York die Daten ohne weiteres verraten. „Ein Jahr, Vera“, sagte York verzweifelt. „Was bedeutet schon ein Jahr, wenn man eine ganze Rasse retten muß? Ich darf während dieser Frist keine Sekunde schlafen. “ „Wie möchtest du die Bestien bekämpfen?“ fragte Vera tonlos. „Ich weiß es noch nicht.“ Nach einem Tag waren sie angelangt. Die Cepheiden-Sonne unterschied sich in nichts von dem Himmelskörper, den sie eben verlassen hatten. Zehn Planeten umgaben sie, und auf allen
wimmelte es von Hypnobestien. Sie besaßen eine Halbzivilisation. Kleinere Rassen wurden als Nahrungsvorrat gezüchtet. Zum Glück besaßen sie keine Raumschiffe. Sonst hätten sie wohl das ganze Universum erobert. York spürte, daß ihn die geballte hypnotische Kraft der Bestien in die Tiefe zog. Kühn steuerte er einen der Planeten an und versprühte in einem breiten Pfad die Energie seiner Gammasonarwaffe. Die Bestien fielen. Aber die Lücken waren schnell ausgefüllt, und von neuem spürte York die hypnotische Anziehungskraft. „Tony, bitte! Es hat keinen Sinn.“ York nickte hilflos. „Ich brauche einen Langstreckenprojektor. Wir werden die Korianer damit beauftragen, einen zu bauen.“ Er kehrte zurück, und Vuldane erklärte sich sofort bereit, seinem Wunsch nachzukommen. Beinahe über Nacht schufen die Techniker der Korianer einen Superprojektor für Yorks Schiff. York suchte von neuem das System auf. Er schlug eine Bahn um einen der Planeten und verteilte die Vernichtungsstrahlen auf einer Breite von zehn Meilen, während sein Schiff ein gutes Stück über der Atmosphäre blieb. „Wenn das klappt, Vera“, meinte er, „lassen wir eine Million dieser Projektoren bauen. Und ich fliege zur Erde und hole persönlich, die widerstandsfähigsten Kämpfer hierher, damit sie die Apparate bedienen. Die Korianer sind zu schwach für diese Art von Angriff.“ Aber nach und nach spürte er doch die hypnotische Kraft in seinem Innern. Im Teleskop erkannte er eine ungeheure Ansammlung von Hypnobestien. Sie richteten einen massiven Hypnosebefehl gegen ihn. York fühlte, wie ihn die Kraft nach unten zog, aber er biß die Zähne zusammen und schwenkte den tödlichen Projektor in die Menge. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Mein Gott, welche Macht! Er hatte Vera aus den Augen gelassen. Nun sah er, daß sie sich an der automatischen Steuerung zu schaffen machte. Ihre Bewegungen waren eckig, roboterhaft. Das Schiff senkte sich. Vera befand sich in Hypnose. „Vera!“ York ließ den Projektor los und lief zu ihr. Sie kratzte und biß. York blieb keine andere Wahl — er mußte sie mit einem Fausthieb außer Gefecht setzen. Dann jagte er das Schiff in den Raum, gerade noch rechtzeitig. Auch ihn hatte die hypnotische Kraft erfaßt. „Vera, verzeih mir!“ sagte er leise, als er sie mit kaltem Wasser zu sich brachte. Er seufzte. „Diese Methode kommt also nicht in Frage. Die Männer der Erde hätten noch weniger Chancen als wir.“ „Vuldane sagte doch, daß seine Leute alles versucht hätten“, meinte Vera niedergeschlagen. Aber York gab nicht auf. Als sie sich wieder auf der Welt der Korianer befanden, führte er ein langes Gespräch mit Vuldane. „Es gibt keine Abschirmung gegen ihre Hypnose“, stellte Vuldane fest. „Selbst die Kuppelwände auf dem Experimentierplaneten, die telepathische Botschaften kaum durchließen, boten kein Hindernis für die Hypnobestien.“ „Dennoch — ich muß weiter suchen“, erklärte York. „Ich werde in einer der Kuppeln arbeiten, und ich bitte dich nur, mich ebenso zu unterstützen wie bisher.“ „Einverstanden.“ Vuldane nickte. „Du besitzt mein ganzes Mitgefühl, Anton York. Aber die Sache ist aussichtslos.“ York versuchte in den nächsten Monaten alles. Eine Gruppe von angeketteten Hypnobestien standen ihm für seine Experimente zur Verfügung. Er errichtete die verschiedensten Schutzvorrichtungen, aber vergeblich. Vuldane hatte recht. Es gab keine Abschirmung gegen diese dämonische Kraft. „Tony, du mußt ausruhen“, sagte Vera, als er wieder einmal erschöpft von seiner Arbeit zurückkehrte. „Du hast seit Monaten kein Auge mehr zugetan.“ „Ich muß weitersuchen. “ Stereotyp wiederholte York diesen Satz. Vuldane besuchte ihn oft und machte sogar eigene Vorschläge. Man, spürte, daß er Anton York bewunderte. „Vuldane, hast du wirklich alles eingesetzt?“ fragte York bittend. „Hast du es mit Erdbeben,
Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen versucht?“ Der Korianer nickte. „Natürlich. Einen der Planeten zertrümmerten wir beinahe, als wir eine gewaltige geologische Verschiebung schufen. Etwa hundert Jahre schien er kein Leben mehr zu enthalten. Kein einziges Ungeheuer zeigte sich. Und dann waren sie plötzlich wieder da und vermehrten sich im Nu.“ „Ich muß also bei der Hypnose selbst ansetzen“, meinte York nachdenklich. „Vielleicht können wir die Kraft irgendwie neutralisieren. Ein Verzerrgerät vielleicht...“ „Auch das haben wir angewandt“, erklärte Vuldane. „Die Hypnobestien besitzen List. Sie jagen einen massierten Hypnosestrahl in das Verzerrgerät, so daß es überladen wird und ausfällt. Wir setzten Generatoren mit ungeheurer Energie ein. Die Bestien sorgten dafür, daß alle ausbrannten. Wann willst du nur begreifen, Anton York, daß du in einem Jahr niemals das erreichen kannst, was wir in tausend Jahren nicht erreichten?“ York setzte sich und vergr ub das Gesicht in den Händen. „Überlege doch, Vera“, sagte er dumpf. „Seit dem neunzehnten Jahrhundert ist unsere Rasse zum Untergang verurteilt. All unsere Arbeit war umsonst. Noch bevor ich den Terranern die Raumfahrt brachte, noch bevor ich sie von den Ewigen befreite, stand fest, daß unsere Rasse sterben mußte. Die Götter müssen schallend über meine armseligen Anstrengungen gelacht haben.“ Vera strich ihm über das Haar. „Ich dachte schon daran, auf die Erde zu gehen und mein Volk zu vernichten. Das wäre ein barmherzigerer Tod.“ „Nein, Tony. Das wäre ungerecht den Korianern gegenüber.“ York schloß die Augen, zum erstenmal seit einem halben Jahr. Und dann fuhr er plötzlich hoch. „Vera, vielleicht habe ich die Lösung! Wir können sie nicht mit unseren Waffen bekämpfen, das haben wir gesehen. Aber wenn wir sie nun mit ihren eigenen Waffen schlagen...“ Wieder vergaß York seine Müdigkeit und arbeitete wie ein Besessener. „Die Zeit ist kurz — ich habe nur noch ein halbes Jahr zur Verfügung. Ich muß die Wellenlänge der Hypnobestien messen und sie dann irritieren.“ Ein halbes Jahr. Ein halbes Jahr, in dem York über sich selbst hinauswuchs. Er entdeckte den psychomagnetischen Wellenbereich. Die Skala umfaßte Telepathie, Hellsehen, sechsten Sinn, Vorahnungen, Halluzinationen, Träume. Ganz im untersten Bereich fand er die Hypnosewellen. Sie waren so unendlich fein, daß York ihre Durchlässigkeit gut verstand. Er ging mit seiner Entdeckung zu Vuldane. „Hast du versucht, einen Projektor dieser Art zu bauen?“ Zum erstenmal schüttelte der Herrscher den Kopf. „Du hast hier eine große Leistung vollbracht, York. Aber ich fürchte, du wirst mit einem Projektor keinen Erfolg haben. Wenigstens nicht mit einem mechanischen Projektor. Und ein organisches Gehirn kannst du in dieser kur zen Zeit nicht nachbauen.“ Die Worte Vuldanes klangen logisch. Doch dann kam ein seltsames Leuchten in Yorks Augen. „Das stimmt. Aber ich habe bereits einen Projektor.“ Er deutete auf seine Stirn. „Ich muß nur dafür sorgen, daß die Hypnokräfte in meinem Innern so stark werden wie die der Hypnobestien.“ „Viel Glück“, sagte Vuldane, aber seine Stimme verriet, daß er keine Hoffnung mehr besaß. Kostbare Zeit verstrich. York beschäftigte sich ganz mit den biologischen Aspekten des Problems. Mit einem Super-Röntgenstrahl untersuchte er das Gehirn einer Hypnobestie. Schließlich gelang es ihm, ein kostbares Hormon zu extrahieren. Aber würde es auch funktionieren? Vera bot sich als Versuchskaninchen an. Anton York sah sie lange schweigend an. „Es könnte den Tod bedeuten“, meinte er schließlich. Aber Vera beharrte auf ihrem Wunsch, und York gab nach. Er injizierte ein paar Tropfen des neuen Hormons in ihren Nacken. Wie gebannt beobachtete er seine Frau. Vera wurde steif
und kalt. Ihr Herz hörte zu schlagen auf. York blieb nur mit Mühe ruhig. Eine Stunde später begann sie wieder zu atmen. Sie setzte sich lächelnd auf. York sagte nichts. Worte bedeuteten jetzt wenig. Schweigend führte er sie in die Testkammer, zu einer Gruppe von Hypnobestien. Er schloß sie ein. Die Ungeheuer umringten sie, kamen näher. Weiße Tentakel zuckten. York wandte sich schaudernd ab. Ein Fehlschlag! Plötzlich jedoch änderte sich die Situation in der Kammer. Wie von einer unsichtbaren Peitsche zurückgetrieben; trollten sich die Bestien. Vera stand mit brennenden Augen da. Die Tiere rollten sich zusammen und schliefen ein. Als sie Vuldane von ihrem Erfolg berichteten, blieb er skeptisch. „Ich kann nichts mehr tun, York. Die ersten Schiffe sind bereits unterwegs. Der Plan läuft. Ich kann jetzt kein Risiko mehr mit deinem Antihypnose-Hormon eingehen.“ „Lassen wir es doch auf eine Probe ankommen“, bat York. „Ich gebe einer Reihe von deinen Leuten die Injektion und schicke sie in das Sternsystem der Hypnobestien. Sie sollen inmitten einer dichten Ansammlung von Tieren landen und ein paar Stunden dort bleiben. Wenn sie nicht zurückkommen, werde ich nichts mehr gegen deinen Plan unternehmen.“ Vuldane erklärte sich einverstanden. York gab den ausgewählten Leuten die Injektionen und behandelte die Nachwirkungen mit starken Drogen. Das Schiff machte sich auf den Weg. Das Warten war die schlimmste Tortur für York. Seine Nerven spannten sich an. Jede Stunde kam ihm wie eine Ewigkeit vor. „Tony — da!“ Das Schiff landete. Die Korianer stiegen aus und erzählten begeis tert von ihrem Sieg. Vuldane wandte sich York zu. „Du hast dein Volk gerettet, Anton York. Deine Leistung wird für immer in die Annalen unserer Geschichte eingehen. Ich verspreche dir, daß ich die erste Flotte sofort zurückholen lasse. Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin, daß ich deine Rasse nicht opfern muß. Kehre jetzt zu deinem Volk zurück und erzähle ihm, in welcher Gefahr es schwebte.“ York schüttelte den Kopf. „Nein. Diese Geschichte würde mir niemand glauben. Mein einziger Beweis wäre das Verschwinden eines ganzen Dorfes im Jahre 1888. Aber dieses Ereignis ist sicher längst vergessen. Höchstwahrscheinlich wurde es nicht einmal registriert. Wir haben die Menschheit gerettet, ohne daß sie etwas von ihrem drohenden Untergang ahnte. Und deshalb soll die Angelegenheit auch unser Geheimnis bleiben.“ EPILOG Auf der Erde pilgerten die Menschen wieder einmal zum Denkmal von Anton und Vera York, das hoch oben am Gipfel des Mount Everest thronte.
„Anton York, der Wohltäter der Menschheit, ist tot.“
ENDE